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Basics in Finance - 0430

WS 2019/20

Dr. Karl Weinmayer


Institute for Finance, Banking and Insurance
Termine

# Tag Zeit Ort Inhalt


1 11.10.2019 15:00 - 18:30 TC.1.02 Tutorium
2 23.10.2019 12:00 - 15:00 D3.0.225 Einführung / Ertrags- u. Risikokennzahlen
3 30.10.2019 08:00 - 11:00 EA.6.026 Portfolioselektion
4 06.11.2019 08:00 - 11:00 D5.1.001 CAPM
5 13.11.2019 08:00 - 11:00 TC.1.02 Kapitalkosten und MM
6 15.11.2019 15:30 - 18:30 TC.1.02 Repetitorium
7 20.11.2019 08:00 - 11:00 EA.6.026 Case Study
27.11.2019 14:30 - 16:00 Klausur

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Beurteilung Grundkurs

I Anwesenheit in mind. 5 Einheiten


I Klausur (50%): Arbeitszeit 1h
I Stundenwiederholungen (30%): In-Class Tests
I Mitarbeit (20%): Case Study
I Bonuspunkte durch Meldungen (max. 2 Punkte)
I Notenschlüssel
I [80, 100] Punkte: Sehr Gut (1)
I [70, 80) Punkte: Gut (2)
I [60, 70) Punkte: Befriedigend (3)
I [50, 60) Punkte: Genügend (4)
I [0, 50) Punkte: Nicht Genügend (5)

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Fragen zu Organisatorischem und Inhaltlichem

Organisatorisches:
I Nora Brandes
I E-Mail: sbwl.finance@wu.ac.at

Inhaltliches:
I Kursleiter
I E-Mail: karl.weinmayer@wu.ac.at
I Tutor
I Daniel Zeiner
I E-Mail: daniel.zeiner@wu.ac.at
I Sprechstunde: Termine

I Learn@WU (Unterlagen, Übungsbeispiele, Forum)

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Lernressourcen

Alle kursrelevanten Informationen können im Syllabus auf Learn@WU nachgelesen werden.


I Teilnahme an allen Vortragseinheiten
I Tutorium und Repetitorium
I Vortragsfolien
I Literatur
I Kontrollfragen

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Inhalte

I Entscheidungstheorie / Ertrags- und Risikokennzahlen

I Diversifikation & Portfolioselektion

I CAPM (Capital Asset Pricing Model)

I Kapitalstruktur und Kapitalkosten von Unternehmen

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Anwendungsgebiete Finanzwirtschaft

I private und unternehmerische Investitions- und Finanzierungsentscheidungen:


I Projekte
I Unternehmen
I Finanzinstrumente
I quantitative Modellierung der Entscheidungsalternativen
I basierend auf Theorien zu Kapitalmarkt und Investorenverhalten

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Teil I
Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen
Outline

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen


I Entscheidungstheorie
I Entscheidungen unter Unsicherheit
I Nutzentheorie

I Entscheidungsregeln

I Ertrags- und Risikokennzahlen


I Rendite
I Varianz

I Mean-Variance-Principle

I Kovarianz, Korrelation und Beta

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen 9 / 192


Outline

I Entscheidungstheorie
I Entscheidungen unter Unsicherheit
I Nutzentheorie

I Entscheidungsregeln

I Ertrags- und Risikokennzahlen


I Rendite
I Varianz

I Mean-Variance-Principle

I Kovarianz, Korrelation und Beta

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 10 / 192


Entscheidungen unter Unsicherheit

I Vergleich von Investitionsalternativen

I Eintritt der Ereignisse unsicher (zukünftige Cashflows, Aktienrenditen, etc.)

I Risiko der Abweichung des erwarteten vom tatsächlichen Ereignis

I Welche Entscheidungsparameter?

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 11 / 192


Entscheidungen unter Unsicherheit

Realinvestitionen und Investitionen am Kapitalmarkt sind von großer Unsicherheit geprägt.


I Wie geht man mit dieser Unsicherheit um?

I Wie berücksichtigt man diese bei der Beurteilung bzw. beim Vergleich von Alternativen?

I Welches Risiko ist relevant?

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 12 / 192


Nomenklatur

Variable Beschreibung
ps probability of state s Wahrscheinlichkeit v. Umweltzustand s
W wealth Vermögenswert
U(W ) utility as a function of wealth Nutzen als Funktion d. Vermögenswerts
µ griech. Buchstabe ’my’ Erwartungswert einer Zufallsvariable
σ griech. Buchstabe ’sigma’ Standardabweichung einer Zufallsvar.
σ2 Varianz einer Zufallsvariable
σi,j Kovarianz von zwei Zufallsvariablen
ρi,j griech. Buchstabe ’rho’ Korrelation von zwei Zufallsvariablen
ri return Rendite
rf risk-free return risikofreie Rendite

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 13 / 192


Entscheidungsregeln

Entscheidung zwischen Alternativen A und B:

Eintrittswahrscheinlichkeit Cash
50% 1000
A
50% 0
B 100% 500

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 14 / 192


Erwartungswert

Der Erwartungswert einer Zufallsvariable X ist der gewichtete Durchschnitt aller möglichen
Ereignisse.
Erwartungswert
E [X ] =
X
ps · x s
s

mit Eintrittswahrscheinlichkeit ps von Ereignis xs in Zustand s (state).

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 15 / 192


Eigenschaften des Erwartungswertes

Der Erwartungswert einer Summe entspricht der Summe der Erwartungswerte.


hP i
N
= i=1 E [Xi ]
PN
E i=1 Xi

Der Erwartungswert einer Konstanten c ist die Konstante selbst. Weiters ist der
Erwartungswert aus dem Produkt eines Skalars a und der Variable r gleich dem Produkt
aus dem Skalar und dem Erwartungswert der Variable.
E [a · X + c] = a · E [X ] + c mit a, c konstant

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 16 / 192


Beispiel Erwartungswert

Eintrittswahrscheinlichkeit Vermögenswert
p1 = 0, 5 w1 = 1000
p2 = 0, 4 w2 = 100
p3 = 0, 1 w3 = 0

E [W ] = p1 · w1 + p2 · w2 + p3 · w3
= 0, 5 · 1000 + 0, 4 · 100 + 0, 1 · 0 = 540

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 17 / 192


Nutzen

Der Erwartungswert von Zahlungen (Cash-Flows) ist nicht ausreichend um Entscheidungen


von Individuen abzubilden. Individuelle Risikopräferenzen können durch das Konzept des
„Nutzens” abgebildet werden.
. Individuen sind nicht an Geld per se interessiert, sondern am Nutzen, den sie aus dem Geld
durch Konsum ziehen können.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 18 / 192


Nutzenfunktion

Der Nutzen von Individuen lässt sich (unter bestimmten Voraussetzungen) als Funktion des
Vermögenswerts beschreiben:
Nutzenfunktion
Eine Nutzenfunktion U(W ) ordnet jedem möglichen Vermögen einen Nutzenwert zu, den
dieses Vermögen stiftet.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 19 / 192


Erwartungsnutzen

Eine Nutzenfunktion erlaubt es Präferenzen mathematisch zu analysieren und etwa einen


Erwartungswert des Nutzens zu ermitteln:
Erwartungsnutzen
E [U(W )] = ps · U(ws )
X

mit Vermögenswert ws in Zustand s (state), Eintrittswahrscheinlichkeit ps und Nutzenfunktion


U(W ).

Grundlegende Annahme:
Individuen wollen Erwartungswert des Nutzens (aus dem Vermögen) maximieren,
nicht den Erwartungswert Ihres Vermögens per se.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 20 / 192


Beispiele für Nutzenfunktionen

Die folgenden drei Personen besitzen unterschiedliche Nutzenfunktionen:

Anna U(x ) = x

Barbara U(x ) = ln(x )

Carina U(x ) = x − 0, 0001x 2

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 21 / 192


Beispiel: Entscheidung unter Unsicherheit

Eintrittswahrscheinlichkeit Cash
50% 1000
A
50% 0
B 100% 500

Entscheidung A Entscheidung B
Anna E [U(x )] = 0, 5 · 1000 + 0, 5 · 0 = 500 U(x ) = 500
Barbara E [U(x )] = 0, 5 · ln 1000 + 0, 5 · ln 0 = 3,4539 U(x ) = ln 500 = 6,215
Carina E [U(x )] = 0, 5 · (1000 − 0, 0001 · 10002 )+
0, 5 · (0 − 0, 0001 · 02 ) = 450 U(x ) = 500 − 0, 0001 · 5002 = 475

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 22 / 192


Beispiel: Entscheidung bei unterschiedlichen Nutzenfunktio-
nen

Es wird folgende Wette vorgeschlagen:


I Im Fall des Gewinns der Wette beträgt das Endvermögen EUR 560,00.
I Im Verlustfall beträgt das Endvermögen 460,00.
I Die Eintrittswahrscheinlichkeit beträgt jeweils 50%.
I Das Anfangsvermögen aller Teilnehmer beträgt EUR 500,00.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 23 / 192


Entscheidung bei unterschiedlichen Nutzenfunktionen

Wette JA Wette NEIN

Anna E [U(x )] = 0, 5 · 560 + 0, 5 · 460 = 510 U(x ) = 500

Barbara E [U(x )] = 0, 5 · ln 560 + 0, 5 · ln 460 = 6,230 U(x ) = ln 500 = 6,215

Carina E [U(x )] = 0, 5 · (560 − 0, 0001 · 5602 )+

0, 5 · (460 − 0, 0001 · 4602 ) = 483,74 U(x ) = 500 − 0, 0001 · 5002 = 475

Gemäß der Präferenzordnung, welche durch die Nutzenfunktion für die Personen bestimmt
wurde, nehmen alle drei die Wette an!

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 24 / 192


Typische Nutzenfunktion

Typischerweise weisen Nutzenfunktionen meist folgende Eigenschaften auf:


I Individuen präferieren höheres Vermögen:
I Nutzenfunktion ist streng monoton steigend
I U 0 (W ) > 0
I positiver Grenznutzen

I Nutzenzunahme durch einen zusätzlichen Euro sinkt mit zunehmendem Vermögen:


I Nutzenfunktion ist konkav („flacht ab”)
I U 00 (W ) < 0
I abnehmender Grenznutzen
I ⇒ Risikoaversion

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 25 / 192


Typische Nutzenfunktion - Beispiel

U(ws )

ws
100 200 300 400 500 600 700 800 900 1,000
Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 26 / 192
Entscheidungsregeln

Für Investoren sind bei der Anlageentscheidung zwei Aspekte von Bedeutung:
I Ertrag
I Risiko

Anlage- und Investitionsentscheidungen können anhand eines Ertrag-Risiko-Profils erstellt


werden.
Dazu sind Kennzahlen nötig, die
I den Erwartungswert des Endvermögens bestimmen lassen,
I die das eingegangene Risiko messen.
Viele Modelle, welche diese Entscheidung optimieren, sind:
I einperiodig
I statisch

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 27 / 192


Entscheidungsregeln

Risikoaverse Individuen bevorzugen


I höheren Ertrag (erwarteten Gewinn) bei gleichem Risiko, bzw.
I niedrigeres Risiko bei gleichem Ertrag

Kombinationen von Ertrag und Risiko, die denselben erwarteten Nutzen liefern, können in
einem Risiko-Ertrags-Diagramm anhand von Indifferenzkurven dargestellt werden.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 28 / 192


Risiko-Ertrags-Diagramm

Ertrag

B
Risiko

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 29 / 192


Indifferenzkurven

Ertrag

steigender Nutzen
C

B
Risiko

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 30 / 192


Normalverteilung

Werden Erträge als normalverteilt angenommen, treffen risikoaverse Individuen ihre


Entscheidungen lediglich anhand des erwarteten Ertrags und der erwarteten Streuung
(Standardabweichung). Die Normalverteilung N (µ, σ) wird nämlich durch zwei Parameter
vollständig beschrieben:
I Erwartungswert µ
I Standardabweichung σ

Diese Entscheidungsregel, die den Erwartungsnutzen maximiert, wird daher µ − σ−Prinzip


(engl.: mean-variance-principle) genannt.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 31 / 192


Dichtefunktion der Normalverteilung N (0, 1)

0,4
Wahrscheinlichkeitsdichte

0,3

0,2

0,1

Ertrag

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Entscheidungstheorie 32 / 192


Outline

I Entscheidungstheorie
I Entscheidungen unter Unsicherheit
I Nutzentheorie

I Entscheidungsregeln

I Ertrags- und Risikokennzahlen


I Rendite
I Varianz

I Mean-Variance-Principle

I Kovarianz, Korrelation und Beta

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 33 / 192


Realisierte Rendite

Periodenrendite
Xt − Xt−1 Xt
rt = = −1
Xt−1 Xt−1

Xt bezeichnet den Wert eines Assets am Ende der Periode t


Xt−1 bezeichnet den Wert eines Assets am Ende der Periode t − 1
rt bezeichnet die Rendite eines Assets über die Periode t

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 34 / 192


Erwartete Rendite

Die erwartete Rendite E [r ] ist der gemäß der Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichtete


Durchschnitt aller möglichen Periodenrenditen.
Erwartete Rendite
N
E [r ] =
X
ps · r s
s=1

mit Eintrittswahrscheinlichkeit ps und Rendite rs in Umweltzustand s (state).

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 35 / 192


Beispiel: Erwartete Rendite

Eintrittswahrscheinlichkeit Rendite
p1 = 0, 6 r1 = 0, 05
p2 = 0, 3 r2 = 0, 08
p3 = 0, 1 r3 = 0, 12

E [r ] = p1 · r1 + p2 · r2 + p3 · r3
= 0, 6 · 0, 05 + 0, 3 · 0, 08 + 0, 1 · 0, 12 = 0, 066

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 36 / 192


Stichprobenschätzer für erwartete Rendite

Sind die verschiedenen Umweltzustände und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht bekannt,


wird als Schätzer für die erwartete Rendite eines Assets der Mittelwert (engl: mean) der
historischen Periodenrenditen über einen gewissen Zeitraum (Stichprobe) verwendet.

Mittelwert einer Stichprobe aus Renditen


N
1 X
r̄ = rn
N n=1

mit beobachteten Periodenrenditen rn und Stichprobengröße N.

Implizite Annahme: gleichverteilte Periodenrenditen pn = N.


1

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 37 / 192


Beispiel: Stichprobenschätzer für erwartete Rendite

Eintrittswahrscheinlichkeiten Rendite
p1 = 1
3 r1 = 0, 05
p2 = 1
3 r1 = 0, 08
p3 = 1
3 r1 = 0, 12

r̄ = (r1 + r2 + r3 )/N
= (0, 05 + 0, 08 + 0, 12)/3 = 0, 083

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 38 / 192


Risikokennzahl

I Neben dem Ertrag berücksichtigen Investoren bei einer Investitionsentscheidung das


Risiko der Investition.
I Als Maßzahlen für Risiko werden häufig Varianz und Volatilität (Standardabweichung)
verwendet.
I Die Varianz ist ein Maß für die Streuung einer Zufallsvariable.
I Da die Varianz einheitenlos ist, kann die Standardabweichung betrachtet werden. Diese
besitzt dieselbe Einheit wie der Erwartungswert.
I Auch positive Abweichungen vom Erwartungswert werden in diesem Zusammenhang als
„Risiko” aufgefasst.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 39 / 192


Varianz und Volatilität

Die Varianz ist die erwartete quadrierte Abweichung vom Erwartungswert:


Varianz
Var (r ) = σ 2 = E [(r − E [r ])2 ]

Die Volatilität ist die Wurzel aus der Varianz:


Volatilität
q
SD(r ) = σr = σr2

Anm.: SD steht für standard deviation (=Standardabweichung)

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 40 / 192


Varianz

Für diskrete Renditen r ist die Varianz die wahrscheinlichkeitsgewichtete quadrierte


Abweichung vom Erwartungswert:
Varianz
N
Var (r ) = σ 2 = pi · (ri − E [r ])2
X

i=1

Sind die verschiedenen Umweltzustände und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht bekannt,


wird der Schätzer für die Varianz der Renditen eines Assets anhand historischer
Periodenrenditen über einen gewissen Zeitraum (Stichprobe) ermittelt.

Erwartungstreuer Schätzer der Varianz


N
1
Var (r ) = σ 2 = (rn − r̄ )2
X
·
N − 1 n=1

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 41 / 192


Beispiel: Varianz

Eintrittswahrscheinlichkeit Rendite
p1 = 0, 6 r1 = 0, 05
p2 = 0, 3 r2 = 0, 08
p3 = 0, 1 r3 = 0, 12

σ 2 = 0, 6 · (0, 05 − 0, 066)2 + 0, 3 · (0, 08 − 0, 066)2


+ 0, 1 · (0, 12 − 0, 066)2
= 0, 000504

σ = 0, 000504 = 0, 0224499443
p

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 42 / 192


Mean-Variance-Principle

Zur Entscheidungsfindung können zwei grundlegende Regeln verwendet werden:


I Wenn zwei Investitionen dieselbe erwartete Rendite besitzen, wird jene mit der geringeren
Varianz gewählt.
I Wenn zwei Investitionen dieselbe Varianz besitzen, wird jene mit der höheren erwarteten
Rendite gewählt.

Einem Investor, der gemäß dieser Entscheidungsregeln handelt, wird risikoaverses Verhalten
unterstellt.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 43 / 192


Beispiel: Mean-Variance-Principle

Die Preise der Assets A und B betragen zu t = 0 je e 100. Zum Zeitpunkt t = 1 betragen die
Preise:
Asset p Preis
50% 112
A
50% 108
50% 120
B
50% 100

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 44 / 192


Beispiel: Mean-Variance-Principle

Asset p Preis
50% 112
A
50% 108
50% 120
B
50% 100

E [rA ] = 0, 5 · 0, 12 + 0, 5 · 0, 08 = 0, 1
E [rB ] = 0, 5 · 0, 2 + 0, 5 · 0 = 0, 1
q
σA = 0, 5 · (0, 12 − 0, 1)2 + 0, 5 · (0, 08 − 0, 1)2 = 0, 02
q
σB = 0, 5 · (0, 2 − 0, 1)2 + 0, 5 · (0 − 0, 1)2 = 0, 1
Die erwarteten Renditen von A und B sind identisch und betragen jeweils 10%.
Jedoch ist die Volatilität von B mit 10% höher als jene von A mit 2%.
Gemäß dem µ − σ-Prinzip würde somit Asset A gewählt werden.
Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 45 / 192
µ − σ-Prinzip und Nutzenfunktion von risikoaversen Investo-
ren führen zur selben Entscheidung

Barbara hat eine logarithmisch-risikoaverse Nutzenfunktion:


E [UA ] = 0.5 · ln(112) + 0.5 · ln(108) = 4,700
E [UB ] = 0.5 · ln(120) + 0.5 · ln(100) = 4, 696

Carina besitzt eine quadratisch-risikoaverse Nutzenfunktion:


E [UA ] = 0.5 · (112 − 0, 0001 · 1122 ) + 0.5 · (108 − 0, 0001 · 1082 ) = 108,79
E [UB ] = 0.5 · (120 − 0, 0001 · 1202 ) + 0.5 · (100 − 0, 0001 · 1002 ) = 108, 78

Das µ − σ-Prinzip führt somit auch zur Erwartungsnutzenmaximierung.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 46 / 192


Kovarianz

Nicht nur die Abbildung des individuellen Risikos eines Assets ist für Investoren von Interesse,
sondern auch die Abhängigkeiten zwischen den Renditen mehrerer (2+) Assets.

Kovarianz der Renditen zweier Assets

Cov (r1 , r2 ) = σ1,2 = E [(r1 − E [r1 ]) · (r2 − E [r2 ])] =


N
= ps · [(r1s − E [r1 ]) · (r2s − E [r2 ])]
X

s=1

mit Eintrittswahrscheinlichkeit ps und Renditen r1s von Asset 1 sowie r2s von Asset 2 in
Umweltzustand s (states).

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 47 / 192


Beispiel: Kovarianz

Die Preise der Assets A und B betragen zu t = 0 je e 100. Zum Zeitpunkt t = 1 betragen die
Preise:
Asset p Preis r E [r ] σr
50% 112 12%
A
50% 108 8% 10% 2%
50% 120 20%
B
50% 100 0% 10% 10%

Die Kovarianz zwischen Assets A und B beträgt:

σA,B = p1 · (rA1 − E [rA ]) · (rB1 − E [rB ]) +


+ p2 · (rA2 − E [rA ]) · (rB2 − E [rB ])
= 0, 5 · (0, 12 − 0, 1) · (0, 2 − 0, 1) + 0, 5 · (0, 08 − 0, 1) · (0 − 0, 1)
= 0, 002

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 48 / 192


Stichprobenschätzer Kovarianz

Sind die verschiedenen Umweltzustände und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht bekannt,


wird der Schätzer für die Kovarianz der Renditen zweier Assets anhand historischer
Periodenrenditen über einen gewissen Zeitraum (Stichprobe) ermittelt.

Erwartungstreuer Schätzer der Kovarianz

(r11 − r̄1 ) · (r21 − r̄2 ) + ... + (r1N − r̄1 ) · (r2N − r̄2 )


σ1,2 =
N −1
N
1 X
= (r1n − r 1 ) · (r2n − r̄2 )
N − 1 n=1

mit beobachteten Periodenrenditen r1n , Mittelwert r̄1 von Asset 1 sowie beobachteten
Periodenrenditen r2n , Mittelwert r̄2 von Asset 2 und Stichprobengröße N.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 49 / 192


Eigenschaften & Interpretation Kovarianz

Symmetrie der Kovarianzen:


σ1,2 = σ2,1

Kovarianz ist eine Verallgemeinerung der Varianz:

σ1,1 = σ12

Die Grenzen der Kovarianz:


−∞ < σ1,2 < ∞
Interpretation:

σ1,2 < 0 Änderungen der beiden Assets sind (im Durchschnitt) gegenläufig
σ1,2 > 0 Änderungen der beiden Assets sind (im Durchschnitt) gleichläufig
σ1,2 = 0 (im Durchschnitt) kein Zusammenhang zwischen den Änderungen der Assets

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 50 / 192


Korrelationskoeffizient

Das Vorzeichen der Kovarianz gibt an, ob die Renditen zweier Assets r1 und r2 positiv oder
negativ miteinander zusammenhängen.

Jedoch ist die Interpretation der Kovarianz begrenzt, da σ1,2 einheitslos ist.

Korrelationskoeffizient
σ1,2
Corr (1, 2) = ρ1,2 =
σ1 · σ2

Der Korrelationskoeffizient ist ein Maß für die lineare Abhängigkeit zweier Assets.

−1 ≤ ρ1,2 ≤ 1

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 51 / 192


Interpretation Korrelation

ρ1,2 = −1 perfekt negativ korreliert


ρ1,2 <0 negativ korreliert: gegenläufige Bewegung
ρ1,2 =0 unkorreliert: kein Zusammenhang
ρ1,2 >0 positiv korreliert: gemeinsame Bewegung
ρ1,2 =1 perfekt positiv korreliert

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 52 / 192


Beispiel: Korrelation

Die Preise der Assets A und B betragen zu t = 0 je e 100. Zum Zeitpunkt t = 1 betragen die
Preise:
Asset p Preis r E [r ] σr
50% 112 12%
A
50% 108 8% 10% 2%
50% 120 20%
B
50% 100 0% 10% 10%

Die Kovarianz zwischen Assets A und B beträgt: σA,B = 0, 002 Der Korrelationskoeffizient
zwischen Assets A und B beträgt:
σA,B 0, 002
ρA,B = = =1
σA · σB 0, 02 · 0, 1
→ Assets A und B sind perfekt positiv korreliert.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 53 / 192


Beta

Beta gibt die Sensivität der Rendite r1 auf Änderungen der Rendite r2 an.
Berechnung von Beta
σ1,2
β1,2 =
σ2 · σ2

Werte von +1 oder −1 entsprechen eine diagonalen Linie (45°). 0 oder ∞ entsprechen einer
horizontalen bzw. vertikalen Linie.

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 54 / 192


Beispiele für Beta

Beta = -3

Beta = 0

Beta = +3

Teil I: Entscheidungstheorie / Ertrags- bzw. Risikokennzahlen Ertrags- und Risikokennzahlen 55 / 192


Teil II
Diversifikation und Portfoliotheorie
Outline

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie


I Ertrag und Risiko (Portfolioebene)

I Portfoliodiversifikation

I Efficient Frontier

I Kapitalallokationslinie und Separationstheorem

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie 57 / 192


Outline

I Ertrag und Risiko (Portfolioebene)

I Portfoliodiversifikation

I Efficient Frontier

I Kapitalallokationslinie und Separationstheorem

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 58 / 192
Portfolioselektion nach Markowitz

Die “moderne Portfoliotheorie” nach Markowitz stellt ein einperiodiges, statisches Modell dar.
Voraussetzungen sind:
I Friktionsfreier, kompetitiver Markt
I Individuen entscheiden nach µ − σ-Prinzip
I Normalverteilung der Renditen
→ Daraus folgt, dass alle Präferenzen durch je eine Maßgröße für Ertrag und Risiko erfasst
werden können.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 59 / 192
Portfoliorendite

Erwartungswert des Ertrag eines Portfolios E [rP ] mit N Finanztiteln


N
E [rP ] = xi · E [ri ]
X

i=1

mit xi = Wert des Investments i


Portfoliowert als Investitionsteil eines Finanztitels
Beispiel
Ein Portfolio besteht aus zwei Aktien A und B, wobei 60 % in A und 40 % in B investiert sind.
Die erwartete Rendite von A beträgt 10 %, jene von B 20 %.
Die erwartete Rendite des Portfolios beträgt somit:
E [rP ] = xA · E [rA ] + xB · E [rB ] = 0, 6 · 0, 1 + 0, 4 · 0, 2 = 0, 14

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 60 / 192
Portfolio-Risiko

Das Risiko eines Portfolios hängt von der Varianz/Volatilität der einzelnen Finanztitel im
Portfolio sowie von der Kovarianz/Korrelation der Titel untereinander ab.

Herleitung der Varianz eines Portfolios im 2-Asset-Fall:


 
2
σP2 = E [(rP − E [rP ]) ] = E 2
x1 r1 + x2 r2 − x1 E [r1 ] + x2 E [r2 ]
 
2
= E x1 r1 − E [r1 ] + x2 r2 − E [r2 ]


 
2 2
= E x12 r1 − E [r1 ] + 2x1 x2 r1 − E [r1 ] r2 − E [r2 ] + x22 r2 − E [r2 ]
 

     
2 2
= x12 E r1 − E [r1 ] + 2x1 x2 E r1 − E [r1 ] r2 − E [r2 ] + x22 E r2 − E [r2 ]
 

= x12 σ12 + 2x1 x2 σ1,2 + x22 σ22

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 61 / 192
Portfolio-Risiko

Portfolio-Varianz im 2-Asset-Fall
σP2 = x12 σ12 + x22 σ22 + 2x1 x2 σ1,2

σP2 = x12 σ12 + x22 σ22 + 2x1 x2 σ1 σ2 ρ1,2

Portfolio-Volatilität im 2-Asset-Fall
q
σP = x12 σ12 + x22 σ22 + 2x1 x2 σ1,2
q
σP = x12 σ12 + x22 σ22 + 2x1 x2 σ1 σ2 ρ1,2

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 62 / 192
Portfolio-Risiko N Assets

I Die Portfoliorendite einer Periode ist gegeben durch rP = N i=1 xi ri , wobei die
P

Portfoliogewichte xi in der betrachteten Periode unverändert bleiben.


I Daher ergibt sich die Varianz von rP wie folgt:
" N
" N #!2 # " N N
!2 #
X X X X
σ 2 (rP ) = E xi · ri − E xi · ri = E xi · ri − xi · E [ri ]
i=1 i=1 i=1 i=1
" N
!2 # " N
! N
!#
X X X
= E xi · (ri − E [ri ]) = E xi · (ri − E [ri ]) · xj · (rj − E [rj ])
i=1 i=1 j=1
" N X
N
# N N
X X X
= E xi · xj · (ri − E [ri ]) · (rj − E [rj ]) = xi · xj · E [(ri − E [ri ]) · (rj − E [rj ])]
i=1 j=1 i=1 j=1
N N N N
X X X X
= xi · xj · σi,j = xi · xj · σi · σj · ρi,j
i=1 j=1 i=1 j=1

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 63 / 192
Portfolio-Risiko

2
Zufallsvariable: X = xi · ri
P
i=1

2 X
2
=
X
σP2 xi · xj · σi,j
i=1 j=1
2
= (xi x1 · σi,1 + xi x2 · σi,2 )
X

i=1
= x1 x1 · σ1,1 + x1 x2 · σ1,2 + x2 x1 · σ2,1 + x2 x2 · σ2,2 | σ2,1 = σ1,2
= x12 σ12 + 2x1 x2 σ1,2 + x22 σ22

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 64 / 192
Portfoliovarianz N Wertpapiere

i =1 i =2 ··· N
 

j = 1
 x 2σ2
1 1 x2 x1 σ2,1 ··· xN x1 σN,1 

 
..
 
 
j = 2
 x1 x2 σ1,2 x22 σ22 ··· . 

 
.. .. .. ..
 
.
 
. 
 . . 

 
 
N x1 xN σ1,N ··· ··· xN2 σN
2

Terme in Matrix = N 2
Varianz Terme = N
Kovarianz Terme = N 2 − N

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 65 / 192
Portfoliovarianz N Wertpapiere

Portfoliovarianz für N Wertpapiere


N X
N N N X
N
σP2 = xi · xj · σi,j = xi2 · σi2 +
X X X
xi · x j · σi,j
i=1 j=1 i=1 i=1 j=1
i6=j

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 66 / 192
Beispiel Portfoliovarianz

Die Varianz von Wertpapier A beträgt 0, 02 und von Wertpapier B 0, 05. Die Kovarianz
zwischen den beiden Wertpapieren beträgt 0,004.

σP2 = 0, 62 · 0, 02 + 0, 42 · 0, 05 + 2 · 0, 4 · 0, 6 · 0, 004 = 0, 01712


= 0, 01712 ≈ 0, 1308
p
σP

Es wird Wertpapier C (Anteil an A wird um Hälfte reduziert) hinzugefügt. σr2C = 0, 03,


σrC ,rA = 0, 001 und σrC ,rB = −0, 002.

σP2 = 0, 32 · 0, 02 + 0, 42 · 0, 05 + 0, 32 · 0, 03 + 2 · 0, 3 · 0, 4 · 0, 004
+ 2 · 0, 3 · 0, 3 · 0, 001 + 2 · 0, 4 · 0, 3 · (−0, 002) = 0, 01316

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Ertrag und Risiko (Portfolioebene) 67 / 192
Outline

I Ertrag und Risiko (Portfolioebene)

I Portfoliodiversifikation

I Efficient Frontier

I Kapitalallokationslinie und Separationstheorem

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Portfoliodiversifikation 68 / 192


Portfoliodiversifikation I

 
Sind in einem (naiven) gleichgewichteten Portfolio xi = N1 die Kovarianzen aller Assets
σi,j = 0 (bzw. alle Korrelationen ρi,j = 0), so gilt für die Varianz der Rendite des Portfolios:

N N X
N
σP2 = xi2 · σi2 +
X X
xi · x j · σi,j
i=1 i=1 j=1
i6=j
N N
1 1 X N σ̄ 2
= · σi2 = = =
X
2 2
· σ · σ̄
i=1
N2 N 2 i=1 i N2 N

mit Portfoliovarianz σP2 , Varianz σi2 von Asset i und der durchschnittlichen Varianz der Assets im Portfolio σ̄ 2

Für N → ∞ konvergiert die Varianz gegen 0.


=⇒ Je mehr Assets im Portfolio, desto geringer ist die Portfoliovarianz.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Portfoliodiversifikation 69 / 192


Portfoliodiversifikation II

σP2

ρ=1
σ̄ 2

ρ=0

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Portfoliodiversifikation 70 / 192


Portfoliodiversifikation III

In den meisten Märkten treten jedoch positive Korrelationen auf. Für ein gleichgewichtetes
Portfolio mit Kovarianzen σi,j 6= 0 ist die Varianz:

N X N
σ̄i2 X 1 1
σP2 = + · · σi,j
N i=1 j=1
N N
i6=j
σ̄i2 N · (N − 1) σ̄i2 N − 1
= + · σ̄ i,j = + · σ̄i,j
N N2 N N
In diesem Fall tendieren bei N → ∞ die individuellen Varianzen der Assets ebenfalls gegen
Null, jedoch konvergiert die Kovarianz zur durchschnittlichen Kovarianz σ̄i,j . Das durch
die Kovarianz entstehende Risiko kann nicht durch Diversifikation eliminiert werden.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Portfoliodiversifikation 71 / 192


Portfoliodiversifikation IV

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Portfoliodiversifikation 72 / 192


Portfoliodiversifikation V

Für ein gleich gewichtetes Portfolio mit Korrelationen ρi,j = 1 beträgt die Varianz:

N X N
σ̄i2 X 1 1
σP2 = + · · σi,j | σi,j = ρi,j · σi σj
N i=1 j=1
N N
i6=j
N X
N
σ̄i2 1 1
= + | ρi,j = 1 → i.i.d σi = σj = σ̄i
X
· · σi · σj
N i=1 j=1
N N
i6=j
σ̄i2 N · (N − 1) σ̄i2 + (N − 1) · σ̄i 2
= + · σ̄i
2
=
N N2 N
= σ̄i 2

Unabhängig von N entspricht die Portfoliovarianz σP2 der durchschnittlichen Varianz der Assets
σ̄i 2 . Es ist überhaupt keine Diversifikation von Risiko möglich.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Portfoliodiversifikation 73 / 192


Outline

I Ertrag und Risiko (Portfolioebene)

I Portfoliodiversifikation

I Efficient Frontier

I Kapitalallokationslinie und Separationstheorem

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 74 / 192


Portfolio mit 2 Assets ρ = +1

Perfekte positive Korrelation ρ1,2 = 1:

σP2 = x12 · σ12 + x22 · σ22 + 2 · x1 · x2 · σ1 · σ2 · ρ1,2


= x12 · σ12 + (1 − x1 )2 · σ22 + 2 · x1 · (1 − x1 ) · σ1 · σ2
= [x1 · σ1 + (1 − x1 ) · σ2 ] 2

Portfolio-Volatilität bei Korrelation ρ1,2 = +1


σP = x1 σ1 + (1 − x1 )σ2

Das Risiko eines Portfolios, welches aus zwei Titeln besteht, und ρ1,2 = +1 aufweist, ergibt
sich somit aus der positiven linearen Kombination der Volatilitäten der Einzeltitel. → keine
Diversifikation.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 75 / 192


Portfolio mit 2 Assets ρ = +1

E [ri ]
100% B
0,08

0,06

0,04

100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 76 / 192


Portfolio mit 2 Assets ρ = −1

Perfekte negative Korrelation ρ1,2 = −1:

σP2 = x12 · σ12 + (1 − x1 )2 · σ22 − 2 · x1 · (1 − x1 ) · σ1 · σ2 = [x1 · σ1 − (1 − x1 ) · σ2 ] 2

Portfoliovolatilität bei Korrelation ρ1,2 = −1


σP = x1 · σ1 − (1 − x1 ) · σ2

Das Risiko eines Portfolios aus zwei Wertpapieren mit ρ = −1 ergibt sich aus der negativen
Linearkombination der Volatilitäten der Einzeltitel. In diesem Fall lässt sich immer eine
Kombination der Assets finden, deren Risiko gleich Null ist. → perfekte Diversifikation

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 77 / 192


Portfolio mit 2 Assets ρ = −1

E [ri ]
100% B
0,08

0,06

0,04

100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 78 / 192


Portfolio mit 2 Assets ρ = 0

zwei unkorrelierte Assets ρ1,2 = 0:

σP2 = x12 · σ12 + (1 − x1 )2 · σ22

Portfoliovolatilität bei Korrelation ρ1,2 = 0


q
σP = x12 · σ12 + (1 − x1 )2 · σ22

Für unkorrelierte Assets fällt der Kovarianzterm weg. Für ρ = 0 lässt sich das Risiko zwar
nicht komplett eliminieren, ist aber geringer als im Fall ρ = 1.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 79 / 192


Portfolio mit 2 Assets ρ = 0

E [ri ]
100% B
0,08

0,06

0,04

100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 80 / 192


Minimum-Varianz-Portfolio mit 2 Assets

Portfoliovarianz mit 2 Assets:

σP2 = x12 · σ12 + (1 − x1 )2 · σ22 + 2 · x1 · (1 − x1 ) · σ1 · σ2 · ρ1,2


   
= x12 · σ12 + 1 − 2 · x1 + x12 · σ22 + 2 · x1 − 2 · x12 · σ1 · σ2 · ρ1,2

1. Ableitung nach x1 bilden:

∂σP2
= 2 · x1 · σ12 + (−2 + 2 · x1 ) · σ22 + (2 − 4 · x1 ) · σ1 · σ2 · ρ1,2
∂x1
Null setzen und nach x1 auflösen ergibt:

Minimum-Varianz-Portfolio (MVP)
σ22 − σ1 · σ2 · ρ1,2
x1 =
σ12 + σ22 − 2 · σ1 · σ2 · ρ1,2

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 81 / 192


Minimum-Varianz-Portfolio mit 2 Assets

E [ri ]
100% B
0,08

0,06

MVP
0,04

100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 82 / 192


MVP mit 2 Assets bei unterschiedlichen Korrelationen

I ρ1,2 = +1:
σ22 − σ1 · σ2
x1 =
σ12 + σ22 − 2 · σ1 · σ2
I ρ1,2 = −1:
σ2
x1 =
σ1 + σ2
I ρ1,2 = 0:
σ22
x1 =
σ12 + σ22

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 83 / 192


Bemerkungen

I Im Fall von perfekter positiver Korrelation ist das Risiko eines Portfolios aus zwei Assets
bei gegebener erwarteter Rendite am höchsten. Bei einer perfekten negativen Korrelation
kann hingegen aus zwei riskanten Assets sogar ein risikoloses Portfolio gebildet werden.
I In der Realität kommen ρ = +1 und ρ = −1 selten vor (abgesehen von bestimmten
Derivaten und deren Basisinstrument).
I Neben dem MVP ist oft auch das Maximum-Ertrag-Portfolio (MEP) von Interesse. Unter
der Annahme, dass Portfoliogewichte nicht negativ sein dürfen - es also keine
Leerverkäufe gibt - befindet sich dieses in den hier angeführten Darstellungen in Punkt B.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 84 / 192


Efficient Frontier

I µ − σ−Investoren wählen nur Portfoliokombinationen auf der konkave Linie zwischen dem
MVP und MEP.
I Diese konkave Linie wird als Efficient Frontier bezeichnet.
I Alle Portfolios auf der Efficient Frontier sind effiziente Portfolios.
I Alle Portfolios, welche unter der Efficient Frontier liegen, weisen entweder einen
geringeren Ertrag oder höheres Risiko auf.
I Die Efficient Frontier stellt also die Menge der möglichen Portfolios dar, die für
risikoaverse Investoren potenziell optimal sind.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 85 / 192


Effiziente Portfolios I

Risikoaverse Investoren werden nur jene Portfolios wählen, die


I bei gegebenen Risiko den maximalen Ertrag aufweisen, oder
I bei gegebenen erwarteten Ertrag das minimale Risiko aufweisen.

Solche Portfolios werden als µ − σ-effizient bezeichnet.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 86 / 192


Effiziente Portfolios II

E [ri ]
100% B
0,08
efficient frontier
0,06
ρ = −1 −1 < ρ < 1 ρ=1

0,04

100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 87 / 192


Risikoeinstellung der Investoren I

I Efficient Frontier als Grundlage für Portfolioauswahl


I Wahl eines Portfolios je nach Risikoeinstellung des Investors
I Repräsentation der Risikoeinstellung durch Indifferenzkurve
I Schnittpunkt zwischen Indifferenzkurve und Efficient Frontier gibt das optimale Portfolio
für einen Investor an. Dieses wird als Tangentialportfolio bezeichnet.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 88 / 192


Risikoeinstellung der Investoren II

E [ri ]
100% B
0,08 Indifferenzkurve
bei Risikoaversion
0,06
ρ = −1 −1 < ρ < 1 ρ=1

0,04

100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 89 / 192


Efficient Frontier mit Short Sale

Gibt es die Möglichkeit des Leerverkaufs von Wertpapieren, so ist der Ertrag nicht mehr mit
dem Maximum-Ertrag-Portfolio B begrenzt.
E [ri ]

0,08
100% B
0,06

0,04
100% A

0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,09
Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 90 / 192
Portfolios mit >2 Assets

Abbildung: Berk, DeMarzo. 4th edition. p.407

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 91 / 192


Portfolios mit >2 Assets

Abbildung: Berk, DeMarzo. 4th edition. p.408

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 92 / 192


Portfolios mit >2 Assets

Abbildung: Berk, DeMarzo. 4th edition. p.409

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Efficient Frontier 93 / 192


Outline

I Ertrag und Risiko (Portfolioebene)

I Portfoliodiversifikation

I Efficient Frontier

I Kapitalallokationslinie und Separationstheorem

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 94 / 192


Portfolios mit risikolosem Asset I

I Aufnahme eines Assets mit risikolosem Zinssatz in das Portfolio (Bsp: Staatsanleihe)
I Bildung eines neuen Portfolios C , bei dem der Anteil x in das riskante Portfolio und der
Anteil (1 − x ) in das risikolose Asset investiert wird.
I Der Ertrag und das Risiko dieses neuen Portfolios C ergeben sich aus der Kombination
des risikolosen Assets und des riskanten Portfolios.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 95 / 192


Portfolios mit risikolosem Asset II

E [rC ] = (1 − x ) · rf + x · E [rP ]

 
σC2 = (1 − x )2 σr2f + x 2 σP2 + 2x (1 − x )σP · σrf · ρrf ,P

Da rf risikolos ist, gilt σrf = 0 und rf const. Daraus folgt

σC2 = x 2 · σP2

σC = x · σP
Diese Gleichung kann zu x = σC /σP umgeformt und in die Formel für den erwarteten Ertrag
E [rC ] eingesetzt werden.

σC σC
 
E [rC ] = 1 − · rf + · E [rP ]
σP σP
Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 96 / 192
Portfolios mit risikolosem Asset III - Sharpe Ratio

Durch Umformung erhält man eine Geradengleichung der Form

E [rP ] − rf
 
E [rC ] = rf + σC
σP

Die Steigung dieser Geraden ist die


Sharpe Ratio
E [rP ] − rf
Sharpe Ratio =
σP

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 97 / 192


Kapitalallokationslinie und Tangentialportfolio

E [rP ]−rf
Mit jenem Portfolio P ∗ aus riskanten Assets bei dem die Sharpe-Ratio σP am größten ist,
erhält man die
Kapitalallokationslinie
E [rP ∗ ] − rf
 
E [rC ] = rf + · σC
σP ∗

Die Kapitalallokationslinie (KAL), die sich mit dem Portfolio P ∗ ergibt, ist eine Tangente an
die Efficient Frontier der riskanten Assets. Der Tangentialpunkt entspricht dem Portfolio P ∗ ,
welches daher auch als Tangentialportfolio bezeichnet wird.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 98 / 192


Kapitalallokationslinie und Tangentialportfolio

E [ri ]
100% B
0,08

0,06 P∗

0,04
rf
100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 99 / 192


Das Separationstheorem von Tobin

I Bei Existenz einer risikofreien Investitionsalternative lässt sich die Wahl des optimalen
Portfolios aus riskanten Assets von der spezifischen Risikoeinstellung des Investors
separieren.
I Jedes mögliche Portfolio, das nicht auf der Kapitalallokationslinie liegt, wird von einem
Portfolio auf der KAL dominiert (höhere Rendite bei gleichem Risiko).
I Die Kapitalallokationslinie ist daher die „Efficient Frontier mit risikolosem Asset”.
I Durch das Hinzufügen des risikolosen Assets wird ein höherer Grad an µ − σ-Effizienz
erreicht.
I Für einen beliebigen Investor kann das optimale Portfolio aus riskanten Assets festgestellt
werden, ohne dessen genauen Grad an Risikoaversion zu kennen.
I Je nach Risikoaversion wird die optimale Kombination aus risikolosem Asset und
Tangentialportfolio P ∗ entlang der Kapitalallokationslinie gewählt.

Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 100 / 192
Das Separationstheorem von Tobin

E [ri ]

Indifferenzkurve 100% B
0,08
bei Risikoaversion

0,06 P∗

0,04
rf
100% A
0,02

σi
0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06
I Bei wrf = 1 wird alles in das risikolose Asset, bei wrf = 0 wird alles in P ∗ investiert.
I Bei 0 < wrf < 1 wird das risikolosen Assets mit P ∗ kombiniert.
I Bei wrf < 0 erfolgt eine kreditfinanzierte Investition in P ∗ .
Teil II: Diversifikation und Portfoliotheorie Kapitalallokationslinie und Separationstheorem 101 / 192
Teil III
CAPM (Capital Asset Pricing Model)
Outline

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model)


I Die Kapitalmarktlinie

I Das Single-Index Modell

I Die Wertpapiermarktlinie

I Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion

I Schätzung der Parameter und Annahmen

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) 103 / 192


Erkenntnisse aus der Portfolioselektion nach Markowitz als
Grundbaustein für CAPM

I Das Capital Asset Pricing Model baut auf den Ergebnissen der Portfolioselektion auf

I Die Zusammensetzung des Tangentialportfolios P ∗ hängt von den individuellen


Renditenerwartungen sowie den Schätzungen für Volatilitäten und Korrelationen ab.
I Nachdem bei der Portfolioselektion nach Markowitz effiziente Portfolios für Individuen
ermittelt wurden, stellt sich nun die Frage, ob diese Resultate zur Beschreibung eines
allgemeinen Anlegerverhaltens genutzt werden können.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) 104 / 192


Annahmen des CAPM

I Perfekter Wettbewerb
I Friktionsloser Markt
I Investoren können zum risikolosen Zinssatz unbegrenzt Geld leihen bzw. anlegen
I µ − σ Investoren
I Homogene Erwartungen

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) 105 / 192


Das Marktportfolio

I Gemäß des Separationstheorems von Tobin kann das optimale riskante Portfolio eines
Investors bei Existenz eines risikolosen Assets festgestellt werden, ohne dessen
Risikoeinstellung zu kennen.
I Die einzigen Informationen, die notwendig sind, um dieses Portfolio zu finden, sind Ertrag
und Risiko sowie die gebildeten Erwartungen auf Basis dieser Informationen.
I Aus den getroffenen Annahmen des CAPM bezüglich µ − σ und homogener
Erwartungen folgt, dass alle Investoren dasselbe riskante Portfolio halten. Dieses
riskante Portfolio wird deshalb als Marktportfolio M bezeichnet, in dem alle riskanten
Assets enthalten sind.
I Das CAPM impliziert, dass nur das Halten des Marktportfolios (in Kombination mit
einem risikolosen Asset) effizient ist.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) 106 / 192


Outline

I Die Kapitalmarktlinie

I Das Single-Index Modell

I Die Wertpapiermarktlinie

I Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion

I Schätzung der Parameter und Annahmen

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Kapitalmarktlinie 107 / 192
Die Kapitalmarktlinie

Da das Marktportfolio für alle Investoren gleich ist, unterscheidet sich die Anlageentscheidung
im Portfolio C lediglich durch die Aufteilung auf die risikolose Anlage und das Marktportfolio
M.
Die Kapitalallokationslinie wird im Kontext des CAPM als Kapitalmarktlinie bezeichnet.

Die Kapitalmarktlinie (engl. Capital Market Line, CML)


E [rM ] − rf
 
E [rC ] = rf + σC
σM

Anm.: Vgl. Kapitalallokationslinie; hier mit Portfolio M statt Portfolio P ∗ .


Da σrf = 0, besteht das Risiko des effizienten Portfolios C aus der gewichteten Volatilität des
Marktportfolios M.
σC = x · σM

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Kapitalmarktlinie 108 / 192
Sharpe Ratio im CAPM

Die Steigung der Kapitalmarktlinie ist die

E [rM ] − rf
Sharpe Ratio =
σM
Die Sharpe Ratio der Kapitalmarktlinie kann als Marktpreis des Risikos für alle effizienten
Portfolios (Kombinationen aus rf und M) gesehen werden und repräsentiert den zusätzlichen
Ertrag für die Übernahme des Risikos.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Kapitalmarktlinie 109 / 192
Zusammenhang zwischen einzelnen Assets und dem Markt-
portfolio

I Der Zusammenhang zwischen den Erträgen der einzelnen Assets und dem Marktportfolio
kann mit Hilfe des sogenannten Single-Index Modells beschrieben werden.

I Das Marktportfolio wird in diesem Fall durch einen Index ermittelt, der den Markt
abbildet.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Kapitalmarktlinie 110 / 192
Outline

I Die Kapitalmarktlinie

I Das Single-Index Modell

I Die Wertpapiermarktlinie

I Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion

I Schätzung der Parameter und Annahmen

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Das Single-Index Modell 111 / 192
Das Single-Index Modell

Der Zusammenhang zwischen dem Ertrag eines einzelnen Assets und dem Ertrag des
Marktportfolios lässt sich durch eine Regressionsgleichung darstellen.

Der Ertrag eines Assets i im Single-Index Modell beträgt daher:

ri = αi + βi · rM + εi

Da εi iid → E [εi ] = 0.

Der erwartete Ertrag des Assets i besteht also aus einer konstanten unabhängigen
Komponente und einer Komponente, die vom Markt abhängt.

E [ri ] = αi + βi · E [rM ]

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Das Single-Index Modell 112 / 192
Single-Index Modell

Das Risiko des Assets i besteht aus dem Marktrisiko sowie dem Risiko der unabhängigen
Komponente, die als Residualrisiko bezeichnet wird.

σi2 = βi2 · σM
2
+ σε2i

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Das Single-Index Modell 113 / 192
Single-Index-Modell

Auf Portfolioebene bedeutet dies:


N
βP =
X
xi · βi
i=1
N
αP =
X
xi · αi
i=1

E [rP ] = αP + βP · E [rM ]

N
σP2 = βP2 · σM +
X
2
xi2 · σε2i
i=1

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Das Single-Index Modell 114 / 192
Portfolioebene

Das Risiko des Portfolios σP2 besteht wie das Risiko des Assets σi2 aus dem Marktrisiko und
dem Residualrisiko (auf Portfolioebene Summe der gewichteten Residualrisiken).
Wird in jedes Asset der gleiche Anteil 1
N investiert, so gilt:

N
1
σP2 = βP2 · σM +
X
2
· σε2i
i=1
N2

Die Varianz des Residualrisikos reduziert sich mit größer werdendem N und konvergiert schon
bei moderat großen Portfolios gegen Null. σε2i kann also durch Diversifikation eliminiert werden
und wird aus diesem Grund diversifizierbares (unsystematisches) Risiko genannt.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Das Single-Index Modell 115 / 192
Portfolioebene

I Aus dem mit ineffizienten Investitionen verbundenem Risiko gibt es daher keinen
zusätzlichen Ertrag.
I Ein Investor wird daher nur für systematisches Risiko kompensiert.
I Das systematische Risiko eines Portfolios P beträgt:

q N
σP = = βP · σM = σM ·
X
βP2 · 2
σM xi · βi
i=1

I Das systematische Risiko einer Investition hängt also vom Risiko des
Marktportfolios σM und der Sensitivität auf Änderungen des Marktes βi ab.
I βi ist die Maßzahl für das systematische Risiko eines Assets bzw. eines Portfolios und
entspricht der Steigung der Regressionsgeraden.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Das Single-Index Modell 116 / 192
Beta als Kennzahl für das systematische Risiko

Die Berechnung von β erfolgt wie bereits in Kapitel 1 beschrieben:


σi,M
βi = 2
σM

Dies wird in die Gleichung für das systematische Risiko eingesetzt:


σi,M σi,M
σi = σM β i = σM 2 = σ
σM M

Nun wird in die Gleichung der Kapitalmarktlinie eingesetzt:

E [rM ] − rf E [rM ] − rf σi,M


   
E [ri ] = rf + · σ i = rf + · = rf + βi · (E [rM ] − rf )
σM σM σM

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Das Single-Index Modell 117 / 192
Outline

I Die Kapitalmarktlinie

I Das Single-Index Modell

I Die Wertpapiermarktlinie

I Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion

I Schätzung der Parameter und Annahmen

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 118 / 192
Die Wertpapiermarktlinie

Das CAPM stellt einen Zusammenhang zwischen erwarteter Rendite und systematischem
Risiko her.
Die Wertpapiermarktlinie stellt die Grundgleichung des CAPM dar.

Die Wertpapiermarktlinie (engl. Security Market Line, SML)


E [ri ] = rf + βi (E [rM ] − rf )

Die erwartete Rendite einer einzelnen (riskanten) Anlage setzt sich aus der risikolosen
Verzinsung plus einer Risikoprämie zusammen.
Die Risikoprämie einer Anlage beträgt das β-fache der Risikoprämie des
Marktportfolios.
Alternativ kann die Wertpapiermarktlinie als Funktion der Kovarianz dargestellt werden.

E [rM ] − rf
E [ri ] = rf + σi,M 2
σM

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 119 / 192
1. Repräsentation der Wertpapiermarktlinie (β)

E [ri ]

0,08
Wertpapiermarktlinie

0,06 M
E [rM ]

0,04
rf
0,02

βi
0 0,5 1 1,5 2

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 120 / 192
2. Repräsentation der Wertpapiermarktlinie (σi,M )

E [ri ]

0,08
Wertpapiermarktlinie

0,06 M
E [rM ]

0,04
rf
0,02

σi,M
2
σM

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 121 / 192
Implikationen von CAPM

I Alle Investoren betreiben perfekte Diversifikation


I Je höher das Marktrisiko (Beta, systematisches Risiko), desto größer sollte die Rendite
sein.
I Die Überrendite eines Finanztitels (erwartete minus risikolose Rendite) hängt linear vom
Beta des Finanztitels ab.
I Die Übernahme von Risiko, welches das Marktrisiko übersteigt, wird nicht mit einem
zusätzlichen Ertrag belohnt.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 122 / 192
Kapitalmarktlinie und Wertpapiermarktlinie

I Die Kapitalmarktlinie verwendet als Risikomaß die Standardabweichung σ.


I Die Wertpapiermarktlinie verwendet als Risikomaß die Sensitivität auf Änderungen der
Marktrendite β.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 123 / 192
Kapitalmarktlinie und Wertpapiermarktlinie

Abbildung: Berk, DeMarzo. 4th edition. p.422

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 124 / 192
Kapitalmarktlinie und Wertpapiermarktlinie

Abbildung: Berk, DeMarzo. 4th edition. p.423

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Die Wertpapiermarktlinie 125 / 192
Outline

I Die Kapitalmarktlinie

I Das Single-Index Modell

I Die Wertpapiermarktlinie

I Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion

I Schätzung der Parameter und Annahmen

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 126 / 192
Ausbau von CAPM zu allgemeiner Bewertungsregel

Aus der Wertpapiermarktlinie lässt sich nun eine Bewertungsfunktion für einen einperiodigen
Betrachtungszeitraum ableiten, der eine riskante Zahlung gegenübersteht.
Xi entspricht der riskanten Zahlung am Periodenende und Vi dem heutigen Wert. Die Rendite
ergibt sich somit aus:
Xi − Vi E [Xi ] − Vi
ri = → E [ri ] =
Vi Vi
Die Kovarianz der Renditen verhält sich proportional zur Kovarianz der Endwerte:
σXi rM
σi,M =
Vi

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 127 / 192
Bewertungsfunktion für riskante Zahlungen

Gemäß der Wertpapiermarktlinie muss gelten:

E [Xi ] − Vi
E [ri ] = = rf + βi · (E [rM ] − rf )
Vi
Daraus lässt sich nun eine Bewertungsfunktion für riskante Zahlungen ableiten:
Bewertungsfunktion für riskante Zahlungen über Risikoprämie
E [Xi ] E [Xi ]
Vi = = σi,M
1 + rf + βi · (E [rM ] − rf ) 1 + rf + σM2 · (E [rM ] − rf )

Der Wert einer riskanten Zahlung ist der mit einer Risikoprämie gemäß CAPM
abgezinste Erwartungswert der Zahlung.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 128 / 192
Alternative Art der Bewertung

Durch Einsetzen in die Kovarianz erhält man:


E [Xi ] − Vi σX ,r 1
E [ri ] = = rf + i M · 2 · (E [rM ] − rf )
Vi Vi σM

Daraus folgt eine Bewertungsfunktion unter Verwendung des risikolosen Zinssatzes:


Bewertungsfunktion für riskante Zahlung über CAPM-Sicherheitsäquivalent
σXi ,rM
E [Xi ] − σM2 · (E [rM ] − rf )
Vi =
1 + rf

Der Zähler dieser Gleichung kann als CAPM-Sicherheitsäquivalent der riskanten Zahlung
interpretiert werden. Der Wert einer riskanten Zahlung ist das risikolos abgezinste
Sicherheitsäquivalent der Zahlung.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 129 / 192
Zwei Darstellungsformen des Marktwerts riskanter Zahlun-
gen

Es gibt also zwei Möglichkeiten, um den Marktwert einer riskanten Zahlung zu berechnen:
I Diskontierung des Erwartungswertes der Zahlung mit einem risikoadjustierten Zinssatz
(liegt x % über dem risikolosen Zinssatz liegt).
I Abziehen eines Risikoabschlags (selbe Einheit wie Erwartungswert) vom Erwartungswert
der Zahlung und diskontieren mit dem risikolosen Zinssatz.
Falls die Kovarianzen negativ sind, so entsteht ein Risikoabschlag anstelle eines
Risikozuschlags, und statt einer Reduktion wird eine Erhöhung des Erwartungswertes
vorgenommen.
Die Höhe der Risikoprämie für das Abzinsen bzw. die Höhe des Abschlags für das
Sicherheitsäquivalent wird allein durch die Kovarianz zum Marktportfolio bestimmt.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 130 / 192
Beispiel:Investitionsbeurteilung mittels CAPM

Ein Projekt mit Anfangsauszahlung von 100 bietet folgende zustandsabhängigen Endwerte:

X1 X2 X3

pi 0, 2 0, 5 0, 3

Endwert 70 110 130

Die erwartete Marktrendite beträgt 8%. Die Varianz der Marktrendite beträgt 0, 04. Der
risikolose Zinssatz beträgt 3%. Die Korrelation zwischen den Endwerten des Projekts und der
Marktrendite beträgt 0, 8. Werden Sie das Investitionsprojekt durchführen?

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 131 / 192
Beispiel:Investitionsbeurteilung mittels CAPM

1. Welche Formulierung der CAPM-Gleichung soll gewählt werden?


Da weder erwartete bzw. zustandsabhängige Projektrenditen bekannt sind, noch ein Beta
Wert, kann nur die abschlagsorientierte Formulierung (mit Sicherheitsäquivalent) gewählt
werden.

2. σXi ,rM
E [Xi ] − σM2 · (E [rM ] − rf )
Vi =
1 + rf
E [rM ] − rf 0, 08 − 0, 03
= = 1, 25
σM2 0, 04
Auch E [Xi ] kann aus den Angaben berechnet werden:

E [Xi ] = 0, 2 ∗ 70 + 0, 5 ∗ 110 + 0, 3 ∗ 130 = 108

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 132 / 192
Beispiel:Investitionsbeurteilung mittels CAPM

3. Die Berechnung der Kovarianz zwischen den möglichen Endwerten des Projekts und der
Marktrendite ist in diesem Beispiel am aufwändigsten. Die Berechnung erfolgt über den
Korrelationskoeffizienten.
σXi ,rM
ρXi ,rM = → σXi ,rM = ρXi ,rM · σXi · σM
σXi σM

q
σXi = 0, 2 · (70 − 108)2 + 0, 5 · (110 − 108)2 + 0, 3 · (130 − 108)2
= 20, 8808

= 0, 04 = 0, 2
p
σM

σXi ,rM = 0, 8 ∗ 20, 8808 ∗ 0, 2 = 3, 3409

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 133 / 192
Beispiel:Investitionsbeurteilung mittels CAPM

4. Nun kann in die Formel eingesetzt werden:


σXi ,rM
E [Xi ] − σM2 · (E [rM ] − rf )
Vi =
1 + rf
3,3409
108 − 0,04 · 0, 05
Vi = = 100, 80
1, 03

Der Marktwert Vi des Investitionsprojekts liegt über den Anschaffungskosten von 100.
Das Investitionsprojekt sollte daher durchgeführt werden.
Der Zähler der Formel 108 − 1, 25 · 3, 3409 = 103, 82 ist das
CAPM-Sicherheitsäquivalent des Projekts.
Eine sichere Zahlung in dieser Höhe wäre gleichwertig mit dem (riskanten)
Investitionsprojekt.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 134 / 192
Zusammenfassung: Investitionsbeurteilung mit dem CAPM

Ein Projekt wird den Marktwert des Unternehmens erhöhen, wenn der Marktwert der riskanten
zukünftigen Zahlungen größer ist als die erforderlichen Investitionsausgaben.

Um ein Investitionsprojekt beurteilen zu können, muss man den Erwartungswert der damit
verbundenen Zahlungen und die Kovarianz σXi ,rM , bzw. das Beta kennen.

Welche Infomrationen sind somit für die Anwendung des CAPM notwendig?
I Erwartungswert und Varianz der Marktrendite
I risikoloser Zinssatz rf
I Beta des Projekts βi

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion 135 / 192
Outline

I Die Kapitalmarktlinie

I Das Single-Index Modell

I Die Wertpapiermarktlinie

I Ableitung einer allgemeinen Bewertungsfunktion

I Schätzung der Parameter und Annahmen

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 136 / 192
Schätzung der Marktrisikoprämie

Die Marktrisikoprämie kann auf mehrere Arten geschätzt werden:


I Historische Durchschnitte:
einfach, aber problematisch in starken Aufschwungphasen (“Bubbles”), in denen die
historischen Marktrisikoprämien extrem hoch sind.
I Ökonomische Prognosemodelle:
Diese liefern viel robustere Schätzungen. Sie basieren meist auf Schätzungen zukünftiger
Dividendenrenditen aller Unternehmen und auf Wachstumsprognosen.
I Consensus-Schätzungen:
Viele renommierte Analysten und Research-Abteilungen von Großbanken publizieren ihre
Schätzungen für die Marktrisikoprämie. Die Consensus-Schätzung ist ein Durchschnitt aus
den einzelnen Prognosen.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 137 / 192
Wahl des risikolosen Zinssatzes

I Prinzipiell wird ein Zinssatz für risikolose Anlageformen z.B. Rendite von Staatsanleihen,
verwendet.

I Das CAPM ist ein einperiodiges Modell. Je nach Länge der Periode ist der risikolose
Zinssatz rf jedoch unterschiedlich.

I Daher sollte jener Zinssatz - oder ein Durchschnitt aus Zinssätzen - gewählt werden, der
dem Zeithorizont des Bewertungsproblems am besten entspricht.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 138 / 192
Schätzung des Betafaktors

Je nach Investitionsvorhaben gibt es verschiedene Vorgehensweisen:


I Beta für börsennotierte Unternehmen:
Die Schätzung erfolgt über eine lineare Regression der Aktienrenditen auf die
Marktrenditen. Die Daten können von Datenanbietern (Reuters, Bloomberg, Yahoo)
bezogen werden.

I Beta von Comparables:


Aus den Marktbetas möglichst ähnlicher Unternehmen wird ein Durchschnitt gebildet, der
noch um Unterschiede im Leverage bereinigt wird (levered vs unlevered beta). Das
unlevered Beta wird auch als Asset Beta bezeichnet. Danach wird es noch an die
Kapitalstruktur des Unternehmens bzw. des Projekts angepasst.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 139 / 192
Schätzung des Betafaktors

I Intuitive Bestimmung von Beta:


Durch Szenarioanalysen versucht man, mögliche Projektergebnisse und deren
Wahrscheinlichkeiten den jeweiligen Marktrenditen gegenüber zu stellen (unpräzise, aber
oft die einzig mögliche Variante).

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 140 / 192
Das CAPM beruht auf sehr restriktiven Annahmen

I Marktteilnehmer entscheiden nach dem µ − σ-Prinzip unter homogenen Erwartungen.

I Alle Marktteilnehmer halten das Marktportfolio.

I Die abgeleitete Bewertungsfunktion gilt für einperiodige Investitionen. Grundsätzlich


kann das CAPM auf mehrere Perioden erweitert werden, jedoch werden dann aber
konstante Varianzen bzw. Kovarianzen angenommen.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 141 / 192
Diese Annahmen können aber empirisch widerlegt werden

I Nicht alle Individuen handeln nach dem µ − σ-Prinzip.

I Aufgrund empirischer und experimenteller Studien kann gezeigt werden, dass


Marktteilnehmer heterogene Erwartungen haben.
I Nicht alle Investoren halten das Marktportfolio, sondern jeweils unterschiedliche
Portfolios.
I Varianzen und Kovarianzen schwanken stark im Zeitablauf, wodurch eine mehrperiodige
Anwendung erschwert wird.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 142 / 192
Gültigkeit des CAPM

I Ein Modell kann theoretisch nur widerlegt werden, wenn es in sich logisch
widersprüchlich wäre.
I Ist dies nicht der Fall, kann man nur die Implikationen oder Entscheidungsregeln eines
Modells testen und für gut oder schlecht befinden.
I In der Praxis besteht immer ein Trade-Off zwischen der Einfachheit eines Modells und der
Nutzbarkeit seiner Entscheidungsregeln.
I Dadurch wird das CAPM in der Praxis sehr häufig - vielfach in modifizierter Form -
verwendet.

I Der Zusammenhang zwischen Renditen und Beta ist auch empirisch einigermaßen
linear.

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 143 / 192
Alternative Bewertungssätze

I alternative Ansätze, die von komplexeren Zeitreihenmodellen ausgehen:


I Autoregressive Modelle (Trendfolge, Moving Average, ARIMA)
I Modelle mit nichtlinearen Abhängigkeiten

I Bewertung von Investitionen über kausale ökonomische Zusammenhänge:


I Fundamentalanalyse (Auswertung von Bilanzen und volkswirtschaftlichen Daten)

I Chartanalyse

I Faktormodelle

I Erkenntnisse aus der Marktmikrostruktur bzw. von Verhaltensmustern der


Marktteilnehmer (Herdeneffekt)

Teil III: CAPM (Capital Asset Pricing Model) Schätzung der Parameter und Annahmen 144 / 192
Teil IV
Kapitalstruktur und Kapitalkosten
Outline

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten


I Finanzierung und Kapitalkosten

I Discounted Cash Flow Methode

I Modigliani-Miller-Modell

I Kapitalkosten

I Kapitalkosten und Steuern

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten 146 / 192


Outline

I Finanzierung und Kapitalkosten

I Discounted Cash Flow Methode

I Modigliani-Miller-Modell

I Kapitalkosten

I Kapitalkosten und Steuern

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 147 / 192
Finanzierungsentscheidungen

Finanzierungsentscheidungen sind Entscheidungen über die Versorgung der Unternehmung mit


Kapital und damit über die Beziehungen- insbesondere Zahlungen -zwischen Unternehmungen
und Kapitalgebern (Anteilseignern und Kapitalgebern).

Die Frage “Wie wählen Unternehmen ihre Kapitalstruktur?” stellt ein zentrales Problem der
Finanzierung dar.

Die Suche nach der optimalen Kapitalstruktur ist gleichbedeutend mit dem Streben nach den
minimalen Kapitalkosten.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 148 / 192
Finanzierungsarten

Finanzierung

Eigenkapital Fremdkapital

durch durch durch Bildung durch Kredit-


Einlagen Einbehaltung von Rück- aufnahme
von Gewinnen stellungen

der bisherigen neuer Eigner/


Eigner Gesellschafter

Einlagen- Beteiligungs- Selbst- Rückstellungs- Beleihungs-


finanzierung finanzierung finanzierung finanzierung finanzierung

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 149 / 192
Definitionen

Variable Definition
E equity value Wert d. Eigenkapitals
D debt value Wert d. Fremdkapitals
V firm value Wert d. Unternehmens
A asset value Wert d. Aktiva
r cost of capital allgemeiner Kapitalkostensatz
rE cost of equity Eigenkapitalkosten
rD cost of debt Fremdkapitalkosten
rWACC weighted average cost of capital Gewichteter Kapitalkostensatz
rA return on assets Rendite der Aktiva
rU cost of unlevered equity Kapitalkosten bei reiner Eigenfinanzierung
τ taxrate Steuersatz

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 150 / 192
Was sind Eigenkapitalkosten?

I Der Kalkulationszinssatz (Diskontsatz) mit dem Eigenkapitalgeber die zukünftigen


erwarteten Zahlungen des Finanzierungstitels diskontieren.
I Kapitalkosten entstehen durch Opportunitätskosten: was könnten Kapitalgeber alternativ
durch Investition in Finanztitel mit „vergleichbarer” Zahlungsstruktur und Risiko
verdienen.
I Sofern Investoren nicht mindestens eine Rendite (durch Gewinnanteile, Dividenden,
Zinsen, etc.) erwarten können, die sie für eine gleichartig riskante Anlagemöglichkeit am
Markt erhalten, werden sie nicht in den vom Unternehmen ausgegebenen
Finanzierungstitel investieren.
I Für am Kapitalmarkt gehandeltes Eigenkapital (Aktien) können die
Eigenkapitalkosten mit Hilfe des CAPM ermittelt werden.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 151 / 192
Was sind Fremdkapitalkosten?

I Fremdkapitalkosten sind der Diskontsatz mit dem Fremdkapitalgeber die zukünftigen


(erwarteten) Zahlungen an Fremdkapitalgeber diskontieren.
I Sind die Fremdkapitalansprüche (Nominalbetrag und Zinszahlungen) sicher, so
entsprechen die Fremdkapitalkosten dem risikofreien Zins.

Anm.: Sind die Fremdkapitalansprüche riskant, so kann der Risikozuschlag zu den


Fremdkapitalkosten für am Kapitalmarkt gehandeltes Fremdkapital (Anleihen) ebenfalls mit
Hilfe des CAPM ermittelt werden. Handelt es sich bei dem Ausfallrisiko um unsystematisches
Risiko, so sind die Fremdkapitalkosten auch für riskantes Fremdkapital gleich dem risikofreien
Zins.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 152 / 192
Eigen- vs. Fremdfinanzierung

I Ansprüche der Fremdkapitalgeber werden vorrangig befriedigt.


I Bei teilweiser Fremdfinanzierung sind (Eigenkapitalansprüche) somit riskanter.
I Die von Eigenkapitalgebern geforderte Rendite (Eigenkapitalkosten) ist somit höher als
bei reiner Eigenfinanzierung.
I Vergütung für Fremdkapitalgeber (=Fremdkapitalzinsen) wird zumindest auf
Unternehmensebene steuerlich als Abzugsposten anerkannt.
I Vergütung für Eigenkapitalgeber (z.B. Ausschüttung) wird auf Unternehmensebene
steuerlich nicht als Abzugsposten anerkannt.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 153 / 192
Eigen- vs. Fremdfinanzierung

Für vollständig eigenfinanzierte Unternehmen stellt die durch das CAPM ermittelte
geforderte Rendite rU die Eigenkapitalkosten rE dar.

Bei teilweise fremdfinanzierten Unternehmen ergibt sich ein Risikozuschlag aufgrund der
Kapitalstruktur, da aufgrund der Vorrangigkeit des Fremdkapitals das Risiko besteht, die
Eigenkapitalansprüche nicht in vollem Umfang zu realisieren.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 154 / 192
Unternehmensbewertung

I Buchwert des Eigen- bzw. Fremdkapitals:


weicht aufgrund diverser Bilanzierungsregeln regelmäßig vom Marktwert ab und ist daher
im Allgemeinen kein guter Proxy für den Marktwert.

I Marktwert des Eigen- bzw. Fremdkapitals lässt sich über den Barwert der
erwarteten Erträge, Cash Flows oder Dividenden des Unternehmens (=Marktwert)
ermitteln:
I Ertragswertverfahren
I Discounted Cash Flow Method (DCF)
I Dividend Discount Model (DCM)

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Finanzierung und Kapitalkosten 155 / 192
Outline

I Finanzierung und Kapitalkosten

I Discounted Cash Flow Methode

I Modigliani-Miller-Modell

I Kapitalkosten

I Kapitalkosten und Steuern

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Discounted Cash Flow Methode 156 / 192
Discounted Cash Flow Method - Projekte

Bei Projekten mit endlichem Planungshorizont ist der Marktwert im DCF-Verfahren die
Summe der Barwerte der erwarteten Zahlungen.
T
E [Xt ]
V =
X

t=1
(1 + rt )t

wobei E [X ] die erwarteten Cash Flows und rt den anzuwendenden Kapitalkostensatz


bezeichnet. In diesem sind der risikolose Zinssatz und diverse Risikozuschläge berücksichtigt.
Bei rein eigenfinanzierten Unternehmen stellt rt die mittels CAPM ermittelte geforderte
Rendite gemäß Wertpapiermarktlinie dar, die vom (systematischen) Investitionsrisiko abhängt
und die Eigenkapitalkosten bei reiner Eigenfinanzierung repräsentiert.
Im Allgemeinen unterstellen wir, dass rt in allen Perioden gleich ist.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Discounted Cash Flow Methode 157 / 192
Discounted Cash Flow Method - Unternehmen

Bei der Bewertung von Unternehmen wird üblicherweise eine unendliche Lebensdauer
angenommen.
Bei einem konstant angenommenen erwarteten Cash Flow X̄ kann im DCF-Verfahren der
Unternehmenswert durch die Anwendung des Rentenbarwertfaktors für eine unendlich lange
konstante Zahlungsreihe ermittelt werden.


V =
r
Bei konstantem Wachstumsfaktor g:


V =
r −g

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Discounted Cash Flow Methode 158 / 192
Outline

I Finanzierung und Kapitalkosten

I Discounted Cash Flow Methode

I Modigliani-Miller-Modell

I Kapitalkosten

I Kapitalkosten und Steuern

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 159 / 192


Optimale Kapitalstruktur

I Beobachtung: der Wert eines Projekts oder Unternehmens steigt, wenn die Kapitalkosten
sinken.
I Lässt sich durch die Wahl der Kapitalstruktur der Unternehmenswert erhöhen?
I Bei rein mit Eigenkapital finanzierten Unternehmen gilt r = rE
I rE stellt die mittels CAPM ermittelte geforderte Rendite dar, die vom (systematischen)
Risiko abhängt.
I Im Allgemeinen gilt: rE > rf
I Das heißt, Eigenkapitalkosten sind höher als die Kapitalkosten für risikofreies
Fremdkapital.
I Angenommen, das Unternehmen kann risikofreies Fremdkapital aufnehmen. Sollte es dies
tun, um die durchschnittlichen Kapitalkosten zu reduzieren?

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 160 / 192


Traditionelle Betrachtung: teures Eigenkapital und billiges
Fremdkapital?

I Die durchschnittlichen Kapitalkosten eines Unternehmens sind gegeben durch:

D E
r = rf + rE
V V

I Traditionelle Überlegung: rE > rf =⇒ Erhöhung des Fremdkapitalanteils der Finanzierung


(D/V ) reduziert die durchschnittlichen Kapitalkosten r .
I Zumindest so lange das Fremdkapital dabei noch risikofrei bleibt.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 161 / 192


Moderne Betrachtung: Eigenkapitalkosten steigen, wenn
mehr Fremdkapital eingesetzt wird
I Moderne Überlegung (Modigliani und Miller): r wird durch das Risiko des Unternehmens
bzw. Projekts bestimmt.
I Dieses Risiko wird nicht durch eine Aufteilung der Zahlungsüberschüsse auf
unterschiedliche Kapitalgeber beeinflusst.
I Unter bestimmten Bedingungen gilt, dass r unabhängig von der Kapitalstruktur ist, da
andernfalls Arbitrage möglich wäre.
I Es gilt in diesem Fall nicht, dass r sinkt, wenn (D/V ) steigt. Vielmehr steigt rE :

D
rE = r + (r − rf )
E
I Setzt man diese Eigenkapitalkosten in die durchschnittlichen Kapitalkosten ein, so erhält
man:
D D E
 
r = rf + r + (r − rf ) =r
V E V
I Die durchschnittlichen Kapitalkosten sind also unabhängig von der Kapitalstruktur.
Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 162 / 192
Moderne Betrachtung: Eigenkapitalkosten steigen, wenn
mehr Fremdkapital eingesetzt wird
I Moderne Überlegung (Modigliani und Miller): r wird durch das Risiko des Unternehmens
bzw. Projekts bestimmt.
I Dieses Risiko wird nicht durch eine Aufteilung der Zahlungsüberschüsse auf
unterschiedliche Kapitalgeber beeinflusst.
I Unter bestimmten Bedingungen gilt, dass r unabhängig von der Kapitalstruktur ist, da
andernfalls Arbitrage möglich wäre.
I Es gilt in diesem Fall nicht, dass r sinkt, wenn (D/V ) steigt. Vielmehr steigt rE :

D
rE = r + (r − rf )
E
I Setzt man diese Eigenkapitalkosten in die durchschnittlichen Kapitalkosten ein, so erhält
man:
D D E
 
r = rf + r + (r − rf ) =r
V E V
I Die durchschnittlichen Kapitalkosten sind also unabhängig von der Kapitalstruktur.
Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 163 / 192
Business Risk und Leverage Risk

Interpretation der Eigenkapitalkosten rE :


D
rE = r + (r − rf )
E
Geforderte (erwartete) Eigenkapitalrendite und damit die Eigenkapitalkosten setzen sich aus
zwei Komponenten zusammen:
I Kompensation für Geschäftsrisiko (Business Risk) r
E.
I Kompensation für Leverage Risiko (r − rf ) D

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 164 / 192


Modigliani-Miller-Modell

I Der Einfluss der Kapitalstruktur auf die Kapitalkosten steht im Mittelpunkt der
finanzwirtschaftlichen Forschung und Praxis.
I Das Modell und die Beweisführung von Franco Modigliani und Merton H. Miller über
die Unabhängigkeit der Kapitalkosten von der Kapitalstruktur wird von vielen
Autoren als die Geburtsstunde der modernen Finanzwirtschaftslehre angesehen.
I Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens hat keinen Einfluss auf seinen Marktwert
→ law of one price.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 165 / 192


Irrelevanztheorem

Cash flow
(Rückflüsse aus den Investitionen eines Unternehmens)

FK-Geber EK-Geber

Der Gesamtwert eines Unternehmens ist gleich dem Marktwert der Cashflows, die es generiert,
und ist unabhängig von der Kapitalstruktur, sofern bestimmte Voraussetzungen gelten.
Die Höhe des Cashflows und somit des Unternehmensgesamtwertes hängen nur vom Erfolg der
Investitionen ab, die ein Unternehmen tätigt.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 166 / 192


Voraussetzungen für das Irrelevanztheorem

I Die Unternehmenspolitik hängt nicht von der Kapitalstruktur ab.

I Vollkommener Kapitalmarkt
I Keine Transaktions- und Informationskosten
I Beliebige Teilbarkeit von Finanzierungstiteln
I Keine Marktzutrittsbeschränkungen
I Homogene Informationen
I Perfekter Wettbewerb
I Keine von der Kapitalstruktur abhängigen Steuern

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 167 / 192


Voraussetzungen für das Irrelevanztheorem

Zusätzliche Voraussetzungen:
I Das Fremdkapital ist risikolos: Unabhängig vom Verschuldungsgrad besteht ein
einheitlicher FK-Zinssatz
I Nachschusspflicht der EK-Geber im Insolvenzfall
I Auch Individuen können sich zum risikolosen Zinssatz verschulden

I Fremdkapitalbestand wird in absoluter Höhe geplant (autonome Finanzierungspolitik),


somit auch die Zinszahlung

I Unternehmen können in Hinblick auf das Investitionsrisiko in Klassen gleichen Risikos


eingeteilt werden (mittels CAPM möglich)

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 168 / 192


Arbitragefreiheit

I Um Arbitragefreiheit sicherzustellen, müssen also Unternehmen, die denselben


(konstanten) Gewinn erwirtschaften, gleich viel Wert sein.

I Die (geforderte) Gesamtkapitalrendite rA muss somit für beide Unternehmen gleich


sein. Sie entspricht der geforderten Eigenkapitalrendite rE für vollständig eigenfinanzierte
Unternehmen rU .

I Bei teilweiser Fremdfinanzierung muss die Eigenkapitalrendite rE hingegen eine


zusätzliche Risikoprämie für die Kapitalstruktur enthalten, damit keine Arbitrage möglich
ist.

I Der Wert des Unternehmens hängt vom erwarteten Cash Flow ab, nicht davon, wie man
diesen auf unterschiedliche Kapitalgruppen aufteilt.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 169 / 192


Arbitragebeweis von Modigliani/Miller

I Unternehmen A: nur Eigenkapital (unlevered capital structure)


I Unternehmen B: Eigen- und Fremdkapital (levered capital structure)
I Gleicher jährlich erwarteter Gewinn

Unternehmen A B

Jährlicher Gewinn (konstant) X̄ 1.000 1.000

Fremdkapitalbuchwert D 0 4.000

Risikoloser Zinssatz rf 5% 5%

Eigenkapitalkosten rE 10% 10%

(entsprechend Risikoklasse für Investitionsrisiko)

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 170 / 192


Arbitragebeweis von Modigliani/Miller

Unternehmen A B

Jährlicher Gewinn X̄ 1.000 1.000

Davon FK-Anteil rf · D 0 4.000 · 0, 05 = 200

EK-Anteil X̄ − rf · D 1.000 1.000 - 200 = 800

Marktwert des FK 0 4.000

= Buchwert

Marktwert des EK 1.000/0,10 = 10.000 800/0,10 = 8.000

E = (X̄ − rf · D)/rE

Unternehmens- V 10.000 4.000 + 8.000 = 12.000

gesamtwert

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 171 / 192


Arbitragebeweis Modigliani/Miller I

Arbitragestrategie:
1. Ein Investor hat 1 % Anteil an Unternehmen B und verkauft diesen → Erlös: 8.000 · 0.01
= 80.

2. Der Investor nimmt privat Kredit in einer Höhe auf, um die Kapitalstruktur von
Unternehmen B nachzubilden: 4.000 · 0, 01 = 40

3. Den Gesamtbetrag von 80 + 40 = 120 investiert er in Unternehmen A.


Er kauft einen Anteil von 120/10.000 = 1,2 % an Unternehmen A.

4. Er erhält nun einen jährlichen Gewinnanteil von 1.000 · 0, 012 = 12. Seine
Nettoeinnahmen nach Zinsen betragen daher 12-2 = 10. Bisher erhielt er einen jährlichen
Gewinnanteil für seine Beteiligung an Unternehmen B von 800 · 0, 01 = 8.

5. Der Zusatzgewinn aus der Arbitragestrategie beträgt daher 10-8 = 2.


Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 172 / 192
Arbitragebeweis von Modigliani/Miller

Bei teilweiser Fremdfinanzierung muss die Eigenkapitalrendite also offenbar eine zusätzliche
Risikoprämie für die Kapitalstruktur enthalten, damit keine Arbitrage möglich ist.
Wie hoch ist nun diese Risikoprämie?
Beispiel 2

Unternehmen A B

Jährlich Gewinn (konstant) X̄ 1.000 1.000

Fremdkapitalbuchwert D 0 4.000

Risikoloser Zinssatz rf 5% 5%

Eigenkapitalkosten rE 10% 20%

(entsprechend Risikoklasse für Investitionsrisiko)

(mit Berücksichtigung Kapitalstrukturrisiko)

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 173 / 192


Arbitragebeweis von Modigliani/Miller

Unternehmen A B

Jährlicher Gewinn X̄ 1.000 1.000

Davon FK-Anteil rf · D 0 4.000 · 0, 05 = 200

EK-Anteil X̄ − rf · D 1.000 1.000 - 200 = 800

Marktwert des FK 0 4.000

= Buchwert

Marktwert des EK 1.000/0,10 = 10.000 800/0,20 = 4.000

E = (X̄ − rf · D)/rE

Unternehmens- V 10.000 4.000 + 4.000 = 8.000

gesamtwert

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 174 / 192


Arbitrage ist nun in die andere Richtung möglich I

Arbitragestrategie:
1. Investor hat 1% Anteil an Unternehmen A und verkauft diesen. Erlös: 10.000 · 0, 01 =
100

2. Den Erlös von 100 investiert er in Unternehmen B, und zwar entsprechend der
Kapitalstruktur des Unternehmens in Eigen- und Fremdkapitaltitel.
Der Eigen- bzw. Fremdkapitalanteil beträgt 4.000/8.000 = 50%. Er kauft einen EK-Anteil
von 50/4.000 = 1,25% an Unternehmen B sowie FK-Titel mit einem Nominalwert von
50.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 175 / 192


Arbitrage ist nun in die andere Richtung möglich II

3. Er erhält nun einen jährlichen Gewinnanteil von 800 · 0, 0125 = 10 sowie Zinsen aus den
Schuldtiteln in der Höhe von 50 · 0, 05 = 2,5.
Seine Gesamteinnahmen betragen daher 10+2,5 = 12,5.
Bisher erhielt er einen jährlichen Gewinnanteil für seine Beteiligung an Unternehmen A
von 1.000 · 0, 01 = 10.

4. Der Zusatzgewinn aus der Arbitragestrategie beträgt 12,5-10 = 2,5.


Offenbar ist der Eigenkapitalkostensatz zu hoch.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 176 / 192


Leverage-Effekt

I Erhöhung der erwarteten Rendite des Eigenkapitals durch stärkere Fremdfinanzierung.

I Diese Steigerungsmöglichkeit der erwarteten Rendite des Eigenkapitals ist jedoch bei
Gültigkeit des Irrelevanztheorems kein Vorteil!

I Der Anstieg der erwarteten Rendite wird durch den Anstieg des Kapitalstrukturrisikos
genau kompensiert.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Modigliani-Miller-Modell 177 / 192


Outline

I Finanzierung und Kapitalkosten

I Discounted Cash Flow Methode

I Modigliani-Miller-Modell

I Kapitalkosten

I Kapitalkosten und Steuern

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 178 / 192


Eigenkapitalrendite

Eigenkapitalrendite rE
X̄ − rf · D
rE =
E
Aus der Berechnung des Unternehmenswertes folgt:


V =E +D = → X̄ = rU · (E + D)
rU
Durch Einsetzen erhält man:

X̄ − rf · D rU · (E + D) − rf · D D
rE = = = rU + (rU − rf ) ·
E E E
rE stellt somit die Eigenkapitalrendite bei teilweiser Fremdfinanzierung dar.
Bei risikolosem Fremdkapital steigt sie linear mit dem Verschuldungsgrad.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 179 / 192


Flow-to-Equity Ansatz Unternehmen B

X̄ 1.000
V =E +D = = = 10.000
rU 0, 10

E = V − D = 10.000 − 4.000 = 6.000

1.000 − 0, 05 · 4.000
rE = = 13, 33̄%
6.000
Alternativ kann auch berechnet werden:
4.000
rE = 0, 10 + (0, 10 − 0, 05) · = 13, 33̄%
6.000

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 180 / 192


Unternehmen B

Unternehmen A B

Jährlich Gewinn (konstant) X̄ 1.000 1.000

Fremdkapitalbuchwert D 0 4.000

Risikoloser Zinssatz rf 5% 5%

Eigenkapitalkosten rE 10% 13,33%

(entsprechend Risikoklasse für Investitionsrisiko)

(mit Berücksichtigung Kapitalstrukturrisiko)

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 181 / 192


Unternehmen B

Unternehmen A B

Jährlicher Gewinn X̄ 1.000 1.000

Davon FK-Anteil rf · D 0 4.000 · 0, 05 = 200

EK-Anteil X̄ − rf · D 1.000 1.000 - 200 = 800

Marktwert des FK 0 4.000

= Buchwert

Marktwert des EK 1.000/0,10 = 10.000 800/0,1333 = 6.000

E = (X̄ − rf · D)/rE

Unternehmens- V 10.000 4.000 + 6.000 = 10.000

gesamtwert

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 182 / 192


Durchschnittliche gewichtete Kapitalkosten (WACC)

Eigenkapitalrendite:
X̄ − rf · D
rE = → X̄ = rf · D + rE · E
E

X̄ X̄
V = → rA =
rA V
Durch Einsezten erhält man:

X̄ rf · D + rE · E D E
rA = = = rf · + rE · = rWACC
V V V V

I rWACC ist der gewichtete Gesamtkapitalkosten oder WACC (Weighted Average


Cost of Capital.
I Unter den von Modigliani/Miller angenommenen Voraussetzungen gilt: rWACC = rA = rU .

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 183 / 192


WACC Unternehmen B

Der WACC-Satz kann nun für Unternehmen B berechnet werden:


D E 4.000 6.000
rWACC = rf · + rE · = 0, 05 · + 0, 1333 · = 0, 1
V V 10.000 10.000

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 184 / 192


Irrelevanztheorem - Fazit

Das Irrelevanztheorem ist ein zentraler Baustein der modernen Finanztheorie.

Auch wenn die Annahmen in der Praxis nicht erfüllt sind, so ist das Irrelevanztheorem wichtig.

Es zwingt einen, die richtigen Fragen zu stellen:


I Welche Annahmen des Irrelevanztheorems sind nicht erfüllt, wenn man denkt, ein
Argument für eine optimale Kapitalstruktur gefunden zu haben?

Wesentliche Gründe für die Relevanz der Kapitalstruktur:


I Steuersysteme unterscheiden zwischen Eigen- und Fremdkapital: Steuervorteile von
Fremdkapital.
I Unternehmenspolitik hängt von der Kapitalstruktur ab: Anreiz und Informationsprobleme.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten 185 / 192


Outline

I Finanzierung und Kapitalkosten

I Discounted Cash Flow Methode

I Modigliani-Miller-Modell

I Kapitalkosten

I Kapitalkosten und Steuern

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten und Steuern 186 / 192
Kapitalkosten und Steuern

Reduzieren Fremdkapitalzinsen (wie in der Praxis bei den meisten Steuersystemen) die Steuern
des Unternehmens, so haben Kapitalstrukturentscheidungen Einfluss auf den Cash Flow des
Unternehmen nach Steuern.

I Verschuldung auf Ebene des Unternehmens wird relevant.


I Der Unternehmenswert setzt sich aus dem Barwert des Cash Flow und dem Steuervorteil
der Verschuldung (Interest Tax Shield) zusammen.

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten und Steuern 187 / 192
Adjusted Present Value

Der Adjusted Present Value (APV) - Ansatz ermittelt die beiden Komponenten des
Unternehmenswerts separat:
I Wert eines unverschuldeten Unternehmens (Barwert des Cash Flow nach Steuern bei
Finanzierung mit 100% Eigenkapital)
I Barwert des Steuervorteils

Angenommen, ein Unternehmen generiert einen unendlichen Zahlungsstrom mit erwarteten


Überschuss X̄ in jeder Periode und der Unternehmenssteuersatz betrage τ
I Wert des unverschuldeten Unternehmens (Barwert des Cash Flow nach Steuern bei
Finanzierung mit 100% Eigenkapital)

X̄ ·(1 − τ )
VU =
rU

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten und Steuern 188 / 192
Adjusted Present Value

Der Barwert des Steuervorteils hängt von der Höhe der Steuerersparnis in den einzelnen
Perioden, also der Höhe des Fremdkapitalzinsen ab.
Wenn das Unternehmen in einer Periode Fremdkapital mit einem Nominalwert D hat auf das
es Zinsen in Höhe von rf · D zahlt, so ist die Steuerersparnis des Fremdkapitals gleich τ · rf · D.
I Angenommen, das Unternehmen wählt einen konstanten Fremdkapitalbetrag D
(„autonomen Finanzierungspolitik”). D.h., der Nominalwert D bleibt über die Zeit
konstant. In diesem Fall ist der Barwert des Steuervorteils
τ · rf · D
BW (TS) = =τ ·D
rf
I Angenommen, das Unternehmen wählt einen konstanten Fremdkapitalanteil D/V
(„wertorientierte Finanzierungspolitik”). D.h., der Nominalwert D variiert mit V . In
diesem Fall ist die Höhe des Steuervorteils unsicher und der Barwert des Steuervorteils ist
τ · rf · D
BW (TS) =
rU

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten und Steuern 189 / 192
APV - Ansatz Unternehmen B

Da der Fremdkapitalbestand konstant ist, kann der APV Ansatz verwendet werden, um den
Unternehmensgesamtwert zu berechnen:

X̄ · (1 − τ )
V = +τ ·D
rU
1.000 · (1 − 0, 25)
V = + 0, 25 · 4.000 = 8.500
0, 10

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten und Steuern 190 / 192
WACC bei wertorientierter Finanzierungspolitik

Der WACC-Ansatz ist bei Annahme eines konstanten Fremdkapital-Anteils direkt anwendbar:

X̄ · (1 − τ ) D E
V = → rWACC = rf · (1 − τ ) · + rE ·
rWACC V V

Die Eigenkapitalkosten können folgendermaßen berechnet werden:

1 + rF · (1 − τ ) θ
rE = rU + (rU − rF ) · ·
1 + rF 1−θ

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten und Steuern 191 / 192
Beispiel cont.: Unternehmen B

Es wird ein konstanter Fremdkapital-Anteil von 40% angenommen.

D D
rWACC = rf · (1 − τ ) · + rE · (1 − )
V V

Im Falle eines konstanten Fremdkapital-Anteils:

1 + 0.05 · (1 − 0.25) 0.4


rE = 0.1 + (0.1 − 0.05) · · = 13.29%
1 + 0.05 1 − 0.4
rWACC = 0, 05 · (1 − 0, 25) · 0, 4 + 0, 1329 · (1 − 0, 4) = 9, 48%

X̄ · (1 − τ ) 1000 · (1 − 0, 25)
V = = = 7.911, 39
rWACC 0, 0948

Teil IV: Kapitalstruktur und Kapitalkosten Kapitalkosten und Steuern 192 / 192

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