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Springer-Lehrbuch

Das Zweite – kompakt


Herausgeber
Klaus-Peter Schaps
Oliver Kessler
Ulrich Fetzner

Weitere Titel dieser Reihe:


Grundlagen
978-3-540-46344-3

Chirurgie – Orthopädie –Urologie


978-3-540-46335-1

Gynäkologie – Pädiatrie
978-3-540-46347-4

Neurologie – Psychiatrie – Psychosomatik


978-3-540-46354-2

Dermatologie – Augenheilkunde – HNO


978-3-540-46338-2

Allgemeinmedizin – Anästhesie – Arbeits- und Sozialmedizin – Rechtsmedizin


978-3-540-46333-7

Querschnittsbereiche
978-3-540-46357-3

Gesundheitsstörungen
978-3-540-46339-9

Das Zweite – kompakt (Set)


978-3-540-69558-5
I. Barnaure, S. Barreiro-Cotón, R.-D. Issels,
R. Kasch, C. Neßelmann, K.-P. Schaps, D. Szatkowski,
A. Gräfin zu Toerring-Jettenbach

Innere Medizin
Mit 90 größtenteils farbigen Abbildungen und 80 Tabellen

123
Reihenherausgeber
Dr. med. Klaus-Peter Schaps
Rostocker-Str. 21
26388 Wilhelmshaven

Dr. med. Oliver Kessler


Leisibüelstr. 128
CH-8708 Männedorf

Ulrich Fetzner
Von-Lobdeburg-Str. 4
97688 Bad Kissingen

ISBN-13 978-3-540-46350-4 Springer Medizin Verlag Heidelberg


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Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere
Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzge-
bung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.
Planung: Peter Bergmann, Heidelberg
Projektmanagement: Axel Treiber, Heidelberg
Lektorat: Dr. med. Monika Merz, Leimen, Ursula Illig, Stockdorf
Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin
Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg

SPIN 11885610

Gedruckt auf säurefreiem Papier 15/2117 – 5 4 3 2 1 0


V

Vorwort
Das Hammerexamen: die letzte große Hürde vor dem Traumberuf »Arzt«. So mag es all jenen vor-
kommen, die sich kurz vor dem Hammerexamen befinden. Der gesamte klinische Stoff – und noch
dazu im PJ – wie soll das gehen?
Daher hat sich der Springer Medizin Verlag entschlossen, eine neue Repetitorien-Reihe ins Leben
zu rufen. Ideal für das Lernen auf die 2. Ärztliche Prüfung hin – gerade während des PJ – und für das
kurze Repetieren vor dem Examen bieten die 9 Bände alle Krankheitsbilder und die Gesundheits-
störungen des aktuellen Gegenstandskataloges.
Das Besondere daran: Die Krankheitsbilder, die in den ersten 8 Bänden behandelt werden, werden
nach wie vor nach Fächern geordnet angeboten – ganz so, wie es jeder Student aus dem klinischen
Studienabschnitt kennt. In Lerntexten, die größtenteils von Studenten und jungen Assistenzärzten
verfasst und von Fachärzten der jeweiligen Disziplinen gegengelesen wurden, wird all das noch mal
kurz wiederholt, was in der 2. Ärztlichen Prüfung angewandt werden soll. Nach jedem GK-Krank-
heitsbild findet sich eine Zusammenfassung für das schnelle Repetieren an den Tagen unmittelbar vor
dem Examen. Für grafische Lerner stellen große Übersichtsschaubilder, die »Mindmaps«, komplexe
Sachverhalte übersichtlich dar.
Der 9. Band enthält die Gesundheitsstörungen: Jede Gesundheitsstörung wird durch einen Fall
lebendig gemacht und vom Leitsymptom ausgehend die Differentialdiagnose entwickelt. Zusätzlich
finden sich am Ende jeder Gesundheitsstörung noch eine Wiederholung der häufigsten Krankheits-
bilder, die diese Störung hervorrufen, eine grafische Darstellung der Differentialdiagnostik und einige
Fragen zur Selbstprüfung.
»GK2 Das Zweite – kompakt« ist die ideale Reihe, um sich das Grundwissen anzueignen, das man
zum Lösen der Probeexamina in schwarzer oder gelber Reihe und natürlich zum Bestehen der 2. ÄP
benötigt.
Allen Mitwirkenden, den Herausgebern, Herrn Dr. Schaps, Herrn Dr. Kessler und Herrn Fetzner,
allen Autoren und Fachärzten und auch allen studentischen Testlesern sei an dieser Stelle von Seiten
des Springer Medizin Verlags noch einmal sehr herzlich für Ihre Mitarbeit am Entstehen dieses Pro-
jektes gedankt. Wir hoffen alle sehr, den Studenten mit diesem Werk eine echte »erste Hilfe« zum
Bestehen des »Hammerexamens« an die Hand gegeben zu haben.
Auszüge aus Vorabrezensionen:
»Aufgrund der oben genannten Aspekte finde ich das neue Konzept hervorragend!! Der GK wird
erfüllt; ich kann systematisch vorgehen und gleichzeitig verknüpfen, wiederholen und die neue Frage-
stellung üben. Von dem Arbeitsbuch-Charakter des letzten Bandes »Gesundheitsstörungen« halte
ich sehr viel. Der Platz für eigene Notizen, ein einprägsames Bild und die 2-Farbigkeit setzen das sehr
gut um.«
»Das Konzept ist vernünftig und schlüssig. Auch die Aufteilung der Themen ist meiner Meinung
nach gelungen. … Die Sprache finde ich sehr gut getroffen, … das Lesen fällt leicht, was das Arbeiten
mit dem Text angenehm gestaltet. … Auch das Layout der einzelnen Seiten wirkt übersichtlich, nicht
voll gepackt und ist durch Absätze, Tabellen und die farbliche Gestaltung ansprechend und über-
sichtlich.«

Springer Medizin Verlag


Heidelberg im Frühjahr 2007
Das Zweite – kompakt: Innere Medizin Wichtig
Zentrale Informationen
auf einen Blick

Mindmap:
Grafische Übersicht
komplexer Sachver-
halte

Leitsystem:
Schnelle Orientierung
über alle Kapitel

Inhaltliche Struktur:
Klare Gliederung
durch alle Kapitel

Übersichten:
Wichtige Fakten
werden übersichtlich
dargestellt

Aufzählungen: Cave
Lerninhalte über- Vorsicht! Bei falschem Vorgehen
sichtlich präsentiert Gefahr für den Patienten
Zahlreiche Abbildungen Navigation: Seitenzahl
veranschaulichen kom- und Kapitelnummer
plizierte und komplexe für die schnelle Orien-
Sachverhalt tierung

Tabellen:
Klare Übersicht der
wichtigsten Fakten

In Kürze:
Wiederholung der
wichtigsten Fakten zu
jedem Krankheitsbild
zum schnellen
Repetieren kurz vor
dem Examen
VIII

Mitarbeiterverzeichnis
I. Barnaure C. Neßelmann
50E 98th St, apt 5C2 Richard-Wagner-Str. 1
New York, NY 10029 18119 Rostock

S. Barreiro-Cotón K.-P. Schaps


Jakobstr. 41 Dr. med.
52064 Aachen Rostocker-Str. 21
26388 Wilhelmshaven
R. D. Issels
Prof. Dr. med. D. Szatkowski
Medizinische Klinik und Poliklinik III Dr. med.
Klinikum der Universität München-Großhadern Marienstr. 37
Marchioninistr. 15 44866 Bochum
81377 München
A. Gräfin zu Toerring-Jettenbach
R. Kasch Dünzelbach 89
Pestalozzistr. 24 82272 Moorenweis
17489 Greifswald
IX

Gegenstandskatalog

Teil 1: Gesundheitsstörungen 7 Band Gesundheitsstörungen

Teil 2: Krankheitsbilder
1 A00-A09 Infektiöse Darmkrankheiten, (z.B. Salmonellenenteritis, Lebensmittel- 7 Band Grundlagen. 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 4.3.2.1,
vergiftung durch Staphylokokken, Enteritis 7 Kap. 4.3.2.2, 7 Kap. 4.3.2.3
durch Rotaviren)
2 A15-A19 Tuberkulose 7 Band Grundlagen, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.3,
7 Band Querschnittsbereiche
3 A20-A28 Bestimmte bakterielle Zoonosen
A20 Pest 7 Band Grundlagen, 7 Band Innere Medizin,7 Band Querschnitts-
bereiche
A22 Anthrax [Milzbrand] 7 Band Grundlagen, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirur-
gie, Urologie
A23 Brucellose 7 Band Grundlagen
A27 Leptospirose 7 Band Grundlagen
4 A30-A49 Sonstige bakterielle Krankheiten
A31 Infektion durch sonstige Mykobakterien 7 Band Grundlagen
A32 Listeriose 7 Band Grundlagen
A35 Sonstiger Tetanus, (Wundstarrkrampf ) 7 Band Grundlagen, 7 Band Querschnittsbereiche
A36 Diphtherie 7 Band Grundlagen, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Quer-
schnittsbereiche
A37 Keuchhusten 7 Band Grundlagen, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Quer-
schnittsbereiche
A38 Scharlach 7 Band Grundlagen, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Quer-
schnittsbereiche
A39 Meningokokkeninfektion 7 Band Grundlagen
A40 Streptokokkensepsis 7 Band Grundlagen, Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie,
Urologie, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozial-
medizin, Rechtsmedizin
A41 Sonstige Sepsis (z.B. Sepsis durch Staphylococcus aureus, 7 Band Querschnittsbereiche
Systemic inflammatory response syn-
drome [SIRS])
A42 Aktinomykose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde 7 Band Grundlagen
A46 Erysipel [Wundrose] 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Grundlagen
A48 Sonstige bakterielle Krankheiten, anderenorts (z.B. Gasbrand, Legionellose, Toxisches 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie, Band
nicht klassifiziert Schocksyndrom) Grundlagen

A49 Bakterielle Infektion nicht näher bezeichneter (z.B. Helicobacter-Infektion) 7 Band Grundlagen
Lokalisation

5 A50-A64 Infektionen, die vorwiegend durch (z.B. Syphilis, Gonokokkeninfektion, Chla- 7 Band Querschnittsbereiche
Geschlechtsverkehr übertragen werden mydienkrankheiten, Ulcus molle [venere-
um], Infektionen des Anogenitalbereiches
durch Herpesviren [Herpes simplex], Con-
dylomata acuminata, Trichomoniasis)
6 A65-A69 Sonstige Spirochätenkrankheiten
A69 Sonstige Spirochäteninfektionen 7 Band Grundlagen
(z.B. Lyme-Krankheit)
7 A70-A74 Sonstige Krankheiten durch Chlamydien (z.B. Infektion durch Chlamydia psittaci, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Trachom) 7 Band Grundlagen
8 A75-A79 Rickettsiosen (z.B. Zeckenbissfieber, Q-Fieber) 7 Band Grundlagen

9 A80-A89 Virusinfektionen des Zentralnervensystems


A80 Akute Poliomyelitis [Spinale Kinderlähmung] 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Querschnittsbereiche
A81 Atypische Virus-Infektionen des Zentralner- (z.B. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
vensystems 7 Band Grundlagen
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
A82 Tollwut [Rabies] 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Grundlagen
7 Band Querschnittsbereiche
A84 Virusenzephalitis, durch Zecken übertragen (z.B. FSME) 7 Band Grundlagen
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
7 Band Querschnittsbereiche
10 A90-A99 Durch Arthropoden übertragene Viruskrankheiten und virale hämorrhagische Fieber 7 Band Grundlagen
11 B00-B09 Virusinfektionen, die durch Haut- und (z.B. Herpesenzephalitis, Varizellen, Zoster, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Schleimhautläsionen gekennzeichnet sind Masern, Röteln, Viruswarzen, Mollusca con- 7 Band Querschnittsbereiche
tagiosa, Dreitagefieber, Ringelröteln) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkoloige, Pädiatrie
X Gegenstandskatalog

12 B15-B19 Virushepatitis 7 Band Querschnittsbereiche


7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.1
13 B20-B24 HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz-
Viruskrankheit]
B20 Infektiöse und parasitäre Krankheiten infolge 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz-Vi- Unfallchirurgie, Urologie
ruskrankheit] 7 Band Grundlagen
B24 Nicht näher bezeichnete HIV-Krankheit [Hu- 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
mane Immundefizienz-Viruskrankheit] Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Grundlagen
14 B25-B34 Sonstige Viruskrankheiten
B25 Zytomegalie 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
B26 Mumps 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
B27 Infektiöse Mononukleose 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
B30 Viruskonjunktivitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
15 B35-B49 Mykosen
B35 Dermatophytose [Tinea] 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
B36 Sonstige oberflächliche Mykosen (z.B. Pityriasis versicolor) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Grundlagen
B37 Kandidose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
7 Band Grundlagen
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
B44 Aspergillose 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.4
7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
B45 Kryptokokkose 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.4
16 B50-B64 Protozoenkrankheiten (z.B. Malaria, Leishmaniose, Toxoplasmose, 7 Band Querschnittsbereiche
Pneumozystose) 7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.2.3
17 B65-B83 Helminthosen
B65 Schistosomiasis [Bilharziose] 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Grundlagen
B67 Echinokokkose 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.7.2
B68 Taeniasis 7 Band Grundlagen
B69 Zystizerkose 7 Band Grundlagen
B77 Askaridose 7 Band Grundlagen
B80 Enterobiasis 7 Band Grundlagen
18 B85-B89 Pedikulose [Läusebefall], Akarinose [Milben-
befall] und sonstiger Parasitenbefall der
Haut
B85 Pedikulose [Läusebefall] und Phthiriasis [Filz- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
läusebefall] 7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie

B86 Skabies 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde


7 Band Grundlagen
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie

19 C00-C14 Bösartige Neubildungen der Lippe, der (z.B. Bösartige Neubildung der Parotis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Mundhöhle und des Pharynx
20 C15-C26 Bösartige Neubildungen der Verdauungs-
organe
C15 Bösartige Neubildung des Ösophagus 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.1.7
C16 Bösartige Neubildung des Magens 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.2.5
C17 Bösartige Neubildung des Dünndarmes 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.4
C18 Bösartige Neubildung des Kolons 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Grundlagen
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.15
XI
Gegenstandskatalog

C19 Bösartige Neubildung am Rektosigmoid, Über- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
gang 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.15
C20 Bösartige Neubildung des Rektums 7 Band Querschnittsbereiche
7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.15
C21 Bösartige Neubildung des Anus und des Anal- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
kanals 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.16
C22 Bösartige Neubildung der Leber und der intra- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
hepatischen Gallengänge 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.9.2
C23 Bösartige Neubildung der Gallenblase 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.3.3.1
C24 Bösartige Neubildung sonstiger und nicht (z.B. Gallenwegskarzinom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
näher bezeichneter Teile der Gallenwege 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.3.3.2
C25 Bösartige Neubildung des Pankreas 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.4.3
21 C30-C39 Bösartige Neubildungen der Atmungsor-
gane und sonstiger intrathorakaler Organe
C32 Bösartige Neubildung des Larynx 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
C33 Bösartige Neubildung der Trachea 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
C34 Bösartige Neubildung der Bronchien und der 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Lunge 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.4.1
22 C40-C41 Bösartige Neubildungen des Knochens und
des Gelenkknorpels
C40 Bösartige Neubildung des Knochens und des (z.B. Osteosarkom des Femurs) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Gelenkknorpels der Extremitäten
C41 Bösartige Neubildung des Knochens und des (z.B. Chondrosarkom, Ewing-Sarkom des 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Gelenkknorpels sonstiger und nicht näher be- Beckens) Unfallchirurgie, Urologie
zeichneter Lokalisationen
23 C43-C44 Melanom und sonstige bösartige Neubildun-
gen der Haut
C43 Bösartiges Melanom der Haut 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Dermatologie, HNO, Augen-
heilkunde
C44 Sonstige bösartige Neubildungen der Haut (z.B. Basalzellenkarzinom, Plattenepithel- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
karzinom)
24 C45-C49 Bösartige Neubildungen des mesothelialen (z.B. Pleuramesotheliom, Kaposi-Sarkom, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Gewebes und des Weichteilgewebes Liposarkom) Rechtsmedizin, 7 Band Chirurgie, Orthopäadie und Unfallchirurgie,
Urologie, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde,
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.6.3
25 C50 Bösartige Neubildung der Brustdrüse 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
[Mamma] und Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie,
7 Band Grundlagen
26 C51-C58 Bösartige Neubildungen der weiblichen
Genitalorgane
C51 Bösartige Neubildung der Vulva 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C52 Bösartige Neubildung der Vagina 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C53 Bösartige Neubildung der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C54 Bösartige Neubildung des Corpus uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C56 Bösartige Neubildung des Ovars 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
C57 Bösartige Neubildung sonstiger und nicht 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
näher bezeichneter weiblicher Genitalorgane
27 C60-C63 Bösartige Neubildungen der männlichen (z.B. Peniskarzinom, Prostatakarzinom, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
Genitalorgane Hodenmalignom) 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie,
Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
28 C64-C68 Bösartige Neubildungen der Harnorgane (z.B. Nierenzellkarzinom, Wilms-Tumor, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
Urothelkarzinom) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 6.7.1, 7 Kap. 6.7.2,
7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
29 C69-C72 Bösartige Neubildungen des Auges, des Ge-
hirns und sonstiger Teile des Zentralnerven-
systems
C69 Bösartige Neubildung des Auges und der (z.B. Retinoblastom, Aderhautmelanom) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Augenanhangsgebilde
C71 Bösartige Neubildung des Gehirns 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
C72 Bösartige Neubildung des Rückenmarkes, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
der Hirnnerven und anderer Teile des Zentral-
nervensystems
30 C73-C75 Bösartige Neubildungen der Schilddrüse
und sonstiger endokriner Drüsen
C73 Bösartige Neubildung der Schilddrüse 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.4.7, 7 Kap. 8.6.1
C74 Bösartige Neubildung der Nebenniere (z.B. Neuroblastom, Phäochromozytom) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.3.6, 7 Kap. 8.3.7, 7 Kap. 8.6.1
31 C76-C80 Bösartige Neubildungen ungenau bezeichne- (z.B. Metastasen, Paraneoplastisches 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
ter, sekundärer und nicht näher bezeichneter Syndrom) Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Grundlagen,
Lokalisationen 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 5.2.9.2, 7 Kap. 3.4.2
XII Gegenstandskatalog

32 C81-C96 Bösartige Neubildungen des lymphatischen,


blutbildenden und verwandten Gewebes
C81 Hodgkin-Krankheit [Lymphogranulomatose] 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.5.1
C82 Follikuläres [noduläres] Non-Hodgkin-Lym- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.5.2.1
phom
C83 Diffuses Non-Hodgkin-Lymphom 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.5.2.2
C84 Periphere und kutane T-Zell-Lymphome (z.B. Mycosis fungoides) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.5.2.3
C90 Plasmozytom und bösartige Plasmazellen- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.5.2.6
Neubildungen
C91 Lymphatische Leukämie 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.5.2.4, 7 Kap. 7.5.2.7, 7 Band Allge-
meinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
C92 Myeloische Leukämie 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.3.1.1, 7 Kap. 7.4.1, 7 Band Allge-
meinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
C96 Sonstige und nicht näher bezeichnete bösarti- (z.B. Abt-Letterer-Siwe-Krankheit) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.4.4
ge Neubildungen des lymphatischen, blutbil-
denden und verwandten Gewebes
33 D00-D09 In-situ-Neubildungen
D00 Carcinoma in situ der Mundhöhle, des 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
Ösophagus und des Magens 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D04 Carcinoma in situ der Haut (z.B. M. Bowen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
34 D10-D36 Gutartige Neubildungen
D12 Gutartige Neubildung des Kolons, des (z.B. Polyposis coli) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 4.3.14, 7 Band Querschnittsbereiche,
Rektums, des Analkanals und des Anus 7 Band Chrirugie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Grundlagen
D13 Gutartige Neubildung sonstiger und ungenau (z.B. Gutartige Tumoren der Leber) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 5.2.0.1, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
bezeichneter Teile des Verdauungssystems und Unfallchirurgie, Urologie
D14 Gutartige Neubildung des Mittelohres und des (z.B. Adenomatöse Polypen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Atmungssystems
D16 gutartige Neubildung des Knochens und des (z.B. Osteochondrom, Osteoid-Osteom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Gelenkknorpels
D17 Gutartige Neubildung des Fettgewebes 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D18 Hämangiom und Lymphangiom 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 5.2.9.1, 7 Kap. 2.3.3.1,
7 Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D21 Sonstige gutartige Neubildungen des Binde- (z.B. Hautfibrome) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
gewebes und anderer Weichteilgewebe
D22 Melanozytennävus 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
D25 Leiomyom des Uterus 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
D32 Gutartige Neubildung der Meningen (z.B. Meningeom) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
D33 Gutartige Neubildung des Gehirns und ande- (z.B. Akustikusneurinom) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Neurologie,
rer Teile des Zentralnervensystems Psychiatrie, Psychosomatik
D35 Gutartige Neubildung sonstiger und nicht nä- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.3.6
her bezeichneter endokriner Drüsen
35 D37-D48 Neubildungen unsicheren oder unbekannt-
en Verhaltens
D44 Neubildung unsicheren oder unbekannten (z.B. »Inzidentalome« [Nebenniere, 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.2.1, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
Verhaltens der endokrinen Drüsen Hypophyse], Kraniopharyngeom) und Unfallchirurgie, Urologie
D46 Myelodysplastische Syndrome 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.3.2
D47 Sonstige Neubildungen unsicheren oder un- (z.B. Myelofibrose) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.3.1.2
bekannten Verhaltens des
lymphatischen, blutbildenden und verwand-
ten Gewebes
36 D50-D53 Alimentäre Anämien
D50 Eisenmangelanämie 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.2.1.1, 7 Band Grundlagen,
7 Band Querschnittsbereiche
D51 Vitamin-B12-Mangelanämie 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.2.1.2, 7 Band Grundlagen,
7 Band Querschnittsbereiche
D52 Folsäure-Mangelanämie 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.2.1.3, 7 Band Grundlagen,
7 Band Querschnittsbereiche
37 D55-D59 Hämolytische Anämien (z.B. Hereditäre Sphärozytose, 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.2.2.2, 7 Kap. 7.2.2.1
Autoimmunhämolytische Anämien)
38 D60-D64 Aplastische und sonstige Anämien (z.B. Akute Blutungsanämie, Tumoranämie) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.2.7, 7 Kap. 7.2.6, 7 Band Allgemein-
medizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin,
7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
39 D65-D69 Koagulopathien, Purpura und sonstige (z.B. Disseminierte intravasale Gerinnung, 7 Band Grundlagen, 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.6.1.1,
hämorrhagische Diathesen Hämophilie A, Willebrand-Jürgens-Syn- 7 Kap. 7.6.1.2, 7 Kap. 7.6.1.3, 7 Kap. 9.3, 7 Band Allgemeinmedizin,
drom, Allergische Vaskulitis) Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
40 D70-D77 Sonstige Krankheiten des Blutes und der (z.B. Agranulozytose, Methämoglobin- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 7.4.3, 7 Kap. 7.2.8, 7 Kap. 7.3.1.3
blutbildenden Organe ämie, Hypersplenismus, sekundäre Poly-
globulie)
XIII
Gegenstandskatalog

41 D80-D90 Bestimmte Störungen mit Beteiligung des


Immunsystems
D83 Variabler Immundefekt [common variable 7 Band Querschnittsbereiche
immunodeficiency]
D84 Sonstige Immundefekte (z.B. Hereditäres Quincke-Ödem) 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Dermatologie, HNO, Augen-
heilkunde

D86 Sarkoidose 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 3.3.5, 7 Band Querschnittsbereiche


D90 Immunkompromittierung nach Bestrahlung, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Chemotherapie und sonstigen immunsup- Rechtsmedizin
pressiven Maßnahmen
42 E00-E07 Krankheiten der Schilddrüse (z.B. Endemische Struma, Hypothyreose, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band
Hyperthyreose, Thyreoiditis) Innere Medizin, 7 Kap. 8.4.2, 7 Kap. 8.4.3, 7 Kap. 8.4.4, 7 Kap. 8.4.6
43 E10-E14 Diabetes mellitus
E10 Primär insulinabhängiger Diabetes mellitus 7 Band Grundlagen, 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.7.1
[Typ-1-Diabetes]
E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mel- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.7.1
litus [Typ-2-Diabetes]
E14 Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.7.1, 7 Band Grundlagen
44 E15-E16 Sonstige Störungen der Blutglukose-Regula- (z.B. Hypoglykämie) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.7.3, 7 Band Neurologie, Psychiatrie,
tion und der inneren Sekretion des Pankreas Psychosomatik, 7 Band Querschnittsbereiche
45 E20-E35 Krankheiten sonstiger endokriner Drüsen
E21 Hyperparathyreoidismus und sonstige Krank- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.5.1, 7 Kap. 8.5.2
heiten der Nebenschilddrüse
E23 Unterfunktion und andere Störungen der (z.B. Hypopituitarismus, Diabetes insipidus) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.2.2, 7 Kap. 8.2.3
Hypophyse
E24 Cushing-Syndrom 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.3.1
E25 Adrenogenitale Störungen 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.3.3, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
E26 Hyperaldosteronismus (z.B. Conn-Syndrom) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.3.2
E27 Sonstige Krankheiten der Nebenniere (z.B. Nebennierenrinden-Insuffizienz) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.3.5
E28 Ovarielle Dysfunktion 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
E29 Testikuläre Dysfunktion 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
E30 Pubertätsstörungen, anderenorts nicht (z.B. Pubertas praecox, Pubertas tarda) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
klassifiziert
E31 Polyglanduläre Dysfunktion 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.6.2
E34 Sonstige endokrine Störungen (z.B. Karzinoid-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 3.4.3, 7 Kap. 4.3.4, 7 Kap. 8.6.3
46 E40-E46 Mangelernährung 7 Band Querschnittsbereiche
47 E50-E64 Sonstige alimentäre Mangelzustände (z.B. Vitamin-D-Mangel) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Grundlagen, 7 Band Quer-
schnittsbereiche
48 E65-E68 Adipositas und sonstige Überernährung
E66 Adipositas 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.8.2, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
49 E70-E90 Stoffwechselstörungen
E70 Störungen des Stoffwechsels aromatischer (z.B. Phenylketonurie) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 8.8.8, 7 Band Grundlagen
Aminosäuren
E78 Störungen des Lipoproteinstoffwechsels und 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.8.1, 7 Band Grundlagen
sonstige Lipidämien
E79 Störungen des Purin- und Pyrimidinstoff- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.8.4
wechsels
E80 Störungen des Porphyrin- und Bilirubinstoff- 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 8.8.5
wechsels
E83 Störungen des Mineralstoffwechsels (z.B. Hämochromatose) 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 5.2.4.1, 7 Kap. 8.8.6, 7 Band Grund-
lagen, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
E84 Zystische Fibrose 7 Band Grundlagen, 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 3.2.4,
7 Kap. 8.8.10, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
50 F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer
psychischer Störungen
F00 Demenz bei Alzheimer-Krankheit 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
bereiche
F01 Vaskuläre Demenz 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
bereiche
F02 Demenz bei anderenorts klassifizierten Krank- (z.B. bei Creutzfeldt-Jacob-Krankheit, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
heiten HIV-Krankheit) bereiche
F05 Delir, nicht durch Alkohol oder andere psycho- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psycosomatik
trope Substanzen bedingt
F06 Andere psychische Störungen aufgrund einer (z.B. Organische Halluzinose) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Schädigung oder Funktionsstörung des
Gehirns oder einer körperlichen Krankheit
XIV Gegenstandskatalog

F07 Persönlichkeits- und Verhaltensstörung auf- (z.B. Organische Persönlichkeitsstörung) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
grund einer Krankheit, Schädigung oder Funk-
tionsstörung des Gehirns
51 F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch (z.B. Psychische und Verhaltensstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
psychotrope Substanzen durch Alkohol, Opioide und Cannabinoide, bereiche
Entzugssyndrom mit Delir)
52 F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte
Störungen
F20 Schizophrenie 7 Band Grundlagen, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F22 Anhaltende wahnhafte Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F25 Schizoaffektive Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
53 F30-F39 Affektive Störungen
F31 Bipolare affektive Störung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F32 Depressive Episode 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F33 Rezidivierende depressive Störung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F34 Anhaltende affektive Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
54 F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme
Störungen
F40 Phobische Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F41 Andere Angststörungen (z.B. Panikstörung, Generalisierte Angst- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
störung) bereiche
F42 Zwangsstörung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und (z.B. Akute Belastungsreaktion, Posttrau- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Anpassungsstörungen matische Belastungsstörung, Anpassungs-
störungen)
F44 Dissoziative Störungen [Konversionsstörun- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
gen]
F45 Somatoforme Störungen (z.B. Hypochrondrische Störung) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
55 F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen
Störungen und Faktoren
F50 Essstörungen (z.B. Anorexia nervosa, Bulimia nervosa) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F51 Nichtorganische Schlafstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
bereiche
F52 Sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht (z.B. Erektile Dysfunktion) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie, Or-
durch eine organische Störung oder Krankheit thopädie und Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Querschnittsbereiche
F54 Psychologische Faktoren oder Verhaltens- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
faktoren bei anderenorts klassifizierten Krank-
heiten
56 F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
F60 Spezifische Persönlichkeitsstörungen (z.B. Dissoziale Persönlichkeitsstörung, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Emotional instabile Persönlichkeitsstö-
rung)
57 F70-F79 Intelligenzminderung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
58 F80-F89 Entwicklungsstörungen (z.B. des Sprechens und der Sprache, schu- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
lischer Fertigkeiten; Frühkindlicher Autis-
mus)
59 F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit
Beginn in der Kindheit und Jugend
F90 Hyperkinetische Störungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F91 Störungen des Sozialverhaltens 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F93 Emotionale Störungen des Kindesalters 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F94 Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in (z.B. Elektiver Mutismus) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
der Kindheit und Jugend
F95 Ticstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
F98 Andere Verhaltens- und emotionale Störun- (z.B. Nichtorganische Enuresis) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
gen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
60 G00-G09 Entzündliche Krankheiten des Zentral- (z.B. Meningitis, Enzephalitis, Myelitis, En- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
nervensystems zephalomyelitis, Intrakranielle und intra- 7 Band Grundlagen, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
spinale Abszesse und Granulome)
61 G10-G13 Systematrophien, die vorwiegend das
Zentralnervensystem betreffen
G10 Chorea Huntington 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Grundlagen
G11 Hereditäre Ataxie 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G12 Spinale Muskelatrophie und verwandte 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Syndrome
62 G20-G26 Extrapyramidale Krankheiten und
Bewegungsstörungen
G20 Primäres Parkinson-Syndrom (z.B. Demenz mit Lewy-Körperchen bei 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Neurologie, Psychiatrie,
Parkinson-Syndrom) Psychosomatik
G21 Sekundäres Parkinson-Syndrom 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Neurologie, Psychiatrie,
Psychosomatik
XV
Gegenstandskatalog

G23 Sonstige degenerative Krankheiten der Basal- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
ganglien
G24 Dystonie 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G25 Sonstige extrapyramidale Krankheiten und (z.B. Restless-Legs-Syndrom) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Bewegungsstörungen
63 G30-G32 Sonstige degenerative Krankheiten des
Nervensystems
G30 Alzheimer-Krankheit 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
bereiche
64 G35-G37 Demyelinisierende Krankheiten des Zentral-
nervensystems
G35 Multiple Sklerose [Encephalomyelitis dissemi- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
nata]
65 G40-G47 Episodische und paroxysmale Krankheiten
des Nervensystems
G40 Epilepsie 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Grundlagen, 7 Band Neuro-
logie, Psychiatrie, Psychosomatik
G41 Status epilepticus 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Neurologie, Psychiatrie,
Psychosomatik
G43 Migräne 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G44 Sonstige Kopfschmerzsyndrome (z.B. Cluster-Kopfschmerz, Vasomotori- 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Un-
scher Kopfschmerz, Spannungskopf- fallchirurgie, Urologie, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
schmerz, Chronischer posttraumatischer
Kopfschmerz, Arzneimittelinduzierter
Kopfschmerz)
G45 Zerebrale transitorische Ischämie und ver- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
wandte Syndrome
G46 Zerebrale Gefäßsyndrome bei zerebrovaskulä- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
ren Krankheiten bereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
G47 Schlafstörungen 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
66 G50-G59 Krankheiten von Nerven, Nervenwurzeln
und Nervenplexus
G50 Krankheiten des N. trigeminus [V. Hirnnerv] 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
G51 Krankheiten des N. facialis [VII. Hirnnerv] 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G52 Krankheiten sonstiger Hirnnerven 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G54 Krankheiten von Nervenwurzeln und Nerven- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
plexus
G56 Mononeuropathien der oberen Extremität 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Allgemein-
medizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin,
7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
G57 Mononeuropathien der unteren Extremität 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
67 G60-G64 Polyneuropathien und sonstige Krankheiten
des peripheren Nervensystems
G61 Polyneuritis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G62 Sonstige Polyneuropathien (z.B. Alkoholneuropathie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G63 Polyneuropathie bei anderenorts klassifizier- (z.B. Diabetische Polyneuropathie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
ten Krankheiten
68 G70-G73 Krankheiten im Bereich der neuro-
muskulären Synapse und des Muskels
G70 Myasthenia gravis und sonstige neuromusku- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
läre Krankheiten
G71 Primäre Myopathien (z.B. Muskeldystrophien, Myotone 7 Band Grundlagen, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Syndrome)
G72 Sonstige Myopathien (z.B. Arzneimittelinduzierte Myopathie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
bereiche, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozial-
medizin, Rechtsmedizin
69 G80-G83 Zerebrale Lähmung und sonstige Läh-
mungssyndrome
G80 Infantile Zerebralparese 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie

G81 Hemiparese und Hemiplegie 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik


G82 Paraparese und Paraplegie, Tetraparese und 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Tetraplegie Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
G83 Sonstige Lähmungssyndrome (z.B. Cauda-equina-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
70 G90-G99 Sonstige Krankheiten des Nervensystems
G90 Krankheiten des autonomen Nervensystems (z.B. Multisystem-Atrophie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
G91 Hydrozephalus (z.B. Normaldruckhydozephalus) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
XVI Gegenstandskatalog

G95 Sonstige Krankheiten des Rückenmarkes (z.B. Syringomyelie) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
71 H00-H06 Affektionen des Augenlides, des Tränenap-
parates und der Orbita
H00 Hordeolum und Chalazion 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H02 Sonstige Affektionen des Augenlides (z.B. Ektropium, Entropium, Ptosis) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H04 Affektionen des Tränenapparates 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
72 H10-H13 Affektionen der Konjunktiva
H10 Konjunktivitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
73 H15-H22 Affektionen der Sklera, der Hornhaut, der Iris
und des Ziliarkörpers
H15 Affektionen der Sklera (z.B. Skleritis, Episkleritis) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H16 Keratitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H18 Sonstige Affektionen der Hornhaut (z.B. Keratokonus) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H20 Iridozyklitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H22 Affektionen der Iris und des Ziliarkörpers bei (z.B. Iridozyklitis bei Zoster, bei Spondylitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
anderenorts klassifizierten Krankheiten ankylopoetica)
74 H25-H28 Affektionen der Linse
H25 Cataracta senilis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H26 Sonstige Kataraktformen (z.B. Cataracta traumatica) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Allgemein-
medizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
75 H30-H36 Affektionen der Aderhaut und der Netzhaut
H30 Chorioretinitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H32 Chorioretinale Affektionen bei anderenorts (z.B. bei Toxoplasmose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
klassifizierten Krankheiten
H33 Netzhautablösung und Netzhautriss 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H34 Netzhautgefäßverschluss 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H35 Sonstige Affektionen der Netzhaut (z.B. Hypertensive Retinopathie, Retino- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
pathia praematurorum, Altersbedingte
Makuladegeneration [AMD], Retinopathia
pigmentosa)
H36 Affektionen der Netzhaut bei anderenorts (z.B. Diabetische Retinopathie, Atheroskle- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
klassifizierten Krankheiten rotische Retinopathie)
76 H40-H42 Glaukom 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Querschnitts-
bereiche
77 H43-H45 Affektionen des Glaskörpers und des
Augapfels
H43 Affektionen des Glaskörpers (z.B. Glaskörperblutung) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H44 Affektionen des Augapfels (z.B. Endophthalmitis, Intraokularer Fremd- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
körper)
78 H46-H48 Affektionen des N. opticus und der Sehbahn
H46 Neuritis nervi optici 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H47 Sonstige Affektionen des N. opticus [II. Hirn- (z.B. Anteriore ischämische Optikusneuro- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
nerv] und der Sehbahn pathie (AION), arteriosklerotisch)
H48 Affektionen des N. opticus [II. Hirnnerv] und (z.B. bei Multipler Sklerose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
der Sehbahn bei anderenorts klassifizierten
Krankheiten
79 H49-H52 Affektionen der Augenmuskeln, Störungen
der Blickbewegungen sowie Akkommoda-
tionsstörungen und Refraktionsfehler
H49 Strabismus paralyticus 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H50 Sonstiger Strabismus (z.B. Strabismus concomitans) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H52 Akkommodationsstörungen und Refraktions- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
fehler
80 H53-H54 Sehstörungen und Blindheit 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
81 H60-H62 Krankheiten des äußeren Ohres
H60 Otitis externa 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
82 H65-H75 Krankheiten des Mittelohres und des
Warzenfortsatzes
H65 Nichteitrige Otitis media 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H66 Eitrige und nicht näher bezeichnete Otitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
media
H68 Entzündung und Verschluß der Tuba auditiva 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H70 Mastoiditis und verwandte Zustände 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H71 Cholesteatom des Mittelohres 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H72 Trommelfellperforation 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
83 H80-H83 Krankheiten des Innenohres
H80 Otosklerose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
XVII
Gegenstandskatalog

H81 Störungen der Vestibularfunktion (z.B. Ménière-Krankheit) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
H83 Sonstige Krankheiten des Innenohres (z.B. Lärmschwerhörigkeit) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Querschnitts-
bereiche, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeit- und Sozial-
medizin, Rechtsmedizin
84 H90-H95 Sonstige Krankheiten des Ohres
H90 Hörverlust durch Schalleitungs- oder Schall- (z.B. Angeborene Taubheit) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Gynäkologie,
empfindungsstörung Pädiatrie
H91 Sonstiger Hörverlust (z.B. Altersschwerhörigkeit) 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Dermatologie, HNO, Augen-
heilkunde
85 I00-I02 Akutes rheumatisches Fieber 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 9.1.3.2
86 I05-I09 Chronische rheumatische Herzkrankheiten
I05 Rheumatische Mitralklappenkrankheiten
I06 Rheumatische Aortenklappenkrankheiten 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
87 I10-I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit]
I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 7 Band Grundlagen, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.2.1,
7 Band Querschnittsbereiche
I11 Hypertensive Herzkrankheit 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.2.3
I12 Hypertensive Nierenkrankheit 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.2.4
I15 Sekundäre Hypertonie 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.2.2, 7 Band Querschnittsbereiche,
7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Grundlagen
88 I20-I25 Ischämische Herzkrankheiten
I20 Angina pectoris 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.3.1, 7 Kap. 1.3.2, 7 Band Quer-
schnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie,
Urologie
I21 Akuter Myokardinfarkt 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.3.3, 7 Band Querschnittsbereiche
I22 Rezidivierender Myokardinfarkt 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.3.4
I25 Chronische ischämische Herzkrankheit 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.3
89 I26-I28 Pulmonale Herzkrankheit und Krankheiten
des Lungenkreislaufes
I26 Lungenembolie 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.5.2, 7 Band Allgemeinmedizin,
Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin, 7 Band Quer-
schnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie,
Urologie
I27 Sonstige pulmonale Herzkrankheiten (z.B. Cor pulmonale) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.9.1, 7 Kap. 1.9.2
90 I30-I52 Sonstige Formen der Herzkrankheit
I30 Akute Perikarditis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.8.1
I31 Sonstige Krankheiten des Perikards (z.B. Chronische Perikarditis) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.8.1
I34 Nichtrheumatische Mitralklappenkrankheiten 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.10.3, 7 Kap. 1.10.4,
7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
I35 Nichtrheumatische Aortenklappenkrank- 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.10.1, 7 Kap. 1.10.2
heiten
I38 Endokarditis, Herzklappe nicht näher 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.7
bezeichnet
I39 Endokarditis und Herzklappenkrankheiten bei 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.7.2, 7 Kap. 1.10
anderenorts klassifizierten Krankheiten
I40 Akute Myokarditis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.6
I41 Myokarditis bei anderenorts klassifizierten 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.6
Krankheiten
I42 Kardiomyopathie 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.5
I44 Atrioventrikulärer Block und Linksschenkel- 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.11.2
block
I45 Sonstige kardiale Erregungsleitungsstörungen (z.B. Rechtsschenkelblock, Präexitations- 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.11.3, 7 Kap. 1.12.1.4
Syndrom)
I46 Herzstillstand (z.B. Plötzlicher Herztod) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.12.2.1, 7 Band Querschnittsbereiche
I47 Herzstillstand 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.12.2, 7 Band Querschnittsbereiche
I48 Vorhofflattern und Vorhofflimmern 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.12.1.1, 7 Kap. 1.12.1.2
I49 Sonstige kardiale Arrhythmien (z.B. Kammerflimmern, Sick-Sinus- 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.12.1.5. 7 Kap. 1.11.1, 7 Kap. 1.12.1.3,
Syndrom) 7 Band Querschnittsbereiche
I50 Herzinsuffizienz 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 1.4
91 I60-I69 Zerebrovaskuläre Krankheiten
I60 Subarachnoidalblutung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
I61 Intrazerebrale Blutung 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
I62 Sonstige nichttraumatische intrakranielle (z.B. Spontane subarachnoidale Blutung) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Blutung
I63 Hirninfarkt 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
XVIII Gegenstandskatalog

I65 Verschluss und Stenose präzerebraler Arterien (z.B. Basilaristhrombose) 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
ohne resultierenden Hirninfarkt
I66 Verschluss und Stenose zerebraler Arterien 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
ohne resultierenden Hirninfarkt
I67 Sonstige zerebrovaskuläre Krankheiten (z.B. Hirnatherosklerose, Hirnvenenthrom- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
bose) Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
I69 Folgen einer zerebrovaskulären Krankheit 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
92 I70-I79 Krankheiten der Arterien, Arteriolen und
Kapillaren
I70 Atherosklerose 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 2.1.2, 7 Band Grundlagen,
7 Band Querschnittsbereiche
I71 Aortenaneurysma und -dissektion 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Band Grundlagen
I72 Sonstiges Aneurysma (z.B. Aneurysma der A. carotis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Band Grundlagen
I73 Sonstige periphere Gefäßkrankheiten (z.B. Raynaud-Syndrom, Thrombangiitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 2.1.5, 7 Kap. 2.1.4.4, 7 Kap. 2.1.2.1,
obliterans, Claudicatio intermittens) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
I74 Arterielle Embolie und Thrombose 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 2.1.3, 7 Band Grundlagen
93 I80-I89 Krankheiten der Venen, der Lymphgefäße
und der Lymphknoten, anderenorts nicht
klassifiziert
I80 Phlebitis und Thrombophlebitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 2.2.3, 7 Band Dermatologie, HNO,
Augenheilkunde
I81 Pfortaderthrombose 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.6.3
I82 Sonstige venöse Embolie und Thrombose (z.B. Thrombophilie wie Protein-S-Mangel, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 7.6.2, 7 Kap. 7.6.2.4, 7 Kap. 7.6.2.1
Protein-C-Mangel, APC-Resistenz)
I83 Varizen der unteren Extremitäten (z.B. Ulcus cruris venosum) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 2.2.6, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheil-
kunde
I84 Hämorrhoiden 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
I85 Ösophagusvarizen 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.1.2, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
I86 Varizen sonstiger Lokalisationen (z.B. Magenvarizen, Varikozele) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 4.1.2
I87 Sonstige Venenkrankheiten (z.B. Postthrombotisches Syndrom, Venöse 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Innere Medizin,
Insuffizienz) 7 Kap. 2.2.5
I88 Unspezifische Lymphadenitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 2.3.1, 7 Band Dermatologie, HNO,
Augenheilkunde
I89 Sonstige nichtinfektiöse Krankheiten der (z.B. Lymphödem) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Innere Medizin
Lymphgefäße und Lymphknoten 7 Kap. 2.3.2
94 J00-J06 Akute Infektionen der oberen Atemwege
J00 Akute Rhinopharyngitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
[Erkältungsschnupfen]
J01 Akute Sinusitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J02 Akute Pharyngitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J03 Akute Tonsillitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J04 Akute Laryngitis und Tracheitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J05 Akute obstruktive Laryngitis [Krupp] und Epi- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Gynäkologie,
glottitis Pädiatrie
J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht nä- (z.B. Grippaler Infekt) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Grundlagen,
her bezeichneten Lokalisationen der oberen 7 Band Innere Medizin, 7 Band Querschnittsbereiche
Atemwege
95 J10-J18 Grippe und Pneumonie 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.2, 7 Band Querschnittsbereiche,
7 Band Grundlagen
96 J20-J22 Sonstige akute Infektionen der unteren
Atemwege
J20 Akute Bronchitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.1.1
J21 Akute Bronchiolitis (z.B. RSV-Infektion) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.1.4, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie,
7 Band Grundlagen
97 J30-J39 Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege
J30 Vasomotorische und allergische Rhinopathie 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J31 Chronische Rhinitis, Rhinopharyngitis und 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Pharyngitis
J32 Chronische Sinusitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
J33 Nasenpolyp 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Dermatologie, HNO, Augen-
heilkunde
J34 Sonstige Krankheiten der Nase und der Nasen- (z.B. Nasenfurunkel) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, 7 Band Dermato-
nebenhöhlen logie, HNO, Augenheilkunde
J35 Chronische Krankheiten der Gaumen- und Ra- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Gynäkologie,
chenmandeln Pädiatrie
XIX
Gegenstandskatalog

J38 Krankheiten der Stimmlippen und des Kehl- (z.B. Stimmlippenknötchen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
kopfes, anderenorts nicht klassifiziert
98 J40-J47 Chronische Krankheiten der unteren Atem-
wege
J41 Einfache und schleimig-eitrige chronische 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.1.2
Bronchitis
J43 Emphysem 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.1.3, 7 Band Grundlagen
J44 Sonstige chronische obstruktive Lungenkrank- (z.B. COPD) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.1.2
heit
J45 Asthma bronchiale 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.2.1
J46 Status asthmaticus 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.2.2
J47 Bronchiektasen 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.2.3
99 J60-J70 Lungenkrankheiten durch exogene
Substanzen
J61 Pneumokoniose durch Asbest und sonstige (Asbestose) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
anorganische Fasern Rechtsmedizin, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.2.7
J62 Pneumokoniose durch Quarzstaub (z.B. Silikose) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.2.7, 7 Band Allgemeinmedizin,
Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
J67 Allergische Alveolitis durch organischen Staub (z.B. Farmerlunge) 7 Band Innere Medizin, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie,
Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
100 J80-J84 Sonstige Krankheiten der Atmungsorgane,
die hauptsächlich das Interstitium betreffen
J81 Lungenödem 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.5.1, 7 Band Allgemeinmedizin,
Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin,
7 Band Grundlagen
J84 Sonstige interstitielle Lungenkrankheiten (z.B. Hamman-Rich-Syndrom) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.2.5
101 J85-J86 Purulente und nekrotisierende
Krankheitszustände der unteren Atemwege
J86 Pyothorax 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.3.6, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
102 J90-J94 Sonstige Krankheiten der Pleura
J90 Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert (z.B. Exsudative Pleuritis) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.6.2
J91 Pleuraerguß bei anderenorts klassifizierten 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.6.2
Krankheiten
J93 Pneumothorax 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.6.1, 7 Band Querschnittsbereiche,
7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
103 J95-J99 Sonstige Krankheiten des Atmungssystems
J98 Sonstige Krankheiten der Atemwege (z.B. Atelektase, Interstitielles Emphysem, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 3.2.6, 7 Kap. 3.3.1.3, 7 Kap. 3.3.6
Mediastinitis)
104 K00-K14 Krankheiten der Mundhöhle, der Speichel-
drüsen und der Kiefer
K10 Sonstige Krankheiten der Kiefer (z.B. Kieferosteomyelitis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K11 Krankheiten der Speicheldrüsen (z.B. Sialolithiasis) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
K12 Stomatitis und verwandte Krankheiten (z.B. Rezidivierende orale Aphthen) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Gynäkologie,
Pädiatrie
K13 Sonstige Krankheiten der Lippe und der (z.B. Cheilitis, Leukoplakie) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Gynäkologie,
Mundschleimhaut Pädiatrie
105 K20-K31 Krankheiten des Ösophagus, des Magens
und des Duodenums
K20 Ösophagitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.1.3
K21 Gastroösophageale Refluxkrankheit 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.1.4
K22 Sonstige Krankheiten des Ösophagus (z.B. Erworbene Divertikel, Mallory-Weiss- 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.1.5, 7 Kap. 4.1.6, 7 Band Chirurgie,
Syndrom, Perforation) Orthiopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K25 Ulcus ventriculi 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.2.2, 7 Band Allgemeinmedizin,
Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
K26 Ulcus duodeni 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbetis- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie,
Urologie, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.2.2
K29 Gastritis und Duodenitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.2.3, 7 Kap. 4.2.2
K30 Dyspepsie 7 Band Querschnittsbereiche
106 K35-K38 Krankheiten der Appendix
K35 Akute Appendizitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.6, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
107 K40-K46 Hernien
K40 Hernia inguinalis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K41 Hernia femoralis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K42 Hernia umbilicalis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K43 Hernia ventralis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
XX Gegenstandskatalog

K44 Hernia diaphragmatica 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie


108 K50-K52 Nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis
K50 Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis] [Morbus 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.9.1, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
Crohn] und Unfallchirurgie, Urologie
K51 Colitis ulcerosa 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.9.2, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
109 K55-K63 Sonstige Krankheiten des Darmes
K55 Gefäßkrankheiten des Darmes (z.B. Mesenterialinfarkt, Ischämische 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.7, 7 Kap. 4.3.8, 7 Band Chirurgie
Kolitis)
K56 Paralytischer Ileus und mechanischer Ileus (z.B. Invagination, Bridenileus) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.5, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie,
ohne Hernie 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K57 Divertikulose des Darmes 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.11, 7 Band Innere Medizin
Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K58 Reizdarmsyndrom 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.10
K60 Fissur und Fistel in der Anal- und Rektalregion 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.12
K61 Abszess in der Anal- und Rektalregion 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.12, 7 Kap. 4.3.9.1, 7 Band Chirur-
gie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K62 Sonstige Krankheiten des Anus und des Rek- (z.B. Analpolyp, Analprolaps) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
tums 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.13
K63 Sonstige Krankheiten des Darmes (z.B. Darmabszess, Darmfistel) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.6, 7 Kap. 4.3.9.1, 7 Kap. 4.3.12
110 K65-K67 Krankheiten des Peritoneums
K65 Peritonitis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie,
Urologie
111 K70-K77 Krankheiten der Leber
K70 Alkoholische Leberkrankheit 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.5.1
K71 Toxische Leberkrankheit 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.5.2
K72 Leberversagen, anderenorts nicht klassifiziert 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.8
K74 Fibrose und Zirrhose der Leber 7 Band Grundlagen, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirur-
gie, Urologie, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.6.1
K75 Sonstige entzündliche Leberkrankheiten (z.B. Leberabszess, Autoimmune Hepatitis) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.7.1, 7 Kap. 5.2.2, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
K76 Sonstige Krankheiten der Leber (z.B. Fettleber) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.2.5.1, 7 Band Grundlagen
112 K80-K87 Krankheiten der Gallenblase, der Gallen-
wege und des Pankreas
K80 Cholelithiasis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.3.1n, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
K81 Cholezystitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.3.2, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
K83 Sonstige Krankheiten der Gallenwege (z.B. Gallengangsverschluss) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.3.1, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
K85 Akute Pankreatitis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.4.1, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
K86 Sonstige Krankheiten des Pankreas (z.B. Chronische Pankreatitis) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 5.4.2, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
und Unfallchirurgie, Urologie
113 K90-K93 Sonstige Krankheiten des Verdauungs-
systems
K90 Intestinale Malabsorption (z.B. Zöliakie) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.3.1, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
114 L00-L08 Infektionen der Haut und der Unterhaut
L00 Staphylococcal scalded skin syndrome 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Grundlagen
[SSS-Syndrom]
L01 Impetigo 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L02 Hautabszess, Furunkel und Karbunkel 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
L03 Phlegmone 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
L04 Akute Lymphadenitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L05 Pilonidalzyste 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
L08 Sonstige lokale Infektionen der Haut und der (z.B. Pyodermie, Erythrasma) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Unterhaut
115 L10-L14 Bullöse Dermatosen
L10 Pemphiguskrankheiten 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L12 Pemphigoidkrankheiten 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L13 Sonstige bullöse Dermatosen (z.B. Dermatitis herpetiformis Duhring) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
116 L20-L30 Dermatitis und Ekzem
L20 Atopisches [endogenes] Ekzem 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L21 Seborrhoisches Ekzem 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
XXI
Gegenstandskatalog

L22 Windeldermatitis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Gynäkologie,


Pädiatrie
L23 Allergische Kontaktdermatitis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L24 Toxische Kontaktdermatitis 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin, 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L27 Dermatitis durch oral, enteral oder parenteral (z.B. Arzneimittelexanthem) 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Dermatologie, HNO, Augen-
aufgenommene Substanzen heilkunde
L30 Sonstige Dermatitis (z.B. Nummuläres Ekzem) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
117 L40-L45 Papulosquamöse Hautkrankheiten
L40 Psoriasis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L41 Parapsoriasis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L42 Pityriasis rosea 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L43 Lichen ruber planus 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
118 L50-L54 Urtikaria und Erythem
L50 Urtikaria 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L51 Erythema exsudativum multiforme (z.B. Toxische epidermale Nekrolyse) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L52 Erythema nodosum 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
119 L55-L59 Krankheiten der Haut und der Unterhaut
durch Strahleneinwirkung
L55 Dermatitis solaris acuta 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Querschnitts-
bereiche
L56 Sonstige akute Hautveränderungen durch (z.B. Polymorphe Lichtdermatose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Querschnitts-
Ultraviolettstrahlen bereiche
L57 Hautveränderungen durch chronische Exposi- (z.B. Aktinische Keratose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Querschnitts-
tion gegenüber nichtionisierender Strahlung bereiche
120 L60-L75 Krankheiten der Hautanhangsgebilde
L60 Krankheiten der Nägel 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L63 Alopecia areata 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L64 Alopecia androgenetica 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L70 Akne 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Gynäkologie,
Pädiatrie
L71 Rosazea 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L72 Follikuläre Zysten der Haut und der Unterhaut (z.B. Atherom) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
L73 Sonstige Krankheiten der Haarfollikel (z.B. Hidradenitis suppurativa) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Querschnitts-
bereiche
121 L80-L99 Sonstige Krankheiten der Haut und der
Unterhaut
L80 Vitiligo 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L82 Seborrhoische Keratose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L83 Acanthosis nigricans 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L85 Sonstige Epidermisverdickung (z.B. Cornu cutaneum, Akrale Hyperkerato- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
sen)
L88 Pyoderma gangraenosum 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L89 Dekubitalgeschwür 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Querschnitts-
bereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
L90 Atrophische Hautkrankheiten (z.B. Lichen sclerosus et atrophicus, Nar- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Chirurgie,
ben, Striae cutis atrophicae) Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
L92 Granulomatöse Krankheiten der Haut und der (z.B. Granuloma anulare, Nekrobiosis li- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Unterhaut poidica)
L93 Lupus erythematodes 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
L94 Sonstige lokalisierte Krankheiten des Bindege- (z.B. Sclerodermia circumscripta) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
webes
122 M00-M03 Infektiöse Arthropathien
M00 Eitrige Arthritis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M01 Direkte Gelenkinfektionen bei anderenorts (z.B. Arthritis bei Lyme-Krankheit) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 9.1.3
klassifizierten infektiösen und parasitären
Krankheiten
M02 Reaktive Arthritiden (z.B. Reiter-Krankheit) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 9.1.2.2
M03 Postinfektiöse und Reaktive Arthritiden bei 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 9.1.3, 7 Band Chirurgie, Orthopädie
anderenorts klassifizierten Krankheiten und Unfallchirurgie, Urologie
123 M05-M14 Entzündliche Polyarthropathien (z.B. Chronische Polyarthritis, Arthritis pso- 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 9.1.1.1, 7 Kap. 9.1.2.3, 7 Kap. 9.1.1.2,
riatica, Juvenile Arthritis, Gicht, Begleitar- 7 Kap. 9.1.3.1, 7 Kap. 8.8.4, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie,
thropathien) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
124 M15-M19 Arthrose
M15 Polyarthrose 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M16 Koxarthrose [Arthrose des Hüftgelenkes] 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
XXII Gegenstandskatalog

M17 Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes] 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M19 Sonstige Arthrose (z.B. Omarthrose) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
125 M20-M25 Sonstige Gelenkkrankheiten
M20 Erworbene Deformitäten der Finger und Ze- (z.B. Hallux valgus) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
hen
M21 Sonstige erworbene Deformitäten der Extre- (z.B. Fallhand) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
mitäten Rechtsmedizin, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie,
Urologie
M22 Krankheiten der Patella 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal (z.B. Meniskusschädigung) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
derangement]
M24 Sonstige näher bezeichnete Gelenkschädigun- (z.B. Freier Gelenkkörper) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
gen
M25 Sonstige Gelenkkrankheiten, anderenorts (z.B. Hämarthros, Gelenkinstabilität, Ge- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
nicht klassifiziert lenksteife)
126 M30-M36 Systemkrankheiten des Bindegewebes
M30 Panarteriitis nodosa und verwandte Zustände (z.B. Kawasaki-Krankheit) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 2.1.4.1, 7 Kap. 9.3.2.2,
7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M31 Sonstige nekrotisierende Vaskulopathien (z.B. Hypersensitivitätsangiitis, Riesenzel- 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 2.1.4.2, 7 Kap. 2.1.4.3
larteriitis)
M32 Systemischer Lupus erythematodes 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M33 Dermatomyositis-Polymyositis 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M34 Systemische Sklerose 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
M35 Sonstige Krankheiten mit Systembeteiligung (z.B. Polymyalgia rheumatica) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 9.3.3.1
des Bindegewebes
127 M40-M43 Deformitäten der Wirbelsäule und des
Rückens
M40 Kyphose und Lordose 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M41 Skoliose 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M42 Osteochondrose der Wirbelsäule 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M43 Sonstige Deformitäten der Wirbelsäule und (z.B. Spondylolisthesis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
des Rückens
128 M45-M49 Spondylopathien
M45 Spondylitis ankylosans 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M46 Sonstige entzündliche Spondylopathien (z.B. Spondylodiszitis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M47 Spondylose 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M48 Sonstige Spondylopathien (z.B. Lumbale Spinalstenose) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
129 M50-M54 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und
des Rückens
M50 Zervikale Bandscheibenschäden (z.B. zervikale Myelopathie) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M51 Sonstige Bandscheibenschäden (z.B. Lumbaler Bandscheibenvorfall) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des (z.B. Zervikobrachial-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Rückens, anderenorts nicht klassifiziert
M54 Rückenschmerzen (z.B. Lumboischialgie) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
130 M60-M63 Krankheiten der Muskeln
M60 Myositis 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 9.4.1
M61 Kalzifikation und Ossifikation von Muskeln 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
131 M65-M68 Krankheiten der Synovialis und der Sehnen
M65 Synovitis und Tenosynovitis (z.B. Schnellender Finger) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
132 M70-M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes
M70 Krankheiten des Weichteilgewebes im Zusam- (z.B. Bursitis praepatellaris) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
menhang mit Beanspruchung, Überbeanspru- 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
chung und Druck Rechtsmedizin
M72 Fibromatosen (z.B. Nekrotisierende Fasziitis) 7 Band Grundlagen, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfall-
chirurgie, Urologie
M75 Schulterläsionen (z.B. Läsionen der Rotatorenmanschette) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M76 Enthesopathien der unteren Extremität mit (z.B. Tractus-iliotibialis-Syndrom) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Ausnahme des Fußes
M77 Sonstige Enthesopathien (z.B. Epicondylitis radialis humeri) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M79 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, (z.B. Fibromyalgie, Neuralgie) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Innere Medizin
anderenorts nicht klassifiziert 7 Kap. 9.2.1, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
133 M80-M85 Veränderungen der Knochendichte und -
struktur
M80 Osteoporose mit pathologischer Fraktur 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Querschnittsbereiche
M81 Osteoporose ohne pathologische Fraktur 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Querschnittsbereiche
XXIII
Gegenstandskatalog

M85 Sonstige Veränderungen der Knochendichte (z.B. Knochenzyste) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
und -struktur
134 M86-M90 Sonstige Osteopathien
M86 Osteomyelitis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M87 Knochennekrose (z.B. Idiopathische aseptische Knochen- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
nekrose)
M88 Osteodystrophia deformans [Paget-Krankheit] 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
M89 Sonstige Knochenkrankheiten (z.B. Komplexes regionales Schmerz- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
syndrom)
135 M91-M94 Chondropathien (z.B. M. Perthes, Osteochondrosis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
dissecans) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
136 M95-M99 Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-
Systems und des Bindegewebes
M99 Biomechanische Funktionsstörungen, (z.B. Knöcherne Stenose des Spinalkanals, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
anderenorts nicht klassifiziert Stenose des Spinalkanals durch Band-
scheiben)
137 N00-N08 Glomeruläre Krankheiten
N00 Akutes nephritisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 6.4.5
N01 Rapid-progressives nephritisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6.4.3
N02 Rezidivierende und persistierende Hämaturie 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6
N03 Chronisches nephritisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6.2.4
N04 Nephrotisches Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6.4.6
138 N10-N16 Tubulointerstitielle Nierenkrankheiten
N10 Akute tubulointerstitielle Nephritis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6.3
N11 Chronische tubulointerstitielle Nephritis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6.3
N13 Obstruktive Uropathie und Refluxuropathie 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N15 Sonstige tubulointerstitielle Nierenkrank- (z.B. Nierenkarbunkel, Paranephritis) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
heiten 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6.3
139 N17-N19 Niereninsuffizienz
N17 Akutes Nierenversagen 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 6.5.1, 7 Band Allgemeinmedizin,
Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
N18 Chronische Niereninsuffizienz 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin 7 Kap. 6.5.2, 7 Band Querschnittsbereiche
140 N20-N23 Urolithiasis
N20 Nieren- und Ureterstein 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N21 Stein in den unteren Harnwegen (z.B. Blasenstein) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
141 N25-N29 Sonstige Krankheiten der Niere und des
Ureters
N26 Schrumpfniere, nicht näher bezeichnet 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6.5.2
N28 Sonstige Krankheiten der Niere und des (z.B. Niereninfarkt) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
Ureters, anderenorts nicht klassifiziert 7 Band Innere Medizin, 7 Kap. 6
142 N30-N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems
N30 Zystitis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N31 Neuromuskuläre Dysfunktion der Harnblase, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
anderenorts nicht klassifiziert
N32 Sonstige Krankheiten der Harnblase (z.B. Blasenhalsobstruktion) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N34 Urethritis und urethrales Syndrom 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N35 Harnröhrenstriktur 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems (z.B. Stressinkontinenz, Urgeinkontinenz, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
Harnwegsinfektion, Urosepsis) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 6.2, 7 Band Allgemeinmedizin,
Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
143 N40-N51 Krankheiten der männlichen Genitalorgane
N40 Prostatahyperplasie 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N41 Entzündliche Krankheiten der Prostata 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N43 Hydrozele und Spermatozele 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N44 Hodentorsion und Hydatidentorsion 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N45 Orchitis und Epididymitis 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
N46 Sterilität beim Mann 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
XXIV Gegenstandskatalog

N47 Vorhauthypertrophie, Phimose und Paraphi- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
mose
N48 Sonstige Krankheiten des Penis (z.B. Balanoposthitis, Priapismus, Impotenz 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
organischen Usprungs, Penisfraktur)
N49 Entzündliche Krankheiten der männlichen (z.B. Fournier-Gangrän) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Genitalorgane, anderenorts nicht klassifiziert
144 N60-N64 Krankheiten der Mamma [Brustdrüse]
N60 Gutartige Mammadysplasie (z.B. Fibrozystische Mastopathie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N61 Entzündliche Krankheiten der Mamma [Brust- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
drüse]
145 N70-N77 Entzündliche Krankheiten der weiblichen
Beckenorgane
N70 Salpingitis und Oophoritis 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N71 Entzündliche Krankheit des Uterus, ausge- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
nommen der Zervix
N72 Entzündliche Krankheit der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N73 Sonstige entzündliche Krankheiten im weibli- (z.B. Parametritis, Pelveoperitonitis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
chen Becken Unfallchirurgie, Urologie
N75 Krankheiten der Bartholin-Drüsen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N76 Sonstige entzündliche Krankheit der Vagina (z.B. Akute Kolpitis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
und Vulva
146 N80-N98 Nichtentzündliche Krankheiten des weibli-
chen Genitaltraktes
N80 Endometriose 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N81 Genitalprolaps bei der Frau 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N85 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten des (z.B. Glanduläre Hyperplasie, Adenomatö- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Uterus, ausgenommen der Zervix se Hyperplasie)
N86 Erosion und Ektropium der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N87 Dysplasie der Cervix uteri 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N89 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der (z.B. Hochgradige Dysplasie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Vagina
N90 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der (z.B. Atrophie der Vulva) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Vulva und des Perineums
N91 Ausgebliebene, zu schwache oder zu seltene 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Menstruation
N92 Zu starke, zu häufige oder unregelmäßige 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Menstruation
N94 Schmerz und andere Zustände im Zusammen- (z.B. Dyspareunie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
hang mit den weiblichen Genitalorganen und
dem Menstruationszyklus
N95 Klimakterische Störungen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
N97 Sterilität der Frau 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
147 O00-O08 Schwangerschaft mit abortivem Ausgang
O00 Extrauteringravidität 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O01 Blasenmole 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O03 Spontanabort 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
148 O10-O16 Ödeme, Proteinurie und Hypertonie
während der Schwangerschaft, der Geburt
und des Wochenbettes
O14 Gestationshypertonie [schwangerschaftsindu- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
ziert] mit bedeutsamer Proteinurie
O15 Eklampsie 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
149 O20-O29 Sonstige Krankheiten der Mutter, die vor-
wiegend mit der Schwangerschaft verbun-
den sind
O20 Blutung in der Frühschwangerschaft (z.B. Drohender Abort) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O24 Diabetes mellitus in der Schwangerschaft 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
O26 Betreuung der Mutter bei sonstigen Zustän- (z.B. Übermäßige Gewichtszunahme, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
den, die vorwiegend mit der Schwangerschaft Herpes gestationis)
verbunden sind
150 O30-O48 Betreuung der Mutter im Hinblick auf den (z.B. Mehrlingsschwangerschaft, Übertra- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Feten und die Amnionhöhle sowie mögliche gene Schwangerschaft, Polyhydramnion)
Entbindungskomplikationen
151 O60-O75 Komplikationen bei Wehentätigkeit und (z.B. Abnorme Wehentätigkeit, Geburts- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Entbindung hindernis)
152 O85-O92 Komplikationen, die vorwiegend im
Wochenbett auftreten
O91 Infektionen der Mamma [Brustdrüse] im 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Zusammenhang mit der Gestation
XXV
Gegenstandskatalog

153 O95-O99 Sonstige Krankheitszustände während der (z.B. Infektionskrankheiten während der 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Gestationsperiode, die anderenorts nicht Schwangerschaft, Schwangerschaftsder-
klassifiziert sind matosen)
154 P00-P04 Schädigung des Feten und Neugeborenen (z.B. Schädigung des Kindes durch Placen- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
durch mütterliche Faktoren und durch ta praevia)
Komplikationen bei Schwangerschaft,
Wehentätigkeit und Entbindung
155 P05-P08 Störungen im Zusammenhang mit der
Schwangerschaftsdauer und dem fetalen
Wachstum
P05 Intrauterine Mangelentwicklung und fetale 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Mangelernährung
P07 Störungen im Zusammenhang mit kurzer 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Schwangerschaftsdauer und niedrigem Ge-
burtsgewicht, anderenorts nicht klassifiziert
156 P10-P15 Geburtstrauma 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
157 P20-P29 Krankheiten des Atmungs- und Herz-Kreis- (z.B. Intrauterine Hypoxie, Atemnot-Syn- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
laufsystems, die für die Perinatalperiode drom und Aspirationssyndrome beim Unfallchirurgie, Urologie
spezifisch sind Neugeborenen, Angeborene Pneumonie,
Bronchopulmonale Dysplasie bei Frühge-
burtlichkeit, Herzrhythmusstörung beim
Neugeborenen, Persistierender Fetalkreis-
lauf )
158 P35-P39 Infektionen, die für die Perinatalperiode (z.B. Angeborene Sepsis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
spezifisch sind
159 P50-P61 Hämorrhagische und hämatologische
Krankheiten beim Feten und Neugeborenen
P53 Hämorrhagische Krankheit beim Feten und 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Neugeborenen
P55 Hämolytische Krankheit beim Feten und 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Neugeborenen
P57 Kernikterus 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
P59 Neugeborenenikterus durch sonstige und (z.B. Hyperbilirubinämie bei Frühgeburt- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
nicht näher bezeichnete Ursachen lichkeit)
160 P70-P74 Transitorische endokrine und Stoffwechsel-
störungen, die für den Feten und das Neuge-
borene spezifisch sind
P70 Transitorische Störungen des Kohlenhydrat- (z.B. Syndrom des Kindes einer diabeti- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Grundlagen
stoffwechsels, die für den Feten und das schen Mutter)
Neugeborene spezifisch sind
P74 Sonstige transitorische Störungen des Elektro- (z.B. Dehydratation beim Neugeborenen) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
lythaushaltes und des Stoffwechsels beim
Neugeborenen
161 P75-P78 Krankheiten des Verdauungssystems beim
Feten und Neugeborenen
P75 Mekoniumileus 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
P77 Enterocolitis necroticans beim Feten und 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Neugeborenen Unfallchirurgie, Urologie
162 P90-P96 Sonstige Störungen, die ihren Ursprung in
der Perinatalperiode haben
P90 Krämpfe beim Neugeborenen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Querschnittsbereiche
P91 Sonstige zerebrale Störungen beim Neugebo- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
renen
P92 Ernährungsprobleme beim Neugeborenen 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
163 Q00-Q07 Angeborene Fehlbildungen des Nerven-
systems
Q05 Spina bifida 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
Q07 Sonstige angeborene Fehlbildungen des (z.B. Arnold-Chiari-Syndrom) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Neurologie, Psychiatrie,
Nervensystems Psychosomatik
164 Q10-Q18 Angeborene Fehlbildungen des Auges, des (z.B. Angeborene Fehlbildungen des Trä-
Ohres, des Gesichtes und des Halses nenapparats)
165 Q20-Q28 Angeborene Fehlbildungen des Kreislauf- (z.B. Transposition der großen Gefäße, Sep- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
systems tumdefekte, Klappenstenosen und Klap- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
peninsuffizienzen, Hypoplastisches Links-
herzsyndrom, Offener Ductus Botalli, Aor-
tenisthmusstenose,
Lungenvenen-Fehleinmündungen, Hirn-
gefäßaneurysma)
166 Q30-Q34 Angeborene Fehlbildungen des Atmungs-
systems
Q30 Angeborene Fehlbildungen der Nase (z.B. Choanalatresie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Dermatologie, HNO, Augen-
heilkunde
167 Q35-Q37 Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
XXVI Gegenstandskatalog

168 Q38-Q45 Sonstige angeborene Fehlbildungen des


Verdauungssystems
Q39 Angeborene Fehlbildungen des Ösophagus (z.B. Ösophagusatresie, Ösophagusdiverti- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
keln) 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.1.5, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
Q40 Sonstige angeborene Fehlbildungen des (z.B. Angeborene hypertrophische Pylorus- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
oberen Verdauungstraktes stenose) 7 Band Gynäkologie, Pädiatire
Q43 Sonstige angeborene Fehlbildungen des (z.B. Meckel-Divertikel, Hirschsprung- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Darmes Krankheit)
169 Q50-Q56 Angeborene Fehlbildungen der Genital-
organe
Q51 Angeborene Fehlbildungen des Uterus und (z.B. Uterusaplasie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
der Cervix uteri
Q52 Sonstige angeborene Fehlbildungen der (z.B. Hymenalatresie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
weiblichen Genitalorgane
Q53 Nondescensus testis 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
Q54 Hypospadie 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Q55 Sonstige angeborene Fehlbildungen der (z.B. Pendelhoden) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
männlichen Genitalorgane
170 Q60-Q64 Angeborene Fehlbildungen des Harnsystems (z.B. Nierenzyste, Zystische Nierenkrank- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
heit, Nierenbecken-Abgangsstenose, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 6.6.1, 7 Kap. 6.6.2
Megaureter, Ektope Niere, Epispadie,
Harnblasenekstrophie)
171 Q65-Q79 Angeborene Fehlbildungen und Defor-
mitäten des Muskel-Skelett-Systems
Q65 Angeborene Deformitäten der Hüfte (z.B. Hüftdysplasie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
Q66 Angeborene Deformitäten der Füße (z.B. Pes equinovarus congenitus) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
Q67 Angeborene Muskel-Skelett-Deformitäten des (z.B. Angeborene Skoliose) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Kopfes, des Gesichtes, der Wirbelsäule und des
Thorax
Q71 Reduktionsdefekte der oberen Extremität (z.B. Spalthand) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Q72 Reduktionsdefekte der unteren Extremität (z.B. Spaltfuß) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Q73 Reduktionsdefekte nicht näher bezeichneter (z.B. Dysmelie, Phokomelie) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Extremität (en) Unfallchirurgie, Urologie
Q75 Sonstige angeborene Fehlbildungen der (z.B. Kraniosynostose) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Schädel- und Gesichtsschädelknochen Unfallchirurgie, Urologie
Q76 Angeborene Fehlbildungen der Wirbelsäule (z.B. Spina bifida occulta, Angeborene 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Chirurgie,
und des knöchernen Thorax Kyphose) Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Q78 Sonstige Osteochondrodysplasien (z.B. Osteogenesis imperfecta) 7 Band Grundlagen, 7 Band Chirurgie, Prthopädie und Unfall-
chirurgie, Urologie
Q79 Angeborene Fehlbildungen des Muskel-Ske- (z.B. Omphalozele, Gastroschisis) 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Chirurgie, Prthopädie und
lett-Systems, anderenorts nicht klassifiziert Unfallchirurgie, Urologie
172 Q80-Q89 Sonstige angeborene Fehlbildungen
Q80 Ichthyosis congenita 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
Q82 Sonstige angeborene Fehlbildungen der Haut (z.B. Mastozytosen, Angeborener nicht- 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde
neoplastischer Nävus)
Q85 Phakomatosen, anderenorts nicht klassifiziert (z.B. Neurofibromatose) 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Grundlagen,
7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik
Q86 Angeborene Fehlbildungssyndrome durch (z.B. Alkohol-Embryopathie [mit Dysmor- 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie
bekannte äußere Ursachen, anderenorts nicht phien])
klassifiziert
173 Q90-Q99 Chromosomenanomalien, anderenorts nicht (z.B. Down-Syndrom, Turner-Syndrom, 7 Band Grundlagen
klassifiziert Klinefelter-Syndrom, Syndrom des fragilen
X-Chromosoms)
174 R95-R99 Ungenau bezeichnete und unbekannte
Todesursachen
R95 Plötzlicher Kindstod 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
175 S00-S09 Verletzungen des Kopfes (z.B. Schädel-Hirn-Trauma) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik,
7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
176 S10-S19 Verletzungen des Halses
177 S20-S29 Verletzungen des Thorax 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
178 S30-S39 Verletzungen des Abdomens, der Lumbo- 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
sakralgegend, der Lendenwirbelsäule und Unfallchirurgie, Urologie
des Beckens
179 S40-S49 Verletzungen der Schulter und des 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Oberarmes
180 S50-S59 Verletzungen des Ellenbogens und des 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Unterarmes
XXVII
Gegenstandskatalog

181 S60-S69 Verletzungen des Handgelenkes und der 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Hand
182 S70-S79 Verletzungen der Hüfte und des Ober- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
schenkels
183 S80-S89 Verletzungen des Knies und des Unter- 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
schenkels
184 S90-S99 Verletzungen der Knöchelregion und des 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie
Fußes
185 T00-T07 Verletzungen mit Beteiligung mehrerer
Körperregionen
186 T08-T14 Verletzungen nicht näher bezeichneter Teile (z.B. Wirbelsäulenfraktur, Rückenmarksver- 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik, 7 Band Querschnitts-
des Rumpfes, der Extremitäten oder anderer letzung ohne Höhenbezeichnung) bereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie
Körperregionen
187 T15-T19 Folgen des Eindringens eines Fremdkörpers (z.B. Fremdkörper in den Atemwegen) 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin,
durch eine natürliche Körperöffnung Rechtsmedizin, 7 Band Querschnittsbereiche
188 T20-T32 Verbrennungen oder Verätzungen 7 Band Dermatologie, HNO, Augenheilkunde, 7 Band Chirurgie,
Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Allgemeinmedizin,
Anästhesie, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin, 7 Band Quer-
schnittsbereiche
189 T33-T35 Erfrierungen 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Allgemeinmedizin, Anästhesie,
Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
190 T36-T50 Vergiftungen durch Arzneimittel, Drogen 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Grundlagen, 7 Band Allgemein-
und biologisch aktive Substanzen medizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
191 T51-T65 Toxische Wirkungen von vorwiegend nicht 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechts-
medizinisch verwendeten Substanzen medizin, 7 Band Grundlagen
192 T66-T78 Sonstige und nicht näher bezeichnete
Schäden durch äußere Ursachen
T67 Schäden durch Hitze und Sonnenlicht 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedi-
zin, 7 Band Querschnittsbereiche
T68 Hypothermie 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits-
und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
T69 Sonstige Schäden durch niedrige Temperatur (z.B. Frostbeulen) 7 Band Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Urologie,
7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechts-
medizin, 7 Band Querschnittsbereiche
T71 Erstickung 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
T74 Missbrauch von Personen (z.B. Kindesmisshandlung) 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedi-
zin, 7 Band Gynäkologie, Pädiatrie, 7 Band Neurologie, Psychiatrie,
Psychosomatik
T75 Schäden durch sonstige äußere Ursachen (z.B. Ertrinken, Schäden durch elektrischen 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechts-
Strom) medizin, 7 Band Querschnittsbereiche

T78 Unerwünschte Nebenwirkungen, anderenorts (z.B. Anaphylaktischer Schock, Angioneu- 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Dermatologie, HNO, Augen-
nicht klassifiziert rotisches Ödem, Kuhmilchproteinintole- heilkunde, 7 Band Innere Medizin 7 Kap. 4.3.3.2, 7 Band Grundlagen
ranz)
T79 Bestimmte Frühkomplikationen eines Trau- (z.B. Luftembolie, Schock, Kompartment- 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
mas, anderenorts nicht klassifiziert syndrom) Unfallchirurgie, Urologie, 7 Band Grundlagen, 7 Band Allgemein-
medizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
193 T80-T88 Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen (z.B. Septikämie, Transfusionsreaktion) 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechts-
und medizinischer Behandlung, anderenorts medizin, 7 Band Grundlagen
nicht klassifiziert
194 U00-U49 Vorläufige Zuordnungen für Krankheiten mit
unklarer Ätiologie
195 U04 Schweres akutes respiratorisches Syndrom 7 Band Grundlagen
[SARS]
196 U80-U85 Infektionserreger mit Resistenzen gegen
bestimmte Antibiotika oder Chemothera-
peutika
U80 Erreger mit bestimmten Antibiotikaresisten- 7 Band Grundlagen, 7 Band Querschnittsbereiche
zen, die besondere therapeutische oder hygie-
nische Maßnahmen erfordern
U82 Mykobakterien mit Resistenz gegen Antituber- 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Grundlagen
kulotika (Erstrangmedikamente)
197 V01-X59 Unfälle 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits-
und Sozialmedizin, Rechtsmedizin, 7 Band Chirurgie, Orthopädie und
Unfallchirurgie, Urologie
198 X60-X84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung 7 Band Querschnittsbereiche, 7 Band Neurologie, Psychiatrie, Psy-
chosomatik, 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin,
Rechtsmedizin
199 X85-Y09 Tätlicher Angriff 7 Band Allgemeinmedizin, Arbeits- und Sozialmedizin, Rechtsmedizin
XXIX

Inhaltsverzeichnis
1 Kardiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Angiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
1.1 Anamnese, klinische Untersuchung, 2.1 Erkrankungen arterieller Gefäße . . . . . . 58
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.1 Anamnese, klinische Untersuchung,
1.1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Diagnostik, Therapie . . . . . . . . . . . . . 58
1.1.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . 3 2.1.2 Atherosklerose . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
1.1.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.1.3 Arterielle Embolie und Thrombose . . . . 63
1.2 Arterieller Hypertonus . . . . . . . . . . . . 9 2.1.4 Vaskulitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
1.2.1 Primäre Hypertonie . . . . . . . . . . . . . . 11 2.1.5 Raynaud-Phänomen . . . . . . . . . . . . . 67
1.2.2 Sekundäre Hypertonie . . . . . . . . . . . . 11 2.2 Erkrankungen venöser Gefäße . . . . . . . 68
1.2.3 Hypertensive Herzkrankheit . . . . . . . . . 12 2.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung,
1.2.4 Hypertensive Nierenkrankheit . . . . . . . 12 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
1.2.5 Hypertensive Krise, hypertensiver Notfall 12 2.2.2 Varikosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
1.3 Koronare Herzkrankheit (KHK) . . . . . . . 14 2.2.3 Thrombophlebitis . . . . . . . . . . . . . . . 70
1.3.1 Stabile Angina pectoris . . . . . . . . . . . . 17 2.2.4 Phlebothrombose . . . . . . . . . . . . . . . 71
1.3.2 Instabile Angina pectoris . . . . . . . . . . 17 2.2.5 Postthrombotisches Syndrom,
1.3.3 Akuter Myokardinfarkt . . . . . . . . . . . . 18 chronisch-venöse Insuffizienz . . . . . . . 73
1.3.4 Rezidivierender Myokardinfarkt . . . . . . 22 2.2.6 Ulcus cruris venosum . . . . . . . . . . . . . 74
1.4 Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.3 Erkrankungen lymphatischer Gefäße . . . 76
1.5 Kardiomyopathien . . . . . . . . . . . . . . 27 2.3.1 Unspezifische Lymphangitis . . . . . . . . 76
1.5.1 Dilatative Kardiomyopathie (DCM) . . . . 27 2.3.2 Lymphödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
1.5.2 Hypertrophe Kardiomyopathie 2.3.3 Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
(HNOCM/HOCM) . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.5.3 Restriktive Kardiomyopathie (RCM) . . . . 29 3 Pneumologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
1.5.4 Arrhythmogene rechtsventrikuläre 3.1 Anamnese, klinische Untersuchung,
Dysplasie (ARVCM) . . . . . . . . . . . . . . 29 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
1.6 Myokarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
1.6.1 Akute Myokarditis . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.1.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . 82
1.7 Endokarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.1.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
1.7.1 Infektiöse Endokarditis . . . . . . . . . . . . 33 3.2 Erkrankungen der Atemwege . . . . . . . . 83
1.7.2 Rheumatische Endokarditis . . . . . . . . . 35 3.2.1 Asthma bronchiale . . . . . . . . . . . . . . 83
1.8 Perikarderkrankungen . . . . . . . . . . . . 36 3.2.2 Chronisches Asthma bronchiale,
1.8.1 Perikarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Status asthmaticus . . . . . . . . . . . . . . 87
1.8.2 Perikarderguss, Perikardtamponade . . . 37 3.2.3 Bronchiektasien . . . . . . . . . . . . . . . . 87
1.9 Erkrankungen des rechten Herzens . . . . 38 3.2.4 Zystische Fibrose . . . . . . . . . . . . . . . . 88
1.9.1 Akutes Cor pulmonale . . . . . . . . . . . . 38 3.2.5 Hamman-Rich-Syndrom . . . . . . . . . . . 89
1.9.2 Chronisches Cor pulmonale . . . . . . . . . 39 3.2.6 Atelektasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
1.10 Herzklappenfehler . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.2.7 Pneumokoniosen. . . . . . . . . . . . . . . . 90
1.10.1 Aortenklappeninsuffizienz . . . . . . . . . 40 3.3 Erkrankungen durch Erreger . . . . . . . . 91
1.10.2 Aortenklappenstenose . . . . . . . . . . . . 41 3.3.1 Bronchitis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
1.10.3 Mitralinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.3.2 Pneumonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
1.10.4 Mitralstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.3.3 Tuberkulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
1.10.5 Mitralklappenprolaps . . . . . . . . . . . . . 44 3.3.4 Aspergillose, Kryptokokkose . . . . . . . . 102
1.11 Bradykarde Herzrhythmusstörungen . . . 45 3.3.5 Sarkoidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
1.11.1 Sick-Sinus-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . 47 3.3.6 Mediastinitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
1.11.2 Atrioventrikuläre Leitungsstörungen . . . 47 3.4 Tumoren der Lunge . . . . . . . . . . . . . . 105
1.11.3 Intraventrikuläre Blockierungen . . . . . . 48 3.4.1 Bronchialkarzinom . . . . . . . . . . . . . . 105
1.12 Tachykarde Herzrhythmusstörungen . . . 50 3.4.2 Lungenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . 106
1.12.1 Supraventrikuläre Rhythmusstörungen . 50 3.4.3 Bronchialkarzinoid . . . . . . . . . . . . . . 107
1.12.2 Herz-Kreislauf-Stillstand . . . . . . . . . . . 53 3.4.4 Benigne Lungentumoren . . . . . . . . . . 107
XXX Inhaltsverzeichnis

3.5 Erkrankungen des Lungenkreislaufs . . . 108 5.2.1 Akute Virushepatitis . . . . . . . . . . . . . . 149


3.5.1 Lungenödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5.2.2 Autoimmunhepatitis . . . . . . . . . . . . . 152
3.5.2 Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5.2.3 Chronische Hepatitis . . . . . . . . . . . . . 152
3.6 Erkrankungen der Pleura . . . . . . . . . . 110 5.2.4 Stoffwechselerkrankungen der Leber . . . 154
3.6.1 Pneumothorax . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 5.2.5 Toxische Leberschäden . . . . . . . . . . . . 155
3.6.2 Pleuraerguss, exsudative Pleuritis . . . . . 110 5.2.6 Leberzirrhose, portale Hypertension,
3.6.3 Pleuratumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Pfortaderthrombose . . . . . . . . . . . . . 157
5.2.7 Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
4 Gastroenterologie . . . . . . . . . . . . . . 113 5.2.8 Akutes Leberversagen . . . . . . . . . . . . 162
4.1 Erkrankungen der Speiseröhre . . . . . . . 114 5.2.9 Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
4.1.1 Anamnese, klinische Untersuchung, 5.3 Erkrankungen der extrahepatischen
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
4.1.2 Ösophagus-/Fundusvarizen . . . . . . . . . 114 5.3.1 Cholelithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
4.1.3 Ösophagitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 5.3.2 Akute Cholezystitis . . . . . . . . . . . . . . 167
4.1.4 Gastroösophageale Refluxkrankheit . . . 115 5.3.3 Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
4.1.5 Ösophagusdivertikel . . . . . . . . . . . . . 116 5.4 Erkrankungen des Pankreas . . . . . . . . . 169
4.1.6 Mallory-Weiss-Syndrom, 5.4.1 Akute Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . 169
Boerhaave-Syndrom . . . . . . . . . . . . . 116 5.4.2 Chronische Pankreatitis . . . . . . . . . . . 171
4.1.7 Ösophaguskarzinom . . . . . . . . . . . . . 117 5.4.3 Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . 172
4.2 Erkrankungen des Magens . . . . . . . . . 119
4.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung, 6 Nephrologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.1 Anamnese, klinische Untersuchung,
4.2.2 Gastroduodenale Ulkuskrankheit (GDUK) 120 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
4.2.3 Gastritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 6.1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
4.2.4 Nichtulzeröse Dyspepsie (NUD) . . . . . . 122 6.1.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . 176
4.2.5 Magenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . 122 6.1.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
4.3 Erkrankungen des Darms . . . . . . . . . . 125 6.2 Harnwegsinfektionen . . . . . . . . . . . . . 178
4.3.1 Anamnese, klinische Untersuchung, 6.2.1 Asymptomatische Bakteriurie . . . . . . . 178
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6.2.2 Akute Zystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
4.3.2 Infektiöse Durchfallerkrankungen . . . . . 127 6.2.3 Akute Pyelonephritis . . . . . . . . . . . . . 179
4.3.3 Intestinale Malabsorption . . . . . . . . . . 127 6.2.4 Chronische Pyelonephritis . . . . . . . . . . 179
4.3.4 Karzinoid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 6.2.5 Urethritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
4.3.5 Ileus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 6.3 Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen
4.3.6 Appendizitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (TIN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
4.3.7 Verschluss der Viszeralgefäße . . . . . . . . 131 6.4 Glomerulonephritiden (GN) . . . . . . . . . 181
4.3.8 Ischämische Kolitis . . . . . . . . . . . . . . . 133 6.4.1 Akute postinfektiöse Glomerulonephritis 181
4.3.9 Chronisch-entzündliche 6.4.2 IgA-Nephropathie . . . . . . . . . . . . . . . 181
Darmerkrankungen (CED) . . . . . . . . . . 133 6.4.3 Rapid progressive Glomerulonephritis
4.3.10 Reizdarmsyndrom (RDS) . . . . . . . . . . . 135 (RPGN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
4.3.11 Divertikel des Darms . . . . . . . . . . . . . 137 6.4.4 Chronisch progredientes GN-Syndrom . . 183
4.3.12 Fissur/Fistel in der Anal-/Rektalregion . . 137 6.4.5 Akutes nephritisches Syndrom . . . . . . . 183
4.3.13 Anal-/Rektumprolaps . . . . . . . . . . . . . 138 6.4.6 Nephrotisches Syndrom . . . . . . . . . . . 184
4.3.14 Polypen des Dickdarms . . . . . . . . . . . . 138 6.5 Niereninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . 185
4.3.15 Kolorektales Karzinom . . . . . . . . . . . . 139 6.5.1 Akute Niereninsuffizienz . . . . . . . . . . . 185
4.3.16 Analkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 6.5.2 Chronische Niereninsuffizienz, Urämie . . 186
6.5.3 Nierenersatztherapie . . . . . . . . . . . . . 188
5 Hepatologie, Gallenwege, Pankreas . 147 6.6 Nierenzysten, Zystennieren . . . . . . . . . 189
5.1 Anamnese, klinische Untersuchung, 6.6.1 Nierenzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6.6.2 Zystennieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
5.1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6.7 Nierentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
5.1.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . 148 6.7.1 Nierenzellkarzinom (NZK) . . . . . . . . . . 191
5.1.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6.7.2 Nephroblastom . . . . . . . . . . . . . . . . 191
5.2 Erkrankungen der Leber . . . . . . . . . . . 149 6.8 Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt . . . . 192
XXXI
Inhaltsverzeichnis

6.8.1 Störungen im Wasserhaushalt . . . . . . . 193 8.1.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243


6.8.2 Störungen im Natriumhaushalt . . . . . . 195 8.2 Hypophyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
6.8.3 Störungen im Kaliumhaushalt . . . . . . . 196 8.2.1 Hypophysenadenom . . . . . . . . . . . . . 243
6.9 Säure-Basen-Haushalt . . . . . . . . . . . . 197 8.2.2 Hypopituitarismus . . . . . . . . . . . . . . . 246
6.9.1 Störungen im Säure-Basen-Haushalt . . . 197 8.2.3 Diabetes insipidus . . . . . . . . . . . . . . . 246
8.2.4 SIADH (Syndrom der inadäquaten
7 Hämatologie, Hämostaseologie ADH-Sekretion) . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
und internistische Onkologie . . . . . . 199 8.3 Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
7.1 Anamnese, klinische Untersuchung, 8.3.1 Cushing-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . 249
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 8.3.2 Primärer Hyperaldosteronismus . . . . . . 251
7.1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 8.3.3 Adrenogenitales Syndrom (AGS) . . . . . . 252
7.1.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . 200 8.3.4 Hirsutismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
7.1.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 8.3.5 Nebennierenrinden-Insuffizienz . . . . . . 254
7.2 Anämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 8.3.6 Phäochromozytom . . . . . . . . . . . . . . 255
7.2.1 Alimentäre Anämien. . . . . . . . . . . . . . 202 8.3.7 Neuroblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
7.2.2 Hämolytische Anämien . . . . . . . . . . . 205 8.4 Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
7.2.3 Renale Anämie . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 8.4.1 Spezielle Anamnese, klinische
7.2.4 Anämie bei Knochenmarkaplasie . . . . . 208 Untersuchung, Diagnostik . . . . . . . . . . 259
7.2.5 Anämie bei Knochenmarkinfiltration . . . 208 8.4.2 Euthyreote Struma . . . . . . . . . . . . . . . 260
7.2.6 Anämie bei chronischer Erkrankung . . . 209 8.4.3 Hypothyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
7.2.7 Akute Blutungsanämie . . . . . . . . . . . . 209 8.4.4 Hyperthyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
7.2.8 Hypersplenismus . . . . . . . . . . . . . . . 210 8.4.5 Endokrine Orbitopathie . . . . . . . . . . . 263
7.2.9 Chronisch-refraktäre Anämie . . . . . . . . 210 8.4.6 Thyreoiditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
7.3 Stammzellerkrankungen . . . . . . . . . . . 212 8.4.7 Schilddrüsenmalignome . . . . . . . . . . . 265
7.3.1 Chronisch-myeloproliferative 8.5 Epithelkörperchen und metabolische
Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Osteopathien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
7.3.2 Myelodysplastische Syndrome (MDS) . . 216 8.5.1 Hyperparathyreoidismus (HPT),
7.3.3 Aplastische Anämie . . . . . . . . . . . . . . 217 Hyperkalzämie . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
7.3.4 Paroxysmale Nächtliche Hämoglobinurie 8.5.2 Hypoparathyreoidismus . . . . . . . . . . . 270
(PNH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 8.5.3 Osteoporose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
7.4 Granulo- und monozytäre Erkrankungen 218 8.5.4 Osteomalazie und Rachitis . . . . . . . . . 271
7.4.1 Akute myeloische Leukämie (AML) . . . . 218 8.5.5 Morbus Paget . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
7.4.2 Eosinophilie und Hypereosinophiles 8.6 MEN, polyglanduläre Störungen,
Syndrom (HES) . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Karzinoidsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . 273
7.4.3 Agranulozytose . . . . . . . . . . . . . . . . 221 8.6.1 MEN (multiple endokrine Neoplasien) . . 273
7.4.4 Langerhans-Zell-Histiozytose . . . . . . . . 221 8.6.2 Polyglanduläre Störungen . . . . . . . . . . 274
7.4.5 Mastozytose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 8.6.3 Karzinoidsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . 274
7.5 Lymphome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 8.7 Kohlenhydratstoffwechsel . . . . . . . . . . 275
7.5.1 Hodgkin-Krankheit. . . . . . . . . . . . . . . 223 8.7.1 Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . 275
7.5.2 Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) . . . . . . 224 8.7.2 Coma diabeticum . . . . . . . . . . . . . . . 280
7.6 Störungen der Hämostase . . . . . . . . . . 231 8.7.3 Hypoglykämie . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
7.6.1 Hämorrhagische Diathesen . . . . . . . . . 231 8.7.4 Insulinom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
7.6.2 Thrombophile Diathesen . . . . . . . . . . 233 8.8 Stoffwechsel, Ernährung . . . . . . . . . . . 284
7.7 Internistische Onkologie . . . . . . . . . . . 234 8.8.1 Hyper-/Dyslipoproteinämie . . . . . . . . . 284
7.7.1 Diagnosestellung, Therapieplanung . . . 234 8.8.2 Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
7.7.2 Infektionen bei Tumorerkrankungen . . . 237 8.8.3 Protein-Energie-Mangelernährung . . . . 288
7.7.3 Notfälle bei Tumorerkrankungen . . . . . 238 8.8.4 Gicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
8.8.5 Porphyrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
8 Endokrinologie, Stoffwechsel . . . . . . 241 8.8.6 Hämochromatose . . . . . . . . . . . . . . . 291
8.1 Anamnese, klinische Untersuchung, 8.8.7 Morbus Wilson . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 8.8.8 Phenylketonurie . . . . . . . . . . . . . . . . 293
8.1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 8.8.9 α1-Antitrypsinmangel . . . . . . . . . . . . . 293
8.1.2 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . 243 8.8.10 Mukoviszidose . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
XXXII Inhaltsverzeichnis

9 Rheumatologie . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Farbabbildungen zu Kapitel 1:


9.1 Erkrankungen der Gelenke . . . . . . . . . 297 Kardiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
9.1.1 Autoimmunologische Arthritiden . . . . . 297 Farbabbildungen zu Kapitel 4:
9.1.2 Seronegative Spondylarthritiden (SPA) . . 299 Gastroenterologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
9.1.3 Postinfektiöse Arthritiden . . . . . . . . . . 301 Farbabbildungen zu Kapitel 5:
9.2 Extraartikulärer Rheumatismus, Hepatologie, Gallenwege, Pankreas . . . . . . . . 312
Weichteilrheumatismus . . . . . . . . . . . 304 Farbabbildungen zu Kapitel 6:
9.2.1 Fibromyalgie-Syndrom . . . . . . . . . . . . 304 Nephrologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
9.3 Allergische Vaskulitiden . . . . . . . . . . . 304 Farbabbildungen zu Kapitel 7:
9.3.1 Vaskulitis kleiner Gefäße . . . . . . . . . . . 305 Hämatologie, Hämostaseologie und
9.3.2 Vaskulitis mittelgroßer Gefäße . . . . . . . 306 internistische Onkologie . . . . . . . . . . . . . . . 313
9.3.3 Vaskulitis großer Gefäße . . . . . . . . . . . 306 Farbabbildungen zu Kapitel 8:
9.4 Kollagenosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Endokrinologie, Stoffwechsel . . . . . . . . . . . . 314
9.4.1 Myositis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Farbabbildungen zu Kapitel 9:
9.4.2 Sjögren-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . 307 Rheumatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
1 Kardiologie
S. Barreiro Cotón, K.-P. Schaps

1.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –3


1.1.1 Anamnese –3
1.1.2 Klinische Untersuchung –3
1.1.3 Diagnostik –4

1.2 Arterieller Hypertonus –9


1.2.1 Primäre Hypertonie –11
1.2.2 Sekundäre Hypertonie –11
1.2.3 Hypertensive Herzkrankheit –12
1.2.4 Hypertensive Nierenkrankheit –12
1.2.5 Hypertensive Krise, hypertensiver Notfall –12

1.3 Koronare Herzkrankheit (KHK) –14


1.3.1 Stabile Angina pectoris –17
1.3.2 Instabile Angina pectoris –17
1.3.3 Akuter Myokardinfarkt –18
1.3.4 Rezidivierender Myokardinfarkt –22

1.4 Herzinsuffizienz –24


1.5 Kardiomyopathien –27
1.5.1 Dilatative Kardiomyopathie (DCM) –27
1.5.2 Hypertrophe Kardiomyopathie (HNOCM/HOCM) –28
1.5.3 Restriktive Kardiomyopathie (RCM) –29
1.5.4 Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVCM) –29

1.6 Myokarditis –31


1.6.1 Akute Myokarditis –31

1.7 Endokarditis –33


1.7.1 Infektiöse Endokarditis –33
1.7.2 Rheumatische Endokarditis –35

1.8 Perikarderkrankungen –36


1.8.1 Perikarditis –36
1.8.2 Perikarderguss, Perikardtamponade –37

1.9 Erkrankungen des rechten Herzens –38


1.9.1 Akutes Cor pulmonale –38
1.9.2 Chronisches Cor pulmonale –39

1.10 Herzklappenfehler –40


1.10.1 Aortenklappeninsuffizienz –40
1.10.2 Aortenklappenstenose –41
1.10.3 Mitralinsuffizienz –42
1.10.4 Mitralstenose –43
1.10.5 Mitralklappenprolaps –44
1.11 Bradykarde Herzrhythmusstörungen –45
1.11.1 Sick-Sinus-Syndrom –47
1.11.2 Atrioventrikuläre Leitungsstörungen –47
1.11.3 Intraventrikuläre Blockierungen –48

1.12 Tachykarde Herzrhythmusstörungen –50


1.12.1 Supraventrikuläre Rhythmusstörungen –50
1.12.2 Herz-Kreislauf-Stillstand –53
1.1 · Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik
3 1
1.1 Anamnese, klinische O2-Gabe bei Lungenerkrankungen, keine Bes-
Untersuchung, Diagnostik serung bei Shunt-Vitien
5 Peripher (Akrozyanose) durch niedriges HMV
1.1.1 Anamnese (Herzminutenvolumen) erhöhte O2-Ausschöp-
fung in der Peripherie
4 Polyglobulie: Vermehrung der Erythrozyten durch
Kardiale Leitsymptome chronische Hypoxie oder hämatologische System-
4 Angina pectoris erkrankung
4 Kardiale Dyspnoe: bei Belastung, in Ruhe, 4 Anämie: Haut, Schleimhaut
nachts (Asthma cardiale), lageabhängig, akut 4 Ikterus: Skleren, Haut, bei Rechtsherzinsuffizienz
(z. B. Embolie) 4 Leber: Vergrößerung bei Rechtsherzinsuffizienz
4 Palpitationen: Herzjagen, Herzrasen, bei ggf. mit stumpfem Rand, glatter Oberfläche, oft mä-
fassbaren Rhythmusstörungen ßige Druckempfindlichkeit; bei schwerer akuter
4 Nykturie: nächtliches Wasserlassen, bei latenter Stauung auch Spontanschmerz; bei chronischer
oder manifester Herzinsuffizienz Stauung ist die Leberoberfläche eher derb und
4 Husten, Hämoptysen: trockener Husten bei induriert
Extrasystolen, Aushusten von blutigem Spu- 4 Milz: Vergrößerung bei Rechtsherzvergrößerung
tum oder Blut bei Gefäßruptur möglich
4 Heiserkeit: bei Kompression des N. recurrens
4 Atypische Beschwerden: Abgeschlagenheit, > Sonographische Größenbestimmung ist zuverlässiger
Müdigkeit, Antriebsminderung bei verminder- als palpatorische.
ter Herzleistung
4 Synkope: kurzzeitige Bewusstlosigkeit 4 Teleangiektasien: Erweiterung kleiner oberfläch-
4 Extrasystolen: supraventrikuläre/ventrikuläre licher Hautgefäße; bei chronisch venöser Insuffi-
Extrasystolen (Klassifikation nach Lown) zienz Petechien an den Unterschenkeln, bei Lun-
gen- bzw. Herzerkrankungen entlang des Rippen-
bogens
4 Osler-Knötchen: Knötchen, meist an Fingerkuppen
1.1.2 Klinische Untersuchung und Zehen als Folge von Mikroembolien bei Endo-
carditis lenta
4 Allgemein: Allgemein- und Ernährungszustand, 4 Palpation: Herzspitzenstoß im 5. ICR innerhalb
Thoraxform, Atmung (Bewegungen, Atmungstyp, der Medioklavikularlinie: Druckbelastung (heben-
Frequenz), Herzfrequenz der kräftiger Spitzenstoß an regelrechter Stelle),
4 Ödeme: Volumenbelastung (Spitzenstoß nach lateral ver-
5 Symmetrische Ödeme meist kardial bedingt, lagert und verbreitert), Schwirren (systolisches
auch bei venöser Insuffizienz Schwirren bei Ventrikelseptumdefekt oder Aorten-
5 Ödem einer Extremität bei venöser Throm- stenose, diastolisches Schwirren ist sehr selten),
bose, chronisch venöser Insuffizienz, Lymph- arterielle Pulse
abflussstörung 4 Perkussion: relative und absolute Herzdämpfung,
5 Generalisierte Ödeme (Anasarka) bei schwerer Lunge; Adipositas oder Emphysem können die
Herzinsuffizienz, nephrotischem Syndrom, Perkussion erschweren
Leberzirrhose 4 Auskultation: Herzgeräusche (. Abb. 1.1)
4 Obere Einflusstauung: bei Obstruktion der V. cava
superior, Rechtsherzinsuffizienz infolge Trikuspi- > Die Perkussion dient der orientierenden Unter-
dalinsuffizienz (positiver systolischer Venenpuls, suchung am Herzen.
v-Welle), Perikardtamponade (Kussmaulzeichen),
Pericarditis constrictiva, Trikuspidalstenose (be- > 4 Bei Drucksteigerung im kleinen Kreislauf
tonte präsystolische a-Welle) verstärkt sich der Ton über der Pulmonal-
4 Zyanose: Anstieg von reduziertem Hämoglobin klappe.
5 Zentral an Zunge und Schleimhäuten bei ver- 4 Bei Drucksteigerung im großen Kreislauf
minderter arterielle Sättigung, oft mit Trommel- verstärkt sich der Ton über der Aorten-
schlegelfingern bzw. -zehen. Besserung durch klappe.
4 Kapitel 1 · Kardiologie

. Abb. 1.1. Herzzyklus (Ziffern I bis IV = Herztöne). (Aus Piper 2007)

1.1.3 Diagnostik 4 CT, MRT, EBT: Herzhöhlen, enddiastolisches Ven-


trikelvolumen, ventrikuläre Ejektionsfraktion,
4 EKG (. Abb. 1.2, . Abb. 1.3): 24-h-EKG, Belas- Herzanatomie, -funktion
tungs-EKG (Ergometrie) 4 Elektronenstrahlcomputertomographie (EBCT):
4 Kipptischuntersuchung: Ausschalten der Muskel- Anatomie und Funktion des Herzens, größerer Ar-
wadenpumpe zur Untersuchung orthostatischer terien und Bypässe, Erfassung von Verkalkungen
Regulationsstörungen
! Cave
4 Labordiagnostik: . Tab. 1.1
Eine Beurteilung vorhandener Stenosegrade ist mit
1.1.3.1 Bildgebende Verfahren der EBCT nicht möglich.

4 Thoraxröntgen: Herzgröße, Kerley-B-Linien


4 Spiral-CT: Verkalkungen der Koronararterien
(waagerechte lange Streifen der Unterlappen als
4 MRT-Spektroskopie: Myokardstoffwechsel ohne
Zeichen gestaute Lymphgefäßen bei interstitiellem
Radioaktivität
Ödem, Milchglaszeichnung bei alveolärem Lun-
4 3D-MRT: große Koronararterien und Bypässe
genödem, Verbreiterung der venösen Gefäße, Me-
4 Myokardperfusionsszintigraphie mit Thallium:
diastinalverbreiterung, Infiltrate, Pneumothorax,
nichtinvasive Untersuchung zur Darstellung der
Pleuraerguss, Hiatushernie, Ventrikelvergröße-
Myokardperfusion, Aktivitätsminderung in ischä-
rung, Frakturen
mischen Myokardbereichen, irreversibler Verluste
4 Echokardiographie: Akinesien, Dyskinesien, Vi-
in nekrotischen, narbigen Bereichen; bei Verdacht
tien, linksventrikuläre Funktion (. Abb. 1.4)
auf KHK mit atypischer Befundkonstellation oder
4 Duplexsonographie: Morphologie von Herz und
stummer Myokardischämie
Klappen, Druckgradient bei Stenosen, Refluxströ-
me bei Klappeninsuffizienzen, Shunt-Ströme bei ! Cave
Scheidewanddefekten Die Strahlenbelastung der Myokardperfusionsszinti-
graphie ist relativ hoch.
1.1 · Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik
5 1

. Abb. 1.2. Lagetypen des EKG (Extremitätenableitungen). (Aus Piper 2007)


6 Kapitel 1 · Kardiologie

. Abb. 1.3a, b. Spezifisches Muskelsystem des Herzens. a Reizleitungssystem mit akzessorischen Strukturen. b His-Bündel-
und Oberflächen-EKG. (Aus Piper 2007)
1.1 · Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik
7 1

. Tab. 1.1. Diagnostisch bedeutsame kardiale Enzyme

Enzym Anstieg Maximum Bemerkung

Gesamt-CK 4–8 16–36 Bei Myokardinfarkt

CK-MB 6–12 24–60 Bei Myokardinfarkt, eher zur Spätdiagnose

HBDH 6–12 30–72 HBDH: herzspezifische LDH, Quotient LDH/HBDH <1,3 spricht für In-
farkt bzw. Hämolyse

α-HBDH

Myoglobin 3–6 8–12 Normal <10 μmol/l, nicht herzmuskelspezifisch

GOT 4–8 16–48

Troponin T 3–8 24–48 Bei Myokardinfarkt, herzmuskelspezifisch, normalerweise nicht nach-


weisbar

Troponin I Bei Myokardinfarkt

LDH

BNP Bei kardialer Herzinsuffizienz, BNP (Typ-B-natriuretisches Peptid)


und pro-BNP (Pro-Typ-B-natriuretisches Peptid)

ANP Bei kardialer Herzinsuffizienz, ANP (atrial-natriuretisches Peptid)


und pro-ANP (pro-atrial-natriuretisches Peptid)

h-FABP

CD40-Ligand Bei akutem Koronarsyndrom, stabiler und instabiler Angina

. Abb. 1.4. Transthorakale Echo-


kardiographie eines Herzgesunden.
Oben: links: parasternaler Längs-
achsenschnitt; rechts: parasternaler
Querachsenschnitt in Höhe der
Papillarmuskeln. Unten: links: api-
kaler 4-Kammerblick; rechts: apika-
ler 4-Kammerblick mit Farbdoppler
(rot: Blutfluss zum Schallkopf hin,
blau: Blutfluss vom Schallkopf
weg). LV/RV linker/rechter Ventrikel,
LA/RA linker/rechter Vorhof, IVS in-
terventrikuläres System, IAS inter-
atriales Septum, PW Posterolateral-
wand, AO Aorta, AK Aortenklappe,
MK Mitralklappe, PM = Papillarmus-
kel. (Aus Piper 2007) (7 Farbtafelteil)
8 Kapitel 1 · Kardiologie

1.1.3.2 Invasive Verfahren 4 Stents: Einsatz bei Stenose, Dissektion, akuter Ko-
1 Herzkatheteruntersuchung ronararterienverschluss

> Die Restenosierungsrate der PTCA liegt bei bis zu


Indikationen der Herzkatheteruntersuchung 45%, bei den Stents ist sie signifikant niedriger.
4 Beurteilung der Hämodynamik
4 Elektrophysiologischen intrakardialen Diag- 4 Rotablationsatherektomie: bei verkalkten Steno-
nostik sen. Nach Bohrung (Mirkopartikel ohne Ver-
4 Bestimmung von Art und Schweregrad kar- schlussbildung des Kapillarsystems) Stent-Implan-
dialer Erkrankungen tation
4 Vor kardiochirurgischen Eingriffen 4 Direktionale Atherektomie: Entfernung von athe-
4 Bei instabiler Angina pectoris, akutem Myo- romatösem Material
kardinfarkt 4 Laserangioplastie: Entfernung von atheromatö-
4 Bei unklaren thorakalen Schmerzen, bei Ver- sem Material
dacht auf KHK
4 Verlaufskontrolle (. Abb. 1.5) > Die Perforationsgefahr der koronaren Gefäße limitiert
den Einsatz.

4 Linksherzkatheteruntersuchung über A. femoralis Elektrophysiologische Untersuchung


(Judkins-Technik) oder A. radialis (Sones-Tech- Indikationen zur Ableitung eines intrakardialen EKG:
nik) (. Abb. 1.5) 4 Nach Reanimation
4 Rechtsherzkatheteruntersuchung über V. femo- 4 Kammerflimmern
ralis 4 Ventrikuläre Tachykardie
4 Kontraindikationen: Kontrastmittelallergie, de- 4 Therapierefraktärer supraventrikulärer Tachykardie
kompensierte Herzinsuffizienz, Hyperthyreose, 4 Bei unklaren Erregungsbildungsstörungen oder Er-
Systolischer Blutdruck über 200 mmHg regungsleitungsstörungen mit ausgeprägter Symp-
4 Labor: BB, Gerinnung, Elektrolyte, Kreatinin, tomatik
herzmuskelspezifische Enzyme, evtl. Hepatitis-
und HIV-Serologie Intrakardiale Platzierung mehrerer Elektrodenkatheter,
4 Komplikationen: Arrhythmie, Perikardtamponade, simultane Ableitung von Oberflächen-EKG und intra-
akute Herzinsuffizienz, Kontrastmittelallergie, iatro- kardialem EKG zur Bestimmung der Leitungszeiten
genen Verletzung der Gefäße, Thrombose und Em- zwischen Vorhof, AV-Knoten und His-Bündel, der Er-
bolie regungsintervalle und Bestimmung der Sinusknoten-
4 Perkutane transluminale Koronarangioplastie erholungszeit. Programmierte Vorhof- und Ventrikel-
(PTCA): Zugang über Femoral-, Brachial- oder Ra- stimulation bis die klinisch relevante Tachykardie aus-
dialarterie; primäre Erfolgsrate 90% gelöst wird.

. Abb. 1.5. Unauffällige Koronarangiographie der linken einer 51-jährigen Patientin mit atypischen pektanginösen
(RIVA, RCX) und rechten Koronarangiographie (RCA) bei Beschwerden. (Aus Piper 2007)
1.2 · Arterieller Hypertonus
9 1
1.2 Arterieller Hypertonus Grunderkrankungen bzw. Auslöser können sein:
Schwangerschaft, Fieber, Anämie, M. Mönckberg
Definition. Nach wiederholten Messungen zu verschie- (Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Hyperparathy-
denen Zeitpunkten gemessener Blutdruck über den reoidismus), Aortenisthmusstenose (Differenz Blut-
Normwerten (. Tab. 1.2, . Tab. 1.3). druckmessung Arm–Bein), Nierenarterienstenose,
Arteriosklerose, Phäochromozytom, Cushing-Syn-
Ätiopathogenese. Die arterielle Hypertonie kann Fol- drom, Hyperthyreose.
ge eines erhöhten Herzzeitvolumens und/oder erhöh-
ten peripheren Gefäßwiderstandes sein. Differenziert > Unterschiede zwischen den Blutdruckwerten bei-
werden: der Arme weisen auf eine Stenose der A. subclavia,
4 Labile Hypertonie Aortendissektion oder arteriosklerotischer Verände-
4 Belastungsabhängige Hypertonie rungen der zuführenden Gefäße hin.
4 Stabile Hypertonie
4 Hypertensive Krise Epidemiologie. Prävalenz in den westlichen Indus-
4 Hypertonie bei Phäochromozytom trienationen bis zu 20%, in Nordjapan am häufigs-
ten.

Symptomatik. Frühmorgendlich auftretender Kopf-


. Tab. 1.2. Blutdruckwerte nach INC/NIH USA 1997
schmerz, Schlafstörungen, Schwindel, Ohrensausen,
Blutdruck Systolischer Diastolischer Nervosität, Präkordialschmerz, Palpitationen, Nasen-
in mmHg Blutdruck Blutdruck bluten, Belastungsdyspnoe.
Optimal <120 <80
Mögliche Komplikationen:
Normal <130 <85 4 Hypertensive Krise, hypertensiver Notfall
4 Arteriosklerose, arteriosklerotische Plaques
Hochnormal 130–139 85–89 4 Hypertensive Retinopathie
Bluthochdruck 4 Konzentrische, exzentrische Hypertrophie des Myo-
4 Stadium 1 4 140–159 4 90–99 kards, hypertensive Kardiomyopathie
4 Stadium 2 4 160–179 4 100–109 4 KHK (Angina pectoris, Myokardinfarkt, Links-
4 Stadium 3 4 ≥180 4 ≥110 herzinsuffzienz, »sudden death«), koronare Mikro-
angiopathie
4 Zerebrale Ischämie, TIA, Apoplex
4 Hypertensive Nephropathie
4 Bauchaortenaneurysma, Aortendissektion (80%)
. Tab. 1.3. Stadieneinteilung der Hypertonie nach 4 Maligne Hypertonie (Werte <220/120 mmHg mit
der WHO konsekutiven schweren Nierenschäden und Augen-
Stadien veränderungen)

Stadium I Hypertonie ohne Endorganschäden Diagnostik. Blutdruckwerte über 140/90 mmHg.


Stadium II Hypertonie mit Endorganschäden
4 Anamnese: Familienanamnese (Hypertonie, Myo-
(hypertensive Herzkrankheit, kardinfarkt, Apoplex, Nierenerkrankungen),
hypertensive Nephropathie, Fundus Schwangerschaft, Alkohol-, Kaffee-, Drogenkon-
hypertonicus I + II, Plaquebildung sum, Nikotinabusus, Medikamente wie NSAR
in großen Gefäßen) (nichtsteroidale Antirheumatika), Kortikosteroide,
Erythropoetin, Ovulationshemmer, Ernährungs-
Stadium III Hypertonie mit kardiovaskulären
gewohnheiten (Lakritze), Gewichtsschwankungen,
Folge-/Begleiterkrankungen (Angina
pectoris, Myokardinfarkt, Herzinsuf-
Kopfschmerzen, Ohrensausen, Schwindel, Belas-
fizienz, hypertensive Nephropathie, tungsdyspnoe
Niereninsuffizienz, Fundus hyper- 4 Risikofaktoren: Adipositas, Diabetes mellitus,
tonicus III + IV, TIA, Apoplex, peri- Hyperlipoproteinämie, Nikotinabusus, körperliche
phere arterielle Verschlusskrankheit, Inaktivität, erhöhtes Fibrinogen
Aortendissektion) 4 Körperliche Untersuchung: Zirkadiane, bei psy-
chischer oder körperlicher Belastung auftretende
10 Kapitel 1 · Kardiologie

Blutdruckschwankungen müssen bei der Diagnos- 5 Sonographie: Schrumpfniere, Nebennieren-


1 tik bedacht werden. Daher ist es wichtig, mehrfache tumor
Messungen durchzuführen. 5 Thoraxröntgen: Herzsilhouette, Aneurysma,
5 Blutdruckmessung an beiden Armen, im Lie- Aortenelongation
gen und Stehen, zu unterschiedlichen Tages- 5 Szintigraphie/SPECT
zeiten, 24-h-Blutdruckmessung (bei fehlender
Blutdrucksenkung in der Nacht Verdacht auf Therapie.
Phäochromozytom), unter Belastung, Pulssta- 4 Minderung kardiovaskulärer Risikofaktoren
tus, Pulsmessung (Bradykardie) 5 Gewichtsreduktion bei Adipositas, salzarme
5 Auskultation: Aorteninsuffizienz, Aorten- Diät, gesunde Ernährung (viel Obst, Gemüse,
isthmusstenose, Strömungsgeräusche bei Ge- Salat, Fisch, wenig tierische Fette)
fäßauskultation (paraumbilikale Geräusche bei 5 Meiden hypertoniebegünstigende Pharmaka,
Nierenarterienstenose) Drogen, Kaffee, Nikotin, Alkohol (<30 g/Tag)
5 Palpation: Herzspitzenstoß, Abdomen bei Aor- 5 Körperliche Bewegung, Entspannungsübungen
tenaneurysma
> 20% der Hypertonien Grad I lassen sich durch allge-
! Cave meine Maßnahmen normalisieren.
Weißkittel-Hypertonie: Blutdruckanstieg in Arzt-
Patient-Situation, bei ca. 20% der Patienten mit sonst
unauffälligem Blutdruck. Medikamente zur hypertensiven Therapie
4 Diuretika
4 Weitere Untersuchungen: 4 β1-Blocker
5 Labor: Urinstatus (Mikroalbuminurie), Blut- 4 ACE-Hemmer
bild, Kreatinin, Elektrolyte, BSG, CRP, Gesamt- 4 Angiotensin-Rezeptorblocker
eiweiß, Albumin, Cholesterin, Triglyzeride, 4 Kalziumantagonisten
Blutzuckerwerte, evtl. Katecholamine im 24-h- 4 α1-Blocker
Urin und Plasma (hypertensive Krise), Dexa- 4 α2-Agonisten
methason-Test, Clonidin-Hemmtest (Verdacht 4 Methyldopa
auf Phäochromozytom) 4 Dihydralazin
5 EKG: Hypertrophiezeichen 4 Minoxidil
5 Augenuntersuchung: Augenhintergrund

. Tab. 1.4. Medikamentöse Therapie der Hypertension

Therapieform Pharmaka

Monotherapie Thiazide, β-Blocker, ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptorblocker, Kalziumantagonisten

Primäre Kombinations- Diuretikum + ACE-Hemmer/β-Blocker


therapie

Zweifachtherapie Diuretikum + Kalziumantagonisten (lang wirksame), β-Blocker (nicht mit Diltiazem- oder
Verapamil-Typ kombinieren), ACE-Hemmer oder
Kalziumantagonist + β-Blocker (nicht mit Diltiazem- oder Verapamil-Typ kombinieren),
ACE-Hemmer/Angiotensin-Rezeptorblocker

Dreifachtherapie Bei Nicht-Wirken der anderen Stufen: Diuretikum + ACE-Hemmer/Angiotensin-Rezeptor-


antagonist + β-Blocker/Kalziumantagonist

Therapieresistete Ausschluss aller Faktoren, die eine Hypertonie begünstigen


Hypertonie Evtl. Nicht-Compliance des Patienten (allgemeine Maßnahmen, Medikamenteneinnahme,
Kokainmissbrauch, Pharmaka mit Hypertonie-begünstigender Wirkung), nicht erkannte
sekundäre Hypertonie, zunehmende Niereninsuffizienz, maligne Hypertonie
1.2 · Arterieller Hypertonus
11 1

Medikamentöse Therapie (. Tab. 1.4): 1.2.2 Sekundäre Hypertonie


4 Zunächst Monotherapie, ggf. Präparatwechsel oder
Kombinationstherapie Definition. Arterielle Hypertonie aufgrund einer vorbe-
4 Kombinationstherapie mit verschiedenen Wirk- stehenden Erkrankung.
stoffgruppen, z. B. Diuretikum, ACE-Hemmer, β-
Blocker Ätiopathogenese.
4 Renale Hypertonie: Tumor, Zysten oder Entzün-
> Medikamente der 1. Wahl sind: Thiaziddiuretika, dungen der Nieren, arteriosklerotische oder fibro-
β-Blocker, ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor- muskuläre Veränderungen der Nierengefäße, selten
blocker, Kalziumantagonisten. Aneurysmen
4 Endokrine Hypertonie: primärer Hyperaldos-
Prognose. Abhängig von Komplikationen. teronismus, Phäochromozytom, Akromegalie,
Cushing-Syndrom
4 Daneben Aortenisthmusstenose (hoher Blutdruck
1.2.1 Primäre Hypertonie am Arm, schwacher Femoralispuls, linksventri-
kuläre Hypertrophie, im Thoraxröntgen Aorten-
Synonym. Essenzielle Hypertonie. elongation), Intoxikationen, zerebrale Erkrankun-
gen, Pharmaka, Drogen, Schwangerschaft
Definition. Multifaktorielle, polygene Erkrankung (z. B.
Genmutation GNB 3-825T), in ca. 60% der Fälle vererbt. Epidemiologie. Bei bis zu 25% der Bevölkerung in
westlichen Industrienationen, bei den über 50-Jährigen
Ätiopathogenese. Ursache unbekannt. Begünstigend bei ca. 50%. In 1% der Fälle liegt eine renale Erkran-
sind Konstitution, Stress, Rauchen, Ernährung, endo- kung, in 0,2% ein Phäochromozytom zugrunde. 1/3 der
krine Faktoren. Hypertoniepatienten werden unzureichend, 1/3 gar
nicht therapiert.
Epidemiologie. Ca. 90% der Hypertonien.
Symptomatik. Oft symptomlos, frühmorgens auftre-
> Sekundäre Hypertonieformen müssen ausgeschlos- tender Kopfschmerz (Besserung durch Höherstellen
sen werden. des Bettkopfendes), Schwindel, Ohrensausen, Nervo-
sität, Präkordialschmerz, Herzklopfen, Nasenbluten,
Symptomatik. Oft keine Beschwerden. Typisch sind Belastungsdyspnoe, Schlafstörung.
Nykturie, Oligurie, Angina pectoris, Belastungsdys-
pnoe, lageunabhängiger Schwindel, Kopfschmerzen, Mögliche Komplikationen:
Nasenbluten, vorübergehende Visusverschlechterung, 4 Hypertensive Krise, hypertensiver Notfall
Synkopen, TIA. 4 Frühzeitige Arteriosklerose
4 Hypertensive Retinopathie
Mögliche Komplikationen:
4 Linksherzhypertrophie, anfangs konzentrisch, Diagnostik.
später exzentrisch 4 Labor: Elektrolyte
4 TIA, Hirnmassenblutung, hypertensive Enzephalo- 4 EKG: Linksherzhypertrophiezeichen, Erregungs-
pathie rückbildungsstörungen (Hypertrophie, KHK)
4 Nephrosklerose, Bauchaortenaneurysma 4 Echokardiographie: Linksherzhypertrophie
4 Thoraxröntgen: Veränderungen der Herzsilhouet-
Diagnostik. Ausschlussdiagnose, wiederholte Mes- te, Aortenelongation
sungen. 4 Farbkodierte Duplexsonographie: Nierenarterien-
stenose
Therapie. 7 Kap. 1.2 4 DSA, MRT- oder Spiral-CT-Angiographie der
Nierengefäße, Arteriographie
Prognose. Abhängig von Grunderkrankung und 4 Perkutane transluminale Angioplastie stenosie-
Komplikationen, Senkung der Komplikationsrate render Nierenarterien (Stent)
(Apoplex, Myokardinfarkt, Linksherzinsuffizienz)
durch optimale Einstellung des Blutdrucks auf Nor- Therapie. 7 Kap. 1.2.
malniveau.
12 Kapitel 1 · Kardiologie

1.2.3 Hypertensive Herzkrankheit 4 Erbliche Vorbelastung


1 4 Dauer und Schwere des Bluthochdrucks
Definition. Kardiale Veränderungen infolge dauer- 4 Verminderte Nierenfunktion
hafter Hypertonie. 4 Nikotinabusus
4 Niedriger sozioökonomischer Status
Ätiopathogenese. Manifestation als linksventrikuläre
Druckhypertrophie mit anfangs konzentrischer, später Epidemiologie. Deutliche Zunahme der Inzidenz in
exzentrischer Kardiomyopathie und kardialer Hyper- den letzten Jahren.
plasie, hypertensiver Kardiomyopathie mit linksven-
trikulärer Insuffizienz, KHK und koronarer Mikro- Symptomatik. Langsames Fortschreiten bei benigner
angiopathie. Erkrankung. Symptome meist erst bei fortgeschritte-
nem Nierenversagen. Bei schwerem Bluthochdruck
Epidemiologie. Häufiges Erkrankungsbild. treten Symptome an Nieren (Hirn und Herz) auf
(maligner Verlauf). Typisch sind: verschwommenes
Symptomatik. Angina pectoris, Zeichen der Herzinsuf- Sehen, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustände, Übel-
fizienz bis schwerer Herzmuskelschädigung. keit, Erbrechen, zerebrale Krampfanfälle bis Koma
möglich.
Mögliche Komplikationen:
4 Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern Diagnostik. Nierenbiopsie (wegen möglicher Kom-
4 Herzinsuffizienz plikationen wird meist darauf verzichtet). Meist The-
4 Beschleunigte Koronarsklerose rapiebeginn bei Verdacht auf hypertensiver Nierener-
krankung nach Anamnese, körperlicher Untersuchung,
Diagnostik. Ruhe- und Belastungs-EKG (diagnostische Blut- und Urinuntersuchung.
Ergometrie, Echokardiographie und Stress-Echo, PET,
MRT, CT und Linksherzkatheteruntersuchung). Therapie. Medikamentöse Einstellung (ACE-Hemmer,
AT1-Antagonist, bei normaler Nierenfunktion auch
Therapie. Blutdruckeinstellung, Unterstützung der andere blutdrucksenkenden Mittel). Zielwert bei nor-
Herzfunktion (7 Kap. 1.2, 7 1.3). maler Eiweißausscheidung unter 140/90 mmHg, bei
erhöhter Eiweißausscheidung unter 130/80 mmHg.

1.2.4 Hypertensive Nierenkrankheit


1.2.5 Hypertensive Krise, hypertensiver
Definition. Nichtentzündliche Nierenerkrankung in- Notfall
folge dauerhafter Hypertonie.
Definition. Hypertensive Krise: Blutdruckerhöhung auf
Ätiopathogenese. Unterschieden werden 3 Stadien: Werte ≥230/120 mmHg ohne Zeichen eines Organ-
4 Mikroalbuminurie (20‒200 mg Albumin/l Urin schadens. Hypertensiver Notfall: Blutdruckerhöhung
oder 30‒300 mg/Tag) auf Werte ≥230/120 mmHg mit Zeichen eines Organ-
4 Benigne hypertensive Nephrosklerose mit Albu- schadens wie Enzephalopathie, intrakranielle Blutung,
minurie (>300 mg/Tag) Aortendissektion, instabile Angina pectoris, Lungen-
4 Arteriosklerotische Schrumpfniere mit Nieren- ödem, Myokardinfarkt.
insuffizienz
Symptomatik. Starke Kopfschmerzen, verschwom-
Einteilung in benigne (jahrelanger Verlauf) und ma- mene Sicht, Schwindel, Übelkeit, Bewusstseinstrübung,
ligne (zügiger Verlauf) hypertensive Nierenerkran- fokale neurologische Symptomatik, Angina pectoris,
kung. Linksherzdekompensation.
Risikofaktoren, die Manifestation und Progression
der Erkrankung beein flussen: Mögliche Komplikationen:
4 Alter 4 Hirnmassenblutung
4 Männliches Geschlecht 4 Myokardinfarkt, Linksherzdekompensation
4 Schwarze Hautfarbe 4 Zerebraler Insult, Grand-mal-Anfall
4 Erhöhter systolischer Blutdruck
4 Fettstoffwechselstörung Diagnostik. Blutdruckmessung.
1.2 · Arterieller Hypertonus
13 1

Therapie. 5 Nitroprussid-Na (therapierefraktäre Hyper-


4 Hypertensive Krise: langsame und kontrollierte Blut- tonie)
drucksenkung mit Antihypertensivum, innerhalb 5 Furosemid (drohendes Lungenödem)
von ca. 30 min Senkung ca. 20% des Ausgangwertes 5 Stationäre Weiterführung der Therapie mit
4 Hypertensiver Notfall: sofortiges Eingreifen wegen engmaschiger Kontrolle
Gefahr des Lungenödems oder hypertensiver Enze-
phalopathie mit: ! Cave
5 Nitraten Gefahr der zerebralen Minderperfusion bei zu starker
5 Nifedipin (kontraindiziert bei Angina pectoris, oder zu rascher Blutdrucksenkung.
Myokardinfarkt) oder Urapidil
5 Clonidin (bei Tachykardie), Dihydralazin (Bra- Prognose. Die dauerhafte Einstellung des Blutdrucks
dykardie) senkt das Risiko kardiovaskulärer Komplikationen.

In Kürze
Arterielle Hypertonie

Arterielle Hypertonie 4 Symptomatik: okzipitaler Kopfschmerz frühmorgens, Schlafstörungen, Schwin-


del, Ohrensausen, Nervosität, Präkordialschmerz, Palpitationen, Nasenbluten,
Belastungsdyspnoe
4 Diagnostik: Anamnese, Risikofaktoren, Klinik, Labor, EKG, Sonographie-Abdo-
men, Thoraxröntgen, Szintigraphie/SPECT, CT, Duplexsonographie
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen, medikamentöse Mono-, Zweifach- und Drei-
fachtherapie

4 Primäre Hypertonie 4 Symptomatik: oft keine Beschwerden. Typisch sind Nykturie, Oligurie, Angina
pectoris, Belastungsdypnoe, lageunabhängiger Schwindel; Kopfschmerzen,
Nasenbluten, vorübergehende Visusverschlechterung, Synkopen, TIA
4 Ätiologie: Ursache ungekannt; begünstigend sind Konstitution, Stress, Rauchen,
Ernährung, endokrine Faktoren
4 Diagnostik: Ausschlussdiagnose, wiederholte Messungen
4 Therapie: s. oben

– Sekundäre 4 Symptomatik: ähnlich wie bei primärer Hypertonie: oft symptomlos, frühmor-
Hypertonie gendlicher Kopfschmerz, Schwindel, Ohrensausen, Nervosität, Präkordial-
schmerz, Herzklopfen, Nasenbluten, Belastungsdyspnoe, Schlafstörungen
4 Ätiologie: renal, endokrin, Aortenisthmusstenose, Intoxikationen, zerebrale
Erkrankungen, Pharmaka, Drogen, Schwangerschaft
4 Diagnostik: Labor, EKG (Hypertrophie, KHK), Echokardiographie, Thoraxröntgen,
farbkodierte Duplexsonographie, DSA, MRT- oder Spiral-CT-Angiographie,
Arteriographie, PTA
4 Therapie: s. oben

– Hypertensive 4 Symptomatik: Angina pectoris, Herzinsuffizienz


Herzkrankheit 4 Ätiologie: Manifestation als linksventrikuläre Druckhypertrophie mit anfangs
konzentrischer, später exzentrischer Kardiomyopathie und kardialer Hyperplasie,
hypertensiver Kardiomyopathie mit linksventrikulärer Insuffizienz, KHK, koro-
narer Mikroangiopathie
4 Diagnostik: Ruhe- und Belastungs-EKG (diagnostische Ergometrie), Echokardio-
graphie und Stress-Echo, PET, MRT, CT, Linksherzkatheteruntersuchung
4 Therapie: Blutdruckeinstellung, Herzfunktionsunterstützung (7 arterielle Hyper-
6 tonie, KHK)
14 Kapitel 1 · Kardiologie

1 – Hypertensive 4 Symptomatik: langsames Fortschreiten bei benigner Erkrankung, Symptome


Nierenkrankheit meist erst bei fortgeschrittenem Nierenversagen. Bei schwerem Blutthochdruck
Symptome an Nieren (Hirn, Herz): Verschwommenes Sehen, Kopfschmerzen, Ver-
wirrtheitszustände, Übelkeit, Erbrechen, zerebrale Krampfanfälle bis zum Koma
4 Ätiologie: Beeinflussung der Manifestation und Progression durch Risikofaktoren
4 Diagnostik: Nierenbiopsie wegen Komplikationen nur selten, Therapiebeginn
bei Verdacht (Anamnese, Klinik, Blut- und Urinuntersuchung)
4 Therapie: ACE-Hemmer, AT1-Antagonist (bei normaler Nierenfunktion auch
andere Blutdrucksenker), Ziel 140/90 mmHg, bei erhöhter Eiweißausscheidung
unter 130/80 mmHg

Hypertensive Krise 4 Symptomatik: Blutdruckerhöhung auf Werte ≥230/120 mmHg ohne Zeichen
eines Organschadens mit starken Kopfschmerzen, verschwommenem Sehen,
Schwindel, Übelkeit, Bewusstseinstrübung, fokaler neurologischer Symptomatik,
Angina pectoris, Linksherzdekompensation
4 Diagnostik: Blutdruckmessung
4 Therapie: langsame, kontrollierte Blutdrucksenkung mit Antihypertensivum,
innerhalb von ca. 30 min Senkung um ca. 20% des Ausgangswertes

Hypertensiver Notfall 4 Symptomatik: Blutdruckerhöhung auf Werte ≥230/120 mmHg mit Zeichen eines
Organschadens wie Enzephalopathie, intrakranieller Blutung, Aortendissektion,
instabiler Angina pectoris, Lungenödem, Myokardinfarkt
4 Diagnostik: Blutdruckmessung
4 Therapie: sofortiges Eingreifen wegen Gefahr des Lungenödems oder hyper-
tensiver Enzephalopathie mit: Nitraten, Nifedipin oder Urapidil, Clonidin,
Dihydralazin, Nitroprussid-Na, Furosemid; stationäre Weiterführung mit eng-
maschiger Kontrolle

1.3 Koronare Herzkrankheit (KHK)


Koronare Herzkrankheit
Synonyme. Stenosierende Koronarsklerose, chronisch 4 Asymptomatische KHK (stumme Ischämie)
ischämische Herzkrankheit, »ischemic heart disease«, 4 Symptomatische KHK
»coronary artery/heart disease«. – Angina pectoris
– Myokardinfarkt
Definition. Umfasst verschiedene Krankheitsbilder, die – Ischämische Herzmuskelschädigung mit
auf einer Koronarinsuffizienz, d. h. einer Sauerstoff- Linksherzinsuffizienz
mangelversorgung des Herzmuskels bei Stenosen der – Herzrhythmusstörungen
Koronararterien infolge arteriosklerotischer Verände- – Plötzlicher Herztod (»sudden death«)
rungen, beruhen. 4 Besondere Formen: vasospastische Angina
(Prinzmetal-Angina), Syndrom X, Walking-
Ätiopathogenese. Perfusionsstörungen sind ab 50%- through-Angina, Angina nocturna
igen Stenosen (signifikante Stenose, Grad II) zu er-
warten, wobei Kollateralkreisläufe die Versorgung
kompensieren können. Ab 75%-igen Stenosen (kriti- Stumme Myokardischämie (latente KHK)
sche Stenose, Grad III) und nicht ausreichender oder Unterschieden werden die komplett stumme Myokard-
fehlender Kollateralbildung kommt es zur belastungs- ischämie (symptomlos, aber angiographisch nachweis-
abhängigen Angina. bare Stenosen) von den asymptomatischen Ischämien
nach Myokardinfarkt oder bei bekannter Angina pectoris
(ST-Strecken-Veränderungen nachweisbar). Zur Diagnos-
6
1.3 · Koronare Herzkrankheit (KHK)
15 1

tik gehören Belastungs-EKG, Myokardszintigraphie, Stress- > Die KHK ist in zivilisierten Ländern die häufigste
Echokardiographie, Koronarangiographie. Die Therapie Todesursache.
entspricht der bei symptomatischen Ischämien. 50% der
asymptomatischen Patienten entwickeln eine sympto- Symptomatik. Leitsymptom der koronaren Mangel-
matische Form, die Mortalität ist relativ niedrig. versorgung ist der kurzzeitige, belastungsabhängige
retrosternale Thoraxschmerz (Angina pectoris).
Prinzmetal-Angina (vasospastische Angina pectoris)
Verursacht durch koronare Spasmen meist mit, aber auch
Diagnostik.
ohne Verbindung zu arteriosklerotischen Stenosen. Die
4 Anamnese: Thoraxschmerz (Lokalisation, Aus-
sehr heftigen Anfälle treten eher in den frühen Morgen-
strahlung, Dauer, Auslöser, Besserung durch Nitrat,
stunden, nie während Belastung, meist ohne vorangegan-
Risikofaktoren, Belastungsdyspnoe
gene Belastung auf. Kammertachykardie oder -flimmern
4 Klinik: Auskultation, Perkussion, Zeichen der
sind möglich. Die Ätiologie ist unbekannt, Männer sind
Herzinsuffizienz, Erkrankungen der Lunge/Medias-
häufiger betroffen als Frauen. Die Erkrankung manifestiert
tinum
sich v. a. im 3. bis 4. Lebensjahrzehnt; die Patienten sind
4 Labor: CK, CK-MB, Troponin I und T (erhöht bei
meist Raucher oder haben andere vaskuläre Probleme
Myokardnekrosen)
(Migräne, M. Raynaud). Das EKG ähnelt dem bei akutem
4 EKG:
Myokardinfarkt, die Koronarangiographie zeigt arterio-
5 Ruhe-EKG: Vergleich mit Vor-EKG (Q-Za-
sklerotische Veränderungen. Die medikamentöse Behand-
cken, T-Negativierung, ST-Senkung)
lung erfolgt mit Nitraten, Kalziumantagonisten, ggf. β-Blo-
5 Belastungs-EKG (Angina bei Belastung)
cker. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 90–95%.
5 Langzeit-EKG: alltägliche Belastung beibehal-
Risikofaktoren der KHK (. Tab. 1.5): ten (Rhythmusstörungen, ischämische ST-Sen-
4 Erhöhter Serumcholesterinspiegel kungen, Angina nocturna)
4 Arterielle Hypertonie
4 Nikotinabusus
Indikationen für ein Belastungs-EKG
4 Diabetes mellitus
4 Lipidstoffwechselstörung 4 Nachweis einer Myokardischämie
4 Familiäre Disposition 4 Erfassung belastungsabhängiger Rhythmus-
4 Adipositas störungen
4 Hyperfibrinogenämie, Hyperhomozysteinämie 4 Analyse der Blutdruck- und Herzfrequenz-
werte
Epidemiologie. Häufigstes Auftreten im 5. Lebensjahr-
zehnt, Zunahme nach der Menopause.

. Tab. 1.5. Einstufung der Risikofaktoren

Risiko Risikofaktoren

Geringes Risiko 4 Gesamtcholesterin 200–300mg/dl = 5,2–7,8 mmol/dl


4 Gesamt-/HDL-Cholesterin <4,0–5,0
4 Keine weiteren Risikofaktoren
4 Zielwerte: Gesamtcholesterin <250 mg/dl, LDL-Cholesterin ≤160 mg/dl

Mäßiges Risiko 4 Gesamtcholesterin 200–300 mg/dl = 5,2–7,8 mmol/l und


4 Ein weiterer Risikofaktor oder
4 HDL-Cholesterin <39 mg/dl
4 Zielwerte: Gesamtcholesterin <200 mg/dl, LDL-Cholesterin ≤130 mg/dl

Hohes Risiko 4 Koronare oder periphere vaskuläre Erkrankung oder


4 Familiäre Hypercholesterinämie oder
4 Gesamtcholesterin >300 mg/dl und
4 Zwei oder mehr weitere Risikofaktoren oder
4 Gesamt-/HDL-Cholesterin >5,0
4 Zielwerte: Gesamtcholesterin <180 mg/dl, LDL-Cholesterin ≤100 mg/dl
16 Kapitel 1 · Kardiologie

! Cave tenvitien, Mitralklappenprolaps, hypertrophische


1 Verschiedene Medikamente können eine ST-Senkung Kardiomyopathie, Bland-White-Garland-Syndrom
verursachen und sollten daher vor einem Belastungs- (seltene angeborene Herzgefäßfehlbildung)
EKG abgesetzt werden. 4 Ohne Thoraxschmerz:
5 Pleural/pulmonal: Lungenembolie, chronisches
4 Echokardiographie: Akinese bzw. Dyskinese, evtl. Cor pulmonale, Pleuritis, Pneumothorax, Bron-
Stressechokardiographie (medikamentöser oder chialkarzinom, Pleurodynie
belastungsinduzierter Stress) zum Nachweis systo- 5 Mediastinal/aortal: Mediastinitis, Tumoren des
lischer Wandbewegungsstörungen als Folge einer Mediastinums
belastungsinduzierten Myokardischämie. 5 Ösophageal: Refluxkrankheit, Achalasie, Spas-
4 Myokardperfusionsszintigraphie, SPECT: Regio- men, Mallory-Weiss-Syndrom, Ruptur
nale Ischämie bei Belastung, irreversible und rever- 5 Weitere: vertebragene Schmerzen, Erkran-
sible Myokardveränderungen kungen der Wirbelsäule, Herpes zoster, akute
4 PET: Stoffwechselfunktion des Myokards, narbige Pankreatitis, Gallenkolik, überblähter Magen
bzw. akinetische, vitale Bereiche
4 Stress-MRT Funktionelle Herzbeschwerden
4 MR-Angiographie,Kardio-CT,Elektronenstrahl- Chronisch-rezidivierende, meist belastungsabhängige
CT: Verkalkungsprozesse, Durchgängigkeit von thorakale Beschwerden mit fehlender organischer Ur-
Bypässen sache. Ursächlich sind eine erhöhte Angstbereitschaft und
4 Koronarangiographie: Stenosen, Therapie mittels gestörte Angstverarbeitung. Zu den Symptomen gehören
PTCA (. Abb. 1.6) Palpitationen, Extrasystolen, psychovegetative Beschwer-
den wie Angstattacken, Schwitzen, Zittern, Ohnmachts-
Differenzialdiagnose. Differenziert wird anhand des gefühl. Nach Ausschluss organischer Ursachen müssen die
Thoraxschmerzes: Patienten über die Harmlosigkeit der Symptomatik aufge-
4 Mit Thoraxschmerz: Postmyokardinfarktsyndrom, klärt werden. Entspannungsübungen, ggf. Beruhigungs-
hypertone Krise, hochgradige Tachykardien, Aor- mittel sind hilfreich.

. Abb. 1.6. 61-jähriger Patient mit


koronarer 2-Gefäß-Erkrankung.
Computertomographische (oben)
und koronarangiographische (unten)
Darstellung einer 79%-igen Stenose
der rechten Koronararterie (RCA)
und einer 70%-igen Stenose des
Ramus marginalis I (RCX = R. circum-
flexus). (Aus Piper 2007)
1.3 · Koronare Herzkrankheit (KHK)
17 1

Therapie. Allgemeine Maßnahmen wie Nikotinver- der Ischämie (horizontale oder deszendierende
zicht, körperliche Bewegung, lipid- und salzarme Er- ST-Senkung)
nährung. Ggf. medikamentöse Blutdruckeinstellung, 4 Perfusionsmyokardszintigraphie: Ischämienach-
Diabeteseinstellung, Lipidsenkung, Statine, ACE- weis
Hemmer. 4 Stress-Echokardiographie: Dyskinesien, regionale
Revaskularisation mit Hilfe von: meist linksventrikuläre Wandverdickungen
4 PTCA: Dilatation mit Ballon und/oder Stentim- 4 CT: Verkalkungen der Koronarien, Stenosen in
plantation proximalen Gefäßabschnitten
4 CABG (»coronary artery bypass graft«) unter Be- 4 Koronarangiographie: Stenosengrad, koronare
nutzung der A. mammariae oder Venen (aorto- Blutflussgeschwindigkeit
koronarer Venenbypass, ACVB) 4 Intravaskuläre Sonographie (IVUS): Lumina,
4 MIDCAB (»minimally invasive direct coronary Wandschichten, Gefäßplaquestruktur
artery bypass«)
4 PACAB (»port-access coronary artery bypass«) Differenzialdiagnose. Aortendissektion (plötzlicher
Schmerz), Pneumothorax (atemabhängiger Schmerz),
Als Ultima Ratio: Herztransplantation. Lungenembolie (atemabhängiger Schmerz, Throm-
bose, Husten), Perikarditis (Fieber, retrosternaler
Schmerz)
1.3.1 Stabile Angina pectoris
Therapie. Behandlungsziele sind:
Definition. Belastungsabhängiges, wiederkehrendes 4 Senkung des Sauerstoffbedarfs
thorakales Druckgefühl oder Brennen, das in Ruhe 4 Erhöhung der Sauerstoffzufuhr
oder nach Nitratgabe wieder abklingt. 4 Elimination der Risikofaktoren

Ätiopathogenese. Zugrunde liegt ein, meist reversib- Medikamentöse ambulante Therapie:


ler, myokardialer Sauerstoffmangel bei stenosebeding- 4 Basistherapie: Thrombozytenaggregationshemmer
ter ungenügender koronararterieller Durchblutung. (ASS)
Auslöser können auch Kälte oder große Mahlzeiten 4 Antianginöse Therapie: β-Blocker (Senkung O2-
sein. Verbrauch), Nitrate (Senkung O2-Verbrauch, Sen-
kung enddiastolischer Druck), Molsidomin (wie
Klinische Schweregrade der stabilen Angina pectoris Nitrate mit reduzierter Toleranzentwicklung), Kal-
(CCS – Canadian Cardivoascular Society) ziumantagonist (Senkung des Gefäßwiderstandes)
4 I: keine AP bei Belastung (evtl. Angina bei sehr langer 4 Bei Anfall: Nitrate, alternativ Kalziumantagonist
und extremer Bealstung) 4 Langzeittherapie bzw. Anfallsprophylaxe: Nitrate/
4 II: AP bei starker Anstrengung (schnelles Treppen- Molsidomin, Kalziumantagonist, β-Blocker
steigen, Bergaufgehen)
4 III: AP bei leichter Anstrengung (langsames Gehen) > Prinzipielles Vorgehen bei stabiler Angina pectoris
4 IV: AP bei Ruhe 4 Wenige Anginaanfälle: sublinguales Nitratprä-
parat, zusätzlich oraler β-Blocker
Symptomatik. Retrosternales Druckgefühl oder Bren- 4 Häufige Anginaanfälle: zusätzlich Langzeitnitrate
nen, teilweise in linke Schulter, die Innenseite des lin- 4 Weiterhin Anginaanfälle: β-Blocker in Dosis stei-
ken Arms, den Oberbauch, den Hals, den Unterkiefer gern (oder Kalziumantagonist)
oder Rücken ziehend, ausgelöst durch körperliche An-
strengung, Kälte oder große Mahlzeiten.
1.3.2 Instabile Angina pectoris
Diagnostik.
4 Anamnese: Belastungsgrenze, kardiovaskuläre Risi- Definition. Umfasst
kofaktoren 4 den erstmaligen Angina-pectoris-Anfall (New-
4 EKG: onset-Angina),
5 Ruhe-EKG: bei 50% keine spezifischen Verän- 4 die Crescendo-Angina (zunehmende Anfalls-
derungen häufigkeit, -intensität, -dauer, vermindertes An-
5 Belastungs-EKG: bei stabiler AP Mittel der sprechen auf Nitrate),
Wahl bei der ersten Untersuchung. Nachweis 4 die Ruheangina (Auftreten ohne Belastung).
18 Kapitel 1 · Kardiologie

Akutes Koronarsyndrom: 1.3.3 Akuter Myokardinfarkt


1 4 Instabile Angina pectoris ohne Anstieg von Tro-
ponin T oder I Definition. Irreversible Myokardläsion bei Stenose oder
4 Instabile Angina pectoris bzw. Myokardinfarkt Verschluss einer Koronararterie (. Abb. 1.7).
mit Anstieg von Troponin I oder T, aber ohne
ST-Streckenhebung (NSTEMI, »non ST-segment- Ätiopathogenese. Zugrunde liegt meist eine Plaque-
elevation myocardial infarction«) ruptur. Die ungenügende Sauerstoffversorgung bedingt
4 Myokardinfarkt mit Troponin T bzw. I, Enzym- Gewebsnekrosen, erste Nekrosen treten bereits nach
veränderungen und ST-Hebung (STEMI, »ST-seg- 40 min auf. Das Ausmaß der Schädigung wird auch
ment-elevation myocardial infarction«) durch die Kollateralisierung bestimmt (je höher die
vorbestehende Stenose, desto ausgeprägter die Kolla-
Epidemiologie. Bei 5% Erstmanifestation der koro- teralen. Der Myokardinfarkt ist eine Form des akuten
naren Herzkrankheit. Koronarsyndroms.

Symptomatik. Thorakaler Schmerz in Ruhe oder bei Auslöser können sein:


geringer Belastung. 4 Starke plötzliche körperliche Belastung
4 Stresssituationen mit Schwankungen des Blut-
! Cave drucks
20–30% der Patienten mit instabiler Angina pectoris 4 Instabile Angina pectoris
entwickeln einen Myokardinfarkt.
> Der Übergang von instabiler Angina pectoris in Myo-
Diagnostik. kardinfarkt ist fließend möglich.
4 Anamnese
4 Ruhe-EKG: ST-Strecken-Veränderung, T-Negati- Es besteht eine zirkadiane Rhythmik beim Auftreten
vierung, Anzeichen für Myokardischämie, oft zum des Myokardinfarktes (Maximum in frühmorgens und
Zeitpunkt des Anfalls vormittags).

> Das Auftreten von EKG-Veränderungen ist prognos- Epidemiologie. Inzidenz 100.000/Jahr.
tisch ungünstig.
Symptomatik. Leitsymptome sind:
4 Labor: CK, CK-MB, CRP, Troponin T bzw. I (cTnI 4 Anhaltender Brustschmerz in Ruhe (70% retro-
bzw. cTnT <0,1 µg/l), GOT, LDH, Myoglobin, Blut- sternal, 40% linksthorakal, 30% in den linken Arm
bild, Natrium, Kalium, Kreatinin, Gerinnungssta- ziehend, 20% in die linke Schulter, 25% Epigas-
tus, TSH trium, 10% Hals, 10% Rücken, 10% Unterkiefer)
4 Thoraxröntgen 4 Dyspnoe in 50% der Fälle
4 Koronarangiographie 4 Vegetative Symptome in 30% der Fälle (Übelkeit,
Erbrechen, Schwitzen, Blässe, Stuhldrang, unwill-
Therapie. Bettruhe, Sauerstoffgabe, Klinikeinweisung kürlicher Stuhlabgang, Verwirrtheit, Unruhe, all-
wegen erhöhter Gefahr des Mykardinfarktes. gemeine Schwäche, Todesangst
4 Medikamentöse Therapie: Nitrate, β-Blocker, Kal-
ziumantagonisten, ASS, Glykoprotein-IIb/IIIa- Der Schmerz kann selten in die rechte Körperhälfte
Rezeptor-Antagonist, Heparin (20% Senkung der ausstrahlen, in 15% bleibt der Infarkt asymptomatisch
Infarktrate) (z. B. bei Diabetikern). Weitere Symptome können hy-
4 Invasive Eingriffe: PTCA, Stent-Implantation, Rot- pertensive Reaktionen, bradykarde oder tachykarde
ablation, Atherektomie, Bypassoperationen Herzrhythmusstörungen sein.

Bei akutem Koronarsyndrom: Sauerstoff, Heparine, > Die Symptomatik ist durch Nitrate oder körperliche
Thrombozytenaggregation, Nitrate, β-Blocker, ACE- Ruhe kaum beeinflussbar.
Hemmer, bei Bedarf Antiemetika und Schmerz-
mittel. Frühkomplikationen:
4 Herzrhythmusstörungen: ventrikuläre Extrasysto-
Prognose. Infarktgefahr in Akutphase am Höchsten, sie len, Tachykardie, Kammerflimmern (am häufigsten
sinkt mit medikamentöser Stabilisierung. in den ersten 4 h nach Infarkt, häufigste Todesur-
1.3 · Koronare Herzkrankheit (KHK)
19 1

. Abb. 1.7. Mindmap Myokardinfarkt


20 Kapitel 1 · Kardiologie

sache) Vorhofflimmern mit absoluter Tachyar-


1 rhythmie, bradykarde Herzrhythmusstörungen Infarkthinweise im EKG
4 Ventrikelaneurysma (10–20%) 4 ST-Hebung >0,1 mV gleichsinnig zum QRS-
4 Perikarditis Komplex
4 Linksherzinsuffizienz (Lungenödem, kardiogener 4 ST-Senkung >0,1 mV in V1-3
Schock) 4 ST-Hebung >0,5 mV gegensinnig zum QRS-
4 Nekrose, Herzbeuteltamponade Komplex
4 Ruptur des Septums oder der Papillarmuskeln

Spätkomplikationen: ! Cave
4 Herzwandaneurysma Ein vorbestehender Linksschenkelblock kann infarkt-
4 Arterielle Embolie typische EKG-Veränderungen überdecken; das EKG
4 Postmyokardinfarktsyndrom (1–6 Wochen nach kann dann nicht zur Diagnosestellung herangezogen
Infarkt auftretende Perikarditis oder Pleuritis) werden.
4 Arrhythmie
4 Herzinsuffizienz Anhand des EKG-Befundes werden differenziert:
4 Infarktrezidiv 4 STEMI (»ST-segment-elevation myocardial infarc-
tion«)
Symptome, bedingt durch Komplikationen in der Akut- 5 Akutes Stadium: Erstickungs-T, ST-Über-
phase, können sein: höhung, T-en-dôme
4 Tachypnoe, Orthopnoe, feuchte Rasselgeräusche, 5 Folgestadium: R-Verlust, breite tiefe Q-Zacke
3. Herzton (ventrikulärer Galopp) als Zeichen ei- (Breit >0,04 s, Tiefe >¼ R), Ausbildung einer
ner Linksherzinsuffizienz, Lungenödem oder kar- terminal negativen T-Zacke
diogener Schock 5 Chronisches Stadium: weiterhin terminal
4 Vermehrte Halsvenenfüllung als Zeichen einer negative T-Zacke oder T-Normalisierung, tiefe
Rechtsherzinsuffizienz Q meist lebenslang
4 NSTEMI (»non-ST-segment-elevation myocardial
! Cave infarction«)
50% aller Infarktpatienten sterben in den ersten 5 Keine pathologische Q-Zacke, evtl. leichte
4 Wochen. Frühkomplikationen sind in den ersten R-Zackenreduktion, ST-Streckensenkung,
48 h nach Infarkt am gefährlichsten! gleichschenkeliges terminal negatives T. Be-
weisend ist meist nur die positive Serologie

Infarktkriterien Differenzialdiagnose der EKG-Veränderungen:


4 Länger anhaltende typische Angina pectoris 4 ST-Elevation: Herzwandaneurysma, Perikarditis,
4 Infarkttypische EKG-Veränderungen Prinzmetal-Angina
(. Abb. 1.8) 4 Tiefes Q: hypertrophische Kardiomyopathie, Lun-
4 Infarkttypische Serumenzymveränderungen genembolie, WPW-Syndrom
4 Terminal negatives T: transmuraler Infarkt,
NSTEMI, Perikarditis, Myokarditis, HOCM
Diagnostik. Bei Verdacht auf Myokardinfarkt Sofort-
diagnostik: Ruhe-EKG, Labor (CK, CK-MB, Myoglo- Direkte Infarktzeichen entsprechen der direkten Ablei-
bin, Troponin)! tung über dem Infarktgebiet, indirekte Infarktzeichen
4 Anamnese: Zeitverlust meiden, aktuelles Be- der spiegelbildlichen.
schwerden, bekannte KHK, Risikofaktoren, Angina
pectoris, Medikamente, frühere Infarkte, Herzin- Infarktlokalisation (EKG-Hinweis auf Koronargefäß)
suffizienz, Rhythmusstörungen 4 Vorderwandinfarkt (RIVA proximal): V1–V6, aVL, I, III,
4 Klinik: Auskultation: evtl. Reiben aVF
4 EKG: Vor-EKG; wenn das initiale EKG unauffällig 4 Anteroseptaler Infarkt (RIVA mittlerer Teil, Rami septa-
ist, Wiederholung in kurzen Abständen. 15% der les anteriores): V1–V4, aVL, I, III, aVF
Patienten haben ein normales EKG, bei 60% ist 4 Apikaler Infarkt (mittlerer und distaler RIVA): V3–5
eine Diagnosestellung möglich, der Rest hat un- 4 Anterolateraler Infarkt (proximaler Ramus diagonalis):
spezifische oder nicht beurteilbar Veränderungen. I, aVL, V5–V6
1.3 · Koronare Herzkrankheit (KHK)
21 1

. Tab. 1.6. Laborparameter der Infarktdiagnostik

Parameter Anstieg Maximum Normalisierung Bemerkungen


in h in h in d

Troponin 3–4 20 7–14 Sehr sensitiv, herzmuskelspezifisch

CK-MB 4–8 12–18 2–3 Anteil an Gesamt-CK 6–20% nach infarkt-


verdächtigem Symptom sprechen für
Enzymfreisetzung aus Herzmuskelzellen

Gesamt-CK 4–8 16–36 3–6 Leitenzym (Ursachen für Anstieg sind Trauma,
Operation, Muskelerkrankung, Alkoholismus,
nekrotisierende Pankreatitis, Malignome,
endokrine Erkrankungen u. a.

Myoglobin 2–3 24 Nicht herzmuskelspezifisch

ALT 4–8 16–48 3–6 Quotient CK/ALT beim Herzinfarkt <10,


bei Muskelerkrankungen >10

LDH 6–12 24–60 7–15 Unspezifischer Parameter, wichtig für


Spätdiagnose. LDH1 kommt in Herzmus-
kelzellen vor

α-HBDH 6–12 30–72 10–20

h-FABP 30 min »heart fatty acid binding protein«

4 Inferolateraler Infarkt (Ramus posterolateralis sinister, Therapie.


distaler RCA): II, III, aVF, V5–V6 4 Präventive Maßnahmen:
4 Posteriorer Hinterwandinfarkt(RCX): aVF, III, V1–V3 5 Primärprävention: Einschränkung der Risiko-
4 Inferiorer Hinterwandinfarkt, rechtsventrikulärer In- faktoren (Nikotinabusus, Hypertonie, Diabetes
farkt (RCA): II, III, aVF, V1–V4 mellitus, Hypercholesterinämie, Hyperlipid-
4 Lateralwandinfarkt (Posterolateraläste): aVL, I, V5–V7 ämie, Gewichtsnormalisierung, Hyperhomo-
zysteinämie), ballaststoffreiche und fettarme
4 Labor: Blutbild, BSG, CRP, Leukozyten, BZ Ernährung, Zufuhr mehrfach ungesättigter
(. Tab. 1.6). Ursachen einer Gesamt-CK-Erhö- Fettsäuren, kontrolliertes Training, Meiden
hung können sein: intramuskuläre Injektionen, von zu starken körperlichen Anstrengungen im
Operationen, Trauma, körperliche Belastung, epi- Alter
leptischer Anfall, Embolie, Entbindung, Muskel- 5 Sekundärprävention: β-Blocker ohne intrin-
erkrankungen, Alkoholismus, nekrotisierende sische Aktivität, Thrombozytenaggregations-
Pankreatitis, Malignome, Hyperthyreose, Cox- hemmer, Statine, ACE-Hemmer oder Sartane
sackie-B-Virusinfektion, Einnahme trizyklischer 4 Allgemeinmaßnahmen: Sauerstoff, Bettruhe,
Antidepressiva Oberkörperhochlagerung (bei Linksherzinsuffi-
4 Echokardiographie: Thromben, Klappendefekte, zienz), Überwachung der Vitalparameter, Sedie-
Herzgröße, Ventrikel- und Klappenfunktion, rung/Beruhigung, Analgesie
Pumpleistung, Vorhof- und Ventrikelfüllung, Dys- 4 Medikamentöse Therapie:
kinesie, Akinesie, Hypokinesie, Aneurysmen 5 Nitrate (Herzentlastung), β-Blocker, Heparin
4 Koronarangiographie: Stenosen, Verschlüsse und ASS, Clopidogrel, ACE-Hemmer, CSE-
4 MRT: frühe Infarktlokalisation Hemmer, evtl. Thrombolysetherapie
5 Reperfusionstherapie: Fibrinolyseaktivatoren
Differenzialdiagnose. Angina pectoris (Nitro), Gallen- (»time is muscle«) mit Streptokinase, tPA,
kolik, akute Leberschwellung, Ulkusperforation, akute rPA, TNK-tPA, nPA mit begleitender Heparin-
Pankreatitis, Lungenembolie, Aneurysma dissecans. therapie; Erfolgsquote von 70–80%
22 Kapitel 1 · Kardiologie

. Abb. 1.8. Infarktlokalisation im EKG. (Aus Piper 2007)

5 Langzeittherapie mit Thrombozytenaggrega- 1.3.4 Rezidivierender Myokardinfarkt


tionshemmern, bei Nachweis von Thromben
Cumarintherapie Definition. Wiederkehrende ischämische Myokardne-
4 Invasive Therapie: Reperfusionstherapie: Akut- krose, meist aufgrund einer vorbestehenden kardialen
PTCA mit oder ohne Stent-Implantation, Indika- Erkrankung.
tion innerhalb von 12 h
4 Therapie bei Komplikationen: Ätiopathogenese. Arteriosklerose mit Risikofaktoren
5 Herzrhythmusstörungen: β-Blocker oder Kal- (7 Kap. 1.3).
ziumantagonisten, Amiodaron zur Risikosen-
kung von Kammerflimmern, evtl. elektrische Symptomatik. Intensiv anhaltende Angina pectoris
Kardioversion (durch Ruhe oder Nitrate nicht zu beeinflussen). Wei-
5 Bei bradykarden Herzrhythmusstörungen tere Symptome: Schwäche, Angst, Schwitzen, Übelkeit,
Atropin oder evtl. Schrittmacherimplantation Erbrechen, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall.
5 Linksherzinsuffizienz/kardiogener Schock/
Lungenödem: Nitrate, PEEP-Beatmung, RR- ! Cave
Senkung Wegen der autonomen diabetischen Neuropathie
4 Rehabilitationsphase: Frühmobilisation im Kran- haben 40% der Diabetiker keine AP-Symptomatik.
kenhaus, Bewegungstherapie, Ernährungsbera-
tung, Wiedereingliederung in den Beruf, Sport in Diagnostik. Labor (cTnI/T, CK, CK-MB, LDH, GOT).
speziellen Herzgruppen Klinische Untersuchung (Systolikum, feuchte Rasselge-
räusche), EKG (Ruhe-EKG mit Vergleich vorangegan-
1.3 · Koronare Herzkrankheit (KHK)
23 1

gener EKG, Belastungs-EKG), Echokardiographie, normalisierung), optimierte Blutdruckeinstellung,


SPECT, PET, MRT. kontrolliertes körperliches Training, Meiden von Stress
oder akuten Kraftanstrengungen.
Therapie. Ausschalten jeglicher Risikofaktoren (Choles- Im Akutfall: Gabe von Sauerstoff, Heparin, ASS,
terin- und Triglyzeridsenkung, optimierte Blutzucker- Nitrate, Betablocker, Morphin. Weiterhin PTCA, evtl.
einstellung, Einstellen des Nikotinabusus, Gewichts- CABG (»coronary artery bypass graft«).

In Kürze
Koronare Herzkrankheit, Angina pectoris und Myokardinfakrt

Koronare Herzkrankheit 4 Symptomatik: Angina pectoris, Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen,


plötzlicher Herztod
4 Ätiologie: arteriosklerotische Stenosen in Herzkranzarterien führen zum Sauer-
stoffmangel im Myokard, evtl. mit Ischämie. Risikofaktoren: Cholesterinn,
arterielle Hypertonie, Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Lipidstoffwechselstö-
rung, familiäre Disposition, Adipositas, Fibrinogen, Lipoprotein a, Homozystein
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Ruhe-EKG, Belastungs-EKG, Echokardiographie,
Myokardperfusionsszintigraphie und SPECT, PET, Stress-MRT, MR-Angiographie,
Kardio- oder Elektronenstrahl-CT, Koronarangiographie
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen, Reduzierung der Risikofaktoren, medikamen-
töse Therapie der Angina pectoris (s. unten), Revaskularisation

Stabile Angina pectoris 4 Symptomatik: belastungsabhängig, thorakales, retrosternales Druckgefühl/


Brennen in die linke Schulter, Innenseite linker Arm, Oberbauch, Hals, Unter-
kiefer oder Rücken ziehend
4 Ätiologie: reversible Myokardischämie bei KHK
4 Diagnostik: Anamnese, Ruhe-/Belastungs-EKG, Perfusionsmyokardszintigraphie,
Stressechokardiographie, CT, Koronarangiographie, intravaskuläre Sonographie
(IVUS)
4 Therapie: Thrombozytenaggregationshemmer (ASS), β-Blocker, Nitrate, Kalzium-
antagonisten

Instabile Angina 4 Symptomatik: thorakaler Schmerz in Ruhe, bei geringer Belastung


pectoris 4 Ätiologie: Erstangina, Crescendo-Angina (zunehmende Anfallshäufigkeit,
-intensität, -dauer, vermindertes Ansprechen auf Nitrate), Ruheangina
(Auftreten ohne Belastung
4 Diagnostik: Ruhe-EKG, Labor, Röntgen, Koronarangiographie
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen, medikamentöse, invasive Therapie

Akuter Myokardinfarkt 4 Symptomatik: anhaltender Brustschmerz in Ruhe und unter Nitraten (bis Ver-
nichtungsschmerz), Dyspnoe, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Blässe, ggf. starke
Angst. Bei 15% der Patienten asymptomatisch (Diabetiker). Bei Komplikationen
Tachypnoe, Orthopnoe, feuchte RG, 3. Herzton (Linksherzinsuffizienz, Lungen-
ödem, kardiogener Schock, Halsvenenfüllung (Rechtsherzinsuffizienz), Rhyth-
musstörungen
4 Ätiologie: irreversible Myokardläsion infolge einer Ischämie bei KHK, fließender
Übergang von instabiler Angina pectoris zum Infarkt möglich
4 Diagnostik: Anamnese, Auskultation, Labor, EKG, Echokardiographie, Koronar-
angiographie, MRT
4 Therapie: allgemeine, medikamentöse und invasive Therapie und Therapie der
6 Komplikationen
24 Kapitel 1 · Kardiologie

1 Rezidivierender 4 Symptomatik: intensive Angina pectoris, bei Diabetikern in 40% der Fälle keine
Myokardinfarkt Symptomatik, Schwäche, Angst, Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmus-
störungen, Blutdruckp
4 Ätiologie: Arteriosklerose mit Risikofaktoren
4 Diagnostik: Labor, Klinik, EKG, Echokardiographie, SPECT, PET, MRT
4 Therapie: Ausschaltung der Risikofaktoren (Cholesterin-/Triglyzeridsenkung,
Blutzuckereinstellung, Nikotinverzicht, Gewichtsreduktion), optimierte Blut-
druckeinstellung, kontrolliertes körperliches Training, Meiden von Stress oder
akuten Kraftanstrengungen. Im Akutfall: Sauerstoff, Heparin, ASS, Nitrate,
β-Blocker, Morphin, des Weiteren PTCA, evtl. CABG (»coronary artery bypass
graft«)

1.4 Herzinsuffizienz Kompensationsmechanismen der Herzinsuffizienz


4 Sympathikusaktivierung mit Katecholaminausschüt-
Definition. Unfähigkeit unter normalen enddiasto- tung, Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-
lischen Drücken das benötigte Herzminutenvolumen Systems und ADH-Aktivierung führen anfangs zu
zu fördern, konsekutiv periphere Minderdurchblutung einer Verbesserung der Herzinsuffizienz, später aber
und Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit. zu Verschlechterung
4 Anstieg der kardialen Gewebshormone ANP (atriales
Ätiopathogenese. Zur Differenzierung, . Tab. 1.7). natriuretisches Peptid) und BNP (»brain natriuretic
peptide«)
> Pathogenetisch liegen in mehr als 70% der Fälle eine 4 Hypertrophie des Herzens: exzentrische Hypertrophie
arterielle Hypertonie und eine koronare Arterioskle- bei Volumenbelastung und konzentrische bei Druck-
rose zugrunde. belastung

Chronische Herzinsuffizienz ist meist Folge von KHK,


Ursachen der Herzinsuffizienz Hypertonie, Herzklappenfehler, dilatative Kardiomyo-
4 Systolische Ventrikelfunktionsstörung: Ejek- pathie, Zustand nach Peri- oder Myokarditis, Perikard-
tionsfraktion des linken Ventrikels <55% bei tamponade, Herzrhythmusstörungen, pulmonale Hy-
Kontraktionsschwäche oder erhöhter Ventrikel- pertonie, Hypovolämie, schwere Anämie, Fisteln, thy-
wandspannung (primärer Myokardschaden reotoxische Krise.
bei KHK, DCM (dilatative Kardiomyopathie)
oder Myokarditis, arterielle und pulmonale Epidemiologie. Prävalenz 340.000 bis 1,7 Mio.
Hypertonie, Aorten- und Pulmonalstenose,
HOCM (hypertrophe obstruktive Kardiomyo- Symptomatik.
pathie), Shunt-Vitien, Vorhof- und Ventrikel- 4 Rechtsherzinsuffizienz: Leistungsabfall, Zyanose,
septumdefekt, Klappeninsuffizienz Pleuraerguss, Tachy- oder Bradykardie, periphere
4 Diastolische Ventrikelfunktionsstörung: Herz- Ödeme bis Anasarka, Venenstauung, Hepatospleno-
hypertrophie oder Behinderung der Ventrikel- megalie, Aszites, Stauungsgastritis oder -enteritis
füllung bei Herzbeuteltamponade, konstriktive (Appetitlosigkeit, Meteorismus, kardiale Kachexie),
Perikarditis, restriktive Kardiomyopathie, Myo- Stauungsniere
kardischämie, Mitralstenose 4 Linksherzinsuffizienz: Dyspnoe, Tachypnoe, Or-
4 Herzrhythmusstörung: Brady- oder Tachy- thopnoe, Asthma cardiale, Zyanose, Lungenödem,
kardie Lungenstauung, Leistungsabfall, Konzentrations-
4 Extrakardiale Faktoren: schwere chronische schwäche, Schwindel, Synkope, Tachykardie, Bra-
Anämie, Sepsis, Hyperthyreose, AV-Fistel dykardie
4 Verringertes Herzzeitvolumen mit verminder- 4 Globalinsuffizienz: Nykturie, Dyspnoe, Ortho-
tem Blutauswurf (Vorwärts- oder Rückwärts- pnoe, Lungenödem, Lungenstauung, Leistungsab-
versagen) fall, Zyanose, Pleuraerguss, Schwindel, Synkope,
Tachykardie, Bradykardie, periphere Ödeme,
1.4 · Herzinsuffizienz
25 1

. Tab. 1.7. Einteilung der Herzinsuffizienz

Nach zeitlichem Verlauf 4 Akut: Entwicklung innerhalb von Stunden oder Tagen. Mögliche Ursachen sind
akutes Koronarsyndrom, Myokardinfarkt mit hypertensiver Krise, Perikardtamponade,
Herzrhythmusstörungen
4 Chronisch: Entwicklung innerhalb von Monaten oder Jahren, kompensierte oder
dekompensierte Herzinsuffizienz

Nach Lokalisation 4 Rechtsherzinsuffizienz


4 Linksherzinsuffizienz
4 Globalherzinsuffizienz

Nach hämodynamischer 4 Low-Output-Failure = Vorwärtsversagen: Verminderung des HZV, Schwächegefühl,


Störung Ermüdbarkeitn, kardiogener Schock, arteriovenöse O2-Differenzn
4 High-Output-Failure = Rückwärtsversagen: Dyspnoe, Orthopnoe, Lungenstauung
bis Lungenödem, Ödeme, Stauungsleber), arteriovenöse O2-Differenzp

Venenstauung, Hepatosplenomegalie, Aszites, 4 Palpation: Hepatosplenomegalie, Ödeme


Stauungsgastritis oder -enteritis 4 EKG: Tachykardie, Bradykardie, Infarktzeichen
4 Stadien nach NYHA (New York Heart Associa- 4 Labor: BNP (Ausschluss einer Herzinsuffizienz bei
tion): unklarer Klinik), BGA, Blutbild, Natrium, Kalium,
5 NYHA I: ohne Beschwerden bei normaler kör- Kreatinin, CK, CKMB, GOT, LDH, ANP
perlicher Belastung 4 Thoraxröntgen: Kardiomegalie, Stauungszeichen
5 NYHA II: Belastungsinsuffizienz, Beschwerden (Kerley-B-Linien, gestaute Hilusgefäße, gestaute
bei stärkerer körperlicher Belastung Lungenvenen, Milchglaszeichnung, Pleuraerguss),
5 NYHA III: beginnende Insuffizienz in Ruhe, Infiltrate, Perikarderguss, Zwerchfellhochstand
Beschwerden bei leichter körperlicher Belas- 4 Echokardiographie: Ventrikelgröße, Ventrikel-
tung, in Ruhe meist beschwerdefrei funktion, Klappeninsuffizienzen und -fehler,
5 NYHA IV: manifeste Ruheinsuffizienz, Be- Perikardergüsse, Hypertrophiezeichen (Myokard-
schwerden in Ruhe dicke), Thromben (. Abb. 1.9)

Mögliche Komplikationen:
4 Rhythmusstörungen (Ursache/Komplikation)
4 Lungenödem
4 Kardiogener Schock
4 Venöse Thrombose
4 Lungenembolie
4 Kardiale Thrombenbildung
4 Arterielle Embolie

Diagnostik.
4 Anamnese: Belastbarkeit, Herzstolpern, Herzrasen,
Dyspnoe (Ruhe, Belastung, nachts), Angina pec-
toris, Schwindel, Synkopen, Nykturie, Husten,
häufige Bronchitis, Übelkeit, Inappetenz, Magen-
schmerzen, Zunahme der Beschwerden, bisherige
Therapie
4 Klinik: Blutdruck, Herzfrequenz, Blässe, Zyanose,
Dyspnoe, Ödeme, Bauchumfang, Venenstauung, . Abb. 1.9. Echokardiographischer 4-Kammerblick eines
hepatojugulärer Reflux, Aszites 50-jährigen Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie
4 Auskultation: pulmonale Rasselgeräusche, 3. Herz- (RA/LA = rechter/linker Vorhof, RV/LV= rechter/linker Ventri-
ton kel). (Aus Piper 2007)
26 Kapitel 1 · Kardiologie

4 Herzkatheter: O2-Sättigung, Herzzeitvolumen, Mittel der Wahl bei akuter Linksherzinsuffizi-


1 Ejektionsfraktion, Koronargefäße enz mit Lungenstauung, besonders mit gleich-
4 Ergometrie: Belastbarkeit, maximale O2-Aufnah- zeitiger Hypertonie
me unter Belastung 5 Diuretika: Minderung der Vorlast (Rückbil-
dung von Lungenstauung, Ödemen) und Nach-
Therapie. Körperliche Extrembelastungen sollten ver- last (peripherer Widerstand). Regelmäßige
mieden werden, sinnvoll ist regelmäßiges kontrolliertes Kontrollen von Na+, K+, Ca++, Kreatinin, Harn-
Training. säure, Cholesterin, Glukose
4 Allgemeine Maßnahmen: Bettruhe bei akuter 5 Glykoside: Verbesserung der Kontraktilität, des
Dekompensation, Oberkörperhochlage, Thrombo- Schlagvolumens, Senkung der Herzfrequenz
seprophylaxe, Gewichtsreduktion, salzarme Ernäh- und AV-Überleitung; geringe therapeutische
rung, Sauerstoffgabe. Meiden von Medikamenten, Breite. Kalium und Magnesium senken die
die die Insuffizienz verschlechtern können (NSAR, Digitaliswirkung. Nur bei NYHA IV und Vor-
Glukokortikoide, Glitazone, Kalziumantagonisten hofflimmern
mit negativ-inotroper Wirkung, α-Blocker, Inter- 5 Positiv-inotrope Substanzen
feron, trizyklische Antidepressiva, Lithium, Cloza- 5 Phosphodiesterasehemmer (Inodilatoren): Va-
pin, β-Sympathomimetika, Propofol u. a.) sodilatation, Steigerung der Herzfrequenz
4 Medikamente (abhängig vom Stadium): 4 Invasive Therapie: Klappenersatz, Bypass-Opera-
5 ACE-Hemmer: Senkung des Gefäßwider- tion, Thrombolyse, Herztransplantation
standes, der Sympathikusaktivität. Mittel der
Wahl ab NYHA I, prognoseverbessernd bei ! Cave
chronischer Herzinsuffizienz; initial Blut- Kalzium steigert die Digitaliswirkung, deshalb keine
druckabfall möglich i.v. Gabe.
5 Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (AT-II-
Blocker): Alternativ zu ACE-Hemmern. Kom- Prognose. Bei akuter Herzinsuffizienz richtet sich die
bination mit β-Blockern meiden Prognose nach der Grunderkrankung (Klappeninsuf-
5 β-Rezeptorenblocker: Senkung der Herzfre- fizienzen, Myokardischämie). Bei NYHA IV beträgt die
quenz, der Sympathikusaktivität, des Sauer- Überlebensrate nach einem Jahr 35%, nach 3 Jahren
stoffverbrauchs 18%. 60% der Männer und 40% der Frauen NYHA II
5 Nitrate: Senkung der Vor- und Nachlast durch und III sterben in den ersten 5 Jahre, meist an »sudden
Vasodilatation arterieller und venöser Gefäße. death«.

In Kürze
Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz 4 Symptomatik: Rechtsherzinsuffizienz (Venenstauung am Hals, Gewichtn, Ödeme ab-


hängiger Partien, Hepatomegalie, Transaminasenn, Bilirubinn, Stauungsgastropathie,
Stauungsnieren), Linksherzinsuffizienz (Leistungsminderung, Synkopen, Schwindel,
Dyspnoe, Tachypnoe, Orthopnoe, Asthma cardiale, Herzfehlerzellen im Sputum,
Zyanose), Globalinsuffizienz
4 Ätiologie: Ventrikelfunktionsstörung meist bei Hypertonie, KHK, Rhythmusstörung
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, EKG, Labor, Thoraxröntgen, Echokardiographie, Herz-
katheter, Ergometrie
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen (Einstellen der Risikofaktoren, Gewichtsnormalisierung,
körperliche Bewegung), Medikamente
1.5 · Kardiomyopathien
27 1
1.5 Kardiomyopathien Toxische Kardiomyopathie
4 Alkoholtoxisch: Verdachtsdiagnose! Initial supra-
Definition. Erkrankung des Herzmuskels mit kardialer ventrikuläre Rhythmusstörungen, paroxysmales Vor-
Dysfunktion. hofflimmern (nach exzessivem Alkoholgenuss), irre-
versible Herzinsuffizienz. Vitamin-B1-Mangel kann
ursächlich sein, Vitaminsubstitution führt rasch zur
Klassifizierung der Kardiomyopathien Besserung.
4 Dilatative Kardiomyopathie (DCM) 4 Pharmakotoxisch: Trizyklische Antidepressiva und
4 Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) Lithium können zu Arrhythmie und Repolarisations-
4 Restriktive Kardiomyopathie (RCM) störung (auch bei drogenassoziierter Kardiomyopa-
4 Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyo- thie) führen. Zytostatika (Adriamycin) können auch
pathie (ARVCM) Monate nach Therapie irreversible Herzmuskelschä-
4 Unklassifizierbare Kardiomyopathie digungen, Perikarderguss, Rhythmusstörungen, rever-
4 Spezifische Kardiomyopathie (ischämisch, sible Pumpfunktionsstörungen hervorrufen.
valvulär, hypertensiv, entzündlich, peripartal, 4 Weitere Auslöser: Urämie, CO-Vergiftung, Kobalt
endokrin, metabolisch, toxisch, neuromusku- (»Quebec-beers drinker«)
lär, durch Systemerkrankungen bedingt)
Epidemiologie. Inzidenz 5‒8/100.000. Bei Diagnose-
stellung haben 90% der Patienten NYHA III–IV. Leta-
lität nach 5 Jahren ca. 20%. Familiäre Häufung bei ca.
1.5.1 Dilatative Kardiomyopathie (DCM) 20% der Patienten.

Definition. Myokardiale Dysfunktion des linken Ven- Symptomatik. Belastungsdyspnoe, Palpitationen,


trikels oder beider Ventrikel mit Kardiomegalie und Rhythmusstörungen, progressive Linksherzinsuffi-
eingeschränkter Ejektionsfraktion, verzögerter oder zienz, Herzvergrößerung und verstärkt tastbarer Herz-
inkompletter Relaxation des Myokards und erhöhte Ri- spitzenstoß, Orthopnoe, evtl. kardiale Kachexie. Mög-
gidität. liche Komplikationen sind arterielle und pulmonale
Embolien.
Ätiopathogenese. Histologisch liegt eine Myozyten-
hypertrophie mit interstitieller oder endokardialer Fi- Diagnostik.
brose vor. Unterschieden werden: 4 Anamnese
4 Idiopathische Kardiomyopathie: Pathogenese un- 4 Klinik: Belastungsdyspnoe, Palpitationen
bekannt, familiäre Häufung, ventrikuläre Dilata- 4 EKG: Linksschenkelblock, bifaszikulärer Block,
tion und Dyskinesie bei normaler Wanddicke und Vorhofflimmern
normalen Koronararterien, interstitielle Fibrose, 4 Labor: Autoantikörper gegen β1-Rezeptor, BNP
erhöhtes Herzgewicht; Männer häufiger betroffen (»brain natriuretic peptide«: Herzinsuffizienzpara-
4 Genetische Kardiomyopathie: Dystrophin-Gen- meter)
mutation, HLA-II-Antigen, DCM mit Erregungs- 4 Thoraxröntgen: Kardiomegalie, Lungenstauung
leitungsstörung und Sick-Sinus-Syndrom, Muta- 4 Echokardiographie: Dilatation der Ventrikel, Hy-
tion der Fettsäureoxidation-Gene pokinesie, evtl. Thromben
4 Ischämische Kardiomyopathie: Koronararterien- 4 MRT: Anatomie und Funktion
stenosen 4 Invasive Diagnostik: Myokardbiopsie mit Histo-
4 Hypertensive Kardiomyopathie logie, Immunhistologie, Virusdiagnostik, Autoanti-
4 Inflammatorische oder autoimmune Kardiomyo- körpernachweis, Messung des Pulmonalarterien-
pathie: Autoimmunreaktion, chronische Myokar- drucks und linksventrikulären enddiastolischen
ditis, mikrobielle Infektion (Viren, Bakterien, Proto- Drucks
zoen)
4 Toxische Kardiomyopathie (Alkohol, Pharmaka) Therapie.
4 Des Weiteren: postpartale Kardiomyopathie, DCM 4 Allgemeinmaßnahmen: Schonung, Kochsalz- und
bei Stoffwechselerkrankungen, endokrinen Erkran- Flüssigkeitsretention, Alkoholkarenz, Behandlung
kungen prädisponierender Erkrankungen
4 Medikamentöse Therapie: Meiden myokard-
toxischer Stoffe. ACE-Hemmer, Vasodilatatoren,
28 Kapitel 1 · Kardiologie

Diuretika, Digitalis, β-Blocker, Thromboembolie- 4 Echokardiographie: linksventrikuläre Hypertro-


1 prophylaxe mit Antikoagulation; ggf. Therapie phie, »systolic anterior movement«, Mitralinsuffi-
viraler Infektion zienz
4 Invasive Therapie: implantierbarer Kardioverter- 4 Herzkatheter: normo- oder hyperkinetische Kon-
Defibrillator (ICD), Herztransplantation traktion
4 MRT: Fibrose, Anatomie, Funktion
Prognose. Abhängig von Grad der Herzinsuffizienz, 4 Myokardbiopsie: Hypertrophie, Strukturverlust
der Ejektionsfraktion und diastolischen Füllungsform. der Myozyten
10-Jahres-Überlebensrate ca. 10‒20%. Sterberate ca.
10% pro Jahr. Differenzierung HOCM und HNOCM:
4 Beide Formen in einer Familie selten
4 HNOCM: Klinik unauffälliger, häufiger abnorm
1.5.2 Hypertrophe Kardiomyopathie negative T-Welle, intraventrikuläres Septum weni-
(HNOCM/HOCM) ger ausgeprägt, Prognose günstiger, nicht operabel

Definition. Hypertrophie des linken und/oder rechten Differenzialdiagnose. KHK, hypertensive Herzerkran-
Ventrikels, meist asymmetrisch im Septumbereich, kung, subvalvuläre Aortenstenose, Pulmonalstenose,
initial mit normalen oder hyperkinetischen Kontrak- Amyloidose, M. Fabry, andere Speicherkrankheiten.
tionen ohne Dilatation.
Therapie.
Ätiopathogenese. 50% der Fälle genetischer Defekt, 4 Allgemeinmaßnahmen: Meiden plötzlicher star-
autosomal dominante Vererbung. Einteilung in: ker körperlicher Belastungen, symptomatische The-
4 Hypertrophisch obstruktive Kardiomyopathie rapie der Dyspnoe und Angina
(HOCM) 4 Medikamentöse Therapie: Verapamil, β-Blocker,
5 Typische HOCM (subaortale Obstruktion) Amiodaron bei zusätzlichen Herzrhythmusstörun-
5 Atypische HOCM (ventrikuläre Obstruktion) gen. Thromboembolieprophylaxe bei Vorhofflim-
4 Hypertrophisch nicht-obstruktive Kardiomyopa- mern. Endokarditisprophylaxe. Digitalis nur bei
thie (HNOCM): asymmetrischer Hypertrophie des Vorhofflimmern bei HNOCM. Endokarditispro-
Septums und apikal betonte Hypertrophie phylaxe bei HOCM

Epidemiologie. Inzidenz 2–3/100.000, Prävalenz 15– ! Cave


20/100.000. Bei HOCM ist Digitalis kontraindiziert.

> Die HNOCM in auskultatorisch stummer Form ist die 4 Invasive Maßnahmen: Implantation eines Kardio-
häufigste Todesursache junger Sportler. verter-Defibrillators (AICD) bei therapierefraktä-
ren Tachyarrhythmien, transkoronare Ablation der
Symptomatik. Oft beschwerdefrei. Dyspnoe, pektangi- Septumhypertrophie (TASH) = perkutane trans-
nöse Beschwerden, höhergradige ventrikuläre Arrhyth- luminale septale Myokardablation (PTSMA) bei
mien bis ventrikulären Tachykardie, Schwindel, Syn- HOCM, transaortale subvalvuläre Myektomie
kopen, plötzlichen Todesfälle. Häufig mit begleitender (TSM), Mitralklappenersatz, DDD-Schrittmacher,
Mitralinsuffizienz. Herztransplantation.

Diagnostik. > Die Möglichkeit zur Rückbildung der Hypertrophie ist


4 Anamnese: Dyspnoe, Belastungsdyspnoe, Thorax- bisher nicht erwiesen.
schmerz, Synkopen, Schwindel, Palpitationen
4 Auskultation: Systolikum, systolisches Herzge- Prognose. Symptomfreiheit ist über Jahre möglich.
räusch durch Obstruktion und Mitralklappen- Prognostisch ungünstige Faktoren: Reanimation, Syn-
insuffizienz, oft 4. Herzton kope, Kammerflimmern (auch in der Familienanamne-
4 Ruhe-EKG: abnorme T-Negativierung V3–V4, se), ventrikuläre Tachykardie.
ST-Senkung, linksanteriorer Hemiblock, Hyper-
trophiezeichen > Haupttodesursachen der HOCM sind der plötzliche
4 Langzeit-EKG: ventrikuläre Salven oder Tachy- Herztod (ventrikuläre Arrhythmien) oder Kammer-
kardien, Vorhofflimmern, AV-Blockade flimmern.
1.5 · Kardiomyopathien
29 1
1.5.3 Restriktive Kardiomyopathie (RCM) 4 Medikamentöse Therapie: Diuretika, evtl. Gluko-
kortikoide, Thromboembolieprophylaxe
Synonym. Endokardfibrose. 4 Invasive Therapie: Endomyokardresektion, Herz-
transplantation abhängig von Grunderkrankung
Definition. Aufgrund Veränderungen des Endomyo-
kards starre Ventrikelwände, gestörte diastolische Prognose. Ohne Herztransplantation ungünstig.
Funktion und Füllungsbehinderung. Im Gegensatz zur
HCM bleibt die systolische Funktion erhalten.
4 Endomyokardfibrose: Fibrosierung von Papillar- 1.5.4 Arrhythmogene rechtsventrikuläre
muskeln, Herzklappen, Thromben und Degenera- Dysplasie (ARVCM)
tion der Myokardfasern
4 Endocarditis fibroplastica Löffler: häufig zu- Definition. Initial lokale, später globale Degeneration
sätzlich Eosinophilie und Myokarditis, Nekrosen, mit progredientem Ersatz des rechtsventrikulären Myo-
Arthritis, Thrombenbildung und Fibrosierung kards durch Binde- oder Fettgewebe, kombiniert mit
rechtsventrikulärer Dilatation.
Ätiopathogenese. Ursache unbekannt.
4 Endomyokardiale Veränderungen: Fibrose, Kar- Ätiopathogenese. In 40% familiäre Häufung, autoso-
zinoide, Metastasen, Bestrahlung, kardiotoxische mal-dominanter Erbgang mit inkompletter Penetranz.
Chemotherapie
4 Myokardiale Veränderungen: idiopathisch, Skle- Epidemiologie. Erstmanifestationsalter 9–30 Jahre.
rodermie, Amyloidose, Sarkoidose, M. Fabry,
M. Gaucher, M. Hurler, Hämochromatose, Pseu- ! Cave
doxanthoma elasticum 10–20% der plötzlichen Herztodesfälle junger
Männer erfolgen aufgrund einer ARVCM.
Epidemiologie. Extrem selten in Mitteleuropa, in
Afrika als Endomyokardfibrose bekannt. Symptomatik. Ventrikuläre Arrhythmien, Palpita-
tionen, Tachykardie, Synkope. Im Spätstadium Herz-
Symptomatik. Einflussstauung, initial diastolische insuffizienz, »sudden death« meist bei körperlicher
Funktionsstörung, Zeichen der konstriktiven Perikar- Belastung (Sportler).
ditis, Belastungsdyspnoe, Ödeme, typische oder atypi-
sche Angina, Hepatomegalie, Aszites. Diagnostik.
4 Familienanamnese, Klinik
Diagnostik. 4 EKG: rechtspräkordiale T-Negativierung (V1‒V2),
4 Auskultatation: 3. Herzton QRS-Verbreiterung, evtl. ε-Welle, gehäuft ventri-
4 EKG kuläre Extrasystolen
4 Echo: endokardiale Verdickung der Ventrikelwän- 4 MRT: Kontraktionsstörung, Wandausdünnung des
de sowie Mitral- Trikuspidalklappen (Mitral- und rechten Ventrikels, Fettinfiltration
Trikuspidalinsuffizienz) rechts- und linksatriale 4 Echokardiographie: Dyskinesie, rechtsventriku-
Dilatation, häufig intraventrikuläre Thromben läre Dilatation mit reduzierter Ejektionsfraktion
4 Röntgen, CT: Ausschluss Perikardverdickung, Pe- ohne linksventrikuläre Beteiligung
ricarditis constrictiva 4 Rechtsventrikuläre Angiographie: Dyskinesie,
4 MRT: Ausschluss Pericarditis constrictiva rechtsventrikuläre Dilatation
4 Invasive Diagnostik: rechtsventrikuläre oder 4 EPU: Arrhythmien, Therapieplanung
linksventrikuläre Druckmessung 4 Myokardbiopsie: Fibrolipomatose
4 Endomyokardbiopsie
Differenzialdiagnose. M. Uhl (Aplasie des rechtsvent-
Differenzialdiagnose. Konstriktive Perikarditis, Peri- rikulären Myokards), Brugada-Syndrom (tachykarde
kardtamponade, Speicherkrankheiten wie Amyloidose, ventrikuläre Herzrhythmusstörung mit atypischer
Hämochromatose, Sarkoidose. dachförmiger ST-Strecken-Hebung in mehr als einer
präkordialen Ableitung mit Übergang in die negative
Therapie. T-Welle), Long-QT-Syndrom (erworbene QT-Verlän-
4 Allgemeinmaßnahmen: Grunderkrankung, Kon- gerung durch verschiedene Medikamente wie Anti-
trolle der Herzfrequenz arrhythmika, Antidepressiva, Neuroleptika, Antimy-
30 Kapitel 1 · Kardiologie

kotika oder Antibiotika bzw. angeborene Verlängerung 4 Invasiv: Implantation eines Kardioverter-Defibril-
1 bei Romano-Ward-Syndrom, Jervell-Lange-Nielsen- lators
Syndrom, sporadisches Long-QT-Syndrom).
Prognose. Unter Therapie günstige Prognose. Bei Voll-
Therapie. bild der Erkrankung beträgt die Überlebenszeit nach
4 Medikamentös (symptomatisch): Antiarrhythmi- 10 Jahren 75‒95%.
ka (Verapamil, Metoprolol)

In Kürze
Kardiomyopathien

Dilatative 4 Symptomatik: Belastungsdyspnoe, Palpitationen, Rhythmusstörungen, Linksherz-


Kardiomyopathie insuffizienz, Herzvergrößerung, verstärkt tastbarer Herzspitzenstoß, Orthopnoe,
evtl. kardiale Kachexie
4 Ätiologie: idiopathisch, genetisch, bei KHK, Hypertonie, entzündlich, toxisch. Dilata-
tive Dysfunktion des linken oder beider Ventrikel, Ejektionsfraktionp
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, EKG, Labor, Thoraxröntgen, Echokardiographie, MRT,
invasive Diagnostik
4 Therapie: allgemeine Maßnahmen, medikamentöse und invasive Therapie

Hypertrophe 4 Symptomatik: oft beschwerdefrei, Dyspnoe, Angina pectoris, ventrikuläre Arrhyth-


Kardiomyopathie mien bis Tachykardie, Schwindel, Synkopen, plötzlichen Todesfälle; häufig Mitralin-
suffizienz
4 Ätiologie: 50% genetisch; linker und/oder rechter Ventrikel
– HOCM (hypertrophisch obstruktiv)
– HNOCM (hypertrophisch nicht obstruktiv): Prognose günstiger
4 Diagnostik: Anamnese, Auskultation, EKG, Langzeit-EKG, Echokardiographie,
Herzkatheter, MRT, Myokardbiopsie
4 Therapie: allgemeine Maßnahmen, medikamentöse Therapie, invasive Maßnahmen

Restriktive 4 Symptomatik: Einflussstauung, initial diastolische Funktionsstörung, konstriktive


Kardiomyopathie Perikarditis, Belastungsdyspnoe, Ödeme, typische oder atypische Angina, Hepato-
megalie, Aszites
4 Ätiologie: extrem seltene in Mitteleuropa, in Afrika als Endomyokardfibrose (Papillar-
muskeln, Herzklappen, Thromben, Myokarddegeneration), Endocarditis fibroplastica
Löffler (+ Eosinophilie, Myokarditis, Nekrosen, Arthritis), starre Ventrikelwände, dias-
tolische Funktionp, Füllungp
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, EKG, Echo, CT, MRT, invasive Diagnostik
4 Therapie: allgemeine Maßnahmen, medikamentöse und invasive Therapie

Arrhythmogene 4 Symptomatik: ventrikuläre Arrhythmien, Palpitationen, Tachykardie, Synkope, später


rechtsventrikuläre Herzinsuffizienz, »sudden death« bei körperlicher Bewegung (Sportler)
Dysplasie 4 Ätiologie: 40% familiäre Häufung, lokale, später globale Degeneration mit Ersatz
des rechtsventrikulären Myokards durch Binde- oder Fettgewebe, rechtsventrikuläre
Dilatation
4 Diagnostik: Anamnese, EKG, MRT, Echokardiographie, rechtsventrikuläre Angiographie,
EPU, invasive Maßnahmen
4 Therapie: symptomatische, medikamentöse, invasive Therapie
1.6 · Myokarditis
31 1
1.6 Myokarditis 4 Biopsie: histologische, immunhistologische, mole-
kularbiologische Untersuchung
1.6.1 Akute Myokarditis
! Cave
1.6.1.1 Virale Myokarditis Die Biopsie ist keine Routinediagnostik, da die
Mortalität bei bis 0,4% liegt.
Definition. Entzündung des Myokards bei viraler In-
fektion. Differenzialdiagnose. Kardiomyopathie, Systemer-
krankungen, Hypersensitivitätsmyokarditis.
Ätiopathogenese. Meist Infektion mit Enteroviren,
Coxsackie B, des Weiteren Coxsackie A, Influenzaviren, Therapie.
Parvovirus B19, Adenoviren, Zytomegalievirus, Rabi- 4 Allgemeinmaßnahmen: Schonung mit initial
esviren, Mumpsviren, Rötelnviren, Poliomyelitisviren, strikter Bettruhe
Hepatitis-A- und -B-Viren, Echoviren 9/22 u. a. Mög- 4 Medikamentöse Therapie: Thromboemboliepro-
liche Pathomechanismen sind: direkte Zytolyse, Sti- phylaxe, bei Herzinsuffizienz positiv-inotrope
mulation der antiviralen Immunantwort, autoimmun- Medikamente, Diuretika, ACE-Hemmer, Vasodila-
pathogenetische Prozesse. tatoren, bei CMV-Infektion Ganciclovir
Möglicher Verlauf:
4 Akut: meist gutartig, begleitend bei allgemeiner Prognose. Meist subklinischer Verlauf, gute Prognose.
Viruserkrankung Ein Übergang von persistierender Myokarditis mit
4 Fulminant: innerhalb weniger Tage letaler Aus- chronisch-rezidivierendem Verlauf in eine dilatative
gang möglich Kardiomyopathie mit schlechter Prognose ist möglich.
4 Chronisch-rezidivierend: Übergang in dilatative
Kardiomyopathie möglich ! Cave
Letaler Ausgang bei fulminant verlaufenden Infektio-
Symptomatik. Schwäche, Abgeschlagenheit, Leistungs- nen und zunehmender Ventrikeldilatation möglich.
abfall, Fieber, Gliederschmerzen, Palpitationen, tho-
rakale oder kardiale Schmerzen, Ruhetachykardie,
Herzrhythmusstörungen, supraventrikuläre und ven- 1.6.1.2 Bakterielle Myokarditis
trikuläre Extrasystolen, rezidivierende Tachykardie, Definition. Bakterielle Entzündung des Myokards be-
Dyspnoe, Orthopnoe, Blutdruckabfall. gleitend bei Endokarditis oder durch hämatogene
Streuung bei septischen Infektionen.
Diagnostik.
4 Anamnese: vorangegangene, nicht komplett aus- Ätiopathogenese. Mögliche Erreger sind Staphylokok-
geheilte Infektion (Atemwege, gastrointestinal) ken, β-hämolysierende Streptokokken A, Pseudomo-
4 Auskultation: systolische Geräusche, Galopp- nas, Pneumokokken, Diphtherie (sehr selten), Typhus,
rhythmus Tuberkulose, Lues, Spirochäten (Leptospirose, Borrelia
4 Labor: BSG und CRP erhöht, kardiales Troponin T, burgdorferi), Rickettsien oder Chlamydien. Prädispo-
α2-Mikroglobulin, positive Virusserologie, Virus- nierend sind Immundefizienz, Immunsuppression
nachweis (PCR), Nachweis von Autoantikörper oder schwere Verbrennungen.
(AMLA, antimylemmnaler Antikörper oder ASA,
antisarkolemmnaler Antikörper), Nachweis von Borrelien-Myokarditis
CMV (CMV-early-Antigen: pp65 aus EDTA-Blut) Überträger ist in Mitteleuropa die Zecke. In Stadium I Ery-
4 EKG: Sinustachykardie, ventrikuläre Arrhythmie, thema migrans, Stadium II neurologische Manifestation,
ST-Strecken- und T-Wellen-Veränderungen mög- Myokarditis und in Stadium III Arthritis, Enzephalitis, Acro-
lich, Linksschenkelblock, AV-Block, Repolarisa- dermatitis chronica atrophicans. Therapie mit Penicillin,
tionsstörungen, verlängertes QT-Intervall Cephalosporine, Tetrazykline, evtl. Glukokortikoide.
4 Echokardiographie: Myokarddilatation, Dyski-
nesien, verminderte Ejektionsfraktion, sekundäre Diphtherie
Klappeninsuffizienz, bei 10% Perikarderguss Erreger ist Corynebacterium diphtheriae, es besteht Mel-
4 Thoraxröntgen: Herzgröße und Ventrikelform depflicht bei Erkrankung und Tod. Häufigste Todesursache
normal, mögliche Linksverbreiterung, mögliche bei Diphtherie ist Myokarditis in der Rekonvaleszenz-
Lungenstauung 6
32 Kapitel 1 · Kardiologie

phase. Nach Ausheilung ist eine Fibrose möglich. Therapie: 4 Chagas-Krankheit: endemische Erkrankung in
1 Diphtherie-Antitoxin, Penicillin, Erythromycin. Prävention: Mittel- und Südafrika; meist chronischer Verlauf.
aktive Schutzimpfung. Nach 20 Jahren Myokarddilatation, Aneurysma-
bildung, Myokardnekrose und Ganglienzerstörung
Symptomatik. 7 Kap. 1.6.1.1. der Herzvorhöfe möglich

Diagnostik. > Infektionen mit Pilzen oder Protozoen treten meist als
4 Anamnese: Fieber, Myalgien, Lymphadenopathien, opportunistische Infektion bei Immundefizienz auf.
flüchtiges Exanthem, Arthritis, neurologische
Symptome, evtl. Zeckenbiss Diagnostik.
4 Klinik: Exanthem. Auskultation: Pleuraerguss. 4 Mykosen: Erregernachweis aus Sputum, Liquor,
Temperatur Biopsiematerial oder serologisch
4 EKG: AV-Block mit eventueller spontaner Rück- 4 Protozoen: bei Chagas-Krankheit: erschwerte Di-
bildung agnostik, da Infektion lange zurückliegen kann
4 Labor: Antikörpersuche mittels ELISA oder IFT
oder Immunoblot. Urin: direkter Erregernachweis Therapie.
mittels PCR 4 Kryptokokkose: Fluconazol, liposomales Ampho-
tericin
Therapie. Allgemeinmaßnahmen: Bettruhe, Fieber- 4 Aspergillose: Itraconazol, Amphotericin B + Fluc-
senkung. tyosin
4 Toxoplasma gondii: Pyrimethamin + Sulfadiazin +
> Die antibiotische Therapie erfolgt erregerabhängig. Folsäuresubstitution mit Kalziumfolinat bei Sul-
fonamidallergie, Pyrimethamin + Clindamycin,
Spiramycin
1.6.1.3 Sonstige infektiöse Myokarditiden 4 Chagas-Krankheit: therapierefraktäre Herzinsuf-
Definition. Myokarditis aufgrund einer Infektion mit fizienz, antiarrhythmische Therapie wegen ventri-
Protozoen oder Pilzen. kulärer Herzrhythmusstörungen und Thrombo-
embolieprophylaxe wegen Gefahr der Thromben-
Ätiopathogenese. Mögliche Erreger sind: Protozoen bildung
wie Toxoplasmose, Trypanosomiasis (Chagas-Krank-
heit), Malaria, Leishmaniose oder Mykosen (Asper- Nichtinfektiöse Myokarditis
gillus fumigatus). Nicht durch Erreger hervorgerufene Entzündung des Myo-
4 Toxoplasma gondii: meist Re-Infektion bei Im- kards bei Grunderkrankungen wie Kollagenosen, Vaskuliti-
mundefizienz, Pseudozystenbildung im Myokard, den, rheumatoide Arthritis, Sarkoidose, Dressler-Syndrom
evtl. Myokarddilatation, Arrhythmie, Erregungs- (Postkardiotomiesyndrom: fiebrige Perikarditis oder Pleu-
leitungsstörung ritis, 1–6 Wochen nach Myokardinfarkt oder nach kardialen
4 Aspergillose: meist durch Inhalation von Sporen, Operationen), M. Crohn, M. Whipple, allergisch-hyperergi-
die überall (Blumenerde, Heu, Korn, Kompost etc) sche Reaktion auf Pharmaka oder idiopathische autoim-
vorhanden sind. Manifestation bronchopulmonal mune Myokarditis (Scharlach). Zur Behandlung Allge-
(Aspergillus-Pneumonie) oder extrapulmonal meinmaßnahmen wie Bettruhe, Behandlung der Grund-
(Keratitis, Otomykose, Sinusitis, Endokarditis) krankheit.
1.7 · Endokarditis
33 1

In Kürze
Myokarderkrankungen

Virale Myokarditis 4 Symptomatik: Schwäche, Abgeschlagenheit, Leistungsabfall, Fieber, Glieder-


schmerzen, Palpitationen, thorakale oder kardiale Schmerzen, Ruhetachykardie,
Herzrhythmusstörungen, supraventrikuläre und ventrikuläre Extrasystolen,
rezidivierende Tachykardie, Dyspnoe, Orthopnoe, Blutdruckp
4 Ätiologie: meist Enteroviren, Coxsackie B, des Weiteren Coxsackie A, Influenza-
viren, Parvovirus B19, Adenoviren, Zytomegalie-, Rabies-, Mumps-, Röteln-, Polio-
myelitisviren, Hepatitis-A- und -B-Viren, Echoviren 9/22. Mögliche Pathomechanis-
men: direkte Zytolyse, Stimulation der antiviralen Immunantwort, autoimmun-
pathogenetische Prozesse
4 Diagnostik: Anamnese, Auskultation, Labor, EKG, Echokardiographie, Thorax-
röntgen. Biopsie (histologische, immunhistologische, molekularbiologische
Untersuchung)
4 Therapie: Schonung mit initial strikter Bettruhe, Thromboembolieprophylaxe,
bei Herzinsuffizienz positiv-inotrope Medikamente, Diuretika, ACE- Hemmer,
Vasodilatatoren, bei CMV-Infektion Ganciclovir

Bakterielle Myokarditis 4 Symptomatik: wie bei viraler Myokarditis


4 Ätiologie: Staphylokokken, β-hämolysierende Streptokokken A, Pseudomonas,
Pneumokokken, Diphtherie (sehr selten), Typhus, Tuberkulose, Lues, Spirochäten
(Leptospirose, Borrelia burgdorferi), Rickettsien, Chlamydien
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, EKG, Labor
4 Therapie: Bettruhe, Fiebersenkung

Myokarditis bei 4 Ätiologie: Protozoen wie Toxoplasmose, Trypanosomiasis (Chagas-Krankheit),


Protozoen und Pilzen Malaria, Leishmaniose oder Mykosen (Aspergillus fumigatus)
4 Diagnostik: meist serologischer Nachweis mittels Antikörper-(Such)-Tests
4 Mykosen: Nachweis aus Sputum, Liquor, Biopsiematerial, serologisch
4 Protozoen: bei Chagas-Krankheit erschwerte Diagnostik, da Infektion lange
zurückliegen kann
4 Therapie:
– Kryptokokkose: Fluconazol, liposomales Amphotericin
– Aspergillose: Itraconazol, Amphotericin B + Fluctyosin
– Toxoplasma gondii: Pyrimethamin + Sulfadiazin + Folsäuresubstitution mit Kal-
ziumfolinat bei Sulfonamidallergie, Pyrimethamin + Clindamycin, Spiramycin
– Chagas-Krankheit: antiarrhythmische Therapie, Thromboembolieprophylaxe

1.7 Endokarditis 4 Iatrogene Eingriffe (10‒20%)


4 Intravenöser Drogenmissbrauch (ca. 5%)
1.7.1 Infektiöse Endokarditis
Infiziert werden vorbestehende Fibrin- und Thrombo-
Definition. Entzündung des Endokards bzw. der Herz- zytenablagerungen. Zunächst treten allgemeine Symp-
klappen infolge eine Infektion, bei infektiösem Streu- tome auf, es kommt zur Bildung von Autoimmunkom-
herd septisches Krankheitsbild. plexen und Organmanifestationen, lokalen Manifes-
tationen und septischen Embolien.
Ätiopathogenese. Ursächlich sind: Typische Erreger sind:
4 Rheumatische Herzerkrankung (20–30%) 4 Zu 95% Bakterien: Streptokokken (Streptococcus
4 Kongenitale Herzerkrankung (10‒20%) viridans, bovis oder andere), Staphylococcus aureus
4 Degenerative Herzerkrankung (10‒20%) und epidermidis, Enterokokken u. a.
34 Kapitel 1 · Kardiologie

4 Pilze: Candida albicans, Aspergillus, Histoplasma Diagnostik.


1 capsulatum 4 Anamnese: Herzerkrankung, Herzfehler
4 Viren 4 Klinik: kutane Symptome
4 Weitere Keime: Corynebakterien, Listeria, Lacto- 4 Labor:
bacillus, Actinobacillus, Brucella species, Serratia 5 BSG (Ausschluss einer Endokarditis bei nor-
marcescens, Salmonella, Pseudomonas aeruginosa, maler BSG), CRP, Anämie, Leukozytose, Pro-
Neisseria gonorrhoea, Chlamydien, Coxiella bur- teinurie, Hämaturie, Kreatinin
netii 5 Immunologie (zirkulierende Immunkomplexe,
antisarkolemnale und antiendokardiale Anti-
Epidemiologie. 3-4/100.000 in Europa mit zuneh- körper)
mender Tendenz. Prädisponierend sind Drogensucht, 5 Blutkulturen: therapieentscheidend
Diabetes mellitus, Leberzirrhose, Alkoholabusus, Nie- 4 EKG: ventrikuläre Arrhythmien, Myokarditis, Peri-
reninsuffizienz, Malignome, Immunsuppression. karditis
4 Echokardiographie: Vegetationen über 5 mm er-
> Meist sind die Aorten- oder Mitralklappe infiziert. kennbar, Klappendefekte, hämodynamische Konse-
quenzen, Abszesse am Myokard oder den Klappen
Symptomatik. 4 Transösophageale Echokardiographie (TEE):
4 Allgemein: Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Endokarditis bei Prothesenimplantation
Appetitlosigkeit, Arthralgien, Schüttelfrost, Anä-
mie, Splenomegalie ! Cave
4 Kardial: Herzgeräusche, Herzinsuffizienz, Insuf- Die Infektion mit Streptococcus bovis besitzt eine
fizienz der Klappen, begleitende Myokarditis, hohe Assoziationsrate mit Malignomen im Gastroin-
Myokardabszesse, Myokardinfarkt, Embolien testinaltrakt. Ein AV-Block ist bei Aortenklappenendo-
4 Renal: Glomerulonephritis karditis durch Abszedierung am Septum möglich.
4 Kutan: Petechien (Konjunktiven, Mundschleim-
haut, Körperstamm), Splitter-Hämorrhagien (sub- Therapie.
unguinale Blutungen), Osler-Knötchen (Korngroße 4 Allgemeinmaßnahmen: Bettruhe, Fiebersenkung,
schmerzhafte violett gefärbte Knötchen), Janeway- Meiden venöser Verweilkanülen und Blasendauer-
Läsion (schmerzloses hämorrhagisches makulöses katheter, Antibiogramm
Exanthem) 4 Medikamentöse Therapie: je nach Antibiogramm,
4 Neurologisch: Apoplex, Amaurosis fugax, Hirn- bei Sepsis und progredienter Klappendestruktion
stammläsion, Meningitis, mykotische Aneurys- sofortiger Therapiebeginn; therapeutische Dauer
men, bakterielle Mikroembolie mindestens 4–6 Wochen bzw. mindestens 2 Wo-
chen nach Entfieberung. Antibiotische Therapie:
Differenziert werden: 5 Streptokokken: Penicillin (und Gentamicin),
4 Subakute Form: Endocarditis lenta aufgrund Cephalosporin, Lincomycin, Imipenem
einer Infektion mit Streptococcus viridans mit 5 Enterokokken: Ampicillin und Gentamicin
schleichendem Beginn und subfebrilen Tempera- 5 Staphylokokken: penicillinasefeste Penicilline
turen (Oxacillin, Flucloxacillin), Imipenem, Vanco-
4 Akute Form: ausgeprägte Symptomatik bei Infek- mycin
tion mit z. B. Staphylococcus aureus und gram- 5 Candida albicans: Amphotericin B und Fluc-
negative Bakterien tyosin
4 Invasive Therapie: Herzklappenersatz bei rascher
Mögliche Komplikationen sind: Progredienz der Herzklappeninsuffizienz, Klappen-
4 Fehlende Antwort auf antibiotische Therapie ringabszess, persistierender Bakteriämie, Pilzen-
4 Klappendestruktion dokarditis, Prothesenendokarditis, rezidivierenden
4 Linksherzinsuffizienz arteriellen Embolien
4 Perikarditis
4 AV-Block ! Cave
4 Myokardinfarkt Vor operativen und zahnärztlichen Eingriffen sollte
4 Embolie eine antibiotische Endokarditisorophylaxe bei Risiko-
4 Enzephalopathie patienten (Kunstklappen, Klappendefekte, Ventrikel-
4 Abzesse septumdefekt, HOCM) durchgeführt werden.
1.7 · Endokarditis
35 1
1.7.2 Rheumatische Endokarditis 4 Labor: BSG, Leukozyten, CRP, Streptolysin-O-
Antikörper, Anämie, Rachenabstrich (Streptokok-
Definition. Entzündung des Endokards nach Infektion ken-Antigen-Schnelltest: Spezifität >90%, Sensiti-
mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A vität ca. 85%)
als allergische Beteiligung des Herzens infolge einer 4 EKG: Rhythmusstörung, AV-Block, ST-Hebungen
Kreuzreaktion mit konsekutiver Polyserositis.

Ätiopathogenese. Mit Latenzzeit von 10–20 Tagen Kriterien zur Diagnosestellung des rheumati-
postinfektiös auftretend, progrediente Entwicklung schen Fiebers nach Jones
nach Infektion mit Streptokokken A (Streptococcus 4 Hauptkriterien: Karditis, Arthritis, Chorea mi-
pyogenes: Tonsillitis, Pharyngitis, Scharlach, Haut- und nor, subkutane Knötchen, Erythema anulare
Weichteilinfektion), streptokokkenalllergische Folge- 4 Nebenkriterien: frühes rheumatisches Fieber,
erkrankung wie rheumatisches Fieber oder Glomerulo- Entzündungsparameter, verlängerte PQ-Zeit,
nephritis. Gelenkschmerzen
4 Zusatzkriterien: Nachweis von Streptokkenin-
Epidemiologie. Weltweit häufigste Ursache für er- fektion der Gruppe A, durchlaufene Scharlach-
worbene Herzerkrankungen, in den Industrienationen infektion, positive Rachenkultur, steigende
seltener. Antikörper gegen Streptokokken

Symptomatik. Polyarthritis, Manifestation am Herzen


(Karditis, Mitralklappen- bzw. Aortenklappeninsuffi- Therapie.
zienz), Erythema οmarginatum (rosa bis rot gefärbte 4 Allgemeinmaßnahmen: Bettruhe
Effloreszenzen ohne Juckreiz im Bereich des Körper- 4 Medikamentöse Therapie: Penicillin, nichtsteroi-
stammes und der oberen Extremität), subkutane feste dale Antirheumatika
schmerzlose Knötchen über den großen Gelenken be-
stimmen die Symptomatik. Chorea minor als Spät- Die Therapie kann die Entwicklung eines Klappen-
manifestation des rheumatischen Fiebers mit Muskel- fehlers nicht verhindern. Rezidive sind abhängig von
schwäche, unwillkürliche schnelle Bewegungen des Alter und zeitlichem Abstand zum rheumatischen Fie-
Körperstamms und emotionale Labilität. ber. Prophylaktisch kann Penicillin (über mindestens
5–10 Jahre) verabreicht werden.
Diagnostik.
4 Auskultation: Klappendefekte (Stenose- oder In- > Bei endemischen Infektionen (Kindergarten, Schule,
suffizienzgeräusche), Zeichen der Herzinsuffi- Lager) kann das rheumatische Fieber durch sofortige
zienz Behandlung mit Penicillin weitestgehend verhindern
werden.

In Kürze
Endokarderkrankungen

Infektiöse 4 Symptomatik: Fieber, Gewichtp, Nachtschweiß, Appetitp, Arthralgien, Schüttelfrost,


Endokarditis Anämie, Splenomegalie, Herzgeräusche, Herzinsuffizienz, Myokarditis, Myokardabszesse,
Myokardinfarkt, Embolien, Glomerulonephritis, Petechien, Osler-Knötchen, Janeway-
Läsion, Apoplex, Amaurosis fugax, Hirnstammläsion, Meningitis, mykotische Aneurysmen,
bakterielle Mikroembolie
4 Ätiologie: rheumatische, kongenitale, degenerative Herzerkrankung, iatrogene Eingriffe,
intravenöser Drogenmissbrauch. 95% Bakterien (Streptokokken, Staphylokokken, Entero-
kokken), Pilze, Viren, andere
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Labor, EKG, Transösophageale Echokardiographie
4 Therapie: Bettruhe, Fiebersenkung, Meiden venöser Verweilkanülen und Blasendauer-
6 katheter, Antibiogramm, medikamentöse Therapie
36 Kapitel 1 · Kardiologie

1 Rheumatische 4 Symptomatik: Polyarthritis, Manifestation am Herzen (Karditis, Mitralklappen- bzw. Aorten-


Endokarditis klappeninsuffizienz), Erythema marginatum, subkutane feste schmerzlose Knötchen über
den großen Gelenken. Chorea minor als Spätmanifestation des rheumatischen Fiebers mit
Muskelschwäche, unwillkürlich schnellen Bewegungen des Körperstamms und emotiona-
ler Labilität
4 Ätiologie: postinfektiös auftretend (Latenzzeit von 10–20 Tagen), progrediente Entwick-
lungnach Infektion mit Streptokokken A (Streptococcus pyogenes: Tonsillitis, Pharyngitis,
Scharlach, Haut- und Weichteilinfektion, streptokokkenallergische Folgeerkrankungen wie
rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis)
4 Diagnostik: Auskultation, Labor, EKG
4 Therapie: Bettruhe, Penicillin, nichtsteroidale Antirheumatika

1.8 Perikarderkrankungen 4 Echokardiographie: Ausschluss anderer Erkrankun-


gen, Erweiterung von V. cava inferior und hepatischen
1.8.1 Perikarditis Venen, fehlender inspiratorischer Kollaps, Perikard-
verdickung über 10 mm (schwierig), funktionelle Para-
Definition. Akute oder chronische (länger als 3 Monate meter
andauernde) Entzündung des Perikards. Rheumati- 4 CT: Perikarddicke (Operationsindikation)
sche Perikarditis: Nach Infektion mit β-hämolysieren- 4 Herzkatheter: intrakardiale Drücke (Dip-Plateau,
den Streptokokken der Gruppe A mit konsekutiver Poly- Quadratwurzel-Phänomen)
serositis.
Therapie. Perikardektomie, vorübergehend Diurese.
Ätiopathogenese. Bei akuter Perikarditis Ergussbil-
dung mit ventrikulärer Füllungsbehinderung, bei chro- Ursachen:
nischer Perikarditis Verklebung und Vernarbung der 4 Idiopathische Perikarditis: Ausschlussdiagnose,
Perikardblätter. Unterschieden werden: bis zu 50%
4 Pericarditis sicca/fibrinosa 4 Virusperikarditis: Coxsackie-, Echoviren
4 Pericarditis exsudativa 4 Eitrige Perikarditis: meist Staphylokokken, Strep-
4 Pericarditis constrictiva: zunehmende Verklebung tokokken, Hämophilus, Pneumokokken
und Verschwielung mit konsekutiver Beeinträch- 4 Tuberkulöse Perikarditis: ggf. mit massiv serös-
tigung der rechten und linken Ventrikelfunktion hämorrhagischem, gekammertem Erguss
4 Pericarditis calcarea (Panzerherz): zusätzliche Ver- 4 Perikarditis bei Myokardinfarkt: 10‒20% der Fälle
kalkungen im Perikard 4 Postkardiotomiesyndrom
4 Stoffwechselerkrankungen
Pericarditis constrictiva 4 Kollagenkrankheiten: häufig
Symptomatik. Einflussstauung, Tachykardie, Zyanose,
Belastungsdyspnoe, zunehmende Venenfüllung bei Inspi- Symptomatik.
ration (Kussmaul-Zeichen), Pleuraerguss, Hepatomegalie, 4 Akute Perikarditis: präkordialer, retrosternaler
Aszites (bei unklarer Genese Perikarditis immer ausschlie- Schmerz (atemabhängig, im Liegen verstärkt),
ßen), periphere Ödeme, doppelter Venenkollaps, gestörte Fieber, Tachypnoe, Schwitzen, Abgeschlagenheit,
Syntheseleistung der Leber. Leistungsschwäche
4 Chronische Perikarditis: abhängig von Erguss-
Diagnostik. menge (beeinträchtigte Herzfunktion ab 500 ml),
4 Klinik: kein Herzspitzenstoß, auskultatorisch Galopp- Fibrosierung, Vernarbungen, Verkalkungen
rhythmus
4 Labor: Transaminasen, Bilirubin erhöht. Albumin, Diagnostik.
Prothrombinzeit vermindert 4 Auskultation: Pleurareiben (bei Erguss meist nicht
4 EKG: diskordante T-Wellen zum QRS-Komplex, Erre- mehr hörbar)
gungsausbreitungsstörungen, Vorhofflimmern 4 Labor: leichte Leukozytose, CRP-Erhöhung, BSG-
4 Thoraxröntgen: Perikardverkalkungen (55%) Beschleunigung, evtl. CK- und CKMB-Erhöhung
1.8 · Perikarderkrankungen
37 1

4 EKG: leichte Anhebung der ST-Strecke bei gleich- Ätiopathogenese. Ursachen sind idiopathisch, akute
bleibendem Kammerkomplex und T-Welle, bei exsudative Perikarditis, akuter Myokardinfarkt, Me-
ausgeprägter ST-Veränderung. Nach Abheilung tastasen, Tumoren, Aortendissektion, Infektionen, bei
spitze T-Negativität Hypothyreose, Perforation durch Herzkatheter oder
4 Echokardiographie: anfangs normal, Ventrikel- Trauma, postoperativ nach Herzoperation.
funktion
> Maligne Perikardergüsse sind meist hämorrhagisch.
! Cave
Differenzialdiagnose der akuten Perikarditis ist der Symptomatik. Eine schnelle Füllung des Herzbeutels
akute Myokardinfarkt. mit Flüssigkeit führt zur mechanischen Behinderung
des diastolischen Einstroms mit Einflussstauung (ver-
Therapie. mehrte Jugularvenenfüllung) und Abnahme des
4 Virale Perikarditis: Bettruhe, Antiphlogistika, Korti- Schlagvolumens, Tachykardie, Abfall des Blutdrucks,
kosteroide bei starken Schmerzen Zyanose, Pulsus paradoxus und Lungenstauung,
4 Idiopathisch Perikarditis: Kortikosteroide über Schwindel, Unruhe, Schweißausbrüche, Dyspnoe,
mehrere Wochen bei Persistenz, selten operative thorakalem Druck.
Fensterung oder Perikardektomie
4 Eitrige Perikarditis: Antibiose nach Antibiogramm, ! Cave
Letalität 10‒20% Die Symptome der Perikardtamponade sind
4 Tuberkulöse Perikarditis: Tuberkulosetherapie, denen des kardiogenen Schocks ähnlich. Die Peri-
Perikardektomie kann Konstriktiva verhindern kardtamponade kann innerhalb kurzer Zeit töd-
4 Perikarditis bei Myokardinfarkt (Dressler-Syn- lich sein.
drom): Antiphlogistika, bei Persistenz auch Kor-
tikosteroide Diagnostik.
4 Postkardiotomiesyndrom: Behandlung wie beim 4 Klinik: Jugularvenenstauung, Tachypnoe, Tachy-
Dressler-Syndrom kardie, Hepatomegalie, paradoxer Puls (Abfall
4 Stoffwechselerkrankungen, Neoplasien: Therapie RRsyst >10 mmHg bei Inspiration), leise Herztöne,
der Grunderkrankungen kaum tastbarer Herzspitzenstoß
4 Chronische Perikarditis: Kortikosteroiden über 4 EKG: Abflachung der Brustwandableitungen, bei
mehrere Monate, Perikardektomie bei Persistenz großen Ergüssen wechselnde Position des QRS-
hämodynamischer Beeinträchtigungen Amplituden durch schwimmendes Herz
4 Echokardiographie: sensitiver Nachweis, grobe
Prognose. Verlauf abhängig von der Grunderkrankung. Schätzung der Ergussmenge, Vorhof- oder Ven-
trikelkompression

1.8.2 Perikarderguss, Perikardtamponade Therapie. Infusionstherapie, Vasokonstriktoren, ggf.


Antibiotika, Untersuchung des Punktats.
Synonym. Herzbeuteltamponade.
! Cave
Definition. Perikarderguss: Flüssigkeitsansammlung Bei Perikardtamponade sofortige Punktion oder
im Herzbeutel. Perikardtamponade: Ergussbildung Drainage zur Entlastung.
mit Beeinträchtigung der Ventrikelfüllung und des
Schlagvolumens.
38 Kapitel 1 · Kardiologie

In Kürze
1
Perikarderkrankungen
Perikarditis 4 Symptomatik:
– Akute Perikarditis: präkordialer retrosternaler Schmerz (atemabhängig, im Liegen
verstärkt), Fieber, Tachypnoe, Schwitzen, Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche
– Chronische Perikarditis: abhängig von Ergussmenge (Beeinträchtigung der Herz-
funktion ab 500 ml), Fibrosierung, Vernarbungen, Verkalkungen
4 Ätiologie: idiopathisch (Ausschlussdiagnose, bis zu 50%), viral Coxsackie-, Echoviren),
bakteriell (meist Staphylokokken, Streptokokken, Hämophilus, Pneumokokken), tuber-
kulöse Perikarditis (ggf. mit massiv serös-hämorrhagischem, gekammertem Erguss),
bei Myokardinfarkt, Postkardiotomiesyndrom, Stoffwechselerkrankungen, Kollagen-
krankheiten (häufig)
4 Diagnostik: Auskultation, Labor, EKG, Echokardiographie
4 Therapie:
– Idiopathische Perikarditis: Kortikosteroide
– Virale Perikarditis: Bettruhe, Antiphlogistika, Kortikosteroide bei starken Schmerzen
– Eitrige Perikarditis: Antibiose nach Antibiogramm
– Tuberkulöse Perikarditis: Tuberkulosetherapie
– Perikarditis bei Myokardinfarkt, Postkardiotomiesyndrom: Antiphlogistika
– Stoffwechselerkrankungen, Neoplasien: Therapie der Grunderkrankung
– Chronische Perikarditis: Kortikosteroide über mehrere Monate, Perikardektomie
bei Persistenz hämodynamischer Beeinträchtigungen

Perikarderguss, 4 Symptomatik: schnelle Füllung der Herzbeutels mit Flüssigkeit führt zur mechanischen
Perikardtampo- Behinderung des diastolischen Einstroms mit Einflussstauung, Abnahme des Schlag-
nade volumens, Tachykardie, Blutdruckp, Zyanose, Pulsus paradoxus, Lungenstauung,
Schwindel, Unruhe, Schweißausbruch, Dyspnoe, thorakaler Druck
4 Ätiologie: idiopathisch, akute exsudative Perikarditis, Myokardinfarkt, Metastasen,
Tumoren, Aortendissektion, Infektion, Hypothyreose, Perforation (Herzkatheter,
Trauma), nach Herzoperation
4 Diagnostik: Klinik, EKG, Echokardiographie, Untersuchung des Punktats
4 Therapie: bei Tamponade sofortige Punktion, Infusionstherapie, Vasokonstriktoren,
ggf. Antibiotika

1.9 Erkrankungen 4 Blutgasanalyse: respiratorische Partialinsuffizienz


des rechten Herzens mit kompensatorischer alveolärer Hyperventilation
4 EKG: Rechtsschenkelblock, T-Negativierung rechts-
1.9.1 Akutes Cor pulmonale präkordial, Lagetypwechsel
4 Thoraxröntgen: Erst unauffällig, später Pleura-
Definition. Rechtsherzbelastung durch akute Erhöhung erguss, Infiltrate, Streifenatelektase
des Widerstandes im pulmonalen Kreislauf. 4 Echokardiographie: Dilatation des rechten Ven-
trikels, Trikuspidalklappeninsuffizienz, Thromben
Ätiopathogenese. Meist akute Lungenembolie, seltener 4 Pulmonalisangiographie: Gefäßverschlüsse der
bei Asthma bronchiale (7 Pneumologie). pulmonalen Strombahn, arterielle Drücke der pul-
monalen Strombahn
Symptomatik. Dyspnoe, meist atemabhängiger Tho-
raxschmerz, Hämoptysen, Tachykardie, Schock. Therapie. Abhängig vom Schweregrad:
4 Antikoagulation mit 2- bis 3-facher Verlängerung
Diagnostik. der PTT oder unfraktioniertes Heparin
4 Anamnese: Vorerkrankungen 4 Thrombolyse mit konsekutiver Antikoagulation
1.9 · Erkrankungen des rechten Herzens
39 1

4 Bei fulminanter Lungenembolie chirurgische Diagnostik.


Embolektomie, Thrombusfragmentierung mittels 4 Anamnese: progrediente Dyspnoe
Katheterintervention 4 Auskultatation: fixierte Spaltung des 2. Herztons,
hochfrequentes Diastolikum, mittelfrequentes Sys-
tolikum
1.9.2 Chronisches Cor pulmonale 4 EKG: Rechtsherzbelastung
4 Thoraxröntgen: abgeschwächte periphere Zeich-
Definition. Chronische Rechtsherzbelastung durch Er- nung, erweiterte zentrale Lungenarterien
höhung des Widerstandes im pulmonalen Kreislauf. 4 Echokardiographie: Dilatation oder Hypertrophie
des rechten Ventrikels, dilatierte Pulmonalarterie,
Ätiopathogenese. Vaskultis der pulmonalen Strom- Insuffizienz der Trikuspidal- und Pulmonalklappe
bahn, primär pulmonale Hypertonie, Toxic-Oil-Syn- 4 Herzkatheter: Druckmessung, Messung des pul-
drom, Appetitzügler, Drogenabusus, Euler-Liljestrand- monal-vaskulären Widerstandes
Effekt (Hypoxie und pulmonale Vasokonstriktion),
Lungengefäßsklerose, rezidivierende Embolien, COPD, Therapie. Schonung, Diuretika, ACE-Hemmer, Digita-
chronisches Asthma bronchiale. lis, Antikoagulation, Sauerstoffgabe, Vasodilatanzien
(Druck- und Widerstandssenkung), Prostazyklinthera-
> Bei der pulmonalen Hypertonie handelt es sich um pie, Herz-Lungen-Transplantation. Kausal Therapie
einen pathologisch erhöhten Druck im pulmonalen der ursächlichen Erkrankung.
Kreislauf, z. B. bei Trikuspidalklappeninsuffizienz.
Prognose. Abhängig vom mittlerem pulmonalen
Symptomatik. Anfangs nur diskrete Beschwerden, Druck, Widerstand, Hypoxämie, Schwere der Rechts-
Dyspnoe bei Belastung, atypische Angina pectoris, herzinsuffizienz.
Schwindel, Arrhythmien (Palpitationen), diskrete Zya-
nose. Später Rechtsherzinsuffizienz.

In Kürze
Erkrankungen des rechten Herzens

Akutes 4 Symptomatik: Dyspnoe, meist atemabhängiger Thoraxschmerz, Hämoptysen, Tachy-


Cor pulmonale kardie, Schock
4 Ätiologie: meist akute Lungenembolie, seltener Asthma bronchiale (7 Pneumologie)
4 Diagnostik: Anamnese, Blutgasanalyse, EKG, Thoraxröntgen, Echokardiographie,
Pulmonalisangiographie
4 Therapie: abhängig vom Schweregrad: Antikoagulation mit 2- bis 3-facher Verlängerung
der PTT oder unfraktioniertes Heparin. Thrombolyse mit konsekutiver Antikoagulation

Chronisches 4 Symptomatik: anfangs diskrete Beschwerden, Dyspnoe bei Belastung, atypische Angina
Cor pulmonale pectoris, Schwindel, Arrhythmien (Palpitationen), diskrete Zyanose, später Rechtsherz-
insuffizienz
4 Ätiologie: Vaskulitis der pulmonalen Strombahnen, primär pulmonale Hypertonie,
Toxic Oil Syndrom, Appetitzügler, Drogenabusus, Euler-Liljestrand-Effekt (Hypoxie und
pulmonale Vasokonstriktion), Lungengefäßsklerose, rezidivierende Embolien, COPD,
chronisches Asthma bronchiale
4 Diagnostik: Anamnese, Auskultation, EKG, Thoraxröntgen, Echokardiographie, Herzka-
theter
4 Therapie: Schonung, Diuretika, ACE-Hemmer, Digitalis, Antikoagulation, Sauerstoffgabe,
Vasodilatanzien (Druck- und Widerstandssenkung), Prostazyklintherapie, Herz-Lungen-
Transplantation. Therapie der Grunderkrankung
40 Kapitel 1 · Kardiologie

1.10 Herzklappenfehler Ätiopathogenese. Volumenbelastung, da das Schlag-


1 volumen um das zurückströmende Volumen steigt.
Ätiopathogenese. Fibrosierung, Verkalkung, Verkle- Folge sind exzentrische Myokardhypertophie und
bung bedingen eingeschränkte Öffnungsbewegung linksventrikuläre Dilatation. Regurgitationsfraktion
und Schlussunfähigkeit bei degenerativ-sklerotischen von >15% des Schlagvolumens führt zu relevanten
Veränderungen an den Klappen. Die Klappen des lin- hämodynamischen Einschränkungen.
ken Ventrikels sind wegen der höheren Druckverhält-
nisse öfter betroffen. Ein chronischer Verlauf wird zu- Ursachen:
nächst besser toleriert, da Kompensationsmechanis- 4 Rheumatische Endokarditis/Arthritis
men besser ausgebildet sind. 4 Bakterielle Endokarditis
Unterschieden werden: 4 Degeneration, Arteriosklerose
4 Immunologische Ursachen: rheumatische Endo- 4 Syphilis
karditis (80% Mitralklappe, 20% Aortenklappe, 4 Stumpfes Thoraxtrauma
Komplikation des rheumatischen Fiebers, 7 Kap. 4 Aneurysma verum/dissecans
1.7.2) 4 Karzinoid, ankylosierende Spondylitis, Aorten-
4 Degenerative Ursachen: Verkalkungen, Mitral- ektasie
klappenprolaps, Marfan-Syndrom (autosomal- 4 Bikuspidale Aortenklappe, Ventrikelseptumdefekt,
dominant vererbte Bindegewebserkrankung mit Sinus-Valsalva-Aneurysma
langen schmalen Extremitäten, Trichter-/Hühner- 4 Zystische Medianekrose
brust, Kyphoskoliose, überstreckbaren Gelenken,
weicher Haut, Aorteninsuffizienz, Mitralklappen- Physiologische Kompensation durch Verkürzung der
prolaps u. a.) Diastolendauer.
4 Bakterielle Ursachen: bakterielle Endokarditis
(Befall bereits defekter Klappen mit Zerstörung der Symptomatik. Oft beschwerdefrei, leichte Ermüdbar-
Segel, 7 Kap. 1.7.1) keit, Palpitationen, Pulsationen großer Arterien, thora-
4 Ischämische Ursachen: Papillarmuskelabriss oder kales Beklemmungsgefühl, pulssynchrones Kopfnicken
-dysfunktion, Dyskinesie nach Myokardinfarkt (Musset-Zeichen), sichtbarer Kapillarpuls (Quincke-
4 Traumatische Ursachen: Aortendissektion, Tho- Zeichen). Bei linksventrikulärer Funktionsstörung:
raxtrauma Belastungsdyspnoe, Orthopnoe, nächtliche Atemnot,
4 Funktionelle Ursachen: Aortenektasie, pulmonale pektanginöse Beschwerden möglich.
Druckerhöhung mit konsekutiver relativer Insuf-
fizienz. Diagnostik.
4 Klinik: Pulsus celer et altus (systolischer Blutdruck
In den letzten 30 Jahren nehmen das rheumatische erhöht, diastolischer Blutdruck erniedrigt, Wasser-
Fieber ab, degenerative Läsionen und die Lebenser- hammer-Phänomen), Herzspitzenstoß hebend,
wartung zu. nach lateral und kaudal verlagert
4 Auskultation: hochfrequentes gießendes dias-
Symptomatik. Zeichen der kardialen Dekompensation: tolisches Decrescendogeräusch (in aufrechter
Lungenödem, Zyanose, gestaute Halsvenen, Hepato- Stellung besser als im Liegen), Fortleitung des
megalie, Aszites, periphere Ödeme. Geräusches in die Carotiden, gelegentlich Austin-
Flint-Geräusch (niederfrequentes Diastolikum)
Diagnostik. Schweregradeinteilung nach Klinik und 4 EKG: Zeichen der Linksherzhypertrophie, der
hämodynamischen Parametern. Innenwandläsion, betonte Q-Zacken
4 Thoraxröntgen: linksventrikuläre Vergrößerung,
> Auskultation und Echokardiographie sind die wich- Aortendilatation, Aortenaneurysma, Kalk in Höhe
tigsten diagnostischen Verfahren. der Aortenklappe, vermehrte Randpulsation
4 Echokardiographie: verdickte bzw. verkalkte Aor-
tenklappe, diastolischer Rückstrom und Volumen-
1.10.1 Aortenklappeninsuffizienz belastung im Dopplerverfahren, Regurgitation
(. Abb. 1.10)
Definition. Meist erworbene, selten angeborene Funk- 4 Radionukleotidventikulographie: linksventriku-
tionsstörung der Aortenklappe. läre Ejektionsfraktion, Volumina in Ruhe und unter
Belastung
1.10 · Herzklappenfehler
41 1

a b c
. Abb. 1.10a–c. Echokardiographie eines 58-jährigen Patien- c FD-Doppler mit breitem transaortalem Rückstromsignal
ten mit schwerer Aorteninsuffizienz auf der Basis eines nicht- in den linken Ventrikel (AO Aorta, LV linker Ventrikel, LA linker
disseziierten Aortenaneurysmas. a Parasternaler Längsschnitt Vorhof, AML vorderes Mitralsegel, PML rechtsventrikulärer
mit Ektasie der Aorta ascendens (79 mm) und dilatiertem lin- Ausflusstrakt, RCC rechtskoronare Semilunarklappe, ACC akoro-
ken Ventrikel. b Parasternaler Querschnitt in Höhe der Aorten- nare Semilunarklappe, LCC linkskoronare Semilunarklappe).
klappe mit großer enddiastolischer Regurgitationsfläche, (Aus Piper 2007) (7 Farbtafelteil)

4 Herzkatheter: diastolischer Rückstrom in linken Ätiopathogenese. Meist erworben als Folge eines de-
Ventrikel und koronare Gefäße, Quantifizierung generativ-sklerotischen Umbaus mit konsekutiver ein-
der Insuffizienz geschränkter Segelbewegung.

Therapie. Ursachen:
4 Allgemeinmaßnahmen: körperliche Schonung 4 Degeneration, Verkalkung
bei schweren Klappendefekten, Kontrolle der 4 Rheumatische Endokarditis
möglichen Progression, Endokarditisprophylaxe 4 Angeborene, bikuspidale Klappen
4 Medikamentöse Therapie: ACE-Hemmer, keine 4 M. Paget (Osteodystrophia deformans: Krebs-
β-Blocker und Vasodilatatoren ekzem der Brust)
4 Invasive Therapie: Operationsindikation, abhängig 4 Terminale Niereninsuffizienz
vom endsystolischen Volumenindex 4 Relative Aortenstenose bei hochgradiger Aorten-
5 Hochgradig akute Form: dringliche Opera- insuffzienz
tionsindikation
5 Chronische Form: Klappenersatz vor Links- Hämodynamik
herzinsuffizienz, asymptomatische schwere Hämodynamisch kritisch sind die Klappenöffnungsfläche
Insuffizienzen, erhebliche Dilatation (<0,5 cm2/m2) und der transvalvuläre systolische Druck-
5 Übergang der hyperkinetischen Kompensation gradient (>75 mmHg mit normalem HMV). Infolge steigt
in normokinetische linksventrikuläre Kontrak- der Austreibungswiderstand mit steigender linksventri-
tionen in Ruhephasen kulärer Druckbelastung, es entsteht eine linksventriku-
läre konzentrische Hypertrophie. Die Compliance sinkt,
Prognose. Bei Dekompensation Vorhofflimmern die Steifigkeit steigt, ebenso der linksventrikuläre end-
möglich. Todesursachen meist Linksherzinsuffizienz, diastolische Druck. Möglicherweise bildet sich eine Fibro-
»sudden death«. Signifikante Prognoseverbesserung sierung des Myokards aus, die sich nach Klappenersatz
durch rechtzeitige Operation (noch keine irreversiblen nicht wesentlich zurückbildet.
Myokardschäden).
Die Obstruktion führt zu Druckbelastung mit links-
ventrikulärer konzentrischer Hypertrophie (verlän-
1.10.2 Aortenklappenstenose gerte O2-Diffusionsstrecke) und diastolischer Dehn-
barkeitseinschränkung.
Definition. Angeborene oder erworbene Funktions-
störung, Einteilung in sub- und supravalvuläre Aorten- Epidemiologie. Männer > Frauen, häufigster erwor-
stenose. bener Klappenfehler, ca. 6% der kongenitalen Herz-
fehler.
42 Kapitel 1 · Kardiologie

Symptomatik. Belastungsdyspnoe (meist das erste Prognose. Prognostisch ungünstig: Vorhofflimmern.


1 Symptom), Leistungsknick mit leichter Ermüdbarkeit, Mittlere Lebenserwartung nach Beginn pektanginöser
Schwindel, Synkopen, belastungsabhängige Angina Beschwerden ca. 5 Jahre, Synkope 3 Jahre, Herzinsuf-
pectoris, eher Blässe, ventrikuläre Arrhythmie und fizienz 2 Jahre, 25% erliegen dem plötzlichen Herztod
»sudden death«. (»sudden death«).

> Leichte und mittelschwere Aortenstenose zeigen


meist keine Symptome. Treten Symptome auf 1.10.3 Mitralinsuffizienz
spricht dies für eine höhergradige Stenose, obwohl
auch hochgradige Stenosen asymptomatisch sein Definition. Angeborene oder erworbene Funktionsstö-
können. rung der Mitralklappe.

Diagnostik. Ätiopathogenese. Akute und chronische Mitralin-


4 Klinik: Pulsus tardus et parvus, palpables systoli- suffizienz führen zur Volumenbelastung mit linksvent-
sches Schwirren rikulärer Dilatation und exzentrische ventrikulärer
4 Auskultation: abgeschwächter 1. Herzton, raues Myokardhypertrophie. Zeichen eines fortgeschrittenen
niederfrequentes systolisches Austreibungsge- Myokardschadens ist eine mäßig reduzierte Aus-
räusch, Austreibungsclick, am lautesten im 2. ICR wurffraktion.
rechts parasternal, mögliche paradoxe Spaltung des
2. Herzton, mit zunehmender Linksherzinsuffzienz Ursachen:
verschwindet das systolische Austreibungsgeräusch 4 Mitralklappencleft (angeborene Fehlbildung)
der Aortenstenose 4 Rheumatische Endokarditis (eher selten)
4 EKG: Zeichen der Linksherzhypertrophie, der 4 Mitralringverkalkung
Innenwandischämie in präkordialen Ableitungen, 4 Mitralklappenprolaps
AV-Block, supraventrikuläre oder ventrikuläre 4 Sehnenfadenabriss, Papillarmuskelabriss oder -dys-
Herzrhythmusstörungen funktion
4 Thoraxröntgen: Verkalkungen im Bereich der Aor- 4 Lupus erythematodes
tenklappe, Kardiomegalie 4 Karzinoid
4 Echokardiographie: verdickte oder verkalkte Klap- 4 Hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie, sekun-
pensegel, linksventrikuläre Diameter, Wanddicke, där nach dilatativer Kardiomyopathie
Differenzierung bi- oder trikuspidalen Klappen,
transvalvulärer Druckgradienten (Doppler), mitt- Epidemiologie. Meist erworben, Zunahme der funk-
lerer Gradient, Klappenöffnungsfläche tionell und ischämisch bedingten Insuffizienzen.
4 Herzkatheter: Druckmessung im linken Ventrikel,
Aorta ascendens Symptomatik. Dyspnoe, Müdigkeit, Palpitationen,
allgemeines Schwächegefühl, Hustenanfälle (nachts),
Differenzialdiagnose. Kammerarrhythmie, Vorhofflim- Rechtsherzinsuffizienz (Hepatomegalie, Aszites, peri-
mern als Ursachen von Synkope, Schwindel. Hyper- phere Ödeme), Lungenödem.
troph-obstruktive Kardiomyopathie.
! Cave
Therapie. Emboliegefahr bei Vorhofflimmern.
4 Allgemeinmaßnahmen: Schonung, Kontrolle
einer Progression, Endokarditisprophylaxe. Diagnostik.
4 Medikamentöse Therapie: Diuretika bei Links- 4 Palpatation: hebender verbreiterter nach links
herzinsuffzienz unten und außen verlagerter Herzspitzenstoß
4 Invasive Therapie: Operation bei mittlerem 4 Auskultation: hochfrequentes bandförmiges Holo-
Druckgradient >50 mmHg, Klappenöffnungsfläche systolikum mit Punctum maximum an der Herz-
<0,75 cm2, pektanginösen Beschwerden, Belas- spitze, 1. Herzton abgeschwächt, 2. Herzton oft
tungsdyspnoe, Schwindel, Synkope, linksventriku- vom Geräusch überdeckt, 3. Herzton durch
läre Dysfunktion, progressive Ventrikeldilatation. schnelle und vermehrte frühdiastolische Ventikel-
Verfahren: Rekonstruktion, operative Kommiss- füllung möglich
urotomie, perkutane Ballonkatheter-Valvotomie, 4 EKG: P-Mitrale, Vorhofflimmern, Zeichen der
Klappenersatz linksatrialen Vergrößerung
1.10 · Herzklappenfehler
43 1

4 Thoraxröntgen: linksatriale und linksventriku- Ätiopathogenese. Verschmelzung der Kommissuren,


läre Vergrößerung, (»giant left atrium«), Lungen- Fibrosierung, Verkalkung der Mitralsegel oder der
stauung bei Dekompensation Sehnenfäden führen über eine Schrumpfung der Segel
4 Echokardiographie: linksatrialen und linksven- oder Fäden zu Stenose (. Tab. 1.8).
trikulären Vergrößerung, dilatierter Klappenring,
Darstellung von Prolaps, Abriss, Thromben, Lo- Ursachen:
kalisation und Quantifizierung der Regurgitation 4 Kongenitale Stenose (Parachute-Deformität)
4 Herzkatheter: Darstellung von Ausmaß und In- 4 Rheumatische Endokarditis
tensität des linksatrialen Rückstroms, schlechte 4 Mitralringverkalkung
Prognose bei EF <50% und endsystolischen Vo- 4 Relative Stenose bei Insuffizienz der Mitralklappe
lumenindex >90 ml/m2 Körperoberfläche
Linksatriale chronische Druckbelastungen mit pulmo-
Differenzialdiagnose. Linksventrikuläre Dilatation bei naler Druckerhöhung führen zur pulmonalen Hyperto-
dekompensierter arterieller Hypertonie. nie mit rechtsatrialer Druckbelastung, Hypertrophie und
relativer Trikuspidalinsuffizienz durch Dilatation des
Therapie. Klappenrings. Hämodynamische Kompensationsmecha-
4 Allgemeinmaßnahmen: Schonung, Kontrolle der nismen sind linksatriale Drückerhöhung, Verminderung
möglichen Progression, Endokarditisprophylaxe des Mitralflusses, Verlängerung der Diastolendauer.
4 Medikamentöse Therapie: Vasodilatatoren wie
ACE-Hemmer, Senkung des peripheren Wider- Epidemiologie. Angeborene Stenose eher selten, er-
standes. Bei Herzinsuffizienz Kochsalzrestriktion, worbene Stenose meist nach entzündlichen Prozessen.
Diuretika, ACE-Hemmer, β-Blocker
4 Invasive Therapie: Operationsindikation bei zu- > 1/4 der Patienten mit rheumatischen Klappenfehlern
nehmender Herzgröße und abnehmender links- haben eine reine Mitralstenose, 40% haben ein kom-
ventrikulärer Funktion. Verfahren: Mitralklappen- biniertes Mitralvitium.
rekonstruktion oder Klappenersatz
5 Hochgradig akute Form: sofortige Operations- Symptomatik. Dyspnoe (in Ruhe und nachts), pulmo-
indikation nale Stauung mit Hustenreiz oder Hämoptoe, rezidi-
5 Chronische Form: Operationsindikation bei vierende Infekte der Atemwege sind häufig. Lungen-
Symptombeginn (z. B. rezidivierende Synko- ödembildung (Überanstrengung, fieberhafte Infekte,
pen) Schwangerschaft, Tachyarrhythmie), Ortner-Syndrom
(zunehmende Heiserkeit durch zunehmende links-
Prognose. Mittlere Überlebenszeit nicht operierter atriale Dilatation, Ektasie der Arteria pulmonalis und
Patienten nach gestellter Diagnose ca. 2,5 Jahre. folglich zunehmenden Druck auf den N. recurrens),
gerötete Wangen (Facies mitralis), Zyanose, Müdig-
keit, Schwächegefühl, Zeichen der Rechtsherzinsuf-
1.10.4 Mitralstenose fizienz (gestaute Halsvenen, gestaute Venen unter der
Zunge, hepatojugulärer Reflux, periphere Ödeme, Hepa-
Definition. Angeborene oder erworbene Funktions- tomegalie, Aszites). Vorhofextrasystolen, paroxysmales
störung der Mitralklappe. Vorhofflattern oder -flimmern, systemische Embolie.

. Tab. 1.8. Öffnungsflächen der Mitralklappe

Stenosegrad Klappenöffnungsfläche Mittlerer diastolischer transvalvulärer


Druckgradient

Beim gesunden Patienten 4–6 cm2

Leichtgradige Mitralstenose 1,5–2,5 cm2 ≤5 mmHg

Mittelgradige Mitralstenose 1,5–1,0 cm2 6–14 mmHg


2
Hochgradige Mitralstenose <1,0 cm ≥15 mmHg
44 Kapitel 1 · Kardiologie

Diagnostik. Operative Verfahren: Kommissurotomie (reine


1 4 Auskultation: paukender 1. Herzton, Mitralöff- Stenose ohne wesentliche Verkalkung und Reope-
nungston, niederfrequentes diatolisches Decres- ration), perkutane Ballonkatheter-Valvulotomie
cendogeräusch mit Übergang in präsystolisches (Alternative zur Kommissurotomie – ungünstiger
Crescendogeräusch im Sinusrhythmus bei Verkalkung, auch als Notfallintervention und
4 EKG: zweigipflige P-Wellen (P-Mitrale), Vorhof- bei Gravidität)
flimmern, Zeichen der Rechtsherzhypertrophie
4 Thoraxröntgen: Verkalkung im Bereich der Mi-
tralklappen, linksatriale Vergrößerung, rechts- 1.10.5 Mitralklappenprolaps
seitige Dilatation, Zeichen der chronischen Lun-
genstauung, Kerley-B-Linien, evtl Kardiomegalie, Definition. Verdickte unregelmäßige Mitralklappen-
Pleuraerguss segel, die in das linke Atrium hineinragen.
4 Echokardiographie: verdickte, verkalkte Mitralse-
gel, Rechtsherzdilatation, atriale Thromben, abge- Atiopathogenese. Myxomatöse Veränderungen der
flachte oder aufgehobene frühdiastolische Schließ- Mitralsegel durch Kollagenvermehrung, mangelnde
bewegung der Segel Adaptation der Segel beim Schließen. Familiäre Häu-
4 Herzkatheter: simultane Messung des linken fung.
Ventrikels und Atriums, der pulmonalen Drücke,
Regurgitation, Ausschluss KHK Epidemiologie. Häufigste Klappenläsion, Prävalenz
ca. 5% der Bevölkerung.
Differenzialdiagnose. Cor triatriatum (Teilung des
linken Vorhofs durch kongenitale fibromuskuläre Symptomatik. Uncharakteristisch, Müdigkeit, Unruhe,
Membran), prominenter 1. Herzton bei Hyperthyreose, Angst, atypische Angina pectoris, Arrhythmie.
Anämie oder ventrikulären Extrasystolen.
Diagnostik.
Therapie. 4 Auskultation: mesosystolisches Click, bei Insuf-
4 Allgemeinmaßnahmen: Schonung, Kontrolle fizienz: Holo- oder Spätsystolikum
möglicher Progression, Endokarditisprophylaxe, 4 EKG: meist normal, evtl. Arrhythmie
salzarme Kost und Diuretika 4 Echokardiographie: myxomatöse Verdickung mit
4 Medikamentöse Therapie: β-Blocker zur Senkung systolischem Prolaps der Segel in den linken Vor-
der Diastolendauer, bei Vorhofflimmern Kalzi- hof
umantagonisten oder β-Blocker, pharmakologische
oder elektrische Kardioversion, Antikoagulation. Differenzialdiagnose. Funktionelle Herzbeschwerden,
Bei akutem Lungenödem Bettruhe, Flüssigkeits- KHK.
bilanzierung, Nitrate, Diuretika
4 Invasive Therapie: Operation bei Mitralklappens- Therapie. Bei Arrhythmie β-Blocker.
tenose, wenn Klappenöffnungsfläche <1,5 cm2.

In Kürze
Herzklappenfehler

Aortenklappen- 4 Symptomatik: oft beschwerdefrei, Ermüdbarkeit, Palpitationen, Pulsationen großer


insuffizienz Arterien, pulssynchrones Kopfnicken (Musset-Zeichen), sichtbarer Kapillarpuls (Quincke-
Zeichen«), thorakales Beklemmungsgefühl. Bei linksventrikulärer Funktionsstörung: Be-
lastungsdyspnoe, Orthopnoe, nächtliche Atemnot, pektanginöse Beschwerden möglich
4 Ätiologie: angeboren, erworben
4 Diagnostik: Klinik, Auskultation, EKG, Thoraxröntgen, Echokardiographie, Radio-
nukleotidventikulographie, Herzkatheter
4 Therapie: körperliche Schonung, Kontrolle möglicher Progression, Endokarditis-
6 prophylaxe, ACE-Hemmer, keine β-Blocker und Vasodilatoren, ggf. Operation
1.11 · Bradykarde Herzrhythmusstörungen
45 1

Aortenklappen- 4 Symptomatik: Belastungsdyspnoe (meist Erstsymptom), Leistungsknick, Ermüdbarkeit,


stenose Schwindel, Synkopen, Angina pectoris, Blässe. Ventrikuläre Arrhythmie, »sudden death«
als Todesursache
4 Ätiologie: angeboren, erworben, sub- und supravalvuläre Aortenstenose
4 Diagnostik: Auskultation, EKG, Thoraxröntgen, Echokardiographie, Herzkatheter
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen, Operation bei mittlerem Druckgradient >50 mmHg,
klappenöffnungsfläche <0,75 cm2, pektanginöse Beschwerden, Belastungsdyspnoe,
Schwindel, Synkope, linksventrikuläre Dysfunktion, progressive Ventrikeldilatation.
Verfahren: Rekonstruktion, operative Kommissurotomie, perkutane Ballonkatheter-
Valvotomie, Klappenersatz

Mitralinsuffizienz 4 Symptomatik: Dyspnoe, Müdigkeit, Palpitationen, Schwächegefühl, Hustenanfälle


(nachts), Rechtsherzinsuffizienz (Hepatomegalie, Aszites, periphere Ödeme),
Lungenödem, Vorhofflimmern (Emboliegefahr)
4 Ätiologie: angeboren, erworben
4 Diagnostik: Klinik, Auskultation, Palpitation, EKG, Thoraxröntgen, Echokardiographie,
Herzkatheter
4 Therapie: Schonung, Kontrolle der Progression, Endokarditisprophylaxe. Vasodilatatoren
wie ACE-Hemmer, Senkung des peripheren Widerstandes. Bei Herzinsuffizienz Kochsalz-
restriktion, Diuretika, ACE-Hemmer, β-Blocker. Operationsindikation bei zunehmender
Herzgröße, abnehmender linksventrikulärer Funktion. Verfahren : Mitralklappenrekons-
truktion oder Klappenersatz. Hochgradig akute Form: sofortige Operation, chronische
Form: Operation bei Symptombeginn (rezidivierende Synkopen)

Mitralstenose 4 Symptomatik: Dyspnoe, pulmonale Stauung mit Hustenreiz oder Hämoptoe, rezidi-
vierende respiratorische Infekte. Lungenödem, Facies mitralis, Zyanose, Müdigkeit,
Schwächegefühl, Rechtsherzinsuffizienz, Vorhofextrasystolen, paroxysmales Vorhoff-
flattern oder -flimmern, systemische Embolien
4 Ätiologie: angeboren, erworben
4 Diagnostik: Klinik, EKG, Thoraxröntgen, Echokardiographie, Herzkatheter
4 Therapie: Schonung, Kontrolle der Progression, Endokarditisprophylaxe, salzarme Kost
und Diuretika. β-Blocker, bei Vorhofflimmern Kalziumantagonisten oder β-Blocker,
pharmakologische oder elektrische Kardioversion, Antikoagulation. Bei akutem Lungen-
operation bei Mitralklappenstenose, wenn Klappenöffnungsfläche >1,5 cm2. Kommis-
surotomie, perkutane Ballonkatheter-Valvulotomie

Mitralklappen- 4 Symptomatik: uncharakteristisch, Müdigkeit, Unruhe, Angst, atypische Angina pectoris,


prolaps Arrhythmie
4 Ätiologie: myxomatöse Veränderungen der Mitralsegel durch Kollagenvermehrung, man-
gelnde Adaption der Segel beim Schließen, familiäre Häufung
4 Diagnostik: Auskultation, EKG, Echokardiographie
4 Therapie: bei Arrhythmie β-Blocker

1.11 Bradykarde Herzrhythmus- Therapie. Akuttherapie bei bradykarden Herzrhyth-


störungen musstörungen:
4 Vagolytika (Atropin, Ipratropium)
Definition. Herzrhythmusstörungen mit temporär 4 Sympathomimetika (Orciprenalin, Isoprotere-
oder permanent abnorm verminderter Frequenz. nol)
4 Passagere oder dauerhafte Schrittmacherimplan-
> Bradykardie <60 Schläge/min. tation
46 Kapitel 1 · Kardiologie

1 . Tab. 1.9. Schrittmacherkode

1. Buchstabe 2. Buchstabe 3. Buchstabe 4. Buchstabe 5. Buchstabe

Ort der Stimulation Ort der Wahr- Arbeitsweise Programmierbarkeit Tachyarrhythmie-


nehmung funktion

V = Ventrikel V = Ventrikel I = Inhibiton P = bis 2 Funktionen O = keine Funktion


A = Atrium A = Atrium T = Triggerung M = 3 oder mehr M = Burst
D = Atrium + D = Atrium + D = Inhibition und Funktionen S = Elektroschock
Ventrikel Ventrikel Triggerung R = frequenzadaptiv
O = keine Wahr- O = keine Steuerung O = nicht program-
nehmung mierbar

QRS-Komplex, Bedarfsschrittmacher, häufigster


Indikation zur Schrittmacherimplantation Schrittmacher
(. Tab. 1.9) 4 AAI-Schrittmacher: rechtsatriale Elektrode (AAI),
4 Sinusknotendysfunktion Inhibition der Stimulation bei eigenen Impulsen,
4 AV-Blockierung AAI-Stimulation bei Sinusknotenstörungen mit
4 Bi- und trifaszikuläre Blockierung bei AV-Block intakten atriventrikulären Überleitungen
4 Hypersensitives Karotissinussyndrom vom 4 Frequenzadaptierte Stimulation: DDD- oder VDD-
vasodepressorischen Typ Schrittmacher
4 Sequenzielle Stimulation: zwei Elektroden (Vor-
hof und Ventrikel), zweithäufigster Schrittmacher
Schrittmachersysteme: (. Abb. 1.11)
4 Einkammersysteme: eine Elektrode, Stimulation
im Vorhof (AAI) oder im Ventrikel (VVI) Schrittmachersyndrom
4 VVI-Schrittmacher: rechtventrikuläre Elektrode Bei 5% der Schrittmacherpatienten auftretend, meist
(VVI), Inhibition der Stimulation bei eigenem bei VVI- und VVIR-Schrittmachern, auch bei AAIR- und
6

. Abb. 1.11. Röntgenthorax (p.a. und lateral) einer 72-jähri- de, 2 Pfeile: Ventrikelelektrode) mit Sick-Sinus-Syndrom und
gen Patientin mit DDD-Schrittmacher (1 Pfeil: Vorhofelektro- Synkope. (Aus Piper 2007)
1.11 · Bradykarde Herzrhythmusstörungen
47 1

DDD-Stimulation. Typisch sind Palpitationen, Wahrneh- Ursachen:


mung der Pulsschläge im Hals, Schwindel, Präsynkope, 4 Physiologisch: Sinustachykardie bei Belastung,
Beklemmungsgefühl, Angst, Dyspnoe, Leistungsschwäche. parasympathische Aktivitätserhöhung
Die Therapie richtet sich nach vorliegender Rhythmus- 4 Pharmakologisch: Digitalis, β-Blocker, Kalzium-
störung (Umprogrammierung des bestehenden Systems antagonisten
oder Neu-Implantation, Lagekorrektur der Sonde). 4 Entzündlich: Myokarditis, rheumatische Erkran-
kungen, Fibrosierung
4 Degenerativ: Leitungssystem betreffend wie Lev-
1.11.1 Sick-Sinus-Syndrom Krankheit (Lenègre-Krankheit: sklerotisch-dege-
nerative Veränderungen am Erregungsleitungs-
Synonym. Sinusknotensyndrom. system ohne nachweisbare Beteiligung von Koronar-
arterien und Myokard), KHK, Kardiomyopathie
Definition. Rhythmusstörungen bei Störung oder Blo- 4 Durchblutungsstörung: Versorgungsgefäße der er-
ckade der Erregungsbildung im Sinusknoten und der regungsbildenden Strukturen
Erregungsleitung im Vorhof: 4 Andere: Kollagenablagerung im Bereich des Sinus-
4 Persistierende Sinusbradykardie knotens und Vorhofs, Störungen des Nervensys-
4 Intermittierender Sinusarrest oder SA-Block tems, Elektrolytentgleisungen; angeborene Störung
4 Tachykardie-Bradykardie-Syndrom
Unterschieden wird: AV-Block I. Grades (meist keine
Ätiopathogenese. 50% ohne begleitende Herzerkran- Symptome), AV-Block II. Grades, AV-Block III. Grades
kung, mögliche Ursachen sind KHK, Kardiomyopathie, (. Abb. 1.12).
Fibrosierung, Kollagenablagerung im Bereich des
Sinusknotens und Atrium sowie Störungen des Ner- Symptomatik. Frequenzabhängige Beschwerden, von
vensystems, Pharmaka, Elektrolytentgleisungen. asymptomatisch bis Schwindel, Präsynkope, Synkope.

Symptomatik. Palpitationen, Schwindel, Synkope (aus- Diagnostik. EKG.


geprägte Sinusbradykardien in Ruhe, fehlende Fre-
quenzsteigerung bei Belastung oder zu lange Pausen EKG-Veränderungen bei atrioventrikulären Leitungs-
beim Wechsel zwischen Bradykardie und Tachykardie), störungen
Angina pectoris, Herzinsuffizienz. 4 AV-Block I: Verlängerung PQ-Zeit >0,20 s, Weiter-
leitung aller Impulse aus dem Sinusknoten, reguläre
Diagnostik. Klinische Diagnose. Anamnese, Langzeit- übergeleitete P-Wellen
EKG, Atropintest (Herzfrequenzsteigerung) und 4 AV-Block II: Verlängerung PQ-Zeit, teilweise blockier-
Schrittmacherimplantation, bei Tachykardie-Brady- te Überleitungen, gelegentlich fehlende QRS-Kom-
kardie-Syndrom Schrittmacherimplantation mit anti- plexe, nicht alle P-Wellen werden regulär überge-
arrhythmischer Therapie. leitet
5 Typ Wenkebach: PQ-Zeit verlängert sich mit jedem
Sinuatriale Leitungsstörungen Herzschlag bis Kammerkomplex ausfällt
Leitungsstörungen im Sinusknoten und Vorhof bei Sick- 5 Typ Mobitz: PQ-Zeit konstant, meist normal, nur
Sinus-Syndom, Digitalisintoxikation, Überdosierung von jede zweite oder dritte Erregung wird auf die Kam-
Antiarrhythmika, Myokarditis, KHK oder Myokardinfarkt: mern übertragen (meist subnodale Störung)
SA-Block I., II. und III. Grades. Typisch sind Palpitationen, – 2:1-Block:Weiterleitung 1 Sinusknotenerregung
Schwindel, Synkope. Zur Diagnostik wird ein (Langzeit)- von 2
EKG herangezogen. Die Therapie beruht auf Schrittmacher- – 3:1-Block:Weiterleitung 1 Sinusknotenerregung
implantation, Überprüfen der medikamentösen Therapie. von 3
4 AV-Block III: komplette Unterbrechung der Erregungs-
leitung vom Vorhof auf den Ventrikel, getrennte Vor-
1.11.2 Atrioventrikuläre Leitungsstörungen hof- und Kammeraktion

Definition. Überleitungsstörung im AV-Knoten. Therapie. Dosisreduktion von Digitalis, Antiarrhyth-


mika oder β-Blocker, Schrittmacherimplantation (bei
Ätiopathogenese. 50% ohne begleitende Herzerkran- Typ Mobitz, Grad III nach Ausschluss anderer Ursa-
kung. chen).
48 Kapitel 1 · Kardiologie

1 – Inkomplett: QRS ≤0,10 s. Bei Kindern und


Jugendlichen, Sportlern, Vagotonus, Trich-
terbrust
4 Linksschenkelblock: Verzögerung der Er-
regungsausbreitung im linken Tawara-
Schenkel. Normale Erregung des rechten
Ventrikels, verzögerte Erregung des linken
Ventrikels
– Komplett: QRS >0,11 s, linkspräkordiale
Repolarisationsstörung. Nach Infarkt, bei
dilatativer Kardiomyopathie
– Inkomplett: QRS-Zeit 0,10–0,11 s
4 Linksanteriorer Hemiblock: verzögerte
oder unterbrochene Erregungsleitung des
anterioren Faszikels. Bei KHK, Kardiomyo-
pathie, typisch für Vorhofseptumdefekt.
QRS-Dauer <0,11 s
4 Linksposteriorer Hemiblock: verzögerte
oder unterbrochene Erregungsleitung
. Abb. 1.12a–d. AV-Leitungsstörungen. a AV-Block I. Grades des linksposterioren Faszikels. Differenzial-
(PQ konstant verlängert), b AV-Block II. Grades Typ I (Wenke- diagnose: Rechtsherzbelastung. QRS-Dauer
bach-Periodik), c AV-Block II. Grades Typ II, d AV-Block III. Gra- <0,11 s
des (totaler Block). (Aus Piper 2007)
4 Bifaszikulärer Block: Kombination eines
Rechtsschenkelblocks mit einem linksanterio-
ren bzw. linksposterioren Hemiblock
1.11.3 Intraventrikuläre Blockierungen 4 Trifaszikulärer Block: kompletter Ausfall aller
ventrikulärer Leitungsbahnen
Definition. Erregungsausbreitungsstörung im intra-
ventrikulären System, vorübergehende Unterbrechung
der Erregungsleitung und komplette Blockierung. Symptomatik. Schwindel, Palpitationen, Synkope.

Ätiopathogenese. Ursachen sind meist: Diagnostik. Ruhe- und Langzeit-EKG


4 KHK
4 Myokardinfarkt Therapie. Therapie der Grunderkrankung. Engma-
4 Myokarditis schige Kontrolle.
4 Kardiomyopathien
4 Rechtsherzbelastung
Indikationen zur Schrittmacherimplantation
4 Absolut: trifaszikulärer Block, bifaszikulärer
Formen der intraventrikulären Blockierung Block mit AV-Block II. Grades Typ Mobitz
4 Rechtsschenkelblock: verzögerte oder unter- oder Wenkebach, bradykardiebedingte Be-
brochene Erregungsleitung im rechten Tawara- schwerden
Schenkel. Normale Erregung der linken Kam- 4 Relativ: symptomatische bifaszikuläre Blockie-
mer, verzögerte Erregung der rechten Kammer rungen
– Komplett: QRS >0,12 s, rechtspräkordiale 4 Keine Indikation: asymptomatische Patienten
Repolarisationsstörung. Nach Infarkt, bei mit einem oder bifaszikulärem Block mit oder
Kardiomyopathien, chronischem Cor pulmo- ohne Nachweis eines AV-Blocks I. Grades oder
nale oder Rechtsherzbelastung II. Grades
6
1.11 · Bradykarde Herzrhythmusstörungen
49 1

In Kürze
Bradykarde Herzrhythmusstörungen

Sick-Sinus-Syndrom 4 Symptomatik: Palpitationen, Schwindel, Synkope (ausgeprägte Sinusbradykardien


in Ruhe, fehlende Frequenzsteigerung bei Belastung oder zu lange Pausen beim
Wechsel zwischen Bradykardie und Tachykardie), Angina pectoris, Herzinsuffizienz
4 Ätiologie: 50% ohne begleitende Herzerkrankung, mögliche Ursachen sind KHK,
Kardiomyopathie, Fibrosierung, Kollagenablagerung im Bereich des Sinusknotens
und Atrium sowie Störungen des Nervensystems, Pharmaka, Elektrolytentgleisungen
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Langzeit-EKG, Atropintest, EPU
4 Therapie: Schrittmacherimplantation, bei Tachykardie-Bradykardie-Syndrom Schritt-
macherimplantation mit antiarrhythmischer Therapie

Intraventrikuläre 4 Symptomatik: Schwindel, Palpitationen, Synkope


Blockierungen 4 Ätiologie: KHK, Myokardinfarkt, Myokarditis, Kardiomyopathien, Rechtsherzbelas-
tung
– Bifaszikulärer Block: Kombination eines Rechtsschenkelblocks mit linksanteriorem
bzw. linksposteriorem Hemiblock
– Trifaszikuläre Block: kompletter Ausfall aller ventrikulären Leitungsbahnen
4 Diagnostik: Ruhe- und Langzeit-EKG
4 Therapie: Therapie der Grunderkrankung, Schrittmacherimplantation:
– Absolute Indikation: trifaszikulärer Block, bifaszikulärer Block mit AV-Block
II. Grades Typ Mobitz oder Wenkebach, bradykardiebedingte Beschwerden
– Relative Indikation: symptomatische bifaszikuläre Blockierungen
– Keine Indikation: asymptomatische Patienten mit einem oder bifaszikulärem
Block mit oder ohne Nachweis eines AV-Blockes I. Grades oder II. Grades

4 Rechtsschenkel- 4 Symptomatik: Schwindel, Palpitationen, Synkope


block 4 Ätiologie: verzögerte oder unterbrochene Erregungsleitung im rechten Tawara-
Schenkel; normale Erregung der linken Kammer, verzögerte der rechten
4 Komplett: QRS >0,12s, rechtspräkordiale Repolarisationsstörung. Nach Infarkt,
bei Kardiomyopathien, chronischem Cor pulmonale oder Rechtsherzbelastung.
4 Inkomplett: QRS ≤0,10 s; bei Kindern, Jugendlichen, Sportlern, Vagotonus, Trichter-
brust
4 Diagnostik: Ruhe- und Langzeit-EKG
4 Therapie: Therapie der Grunderkrankung

4 Linksschenkel- 4 Symptomatik: Schwindel, Palpitationen, Synkope


block 4 Ätiologie: Verzögerung der Erregungsausbreitung im linken Tawara-Schenkel.
Normale Erregung der rechten Kammer, verzögerte der linken
– Komplett: QRS >0,11 s, links präkordiale Repolarisationsstörung; nach Infarkt, bei
dilatativer Kardiomyopathie
– Inkomplett: QRS 0,10–0,11 s.
– Linksanteriorer Hemiblock: Verzögerte oder unterbrochene Erregungsleitung des
linksposterioren Faszikels.
4 Diagnostik: Ruhe- und Langzeit-EKG
4 Therapie: Therapie der Grunderkrankung
50 Kapitel 1 · Kardiologie

1.12.1 Supraventrikuläre Rhythmus-


1 störungen
a d

Supraventrikuläre Rhythmusstörungen
4 Sinustachykardie
b e 4 Vorhofflattern
4 Vorhofflimmern
4 Atriale Tachykardie
4 AV-Knoten-Tachykardie
c f 4 Präexzitationssyndrome (WPW-, Mahaim-
Bündel-, James-Bündel-, Lown-Ganong-
Levine-Syndrom)
. Abb. 1.13a–f. Tachykarde Herzrhythmusstörungen. a Su-
praventrikuläre paroxysmale Tachykardie, b Vorhofflattern,
Vorhofflimmern, c Vorhofflimmern, d ventrikuläre Tachykar-
1.12.1.1 Vorhofflattern
die, e Kammerflattern, f Kammerflimmern. (Aus Piper 2007)
Definition. Herzfrequenz von 250–450 Schläge/min
(. Abb. 1.14).

1.12 Tachykarde Herzrhythmus- Ätiopathogenese. Kreisende Erregung im Vorhof


störungen (Makro-Reentry) mit Wechsel in Erregungsausbreitung
und -rückbildung.
Definition. Herzrhythmusstörungen (. Tab. 1.10, . Abb.
1.13) mit temporär oder permanent abnorm erhöhter Ursachen:
Frequenz. 4 KHK
4 Akuter Myokardinfarkt
> Tachykardie: >100 Schläge/min. 4 Digitalisintoxikation
4 Mitral- oder Trikuspidalklappenfehler
Therapie. 4 Hyperthyreose
4 Antiarrhythmika 4 Myo- oder Perikarditis
4 Automatischer implantierbarer Defibrillator
! Cave
(AICD)
Wegen der möglichen Überleitung auf die Kammer
4 Schrittmacher
von 1:1 gilt Vorhofflattern als potenziell lebensge-
4 Externe Elektrokardioversion und Defibrillation:
fährlich.
bei supraventrikulärer und ventrikulärer Tachy-
kardien mit kardiogenem Schock, Kammerflattern Unterschieden werden:
und -flimmern 4 Typ I: gewöhnlicher, klassischer Typ, »commom-
4 Elektroablation: Elektrokoagulation von Lei- type«
tungsbahnen oder arrhythmogener Herde im 5 Negative Flatterwellen, Herzfrequenz 230–340
Myokard Schläge/min
4 Invasive Therapie: Durchtrennung zusätzlicher 5 Am besten in den Ableitungen II, III und aVF
Bahnen, Exzision ventrikulärer tachykarder Herde 5 Beendigung durch Überstimulation möglich

. Tab. 1.10. Tachykardien

Schmaler QRS-Komplex Breiter QRS-Komplex

4 Sinustachykardie 4 Ventrikuläre Tachykardie


4 Vorhofflimmern 4 Supraventrikuläre Tachykardie mit Schenkelblock
4 Vorhofflattern 4 WPW-Syndrom mit antidromer Leitung
4 Paroxysmale Tachykardien bei AV-Knoten-Reentry
und WPW-Syndrom mit orthodromer Leitung
1.12 · Tachykarde Herzrhythmusstörungen
51 1

. Abb. 1.14. Typisches Vorhofflattern mit negativen sägezahnartigen P-Zacken in den Ableitungen II, III, aVF und positiver
P-Zacke in V1. (Aus Piper 2007)

4 Typ II: ungewöhnlicher Typ, »uncommon type« Therapie. Medikamentöse Therapie senkt meist nur
5 Positive Flatterwellen, Herzfrequenz 350–450 die Frequenz mit konsekutiver Senkung der ven-
Schläge/min trikulären Frequenz. Elektrische Kardioversion be-
5 Beendigung durch Überstimulation manchmal vorzugt. Falls eine Kardioversion nicht erfolgreich
möglich ist, kann mit Digitalis, Verapamil oder β-Blocker eine
Normofrequenz zur Frequenzkontrolle angestrebt
Symptomatik. Abhängig von Frequenz, Kammertätig- werden.
keit und linksventrikulärer Pumpfunktion, oft Über-
gang von Flattern in Flimmern. 1.12.1.2 Vorhofflimmern
Definition. Herzfrequenz >300 Schläge/min (. Abb.
Diagnostik. EKG (typische Flatterwellen – Sägezahn- 1.15).
muster), TEE (Ausschluss atrialer Thromben).

. Abb. 1.15. Tachykardes Vorhofflimmern. (Aus Piper 2007)


52 Kapitel 1 · Kardiologie

Ätiopathogenese. Multiple kreisende Erregungen. Ätiopathogenese. Angeborene Fehlbildung oder bei


1 Herzerkrankungen wie Mitralklappenprolaps oder
Ursachen: Hyperthyreose. Erregungskreisläufe, in denen die Er-
4 idiopathisch regung zirkuliert (Reentry).
4 toxisch (Alkoholexzess)
4 Mitral- oder Aortenklappenfehler Symptomatik. Plötzlich einsetzende Tachykardie mit
4 Hyperthyreose Herzfrequenz 140–180 Schläge/min, Angst, Unruhe,
4 KHK Schweißausbrüche, körperliche Schwächezustände,
4 Kardiomyopathie Palpitationen, Schwindel oder Präsynkopen. Sympto-
4 Arterielle Hypertonie matik kann von Minuten bis Tage anhalten.
4 »Holiday-heart«-Syndrom (alkoholtoxisch)
Diagnostik. EKG: Bei der typischen Form ist die retro-
Unterschieden werden intermittierendes (paroxys- grad erregte P-Welle im QRS-Komlex versteckt. Bei
males) und chronisch-permanentes Vorhofflimmern. der seltenen Form findet man eine schnelle antegrade
Unregelmäßige Überleitung in den Ventrikel mit abso- und langsame retrograde Erregung, wobei die retro-
luter Kammerarrhythmie (Tachyarrhythmia absoluta, grade P-Welle (negativ in I und II) kurz vor dem QRS-
100–150 Schläge/min). Komplex zu finden ist.

Epidemiologie. Prävalenz 0,4% in der Gesamtbevöl- Therapie.


kerung, häufigste Rhythmusstörung im Erwachsenen- 4 Akut: vagale Manöver, Adenosin, Digitalis, Verapa-
alter mil, elektrische transvenöse Überstimulation
4 Rezidivprophylaxe: Digitalis, Kalziumantagonis-
Symptomatik. Palpitation, Schwindel, Synkopen, Ab- ten, β-Blocker bei häufigen Rezidiven. Modulation
fall des Herzzeitvolumens um 25%. des AV-Knotens mittels Hochfrequenzablation bei
therapierefraktären Tachykardien
! Cave
Gefahr der Thromboembolie aufgrund Vorhof- 1.12.1.4 AV-Knoten-Reentry-Tachykardie
thrombenbildung. bei Präexzitationssyndrom
Definition. Erregung des AV-Knoten wird umgangen
Diagnostik. mit akzessorischer Erregungsbahn zwischen Vorhof
4 EKG: unregelmäßige Kammeraktion (absolute und Ventrikel (Kent-Bündel), meist als WPW-Syndrom
Arrhythmie), meist nicht verbreiterte oder defor- (Wolff-Parkinson-White-Syndrom).
mierte QRS-Komplexe, fehlende P-Wellen
4 Echokardiographie: ggf. Vorhofthromben, zu- Ätiopathogenese. Kongenitale Anomalie. Bei norma-
nehmende linksventrikuläre Größe ler Erregung gelangt die Erregung zum Ventrikel über
die akzessorische Bahn schneller, Folge ist eine ver-
Therapie. Medikamentöse oder elektrische Kardio- frühte Ventrikelerregung. Gehäuftes Vorkommen bei
version in den Sinusrhythmus (Rhythmuskontrolle), M. Ebstein (seltene form der Angiokardiopathie mit
Senkung der ventrikulären Frequenz mit Digoxin, Verlagerung von Trikuspidalsegel in den rechten Ven-
Kalziumantagonisten oder β-Blocker (Frequenzkon- trikel), hypertrophischer Kardiomyopathie und Mi-
trolle), Antikoagulationstherapie bei permanentem tralklappenprolaps-Syndrom.
Vorhofflimmern, bei therapierefraktärem Vorhofflim- AV-Knoten-Reentry-Tachykardie: antegrade Lei-
mern Ablation des AV-Knotens mit Schrittmacher- tung über den AV-Knoten, normaler QRS-Komplex,
implantation, AV-Knoten-Modulation zur Reduktion retrograde Erregung des Vorhofs über die akzessorische
der AV-Überleitungszeit. Leitungsbahn (retrograde P-Welle), schmaler QRS-
Komplex. Häufigste Tachykardie bei WPW-Syndrom
1.12.1.3 Paroxysmale supraventrikuläre (orthodrome Form). Bei der antidromen Form erfolgt
Tachykardie die Erregung antegrad über die akzessorische Bahn und
Synonym. AV-Knoten-Reentry-Tachykardie. retrograd über den AV-Knoten.

Definition. Herzfrequenz 140–180/min. Tachykardie Symptomatik. Herzjagen, Palpitationen, Synkopen,


aufgrund kreisender Erregungskreisläufe mit langsamen selten Vorhofflimmern mit Überleitung auf die Ven-
anterograden und schnellen retrograden Erregungen. trikel
1.12 · Tachykarde Herzrhythmusstörungen
53 1

Diagnostik. 1.12.2 Herz-Kreislauf-Stillstand


4 EKG: Kurze PQ-Zeit ≤0,12 s, (Präexzitation, Ante-
systolie, δ-Welle, Verbreiterung des QRS-Kom- Definition. Hyperdynamer Herzstillstand aufgrund
plexes, ST-Veränderungen, Tachykardie) Kammerflimmern oder -flattern und pulslose ventri-
4 Ruhe-EKG, Langzeit-EKG kuläre Tachykardie bzw. hypodynamer Herzstillstand
aufgrund Asystolie und pulsloser elektromechanische
Therapie. Entkopplung.
4 Akuttherapie: vagale Maßnahmen (Valsalva, Press-
druckversuch oder Karotismassage), medikamen- Ätiopathogenese. Kardial (KHK, Kardiomyopathie,
töse Therapie mit Ajmalin/Flecainid/Propafenon, hypertensive Herzkrankheit, Vitien, Elektrolytstörung),
elektrische Kardioversion hämodynamisch (Schock, Lungenembolie), respirato-
4 Rezidivprophylaxe: zur AV-Reentry-Tachykar- risch (Atemwegsverlegung, Aspiration, zentrale Atem-
die oder Vorhofflimmern: Antiarrhythmika der störung, Vergiftungen, Ertrinken, Ersticken) oder ter-
Klasse Ic oder Ia minales Stadium.
4 Katheterablation bei therapierefraktären Patien-
ten, bei intolerablen Nebenwirkungen, bei Patien- Symptomatik. Bewusstlosigkeit, Atemstillstand und
ten mit Kinderwunsch, bei Gefahr des sudden Kreislaufstillstand.
death, bei hochfrequenter Tachykardie mit hämo- > Patient zeigt keine Reaktion auf Ansprechen, keine Atem-
dynamischer Einschränkung bewegungen, es ist kein tastbarer Puls vorhanden.

! Cave Therapie. Kardiopulmonale Reanimation:


Digitalis, Verapamil oder Adenosin sind bei WPW-Syn- 4 Basic Life Support
drom und Vorhofflimmern wegen der Gefahr der Zu- 5 A: Atemwege freimachen und freihalten
nahme der ventrikulären Frequenz über beschleunig- 5 B: Beatmen
te Erregung der akzessorischen Bahn kontraindiziert. 5 C: Circulation
4 Advanced Life Support
Lown-Ganong-Levina-Syndrom (LGL) 5 EKG, Elektrotherapie
Erregung des AV-Knoten wird umgangen mit Mahaim-Bün- 5 Drugs
del (akzessorische Erregungsbahn zwischen Vorhof und 4 Weitere Therapiemaßnahmen: Defibrillation/Herz-
Ventrikel) mit normaler PQ-Zeit und positiver (Typ A) oder druckmassage, medikamentöse Therapie, Schritt-
negativer (Typ B) δ-Welle. Typisch sind Herzjagen, Palpita- machertherapie
tionen, Synkopen, seltener Vorhofflimmern mit Überlei- > Komplikationen der Reanimation sind Frakturen der
tung auf die Ventrikel. Das LGL beruht auf einer schnellen Rippen, des Sternums, Verletzungen von Milz, Leber,
antegraden Erregungsleitung über den AV-Knoten mit ge- Magen, Aorten- und Herzruptur, Perikarderguss.
ringer Leitungsverzögerung und der Gefahr der schnellen
Überleitung hoher Frequenzen auf die Ventrikel. 1.12.2.1 Sudden cardiac death
Synonym. Plötzlicher Herztod, Sekundenherztod.
1.12.1.5 Kammerflimmern
Definition. Herzfrequenz >250 Schläge/min. Ätiopathogenese. Multifaktorielles Geschehen. Bei
80% der Fälle liegt eine Tachykardie als Ursache vor.
Ätiopathogenese. Chaotische Erregung des Herzens, Risikofaktoren sind:
in der regelrechte Impulse nicht mehr zu unterschei- 4 Linksventrikuläre Funktionseinschränkung (EF
den sind. Patienten haben meist kardiale Vorerkran- <30%)
kungen. 4 Höhergradige ventrikuläre Rhythmusstörungen
4 Verminderte Herzfrequenzvarabilität
Symptomatik. Synkope. 4 Zustand nach Reanimation nach Kammerflimmern

Diagnostik. EKG: deformierter QRS-Komplex mit Symptomatik. Kammerflimmern, akute Ischämie, Myo-
unterschiedlicher Morphologie (polymorph). kardinfarkt, Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie,
Hypomagnesiämie.
Therapie. Ohne sofortige Defibrillation und Reani-
mation versterben die Patienten an Herz-Kreislauf- Therapie. ICD-Schrittmacher, medikamentöse Thera-
Versagen. AICD bei Überleben. pie mit β-Blockern oder Amiodaron.
54 Kapitel 1 · Kardiologie

In Kürze
1
Tachykarde Herzrhythmusstörungen

Vorhofflattern 4 Symptomatik: abhängig von Frequenz, Kammertätigkeit, linksventrikulärer Pump-


funktion
4 Ätiologie: kreisende Erregung im Vorhof bei KHK, Myokardinfarkt, Digitalisintoxika-
tion, Mitral- oder Trikuspidalklappenfehler, Hyperthyreose, Myokarditis, Perikarditis
4 Diagnostik: EKG, TEE
4 Therapie: elektrische Kardioversion, falls erfolglos Digitalis, Verapamil oder β-Blocker

Vorhofflimmern 4 Symptomatik: Palpitationen, Schwindel, Synkope, Abfall des Herzteilvolumens um 25%


4 Ätiologie: multiple kreisende Erregungen, meist idiopathisch, toxisch (Alkohol-
exzess), Mitral- oder Aortenklappenfehler, Hyperthyreose, KHK, Kardiomyopathie,
arterielle Hypertonie, «Holiday-heart«-Syndrom
4 Diagnostik: EKG, Echokardiographie
4 Therapie: medikamentöse oder elektrische Kardioversion (Rhythmuskontrolle),
Senkung der ventrikulären Frequenz mit Digoxin, Kalziumantagonisten oder
β-Blockern (Frequenzkontrolle), Antikoagulationstherapie bei permanentem Vor-
hofflimmern, falls therapierefraktär Ablation des AV-Knotens, Schrittmacherimplan-
tation, AV-Knoten-Modulation zur Reduktion der AV-Überleitungszeit

Paroxysmale 4 Symptomatik: akut einsetzende Tachykardie (140–180 Schläge/min), Angst, Unruhe,


supraventrikuläre Schweißausbruch, Schwäche, Palpitationen, Schwindel, Präsynkopen. Symptomatik
Tachykardie Minuten bis Tage anhaltend
4 Ätiologie: angeborene Fehlbildung, bei Mitralklappenprolaps oder Hyperthyreose.
Erregungskreisläufe, in denen die Erregung zirkuliert (Reentry)
4 Diagnostik: EKG
4 Therapie:
– akut: vagale Manöver, Adenosin, Digitalis, Verapamil, elektrische transvenöse
Überstimulation.
– Rezidivprophylaxe: Digitalis, Kalziumantagonisten, β-Blocker bei häufigen Rezidiven;
Modulation des AV-Knotens mittels Hochfrequenzablation bei therapierefraktären
Tachykardien

AV-Knoten-Reentry- 4 Symptomatik: Herzjagen, Palpitationen, Synkopen, selten Vorhofflimmern mit Über-


Tachykardie bei leitung auf die Ventrikel
Präexzitations- 4 Ätiologie: kongenitale Anomalie, verfrühte Kammererregung. Bei M. Ebstein, hyper-
syndrom trophischer Kardiomyopathie, Mitralklappenprolaps-Syndrom
4 Diagnostik: Ruhe-/Langzeit-EKG
4 Therapie:
– Akut: vagale Maßnahmen (Valsalva, Pressdruckversuch, Karotismassage), Ajmalin,
Flecainid, Propafenon, elektrische Kardioversion
– Rezidivprophylaxe: zur AV-Reentry-Tachykardie oder Vorhofflimmern Antiarrhythmi-
ka der Klasse Ic, Ia. Katheterablation bei therapierefraktären Patienten, intolerab-
len Nebenwirkungen, Kinderwunsch, Gefahr des »sudden death«, hochfrequenter
Tachykardie mit hämodynamischer Einschränkung

Kammerflimmern 4 Symptomatik: Synkope


4 Ätiologie: chaotische Erregung des Herzens, keine regelrechten Impulse, meist bei
kardialen Vorerkrankungen
4 Diagnostik: EKG
6 4 Therapie: sofortige Defibrillation, Reanimation
1.12 · Tachykarde Herzrhythmusstörungen
55 1

Herz-Kreislauf- 4 Symptomatik: Bewusstlosigkeit, Atemstillstand, Kreislaufstillstand


Stillstand 4 Ätiologie: kardial (KHK, Kardiomyopathie, hypertensive Herzkrankheit, Vitien,
Elektrolytstörungen), hämodynamsich (Schock, Lungenembolie), respiratorische
(Atemwegsverlegung, Aspiration, zentrale Atemstörung, Vergiftungen, Ertrinken,
Ersticken), terminales Stadium
4 Therapie: kardiopulmonale Reanimation:
– Basic life Support
– A: Atemwege freimachen und freihalten
– B: Beatmen
– C: Circulation
– Advanced Life Support
– EKG, Elektrotherapie
– Drugs
– Des Weiteren: Defibrillation/Herzdruckmassage, medikamentöse Therapie,
Schrittmachertherapie

»sudden cardiac 4 Symptomatik: Kammerflimmern, akute Ischämie, Myokardinfarkt, Elektrolyt-


death« (plötzlicher störungen (Hypokaliämie, Hypomagnesiämie)
Herztod) 4 Ätiologie: multifaktorielles Geschehen, in 80% Tachykardie
4 Diagnostik: EKG
4 Therapie: ICD-Schrittmacher, β-Blocker, Amiodaron
2 Angiologie
S. Barreiro Cotón, K.-P.Schaps

2.1 Erkrankungen arterieller Gefäße –58


2.1.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik, Therapie –58
2.1.2 Atherosklerose –58
2.1.3 Arterielle Embolie und Thrombose –63
2.1.4 Vaskulitiden –63
2.1.5 Raynaud-Phänomen –67

2.2 Erkrankungen venöser Gefäße –68


2.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –68
2.2.2 Varikosis –69
2.2.3 Thrombophlebitis –70
2.2.4 Phlebothrombose –71
2.2.5 Postthrombotisches Syndrom, chronisch-venöse Insuffizienz –73
2.2.6 Ulcus cruris venosum –74

2.3 Erkrankungen lymphatischer Gefäße –76


2.3.1 Unspezifische Lymphangitis –76
2.3.2 Lymphödem –76
2.3.3 Tumoren –78
58 Kapitel 2 · Angiologie

2.1 Erkrankungen arterieller Gefäße komprimieren und Faustschluss beobachten. Die erkrankte
Seite blasst stärker ab. Nach Lösen der Kompression folgt
2.1.1 Anamnese, klinische Untersuchung, die reaktive Hyperämie beim Gesunden fast schlagartig.
Diagnostik, Therapie
2 Bei Obliteration der Unterarm-, Mittelhand-, und Digital
arterien ist sie verzögert.
2.1.1.1 Anamnese
Gefragt wird nach: Weitere Untersuchungsmöglichkeiten sind Oszillo-
4 Risikofaktoren: Rauchen, Hyperlipidämie, Hyper- graphie, Volumenplethysmographie, Ultraschall-Dop-
cholesterinämie pler-Druckmessung, Duplexsonographie, Venenver-
4 Art der Beschwerden: Schmerz, Taubheitsgefühl schlussplethysmographie, Arteriographie, Magnetre-
4 Auslöser sonanztomographie, Spiral-CT, Gefäßbiopsie.
4 Beschwerdedauer
2.1.1.3 Therapie
2.1.1.2 Körperli che Untersuchung, Diagnostik 4 Medikamentöse Therapie: Thrombozytenfunk-
4 Inspektion: tionshemmer, Cumarine, Fibrinolytika, defribinie-
5 Haut: blass (AVK), livide (Prästase der Kapil- rende Substanzen, Antibiotika
laren), zyanotisch, gerötet, braunpigmentiert, 4 Physikalische Therapie: Bewegungstherapie, Elek-
zirkumskriptive oder großflächige, scharf oder trotherapie, Thermo- und Hydrotherapie, Massage
unscharf begrenzte, marmorierte oder homo- 4 Angioplastische Verfahren: PTA, rekonstruktive
gen verfärbte Veränderungen Gefäßchirurgie
5 Ödem: generalisiert, lokal (hypoxische Kapil-
larschädigung, entzündlich)
5 Nekrose, Gangrän: Ausdehnung, Keimbesied- 2.1.2 Atherosklerose
lung
4 Hauttemperatur: Seitenvergleich von proximal Definition. Proliferativer Prozess der Gefäßwandzellen
nach distal mit Plaquebildung und der Gefahr eines thrombo-
4 Pulstastung embolischen Verschlusses. Atherosklerose tritt lokal
4 Gefäßauskultation: arterielle Gefäßgeräusche bei auf und kann progredient generalisieren.
Wandunebenheiten, Gefäßweitenunterschiede zwi-
schen Stenosen und poststenotischen Dilatationen, Ätiopathogenese. Endothelveränderungen und PDGF
Seitenvergleich (Bulbus, A. carotis, A. subclavia, A. (»platelet derived growth factor«) stimulieren die
axillaris, A. renalis, Aorta, A. femoralis, A. poplitea) Proliferation glatter Muskelzellen, die begünstigende
4 Lagerungsproben: Ratschow, Faustschlussprobe Wirkung des Hypercholesterins führen zur Bildung
4 Gehtests: einfacher Gehtest, Laufbandergometrie, von atheromähnlichen Plaques.
Fuß- oder Pedalergometrie

Klinische Tests der arteriellen Durchblutung Risikofaktoren der Atherosklerose


Ratschow: Kreisende Fußbewegungen des liegenden Pa- 4 Arterielle Hypertonie
tienten mit erhobenen Beinen: 4 Rauchen
4 Abblassung bei Behinderung des Bluteinstroms 4 Hyperlipidämie
4 verzögerte reaktive Hyperämie und Venenfüllung 4 Diabetes mellitus
in der folgenden Hängephase bei Kompensation der 4 Hyperfibrinogenämie
Verschlusskrankheit 4 Metabolisches Syndrom (Hypertonie, Adipo-
4 tiefe Nachrötung bei Dekompensation der Durch- sitas, Dyslipoproteinämie, gestörte Glukose-
blutung (normal: gleichmäßige Rötung nach 3–5 s, toleranz, Insulinresistenz)
Venenfüllung von distal aufsteigend nach 5–10 s)

Gehtest: Bei pAVK schmerzfreie Gehstrecke in Metern und Symptomatik. Abhängig vom Ort der atherosklero-
Minuten messen. tischen Veränderungen. Durchblutungsstörungen,
Thrombose, Auftreten einer Embolie.
Faustschlussprobe: Beide Arme senkrecht anheben,
Fäuste 20-mal öffnen und schließen. Danach Handgelenke Therapie. Je nach Ursache: Tieflagerung der Extremität,
6 Wattepolsterung, Analgesie, Antikoagulation, Revas-
2.1 · Erkrankungen arterieller Gefäße
59 2

. Tab. 2.1. Lokalisation der Gefäßverschlüsse

Typ Lokalisation Fehlende Pulse Ischämieschmerz Fehldiagnose

Beckentyp Aorta, A. iliaca Ab Leiste Gesäß, Oberschenkel, Ischias


Hüfte

Oberschenkeltyp A. femoralis, Ab A. poplitea Wade Muskelrheuma-


A. poplitea tismus

Peripherer Typ Unterschenkel-/ Fußpulse Fußsohle Senk-Knick-Spreiz-


Fußarterien Fuß

Mehretagentyp

kularisierung, Thrombektomie, Lyse, Eliminierung der > Leitsymptom: belastungsabhängiger Ischämie-


Risikofaktoren, Gehtraining, Medikamente mit vaso- schmerz distal des Verschlusses.
konstriktorischer Wirkung absetzen (β-Blocker, Egota-
minderivate), operative Gefäßrekonstruktion, perku- Typische Symptome bei fortgeschrittener Arterio-
tane transluminale Angioplastie (PTA), Amputation. sklerose (. Tab. 2.2):
4 Kältegefühl
2.1.2.1 Periphere arterielle Verschluss- 4 Trophische Störungen
krankheit (pAVK) 4 Blässe bei Hochlagerung
Definition. Chronisch obliterierende, arterioskleroti- 4 Zyanotische Rötung bei Tieflagerung
sche Gefäßverschlüsse, vor allem im Bereich der Bauch- 4 Parästhetische Missempfindungen
und Becken-Bein-Arterien.
Diagnostik.
Ätiopathogenese. Arteriosklerotische Umbauprozesse 4 Klinik:
mit Einengung oder Verschluss des Gefäßes bei langer 5 Inspektion: Hautfarbe, Temperatur, Nekrosen,
Latenzzeit. Über 90% der Fälle sind an der unteren Gangrän. Pulsstatus
Extremität lokalisiert (. Tab. 2.1). 5 Auskultation: systolisches Stenosegeräusch
5 Gehtest, Lagerungsprobe nach Ratschow,
> Hauptrisikofaktoren: Nikotinabusus, Diabetes melli- Faustschlussprobe
tus, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung.

Kompensationsmechanismen:
4 Senkung des peripheren poststenotischen Strö- . Tab. 2.2. Stadieneinteilung der peripheren arteriel-
mungswiderstandes len Verschlusskrankheit nach Fontaine-Tatschow
4 Wachstum von überbrückenden Kollateralen
Stadium Symptome
4 Vermehrte Sauerstoffextraktion
4 Anpassung der Muskelkoordination an die Durch- I Asymptomatisch, aber Gefäß-
blutungsverhältnisse veränderungen vorhanden

II Claudicatio intermittens
Epidemiologie. Prävalenz: bis 10% der Männer über 4 Schmerzfreie Gehstrecke >200 m
50 Jahre. Männer : Frauen 5:1. Patienten mit pAVK ha- 4 Schmerzfreie Gehstrecke <200 m
ben häufig KHK (Stadium II: >50%, Stadium III: >90%),
zerebrale Durchblutungsstörungen (Stadium III: >50%). III Distal lokalisierter ischämischer Ru-
heschmerz, meist nachts, verstärkt
nach Anheben des Beines
Symptomatik. Leitsymptom ist der belastungsabhän-
gige Ischämieschmerz distal des Verschlusses (Abklin- IV Ischämischer Ruheschmerz, Gangrän,
gen in Ruhe, Linderung des Ruheschmerzes bei Tief- Ulkus, Nekrose, evtl. ischämische
lagerung der Extremität), Puls distal schlecht oder nicht Neuropathie
mehr tastbar.
60 Kapitel 2 · Angiologie

4 Bildgebende Verfahren: 5 PTA: Thrombendarteriektomie (TEA), evtl.


5 Systolische Dopplerdruckmessung: in Ruhe Ballondilatation, Stent-Implantation, Thrombo-
und nach Belastung lyse, Thrombektomie, Atherektomie, Rotations-
2 5 Farbduplexsonographie, intraarterielle digitale angioplastie, Laserangioplastie, Bypass, Sympa-
Subtraktionsangiographie, CT, MRT thektomie
5 Amputation
Differenzialdiagnose. Orthopädische (HWS-, LWS-
Syndrom) und neurologische Erkrankungen (Multip- Prognose. Abhängig vom Stadium der pAVK, der
le Sklerose, Karpaltunnelsyndrom), chronische Poly- Compliance des Patienten (Risikofaktoren), weitere
arthritis, venöse Abflussstörung, diabetische Polyneu- Manifestationen einer generalisierten Arteriosklerose,
ropathie, Kollagenose, Arthritis, Arthrosen, diabetische anderer Grunderkrankungen.
Polyneuropathie.
2.1.2.2 Arterielle Verschlusskrankheit
Therapie. der Viszeralarterien
4 Eliminierung aller Risikofaktoren Definition. Progrediente Atherosklerose mit Stenosie-
4 Stadiengerechte Therapie rung des Truncus coeliacus, A. mesenterica superior
5 Claudicatio: Gehtraining, vasoaktive Medika- und inferior.
mente
5 Claudicatio (Gehstrecke <50 m): Bypass, Ka- Symptomatik.
theterintervention bzw. lumenerweiternde 4 Akute Verschlüsse führen zu einer Schmerzsymp-
Therapie in Stadium III und IV tomatik mit Initialstadium, stillem Intervall und
4 Konservative Therapie Endstadium (. Tab. 2.3).
5 Physikalische Therapie: Ergotherapie, Geh-, 4 Chronische Verschlüsse verursachen eine Angina
Bewegungstraining, Fußpflege abdominalis mit dumpfen, krampfartigen Schmer-
5 Medikamentöse Therapie: Sekundärpräven- zen wechselnder Lokalisation im Epigastrium und
tion mit Thrombozytenaggregationshemmer, in der Periumbilikalregion, die über mehrere Stun-
Phosphodiesterasehemmer (vasodilatierende, den andauern können und vor allem postprandial
thrombozytenaggregationshemmende Wir- auftreten. Ein abdominaler Dauerschmerz spricht
kung), vasoaktive Medikamente (Pentoxifyllin, für hypoxämische Schäden.
Naftidrofyril, Prostaglandin E1)
4 Invasive Therapie > Leitsymptom: Angina abdominalis (. Tab. 2.3).
5 Systemische Fibrinolysetherapie, lokale Kathe-
terlyse ! Cave
Letalität eines Mesenterialinfarktes >50%.

. Tab. 2.3. Stadieneinteilung bei arterieller Verschlusskrankheit der viszeralen Gefäße

Stadium Symptome

I Asymptomatisch (Stenosierung objektivierbar)

II Angina abdominalis (intermittierende postprandiale ischämiebedingte Abdominalschmerzen)

III Malabsorptionssyndrom, ischämische Kolitis, Schmerzen nicht dauernd

IV Akuter Verschluss der Mesenterien mit Darminfarkt:


4 Phase I, Initialstadium von 1–6 h: Anfangs kolikartiger Abdominalschmerz, Zeichen des Schocks,
Durchfälle, lebhafte Peristaltik, Übelkeit
4 Phase II, stilles Intervall von 7–12 h: Erträglicher Dauerschmerz mit Schmerzrückgang, kein auffälliger
Lokalbefund
4 Phase III, Endstadium nach 12–48 h: Paralytischer Ileus, akutes Abdomen, diffuser Druckschmerz,
Abwehrspannung, Peritonitis mit Schock
2.1 · Erkrankungen arterieller Gefäße
61 2

Diagnostik. kung um 30–40 mmHg. Dadurch Aktivierung renaler


4 Anamnese: postprandiale Schmerzen, Herzer- Barorezeptoren im Bereich des juxtaglomerulären Ap-
krankungen, Risikofaktoren, Digitalis parates. Angiotensin II führt zur generalisierten Erhö-
4 Klinik: Auskultation im Epi- und Mesogastrium hung des peripheren Gefäßwiderstandes durch Arte-
(pulssynchrone Strömungsgeräusche) riolenkonstriktion, zur direkten Stimulation der Natri-
umresorption und zur indirekten Stimulation der
! Cave Aldosteronbildung.
Bei adipöser Bauchdecke ist eine Auskultation sehr
schwierig. Die intravenöse Buscopan-Gabe dämpft > Die Nierenarterienstenose ist die häufigste Ursache
die Überlagerung des Stenosegeräusches durch der sekundären Hypertonie.
Darmgeräusche.
Symptomatik. Kopfschmerzen, Nasenbluten, Schwin-
4 Bildgebende Verfahren: Abdomenübersichtsauf- delanfälle, Belastungsdyspnoe, Ruhedyspnoe, Nykturie.
nahme (Spiegelbildung), Sonographie des Abdo-
mens (Darmschlingen, freie Flüssigkeit), Duplex- ! Cave
sonographie, Aortographie Eine vorbestehende oder medikamentös gut ein-
gestellte arterielle Hypertonie kann akut dekom-
> Hilfreich ist eine vergleichende Untersuchung prä- pensieren.
und postprandial.
Diagnostik.
Differenzialdiagnose. Ulcus duodeni, Cholelithiasis, 4 Anamnese: Hypertonie, arterielle Verschluss-
chronische Pankreatitis, Kolitis. krankheit
4 Labor: Plasmareninaktivität, Renin im venösen
Therapie. Nierenblut
4 Invasive Maßnahmen: Laparotomie zur Vermei- 4 Bildgebende Verfahren: Farbduplexsonographie,
dung einer Darmnekrose MR-Angiographie, DSA
4 Diät (z. B. bei inoperablen Patienten): schlacken- 4 Captopril-Test: nach Einnahme starker Anstieg
arme Kost, häufige kleine Mahlzeiten des Plasmarenins bei renovaskulärer Hypertonie,
4 Krampflösende Medikamente bei kolikartige Captopril-Renographie
Schmerzen
Therapie. Perkutane Angioplastie (PTA), chirurgische
2.1.2.3 Arterielle Verschlusskrankheit Rekonstruktion, symptomatische medikamentöse Be-
der Nierenarterien handlung der Hypertonie, Risikofaktoren-Ausschal-
Definition. Atherosklerotische Stenose der Nieren- tung
arterien.
Prognose. Häufig rasche Progredienz. Komplikati-
Ätiopathogenese. Minderdurchblutung ab ca. 50%iger onen durch Vorerkrankungen wie Herzinsuffizienz
Stenosierung der Nierenarterie aufgrund Drucksen- oder KHK.
62 Kapitel 2 · Angiologie

In Kürze

Atherosklerose und Verschlusskrankheit

2
Atherosklerose 4 Symptomatik: Schmerz, Blässe, Blutdruckabfall, Gefühlsstörung, Pulsverlust, Bewe-
gungsunfähigkeit, Schockzeichen, Zeichen der Gewebeschädigung mit Spannungs-
blasen oder Gangrän, Ischämie
4 Ätiologie: Entzündung (Periarteriitis nodosa), Trauma, arterielle Thrombose, arterielle
Embolie, funktionelle Durchblutungsstörung (Raynaud-Syndrom), Degeneration
4 Diagnostik: Hautfarbe, Hauttemperatur, Palpation und Auskultation der Gefäße,
Funktionsprüfungen (Lagerungsprobe nach Ratschow, Faustschlussprobe, Gehprobe,
Ergometrie), Oszillographie, Plethysmographie, Sonographie, DSA, Angiographie,
Magnetresonanzangiographie
4 Therapie: Tieflagerung der Extremität, Wattepolsterung, Analgesie, Antikoagulation,
Revaskularisierung, Thrombektomie, Lyse, Elimination der Risikofaktoren, Gehtrai-
ning, Medikamente mit vasokonstriktorischer Wirkung absetzen (β-Blocker, Ergota-
minderivate), operative Gefäßrekonstruktion, perkutane transluminale Angioplastie
(PTA), Amputation

Periphere arterielle 4 Symptomatik: Belastungsabhängiger Ischämieschmerz distal des Verschlusses


Verschlusskrankheit (Abklingen in Ruhe, Linderung des Ruheschmerzes bei Tieflagerung der Extremität),
Puls distal schlecht oder nicht mehr tastbar. Kältegefühl, trophische Störungen,
Blässe bei Hochlagerung, zyanotische Rötung bei Tieflagerung, parästhetische
Missempfindungen
4 Ätiologie: arteriosklerotische Gefäßverschlüsse. Risikofaktoren: Nikotinabusus,
Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, Hyperhomo-
zysteinämie, genetische Disposition, Bewegungsmangel
4 Diagnostik: Inspektion, Auskultation, Gehtest, Lagerungsprobe nach Ratschow,
Faustschlussprobe, systolische Dopplerdruckmessung in Ruhe und nach Belastung,
Farbduplexsonographie, intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie, CT, MRT
4 Therapie: Eliminierung aller Risikofaktoren, Nikotinkarenz, stadiengerechte kon-
servative (Gehtraining, Antikoagulation, Absetzen vasokonstriktorischer und Gabe
vasodilatativer Medikamente wie Kalziumantagonisten) und invasive Therapie
(Bypass, PTA)

Arterielle Verschluss- 4 Symptomatik: Abdominalschmerzsymptomatik mit Initialstadium (1–6 h), stillem


krankheitderViszeral- Intervall (7–12 h), Endstadium (nach 12–48 h)
arterien 4 Ätiologie: arterielle Embolie, arterielle Thrombose. Selten Aortenaneurysma, Aorten-
dissektion, Kompression der Arterien von außen durch Strangulation, Tumoren,
Trauma
4 Diagnostik: Laktatanstieg im Serum, Angiographie, Laparatomie
4 Therapie: Embolektomie, Thrombendarteriektomie, Bypass

4 Arterielle 4 Symptomatik: Klinisch oft stumm, Hämaturie, Albuminurie, Flankenschmerz, diffuser


Verschluss- Leibschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Leukozytose, Fieber, Anstieg von GOT sofort,
krankheit der LDH nach 1–2 Tagen, alkalischer Phosphatase nach 3–5 Tagen, Niereninsuffizienz
Nierenarterien bei Doppelverschlüssen
4 Ätiologie: Embolie, arterielle Thrombose, stumpfes Trauma, Aneurysma dissecans
4 Diagnostik: Angiographie, i.v. Pyelogramm, Isotopennephrogramm der stummen
Niere
4 Therapie: Bei normaler Nierenfunktion Bettruhe, Analgetika, Antiemetika, Antikoagu-
lation; sonst Revaskularisation innerhalb einer Woche
2.1 · Erkrankungen arterieller Gefäße
63 2
2.1.3 Arterielle Embolie und Thrombose 2.1.4 Vaskulitiden

2.1.3.1 Arterielle Embolie 2.1.4.1 Panarteriitis nodosa


Definition. Embolischer Verschluss einer Arterie, der in Definition. Systemisch nekrotisierende Entzündung
80% die Becken- oder Beinarterien betrifft. kleiner und mittelgroßer Arterien.

Ätiopathogenese. Entstehen durch verschleppte Ätiopathogenese. Immunkomplexerkrankung. Im-


Thromben aus dem Herzen, aus großen Arterien oder munkomplexe haften an Gefäßwand und aktivieren das
bei offenem Foramen ovale aus Venen oder Mikro- Komplementsystem. Durch Aktivierung der Granulo-
embolien aus Atheromen (Gerinnsel, Cholesterinkris- zyten, kommt es zur Nekrose. Die folgende Thrombose
talle). hat ischämische Konsequenzen. Im entzündlichen In-
filtrat der Gefäßwand sind keine Riesenzellen, die elas-
Symptomatik. Abhängig von Art, Lokalisation und tischen Lamellen und Bindegewebe werden zerstört.
Ausmaß der Embolie. Bei ausgeprägten Fällen entsteht Es können sich Mikroaneurysmen ausbilden, wodurch
eine 6-P-Symptomatik mit Schmerz (»pain«), Blässe es zu arteriellen Blutungen kommen kann. In 30% der
(»paleness«), Pulslosigkeit, Parästhesien, Lähmung Fälle Beteiligung des Australia-Gens.
(»paralysis«) der betroffenen Extremität und Schock-
symptomatik (»prostration«). Symptomatik. Abgeschlagenheit, Fieber, Nachtschweiß,
Gewichtsverlust, Hypertonus, Nierenfunktionsein-
Diagnostik. Inspektion (Hautfarbe, Hauttemperatur, schränkung, abdominelle Schmerzen, Myalgien, Kopf-
trophische Störungen wie Nekrose, Gangrän), Palpation schmerzen, Infarkte bzw. Infarzierungen (Hirn, Darm,
und Auskultation der Arterie. Funktionsprüfungen mit Myokard, Leber, Pankreas), Perikarditis, Polyneuro-
Lagerungsprobe nach Ratschow, Faustschlussprobe, pathie, subkutane Knötchen, Livedo racemosa.
Gehprobe, Ergometrie. Oszillographie, Plethysmogra-
phie (Venenverschlussplethysmographie, quantitative Diagnostik.
Segmentplethysmographie), Sonographie (B-Bild-Dar- 4 Anamnese: Symptomatik
stellung), Doppler- und Duplexsonographie, intraar- 4 Labor: keine spezifischen Marker
terielle digitale Subtraktionsangiographie (DSA), com- 4 Bildgebende Verfahren: Arteriographie (Darstel-
putertomographische Angiographie (CTA), Magnet- lung der Mikroaneurysmen)
resonanzangiographie (MRA). 4 Biopsie: vorzugsweise Haut, Muskel, Nerv

Therapie. Embolektomie. Therapie. Kortikosteroide und Cyclophosphamid.

2.1.3.2 Arterielle Thrombose Prognose. Häufig Rezidive. Unter konsequenter The-


Definition. Intravitale Blutpropfbildung in Arterien. rapie beträgt die 5-Jahres-Mortalität 20–25%.

Ätiopathogenese. Intimaschädigung (Atherom, Ent- 2.1.4.2 Riesenzellarteriitis


zündung), bei intravaskulärer Gerinnung oder Plätt- Synonym. Arteriitis temporalis, Horton-Syndrom.
chenaggregation (Thrombozythämie), bei Kälteag-
glutininkrankheit. Definition. Systemisch entzündliche Erkrankung der
Arterien, bevorzugt der supraaortalen Gefäße.
Symptomatik. Abhängig von Art, Lokalisation und
Ausmaß der Embolie. Bei ausgeprägten Fällen entsteht Ätiopathogenese. Unbekannte Pathogenese. Vermut-
eine 6-P-Symptomatik (7 Kap. 2.1.3.1). lich zellulär vermittelter Autoimmunprozess. Media
und auch Adventitia sind entzündlich infiltriert, häufig
Diagnostik. Anamnese, Klinik, Angiographie, Duplex- finden sich Riesenzellen und mononukleäre Zellen. Bei
sonographie. Intimaproliferation bilden sich thrombotische Aufla-
gerungen.
Therapie. Lokale oder systemische Thrombolyse,
Thrombektomie. Epidemiologie. Meist alte Menschen, Frauen > Männer.
Inzidenz in westlichen Industrienationen höher.
64 Kapitel 2 · Angiologie

Symptomatik. Ischämische Symptome der Organe im tationen wie Arthritiden, gastrointestinale Läsionen,
befallenem Stromgebiet, Polymyalgia rheumatica oder Hämaturie, Proteinurie, Lungeninfiltrate und peri-
arthritica (schmerzhafte Steifigkeit im Schulter-/Becken- phere Neuropathien auftreten.
2 gürtel und proximalen Extremitätenabschnitten) mit
schmerzhafter Retroversion der oberen Extremitäten Diagnostik. Klinische Manifestation mit entzündlicher
(Kämmen, Schürze binden), Kopfschmerz, Halbseiten- Affektion der Venolen, die mit neutrophilen Infiltraten,
parästhesien, intermittierende Visuseinschränkungen. Leukoplakie, Gewebsdestruktionen, Fibrinoidbildung
und Blutextravasaten einhergeht.
! Cave
Fehldiagnosen: HWS-Syndrom, Schulter-Arm-Syn- Therapie. Nichtsteroidale Antiphlogistika, Colchicin,
drom oder Lumbischialgie, da die Schmerzen meist langfristig Glukokortikoide.
symmetrisch auftreten.
2.1.4.4 Thrombangiitis obliterans
Diagnostik. Labor: CRP erhöht, BSG stark erhöht, Synonym. Morbus Winiwarter-Buerger.
Anämie, keine spezifischen Marker, AP und γ-GT er-
höht, Diagnosesicherung mittels Histologie (Biopsie Definition. Multikoluläre, segmental verlaufende
der Arteria temporalis). Wegen der unspezifischen Entzündung der kleinen und mittleren Arterien und
Symptomatik und der Altersgruppe durchlaufen die Venen mit sekundärer Thrombosierung des Gefäß-
Patienten häufig zunächst eine ausführliche Tumor- lumens.
diagnostik und Suche nach bakteriellem Fokus.
Ätiopathogenese. Unbekannt, deutliche Häufung bei
> Die histologische Absicherung muss vor Therapie- starken Rauchern (vermutlich Autoantikörper gegen
beginn erfolgen, da Therapie langwierig und mit Kollagen). Trotz entzündlichem Infiltrat bleiben Wand-
Nebenwirkungen verbunden ist. Nach Beginn der aufbau des Gefäßes und Lamina elastica interna er-
Steroidtherapie ist das Biopsiematerial diagnostisch halten. Es kommt zum thrombotischen Gefäßver-
unbrauchbar. schluss und Ausbildung von Mikroabszessen.

Therapie. Steroide (1 mg/kg KG mit Reduzierung bis Epidemiologie. Vor allem junge Männer, häufiger in
zur Erhaltungsdosis unterhalb der Cushing-Schwelle). Indien, Korea oder Japan.
Laborkontrolle (BSG, CRP).
Symptomatik. Schubweiser Verlauf, Beginn vor dem
Prognose. Bei konsequenter Behandlung gut. 40. Lebensjahr. Ruheschmerz, Kältegefühl der Extremi-
täten, Parästhesien, schmerzhafte periphere Durch-
! Cave blutungsstörungen der Hände und Füße, Waden- und
Der sofortige Beginn der Therapie ist erst bei drohen- Fußsohlenclaudicatio, Arterienverschlüsse (Unter-
dem Visusverlust indiziert – rechtzeitiger Therapie- arme/infrapopliteal), Nekrose, Gangrän (häufig erstes
beginn kann den Visus erhalten. Symptom), Raynaud-Phänomen, Phlebitis migrans
(sprunghaftes Übergreifen auf andere Körperpartien),
Phlebitis saltans (rekurrente, multifokale Entzündung
2.1.4.3 Hypersensitivitätsangiitis kleiner und mittlerer Venen mit rezidivierenden
Synonym. Hypersensitivitätsvaskulitis. Thrombosen und Embolien bei einem Malignom).

Definition. Durch Immunkomplexe induzierte leuko- Diagnostik.


plastische Vaskulitis überwiegend an den unteren Ex- 4 Anamnese: Nikotinabusus, Klinik (Kältegefühl).
tremitäten. 4 Labor: meist unauffällig, unspezifische Entzün-
dungszeichen, pathologische Blutzuckerwerte
Ätiopathogenese. Virusinfektion, Malignome, Kolla- möglich
genkrankheiten. 4 Farbduplex, MR-Angiographie (Korkenzieherkol-
lateralen)
Symptomatik. Palpable, schmerzhafte Purpura an den
unteren Extremitäten. Die Effloreszenzen können zu Differenzialdiagnostisch müssen vor allem arterio-
größeren Läsionen mit Blasen oder zentralen Nekrosen sklerotische Krankheitsbilder abgegrenzt werden
konfluieren. Begleitend können systemische Manifes- (. Tab. 2.4).
2.1 · Erkrankungen arterieller Gefäße
65 2

. Tab. 2.4. Differenzialdiagnose Thrombangiitis obliterans und Arteriosklerose

Parameter Thrombangiitis obliterans Arteriosklerose

Alter <40 Jahre >40 Jahre

Risikofaktoren Rauchen Hypertonie, Diabetes, Rauchen,


Hyperlipidämie, Hyperurikämie

Verlauf Schubweise Meist langsam progredient

Angiographischer Gefäßtonus erhöht, segmentale Verkalkungen, dilatativ veränderte


Befund Veränderungen, Korkenzieher- Segmente, generalisierte Veränderungen,
kollateralen Fächerkollateralen

Venenbeteiligung Phlebitis saltans und/oder migrans Keine

> Die Thrombangiitis obliterans besitzt kein charak- tokokken, Proteus vulgaris) kommen komplizierend hinzu.
teristisches Merkmal, das zum Ausschluss anderer Typisch sind:
Erkrankungen führt. 4 Ulzerationen an Zehenkuppen, interdigital, an Ge-
lenken, am lateralen Fußrand, Außenknöchel, Achil-
Differenzialdiagnose. Periphere arterielle Embolien. lessehne, tibial
4 Flächenhafte Rötung als Entzündungszeichen
Therapie. Nikotinkarenz, Behandlungsziel ist Rück- 4 Oft kolbenförmige Auftreibung der Zehen bei Lymph-
gang der Beschwerden, Vermeidung von Nekrosen- abflussstörung nach Lymphangitis
bildung bzw. Abheilung vorhandener Nekrosen, Ver-
meiden von Amputationen. Zur Diagnostik gehören Anamnese (Diabetes mellitus),
4 MedikamentöseTherapie: Prostaglandin E1, nicht- gründliche Inspektion der Füße (Trophik, Fußstatus,
steroidale Antiphlogistika. Deformierungen, Entzündungen, Druckstellen), Palpation
4 Invasive Maßnahmen: thorakale und lumbale der Fußpulse, Temperaturunterschiede, Auskultation der
Sympathektomie. Arterien, Sensibilitätsprüfung, Vibrationsempfinden, Re-
flexstatus, Röntgen des Fußskeletts, Doppler-Untersu-
> Sofortige Nikotinkarenz führt zum Stillstand der chung, Duplex-Sonographie, Augenhintergrund (diabe-
Krankheit (Compliance <5%). tische Retinopathie), transkutane Sauerstoffmessung,
Labor (Mikroalbuminurie, HbA1c, Erregernachweis aus
Prognose. Lebenserwartung unbeeinflusst. In 30% der Wundabstrich).
Fälle wird in den ersten 5 Jahre eine Teilglied-Ampu- Präventive Maßnahmen sind optimale Stoffwechsel-
tation vorgenommen. einstellung, orthopädische Schuhe, Gewichtsreduktion bei
Adipositas, Nikotinabstinenz, optimale Blutdruckeinstel-
Diabetischer Fuß (diabetisches Fußsyndrom) lung, regelmäßige Fußpflege. Zur Basistherapie gehören
Insbesondere die Makroangiopathie, neben Mikroangio- tägliche Wundpflege, Drainage subkutaner Höhlen, Ab-
pathie und Neuropathie (. Tab. 2.5), des Diabetes mellitus tragung der Hyperkeratosen, antibiotische Behandlung
können Ischämien des Fußgewebes verursachen. Hyper- nach Erregernachweis, Ödembehandlung. Medikamentöse
glykämie, Adipositas, Hypertonie, Nikotinabusus, Hyper- Therapie mit intraarterieller antibiotischer Infusionsbe-
lipidämie, mangelnde Fußhygiene sind dabei ursächlich. handlung, evtl. Prostaglandin E1. Mögliche invasive Maß-
Kleinste Verletzungen heilen dann schlecht ab, Infektionen nahmen dienen der Revaskularisierung (PTA, lokale intra-
(Staph. aureus, E. coli, Pseudomonas aeruginosa, Strep- arterielle Fibrinolyse. Amputation (Amputationsrate bei
6 Diabetikern 15-fach höher als bei Nichtdiabetikern).
66 Kapitel 2 · Angiologie

. Tab. 2.5. Differenzialdiagnose neuropathischer und angiopathischer Fuß

Neuropathisch Warm, trocken, gerötet, Fußdeformierung, Ulzerationen an Druckstellen, Hyperkeratose,


2 Ödemneigung, Vibrations-, Schmerz- und Temperaturempfinden gestört, Doppler-Index >0,9

Angiopathisch Kühl, blass, zyanotisch, unauffällige Anatomie, Läsionen an Druckstellen, Ödemneigung,


Vibrations-, Schmerz- und Temperaturempfinden normal, Doppler-Index <0,9

In Kürze
Vaskulitiden

Panarteriitis nodosa 4 Symptomatik: Abgeschlagenheit, Fieber, Nachtschweiß, Gewichtp, Hypertonus,


Nierenfunktionp, abdominelle Schmerzen, Myalgien, Kopfschmerzen, Infarkte/Infar-
zierungen (Hirn, Darm, Myokard, Leber, Pankreas), Perikarditis, Polyneuropathie, sub-
kutane Knötchen, Livedo racemosa
4 Ätiologie: Immunkomplexe, Nekrosen, Mikroaneurysmen; kleine und mittlere Arterien
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Labor (keine spezifischen Marker), Arteriographie
(Mikroaneurysmen), Biopsie (Haut, Muskel, Nerv)
4 Therapie: Kortikosteroide und Cyclophosphamid

Riesenzellarteriitis 4 Symptomatik: Ischämie, Polymyalgia rheumatica/ arthritica (schmerzhafte Steifigkeit


im Schulter-/Beckengürtel, proximalen Extremitäten), schmerzhafte Retroversion der
Arme (Kämmen, Schürze binden)
4 Ätiologie: Unbekannt, evtl. autoimmun
4 Diagnostik: CRPn, BSGnn, Anämie, keine spezifischen Marker, APn, γ-GTn, Biopsie
4 Therapie: Steroide, Kontrolle der Entzündungsparameter

Hypersensitivitäts- 4 Symptomatik: schmerzhafte, palpable Purpura der unteren Extremitäten, evtl. Nekro-
angiitis sebildung, systemische Manifestationen
4 Ätiologie: Virusinfekte, Malignome, Kollagenkrankheiten
4 Diagnostik: Klinik mit entzündlicher Affektion der Venolen, die mit neutrophilen
Infiltraten, Leukoplakie, Gewebsdestruktionen, Fibrinoidbildung und Blutextra-
vasaten einhergeht
4 Therapie: nichtsteroidale Antiphlogistika, Colchicin, langfristig Glukokortikoide

Thrombangiitis 4 Symptomatik: Ruheschmerz, Kältegefühl an Extremitäten, Parästhesien, schmerz-


obliterans hafte periphere Durchblutungsstörungen, Waden-/Fußsohlenclaudicatio, Arterien-
verschlüsse (Unterarme/infrapopliteal), Nekrose, Gangrän, Raynaud-Phänomen,
Phlebitis migrans, Phlebitis saltans
4 Ätiologie: unklar, starker Nikotinabusus. Kleine und mittlere Arterien und Venen,
Thrombosen, Mikroabszesse
4 Diagnostik: Anamnese, Farbduplex, MR-Angiographie (Korkenzieherkollateralen),
Labor
4 Therapie: Nikotinkarenz, Prostaglandin E1, ASS, Sympathektomie, ggf. Amputationen
unvermeidbar
2.1 · Erkrankungen arterieller Gefäße
67 2
2.1.5 Raynaud-Phänomen Ergotismus
Akute oder chronische Durchblutungsstörung muskulärer
Definition. Anfallsweise auftretender, durch Kälte oder Stammarterien infolge Abusus ergotaminhaltiger Medi-
Stress induzierter Vasospasmus der akralen Gefäße, der kamente (z. B. Migränepräparate). Bei Frauen häufiger als
durch Wärme oder pharmakologisch wieder gelöst bei Männern. Symptome sind Erbrechen, Diarrhö, Verwirrt-
werden kann. heit, Kopfschmerzen, Augenflimmern, Kältegefühl, Paräs-
thesie, blasskalte Extremität mit fehlenden oder abge-
Ätiopathogenese. Unterschieden wird: schwächten Pulsen. Zur Diagnostik gehören Dopplermes-
4 Primäres Raynaud-Phänomen: idiopathisch vaso- sung und Angiographie. Therapie: Absetzen auslösender
spastischer Symptomkomplex unbekannter Ätio- Medikamente, Vasodilatation mit Nitraten, Kalziumantago-
logie nisten und Prostaglandin-E1- und -I2-Infusionen.
4 Sekundäres Raynaud-Phänomen: organische Ge-
fäßschädigung aufgrund anderer Grunderkrankun- Epidemiologie.
gen, oft erstes Zeichen einer Systemerkrankung 4 Primäres Raynaud-Phänomen: Frauen : Männern
5 Verschluss digitaler Arterien: arterioarteriel- = 2:1, postpubertäres Auftreten mit Besserung in
le Mikroembolien, proximale Stenosen und Menopause
Verschluss der A. subclavia, neurovaskuläres 4 Sekundäres Raynaud-Phänomen: altersunabhän-
Schultergürtelsyndrom, Erfrierungsschäden giges Auftreten
5 Entzündliche Veränderungen der Gefäßwand:
Kollagenose, Wegener-Granulomatose, Lupus Symptomatik.
erythematodes, rheumatoide Arthritis, Thromb- 4 Primäres Raynaud-Phänomen: symmetrische in-
angiitis obliterans termittierende schmerzhafte Ischämie der Akren
5 Hämotologische Erkrankungen: Kälteaggluti- (Zehen, Nase und Ohren seltener), Aussparung der
nine, Kryoglobuline, Polyzythämie, essenzielle Daumen, Trikolore-Phänomen (Blässe, Zyanose,
Thrombozytose, Paraproteinämie Rötung)
5 Toxische Substanzen und Medikamente: β-Blo- 4 Sekundäres Raynaud-Phänomen: paroxysmalen
cker, ergotaminhaltige Präparate, hormonelle Ischämien mit fehlender reaktiver Hyperämie,
Kontrakonzeptiva, Zytostatika, Nikotinabusus Parästhesien, Kältegefühl, Schmerzen, Gewebs-
nekrosen
Akrozyanose
Funktionelle Durchblutungsstörung durch Dauerspasmus > Akrale Verfärbungen bei Raynaud-Symptomatik:
der Arteriolen und präkapillären Sphinkteren. Meist junge 4 Weißverfärbung (Vasokonstriktion der Aa. digi-
Frauen mit Hypotonie betroffen, familiäre Disposition. tales)
Typisch blaue Verfärbung der Akren (Hände, Füße, Nase, 4 Blauverfärbung (Zyanose)
Ohren) ausschließlich in Kälte, selten trophische Störungen. 4 Rotverfärbung (reaktive Hyperämie)
Therapie: Meiden von Kälte.
Diagnostik.
Paroxysmales Fingerhämatom 4 Primäres Raynaud-Phänomen: nichtakrale Licht-
Plötzlich auftretende, schmerzlose Blauverfärbung eines transmissionsplethysmographie, Kapillarmikro-
Fingers (seltener Zehe), meist volar mit folgender Schwel- skopie, Arteriographie
lung bei spontaner Ruptur einer digitalen Vene, z. B. beim 4 Sekundäres Raynaud-Phänomen: zusätzlich Faust-
Tragen von einschnürenden Taschen. Häufig Frauen mitt- schlussprobe
leren Alters. Therapie: konservativ.
Therapie. Vorbeugende Maßnahmen sind Schutz vor
Perniones (Erfrierungen, Frostbeulen) Kälte, Arbeiten in warmer Umgebung, Meiden vibrie-
BeistarkerKälteexpositiondurchextremeEngstellungundVer- render Werkzeuge, psychosomatische Therapie (auto-
schlüsse der peripheren Arterien mit nachfolgender ischämi- genes Training, Yoga, Biofeedback).
scher Schädigung verursacht. Sekundärsymptome sind Akro- 4 Primäres Raynaud-Phänomen: Kausaltherapie
zyanose, Kältegefühl, Hyp-, Parästhesien, Schweißneigung nicht möglich, medikamentöse Therapie mit Nitro-
der Haut. Therapie: Vorsichtiges Erwärmen der betroffenen salben, Nitrogel, Kalziumantagonisten vom Nifedi-
Extremität, frühzeitige lokale oder systemische Fibrinolyse- pintyp, α-Rezeptorenblocker, ACE-Hemmer
therapie, längerfristig Kalziumantagonisten vom Dihydropi- 4 Sekundäres Raynaud-Phänomen: Therapie der
ridintyp, Prostaglandin-I2-Infusion (Mittel der Wahl). Grunderkrankung.
68 Kapitel 2 · Angiologie

! Cave Prognose. Günstig beim primären Raynaud-Phäno-


Bei medikamentöser Therapie auf Nebenwirkungen men. Beim sekundären Raynaud-Phänomen ist die
bei Hypertoniepatienten achten. Grunderkrankung entscheidend für die Prognose.
2 In Kürze
Raynaud-Phänomen

Primäres Raynaud- 4 Symptomatik: symmetrische intermittierende schmerzhafte Ischämie der Akren


Phänomen (Zehen, Nase und Ohren seltener), Aussparung der Daumen, Trikolore-Phänomen
(Blässe, Zyanose, Rötung)
4 Ätiologie: idiopathischer Vasospasmus der akralen Gefäße
4 Diagnostik: nichtakrale Lichttransmissionsplethysmographie, Kapillarmikroskopie,
Arteriographie
4 Therapie: Kausaltherapie nicht möglich; medikamentöse Therapie mit Nitrosalben,
Nitrogel, Kalziumantagonisten vom Nifedipintyp, α-Rezeptorenblocker, ACE-Hem-
mer

Sekundäres Raynaud- 4 Symptomatik: paroxysmale Ischämien mit fehlender reaktiver Hyperämie, Parästhe-
Phänomen sien, Kältegefühl, Schmerzen, Gewebsnekrosen
4 Ätiologie: Arterienverschluss, Entzündung, hämatologische Grunderkrankung,
toxische Schädigung
4 Diagnostik: nichtakrale Lichttransmissionsplethysmographie, Kapillarmikroskopie,
Arteriographie, zusätzlich Faustschlussprobe
4 Therapie: Therapie der Grunderkrankung

2.2 Erkrankungen venöser Gefäße 4 Palpation: am stehenden Patienten Suche nach kno-
tigen Veränderungen, Blow-out (Vorwölbungen
2.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung, der Haut) und Konvoluten, Druckschmerzpunkte
Diagnostik 4 Temperatur der Haut: lokal, Seitenvergleich
4 Trendelenburg-Test: Hochlagerung der Beine,
2.2.1.1 Anamnese Ausstreichen der Varizen, Stauen der V. saphena
4 Familienanamnese: Varizen, Phlebitiden, Throm- magna unterhalb der Leistenbeuge; rasche Vari-
bosen, Embolien zenfüllung nach Aufstehen bei Insuffizienz der
4 Eigenanamnese: Schweregefühl, Spannungsgefühl, Vv. perforantes; Stauung nach 30 s lösen, distale
nächtliche Wadenkrämpfe, Schwellungen,, AVK, Venenfüllung bei Klappeninsuffizienz der ober-
myogene/neurogene/orthopädische Ursachen flächlichen Venen
4 Perthes-Test: Stauung oberhalb der Varizen: bei
> Typische Beschwerden bei Erkrankungen der Bein- intakten Vv. perforantes und tiefen Venenklappen
venen: Entleerung der Varizen mit Muskelpumpe
4 Nach längerem Sitzen oder Stehen
4 Gehäuft zu warmen Jahreszeiten Druckschmerzpunkte der Thrombosediagnostik
4 Linderung durch Kältebehandlung, Kompres- 4 Payr-Zeichen: Fußsohlendruckschmerzpunkt (z. B. bei
sionsbehandlung und Hochlagerung Auftreten)
4 Prämenstruelle Verschlechterung 4 Bisgaard-Zeichen: Kulissendruckschmerzpunkt (retro-
4 Selten mit Ödembildung einhergehend malleolär)
4 Homans-Zeichen: Wadenschmerz bei Dorsalflexion
2.2.1.2 Klinische Untersuchung des Fußes
4 Inspektion: am stehenden Patienten (Beginn 4 Tschmarke-Zeichen: Druckschmerz der Wade
oberhalb der Leiste fußabwärts): Verteilungsmus- 4 Lowenberg-Test: Wadenschmerz bei Druck über
ter, Ausprägung, Hautveränderungen, Varizentyp, 100 mmHg, Seitendifferenz überprüfen
Ödeme (. Tab. 2.6) 6
2.2 · Erkrankungen venöser Gefäße
69 2

. Tab. 2.6. Varikoseformen

Typ Merkmale

Stammvarikose Meist V. saphena magna, seltener V. saphena parva. Typisch: geschlängelt verlaufende
Venen mit knäuelartigen Erweiterungen

Seitenastvarize Akzessorische V.-saphena-magna-Äste, semizirkuläre Anordnung

Retikuläre Varize Netzförmige Venenektasie

Besenreiservarize Feines spinnenförmige intradermale Varizen, bevorzugt bei Frauen

Perforansvarize Blow-out ( kugelförmige bläuliche Hautvorwölbung)

Tiefe Beinvenenthrombose: zyanotische Verfärbung, Umfangsdifferenz, auffällige Kollateralvenen, Glanzhaut

4 Meyer-Druckpunkte: unterhalb des Kniegelenks, me- borenes Fehlen der Venenklappen, Venenwand-
dial der Tibia schwäche, chronische Adipositas, Schwangerschaft,
4 Pratt-Zeichen: Druckschmerz in der Kniekehle statische Belastung wie langes Stehen oder Sitzen
4 Sigg-Zeichen: Schmerzen in der Kniekehle bei Stre- 4 Sekundäre Varikosis: Folge einer venösen Ab-
ckung des Beines flussstauung, Begleiterscheinung des postthrom-
4 Druckschmerz im Adduktorenkanal botischen Syndroms, bei primäre Klappeninsuf-
4 Rielander-Zeichen: Druckschmerz in der Leiste fizienz

2.2.1.3 Diagnostik
4 Labor: Blutbild, Eisen, Urin, Entzündungsparame-
ter, Gerinnungsparameter (AT-III, Protein C, Pro-
tein S, APC, Faktor V, Homozystein, Thrombo-
zytenzahl und -aggregation)
4 Dopplersonographie: Klappeninsuffizienz,
Stammveneninsuffizienz, Fisteln
4 Duplexsonographie: Ausdehnung, Tiefe einer
Thrombose; Funktion der venösen Klappen
4 Plethysmographie: venöse Pumpfunktion, chro-
nisch venöse Insuffizienz, Verlaufskontrolle
4 Phlebographie: Dokumentation, bei gutachter-
lichen Fragestellungen, zur präoperativen Abklä-
rung bei Rezidivvarikose, Angiodysplasien

2.2.2 Varikosis

Synonym. Krampfadern.

Definition. Irreversibel sackförmig oder zylindrisch er-


weiterte, oberflächliche Vene, vor allem der unteren
Extremitäten (V. saphena magna, seltener V. saphena
parva, . Abb. 2.1).
. Abb. 2.1. Oberflächliche Stammvenen (Vv. saphena
Ätiopathogenese. magna et parva) mit den klinisch wichtigen Perforansvenen.
4 Primäre Varikosis: multifaktorielle Ursachen, wie a Ansicht von vorn-medial, b Ansicht von hinten. (Aus Piper
familiäre Belastung, genetische Disposition, ange- 2006)
70 Kapitel 2 · Angiologie

Epidemiologie. 55% der Erwachsenen, Männer : Frauen 4 Invasive Eingriffe: Sklerosierungstherapie, Vari-
1:2,5, über 60% vor dem 30. Lebensjahr mit familiärer zenstripping
Häufung.
2 > 3-S-L-Regel: Sitzen und Stehen sind schlecht, lieber
Symptomatik. Schwere- und Müdigkeitsgefühl in den Liegen und Laufen.
Beinen, prämenstruelle Schmerzen in den Varizen,
Knöchelschwellung, Beschwerdenzunahme bei Wärme,
Besserung durch Hochlagerung der Beine. Bei pri- 2.2.3 Thrombophlebitis
märere Varikosis meist diskrete, eher kosmetische Be-
schwerden. Definition. Thrombosierung oberflächlicher Venen mit
Entzündung.
Stadieneinteilung der Stammvarikose der V. saphena
magna Ätiopathogenese. Mögliche Ursachen sind:
4 Stadium I: Insuffizienz der »Crosse« (Mündungskrüm- 4 Traumen, Infekte, Neoplasien, Immunkomplex-
mung oder Mündungsbogen der V. saphena magna vaskulitiden, Thrombangiitis obliterans
vor der Einmündung in die V. femoralis) und der 4 An den Beinen: häufig bei vorbestehender Vari-
Schleusenklappen (keine Krankheitszeichen) kosis. Auslöser: Immobilisation, Trauma
4 Stadium II: Insuffizienz der Venenklappen von der Leiste 4 An den Armen: meist iatrogen (Kanülen)
bis über das Kniegelenk. Diskrete klinische Beschwerden
4 Stadium III: Insuffizienz von der Leiste bis unterhalb Thrombophlebitis migrans
der Knie Schnell ausbreitende Thrombophlebitis (häufig mit Para-
4 Stadium IV: Insuffizienz von der Leiste bis zum me- neoplasien).
dialen Knöchel
Thrombophlebitis saltans
Mögliche Komplikationen: Typisch ist eine münzgroße lokale Rötung entlang der
4 Varikophlebitis Venen und ein diskontinuierlicher Wechsel von z. B. einer
4 Varizenruptur Extremität auf die andere (Buerger-Syndrom, Thromb-
4 Chronisch venöse Insuffizienz angiitis obliterans, Paraneoplasien). Primäre (Ursache nicht
bekannt) und sekundäre (Ursache meist Vaskulitis, Kollage-
Diagnostik. nose, Thrombangiitis obliterans, Buerger-Arteriitis) Form.
4 Primäre Befunde bei Stammvarikose der V. saphena Abklingen nach ein paar Tagen. Sicherung der Diagnose
magna: tastbare Erweiterung des Gefäßes in der durch Probeexzision, evtl. Neoplasie-Abklärung, Ausschluss
Leistenregion, positiver Hustentest (palpable Aus- einer Vaskulitis.
dehnung während der Hustenstöße), positiver Per-
kussionstest Epidemiologie. In über 90% der Fälle liegt Varikosis
4 Sekundäre Befunde: Besenreiser, chronisch venöses zugrunde, Frauen > Männer.
Stauungssyndrom
4 Doppler-Sonographie, Phlebographie, Photople- Symptomatik. Lokal druckdolente derbe Vene, Rötung,
thysmographie, Lichtreflexionsrheographie, Phle- Hyperthermie.
bodynamometrie
Diagnostik.
Therapie. 4 Anamnese: Kanülen o. ä.
4 Allgemeinmaßnahmen: körperliche Bewegung 4 Sonographie, Phlebographie: Ausbreitung der Ent-
zur Aktivierung der Wadenmuskelpumpe, Kom- zündung
pressionsbehandlung mit elastischen Binden bzw.
Strümpfen, Hitze meiden, bequeme Kleidung und > Die diagnostischen Maßnahmen sind von Ausdeh-
Schuhe, Hochlagerung der Beine nung der Entzündung abhängig.
4 Physikalische Therapie: Kaltwassergüsse, Bewe-
gungstherapie Differenzialdiagnose. Paraneoplastisches Syndrom
4 Medikamentöse Therapie: ödemprotektive Venen- bei maligner Grundkrankheit, Borrelliose, Behçet-
mittel wie Flavonoide und Rosskastanienextrakte Syndrom, Thrombangiitis obliterans, Lymphangitis,
(bisher therapeutische Evidenz durch Studien nicht Tendovaginitis, Bursitis, Erysipel, Phlebothrom-
gesichert) bose.
2.2 · Erkrankungen venöser Gefäße
71 2

Therapie. Ziel ist es eine weitere Ausbreitung der Ent- 4 Störungen der Fibrinolyse (verminderte Freiset-
zündung zu vermeiden. zung von t-PA, erhöhte Aktivität von PAI)
4 Allgemeinmaßnahmen: Mobilisation, kalte Um- 4 Erhöhte Blutviskosität durch Polyglobulie, forcierte
schläge, Kompressionsverbände Diurese mit Exsikkose
4 Medikamentöse Therapie: Salbenumschläge (In- 4 Nephrotisches Syndrom
dometacin, Diclofenac, Ibuprofen), bei Schmer- 4 Hyperhomozysteinämie
zen nichtsteroidale Antiphlogistika. Heparini-
sierung, wenn Thrombophlebitis sehr ausgeprägt Symptomatik. Schweregefühl in den Beinen, ziehender
ist (Mündungsbereich der V. saphena magna und Schmerz in der Wade oder im ganzen Bein, Umfangs-
parva); Bei zunehmender Ausdehnung und stei- differenz, akute Ödembildung (erst Knöchelbereich,
genden Entzündungsparametern Antibiose danach Stauungsödem), Zyanose, ektatische oberfläch-
liche Venen prätibial und über dem Fußrücken, lokale
> Eine Thrombose in den Cross-Venen ist eine Indika- Überwärmung, oberflächliche, vor allem prätibiale Ve-
tion für einen gefäßchirurgischen Eingriff. nenzeichnung. Tachykardie, Dyspnoe, Thoraxschmer-
zen, Husten, Fieber.
Prognose. Meist komplikationslos. Vollbild der Sepsis
z. B. bei Immunschwäche möglich, septischer Schock,
Endokarditis, bakterielle Embolie Druckpunkte und Hinweiszeichen bei tiefer
Beinvenenthrombose
4 Druckpunkte: Meyer-Druckpunkte im Verlauf
2.2.4 Phlebothrombose der V. saphena magna
4 Schmerzpunkte: Druckschmerz an der Ober-
Definition. Akuter, kompletter oder inkompletter Ver- schenkelinnenseite, im Kniegelenksbereich,
schluss einer tiefen Beinvene (. Abb. 2.2). in der Wade, Kulissendruckschmerz, Dorsa-
flexionsschmerz, Plantarmuskulatur-Druck-
Ätiopathogenese. Meist in Bein- und Beckenvenen schmerz
(98%), aber auch in den großen Hohl- und in den
Halsvenen lokalisiert. In ca. 10% der Fälle ist das erste
Symptom der Thrombose die Lungenembolie. ! Cave
Bei negativen Druckschmerzpunkten ist eine Phle-
Trias der Thromboseentstehung nach Virchow bothrombose nicht ausgeschlossen.
4 Beeinträchtigung der Gefäßwand bzw. des Endothels
4 Beeinträchtigung der Blutströmung
4 Beeinträchtigung der Blutzusammensetzung Wichtige Thrombosezeichen
4 Payr-Zeichen: Fußsohlenschmerz
Risikofaktoren: 4 Bisgaard-Zeichen: Kulissendruckschmerz im
4 Hormonelle Kontrazeptiva retromalleolären Bereich
4 Gleichzeitiger Nikotinabusus 4 Homann-Zeichen: Wadendruckschmerz bei
4 Bekannte Phlebothrombose Dorsalflexion
4 Herzerkrankungen wie Herzinsuffizienz, konges- 4 Lowenberg-Test: Wadendruckschmerz ausge-
tive Kardiomyopathie löst durch Drucksteigerung, z. B. mit einer Blut-
4 Neoplasien druckmanschette, Seitendifferenz
4 Operationen 4 Meyer-Druckpunkte: Druckschmerzpunkte im
4 Trauma Verlauf der tiefen Venen
4 Schwangerschaft 4 Pratt-Zeichen: Druckschmerz in der Kniekehle
4 Immobilisation, Bettlägerigkeit, Lähmungen, Gips-
ruhigstellung
4 Angeborene Thrombophilie: Protein-C-, Protein- Mögliche Komplikationen sind:
S-, Antithrombin-III-Mangel, aktivierte Protein- 4 Lungenembolie
C-Resistenz (APC-Resistenz), Faktor-V-Leiden- 4 Phlegmasia coerulens dolens
Mutation, Faktor-II-Mangel, hereditäre Fibrino- 4 Postthrombotisches Syndrom
lysedefekte 4 Ulcus cruris
72 Kapitel 2 · Angiologie

. Abb. 2.2. Mindmap Phlebothrombose


2.2 · Erkrankungen venöser Gefäße
73 2

Diagnostik. 2.2.5 Postthrombotisches Syndrom,


4 Anamnese: oben genannte Risikofaktoren chronisch-venöse Insuffizienz
4 Klinik: Druckschmerzpunkte, Zyanosezeichen,
Tasten der Pulse, Umfangsmessung Definition.
4 Duplexsonographie (kein Blutfluss, Venen nicht 4 Postthrombotisches Syndrom: Folgezustand nach
komprimierbar, Thrombus echoreicher), Phlebo- akuter, subakuter oder rezidivierender Phlebo-
graphie (Lokalisation, Tiefe) thrombose
4 Chronisch venöse Insuffizienz: Kombination von
Differenzialdiagnose. Posttraumatische Schwellung, Venen- und Hautveränderungen bei konstanter
Tumoren, Zysten, Aneurysmen, Hämatome, Hernie, venöser Hypertension
Muskelriss, Lymphödem, Angioödem, Ödem (Rechts-
herzinsuffizienz), Thrombophlebitis (. Tab. 2.7). Ätiopathogenese. Unterschieden werden:
4 Primär venöse Insuffizienz:
Therapie. 5 Klappeninsuffizienz der oberflächlichen Venen
4 Vorbeugende Maßnahmen: unter Beteiligung der Verbindungsvenen
5 Primäre Prävention: Risikofaktoren, Ursachen 5 Varizen bei Angiodysplasien
(operative Eingriffe, Bettlägerigkeit, rezidivie- 5 Dependency-Syndom (Ausfall der Waden-
rende Thrombosen), Einsatz nichtmedika- muskelpumpe, z. B. bei Parese)
mentöser und medikamentöser Thrombose- 4 Sekundäre, postthrombotisch bedingte venöse
prophylaxemaßnahmen Insuffizienz:
5 Sekundäre Prävention: weitere Faktoren (here- 5 Chronische Verschlüsse
ditäre Erkrankungen); Umschulung, falls Beruf 5 Sekundäre Klappeninsuffizienzen
ein Risikofaktor darstellt
4 Allgemeinmaßnahmen: Bein-/Oberkörperhoch- Verlauf des postthrombotischen Syndroms
lagerung, halbsitzende Stellung, Bolusinjektionen 4 Akute venöse Insuffizienz: z. B. nach Thrombose. Dauer
mit Heparin (i.v., s.c.), Kompressionstherapie bis 4 Wochen. Spontane Revaskularisation und Kollate-
4 Heparinisierung (i.v., subkutan) ralisation.
4 Fibrinolysebehandlung mit Streptokinase, Uro- 4 Adaptation, Kompensation: Reparatur, Rekanalisation
kinase, t-PA des Thrombus mit endogener Fibrinolyse. Dauer Mo-
4 Operative Thrombektomie: nur bei proximaler, nate bis zu einem Jahr. Postthrombotisches Frühsyn-
bei maximal 5 Tage alter Thrombose drom möglich (Stauungsödem).
4 Nachbehandlung: orale Antikoagulation für 4–6 4 Kompensiertes postthrombotisches Syndrom: Dauer
Monate, abhängig von der Grunderkrankung Monate bis Jahre. Symptomfrei.
4 Dekompensation (postthrombotisches Spätsyndrom):
! Cave
Zusammenspiel mehrerer Faktoren, wie z. B. stenosie-
Keine Immobilisation bei gehfähigen Patienten mit
rende Fibrosierung, partielle Rekanalisation, Klappen-
frischen isolierten Unterschenkelthrombosen. Bett-
insuffizienz aufgrund Narbenschrumpfung.
ruhe, Heparinisierung und frühzeitige Immobilisation
bei frischen Popliteal-, Femoral- und Beckenvenen-
Epidemiologie. Prävalenz 15%, Frauen > Männer. Post-
thrombosen.
thrombotisches Syndroms bei ca. 50% der Patienten
mit tiefer Beinvenenthrombose.
. Tab. 2.7. Differenzialdiagnose Thrombophlebitis
Symptomatik. Schweregefühl in den Beinen, Müdig-
und Phlebothrombose
keit, Schwellung vor allem der unteren Extremitäten,
Thrombo- Lokalisierte Entzündungszeichen Juckreiz, Spannungsgefühl, Wadenkrämpfe, rezidivie-
phlebitis (Dolor, Rubor, Calor), lokalisiertes Be- rendes Ulcus cruris.
gleitödem, schmerzhaft entzündete
oberflächliche Venen > Besserung der Symptomatik bei kühlem Wetter und
Phlebo- Zyanose der betroffenen Extremität, Hochlagerung der Extremität, Verschlechterung bei
thrombose globale Schwellneigung der Extremität, warmem Wetter.
keine sichtbare Thrombose einer Varize,
typischen Druckschmerzpunkte
74 Kapitel 2 · Angiologie

Stadien der chronisch-venösen Insuffizienz: Binden oder Strümpfen, kalte Güsse, Bewegungs-
4 Stadium I: Corona phlebectatica paraplantaris therapie
(variköser Venenkranz am Fußrand), diskretes 4 Medikamentöse Behandlung: venentonisierende,
2 Stauungsödem antiadenomatöse Medikamente, Diuretika (nur in-
4 Stadium II: Stauungsdermatose, weiße Atrophie itial, da Hämokonzentration)
der Haut (Atrophie blanche), Depigmentierung, 4 Invasive Maßnahmen: Varizensklerosierung,
Stauungsinduration, Hyperpigmentierung, Ekzem Durchtrennung von insuffizienten Perforans-
4 Stadium III: abgeheiltes oder florides Ulcus cruris venen, Varizenchirurgie, spezielle Ulkuschirur-
gie
Komplikationen:
4 Superinfektionen des Ekzems oder Ulcus cruris Prognose. Günstige Prognose nur bei konsequenter
4 Knochenmetaplasie lebenslanger Kompressionstherapie und der anderen
4 Allergieentwicklung allgemeinen Maßnahmen.

Diagnostik.
4 Anamnese: bekannte Thrombose 2.2.6 Ulcus cruris venosum
4 Klinik: Ödem der Extremitäten, kutane Insuffi-
zienzzeichen (kleinkalibrige Venektasien, Stauungs- Synonym. Unterschenkelgeschwür.
ekzem, Dermoepidermitis, Parakeratose, Hämo-
siderose, Mikroulzerationen, längliche Ulzera über Definition. Gewebsnekrose aufgrund venöser Gefäß-
insuffizienten Cockett-Venen, größere Erosivge- stauung bei Varikose.
schwüre), meist einseitig betroffene Extremität,
Varizen, Erysipelbildung möglich Ätiopathogenese. Häufigste Ulkusform (80% der Ul-
4 Duplexsonographie/Phlebogramm: Klappenin- zera), ggf. nach Phlebothrombose oder lange Immo-
suffizienz, Reflux im tiefen Venensystem, kutane bilisation.
Lymphabflussstörungen
Symptomatik. Schmerzen im Rahmen einer exulze-
Differenzialdiagnose. rierten Capillaritis alba, sicht- und tastbare Varikosis,
4 Ödeme bräunlich verfärbte und trophisch veränderte Haut
5 Lymphödem: blasse Haut, teigige Konsistenz, als Zeichen einer Stauungsdermatitis. Lokalisation
tiefe Querfalte über den Zehen meist proximal des Innenknöchels, in schweren Fällen
5 Lipödem: nicht eindrückbar, v. a. Frauen mitt- Gamaschenulkus (den gesamten Unterschenkel be-
leren Alters treffend).
5 Kardiale Ödeme: Rechtsherzinsuffizienz, Cor
pulmonale Differenzialdiagnose. pAVK, Erysipel, Plantarulcus
5 Renale Ödeme: Niereninsuffizienz mal perforans.
5 Onkotische Ödeme: Hypoproteinämie, Hypal-
buminämie Diagnostik. Klinik.
4 Veränderungen der Haut
5 Ekzeme, Hautblutungen, Vaskulitiden, Erysi- Therapie. Schwierig und langwierig. Beseitigung der
pel, diabetisches Gangrän Stauung durch Kompression und Gehübungen tags-
über und Hochlagerung nachts. Wundpflege mit syn-
Therapie. thetischen Wundverbänden. Chirurgische Deckung.
4 Allgemeine, physikalische Maßnahmen: konse- Ultima Ratio: Faszienentfernung mit großzügiger Exzi-
quente Kompressionsbehandlung mit elastischen sion der Geschwüre.
2.2 · Erkrankungen venöser Gefäße
75 2

In Kürze

Erkrankungen venöser Gefäße

Varikosis 4 Symptomatik: Schwere-/Müdigkeitsgefühl der Beine, prämenstruelle Schmerzen in


Varizen, Knöchelschwellung, Beschwerdezunahme bei Wärme, Besserung bei Bein-
hochlagerung
4 Ätiologie: Erweiterung oberflächlicher Venen bei familiärer Belastung, genetischer
Disposition, Fehlen der Venenklappen, Venenwandschwäche, Adipositas, Schwanger-
schaft, statischer Belastung (langes Stehen, Sitzen), Abflussstauung, postthrombo-
tischem Syndrom, Venenklappeninsuffizienz
4 Diagnostik: Klinik, Tastbefund, positiver Hustentest (palpable Expansionsbewegung
beim Husten), sekundäre Zeichen (Besenreiser, chronisch venöses Stauungssyndrom),
Doppler-Sonographie, Phlebographie, Photoplethysmographie, Lichtreflexionsrheo-
graphie, Phlebodynamometrie
4 Therapie: Bewegung (Wadenmuskelpumpe), elastische Binden/Strümpfe, Hitze meiden,
Hochlagerung der Beine. Physikalische Therapie (Kaltwassergüsse, Bewegungstherapie),
Versuch mit ödemprotektiven Venenmittel. Sklerosierungstherapie, Varizenstripping

Thrombo- 4 Symptomatik: lokal druckdolente derbe Vene, Rötung, örtliche Hyperthermie


phlebitis 4 Ätiologie: Entzündliche Thrombosierung oberflächlicher Venen infolge Trauma, Infekt,
Neoplasie, Immunkomplexvaskulitis, Thrombangiitis obliterans, Immobilisation, an den
Armen meist iatrogen (Kanülen)
4 Diagnostik: Anamnese, Darstellung von Ausbreitung/Tiefe einer Entzündung
4 Therapie: Entzündungsbehandlung, allgemeine Maßnahmen (Kälteapplikation, Kom-
pressionsbehandlung, rasche Mobilisierung), medikamentöse Therapie (nichtsteroidale
Antiphlogistika, heparinhaltige Externa, Antikoagulation bei größerer Ausdehnung und
Gefährdung der tiefen Venen). Bei septischer Thrombophlebitis Kühlung, Heparingel,
Antibiotika, Antiphlogistika, kein Druckverband

Phlebo- 4 Symptomatik: Schweregefühl der Beine, ziehender Schmerz (Wade, ganzes Bein), Um-
thrombose fangsdifferenz, Ödem (erst Knöchelbereich, dann Stauungsödem), Zyanose, ektatische
oberflächliche Venen prätibial/über dem Fußrücken, lokale Überwärmung, prätibiale
Venenzeichnung, Tachykardie, Dyspnoe, Thoraxschmerzen, Husten, Fieber. Thrombose-
zeichen (Payr-, Bisgaard-, Homann-, Lowenberg-, Pratt-, Meyer-Druckpunkte)
4 Ätiologie: Beeinträchtigung der Gefäßwand (Endothel), Blutströmung,der Blutzusam-
mensetzung. Risikofaktoren: Kontrazeptiva, gleichzeitiger Nikotinabusus, bekannte
Phlebothrombose, Herzerkrankungen, Neoplasien, Operationen, Trauma, Schwanger-
schaft, Immobilisation, Thrombophilie, Störungen der Fibrinolyse, erhöhte Blutvisko-
sität, Exsikkose, nephrotisches Syndrom, Hyperhomozysteinämie
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Duplexsonographie, Phlebographie
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen (Hochlagerung, Wickeln der Extremität zur Verbes-
serung der venösen Zirkulation und gegen Ödeme und Ablösung von Thromben,
Bettruhe bei schmerzhaften Schwellungen für wenige Tage), Fibrinolysebehandlung,
6 Thrombektomie, orale Antikoagulation
76 Kapitel 2 · Angiologie

Postthromboti- 4 Symptomatik: Folgezustand einer Phlebothrombose


sches Syndrom, 4 Ätiologie: Schweregefühl der Beine, Müdigkeit, Schwellung, Juckreiz, Spannungsgefühl,
2 chronisch-venöse Wadenkrämpfe, rezidivierende Ulcus cruris. Besserung bei kühlem Wetter, Hochlage-
Insuffizienz rung, Verschlechterung bei warmem Wetter
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Duplexsonographie/Phlebogramm
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen (konsequente Kompressionsbehandlung mit Strumpf-
klasse 2 oder 3), physikalische Maßnahmen (Anwendung von Pelotten), medikamentöse
Behandlung, invasive Maßnahmen (Ligatur der Perforansvenen und Stripping der
Sekundärvarizen)

Ulcus cruris 4 Symptomatik: Schmerzen bei exulzerierter Capillaritis alba, schwere Varikosis, bräun-
venosum lich verfärbte und trophisch veränderte Haut bei Stauungsdermatitis, meist proximal
des Innenknöchels, Gamaschenulkus möglich
4 Ätiologie: Gewebsnekrose aufgrund venöser Gefäßstauung bei Varikose, ggf. nach
Phlebothrombose oder langer Immobilisation
4 Diagnostik: Klinik mit typischem venösem Unterschenkelgeschwür im Bereich des
Innenknöchels
4 Therapie: Schwierig und langwierig, Kompression, Hochlagerung, Wundpflege,
chirurgsche Deckung. Ultima Ratio: Faszienentfernung mit großzügiger Exzision der
Geschwüre

2.3 Erkrankungen lymphatischer Therapie. Ruhigstellung, kühlende Umschläge, Wund-


Gefäße versorgung, Sanierung des Infektionsherdes, antibioti-
sche Therapie (Penicillin, Cephalosporine).
2.3.1 Unspezifische Lymphangitis

Definition. Akute oder chronische Entzündung der 2.3.2 Lymphödem


Lymphgefäße.
Definition. Lymphakkumulation infolge Störung des
Ätiopathogenese. Ursprung meist Rhagaden oder Abtransports in den Extremitäten.
Erosionen mit lymphogener zentripetaler Ausbreitung
eines bakteriellen Erregers (typische Keime: Strepto- Ätiopathogenese. Ansammlung von Lymphe bei Ab-
kokken, Staphylokokken) und Übergriff auf den regio- pressen von eiweißarmen Plasma durch die Kapillaren
nalen Lymphknoten. ins Gewebe aufgrund hydrostatischen Druckgefälles
und Transport über den Ductus lymphaticus in das
Symptomatik. Typischerweise unscharf begrenzter venöse System.
rotbrauner subkutaner druckempfindlicher Streifen,
von distal in Richtung Lymphknoten reichend, sekun- Epidemiologie. Selten, Frauen > Männer.
där obliterierende Fibrosklerose des Lymphgefäßes,
Rötung, Spannung der Haut (Lymphthrombose), In- Symptomatik. Lymphödeme der Beine häufiger als
fektionsherd. Lymphödeme der Arme. Typisch ist eine säulenartige
Schwellung der distalen Unterschenkel mit Verwi-
Diagnostik. Klinik, subfebrile Temperaturen, Leuko- schung der Konturen der Knöchelregion. Im Gegen-
zytose. satz zum kardialen oder venösen Ödem sind die
Zehen eher wulstförmig verändert, begleitet von inter-
Differenzialdiagnose. Phlebitis (derber erhabener digitalen Mykosen und schwer abhebbaren dorsalen
Strang, keine Lymphknotenschwellung). Hautfalten infolge bindegewebiger Verdickung des
Koriums (Stemmer-Zeichen). Im fortgeschrittenen
Stadium Papillomatose der Haut. Beim Lipödem,
2.3 · Erkrankungen lymphatischer Gefäße
77 2

4 Sekundäres Lymphödem: Beginn meist axillär


Einteilung des Lymphödems oder inguinal, distales Fortsetzen der Ödeme
4 Primäres Lymphödem
– Kongenitales Lymphödem: Nonne-Milroy- Stadien des Lymphödems
Form (kongenitale Manifestation mit Hypo- 4 Stadium I: latentes, reversibles Ödem, gestörter noch
und Aplasie der Lymphgefäße nach der kompensierter Lymphabfluss (Insektenstich, Prellung,
Geburt und bei Kleinkindern), Typ Meige Distorsion) mit kompletter Rückbildung bei adäquater
(spätere Manifestation) Lagerung
– Nichtkongenitale Lymphödeme: Meige- 4 Stadium II: reversibles Ödem, welches am Tagesende
Form, meist in der Pubertät beginnend, bei auftaucht und sich über Nacht rückbildet
Agenesie, Aplasie (fehlende Lymphbahnen), 4 Stadium III: chronisches irreversibles Ödem mit indu-
Hyperplasie, Lymphangiektasie (zu weite rierter Konsistenz
Lymphgefäße mit insuffizienten Gefäßklap- 4 Stadium IV: lymphostatische Elephantiasis
pen) oder Hypoplasie (Transportkapazität
vermindert, häufigste Form), Hypoplasie der Diagnostik.
Lymphkollektoren, Lymphknotenhypoplasie 4 Anamanese
mit Fibrose. 4 Klinik: Schwellung, Entzündungszeichen, Stem-
– Lymphoedema praecox (Auftreten vor dem mer-Zeichen
35. Lebensjahr) und tardum (Auftreten nach 4 Labor: Blutbild, Eiweiß, Nierenwerte, Elektrolyte
dem 35. Lebensjahr). 4 Doppler bzw. Farbduplex (Ausschluss einer (Mit-)-
4 Sekundäres Lymphödem Beteiligung der Venen); Lymphszintigraphie, direk-
– Parasiten: Wucheria bancrofti, Leishman- te/indirekte Lymphographie, MRT
niose, Echinokokkose, Borrelliose
– Bakterien, Mykosen: (rezidivierendes) Erysi- Differenzialdiagnose. Renale, allergische, hepatogene,
pel, Tuberkulose, Lues, Typhus, Filariose hereditäre angioneurotische, traumatische, ischämische,
– Viren: Herpes simplex diabetische, orthostatische, idiopathische Ödeme.
– Postthrombotisches Syndrom, Zustand nach 4 Symmetrisch lokalisierte Ödeme: kardiale, hor-
Thrombophlebitis monelle, hypoproteinämische Ödeme, Lipödem,
– Akute oder chronische Lymphangitis Myxödeme
– Malignes oder benignes Lymphödem bei 4 Einseitig lokalisierte Ödeme: Phlebödeme, trau-
Tumorleiden (Mamma-, Prostatakarzinom) matische, artifizielle, rheumatische, entzündliche
– Iatrogen: nach Lymphknotenentfernung, Be- Ödemen
strahlung (Strahlenschäden), Sklerosierung
– Nach Traumen, postoperativ Therapie. Vorbeugend konsequente Kompressionsthe-
– Selbsteinwirkung (artifizielles Lymphödem) rapie (Binden, Kompressionsstrümpfe).
– Vermehrte Produktion von Lymphflüssigkeit 4 Allgemeinmaßnahmen: sorgfältige Fußpflege,
aufgrund: Gewichtsreduktion
– erhöhtem hydrostatischem Druck, z. B. 4 Medikamente: bei Bedarf antimykotische Therapie
Varikosis und antibiotische Behandlung bei Lymphangiitis
– erniedrigtem onkotischem Druck, z. B. 4 Physikalische Therapie: manuelle Lymphdrainage,
Albuminmangel intermittierende Kompressionsbehandlung, Ent-
– erhöhter Kapillarpermeabilität, z. B. allergi- stauung
sches oder entzündliches Ödem 4 Invasive Maßnahmen (selten): Anlage lympho-
venöser Anastomosen, operative Resektion öde-
matöser Bereiche

einer konstitutionell und familiär gehäuften Störung ! Cave


der subkutanen Fettanlage, sind die freien Fußrücken Überwärmung, einengende Kleidung, Blutentnah-
sowie eine schmerzhafte Kompression des Ödems men, Akupunktur, jegliche Injektionen, Blutdruck-
typisch. messung, Wärme- und Kältebehandlungen, Zink-
4 Primäres Lymphödem: blass, meist schmerzlos leimverbänden, invasive diagnostische Verfahren,
ohne Überwärmung, Beginn an den Zehen, dann Probeexzisionen sollten vermieden werden.
Fußrücken, Unterschenkel, Oberschenkel 6
78 Kapitel 2 · Angiologie

Diuretika sind kontraindiziert, da der Wasserent- Symptomatik. Lymphstau mit sekundären Stauungs-
zug zu einer weiteren Konzentrierung des Eiweißge- zeichen. Progressives Lymphangiom: Rotbraune pla-
haltes führt. queförmige Hautverdickung mit gutartiger Größen-
2 zunahme.
Prognose. Meist lebenslange konsequente Therapie
notwendig. Komplikationen sind Lymphangitis, rezi- Diagnostik. Sonographie, Lymphangiographie.
divierendes Erysipel, Lymphangiosarkome (Steward-
Trewes-Syndrom), Lymphfistel und Hyperkeratose Therapie. Chirurgische Tumorresektion.
(Verrucosis lymphostatica).
Lymphangiosarkom
Synonym: Stewart-Treves-Syndrom. Bösartiger Tumor der
2.3.3 Tumoren Lymphgefäße mit früher Metastasierung. Typischerweise
schmerzlose blutergussartige Flecken im Bereich einer
2.3.3.1 Benignes Lymphangiom lymphomatös geschwollenen Extremität. Nach histologi-
Definition. Benigne Neoplasie der Lymphgefäße. scher Bestätigung Amputation der betroffenen Extremität
indiziert.
Ätiopathogenese. In der Regel angeboren und gutar-
tig. Unterscheidung in kapilläre Lymphangiome, die Prognose. Die sarkomatöse Entartung droht nur Pa-
lokale, oberflächliche Lymphangiome bilden und ka- tienten mit ausgeprägten, ungenügend oder unbehan-
vernöse Lymphangiome, die ausgedehnte, tiefe Lymph- delten Lymphödemen. Die konsequente Therapie ist
angiome bilden. Vergrößern sich im Laufe der Jahre. die beste Prophylaxe.
Wesentlich seltener als Hämangiome.

In Kürze
Erkrankungen der Lymphgefäße

Unspezifische 4 Symptomatik: unscharf begrenzter rotbrauner subkutaner druckempfindlicher Streifen,


Lymphadenitis von distal in Richtung Lymphknoten reichend, sekundär obliterierende Fibrosklerose,
Rötung, Lymphthrombose, Infektionsherd
4 Ätiologie: Ursprung meist Rhagaden oder Erosionen, lymphogene zentripetale Ausbrei-
tung, Übergriff auf regionalen Lymphknoten
4 Diagnostik: Klinik, subfebrile Temperaturen, Leukozytose
4 Therapie: Ruhigstellung, kühlende Umschläge, Wundversorgung, Sanierung des Infek-
tionsherdes, Antibiotika

Lymphödem 4 Symptomatik: säulenartige Schwellung der distalen Unterschenkel, Verwischung der


Konturen der Knöchelregion, wulstförmige Zehen, interdigitale Mykosen, schwer abheb-
bare dorsale Hautfalten bei bindegewebiger Verdickung des Koriums (Stemmer-Zeichen).
Später Papillomatose der Haut
– Primär: blass, meist schmerzlos ohne Überwärmung, anfangs Zehen, später Fußrücken,
Unterschenkel, Oberschenkel
– Sekundär: meist axillär, inguinal, distales Fortsetzen der Ödeme
4 Ätiologie: Ödeme durch Störungen des Lymphabflusses, denen eine Aplasie oder Hypo-
plasie der Extremitätenlymphbahnen, eine Lymphangiektasie (Klappeninsuffizienz)
oder eine Obstruktion der Lymphbahnen zugrunde liegen kann
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Labor, Doppler bzw. Farbduplex, Lymphszintigraphie,
6 direkte/indirekte Lymphographie und/oder MRT
2.3 · Erkrankungen lymphatischer Gefäße
79 2

Lymphödem 4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen (intermittierende Hochlagerung der Beine, Kompres-


sion), physikalische Therapie (Lymphdrainage mit anschließender Kompression, pneuma-
tische Massage), medikamentöse Therapie (Saluretika), Behandlung und Prophylaxe
von Streptokokken- und Pilzinfektionen, invasive Maßnahmen bei Elephantiasis durch
Exzision des Subkutangewebes. Bei sekundären Formen: Behandlung der Grundkrank-
heit, bei unterbrochenen Lymphbahnen (z. B. nach Trauma) mikrochirurgische Lymph-
gefäßtransplantation

Lymphangiom 4 Symptomatik: Lymphstau mit sekundären Stauungszeichen


4 Ätiologie: angeboren und gutartig. Kapilläre Lymphangiome (lokal, oberflächlich), kaver-
nöse Lymphangiome (ausgedehnt, tief ), Größenzunahme, seltener als Hämangiome
4 Diagnostik: Sonographie, Lymphangiographie
4 Therapie: chirurgische Tumorresektion
3 Pneumologie
S.Barreiro Cotón, K.-P.Schaps

3.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –82


3.1.1 Anamnese –82
3.1.2 Klinische Untersuchung –82
3.1.3 Diagnostik –82

3.2 Erkrankungen der Atemwege –83


3.2.1 Asthma bronchiale –83
3.2.2 Chronisches Asthma bronchiale, Status asthmaticus –87
3.2.3 Bronchiektasien –87
3.2.4 Zystische Fibrose –88
3.2.5 Hamman-Rich-Syndrom –89
3.2.6 Atelektasen –89
3.2.7 Pneumokoniosen –90

3.3 Erkrankungen durch Erreger –91


3.3.1 Bronchitis –91
3.3.2 Pneumonie –95
3.3.3 Tuberkulose –100
3.3.4 Aspergillose, Kryptokokkose –102
3.3.5 Sarkoidose –102
3.3.6 Mediastinitis –104

3.4 Tumoren der Lunge –105


3.4.1 Bronchialkarzinom –105
3.4.2 Lungenmetastasen –106
3.4.3 Bronchialkarzinoid –107
3.4.4 Benigne Lungentumoren –107

3.5 Erkrankungen des Lungenkreislaufs –108


3.5.1 Lungenödem –108
3.5.2 Lungenembolie –108

3.6 Erkrankungen der Pleura –110


3.6.1 Pneumothorax –110
3.6.2 Pleuraerguss, exsudative Pleuritis –110
3.6.3 Pleuratumoren –111
82 Kapitel 3 · Pneumologie

3.1 Anamnese, klinische Unter- 4 Reibegeräusche (Verschieben der Pleurablätter


suchung, Diagnostik gegeneinander, verschwinden bei Entzündungen,
Erguss)
4 Rasselgeräusche (RG):
3.1.1 Anamnese 5 feucht (Ödem, Eiter, Blut), grobblasig (große
Atemwege, Lungenödem), mittelblasig (Bron-
3 Erfragt werden müssen: chitis), feinblasig (Pneumonie)
4 Alter, Geschlecht, BMI (Body Mass Index) 5 trocken (zäher Schleim), Giemen, Brummen,
4 Vorerkrankungen: Hypertonie, KHK, Myokardin- Pfeifen
suffizienz, Myokardinfarkt 5 Sklerophonie (Knisterrasseln) bei fibrosieren-
4 Voroperationen den Erkrankungen
4 Fieber, Belastbarkeit, Unwohlsein
4 Nikotinabusus
4 Medikamente, Drogenkonsum 3.1.3 Diagnostik
4 Berufliche Exposition: Gase, Dämpfe, Staub
4 Genetische Exposition: Familienanamnese, α1-Pro- 3.1.1.3 Untersuchungen
teinase-Inhibitor-Mangel Spirometrie. Messung von Lungenvolumina, Eintei-
lung in obstruktive (Atemwegeverengung) und restrik-
Leitsymptome:
tive (vermindertes Lungenvolumen) Ventilationsstö-
4 Dyspnoe (intermittierend, persistierend, lageab- rungen.
hängig) 4 Vitalkapazität (VC): Sollwerte durch Größe, Ge-
4 Zyanose schlecht und Alter beeinflusst; Minderung meist
4 Husten durch restriktive Störungen
4 Auswurf (Farbe, Konsistenz) 4 Einsekundenkapazität (nach Tiffeneau, FEV1)
4 Hämoptyse 4 Relative Einsekundenkapazität: Verhältnis von
4 Hämoptoe FEV1 zu VC in % (. Abb. 3.1)
4 Thoraxschmerz

> Prozesse des Lungenparenchyms verursachen keine


Fluss-Volumen-Diagramm (Peak-Flow-Messung).
Schmerzen.
4 Maximaler exspiratorischer Flow (MEF25,50,75: Be-
stimmung der maximalen Atemstromstärke bei
25, 50, 75% der FVC)
3.1.2 Klinische Untersuchung 4 Exspiratorischer Spitzenfluss (»peak exspiratory
flow« in l/s)
Inspektion:
4 Thoraxform, Symmetrie, Narben, Hautkolorit Resistance (Atemwegswiderstand). Obstruktions-
4 Atmung: Tachypnoe, Bradypnoe, Orthopnoe, Dys- nachweis. Offene (Oszillationsmethode), geschlossene
pnoe Methode (Bodyplethysmographie).
4 Uhrglasnägel, Trommelschlegelfinger
Compliance. Volumenveränderung der Lunge bei
Palpation Änderung des transpulmonalen Drucks
4 Verminderte Thoraxvibration (z. B. durch Erguss) 4 Statische Compliance (Messung bei Atemstillstand)
4 Dynamische Compliance (Messung bei vorgege-
Perkussion: bener Atemfrequenz)
4 Lungengrenzen, Verschieblichkeit (Zwerchfell-
hochstand, Erguss) Spiroergometrie. O2-Aufnahme, CO2-Abgabe bei Be-
4 Luftleere, luftarme Bezirke lastung (respiratorische Quotient).

Auskultation: Blutgasanalyse (BGA). pO2 (70–100 mmHg), pCO2


4 Bronchiale Atmung über Lunge (Atelektase) (um 40 mmHg), pH (7,37–7,45), Sauerstoffsättigung,
4 Silent chest: Atemgeräusch fast aufgehoben (Über- Basenexzess (. Tab. 3.1).
blähung, starke Obstruktion)
4 Forcierte Exspiration: Asthma, Emphysem Weitere Untersuchungen. Sputumuntersuchung, Immu-
4 Stridor in Inspiration (Stenose der oberen Luftwege) nologie, Bronchoskopie, Provokationsstests, Hauttests.
3.2 · Erkrankungen der Atemwege
83 3

. Abb. 3.1. Schematisches Spirogramm (FEV1 = Einsekundenausatmungskapazität)

. Tab. 3.1. Stadieneinteilung der arteriellen Blutgasanalyse bei respiratorischer Insuffizienz

Stadium paO2 PaCO2 pH

I Normal p n Respiratorische Alkalose

II Partielle Insuffizienz p Normal Normal

III Globale Insuffizienz <50 >45 p Respiratorische Azidose und metabolische Alkalose

3.1.3.2 Bildgebende Verfahren Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale). Nichtatopi-


Hierzu gehören: Thoraxröntgen, CT, Sonographie, ker können auch an Asthma erkranken.
Echokardiographie, Pulmonalisangiographie, Perfusi- Differenzierung in (. Tab. 3.2):
onsszintigraphie. 4 Allergisches Asthma (Extrinsic Asthma)
4 Nichtallergisches Asthma (Intrinsic Asthma, aus-
lösbar durch Infekt)
3.2 Erkrankungen der Atemwege 4 Mischformen (ca. 80%)

3.2.1 Asthma bronchiale Asthmaformen:


4 Analgetika-Asthma: bei 20% der Patienten mit
Definition. Chronisch-entzündliche Erkrankung der nichtallergischem Asthma, nach Einnahme von
Atemwege mit rekurrenten Episoden von Giemen, ASS oder anderen nichtsteroidalen Antiphlogistika
Dyspnoe, Engegefühl der Brust und Husten, meist Bronchoobstruktion, häufig mit Rhinorrhö, Kon-
spontan oder nach Behandlung reversibel. Zunahme juktivitis; keine klassische allergische Reaktion!
der Atemwegsreagibilität gegenüber weiterer Stimuli 4 Anstrengungsasthma (»exercise-induced asthma«,
(. Abb. 3.2). EIA): ca. 30% der Erwachsenen, 80% der Kinder
mit Asthma bronchiale, meist kurz nach Ende der
Ätiopathogenese. Familiäre Häufung, Hyperreagibili- körperlichen Aktivität
tät (Allergie) durch verschiedene Stoffe. Klinische Zei- 4 Sulfitasthma: aufgrund schwefelhaltiger Nah-
chen der Atopie (Milchschorf, atopische Dermatitis, rungs- und Genussmitteln
84 Kapitel 3 · Pneumologie

. Abb. 3.2. Mindmap Asthma


3.2 · Erkrankungen der Atemwege
85 3

glasiger Auswurf, verlängertes Exspirium, Tachykardie,


. Tab. 3.2. Typische Merkmale des Intrinsic und abwechselnd abdominelle und kostale Atmung. Kaum
Extrinsic Asthma Schmerzen.
Asthmaform Merkmale
> Häufige Kombination beim Intrinsic Asthma: Atem-
Intrinsic Beginn meist im Erwachsenenalter, notanfall, Polyposis nasi, Analgetika-Intoleranz.
Hauttest meist negativ, Auslöser oft
mehrere Faktoren zusammen, be- Diagnostik.
vorzugte Erkrankungszeiten Herbst 4 Anamnese: Anfallsbeschreibung, Husten, Sputum,
und Winter, Eosinophilienn
Bewusstlosigkeit, Auslöser, Medikamente, Atopie
Extrinsic Beginn meist im Kindesalter, oft 4 Körperliche Untersuchung: Zyanose, Atemfre-
Atopiker, bei Allergenexposition quenz, Herzfrequenz, Blutdruck
IgE-vermittelte Soforttypreaktion, 4 Inspektion: Symmetrie, Überblähung
Hauttest positiv, Auslöser können 4 Perkussion: hypersonorer Klopfschall, Zwerchfell-
differenziert werden, viele im Früh- tiefstand
jahr symptomatisch 4 Auskultation: trockene/spastische RG, in- und exspi-
ratorisches Giemen, Brummen, Atemgeräusch abge-
schwächt (»silent chest«), Exspiration verlängert
4 Berufsbedingtes Asthma: durch Allergene verur- 4 Labor: Eosinophile, eosinophiles kationisches
sachtes Asthma (Mehl-/Holzstaub, Tierhaare u. a.) Protein (ECP, Aktivitätsmarker), Gesamt-IgE, spe-
zifische IgE-Antikörper, Leukozytose, BSG und
Auslöser eines akuten Asthmaanfalls können sein: CRP erhöht, BGA (pO2 deutlich erniedrigt)
4 Antigenexposition 4 Sputumanalyse: zäh, glasig
4 Respiratorische Virusinfekte 4 EKG: Sinustachykardie im Anfall
4 Medikamente 4 Thoraxröntgen (. Abb. 3.3)
4 Körperliche Anstrengung 4 Hauttests: Allergene
4 Lungenfunktion: FEV1 erniedrigt, Atemwegswi-
Epidemiologie. Sind beide Elternteile betroffen, liegt derstand erhöht, FRC, Vitalkapazität erniedrigt,
das Erkrankungsrisiko bei ca. 40%, ist nur ein Elternteil Resistance erhöht
betroffen, bei ca. 20%. 4 Bronchodilatationstest: Lungenfunktionsprüfung
vor und nach Inhalation mit z. B. β2-Sympatho-
Symptomatik. Leitsymptom ist die anfallsweise auftre- mimetika. Anstieg der FEV1 um 20%; erfasst Re-
tende Atemnot (Giemen, Kurzatmigkeit, Engegefühl versibilität einer Atemwegsobstruktion (Differen-
der Brust, Husten), meist nachts und am frühen Morgen zialdiagnose Lungenemphysem), ob Therapie mit
(zwischen 3–5 Uhr, »early morning dipping«). Zäh- β2-Sympathomimetika sinnvoll ist

a b
. Abb. 3.3. Asthma bronchiale. a Im Anfall Überblähung der Lunge mit Tiefstand des Zwerchfells. b Nach dem Anfall Rückbil-
dung der Überblähung (Sammlung Prof. Jend)
86 Kapitel 3 · Pneumologie

4 Histaminprovokationstest: bronchiale Überemp- Zu Therapieempfehlungen . Tab. 3.3, . Tab. 3.4).


findlichkeit. Ermittlung der Schwellendosis nach
> Beim akuten Asthmaanfall:
Inhalation mit steigender Konzentration
4 ambulant: β2- Sympathomimetikum, Prednisolon,
Theophyllin, Sauerstoff
Differenzialdiagnose. COPD, Bronchitis, Emphysem.
4 stationär: Sauerstoff, β2-Sympathomimetikum,
3 Bei akuter Atemnot:
Prednisolon, Theophyllin, Flüssigkeit

4 Lungenembolie (plötzlicher Beginn mit Dyspnoe, Komplikationen:


Tachykardie, Thoraxschmerzen) 4 Status asthmaticus
4 Pneumothorax 4 Obstruktives Lungenemphysem
4 Fremdkörperaspiration 4 Cor pulmonale
4 Akute Linksherzdekompensation (Asthma cardiale: 4 Respiratorische Insuffizienz
Lungenstauung)
4 Trachealstenose (stridoröses Atemgeräusch) Präventive Maßnahmen:
4 Allergenkarenz
Therapie. Ziele sind: 4 Meiden von aktivem und passivem Rauchen
4 Vermeidung weiterer Anfälle 4 Infektionsprophylaxe, aktive Immunisierung gegen
4 Wiederherstellung einer bestmöglichen Lungen- Influenza und Pneumokokken
funktion 4 Meiden zu starker körperlicher Anstrengung
4 Entzündungssuppression, Verminderung der bron- 4 Meiden von Kreuzallergien bei Pollenallergie und
chialen Hyperreagibilität und Atemwegsobstruktion potenziell anfallsauslösender Medikamente

. Tab. 3.3. Stufenplan der Asthmatherapie der Deutschen Atemwegsliga (2006)

Stufe Bedarfsmedikation Dauermedikation

1 Intermittierendes Kurzwirksame –
gelegentliches Asthma β2-Sympathomimetika

2 Geringgradig Kurzwirksame 1. Niedrig dosiertes topisches Glukokortikoid


persistierendes Asthma β2-Sympathomimetika 2. DNCG, Nedocromil

3 Mittelgradig Kurzwirksame 3. Mittel dosiertes topisches Glukokortikoid


persistierendes Asthma β2-Sympathomimetika 4. Niedrig dosiertes topisches Glukokortikoid mit lang
wirksamem β2-Sympathomimetikum
5. Niedrig dosiertes topisches Glukokortikoid mit Theophyllin
6. Retardiertes orales β2-Sympathomimetikum

4 Schwergradig Kurzwirksame 7. Hoch dosiertes topisches Glukokortikoid


persistierendes Asthma β2-Sympathomimetika 8. Hoch dosiertes topisches Glukokortikoid mit lang wirken-
dem β2-Sympathomimetikum (ggfs. als feste Kombination)
9. Hoch dosiertes topisches Glukokortikoid mit Theophyllin
10. Retardiertes orales β2-Sympathomimetikum

. Tab. 3.4. Medikationsformen

Dauermedikation Glukokortikoide, Antiallergika, inhalative lang wirksame β2-Sympathomimetika,


Parasympatholytika

Bedarfsmedikation Kurzwirksame β2-Sympathomimetika, Anticholinergika

Antileikotriene 5-Lipoxygenase-Inhibitor

Weitere Maßnahmen Expektoranzien, Antibiose, Immunsuppressiva, physikalische Maßnahmen,


Asthmasportgruppe
3.2 · Erkrankungen der Atemwege
87 3

Prognose. Allergisches Asthma bessert sich im jugend- Krankheitsbild. Status asthmaticus: Sprechdyspnoe,
lichen Alter und kann in der 4. und 5. Lebensdekade erhöhte Atemfrequenz, »silent chest«, Tachykardie,
wiederkehren. Das nichtallergisches Asthma kann sich Agitiertheit, vermindertes PaCO2, arterielle Hypoxie,
spontan bessern, ist aber seltener. verminderte Peak-Flow-Werte.

Therapie. Hoch dosierte inhalative, kurz wirksame


3.2.2 Chronisches Asthma bronchiale, β2-Sympathomimetika kombiniert mit Anticholiner-
Status asthmaticus gika, Glukokortikoiden, O2-Gabe. Überwachung der
Vitalzeichen, sitzende Lagerung, Sauerstoffgabe, Bron-
Definition. Chronisches Asthma: Bei 50% Übergang cholytika, ausreichend Flüssigkeit, Antibiotika bei bak-
von Asthma ohne typischen Wechsel zwischen asymp- terieller Superinfektion.
tomatischen und symptomatischen Phasen in ständiges
Krankheitsbild. Status asthmaticus: Schwerer Notfall! ! Cave
Medikamentöse Auslöser eines akuten Asthmaanfalls
Symptomatik. Beim chronischen Asthma Symptome bzw. Status asthmaticus können sein: Antitussiva,
wie in 7 Kap. 3.2.1 beschrieben, aber hier als ständiges β-Blocker, ASS, Sedativa und Parasympathomimetika.

In Kürze
Asthma bronchiale

Asthma bronchiale 4 Symptomatik: anfallsweise auftretende Atemnot, Husten, zäh-glasiger Auswurf,


Schleim, Giemen, Exspiriumn, Atemfrequenzn, Sprechdyspnoe, Tachykardie, im
Wechsel abdominelle/kostale Atmung, paCO2p. Kaum Schmerzen. Agitiertheit,
»silent chest«, arterielle Hypoxie, Tachykardie, Peak-Flow-Wertep
4 Ätiologie: familiäre Häufung. Hyperreagibilität, Allergieanamnese, infektionsassoziiert,
ausgelöst durch Medikamente (ASS, NSAR), Luftschadstoffe, psychogene Faktoren
4 Diagnostik: Klinik, Auskultation, Thoraxröntgen, Allergentestung, Lungenfunktion,
Bronchodilatationstest, Histaminprovokationstest, Labor, Sputum
4 Therapie: Sauerstoff, Glukokortikoide, kurzwirksame β2-Sympathomimetika, DNCG,
Nedocromil, Theophyllin, 5-Lipoxygenase-Inhibitoren, Parasympatholytika

Chronisches 4 Symptomatik: persistierende Symptomatik


Asthma bronchiale 4 Ätiologie, Diagnostik, Therapie: 7 Asthma bronchiale

Status asthmaticus 4 Symptomatik: schwerer Notfall des Asthma bronchiale


4 Ätiologie: Exazerbation durch Infekt, Stress u. ä.
4 Diagnostik: keine, Notfall!
4 Therapie: hochdosierte β2-Sympathomimetika, Anticholinergika, Glukokortikoide
i.v. und als Dosieraerosol, Sedierung, Sauerstoff, Vitalzeichenkontrolle

3.2.3 Bronchiektasien 4 Erworben: frühkindliche Schädigung, Infektionen


(Pneumonie, Masern, Pertussis, Tbc), Fremdkör-
Definition. Irreversible Erweiterungen besonders mitt- per, Tumoren, Aspirationssyndrom
lerer Bronchien (Segmente, Subsegmente). Zusätz-
liche Entzündungen bedingen Veränderungen der Durch chronisch-entzündliche Veränderungen wer-
Bronchienwände und des Lungengewebes. den Schleimhaut und Bronchialwand zerstört. Es
kommt zu Aussackungen der Bronchien und An-
Ätiopathogenese. sammlungen von Sekret und Eiter. 50% der Patienten
4 Angeboren: Entwicklungsstörungen des Bronchial- haben bilaterale Bronchiektasien. Man unterscheidet
baumes, Ziliendysfunktion, zystische Fibrose, Immun- sackförmige, zylindrische und variköse Bronchiekta-
defekte wie IgA-Mangel oder Di-George-Syndrom sien.
88 Kapitel 3 · Pneumologie

Epidemiologie. Inzidenz in westlichen Ländern 3.2.4 Zystische Fibrose


6:10.000.
Synonym. Mukoviszidose.
Symptomatik. Chronischer Husten, große Mengen
an Auswurf (putride, fötide riechend), Hämoptysen, Definition. Autosomal-rezessive Erkrankung mit ver-
Dyspnoe, Cor pulmonale. mehrter Produktion von wasserarmem viskösem Se-
3 kret der exokrinen Drüsen und konsekutiver Verlegung
Komplikationen: der Ausführungsgänge, dadurch Sekretstau und sekun-
4 Obstruktive Ventilationsstörung där fibrotisch-zystischer Umbau.
4 Rezidivierende bronchopulmonale Infektionen
4 Lungenabszess Ätiopathogenese. Gendefekt (»cystic fibrosis trans-
4 Hämoptysen membrane conductance regulator gene«) auf Chro-
4 Respiratorische Insuffizienz mosom 7, der einen Proteindefekt (Zystische-Fibrose-
4 Cor pulmonale Transmembranregulationsprotein, CFTR-Protein) ver-
ursacht. Aufgrund gestörten Chloridflusses, akkumu-
Diagnostik. liert es in der Zelle, Natrium und Wasser fließen nach,
4 Anamnese, Klinik (Trommelschlegelfinger, Uhr- das Sekret wird im Lumen zäher, Abtransport er-
glasnägel) schwert.
4 Auskultation: erst trockene, später feuchte RG,
Giemen Epidemiologie. Häufigste angeborene Stoffwechsel-
4 Sputum: häufig Pseudomonas aeruginosa und erkrankung der weißen Bevölkerung.
Staph. aureus, Drei-Schichten-Sputum mit schau-
miger Oberschicht, seröser Mittelschicht und Symptomatik. Obstruktion, chronischer Husten, zäher
zähem Bodensatz aus Eiter, Fasern und Zellen zer- eitriger Auswurf, Dyspnoe, Zyanose, Rhinorrhö, Si-
störter Bronchialwände nusitis, rezidivierende Pneumonien, Bronchiektasien,
4 Thoraxröntgen: peribronchiale Streifenzeichnung Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel, Cor pulmonale.
(Eisenbahnzeichnung), zystische Hohlräume ggf.
mit Spiegelbildung ! Cave
4 HR-CT: zystische Aufhellung, Erweiterung der 95% der Mukoviszidosepatienten sterben an der re-
Bronchiallumina spiratorischen Insuffizienz.

Differenzialdiagnose. Chronische Bronchitis, Lungen- Heißhunger bei begleitender Gedeihstörung, massige


abszess, Lungen-Tbc, Mukoviszidose (Kinder). fettglänzende Stühle, Gewichtsabnahme bzw. Unter-
gewicht, Meteorismus, schwere Obstipation, in 10% der
Therapie. Fälle Leberzirrhose mit portaler Hypertension, Bein-
4 Physiotherapie: Sekretmobilisierung (Flutter- ödeme. Eine mögliche Komplikation ist die Ösopha-
Ventil), Drainagetechniken, Klopfmassagen, Lage- gusvarizenblutung
rungsmassagen, Inhalationstherapie Männliche Patienten sind infertil, Frauen haben
4 Medikamente: eine verminderte Fertilität.
5 Mukolytika: ACC Beim gastrointestinaler Typ können biliäre Zir-
5 Bronchodilatatoren: inhalative β2-Sympatho- rhose, Gallenkoliken, Cholelithiasis, portale Hyper-
mimetika, Ipratropiumbromid, Theophyllin tension, Hypersplenismus, Panzytopenie, Gerinnungs-
5 Antibiotika, in schweren Fällen als Dauerthe- störung, Stauungsgastritis, exokrine Pankreasinsuffi-
rapie zienz auftreten.
5 Aktive Immunisierung gegen Influenza und
Pneumokokken Diagnostik. 50% der Fälle werden in den ersten 6 Le-
4 Operation: ggf. bei einseitigen Befunden bensmonaten erkannt.

Prognose. Gute Lebensqualität bei konsequenter physi- > Mukoviszidoseverdächtig: Mekoniumileus bei
kalischer Therapie. Geburt (10–15% der Fälle), Steatorrhö mit Entwick-
lungsstörung, rezidivierende Bronchitiden/Pneumo-
nien/Sinusitiden, Cholelithiasis, Salzgeschmack auf
der Haut.
3.2 · Erkrankungen der Atemwege
89 3

4 Klinik: Thoraxform (Fassthorax, Rundrückenbil- Epidemiologie. Inzidenz 6/1.000.000, meist zwischen


dung, Sternalvorwölbung, hochgezogene Schul- dem 30. und 50. Lebensjahr auftretend.
tern). Perkussion (hypersonorer Klopfschall), Aus-
kultation (kontinuierliche, diskontinuierliche Ne- Symptomatik. Belastungsdyspnoe, trockener Husten,
bengeräusche) Abgeschlagenheit, Trommelschlegelfinger, Uhrglas-
4 Lungenfunktion: obstruktive Ventilationsstörung, nägel (in 70% der Fälle), Gewichtsverlust, Cor pulmo-
erhöhter Atemwegswiderstand nale.
4 Labor: BGA (Hypoxämie), Glukosewerte
4 Thoraxröntgen: Partiell überblähte Lungenareale, Diagnostik.
peribronchitische Zeichnung, Infiltrationen, Atel- 4 Klinik: Tachypnoe, Abfall der Sauerstoffsättigung
ektasen, Wabenlungen bei aufrechter Körperhaltung, Zyanose, Trommel-
4 Sonographie: Leber, Pankreas, Cholelithiasis schlegelfinger, Uhrglasnägel, Cor pulmonale. Aus-
4 Echokardiographie: Rechtsherzinsuffizienz kultation: feinblasige RG/Knisterrasseln, hoch-
4 Schweißtest: Stimulation der Schweißsekretion gestellte Atemgrenzen. Stimmfrenitus normal bis
durch Pilocarpin-Iontophorese am Unterarm, Un- verstärkt
tersuchung der Na+ und Cl- Konzentration 4 Labor: BSG und CRPn, BGA (respiratorische Par-
4 Genotypisierung tialinsuffizienz), Leukozyten und Differenzialblut-
bild normal
Differenzialdiagnose. Bronchiektasien (rezidivierende 4 Thoraxröntgen: diffuse retikuläre Zeichnungsver-
Bronchopneumonie), Ig-Mangel (Ig-Bestimung), Asth- mehrung in den Unterfeldern, Zwerchfellhoch-
ma bronchiale (Lungenfunktion), Nahrungsmittelaller- stand, Wabenlunge
gie (Bauchschmerzen, Allergietest), Divertikulitis, 4 HR-CT: milchglasartige Verschattung, Fibrose-
Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Pankreatitis, Diabetes areale, Bronchiektasien
mellitus Typ I. 4 Lungenfunktion: Restriktive Ventilationsstörung:
Vitalkapazität, Totalkapazität, funktionelle Residu-
Therapie. Hochkalorische Ernährung, Substitution von alkapazität vermindert, respiratorische Partialinsuf-
Pankreasenzymen/Vitaminen, Physiotherapie zur Se- fizienz in Ruhe, Lungendehnbarkeit vermindert
kretmobilisation, Sekretolyse durch Bronchodilata- 4 Bronchoskopie: Ausschluss anderer Erkrankun-
tion mit Theophyllin, Sauerstofftherapie, Antibiose gen
(Staph. aureus, Haemophilus influenzae, Pseudomonas
aeruginosa im Sputum oder systemische Infektion). Differenzialdiagnose. Pneumonie, Tuberkulose, Sar-
Inhalationstherapie mit Antibiotika (Stabilisierung koidose, bronchoalveoläres Karzinom, exogen allergi-
der Lungenfunktion), mit Dornase α (Verflüssigung sche Alveolitis.
des zähen Sputums), mit Amilorid (Blockade der
Na+-Kanäle). Therapie. Glukokortikoide, alternativ Immunsuppres-
siva, Lungentransplantation.
> Die Inhalation muss mit ACC zur Sekretverflüssigung
kombiniert werden. Prognose. Abhängig von Histologie. Mittlere Über-
lebenszeit ca. 5 Jahre. Bei der desquamative intersti-
Prognose. Lebenserwartung etwa 40 Jahre. tiellen Pneumonitis ist die Prognose eher günstig. Bei
ausgeprägtem akutem Hamman-Rich-Syndrom beträgt
die Lebenserwartung wenige Monate.
3.2.5 Hamman-Rich-Syndrom

Synonym. Idiopathische Lungenfibrose. 3.2.6 Atelektasen

Definition. Chronisch progrediente Lungenfibrose mit Definition. Minderbelüftung der Lunge ohne entzünd-
neutrophilen und eosinophilen Alveolitiden und Zer- liche Veränderungen.
störung des Lungenparenchyms bei raschem Verlauf.
Ausschlussdiagnose! Ätiopathogenese.
4 Kompressionsatelektase: Lungenkompression
Ätiopathogenese. Unklare Ursache der Lungenfibro- durch Erguss, Tumor oder fehlende Zugkräfte beim
sierung. Pneumothorax
90 Kapitel 3 · Pneumologie

4 Resorptionsatelektase: Obstruktion großer Luft- Diagnostik. Anamnese, Klinik. Thoraxröntgen.


wege, z. B. beim Bronchialkarzinom, Sarkoidose-
oder Tuberkulosegranulom, Schleimpfropf (häu- Therapie. Je nach Ursache, z. B. Fremdkörperentfer-
figste Ursache beim Intensivpatienten) oder aspi- nung, Schleimpfropfabsaugung, bei Tumorstenose ggf.
rierten Fremdkörper Stent-Einlage, evtl. antibiotische Therapie bei bakteriel-
4 Obstruktionsatelektase: Obstruktion kleiner Luft- ler Superinfektion.
3 wege, durch Schleim bei Atemdepression (Mor-
phine), durch Schmerz (Rippenfellentzündung)
oder Lungenentzündung 3.2.7 Pneumokoniosen
4 Narbenatelektase: Distraktion einer Parenchym-
narbe (Tuberkulose) Definition. Interstitielle Lungenerkrankungen, hervor-
4 Kugelatelektase: Asbestose (Einrollen einer narbi- gerufen durch Staubinhalation.
gen Segmentkante)
4 Adhäsionsatelektase, Plattenatelektase: Verkle- 3.2.7.1 Silikose
bung nach Surfactant-Mangel beim »respiratory Synonym. Quarzstaublungenerkrankung, 7 Arbeits-
distress syndrome« des Neugeborenen oder Lun- medizin.
genembolie
3.2.7.2 Asbestose, asbestbedingte
! Cave Erkrankungen
Insbesondere bei Kindern kann die Fremdkörper- Definition. Interstitielle Lungenfibrose aufgrund einer
aspiration statt zur Atelektase zur Überblähung Asbestexposition. Berufskrankheit. Nach Asbestexpo-
führen (durch ventilartige Luftzufuhr am Fremd- sition können außerdem auftreten: Bronchialkarzinom,
körper vorbei). Mesotheliom, Asbestpleuritis (häufigste pleuropulmo-
nale Komplikation) oder Pleuraplaques (keine Präkan-
Symptomatik. Dyspnoe, abgeschwächtes Atemge- zerose), 7 Arbeitsmedizin.
räusch.

In Kürze
Bronchiektasen, zystische Fibrose, Hamman-Rich-Syndrom, Atelektasen

Bronchiektasen 4 Symptomatik: chronischer Husten, große Mengen Auswurf (putride, fötide


riechend), Hämoptysen, Dyspnoe, Cor pulmonale
4 Ätiologie: chronisch-entzündliche Zerstörung der Bronchialwand, ange-
borenen (zystische Fibrose) oder erworben (Infekte, Tumoren)
4 Diagnostik: Klinik, Sputum, Thoraxröntgen, HR-CT
4 Therapie: Physiotherapie (Sekretmobilisierung), Inhalationstherapie.
Mukolytika, Bronchodilatatoren; aktive Immunisierung, Operation

Zystische Fibrose 4 Symptomatik: Mekoniumileus, Gedeihstörung, massige fettglänzende


Stühle, Gewichtp, Meteorismus, Obstipation, Atemwegsobstruktion chro-
nischer Husten, zäher eitriger Auswurf, Dyspnoe, Zyanose, Rhinorrhö, Sinu-
sitis, rezidivierende Pneumonien, Bronchiektasien, Trommelschlegelfinger,
Uhrglasnägel, Cor pulmonale, Leberzirrhose mit portaler Hypertension
(10%), Beinödeme. Später respiratorische Insuffizienz. Bei gastrointesti-
nalem Typ biliäre Zirrhose, Gallenkoliken, portale Hypertension, Hyper-
splenismus, Panzytopenie, Gerinnungsstörung, Stauungsgastritis, exokrine
6 Pankreasinsuffizienz
3.3 · Erkrankungen durch Erreger
91 3

Zystische Fibrose 4 Ätiologie: autosomal-rezessiv; visköses Sekret der exokrinen Drüsenn


4 Diagnostik: Klinik, Lungenfunktion (obstruktive Ventilationsstörung, Atem-
wegswiderstandn), Hypoxämie, Thoraxröntgen, Sonographie, Echographie,
Schweißtest. Genotypisierung
4 Therapie: hochkalorische Ernährung, Substitution von Pankreasenzymen
und Vitaminen, Sekretmobilisation, Sekretolyse, Sauerstofftherapie bei
respiratorischer Insuffizienz, evtl. Antibiose. Inhalationstherapie

Hamman-Rich-Syndrom 4 Symptomatik: Belastungsdyspnoe, trockener Husten, Trommelschlegel-


(idiopathische Lungenfibrose) finger, Uhrglasnägel (79%), Gewichtp, Cor pulmonale
4 Ätiologie: unklar
4 Diagnostik: Klinik, Labor, Thoraxröntgen, CT, Lungenfunktion, Broncho-
skopie
4 Therapie: Glukokortikoide, ggf. Immunsuppressiva, Lungentransplantation

Atelektase 4 Symptomatik: Luftnot, abgeschwächtes Atemgeräusch


4 Ätiologie: Minderbelüftung ohne entzündliche Veränderungen bei Kom-
pression, Obstruktion, Narben, Surfactant-Mangel
4 Diagnostik: Auskultation, Thoraxröntgen
4 Therapie: kausal

3.3 Erkrankungen durch Erreger sternalen Schmerzen, der in produktiven Husten mit
eitrigem Auswurf übergehen kann. Ein inspiratorischer
3.3.1 Bronchitis Stridor weist auf eine Laryngotracheitis hin.

3.3.1.1 Akute Bronchitis > Bei viralen Infekten findet man sehr häufig eine
Definition. Entzündung der Bronchialschleimhaut, bakterielle Superinfektion.
häufig mit Rhinitis, Sinusitis, Laryngitis, Tracheitis.
Komplikationen:
Ätiopathogenese. 4 Bronchopneumonie
4 90% Vireninfektion: Influenzaviren, Parainfluen- 4 Bronchiolitis und/oder Verschlechterung einer
zaviren, Respiratory-syncytial-Viren (RS-Viren), vorbestehenden Herzinsuffizienz
Adenoviren, Coronaviren, Rhinoviren, Coxsackie
4 Weiterhin: Mykoplasmen, Chlamydien, Pneumo- Diagnostik.
kokken, Haemophilus influenzae, Staph. aureus, 4 Klinik: Fieber, Husten, Auswurf. Auskultation:
Mykoplasma pneumoniae, Moraxella catarrhalis, initial eher unauffällig, später mittel- und grob-
Pseudomonas aeruginosa, Enterokokken, E. coli, blasige RG, Giemen und Brummen möglich.
Klebsiellen, Candida Peribronchitische Prozesse haben eher feinbla-
sige RG
> Häufigste Infektion bei Kinder: RS-Viren, Adeno-, 4 Thoraxröntgen: bei Verdacht auf Pneumonie,
Coxsackie, ECHO-Viren protrahiertem Verlauf, Hämoptyse (Tumoraus-
Häufigste Infektion bei Erwachsenen: Rhino-, schluss)
Corona-, Influenza- und Parainfluenza 4 Labor:
5 Viraler Infekt: mäßige BSG-Erhöhung, Leuko-
Epidemiologie. Sehr häufig, vor allem Frühjahr/ penie, Lymphozytose
Herbst. 5 Bakterieller Infekt: stärkere BSG-Erhöhung,
Leukozytose, Linksverschiebung
Symptomatik. Schleimhautrötung, Schwellung der 4 Sputum: bei bronchopulmonalen Vorerkrankun-
oberen Luftwege, Krankheitsgefühl, Glieder- und Kopf- gen
schmerzen, Fieber. Nichtproduktiver Husten mit retro- 4 Lungenfunktion: bei Bronchialobstruktion
92 Kapitel 3 · Pneumologie

Differenzialdiagnose. Allergische Reaktion, Asthma 4 Chronisch obstruktive Bronchitis: wie oben, zu-
bronchiale, Bronchialkarzinom, Fremdkörperaspira- sätzlich messbarer Obstruktion
tion, Pneumonie, Exazerbation einer COPD (7 Kap. 4 COPD (»chronic obstructive pulmonary disease«):
3.3.1.2), Tbc. chronisch obstruktive Bronchitis kombiniert mit
einem Lungenemphysem (7 Kap. 3.3.1.3)
Therapie. Symptomatisch: Bettruhe, Flüssigkeit, Anti-
3 pyretika, Antitussiva, inhalierbare Glukokortikoide, Ätiopathogenese. Belastungen der Atemwege (Rau-
Sekretolytika. chen, Umwelt, Arbeitsplatz) können die Inzidenz der
Erkrankung stark beeinflussen. Seltener sind genetische
! Cave Faktoren wie α1-Proteinase-Mangel, Ziliendysfunktion.
Antitussiva können bei hypersekretorischer Bron- Selten ist auch eine akute respiratorische Infektion, die
chitis zur Schleimretention führen. zur vermehrten und abnormen Schleimproduktion mit
hypertrophischen Schleimdrüsen führt.
Bei bakterieller Superinfektionen und vorbestehender
Lungenerkrankung, hohem Alter oder kardialen Er- > Eine sekundäre chronische Bronchitis kann bei Bron-
krankungen kann eine Antibiose (Aminopenicillinen, chialkarzinom, Tuberkulose, Bronchiektasien, Sinusitis
Makroliden, Tetrazyklinen oder abhängig vom Anti- und Fremdkörper auftreten.
biogramm) indiziert sein.
Epidemiologie. 10% der westlichen Bevölkerung sind
Prognose. Ohne Komplikation meist folgenlose Aus- betroffen, 90% davon sind Raucher bzw. Exraucher.
heilung in ein bis vier Wochen. 10% aller Frühinvaliditätsfälle sind Folge einer COPD.
In der Todesursachenstatistik steht die COPD an Platz
3.3.1.2 Chronische Bronchitis, chronisch Nummer 5. Mit dem Alter steigen Prävalenz, Inzidenz
obstruktive Bronchitis, COPD und Mortalität.
Definition.
4 ChronischeBronchitis: Entzündung der Bronchial- Symptomatik. Dreistufige Krankheitsentwicklung:
schleimhaut mit vermehrter Schleimproduktion 4 »Simple chronic bronchitis«: einfache chronische
ohne bronchiale Obstruktion; nach WHO Husten Bronchitis mit Husten und Auswurf
und Auswurf über mindestens 3 Monate im Jahr 4 Chronisch obstruktive Bronchitis mit Belastungs-
an 2 aufeinander folgenden Jahren. dyspnoe
4 Obstruktives Emphysem und respiratorische In-
suffizienz (. Abb. 3.4)

. Abb. 3.4. Thoraxaufnahme in 2 Ebenen (a.p. und seitlich) der Lunge, tiefstehendes Zwerchfell mit abgeflachten Kup-
bei ausgeprägtem Emphysem. Erhöhte Strahlentransparenz peln, erweiterter Retrosternalraum (Sammlung Prof. Jend)
3.3 · Erkrankungen durch Erreger
93 3

Weitere Symptome: Hyperkapniezeichen wie Antriebs- Fremdkörperaspiration, α1-Antitrypsin-Mangel, Histio-


armut und Tagesmüdigkeit, Cor pulmonale (Ödeme, cytosis X, Bronchiektasien, Bronchiolitis obliterans,
hepatojugulärer Reflux, vermehrte Halsvenenfüllung), Lymphangioleiomyomatosis
bei Infekt auch purulentes Sputum. Abnorme Atemfre-
quenz (>16/min), erhöhte Atemarbeit (M. sternoclei- Therapie. Meiden von Rauchen/Passivrauchen, Luft-
domastoideus, Mm. scaleni), paradoxe Atmung, respi- verschmutzung, Drogenabhängigkeit, beruflicher Ex-
ratorischer Wechsel von diaphragmaler und kostaler position mit Stäuben.
Atmung. Evtl atemabhängiger Schmerz. Die Lungen- 4 O2-Substitution
überblähung führt zur Thoraxvergrößerung. 4 Keine Antitussiva (Sekretstau), reichlich Trinken
4 Impfung als Infektionsprophylaxe (Influenza)
! Cave 4 Antibiose bei bakteriellem Infekt
Bei akuter Exazerbation der COPD besteht die Gefahr 4 Bronchodilatatoren (inhalative β2-Sympathomime-
des Ausfalls der Lungenfunktion. tika, Ipratropiumbromid, Theophyllin)
4 Glukokortikosteroide:
Komplikationen: 5 Systemisch bei hochgradig obstruktiver Stö-
4 Bronchopneumonie rung
4 Eitrige Bronchitis 5 Inhalativ nach Abnahme der Obstruktion
4 Lungenabszess durch Bronchodilatatoren (Gefahr der Atem-
muskulaturmyopathie)
> Eine pulmonale Kachexie findet man bei ca. 25% 4 Physikalische Therapie: positiver exspiratorischer
der Patienten. Druck (Lippenbremse), Flutter-Ventil, körperliches
Training, Inhalation
Diagnostik. Die chronische Bronchitis ist eine Aus-
schlussdiagnose und häufigste Fehldiagnose beim Prognose. Bei optimaler Therapie Verbesserung der
Bronchialkarzinom. Lebensqualität und Überlebenszeit.
4 Anamnese, Klinik: Fassthorax, dekompensiertes
Cor pulmonale (Halsvenenstauung, hepatojugulä- 3.3.1.3 Lungenemphysem
rer Reflux, Leberstauung, Unterschenkelödeme). Definition. Irreversible Erweiterung distal der Bron-
Auskultation: trockene/feuchte RG, Giemen, abge- chioli terminales.
schwächtes Atemgeräusch (Lungenemphysem). Per- 4 Akutes Lungenemphysem: reversible Erweite-
kussion: hypersonorer Klopfschall, Zwerchfelltief- rung
stand mit eingeschränkter Atemverschieblichkeit 4 Interstitielles Emphysems: interstitielle, subpleu-
4 Labor: BGA, Säure-Basen-Haushalt, Erythrozy- rale und paramediastinale Luftansammlungen bei
tose, Differenzialblutbild, CRP, Ausschluss Ig-Man- erhöhtem alveolärem Druck
gel-Syndrom
4 EKG: Rechtsherzbelastung Ätiopathogenese. Einteilung in primäre (altersbeding-
4 Echokardiographie: Druckbelastung des rechten te) und sekundäre Emphysembildung. Durch broncho-
Ventrikels pulmonale Infekte, Pneumonien, chronische Bron-
4 Sputum: wenig muköser Auswurf, bei Infekt reich- chitis, Asthma bronchiale wird die Proteasenaktivität
lich purulenter Auswurf durch Granulozyten gesteigert. Proteinaseinhibitoren
4 Lungenfunktion: funktionelle Residualkapazität, werden durch Rauchen inaktiviert oder sind bei ange-
Residualvolumen, Dauer der Inspiration und Exspi- borenem Inhibitormangel nicht vorhanden. Als Folge
ration, totale Lungenkapazität, FEV1 kommt es zur unkontrollierten Aktivität der Proteasen
4 Röntgenthorax: Rarefizierung der Gefäßstruktur, in der Lunge.
indirekte Zeichen (Weite des Retrosternalraumes, Mögliche Ursachen des interstitiellen Emphysems
Lungenlängsdurchmesser, Abflachung der Zwerch- können Asthma, Pneumonie, Bronchiolitis oder Über-
fellkuppen, Herzgröße) druckbeatmung beim ARDS (»adult respiratory distress
4 CT: sensitivste Methode der Emphysemdiagnostik syndrome«, Schocklunge) sein.
und -quantifizierung, herdförmige Bereiche mit
abgeschwächter Dichte Symptomatik.
4 »Pink puffer« (dyspnoisch-kachektischer Typ):
Differenzialdiagnose. Asthma bronchiale, kardiale normal-/untergewichtig, Dyspnoe, kaum Zyanose,
Ursachen, sekundäre Bronchitis bei Tumoren, Tbc, respiratorische Partialinsuffizienz
94 Kapitel 3 · Pneumologie

4 »Blue bloater« (bronchitischer Typ): adipös, Zya- 4 Medikamente: Inhalation mit β2-Sympathomi-
nose mit Polyglobulie, kaum Dyspnoe, Husten, metika (evtl. Anticholinergika), lang wirksame
Auswurf,respiratorischeGlobalinsuffizienz(Hypox- β2-Sympathomimetika, orale Glukokortikoide
ämie, Hyperkapnie) 4 Physiotherapie: Atemgymnastik (Lippenbremse)

Komplikationen: 3.3.1.4 Akute Bronchiolitis


3 4 Respiratorische Insuffizienz Definition. Entzündung der Bronchioli terminales.
4 Cor pulmonale Bronchiolitis obliterans: Chronische Entzündung mit
Granulationen der Bronchiolen und Alveolen, die zur
Diagnostik. Obstruktion führt.
4 Anamnese: pulmonale Vorerkrankungen, Nikotin-
abusus Ätiopathogenese. Virusinfektionen durch RS-Viren
4 Klinische Untersuchung: fassförmiger Thorax, ge- (»respiratory syncytial virus«), Masern, Influenza, My-
blähte Schlüsselbeingrube, paradoxe Atmung, hori- koplasmen, Kollagenosen oder Medikamente (Gold,
zontal verlaufende Rippen, Brustumfang mit ver- Penicillamin) können Auslöser sein. Narbige Verände-
minderter Differenz zwischen Ein- und Ausatmung. rungen können zurückbleiben und zu obstruktiven Ven-
Perkussion: hypersonorer Klopfschall, Zwerch- tilationsstörungen und/oder Bronchiektasien führen.
felltiefstand, wenig verschiebliche Atemgrenzen.
Stimmfrenitus abgeschwächt. Auskultation: abge- Epidemiologie. Erkrankungsgipfel im Säuglingsalter
schwächtes Atemgeräusch, auch trockene RG und in der 5. bis 6. Lebensdekade.
4 Lungenfunktion: obstruktive Ventilationsstörung,
FEV1 vermindert, Diffusionskapazität vermindert Symptomatik. Husten, Fieber, grippeähnliche Symp-
4 Thoraxröntgen: Rarefizierung der peripheren Ge- tome. Anschließend monatelang Husten mit progre-
fäßzeichnung, Zwerchfelltiefstand, horizontaler dienter Dyspnoe.
Rippenverlauf. Bei Cor pulmonale erweiterte hilus-
nahe Gefäße, Rechtsherzvergrößerung Diagnostik. Fieber, Tachypnoe. Auskultation: Giemen.
4 HR-CT: sensitivste Methode zum Nachweis Thoraxröntgen (Zeichen der Lungenüberblähung, fle-
4 Labor: Ausschluss eine α1-Proteinase-Mangels ckige Infiltrate).

Therapie. Verzicht auf Rauchen, Behandlung pulmo- Differenzialdiagnose. Idiopathische Lungenfibrose.


naler Infekte, Impfung (Influenza, Pneumokokken,
Senkung der Infektionsgefahr). Vorsichtige O2-Gabe. Therapie. Steroide.

In Kürze
Bronchitis, Emphysem, Bronchiolitis

Akute Bronchitis 4 Symptomatik: Schleimhautrötung, -schwellung der oberen Luftwege,


Glieder-/Kopfschmerzen, Fieber, nichtproduktiver Husten. Eitriger
Auswurf möglich, inspiratorischer Stridor bei Laryngotracheitis
4 Ätiologie: meist viral; häufig mit Rhinitis, Sinusitis, Laryngitis, Tracheitis
4 Diagnostik: Klinik, Auskultation, ggf. Thoraxröntgen, Labor, Sputum,
Lungenfunktion
4 Therapie: Bettruhe, Flüssigkeit, Antipyretika, Antitussiva, inhalierbare
Glukokortikoide, Sekretolytika; evtl. Antibiotika (Aminopenicilline,
Makrolide, Tetrazykline oder nach Antibiogramm)

Chronische Bronchitis 4 Symptomatik: Belastungsdyspnoe, Leistungsfähigkeitp, Hyperkapnie-


Chronisch obstruktive Bronchitis zeichen, Cor pulmonale, produktiver Husten. Atemfrequenzn
COPD (+ Lungenemphysem) (>16/min), Atemarbeitn, paradoxe Atmung, Wechsel diaphragmale/
kostale Atmung; evtl. atemabhängiger Schmerz. Thoraxvergrößerung.
6 Pulmonale Kachexie
3.3 · Erkrankungen durch Erreger
95 3

Chronische Bronchitis 4 Ätiologie: Rauchen, Inhalationen in Umwelt, am Arbeitsplatz, genetische


Chronisch obstruktive Bronchitis Faktoren
COPD (+ Lungenemphysem) 4 Diagnostik: Klinik, Auskultation, Perkussion, Labor, EKG, Echokardio-
graphie, Sputum, Thoraxröntgen, CT
4 Therapie: Vermeiden von Rauchen, Staubexposition. O2-Substitution,
Flüssigkeit, Impfung (Infektschutz), Brochodilatatoren, Glukokortikoide
(Obstruktion), ggf, Antibiose, physikalische Therapie.

Lungenemphysem 4 Symptomatik: Dyspnoe, Husten, Auswurf, Zyanose, respiratorische


Partialinsuffizienz/Globalinsuffizienz, Cor pulmonale.
4 Ätiologie: irreversible Erweiterung distal der Bronchioli terminales
(reversible bei akutem Lungenemphysem) nach Infekten, Asthma
4 Diagnostik: Klinik, Perkussion, Auskultation, Labor, Lungenfunktion,
Thoraxröntgen, HR-CT
4 Therapie: Nikotinkarenz, Impfung (Infektschutz), β-Sympathikomi-
metika, orale Glukokortikoide, Physiotherapie

Bronchiolitis 4 Symptomatik: Grippeähnlich, monatelanger Husten, Dyspnoen.


Bronchiolitis obliterans 4 Ätiologie: Virusinfekte, Kollagenosen, Medikamente (Gold, Penicillamin)
(+ Obstruktion) 4 Diagnostik: Fieber, Tachypnoe, Giemen, Thoraxröntgen
4 Therapie: Steroide

3.3.2 Pneumonie nismus fördern die Keimvermehrung. Zur Differenzie-


rung . Tab. 3.5.
Synonym. Lungenentzündung.
> Eine Immunisierung gegen Streptococcus pneumo-
Definition. Infektion des Lungenparenchyms mit alveo- niae bei Risikopatienten wird empfohlen.
lärer Beteiligung.
Die Übertragungswege sind unterschiedlich:
Ätiopathogenese. Vorschädigung der respiratorischen 4 Tröpfcheninfektion: Pneumokokkenpneumonie
Abwehr, z. B. im Alter, nach Aspiration, Verschlechte- (Streptococcus pneumonie, häufigste Pneumonie-
rung einer Grunderkrankung oder der Immunabwehr form), Viruspneumonie (50% bei Influenza)
sind Risikofaktoren. Verminderte Zilienaktivität, ver- 4 Aerosole (Klimaanlage, Wasserleitung): Legionel-
mehrte Sekretviskosität oder gestörter Hustenmecha- lenpneumonie (Legionella pneumonia)

. Tab. 3.5. Einteilungen der Pneumonie

Ätiologische Einteilung Pathologisch-anatomisch Einteilung nach Erregergruppen


Einteilung

4 Infektion durch 4 Alveoläre Pneumonie 4 Bakterien: Streptococcus pneumoniae, Staphylo-


verschiedene Erreger 4 Interstitielle Pneumonie kokken, Haemophilus influenzae, Klebsiellen,
4 Physikalische Noxen 4 Lobäre Pneumonie Proteus, Mykoplasmen, Chlamydien, Legionella
4 Chemische Noxen 4 Lobuläre Pneumonie pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa
4 Kreislaufstörungen 4 Viren: RS-Viren, Paramyxo-, Picorna,
Adeno-, Herpes-, Zytomegalie
4 Pilze: Candida, Aspergillus, Mucor, Cryptococcus,
Pneumocysti jiroveci
4 Protozoen: Toxoplasma
96 Kapitel 3 · Pneumologie

4 Tiere: Chlamydienpneumonie (Chlamydia psitacci,


Vögel)

Epidemiologie. In der Todesursachenstatistik steht die


Pneumonie an fünfter Stelle. Die Letalität beträgt bei
nosokomialen Infektionen im Krankenhaus ca. 70%.
3
Symptomatik.
4 Typische Pneumonie: akuter Beginn, Schüttelfrost,
Husten, Auswurf, Fieber, Kopfschmerzen, Tachy-
pnoe, thorakale Schmerzen, Tachykardie, Leuko-
zytose, Atemnot mit Naseflügeln, Bronchialatmen,
klingende RG
4 Atypische Pneumonie: langsam beginnend, kein
Schüttelfrost, oben genannte Symptome in milderer
Form
. Abb. 3.5. 48-jähriger Patient mit Lobärpneumonie im
Komplikationen: rechten Oberlappen. In der Sputumanalyse Nachweis von
4 Septischer Schock mit respiratorischer Insuffizienz Pneumokokken
4 Lungenabszess
4 Pleuraempyem
4 Pleuraerguss 3.3.2.1 Nosokomiale Pneumonie
4 Lungenfibrose, Schrumpfung. Definition. Im Krankenhaus erworbene Pneumonie.

Diagnostik. Ätiopathogenese. Intubation, Operationen, Koma,


4 Anamnese, Klinik: Bronchialatmen, inspiratori- Therapien (Antibiotika, Chemotherapie, Glukokorti-
sche RG (feucht, feinblasig, klingend), Klopfschall- koide), Krankenhauspersonal, andere Patienten.
dämmung; bei Pleuraerguss Stimmfrenitus ge-
dämpft, Atemgeräusch abgeschwächt Mögliche Erreger sind:
4 Labor: Antikörpernachweis, Antigennachweis im 4 Postoperativ: Staphylokokken
Urin oder Immunfluoreszenz, IgM-Nachweis (My- 4 Beatmung: Pseudomonas, Staphylokokken, Kleb-
koplasmen, Chlamydien), Erreger-DNA, Differen- siellen, anaerobe Streptokokken
zialblutbild. BSG, CRP erhöht 4 Aspiration: Bacteroides, anaerobe Streptokokken,
4 Thoraxröntgen: segmental-lobäre Infiltrate (typi- in der Mundflora befindliche Erreger
sche Pneumonie), diffus-interstitielle Infiltrate 4 Atypische: Legionella pneumophila, Mycoplasma
(atypische Pneumonie), fleckig-netzartige Infiltrate pneumoniae, Chlamydien
(interstitielle Pneumonie), . Abb. 3.5 4 Unter Antibiose: resistente Erreger, Acinetobacter,
4 Bronchoskopie: bronchoalveoläre Lavage Klebsiellen, Pseudomonas

! Cave Epidemiologie. Nosokomiale Pneumonien kommen


Ein Antikörpernachweis ist bei immunsupprimierten bei 1% der Patienten vor, davon versterben 25%. Bis
Patienten nur eingeschränkt möglich. zu 45% der beatmeten Patienten haben eine Misch-
infektion.
Differenzialdiagnose. Bei verzögerter Heilung muss an
Bronchialkarzinom oder Fremdkörper gedacht wer- Symptomatik. Verschlechterung der Grunderkran-
den. Exogen-allergische Alveolitis, Tuberkulose, Sarko- kung kann auf eine Pneumonie hinweisen.
idose.
Diagnostik. Oft schwierig, da andere Erkrankungen die
Therapie. Abhängig vom Erreger, der Schwere der Er- Pneumonie überdecken können.
krankung und einer möglichen Grunderkrankung 4 Klinische Untersuchung: Fieber, Ekzeme, Vital-
(. Tab. 3.6). funktion
4 Labor: BGA, Blutkulturen (vor Antibiotikagabe),
Urin, Serologie
3.3 · Erkrankungen durch Erreger
97 3

. Tab. 3.6. Therapie bei Pneumonien

Alter des Risikofaktoren Erreger Medikament


Patienten

Keine Streptococcus pneumoniae Penicillin (hohe Resistenz-


entwicklungen in manchen
Ländern)

≤60 Jahre Keine Streptococcus pneumoniae, Myko- Makrolide


plasmen, Chlamydia pneumoniae, Tetrazykline
Haemophilus influenzae

≥60 Jahre Oder mit chronischer Streptococcus pneumoniae, Chlamydia Aminopenicillin/β-Lactamase-


Vorerkrankung pneumoniae, Haemophilus influenzae, inhibitor
Staphylokokken, selten: Legionella, Cephalosporin der 2. Generation
Moraxella Makrolide

Stationäre Mittelschweres Streptococcus pneumoniae, Cephalosporine der 2. oder


Behandlung Krankheitsbild Chlamydia pneumoniae, Haemophilus 3. Generation
influenzae, Legionella, gramnegative Aminopenicillin/β-Lactamase-
Erreger, Staphylokokken inhibitor
Makrolide

Stationäre Schweres Streptococcus pneumoniae, Makrolid, z. B. Imipenem


Behandlung Krankheitsbild Haemophilus influenzae, Chlamydia
pneumoniae, Staphylokokken,
Legionella, gramnegative Erreger

. Tab. 3.7. Therapie nosokomial erworbener Pneumonien

Risiko- Schweregrad Keim Medikament


faktoren

Keine Mittelschwer Staph. aureus, Klebsiella Cephalosporine der 2. Generation


pneumoniae, E. coli, Proteus, Acylaminopenicillin
Serratia, Haemophilus Chinolon (2., 3.) + Clindamycin
influenzae, Streptococcus Aminoglykosid mit Cephalosporin
pneumoniae

Spezifische Mittelschwer + Anaerobier Zusätzlich: Cephalosporin der 3. Generation +


Clindamycin, Metronidazol, Vancomycin
(bei MRSA), Carbapenem

Mehrere Schwer Kombinationstherapie aus: Cephalosporin der


3. Generation, Penicillin, Aminoglykosid, Makrolide

4 Bronchoskopie: Lavage Therapie. Präventive Maßnahmen sind Händehygiene,


4 Thoraxröntgen sparsamer gezielter Antibiotikaeinsatz, kurze Intu-
4 Sonographie: Abdomen, Pleura bationszeit, Oberkörperhochlagerung, Atemphysio-
4 Echokardiographie: Ausschluss kardialer Ursachen therapie prä- und postoperativ, steriles Wasser im
Luftbefeuchter, sterile Handschuhe. Zur Antibiose
Differenzialdiagnose. Atelektasen, Lungenödem, Lun- . Tab. 3.7.
genembolie, Aspiration, Lymphangiosis carcinomatosa, Weitere Maßnahmen sind Flüssigkeitszufuhr, In-
Blutung, interstitielle Lungenerkrankung. halationstherapie mit NaCl, ggf. Sauerstoffgabe sowie
98 Kapitel 3 · Pneumologie

Physiotherapie (Sekretmobilisation, Lagerungsdraina- Ätiopathogenese. Bei angeborener oder erworbener


gen, Vibrations- und Klopfmassagen). Immunschwäche (Chemotherapie, Glukokortikoid-
therapie, AIDS) fehlt eine notwendige Abwehr.
Prognose. Sehr unterschiedlich. Ist der Verlauf progre- Die Pneumozystose (Pneumocystis jiroveci; frü-
dient, kann es zur Sepsis mit Multiorganversagen oder her Pneumocystis carinii) ist eine interstitielle Pneu-
Komplikationen wie Pneumothorax, Atelektasen, Embo- monie, die bei Säuglingen und immundefizienten
3 lie, ARDS u. a. kommen. Resistenzentwicklungen, Su- Erwachsenen, insbesondere HIV-Patienten auftritt.
perinfektionen, rezidivierende Erreger, immunologische Die Übertragung erfolgt aerogen oder diaplazentar.
Fehlreaktionen bedingen Genesungsverzögerung. Mit der Pneumozystose manifestiert sich AIDS häufig
erstmalig. Viele HIV-Infizierte erkranken mindestens
3.3.2.2 SARS (severe acute respiratory einmal an Pneumozystose, bei 20% führt sie zum
syndrome) Tode.
Definition. Kontagiöse Viruserkrankung, die mit einer
schweren Lungenentzündung einhergehen kann. Symptomatik. Fieber, Dyspnoe, trockener Husten,
Tachypnoe, Tachykardie.
Ätiopathogenese. SARS wird hervorgerufen durch Co-
ronaviren (SARS-Virus), übertragen als Tröpfchen- > Oft schleichender Beginn ohne Fieber aufgrund der
oder Schmierinfektion. Die Inkubationszeit beträgt 2– Immunsuppression. Innerhalb von Stunden kann es
10 Tage. Die Ansteckungsgefahr ist im akuten Stadium zur graviden Verschlechterung kommen.
für die engere Umgebung hoch, die Patienten sind aber
extrem unterschiedlich infektiös. Nur Personen mit Komplikationen:
Krankheitssymptomen können andere anstecken. 4 ARDS
4 Rezidive
SARS-Virus
Das SARS Virus wurde seit November 2002 von Südchina in Diagnostik. Liegt wegen der Immundefizienz eine
etwa 30 Länder eingeschleppt. Der Erreger wurde als neuer Neutropenie vor, fehlen oft typische klinische Zeichen:
Coronavirus identifiziert, Labortests zum Nachweis ent- 4 Auskultation: meist unauffällig
wickelt, das Genom analysiert. Tierisches Reservoir ist eine 4 Thoraxröntgen: erst unauffällig, später symme-
bestimmte Katzenart in Südchina, Untersuchungen über trische retikulo-noduläre Verdichtungen des Inter-
weitere Infektionsquellen sind noch nicht abgeschlossen. stitium
4 Labor: Differenzialblutbild, LDH-Erhöhung bei
Symptomatik. Symptomtrias: Pneumozytose
4 Fieber >38°C 4 Sputum, Bronchoskopie, Lungenpunktion, Immun-
4 Husten, Kurzatmigkeit oder andere Atembeschwer- serologie
den (evtl. Übelkeit, Durchfall oder andere Krank-
heitszeichen) Differenzialdiagnose. Kaposi-Sarkom, Non-Hodgin-
4 Kontakt mit an SARS erkrankten Patienten (seinen Lymphom, andere interstitielle Lungenerkrankungen,
Körperflüssigkeiten) oder Aufenthalt bis zu 10 Ta- Lymphangiosis carcinomatosa, Bronchiolitis oblite-
gen vor Auftreten der Symptome in einer Region, rans.
in der SARS-Infektionen bekannt sind
Therapie. Als präventive Maßname bei Neutropenie
> Ist die Trias nicht vollständig gegeben, ist ein SARS- Isolation des Patienten, Darmdekontamination selek-
Verdacht nicht ausreichend begründet. tiver Erreger, aktive Immunisierung gegen Influenza
und Pneumokokken.
Therapie. Schwierig. Allgemeine Maßnahmen bis zur
Intensivbehandlung sind wirksam, zuverlässige Medi- Die Grunderkrankung gibt die Therapie vor:
kamente gegen das SARS-Virus sind aber noch nicht 4 Pneumocystis jiroveci: hochdosiert Cotrimoxazol
gefunden. Eine Influenzaimpfung verhindert die Grip- i.v., Trimethoprim, Sulfamethoxazol
pe, die nach einem Aufenthalt in Asien fälschlich für 4 CMV-Pneumonie: Ganciclovir (ggf. Foscarnet),
SARS gehalten werden könnte. CMV-Hyperimmunglobulin
4 Aspergillose-Pneumonie: Amphotericin, Flucyto-
3.3.2.3 Pneumonie bei Immundefizienz sin, Itraconazol
Definition. Pneumonie mit opportunistischen Erregern. 4 Candida: Fluconazol, Amphotericin B, Flucytosin
3.3 · Erkrankungen durch Erreger
99 3

Allgemeine Maßnahmen sind Schonung, Thromboem- Komplikationen:


bolieprophylaxe, Sekretolytika, Atemgymnastik, Inha- 4 Bakterielle Superinfektion
lationsbehandlung, bei Bedarf Sauerstoff, Flüssigkeits- 4 Toxisches Lungenödem
zufuhr.
Diagnose.
Prognose. Abhängig vom Alter, Vorerkrankungen, 4 Auskultation: RG, positive Bronchophonie, patho-
Immunschwäche logisches Bronchialatmen
4 Thoraxröntgen: Infiltrate, Atelektasen
3.3.2.4 Aspirationspneumonie 4 Labor: BGA (Azidose, paO2 vermindert)

Definition. Pneumonie nach Aspiration von Magensaft Therapie. Absaugung unter Bronchoskopie, Tiefla-
oder saurem Mageninhalt. gerung des Körpers, Sauerstoffgabe, evtl. Intubation
(PEEP-Beatmung), Bronchospasmolytika, Glukokorti-
Ätiopathogenese. Nach Aspiration mögliche Verät- koide, Antibiotikabehandlung (Clindamycin, Cephalo-
zung der Atemwege. Ursache sind z. B. Notfall-Opera- sporine).
tionen, Schwangerschaft, Schluckstörung, Bewusstlo-
sigkeit, Zwerchfellhochstand. ! Cave
Die Aspirationspneumonie ist ein Notfall mit relativ
Symptomatik. Nach Latenz von 2–12 h Broncho- hoher Letalität.
spasmus, bronchiale Hypersekretion, pulmonale Vaso-
konstriktion, Tachykardie, Hypotonie, Dyspnoe, Hypo-
xämie, Zyanose.

In Kürze
Pneumonie

Pneumonie 4 Symptomatik:
– typische Pneumonie: akut auftretend, Schüttelfrost, Husten, Auswurf, Fieber, Tachy-
pnoe, Tachykardie, Atemnot mit Naseflügeln
– atypische Pneumonie: langsam beginnend, kein Schüttelfrost, mildere Form
4 Ätiologie: Infektionen (bakteriell, meist Strept. pneumoniae, aber auch Viren, Pilze,
Protozoen), physikalische oder chemische Noxen, Kreislaufstörungen
4 Diagnostik: Klinik, Perkussion, Auskultation (Bronchialatmen, klingende RG), Thorax-
röntgen, Labor (Leukozytose)
4 Therapie: Antibiose nach Antibiogramm

Nosokomiale 4 Symptomatik: Verschlechterung der Grunderkrankung kann Zeichen für Pneumonie


Pneumonie sein
4 Ätiologie: im Krankenhaus erworben
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Labor, Bronchoskopie, Thoraxröntgen, Sonographie,
Echokardiographie.
4 Therapie: Antibiose

SARS (»severe 4 Symptomatik: Symptomtrias (Fieber >38°C, Husten, Kurzatmigkeit, andere Atem-
acute respiratory beschwerden, evtl. Übelkeit, Durchfall, Anamnese
syndrome”) 4 Ätiologie: SARS-Virus, unterschiedliche Infektiosität von Erkrankten
4 Diagnostik: SARS-Virennachweis
4 Therapie: schwierig. Isolation, Allgemeinmaßnahmen, Intensivbehandlung, noch keine
spezifische Medikation bekannt. Probatorisch: Kortikosteroide, Ribavirin, Lopinavir,
6 Glycyrrhizin
100 Kapitel 3 · Pneumologie

Pneumonie bei 4 Symptomatik: Fieber, Dyspnoe, trockener Husten, Tachypnoe, Tachykardie.


Immundefizienz Gravide Verschlechterung innerhalb Stunden möglich
4 Ätiologie: angeborene, erworbene Immunschwäche
4 Diagnostik: bei Neutropenie oft keine typische Klinik, Auskultation, Thoraxröntgen
(später Verdichtungen des Interstitiums), Differenzialblutbild, LDHn (Pneumozytose),
3 Sputum, Bronchoskopie, Lungenpunktion, Immunserologie
4 Therapie: Isolation (präventiv bei Neutropenie), Darmdekontamination, Impfung
(Influenza, Pneumokokken), Sekretolytika, Atemgymnastik, Inhalationsbehandlung,
ggf. Sauerstoff, Flüssigkeitszufuhr
– Pneumocystis jiroveci: Cotrimoxazol hochdosiert i.v., Trimethoprim, Sulfamethoxazol
– CMV-Pneumonie: Ganciclovir (ggf. Foscamet), CMV-Hyperimmunglobulin
– Aspergillose-Pneumonie: Amphotericin, Flucytosin, Itraconazol
– Candida: Fluconazol, Amphotericin B, Flucytosin

Aspirations- 4 Symptomatik: Bronchospasmus, bronchiale Hypersekretion, pulmonale Vasokonstrik-


pneumonie tion, Tachykardie, Hypotonie, Dyspnoe, Hypoxämie, Zyanose
4 Ätiologie: Aspiration saueren Mageninhaltes, Magensaftes
4 Diagnostik: Auskultation (RG, Bronchophonie, Bronchialatmen), Thoraxröntgen
(Infiltrate, Atelektasen), BGA (Azidose, paO2p)
4 Therapie: Absaugung, Tieflagerung, Sauerstoff, ggf. Intubation (PEEP-Beatmung), Bron-
chospasmolytika, Glukokortikoide, Antibiotika (Clindamycin, Cephalosporine)

3.3.3 Tuberkulose Nach Eindringen der Mykobakterien kommt es zu


einer durch T-Lymphozyten vermittelten Immun-Typ-
Definition. Infektion mit Mycobacterium tuberculosis, IV-Reaktion. Nach einer Latenzzeit von 5–6 Wochen
bovis oder africanum. Meldepflichtig. Miliar-Tbc: entsteht der Primärkomplex.
Schweres Krankheitsbild mit disseminiertem Befall
aller Organe. > Primärkomplex: Infizierter regionaler Lymphknoten
mit Primärherd.
Ätiopathogenese. Übertragung meist in die Lunge
über Tröpfchen erkrankter Patienten mit Erregern im In den Granulomen, die aus Alveolarmakrophagen und
Sputum. Lymphozyten bestehen, können Mykobakterien lange
4 Exsudative Form: Exsudation, Nekrose (Verkä- Zeit überleben (»dormant persisters«). Hämatogen
sung) bzw. lymphogen breitet sich die Tuberkulose in andere
4 Produktive Form: Tuberkel (noduläres Granula- Organe aus.
tionsgewebe)
Stadien:
Infektionsformen: 4 Primär-Tbc (Erstinfektion, . Abb. 3.6)
4 Primärinfektion: erste Infektion mit Tuberkulose- 4 Postprimäre Tbc (Organ-Tbc nach durchgemach-
Erregern ter Primär-Tbc)
4 Superinfektion: Infektion eines tuberkulin-positi-
ven Patienten; selten Epidemiologie. Weltweit die Erkrankung mit der
4 Exogene Reinfektion: Zweitinfektion nach auch höchsten Letalität (ca. 3 Mio. jährlich registrierte Mel-
immunologischer Ausheilung dungen). Zurzeit ca. 1,7 Mrd. Erkrankte. Inzidenz in
4 Endogene Reinfektion: Reaktivierung von im den westlichen Ländern 17,5/100.000. Mann:Frau 2:1.
Organismus ruhenden Erregern, meist bei vermin- Erhöhtes Risiko haben Kinder, alte Menschen, Patien-
derter Immunabwehr ten mit Vorerkrankungen, Mangelernährung, Alkohol-
abusus, Immunsuppression sowie AIDS-Patienten. Ca.
10% der exponierten Personen erkranken, 90% ent-
wickeln einen positiven Tuberkulintest.
3.3 · Erkrankungen durch Erreger
101 3

Diagnostik.
4 Anamnese: Immunsystem, Reisen, Tbc-Erkrankte
in Familie oder Umgebung, Beruf, Lungenvorer-
krankungen (auch Tbc)
4 Klinische Untersuchung: subfebrile Temperatu-
ren, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Husten, Aus-
wurf, Dyspnoe
4 Hauttest: Tuberkulintest (Immunreaktion Typ IV)
nach Mendel-Mantoux nach ca. 37 Tagen. Falsch-
negativ bei Immunschwäche, -suppression, zu In-
fektionsbeginn, bei Morbus Hodgkin

> Ein positiver Test beweist nur, dass eine immunolo-


gische Reaktion stattgefunden hat. Es ist kein Nach-
weis der Erkrankung.

4 Thoraxröntgen: flaues Frühinfiltrat (Assmann),


Spitzenherde in den Oberfeldern (Simon), Pleuritis
. Abb. 3.6. Kavernöse Lungentuberkulose. Exsudative ka- calcarea (kalkdichte, mottenfraßartige Verände-
vernöse Lungentuberkulose mit wolkigen, unscharfen Verdich- rungen in den Oberfeldern), verkalkte Lymph-
tungen in beiden Oberfeldern. Kaverne apikolateral (Samm- knoten
lung Prof. Jend) 4 Sonographie: Pleuraerguss, subpleurale tuberku-
löse Herde
4 Labor: unspezifische Entzündungszeichen, direk-
> Infizierte Personen mit intaktem Immunsystem
ter Erregernachweis oder in Kultur (Sputum, an-
erkranken zu ca. 5%, AIDS-Patienten zu ca. 10%
dere Sekrete), DNA-Nachweis mittels PCR
an Tuberkulose.

Symptomatik. Anfangs fehlend, selten Fieber, Gelenk- > Die Diagnosesicherung ist nur durch den direkten
beschwerden. Später unspezifisch Müdigkeit, Abge- Erregernachweis oder histologisch möglich.
schlagenheit, Krankheitsgefühl, subfebrile Tempera-
turen, Gewichtsverlust, Inappetenz, Appetitlosigkeit, Differenzialdiagnose. Alle malignen Erkrankungen, da
Nachtschweiß, Erythema nodosum. die unspezifische Tuberkulosesymptomatik die B-Symp-
tomatik (Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Adynamie)
Lungen-Tbc: Husten, erst trocken, später mit Auswurf umfasst.
(gelb-bräunlich, auch blutig), bei Pleurabeteiligung
auch atemabhängige Schmerzen, bei Ergussbildung Therapie. Präventiv: Identifizierung und Isolierung von
Dyspnoe und thorakales Druckgefühl. Patienten mit offener Tbc, Umgebungsuntersuchung,
Suche nach der Infektionsquelle.
Organ-Tbc:
4 Kehlkopf: Heiserkeit Kombinationstherapie (schnelle Resistenzentwick-
4 Tonsillen: Halsschmerzen lung bei Monotherapie):
4 Urogenital/Darm: Schmerzen im Bauch/Unter- 4 Anfangsbehandlung bis 3 Monate: 3- oder 4-fach-
bauch oder in den Flanken Behandlung mit Isoniazid, Rifampicin, Pyrazin-
4 Skelett: Schmerzen der Wirbelsäule, mit Senkun- amid, bei Verdacht auf Resistenzen: Etambutol und
gen durch Abszesse Streptomycin
4 Meningen: schleichender Beginn mit Kopf- 4 4–6 Monate: 2-fach-Therapie mit Isoniazid und
schmerzen, Reizbarkeit, Erbrechen, Gewichtsver- Rifampicin. 4-fach-Therapie bei Kavernen-Bildung
lust, Nackensteifigkeit, Augenmuskelparesen bzw. hämatogener Streuung

Komplikationen: ! Cave
4 Hiluslymphknoten-Tbc Eine lange Behandlungsdauer ist sehr wichtig, da
4 Pleuritis exsudativa (häufigste Form in der Klinik) Mykobakterien in Granulomen überleben und zu
4 Miliar-Tbc einer Reinfektion führen können.
102 Kapitel 3 · Pneumologie

Die Behandlungsdauer verlängert sich bei Rezidiven 3.3.5 Sarkoidose


oder bei nicht Verträglichkeit von einem der Medika-
mente. Definition. Systemerkrankung, mit nichtverkäsender,
Glukokortikoide nur bei ausreichender effektiver epitheloidzelliger Granulombildung.
antituberkulöser Therapie in der Initialphase, bei
schweren exsudativen Verläufen und zur Kontrolle der Ätiopathogenese. Unbekannt. Familiäre Häufung
3 Immunantwort. beobachtet. Manifestation zu 90% in der Lunge, alle
Organe möglich.
Prognose. Heilungsrate fast 100%, wenn Therapie
anspricht. Rezidivrate 1%. Epidemiologie. Schwarze Bevölkerung in den USA bis
zu 10-mal häufiger betroffen als weiße Bevölkerung.
Nachsorge. Regelmäßige Kontrolle ob Rezidive auf- Prävalenz: 50/100.000. Inzidenz: 10/100.000. 50% er-
treten. Auf Nebenwirkungen der Medikamente achten kranken in der 2. bis 4. Lebensdekade.
(Leber).
Symptomatik.
4 Akut: Arthritis, Erythema nodosum, bihiläre Ade-
3.3.4 Aspergillose, Kryptokokkose nopathie, Löfgren-Syndrom, Fieber, Husten, BSG-
Erhöhung; Heerfordt-Syndrom (Fieber, Parotis-
Definition. Systemische Pilzinfektionen. schwellung, Uveitis anterior, Fazilaislähmung)
seltener
Ätiopathogenese. 4 Chronisch: Anfangs oft symptomlos, später Hus-
4 Aspergillose: Inhalation der Sporen von meist As- ten, Belastungsdyspnoe, Diskrepanz zwischen sub-
pergillus fumigatus. Vorkommen in Heu, Blumen- jektivem Befinden und ausgeprägten Befunden
erde. Fakultativ pathogener Pilz, opportunistische 4 Extrapulmonale Manifestation: Haut, Augen,
Infektion bei Abwehrschwäche. Parotitis, Knochen, Nervensystem, Milz, andere
4 Kryptokokkose: Inhalation von Cryptococcus Organe
neoformans, Vorkommen in Erde, Vogelmist. Ob-
ligat pathogener Pilz, bei AIDS Patienten vierthäu- Diagnostik.
figste Infektion. 4 Anamnese, Klinik: familiäre Belastung. Auskulta-
tion häufig unauffällig
Symptomatik. 4 Lungenfunktion: Diffusionskapazität
4 Aspergillose: allergische bronchopulmonale As- 4 Labor: BSG erhöht, IgG erhöht, Hyperkalzämie,
pergillose (Asthma bronchiale, exogen allergische Hyperkalzurie, Tuberkulintest, ACE erhöht, S-IL-
Alveolitis), Aspergillom (lokalisierter Lungenherd), 2R erhöht
Pneumonie, Keratitis, Otomykose, Sinusitis, Endo- 4 Thoraxröntgen: symmetrische Hiluslymphkno-
karditis tenvergrößerung, Lungenparenchymbefall
4 Kryptokokkose: Pneumonie, Meningitis, Enze- 4 CT: Hiluslymphom, paratracheale Lymphome,
phalitis parenchymatöse Veränderungen
4 Galliumszintigraphie: Anreicherung in aktiven
Diagnostik. Granulomen (keine Routinemethode wegen Strah-
4 Aspergillose: Aspergillus- und Antigennachweis lenbelastung), Aktivitätsbeurteilung
aus Blut, Sputum, Bronchialsekret, Biopsiematerial, 4 Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage:
histologischer Erregernachweis, Antikörpernach- Vermehrung der Lymphozyten, CD4/CD8-Quo-
weis tient erhöht, kopfsteinplasterartiges Relief der
4 Kryptokokkose: Cryptococcus- und Antigen- Bronchialschleimhaut mit weißen Plaques
Nachweis aus Blut, Bronchialsekret, Urin, Liquor, 4 Transbronchiale Biopsie der Granulome
Biopsiematerial 4 Weitere Organmanifestationen: Sonographie (Ab-
domen), Augenuntersuchung, EKG, Labor (Trans-
Therapie. Therapie der Grunderkrankung. Glukokor- aminasen)
tikoide bei allergischer Aspergillose. Antimykotika
(Amphotericin B, ggf. kombiniert mit Fluctyosin). Differenzialdiagnose. Tuberkulose, Bronchialkarzi-
nom, M. Hodgkin, Pneumokoniose, allergische Alveo-
litis, Ornithose.
3.3 · Erkrankungen durch Erreger
103 3

Therapie. Prognose. Akut: Spontanheilung bei 95% in den ersten


4 Akut: ggf. nichtsteroidale Antiphlogistika, Kortiko- 3 Monaten, chronisch: Spontanheilung in den ersten
steroide 3 Jahren.
4 Chronisch: Kortikosteroide bei Hyperkalzämie,
Beteiligung von Augen, ZNS, Myokard, Haut, bei
progredienter Symptomatik. Therapie über ca.
6 Monate

In Kürze
Tuberkulose, Sarkoidose, Mykosen

Tuberkulose 4 Symptomatik: erst evtl. Fieber, Gelenkbeschwerden. Später Krankheitsgefühl, subfebrile


Temperaturen, Gewichtp, Inappetenz, Appetitlosigkeit, Nachtschweiß, Erythema nodosum
– Lungen-Tbc: Husten, erst trocken, später Auswurf (auch blutig), evtl. pleuritische
Schmerzen. Erguss, Dyspnoe, thorakales Druckgefühl
– Organ-Tbc: Kehlkopf (Heiserkeit), Tonsillen (Halsschmerzen), Pleura (Thoraxschmerzen),
Urogenital/Darm (Schmerzen im Bauchraum/Flanken), Skelett (Schmerzen der Wirbelsäule,
Abszesse), Meningitis (Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Erbrechen, Gewichtp, Nackensteifig-
keit, Augenmuskelparesen)
– Miliar-Tbc: disseminierter Befall aller Organe, schweres Krankheitsbild
4 Ätiologie: Mycobacterium tuberculosis, bovis oder africanum. Meldepflichtig!
4 Diagnostik: Klinik, Tuberkulintest, Thoraxröntgen, Sonographie, Labor
4 Therapie: Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, bei Verdacht auf Resistenzen Etambutol, Streptomy-
cin. Kombinationstherapie (schnelle Resistenzentwicklung bei Monotherapie). Lange Behand-
lungsdauer, da lange Überleben der Mykobakterien in Granulomen mit Gefahr der Reinfektion

Sarkoidose 4 Symptomatik:
– Akut: Arthritis, Erythema nodosum, bihiläre Adenopathie, Löfgren-Syndrom, Fieber,
Husten, BSGn. Heerfordt-Syndrom seltener
– Chronisch: Erst symptomlos, später Husten, Belastungsdyspnoe, Diskrepanz zwischen sub-
jektivem Befinden und Befunden
– Extrapulmonal: Haut, Augen, Parotitis, Knochen, Nervensystem, Milz, andere Organe
4 Ätiologie: unbekannt, familiäre Häufung. Systemerkrankung mit nichtverkäsender Granulom-
bildung, zu 90% Lungenbefall
4 Diagnostik: Auskultation (oft ohne Befund). Diffusionskapazität. Labor, Thoraxröntgen, CT, Gal-
liumszintigraphie, Bronchoskopie, transbronchiale Biopsie, Abklärung weiteren Organbefalls
4 Therapie:
– Akut: ggf. nichtsteroidale Antiphlogistika, Kortikosteroide.
– Chronisch: Kortikosteroide bei Hyperkalzämie, Beteiligung von Augen, ZNS, Myokard,
Haut, bei progredienter Symptomatik. Therapie über ca. 6 Monate.

Aspergillose, 4 Symptomatik:
Krypto- – Aspergillose: allergische bronchopulmonale Aspergillose (Asthma bronchiale, exogen aller-
kokkose gische Alveolitis), Aspergillom, Pneumonie, Keratitis, Otomykose, Sinusitis, Endokarditis
– Kryptokokkose: Pneumonie, Meningitis, Enzephalitis
4 Ätiologie: systemische Pilzinfektionen. Meist Aspergillus fumigatus, Cryptococcus neoformans
4 Diagnostik:
– Aspergillose: Nachweis von Aspergillus, Antigen aus Blut, Sputum, Bronchialsekret,
Biopsiematerial, histologischer Erregernachweis, Antikörpernachweis
– Kryptokokkose: Nachweis von Cryptococcus, Antigen aus Blut, Bronchialsekret, Urin, Li-
quor, Biopsiematerial
4 Therapie: Therapie der Grunderkrankung, Amphotericin B, evtl. kombiniert mit Fluctyosin
104 Kapitel 3 · Pneumologie

3.3.6 Mediastinitis 4 Thoraxröntgen: Mediastinalverbreiterung, Pneu-


mothorax
Definition. Entzündungen der mediastinalen Struk- 4 CT: Punktion (Diagnosesicherung)
turen, d. h. Herz mit den zentralen Gefäßen, Trachea,
Hauptbronchien, Ösophagus, Nn. vagi, Grenzstrang, Therapie. Initial Antibiotika (gramnegative, grampo-
Lymphknoten, Lymphgefäße. sitive Erreger, Anaerobier), Drainage. Ggf. Tumor-
3 exstirpation, operative Deckung bei Ösophagus- oder
3.3.6.1 Akute Mediastinitis Tracheaperforation.
Ätiopathogenese. Meist fortgeleitete Infektionen nach
Ösophagusläsionen oder -fistel, Verletzungen, Fremd- 3.3.6.2 Chronische Mediastinitis
körper, Tumorerosion, Sternotomien, Strumektomie, Ätiopathogenese. Granulomatöse Erkrankungen
endoskopischen Eingriffen (Ösophagus/Bronchien), (Sarkoidose, Tuberkulose, Histoplasmose, andere My-
Pleuritis, Pneumonie, Perikarditis. kosen), Übergang in mediastinale Fibrose möglich.

Epidemiologie. Heute öfter, aber nicht mehr so fulmi- Symptomatik. Obere Einflussstauung, Schluckbe-
nant wie früher. Häufig iatrogen. schwerden, Dyspnoe.

Symptomatik. Meist akuter Beginn mit Schüttelfrost, Diagnostik. Mediastinoskopie (Biopsieentnahme), CT


hohem Fieber, Dysphagie, Tachykardie, Tachypnoe, star- (lokalisierte mediastinale Raumforderung, Verbreite-
ken retrosternalen Schmerzen, Schluckbeschwerden. rung des oberen Mediastinum).

Komplikationen: Differenzialdiagnose. Malignom.


4 Abszesse
4 Zwerchfellparese Therapie. Behandlung der Grunderkrankung.
4 Horner-Syndrom
Prognose. Langsames Fortschreiten, spontane Regres-
Diagnostik. sion möglich, sonst Überlebenszeit ca. 20–30 Jahre.
4 Klinik: sternaler Druckschmerz, evtl. Hautemphy-
sem, Tracheaverlagerung, Halsvenenstauung

In Kürze
Mediastinitis

Akute Mediastinitis 4 Symptomatik: meist akuter Beginn mit Schüttelfrost, Fieber, Dysphagie, Tachy-
kardie, Tachypnoe, starken retrosternalen Schmerzen, Schluckbeschwerden.
4 Ätiologie: Fortgeleitete Infektionen, Fremdkörper, endoskopische Eingriffe
4 Diagnostik: Klinik, Thoraxröntgen, CT
4 Therapie: Antibiotika, Drainage, Tumorexstirpation, operative Deckung bei
Perforationen

Chronische Mediastinitis 4 Symptomatik: obere Einflussstauung, Schluckbeschwerden, Dyspnoe


4 Ätiologie: granulomatöse Erkrankungen (Sarkoidose, Tuberkulose, Mykosen)
4 Diagnostik: Mediastinoskopie, CT
4 Therapie: Behandlung der Grunderkrankung
3.4 · Tumoren der Lunge
105 3
3.4 Tumoren der Lunge Das Bronchialkarzinom metastasiert lymphogen in re-
gionäre Lymphknoten, hämatogen in Leber, Hirn, Ne-
3.4.1 Bronchialkarzinom benniere, Skelett. Zur TNM-Klassifikation . Tab. 3.8.

Definition. Maligne Neoplasie der Lunge. Epidemiologie. 25% aller Karzinome. Häufigste Krebs-
todesursache bei Männern. Inzidenz: 60/100.000.
Ätiopathogenese. Zigarettenrauchinhalation ist Ur-
sache bei 85% der Bronchialkarzinome, andere Karzi- Symptomatik.
nogene wie Asbest, Arsenverbindungen, Haloether, 4 Frühsymptome: Husten, Dyspnoe, Thorax-
Radon, Nickelmetalle, polyzyklische aromatische Koh- schmerz
lenwasserstoffe erhöhen das Erkrankungsrisiko. Gene- 4 Spätsymptome: Hämoptysen, Reizhusten, Fieber,
tische Disposition steigert das Risiko um das 2- bis Thoraxschmerzen, Appetitlosigkeit, Gewichtsver-
3-Fache. Die Latenzzeit beträgt bis zu 30 Jahre. lust, Plexusneuralgie, Armschwellung, Rekurrens-
parese, Phrenikuslähmung, Horner-Syndrom, Pleu-
> 95% der Patienten mit Bronchialkarzinom sind oder raexsudat, paraneoplastische Syndrome (Cushing-
waren Raucher. Syndrom, Thromboseneigung), Knochendestruk-
tion der 1. Rippe und 1. BWK, Poliomyositis,
70% der Bronchialkarzinome liegen zentral, 25% peri- Dermatomyositis, Thromboseneigung
pher, 5% wachsen diffus (Alveolarzellenkarzinom).
Diagnostik.
4 Anamnese, Klinik
Histologie der Bronchialkarzinome (WHO) 4 Labor: BSG, Blutbild, Elektrolyte, Kreatinin, Harn-
4 Plattenepithelkarzinom (35–60%) stoff, GPT, γ-GT, AP, LDH. Tumormarker: Neuro-
4 Kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC, »small spezifische Enolase (kleinzelliges Bronchialkarzi-
cell lung cancer«, 20–25%, nom), CYFRA 21-1 (nichtkleinzelliges Bronchialkar-
4 Adenokarzinom (6–32%) zinom). Hormondiagnostik. Sputum (Zytologie)
4 Großzelliges Karzinom (10–15%) 4 Lungenfunktion (präoperativ)
4 Kombinierte adenosquamöse Karzinome 4 Thoraxröntgen:
4 Karzinoide (7 Kap. 3.4.3) 5 Zentral-wachsend: endobronchial (Überblä-
4 Tumoren der Drüsen hung, Hilusverkleinerung, Atelektase, Pneu-
4 Karzinosarkome monie), extrabronchial (einseitige Hilusver-
4 Blastome kleinerung, unscharfe Hilusbegrenzung)
4 Melanome 5 Peripher-wachsend: flächenhafte Verschattung,
Rundherde
5 Pancoast-Tumoren: Verschattung der Lungen-
Das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC) ist vor- spitze, knöcherne Beteiligung
wiegend zentral lokalisiert. Die Prognose ist sehr 5 Bronchoalveoläres Karzinom: Rundherde, klein-
schlecht, da der Tumor bei Diagnosestellung meist fleckige/konfluierende Infiltrate, mulilokal
schon metastasiert hat. Möglicherweise paraneoplas- 4 HR-CT: 3D-Bilder, virtuelle Bronchoskopie. Schä-
tische Endokrinopathie (Hormonesekretion der malig- del-/Abdomen-CT, PET
nen Zellen). 4 Bronchoskopie (Biopsie)
Das Adenokarzinom liegt meist peripher. Es ist die 4 Thorakoskopie (Pleurakarzinose, Biopsie)
häufigste Krebsform bei Nichtrauchern und stellt einen 4 Knochenszintigraphie
großen Anteil der Narbenkarzinome. Selten als Alveo- 4 Sonographie: Abdomen
larzellenkarzinom auftretend.
Differenzialdiagnose. Benigne Neubildung, Metasta-
Alveolarzellenkarzinom sen, Lungennarben, entzündliche Rundherde (Abszess,
Seltener, kleinknotig und diffus sich ausbreitender Tumor Pneumonie, Echinokokkuszyste).
mit Schleim produzierendem, hochdifferenziertem Zylin-
derepithel. Symptomatik: Dyspnoe, Reizhusten, dünnflüs- ! Cave
siger Auswurf. Ursprung im Alveolar-, auch Bronchiolen- Jeder pulmonale Rundherd sollte abgeklärt werden.
epithel, geringe Infiltrations- und Metastasierungsten- Bei Husten und Hämoptysen ab >40 Jahren immer
denz. an Bronchialkarzinom denken.
106 Kapitel 3 · Pneumologie

. Tab. 3.8. TNM-Klassifikation des Bronchialkarzinoms

Tumor Lymphknoten Fernmetastasen

X Tumor nicht radiologisch oder bronchoskopisch Keine Beurteilung möglich Keine Beurteilung
nachweisbar, maligne Zellen im Sputum möglich
3 Tis: Carcinoma in situ N0: Keine Lymphknoten befallen M0: Keine
Fernmetastasen

1 3 cm, umgeben von Lungengewebe oder Ipsilaterale peribronchiale Lymph- Fernmetastasen


viszeraler Pleura, Hauptbronchus frei knoten/ipsilaterale Hilusknoten

2 >3 cm, Hauptbronchus befallen, distal der In ipsilateralen mediastinalen/


Karina befallen, Infiltration der viszeralen Pleura, subkarinalen Lymphknoten
partielle Atelektase

3 Jede Größe, Infiltration der Brustwand, Zwerchfell, In kontralateralen mediastinalen


mediastinale Pleura, Perikard. Totale Atelektase. Hilus-, ipsi- oder kontralateralen
Tumor im Hauptbronchus <2 cm der Karina, Karina Skalenus/supraklavikuläre Lymph-
tumorfrei. knoten

4 Jede Größe, Infiltration des Mediastinums, Herz,


große Gefäße, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper,
Karina, Wirbelkörper, maligner Pleuraerguss,
Perikarderguss, Metastasen auf ipsilateraler Seite

Therapie. sachen: massive Hämoptyse, akutes Cor pulmonale,


4 Tumorresektion: Lobektomie und Ausräumung Tumorkachexie. SCLC: untherapiert im Durchschnitt
der drainierenden Abflusswege (beim nichtklein- 3 Monate, stadienabhängig mit Therapie 9–13 Monate.
zelligen Bronchialkarzinom mit kurativem Ziel)
4 Neoadjuvante Therapie Nachsorge. Tumormarker, bildgebende Verfahren.
4 Strahlentherapie: 50–70 Gy. Beim SCLC Schädel-
bestrahlung, Pancoast-Tumoren präoperativ
4 Polychemotherapie: 3.4.2 Lungenmetastasen
5 Beim SCLC (Adriamycin, Cyclophosphamid,
Vincristin oder Carboplatin, Etoposid, Vin- Definition. Absiedlung eines extrapulmonalen Primär-
cristin oder Cyclophosphamid, Aadriamycin, tumors.
Vincristin, Etoposid oder Carboplatin, Etopo-
sid oder Ifosfamid, Etoposid oder Cisplatin, Ätiopathogenese. Hämatogene und/oder lymphogene
Etoposid) Absiedlung des Primärtumors, meist Malignom der
5 Beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom Mamma oder des Darms.
(NSCLC) in Stadium I (T1/2 N0 M0) und II
(T1/2 N1 M0, T3 N0 M0) keine Chemothera- Symptomatik. Beeinträchtigung der Lungenfunktion,
pie, ab Stadium III (T4 N0–2 M0, T1–4 N3 M0) Dyspnoe, Hämoptysen.
neoadjuvante Chemotherapie (Mitomycin C,
Vincaalkaloid, Cisplatin oder Mitomycin, Ifos- Diagnostik. Thoraxröntgen, CT, MRT.
famid, Cisplatin), Radiotherapie; postoperativ
adjuvante Radio- und Chemotherapie Differenzialdiagnose. Tuberkulose, Bronchialkarzi-
5 Palliativtherapie: Stents, Schmerzmedikation, nom.
Bisphosphonate
Therapie. Chemotherapie, chirurgische Resektion.
Prognose. NSCLC: 5-Jahres-Überlebensrate Stadium I:
70%, Stadium II 36%, bei Fernmetastasen 5%. Todesur- Prognose. Abhängig von der Grunderkrankung.
3.4 · Tumoren der Lunge
107 3
3.4.3 Bronchialkarzinoid perizytome, Plasmazellgranulome, Amyloidtumoren,
Chondrome, Osteome, Lipome, Fibrome, Bronchiala-
Definition. Vom APUD-System (»amine precursor denome.
uptake and decarboxylation«) ausgehender epithelialer,
bronchialer Tumor mit Produktion von Serotonin, Epidemiologie. Meist Zufallsbefund, 2% aller Lungen-
Kallikrein, Prostaglandinen. tumoren. Bronchialadenom: Gipfel 30. bis 40. Lebens-
jahr.
Ätiopathogenese. Das Bronchialkarzinoid ist ein
langsam wachsender Tumor mit geringer Metastasie-
Symptomatik: Selten Husten, Hämoptysen.
rungstendenz.
Symptomatik. Husten (50%), Hämoptyse (40%). Diagnostik. Thoraxröntgen, CT, Bronchoskopie (Biop-
sie), Thorakotomie (Biopsie, Lage, Ausbreitung).
Differenzialdiagnose. Bronchialkarzinom, Pneumonie.

Therapie. Resektion im Gesunden. ! Cave


Bei einem Rundherd muss immer ein Bronchialkar-
zinom ausgeschlossen werden.
3.4.4 Benigne Lungentumoren
Therapie. Resektion.

Definition. Tumoren unterschiedlichster Histologie, Prognose. Gut bei kurativer Resektion, Rezidive sind
z. B. Papillome, Hamartome, Leiomyome, Hämangio- selten.

In Kürze
Lungentumoren

Bronchialkarzinom 4 Symptomatik: Husten, Dyspnoe, Thoraxschmerz. Später Hämoptysen, Fieber, Appetitp,


Gewichtp, Plexusneuralgie, Armschwellung, Rekurrensparese,
Phrenikuslähmung, Horner-Syndrom, Pleuraexsudat, paraneoplastische Neoplasien,
Knochendestruktion (1. Rippe, 1. BWK), Poliomyositis, Dermatomyositis, Thrombose-
neigung. Paraneoplastische Syndrome: Cushing-Syndrom, myasthenisches Syndrom,
Thromboseneigung, Thrombozytose, hypertrophe pulmonale Osteoarthropathie
4 Ätiologie: Nikotinabusus, Karzinogene (Asbest), pulmonale Vorerkrankungen, Alter, Fami-
lienanamnese. Plattenepithelkarzinome (–60%), SCLC (–25%), Adenokarzinome (–30%)
4 Diagnostik: Labor, Sputum, Lungenfunktion, Thoraxröntgen, HR-CT, PET,
Bronchoskopie, Thorakoskopie, Knochenszintigraphie, Sonographie
4 Therapie: stadienabhängig Tumorresektion, neoadjuvante Therapie, Strahlentherapie,
adjuvante Radio- und Chemotherapie, Palliativtherapie

Lungen- 4 Symptomatik: Lungenfunktionp, Dyspnoe, Hämoptysen


metastasen 4 Ätiologie: Hämatogene und/oder lymphogene Absiedlung, meist der Mamma, des Darms
4 Diagnostik: Thoraxröntgen, CT, MRT
4 Therapie: Chemotherapie, Resektion

Bronchialkarzinoid 4 Symptomatik: Husten, Hämoptysen


4 Ätiologie: langsam wachsender Tumor, geringe Metastasierungstendenz,
Hormonproduktion
4 Therapie: Resektion

Benigne Lungen- 4 Symptomatik: Husten, Hämoptysen


tumoren 4 Diagnostik: Thoraxröntgen, CT, Bronchoskopie (Biopsie), Thorakotomie (Biopsie, Aus-
dehnung)
4 Therapie: Resektion
108 Kapitel 3 · Pneumologie

3.5 Erkrankungen des Lungen- Therapie. Sitzende Lagerung, Sedierung, Sauerstoff,


kreislaufs Vorlastsenkung (Nitrate, Furosemid), Kortikosteroide
bei toxisch-allergischen Prozessen, Überdruckbe-
3.5.1 Lungenödem atmung mit positiv endexspiratorischem Enddruck.
Therapie der Grunderkrankung (Linksherzinsuffi-
Definition. Massiver Austritt von Flüssigkeit aus den zienz, Niereninsuffizienz, Höhenkrankheit, hypertone
3 Lungenkapillaren in das Interstitium und den Alveo- Krise).
larraum.

Ätiopathogenese. Zu den Ursachen . Tab. 3.9. Unter- 3.5.2 Lungenembolie


schieden wird:
4 Interstitielles Lungeödem Definition. Verschluss eines arteriellen Gefäßes der
4 Alveoläres Lungenödem (Ex-/Transsudation) Lunge durch Thromben, Fett, Luft, Fruchtwasser oder
4 Schaumbildung Fremdkörper.
4 Asphyxie
Ätiopathogenese. 80% der Thromben stammen aus
Symptomatik. Bein-Becken-Venen, dem rechtem Vorhof oder der
4 Interstitielles Lungenödem: Tachypnoe, Dyspnoe, oberen Hohlvene.
Orthopnoe, Husten
4 Alveoläres Lungenödem: Starke Dyspnoe, Angst, > Risikofaktoren sind Bettlägerigkeit, Immobilisation,
Zyanose, schaumiges Sputum Sitzen mit abgeknickten Beinen, Tumorerkrankung,
4 Schocksymptomatik, hypertone Krise Östrogentherapie, Nikotin, forcierte diuretische
Therapie, Adipositas, Phlebitiden, postoperativer Zu-
Diagnostik. Anamnese: kardiale Vorerkrankungen, ar- stand.
terielle Hypertonie, Infektionen, thorakale Beschwer-
den, Allergien, Beruf, Reise. Labor, EKG, Thoraxrönt- Widerstandserhöhung
gen (parahiläre schmetterlingsförmige Verschattung, Der Gefäßverschluss führt zum Anstieg des Lungengefäß-
Herzverbreiterung bei Linksherzinsuffizienz). widerstandes und zum akuten Cor pulmonale (Widerstand
im rechten Ventrikel erhöht). Lungengesunde tolerieren
Auskultation: Verschlüsse bis 50% ohne Symptomatik. Bei Lungenkran-
4 Interstitielles Lungenödem: verschärftes Atemge- ken reichen kleinere Embolien für eine Widerstandser-
räusch, Giemen höhung aus. Verminderte Preload durch verminderte
4 Alveoläres Lungenödem: feuchte, mittel-grobbla- Füllung des linken Herzens haben eine Senkung des
sige RG; Stimmfrenitus verstärkt Herz-Zeit-Volumens und des Blutdrucks zur Folge. Reflek-
torische Mechanismen und Mediatoren bewirken zusätz-
Differenzialdiagnose. Pneumonie, Asthma bronchiale, liche Spasmen der Pulmonalgefäße mit weiterer Steige-
COPD, ARDS, nephrotisches Syndrom, Lymphangio- rung der Nachlast. Auslösende Faktoren: Pressen bei Defä-
sis. kation, plötzliche körperliche Anstrengung, morgendliches
Aufstehen

. Tab. 3.9. Ursachen der Lungenödeme

Kardiale Lungenödeme Nichtkardiale Lungenödem

Linksherzinsuffizienz: Druckanstieg im Lungenkreislauf Onkotischer Druckp


aufgrund von Herzinfarkt, Myokarditis, hypertone Krise, Alveolardruckp (Höhenkrankheit, zu schnelles Ablassen
Herzrhythmusstörung bei Punktion der Pleuraergüsse)
Anaphylaktischer Schock
Toxisch durch Gase, Alkylphophatester, Magensaft,
Heroinintoxikation
3.5 · Erkrankungen des Lungenkreislaufs
109 3

Epidemiologie. Häufigste Komplikation bei hospita- Differenzialdiagnose.


lisierten Patienten. Jährliche Todesrate ca. 50.000– 4 Dyspnoe: Asthma (Giemen, Brummen), Pneumo-
100.000 Patienten. thorax (fehlendes Atemgeräusch), Lungenödem
grobblasige Atemgeräusche), psychogene Hyper-
Symptomatik. ventilation, Pneumonie (Fieber, Husten, allgemei-
4 Akut: plötzlicher Beginn, ausgeprägte Dyspnoe, nes Krankheitsgefühl)
Tachypnoe, Husten, Schweißausbrüche, Angst, 4 Thoraxschmerzen: Herzinfarkt, Angina pectoris
Beklemmungszustände, Synkopen, Hämoptysen, (Besserung nach Nitratgabe), Pleuritis, Perikarditis,
atemabhängiger Schmerz, Kreislaufschock Aortendissektion (wandernde Thoraxschmerzen,
4 Spätsymptome: Thoraxschmerzen, Husten, Hä- Aorteninsuffizienz)
moptysen, Fieber 4 Oberbauchschmerzen: Gallenkolik, Ulkusperfora-
tion, Pankreatitis, Hinterwandinfarkt
! Cave 4 Hämoptysen: Bronchialkarzinom, Tuberkulose,
Schwindelanfälle, Synkope, unklares Fieber, Tachy- Bronchiektasien (maulvolle Expektoranzien), Blu-
kardie können Zeichen einer Lungenembolie sein. tung aus Nasen-Rachen-Raum

Diagnostik. Therapie. Behandlungsziele sind:


4 Anamnese: Risikofaktoren 4 Verhinderung weiterer Embolien
4 Klinik: Dyspnoe, Tachypnoe, Tachykardie, 2. Herz- 4 Lyse der vorhanden Embolien
ton betont, Halsvenenstauung, Beinvenethrom- 5 Notfalltherapie: halbsitzende Lagerung, abso-
bose, epigastrische Pulsationen, Trikuspidalinsuf- lute Bettruhe, ZVK (ZVD, Pulmonalisdrucks),
fizienz, Hypotonie, Hepatomegalie, normale Aus- i.v. Volumengabe, Analgetika, Sedierung, Sauer-
kultation stoff, Intubation (Atemversagen), Katechol-
4 Labor: D-Dimere bei frischer tiefer Beinvenen- amine (Kreislaufschock), Reanimation bei
thrombose und Lungenembolie. BGA: respirato- Stillstand
rische Partialinsuffizienz mit alveolärer Hyper- 5 Spezifische Therapie: Auflösung des Embolus,
ventilation, pO2 stark vermindert Rezidivprophylaxe, Heparin oder rtPA/Uro-
kinase (abhängig vom Schweregrad), Vollhe-
> Negativer D-Dimer-Test schließt Lungenembolie aus parinisierung über 1 Woche, orale Antikoagu-
(100% Sensitivität). lation mit Cumarinen

4 EKG: passagere Veränderungen, unspezifisch: > Operative Embolektomie bei Versagen aller konser-
Rechtsschenkelblock, ST-Anhebung mit terminal vativen Maßnahmen in der ersten Stunde. Letalität
negativem T in III, T-Negativierung V1–4, Sinus- 50%!
tachykardie, Tachyarrhythmie
4 Thoraxröntgen: Anfangs unauffällig, später Herz- Prognose. Meist spontane Auflösung innerhalb von
vergrößerung, Pleuraergüsse, periphere Infiltrate, 2 Wochen. Therapie hat die Sterblichkeit gesenkt. Ab-
Zwerchfellhochstand (einseitig), streifige Atelek- hängig von Alter, Vorerkrankungen, Zeitpunkt der Diag-
tasen nose, Komplikationen (Pleuritis, Lungeninfarkt, Abs-
4 Echokardiographie: akute Druckbelastung des zessbildung, Rechtsherzversagen, Rezidive, chronisches
rechten Ventrikels (Dilatation, paradoxe Septum- Cor pulmonale).
bewegung, Trikuspidalinsuffizienz)
4 Lungenperfusionsszintigraphie: kein Nachweis.
Typisch sind Segment oder lappenbezogene Per-
fusionsdefekte
4 CT-Angiographie, MR-Angiographie: Methode
der 1. Wahl. Thrombendarstellung der zentralen
Pulmonalgefäße; sicherste Diagnostik; invasives
Verfahren, wenn andere Untersuchungsformen
keine klare Diagnose zeigen
4 Sonographie: Beinvenen
110 Kapitel 3 · Pneumologie

In Kürze

Erkrankungen des Lungenkreislaufs

Lungenödem 4 Symptomatik:
– Interstitielles Lungenödem: Tachypnoe, Dyspnoe, Orthopnoe, Husten
3 – Alveoläres Lungenödem: starke Dyspnoe, Angst, Zyanose, schaumiges Sputum
– Hypertone Krise. Schocksymptomatik
4 Ätiologie: Austritt von Flüssigkeit aus den Lungenkapillaren ins Interstitium und den
Alveolarraum bei Linksherzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Höhenkrankheit, anaphylak-
tischem Schock, toxisch
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Auskultation, Labor, EKG, Thoraxröntgen
4 Therapie: sitzende Lagerung, Sedierung, Sauerstoff, Vorlastsenkung (Nitrate, Furosemid),
Kortikosteroide bei toxisch-allergischen Prozessen, Überdruckbeatmung (PEEP).

Lungenembolie 4 Symptomatik: plötzlicher Beginn, starke Dyspnoe, Tachypnoe, Husten, Schweißausbrüche,


Angst, Synkopen, Hämoptysen, atemabhängiger Schmerz, Kreislaufschock.
Später Thoraxschmerzen, Husten, Hämoptysen, Fieber
4 Ätiologie: Lungenarterienverschluss durch Thromben, Fett, Luft, Fruchtwasser, Fremd-
körper bei Immobilisation, Tumor, Östrogentherapie, Nikotinabusus, Diurese, Adipositas,
Phlebitiden, postoperativ
4 Diagnostik: Risikofaktoren, Klinik, Labor, BGA
4 Therapie:
– Ziel: Verhinderung weiterer Embolien, Lyse der vorhanden Embolien
– Notfalltherapie: halbsitzende Lagerung, absolute Bettruhe, ZVK (Pulmonalisdruck,
ZVD), i.v. Volumengabe, Analgetika, Sedierung, O2, evtl. Intubation, Katecholamine,
Reanimation
– Spezifische Therapie: Embolusauflösung, Rezidivprophylaxe, Heparin oder rtPA/
Urokinase, Vollheparinisierung über 1 Woche, orale Antikoagulation (Cumarinen).
Ggf. operative Embolektomie. Letalität 50%!

3.6 Erkrankungen der Pleura nephrotischem Syndrom, großen Atelektasen, erhöhtem


pulmokapillärem Verschlussdruck.
3.6.1 Pneumothorax
Exsudat
Definition. Luftansammlung im Pleuraraum, 7 Notfall- Gesteigerte Kapillarpermeabilität bei veränderter Pleura-
medizin. oberfläche oder gestörtem Lymphabfluss, z. B. Pleuritis
carcinomatosa, Lungenembolie, Fibrose, Tumoren.

3.6.2 Pleuraerguss, exsudative Pleuritis Ätiopathogenese. Durch vermehrte Produktion oder


durch verminderten Abtransport entstehende Flüssig-
Definition. Pleuraerguss: Pathologische Flüssigkeits- keitsansammlung (. Tab. 3.10).
ansammlung in der Pleurahöhle. Exsudative Pleuritis:
Entzündung der Pleura mit Ergussbildung. Epidemiologie. Sehr häufig,

Transsudat Symptomatik. Dyspnoe, abhängig von Ergussmenge,


Erhöhung des hydrostatischen Druckes oder Verminde- thorakale, atemabhängiger Schmerzen, Husten, Aus-
rung des onkotischen Druckes bedingt erhöhte Produktion wurf, Fieber, Nachtschweiß, Hämoptysen. Beginn
von Pleurasekret, z. B. bei Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, Stunde bis Tage.
6
3.6 · Erkrankungen der Pleura
111 3

. Tab. 3.10. Einteilung der Pleuraergüsse

Sekret Ursache

Seröses Exsudat Parapneumonisch, tuberkulös, Lungenembolie, Kollagenosen, Echinokokkose

Hämorrhagisches Exsudat Bronchialkarzinom, Metastasen, Pleuramesotheliom, Trauma

Transsudat Herzinsuffizienz, Hypoproteinämie, Leberzirrhose, nephrotisches Syndrom

Chylöser Erguss Trauma, Tumoren, Lymphome, Lymphangioleiomyomatosis

Empyem Parapneumonisch, iatrogen (Punktion, Operation)

> Differenzialdiagnostische Wertung der Symptome


4 Husten, Auswurf: eher pulmonale Erkrankung . Tab. 3.11. Laborparameter des Transsudats bzw.
4 Fieber, Nachtschweiß, Auswurf: Tuberkulose, Exsudats beim Pleuraerguss
Pneumonie
Parameter Transsudat Exsudat
4 Hämoptysen: Lungenembolie oder Bronchial-
karzinom Gesamteiweiß <30 g/l >30 g/l

Gesamteiweiß-Pleura/ <0,5 >0,5


Diagnostik.
Gesamteiweiß-Serum
4 Anamnese: Vorerkrankungen
4 Klinik: Ergusslinie steigt in aufrechter Position Spezifisches Gewicht <1,016 >1,016
nach lateral an (Damoiseau-Ellis-Linie). Perkussion:
LDH <200 U/l >200 U/l
Stimmfrenitus abgeschwächt bzw. aufgehoben,
Klopfschall gedämpft. Auskultation: Atemgeräusch LDH-Pleura/LDH-Serum <0,6 >0,6
abgeschwächt bis aufgehoben, Bronchialatmen bei
großen Ergüssen
4 Thoraxröntgen: homogene Verschattung (Nach- 4 Pleuraempyem/maligner Erguss o Spül-Saug-
weis ab 300 ml). Nach lateral steigende Linie, Drainage, Pleurodese
Zwerchfellwinkel verschattet
4 Sonographie: sensitivste Methode (Nachweis ab ! Cave
30 ml) Bei Pleurapunktion maximal 1500 ml abziehen.
4 EKG: evtl. Rechtsherzbelastung
4 Pleurapunktion: sonographisch gesteuert (Ent-
lastung, Untersuchung des Punktats) 3.6.3 Pleuratumoren
4 Labor: Punktionsmaterial (. Tab. 3.11), pO2 nor-
mal, Leukozytose, Kontrolle der Entzündungspara- Definition. Primäre Tumoren: Pleuramesotheliom
meter (benigne, maligne). Sekundäre Tumoren: Pleurakar-
zinose, Lymphangiosis carcinomatosa.
! Cave
Bei blutigem Erguss ist ein Karzinom auszuschließen. Ätiopathogenese.
4 Benignes Pleuramesotheliom: meist solitär, Zu-
Differenzialdiagnose. Pleuraschwarte (eingezogene fallsbefund, jede Altersgruppe, meist symptom-
Interkostalräume, abgeschwächter Stimmfrenitus, los
leichte perkutorische Dämpfung, keine Damoiseau- 4 Malignes Pleuramesotheliom: anamnestisch bis
Ellis-Linie). 90% Asbestexposition (Latenzzeit 25–40 Jahre).
Für die Anerkennung als Berufskrankheit müssen
Therapie. Kausal und symptomatisch. Asbestkörperchen im Tumorgewebe und beruf-
4 Medikamente: Antibiose bei bakterieller Infektion, liche Exposition nachgewiesen sein. ¾ der Tumo-
Antituberkulotika ren liegen pleural, ¼ peritoneal. Die übrigen 10%
4 Punktion/Drainage: Entlastung der Mesotheliome (Altersgipfel 4. Dekade) treten
112 Kapitel 3 · Pneumologie

spontan auf ohne Bezug zu Asbest. Sonderform: 4 Thorakoskopie/Pleurastanzbiopsie: Ausdehnung,


diffuses malignes Pleuramesotheliom Biopsie/Histologie
4 Sekundäre Pleuratumoren: Metastasen von Bron-
chial-, Mamma- oder anderen malignen Tumoren ! Cave
Gefahr von Impfmetastasen.
Symptomatik. Bohrende thorakale Schmerzen, Pleura-
3 erguss. Des Weiteren zunehmende Atemnot, Husten Therapie. Begrenzte Möglichkeiten, palliativ Strahlen-
mit und ohne Auswurf, erhöhte Temperaturen, Ge- therapie, operative Resektion. Pleurodese bei Erguss-
wichtsabnahme. Bei Umwachsen des Ösophagus sind bildung.
Schluckbeschwerden möglich.
Prognose. Schlecht, durchschnittliche Überlebenszeit
Diagnostik. 1–1,5 Jahre. Therapeutische Maßnahmen haben kaum
4 CT: Ausdehnung, asbestbedingte Veränderungen zur Verbesserung der Überlebenszeit geführt.
4 Sonographie: Retroperitonealraum

In Kürze
Erkrankungen der Pleura

Pleuraerguss, exsudative 4 Symptomatik: Dyspnoe (Ergussmenge!), atemabhängige Thoraxschmerzen,


Pleuritis Husten, Auswurf, Fieber, Nachtschweiß, Hämoptysen
4 Ätiologie: kardial, entzündlich, Leberzirrhose, nephrotisches Syndrom, Trauma,
Malignome, iatrogen
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Perkussion, Auskultation, Thoraxröntgen, Sono-
graphie, EKG, Pleurapunktion, Labor
4 Therapie: Grundkrankheit, Antibiose, Punktion/Drainage, Pleurodese

Pleuratumoren 4 Symptomatik: bohrende thorakale Schmerzen, daneben Atemnotn, Husten


mit/ohne Auswurf, Temperaturenn, Gewichtp. Bei Umwachsen des Ösophagus
Schluckbeschwerden möglich
4 Ätiologie: benigne/maligne Mesotheliome (90% Asbestexposition), Metastasen
4 Diagnostik: CT, Sonographie, Thorakoskopie/Pleurastanzbiopsie
4 Therapie: palliativ derzeit Radiatio (schlechte Strahlensensibilität), operative
Maßnahmen, Pleurodese
4 Gastroenterologie
C. Neßelmann, K.-P. Schaps

4.1 Erkrankungen der Speiseröhre –114


4.1.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –114
4.1.2 Ösophagus-/Fundusvarizen –114
4.1.3 Ösophagitis –114
4.1.4 Gastroösophageale Refluxkrankheit –115
4.1.5 Ösophagusdivertikel –116
4.1.6 Mallory-Weiss-Syndrom, Boerhaave-Syndrom –116
4.1.7 Ösophaguskarzinom –117

4.2 Erkrankungen des Magens –119


4.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –119
4.2.2 Gastroduodenale Ulkuskrankheit (GDUK) –120
4.2.3 Gastritis –121
4.2.4 Nichtulzeröse Dyspepsie (NUD) –122
4.2.5 Magenkarzinom –122

4.3 Erkrankungen des Darms –125


4.3.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –125
4.3.2 Infektiöse Durchfallerkrankungen –127
4.3.3 Intestinale Malabsorption –127
4.3.4 Karzinoid –129
4.3.5 Ileus –130
4.3.6 Appendizitis –130
4.3.7 Verschluss der Viszeralgefäße –131
4.3.8 Ischämische Kolitis –133
4.3.9 Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) –133
4.3.10 Reizdarmsyndrom (RDS) –135
4.3.11 Divertikel des Darms –137
4.3.12 Fissur/Fistel in der Anal-/Rektalregion –137
4.3.13 Anal-/Rektumprolaps –138
4.3.14 Polypen des Dickdarms –138
4.3.15 Kolorektales Karzinom –139
4.3.16 Analkarzinom –142
114 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Die Gastroenterologie beschäftigt sich mit den Funk- weder stationäre Durchzugsmanometrie oder 24-h-
tionen und Erkrankungen der Verdauungsorgane. Langzeitmanometrie (bei selten auftretenden Spasmen
indiziert).

4.1 Erkrankungen der Speiseröhre Langzeit-pH-Metrie


pH-Wert-Messung mit Sondenkatheter im Ösopha-
4.1.1 Anamnese, klinische Untersuchung, gus über 24 h zum Nachweis saurer Refluxepisoden
Diagnostik (pH<4).
4 4.1.1.1 Anamnese
Folgende Symptome sind anamnestisch relevant: 4.1.2 Ösophagus-/Fundusvarizen
4 Hypersalivation bzw. Pseudohypersalivation
(Speichel kann nicht geschluckt werden) Definition. Manifestation unterschiedlicher Erkran-
4 Globusgefühl (sog. Kloß im Hals, meist psycho- kungen mit portaler Hypertension und Kollateralkreis-
gen, selten organisch z. B. bei Ösophagusdiverti- laufbildung (Leberzirrhose, Pfortaderthrombose). Ge-
kel) fahr der Ruptur und Blutung (Varizenblutung).
4 Dysphagie (Schluckbeschwerden), Odynophagie
(Schmerzen beim Schlucken) Ätiopathogenese. Risikofaktoren einer Varizenblu-
4 Sodbrennen, retrosternale Schmerzen tung: Vorausgegangene Varizenblutung, persistierender
4 Regurgitation von Speisebrei Alkoholkonsum (bei ethyltoxischer Leberzirrhose), hö-
4 Übelkeit mit/ohne Erbrechen und Hämatemesis hergradige Varizen.
(Bluterbrechen), DD: Hämoptysen (blutiger Aus-
wurf) und Hämoptoe (Aushusten größerer Blut- Symptomatik. Plötzliches Erbrechen von hellrotem
mengen). Blut (Hämatemesis), Blut im Stuhl, Blutungsanämie,
hämorrhagischer Schock.
4.1.1.2 Klinische Untersuchung
Belegte Zunge und Foetor ex ore können auf Speise- Therapie. Varizenblutung: Intensivmedizinische Be-
röhrenerkrankungen hindeuten. treuung, Intubation zur Aspirationsprophylaxe, Kreis-
laufstabilisierung durch Volumensubstitution und
4.1.1.3 Diagnostik Dobutamin-Gabe, medikamentöse Senkung des Pfort-
Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) aderdrucks (Somatostatin, Terlipressin), endoskopische
Untersuchung von Speiseröhre, Magen und Zwölffin- Blutstillung (Varizensklerosierung mittels Injektion
gerdarm. Verfahren ermöglicht die direkte Inspektion von Ethylsklerol, Gummibandligatur oder Obliteration
der Schleimhaut, die Biopsieentnahme und endosko- mit Histacrylkleber, Platzierung von Ballonsonden
pische Intervention. (höchstens 24 h).
Indikationen sind vor allem Refluxkrankheit, Dys-
phagie (immer auch Röntgen), persistierende Ober- Rezidivprophylaxe: Nichtkardioselektive Betablocker
bauchbeschwerden, akute gastrointestinale Blutung, (z. B. Propranolol), endoskopische Varizensklerosie-
Beschwerden bei operiertem Magen, Karzinomnach- rung oder -ligatur. Als Ultima Ratio Shuntanlage: Ver-
sorge, Krebsvorsorge. Patientenaufklärung über Blu- bindung Pfortader und Lebervene (TIPSS = transjugu-
tungen, Perforation, kardiopulmonale Zwischenfälle, lärer intrahepatischer portosystemischer Stent-Shunt),
Nebenwirkungen der Prämedikation (meist kurzwirk- Lebertransplantation.
sames Benzodiazepin), Infektionen durch kontaminier-
tes Endoskop.
4.1.3 Ösophagitis
Ösophagographie
Röntgenkontrastuntersuchung (Breischluck), z. B. bei Definition. Entzündung der Lamina propria der Öso-
Stenosen oder zur Beurteilung einer Wandinfiltration phagusschleimhaut.
bei Tumorleiden.
Ätiopathogenese. Mögliche Ursachen:
Ösophagomanometrie 4 Infektiös, bei Immunsuppression/Immundefekt,
Messverfahren zur Beurteilung der Speiseröhrenmoti- konsumierenden Erkrankungen
lität und der oberen/unteren Ösophagussphinkter. Ent-
4.1 · Erkrankungen der Speiseröhre
115 4

5 Mykotisch: Candida albicans oder andere Risikofaktoren: Nikotin, Kaffee, Fruchtsäfte, Alkohol,
Candida-Spezies (Soorösophagitis) üppige Mahlzeiten, Adipositas, Stress, endogene De-
5 Viral: Herpes simplex, Zytomegalievirus pression.
4 Chemisch
5 Verätzung Epidemiologie. 10% der westlichen Bevölkerung (Volks-
5 Gastroösophagealer Reflux (chronisch, 7 Kap. krankheit).
4.1.5)
5 Alkohol Symptomatik.
4 Physikalisch 4 Sodbrennen (Leitsymptom, bei 70%)
5 Bestrahlung 4 Dysphagie und Oberbauchschmerzen, vor allem
5 Magensonde im Liegen auf der rechten Seite
4 Medikamentös, vor allem Breitbandantibiotika, 4 Übelkeit mit/ohne Erbrechen (bei 20%)
Zytostatika 4 Refluxassoziierte Atemwegserkrankungen: chro-
4 Stenose nischer Husten (bei 40%), Bronchitis (bei 35%) und
4 Bei Morbus Crohn (7 Kap. 4.3.9.1) chronische Heiserkeit (bei 10%)

Symptomatik. Dysphagie, Odynophagie, retrosternale Diagnostik. ÖGD: keine entzündlichen Veränderungen


Schmerzen. (»non-erosive reflux disease«, NERD), Refluxösopha-
gitis (»erosive reflux disease«, ERD, . Tab. 4.1). Radio-
> Eine Soorösophagitis kann auch symptomlos logischer Refluxnachweis und/oder Langzeit-pH-Me-
bleiben. trie bei Fehlen endoskopisch sichtbarer Läsionen, Ma-
nometrie (Druckverhältnisse des UÖS).
Diagnostik. Inspektion des Orophayrnx (oropharyn- Als Ausheilungsform der refluxbedingten Schleim-
geale Besiedlung bei Soor). ÖGD: Bei Soorösophagitis hautdefekte tritt das Barrett-Syndrom (Endobrachy-
nicht abspülbare weißliche Beläge auf geröteter Mu- ösophagus, Zylinderzellmetaplasie im distalen Ösopha-
kosa, Biopsie und Bürstenabstrich (Hyphen, Gewebs- gus) auf. Es gilt als echte Präkanzerose für ein Adeno-
invasion). karzinom des Ösophagus.

Therapie. Behandlung der Grundkrankheit. Protonen- Zehner-Regel


pumpeninhibitoren (PPI, Refluxösophagitis), Virostati- 4 Jeder 10. Patient mit Refluxbeschwerden weist
ka (Herpes-simplex-Virus: Aciclovir, Fanciclovir, Zyto- eine Refluxösophagitis auf,
megalievirus: Ganciclovir), Antimykotika (Candida 4 jeder 10. Patient mit Refluxösophagitis ent-
lokal z. B. Amphotericin B, systemisch Fluconazol). wickelt ein Barrett-Syndrom,
4 jeder 10. Patient mit Barrett-Ösophagus er-
krankt an einem Adenokarzinom.
4.1.4 Gastroösophageale Refluxkrankheit

Synonym. »Gastroesophageal reflux disease«, GERD. . Tab. 4.1. Stadieneinteilung der Refluxkrankheit
(nach Savary und Miller)
Definition. Symptome und Begleiterkrankungen, die
Stadium Endoskopischer Befund
durch Einwirken von saurem Magensaft auf die Öso-
phagusschleimhaut entstehen. NERD 0 Keine Schleimhautveränderung

ERD I Solitäre, nicht konfluierende Verän-


Ätiopathogenese. Inkompetenz des unteren Ösopha- derungen (Erytheme und Erosionen)
gussphinkters (UÖS, z. B. bei Hiatushernie) oder sekun-
där anatomische Veränderungen (intraabdominelle ERD II Teilweise konfluierende Erosionen,
meist streifenförmiger Anordnung
Druckerhöhung bei Schwangerschaft oder Adipositas,
Zustand nach Myotomie, Sklerodermie, Magenaus- ERD III Zirkulär konfluierende Schleimhaut-
gangsstenose) mit der Folge des fehlenden Synergismus defekte (den gesamten Ösophagus
zwischen UÖS und Eigenmotilität der Speiseröhre betreffend)
(Selbstreinigungsfunktion). ERD IV Komplikationsstadium: Ulzerationen,
Stenosen oder Vernarbungen
116 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Therapie. Allgemeinmaßnahmen: Diät, Gewichtsab- Symptomatik. Fremdkörpergefühl, Dysphagie, Regur-


nahme, Oberkörperhochlagerung beim Schlaf. gitation, Foetor ex ore, wiederholtes Verschlucken mit
Aspiration.
> Die medikamentöse Therapie erfolgt mit Protonen-
pumpeninhibitoren (PPI) über 4–8 Wochen (Step- > Bifurkale Divertikel machen selten Beschwerden.
down-Therapie: erst hoch dosieren, dann ausschlei-
chen). Diagnostik. Röntgen (wegen Aspirationsgefahr mit
wasserlöslichem Kontrastmittel).
Im Anschluss Auslassversuch (wenn frustran einjähr-
4 lich wiederholen). Langzeittherapie mit PPI (nied- ! Cave
rigste Dosis, mit der der Patient noch beschwerdefrei Endoskopie unter besonderer Vorsicht wegen er-
ist). Alternativ: symptomorientierte Bedarfstherapie höhter Perforationsgefahr.
(On-demand-Therapie). In leichten Fällen: H2-Ant-
agonisten. Chirurgische Behandlung (z. B. laparos- Therapie. Chirurgisch, Zenker-Divertikel bei Beschwer-
kopische Fundoplicatio) frühestens nach einjähriger den, epiphrenische Divertikel bei Entzündungen und
Langzeittherapie. Fisteln.

Prognose. Häufig ist lebenslange Rezidivprophylaxe


nötig. 4.1.6 Mallory-Weiss-Syndrom,
Boerhaave-Syndrom
! Cave
Endoskopiekontrolle (alle 6–12 Monate) bei Barrett- Definition. Mallory-Weiss-Syndrom: Longitudinaler
Syndrom wegen des erhöhten Risikos für ein Öso- Schleimhauteinriss der Mukosa und Submukosa am
phaguskarzinom. ösophagokardialen Übergang. Boerhaave-Syndrom:
Komplette Ruptur aller Wandschichten des Ösophagus.

4.1.5 Ösophagusdivertikel Ätiopathogenese. Akute intraluminale Druckerhö-


hung bei explosionsartigem Erbrechen (Alkoholismus,
Definition. Umschriebene Aussackungen entweder der gastroduodenaler Ulkuskrankheit).
ganzen Wand (echte Divertikel) oder durch Lücken der
Mukosa (Pseudodivertikel): Epidemiologie. Selten, hauptsächlich bei Männern im
4 Zervikal (70%), pharyngoösophageales Pulsions- mittleren Lebensalter.
divertikel (Zenker-Divertikel), oberhalb des
M. cricopharyngeus im sog. Kilian-Dreieck. Symptomatik.
4 Bifurkal (20%), parabronchiales Traktionsdiver- 4 Mallory-Weiss-Syndrom: epigastrische Schmer-
tikel, im Bereich der Trachealbifurkation, etwa zen, Hämatemesis
mittleres Drittel des Ösophagus. 4 Boerhaave-Syndrom: Trias: Erbrechen, Vernich-
4 Epiphrenisch (10%), parahiatales Pulsionsdiver- tungsschmerz, Dyspnoe
tikel, dicht oberhalb des Zwerchfells, meist in Kom-
bination mit Hiatushernie oder Ösophagusachala- > Das Mallory-Weiss-Syndrom verursacht etwa 13% der
sie (früher als Kardiospasmus bezeichnete primäre oberen gastrointestinalen Blutungen und ist damit
Motilitätsstörung der Speiseröhre mit Degenera- dritthäufigste Ursache hinter Ulkus (50%) und Varizen
tion des Auerbachplexus). (20%).

Ätiopathogenese. Diagnostik.
4 Pulsionsdivertikel: Missverhältnis zwischen intra- 4 Mallory-Weiss-Syndrom: notfallmäßige ÖGD
luminärem Druck und Wandstabilität, wobei sich 4 Boerhaave-Syndrom: Thoraxröntgen (Mediasti-
Mukosa und Submukosa ausstülpen (Pseudodiver- nalemphysem), Kontrastmittel-Breischluckunter-
tikel) suchung (wasserlösliches Kontrastmittel)
4 Traktionsdivertikel: Zug von außen (z. B. entzün-
deter zervikaler Lymphknoten, Persistenz konge- Therapie.
nitaler Gewebsbrücken zwischen Ösophagus und 4 Mallory-Weiss-Syndrom: Kreislaufstabilisierung,
Trachea) konservative Blutstillung mit Wasserlavage, endo-
4.1 · Erkrankungen der Speiseröhre
117 4

skopische Unterspritzung mit Adrenalin oder Fib- ! Cave


rinkleber Die meisten Symptome von Ösophaguserkrankungen
4 Boerhaave-Syndrom: Indikation zur sofortigen (Refluxkrankheit, Ösophagitis, Motilitätsstörungen)
Operation (Übernähung) können auch durch ein Ösophaguskarzinom hervor-
gerufen werden.

4.1.7 Ösophaguskarzinom Diagnostik.


4 Endoskopie: Lokalisation (proximales, mittleres
Definition. Bösartige Neubildung, meist vom Plattene- oder distales Drittel), Stufenbiopsie (Histologie)
pithel (Plattenepithelkarzinom), seltener, inzidentiell 4 Endosonographie: T-Stadium, Wandinfiltrations-
jedoch ansteigend von den Drüsenzellen der Speise- tiefe, vergrößerte Lymphknoten (. Abb. 4.1)
röhre (Adenokarzinom) ausgehend. 4 Thoraxröntgen, CT Thorax und Abdomen, Sono-
graphie Abdomen (vergrößerte Lymphknoten, Lun-
Ätiopathogenese. Ätiologisch relevant sind: gen- und/oder Lebermetastasen), Bronchoskopie
4 Rauchen (bei Verdacht auf Infiltration in das Tracheobron-
4 Hochprozentiger Alkohol chialsystem) zum Tumorstaging
4 Heiße Getränke
4 Karzinogene, wie Nitrosamine, Aflatoxine, Betel- Stadieneinteilung nach der TNM-Klassifikation der
nüsse UICC 2002 (International Union Against Cancer):
4 Tis (Carcinoma in situ) Tumor auf Lamina epithe-
Risikogruppen bilden Barrett-Ösophagus (obligate lialis begrenzt
Präkanzerose für Adenokarzinom), Zustand nach Ver- 4 T1 Tumor infiltriert Lamina propria und/oder Sub-
ätzung, Ösophagusachalasie (gestörte UÖS-Funktion) mukosa
und Plummer-Vinson-Syndrom (Folge einer Eisen- 4 T2 Muscularis propria
mangelanämie). 4 T3 Adventitia
4 T4 Nachbarorgane
> Betroffen sind bevorzugt die 3 physiologischen 4 N1 regionäre Lymphknoten befallen
Engen: Ösophaguseingang, Trachealbifurkation, 4 M1 Fernmetastasen, zervikal/zöliakal
Zwerchfellenge.

Das Ösophaguskarzinom metastasiert frühzeitig und TNM-Stadien Ösophaguskarzinom


vielfältig, oft lymphogen oder intramural. Späte häma- 4 Stadium 0: Tis N0 M0
togene Metastasierung in Lunge (proximaler Ösopha- 4 Stadium I: T1 N0 M0
gus, Vena-cava-Abfluss) und Leber (diastaler Ösopha- 4 Stadium IIA: T2 N0 M0
gus, V. portae). 4 Stadium IIB: T2 N1 M0
4 Stadium III: T3 oder T4, jedes N, M0
! Cave 4 Stadium IV: jedes T, jedes N, Fernmetastasen
Aufgrund der Anatomie (keine Serosa!) infiltriert das
Ösophaguskarzinom sofort in die Umgebung.

Epidemiologie. Inzidenz in Europa 5/100.000, in Süd-


ostasien am höchsten. Androtopie (m:w=5:1). Alters-
gipfel 6. Lebensjahrzehnt.

Symptomatik. In frühen Stadien (Tis, T1, T2) meist


keine Symptome. Spätsymptome sind zunehmende
Dysphagie (Leitsymptom), Pseudohypersalivation,
retrosternale Schmerzen, teils erheblicher Gewichts-
verlust, Heiserkeit (tumorbedingte Rekurrenspa-
rese).

. Abb. 4.1. Endosonographischer Befund eines Ösophagus-


karzinoms, Ösophaguswand vollständig penetriert
118 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Therapie. 4 Palliative Maßnahmen (bei T4, Stadium IV, fehl-


4 Endoskopische Mukosektomie bei Frühkarzinom geschlagener Therapie): Bougierung/Dilatation
(Tis und T1) (Lasertherapie, Legen von Plastiktubi oder Metall-
4 Operativ: Ösophagusresektion in Stadien T1, T2, stents). Sicherstellung der Ernährung (perkutane
T3 (bei gegebenem Sicherheitsabstand von 6– endoskopische Gastrostomie)
10 cm) mit kurativer Zielsetzung
4 Kombinierte Radiochemotherapie, neoadjuvant Prognose. 5-Jahres-Überlebensrate 20%.
(bei T3 oberhalb der Trachealbifurkation), oder
adjuvant (bei Residualtumor)
4
In Kürze
Erkrankungen der Speiseröhre

Ösophagus-/Fundus- 4 Symptomatik: Hämatemesis


varizen 4 Ätiologie: Kollateralbildung bei portaler Hypertension, Leberzirrhose
4 Diagnostik: Endoskopie
4 Therapie: Kreislaufstabilisierung, medikamentöse Senkung des Pfortaderdrucks,
endoskopische Blutstillung. Kurzfristig Ballonsonden. Shuntanlage

Ösophagitis 4 Symptomatik: Dysphagie, Odynophagie, retrosternale Schmerzen


4 Ätiologie: infektiös, chemisch (Reflux), physikalisch, medikamentös
4 Diagnostik: Inspektion, GÖD
4 Therapie: kausal: Therapie der Grundkrankheit; symptomatisch: PPI, Virostatika,
Antimykotika

Gastroösophageale 4 Symptomatik: Sodbrennen, Dysphagie, Übelkeit/Erbrechen, refluxassoziierte


Refluxkrankheit Atemwegserkrankungen
4 Stadien NERD, ERD (1–4)
4 Ätiologie: pathologischer gastroösophagealer Reflux
4 Diagnostik: ÖGD, Radiologie, pH-Metrie, Manometrie
4 Therapie: Allgemeinmaßnahmen, PPI für 4–8 Wochen (Step-down-Therapie),
Auslassversuch, Rezidivprophylaxe

Ösophagusdivertikel 4 Symptomatik: Fremdkörpergefühl, Schluckbeschwerden mit Verschlucken,


4 Zenkerdivertikel Regurgitation, Foetor ex ore
4 Parabronchiales 4 Diagnostik: Röntgen mit Kontrastmittel (wasserlöslich), Endoskopie
Traktionsdivertikel 4 Therapie: chirurgisch bei Beschwerden und/oder Komplikationen
4 Parahiatales
Pulsionsdivertikel

Mallory-Weiss- 4 Symptomatik: epigastrische Schmerzen, Hämatemesis (Mallory-Weiss-Syndrom).


Syndrom, Erbrechen, Vernichtungsschmerz, Dyspnoe (Boerhaave-Syndrom)
Boerhaave-Syndrom 4 Ätiologie: Schleimhauteinriss (Mallory-Weiss-Syndrom), komplette Wandruptur
(Boerhaave-Syndrom) infolge akuter Druckerhöhung im Ösophagus.
4 Diagnostik: ÖGD (Mallory-Weiss-Syndrom). Röntgen, Kontrastmittel-Schluck
(Boerhaave-Syndrom)
4 Therapie: Kreislaufstabilisierung, Blutstillung. Bei Boerhaave-Syndrom sofortige
6 Operation
4.2 · Erkrankungen des Magens
119 4

Ösophaguskarzinom 4 Symptomatik: spät einsetzend, Dysphagie, retrosternale Schmerzen, Gewichts-


verlust, Heiserkeit
4 Ätiologie: Rauchen, hochprozentiger Alkohol. Risikogruppen (Barrett-Ösopha-
gus, Zustand nach Verätzung, Ösophagusachalasie, Plummer-Vinson-Syndrom).
Lokalisation vorwiegend an den 3 physiologischen Engen, Metastasierung
frühzeitig lymphogen (zervikal, zöliakal), spät hämatogen (Lunge, Leber)
4 Diagnostik: Endoskopie, Endosonographie, CT, Röntgen, TNM-Stadienein-
teilung
4 Therapie: stadienabhängig: Mukosektomie, Ösophagusresektion und/oder
Radio-/Chemotherapie; palliative Maßnahmen: Stents, Endoprothesen, Laser-
therapie, perkutane endoskopische Gastrostomie

4.2 Erkrankungen des Magens 4 13


C-Atemtest: 30 min nach Testmahl mit 75 mg
13
C-markiertem Harnstoff wird massenspektro-
4.2.1 Anamnese, klinische Untersuchung, metrisch der Gehalt an 13CO2 in der Ausatemluft
Diagnostik gemessen. Der Test ist positiv bei hohem Wert an
13
CO2, das über den Blutkreislauf in die Ausatem-
4.2.1.1 Anamnese luft gelangt.
Symptome von Magenerkrankungen sind: 4 Helicobacter-pylori-Stuhltest: Nachweis spezifi-
4 Epigastrische Schmerzen scher Antigene von Helicobacter pylori im Stuhl
4 Völlegefühl mittels Immunassays.
4 Appetitlosigkeit
4 Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel Magensaftanalyse, Pentagastrintest
4 Übelkeit mit/ohne Erbrechen Nach 12-stündiger Nahrungskarenz werden erst die
4 Bluterbrechen (Hämatemesis): Rotes oder kaffee- Basalsekretion und nach Pentagastringabe die Maxi-
satzartiges Erbrechen (Oxidation von Häm in Salz- malsekretion bestimmt (Normwert: ≤0,2 mmol H+/h)
säure) spricht für eine gastrointestinale Blutung. Erfassung anazider oder hypersekretorischer Zustände
4 Aufstoßen (Eruktion): Entsteht meist bei Aeropha- (z. B. Zollinger-Ellison-Syndrom: ≥0,6 mmol H+/h).
gie, dem Luftschlucken beim Sprechen, Essen oder Selten durchgeführt (hohe interindividuelle Abhängig-
Schnarchen. keit).

> Die Familienanamnese spielt eine wichtige Rolle Gastroskopie


bei gastroduodenaler Ulkuskrankheit (GDUK) und Endoskopische Untersuchung des Magens (Magenspie-
Magenkarzinom. gelung). Fiberendoskop mit biegsamer Faseroptik aus
Glasfaserbündeln; ein integrierter Bildwandlerchip er-
4.2.1.2 Klinische Untersuchung möglicht die Bildschirmwiedergabe.
Perkutorisch ist der Magen, praktisch immer luftgefüllt,
durch tympanitischen Klopfschall lokalisierbar. Bei Röntgen
Magenerkrankungen besteht häufig epigastrischer Magen-Darm-Passage (MDP): Röntgen mit peroral
Druckschmerz. verabreichtem Kontrastmittel (Bariumsulfat oder was-
serlösliches Kontrastmittel wie Gastrografin).
4.2.1.3 Diagnostik Doppelkontrastverfahren: Magen-Darm-Trakt
Helicobacter-pylori-Tests wird im Anschluss an MDP mit Luft gefüllt (meist Gas-
4 Helicobacter-Urease-Schnelltest (HUT): Biop- Granulat-Gabe), sodass sich das Kontrastmittel als
siematerial der Magenschleimhaut wird auf ein dünner Belag auf die Schleimhaut legt und deren Be-
Harnstoffmedium gebracht. Der Verbrauch von urteilung ermöglicht.
Harnstoff durch die bakterieneigene Urease wird
mittels eines Farbindikators erkennbar. Sehr sensi-
tiver und spezifischer Nachweis von Helicobacter
pylori.
120 Kapitel 4 · Gastroenterologie

4.2.2 Gastroduodenale Ulkuskrankheit 4 Perforation


(GDUK) 4 Penetration (Ausstrahlung in den Rücken)
4 Spätkomplikationen:
Synonym. Peptic ulcer disease, peptisches Ulkus, 4 Narbige Magenausgangsstenose (Pylorusste-
Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür. nose, anhaltendes, kaffeesatzartiges Erbrechen)
4 Maligne Entartung (0,3% der Ulci ventriculi)
Definition. Substanzdefekt, der die Muscularis muco-
sae der Tunica mucosa durchbricht. Nach der Lokalisa- Diagnostik.
tion werden Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni un- 4 Anamnese: Magen-Darm-Erkrankungen, Medika-
4 terschieden. mente, familiäre Erkrankungen
4 Klinische Untersuchung: epigastrischer Druck-
Ätiopathogenese. Helicobacter-pylori (H.-p.)-Infek- schmerz
tionen, bei Ulcus ventriculi 75% und Ulcus duodeni 4 Blutbild: Blutungsanämie
95%. 4 Gastroduodenoskopie mit Biopsien: H.-p.-Tests,
H.-p.-negatives Ulkus: NSAR häufigste Ursache, bei Ulcus ventriculi Histologie zum Malignomaus-
erhöhtes Risiko bei zusätzlicher Einnahme von Gluko- schluss
kortikoiden oder Antikoagulanzien, positiver Magen- 4 MDP: falls Endoskopie abgelehnt wird, wenn auch
Darm- oder Familienanamnese. Weitere Ursachen sind weniger spezifisch
schwerer physischer Stress (Verbrennungen, Polytrau- 4 Magensaftuntersuchung: bei Verdacht auf gastrin-
ma), Hypersekretion (erhöhter Vagotonus, Hyperpara- produzierenden Tumor
thyreoidismus, gastrinproduzierende Tumoren) sowie 4 Sonographie des Abdomens: Ausschluss anderer
Zustand nach Gastrektomie (Anastomosenulkus). Erkrankungen mit Oberbauchbeschwerden (Chole-
lithiasis, Pankreatitis)
Epidemiologie. Häufig Manifestation im 60. bis 70. Le-
bensjahr. Lokalisation im Duodenum 4-mal häufiger als ! Cave
im Magen. Androtopie bei Duodenalulkus (m:w= 4:1). Bei Ulcus ventriculi immer Malignom ausschließen.

Symptomatik. Epigastrische, brennende oder bohrende Differenzialdiagnose. Magenkarzinom, MALT-Lym-


Schmerzen. Reizhusten (ösophagotrachealer Reflux). phom, Morbus Crohn, Infektion mit Herpes simplex,
Zytomegalie, Darm-Tuberkulose, KHK, Pleurits, Pneu-
! Cave mothorax, Aortendissektion.
Bei Antiphlogistika-bedingter Ulkuserkrankung fehlt
ein epigastrischer Schmerz oftmals (Minderung einer Therapie.
Hyperalgesie durch Prostaglandinhemmung). H.-p.-positives Ulkus: Eradikationstherapie, Therapie-
dauer: 10–14 Tage.
Weitere Symptome sind Völlegefühl, Aufstossen, Übel- 4 First line: PPI (2-fache Standarddosis/Tag) + Clari-
keit, Brechreiz, Gewichtsverlust. Evtl. bestehen Symp- thromycin + Amoxicillin (Italian-Triple-Therapie)
tome einer begleitenden Gastritis oder Duodenitis. oder Metronidazol (French-Triple-Therapie)
4 Second line: Quadrupeltherapie: PPI (2-fache
Symptome von mittlerweile untergeordneter klinischer Standarddosis/Tag) + Bismutsubcitrat/Wismut +
Relevanz Metronidazol + Tetrazyklin
Ulcus ventriculi: häufig Frühschmerz, nachts, sowohl
nüchtern als auch postprandial, Appetitlosigkeit. H.-p.-negatives Ulkus: Meiden ulzerogener Medika-
Ulcus duodeni: Spätschmerz, Nüchternschmerz mit Bes- mente, PPI, H2-Blocker, Prostaglandinanaloga (Miso-
serung nach Nahrungsaufnahme und auch periumbilikale prostol) oder Mukosaprotektiva (Sucralfat).
Lokalisation. Für Ulcus duodeni ist eine Frühjahr-Herbst- Arterielle Blutungen: Endoskopische Ulkusum-
Periodizität beschrieben. stechung und extraluminäre Gefässligatur.

> Bis zu 40% der Fälle sind asymptomatisch. > Eine operative Therapie ist indiziert bei Komplikati-
onen, wie Ulkusperforation.
Komplikationen sind:
4 Blutung (peranal, Bluterbrechen) als mögliche
Erstmanifestation
4.2 · Erkrankungen des Magens
121 4

Zur Überprüfung des Therapieerfolgs: > Die Diagnose einer unkomplizierten akuten Gastritis
4 Bei Ulcus ventriculi erneute Endoskopie mit Biop- wird anhand der Klinik gestellt.
sie
4 Bei Ulcus duodeni 13C-Harnstoff-Atemtest (Kon- Therapie. Meist spontane Ausheilung. Weglassen der
trolle der H.-p.-Sanierung) auslösenden Substanz und belastender Nahrungsmit-
tel. Zeitweise Nahrungskarenz, dann Schonkost (Tee,
Die H.-p.-Sanierung senkt die Rezidivrate inner- Zwieback, Schleimsuppen über wenige Tage). Bei Brech-
halb des ersten Jahres von 50% (Ulcus ventriculi) reiz Gabe von Antihistaminika (z. B. Dimenhydrinat)
bzw. 80% (Ulcus duodeni) auf 1–2%. Medikamentöse in Betracht ziehen.
Regulierung und Auslöserkarenz (Nikotin) sind bei
H.-p.-negativem Ulkus ausschlaggebend. 4.2.3.2 Chronische Gastritis
Definition. Chronische Entzündung der Magen-
> Zur Prävention eines Stressulkus bei polytraumati- schleimhaut.
sierten oder länger intensivmedizinisch betreuten
Patienten ist eine Prophylaxe mit H2-Rezeptor-Ant- Ätiopathogenese. Unterschieden werden Typ A–C
agonisten oder Sucralfat indiziert. (. Tab. 4.2). Sonderform ist Crohn-Gastritis (Epithe-
loidzellgranulome). Ménétrier-Faltenhyperplasie (Rie-
senfaltengastritis), evtl. Zytomegalievirus-Infektion
4.2.3 Gastritis (bei Kindern).

4.2.3.1 Akute Gastritis Symptomatik. Meist symptomlos oder unspezifisch,


Definition. Akute Entzündung der Magenschleim- wie Blähungen und Aufstoßen. Bei Ménétrier-Falten-
haut (sog. Magenverstimmung). Erosive akute Gastri- hyperplasie: Diarrhö und hypoproteinämische Ödeme
tis: Oberflächliche Epitheldefekte und größere Ero- (gastraler Proteinverlust).
sionen.
Diagnostik. H.-p.-Diagnostik (Helicobacter-Urease-
Ätiopathogenese. Direkter Schädigungsreiz (exogen) Schnelltest, 13C-Atemtest und Ag im Stuhl). Gastro-
und Stress (endogen). Granulozytäre Infiltration. skopie mit Biopsien (Histologie, Helicobacter pylori).
Die histologische Beurteilung erfolgt hinsichtlich
> Schwerer physischer und psychischer Stress können Infiltrationsdichte der Lamina propria mit Granulozyten
zum Zusammenbruch der Mukosabarriere führen. (Aktivitätsgrad), Plasmazellen und Lymphozyten (Ent-
zündungsgrad) sowie Zellmetaplasien (Atrophiegrad).
Mögliche Ursachen:
4 Alkohol (exzessiver Konsum), Nikotin, Kaffee, > Die Diagnose der chronischen Gastritis wird anhand
Fruchtsäfte des histologischen Befundes gestellt.
4 Medikamente: NSAR/Antiphlogistika, Zytostatika
4 Infektionen: Herpes-simplex Virus (HSV), Zyto- Weiterhin:
megalievirus (CMV), Candida albicans, Helico- 4 Medikamentenanamnese (NSAR, Glukokortikoide)
bacter pylori (H. p.) 4 Anamnese und klinische Untersuchung hinsicht-
4 Strahlentherapie lich B12-Avitaminose (Psychose, Gangunsicherheit,
4 Stress: Traumata, Verbrennungen, sog. Manager- chronischer Alkoholabusus)
krankheit, Leistungssport 4 Labordiagnostik: Blutbild, Auto-Antikörper ge-
4 Hypertensive Gastropathie bei portaler Hyperten- gen Parietalzellen und Intrinsic Factor, Vitamin B12,
sion Gastrin im Serum
4 Ausschluss weiterer Autoimmunkrankheiten
Symptomatik. Druck- und Völlegefühl, krampfartige (Typ A)
Schmerzen, Übelkeit, Brechreiz mit/ohne Erbrechen, 4 Bei Verdacht auf Crohn-Gastritis: Histologie und
Appetitlosigkeit. weitere diagnostische Abklärung des Morbus
Crohn (7 Kap. 4.3.9.1)
Diagnostik. Anamnestische Erfassung möglicher Ur-
sachen. Druckschmerz im Epigastrium möglich. En- ! Cave
doskopie bei Verdacht auf gastrointestinale Blutung Die Helicobacter-pylori-Serologie ist nicht zur Diag-
(Hämatemesis). nosefindung geeignet.
122 Kapitel 4 · Gastroenterologie

. Tab. 4.2. Einteilung chronischer Gastritiden

Ätiopathogenese Klinische Bedeutung, Lokalisation,


Komplikationen Ausbreitung

Typ-A-Gastritis Autoimmun: Antikörper gegen Achlorhydrie durch Atrophie der Korpusgastritis, proxi-
(chronisch- Parietalzellen und Intrinsic Schleimhaut einschließlich säure- mal (Kardia) beginnend,
atrophische Factor, andere Autoimmun- produzierender Drüsen, perniziöse deszendierend (zu
Gastritis) (5%) endokrinopathien (z. B. Hashi- Anämie (Vitamin-B12-Mangel), Korpus)
4 moto-Thyreoiditis) erhöhtes Karzinomrisiko

Typ-B-Gastritis Bakteriell: Infektion mit Hypochlorhydrie im Rahmen der Antrumgastritis, distal


(80%) Helicobacter pylori, selten mit Schleimhautentzündung, gastro- (Antrum/Pylorus)
enteroinvasiven Bakterien duodenale Ulkuskrankheit, nicht- beginnend, aszendie-
ulzeröse Dyspepsie, erhöhtes rend (zu Korpus)
Risiko für Magenkarzinom und
MALT-Lymphom

Typ-C-Gastritis Chemisch-toxisch: Chemisch-toxische Entzündung, Pangastritis


(10%) Gallereflux, Salicylate, NSAR selbstlimitierender
Verlauf nach Ausschalten der Noxe

Sie gibt nur epidemiologisch Aufschluss oder dient > Bis zu 50% aller Fälle mit Magenbeschwerden sind
als Verlaufsparameter (bei H.-p.-Sanierung 50% Anti- auf NUD zurückzuführen.
körper-Titerabfall).
Ätiopathogenese. Der genaue Pathomechanismus ist
Differenzialdiagnose. Nichtulzeröse Dyspepsie, Reflux- nicht bekannt. Diskutiert werden antrale Hypomotilität
ösophagitis. und veränderte viszerale Schmerzempfindlichkeit. Eine
gesteigerte motorische und sekretorische Aktivität wird
Therapie. beobachtet.
4 Typ-B-Gastritis: H.-p.-Eradikationstherapie bei
Beschwerden, Ulkusleiden oder familiärer Vorbe- Symptomatik. Sodbrennen, Völlegefühl, Übelkeit, Auf-
lastung für ein Magenkarzinom und bei Morbus stoßen, epigastrische Schmerzen, Blähungen.
Ménétrier. 6–8 Wochen nach H.-p.-Sanierung en-
doskopisch-bioptische Erfolgskontrolle Diagnostik. Differenzierte Anamnese, Labor (H. p.),
4 Typ-A-Gastritis: Vitamin B12-Substitution, je nach Sonographie, ÖGD ab Alter >45 Jahre (steigende Kar-
Ausprägung zinomgefahr).
4 Typ-C-Gastritis: Meiden der Noxe, Prokinetika
(z. B. Metoclopramid), eventuell Säureblocker (H2- ! Cave
Rezeptorantagonisten und PPI) Die NUD muss immer eine Ausschlussdiagnose sein.

! Cave Therapie. Aufklärung, sog. kleine Psychotherapie. Symp-


Endoskopische Kontrollen in 12-monatigem Inter- tomatisch Metoclopramid oder Domperidon, evtl. zu-
vall, die chronisch-aktive Gastritis gilt als obligate sätzlich säurehemmende Medikamente.
Präkanzerose.

4.2.4 Nichtulzeröse Dyspepsie (NUD) 4.2.5 Magenkarzinom

Synonym. Reizmagen, funktionelle Dyspepsie. Definition. Maligne Neoplasie des Magens (Infiltration
der Lamina muscularis propria und tieferer Wandschich-
Definition. Oberbauchbeschwerden länger als 3 Mo- ten. Magenfrühkarzinom (T1; . Abb. 4.2): Begrenzt
nate ohne nachweisbare organische Ursache. auf Mukosa (M-Typ) und Submukosa (SM-Typ).
4.2 · Erkrankungen des Magens
123 4

Lokalisation bevorzugt im Antrum- und Pylorusbe-


reich, in abfallender Reihenfolge kleine Kurvatur, Kar-
diabereich, Fundus und große Kurvatur. Metastasie-
rung lymphogen, hämatogen (insbesondere Leber,
Lunge, aber auch andere Organe), peritoneal oder in-
trakavitär (Peritonealkarzinose, Krukenberg-Tumor in
den Ovarien).

Epidemiologie. Inzidenz in Europa 20/100.000, in Japan


etwa dreimal häufiger.

Symptomatik. In Frühstadien meist keine oder un-


. Abb. 4.2. Histologisches Bild eines Magenfrühkarzinoms charakteristische Symptomatik (sog. empfindlicher
(HE, 80×), nebeneinander sind höher und niedrig differen- Magen).
zierte Tumoranteile sichtbar
> Widerwille gegen Fleisch ist das Leitsymptom.

Ätiopathogenese. Unbekannt. Positive Korrelation zu: Weitere Symptome in variabler Häufigkeit:


4 Umwelt- und Ernährungsfaktoren: nitrathaltige 4 Brechreiz und Druckgefühl im Oberbauch
Nahrung (salzige oder gepökelte Speisen), Vitamin 4 Gewichtsabnahme, Leistungsknick
A- und Ascorbinsäuremangel 4 Zeichen einer Blutung (Teerstuhl)
4 Genetischen Faktoren: Blutgruppe A 4 Zeichen einer Magenausgangsstenose (schwallarti-
ges Erbrechen)
Risikogruppen: 4 Zeichen einer Metastasierung (Aszites)
4 Typ-A-Gastritis
4 Typ-B-Gastritis ! Cave
4 Zustand nach Magenresektion (Magenstumpfkar- Bei Magenbeschwerden, die länger als drei Wochen
zinom) andauern, muss ein Magenkarzinom ausgeschlossen
4 positive Familienanamnese werden.
4 Ménétrier-Faltenhyperplasie und adenomatöse
Magenpolypen Diagnostik.

Histologisch werden laut WHO-Vorschlag (2000) un- ! Cave


terschieden: Adenokarzinome (70%), Siegelringkarzi- Bei Risikogruppen sollte eine jährliche Endoskopie
nome, adenosquamöse Karzinome, Plattenepithelkar- zur Frühdiagnose erfolgen.
zinome, kleinzellige Karzinome und undifferenzierte
Karzinome. Klinische Hinweise können tastbarer Oberbauchtumor
Das Magenkarzinom wird in 4makroskopische Be- und Metastasierungszeichen (Aszites, höckerige Leber,
funde klassifiziert (nach Bormann): tastbarer Virchow-Lymphknoten links supraklaviku-
4 Typ I: polypös-exophytisch (5%) lär) sein.
4 Typ II: ulzeriert und polypös (30–40%) Gastroskopie mit Biopsien (Diagnosesicherung).
4 Typ III: ulzeriert (40–60%) CT, Endosonographie, Sonographie Abdomen (Leber-
4 Typ IV: szirrhös diffusinfiltrierend (10–20%) und Lymphknotenmetastasen, Abtropfmetastasen ins
Becken), Thoraxröntgen (Lungenmetastasen), Skelett-
Die Laurén-Klassifikation unterscheidet den diffusen szintigraphie (Skelettmetastasen).
(infiltrativen) vom intestinalen (polypösen) Typ. Sie Das Staging erfolgt in die Stadien 0–IV mit der
ermöglicht prognostische Rückschlüsse. UICC-Klassifikation nach dem TNM-Schema, die bei
Resektion durch die R-Klassifikation ergänzt werden
Einteilung des Frühkarzinoms (Japanese Gastrointestinal sollte (R0: kein Residualtumor, R1: mikroskopischer
Endoscopy Society) Residualtumor, R2: makroskopischer Residualtumor).
4 Typ I: polypös-vorgewölbt Die nichtspezifischen Tumormarker CA 72-4,
4 Typ II: oberflächlich CA 19-9 und CEA können zur Verlaufskontrolle, aber
4 Typ III: exkaviert nicht zur Diagnosefindung eingesetzt werden.
124 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Differenzialdiagnose. Peptisches Ulkus, chronische Therapie. Stadien- und lokalisationsorientiert primär


Gastritis, nichtulzeröse Dyspepsie (bei Carcinoma in chirurgische Therapie. Bei fortgeschrittenem Karzinom
situ oder Frühkarzinom), MALT-Lymphome, Sarkom neoadjuvante Polychemotherapie und palliative Maß-
des Magens, intestinale Metastasen von nichtgastralen nahmen wie Lasertherapie, Einlage eines Kunststoff-
Karzinomen, Karzinoide. tubus oder Stents. Zur Prognose . Tab. 4.3.

In Kürze
4 Erkrankungen des Magens

Gastroduodenale 4 Symptomatik: häufig asymptomatisch, epigastrische Schmerzen, allgemeine gastro-


Ulkuskrankheit enterologische Symptome
4 Ätiologie: Helicobacter-pylori-Infektion, physischer Stress, Hypersekretion; erhöhtes
Risiko bei Einnahme von NSAR, bei bereits durchgemachter Ulkuserkrankung, bei
positiver Familienanamnese
4 Diagnostik: Anamnese, Gastroduodenoskopie mit Biopsie, Malignomausschluss bei
Magenulkus
4 Therapie: Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie (PPI + Clarithromycin + Amoxicillin
oder Metronidazol), Operation, Therapiekontrolle

Akute Gastritis 4 Symptomatik: Druck- und Völlegefühl, krampfartige Schmerzen, Übelkeit, Brechreiz
4 Ätiologie: direkter Schädigungsreiz (exogen), Stress (endogen)
4 Diagnostik: klinische Diagnose
4 Therapie: meist spontane Restitutio ad integrum, Schonkost

Chronische Gastritis 4 Symptomatik: meist symptomlos oder unspezifisch, wie Blähungen und Aufstoßen
4 Ätiologie: Typ A: autoimmun, Typ B: H.-p.-Infektion, Typ C: chemisch-toxisch
4 Diagnostik: OGD
4 Therapie: kausal: H.-p.-Eradikation (Typ-B-Gastritis), Vitamin-B12-Substitution
(Typ-A-Gastritis). Meiden der Noxe, Prokinetika (z. B. Metoclopramid), evtl. Säure-
blocker

Nichtulzeröse 4 Symptomatik: Sodbrennen, Völlegefühl, Übelkeit, Aufstoßen, epigastrische


Dyspepsie (NUD) Schmerzen, Blähungen
4 Ätiologie: evtl. antrale Hypomotilität und veränderte viszerale Schmerzempfind-
lichkeit
4 Diagnostik: Anamnese, Labor, Sonographie, ÖGD (Ausschlussdiagnose)
4 Therapie: kleine Psychotherapie. Symptomatisch: Metoclopramid oder Domperidon,
evtl. zusätzlich Säureblocker

Magenkarzinom 4 Symptomatik: spät einsetzend: Brechreiz, Druckgefühl im Oberbauch, Gewichts-


verlust, Blutung
4 Ätiologie: erhöhtes Karzinomrisiko: chronische Gastritis, Zustand nach Magen-
resektion, positive Familienanamnese
4 Lokalisation: meist Antrum, Pylorus. Metastasierung lymphogen, hämatogen,
peritoneal, intrakavitär
4 Einteilung nach Bormann Typ I–IV, Magenfrühkarzinom (Tumor infiltriert maximal
Submukosa, Typ I)
4 Diagnostik: Gastroskopie mit Biopsie. Staging nach TNM- und R-Klassifikation: CT,
Endosonographie, Sonographie, Röntgen, Skelettszintigraphie).
4 Therapie: Primär chirurgisch, palliative Maßnahmen
4.3 · Erkrankungen des Darms
125 4
4.3.1.2 Klinische Untersuchung
. Tab. 4.3. Prognose des Magenkarzinoms bei kura- Inspektion
tiver Therapiezielsetzung Postoperative Narben.
Tumorstadium 5-Jahres-Über- Auskultation
lebensrate
Die Peristaltik des Dünndarms erzeugt physiologisch
Carcinoma in situ 100% typische gurgelnde Geräusche etwa alle 5–10 sek. Sie kann
durch Druck mit dem Stethoskop angeregt werden.
Frühkarzinom ohne 90%
Lymphknotenbefall
Pathologische Darmgeräusche sind:
4 Lebhafte Peristaltikgeräusche (Borborygmi) bei
Frühkarzinom mit regionalem 70% Hungerzustand, Enteritis oder Malabsorption
Lymphknotenbefall 4 Geblähte Darmschlingen (vermehrte Gasbildung)
Fortgeschrittenes Karzinom <40%
erzeugen hochfrequente, metallisch klingende Ge-
nach R0-Resektion räusche, evtl. bei beginnendem mechanischem Ileus
4 Vermehrte Flüssigkeitsfüllung erzeugt leise plät-
Fortgeschrittenes Karzinom 0% schernde Geräusche, evtl. bei beginnendem paraly-
bei Residualtumor tischen Ileus
4 Fehlen jeglicher Darmgeräusche für >3 min, Hin-
weis auf paralytischen Ileus

4.3 Erkrankungen des Darms Perkussion


Die Perkussion des Abdomens erlaubt Rückschlüsse auf
4.3.1 Anamnese, klinische Untersuchung, den Luftgehalt des Darms. Mit zunehmender Wand-
Diagnostik spannung (Luftfüllung, wie bei Meteorismus) wird der
Klopfschall hochfrequenter.
4.3.1.1 Anamnese
Symptome bei Erkrankungen des Darms sind: Palpation
4 Bauchschmerzen (Lokalisation, Ausstrahlung, Auf Abwehrspannung (akutes Abdomen) achten.
Dauer, Beginn, Häufigkeit, Intensität und Charak- Druckpunkte bei der Appendizitis-Diagnostik sind:
ter) 4 McBurney-Punkt: lateraler Drittelpunkt auf einer
4 Erbrechen, evtl. Miserere (Erbrechen von Kot) Verbindungslinie zwischen Nabel und rechter
4 Meteorismus (Blähsucht): Luft- oder Gasansamm- Spina iliaca anterior rechts
lung im Darm oder der freien Bauchhöhle 4 Lanzpunkt: rechter Drittelpunkt auf einer Verbin-
4 Flatulenz: Aufblähung von Magen und/oder Darm dungslinie zwischen Spinae iliacae anteriores
mit reichlich Windabgang, eventuell von Stuhlin-
kontinenz begleitet Dünn- und Dickdarm sind normalerweise nicht tast-
4 Diarrhö (Durchfall): Stuhlgewicht >250 g/Tag, bar; palpable kotgefüllte Schlingen (Skybala) können
Stuhlfrequenz >4/Tag und flüssige Stuhlkonsistenz eine pathologische Resistenz vortäuschen (Sonogra-
4 Steatorrhö (Fettstuhl): Stuhlfettausscheidung >7 g/ phiekontrolle).
Tag, Fetttropfen auf dem Wasser, klebt an der Toi-
lette, übelriechend Digital-rektale Untersuchung
4 Teerstuhl (Meläna) und blutiger Stuhl (Häma- Teil der abdominellen Untersuchung (vor allem bei
tochezie, meist bei massivem Blutabgang): sollten Patienten über 45 Jahren, Anämie). Durchführung mit
von ärztlicher oder pflegerischer Seite verifiziert Handschuh, Fingerling, Gleitmittel. Eingehende In-
werden. spektion des Anus, Austastung von Analkanal, distaler
Ampulla recti, Portio uteri bzw. Samenblase, Prostata.
Erhebung von auslösenden, verstärkenden und lin- Befundangabe in Uhrzeit oder Winkelgrad, Patienten-
dernden Faktoren. Zusammenhänge zu Nahrungsauf- lage (z. B. Steinschnittlage) berücksichtigen.
nahme, Stuhlgang und Winde, Erbrechen, Körperhal-
tung und -lage, Atmung und Anstrengung, psychischen 4.3.1.3 Diagnostik
Situation, Medikamenteneinnahme, Menstruations- Stuhluntersuchung auf pathogene Keime
zyklus und bestimmten Tätigkeiten sollten berück- Stuhlkultur und Stuhl-Direktpräparat (Parasiten,
sichtigt werden. Wurmeier).
126 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Zur weiteren Erregerdiagnostik Toxinnachweis im 4 Stuhlfett: Quantitative Bestimmung in einer Stuhl-


Stuhl, Bestimmung von Monozyten oder Leukozyten probe nach der van-de Kramer-Methode. Referenz-
im Stuhl und Serodiagnostik (z. B. Amöben-Anti- konzentration: >200 µg/g Stuhl.
körper).
Fäkaler Okkultblut-Test (FOBT, Guajak-Test)
Dünndarmfunktionstests Guajakharz-imprägniertes Filterpapier wird mit Stuhl
4 Schilling-Test = Vitamin-B12-Resorptionstest: Der bestrichen. Unter Hinzugabe einer H2O2-haltigen Ent-
Patient nimmt radioaktiv markiertes Vitamin B12 oral wicklerlösung kommt es bei hämoglobinhaltiger Probe
ein. Zuvor werden Leber und Plasmaproteine durch zur Blaufärbung. Indiziert bei Verdacht auf gastroin-
4 Injektion (i.m. oder s.c.) von unmarkiertem Vitamin B12 testinalen Blutverlust oder Screening (Sensitivität für
abgesättigt. Der Gehalt an markiertem Vitamin B12 kolorektales Karzinom 50–75%). Möglichst schlacken-
wird im 24-h-Sammelurin registriert (Schilling I). Bei reiche Kost an vorhergehenden Tagen. Absetzen von
niedrigem Wert (Vitamin-B12-Resorption gestört) wird Azetylsalizylsäure-Präparaten 3 Tage zuvor. Von drei
der Test unter Intrinsic-Factor-Gabe wiederholt (Schil- sukzessiven Stuhlproben werden jeweils 2 Proben auf
ling II). Dies ermöglicht die Unterscheidung einer rei- einem Teststreifen ausgestrichen. Verfärbt sich mindes-
nen Resorptionsstörung (Wert bleibt niedrig) von In- tens eine Probe blau, ist das Testergebnis positiv. Falsch
trinsic-Factor-Mangel. positive Ergebnisse durch rohes Fleisch (Blutwurst),
4 Xylose-Test: Hierbei wird 25 g D-Xylose (Erwachse- rohes Gemüse (Meerrettich), Eisenmedikation sowie
nendosis) oral verabreicht und nach 2 h im Serum jodhaltige Desinfektionsmittel.
sowie im 5-h-Sammelurin bestimmt. Pathologisch
niedriges Resultat weist auf verminderte Absorptions- Weitere Verfahren zum Blutnachweis im Stuhl
kapazität des oberen Dünndarms (Aufnahmeort der Selektiver Nachweis von menschlichem Hämoglobin und
Xylose) hin. dem Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl mittels
4 H2-Atemtest (Wasserstoffexhalationstest): Ent- ELISA-Methode.
sprechend der Steigung der H2-Partialdruckkurven
Unterscheidung zwischen Normalbefund, bakterieller Bildgebende Verfahren, Endoskopie
Fehlbesiedlung (starker Anstieg schon in den ersten Enteroklysma
30–60 min) und Laktasemangel (starker Anstieg zwi- Röntgen mit Doppelkontrasttechnik, über eine Duodenal-
schen 1–3 h). sonde werden pumpengesteuert bariumsulfathaltiges
4 Laktose-Belastungstest: Verdacht auf Laktosein- Kontrastmittel und für den anschließenden Doppelkon-
toleranz. Blutzuckerbestimmung im Kapillarblut vor trast Methylzellulose appliziert. Die Darmpassage wird
sowie 20, 40, 60 und 90 min nach oraler Gabe von 50 g unter Röntgen verfolgt.
Laktose (Erwachsenendosis). Pathologisch ist ein An-
stieg des Blutzuckerspiegels um weniger als 1,1 mmol/l Hydro-Magnetresonanztomographie (Hydro-MRT)
(20 mg/dl). Cave: Bei Laktoseüberdosierung kann ein Spezielle Magnetresonanz-Untersuchung mit Bildakqui-
relativer Laktasemangel entstehen und die Diagnose sition in Atemstillstand unter Verwendung intestinaler
verfälschen. MR-Kontrastmittel. Einsatz derzeit zur Beurteilung chro-
nisch entzündlicher Darmerkrankungen.
Tests der exokrinen Pankreasfunktion
4 Sekretin-Pankreozymin-Test: i.v. Gabe von Sekretin Videokapselendoskopie
oder Pankreozymin (oder Analogon) und direkte Patient nimmt eine Kapsel ein, die Batterie, Sender, Licht-
Bestimmung auf Bikarbonat-/Wassersekretion bzw. quelle und Chip-Kamera enthält und über natürlichem
Amylase, Lipase und Trypsin im Magen- oder Duo- Wege wieder ausgeschieden wird. Die Bilder werden von
denalsaft (über Sonde gewonnen). einem Aufnahmegerät, das der Patient bei sich trägt, ge-
4 Weitere: Pankrealauryltest (pankreasspezifische Cho- speichert und schließlich durch ein Computerprogramm
linesterase), Chymotrypsin im Stuhl (Pankreasenzym), als Film für die Auswertung sichtbar. Wichtige Kontrain-
Elastase-1 im Stuhl (proteolytisches Pankreasenzym, dikation: Darmstenose.
darmstabil, nicht durch Enzymgabe beeinflusst).
Proktoskopie. Indiziert bei anorektalen Schmerzen,
Bestimmung von Stuhlmenge und Stuhlfett peranaler Blutung, unerklärter Änderung der Stuhl-
4 Stuhlmenge. Gravimetrische Bestimmung 3 aufeinan- gewohnheiten. Ermöglicht Inspektion des Analkanals
der folgender 24-h-Portionen (durchschnittliche Aus- und Therapie von Hämorrhoidalleiden (Sklerosierung,
scheidung bei gemischter Kost 50–200 g/Tag). Ligatur, Infrarotkoagulation).
4.3 · Erkrankungen des Darms
127 4

Rektosigmoidoskopie. Gezielte Untersuchung, wenn ! Cave


hohe Koloskopie nicht zwingend erforderlich. Indiziert Gefahr septikämischer Verläufe bei geriatrischen
bei postoperativer Inspektion einer Anastomose, The- Patienten, Neugeborenen/Kleinkindern und Immun-
rapieüberwachung einer Proktitis oder Kolitis. supprimierten.

Koloskopie. Hohe Koloskopie, evtl. als Ileokoloskopie, Diagnostik. Stuhl- und Blutkultur, Kultur aus Lebens-
erfolgt routinemäßig. Indikationen sind Screening (ab mitteln.
50. Lebensjahr Vorsorgeuntersuchung, getragen von
den gesetzlichen Krankenkassen), peranale Blutung, Therapie. Symptomatisch (Flüssigkeit- und Elektrolyt-
okkultes Blut im Stuhl, Eisenmangelanämie, Anämie substitution), bei systemischer Erkrankung Ampicillin,
unklarer Genese, Polypektomie, Blutstillung. Perfora- Gyrasehemmer (Ofloxacin, Ciprofloxacin), Cotrimo-
tionsrisiko 1–2%. xazol oder Cephalosoprine der 3. Generation.

4.3.2.2 Lebensmittelvergiftung durch


4.3.2 Infektiöse Durchfallerkrankungen Staphylokokken
Definition. Durch enterotoxinbildende Staphylococcus
aureus ausgelöste Gastroenteritis.
Erreger von Durchfallerkrankungen
Bakterien: Symptomatik. Brechdurchfälle mit Bauchkrämpfen
4 Lebensmittelvergiftung durch Enterotoxinbild- 1–6 h nach Aufnahme verdorbener Nahrungsmittel
ner: Staphylococcus aureus, Bacillus cereus, (Milch- oder Eiprodukte, Fleisch, Kartoffelsalat), meist
Clostridium botulinum, Clostridium perfringens mehrer Personen nach derselben Mahlzeit.
4 Nichtinvasive Erreger: Vibrio cholerae, E. coli
(enterotoxisch) Diagnostik. Klinik, evtl. Enterotoxinnachweis aus
4 Invasive Erreger: E. coli (enteroinvasive), Ente- Speiseresten (kostenintensiv).
ritis-Salmonellen, Shigellen (Bakterienruhr),
Campylobacter jejuni (Enterokolitis), Yersinien, Therapie. Flüssigkeit- und Elektrolytsubstitution (z. B.
Clostridum difficile (pseudomembranöse Rehydratationslösung).
Kolitis), Vibrio parahaemolyticus, Aeromonas
4 Erreger generalisierter Enterokolitiden: Bacillus 4.3.2.3 Enteritis durch Rotaviren
anthracis, Trophyeryma whippeli, Mykobakte- Definition. Durchfallerkrankung des Dünndarms, Er-
rien, Pseudomonas pseudomallei reger aus Familie der Reoviridae, Rotaviren der Grup-
pe A–E, Gruppe A klinisch am bedeutsamsten.
Viren: Rotaviren (häufigster Erreger der infektiösen
> Häufigste infektiöse Durchfallerkrankung bei Kindern.
Diarrhö bei Kindern), Noroviren, Small round struc-
tured viruses (SRSV)
Symptomatik. Akuter Beginn. Wässrige Durchfälle,
Erbrechen über 2–6 Tage.
Protozoen: Giardia lamblia (Lamblienkolitis), Enta-
moeba histolytica (Amöbenruhr) Diagnostik. Ag-Nachweis im Stuhl (ELISA-Test).
Pilze: Candida, Aspergillus fumigatus
Therapie. Symptomatisch, Flüssigkeitszufuhr.

4.3.2.2 Salmonellenenteritis 4.3.3 Intestinale Malabsorption


Definition. Meist lokale Infektion des Dünndarms,
meldepflichtig. Häufigster Erreger: Subspezies Samo- Definition. Mangelhafte Aufnahme von Nahrungs-
nella enteritidis. endprodukten aus dem Darmlumen in die Blut- und
Lymphbahn.
Symptomatik. Je nach Bakterienzahl (ab 106 Bakterien/
ml 100% der Betroffenen infiziert) 12–48h nach Auf- Ätiopathogenese: Entweder primär (gestörte Trans-
nahme kontaminierter Lebensmittel (Milch, Eier, Ge- portvorgänge) oder sekundär (verändertes Resorptions-
flügel, Eis) Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Abdomi- epithel), infolge Maldigestion (Mangel an Verdauungs-
nalschmerzen. enzymen) oder isoliert.
128 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Unterschieden werden: 5 Eisen (hypochrome Anämie)


4 Intestinale Malabsorption: 5 Vitamin D (Knochenschmerzen, Frakturen,
5 Dünndarmerkrankungen (Zöliakie, tropische Parästhesien an Händen und Füßen)
Sprue, chronische Darminfektion, Morbus 5 Vitamin A (Nachtblindheit)
Whipple, Morbus Crohn, Laktasemangel, 5 Vitamin K (Hämorrhagien)
Amyloidose, Strahlenenteritis), Zustand nach 4 Labor: Blutbild, Karotinspiegel im Serum, Stuhl-
Dünndarmteilresektion menge und -fett, Dünndarmfuntkionstests, exokri-
5 Gestörter enteraler Lymphfluss (MALT-Lym- ne Pankreasfunktionstests, Glykochylatatemtest
phom) (bakterielle Dekonjugation von Gallensäuren)
4 5 Hormonal aktive Tumoren (Zollinger-Ellison- 4 Röntgen
Syndrom, Verner-Morrsion-Syndrom, Karzi- 4 Dünndarmbiopsie (Gutenenteropathie, Morbus
nom) Whipple)
5 Gestörte enterale Durchblutung (Angina intes-
tinalis, Rechtsherzinsuffizienz) Therapie.
4 Maldigestion: 4 Kausal:
5 Zustand nach Magenresektion 4 Exokrine Pankreasinsuffizienz: Enzymgabe
5 Exokrine Pankreasinsuffizienz (Mukoviszido- 4 Laktasemangel: laktosearme Diät
se, chronische Pankreasinsuffizienz, Zustand 4 Morbus Whipple: langzeitliche Antibiose
nach Pankreasresektion) 4 Symptomatisch: Substitution von Vitamin B12,
5 Cholestase, Gallensäureverlustsyndrom Eisen, fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K), Wasser-
und Elektrolythaushalt
Enterales Eiweißverlustsyndrom
Synonym. Exsudative Enteropathie. 4.3.3.1 Zöliakie
Synonym. Einheimische Sprue, Glutenenteropathie.
Definition. Gesteigerter Übertritt von Plasmaproteinen
(vor allem Albumin) ins Magen- oder Darmlumen, bei Lym- Definiton. Reaktion der Dünndarmschleimhaut auf
pherkrankungen im Darmbereich, bei nichtulzerierenden das Getreideprotein Gluten, vorwiegend den Gliadin-
und ulzerierenden Mukosaerkrankungen. anteil, mit Zytomorphologieschädigung, Verlust an Ver-
dauungsenzymen des Bürstensaums, infolge gestörte
Diagnostik. Resorption aller Nährstoffe.
4 α1-Antitrypsin (fäkaler Eiweissverlust über 3 Tage,
>3 mg/g Stuhl pathologisch) Ätiopathogenese. Assoziation mit HLA-Antigen DR 3.
4 51Cr-Albumin-Test (nuklearmedizinisch, i.v. Gabe von
51
Cr-markierten Albumin, Bestimmung im über 4 Tage Epidemiologie. In Europa 1:500, w>m.
gesammelten Stuhl, >1% der Applikationsmenge
pathologisch) Symptomatik.
4 Ätiologische Klärung (Labor, Bildgebung, Histologie) 4 Klassische Sprue: Vollbild intestinaler Malabsorp-
tion mit Meteorismus, Durchfall, Steatorrhö, Ge-
Therapie. Behandlung der Grunderkrankung. Sympto- wichtsverlust
matisch Fettrestriktion, Austausch langkettiger gegen mit- 4 Oligosymptomatische Formen: Eisenmangelanä-
telkettige Fettsäuren (direkter Übergang ins Pfortaderblut), mie, Knochenschmerzen, Frakturen (Osteomala-
Substitution von Eiweiß, Kalzium und Eisen, Diuretika. zie), Eiweißmangelödeme. Sekundärer Laktase-
mangel. Spruesyndrom bei Dermatitis herpetifor-
Symptomatik. Leitsymptom: Steatorrhö. mis Duhring

Diagnostik. Diagnostik. Stuhlfettbestimmung, Resorptionstest.


4 Klinik: Mangel an Serologie: Gliadin-Antikörper positiv (Screening), evi-
5 Proteinen (Ödeme, Muskelatrophie) dent ist der Nachweis von Transglutaminase-Antikör-
5 Fetten (Steatorrhö) pern (Anti-TG, 100% Spezifität) und Endomysium-
5 Kohlenhydraten (Flatulenz, Meteorismus) Antikörpern. Endoskopie mit Dünndarmbiopsie
5 Vitamin B12 (makrozytäre Anämie, neurolo- (initial und als Verlaufskontrolle nach 1–2 Jahren):
gische Auffälligkeiten) Zottenatrophie, Kryptenhyperplasie, kolonähnlicher
5 Folsäure (makrozytäre Anämie) Aspekt.
4.3 · Erkrankungen des Darms
129 4
4.3.3.2 Kuhmilchproteinintoleranz
Diagnosekriterien der European Society for Definition. Nahrungsmittelallergie auf Kuhmilch.
Paediatric Gastroeneterology and Nutrition
(ESPGHAN) Symptomatik. Fast ausschließlich im 1. Lebensjahr auf-
4 Dünndarmbiopsie mit Histologie tretend.
4 Anti-TG positiv
4 Besserung unter glutenfreier Diät Diagnostik. Kuhmilchprovokationstest.

Therapie. Kuh- (sowie soja-) milchfreie Nahrung für


Therapie. Initial Substitution von Vitaminen und Mi- 18–24 Monate, dann Reexpositionsversuch unter statio-
neralien. Meiden von Produkten aus Weizen, Hafer, närer Überwachung.
Gerste und Roggen. Verträglich sind Mais, Reis, Hirse,
Kartoffeln, Sojabohnen. Immer auch Compliance hin-
terfragen. 4.3.4 Karzinoid

> Strikte glutenfreie Diät (GFD) lebenslang. Definition. Epithelialer Tumor, der von den APUD-
Zellen (amine presursor uptake and decarboxylation
! Cave cells) des diffusen neuroendokrinen Systems ausgeht.
Bei ausbleibendem Therapieerfolg (5–10%):
Kollagensprue (therapierefraktär) oder Lymphom. Ätiopathogenese. Die enterochromaffinen Zellen
sind endokrin aktiv und sezernieren biogene Amine/
Mit glutenfreier Ernährung werden Beschwerde- Peptide wie Serotonin, Kallikrein (Bradykinin, Pros-
freiheit, Reduktion des erhöhten Lymyphomrisikos taglandin) und Tachykinine.
und Besserung einer Dermatitis herpetiformis er- Lokalisation am häufigsten Appendix (50%), ter-
reicht. minales Ileum und Rektum. Etwa 10% befinden sich
extraintestinal im Bronchialsystem, selten Haut, Ova-
Laktoseintoleranz rien oder Pankreas. Metastasierung abhängig von der
Definition: Enzymdefekt des Dünndarms, der zur Disac- Lokalisation (Appendixkarzinoid metastasiert selten)
charidmalabsorption für Laktose (Milchzucker) führt. und Tumorgröße erst lymphogen, dann hämatogen.

Ätiopathogenese: Epidemiologie. Inzidenz jährlich 1/100.000. Hauptma-


4 Primärer Laktasemangel: Genetisch determinierter nifestation 40. bis 70. Lebensjahr.
Verlust des Bürstensaumenzyms Laktase im Jugend-
und Adoleszentenalter. Symptomatik. Nichtmetastasierte intestinale Karzi-
4 Sekundärer Laktasemangel: Erkrankungen des noide sind asymptomatisch, da gebildetes Serotonin
Dünndarms (z. B. Sprue). Fehlende Spaltung von Lak- frühzeitig in der Leberpassage durch Monoamino-
tose in Glukose und Galaktose, Resorption im Dünn- oxidasen inaktiviert wird. Nach Metastasierung in die
darm verhindert. Bakterielle Zersetzung zu CO2, H2 und Leber: Karzinoidsyndrom:
Milchzucker in tieferen Darmabschnitten. 4 Trias: anfallsartige Gesichtsrötung und Wärmege-
fühl (Flush), kardiale Symptome (Tachykardie) und
Epidemiologie: Laktasemangel ist der weltweit häufigste Diarrhö
Enzymdefekt. Häufigkeit: Nordeuropäer 5–10%, Afrikaner 4 Gewichtsverlust, kolikartige Bauchschmerzen
85–100%, Asiaten 90–100%. 4 Asthmaähnliche Anfälle (Prostaglandinanstieg)
4 Pellagraähnliche Hautveränderungen (Tryptophan-
Symptomatik: Meteorismus, Flatulenz, Diarrhö, Bauch- mangel)
krämpfe (Tenesmen) nach einer Mahlzeit (etwa 30 min) 4 Gelegentlich Endokardfibrose infolge Rechtsherz-
von Milch oder Milchprodukten. insuffizienz mit Pulmonalstenose und Trikuspidal-
insuffizienz (Hedinger-Syndrom)
Diagnostik: Laktosetoleranztest, H2-Atemtest. 4 Gelegentlich lebensbedrohliche Krisen

Therapie: Laktosearme Kost (Beratung), nichtpasteuri- Diagnostik. Klinik: Karzinoidsyndrom (Lebermetas-


siertes Joghurt meist verträglich, da laktasehaltig. Enzym- tasen). Labor: Serotonin im Serum, 5-Hydroxyindol-
substitution mit Laktasepräparaten. essigsäure (Serotoninmetabolit) im 24-h-Urin.
130 Kapitel 4 · Gastroenterologie

> Die Primärtumorsuche ist oft schwierig. 4 Paralytischer Ileus: Peritonitis, abdominale Abs-
zesse, Sepsis, Mesenterialgefäßverschluss, Gallen-
Somatostatinrezeptorszintigraphie (sehr spezifisch, aber oder Nierensteinkolik, sekundär infolge Durch-
mäßig sensitiv). Bei negativem Szintigraphiebefund: wanderungsperitonitis
Sonographie Abdomen, Endosonographie, Angio-CT,
Koloileoskopie, Bronchoskopie. Lebermetastasensuche Mischformen sind möglich (paralytischer Ileus nach
mit Sonographie der Leber und CT. länger bestehendem mechanischem Ileus). Sonderfor-
men: Mekoniumileus, postoperativer Ileus.
! Cave
4 Körperliche Anstrengung, Palpation der Leber und Symptomatik.
Nahrungsaufnahme können Auslöser eines Flush- 4 Mechanischer Ileus: krampfartige Schmerzen,
Syndroms sein. klingende hochgestellte Darmgeräusche, Stuhl-
und Windverhalt, (Kot-)Erbrechen
Differenzialdiagnose. SystemischeMastozytose (Flush- 4 Paralytischer Ileus: fehlende Darmgeräusche (To-
anfälle, begleitende Urticaria pigmentosa, Mastzellin- tenstille), Stuhl- und Windverhalt, Übelkeit und
filtrate im Knochenmark), Hyperthyreose (TSH basal), Erbrechen, starke Beeinträchtigung des Allgemein-
schwere Nahrungsmittelallergie. zustandes

Therapie. Chirugische Entfernung des Primärtumors, Diagnostik.


einschließlich regionaler Lymphknoten. Bei Metasta- 4 Anamnese: Operationen (Bridenileus), Beginn
sierung (oft diffus in die Leber) Chemoembolisation beim Dünndarmileus akut, beim Dickdarmileus
oder Chemotherapie (Streptozotocin, Fluoruracil). allmählich
Dauergabe von Somatostatinanalogon Octreotid, evtl. 4 Klinik: Auskultation, Perkussion (Meteorismus,
in Kombination mit α-Interferon. Zytostatika derzeit bei paralytischem Ileus besonders ausgeprägt),
wenig effektiv. digital-rektale Palpation (kolorektales Karzinom)
4 Röntgenleeraufnahme des Abdomens (geblähte
In einigen Fällen kann eine Tumorregression unter Dünndarmschlingen und Flüssigkeitsspiegel, bei
Octreotid-Therapie erreicht werden. Zur 5-Jahres-Über- mechanischem Ileus leere Darmanteile). Kolon-
lebensrate . Tab. 4.4. kontrasteinlauf und Gastrografindarstellung des
Dünndarms zur Lokalisation

4.3.5 Ileus Therapie. Operativ bei mechanischem Ileus. Sympathi-


kolyse bei paralytischem Ileus.
Definition. Akutes Krankheitsbild mit vollständiger
Unterbrechung der Darmpassage.
4.3.6 Appendizitis
Ätiopathogenese.
4 Mechanischer Ileus: Adhäsionen, Briden, Entzün- Definition. Entzündung des Wurmfortsatzes des Blind-
dungen und Tumoren, Obturation des Darmlu- darms.
mens: Gallensteine, Fremdkörper und Kotsteine,
Strangulation (mit Gefäßabschnürung): Hernien- Ätiopathogenese. Ätiologie unklar. Verlegung des
inkarzeration, Invagination und Volvulus Darmlumens (Kotsteine, Abknickung, Narben) kann
eine bakterielle Entzündung bedingen.

. Tab. 4.4. 5-Jahresüberlebensrate bei intestinalem Epidemiologie. Auftreten bei 5% der Bevölkerung im
Karzinoid Laufe ihres Lebens.
Appendixkarzinoid 99%
Symptomatik. Im mittleren Oberbauch einsetzender
Lokalisiertes Dünndarmkarzinoid 75% Schmerz, der nach Stunden in den rechten Unterbauch
Alle Darmkarzinoide 55%
wandert (lokale Peritonitis). Übelkeit und Brechreiz
mit/ohne Erbrechen.
Metastasiertes Bronchialkarzinoid 30–70%
4.3 · Erkrankungen des Darms
131 4

Diagnostik. Klinische Untersuchung: 4 Schmerzhaftes Initialstadium: 3–4 h Dauer, In-


4 Abwehrspannung: bei retrozökaler Lage fehlend farzierung (Darmischämie)
4 Druckschmerz: McBurney- und Lanzpunkt 4 Schmerzfreies Intermediärstadium: 12 h Dauer,
4 Loslassschmerz: kontralateral (Blumbergzeichen) Wandnekrose
4 Schmerz im rechten Unterbauch: bei linksseiti- 4 Manifestes Stadium: Durchwanderungsperitoni-
gem Druck (Rovsing-Zeichen, Kolondehnung) tis: Bild des akuten Abdomens (heftige Bauch-
4 Psoasschmerz: bei retrozökaler Lage schmerzen, diffuse Abwehrspannung, Kreislauf-
4 Douglasschmerz: bei kaudaler Lage instabilität)

Temperaturdifferenz axillär/rektal >1°C. Labor: Leu- ! Cave


kozytose. Sonographie: Verdickte Appendixwand, evtl. Nach 12 h ist eine Darmischämie irreversibel.
Abszess.
Zu den Komplikation zählen Perforation (mit dif- Stadien der arteriellen Verschlusskrankheit der Visze-
fuser Peritonitis) und Abkapselung als perityphlitischer ralgefäße:
Abszess, Douglasabszess, Lumbalabszess, subphreni- 4 Stadium I: Symptomlos (angiographische Zufalls-
scher Abszess oder mesozoekaler Abszess. befunde)
4 Stadium II: Angina abdominalis: intermittierende
! Cave postprandiale Abdominalschmerzen
Variable Lage und atypische Verlaufsformen (beson- 4 Stadium III: Dauerschmerzen, Malabsorption,
ders bei Kindern, älteren Menschen oder Schwange- Nahrungsverweigerung, evtl. ischämische Kolitis
ren) erschweren die Diagnose häufig. 4 Stadium IV: paralytischer Ileus, Darmgangrän,
Peritonitis
Differenzialdiagnose. Akute Enteritis, Morbus Crohn,
Meckel-Divertikulitis, Caecum-Divertikulitis, Adnexi- Diagnostik.
tis, Extrauteringravidität, stielgedrehte Ovarialzyste, 4 Mesenterialinfarkt: Anamnese (Herzrhythmus-
Ulkuspenetration, akute Cholezystitis, Pankreatitis, Nie- störungen), klinische Untersuchung (Abwehrspan-
renbecken- oder Uretersteine, Pyelonephritis, Zystitis, nung), EKG (Vorhofflimmern), frühzeitige An-
Psoasabszess, Porphyrie. giographie der Mesenterialgefäße, Abdomenüber-
sichtsaufnahme (Spiegelbildung bei Ileus) und
Therapie. Frühzeitige Appendektomie. Sonographie Abdomen (Wandverdickung, flüssig-
keitsgefüllte Darmschlingen)
4 Angina abdominalis: Anamnese (Grundkrankhei-
4.3.7 Verschluss der Viszeralgefäße ten), klinische Untersuchung (Stenosegeräusche),
Angiographie der Mesenterialgefäße
Definition. Mesenteriale Ischämie akut bei Mesente-
rialinfarkt (akuter Mesenterialarterienverschluss, in > Klinisches Bild (schmerzfreies Intervall) und Grund-
85–90% der Fälle ist die A. mesenterica superior be- erkrankungen weisen auf die Diagnose Mesenterial-
troffen) oder bei chronischen Durchblutungsstörungen infarkt hin.
des Darms (Stenosen/Verschlüsse der Viszeralarterien,
Angina abdominalis). Differenzialdiagnose. Andere Ursachen eines akuten
Abdomens: Hohlorganperforation, Strangulationsileus,
Ätiopathogenese. akute Pankreatitis.
4 Mesenterialinfarkt: akute kardiogene Embolie
(Vorhofflimmern 50%), akute Thrombose (bei Therapie.
Atherosklerose) oder Mesenterialvenenthrombose Mesenterialinfarkt: Stabilisierung der Vitalfunktionen,
(Hyperkoagulopathie, Leberzirrhose, Tumorleiden). sofortige Operation (frühzeitige explorative Laparo-
4 Angina abdominalis: im Rahmen der arteriellen tomie mit Embolektomie, Resektion des gangränösen
Verschlusskrankheit der Viszeralgefäße, für die Darmabschnitts), postoperative Heparinisierung.
Atherosklerose der hauptsächliche pathogenetische Angina abdominalis: Kurzstreckige Stenosen in-
Faktor ist. terventionell mit Stent oder perkutaner translumi-
naler Angioplastik, längerstreckige Stenosen operativ
Symptomatik. Der Mesenterialinfarkt verläuft drei- (Thrombendarteriektomie, Gefäßtransposition, By-
phasig: pass).
132 Kapitel 4 · Gastroenterologie

. Abb. 4.3. Mindmap Chronisch entzündliche Darmerkrankungen


4.3 · Erkrankungen des Darms
133 4

> Eine rasche Diagnostik ist prognoseentscheidend.


Die Letalität des Mesenterialinfarkts beträgt 60–
80%.

Nachsorge. Antikoagulanzien zur Vermeidung von


Thromboembolien.

4.3.8 Ischämische Kolitis

Definition. Segmentale Kolitis infolge einer diffusen


Ischämie der Darmschleimhaut, häufig bei beste-
hender Atherosklerose der Mesenterialarterien und
arterieller Thrombosierung. Meist im höheren Lebens-
alter.

Symptomatik. Plötzlich eintretende Bauchschmerzen


im Unter-/Mittelbauch, Erbrechen, Blut im Stuhl, evtl.
Zeichen der Peritonitis mit Abwehrspannung und feh-
. Abb. 4.4. Endoskopisches Bild eines Morbus Crohn mit
lenden Darmgeräuschen.
lymphofollikulärer Hyperplasie (Pflastersteinrelief ) (7 Farb-
tafelteil)
Diagnostik. Anamnese: vorausgegangene Angina abdo-
minalis (postprandiale Abdominalschmerzen). Labor:
Laktat im Serum. Angiographie, Röntgen-Kontrastein-
lauf, Doppler-Sonographie.

Therapie. Zunächst konservativ, spontane Ausheilung


nach Wochen. Bei Komplikation (ischämische Gang-
rän): Darmresektion.

4.3.9 Chronisch-entzündliche
Darmerkrankungen (CED)

Synonym. Inflammatory bowel disease (. Abb. 4.3).

Definition. Morbus Crohn (. Abb. 4.4), Colitis ulcerosa


(. Abb. 4.5).

Extraintestinale Manifestationen der CED


4 Haut: Erythema nodosum, Pyoderma gang-
raenosum . Abb. 4.5. Endoskopisches Bild einer Colitis ulcerosa
(moderate Form) mit Verlust der Haustrierung des Kolons
4 Auge: Episkleritis, Iriitis, Uveitis
(7 Farbtafelteil)
4 Gelenke: asymmetrische Oligoarthritis, ankylo-
sierende Spondylitis
4 Leber: primär sklerosierende Cholangitis (PSC), Ätiopathogenese. Weitgehend ungeklärt. Autoim-
häufiger bei Morbus Crohn munmechanismen spielen vermutlich eine wesent-
liche Rolle. Genetische Disposition (HLA-B27-assozi-
iert). Eventuell durch Infektion ausgelöst. Beziehung
zur Nahrungsaufnahme (Remission unter Nahrungs-
karenz). Wahrscheinlich auch psychische Kompo-
nente.
134 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Epidemiologie. . Tab. 4.5. 4 Histologie: transmuraler Befall, nichtverkäsende


Epitheloidzellgranulome
. Tab. 4.5. Epidemiologie der CED
Hydro-MRT (nach Trinken von 25%-iger Mannitol-
Morbus Crohn Colitis ulcerosa Lösung): Darstellung von Wanddicke und vergrößerte
Inzidenz 3–15/100.000 EW 1–10/100.000 EW Lymphknoten. Enteroklysma (Röntgen Dünndarm)
bei Verdacht auf Stenose, Perforation oder Fistel. Suche
Haupt- 15. bis 35. 20. bis 40. nach weiteren Manifestationen: Sonographie des Ab-
manifesta- Lebensjahr Lebensjahr domens (Verdickung der Darmwand), ÖGD.
4 tionsalter

Raucher Häufiger Seltener > Mögliche Ursachen von Darmfisteln: Morbus Crohn,
im Vergleich betroffen betroffen Divertikulitis, Tuberkulose.
zu Nicht-
rauchern Differenzialdiagnose. Appendizitis (Fieber, Schmer-
zen; häufige Fehldiagnose), Colitis ulcerosa, granuloma-
töse oder infektiöse Darmerkrankungen (bakteriologi-
4.3.9.1 Morbus Crohn (Enteritis regionalis) sche Stuhldiagnostik).
Synonym. Enteritis regionalis.
> Ursachen gastrointestinaler Granulome: intestinale
Definition. Chronische nichtinfektiöse, diskontinuier- Tuberkulose, Sarkoidose, Yersiniose.
liche Entzündung aller Darmwandschichten, die meist
in Schüben verläuft. Therapie. Konservative, endoskopisch-interventionel-
le und chirurgische Maßnahmen. Supportiv erfolgen
Ätiopathogenese. Segmentales Befallsmuster, alle Ab- Durchfallbehandlung (Loperamid, Cholestyramin)
schnitte (von Mund bis Anus) sind potenziell betroffen, und parenterale Substitution bei Malabsorption.
hauptsächlich terminales Ileum und Kolon. Die Therapiewahl erfolgt mit Hilfe des Crohns
Disease Activity Index (CDAI) nach Best:
Symptomatik. Stadienentsprechend Müdigkeit, Ge- 4 Akuter Schub (CDAI>150)
wichtsverlust (Mangelernährung), Schmerzen im rech- 5 Ballaststofffreie Kost, evtl. parenterale Ernäh-
ten Unterbauch, nichtblutige Durchfälle. Entzündungs- rung
zeichen, z. B. Fieber. Extraintestinale CED-Manifestati- 5 Alleiniger Ileumbefall: Steroide (Prednisolon,
onen, zusätzlich auch Zinkmangeldermatosen und Methylprednisolon, Budesonid)
Aphthen. 5 Befall von Kolon und/oder Ileum: zusätzlich
Zu den Komplikationen zählen Fisteln (15–50%, Salazosulfapyridin oder 5-Aminosalizylsäure
häufig Erstsymptom), anorektale Abszesse, Malabsorp- (5-ASA)
tion (Hinweis auf Ileumbefall), Subileus (Strikturen) 4 Schwere oder therapierefraktäre Verläufe
und Ileus (Stenosen). 5 Azathioprin (AZT) oder 6-Mercaptopurin so-
wie hochkalorische parenterale Ernährung.
Diagnostik. Anamnese, klinischer Befund (druck- Reservemittel: TNF-Antikörper (z. B. Inflixi-
schmerzhafte Resistenz im rechten Unterbauch: Abs- mab)
zess, Fisteln nach außen). Labor: Leukozyten, CRP, BSG 4 Fistelbildung
erhöht, Anämie. 5 Metronidazol und/oder Ciprofloxacin, über
Koloileoskopie mit Biopsie, typische Befunde: höchstens 3–6 Monate
4 Diskontinuierlicher Befall von Dünn- und Dick- 5 Endoskopischer Verschluss mit Clip- oder
darm (skip lesions) Looptechnik
4 Aphthoide Läsionen und landkartenartige oder 5 Chirurgisch bei Metronidazol-Versagen (Com-
länglich geformte (snail tails) Ulzerationen pliance überprüfen) und bei fixierten oder stark
4 Plastersteinrelief der Schleimhaut (cobble-stone- sekretabsondernden (>500ml/Tag) Fisteln
pattern) durch lymphofollikuläre Hyperplasie 4 Stenosen: endoskopische Ballonkatheterdilatation
4 Kleinste hämorrhagische Läsionen (pin-point- oder Operation (Strikturoplastik)
lesions) 4 Schwangerschaft bzw. deren Planung: Fortsetzen
4 Fisteln, Strikturen (hochgradige Verengung), Ste- der Therapie außer mit AZT/Metronidazol und eng-
nosen maschigere Verlaufskontrollen, z. B. alle 4 Wochen
4.3 · Erkrankungen des Darms
135 4

4 Komplikationen: sparsame Resektion (minimal ! Cave


surgery) Keine Koloskopie oder Röntgen mit Kontrastmittel
bei toxischem Megakolon durchführen.
4.3.9.2 Colitis ulcerosa
Definition. Chronische, nichtinfektiöse Entzündung Differenzialdiagnose. Kolonkarzinom, Divertikulitis,
mit kontinuierlichem Befall von Mukosa und Submu- Morbus Crohn des Kolons, andere (infektiöse und
kosa des Kolons oder Rektums. Verlauf: mit Remission nichtinfektiöse) Kolitisformen.
(85%), ohne Remission (10%) oder akut fulminant (5%).
Therapie. Medikamentöse Stufentherapie (. Tab. 4.6),
Ätiopathogenese. Kontinuierliches Befallsmuster, vom medikamentös keine Ausheilung, aber Beschwerde-
Rektum ausgehend nach proximal: linderung erzielbar. Auswahl: Sulfasalazin, Mesalazin
4 Proktitis 50% (5-ASA), Olsalazin, topische und systemische Korti-
4 linksseitige Kolitis 30–40% koide, Immunsuppressiva.
4 Pankolitis ~20%
> Bei Steroidtherapie Osteoporoseprophylaxe mit Vita-
> Die Colitis ulcerosa ist eine Erkrankung des Dick- min D und Kalzium.
darms.
Operationsindikationen sind:
Epidemiologie. Vor allem weiße (insbesondere jüdi- 4 Akut: fulminante Kolitis mit Sepsis, toxisches Mega-
sche) Bevölkerungsgruppen. kolon, Perforation und schwere Blutung
4 Elektiv: schwere Rezidivschübe, Verschlechterung
Symptomatik. Leitsymptome: des Allgemeinzustandes, Epitheldysplasien, Wachs-
4 Kleinvolumige schmerzhafte Stuhlentleerungen/ tumsstörungen (Auftreten im Kindesalter), Versa-
Durchfall (bis zu 30-mal/Tag) mit blutig-schlei- gen der medikamentösen Therapie
migen Stuhlbeimengungen
4 Krampfartige Abdominalschmerzen (Tenesmen) Methode: Proktokolektomie (in akuter Phase zweizei-
4 Gewichtsverlust, (sub-)febrile Temperaturen tig) mit ileoanaler Pouch-Anlage (kontinenzerhaltend).

Typische Komplikationen sind massive Blutung, Dila- > Auf chirurgischem Wege ist eine Heilung der Krank-
tation des Kolons (toxisches Megakolon), als Spätfolge heit und Besserung der extraintestinalen Manifes-
kolorektales Karzinom. tationen (außer primär sklerosierende Cholangitis)
möglich.
Diagnostik. Labor: Entzündungsparameter, antineutro-
phile cytoplasmatische Antikörper (p-ANCA), Hypo- Prognose. Die 20-Jahres-Überlebensrate beträgt bei
proteinämie, Hypokaliämie. Rektoskopie, Ileokolosko- Pankolitis 80%. Hohes Risiko für ein Kolorektales Kar-
pie mit Stufenbiopsien: zinom. Risikosenkung durch effektive Therapie.
4 Schleimhaut geschwollen, hyperämisch und vul-
nerabel, Kontaktblutung Nachsorge. Rezidivprophylaxe. Regelmäßige Kontroll-
4 unregelmäßige Ulzerationen endoskopien zur Früherkennung eines kolorektalen
4 bei Langzeitbestehen Pseudopolypen (Inseln intak- Karzinoms ab 8–10 Jahre nach Erstmanifestation.
ter Schleimhaut), Kragenkopfulzera
4 Histologie: entzündliche Infiltration hauptsächlich
von Mukosa, seltener Submukosa mit Granulozy- 4.3.10 Reizdarmsyndrom (RDS)
ten (Kryptenabszesse), später mit Lymphozyten
und Histiozyten, bei Langzeitbestehen Epitheldys- Synonym. Colon irritable.
plasien
Definition. Chronisch gastrointestinale Beschwerden,
Röntgenkontrastdarstellung (Haustrenverlust), evtl. verursacht durch funktionelle Störung des Dickdarms.
Leukozytenszintigraphie.
Bei toxischem Megakolon Sonographie (Durch- Ätiopathogenese. Psychosomatisches Krankheitsbild.
messer >6 cm) und Abdomenübersicht. Ausschluss Exzessive Reizung vegetativ-parasympathischer Bah-
anderer Ursachen der Kolitis (z. B. bakteriologischer nen kann Symptomatik erklären. Hypermotilität des
Stuhlnachweis). Kolons mit spastischer intraluminaler Drucksteige-
136 Kapitel 4 · Gastroenterologie

. Tab. 4.6. Medikamentöse Stufentherapie der Colitis ulcerosa

Schwere-/Aktivitätsgrad Linksseitige Kolitis Pankolitis


1. Blutige Stuhlentleerungen
2. Körpertemperatur
3. Krankheitszeichen*

Gering gradig Sulfasalazin oder Mesalazin Sulfasalazin oder Mesalazin (4 g/Tag) oral
4 zu 1: <4 täglich (4 g/Tag) rektal
4 4 zu 2: <37°C
4 zu 3: gering

Mäßig gradig 5-ASA (4 g/Tag) rektal Sulfasalazin oder Mesalazin (4 g/Tag) oral und
4 zu 1: 4–6 täglich Prednisolon rektal (Steroid- Prednisolon (60–100mg/Tag) oral
4 zu 2: bis 38°C schaum)
4 zu 3: deutlich

Schwer gradig/fulminant 5-ASA (4 g/Tag) rektal Prednisolon (1–2 mg/kg KG/Tag) oral oder i.v,
4 zu 1: >6 täglich Steroide rektal Parenterale Ernährung
4 zu 2: >38°C Steroide (60–100 mg/Tag) Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
4 zu 3: viele systemisch Therapierefraktäre Colitis ulcerosa: Ciclosporin A
und anschließend Azathioprin

Remission/Langzeitbehand- 5-ASA (1–2 g/Tag) topisch 5-ASA oral


lung/Rezidivprophylaxe (Suppositorien= Zäpfchen/
Klysmen= Klistier, Einlauf )

* objektive und systemische Krankheitszeichen (Fieber, Anämie und Entzündungsparameter).

rung. Fraglich ist, ob eine gestörte Perzeption bei be- Rom-II-Kriterien: Während der letzten 12 Monate
sonderem Rezeptorbesatz eine Rolle spielt. Keine struk- mehr als drei Monate anhaltende oder rezidivierende
turellen oder biochemischen (Darmhormone) Verän- Beschwerden, Bauchschmerzen oder Bauchbeschwer-
derungen. den (Blähgefühl des Bauches) mit Besserung nach
Stuhlentleerung, veränderter Stuhlfrequenz und Stuhl-
Epidemiologie. 50% aller Patienten mit gastrointesti- form.
nalen Beschwerden. Erstmanifestation häufig im 20. bis Palpation spastischer Kolonabschnitte (Colon
40. Lebensjahr, m:w=1:2. ascendens, Colon descendens oder Sigmoid) und rek-
tale Palpation. Sonographie Abdomen, Koloskopie
Symptomatik. Variable Kombination krampfartiger (Entzündungen, Tumorerkrankung).
abdomineller Leibschmerzen, Obstipation (eventuell
schafskotartiger Stuhl) und/oder Diarrhö (nicht nachts, ! Cave
morgendlich bei jungen Patienten), Druck- und/oder Blut im Stuhl, Gewichtsverlust sowie auffällige labor-
Völlegefühl, Schleimbeimengungen mit dem Stuhl, chemische Parameter (CRP, Blutbild) sind mit der Diag-
Symptome des Reizmagens. Häufig mit Dysphagie, nose RDS primär nicht vereinbar.
Migräne, Dysurie, Dysmenorrhö und Nahrungsmit-
telintoleranz verknüpft. Die Patienten haben oft lebenslang Beschwerden, je-
doch keine verkürzte Lebenserwartung.
Diagnostik. Anamnese: Lebhafte Beschwerdeschilde-
rung. > Symptomwechsel kann auf eine neue bzw. andere
Erkrankung hinweisen, Diagnose neu stellen.
> Gespanntes Arzt-Patient-Verhältnis. Problem: Krank-
heit existiert aufgrund des Krankheitsgefühls des Differenzialdiagnose. Abführmittelabusus, Medika-
Patienten und nicht aufgrund erfassbarer Verände- mentennebenwirkung, Infektionen, Koprostase, Glu-
rungen des Darms. tenenteropathie, Laktoseintoleranz, bakterielle Fehl-
4.3 · Erkrankungen des Darms
137 4

besiedlung, Neoplasien, chronisch-entzündliche Darm-


erkrankungen, psychiatrische Krankheiten, Angina
abdominalis, Endometriose, chronische Lambliasis,
chronische Pankreatitis, Mastozytose, Neuropathie bei
Diabetes mellitus.

Therapie. Aufklärung, stuhlregulierende Maßnahmen


(Flohsamenprodukte, Loperamid), Stuhltagebuch (Veri-
fizierung), Anticholinergika (relativ wirksam), natur-
heilkundliche Methoden (z. B. Kolonmassage). In eini-
gen Fällen sind Psychotherapie oder autogenes Training
hilfreich. Selten Psychopharmaka.

4.3.11 Divertikel des Darms

Definition. Ausstülpung von Darmwandanteilen, ech-


tes Divertikel (alle Wandschichten) oder Pseudodiver-
tikel (nur Mukosa, kleine Mukosahernien):
. Abb. 4.6. Divertikulose im Kolonkontrasteinlauf
4 Divertikulose: multiple Kolondivertikel
4 Divertikulitis: Entzündung eines oder mehrerer
Divertikel
4 Meckel-Divertikel: Rudiment des Ductus ompha- ! Cave
loentericus am Ileum (echtes Divertikel) Keine Koloskopie bei akuter Divertikulitis wegen Per-
4 Duodenaldivertikel: vor allem parapapillär forationsgefahr durch Luftinsufflation.

Ätiopathognese. Erhöhter Darminnendruck, z. B. bei Differenzialdiagnose. Kolorektales Karzinom, chro-


chronischer Obstipation und/oder Gewebsschwäche nisch-entzündliche Darmerkrankungen, Reizdarm-
(insbesondere im Bereich von Gefäßdurchtrittsstellen), syndrom, Adnexitis, Endometriose, rupturierte Ova-
zu 2/3 Lokalisation im Colon sigmoideum. rialzyste.

Epidemiologie. Steter Anstieg der Prävalenz mit dem Therapie. Divertikel: Quellstoffe/Weizenkleie (physi-
Alter. Meckel-Divertikel ca. 1–2% der Bevölkerung, kalisches Prinzip), regelmäßige und ausreichende Flüs-
Duodenaldivertikel ca. 3% der Bevölkerung. sigkeitszufuhr, Stuhlregulierung (Laktulose).
Akute Divertikulitis: Bettruhe, Nahrungskarenz,
Symptomatik. Divertikel: symptomlos. parenterale Ernährung oder Flüssigkeitsgabe, Stuhlre-
gulierung, Antibiotika (z. B. Gyrasehemmer, i.v.). Ope-
Sigmadivertikulitis: Linksseitige Unterbauchbeschwer- rative Sanierung.
den (linksseitige Appendizitis), hochakut begleitende
Peritonitis mit Abwehrspannung, Fieber, Leukozytose. > Bei rezidivierender Divertikulitis elektive Operation,
da diese mit geringerer Letalität als Notfallopera-
Mögliche Komplikationen sind Divertikelblutung, tionen belastet ist.
Perforation, Abszedierung oder Fistelbildung, entzünd-
liche Stenose, Pyoderma gangraenosum (vor allem
Haut der unteren Extremität). 4.3.12 Fissur/Fistel in der Anal-/Rektal-
region
Diagnostik.
4 Dickdarmdivertikel: Anamnese (Obstipation, Definition. Fissur: Einriss der Anal-/Rektalhaut. Ano-
schlackenarme Kost), Kontrasteinlauf (. Abb. 4.6), rektalfistel: meist von den Proktodealdrüsen ausge-
Koloskopie (Karzinomausschluss) hend.
4 Divertikulitis: Labor (CRP-Anstieg, Urinstatus),
Sonographie und CT (entzündliche Wandver-
dickungen)
138 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Ätiopathogenese. Symptomatik. Analprolaps: Pruritus ani und Stuhlin-


4 Fissur: nicht geklärt, sehr harter Stuhl mögli- kontinenz. Rektumprolaps: Nässen, Stuhlinkontinenz,
cherweise ursächlich. Sphinktertonuserhöhung sowie Blut- und Schleimabgang.
infolge schmerzreflektorischer Sphinkterspas-
men Diagnostik. Klinik, Pressversuch.
4 Fistel: häufig kryptoglanduläre Infektion mit peri-
analem Abszess, der chronifiziert. Seltener bei Therapie. Analprolaps: Sklerosierung, ggf. Hämor-
Morbus Crohn, Diabetes mellitus, Appendizitis rhoidektomie. Rektumprolaps: Präventiv sublevato-
oder Strahlentherapie. Geburtstraumen: rektovagi- rische Implantation eines Drahtrings nach Tiersch.
4 nale Fisteln Operativ abdominelle Rektopexie, Resektion bei In-
karzeration.
Symptomatik.
4 Fissur: stechender Defäkationsschmerz, peranale
Blutung, Pruritus 4.3.14 Polypen des Dickdarms
4 Fistel: konstante oder intermittierende eitrig-
kotige Absonderung aus Fistelöffnung (peri- oder Definition. Schleimhautvorwölbungen neoplastischer
intraanal) oder nichtneoplastischer Genese (. Abb. 4.7).
Familiäre Polyposis coli (familiäre adenomatöse
Diagnose. Polyposis, FAP): autosomal-dominant vererbte Er-
4 Fissur: anorektale Inspektion: längsverlaufende krankung mit Mutation des Adenoma-Polyposis-Kolon
Ulzeration, Lokalisation meist 6 oder 12 Uhr in (APC)-Gens. Es treten multiple (>100) Polypen im
Steinschnittlage. Bei Chronizität fibrosierte äußere Kolon und Rektum auf. Obligate Präkanzerose für ein
Ränder (Wachposten) kolorektales Karzinom.
4 Fistel: Anamnese (vorausgegangener Abszess),
äußere Öffnung in der Perianalregion, Rekto-/ Ätiopathogenese.
Koloskopie (Grund- oder Begleiterkrankungen), 4 Neoplastische Polypen
transrektale Endosonographie, Sondierung (Me- 5 Meist epithelial, davon 70% Kolon- bzw. Rek-
thylenblau), Röntgen mit Kontrastmittel (Fistulo- tumadenome, 30% kolorektale Karzinome
graphie) 5 Selten nichtepithelial, endokrine Tumoren,
Hämangiom, Lipome, Lymphome
Therapie. Fissur: Stuhlregulierung, Sitzbäder in anti- 5 Morphologische Differenzierung zwischen tu-
phlogistischen Lösungen, Unterspritzung mit 1% ad- bulär gestielten (65%), villösen (25%), tubulo-
renalinfreiem Lokalanästhetikum, Botulinustoxin- villösen (10%) Adenomen
Injektion oder Nitrosalbe zur Sphinkterrelaxation, 4 Nichtneoplastische Polypen
Analdehnung. Sphinkterotomie bzw. Fissurektomie 5 Entzündlich: Pseudopolypen (Schleimhautvor-
(bei konservativ-therapeutischem Scheitern). wölbung durch entzündliches Infiltrat) bei ent-
Fistel: Chirurgische Spaltung von intersphinktären zündlichen Darmerkrankungen
Fisteln (insbesondere bei Morbus Crohn) mit sekun-
därer Wundheilung, Fistelexzision bei übrigen Fisteln.

4.3.13 Anal-/Rektumprolaps

Definition. Analprolaps: Vorfall der Analschleimhaut


mit radiärer Schleimhautfältelung, partiell (nur beim
Pressen) oder total (permanent). Rektumprolaps: In-
vagination des Rektums mit typisch zirkulärer Fälte-
lung.

Ätiopathogenese. Analprolaps: Höhergradige Hämor-


rhoiden und Analsphinkterschwäche. Rektumprolaps:
Beckenbodenschwäche bei älteren Frauen und Mehr- . Abb. 4.7. Familiäre Adenomatöse Polypose. Kolonresektat
gebärenden. mit Adenokarzinom
4.3 · Erkrankungen des Darms
139 4

5 Hyperplastisch (Schleimhauthyperplasie ohne > Die überwiegende Anzahl Kolorektaler Karzinome


echte Gewebsvermehrung) entwickelt sich aus Adenomen über gering-, mittel-
5 Hamartomatös: juvenile Adenome (mit zys- und hochgradige Dysplasien (Adenom-Karzinom-
tischer Erweiterung tiefer Schleimhautdrüsen) Sequenz).

Epidemiologie. Vorkommen bei 2–15% der Erwach- 95% sind Adenokarzinome, selten schleimbildende
senen, Hauptmanifestation im 5. Lebensjahrzehnt. Adenokarzinome (Gallertkarzinom) oder Siegelring-
zellkarzinome. 40% der Tumoren sind im Kolon (Zö-
> Auftreten von Polypen vor dem 3. Lebensjahrzehnt: kum und Colon ascendens 10%, Colon transversum
Juvenile Polypen, Polyposis-Syndrome oder Pseudo- und Colon descendens 10%, Sigma 20%), etwa 60% im
polypen bei Colitis ulcerosa. Rektum lokalisiert. Die Ausbreitung erfolgt per conti-
nuitatem in die Darmwand.
Je nach Sitz metastasieren die Tumoren in paraaor-
Symptomatik. Häufiger Zufallsbefund der Koloskopie. tale Lymphknoten (proximales Rektumdrittel, >8 cm
Eventuell Blut im Stuhl (vor allem bei Hämangiomen) ab Anus), in die Lymphknoten der Beckenwand (mitt-
oder peranaler Verlust von Schleim, Elektrolyten und leren Rektumdrittel, 4–8 cm ab Anus) oder in ingui-
Flüssigkeit (breitbasige Polypen und Polyposis coli). nale Lymphknoten (distales Rektumdrittel, <4 cm ab
Anus).
Diagnostik. Familienanamnese (Darmtumorleiden), Hämatogene Metastasen entwickeln sich vorrangig
rektale Palpation (Schleimhautvorwölbungen), Häm- in Leber (Vena portae) und Lunge (bei tiefem Sitz über
okkulttest und Koloskopie. Kolonkontrasteinlauf bei Vena cava). Peritoneale Metastasen.
endoskopisch nicht vollständig einsehbarem Kolon.
Epidemiologie. Inzidenz zunehmend, derzeit etwa
Therapie. Endoskopische Polypektomie, <0,5 cm mit 20–40/100.000 in Europa. In 90% Manifestation ab
Biopsiezange, <3 cm mit Diathermieschlinge. Opera- 50. Lebensjahr. Das Risiko zu erkranken beträgt für
tive Ektomie breitbasiger (villöser) Polypen und/oder die Normalbevölkerung >40. Lebensjahr 6% und für
>3 cm. Histologie. Risikogruppen 10–100%.

Familiäre adenomatöse Polyposis: vor 20. Lebensjahr Symptomatik. Im Frühstadium oft keine Beschwer-
prophylaktische Proktokolektomie. den. Hinweise sind Blutbeimengungen im Stuhl, plötz-
liche Änderung der Stuhlgewohnheiten (Obstipation,
> Alle Polypen sollten entfernt werden. Wechsel von Obstipation und Diarrhö), Leistungsab-
fall, Müdigkeit, Gewichtsverlust und Fieber.
Im Verlauf chronische Blutungsanämie (häufig ers-
4.3.15 Kolorektales Karzinom tes Symptom), Subileus, Ileus, Schmerzsensationen und
Peritonitis bei Tumorpenetration.
Definition. Bösartige Neubildung der Kolon- bzw Rek-
tumschleimhaut (. Abb. 4.8). Diagnostik.

Ätiopathogenese. Auftreten in 90% sporadisch, in ! Cave


1–2% FAP (Familiäre adenomatöse Polyposis), in 3– Der rektale Tastbefund ist in 10% der Fälle positiv.
6% Lynch-Syndrom (HNPCC, hereditäres non-poly-
posis colorectal carcinoma). Entstehung aus dysplas- Koloskopie und Biopsie (Histologie). Röntgenkon-
tischen Adenomen oder primären Epitheldysplasien trastuntersuchung (. Abb. 4.9) bei endoskopisch frus-
(z. B. Colitis ulcerosa, De-novo-Synthese). Bestimmte traner Passage. Transrektale Endosonographie, CT
Ernährungsgewohnheiten (schlackenarme, fettreiche, Abdomen und Becken, evtl. Urographie (Stadienein-
fleischreiche Kost) sind wahrscheinlich modulierend. teilung).
Molekularbiologische Veränderungen (Aktivierung Metastasensuche: Abdomensonographie, Angio-
von Onkogenen, Inaktivierung von Tumorsuppressor- CT Leber und Thoraxröntgen. Tumormarker CEA
genen) beeinflussen den Entartungsprozess. (karzinoembryonales Antigen) und mRNA von HLA-
Erhöhtes Risiko auch bei vorbestehendem kolorek- Antigen HL-6 (sehr sensitiv) als Verlaufsparameter bei
talem Karzinom, Mamma-, Ovar- und Korpuskarzi- kurativem Operationsziel.
nom des Uterus.
140 Kapitel 4 · Gastroenterologie

. Abb. 4.8. Mindmap kolorektales Karzinom


4.3 · Erkrankungen des Darms
141 4

Zur Stadieneinteilung (Einteilung nach UICC, Dukes, TNM; . Tab. 4.7).

. Tab. 4.7. Stadien und 5-Jahres-Überlebensrate (5-JÜR) des kolorektalen Karzinoms

UICC/Dukes TNM Stadiendefinition 5-JÜR

Stadium 0 TIS N0 M0 Carcinoma in situ >95%

Stadium Ia/A T1 N0 M0 Beschränkung auf Mukosa/Submukosa 95%

Stadium Ib/A T2 N0 M0 Infiltration der Muscularis propia

Stadium II/B T3 N0 M0 Infiltration von Serosa und perikolischem Fettgewebe 80–95%

T4 N0 M0 Überschreitung des viszeralen Peritoneums, Infiltration von Nachbar-


organen

Stadium III/C Tx N1 M0 Infiltration <3 perikolische/perirektale Lymphknoten 70–75%

Tx N2–3 M0 >3 perikolische/perirektale Lk bzw. Lk von Gefäßstämmen infiltriert 45%

Stadium IV/D Tx Nx M1 Fernmetastasen 2–25%

Präventiv wirksam sollen ballaststoffreiche Nahrung


mit wenig tierischen Fetten, Gemüse und Früchte, Ver-
meiden von Übergewicht, Alkohol- und Nikotinkon-
sum sein.

Therapie. Primär chirurgisch. Neoadjuvante Radio-


chemotherapie bei primär nicht resezierbaren Rektum-
karzinomen. Adjuvante Therapie bei Kolonkarzinom
UICC-Stadium III mit 5-Fluoruracil und Folinsäure,
bei Rektumkarzinom UICC-Stadium II und III Prog-
nosebesserung durch postoperative Radiochemothera-
pie (50 Gray, 5-Fluoruracil). Metastasenchirurgie. Bei
multiplen Lebermetastasen Chemotherapie. Palliative
Therapiemaßnahmen: Umgehungsanastomose oder
Anus praeter-Anlage zur Verhinderung eines Ileus,
Kryo-/Lasertherapie.

! Cave
. Abb. 4.9. Radiologisches Bild eines Adenokarzinoms des Keine Radiotherapie bei Kolonkarzinom aufgrund der
Kolons, zirkulär stenosierend Gefahr einer Dünndarmaffektion.

Nachsorge. Anfangs halbjährlich, dann jährlich kör-


Vorsorge. Koloskopie: Verwandte 1. Grades ab 40 Jah- perliche Untersuchung, FOBT, Koloskopie, Sonogra-
ren alle 5 Jahre. Patienten mit Risikoerkrankungen phie, Thoraxröntgen, nach Rektumkarzinom zusätzlich
jährlich (FAP ab 10., HNPCC ab 20. Lebensjahr). CT des kleinen Beckens.
Das Kolonkarzinom zeigt eine hohe Rezidivrate
Screening ab 50 Jahren: Jährlich fäkaler Okkultblut Test, (10–30%), Zweit- oder Mehrfachtumoren sind nicht
Inspektion von Anus, digitale Austastung des Rektums. selten (5%).
Sigmoidoskopie alle 5 Jahre, Koloskopie alle 10 Jahre.
> Prognosebestimmend ist das Stadium zum Zeitpunkt
> Polypenabtragung vermindert das Risiko für ein kolo- der Diagnose.
rektales Karzinom um bis zu 90%.
142 Kapitel 4 · Gastroenterologie

4.3.16 Analkarzinom Epidemiologie. Inzidenz 1–2/100.000.

Definition. Analrandkarzinom: Maligne Neoplasie Symptomatik. Analer Juckreiz, Fremdkörpergefühl,


des Plattenepithels distal des Analrandes. Analkanal- anale Schmerzen, peranale Blutungen, Stuhlkontinenz-
karzinom: Maligne Neoplasie des Platten-/Zylinder- störungen.
epithelübergangs des Analkanals.
Diagnose. Rektal-digitale Untersuchung, Rektoskopie
und Biopsie, Endosonographie.
Ätiopathogenese. HPV 16, nachgewiesen in etwa
90% der Fälle. Gehäuftes Auftreten bei HIV-Infizierten,
4 Homosexuellen.
Therapie. Kombinierte Radio-Chemotherapie mit Exzi-
sion des Tumorrestes oder abdominoperineale Exstir-
Metastasierung lymphogen (Becken-, Mesenterial-, pation. Engmaschige Nachuntersuchung.
ingiuinale Lymphkonten) und hämatogen (Leber,
Niere). Direkte Infiltration umliegender Organe Prognose. 5-Jahres-Überlebensrate (ohne Sphinkter-
(Sphinkter, Vagina). befall): 100%.

In Kürze
Erkrankungen des Darms

Infektiöse Salmonellen- 4 Symptomatik: Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Abdominalschmer-


Durchfall- enteritis zen. Auftreten 12–48 h nach Aufnahme kontaminierter Lebensmit-
erkrankung tel (Milch, Eier, Geflügel, Eis)
4 Ätiologie: Enteritis-Salmonellen
4 Diagnostik: Stuhl- und Blutkultur, Kultur aus Lebensmitteln
4 Therapie: symptomatisch: Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution,
Antibiose bei systemischer Erkrankung
Lebensmittel- 4 Symptomatik: Brechdurchfälle mit Bauchkrämpfen. Auftreten 1–6 h
vergiftung durch nach Aufnahme verdorbener Nahrungsmittel (Milch- oder Eipro-
Staphylokokken dukte, Fleisch, Kartoffelsalat)
4 Ätiologie: Staphylococcus areus
4 Diagnostik: Klinik, selten Enterotoxinnachweis aus Speiseresten
4 Therapie: Flüssigkeit- und Elektrolytsubstitution (z. B. Rehydrata-
tionslösung)
Enteritis durch 4 Symptomatik: akuter Beginn; wässrige Durchfälle und Erbrechen
Rotaviren über 2–6 Tage
4 Ätiologie: Rotaviren
4 Diagnostik: Ag-Nachweis im Stuhl (ELISA-Test)
4 Therapie: symptomatisch, Flüssigkeitszufuhr

Intestinale Mal- Zöliakie 4 Symptomatik:


absorption* 4 Klassische Sprue: Meteorismus, Durchfall, Steatorrhoe, Gewichtsverlust
4 Oligosymptomatische Formen: Eisenmangelanämie, Knochen-
schmerzen, Frakturen (Osteomalazie), Eiweißmangelödeme
4 Sekundärer Laktasemangel
4 Ätiologie: Reaktion der Dünndarmschleimhaut auf das Getreide-
protein Gluten, Assoziation mit HLA-Antigen DR 3
4 Diagnostik: Stuhlfettbestimmung, Gliadin-Antikörper (Screening),
Transglutaminase-Antikörper und Endomysium-Antikörper,
Dünndarmbiopsie. Diagnosekriterien der ESPGHAN: Dünndarm-
biopsie mit Histologie, Anti-TG positiv und Besserung unter glute-
freier Diät
6 4 Therapie: lebenslang strikt glutenfreie Diät (GFD)
4.3 · Erkrankungen des Darms
143 4

Intestinale Mal- Kuhmilchprotein- 4 Symptomatik: Meteorismus, Flatulenz, Diarrhoe, Tenesmen etwa


absorption* intoleranz 30 min nach einer Milchmahlzeit
4 Ätiologie: Nahrungsmittelallergie auf Kuhmilch
4 Diagnostik: Kuhmilchprovokationstest
4 Therapie: milchfreie Nahrung für 18–24 Monate, dann Reexposi-
tionsversuch

Karzinoid 4 Symptomatik: nichtmetastasiert symptomlos, bei Lebermetastasen


Karzinoidsyndrom
4 Ätiologie: ausgehend von den APUD-Zellen. Lokalisation vor allem
Appendix, terminales Ileum, Rektum, extraintestinal (Bronchial-
system)
4 Diagnostik: Klinik (Trias: Flush, Tachykardie, Diarrhö), Bestimmung
von 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-h-Sammelurin (Suchtest),
Tumorlokalisation, Metastasensuche
4 Therapie: chirurgisch, Somatostatinanaloga (z. B. Octroetid)

Ileus 4 Symptomatik:
– Mechanischer ileus: krampfartige Schmerzen, klingende
hochgestellte Darmgeräusche, Stuhl- und Windverhalt,
(Kot-)Erbrechen
– Paralytischer Ileus: Fehlende Darmgeräusche (Totenstille),
Stuhl- und Windsverhalt, Übelkeit und Erbrechen, starke
AZ-Beeinträchtigung
4 Ätiologie:
– Mechanischer Ileus: Briden, Tumor, Strangulationsileus
– Paralytischer Ileus: Peritonitis, abdominale Abszesse, Sepsis
4 Diagnostik: Anamnese (Operationen), Klinik: Auskultation,
Perkussion (Meteorismus), digital-rektale Palpation (kolorektales
Karzinom), Röntgenleeraufnahme
4 Therapie: operativ (Laparotomie) bei mechanischem, Sympathiko-
lyse bei paralytischem Ileus

Appendizitis 4 Symptomatik: wandernder Schmerz, erst Oberbauch, nach


einigen Stunden rechter Unterbauch. Komplikation: Perforation,
Abszedierung, Peritonitis
4 Ätiologie: unklar, vermutlich Verlegung durch Kotsteine
4 Diagnostik: Klinik, Leukozytose, Sonographie
4 Therapie: Appendektomie

Mesenterial- 4 Symptomatik: dreiphasig: initial Abdominalschmerz, schmerzfreies


infarkt Intervall, akutes Abdomen
4 Ätiologie: akute kardiogene Embolie (Vorhofflimmern (50%), akute
Thrombose (bei Atherosklerose), Mesenterialvenenthrombose
4 Diagnostik: Anamnese (Herzrhythmusstörungen), klinische Unter-
suchung (Abwehrspannung), EKG (Vorhofflimmern), frühzeitige
Angiographie der Mesenterialgefäße, Abdomenübersichtsauf-
nahme, Sonographie Abdomen
4 Therapie: Stabilisierung der Vitalfunktionen, sofortige Operation
(frühzeitige explorative Laparotomie mit Embolektomie, Resektion
6 des gangränösen Darmabschnitts), postoperative Heparinisierung.
144 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Angina 4 Symptomatik: intermittierende postprandiale Abdominal-


abdominalis schmerzen
4 Ätiologie: im Rahmen der arteriellen Verschlusskrankheit der
Viszeralgefäße
4 Diagnostik: Anamnese (Grundkrankheiten), klinische Untersuchung
(Stenosegeräusche), Angiographie der Mesenterialgefäße
4 Therapie: kurzstreckige Stenosen interventionell mit Stent oder
perkutane transluminale Angioplastie. Längerstreckige Stenosen
4 operativ

Ischämische 4 Symptomatik: Plötzliche Bauchschmerzen im Unter-/Mittelbauch,


Kolitis Erbrechen, Blut im Stuhl, Zeichen der Peritonitis
4 Ätiologie: diffuse Ischämie, häufig bei bestehender Atherosklerose
der Mesenterialarterien und arterieller Thrombosierung
4 Diagnostik: Anamnese (vorausgegangene Angina abdominalis),
Labor (Laktat im Serum n, Angiographie, Röntgenkontrasteinlauf,
Dopplersonographie
4 Therapie: konservativ, bei ischämischer Gangrän Darmresektion

Chronisch- 4 Symptomatik: extraintestinale Manifestationen an Haut (Erythema


entzündliche nodosum, Pyoderma gangraenosum), Auge (Episkleritis, Iriitis,
Darmerkran- Uveitis), Gelenken (asymmetrische Oligoarthritis, ankylosierende
kungen Spondylitis) und Leber (primär sklerosierende Cholangitis, häufiger
bei Morbus Crohn)
4 Atiologie: weitgehend ungeklärt. Autoimmunmechanismen;
genetische Disposition (HLA-B27 assoziiert); evtl. infektiöse Genese;
Beziehung zur Nahrungsaufnahme. Wahrscheinlich auch psychi-
sche Komponente
Morbus Crohn 4 Symptomatik: Schmerzen rechter Unterbauch, unblutige Durch-
(Enteritis fälle. Komplikationen: Fisteln, Abszesse, Malabsorption, Strikturen,
regionalis) Stenosen. Ausbreitung diskontinuierlich, terminales Ileum, Kolon,
selten Rektum. Kein Entartungsrisiko
4 Diagnostik: Endoskopie (lymphofollikuläre Hyperplasie), Histologie
(transmuraler Befall, epitheloidzellige Granulome)
4 Therapie: nach Befallsmuster, Ernährungstherapie, 5-ASA-Präparate,
Steroide, Immunsuppressiva, Antibiotika, chirurgische Sanierung
von Komplikationen
Colitis ulcerosa 4 Symptomatik: blutig-schleimige Durchfälle, krampfartige Schmer-
zen. Komplikationen: massive Blutung, Kolondilatation, kolorektales
Karzinom. Ausbreitung kontinuierlich, vom rektum ausgehend
nach proximal. Entartungsrisiko n
4 Diagnostik: Endoskopie (unregelmäßige Ulzerationen). Histologie
(Kryptenabszesse, Pseudopolypen)
4 Therapie: Ernährungstherapie, medikamentöse Stufentherapie,
6 chirurgisch (Proktokolektomie)
4.3 · Erkrankungen des Darms
145 4

Reizdarm- 4 Symptomatik: Stuhlunregelmäßigkeiten, abdominelle Schmerzen,


syndrom Besserung nach Defäkation
4 Ätiologie: psychosomatisches, häufiges Krankheitsbild, m:w= 1:2
4 Diagnostik: Rom-II-Kriterien, Ausschlussdiagnose (Entzündung,
Tumor)
4 Therapie: keine Standardtherapie, kleine Psychotherapie, Spasmo-
lytika

Divertikel 4 Symptomatik: Divertikel meist symptomlos, bei Divertikulitis links-


seitige Unterbauchbeschwerden, Fieber. Komplikationen: Hoch-
akute Entzündung mit Peritonitis
4 Ätiologie: schlackenarme Ernährung, Gewebeschwäche. Divertiku-
litis: möglicherweise Verlegung durch Kotsteine
4 Diagnostik: Röntgenkontrasteinlauf, Koloskopie, CT bei Divertiku-
litis-Verdacht
4 Therapie:
4 Divertikel: Quellstoffe/Weizenkleie, adäquate Flüssigkeitszufuhr,
Stuhlregulierung (Verhinderung von Entzündungen, Komplika-
tionen)
4 wenn rezidivierend elektive Operation

Fistel in der 4 Symptomatik: stechender Defäkationsschmerz, peranale Blutung,


Anal-/Rektal- Pruritus
region 4 Ätiologie: nicht geklärt. Sphinktertonuserhöhung infolge schmerz-
reflektorischer Sphinkterspasmen, sehr harter Stuhl
4 Diagnostik: anorektale Inspektion: Lokalisation meist 6 oder 12 Uhr
in Steinschnittlage, fibrosierte äußere Ränder bei Chronizität
4 Therapie: Stuhlregulierung, Sitzbäder, Lokalanästhetikum-Injektion,
Maßnahmen zur Sphinkterrelaxation (Botulinustoxin, Nitrosalbe).
Analdehnung. Sphinkterotomie/Fissurektomie

Fissur in der 4 Symptomatik: konstante oder intermittierende eitrig-kotige


Anal-/Rektal- Absonderung aus Fistelöffnung
region 4 Ätiologie: häufig kryptoglanduläre Infektion mit perianalem Abszess
4 Diagnostik: Abszess in der Anamnese, äußere Öffnung in der
Perianalregion, Rekto-/Koloskopie, transrektale Endosonographie,
Fistulographie, Sondierung
4 Therapie: Chirurgie (intersphinktäre Fisteln Spaltung und sekundäre
Wundheilung, übrige Fistelexzision)

Anal-/Rektal- Symptomatik:
prolaps 4 Analprolaps: Pruritus ani, Stuhlinkontinenz
4 Rektumprolaps: Nässen, Stuhlinkontinenz, Blut- und Schleimabgang
4 Ätiologie:
4 Analprolaps: Hämorrhoidalleiden, Analsphinkterschwäche
4 Rektumprolaps: Beckenbodenschwäche
4 Diagnostik: Klinik, Pressversuch
4 Therapie:
4 Analprolaps: Sklerosierung, Hämorrhoidektomie
4 Rektumprolaps: Präventive sublevatorische Drahtring-Implantation.
6 Operativ: abdominelle Rektopexie, Resektion bei Inkarzeration
146 Kapitel 4 · Gastroenterologie

Polypen des 4 Symptomatik: koloskopischer Zufallsbefund. Blut im Stuhl,


Dickdarms peranaler Verlust von Schleim, Elektrolyten und Flüssigkeit
4 Ätiologie: familiäre Polyposis coli (FAP, autosomal-dominant
vererbt)
4 Diagnostik: Familienanamnese, rektale Palpation, Hämokkulttest,
Kolposkopie
4 Therapie: endoskopische Abtragung, operative Polypektomie

4 Kolorektales 4 Symptomatik: intestinaler Blutverlust, veränderte Stuhlgewohn-


Karzinom heiten, B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust),
Blutungsanämie, Ileus, Schmerzen, peritonitische Beschwerden
4 Ätiologie: Adenom-Karzinom-Sequenz, Ernährungsgewohnheiten,
genetische Disposition, Risikoerkrankungen (FAP, HNPCC)
4 Diagnostik: FOBT, rektale Austastung, Koloskopie mit Biopsie,
Endosonographie, CT, Verlauf: Tumormarker CEA und HL-6. Stadien
nach UICC (0-IV) und Dukes (A–D), TNM-Klassifikation
4 Therapie: chirurgisch, neo-/adjuvant, Palliativmaßnahmen
(z. B. Umgehungsanastomosen)

Analkarzinom 4 Symptomatik: Pruritus ani, Fremdkörpergefühl, anale Schmerzen,


peranale Blutungen, Stuhlkontinenzstörungen
4 Ätiologie: HPV 16, nachgewiesen in etwa 90% der Fälle. Risiko-
gruppen: HIV-Infizierte, Homosexuelle. Metastasierung in Becken-,
Mesenterial- und inguinale Lymphknoten sowie hämatogen
(Leber, Niere). Infiltration umliegender Organe (Sphinkter, Vagina)
4 Diagnostik: rektal-digitale Untersuchung, Rektoskopie, Biopsie,
Endosonographie
4 Therapie: kombinierte Radio-Chemotherapie mit Tumorrest-
exzision, abdominoperineale Exstirpation

* Malabsorption = gestörte Aufnahme der Nahrung aus dem Darmlumen, primär oder sekundär; Maldigestion =
Verdauungsstörung
5 Hepatologie, Gallenwege, Pankreas
A. Gräfin zu Toerring-Jettenbach, R.-D. Issels

5.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –148


5.1.1 Anamnese –148
5.1.2 Klinische Untersuchung –148
5.1.3 Diagnostik –148

5.2 Erkrankungen der Leber –149


5.2.1 Akute Virushepatitis –149
5.2.2 Autoimmunhepatitis –152
5.2.3 Chronische Hepatitis –152
5.2.4 Stoffwechselerkrankungen der Leber –154
5.2.5 Toxische Leberschäden –155
5.2.6 Leberzirrhose, portale Hypertension, Pfortaderthrombose –157
5.2.7 Infektionen –161
5.2.8 Akutes Leberversagen –162
5.2.9 Tumoren –163

5.3 Erkrankungen der extrahepatischen Gallenwege –166


5.3.1 Cholelithiasis –166
5.3.2 Akute Cholezystitis –167
5.3.3 Tumoren –168

5.4 Erkrankungen des Pankreas –169


5.4.1 Akute Pankreatitis –169
5.4.2 Chronische Pankreatitis –171
5.4.3 Pankreaskarzinom –172
148 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

5.1 Anamnese, klinische 5.1.3 Diagnostik


Untersuchung, Diagnostik
5.1.3.1 Labordiagnostik
5.1.1 Anamnese Der empfindlichste Parameter in der Enzymdiagnos-
tik bei Lebererkrankungen (. Tab. 5.1) ist die γ-GT. Sie
Unspezifische Symptomatik: Bewusstseinsstörung, ist bereits bei geringer Leberzellschädigung erhöht. Bei
Müdigkeit, Schwäche, Appetitlosigkeit, Leistungsabfall, fortschreitender Einschränkung der Leberzellfunktion
Diarrhö, Übelkeit, Obstipation. werden erst die zytoplasmatischen, später die mito-
Spezifischer sind: Ikterus, Hinweise auf Aszites, chondrialen Enzyme auffällig.
entfärbter Stuhl, dunkler Urin, Pruritus, Schmerzen.
> Cholestase: Ikterus, Pruritus, erhöhte γ-GT
5 ! Cave
Teerstuhl, Hämatemesis sind Notfallsymptome, Ammoniak und Bilirubin (konjugiert/unkonjugiert)
die auf eine Ösophagusvarizenblutung hinweisen weisen auf Störungen der Entgiftungsfunktion hin.
können. Die Leber synthetisiert Albumin, das Enzym Cho-
linesterase und die Vitamin-K-abhängigen Gerin-
Bei Lebererkrankungen sind Familien- und Eigen- nungsfaktoren (Faktor II, VII, IX und X sowie Prote-
anamnese (familiäre Häufung, Vorerkrankungen der in C und Protein S). Bei Leberfunktionseinschränkung
Leber) wichtig. Gefragt werden muss nach lebertoxi- kommt es zum Abfall der genannten Parameter. Als
schen Substanzen (Medikamente, Drogen, Alkoholkon- Korrelat der Gerinnungsfaktoren wird der INR (Quick-
sum, berufliche Exposition) sowie nach Auslandsrei- Wert) bestimmt.
sen, Bluttransfusionen und potenziellen Ansteckungs- Die physiologische Erhöhung der Aktivität der al-
quellen (Partner, Verletzung, Piercing). kalischen Phosphatase kann auf Knochenwachstum
bei Kindern (Knochen-AP) oder Schwangerschaft (Pla-
zenta-AP) beruhen. Eine pathologische Erhöhung kann
5.1.2 Klinische Untersuchung durch Erhöhung der Osteoblastenaktivität (Knochen-
AP), aber auch durch eine Erkrankung der Leber oder
> Leitsymptom für Lebererkrankungen ist der Ikterus Gallengänge bedingt sein.
(Gelbsucht). Virologische, mikrobiologische und immunolo-
gische Verfahren sowie die Bestimmung von Tumor-
Der Ikterus entsteht durch vermehrten Anfall von Bili- markern ergänzen die Diagnostik.
rubin (z. B. Hämolyse, verminderter Abbau wie bei
Hepatitis, Cholestase wie bei Gallengangsstein) im Blut
und Gewebe: Sklerenikterus ab 1,2 mg/dl, Hautikterus
. Tab. 5.1. Enzymdiagnostik bei Lebererkrankungen
ab 2 mg/dl.
Bei der Inspektion können die sog. Leberzeichen Enzym Lokalisation Leber-
auffallen: in der Zelle spezifität
4 Spider naevi
Gamma-Glutamyl- Membran Ja
4 Palmarerythem Transferase (γ-GT)
4 Lacklippen
4 Lackzunge Glutamat-Pyruvat- Zytoplasma Ja
4 Weißnägel Transaminase
(GPT = ALT)
Das Caput medusae (blaues Venennetz paraumbilikal)
Glutamatdehydro- Mitochondrien Ja
weist auf eine Pfortaderstauung hin.
genase (GLDH)
Gynäkomastie, femininer Behaarungstyp (»Bauch-
glatze«) sowie Aszites können bei Lebererkrankungen Glutamat-Oxalazetat- Zytoplasma Nein
auftreten. Transferase und
Palpatorisch können Veränderungen der Größe (GOT = AST) Mitochondrien
und Konsistenz bei Leber oder Milz erkannt werden.
5.2 · Erkrankungen der Leber
149 5
5.1.3.2 Bildgebende Verfahren apparent. Nach einem Prodromalstadium mit unspezi-
Das wichtigste Verfahren in der Leberdiagnostik ist die fischen grippalen sowie gastrointestinalen Symptomen
Sonographie. Lage, Form, Größe und Struktur (Fett- (Dauer etwa 2–7 Tage) kommt es zur hepatischen Or-
leber, Zysten, Steine in den Gallengängen) des Organs ganmanifestation. Unterschieden wird ein ikterischer
können bestimmt werden. Weitere Untersuchungsver- von einem anikterischen (70% der Fälle) Verlauf.
fahren sind das CT, das MRT, die ERCP sowie bei
spezieller Fragestellung die Angiographie. Die Leber- > Bei der ikterischen Verlaufsform kommt es neben
biopsie ermöglicht die Diagnostik von Gewebeverän- dem Ikterus (Skleren, Haut), zu einer Dunkelfärbung
derungen. des Urins und einer Entfärbung des Stuhls.

Ein Anstieg der freien Gallensäuren kann zu Pruritus


5.2 Erkrankungen der Leber führen. Die Leber ist häufig vergrößert und druck-
schmerzhaft, Splenomegalie ist möglich. Zu den Haupt-
5.2.1 Akute Virushepatitis komplikationen . Tab. 5.3.

Definition. Diffuse, nicht eitrige, durch Viren übertra- 5.2.1.1 Hepatitis A


gene Leberentzündung. Bezeichnung je nach Virustyp Ätiopathogenese. Das Hepatitis-A-Virus (HAV) ist ein
mit den Buchstaben A–E (. Tab. 5.2, . Abb. 5.1). RNA-Virus und entstammt der Familie der Picorna-
viren. Die Infektion erfolgt meist fäkal-oral durch Auf-
Symptomatik. Die Symptomatik der Hepatitiden äh- nahme verunreinigten Wassers, von Nahrungsmitteln
nelt sich. Etwa 2/3 der Infektionen verlaufen klinisch oder rohen Meeresfrüchten.

. Tab. 5.2. Virushepatitiden

Hepatitis A Hepatitis B Hepatitis C Hepatitis D Hepatitis E

Übertragung Fäkal-oral Hämatogen Hämatogen Hämatogen Fäkal-oral

Inkubationszeit 15–50 Tage 30–180 Tage 15–180 Tage 30–180 Tage 15–60 Tage

Akute Hepatitis + + + + +

Chronische Hepatitis – 5–10% 60–80% 70–95% –

Impfprophylaxe + + – + –

. Tab. 5.3. Verlaufsformen der Hepatitis

Komplikation Definition Symptomatik

Cholestatische Verlaufsform Hepatitis mit intrahepatischem Starker Anstieg von Bilirubin und
Verschluss der Gallenwege cholestatischen Enzymen (AP, LAP, γ-GT)

Protrahierend verlaufende Transaminasenerhöhung >3 Monate


und rezidivierende Hepatitis

Fulminante Hepatitis Multilobuläre Nekrosen Trias: Ikterus, Gerinnungsstörung,


Bewusstseinsstörung

Viruspersistenz Nur bei HBV, HCV, HDV Asymptomatisch oder als chronische
Hepatitis

Primäres Leberzellkarzinom Risiko bei HCV >HBV


150 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

. Abb. 5.1. Mindmap Hepatitiden


5.2 · Erkrankungen der Leber
151 5

Epidemiologie. Am häufigsten treten HAV-Infektionen Die akute Hepatitis B ist in der Serologie durch ob-
bei Urlaubsreisen in Länder mit schlechten hygieni- ligates Auftreten von Anti-HBC-IgM sowie in 90% der
schen Verhältnissen auf. Der Durchseuchungsgrad Fälle durch Auftreten von HBs-Ag in Kombination mit
mit HAV innerhalb Europas zeigt dabei ein deutliches entsprechender Klinik gekennzeichnet. Die Ausheilung
Süd-Nord-Gefälle. der Krankheit wird durch das Auftreten von Anti-HBs
signalisiert, da dieses erst positiv wird, wenn kein HBs-
Diagnostik. Bestimmung von Antikörpern gegen HAV Antigen mehr nachweisbar ist. In den Fällen, wo HBs-
im Blut. Hierbei weist positives Anti-HAV-IgM auf eine Ag nicht nachweisbar ist (10%) sowie in der Zeitspanne,
frische, Anti-HAV-IgG auf eine frühere Infektion hin. in der HBs-Ag nicht mehr und Anti-HBs-Ag noch nicht
Die Patienten sind über die Dauer von 2 Wochen vor bis nachweisbar ist (diagnostisches Fenster), stellt das Vor-
2 Wochen nach Krankheitsbeginn infektiös, was der handensein von Anti-HBc-IgM die einzige Möglichkeit
Dauer der HAV-Ausscheidung im Stuhl entspricht. zum Nachweis einer akuten Hepatitis B dar. Infektiös
sind die Patienten, solange man in der Serologie HBV-
Symptomatik. In seltenen Fällen kommt es zum fulmi- DNA nachweisen kann.
nanten Verlauf. In 75% der Fälle tritt dann eine ikteri-
scher Form auf. Symptomatik. Die Erkrankung kann asymptomatisch
(65%), als akute Hepatitis (25%) sowie chronisch ver-
Therapie. Im akuten Krankheitsstadium Bettruhe, da laufen. Beim chronischen Verlauf kommt es zur Virus-
die Durchblutung der Leber in liegender Position bes- persistenz mit nachweisbarem HBs-Ag (HBV-Träger)
ser ist als in stehender. Auf hepatotoxische Medika- bis zu einem halben Jahr nach Beginn der akuten He-
mente und Noxen sollte verzichtet werden. patitis. HBV-Träger können auch klinisch gesund sein.

Prognose. Die Erkrankung heilt in der Regel aus. ! Cave


Bei der chronischen Hepatitis besteht ein erhöhtes
> Die Hepatitis A hinterlässt eine lebenslange Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose oder
Immunität. eines primären Leberzellkarzinoms.

5.2.1.2 Hepatitis B Therapie. Bei chronischer Hepatitis B wird über 6 Mo-


Ätiopathogenese. Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ge- nate hinweg mit α-Interferon behandelt, das sowohl
hört zur Gruppe der DNA-Viren. Es besteht aus einer immunstimulierend als auch antiviral wirkt. Alternativ
Hülle (Surface) und einem Kern (Core). oder je nach Schweregrad des klinischen Bildes auch
zusätzlich, kann ein antivirales Nukleosidanalogon ge-
> Das Hepatitis-B-Virus ist das einzige DNA-Virus geben werden.
unter den Erregern der Virushepatitis.
5.2.1.3 Hepatitis C
Die Infektion erfolgt am häufigsten auf sexuellem Weg Ätiopathogenese. Das Hepatitis-C-Virus ist ein RNA-
oder parenteral durch Kontakt mit kontaminiertem Virus (Flavivirus). Für das Hepatitis-C-Virus (HCV)
Blut oder Blutprodukten (z. B. Nadelstichverletzung, gibt es 6 Genotypen sowie ungefähr 100 Subtypen.
gemeinsames Benutzen von Nadeln durch i.v. Drogen-
abhängige), in Gebieten mit hoher Inzidenz an Virus- Die Infektion wird in etwa 50% der Fälle parenteral
trägern häufig auch perinatal von der Mutter auf das übertragen, in etwa 45% der Fälle bleibt der Infektions-
Kind. weg unbekannt. Das Risiko einer perinatalen Infektion
von der Mutter auf das Kind steigt mit der Viruslast der
Epidemiologie. Endemisch in Gegenden mit hoher Mutter (durchschnittliche Übertragungsrate ca. 5%).
Anzahl von Virusträgern (z. B. Zentralafrika, China),
sporadisch bei besonders gefährdeten Risikogruppen Zu den Hauptrisikogruppen für HCV-Infektionen zäh-
(Drogenabhängige, promiskuitive Homo- und Hetero- len i.v. Drogenabhängige (80% sind HCV-positiv), Pa-
sexuelle, Beschäftigte im medizinischen Bereich). tienten, die Blut oder Blutprodukte erhalten (Multitrans-
fusionen, Hämodialyse u. a.) sowie Personen, bei denen
Diagnostik. Nachweisbar sind zuerst die HBV-DNA, Tattoos oder Piercings unsteril durchgeführt wurden.
dann auch das Surface-Antigen (HBs-Ag) sowie das
Core-Antigen (HBc-Ag). Die korrespondierenden An- > Das mittlere Infektionsrisiko nach einer Nadelstich-
tikörper heißen Anti-HBs und Anti-HBc. verletzung beträgt etwa 3%.
152 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

Diagnostik. Eine akute Infektion mit HCV lässt sich 5.2.1.5 Hepatitis E
durch den Nachweis von HCV-RNA beweisen. Diese Ätiopathogenese. Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist
beweist zugleich die Virämie und somit die Infektiosität ein RNA-Virus (Calzivirus). Es findet sein natürliches
des Patienten. Bei einer chronischen Erkrankung per- Reservoir bei Tieren. Die Übertragung erfolgt fäkal-
sistiert die HCV-RNA. Etwa 1–5 Monate nach Krank- oral (wie bei HAV).
heitsbeginn wird Anti-HCV nachweisbar. Anti-HCV-
positive Patienten tragen in ungefähr 80% der Fälle Diagnostik. Serologischer Nachweis von Anti-HEV-
auch HCV-RNA im Blut. Daher sollte ein positiver IgM und -IgG.
Anti-HCV-Test durch einen Bestätigungstest (z. B. Im-
munoblot) überprüft werden. Prognose. In fast allen Fällen heilt die Erkrankung aus,
chronische Fälle sind nicht bekannt.
5 Symptomatik. Die akute Hepatitis C verläuft zu 85%
asymptomatisch, nur in 15% treten die Symptome
einer akuten Hepatitis auf. Asymptomatische HCV- 5.2.2 Autoimmunhepatitis
Infektionen verlaufen meist chronisch, das Virus per-
sistiert im Blut. Die chronische Hepatitis C zeigt in 25% Definition. Chronisch-aktive Hepatitis aufgrund einer
einen gutartigen Verlauf. In 20% der Fälle entwickeln Autoimmunreaktion.
die Patienten innerhalb von 20 Jahren eine Leber-
zirrhose welche wiederum das Risiko eines primären Epidemiologie. Betroffen sind in etwa 80% der Fälle
Leberzellkarzinoms erhöht. Bei HIV-HCV-Doppel- Frauen, in der Hälfte der Fälle beginnt die Erkrankung
infektion finden sich oft rasch progrediente Verläufe. vor dem 30. Lebensjahr.

Therapie. Außer den bereits bei der Hepatitis A erwähn- Symptomatik. Klinisch imponiert eine chronische
ten Allgemeinmaßnahmen (Bettruhe, Weglassen aller Lebererkrankung, die erhebliche Beschwerden (z. B.
Medikamente, Alkoholverbot) kann bei akuter Hepatitis Müdigkeit, Leistungsminderung, Druckschmerz in der
C mit α-Interferon (PEG-α-IFN) therapiert werden. Bei Lebergegend, Ikterus) hervorrufen kann. Das gleich-
frühzeitiger Therapie mit α-Interferon über 24 Wochen zeitig gehäufte Vorkommen extrahepatischer Autoim-
kann in über 95% eine Ausheilung erreicht werden. munerkrankungen (rheumatoide Arthritis, Vaskuliti-
den etc.) ist typisch.
! Cave
Eine abgelaufene HCV-Infektion schützt nicht vor Diagnostik. In über 90% der Fälle gelingt der Nachweis
Reinfektion! typischer Autoantikörper. Unterschieden werden:
4 Typ 1: Klassische autoimmune chronische Auto-
5.2.1.4 Hepatitis D immunhepatitis (80%):
Ätiopathogenese. Das Hepatitis-D-Virus (HDV) ist 5 ANA (antinukleäre Antikörper)
ein inkomplettes RNA-Virus (Viroid), das zur Repli- 5 SMA (Antikörper gegen glatte Muskulatur)
kation die Hülle des HBV (HBs-Ag) benötigt. Deshalb 5 p-ANCA
ist die Verbreitung an das Vorhandensein von HBV ge- 4 Typ 2: LKM-1-positive chronische Autoimmun-
bunden. Ungefähr 5% der Patienten mit HBV sind hepatitis (besonders Kinder):
ebenfalls mit HDV infiziert. Am häufigsten kommt es 5 LKM1 (»Liver-kidney-microsome«-Antikörper)
zu einer Superinfektion eines HBs-Ag-Trägers mit
HDV, in seltenen Fällen liegt eine Simultaninfektion Therapie. Immunsuppressive Therapie mit Kortiko-
mit HBV und HDV vor. steroiden und Azathioprin. Darunter ist die Prognose
relativ günstig (10-Jahres-Überlebensrate ca. 90%).
Symptomatik. Superinfektionen haben häufig einen
chronischen Verlauf mit Ausbildung einer Leberzirrho-
se zur Folge. Bei Simultaninfektion entwickelt sich eine 5.2.3 Chronische Hepatitis
schwere akute Hepatitis, welche durch einen zweigipf-
ligen Anstieg der Transaminasen gekennzeichnet ist Definition. Leberentzündung über mindestens 6 Mo-
(1. Anstieg durch HBV, 2. Anstieg durch HDV). nate.

Prognose. Die schwere Hepatitis nach Simultaninfek- Ätiopathogenese. Vor allem nach akuten Virushe-
tion heilt jedoch in 90% der Fälle aus. patitiden (B, C, D) und alkoholbedingter Hepatitis (bis
5.2 · Erkrankungen der Leber
153 5

. Tab. 5.4. Merkmale und Therapie der chronischen Hepatitiden

Chronische Hepatitis B Chronische Hepatitis C Chronische Hepatitis D Chronische Auto-


immunhepatitis

Merkmale Weltweit 300 Millionen Keine Schutzimpfung Super-/Koinfektion bei Bevorzugt das weib-
Träger. Gefahr der möglich. Häufig extra- Hepatitis-B-Trägern. liche Geschlecht.
Leberzirrhosebildung. hepatische Manifestati- Beschleunigt dann die Verantwortlich für bis
Unter Umständen onen (Kryoglobulinämie, Progredienz der Hepati- zu 20% aller chroni-
asymptomatischer Glomerulonephritis, tis-B-Erkrankung schen Hepatitiden
Verlauf Panarteriitis nodosa)

Therapie Interferone über Monate, Pegyliertes Interferon α-Interferon Prednison,


Lamivudin über Jahre, plus Ribavirin über Azathioprin, ggf. in
Adefovir-Dipivoxil. Leber- Monate; Lebertrans- Kombination
transplantation plantation

80%), aber auch Autoimmunhepatitis, toxischer He- Diagnostik. Labor (Hepatitisserologie auf HBV, HCV,
patitis, NASH (nichtalkoholische Steatohepatitis) und HDV, Transaminasen, γ-GT, alkalische Phosphatase),
weiteren Stoffwechselstörungen (z. B. M. Wilson, Hä- Leberbiopsie.
matochromatose) oder Infektionen.
Therapie. Zur Therapie . Tab. 5.4. Bei hepatischer De-
! Cave kompensation (ab Child B, Klassifikation 7 Kap. 5.2.6.1,
Mit Dauer der Entzündung steigt die Gefahr von irre- . Tab. 5.6) muss immer eine Lebertransplantation er-
versiblen Leberzellschäden (Leberzirrhose, Ausbil- wogen werden.
dung von Folgeerkrankungen wie portaler Hyperten-
sion, Aszites, Enzephalopathie, Leberzellkarzinom). ! Cave
Bei Kindern, in Gesundheitsberufen Tätigen und
Symptomatik. Möglich sind völlig symptomlose Ver- Reisenden in Hepatitis-B-Risikogebiete sollte
läufe sowie das Auftreten von Schwäche, Inappetenz, eine Hepatitis-B-Schutzimpfung durchgeführt
Oberbauchschmerzen, extrahepatische Manifestati- werden.
onen, Juckreiz bis hin zu Ikterus und akuten Hepatitis-
erscheinungen (7 Kap. 5.2.1).

In Kürze
Hepatitiden

Akute Virushepatitiden 4 Symptomatik: Meist inapparent oder unspezifische grippale, gastrointestinale


(A–E) Symptome, ikterischer (Ikterus, dunkler Urin, heller Stuhl) oder anikterischer
Verlauf, Pruritus, Hepatomegalie, Splenomegalie. Komplikationen: Gerinnungs-
störungen, Bewusstseinsstörungen

4 Hepatitis A 4 Symptomatik: nicht chronisch, selten fulminant, lebenslange Immunität


4 Ätiologie: Hepatitis-A-Virus, Übertragung fäkal-oral
4 Diagnostik: Anti-HAV-I gM (akut), Anti-HAV-IgG (frühere Infektion)
4 Therapie: symptomatisch; im Alter komplikationsreich

4 Hepatitis B 4 Symptomatik: 5–0% chronisch; Risiko für Leberzirrhose, Leberzellkarzinomn


4 Ätiologie: Hepatitis-B-Virus, Übertragung hämatogen
4 Diagnostik: HBV-DNA (akute Virämie), HBs-Ag und HBC-IgM (akute Hepatitis B)
Anti-HBs (Ausheilung)
6 4 Therapie: α-Interferon, Lamivudin, Adefovir; im Alter Prognose schlechter
154 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

4 Hepatitis C 4 Symptomatik: 60-80% chronisch; Risiko für Leberzirrhose, Leberzellkarzinomn


4 Ätiologie: Hepatitis-C-Virus, hämatogen
4 Diagnostik: HCV-RNA (akute Virämie, Infektiosität), Anti-HCV (1–5 Monate nach
Infektion)
4 Therapie: PEG-Interferon alpha und Ribavirin Kombinationstherapie; mäßige
Prognose

4 Hepatitis D 4 Symptomatik: 70-95% chronisch, Risiko für Leberzirrhose, Leberzellkarzinomn


4 Ätiologie: Hepatitis-D-Virus, Übertragung hämatogen
4 Diagnostik: nur kombiniert mit HBV, da zur Replikation Hbs-Ag benötigt wird
5 4 Therapie: Interferon, Oft schlechte Prognose

4 Hepatitis E 4 Symptomatik: fast immer Ausheilung, nicht chronisch


4 Ätiologie: Hepatitis-E-Virus, Übertragung fäkal-oral
4 Diagnostik: Anti-HEV-IgM, Anti-HEV-IgG
4 Therapie: symptomatisch, gute Prognose

Autoimmun- 4 Symptomatik: Müdigkeit, Leistungsminderung, lokaler Druckschmerz, Ikterus


hepatitis 4 Ätiologie: Autoimmunkörper
4 Diagnostik:
4 Typ 1: ANA, SMA, p-ANCA
4 Typ 2: LKM-AK
4 Therapie: Immunsuppression mit Kortikosteroiden und Azathioprin

Chronische 4 Symptomatik: symptomlos, Schwäche, Inappetenz, Oberbauchschmerzen, Ikterus


Virushepatitis 4 Ätiologie: HBV, HDV, HCV
4 Diagnostik: Hepatitisserologien, Transaminasen, γ-GT, AP; Leberbiopsie
4 Therapie: . Tab. 5.4; bei Dekompensation evtl. Lebertransplantation

5.2.4 Stoffwechselerkrankungen Symptomatik. Typisch sind Beschwerden wie Müdig-


der Leber keit, Abgeschlagenheit, Gelenkschmerzen und Abdo-
minalbeschwerden in Kombination mit einer gebräunt
5.2.4.1 Hämochromatose wirkenden Hautfarbe auf. Die Manifestationsformen
Definition. Autosomal-rezessiv vererbte Störung der an den verschiedenen Organen sind:
Eisenresorption, die eine Eisenablagerung im gesamten 4 Endokrine Organe: Diabetes mellitus, Hypogona-
Organismus zur Folge hat (Bronzediabetes, Eisenspei- dismus
cherkrankheit). 4 Herz: Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz
4 Leber: Hepatomegalie, Leberzirrhose
Ätiopathogenese. Das im Darm vorhandene Eisen 4 Bewegungsapparat: Arthropathie, Chondrokalzi-
wird aufgrund eines Defektes auf Chromosom 6 nose
(MHC-Klasse-I-Komplex) fast vollständig resorbiert.
Eisenablagerungen in Leber, Pankreas, Herzmuskel, Diagnostik. Erhöhtes Eisen und Ferritin im Serum
Milz, Magen, endokrinem Gewebe und Nervengewebe sowie eine erhöhte Transferrinsättigung., Sonogra-
sind die Folge, sobald die Eisenmenge die Sättigungs- phie. Beweisend ist jedoch ein nach Leberbiopsie er-
grenze von Ferritin übersteigt. mittelter Eisengehalt des Lebergewebes von >1500 μg
des Feuchtgewichtes oder >2,2% des Trockengewichtes.
Epidemiologie. Prävalenz von etwa 2/1000, Mani- Hierbei ist der hepatische Eisenindex (= Lebereisen-
festation meist zwischen dem 40. und 60. Lebens- gehalt/Alter des Patienten) der wichtigste diagnostische
jahr. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Marker. Zur Familienuntersuchung wird der Nachweis
Männer. einer spezifischen Mutation im HLA-H-Gen angestrebt.
5.2 · Erkrankungen der Leber
155 5

Therapie. Ziel der Behandlung ist die Verringerung Prognose. Da das Risiko, an einem hepatozellulä-
der Eisenablagerung im Körper. Dies geschieht einer- ren Karzinom zu erkranken, bei hepatischer Mani-
seits durch das strikte Vermeiden von Alkohol sowie festation der Hämochromatose um das 200-fache
eisenhaltiger Speisen (Innereien), andererseits durch erhöht ist, hängt die Prognose stark vom Vorhanden-
eine Aderlassbehandlung, deren Frequenz sich an der sein einer Leberzirrhose ab. Bei Leberzirrhose ver-
vorhandenen Ferritinmenge orientiert. Die Therapie schlechtert sich die kumulative Überlebensrate von
der sekundären Organschäden erfolgt symptomatisch. 90% auf 60%.
Gegebenenfalls muss eine Lebertransplantation erwägt
werden.

In Kürze
Stoffwechselerkrankungen der Leber

Hämochromatose 4 Symptomatik: Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Abdominalbeschwerden, gebräunte Haut-


farbe; fakultativ:Diabetes mellitus, Hypogonadismus, Herzrhythmusstörungen, Herz-
insuffizienz, Hepatomegalie, Leberzirrhose, Arthropathie, Chondrokalzinose; Risiko für
hepatozelluläres Karzinomn
4 Ätiologie: autosomal-rezessive Eisenresorptionsstörung, Eisenablagerungn
4 Diagnostik: Eisenn, Ferritinn, Transferrinsättigungn; Sonographie, Leberbiopsie;
Genotypisierung
4 Therapie: totaler Verzicht auf Alkohol und eisenhaltige Speisen, Aderlass; symptoma-
tische Therapie sekundärer Organschäden

5.2.5 Toxische Leberschäden Symptomatik. Bei Ausbildung einer Fettleber ist die
Leber deutlich vergrößert tastbar, die Patienten sind
5.2.5.1 Alkoholtoxische Leberschäden meist asymptomatisch. Auch bei einer Fettleberhepa-
Definition. Progrediente Leberzellschädigung durch titis ist anfangs etwa die Hälfte der Patienten trotz
chronische Alkoholzufuhr Hepatomegalie subjektiv beschwerdefrei. Treten Symp-
tome auf, sind dies häufig Schmerzen im rechten Ober-
Ätiopathogenese. Bei chronischem Alkoholkonsum bauch, Appetitlosigkeit sowie Übelkeit und Gewichts-
wird der Alkohol zunehmend über das Cytochrom- verlust. In etwa 50% der Fälle manifestiert sich ein
P450-abhängige mikrosomale ethanoloxidierende Sys- Ikterus, in etwa 45% der Fälle Fieber als Ausdruck der
tem (MEOS) anstatt über die Alkoholdehydrogenase unspezifischen Entzündungsreaktion.
abgebaut. Aufgrund des höheren O2-Bedarfs des MEOS Die häufigsten Komplikationen sind
kommt es zur zentrolobulären Hypoxie. Außerdem 4 Leberzirrhose mit Leberinsuffizienz
wirkt das beim Alkoholabbau entstehende Azetaldehyd 4 Hypoglykämien als Ausdruck der Hemmung der
lebertoxisch. Glukoneogenese durch Alkohol
4 Zieve-Syndrom (alkoholtoxischer Leberschaden,
> Etwa 30–50% aller Lebererkrankungen werden durch hämolytische Anämie, Hyperlipidämie)
übermäßigen Alkoholkonsum verursacht. 4 Verschiedene extrahepatische Alkoholschäden
(wie Delir, psychotische Störungen, Wernicke-
Korsakoff-Syndrom, atrophische Hirnerkrankun-
Stadien des alkoholtoxischen Leberschadens gen, 7 Psychiatrie).
4 Stadium 1: reine Fettleber ohne entzündliche
Reaktion (Steatosis hepatis) Diagnostik. Als Marker für den chronischen Alkohol-
4 Stadium 2: alkoholische Fettleberhepatitis mit abusus gilt CDT (Carbohydrate-Deficient-Transferrin).
entzündlicher Reaktion (alkoholische Steato- Eine Erhöhung von CDT findet sich aber auch bei bili-
hepatitis) ärer Zirrhose und Autoimmunhepatitis.
4 Stadium 3: mikronoduläre Leberzirrhose (Fett- Charakteristische Laborwerte sind für
zirrhose) 4 Stadium 1: erhöhte Werte von γ-GT und AP (alka-
lische Phosphatase)
156 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

4 Stadium 2: wie Stadium 1, zusätzlich erhöhte Trans- Die Oxidation kann stimuliert (z. B. Enzyminduktion durch
aminasen Phenobarbitel oder Alkohol) oder auch gehemmt werden.
4 Stadium 3: Leberzirrhose (7 Kap. 5.2.6.1) Bei einzelnen Substanzen kann die Biotransformation zu
toxischen Zwischenprodukten führen. Bei Hypersensibili-
Bei Leberinsuffizienz besteht zusätzlich eine verminder- tätsreaktionen kommt es zur Bildung eines Neoantigens,
te Syntheseleitung der Leber, welche sich in verminder- das eine Autoantikörperbildung auslöst.
ten Werten für Cholinesterase, Albumin sowie einem
herabgesetzten Quick-Wert (INR) wiederspiegelt. Symptomatik. Medikamenteninduzierte Leberschäden
Im Sonogramm ist ein verdichtetes Echomuster können unterschiedlich in Erscheinung treten.
nahezu beweisend für eine Fettleber. Bei Verdacht auf
alkoholtoxische Leberschädigung kann die Leberbiop-
5 sie, bei Verdacht auf Fettleberzirrhose die diagnostische Häufige medikamenteninduzierte Leber-
Laparoskopie Aufklärung geben. schäden
4 Akute Hepatitis, z. B. durch Isoniazid (INH),
Therapie. Bei Mangel an Folsäure und Vitamin B12 Methyldopa
sollten diese substituiert werden, um einer zerebralen 4 Fulminante Hepatitis, z. B. durch Halothan
Schädigung entgegenzuwirken. (Risiko 1:30.000), Paracetamol
4 Chronisch aktive Hepatitis, z. B. durch INH,
> Einzig wirksame Therapie ist die Alkoholabstinenz. Methyldopa
4 Fettleber
Prognose. Bei Alkoholabstinenz in den reversiblen 4 Intrahepatische Cholestase, z. B. durch Thyreo-
Stadien1 und 2 gut. Im Stadium 3 wird die Prognose statika, östrogenhaltige Kontrazeptiva
durch das Auftreten von Komplikationen wie Leberin- 4 Autoimmunhepatitis, z. B. durch α-Interferon
suffizienz, hepatische Enzephalopathie und Pfortader- 4 Lebertumoren, z. B. durch östrogenhaltige
hochdruck bestimmt. Kontrazeptiva, Androgene

5.2.5.2 Arzneimittelinduzierte Leberschäden


Definition. Akute oder chronische Leberzellschädigung Diagnostik. Genaue Medikamentenanamnese.
durch Pharmazeutika.
Therapie. Die meisten Leberschäden bilden sich nach
Biotransformation von Arzneimitteln Absetzen der verdächtigen Noxe vollständig zurück.
Die Biotransformation von Arzneimitteln in der Leber er- Bei allergisch bedingter Arzneimittelschädigung emp-
folgt im ersten Schritt mittels Oxidation durch Zytochrom fiehlt sich die temporäre Gabe von Glukokortikoiden.
P450, im zweiten Schritt erfolgt eine Konjugation des Fulminante Hepatitiden und maligne Lebertumoren
Stoffwechselmetaboliten mittels Glucuronyltransferase. haben eine schlechte Prognose.

In Kürze
Toxische Leberschäden

Alkoholtoxische 4 Symptomatik: Fettleber, Fettleberhepatitis, Hepatomegalie, lokale Schmerzen,


Leberschäden Appetitlosigkeit Übelkeit, Gewichtp, Ikterus, Fieber, Fettzirrhose
4 Ätiologie: Alkohol
4 Diagnostik: γ-GT n, APn, Transaminasenn. Sonographie (verdichtetes Echomuster
bei Fettleber)
4 Therapie: Alkoholabstinenz, ggf. Psychotherapie. Substitution von Folsäure,
Vitamin B12, Lebertransplantation
Arzneimittel- 4 Symptomatik: noxenabhängig akute Hepatitis, fulminante Hepatitis, chronisch aktive
induzierte Hepatitis, Fettleber, intrahepatische Cholestase, Autoimmunhepatitis, Lebertumoren
Leberschäden 4 Ätiologie: Medikamente
4 Diagnostik: Medikamentenanamnese
4 Therapie: Absetzen der Noxe, Bei allergischer Schädigung Glukokortikoide,
Lebertransplantation
5.2 · Erkrankungen der Leber
157 5
5.2.6 Leberzirrhose, portale Hypertension, zunge, Mundwinkelrhagaden, Weißnägel und Spider
Pfortaderthrombose naevi) auf.

5.2.6.1 Leberzirrhose > Spider naevi sind nicht zirrhosespezifisch.


Definition. Zerstörung der Läppchen- und Gefäß-
struktur der Leber mit entzündlicher Fibrose, Ausbil- Spider naevi treten auch in der Schwangerschaft auf,
dung von bindegewebigen Brücken (Septen) sowie bilden sich aber meist postpartal zurück.
Auftreten von Regeneratknötchen. Bei Männern oft Ausfall der Sekundärbehaarung
(Bauchglatze), außerdem Potenzstörungen, Hoden-
Ätiopathogenese. Folgeerscheinung verschiedener atrophie und evtl. Gynäkomastie (Östrogenanstieg,
Lebererkrankungen. Am häufigsten liegen chronischer Testosteronabfall). Bei der Frau imponieren Mens-
Alkoholabusus (60%) und Virushepatitiden (30% B, truationsstörungen (ggf. Auftreten einer sekundären
C, D) zugrunde. Andere Ursachen sind selten (primäre Amenorrhö).
biliäre Zirrhose, primär sklerosierende Cholangitis, Als Zeichen der Dekompensation sind folgende
Autoimmunhepatitiden, Stoffwechselerkrankungen Komplikationen möglich:
der Leber). 4 Ikterus
4 Leberzellinsuffizienz
Primär biliäre Zirrhose (PBC) 4 Hämorrhagische Diathese
Zirrhotisches Spätstadium einer chronischen nichteitrigen 4 Malnutrition, Kachexie
Cholangitis (Entzündung der Gallengänge meist bei Chole- 4 Portale Hypertension und deren Folgen (Varizen-
docholithiasis). Betrifft ca. 1% der Zirrhosepatienten, in der blutung, Aszites, Ödeme, Hypersplenismus, hepato-
Regel Frauen. Häufig assoziiert mit Hashimoto-Thyreoiditis, renales Syndrom)
rheumtoider Arthritis, Kollagenosen. Im Verlauf Juckreiz, 4 Hepatische Enzephalopathie und Leberzerfalls-
Ikterus, Leistungsknick, Maldigestion. Keine kausale The- koma
rapie möglich, 5-Jahres-Überlebensrate symptomatischer 4 Primäres Leberzellkarzinom (Spätfolge)
Patienten ca. 60%.
Diagnostik. Palpatorisch fällt oft eine vergrößerte, ver-
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) härtete, evtl. höckerige Leberoberfläche auf (. Abb. 5.2).
Chronische Fibrosierung der Gallengänge. Betrifft meist Eine Schrumpfung der Leber tritt erst im Terminalsta-
Männer, gehäuft assoziiert mit Colitis ulcerosa. Im Spät- dium auf.
stadium Ikterus und generalisierter Juckreiz, als Komplika- Labordiagnostisch fällt eine verminderte Syn-
tion biliäre Zirrhose, in 10% der Fälle Cholangiokarzinom. theseleistung der Leber auf (. Tab. 5.5). Bei entzünd-
Keine kausale Therapie möglich, Ultima Ratio Lebertrans- lichen Schüben steigen die Transaminasen als Zeichen
plantation. der Leberzellschädigung an. Marker für eine evtl. auf-
tretende hepatische Enzephalopathie ist ein Anstieg des
Nach Größe der auftretenden Regeneratsknötchen Ammoniak.
werden unterschieden
4 Mikronoduläre (bis 3 mm Durchmesser) Leber-
zirrhose
4 Makronoduläre (3 mm–3 cm Durchmesser) Leber-
zirrhose
4 Gemischtknotige Leberzirrhose

Epidemiologie. Inzidenz in Europa etwa 250/100.000/


Jahr. Männer sind etwa doppelt so häufig betroffen wie
Frauen.

Symptomatik. Zunächst unspezifische Allgemein-


symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leis-
tungsminderung, die von Druck- und Völlegefühl im
Oberbauch sowie Meteorismus begleitet werden kön-
nen. Bei der Inspektion fallen die sog. Leberhautzei- . Abb. 5.2. Leberzirrhose. Laparoskopisches Bild (aus Kuntz,
chen (Palmar- und Plantarerythem, Lacklippen, Lack- Hepatology, Springer 2006) (7 Farbtafelteil)
158 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

. Tab. 5.5. Laborparameter bei Verdacht auf Leberzirrhose

Pathologische
Fakultative
Zu erhebende Parameter Veränderung
Veränderungen
bei Leberzirrhose

Indikatoren verminderter Cholinesterase, Quick-Wert*, Anti- p


Syntheseleistung der Leber thrombin III, Albumin im Serum

Enzyme, die eine Leberzell- Transaminasen (GOT, GPT), n


schädigung anzeigen GLDH, γ-GT

5 Cholestaseanzeigende Enzyme AP, LAP, γ-GT n Eventuell Hyper-


bilirubinämie

Hepatische Enzephalopathie Ammoniak n Eventuell respira-


torische Azidose,
evtl. Hypokaliämie

Spiegelt die Synthese von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren wieder (Faktor II, VII, IX, X).

Bei primärer biliärer Sklerose, primär sklerosieren- Sicherung einer ausreichenden Kalorien- und Eiweiß-
der Cholangitis oder einem cholestatisch verlaufenden zufuhr, bei Bedarf auch von Vitaminen (Folsäure, Thi-
Hepatitisschub steigen die cholestaseanzeigenden amin). Eine halbjährliche sonographische Kontrolle,
Enzyme an, evtl. auch Bilirubin. auch zur Frühdiagnostik eines Leberzellkarzinoms, ist
Sonographisch zeigt sich eine unregelmäßige, sinnvoll. Das Mittel der letzten Wahl bei Leberinsuffi-
wellenförmige Leberoberfläche mit inhomogenem zienz mit drohendem Leberausfallskoma kann die Le-
Leberparenchym und Regeneratknötchen sowie eine bertransplantation sein.
Rarefezierung der Lebervenen. Eine sonographiege-
steuerte Feinnadelpunktion mit anschließender Histo- 5.2.6.2 Portale Hypertension
logie kann die Diagnose sichern. Synonym. Pfortaderhochdruck.
Der Schweregrad der Leberzirrhose kann anhand der
Child-Pugh-Kriterien festgelegt werden (. Tab. 5.6). Definition. Druckerhöhung in der Pfortader >13 mmHg
(Normalwert: 3–13 mmHg).
Therapie. Zunächst Allgemeinmaßnahmen (Alkohol-
abstinenz, Behandlung der Grunderkrankung, Vermei- Ätiopathogenese. Je nach Entstehungsort werden prä-
den potenziell lebertoxischer Noxen). Des Weiteren hepatischer, intrahepatischer und posthepatischer

. Tab. 5.6. Child-Pugh-Kriterien

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte

Albumin im Serum (g/dl) >3,5 2,8–3,5 <2,8

Bilrubin im Serum (mg/dl) <2,0 2,0–3,0 >3,0

Bilirubin bei PBC und PSC (mg/dl) <4 4–10 >10

Quick (%) >70 40–70 <40

Aszites (sonographisch) Keine Leicht Mittelgradig

Addition der Punkte: Child A = 5–6, Child B = 7–9, Child C = 10–15.


1 Jahres-Überlebensrate bei Child A an die 100%, bei Child B 85%, bei Child C 35%.
PBC = primär biliäre Zirrhose, PSC = primär sklerosierende Cholangitis.
5.2 · Erkrankungen der Leber
159 5

. Tab. 5.7. Ätiologie der portalen Hypertension

Klassifikation Untergruppen Ätiologie Besonderheiten


in der Klinik

Prähepatischer Block Peripherer Block Milzvenenthrombose Hypersplenie bei


normaler Leber-
Zentraler Block Blande Thrombose, septische Thrombose bei funktion
Nabelschnurinfektion von Neugeborenen, Pfort-
aderkompression, Verletzung, Peritonitis u. a.

Präsinoidal Myeloproliferative Erkankungen, Leber-


metastasen u. a.

Sinoidal Leberzirrhose (geht in 75% der Fälle mit


portaler Hypertension einher)

Postsinoidal Zum Beispiel medikamentöse Leberschädigung

Posthepatischer Block Budd-Chiari-Syndrom, konstriktive Perikarditis

Da die Leberschäden oft alle Gefäßabschnitte gleichzeitig betreffen, ist eine pathogenetisch scharfe Trennung meist
unmöglich.

Block unterschieden (. Tab. 5.7). Aufgrund der Druck- 4 Hepatopulmonales Syndrom (Ursache unbekannt,
erhöhung in der Pfortader bilden sich Kollateralkreis- wahrscheinlich eine NO-vermittelte Vasodilatation,
läufe vom portalen zum kavalen Venensystem. die in Zusammenhang mit der portalen Hyperten-
sion steht)
Symptomatik. Erhöht sich der Druckgradient zwischen
Pfortader und V. cava inferior auf mehr als 10 mmHg Durch den Bluthochdruck in den Splachnikusgefäßen
(Normalwert: bis zu 5 mmHg), ist die Entstehung von kommt es zum Aszites. Dieser ist gekennzeichnet durch
Ösophagusvarizen wahrscheinlich, ab einem Druck- Zunahme des Bauchumfangs und des Gewichts, einem
gradienten von 12 mmHg besteht die Gefahr, dass diese vorgewölbten Abdomen sowie im Liegen ausladenden
bluten oder rupturieren. Flanken.

! Cave > Auffällig ist beim Aszites oft ein Missverhältnis zwi-
Blutende, rupturierte Ösophagusvarizen sind die schen der Abmagerung der Extremitäten und dem
Haupttodesursache bei portaler Hypertension und geblähten Abdomen.
stellen einen absoluten Notfall dar.
Diagnostik. Die portale Hypertension wird nachgewie-
Durch Ausbildung der Kollateralkreisläufe werden die sen mittels:
Venen der Bauchhaut paraumbilikal als Caput medu- 4 Farbduplexsonographie (portokavale Kollateralen,
sae externum sichtbar. Häufiger ist jedoch das Caput Flussverlangsamung, evtl. Flussumkehr in der Pfort-
medusae internum an der Innenseite der Bauchwand ader, evtl. Thrombusdarstellung)
(Farbduplexsonographie). 4 Sonographie, ggf. mit sonographisch gesteuer-
Aufgrund der venösen Rückstauung kann sich eine ter Aszitespunktion (Fettleber, Splenomegalie, As-
Splenomegalie ausbilden, ggf. mit Leuko-, Thrombo- zites)
zytopenie und Anämie einhergehend. 4 Gastroduodenoskopie (Ösophagus- oder Fundus-
Komplikationen der portalen Hypertension sind varizen)
4 Akute Peritonitis 4 Endoskopische Messung des Ösophagusvarizen-
4 Akute Ösophgusvarizenblutung druckes (indirekt ohne Blutungsrisiko) bzw. Leber-
4 Hepatorenales Syndrom (funktionelle Nierenfunk- venenverschlussmessung (direkte intraoperative
tionsstörung mit Oligurie bis Anurie als Folge einer Druckmessung)
dekompensierten Leberzirrhose mit Aszites)
160 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

Nach dem Nachweis des Pfortaderhochdrucks muss die (z. B. Spironolacton) zur Diurese erfolgen. Bleibt der
Diagnostik der verursachenden Erkrankung erfolgen. Erfolg aus, zusätzlich ein Schleifendiuretikum (z. B.
Furosemid, sequenzielle Nephronblockade) hinzuge-
Therapie. Behandlung der Grundkrankheit. fügt werden.
Bei therapierefraktärem Aszites erfolgt die thera-
Zur Primärprophylaxe der Ösophagus- und/oder Fun- peutische Aszitespunktion (Parazentese) in Kombina-
dusvarizenblutungen Gabe eines nichtselektiven Beta- tion mit Infusion von kochsalzarmer Albuminlösung
Blockers (z. B. Propanolol), der das akute Blutungs- oder einem kolloidosmoidalen Plasmaersatzmittel. Ab-
risiko um bis zu 50% senken kann. Bei Auftreten einer hängig von der Klinik kommen die Implantation eines
akuten Ösophagusvarizenblutung sollte diese endosko- transjugulären intrahepatischen portosystemischen
pisch gestillt werden (Ligaturbehandlung, Untersprit- Shunts (TIPS) oder als Ultima Ratio die Lebertrans-
5 zung und Verödung, Sklerosierung mit Adrenalin und plantation in Betracht.
Fibrinkleber). Bei massiven Blutungen müssen die Va-
rizen mit einer Ballontamponade komprimiert werden 5.2.6.3 Pfortaderthrombose
(Doppelballonsonde = Senkstaken-Blakemore-Sonde, Definition. Thrombose im Pfortadersystem extra- bis
Einballonsonde = Linton-Nachlas-Sonde). intrahepatisch.

! Cave Ätiopathogenese. Häufig Folge einer Leberzirrhose.


Bei der akuten Ösophagusvarizenblutung besteht Auch bei generalisierter Hyperkoagulopathie (z. B. bei
Lebensgefahr, die intensivmedizinische Behandlung hämatologischer Grundkrankheit), selten als eigen-
ist indiziert. ständiges Krankheitsbild.

Zur akuten medikamentösen Senkung des portalen Symptomatik. Die Symptomatik beruht auf dem sekun-
Druckes werden neben den Beta-Blockern auch Soma- dären Auftreten einer portalen Hypertension und
tostatine verwendet (Drucksenkung durch Vasokon- kann sich als Ösophagusvarizenblutung, Aszitesbil-
striktion). dung bzw. -zunahme äußern.

! Cave Diagnostik. Thrombosenachweis mittels Doppler-


Die Gabe von Somatostatinen ist kontraindiziert Sonographie, sonographischer Nachweis einer prädis-
bei arterieller Hypertonie und koronare Herzkrank- ponierenden Grundkrankheit (Leberzirrhose, Leber-
heit (KHK). tumor mit Einbruch in das Pfortadersystem).

Bei guter hepatischer Reserve (Child A, B) kann ein Therapie. Behandlung der Grundkrankheit. Antikoa-
Blutungsrezidiv auch durch operative Shuntanlage gulation durch Gabe von Heparin oder Kumarinde-
wirksam reduziert werden. rivaten (Marcumarisierung). Operative Implantation
Zur Behandlung des Aszites sollte eine Natrium- eines TIPS (transjugulären portosystemischen Shunt)
restriktion auf <3 g/Tag, eine Flüssigkeitsrestriktion auf bei Patienten mit rezidivierenden oberen gastrointes-
ca. 1 l/Tag sowie die Gabe eines Aldosteronantagonist tinalen Blutungen.

In Kürze
Leberzirrhose, portale Hypertension, Pfortaderthrombose

Erkrankung
Leberzirrhose 4 Symptomatik: Müdigkeit, Leistungsminderung, später Druck-/Völlegefühl im Oberbauch,
Meteorismus, Leberhautzeichen (Palmar-/Plantarerythem, Lacklippen, Lackzunge, Mund-
winkelrhaganden, Weißnägel, Spider naevi)
4 Ätiologie: chronischer Alkoholabusus (60%), Virushepatitiden (B, C, D, 30%)
4 Diagnostik: vergrößerte, verhärtete Leber, Syntheseleistungp, bei hepatischer Enzephalo-
pathie Ammoniakn
4 Therapie: Alkoholabstinenz, keine potenziell lebertoxischer Medikamente und Noxen;
6 ggf. Folsäure, Thiamin; Sonographiekontrolle
5.2 · Erkrankungen der Leber
161 5

Portale 4 Symptomatik: Ösophagusvarizen, Caput medusae externum/internum, Splenomegalie


Hypertension mit Leuko-, Thrombozytopenie, Anämie; Aszites
4 Ätiologie: Milzvenenthrombose, Pertitonitis, myeloproliferative Erkrankungen, Leber-
metastasen, Leberzirrhose, toxische Leberschädigung, Budd-Chiari-Syndrom u. a.
4 Diagnostik: Pfortaderhochdruck, Gastroduodenoskopie (Ösophagus-/Fundusvarizen).
Sonographie, ggf. Punktion (Splenomegalie, Aszites), Farbduplexsonographie (porto-
kavale Kollaterale, Flussverlangsamung, evtl. Flussumkehr in der Pfortader), endoskopische
Messung des Ösophagusvarizendruckes bzw. Lebervenenverschlussmessung
4 Therapie:
– Drucksenkung mit Somatostatine
– Ösophagus- und/oder Fundusvarizenblutung: zur Primärprophylaxe nichtselektiver
Beta-Blocker, ggf. Sklerosierung, Ligatur, Ballontamponade
– Aszitestherapie: Natriumrestriktion (<3 g/Tag), Flüssigkeitsrestriktion (ca. 1l/Tag),
Aldosteronantagonist (Diurese), ggf. Schleifendiuretikum (z. B. Furosemid); Aszites-
punktion (Parazentese)

Pfortader- 4 Symptomatik: obere gastrointestinale Blutung, Aszites


thrombose 4 Ätiologie: häufig Leberzirrhose, Hyperkoagulopathie
4 Diagnostik: Doppler-Sonographie
4 Therapie: Therapie der Grunderkrankung; Antikoagulation; operativ TIPS

5.2.7 Infektionen Prognose. Unbehandelt oder spät diagnostiziert hohe


Letalität von bis zu 80%. Behandelt zwischen 10 und
5.2.7.1 Leberabszess 40%.
Definition. Eitrige Einschmelzung von Lebergewebe
nach Einnistung von Erregern. 5.2.7.2 Echinokokkose
Definition. Parasitärer Befall der Leber mit Echino-
Symptomatik. Allgemeine Entzündungszeichen wie coccus cysticus (Hundebandwurm) oder Echinococcus
Abgeschlagenheit, Fieber und Schüttelfrost. Daneben multilocularis (Fuchsbandbandwurm), infolgedessen
Druckschmerzen im rechten Oberbauch sowie auch Zystenbildung.
ggf. Ikterus.
Symptomatik. Uncharakteristische Oberbauchbe-
Diagnostik. Labor: Beschleunigte BKS, Leukozytose, schwerden, bei Befall des Gallengangssystems treten
Leberenzymveränderungen. Sonographisch unscharf Ikterus, Schüttelfrost und Fieber hinzu. Bei Zysten-
begrenzte, echoarme Raumforderung. ERCP, CT. ruptur kann es zu allergischen Reaktionen kommen.

Therapie. Zunächst antibiotische Anbehandlung der Diagnostik. Palpation: Möglicherweise vergrößerte


Infektion mit Abdeckung eines breiten Erregerspek- und höckrige Leber. Sonographie: Isolierte (E. cysticus)
trums (Kombination von Ceftriaxon und Metronida- oder multiple, infiltrativ wachsende (E. multilocularis)
zol). Tritt keine klinische Besserung ein und zeigt sich zystische Hohlräume in der Leber. Als Ausdruck des
sonographisch keine Verkleinerung des Abszesses, so parasitären Befalls besteht eine Eosinophilie, mittels
kann bei großen Abszessen unter sonographischer Immunfluoreszenz lassen sich ggf. spezifische Anti-
Steuerung eine Drainage mit gleichzeitiger Keimge- körper nachweisen.
winnung gelegt werden. Die weitere Antibiose erfolgt
dann nach Antibiogramm. ! Cave
Bei Verdacht auf Echinokokkose sind Leberpunk-
tion und Biopsieentnahme wegen der Gefahr des
Verschleppens des Erregers kontraindiziert.
162 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

Therapie. Bei Befall durch E. cysticus (. Abb. 5.3) ist


Therapie der Wahl die chirurgische Entfernung der
Echinokokkuszyste (Zystektomie) und begleitende Be-
handlung mit Albendazol. Bei multiplen Zysten kann
eine Lebertransplantation erforderlich sein.
E. multilocularis, der die Leber wie ein maligner
Tumor infiltriert, muss oft jahrelang mit einem Anti-
helmethikum (z. B. Albendazol oder Mebendazol) be-
handelt werden.

5
. Abb. 5.3. Echinococcus cysticus in der Leber, CT-Bild (aus
Kuntz, Hepatology, Springer 2006)

In Kürze
Leberabszess, Echinokokkose

Leberabszess 4 Symptomatik: Abgeschlagenheit, Fieber, Schüttelfrost, lokaler Druckschmerz, evtl. Ikterus


4 Ätiologie: Bakterien, eitrige Einschmelzung
4 Diagnostik: Sonographie (echoarme Raumforderung, unscharfe Begrenzung), BSGn,
Leukozytose, Leberenzymveränderungen
4 Therapie: Breitbandantibiose (Ceftriaxon, Metronidazol), je nach Größe evtl. Drainage

Echinokokkose 4 Symptomatik: unspezifische Oberbauchbeschwerden, bei Befall des Gallengangssystems


Ikterus, Schüttelfrost, Fieber
4 Ätiologie: Echinococcus cysticus (Hundebandwurm), Echinococcus multilocularis
(Fischbandwurm)
4 Diagnostik: Sonographie (Leberzysten), Eosinophilie, Antikörper (Immunfluoreszenz)
4 Therapie: Zystenresektion, bei multiplen Zysten evtl. Lebertransplantation. Langzeit-
therapie mit Antihelmethikums (Albendazol, Mebendazol)

5.2.8 Akutes Leberversagen Bei Schwangeren sollte zusätzlich eine akute Schwan-
gerschaftsfettleber sowie das Vorliegen eines HELLP-
Definition. Ausfall der Leberfunktion bei Patienten, die Syndroms (7 Gynäkologie).
zuvor keine chronische Lebererkrankung hatten.
Epidemiologie. Relativ seltene Erkrankung, 100–150
Ätiopathogenese. Häufigste Ursache mit ungefähr Fällen pro Jahr in Deutschland.
65% der Fälle ist die Virushepatitis (in absteigender
Häufigkeit Hepatitis B, Hepatitis A, sehr selten Hepati- Symptomatik. Hepatische Enzephalopathie (Bewusst-
tis C). In etwa 30% der Fälle ist das Zuführen exogener seinsstörungen bis hin zum Koma), Ikterus, ggf. Foetor
Noxen ursächlich: hepaticus (Geruch nach roher Leber), »flapping« Tre-
4 Lebertoxische Medikamente, wie größere Mengen mor. Durch Mangel an Gerinnungsfaktoren sowie einer
Paracetamol disseminierten intravasalen Gerinnung, kommt es zur
4 Drogen, insbesondere synthetische Substanzen wie hämorrhagischen Diathese. Wegen des vermehrten
Ecstasy, Speed Anfalls von Ammoniak entwickeln Patienten im akuten
4 Selbst gesammelte Pilze (Intoxikation mit Knollen- Leberversagen häufig eine Hyperventilation.
blätterpilzen)
5.2 · Erkrankungen der Leber
163 5

> Klinische Trias des akuten Leberversagens: Ikterus, graphisch ist die Leber wegen des Leberzerfalls ver-
Gerinnungsstörung, Bewusstseinsstörung. kleinert.

Schreitet die hepatische Enzephalopathie fort, ent- Therapie. In 50% der Fälle ist eine Lebertransplantation
wickelt sich in 80% der Fälle ein Hirnödem. Weitere notwendig.
Komplikationen sind Magen-Darm-Blutungen, akutes Kausal sollten nach Aufnahme von lebertoxischen
Nierenversagen sowie Hypoglykämie bei verminderter Substanzen Entgiftungsmaßnahmen eingeleitet wer-
Glukoneogenese. den (Magenspülung, Kohleperfusion, Plasmapherese,
Gabe von Azetylzystein bei Paracetamolvergiftung).
Diagnostik. Exakte Anamnese bei entsprechender Klinik Symptomatisch sollte eine Substitution mit Elektroly-
sowie pathologischen leberspezifischen Laborwerten: ten, Gerinnungsfaktoren sowie Glukose unter ständiger
4 Transaminasen normal oder vermindert Überwachung der Laborwerte erfolgen.
4 Bilirubin erhöht Bei Hirnödem Gabe einer hyperosmolaren Man-
4 Gerinnungswerte: Quickwert <20%, Gerinnungs- nitol-Lösung zur Drucksenkung sowie Hirnsonden-
faktoren vermindert, Thrombozytopenie anlage zur Druckkontrolle.
4 Alkalose, da Harnstoffsynthese und Bikarbonat-
verbrauch vermindert ! Cave
Beim akuten Leberversagen sind kontraindiziert:
Bei hepatischer Enzephalopathie muss ein EEG ge- Aminosäuren, Fruktose, Kortikosteroide und Benzo-
schrieben sowie der Hirndruck gemessen werden. Sono- diazepine.

In Kürze
Akutes Leberversagen

Akutes 4 Symptomatik: hepatische Enzephalopathie (Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma). Ikterus,
Leber- Foetor hepaticus, »flapping« Tremor, hämorrhagische Diathese, häufig Hyperventilation
versagen 4 Ätiologie: 65% Virushepatitis, 30% exogene Noxen. Bei Schwangeren akute Fettleber,
HELLP-Syndrom
4 Diagnostik: Transaminasen normal/p, Bilirubinn. Gerinnung: Quickwert <20%, Gerinnungs-
faktorenp, Thrombozytopenie. Alkalose
4 Therapie: in 50% Lebertransplantation; kausal Entgiftungsmaßnahmen,
symptomatisch Substitution von Elektrolyten, Gerinnungsfaktoren, Glukose; bei Hirnödem
hyperosmolarer Mannitol-Lösung, Hirnsonde

5.2.9 Tumoren Therapie. Zunächst keine therapeutische Konsequenz,


sondern Verlaufskontrolle. Nur wachsende Hämangi-
5.2.9.1 Benigne Lebertumoren ome sollten reseziert werden.

Leberhämangiom ! Cave
Definition. Gutartiger Gefäßtumor der Leber ohne Keine Punktion, Blutungsgefahr!
Entartungsgefahr
Leberzelladenom
Ätiopathogenese. Fehlbildung, die bei Gravidität oder Definition. Benigner, von den Hepatozyten ausge-
Östrogeneinnahme an Größe zunimmt. hender Tumor.

Epidemiologie. Häufigster gutartiger Lebertumor. Ätiopathogenese. Auftreten vor allem bei Frauen im
gebärfähigen Alter, die östrogenhaltige Kontrazeptiva
Symptomatik. Meist symptomloser sonographischer einnehmen.
Zufallsbefund, der als echoreicher Tumor (Durchmes-
ser meist <4 cm) imponiert. Bei oberflächlicher Lage Symptomatik. Meist asymptomatischer Zufallsbefund,
besteht Rupturgefahr. im Falle der Infarzierung akutes Abdomen.
164 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

! Cave Epidemiologie. Das HCC gehört zu den häufigsten


Maligne Entartung möglich. In etwa 10% der Fälle Tumoren weltweit. Das Haupterkrankungsalter liegt
kann es zur Tumorruptur mit lebensbedrohlicher zwischen 50 und 60 Jahren.
Blutung kommen.
Symptomatik. Zu den Symptomen der Leberzirrhose
Diagnostik. Sonographisch echoarmer Tumor. Histo- und deren Dekompensation tritt eine uncharakteris-
logie: Fehlen von Zentralgängen sowie Gallengängen. tische B-Symptomatik (Gewichtsverlust, Appetitlosig-
Nekrosen und Einblutungen sind relativ häufig. Bei keit, Abgeschlagenheit, uncharakteristisches Druckge-
großen Adenomen schließt eine gutartige Zytohistolo- fühl im rechten Oberbauch).
gie einen malignen Tumor nicht aus (Apfelkernphäno-
men). Diagnostik. Sonographisch zeigen sich in der zirrho-
5 tischen Leber ein unscharf begrenzter Tumor sowie ein
Therapie. Wegen der Gefahr der malignen Entartung hypervaskularisiertes Areal. Die ultraschallgezielte
sollte der Tumor stets operativ entfernt werden. Zytopunktion und histologische Untersuchung führt
zur Diagnose. Das CT klärt die die genaue Ausdeh-
! Cave nung.
Die Gabe von östrogenhaltigen Präparaten oder
anabolischen Steroiden ist kontraindiziert. Therapie. Kurative Therapie ist nur mittels Leberteil-
resektion oder Lebertransplantation möglich. Ist die
Fokale noduläre Neoplasie (FNH) Resektion wegen der Tumorlage nicht möglich, ist der
Ätiopathogenese. Ursache unbekannt. Allerdings Tumordurchmesser größer als 5 cm und besteht gleich-
sind überwiegend Frauen betroffen, die östrogen- zeitig eine Kontraindikation zur Lebertransplantation
haltige Kontrazeptiva einnehmen bzw. eingenommen (7 Chirurgie) wird eine Chemoembolisation durchge-
haben. führt. Die Wirksamkeit einer Chemotherapie ist beim
HCC nicht erwiesen.
Symptomatik. Meist symptomloser Zufallsbefund.
Prognose. Die mittlere Überlebenszeit ab Diagnose-
Diagnostik. Sonographisch echoarmen Tumor, in der stellung liegt bei ungefähr 6 Monaten.
Farbdoppler-Sonographie oft Nachweis radiärer Ge-
fäße. Histologie: Hamartom, das sämtliche Zellen des Intrahepatisches Gallengangskarzinom
normalen Lebergewebes enthält. Meist zentrale Narbe
mit davon ausgehenden sternförmigen Septen (Rad- Ätiopathogenese. Meist assoziiert mit Gallengangs-
speichenstruktur). anomalien oder primär sklerosierender Cholangitis.

Therapie. Keine therapeutische Konsequenz. Epidemiologie. 5% aller Lebertumoren.

! Cave Weitere maligne Primärtumoren der Leber


Die Gabe von östrogenhaltigen Präparaten sowie Kombiniertes hepatozelluläres Karzinom und intra-
anabolischen Steroiden ist kontraindiziert. hepatisches Gallengangskarzinom, Hepatoblastom
(embryonaler Mischtumor im Kindesalter). Lebersar-
kome sind sehr selten.
5.2.9.2 Maligne Lebertumoren
Lebermetastasen
Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Definition. Von den Hepatozyten ausgehende maligne Definition. Häufigster maligner Lebertumor in Europa.
Neoplasie.
Ätiopathogenese. Solitär oder multipel durch hämato-
Ätiopathogenese. Das HCC entsteht in der Regel auf gene Metastatisierung maligner Tumoren verursacht.
dem Boden einer Leberzirrhose. Hauptrisikofaktor in Die meisten gastrointestinalen Tumore neigen primär
Mitteleuropa ist die alkoholbedingte Leberzirrhose insbesondere zur Bildung von Lebermetastasen (Ko-
sowie die Infektion mit Hepatitis B und C. Der Tumor lon-, Rektum-, Pankreas-, Magen- und Ösophaguskar-
metastasiert vor allem in Lymphknoten, Lunge, Neben- zinom).
nieren und Skelett.
5.2 · Erkrankungen der Leber
165 5

Symptomatik. Schmerz; Druckgefühl rechter Ober- Irotecan oder Oxaliplatin). Bei multipler Metastatisie-
bauch nur bei großen Metastasen. rung oder Irresektabilität Versuch der palliativen Be-
handlung, z. B. lokale Chemotherapie (isolierte Leber-
Diagnose. Sonographie, CT, MRT, histologische Siche- perfusion), radiofrequenzinduzierte Thermoablation
rung nach Zytopunktion. (RITA), stereotaktische Bestrahlung, laserinduzierte
Thermotherapie und Kryotherapie.
Therapie. Behandlung des Primärtumors. Bei bis zu
5 solitären Metastasen chirurgische Resektion (Leber- Prognose. 5-Jahres-Überlebensrate bei primärer/
teilresektion). Chemotherapie nach Protokollen des sekundärer Resektion bis zu 30%. Bei Chemotherapie
Primärtumors (meist 5-Flourouracil/Folinsäure und medianes Überleben bis zu 20 Monate.

In Kürze
Lebertumoren

Benigne Tumoren
Leberhämangiom 4 Symptomatik: keine, Ruptur möglich
4 Ätiologie: Fehlbildung; Wachstum in Schwangerschaft, Östrogengabe;
keine Entartungsgefahr
4 Diagnostik: Sonographie
4 Therapie: Verlaufkontrolle

Leberzelladenom 4 Symptomatik: keine; bei Infarzierung akutes Abdomen, 10% Ruptur mit starker
Blutung
4 Ätiologie: östrogenhaltige Kontrazeptiva; Entartung möglich
4 Diagnostik: Sonographie, Histologie
4 Therapie: Tumorresektion

Fokale noduläre 4 Symptomatik: keine


Neoplasie (FNH) 4 Ätiologie: unbekannt, gehäuft bei östrogenhaltigen Kontrazeptiva
4 Diagnostik: Sonographie, Histologie
4 Therapie: keine

Maligne Tumoren
Hepatozelluläres 4 Symptomatik: B-Symptomatik mit Gewichtp, Appetitp, Abgeschlagenheit,
Karzinom (HCC) lokaler Druckschmerz
4 Ätiologie: alkoholtoxische Leberzirrhose, Hepatitis B, C
4 Diagnostik: Sonographie, Zytopunktion, CT, MRT
4 Therapie: Leberteilresektion, Lebertransplantation. Bei Inoperabilität evtl.
perkutane Alkoholinstallation, Radiofrequenzablation, Chemoembolisation

Intrahepatisches 4 Symptomatik: keine, später Ikterus


Gallengangskarzinom 4 Ätiologie: 30% parallel Gallensteine
4 Diagnostik: Sonographie, Cholestaseparameter
4 Therapie: Teilresektion von Lebersegment und Gallengang (Hilusresektion)

Lebermetastasen 4 Symptomatik: Schmerz, lokales Druckgefühl bei großen Metastasen


4 Ätiologie: Hämatogene Absiedlung
4 Diagnostik: Sonographie, CT, MRT, Zytopunktion (Histologie)
4 Therapie: Behandlung des Primärtumors. Bis zu 5 Solitärmetastasen Resektion/
Leberteilresektion, bei multipler Metastasierung oder Irresektabilität
palliativ lokale Chemotherapie, radiofrequenzinduzierte Thermoablation (RITA),
stereotaktische Bestrahlung, laserinduzierte Thermotherapie, Kryotherapie
166 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

5.3 Erkrankungen der extra-


hepatischen Gallenwege

5.3.1 Cholelithiasis

Definition. Auftreten von Gallensteinen im Gallen-


gangssystem, als Cholezystolithiasis (in der Gallenbla-
se) oder als Choledocholithiasis (im Ductus choledo-
chus).

Ätiopathogenese. Gallensteine entstehen durch Verän-


5 derungen in der Gallenzusammensetzung. Je nach
Hauptbestandteil werden sie als reine Cholesterinsteine,
. Abb. 5.4. Bilirubin-(Pigment-)Steine (aus Kuntz, Hepato-
als gemischte Steine (zu mehr als 70% aus Cholesterin logy, Springer 2006) (7 Farbtafelteil)
bestehend, 80% aller Steine)oder als Bilirubin-(Pig-
ment-)Steine bezeichnet (. Abb. 5.4).
Einklemmung eines Steines im Ductus cysticus Symptomatik. Unterschieden werden beschwerdefreie
oder Ductus choledochus (Gallengangsverschluss, Gallensteinträger (75%) von Gallensteinkranken
Obstruktion des Ductus choledochus, . Abb. 5.5) kann (25%), bei denen Symptome wie unspezifische Ober-
zu akuten oder chronisch rezidivierenden Gallenko- bauchbeschwerden (Völlegefühl im rechten Oberbauch,
liken führen sowie eine Entzündung der Gallenwege Meteorismus, Unverträglichkeit von fetten Speisen,
auslösen. Kaffee und kalten Getränken) auftreten.
Risikofaktoren sind Die typischen Beschwerden bei Gallensteinkran-
4 Geschlecht (Frauen erkranken doppelt so häufig ken sind Koliken, die durch schwere, krampfartige,
wie Männer) über Minuten zunehmende, teilweise über Stunden an-
4 Schwangerschaft haltende und gelegentlichen wellenförmige Schmerzen
4 Einnahme von Östrogenen im rechten Ober- und Mittelbauch gekennzeichnet
4 Alter (das Risiko, Gallensteine zu bilden nimmt sind. Der wegweisende Tastbefund ist das sog. Mur-
im Alter zu) phy-Zeichen. Hierbei drückt der Untersucher die pal-
4 Adipositas pierende Hand in Exspiration in die Gallenblasenregi-
on (nicht schmerzhaft), was ein plötzliches, schmerzbe-
> 6-F-Regel für die wichtigsten Risikofaktoren: female, dingtes Stoppen der darauf folgenden tiefen Inspiration
fair (hellhäutig), forty, fat, fertile, family. des Patienten verursacht.

a b
. Abb. 5.5. Sonographischer Nachweis von Gallenkonkrementen. a Cholezystolithiasis, b Choledocholithiasis (aus
Internist 5/2003)
5.3 · Erkrankungen der extrahepatischen Gallenwege
167 5

Bei Einklemmung eines Steins im Ductus chole- Bei Choledocholithiasis wird entweder im Rahmen
dochus kann es zum Auftreten des Verschlussikterus einer operativen Cholezystektomie der Ductus chole-
kommen. dochus revidiert oder im Rahmen einer ERCP (endo-
skopisch retrograde Cholangio-Pankreatographie) die
> Courvoisier-Zeichen: Prallelastische, schmerzlose tast- Papilla Vateri geschlitzt und somit für den Steinabgang
bare Gallenblase und ikterus. Beim Vorliegen eines erweitert (endoskopische Papillotomie, EPT).
positiven Courvousier-Zeichen besteht stets
ein hochgradiger Verdacht auf ein Malignom.
5.3.2 Akute Cholezystitis
Diagnostik. Anamnese und klinischer Befund mit Gal-
lenkoliken und Schmerzen im rechten Oberbauch sind Definition. Meist im Rahmen einer Cholezystolithiasis
wegweisend. auftretende Entzündung der Gallenblasenwand.,
Bei Cholezystitis sind CRP und BSG im Blut er-
höht, eine Leukozytose tritt auf. Ätiopathogenese. Der Cholezystitis liegt eine mecha-
Bei Gallengangsverschluss steigen die choles- nische Reizung durch Gallensteine oder eine bak-
taseanzeigenden Enzyme (zunächst γ-GT und Trans- terielle Besiedelung (E. coli, Klebsiellen, Enterokokken,
aminasen, nach etwa einem Tag auch AP) sowie das Proteus) bei einer Choledocholithiasis zugrunde liegt.
direkte Bilirubin an. Bei anhaltendem Verschluss kann
das Serum-Bilirubin den Wert von 10 mg/dl über- Symptomatik. Zunächst unterscheidet sich die Sym-
steigen. ptomatik nicht von der einer Gallenkolik (7 Kap. 5.4.1).
Die Sonographie weist Gallensteine (ab einem Anhaltende Schmerzen über länger als 4–6 h sowie Fie-
Durchmesser von 2 mm) am schnellsten und sichersten ber, BSG-Beschleunigung und Leukozytose kennzeich-
nach. Die Steine zeigen im Ultraschall unabhängig vom nen den Übergang von einer Gallenkolik in eine akute
Kalkgehalt einen Schallschatten. Weiterhin können Cholezystitis.
Größe und Formveränderungen der Gallenblase sowie
gestaute Gallenwege beurteilt werden. ! Cave
Bei Verdacht auf Gallengangssteine ist die endo- Gefährliche Komplikation: Gallenblasenempyem mit
skopisch-retrograde-Cholangiographie (ERP) Me- Gefahr der Perforation!
thode der Wahl und bietet zusätzlich die Option der
Konkrementextraktion. Mit einer Röntgen-Leerauf- Diagnostik. Mit der Sonographie als wichtigstem diag-
nahme können wegen ihres Kalkanteils 50% der Pig- nostischem Mittel, können Gallensteinen und Ver-
mentsteine sowie 10–15% der Cholesterin- und Misch- änderungen in der Gallenblasenwand (>3 mm, drei-
steine dargestellt werden. schichtig) nachgewiesen werden. Daneben sind die
Entzündungsparameter (CRP, BSG) erhöht, eine Leu-
Therapie. Asymptomatische Gallensteine bedürfen kei- kozytose liegt vor.
ner Therapie. Bei symptomatischen Gallensteinleiden
wird bei Gallenkoliken zunächst eine Analgesie durch Therapie. 1–2 Tagen nach Krankheitsbeginn ist die
Spasmolyse (z. B. Butylscopolamin, Metamizol) ange- Cholezystektomie Methode der Wahl. Bei bereits län-
strebt, außerdem 24-h-Nahrungskarenz, anschließend ger anhaltender Symptomatik oder schwerwiegenden
eine fettarme Diät. Begleiterkrankungen wird zunächst konservativ be-
handelt und im Intervall von 1–3 Monaten nach Ab-
> In Anbetracht der Häufigkeit rezidivierender Be- klingen der Beschwerden eine elektive Cholezystekto-
schwerden und der Komplikationsgefahr sollte mie durchgeführt. Die konservative Therapie besteht in
frühzeitig eine elektive Cholezystektomie erfolgen. der Gabe eines Antibiotikums, Nahrungskarenz, pa-
renteraler Ernährung mit Volumen- und Elektrolytaus-
Bei Kontraindikationen für eine operative Therapie gleich sowie Analgesie.
kommen entweder eine medikamentöse Litholyse mit
oral gegebenen Gallensäuren (Urodesoxycholsäure) ! Cave
oder die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWL) Keine laparoskopische Cholezystektomie bei akuter
in Betracht (7 Urologie). Cholezystitis.
168 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

In Kürze

Cholelithiasis, Cholezystitis

Cholelithiasis 4 Symptomatik: 75% keine, 25% unspezifische Oberbauchbeschwerden, Koliken,


bei Einklemmung im Ductus choledochus Verschlussikterus
4 Ätiologie: female, fair (hellhäutig), forty, fat, fertile, family
4 Diagnostik: CRPn, BSGn, Leukzytose; bei Obstruktion des Ductus choledochus
γ-GT n, Transaminasen, APn, direktes Bilirubinn; Sonographie (Schallschatten)
4 Therapie: Kolik: Analgesie durch Spasmolyse (Butylscopolamin, Metamizol),
24-h-Nahrungskarenz, fettarme Diät; Cholezystektomie, ggf. medikamtöse Litholyse
5 (Urodesoxycholsäure), ESWL;Therapie der Wahl: invasiv (Choleystektomie, ERCP,
endoskopische Papillotomie)

Akute Cholezystitis 4 Symptomatik: epigastrische Schmerzen, Schmerzen rechter Oberbauch.


Murphy-Zeichen. Übelkeit, Erbrechen; Fieber
4 Ätiologie: meist bei Cholezystolithiasis
4 Diagnostik: CRPn, BSGn, Leukozytose. Sonographie (verdickte Wand über 3 mm)
4 Therapie: Cholezystektomie. Konservativ Nahrungskarenz, Antibiose

5.3.3 Tumoren folgen, um den Befund abzuklären und die Tumoraus-


breitung zu bestimmen.
5.3.3.1 Gallenblasenkarzinom
Definition. Maligne Neoplasie der Gallenblase. Therapie. Beim Carcinoma in situ (Tis) und einem
T1N0M0-Karzinom ist eine Cholezystektomie ausrei-
Ätiopathogenese. Histologisch überwiegend Adeno- chend. Ab T2 muss eine Lebergeweberesektion (evtl.
karzinome. Als Risikofaktoren gelten Gallensteine Leberteilresektion) und eine Lymphadenektomie
und chronische Cholezystitis, aber auch Salmonellen- durchgeführt werden.
Dauerausscheider sowie Patienten mit Gallenblasen-
polypen mit einem Durchmesser von >1 cm. > Etwa 20% der Gallenblasenkarzinome sind primär
kurativ resektabel.
Gallenblasenpolyp
Kein echter Tumor, sondern Cholesterinablagerungen in Da in fortgeschrittenen Stadien die Prognose des Gal-
der Gallenblasenmukosa. Meist sonographischer Zufalls- lenblasenkarzinoms ungünstig ist, sollte bei Befunden,
befund. Beim Gallenblasenpolyp mit einem Durchmesser die keine kurative Resektion erwarten lassen, die In-
>1 cm, sollte wegen des erhöhten Risikos der malignen dikation zur Operation kritisch geprüft werden. Bei
Entartung cholezystektomiert werden. einem lokal begrenzten Befund kann eine neoadju-
vante Chemotherapie sinnvoll sein. Palliativmedizi-
Epidemiologie. Inzidenz von etwa 3/100.000/Jahr, nisch sollten der Gallenabfluss und die Nahrungspas-
Auftreten meist jenseits des 70. Lebensjahres. sage gesichert werden (Einlage eines Stents, Gastro-
enterostomie).
Symptomatik. Selten Frühsymptome, auch Zufalls-
befund nach Cholezystektomie. Rechtsseitige Ober- 5.3.3.2 Cholangiokarzinom
bauchschmerzen, tastbarer Tumor im Gallenblasenla- Definition. Maligne Neoplasie des Gallengangs. Klat-
ger oder als Spätsymptom Verschlussikterus sind mög- skin-Tumor: Cholangiokarzinom im Bereich der He-
lich. patikusgabel (. Abb. 5.6).

Diagnostik. Erhöhung der Cholestaseenzyme AP und Ätiopathogenese. Als Risikofaktoren gelten: Chole-
γ-GT, ggf. kann CA 19-9 erhöht sein. Bei sonographisch dochussteine, Choledochuszysten, primär sklerosieren
auffälligen Befunden sollte eine ERCP mit Biopsie- de Cholangitis, parasitäre Gallengangserkrankungen.
entnahme sowie ein Kontrastmittel-MRT oder CT er- Meist handelt es sich um Adenokarzinome, beim Auf-
5.4 · Erkrankungen des Pankreas
169 5

Epidemiologie. Inzidenz von etwa 3/100.000/Jahr.

Symptomatik. Keine Frühsymptome, tritt jedoch das


Courvoisier-Zeichen (7 Kap. 5.3.1) auf, ist dies stets ma-
lignomverdächtig.

a b c Diagnostik. Entspricht der Diagnostik beim Gallenbla-


. Abb. 5.6a–c. Klassifizierung der Hepatikusgabelkarzinome, senkarzinom (7 Kap. 5.4.3.1)
sog. Klatskin-Tumore, nach Bismuth. a Ausdehung Ductus
hepaticus. b Befall Ductus hepaticus und ein Seitenast. c Befall
Therapie. Entspricht der Therapie beim Gallenblasen-
Ductus hepaticus und beide Seitenäste (7 Farbtafelteil)
karzinom (7 Kap. 5.4.3.1). Beim hilären Cholangio-
karzinom sollte als ergänzende Palliativmaßnahme ein
treten im Kindesalter um Rhabomyosarkome embryo- Stent in den Ductus hepaticus eingelegt werden, um bei
nalen Ursprungs. Karzinome der Hepatikusgabel wer- tumorbedingter Stenose den Abfluss der Galle zu ge-
den, wie in . Abb. 5.7 dargestellt klassifiziert. währleisten.

In Kürze
Gallenblasentumoren

Gallenblasenkarzinom 4 Symptomatik: keine, evtl. tastbarer Tumor im Gallenblasenlager. Später Verschluss-


ikterus
4 Ätiologie: Gallensteine, chronische Cholezystitis, Salmonellen-Dauerausscheider,
Gallenblasenpolyp >1 cm
4 Diagnostik: APn, γ-GTn, evtl. CA 19-9n, Sonographie, ERCP mit Biopsie, Kontrast-
mittel-MRT, CT
4 Therapie: Cholezystektomie, ab T2 Lebergewebsresektion (evtl. Leberteilresektion),
Lymphadenektomie; ggf. neoadjuvante Chemotherapie, palliativ Stenteinlage,
Gastroenterostomie

Cholangiokarzinom, 4 Symptomatik: keine, später Couvoisier-Zeichen


Klatskin-Tumor 4 Ätiologie: Choledochussteine, Choledochuszysten, primär sklerosierende
Cholangitis, parasitäre Gallengangserkrankungen
4 Diagnostik: s. Gallenblasenkarzinom
4 Therapie: s. Gallenblasenkarzinom

5.4 Erkrankungen des Pankreas

5.4.1 Akute Pankreatitis auch der Pankreasenzyme kommt es zur Selbstverdau-


ung des Pankreas.
Definition. Inflammation der Bauchspeicheldrüse. Weitere Ursachen einer Pankreatitis können chro-
nischer Alkoholabusus mit akuter Dekompensation
Ätiopathogenese. Die akute Pankreatitis kann mil- durch Alkoholexzess, sowie in 35% der Fälle fettreiche,
de verlaufend (ödematöse Form), zu vollständiger voluminöse Nahrung sein. In 15% der Fälle tritt die
Restitutio ad integrum führen oder aber hämor- akute Pankreatitis idiopathisch auf. Seltenere Auslöser
rhagisch-nekrotisierend (Organzerfall, Nekrosen der sind Medikamente (Diuretika, Beta-Blocker, ACE-
Nachbarorgane, Sepsis) das Leben des Patienten be- Hemmer, Methyldopa, Östrogene u. a.), Bauchtrau-
drohen. men, Virusinfektionen sowie parapapilläre Duodenal-
Häufigste Ursache ist die Verlegung der Gallenwe- divertikel.
ge durch Choledochussteine. In 45% der Fälle wird der
Galleabfluss durch die Papilla Vateri behindert (akute Symptomatik. Die Patienten stellen sich mit Zeichen
biliäre Pankreatitis). Wegen der Abflussbehinderung eines akuten Abdomens und starken Oberbauch-
170 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

. Tab. 5.8. Zu erhebende Laborparameter bei Verdacht auf akute Pankreatitis

Laborparameter Normalwert Pathologischer Wert Pathophysiologisches Korrelat


bei akuter Pankreatitis

CRP 0–0,5 mg/dl n Entzündungsreaktion

Leukozyten 5.000–10.000/μl n Entzündungsreaktion

Lipase Bis 190 U/l nn Pankreasproblematik


Amylase Bis 100 U/l

n
5 GOT, GPT, γ-GT, AP Cholestase

Kalzium 2,0–2,7 mmol/l Eventuell p Ursache unbekannt, Hypokalzämie


prognostisch ungünstig

schmerzen vor. Diese können nach allen Seiten aus- Die Abdomenübersichtsaufnahme zeigt bei akuter
strahlen, der Schmerz zieht oft gürtelförmig um den Pankreatitis häufig luftgeblähte Abschnitte im Darm des
Leib. linken Ober- und Mittelbauches. Bei Verdacht auf Obs-
truktion des Ductus choledochus sollte zusätzlich eine
! Cave ERCP mit evtl. Papillotomie durchgeführt werden.
Gürtelförmiger Oberbauchschmerz: Verdacht auf aku-
te Pankreatitis, Differenzialdiagnose: Herzinfarkt. Therapie. Die Behandlung einer akuten Pankreatitis
erfordert eine engmaschige intensivmedizinische
Weitere häufige Symptome sind Übelkeit und Erbre- Überwachung des Patienten. Bei Schmerzen, Übelkeit
chen, Darmparesen (Andauung der Umgebung durch und Erbrechen sollte Nulldiät eingehalten werden. Da
Pankreasenzyme), Aszites, Fieber sowie Schockzeichen. häufig eine Hypovolämie vorliegt, ist eine parenterale
Selten können periumbilikal bläuliche Flecken auftre- Volumen-, Elektrolyt-, sowie Kaloriensubstitution
ten, welche als Cullen-Zeichen bezeichnet werden und erforderlich. Eine umfassende Analgesie ist zur Ver-
als prognostisch ungünstig zu werten sind. besserung der Prognose sinnvoll. Die Behandlung mit
Antibiotika sollte bei biliärer sowie nekrotisierender
Diagnostik. Labordiagnostik . Tab. 5.8. Form der Pankreatitis erfolgen (wahlweise Carbape-
neme oder Ciprofloxacin in Kombination mit Metro-
Pankreasspezifische Enzyme nidazol über 7–10 Tage). Eingeklemmte Choledochus-
Lipase und Elastase im Serum sind pankreasspezifische steine werden mittels ERCP und Papillotomie extra-
Enzyme. Die Amylase ist nicht pankreasspezifisch, da der hiert.
überwiegende Teil der Isoamylasen (60%) aus Speichel- Eine chirurgische Intervention ist bei infizierten
amylasen besteht. Dennoch ist die Bestimmung der Amy- Pankreasnekrosen (Nekrosektomie) erforderlich.
lase als Differenzialdiagnose- und Verlaufsparameter zur Prognose. Die akute Pankreatitis kann ein einma-
Beurteilung des Krankheitsverlaufs wichtig. liges Ereignis sein oder in chronischer Form rezidivie-
ren. Wenn die auslösende Ursache eliminiert wurde,
Sonographie: Pankreasloge vergrößert, ödematös un- erholt sich das Pankreas in der Regel klinisch, funktio-
scharf begrenzt, im Sinne eines Pankreasödems. Auch nell und pathologisch-anatomisch vollständig. Bleiben
Nekrosen oder Abszesse innerhalb des Pankreas sind Defektheilungen zurück, ist mit Diabetes mellitus, exo-
darstellbar. Bei akuter biliärer Pankreatitis können Gal- kriner Insuffizienz und anderen Organschäden zu
lensteine sowie eine konsekutive Erweiterung der extra- rechnen (z. B. Milzvenenthrombose).
hepatischen Gallenwege nachweisbar sein. Weitere mögliche Komplikationen sind:
4 Autodigestive Nekrosen angrenzender Hohlorgane
> Auch wenn sonographisch keine Gallensteine nach- 4 Pseudozystendurchbruch in die freie Bauchhöhle,
gewiesen werden, kann eine biliäre Genese der evtl. mit Nachbarorganbeteiligung
akuten Pankreatitis nicht ausgeschlossen werden, 4 Gastrointestinale Arosionsblutungen
da die verursachenden Steine die Gallenwege be- 4 Toxischer Kreislaufschock, Schocklunge, Nieren-
reits passiert haben können. versagen
5.4 · Erkrankungen des Pankreas
171 5

4 Verbrauchskoagulopathie Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, sowie Maldigestion


4 Stoffwechselentgleisung mit Gewichtsverlust, Fettstühle sowie Meteorismen
und Diarrhöen äußern kann. Folge der organischen
! Cave Defektheilung ist vor allem ein Diabetes mellitus als
Die akute Pankreatitis kann letal verlaufen (1–20%), Zeichen einer endokrinen Insuffizienz.
insbesondere bei Organarosion und bakterieller
Superinfektion. > Eine Maldigestion tritt erst auf, wenn die exokrine
Pankreasfunktion auf unter 10% ihres Normwertes
gesunken ist. Therapeutisch ist dann die orale
5.4.2 Chronische Pankreatitis Substitution von Pankreasfermenten zu erwägen.

Definition. Chronische Entzündung der Bauchspeichel- Diagnostik. Im pankreatischen Schub sind die Pank-
drüse mit Destruktion des exokrinen Gewebes und resul- reasenzyme im Serum erhöht (Lipase, Elastase, Amy-
tierender exokriner, später auch endokriner Insuffizienz. lase), wobei Normwerte eine chronische Pankreatitis
nicht sicher ausschließen. Bei exokriner Pankreasin-
Ätiopathogenese. In ca. 80% der Fälle tritt die chro- suffizienz sind Chymotrypsin und Elastase im Stuhl
nische Pankreasinsuffizienz in Folge eines chronischen erniedrigt.
Alkoholabusus auf, in etwa 15% ist keine Ursache In der Bildgebung fällt eine Verkalkung des Pank-
eruierbar. Den restlichen 5% liegen als Auslöser Noxen reas auf (Sonographie, Abdomenleeraufnahme, CT,
(insbesondere Medikamente), Hyperlipidämie oder MRT). Bei einer ERCP oder MRCP können Pankreas-
eine nicht ausgeheilte akute Pankreatitis zugrunde. steine und unregelmäßige Pankreasgänge nachge-
wiesen werden. Im Wechsel treten kurzzeitige Stenosen
Symptomatik. Im Gegensatz zur akuten Pankreatitis und Dilatationen auf, die zu einem perlschnurartigen
verläuft die chronische Pankreatitis häufig oligosymp- Bild des Pankreasganges führen.
tomatisch. In über 90% klagen die Patienten über rezi-
divierende Oberbauchschmerzen, welche gürtelför- Therapie. Grundsätzlich sollte die zugrunde liegende
mig bis in den Rücken ausstrahlen können. Erkrankung behandelt werden. Akute, abakterielle
entzündliche Schübe sowie die exokrine Pankreasin-
> Im Gegensatz zur Gallenkolik treten die Schmerzen suffizienz werden symptomatisch therapiert. Bei exo-
bei Pankreatitiden nicht krampfartig auf. kriner Pankreasinsuffizienz werden Pankreasenzyme
(Lipase!) substituiert, sowie eine kohlehydratreiche,
Aufgrund der exokrinen Insuffizienz des Pankreas mit fettarme Diät in 5–7 kleinen Mahlzeiten pro Tag zu-
daraus folgendem Lipasemangel besteht häufig eine geführt. Bei Bedarf werden zusätzlich die fettlöslichen
Nahrungsintoleranz für Fette, die sich in Dyspepsien, Vitamine A, D, E und K ersetzt.

In Kürze
Pankreatitis

Akute Pankreatitis 4 Symptomatik: akutes Abdomen, starke Oberbauchschmerzen (oft gürtelförmig),


Übelkeit, Erbrechen
4 Ätiologie: Choledocholithiasis, Alkoholabusus, fettreiche Nahrung, idiopathisch,
selten Medikamente, Bauchtrauma, Virusinfektion, parapapilläres Duodenal-
divertikel
4 Diagnostik: CRPn, Leukozytose. Lipase, Amylasenn, Transaminasenn, Kalzium
evtl.p. Sonographie (Pankreasödem, Nekrosen, Abszesse, evtl. Gallensteine,
Erweiterung der extrahepatischen Gallenwege); Abdomenübersicht
4 Therapie: Intensivstation. Bei Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen Nulldiät.
Parenterale Volumen-, Elektrolyt-, Kaloriensubstitution. Analgesie. Antibiotika
bei biliärer/nekrotisierender Pankreatitis (Carbapeneme, Ciprofloxacin, Metro-
6 nidazol). ERCP und Papillotomie bei Choledochussteinen
172 Kapitel 5 · Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

Chronische Pankreatitis 4 Symptomatik: rezidivierende Oberbauchschmerzen (gürtelförmig bis in den


Rücken ausstrahlend); Nahrungsintoleranz für Fette (Dyspepsien, Schmerzen,
Übelkeit, Erbrechen), Maldigestion (Gewichtp, Fettstühle, Meteorismen,
Diarrhöen)
4 Ätiologie: 80% chronischer Alkoholabusus
4 Diagnostik: Pankreasenzyme im akuten Schubn (Lipase, Elastase, Amylase);
Chymotrypsin, Elastase im Stuhlp (exokrine Pankreasinsuffizienz); Pankreasver-
kalkung, Pankreassteine, unregelmäßige Pankreasgänge
4 Therapie: Grunderkrankung. Substitution von Pankreasenzymen, kohlehydrat-
reiche, fettarme Diät. Vitamin-A-, -D-, -E- und -K-Substitution bei Bedarf
5

5.4.3 Pankreaskarzinom 90%. Hinweise auf Malignität sind Gangabbrüche


(Ductus pancreaticus), unscharfe Begrenzungen, Gang-
Definition. Meist schnell wachsendes Adenokarzinom stenosen.
des Pankreaskopfes. In 90% der Fälle liegt eine Entar- Alkalische Phosphatase, Transaminasen, LDH, BSG
tung des duktalen Epithels (duktales Karzinom), in und Serum-Bilirubin können erhöht sein. Der Tumor-
10% des azinären Epithels (azinäres Karzinom) vor. marker CA-19-9 erlaubt keine sichere Frühdiagnose,
sondern dient der postoperativen Verlaufskontrolle.
Ätiopathogenese. Die Ätiologie ist unbekannt, jedoch Ein sich entwickelnder Diabetes kann Hinweis auf zu-
steigert Zigarettenrauchen das Risiko um das 3-fache. grunde gehende Insulinproduzierende Zellen sein. Evtl.
Chronische Pankreatitiden, diätetische Faktoren (er- Parameter einer begleitenden Pankreatitis.
höhter Eiweiß- und Fettkonsum) spielen vermutlich
eine Rolle. Auch eine familiäre Belastung ist mit einem ! Cave
erhöhten Risiko verbunden. Der Tumor zeigt eine ra- Gefahr der Stichnadelmetastasierung bei Feinnadel-
sche lymphatische sowie hämatogene Metastasierung. biopsie.

Epidemiologie. Inzidenz bei etwa 10/100.000/Jahr. Therapie. Nur 20% der Pankreaskarzinome qualifizie-
Männer sind häufiger betroffen als Frauen. ren sich für einen kurativ-operativen Ansatz. Bei loko-
regionär begrenzter Ausbreitung des Tumors empfiehlt
Symptomatik. Keine Frühsymptome. Ein schmerz- sich die Duodenopankreatektomie (Whipple-Opera-
loser Ikterus, als Folge eines tumorbedingten Ver- tion), eventuell in Kombination mit einer neoadju-
schlusses des Ductus choledochus kann auftreten, im vanten Radiochemotherapie. Palliativ werden die Tu-
Spätstadium ist er meist zu finden. Häufiger ist ein in morschmerzen durch Bestrahlung, oral-medikamen-
den Rücken ausstrahlender Oberbauchschmerz. Cour- tös oder durch eine Blockade des Ganglion coeliacum
voisier-Zeichen (7 Kap. 5.3.1). behandelt. Bei Ikterus wird mittels ERCP ein Stent
Weiterhin wird von Appetitverlust, Übelkeit, Ge- zum Offenhalten des Ductus choledochus eingebracht.
wichtsverlust, Nachtschweiß (im Sinne einer allgemei- Eine Chemotherapie konnte bisher kein längeres Über-
nen B-Symptomatik bei Tumoren) und unspezifischen leben bewirken.
Oberbauchbeschwerden (schwierige Differenzialdiag-
nose zur chronischen Pankreatitis) berichtet. Als Zei- Prognose. Die Prognose ist ausgesprochen schlecht.
chen der endokrinen Funktionsstörung kann eine pa- Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei palliativer Be-
thologische Glukosetoleranz oder ein Diabetes mel- handlung bei 0,2–0,4%, bei kurativer Resektion mit
litus auftreten. dem Ziel der Tumorfreiheit bei 20–40%.

Diagnostik. Bildgebende Verfahren (Sonographie, En- Endokrin aktive Pankreastumoren (GEP-Tumoren)


dosonographie, ERCP, MRT, CT, PET mit Kontrastmit- Insgesamt seltene Tumoren wie Insulinom (7 Kap. 8.7.4),
tel und sonographisch gesteuerter Feinnadelpunktion VIPom, Glukagonom, Somatostatinom). Mit Ausnahme
der auffälligen Struktur) sind maßgebend. Sonogra- des Insulinoms meist maligne.
phisch können Tumore von etwa 1-2 cm Größe erkannt
werden. Die ERCP besitzt eine Sensitivität von über
5.4 · Erkrankungen des Pankreas
173 5

Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom)
Gastrinbildender, oft im Pankreas lokalisierter, meist ma- rende Magen- und Duodenalulzera, in 50% der Fälle Diar-
ligner Tumor, in 50% der Fälle bei Diagnosestellung bereits rhöen auf, seltener auch Steatorrhöen. Tumorresektion,
metastasiert. Typisch sind therapieresistente, rezidivie- Protonenpumpenhemmer.

In Kürze
Pankreastumoren

Pankreaskarzinom 4 Symptomatik: keine, evtl. schmerzloser Ikterus, unspezifische Oberbauch-


beschwerden, Appetitp, Übelkeit, Gewichtp, Nachtschweiß (B-Symptomatik)
4 Ätiologie. unbekannt; Risikon bei Rauchern, familiäre Häufung
4 Diagnostik: Sonographie, ERCP, Punktion, MRT, PET mit Kontrastmittel
4 Therapie: Duodenopankreatektomie (Whipple-Operation), evtl. neoadjuvante
Radiochemotherapie; palliative Schmerztherapie
6 Nephrologie
A. Gräfin zu Toerring-Jettenbach, R.-D. Issels

6.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –176


6.1.1 Anamnese –176
6.1.2 Klinische Untersuchung –176
6.1.3 Diagnostik –176

6.2 Harnwegsinfektionen –178


6.2.1 Asymptomatische Bakteriurie –178
6.2.2 Akute Zystitis –178
6.2.3 Akute Pyelonephritis –179
6.2.4 Chronische Pyelonephritis –179
6.2.5 Urethritis –179

6.3 Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen (TIN) –180


6.4 Glomerulonephritiden (GN) –181
6.4.1 Akute postinfektiöse Glomerulonephritis –181
6.4.2 IgA-Nephropathie –181
6.4.3 Rapid progressive Glomerulonephritis (RPGN) –183
6.4.4 Chronisch progredientes GN-Syndrom –183
6.4.5 Akutes nephritisches Syndrom –183
6.4.6 Nephrotisches Syndrom –184

6.5 Niereninsuffizienz –185


6.5.1 Akute Niereninsuffizienz –185
6.5.2 Chronische Niereninsuffizienz, Urämie –186
6.5.3 Nierenersatztherapie –188

6.6 Nierenzysten, Zystennieren –189


6.6.1 Nierenzysten –189
6.6.2 Zystennieren –189

6.7 Nierentumoren –191


6.7.1 Nierenzellkarzinom (NZK) –191
6.7.2 Nephroblastom –191

6.8 Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt –192


6.8.1 Störungen im Wasserhaushalt –193
6.8.2 Störungen im Natriumhaushalt –195
6.8.3 Störungen im Kaliumhaushalt –196

6.9 Säure-Basen-Haushalt –197


6.9.1 Störungen im Säure-Basen-Haushalt –197
176 Kapitel 6 · Nephrologie

Die Nephrologie beschäftigt sich mit den primären Er- 6.1.3 Diagnostik
krankungen der Niere sowie den renalen Folgeerschei-
nungen anderer Erkrankungen. Urinuntersuchung
Inspektion der gewonnenen Urinprobe: Je dunkler die
Harnfarbe, desto konzentrierter ist der Urin (z. B. bern-
6.1 Anamnese, klinische steinfarbener Harn nach Dursten).
Untersuchung, Diagnostik
> Klassische Ausnahme Diabetes mellitus: Die Farbe
6.1.1 Anamnese ist hell, der Urin ist jedoch aufgrund von Glukosurie
hoch konzentriert.
Zu erfragen sind:
4 Miktionsbeschwerden Suche nach Bestandteilen, die nicht in unphysiolo-
4 Schmerzen im Nierenlager gisch hohen Mengen im Urin zu finden sein sollten:
5 Akut einsetzend 4 Proteinurie: Ausscheidung von >150 mg Eiweiß/
6 5 Kolikartig, wie bei Harnleitersteinen Tag bzw. von Proteinen in unphysiologischer Zu-
5 Anhaltend dumpf, wie bei akuter Pyelonephritis sammenstellung. Klassisches Beispiel der Protein-
4 Ödeme, Kopfschmerz, Fieber urie ist die Mikroalbuminurie (Ausscheidung von
4 Bluthochdruck, früheren Nierenerkrankungen, Be- 30–300 mg Albumin/Tag, typisches Frühsymptom
gleiterkrankungen einer diabetischen Nephropathie).
4 Glukosurie: Überschreitung der sog. Nieren-
schwelle für für Glukose (160–180 mg/dl) bei mas-
Miktionsbeschwerden siver Hyperglykämieund Ausscheidung der über-
4 Polyurie: Urinmenge >3000 ml/Tag, schüssigen Glukose mit dem Urin.
Urinmenge <500 ml/Tag 4 Das Vorkommen von Leukozyten, Erythrozyten
4 Oligurie: Urinmenge <500 ml/Tag und Epithelzylindern kann diagnostisch wegwei-
4 Pollakisurie: abnorm häufiger Harndrang mit send sein.
Entleerung nur kleiner Mengen
4 Strangurie: schmerzhaftes Wasserlassen bei Clearancebestimmung
imperativem Harndrang
4 Dysurie: schmerzhaftes Wasserlassen > Clearance: Plasmavolumen, welches innerhalb
4 Hämaturie: blutiger Urin einer bestimmten Zeit durch Harnbildung von einer
4 Nykturie: nächtlicher Harndrang bestimmten Substanz gereinigt wird.
Glomeruläre Filtrationsrate: Von beiden Nieren pro
Zeiteinheit filtrierte Menge an Plasmawasser.

6.1.2 Klinische Untersuchung Durch Clearancemethoden kann die glomeruläre Fil-


trationsrate (GFR) bestimmt werden. Es werden endo-
Inspektion gene (Kreatinin) oder exogene (Inulin) Indikatorsub-
Veränderung der Hautfarbe wie Café au lait-Kolorit stanzen verwendet.
(Ablagerung von Urochromen bei Urämie) oder Blässe In der Klinik wird aufgrund einfacher Durch-
(Anämie) können Hinweise geben. führbarkeit vor allem die Kreatininclearance ange-
wendet.
Palpation
Die Nierenlager werden auf Schmerzhaftigkeit unter- Berechnung der glomerulären Filtrationsrate
sucht. Nierentumoren (Willms-Tumor, Zystenniere) Nach Sammeln eines 24-h-Urins werden der Kreatininwert
können je nach Ausdehnung tastbar sein. des Serums und des gewonnenen Sammelurins bestimmt
und die glomeruläre Filtrationsrate berechnet:
Auskultation
GFR (ml/min)= (U × UV)/(S × t)
Hörbar sind gegebenenfalls Stenosegeräusche der Nie-
renarterien (. Abb. 6.1). GFR = glomeruläre Filtrationsrate in ml/min, U = Kreatinin-
konzentration im Urin, S= Kreatininkonzentration im Se-
rum, UV= Urinvolumen in 24 h in ml, t = Sammelzeit in
Minuten (24 h=1440 min)
6.1 · Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik
177 6

. Abb. 6.1a,b. Schematische Dar- a


stellung der Niere. a Ansicht von
dorsal. b Schema eines subkortika-
len, midkortikalen und juxtamedul-
lären Nephrons

Mit steigendem Alter nimmt die GFR physiologisch > Der Kreatininwert überschreitet seine Normgrenze
ab. Der Normwert (Männer: bei 110 ml/min, Frauen: (1,1 mg/dl) erst dann, wenn eine Verminderung
bei 95 ml/min) gilt bis zum 30. Lebensjahr. Danach ist der glomerulären Filtrationsrate von mehr als 50%
mit einer Abnahme von ca. 10 ml/min pro Dekade zu vorliegt.
rechnen.
Harnstoff: Endprodukt des Eiweißstoffwechsels. Se-
Harnpflichtige Substanzen rumspiegel hängt von renalen und extrarenalen Fak-
Kreatinin: Metabolit des Kreatininphosphats, das im toren ab.
Muskel entsteht und von der gesunden Niere fast voll-
ständig filtriert wird. Die Konzentration von Kreatinin > Der Serumharnstoff ist erhöht, wenn die glomeruläre
im Urin korreliert unmittelbar mit der GFR. Filtration um mehr als 75% absinkt.
178 Kapitel 6 · Nephrologie

6.2 Harnwegsinfektionen

Definition. Entzündung der Harnwege mit klinischer


Symptomatik und/oder einer Keimzahl von >105 im
Urin.

6.2.1 Asymptomatische Bakteriurie

. Abb. 6.2. Nierenarterienstenose rechtsseitig (Angiographie) Definition. Nachweis einer Bakteriurie bei beschwerde-
freiem Patienten.

Epidemiologie. Bei ca. 5% der erwachsenen Frauen.


Bildgebende Verfahren
6 Sonographie. In der nephrologischen Diagnostik am Therapie. Im Regelfall nicht behandlungsbedürftig. Aus-
häufigsten angewendetes bildgebendes Verfahren. Mit- nahmen: Schwangere, Vorliegen einer Obstruktion des
tels Ultraschall können Lage und Größe der Nieren Harntrakts, Auftreten im Kindesalter. In diesen Fällen
bestimmt, Zysten, Steine und raumfordernde Prozesse antibiotische Therapie.
nachgewiesen werden. Mit der Farbduplexsonogra-
phie kann zusätzlich die Durchblutung der Niere beur- ! Cave
teilt werden. 30% aller Schwangeren mit asymptomatischer Bakte-
riurie erkranken im Laufe der Schwangerschaft an
Röntgenuntersuchung. akuter Pyelonephritis.
4 Leeraufnahme: z. B. zum Sichtbarmachen ver-
kalkter Steine
4 i.v. Urogramm: Beurteilung von Form, Größe, Ab- 6.2.2 Akute Zystitis
flussbehinderungen, seitengleicher Ausscheidung
4 Angiographie: . Abb. 6.2 Symptomatik. Schmerzhafte Dysurie und Pollakisurie,
4 Miktionszytourethrographie: Frage nach vesiko- auch suprapubische Schmerzen beim Wasserlassen
urethralem Reflux. Da jodhaltiges Kontrastmittel können auftreten.
zur Anwendung kommt, müssen Kontraindikatio-
nen bedacht werden. > Bei Fieber unklarer Genese, insbesondere bei Klein-
kindern und älteren Menschen, sollte nach einer
! Cave akuten Zystitis gefahndet werden (Urinuntersuchung
Kontraindikationen für jodhaltiges Kontrastmittel: auf infektiöse Erreger).
4 Jod-Allergie
4 Hyperthyreose Diagnostik. Wichtigste diagnostische Maßnahme ist
4 Leber- und Niereninsuffizienz (bei Kreatinin die Untersuchung des Urins auf Bakterien (häufigster
>3–4 mg/dl geringe Kontrastmittelanreicherung) Erreger: E. coli). Voraussetzung korrekter Diagnostik
4 IgM-Paraproteinose (Gefahr des Nierenversagens) ist die fachgerechte Uringewinnung und sofortige Auf-
arbeitung. Exogene Kontamination der Probe kann zu
Nierenszintigraphie. Bei speziellen Fragestellungen, falschen Ergebnissen führen.
wie Nierendurchblutung, Differenzierung unterschied-
licher Abflussstörungen der Niere. > Echte Bakteriurie: Nachweis von >105 Keime pro ml
Urin.
Nierenbiopsie
Die Nierenbiopsie wird unter sonographischer Kontrolle Falls bei klinischer Symptomatik jedoch eine niedrigere
durchgeführt und dient insbesondere der differenzial- Keimzahl nachgewiesen wird, muss auch diese als
diagnostischen Abklärung glomerulärer Erkrankungen. pathologisch angesehen werden. Bei rezidivierender
Zystitis sollte ein i.v. Urogramm zum Ausschluss einer
Obstruktion oder, besonders bei Kindern, einer ana-
tomischen Anomalie des Harntrakts durchgeführt
werden.
6.2 · Harnwegsinfektionen
179 6

Therapie. Reichlich Flüssigkeitszufuhr sowie Antibiose. 6.2.4 Chronische Pyelonephritis


Nach Abnahme des Urins wird zunächst mit einem
Breitspektrenantibiotikum begonnen (TMP = Thymi- Definition. Chronisch interstitielle Nephritis aufgrund
dinmonophosphat, Cotrimoxazol, Ciprofloxacin). Bei bakterieller Sekundärbesiedlung bei vorbestehender Ob-
unkomplizierter Harnwegsinfektion genügt eine ein- struktion des Harntraktes oder vesikorenalem Reflux.
tägige Kurztherapie, deren Erfolg 5 Tage nach Einnah-
me des Antibiotikums durch erneute bakteriologische Symptomatik. Entspricht der akuten Pyelonephritis
Untersuchung des Urins kontrolliert wird. Bessert sich und kann durch uncharakteristische Symptome wie
die Symptomatik binnen 24 h nach Einnahme nicht Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme
sowie bei rezidivierenden oder chronischen Harnwegs- und dumpfe Rückenschmerzen begleitet sein.
infektionen erfolgt die intermittierende Antibiotika-
gabe nach Antibiogramm. In der Schwangerschaft ist > Ohne Kenntnis der Vorerkrankungen ist die chro-
die Therapie mit Aminopenicillinen durchzuführen. nische Pyelonephritis klinisch nicht von der akuten
Pyelonephritis zu unterscheiden. Eine exakte Ana-
! Cave mnese ist unerlässlich.
Wird die Infektion nicht behandelt, kann sich eine
hämorrhagische Zystitis (Hämaturie) sowie bei Wichtigste Komplikationen:
weiterem Aufsteigen innerhalb des Harntrakts eine 4 Niereninsuffizienz, begünstigt durch das Fortbe-
Pyelonephritis entwickeln. stehen der prädisponierenden Faktoren
4 Hypertonie, in 30–50% der Fälle

6.2.3 Akute Pyelonephritis Diagnostik.


4 Sonographie: Nachweis von Konkrementen als Ur-
Definition. Bakterielle Infektion des oberen Harntraktes sache einer Obstruktion
mit akuter interstitiellen Nephritis. 4 i.v. Urogramm, Miktinsurethrographie: Diagnose
eines vesikouretralen Refluxes
Symptomatik. Fieber, Dysurie, Klopfschmerzen im 4 Blutuntersuchung: BSG und CRP erhöht, Retenti-
Nierenlager (Differenzialdiagnose akute Zystitis: keine onswerte Harnstoff, Kreatinin erhöht, Kreatinin-
schmerzhaften Nierenlager). Bei unklarem Fieber, clearance erhöht
gastrointestinalen Beschwerden oder Kopfschmerzen 4 Urinuntersuchung: Suche nach Bakteriurie in Ver-
unklarer Genese muss differentialdiagnostisch an eine bindung mit Leukozyturie und Leukozytenzylin-
atypische Symptomatik der akuten Pyelonephritis ge- dern
dacht werden. Als Komplikationen können eine eitrige
Nephritis, paranephritische Abszesse, Hydronephrosen Therapie. Nach Erstellen des Antibiogramms antibio-
und Pyelonephrosen auftreten. tische Therapie für etwa eine Woche. Eine weiterbeste-
hende asymptomatische Bakteriurie wird belassen, nur
Diagnostik. beim erneuten Auftreten klinischer Symptome wird
4 Urinuntersuchung: Sind bei der mikroskopischen nach erneuter Erregerbestimmung behandelt.
Untersuchung des Urins Leukozyten und evtl. Leuko-
zytenzylinder nachweisbar, kann bei entsprechender
Klinik und zusätzlichem Nachweis einer Bakteriurie 6.2.5 Urethritis
von einer Pyelonephritis ausgegangen werden.
4 Blutuntersuchung: BSG und CRP erhöht. Definition. Isolierte Infektion der Harnröhre distal des
4 Sonographie: Gegebenenfalls Nachweis gestauter Sphincter urethrae internus.
Nierenbecken.
Ätiopathogenese. Die häufigsten Erreger sind Chla-
Therapie. Im Wesentlichen wie bei akuter Zystitis, Anti- mydien und Ureaplasma urealyticum, aber auch E. coli
biose jedoch über 7–10 Tage. Antibiogramm empfeh- und andere Keime sowie Gonokokken kommen in Be-
lenswert, da grundsätzlich mit Antibiotikaresistenzen tracht.
gerechnet werden muss.
Symptomatik. Pollakisurie. Zusätzlich kann Harnröh-
renausfluss oder bei einer Gonorrhö auch ein mor-
gendliches Bonjour-Tröpfchen auftreten. Komplikation
180 Kapitel 6 · Nephrologie

der Urethritis ist bei Männern eine Entzündung der Urethralabstrich. Die Infektion mit Chlamydien oder
Prostata. Bei Frauen verläuft die Infektion oft asympto- Gonokokken wird am sichersten durch einen DNA-
matisch, es können aber auch multiple gynäkologische Nachweis bewiesen.
Folgeprobleme auftreten
Therapie. Zufuhr von sehr viel Flüssigkeit. Auf Sexual-
! Cave hygiene sollte unbedingt beachtet werden. So empfiehlt
Gefürchtete Komplikation nach Chlamydieninfektion sich bei akuter Erkrankung sexuelle Abstinenz oder die
ist in 20% der Fälle weibliche Sterilität. Entleerung der Blase nach dem Geschlechtsverkehr.
Die antibiotische Therapie richtet sich nach dem nach-
Diagnostik. Bei der Urinuntersuchung können Leuko- gewiesenen Erreger.
zytenzylinder im Morgenurin nachweisbar sein. Diag-
nostisch beweisend ist nur der Erregernachweis im > Der Sexualpartner sollte immer mitbehandelt werden.

6 In Kürze
Harnwegsinfektionen

Akute Zystitis 4 Symptomatik: schmerzhafte Dysurie, Pollakisurie


4 Diagnostik:Urinuntersuchung: Nachweis einer Bakterurie (>105 Keime/ml)
4 Therapie: Flüssigkeitszufuhr. Fluorchinolone eintägig bei unkompliziertem HWI,
4-tägig bei kompliziertem HWI

Akute Pyelonephritis 4 Symptomatik: Fieber, Dysurie, Klopfschmerzen im Nierenlager


4 Diagnostik: Leukozyten, evtl. Leukozytenzylinder im Urin, Bakteriurie, BSGn, CRPn
4 Therapie: Fluorchinolone über 7–10 Tage

Chronische 4 Symptomatik: wie bei akuter Pyelonephritis, zusätzlich uncharakteristische


Pyelonephritis Symptome wie Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme
4 Diagnostik: BSGn, CRPn, Harnstoffn, Kreatininn, Kreatininclearancen, Sono-
graphie zur Abklärung der Vorerkrankung
4 Therapie: Antibiose, wenn möglich nach Antibiogramm

Urethritis 4 Symptomatik: Brennen, Schmerzen beim Wasserlassen, evtl. Harnröhrenausfluss


4 Diagnostik: Erregernachweis bei Urethralabstrich
4 Therapie: viel Flüssigkeit, Sexualhygiene, erregerspezifische Antibiose

6.3 Tubulointerstitielle Nieren- Symptomatik. Mikrohämaturie, Proteinurie sowie


erkrankungen (TIN) sterile Leukozyturie, welche mit einer Erhöhung der
Retentionswerte (Kreatinin, Harnstoff) einhergeht. Bei
Definition. TIN sind abakterielle, interstitielle Nieren- einer allergisch bedingten TIN können zusätzlich Exan-
erkrankungen. theme, Fieber und eine Eosinophilie auftreten. Wird
eine TIN nicht behandelt, kann sich eine akute Nieren-
Ätiopathogenese. Parainfektiös, nach bakteriellen insuffizienz entwickeln.
oder viralen Infektionen, durch Allergien, Medika-
mente oder Einwirkung anderer toxischer Substanzen. Diagnostik. Infekt- sowie Medikamentenanamnese.
Am häufigsten ausgelöst werden TIN durch Analgetika Wenn zusätzlich eine Symptomatik besteht, die den
(Analgetikanephropathie). Man unterscheidet im All- Verdacht auf eine TIN erhärtet, Sicherung der Diag-
gemeinen eine akute und eine chronische Form der nose durch Nierenbiopsie.
TIN, wobei die TIN klinisch häufig inapparent verläuft
und daher oft erst in fortgeschrittenem Stadium er- Therapie. Absetzen auslösender Medikamente.
kannt wird.
6.4 · Glomerulonephritiden (GN)
181 6

In Kürze
Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen

Tubulointerstitielle 4 Symptomatik:Hämaturie, Proteinurie, Retentionswerte (Kreatinin, Harnstoff)n


Nierenerkrankungen 4 Ätiologie: am häufigsten Analgetikanephropathie
4 Diagnostik: Medikamentenanamnese, Nierenbiopsie
4 Therapie: Absetzen auslösender Medikamente, Noxen meiden

6.4 Glomerulonephritiden (GN) Bei streptokokkenbedingten sowie auch anderen In-


fektionen können während der akuten Phase ebenfalls
Definition. Renale Erkrankungen, die die Glomeruli Hämaturien auftreten, die meist harmlos sind.
betreffen, entweder ohne Zeichen einer Systemerkran-
kung auftreten (primäre Glomerulonephritis) oder die > Treten Hämaturien postinfektiös auf und sind zusätz-
renale Beteiligung von Systemerkrankungen (z. B. Vas- lich Erythrozytenzylinder im Urin nachweisbar, muss
kulitiden, Kollagenosen) wiederspiegeln (. Abb. 6.3). eine Glomerulonephritis ausgeschlossen werden.
Die 3 wichtigsten Formen sind:
4 Akute postinfektiöse Glomerulonephritis Therapie. Im akuten Stadium Penicillin, Behandlung
4 IgA-Nephropathie (Morbus Berger) von Ödemen mit Diuretika und der Hypertonie mit
4 Rapid progressive Glomerulonephritis Antihypertensiva.

Das klinische Erscheinungsbild kann verlaufen als:


4 Chronisch-progredientes GN-Syndrom 6.4.2 IgA-Nephropathie
4 Akutes nephritisches Syndrom
4 Nephrotisches Syndrom Synonym. Morbus Berger.

Epidemiologie. Mit 15–40% die am häufigsten vor-


6.4.1 Akute postinfektiöse kommende Form der idiopathischen Glomerulone-
Glomerulonephritis phritis.

Ätiopathogenese. Nach einer Infektion mit β-hämoly- Ätiopathogenese. Ursache sind IgA-Ablagerungen im
sierenden Streptokokken der Gruppe A werden Immun- Mesangium (immunhistologischer Nachweis).
komplexe in den glomerulären Kapillaren abgelagert.
Symptomatik. Oft Infekt der Atemwege vorausgehend.
Symptomatik. Klinisch bessert sich die Symptomatik Asymptomatische Mikrohämaturie, die von einer Pro-
nach einem Streptokokkeninfekt (Angina tonsillaris, teinurie begleitet werden kann. Bei 40% der Patienten
Scharlach) zunächst, jedoch verschlechtert sich der All- Hypertonie (immer, wenn auch eine Niereninsuffi-
gemeinzustand des Patienten nach einem Intervall von zienz vorliegt), 10% entwickeln ein nephrotisches Syn-
7–14 Tagen wieder. Es bestehen (Mikro-)Hämaturie drom.
sowie Proteinurie, die von einer Hypertonie und Öde-
men begleitet sind. ! Cave
Etwa 25% der Patienten mit IgA-Nephropathie ent-
> Die Leitsymptome Hämaturie, Ödeme und Hyper- wickeln im Laufe der Zeit eine terminale Nieren-
tonie werden als Volhard-Trias bezeichnet. insuffizienz.

Diagnostik. Diagnostik. In 40% der Fälle erhöhter IgA-Spiegel. Si-


4 Sonographie: relativ große, geschwollene Nieren cherung der Diagnose durch Nierenbiopsie.
4 Urinuntersuchung: typischerweise Proteinurie, be-
gleitet von Erythrozyturie mit Erythrozytenzylin- Therapie. Symptomatische Behandlung der Hypertonie
dern sowie dysmorphen Erythrozyten mit ACE-Hemmer, bei normotonen Patienten ebenfalls
4 Blutuntersuchung: Kreatininerhöhung ab einer Proteinurie von mehr als 1 g/Tag. Bei fort-
182 Kapitel 6 · Nephrologie

. Abb. 6.3. Mindmap Glomerulonephritis


6.4 · Glomerulonephritiden (GN)
183 6

schreitender Niereninsuffizienz zusätzlich ein Kortiko- > Cave


steroid. Unbehandelt führt die rapid progressive Glomerulo-
nephritis innerhalb weniger Monate zur terminalen
Niereninsuffizienz.
6.4.3 Rapid progressive
Glomerulonephritis (RPGN) Diagnostik. Rasch ansteigende Retentionswerte in
Kombination mit der entsprechenden Klinik sollten
Synonym. Rapid progressives nephritisches Syndrom. Anlass zur immunologischen Diagnostik und zur Nie-
renbiopsie geben. Sonographisch zeigen sich normal
Definition. Intra- und extrakapillär proliferierende große Nieren, obwohl klinisch eine rasch progrediente
Form der GN mit diffusen Halbmondbildungen, gele- Niereninsuffizienz vorliegt.
gentlich treten auch nekrotisierende Vaskulitiden auf.
> Der Verdacht auf eine rapid progrediente Glome-
Ätiopathogenese. Unterschieden werden: rulonephritis stellt eine absolute Indikation zur
4 Typ I (Antibasalmembran-RPGN): Etwa 10% Nierenbiopsie dar, da die Diagnose nur nach
der RPGN. Durch Anreicherung von IgG und histologischer Begutachtung sicher gestellt werden
C3-Komplement kommt es zur linearen Ablagerun- kann.
gen an der Basalmembran. Aufgrund der entwick-
lungsgeschichtlichen Verwandtschaft zwischen Therapie. Immunsupressive Therapie, wobei Typ I kür-
glomerulärem und alveolärem Epithel liegt häufig zer therapiert wird als Typ II und III, da er sich im Ge-
zusätzlich eine Lungenbeteiligung vor, welche Lun- gensatz zu den anderen beiden Typen selbst limitiert
genblutungen hervorrufen kann. und keine Rezidivneigung besitzt. Bei frühzeitiger Be-
handlung kann die Nierenfunktion in über 60% der
> Die Antibasalmembran-RPGN mit Lungenbeteiligung Fälle verbessert werden.
nennt man Goodpasture-Syndrom. Es handelt
sich um eine sehr seltene Erkrankung, die bevorzugt
Männer unter 40 Jahren befällt. 6.4.4 Chronisch progredientes
GN-Syndrom
4 Typ II (Immunkomplex-RPGN): Etwa 40% der
RPGN. Oft postinfektiös, Auftreten aber auch in Definition. Chronisch fortschreitende Form diverser
Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen Glomerulonephritiden.
(Lupus-Nephritis, Schönlein-Henoch-Nephritis).
Granuläre Ablagerungen an der Basalmembran, Symptomatik. Eher schleichender Beginn, der von
Nachweis zirkulierender Immunkomplexe. Proteinurie, Erythrozyturie und Hypertonie begleitet
4 Typ III (ANCA-assoziierte Vaskulitiden): Mit wird, sowie Zeichen einer langsam fortschreitenden
etwa 50% häufigste Manifestation der RPGN. Niereninsuffizienz.
Weder Ablagerung von Immunkomplexen noch
von Komplement, jedoch Nachweis von Autoanti- Diagnostik. Anamnese, Urinuntersuchung: Proteinurie,
körpern (cANCA = »cytoplasmatic antineutrophil Erythrozyturie. Blutdruckmessung.
cytoplasmatic antibodies« oder pANCA = »peri-
nuclear antineutrophil cytoplasmatic antibodies«) Therapie. Symptomatisch, ggf. Blutdrucksenkung.
durch ELISA mit rekombinanaten Antigenen. Häu-
figste Ursachen sind die renale Verlaufsform der
mikroskopischen Polyangiitis und der Wegener- 6.4.5 Akutes nephritisches Syndrom
Granulomatose.
Definition. Ausdruck einer entzündlich bedingten Stö-
Epidemiologie. Relativ selten. rung der glomerulären Schrankenfunktion.

Symptomatik. Auffällig blasse Patienten mit Hyper- Ätiopathogenese. Primäre Glomerulonephritiden oder
tonie, deren Entzündungsparameter (CRP, BSG) stark Glomerulonephritis als Ausdruck einer zugrunde liegen-
erhöht sind, oft besteht erhebliche Proteinurie. Außer- den Systemerkrankung (wie Wegener-Granulomatose,
dem kann die Klinik von einem nephrotischen Syn- systemischer Lupus erythematodes, Goodpasture-Syn-
drom (7 Kap. 6.4.6) begleitet sein. drom).
184 Kapitel 6 · Nephrologie

Symptomatik. Das akute nephritische Syndrom zeich- 4 Hypalbuminische Ödeme (bei Serumalbumin
net sich durch Proteinurie, Hämaturie sowie tubu- <2,5 g/dl)
lärer Natriumretention aus. Letztere führt zu arteriel- 4 Hyperlipidämie mit Erhöhung von Cholesterinen
ler Hypertonie und Ödemen. und Triglyzeriden

Diagnostik. Serologie zum Ausschluss einer System- Daneben treten Symptome der Grunderkrankung so-
erkrankung, Nierenbiopsie (insbesondere zum Aus- wie im fortgeschrittenen Stadium einer Niereninsuffi-
schluss einer RPGN). Urinuntersuchung: Mikro- bzw. zienz auf. Bei starkem Eiweißverlust kann ein so erwor-
Makrohämaturie, Proteinurie, Hämoglobin- und Zell- bener IgG-Mangel mit daraus resultierender erhöhter
zylinder, dysmorphe Erythrozyten. Blutuntersuchung: Infektanfälligkeit hinzu kommen.
Hypernatrieämie.
Diagnostik. Urinuntersuchung: Proteinurie.
Therapie. Behandlung der Grunderkrankung.
Proteinurie
6 Unterschieden wird zwischen selektiver (niedriges Moleku-
6.4.6 Nephrotisches Syndrom largewicht der Proteine) und nicht-selektiver (hohes Mole-
kulargewicht der Proteine) Proteinurie. Die Prognose der
Definition. Symptomkomplex, gekennzeichnet durch nicht selektiven Proteinurie ist um einiges schlechter als die
gemeinsames Auftreten von: der selektiven, da bei Auftreten hochmolekularer Proteine
4 Starker Proteinurie im Urin die Basalmembran bereits schwer geschädigt ist.
4 Hypoproteinämie
4 Hypalbuminischen Ödemen Serumelektrophorese: Albumine und γ-Globuline sind
4 Hyperlipidämie erniedrigt, α2- und β-Globuline reaktiv erhöht.
Ebenfalls erhöht sind das Cholesterin sowie im
Ätiopathogenese. Verschiedene Grunderkrankungen, Falle einer Niereninsuffizienz Harnstoff und Kreatinin,
insbesondere einige Formen der Glomerulonephritis. bei erniedrigter Kreatininclearance. Um das genaue
Im Kindesalter ist dies vor allem die minimal proliferie- Ausmaß der Nierenschädigung zu bestimmen, ist eine
rende interkapilläre Glomerulonephritis, bei Erwach- Nierenbiopsie unbedingt erforderlich.
senen führt die membranöse Glomerulonephritis am
häufigsten zum nephrotischen Syndrom. Eine weitere Therapie. Behandlung der Grunderkrankung bzw. Be-
häufige Ursache ist die fokal segmentale Glomerulo- seitigung der evtl. toxischen Ursachen (z. B. Absetzen
sklerose, die bei der farbigen Bevölkerung mit über 50% nephrotoxischer Medikamente) des nephrotischen
Ursache eines nephrotischen Syndroms ist. Auch eine Syndroms. Kochsalzarme (ca. 3 g NaCl/Tag) Diät sowie
diabetische Nephropathie kann ein nephrotisches Syn- Gabe von Diuretika. Therapie der Hypercholesterin-
drom auslösen ämie mit einem CSE-Hemmer. Falls eine Hypertonie
vorbesteht, ist eine konsequente Therapie derselben
Symptomatik. Leitsymptome des nephrotischen Syn- unumgänglich, da diese die Niere sonst noch zusätzlich
droms: schädigt. Bei genügend erhaltener Nierenfunktion (Se-
4 Proteinurie (>3–3,5 g/dl) rumkreatinin <2 mg/dl) wird eine immunsuppressive
4 Hypoproteinämie Therapie mit Kortikosteroiden angestrebt.
6.5 · Niereninsuffizienz
185 6

In Kürze
Glomerulonephritiden

Akute postinfek- 4 Symptomatik: Hämaturie, Ödeme, Hypertonie


tiöse Glomerulo- 4 Diagnostik: Sonographie, Urinuntersuchung: Proteinurie, Erythrozyturie, Erythrozyten-
nephritis zylinder
4 Therapie: Im akuten Stadium Penicillin, Behandlung von Ödemen (Diuretika), Hyper-
tonie (Antihypertensiva)

IgA-Nephropathie 4 Symptomatik: Mikrohämaturie, Proteinurie, in 40% Hypertonie


(M. Berger) 4 Diagnostik: erhöhter IgA-Spiegel in 40% Nierenbiopsie
4 Therapie: ACE-Hemmer bei Hypertonie

Rapid progressive 4 Symptomatik: Blässe, Hypertonie, nephrotisches Syndrom


Glomerulo- 4 Diagnostik: Retentionswerte nn immunologische Diagnostik, Nierenbiopsie, Entzün-
nephritis dungsparameter CRPnn, BSGnn, Proteinurie
4 Therapie: Immuntherapie

Chronisch- 4 Symptomatik: Proteinurie, Erythrozyturie, Hypertonie, Zeichen einer langsam fort-


progrediente schreitenden Niereninsuffizienz
GN-Syndrom 4 Diagnostik: Anamnese, Klinik
4 Therapie: symptomatisch

Akutes nephriti- 4 Symptomatik: Proteinurie, Hämaturie, tubuläre Natriumretention, infolge arterielle


sches Syndrom Hypertonie, Ödeme
4 Diagnostik: Serologie, Nierenbiopsie, Urinuntersuchung: Mikro- bzw. Makrohämaturie,
Proteinurie, Hämoglobin-, Zellzylinder, dysmorphe Erythrozyten
4 Therapie: Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung

Nephrotisches 4 Symptomatik: Proteinurie, Hypoproteinämie, hypalbuminische Ödeme, Hyperlipidämie


Syndrom 4 Diagnostik: Urinuntersuchung Serumelektrophorese: Albuminep, γ-Globulinep,
α2- und β-Globulinen, Nierenbiopsie
4 Therapie: Therapie der auslösenden Erkrankung bzw. Beseitigung möglicher toxischer
Ursachen, eiweiß-, kochsalzarme Diät, Diuretika

6.5 Niereninsuffizienz Am häufigsten tritt die akute Niereninsuffizienz nach


Schock (Schockniere, 7 Anästhesie) auf. Auslöser kann
6.5.1 Akute Niereninsuffizienz auch eine tubulointerstitielle Nephritis sein (7 Kap. 6.3).

Synonym. Akutes Nierenversagen (ANV). Pathogenese


Zu Beginn entwickeln sich Nierenzellschädigungen, die his-
Definition. In der Regel reversible Verminderung des tologisch als Einzelzellnekrosen der Tubulusepithelzellen
Einzelnephronfiltrates, mit Anstieg harnpflichtiger imponieren. Voraus geht ein andauernd vermindertes Glo-
Substanzen (Kreatinin, Harnstoff) und auch oft Ver- merulumfiltrat, Tubulusblockaden (z. B. durch Zelldetritus,
minderung der Urinmenge (Oligurie). Ausfällen von Proteinen) sowie eine Rückdiffusion des Pri-
märfiltrates (vermehrt durchlässige Tubulusepithelzellen).
Ätiopathogenese. Ursachen können sein:
4 Prärenal: Minderperfusion der Niere (wie bei kar- Symptomatik. In ungefähr 50% der Fälle treten Oligurie
diogenem Schock) und Anurie auf. Die Konzentration der harnpflichtigen
4 Intrarenal: akute Glomerulonephritis, hämolytisch- Substanzen im Blut steigt an.
urämisches Syndrom)
4 Postrenal: akute Abflussbehinderung
186 Kapitel 6 · Nephrologie

! Cave > Infektionen müssen vermieden werden, da diese


Bei Hyperhydratation bilden sich häufig Ödeme aus, die häufig intensivpflichtigen Patienten zusätzlich
die Gefahr eines Lungenödems steigt. belasten.

Bei Hyperkaliämie wegen verminderter Kaliumaus- Prognose. In vielen Fällen gelingt eine Restitutio
scheidung können Herzrhythmusstörungen bis hin zur ad integrum. Bei jungen Patienten liegt die Morta-
Asystolie auftreten. Es besteht die Gefahr einer Urämie lität bei unter 10%, bei Hochrisikopatienten (Poly-
(7 Kap. 6.5.2), die zu gastrointestinalen Blutungen (urä- trauma mit Sepsis, nach kardiochirurgischen Eingrif-
mische Gastritis und Ulzera) und urämischem Koma fen) bei über 80%. Die Gesamtletalität beträgt etwa
führen kann. 50%.

Diagnostik.
4 Anamnese: Risikofaktoren, wie Schock, Sepsis, in- 6.5.2 Chronische Niereninsuffizienz,
terstitielle Nephritis (Medikamentenanamnese!) Urämie
6 4 Zytologie: Ausschluss einer Glomerulonephritis
4 Harnvolumenbestimmung: Genaues Ausmaß der Synonym. Chronisches Nierenversagen.
Oligurie/Anurie
4 Harnstoff und Kreatinin erhöht, Elektrolyte (Hyper- Definition. Chronische Niereninsuffizienz: Folge einer
kaliämie!) irreversiblen Verminderung der glomerulären, tubu-
4 Serologie: Ausschluss einer Leptospirose, des lären sowie endokrinen Funktion beider Nieren.
Hantaan-Virus
4 Sonographie: Niere, ableitende Harnwege Urämie: Terminales Stadium (Stadium IV) der chro-
nischen Niereninsufizienz.
Therapie. Volumensubstitution bis zur Normalisie-
rung der Kreislaufverhältnisse, möglichst unter ZVD- Ätiopathogenese. Häufigste Ursache der chronischen
Kontrolle: Bei hypertoner Dehydratation mit 5%-iger Niereninsuffizienz ist die diabetische Nephropathie.
Glukoselösung, bei isotoner Hypovolämie mit isotonen Daneben können Auslöser sein:
Salzlösungen, bei hypotoner Dehydratation mit hyper- 4 Primäre und sekundäre Glomerulonephritiden
toner NaCl-Lösung. 4 Chronisch-interstitielle Nierenerkrankungen
Versuch mit Diuretika (z. B. Furosemid 250 mg in 4 Hypertensive Nephropathien (z. B. durch Natrium-
250 ml Ringer-Glukoselösung innerhalb 1 h. Falls er- retention bei Aktivierung des Renin-Angiotensin-
folglos, Wiederholung mit 2–4 Ampullen in 500 ml Systems), Nierenarterienstenose, fibromuskuläre
Ringer-Glukoselösung innerhalb 4 h. Applikationsge- Dysplasie
schwindigkeit so bemessen, dass 4 mg Furosemid/min 4 Polyzystische Nierenkrankungen
nicht überschritten werden).
Pathogenese
! Cave Die Niere ist zunächst nicht mehr in der Lage, ihrer exkre-
Diuretikatherapie nur bei erhaltener Diurese! torischen Funktion nachzukommen, da durch sinkende
Erhöhung der Toxizität von Aminoglykosiden! Nephronenzahl die maximale Konzentrationsfähigkeit
eingeschränkt wird. Es kommt zur osmotischen Diurese,
Eine Nierenersatztherapie durch Dialyse (7 Kap. 6.5.3) die sich unter anderem in Nykturie, Polyurie und Polydip-
ist induziert bei: sie äußern kann. Multiplen Störungen des Wasser-, Elektro-
4 Überwässerung mit »fluid lung« lyt- und Säure-Basen-Haushaltes, wie eine erhöhte Na+-
4 Hyperkaliämie und H2O-Retention (ab einer Filtrationsrate von <10–20ml/
4 Harnstofferhöhung über 200 mg/dl min) können sich entwickeln. Das extrazelluläre Volumen
nimmt zu, was wiederum eine Hypertonie bahnen kann.
In Idealfall erfolgt eine prophylaktische Dialyse oder Bei einer Filtrationsrate von <30 ml/min kommt eine me-
Hämofiltration. tabolische Azidose hinzu, da die Nieren nicht mehr in der
Eine genaue Flüssigkeitsbilanzierung muss durch- Lage sind, aus dem anfallenden H+ Ammoniumionen zu
geführt werden. Bei Kaliumintoxikation Gabe von bilden.
Kationenaustauschern (Natriumpolystyrolsulfonat).
Epidemiologie. In Europa sind etwa 10/100.000 Per-
sonen pro Jahr betroffen.
6.5 · Niereninsuffizienz
187 6

. Tab. 6.1. Stadien der chronischen Niereninsuffizienz

Stadium Symptomatik Serumkreatinin

Stadium I: Polyurie, Nykturie, Leistungsknick, Müdigkeit Retentionswerte normal


Kompensiertes Dauerstadium

Stadium II: Normochrome hyperregeneratorische Anämie, Serumkreatinin 1,5–6 mg/dl


Kompensatorische Retention, Hypertonie, sekundärer Hyperparathreoidismus
Azotämie

Stadium III: Hypertonienn, als Folge Herzinsuffizienz, links- Serumkreatinin 6–10 mg/dl
Dekompensierte Retention, ventrikuläre Hypertrophie; Natrium- und Wasser-
Präurämie retention, mit peripheren Ödeme, Lungenödem;
Polyneuropathie, Pruritus

Stadium IV: Schlaflosigkeit, Erregungszustände, Verlang- Serumkreatinin >10 mg/dl


Urämie samung, Koma; urämischer Fötor, Übelkeit, Er-
brechen, Blutung durch hämorrhagische Gastritis,
Kolitis. Erhöhte Blutungsneigung

Symptomatik. Die Klinik gliedert sich in vier Stadien Diagnostik.


(. Tab. 6.1). 4 Bei der Blutuntersuchung zeigt sich eine charakte-
4 Stadium I (kompensiertes Dauerstadium): Klinisch ristische Erhöhung des Harnstoff- sowie Kreatinin-
imponieren Isothenurie (spezifisches Gewicht des wertes bei gleichzeitig erniedrigter Kreatinin-Clear-
Urins um 1010), Polyurie und Nykturie als Korrelat ance.
der herabgesetzten exkretorischen Nierenfunktion 4 Urinuntersuchung: Das spezifische Gewicht liegt
sowie ein abnormes Urinsediment. Osmolalität um 1010 (Isothenurie), die Osmolarität <600 mos-
<600 mosmol/kg, Harnstoff <1 g/dl). ml/kg. Der im Urin ausgeschiedene Harnstoff liegt
4 Stadium II (kompensatorische Retention, Azo- bei Werten unter 1 g/dl.
tämie): Kreatininwert <6 mg/dl. Es kommt zur re- 4 Sonographie: Veränderungen der Größe, der
nalen Anämie, einem Hypertonus und zum sekun- Form etc. Hierbei ist insbesondere die Verlaufskon-
dären Hyperparathyreoidismus. trolle der Befunde wichtig, um Komplikationen
4 Stadium III (dekompensierten Retention, Prä- (Schrumpfniere durch sklerotischen Nierenparen-
urämie): Kreatininwert >6 mg/dl. Durch stark ge- chymumbau, infolge renale Hypertonie; . Abb. 6.4)
steigerte Retention von Na+ und Wasser kommt es frühzeitig zu erkennen.
zu Ödemen. Die dauerhafte Belastung des Herzens
durch den nunmehr stark erhöhten Blutdruck führt
im Verlauf der Zeit zu einer kardialen Globalin-
suffizienz. Als Vorzeichen der Urämie treten ur-
ämische Gastroenteropathien, Polyneuropathien
und Juckreiz der Haut (Pruritus) auf.
4 Stadium IV (Terminalstadium, Urämie): Zusätz-
lich urämischer Fötor, Enzephalopathien, erhöhte
Blutungsneigung (Thrombozytopenie, Thrombo-
zytopathie) und Perikarditiden.

> Störungen im Elektrolythaushalt sind abhängig von


Diurese und eventuell bestehendem Erbrechen oder
Durchfall.
. Abb. 6.4. Schrumpfniere bei chronischer Niereninsuffi-
zienz. Hyperechogenes Parenchym, verwaschene Parenchym-
Pyelon-Grenze
188 Kapitel 6 · Nephrologie

Therapie. Wichtigste Therapieziel ist es, die Progres- Diffusion entlang eines Konzentrationsgefälles aus
sion der Erkrankung zu verhindern. dem Blut in die isotonische Dialyseflüssigkeit über.
Gleichzeitig erfolgt wegen des Druckgradienten über
der Membran eine Ultrafiltration, bei der ein Entzug
Wichtigste Progressionsfaktoren chronischer von Flüssigkeit und niedermolekularen Substanzen er-
Niereninsuffizienz reicht wird.
4 Intraglomeruläre Hypertonie und Hypertrophie
4 Systematische Hypertonie Peritonealdialyse
4 Proteinurie Über einen Peritonealkatheter (das Peritoneum des
4 Eiweißzufuhr Patienten dient hierbei als semipermeable Membran)
4 Phosphatzufuhr erfolgt mehrfach täglich die Instillation bzw. Entlee-
4 Hyperlipidämie rung einer dem Elektrolytgehalt des Serums ange-
4 Metabolische Azidose passten kaliumfreien glukosehaltigen Lösung, wodurch
4 Tubulointerstitielle Erkrankungen eine Diffusion der harnpflichtigen Substanzen in die
6 Dialyseflüssigkeit erreicht wird.

Therapeutische Maßnahmen sind: Hämofiltration


4 Behandlung der renalen Grundkrankheit, um ein Das Ultrafiltrat wird durch einen Druckgradienten
Fortschreiten des Untergangs von Nephronen zu über eine synthetische Membran analog der Filtration
verhindern im Glomerulus abgepresst. Zum Ausgleich der Flüssig-
4 Meiden nephrotoxischer Substanzen (z. B. Amino- keitsbilanz erfolgt die Infusion einer isotonischen
glykoside, Analgetika, NSAR, Röntgen-Kontrast- Lösung.
mittel) Alle drei Verfahren sind als Dauerdialyse bei chro-
4 Einstellung des Blutdrucks auf niedrig bis normale nischer Niereninsuffizienz sowie bei akutem Nieren-
Werte versagen induziert.
4 Diätetische Einschränkung der Proteinzufuhr, Er-
höhung der Flüssigkeitszufuhr auf 2–2,5 l/Tag > Die 10-Jahres-Überlebensrate eines Patienten mit
4 Bei zunehmender Niereninsuffizienz in der Regel chronischer Niereninsuffizienz liegt unter Hämodia-
Einsatz von Schleifendiuretika (z. B. Furosemid) lyse bei ungefähr 55%.

! Cave Bei fortschreitender Niereninsuffizienz kann eine Nieren-


Wegen der veränderten Pharmakokinetik bei Nieren- transplantation (. Abb. 6.5) dringend angezeigt sein.
insuffizienz ist die erniedrigte Erhaltungsdosis für
renal eliminierte Medikamente zu beachten.

Zum Einsatz der Nierenersatztherapie, 7 Kap. 6.5.3.

6.5.3 Nierenersatztherapie

Die Nierenersatztherapie hat das Ziel, H2O- und harn-


pflichtige Substanzen zu eliminieren, Störungen im
Säure-Basen- und Elektrolyt-Haushalt zu korrigieren
sowie Komplikationen der chronischen Niereninsuffi-
zienz zu vermeiden. Die drei gängigsten Verfahren sind
chronische Hämodialyse, Peritonealdialyse sowie Hä-
mofiltration.

Chronische Hämodialyse
Über eine arteriovenöse Fistel, welche meist am Unter-
arm angelegt wird (Cimino-Fistel) erfolgt eine extra-
korporale Blutreinigung. Hierbei treten harnpflichtige . Abb. 6.5. Nierentransplantation in die Fossa iliaca links
Substanzen über eine semipermeable Membran durch (7 Farbtafelteil)
6.6 · Nierenzysten, Zystennieren
189 6

In Kürze
Niereninsuffizienz

Akute Nieren- 4 Symptomatik: in 50% der Fälle Oligurie, Anurie, Ödeme, Herzrhythmusstörungen
insuffizienz 4 Ätiologie: reversible Verminderung des Einzelnephronfiltrates, meist nach Schock
(insbesondere septischem Schock), nach TIN
4 Diagnostik: Anamnese, Urin: Zytologie, Blut: Harnstoffn, Kreatininn, Elektrolyte
(Ausschluss Hyperkaliämie), Serologie
4 Therapie: Nierenersatztherapie (Dialyse)

Chronische Nieren- 4 Symptomatik:


insuffizienz – Stadium I: Polyurie, Nykturie
– Ab Stadium II: Hypertonie, Anämie
– Ab Stadium III: Periphere Ödeme, Linksherzhypertrophie, Lungenödem
– Stadium IV: Urämie.
4 Ätiologie: diabetische Nephropathie, Glomerulonephritiden, chronisch-interstitielle
Nierenerkrankungen
4 Diagnostik: Blut: Harnstoffn, Kreatininn, Kreatinin-Clearancep, Urin: Isosthenurie,
Osmolarität <600 mosml/kg, Harnstoff <1g/dl, Sonographie
4 Therapie: Behandlung der renalen Grundkrankheit, Hypertonie-Therapie (ACE-Hemmer,
bei Diabetes Typ II ATII-Antagonisten), Proteinzufuhrp, Flüssigkeitszufuhrn, Nieren-
ersatztherapie, Nierentransplantation

6.6 Nierenzysten, Zystennieren

6.6.1 Nierenzysten

Definition. Zysten der Niere (einzeln, multipel, ein- oder


beidseitig), meist sonographischer Zufallsbefund.

Ätiopathogenese. Idiopathisch.

Symptomatik. Bei großen Nierenzysten ggf. Schmer-


zen in Rücken oder Abdomen. Der Druck, den die
Zyste auf die Niere ausübt, kann zur Polyglobulie oder
Hypertonie führen. In seltenen Fällen entarten Nieren-
zysten maligne.
. Abb. 6.6. Sonographie. Große Nierenzyste am Oberpol der
Diagnostik. Sonographie (. Abb. 6.6), bei Verdacht linken Niere
Zytologie, Laparoskopie zur Sicherung.

Therapie. Symptomlose Nierenzysten sollten nicht be- Definition. Dazu gehören:


handelt werden. Bei besonders großen Zysten bzw. dem 4 Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkran-
Auftreten von Komplikationen kann die Zystenpunk- kung (ARPN, infantile polyzystische Nierener-
tion (mit Zytologie) und anschließender Verödungsbe- krankung, Zystennieren Typ I nach Potter): Muta-
handlung oder eine Zystostomie in Betracht kommen. tion eines Gens auf Chromosom 6, Inzidenz von ca.
1:20.000
4 Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkran-
6.6.2 Zystennieren kung (ADPN, adulte polyzystische Nierenerkran-
kung, Zystennieren Typ III nach Potter): Mutation
Synonym. Zystische Nierenerkrankungen. eines Gens auf Chromosom 16 (APDN 1, 85%)
190 Kapitel 6 · Nephrologie

oder Chromosom 4 (APDN 2, 15%), mit Inzidenz Hirnbasisaneurysmen. Typisch ist Flankenschmer-
von 1:1000 relativ häufig. zen, evtl. eine Makrohämaturie. In über 90% patho-
4 Zystische Nierendysplasien (Zystennieren Typ III logisches Harnsediment mit Proteinurie und/oder
nach Potter) Erythrozyturie. Als Komplikation tritt in 50% re-
4 Zystische Nierendysplasien im Rahmen von nale Hypertonie auf. Die Entwicklung einer Nieren-
Fehlbildungs-Syndromen (wie Meckel-Syndrom, insuffizienz ist möglich.
persistierender Teil des Ductus omphaloentericus, 4 Dysplasien: Ein- oder beidseitig, bei einseitiger
der zum Bild einer akuten Appendizitis führen Manifestation evtl. häufige Harnwegsinfekte im
kann.) Kleinkindesalter. Bei schwerem beidseitigem Befall
4 Andere zystische Nierenerkrankungen (wie Mark- angeborene Niereninsuffizienz.
schwammniere: nicht erbliche, angeborene Fehl-
bildung, die zur zystischen Aufweitung der Sammel- Diagnostik. Werden in der Sonographie mehr als 3 Zys-
rohre im Papillenbereich führt. Klinisch imponie- ten pro Niere gefunden und besteht zusätzlich eine po-
ren Hyperkalziurie, Nephrolithiasis mit Koliken sitive Familienanamnese, so kann von einer zystischen
6 und Steinabgängen, Nephrokalzinose in 50% der Nierenerkrankung ausgegangen werden. Ein i v. Uro-
Fälle.) gramm sollte zum Ausschluss eventueller Missbildun-
gen der ableitenden Harnwege erstellt werden. Bei Ver-
Symptomatik. Abhängig vom Erkrankungstyp: dacht auf ADPN muss eine Darstellung der Hirnbasis-
4 ARPN: Vorkommen nur bilateral, begleitet von arterien zum Ausschluss zerebraler Aneurysmen
kongenitaler Leberfibrose. Aufgrund respiratori- erfolgen.
scher Insuffizienz (Atemnotsyndrom, Lungenhy-
poplasie) verstirbt ca. die Hälfte der Kinder bereits Therapie. Symptomatische Behandlung der Komplika-
im Neugeborenenalter. Sie entsteht durch Mutation tionen, beispielsweise Zystostomie, um das restliche
eines Gens auf Chromosom 6 und hat eine Inzi- Nierengewebe zu entlasten, Behandlung einer Hyper-
denz von ungefähr 1:20.000. tonie oder einer als Folgeerscheinung aufgetretenen
4 ADPN: Manifestation meist nach dem 20. Niereninsuffizienz.
4 Lebensjahr mit meist bilateral auftretenden Nie-
renzysten (Durchmesser mehrere cm). Fast immer > Eine genetische Beratung, vor allem bei ADPN, sollte
zusätzlich Leberzysten, in ungefähr 10% der Fälle durchgeführt werden.

In Kürze
Nierenzysten, Zystennieren

Nierenzysten 4 Symptomatik: eventuell Flankenschmerzen, Polyglobulie, Hypertonie


4 Ätiologie: idiopathisch
4 Diagnostik: Sonographie, Zytologie, Laparoskopie
4 Therapie: meist nicht nötig, ggf. Punktion, Verödung, Zystostomie

Zystennieren 4 Symptomatik: Flankenschmerz, evtl. Hämaturie, evtl. häufige Harnwegsinfekte


4 Ätiologie: vererbar
4 Diagnostik: Sonographie, Familienanamnese, i.v. Urogramm, Kontrastmittelangiographie
4 Therapie: symptomatische Behandlung der Komplikationen, genetische Beratung
6.7 · Nierentumoren
191 6
6.7 Nierentumoren sind die Folge (Lunge, Knochen, Leber, Gehirn). Metas-
tasenbedingte Ausfälle können primär auftreten.
Abhängig vom Ausgangsgewebe werden unterschieden:
4 Mesenchymale Tumoren (relativ selten) Diagnostik.
4 Epitheliale Tumoren (z. B. Nierenzellkarzinom) ! Cave
4 Mischtumoren (z. B. Nephroblastom = Wilms-Tu- Wichtigste Maßnahme bei Hämaturie ist die Zysto-
mor) skopie, da alle Tumoren des oberen Harntrakts die
Hämaturie als gemeinsames Symptom haben.

6.7.1 Nierenzellkarzinom (NZK) Mit der Zystoskopie kann die Seitenlokalisation der Blu-
tung oberhalb der Harnblase bestimmt werden. Zum
Definition. Maligner Tumor, der von den Nierenzellen Nachweis der erhöhten Vaskularisation eines Tumors
ausgeht. sowie dessen Einbruch in die Nierengefäße sind Farb-
doppler-Sonographie sowie Angiographie geeignet.
Ätiopathogenese. Hauptrisikofaktor ist das Rauchen,
aber auch Exposition anderer Noxen wie Cadmium > Da in 25% der Fälle bei Diagnosestellung bereits
oder Trichlorethen. Fernmetastasen vorliegen, muss eine gründliche
Metastasensuche erfolgen.
Von-Hippel-Lindau-Erkrankung
Etwa 30% der Patienten mit Von-Hippel-Lindau-Erkran- Therapie. Operativ durch En-bloc-Entfernung der
kung (hereditäre Multisystemerkrankung, die mit verschie- betroffenen Niere samt Nierenkapsel, perirenaler Fett-
den Mutationen des VHL (von-Hippel-Lindau)-Tumorsup- kapsel, Nebenniere, Harnleiter sowie der Spermatika-
pressorgens assoziiert ist) entwickeln ein NZK. bzw. Ovarika-Gefäße mit oder ohne Lymphadenekto-
mie. Chemotherapie verbessert die Prognose nicht.
In über 80% der Falle handelt es sich um ein klarzelliges
NZK, das seinen Ausgang vom Epithel oder den Tubuli Prognose. Ist nur die Niere befallen liegt die 10-Jahres-
der Sammelrohre nimmt. Überlebensrate bei 70–80%. Liegen bereits Fernmetas-
tasen vor, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 8%.

Wichtigste Nierenzellkarzinomtypen
4 Klarzelliges Nierenzellkarzinom: 80%, 6.7.2 Nephroblastom
Nachweis von immunhistochemischen
Merkmalen proximaler Tubuli. Die Zellen Synonym. Wilms-Tumor.
haben aufgrund ihres hohen Gehalts an
Glykogen ein helles Zytoplasma. Definition. Maligner Mischtumor der Niere im Kindes-
4 Chromophiler Typ: 10%, basophiles oder alter.
eosinophiles Zellplasma, Wachstum vorwie-
gend in tubulopapillären Mustern. Ätiopathogenese. Entstehung nicht selten autosomal-
4 Chromophober Typ: 5%, Nachweis von dominant.
feinretikulärem Zytoplasma, die Zellen gleich
denen der Sammelrohr-Schaltstücke. Epidemiologie. Häufigster Weichteiltumor des Kindes-
4 Spindelzelltyp: 1%, spindelige Tumorzellen, alters, das Nephroblastom macht 6% aller Neoplasien
sehr proliferationsaktiv, Wachstum oft bei Kindern aus. Häufigkeitsgipfel liegt im 3. bis 4. Le-
sarkomartig aggressiv. bensjahr.

Symptomatik. Tastbarer Abdominaltumor und Abdo-


Symptomatik. Keine typischen Frühsymptome, deshalb minalschmerzen, die in etwa 1/3 der Fälle von unspe-
in 60% der Fälle sonographischer Zufallsbefund. Die zifischen Symptomen (Appetitlosigkeit, Erbrechen)
nachfolgenden Symptome sind Spätsyndrome, die fakul- begleitet werden. In manchen Fällen Fieber und/oder
tativ auftreten. Konsultationsgrund ist zu 60%Hämaturie, Hämaturie.
die von Schmerzen, Fieber und evtl. einem tastbaren Ab-
dominaltumor begleitet werden kann. Das NZK bricht > Das Nephroblastom metastasiert früh vor allem in die
meist früh in die V. renalis ein, hämatogene Metastasen Lunge (80%) und Leber (20%).
192 Kapitel 6 · Nephrologie

Beim hoch malignen Klarzelltyp werden auch Metasta- Operativ erfolgt eine erweiterte Nephrektomie. Das
sen in Knochen und ZNS beobachtet. endgültige Stadium wird durch einen intraoperativen
Schnellschnitt festgelegt. Abhängig vom Tumorstadium
Diagnostik. Wegen der Gefahr der Tumorruptur muss und der Histologie erfolgt eine weitere, postoperative
das Abdomen vorsichtig palpiert werden. Chemotherapie.
4 Sonographie: Nachweis, dass der Tumor von der
Niere ausgeht
4 CT: Bestimmung der Tumorausdehnung Stadien beim Nephroblastom
4 Thoraxröntgen: Metastasenachweis 4 Stadium I: Tumor auf die Niere beschränkt
4 Stadium II: Tumor überschreitet die Niere,
Therapie. Präoperative Chemotherapie (z. B. Vincris- jedoch vollständige operative Entfernung
tin/Actinomycin über 4–6 Wochen), nicht bei Säuglin- 4 Stadium III: Tumor überschreitet die Niere,
gen unter 6 Monaten. keine vollständige operative Entfernung
4 Stadium IV: Fernmetastasen
6 > Bei mehr als der Hälfte wird so die Tumorrückführung 4 Stadium V: bilateraler Tumor
in das Stadium I erreicht, was die Prognose zusätzlich
verbessert.
Prognose. Tumorrezidive sind mit <4% selten, in 85%
der Fälle gelingt eine dauerhafte Heilung.

In Kürze
Nierentumoren

Nierenzellkarzinom 4 Symptomatik: Spätsymptome: Hämaturie (60%), Schmerzen, Fieber, evtl. tastbarer Ab-
(NZK) dominaltumor
4 Diagnostik: Zystoskopie, Farbdoppler-Sonographie, Angiographie, Metastasensuche
4 Therapie: operative En-bloc-Entfernung der Niere

Wilms-Tumor 4 Symptomatik: tastbarer Abdominaltumor, Abdominalschmerzen, in etwa 1/3 der Fälle


(Nephroblastom) auch Appetitlosigkeit, Erbrechen
4 Diagnostik: Sonographie, CT.
4 Therapie: präoperative Chemotherapie (Ausnahme: Säuglinge <6 Monate), endgültige
Stadienfestlegung intraoperativ, je nach Tumorstadium postoperative Chemotherapie

6.8 Flüssigkeits- und Elektrolyt- Osmotischer Druck und Osmolalität


haushalt 4 Der osmotische Druck Posm entspricht der Anzahl der
gelösten Teilchen.
Flüssigkeitsräume 4 Osmolalität bezeichnet die Konzentration der gelös-
Der Intrazellulärraum macht etwa 40%, der Extrazellulär- ten Teilchen pro kg Lösungswasser, die Osmolarität
raum etwa 20% des Körpergewichts aus, wobei der Extra- die Konzentration pro Liter Lösungswasser (Normwert:
zellulärraum sich in Interstitium (15% des Körpergewichts) 280–296 mOsmol/kg H2O).
und Intravasalraum (5% des Körpergewichts) gliedert. Das 4 Isotonie ist die physiologische Konstanterhaltung der
Gewicht eines Erwachsenen besteht zu 60% aus Wasser. Osmolalität. Sie wird von der extrazellulären Natrium-
konzentration bestimmt.
Elektrolyte
Im Intrazellulärraum finden sich vor allem K+ und Phos- Kolloidosmotischer (onkotischer) Druck
phatester, im Extrazellulärraum Na+ und die Anionen Cl- so- Als kolloidosmotischen Druck bezeichnet man den Druck,
wie HCO3-. der den Flüssigkeitsaustausch zwischen Plasma und Inter-
6.8 · Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt
193 6

nendruck, Puls und Blutdruck steigen, der Hämoglo-


. Tab. 6.2. Flüssigkeitsbilanz binwert sinkt aufgrund des Verdünnungseffektes.
Aufnahme (in ml) Abgabe (in ml)
! Cave
Flüssigkeit 1000–1500 Niere 1000–1500 Flüssigkeitsüberangebot kombiniert mit einer
Niereninsuffizienz kann einen hypervolämischen
Feste 700 Haut und 900
Schock auslösen.
Nahrung Lunge

Oxidations- 300 Darm 100 Therapie. Gegebenenfalls Behandlung der verursachen-


wasser den Niereninsuffizienz. Lagerung des Patienten mit er-
höhtem Oberkörper (halbsitzend), um den Druck in den
Insgesamt 2000–2500 Insgesamt 2000–2500
Lungengefäßen zu verringern, Gabe eines Diuretikums.

> Bei manifestem Lungenödem muss eine Vorlast-


stitium mitbestimmt. Im arteriellen Kreislauf ist Albumin senkung erfolgen, der Patient ist mit Überdruck zu
der Hauptträger des kolloidosmotischen Drucks, im venö- beatmen.
sen wird bei Unterschreiten eines transmuralen Drucks von
20 mmHg H2O aus dem Interstitium aufgenommen. Bei
zunehmenden interstitiellen Drücken wird auch das inter- 6.8.1.2 Volumenänderungen des
stitielle Flüssigkeitsvolumen erhöht, es kommt zur Ödem- Extrazellulärraums
bildung. Überschreitet das interstitielle Volumen den Nor-
malwert um 100%, werden Ödeme klinisch sichtbar. Isotone Dehydratation
Definition. Na+- und H2O Verlust im isotonen Ver-
Flüssigkeitsbilanz hältnis.
Die Flüssigkeitsbilanz bezieht sich auf die Aufnahme und Ab-
gabe von Flüssigkeit eines Erwachsenen in 24 h (. Tab. 6.2). Ätiopathogenese. Die isotone Dehydratation kann zu-
rückgehen auf:
4 Primäre Verluste (Nierenversagen)
6.8.1 Störungen im Wasserhaushalt 4 Sekundäre Verluste (Diuretika, M. Addison)
4 Renale Verluste
6.8.1.1 Volumenveränderungen des 4 Extrarenale Verluste (Durchfall, Erbrechen, Ver-
Intravasalraums brennungen)

Hypovolämie Symptomatik. Starker Durst bei gleichzeitiger Oligurie,


Symptomatik. Trockene Schleimhäute, verminderter Tachykardie mit Kollapsneigung (Hypovolämiesymp-
Hautturgor. Bei einem Defizit ab etwa 4 l starker An- tome).
stieg der Herzfrequenz bei starkem Blutdruckabfall
in Orthostase (Schwindelgefühl), evtl. Fieber und Oli- Diagnostik. Erhöhung von Hämatokrit, Hämoglobin
gurie. Wegen des Volumenmangels sinken der zentrale und Eiweiß im Blut.
Venendruck (ZVD, normal 4–10 mmHg) und der pul-
monalkapilläre Verschlussdruck. Therapie. Behebung der Ursache der Dehydratation,
symptomatisch Zufuhr von Flüssigkeit. Die Ein- und
Therapie. Volumenersatz. Ausfuhr sollte streng bilanziert, sowie die Elektrolytwerte
überwacht werden. Bei Bedarf muss der Na+-Haushaltes
Hypervolämie korrigiert werden, jedoch nur sehr langsam über Tage.
Symptomatik. Gewichtszunahme, die von »Kopf-
schwere« begleitet werden kann. Husten und Dyspnoe Hypotone Dehydratation
können auf ein Lungenödem (Auskultation: feuchte Definition. Verlust an Elektrolyten höher als an Wasser,
Rasselgeräusche) hinweisen. Durch die Hypervolämie infolge extrazellulärer Dehydratation, intrazellulär bil-
sind das intravasale Volumen und der Venendruck er- den sich Ödeme.
höht, was wiederum zur Volumenbelastung des Her-
zens (Rechtsherzbelastung) führt. Konsekutiv kann Ätiopathogenese. Entsprechend der isotonen Dehydra-
eine Halsvenenstauung resultieren. Der zentrale Ve- tation.
194 Kapitel 6 · Nephrologie

Symptomatik. Hypovolämiesymptome (Blässe, Übel- Therapie. Entsprechend der hypotonen Dehydrata-


keit, Hypotonie, Tachykardie), zerebrale Symptome tion.
(Benommenheit, zerebrale Krämpfe).
Hyperhydratation
Diagnostik. Zusätzlich zur Erhöhung von Hämatokrit, Ätiopathogenese. Gründe für ein Überangebot von
Hämoglobin und Eiweiß im Blut, ein erniedrigtes Na- Flüssigkeit können sein:
trium. Die Serum-Osmolalität ist ebenfalls erniedrigt. 4 Niereninsuffizienz
4 Herzinsuffizienz
Therapie. Entsprechend der isotonen Dehydratation. 4 Hypoproteinämien
Bei Bedarf muss der Na+-Haushaltes korrigiert werden, 4 Regulationsstörungen
jedoch nur sehr langsam über Tage.
Symptomatik. Starke Gewichtszunahme, hervorge-
! Cave rufen von ausgeprägter Ödembildung. Es besteht die
Bei zu schnellem Natriumausgleich droht ein rapider Gefahr eines Lungenödems. Außerdem können bei Ab-
6 Abfall des Liquordrucks, was zu zerebralen Blutungen weichung von der Serumosmolalität zusätzlich zere-
führen kann. brale Symptome wie Kopfschmerzen eintreten.

Hypertone Dehydratation Diagnostik. Niedrige Werte von Hämoglobin, Hämato-


Definition. Mangelnde Zufuhr bzw. H2O-Verlust füh- krit und Serumeiweißen.
ren zum Defizit an freiem H2O. Sowohl das Intra- als
auch das Extrazellulärvolumen sind betroffen. Therapie. Wichtigste Maßnahme ist das Erkennen und
Beseitigen der primären Ursache. Symptomatisch
Symptomatik. Durst, trockene Schleimhäuten, trockene muss eine Bilanzierung der Ein- und Ausfuhr sowie
Haut, es lassen sich Hautfalten abheben. Außerdem kön- eine Kontrolle der Elektrolyte durchgeführt werden.
nen Fieber, Benommenheit und Verwirrtheit auftreten. Unter der Gabe von Diuretika soll der Patient langsam
entwässert werden. Liegt eine lebensbedrohliche Über-
Diagnostik. Erhöhung von Hämoglobin, Hämatokrit wässerung vor, kann auch ein Schleifendiuretikum
und Serumeiweiß, gleichzeitig sind die Na+-Konzentra- gegeben werden (z. B. Furosemid i.v.). Bei Nierenin-
tion sowie die Serumosmolalität erhöht. suffizienz ist eine Dialyse durchzuführen.

In Kürze
Störungen im Wasserhaushalt

Isotone Dehydratation: 4 Symptomatik: Durst, Oligurie, Tachykardie mit Kollapsneigung


Na+- und H2O-Verlust 4 Diagnostik: Hämatokrit, Hämoglobin und Eiweißn
im gleichen Verhältnis 4 Therapie: Behebung der Ursache, Zufuhr von Flüssigkeit unter Bilanzierung (Ein-
fuhr, Ausfuhr), Elektrolytkontrolle

Hypotone Dehydra- 4 Symptomatik: Hypovolämiesymptome, zerebrale Symptome (Benommenheit,


tation: Krämpfe)
Elektrolytverlust > 4 Diagnostik: Hämatokrit, Hämoglobin und Einweißn, Na+p
H2O-Verlust 4 Therapie: wie bei isotoner Dehydratation; bei Bedarf Korrektur des Na+-Haushaltes

Hypertone Dehydra- 4 Symptomatik: Durst, trockene Schleimhäute, trockene Haut, evtl. Fieber,
tation: Benommenheit, Verwirrtheit
Defizit an freiem H2O 4 Diagnostik: Hämoglobin, Hämatokrit und Eiweißn, Na+ und Serumosmolalitätn
4 Therapie: wie bei hypotoner Dehydratation

Hyperhydratation 4 Symptomatik: starke Gewichtszunahme, Ödembildung, Gefahr eines Lungenödems,


evtl. zerebrale Symptome
4 Diagnostik: Hämoglobin, Hämatokrit, Eiweißp.
4 Therapie: Beseitigen der primären Ursache; symptomatische Bilanzierung (Einfuhr,
Ausfuhr), Elektrolytkontrolle, Diuretika, bei Niereninsuffizienz Dialyse
6.8 · Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt
195 6
6.8.2 Störungen im Natriumhaushalt Therapie.
4 Bei hypoosmolarer Hyponatriämie Volumensubs-
Hyponatriämie titution mit isotoner NaCl-Lösung
Definition. Natriumkonzentration unter 135 mmol/l, 4 Bei isoosmolarer Hyponatriämie langsame Zufuhr
meist Folge einer ADH-induzierten Reduktion der re- von Na+, falls Symptome bestehen
nalen H2O-Ausscheidung. 4 Bei hyperosmolarer Hyponatriämie verminderte
Flüssigkeitszufuhr
Ätiopathogenese. Unterschieden wird:
4 Hypoosmolare Hyponatriämie: <280 mOsmol/kg Hypernatriämie
H2O. Definition. Natriumkonzentration über 145 mmol/l.
5 Kann einhergehen mit Na+- und H2O-Über-
schuss (Ödeme), entsprechend einer hypo- Diagnostik. Geht die Hypernatriämie mit Zeichen des
tonen Hyperhydratation. Wassermangels einher, muss die Urinosmolarität be-
5 Bei Mangel an Na+ und H2O wäre die hypoos- stimmt werden (Urinosmolarität >800 mOsmol/kg
molare Hyponatriämie der hypotonen Dehy- spricht für extrarenalen Wasserverlust bzw. ungenügen-
dratation gleichzusetzen (Volumenmangel). de Wasserzufuhr, Urinosmolarität von <800 mOsmol/kg
5 Sind Natrium und Flüssigkeitsvolumen nor- spricht für renalen Flüssigkeitsverlust). In seltenen Fällen
mal, können Hypothyreose oder Glukokorti- kann eine Hypernatriämie auch mit einer Hypervolämie
koidmangel auslösend sein. kombiniert sein (unkontrollierte Infusion von NaCl).
4 Isoosmolare Hyponatriämie (Pseudohyponatriä-
mie): 280–296 mOsmol/kg H2O, bei Erhöhung von Therapie. Zunächst kausale Therapie.
Plasmalipiden oder Plasmaproteinen. 4 Bei hypovolämischer Hypernatriämie 5%-ige Glu-
4 Hyperosmolare Hyponatriämie: >296 mOsmol/kg koselösung, Auffüllung des hypovolämischen Defi-
H2O, kann als Komplikation bei Gabe von hyper- zits mit isotonischer Elektrolytlösung.
tonen Infusionen (Mannit, Glukose) sowie bei Hy- 4 Bei hypervolämischer Hypernatriämie keine Zu-
perglykämie entstehen. fuhr isotonischer Lösungen. Bei einem Serum-Na+
von >160 mmol/l zusätzlich 5%-ige Glukoselösung
und ein Schleifendiuretikum (z. B. Furosemid).

In Kürze
Störungen im Natriumhaushalt

Hyponatriämie: Hypo- 4 Symptomatik: Dehydratation (hypoton); evtl. Ödeme (hypotone Hyperhydratation)


Serum-Na+ osmolar 4 Ätiologie: Na+- und H20-Überschuss, aber auch H20-Mangel
<135 mmol/l 4 Diagnostik: <280 mOsmol/kg H2O
4 Therapie: Volumensubstitution mit isotoner NaCl-Lösung
Hyper- 4 Symptomatik: Ödeme
osmolar 4 Ätiologie: Komplikation bei Gabe von hypertoner Lösung
4 Diagnostik: >296 mOsmol/kg H2O
4 Therapie: Reduktion der Flüssigkeitszufuhr
Isoos- 4 Symptomatik: meist keine Symptome
molar 4 Ätiologie: Erhöhung von Plasmalipiden, Plasmaproteinen
4 Diagnostik: 280–296 mOsmol/kg H2O
4 Therapie: langsames Zuführen von Na+ bei klinischer Symptomatik
Hypernatri- 4 Symptomatik: Zeichen des Wassermangels, selten Zeichen der Hypervolämie
ämie: Serum- 4 Diagnostik: Urinosmolarität >800 mOsmol/kg, extrarenaler Wasserverlust.
Na+ 145 mmol/l Urinosmolarität <800 mOsmol/kg, renaler Flüssigkeitsverlust
4 Therapie: kausal
– Hypovolämische Hypernatriämie: 5%-ige Glukoselösung, Auffüllen des
hypovolämischen Defizits
– Hypervolämische Hypernatriämie: Einstellen der Zufuhr von isotonischen
Lösungen. Serum-Na+ >160 mmol/l: Zusätzlich 5%-ige Glukoselösung, Schlei-
fendiuretikum (z. B. Furosemid)
196 Kapitel 6 · Nephrologie

6.8.3 Störungen im Kaliumhaushalt Therapie. Kausale Behandlung. Symptomatisch kalium-


reiche Ernährung (Obstsäfte, Bananen). Auch die Zu-
Kaliumhaushalt fuhr von KCl wird empfohlen.
Der Normwert für Kalium im Serum liegt bei Erwachsenen
zwischen 3,6–5,0 mmol/l, bei Kindern bei 3,2–5,4 mmol/l. ! Cave
Die tägliche Zufuhr von Kalium über die Nahrung KCl muss als Brausetablette zu oder nach den
sollte ca. 50–150 mmol/l betragen. Das aufgenommene Mahlzeiten gegeben werden (Gefahr von Dünn-
Kalium wird zu 98% intrazellulär und nur zu 2% extrazellu- darmulzera bei Tablettengabe). Eine Hyperka-
lär gespeichert. Daher ist die Serumkonzentration nicht liämie ist zu vermeiden (engmaschige Kontrollen
repräsentativ. Zusätzlich sollte immer des Serumkaliumspiegels).
4 ein EKG (bei Hyperkaliämie ist die Erregungsleitung
des Herzen herabgesetzt, bei Hypokaliämie erhöht) Hyperkaliämie
angefertigt sowie Definition. Serum-K+ >5,0 mmol/l
4 ein Säure-Basen-Status (Azidose führt zu Hyperkaliämie,
6 Alkalose zu Hypokaliämie) und Ätiopathogenese. Ursachen einer externen Bilanz-
4 der Kreatininwert im Serum (Ausschluss einer renalen störung sind übermäßige Zufuhr sowie verminderter
Ursache des gestörten Kaliumhaushaltes) erhoben Ausscheidung von Kalium (z. B. akutes Nierenversagen,
werden. chronische Niereninsuffizienz, iatrogen), die der inter-
nen Bilanzstörung Azidosen sowie Freisetzung von Ka-
Die Ausscheidung erfolgt zu 90% renal und 10% enteral. lium bei Zellschädigung (Verteilungshyperkaliämie).

Hypokaliämie Symptomatik. Keine zuverlässigen Symptome, evtl.


Definition. Serum-K+ <3,6 mmol/l. kann es zu perioralen Parästhesien sowie zu Muskel-
faszikulationen, aber auch zu Herzrhythmusstörungen
Ätiopathogenese. kommen.
4 Externe Bilanzstörung: Kaliumverlust (renal, Diar-
rhö), verminderte Zufuhr Diagnostik. Serum-K+-Kontrollen, Säure-Basen-Status.
4 Interne Bilanzstörung: Verteilungshypokaliämie Der Serum-Kreatininwert sollte zum Ausschluss einer
(wie bei Alkalosen) Niereninsuffizienz gemessen werden. Im EKG zeigen
sich eine überhöhte, zeltförmige T-Welle sowie Herz-
Symptomatik. Adynamie, bis hin zu Paresen. Obstipa- rhythmusstörungen, aber auch Kammerflimmern
tion, bis hin zum paralytischen Ileus. Herzrhythmusstö- kann durch eine starke Hyperkaliämie hervorgerufen
rungen. Hypokaliämische Nephropathie (renaler Dia- werden.
betes insipidus) sowie metabolische Alkalose (7 Kap. 6.9)
möglich. Therapie. Behandlung der kausalen Erkrankung. Symp-
tomatisch sollte die K+-Zufuhr unterbrochen werden.
Diagnostik. Anamnese, Klinik, Kalium im Serum und Der K+-Einstrom in die Zellen muss gefördert werden
Urin. Liegt die Kaliumkonzentration im Urin bei Wer- (z. B. durch Glukose, Insulin, Natriumbikarbonat, Sal-
ten >20mmol/l, handelt es sich um einen renalen Kalium- butamol) und das überflüssige Kalium sollte mit einem
verlust. Messung des Säure-Basen-Status (Ausschluss Kationenaustauscher entfernt werden. Außerdem for-
einer metabolischen Alkalose). Im EKG Extrasystolen, cierte Diurese mittels i.v. Schleifendiuretika (z. B. Furo-
Abflachung der T-Welle und ST-Senkungen. semid).
6.9 · Säure-Basen-Haushalt
197 6

In Kürze
Störungen im Kaliumhaushalt

Hypokaliämie: 4 Symptomatik: Adynamie, Obstipation, renaler Diabetes insipidus, metabolische Alkalosen


Serum-K+ 4 Diagnostik: K+ in Serum, Urin. Säure-Basen-Status, EKG: Extrasystolen
<3,6 mmol/l 4 Therapie: K+-reiche Ernährung

Hyperkaliämie: 4 Symptomatik: keine zuverlässigen, evtl. periorale Parästhesien, Muskelfaszikulationen


Serum-K+ 4 Diagnostik: K+ im Serum, Säure-Basen-Status, EKG: überhöhte T-Welle
>5,0 mmol/l 4 Therapie: K+-Zufuhr unterbrechen, Kationenaustauscher

6.9 Säure-Basen-Haushalt 6.9.1.1 Metabolische Azidose


Ätiopathogenese.
Säure-Basen-Haushalt 4 Additionsazidose durch endogene Säurebildung
Aufgabe des Säure-Basen-Haushaltes ist es, die physiolo- (Keto-, Laktatazidose) oder exogene Säurezufuhr
gische H+-Konzentration konstant zu halten. Sie drückt sich (Intoxikation)
im pH-Wert aus. 4 Retentionsazidose bei ungenügender Ausschei-
Der pH-Wert errechnet sich über die Hendersson-Has- dung von H+ (wie bei Niereninsuffizienz)
selbach-Gleichung: 4 Subtraktionsazidose bei enteralem oder renalen
Bikarbonatverlust
pH = 6,1 + log (HCO3-)/(H2CO3) = 6,1 + log
20/1 = 6,1 + 1,3 = 7,4 Symptomatik. Vertiefte, sog. Kussmaul-Atmung (Kom-
pensationsmechanismus).
Der pH-Wert wird reguliert mittels:
4 Pufferung Diagnostik. . Tab. 6.3.
4 Abatmung von CO2
4 Ausscheidung von H+ über die Niere
. Tab. 6.3. Diagnostik der metabolischen Azidose
Dazu wird hauptsächlich das CO2-HCO3–-System verwen-
Metabolische Dekompensiert Kompensiert
det. Durch dieses kann über die Lunge CO2 abgeatmet und Azidose
HCO3- über die Niere ausgeschieden werden, wobei die
renale Regulierung langsamer vonstatten geht als die res- pH p Normal
piratorische.
HCO3- p p
Die Niere verwendet zur Elimination von H+ 3 verschie-
dene Mechanismen: pCO2 Normal bis p p
4 Rückresorption von Bikarbonat
4 Bildung von titrierbarar Säure
4 Bildung von Ammoniumionen
Therapie. Ab einem pH-Wert von <7,15 sollte Bikarbo-
nat zugeführt werden (so kann nach der Formel HCO3-
6.9.1 Störungen im Säure-Basen-Haushalt + H+ o H2O + CO2 Wasserstoff über Lunge und Nieren
abgebaut werden).

Normalwerte 6.9.1.2 Respiratorische Azidose


4 pH: 7,37–7,45 Ätiopathogenese. Respiratorische Insuffizienz.
4 pCO2: Bei Männern 35–46 mmHg, bei Frauen
32–46 mmHg Symptomatik. Hypoventilation, begleitet von allge-
4 Standard-HCO3-: 21–26 mmol/l meiner Schwäche und Desorientiertheit.
4 BE (base excess): Abweichung vom Normal-
wert der Pufferbasen (±2 mmol/l)
198 Kapitel 6 · Nephrologie

Diagnostik. . Tab. 6.4. Therapie. Beim pH-Wert >7,55 gibt es zwei Varianten.
Bei der chlorsensiblen Form (z. B. Verlust von Magen-
saft) wird 0,9%-iges NaCl i.v. gegeben, bei Hypokaliä-
. Tab. 6.4. Diagnostik der respiratorischen Azidose mie steht die Kaliumsubstitution im Vordergrund.
Respiratori- Dekompensiert Kompensiert
6.9.1.4 Respiratorische Alkalose
sche Azidose
Ätiopathogenese. Ursache häufig psychogene Hyper-
pH p Normal ventilation. Auch durch Hyperventilation zur Kompen-
-
n
sation einer Hypoxie sowie bei zerebralen Störungen
HCO3 Normal bis n
kann es zu einer respiratorischen Alkalose kommen.
pCO2 p n
Symptomatik. Hyperventilation, die evtl. eine Hyper-
ventilationstetanie (Patienten sind unruhig, ängstlich
und tachykard, Parästhesien an den Akren und/oder
6 Therapie. Bei starker respiratorischer Azidose ist die perioral; Karpalspasmen) ausgelösen kann. In schweren
apparative Ventilationssteigerung unumgänglich, da- Fällen kann es zur Verminderung der zerebralen
mit CO2 abgeatmet werden kann. Durchblutung kommen.

6.9.1.3 Metabolische Alkalose Diagnostik. . Tab. 6.6.


Ätiopathogenese. Verlust von saurem Magensaft, Mi-
neralkortikoidexzesse (z. B. iatrogen, bei Conn-Syn-
drom) sowie vermehrte HCO3–-Zufuhr. . Tab. 6.6. Diagnostik der respiratorischen Alkalose

Respiratorische Dekompensiert Kompensiert


Symptomatik. Evtl. flachere Atmung, die von einer Alkalose
Tetanie und Extrasystolen begleitet werden kann.
pH n Normal
Diagnostik. . Tab. 6.5.
HCO3- Normal bis p p

pCO2 p p
. Tab. 6.5. Diagnostik der metabolischen Alkalose

Metabolische Dekompensiert Kompensiert


Alkalose

pH n Normal

HCO3- n n

pCO2 Normal bis n n


7 Hämatologie, Hämostaseologie
und internistische Onkologie
D. Szatkowski, K.-P. Schaps

7.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –200


7.1.1 Anamnese –200
7.1.2 Klinische Untersuchung –200
7.1.3 Diagnostik –200

7.2 Anämien –201


7.2.1 Alimentäre Anämien –202
7.2.2 Hämolytische Anämien –205
7.2.3 Renale Anämie –208
7.2.4 Anämie bei Knochenmarkaplasie –208
7.2.5 Anämie bei Knochenmarkinfiltration –208
7.2.6 Anämie bei chronischer Erkrankung –209
7.2.7 Akute Blutungsanämie –209
7.2.8 Hypersplenismus –210
7.2.9 Chronisch-refraktäre Anämie –210

7.3 Stammzellerkrankungen –212


7.3.1 Chronisch-myeloproliferative Erkrankungen –212
7.3.2 Myelodysplastische Syndrome (MDS) –216
7.3.3 Aplastische Anämie –217
7.3.4 Paroxysmale Nächtliche Hämoglobinurie (PNH) –217

7.4 Granulo- und monozytäre Erkrankungen –218


7.4.1 Akute myeloische Leukämie (AML) –218
7.4.2 Eosinophilie und Hypereosinophiles Syndrom (HES) –220
7.4.3 Agranulozytose –221
7.4.4 Langerhans-Zell-Histiozytose –221
7.4.5 Mastozytose –221

7.5 Lymphome –223


7.5.1 Hodgkin-Krankheit –223
7.5.2 Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) –224

7.6 Störungen der Hämostase –231


7.6.1 Hämorrhagische Diathesen –231
7.6.2 Thrombophile Diathesen –233

7.7 Internistische Onkologie –234


7.7.1 Diagnosestellung, Therapieplanung –234
7.7.2 Infektionen bei Tumorerkrankungen –237
7.7.3 Notfälle bei Tumorerkrankungen –238
200 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Die Untersuchung von Milz und Lymphknotenregio-


Definitionen nen ist äußerst wichtig. Sowohl bei benignen (z. B. In-
4 Hämatologie: Lehre vom Blut, von den Blut fektionskrankheiten) als auch bei malignen Erkrankun-
bildenden Organen und ihren Erkrankungen gen können lokalisierte oder generalisierte Lymphkno-
4 Hämostaseologie: Lehre von den Störungen tenschwellungen das erste Symptom sein.
der Blutstillung, der Blutgerinnung und Ge-
rinnselauflösung > 4 Benigne Erkrankungen: Lymphknotenschwel-
4 Onkologie: Lehre von den Tumorerkran- lungen meist dolent, eher weich.
kungen 4 Maligne Erkrankungen: Lymphknotenschwel-
lungen indolent, eher derb.

7.1 Anamnese, klinische Unter- 7.1.3 Diagnostik


suchung, Diagnostik
Hämatologie, Hämostaseologie
7.1.1 Anamnese Wichtigste Bestandteile der Diagnostik sind Blutbild,
7 Differenzialblutbild, laborchemische Gerinnungstests,
Erfragt werden müssen Symptome, die auf einen Knochenmarkspunktion (zytologische Untersuchung)
Mangel an bestimmten Blutzellen hinweisen: und Stanzzylinderentnahme aus dem Knochenmark
4 Zeichen der Erythrozytopenie (Anämie): Leis- (histologische Untersuchung).
tungsschwäche, Müdigkeit, Belastungs- und Ruhe-
dyspnoe, einschießende (Kopf-)Schmerzen, Ohren- Anfertigung und Auswertung eines Blutausstrichs
sausen, Schwindel (Differenzialblutbild)
4 Zeichen der Granulozytopenie: Blutzellen können am Blutausstrich untersucht werden. Ein
5 Häufig: Fieber, pyogene Hautinfektionen, Bluttropfen wird mit einem schräg gehaltenen Objektträger
Soor auf einem Grundobjektträger ausgestrichen (. Abb. 7.1).
5 Selten: Meningitis, Pneumonie und Pyelone- Um Zellkerne und Zytoplasma beurteilen zu können,
phritis müssen die Blutzellen gleichmäßig in sehr dünner Schicht
4 Zeichen der Thrombozytopenie: voneinander isoliert auf dem Objektträger verteilt sein. Die
5 Häufig: Hämatome nach Bagatelltraumen, Na- Präparate werden an der Luft getrocknet, fixiert, gefärbt, mit
sen- oder Zahnfleischbluten, Petechien einem Deckglas eingedeckt und unter dem Mikroskop be-
5 Selten: Gastrointestinale Blutungen, Hämopty- trachtet.
sen, zerebrale Massenblutungen Bei der Beurteilung eines Differenzialblutbilds sind zu
4 ZeichenderPanzytopenie:Kombination von Symp- unterscheiden:
tomen, die auf den Mangel aller Zellarten hinweist.

Die Frage nach der B-Symptomatik mit nicht erklär-


a
barem Fieber über 38°C, Gewichtsverlust über 10%
des Körpergewichts in 6 Monaten und nicht erklär-
barem Nachtschweiß (mit Wäschewechsel) ist wie die
Frage nach Inappetenz, Knochenschmerzen und Leis- b
tungsminderung obligat.

7.1.2 Klinische Untersuchung c

Anämischen Patienten können Blässe der Haut und


Schleimhäute, funktionelle Herzgeräusche, Strömungs-
geräusche, Tachykardie und eine weite Blutdruckampli-
tude zeigen.

! Cave
Hautblässe ist kein zuverlässiges Anämiesymptom. . Abb. 7.1. Herstellung eines Blutaustrichs
7.2 · Anämien
201 7

4 Reaktive Linksverschiebung: Bei Entzündungen und


Infektionen; neben den normal vorkommenden stab- Wichtigste Anämieformen
und segmentkernigen Granulozyten auch Metamyelo- 4 Mikrozytär-hypochrome Anämien
zyten. – Fehler bei der Hämoglobinsynthese ursäch-
4 Pathologische Linksverschiebung: Bei der CML; alle lich, echter Eisenmangel bei reduziertem
Reifungsstufen kommen vor. Gesamtkörpereisenbestand oder Pseudo-
4 Hiatus leucaemicus: Bei der AML; Myeloblasten und eisenmangel bei fehlender Eisenmobilisa-
stab- bzw. segmentkernige Granulozyten ohne dazwi- tion aus den Speichern.
schen liegende Reifungsstufen. – Meist Eisenmangelanämien, aber auch
Anämien im Rahmen von Akute-Phase-
Knochenmarkspunktion und Stanzzylinderentnahme Reaktionen, bei chronischen Erkrankungen
aus dem Knochenmark oder hereditäre Anämieformen wie Thalas-
Punktion und Gewebeprobeentnahme können am Ster- sämie.
num oder am Beckenkamm durchgeführt werden. 4 Makrozytär-hyperchrome Anämien
Die Sternalpunktion ist technisch einfacher als die – Störungen der DNA-Synthese bei Mangel
Beckenkammpunktion, liefert aber eine schlechtere Mate- an Vitamin B12 oder Folsäure bzw. Gabe
rialausbeute, ist schmerzhafter und risikoreicher (Kompli- von Folsäureantagonisten ursächlich. Mor-
kationen wie Herzbeuteltamponade, Verletzung großer phologisch nicht unterscheidbar, da bei
Gefäße und Pneumothorax sind möglich). Die Sternalpunk- allen Formen durch verminderte DNA-Syn-
tion ist deshalb nur in Ausnahmefällen indiziert. these Megaloblasten charakteristisch sind.
Für die Beckenkammpunktion werden Beckenkamm – Die perniziöse Anämie bei Vitamin-B12-
und Spina iliaca post. sup. getastet, eine subkutane und bis Mangel ist eine der bekanntesten Anämien,
an das Periost reichende Infiltrationsanästhesie durchge- aber die meisten makrozytär-hyperchromen
führt und die Haut über der Punktionsstelle inzidiert. Mit Anämien gehen nicht mit einer Megaloblas-
speziellen Nadeln wird das Knochenmark aspiriert und ein tenbildung einher.
Stanzzylinder aus dem Knochen gewonnen. Das Aspirat – Ein weiteres wichtiges Beispiel für eine
wird sofort auf Objektträger aufgebracht und ausge- makrozytär-hyperchrome Anämie ist die
strichen, der Stanzzylinder in Formalinlösung überführt. häufige Makrozytose bei Leberkranken,
Die Ergebnisse der Punktion sind sehr schnell verfüg- deren Ursache in einer Stoffwechselstörung
bar, die Beurteilung der Biopsie dauert etwa eine Woche. liegt, die eine pathologische Lipidzusam-
mensetzung der Erythrozyten bewirkt
7.1.3.2 Onkologie (hohes MCV als Hinweis auf Alkohol-
Besonders wichtig sind die Biopsie sowie bildgebende abusus!).
Verfahren für Staging und Stadieneinteilung.

Diagnostik. Zur Diagnostik werden kleines bzw. gro-


7.2 Anämien ßes Blutbild herangezogen:
4 Kleines Blutbild: Hämoglobinwert, Erythrozyten-
Definition. Reduzierte Hämoglobinkonzentration und Leukozytenzahl, Hämatokrit, Erythrozytenin-
unter den alters- und geschlechtsspezifischen Referenz- dizes MCH (»mean corpuscular hemoglobin«),
bereich. MCV (»mean corpuscular volume«) und MCHC
(»mean corpuscular hemoglobin concentration«),
> Bei Männern gilt ein Hämoglobingehalt unter 14 g/dl, Thrombozytenzahl
bei Frauen ein Hämoglobingehalt unter 12 g/dl als 4 Großes Blutbild: zusätzliches Differenzialblutbild
Anämie. mit Differenzierung der Leukozyten

Eisenmangelanämien sind insgesamt die häufigsten Anämien werden unterteilt in:


Anämien, an zweiter Stelle stehen die Anämien bei 4 Mikrozytär und hypochrom (MCV und MCH er-
chronischer Erkrankung. niedrigt)
4 Normozytär und normochrom (MCV und MCH
normal)
4 Makrozytär und hyperchrom (MCV und MCH
erhöht)
202 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Die Bestimmung der Retikulozytenzahl ermöglicht


die Unterteilung in Produktionsstörung oder Verlust . Tab. 7.1. Stadieneinteilung der Eisenmangel-
bzw. Verteilungsstörung. Die zusätzliche Bestimmung anämie
von Parametern des Eisenstoffwechsels (Serumkon-
Stadium Charakteristische Laborwert-
zentration von Ferritin, Transferrin, löslichem Transfer- veränderungen
rinrezeptor und Transferrinsättigung) ermöglicht meist
eine Zuordnung zu den wichtigsten Anämieformen Stadium I Zu Beginn Mangel an Speicher-
(. Abb. 7.2). (Frühstadium) eisen
4 Abnahme der Serumferritin-
konzentration
Therapie. Erythrozytenkonzentrate werden im Notfall
(schwere symptomatische Anämie) gegeben. Erythro- Stadium II Eisendefizitäre Erythropoese
poetin ist bei renaler Anämie und langfristiger sympto- (Übergangs- 4 Erniedrigte Serumeisenkon-
matischer Therapie indiziert. stadium) zentration
4 Sättigung der totalen Eisen-
bindungskapazität <15%
7.2.1 Alimentäre Anämien 4 Anzahl der Sideroblasten im
Knochenmark <10%
7 4 Erhöhung der erythrozytären
Alimentäre Anämien sind die häufigsten Anämiefor-
Protoporphyrine
men. Schon die Bestimmung nur weniger Laborpara-
meter wie kleines Blutbild und Serumkonzentration Stadium III Manifestation der Eisenmangel-
von Ferritin, Transferrin (einschließlich Transferrinsät- (Endstadium) anämie
tigung), löslichem Transferrinrezeptor sowie von Fol- 4 Absinken der Hb-Konzen-
säure und Vitamin B12 ermöglicht die Diagnosestellung. tration
4 Absinken der Serumferritin-
Die oft simple Substitutionstherapie führt zu einem
konzentration auf <12 μg/l
schnellen Ansprechen und Verschwinden der meisten
Symptome.

7.2.1.1 Eisenmangelanämie trationen von Transferrin und löslichem Transferrin-


Definition. Durch Verminderung des Gesamteisenbe- rezeptor und eine verminderte Transferrinsättigung für
stands des Organismus verursachte mikrozytär-hypo- eine Eisenmangel charakteristisch und grenzen diesen
chrome Anämie. von Eisenverteilungsstörungen (7 Kap. 7.2.9) ab.

Ätiopathogenese. Blutverluste (insbesondere gebärfä- Therapie. Nach Ursachenabklärung erfolgt ggf. deren
hige Frauen) und Fehlernährung (vor allem Männer). Beseitigung. Therapie der Wahl ist die orale Eisensubs-
titution mit 100–150 mg Fe2+-Salzen (wie Eisensulfat)
Epidemiologie. Prävalenz bei Männern 1–2%, bei ge- pro Tag. Wegen der geringen intestinalen Resorptions-
bärfähigen Frauen 5–10%. rate (5–15%) sollte die Substitution mindestens 3 Mo-
nate bzw. solange dauern, bis die Serumferritinkonzen-
Symptomatik. Anämiesymptome (7 Kap. 7.1), zusätz- tration wieder im Normbereich liegt.
lich Haut- und Schleimhautatrophie, Mundwinkelrha-
gaden (Cheilosis), Brüchigkeit von Haaren und Nägeln > Nebenwirkungen der oralen Substitutionstherapie
(Koilonychie), Minderung der Leistungs- und Lern- mit Eisensalzen sind charakteristische Schwarzfär-
fähigkeit, Kälteüberempfindlichkeit und herabgesetzte bung des Stuhls, Oberbauchschmerzen, Sodbrennen,
Infektresistenz. Obstipation und Diarrhö.

Diagnostik. Stadienabhängig (. Tab. 7.1). Die Nebenwirkungen der oralen Eisensubstitution sind
bei Einnahme mit bzw. nach den Mahlzeiten geringer
! Cave und für den Patienten leichter zu tolerieren. Die intesti-
Die Serumeisenkonzentration kann trotz manifester nale Eisenresorption wird dadurch jedoch deutlich ge-
Eisenmangelanämie normal sein. hemmt und die Therapiedauer verlängert.
Die parenterale Eisensubstitution (kolloidale Ei-
Die erniedrigte Serumferritinkonzentration beweist senverbindungen oder Eisen-Dextran-Komplexe) führt
den Eisenmangel. Daneben sind erhöhte Serumkonzen- zwar zur schnelleren Beseitigung der Anämie, insge-
7.2 · Anämien
203 7

. Abb. 7.2. Mindmap Anämien


204 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

samt aber nicht zu einem besseren Therapieeffekt als > Bei der Hälfte der Patienten liegt keine Anämie vor,
die orale Eisensubstitution. Sie ist ihr gleichwertig, wird bei einem Drittel lassen sich keine Megaloblasten
meistens bei Resorptionsstörungen durchgeführt. Ana- nachweisen.
phylaktische Reaktionen und Venenreizungen können
auftreten. Die Vitamin-B12-Bestimmung im Serum ist einfach
und sensitiv, aber nur gering spezifisch. Bei Verdacht
Prognose. Bei richtiger Diagnosestellung und adäqua- auf eine Malabsorption sollte ein Schilling-Test durch-
ter Substitutionstherapie sehr gut. geführt werden. Die Hälfte der Patienten weist spezi-
fische Antikörper gegen den Intrinsic Factor auf.
7.2.1.2 Vitamin-B12-Mangelanämie
Synonym. Perniziöse Anämie. Schilling-Test
Der Patient erhält radioaktiv markiertes Cobalamin p.o, 2 h
Definition. Durch Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin, später nicht markiertes Cobolamin i.m. Danach wird der
Synonym: Extrinsic Factor) verursachte makrozytär- Anteil des radioaktiv markierten Cobalamins am insgesamt
hyperchrome Anämie mit charakteristischem Auftre- im Urin ausgeschiedenen Cobalamin bestimmt. Normaler-
ten von Megaloblasten. weise erscheint mehr als 10% des oral zugeführten radio-
7 aktiven Cobalamins im 24-h-Urin.
Ätiopathogenese. Vitamin B12 findet sich vor allem in
tierischer Nahrung. Im sauren Magenmilieu wird es ! Cave
freigesetzt, an den von den Parietalzellen des Magens Zum Ausschluss eines Magenkarzinoms, zur Doku-
gebildeten Intrinsic Factor gebunden und im termina- mentation einer atrophischen Gastritis und als Aus-
len Ileum resorbiert. Deshalb kommt es insbesondere gangsbefund für Verlaufskontrollen muss eine Gas-
bei atrophischer Autoimmungastritis mit Anazidität, troskopie durchgeführt werden.
bei Resektionen des Magens bzw. des terminalen
Ileums, bei Morbus Crohn und bei bakteriellen oder Therapie. Cobalamin wird bis zur Korrektur der An-
parasitären Fehlbesiedlungen des Dünndarmes mit ämie parenteral substituiert (1000 μg i.m. oder s.c. pro
Malabsorption zum Mangel. Dieser bedingt die fehler- Woche über mehrere Monate). Danach als Erhaltungs-
hafte Zellneubildung in schnell proliferierenden Gewe- therapie die gleiche Dosis alle drei Monate oder oral mit
ben wie Knochenmark und Schleimhäuten (megaloblas- hohen Dosen Vitamin B12 substituieren.
täre Anämie und gastrointestinale Beschwerden). Der
resultierende Methioninmangel verursacht Schäden im Prognose. Schon innerhalb eines Tages nach Substitu-
ZNS (funikuläre Spinalerkrankung: Demyelinisierung tion kommt es zur Besserung des morphologischen
der Hinter- und Seitenstränge im Rückenmark). Knochenmarkbefundes, innerhalb einer Woche tritt
eine Retikulozytose auf (Retikulozytenkrise), bevor
Epidemiologie. Inzidenz 9–17/100.000, Prävalenz die Anämie verschwindet. Strukturelle neurologische
0,1–0,2%, Verhältnis Frauen zu Männern 2:1. Schäden, wenn sie über längere Zeit persistieren, sind
irreversibel.
Symptomatik. Neben Blässe von Haut und Schleim-
häuten, Diarrhö oder Obstipation können Antriebs- > Nur die frühzeitige Diagnose und Therapie eines
mangel, Gedächtnisstörungen, Zungenbrennen (atro- Vitamin-B12-Mangels kann neurologische Schäden
phische Hunter-Glossitis), Inappetenz und ein Subik- verhindern.
terus bestehen. Die neurologischen Störungen reichen
von isolierter peripherer Neuropathie bis zur funiku-
lären Spinalerkrankung. Gelegentlich tritt ein orga- 7.2.1.3 Folsäuremangelanämie
nisches Psychosyndrom auf. Definition. Durch Folsäuremangel verursachte makro-
zytär-hyperchrome Anämie mit charakteristischem
Diagnostik. Nachweis einer hyporegeneratischen Anä- Auftreten von Megaloblasten.
mie mit verringerter Retikulozytenzahl sowie erhöhtem
MCV und MCH in Blutbild und Knochenmarkaspirat. Ätiopathogenese. Absoluter Folsäuremangel tritt häu-
Im Ausstrich der selten notwendigen Knochenmarks- fig bei Fehlernährung (Alkoholismus), bei langandau-
punktion finden sich übersegmentierte Granulozyten, ernder parenteraler Ernährung und bei Resorptionsstö-
makrozytär-hyperchrome Megalozyten und kernhal- rungen (Zöliakie) auf. Dagegen liegt bei Schwanger-
tige Megaloblasten. schaften, chronischer Hämolyse oder myeloproliferativen
7.2 · Anämien
205 7

Erkrankungen ein relativer Mangel durch erhöhten Fol- ! Cave


säurebedarf vor. Beim Fetus führt ein Folsäuremangel zu Weitere Mangelerkrankungen sollten unbedingt aus-
Neuralrohrdefekten, bei Erwachsenen gilt ein Folsäure- geschlossen werden, da der Folsäuremangel selten
mangel als zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktor allein auftritt.
(Folsäuremangel bewirkt eine Erhöhung des Homo-
zysteinspiegels). Anämie, Subikterus und Mundwinkelrhagaden weisen
auf einen Eisenmangel, eine Blutungsneigung auf einen
! Cave Vitamin-K-Mangel, eine Rachitis auf einen Vitamin-C-
Die Gabe von Folsäureantagonisten (Antibiotika wie Mangel hin.
Cotrimoxazol oder Zytostatika wie Methotrexat) kann
auch die oben genannten Symptome auslösen. Diagnostik. Entspricht der Diagnostik bei Vitamin-B12-
Mangelanämie, weil sich Blutbild- und Knochenmark-
Epidemiologie. Prävalenz 1,7%. befund nicht unterscheiden. Die Bestimmung der Fol-
säurekonzentration im Serum und/oder den Erythro-
Symptomatik. Dysphagie, Meteorismus und Diarrhö, zyten liefert den entscheidenden Hinweis.
insbesondere aufgrund der Schleimhautatrophie, ähn-
lich der Vitamin-B12-Mangelanämie. Therapie. Beseitigung der Fehlernährung, tägliche
orale Substitutionstherapie mit 5 mg Folsäure. Parente-
> Im Gegensatz zur Vitamin-B12-Mangelanämie fehlen rale Substitution nur bei Resorptionsstörungen.
neurologische Ausfallerscheinungen.
Prävention. In der Schwangerschaft ist die prophylak-
tische Folsäuregabe (500 μg/Tag) neben der Eisensubs-
titution Standard.

In Kürze
Alimentäre Anämieformen

Eisenmangelanämie 4 Symptomatik: Müdigkeit, Blässe


4 Ätiologie: Blutverluste, Fehlernährung
4 Diagnostik: Bestimmung von Hb, Erythrozytenindizes, Serumferritinkonzentration
4 Therapie: Ursachenbeseitigung, Eisensubstitution

Vitamin-B12-Mangel- 4 Symptomatik: Anämiesymptome, Antriebsarmut, Gedächtnisstörungen


anämie 4 Ätiologie: bei Autoimmungastritis fehlender Intrinsic Factor
4 Diagnostik: Blutbild, Bestimmung von Vitamin-B12-Serumspiegel und Autoantikörpern
4 Therapie: Vitamin-B12-Substitution

Folsäuremangel- 4 Symptomatik: Anämiesymptome


anämie 4 Ätiologie: Fehlernährung
4 Diagnostik: Blutbild, Folsäureserumspiegel
4 Therapie: Ursachenbeseitigung, Folsäuresubstitution

7.2.2 Hämolytische Anämien blasten im Knochenmark und eine erhöhte Retikulo-


zytenzahl im Blut sind nachweisbar.
Definition. Erythrozytenmangel durch extra- oder in-
travasale Zerstörung von Erythrozyten. Diagnostik. Aufgrund des vermehrten Erythrozyten-
abbaus steigen LDH (Isoenzyme 1 und 2 bzw. HBDH)
Ätiopathogenese. Wegen der Hämolyse ist die Erythro- und indirektes Bilirubin im Plasma deutlich an, der
zytenüberlebenszeit deutlich verkürzt. Die Erythro- Urin ist dunkel und enthält Urobilin. Bei intravasaler
poese wird gesteigert, eine Vermehrung der Erythro- Hämolyse findet sich freies Hämoglobin im Plasma, bei
206 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

schwerer intravasaler Hämolyse besteht eine Hämo- Epidemiologie. Inzidenz der immunhämolytischen
globinurie. Bei chronischer Hämoglobinurie ist Hämo- Anämien 1–3/100000.
siderin im Urin nachweisbar. Aufgrund der gesteiger-
ten Erythropoese liegen im peripheren Blut Polychro- Symptomatik. Neben akuten Anämiesymptomen liegt
masie und Retikulozytose vor. Bei schwerer Hämolyse bei der Kälteagglutininkrankheit eine schmerzhafte
befinden sich kernhaltige Normoblasten im Blut, im Akrozyanose in der Kälte vor, während bei Wärme
Knochenmark kommt es zur Hyperplasie der erythro- keine Beschwerden bestehen. Ansonsten finden sich
poetischen Zellen. Blässe, Ikterus, Splenomegalie (als Hinweis auf andere
Das Plasmaprotein Haptoglobin bindet Hämoglo- Krankheiten oder Zeichen einer vermehrten Milzakti-
bin, das bei intravasaler Hämolyse entsteht. Bei jeder vität). Ein Drittel der Patienten mit Immunhämolysen
signifikanten Hämolyse sinkt das Haptoglobin im Plas- hat ätiologisch unklares Fieber und ggf. Zeichen einer
ma ab. Dagegen bindet Hämopexin das beim Hämoglo- lymphatischen Grunderkrankung.
binabbau entstehende Hämatin.
Diagnostik. Beurteilung des Blutausstrichs, z. B. Nach-
> Ein normaler Haptoglobinwert schließt eine Hämo- weis von Schistozyten (fragmentierte Erythrozyten),
lyse aus. Sphärozyten (Kugelzellen) oder Targetzellen (Schieß-
7 scheibenzellen) sowie zyto- und histologische Knochen-
markuntersuchungen sind wichtig. Bestimmung der
7.2.2.1 Extrakorpuskuläre hämolytische Hämolyseparameter, von Kälte- und Wärmeagglutinin-
Anämien titern und Durchführung des Antiglobulin-Tests
Definition. Vorzeitiger Abbau normal gebildeter Erythro- (Coombs-Test).
zyten durch Antikörper, Toxine oder Veränderungen
der Gefäßstrombahn. Am häufigsten sind autoimmun- Antiglobulin-Test (Coombs-Test)
hämolytische Anämien. Inkomplette (können allein keine Agglutination auslösen)
und gegen menschliche Erythrozyten gerichtete Antikör-
Ätiopathogenese. Nach der Ursache unterscheidet per werden mittels Antiglobulinen, die gegen die beteilig-
man 3 verschiedene Subtypen: ten Antikörper gerichtet sind, nachgewiesen.
4 Immunhämolytische Anämien: Die Hämolyse Beim direkten Antiglobulin-Test für den Nachweis von
wird durch Bindung von Antikörpern an die Ery- Antikörpern gegen Erythrozyten erfolgt die Agglutination
throzytenmembran ausgelöst. Man unterscheidet der Patientenerythrozyten nach Zugabe der Antiglobuline
zwischen Allo- und Autoantikörpern(autoimmun- (Nachweis von Antikörpern, die bereits an die Erythrozyten-
hämolytische Anämie). 90% der Antikörper sind oberfläche gebunden sind).
Kälte-(IgM)- oder Wärme-(IgG)- Agglutinine, die Beim indirekten Antiglobulin-Test werden für den
zur Hälfte idiopathisch oder mit malignen lympha- Nachweis von freien bzw. zirkulierenden Antikörpern Pa-
tischen Erkrankungen assoziiert auftreten. Bei den tientenserum und Testerythrozyten zusammen bei 37°C
restlichen 10% handelt es sich um medikamenten- inkubiert. Die nicht agglutinierten, jetzt von inkompletten
induzierte Antikörper (meist vom Methyldopa-Typ, Antikörpern besetzten Testerythrozyten werden in physio-
selten auch vom Penicillin- oder Chinidin-Typ). logischer Kochsalzlösung gewaschen und mit den Antiglo-
4 Anämien durch mechanische Hämolysen: Die bulinen versetzt, wodurch ebenfalls eine Agglutination
Erythrozyten werden intravasal zu Schistozyten ausgelöst wird.
(mikroangiopathische hämolytische Anämie) frag-
mentiert. Mechanische Hämolysen treten bei der > Relativ häufig finden sich Antikörper oder Komple-
thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura, mentfaktoren auf Erythrozyten auch bei Patienten,
beim hämolytisch-urämischen Syndrom, beim bei denen keine Hämolyse besteht.
HELPP-Syndrom, bei primärer Vaskulitis, bei me- Der Nachweis eines erhöhten Kälteagglutininti-
tastatischen Vaskulopathien, künstlichen Herz- ters gelingt auch bei einer Mykoplasmeninfektion.
klappen- und Gefäßprothesen sowie als Marsch-
hämoglobinurie bei Soldaten auf. Extrakorpuskuläre hämolytische Anämien werden oft
4 Anämien durch toxischen Hämolyse: Insbeson- durch eine Grunderkrankung oder äußere Schädigungs-
dere Bakterientoxine oder Parasiten wie Plasmo- faktoren verursacht. Suche nach diesen Ursachen nicht
dien lösen eine Hämolyse aus vergessen!
7.2 · Anämien
207 7

Therapie. Unterschieden werden: dikamente oder Infektionen aggraviert werden. In


4 Kausale Therapie: Behandlung einer möglichen den Erythrozyten können Heinz-Innenkörper
Grunderkrankung, Absetzen ursächlicher Medika- (oxidiertes denaturiertes Hämoglobin) nachgewie-
mente. sen werden.
4 SymptomatischeTherapie: Abhängig von der Ätio- 4 Hämolyse durch Hämoglobin-Varianten: Fehler-
pathogenese. haft aufgebaute Globinmoleküle werden synthe-
5 Bei der Wärmeagglutininkrankheit Immun- tisiert. Diese manifestieren sich klinisch als Hämo-
suppression mittels hoch dosierter Kortiko- globinopathie mit Hämolyse.
steroide. Manchmal ist die Plasmapherese zur 5 Bei der Sichelzellanämie mit der HbS-Muta-
Entfernung freier Antikörper indiziert. Die tion polymerisiert reduziertes Hämoglobin zu
Autoantikörperbildung kann durch prolon- langen Filamenten. Dadurch entstehen sichel-
gierte und kombinierte Gabe von Kortikoste- förmig deformierten Erythrozyten (Drepano-
roiden und Zytostatika supprimiert werden. zyten), die Interaktion der Erythrozytenmem-
Bei weiterer Progredienz sollte eine Splenekto- bran mit den Endothelzellen wird gesteigert
mie erfolgen. und die Verformbarkeit in den Kapillaren stark
5 Bei der Kälteagglutininkrankheit Vermeiden reduziert. Flussstörungen und Gefäßverschlüs-
einer kalten Umgebungstemperatur. se in der Endstrombahn zahlreicher Organe bis
zum Auftreten von multiplen Infarkten (Sichel-
! Cave zellkrise) sind die Folge.
Durch Wärmeautoantikörper induzierte akut-auto- 5 Die Methämoglobinämie beruht auf einem er-
immunhämolytische Anämien sind lebensgefährlich. höhten Blutgehalt an oxidiertem Hämoglobin
(Methämoglobin). Man unterscheidet die toxi-
Prognose. Bei einem Drittel der Patienten tritt die Auto- sche Methämoglobinämie, bei der Chemika-
immunhämolyse als Frühzeichen einer malignen lym- lien oder Medikamente (Phenacetin, Anilin-
phatischen Erkrankung auf. Werden ursächliche Medi- derivate, Sulfonamide usw.) das Hämoglobin
kamente vom Penicillin- und Chinidin-Typ abgesetzt, oxidieren, von der familiären Methämoglo-
bildet sich die Hämolyse prompt zurück. Dagegen binämie, die auf einem angeborenen Mangel
dauert die Rückbildung beim Methyldopa-Typ mehrere an NADH-abhängiger Methämoglobinreduk-
Wochen. tase oder Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase
(G-6-PD)-Mangel oder Pyruvatkinase (PK)-
7.2.2.2 Korpuskuläre hämolytische Anämien Mangel beruht.
Definition. Hämolyse durch angeborene oder erwor-
bene Defekte der Erythrozytenmembran, der Erythro- Epidemiologie. Bei Nord- und Mitteleuropäern am
zytenenzyme oder des Hämoglobins. häufigsten hereditäre Sphärozytose (Prävalenz 1/5000
Neugeborene). Bei Menschen mediterraner, afrika-
Ätiopathogenese. Unterschieden werden 3 Subtypen: nischer und asiatischer Abstammung meist Glukose-6-
4 Hämolyse durch Membrandefekte: Formanoma- Phosphat-Dehydrogenase-Mangel und Pyruvatkinase-
lien der Erythrozyten, wie Elliptozyten (ovale Ery- Mangel. Die durch eine HbS-Mutation verursachte
throzyten), Sphärozyten (kugelförmige Erythro- Sichelzellanämie ist die häufigste Form der Hämoglo-
zyten) und Stomatozyten (tassenförmige Erythro- binvarianten.
zyten) aufgrund einer fehlenden oder gestörten
Bildung von Strukturproteinen in der Erythrozy- Symptomatik. Neben Anämie- und/oder Hämolyse-
tenmembran. Die pathologisch geformten Erythro- symptomen (blasse und/oder ikterische Patienten)
zyten werden vom Monozyten-Makrophagen-Sys- können Gallenblasenkoliken bestehen. Sichelzell-
tem erkannt und in der Milz abgebaut (hereditäre krisen sind dramatische Schmerzepisoden und werden
Sphärozytose, Kugelzellanämie). durch Gefäßverschlüsse verursacht. Der vermehrte
4 Hämolyse durch Enzymdefekte: Enzyme des Glu- Erythrozytenabbau in der Milz führt zur Splenomegalie
kosestoffwechsels (Glukose-6-Phosphat-Dehydro- (Arbeitshypertrophie der Milz).
genase oder Pyruvatkinase) fehlen oder sind defekt. Die durch HbS-Mutation verursachte Sichelzell-
Deshalb treten Störungen im Energiestoffwechsel anämie verläuft bei homozygoten Merkmalsträgern
der Erythrozyten auf, die zu Funktionsstörungen schon in der Kindheit tödlich, bei heterozygoten Merk-
und insbesondere chronischen Hämolysen führen, malsträgern tritt sie beim Absinken des Sauerstoffpar-
die durch äußere Einflüsse wie oxidierende Me- tialdrucks (beim Fliegen oder in Höhenlagen) auf.
208 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Diagnostik. Nachweis insbesondere von Elliptozyten, Therapie. Nierentransplantation bei geeigneten Patien-
Drepanozyten (Sichelzellanämie) oder Sphärozyten ten als kausale Therapie. Ansonsten Gabe von rekom-
(hereditäre Sphärozytose) im Blutausstrich. Bei gene- binantem Erythropoetin.
tisch bedingten Hämolysen spezifische Mutations-
diagnostik zur Identifikation heterozygoter Merkmals- Prognose. Wird durch die Niereninsuffizienz be-
träger. stimmt.

> Bei den korpuskulären Hämolyseformen ist der Anti-


globulin-Test (Coombs-Test) negativ. 7.2.4 Anämie bei Knochenmarkaplasie

Therapie. Die meisten Hämolyseformen können nur Definition. Anämie durch Schädigung oder Suppres-
symptomatisch therapiert werden. Diese Therapie sion erythropoetischer Vorstufen im Knochenmark.
beinhaltet die Splenektomie zur Verhinderung einer
relevanten Hämolyse, die weiter bestehende Form- Ätiopathogenese. Man unterscheidet angeborene (Di-
anomalie ist asymptomatisch. Bei schweren Formen amond-Blackfan- oder Fanconi-Anämie) von erwor-
kann eine allogene Stammzelltransplantation erwogen benen Formen. Wenn das pathogenetisch verantwort-
7 werden. liche Agens selektiv erythropoetische Zellen schädigt
Die familiäre Form der Methämoglobinämie be- (wie bei Parvovirus-Infektion), kann die Erythropoese
darf in der Regel keiner Therapie. Ausnahme: Meiden isoliert betroffen sein.
von Saubohnen (lat. fava), die den Favismus (sog. Boh-
nenkrankheit, Auftreten von deutlicher Methämo- > Oft ist die Anämie aber Teil einer Panzytopenie.
globinämie, Hämolyse und Hämoglobinurie nach der
Mahlzeit) auslösen. Bei der toxischen Form werden Diagnostik. Nachweis durch zyto- und histologische
die auslösenden Agenzien vermieden, bei akuten Ver- Knochenmarkuntersuchungen. Typische Befunde sind
giftungssymptomen Toluidinblau gegeben. Abnahme der Erythroblasten im Knochenmark und
infolge Verminderung der Retikulozytenzahl im peri-
pheren Blut.
7.2.3 Renale Anämie
Therapie. Bei kurzfristiger, spontan reversibler Schädi-
Definition. Normozytär-normochrome Anämie bei gung der Knochenmarkzellen (ionisierende Strahlen,
chronischer Niereninsuffizienz als Folge eines relativen obligat hämatotoxische Substanzen, Zytostatika, Viren)
Erythropoetinmangels. wird die spontane Erholung der Blutbildung abgewartet
und der Patient supportiv betreut.
Ätiopathogenese. Die insuffizienten Nieren bilden zu Bei angeborenen Knochenmarkaplasien oder lang-
wenig Erythropoetin und können deshalb den Hämo- fristigen, persistierenden Knochenmarkschädigungen
globinspiegel nicht im Normbereich halten. (aplastische Anämie) muss sofort und intensiv (Ery-
throzytensubstitution, ggf. allogene Knochenmarktrans-
Epidemiologie. Äußerst häufige Komplikation einer plantation) behandelt werden.
chronischen Niereninsuffizienz.

Symptomatik. Neben allgemeinen Anämiesympto- 7.2.5 Anämie bei Knochenmarkinfiltration


men fallen ein Café-au-lait-Kolorit der Haut und die
Zeichen einer chronischen Niereninsuffizienz (Störun- Definition. Durch Knochenmarkinfiltration (evtl. mit
gen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haus- Osteomyelofibrose) bedingte Anämie, die oft zusam-
halts, neuromuskuläre und gastrointestinale Störun- men mit Leuko- und Thrombozytopenie auftritt.
gen, renale Osteopathie sowie neurologische Störun-
gen) auf. Ätiopathogenese. Knochenmarkinfiltrierende malig-
ne Erkrankungen verdrängen am ehesten die Hämato-
Diagnostik. Am wichtigsten sind Anamnese und Blut- poese. Dabei sind Leukämien, generalisierte Lympho-
untersuchung, bei der eine normozytär-normochrome me und das multiple Myelom häufiger als metastasie-
Anämie und eine im Verhältnis zum verminderten rende Karzinome. Nicht nur die Verdrängung, sondern
Hämoglobingehalt zu niedrige Retikulozytenzahl auf- auch die Suppression der Hämatopoese durch Tumor-
fallen. zellprodukte führt zur Anämie.
7.2 · Anämien
209 7

Epidemiologie. Inzidenz 20/100.000. Diagnostik. Das Blutbild zeigt bei 75% der Patienten
zunächst eine normozytär-normochrome Anämie, die
Symptomatik. Im Vordergrund stehen die Symptome bei längerem Verlauf in eine mikrozytär-hypochrome
der Grunderkrankung sowie Symptome einer Hyper- Anämie übergeht. Im Serum ist die Konzentration des
kalzämie. Ferritins normal oder erhöht, die des Transferrins meis-
tens erhöht und die des löslichen Transferrinrezeptors
! Cave normal oder erniedrigt. Zur Dokumentation der syste-
Bei Anämie mit Knochenschmerzen immer an mischen Entzündungsreaktion sollten Entzündungs-
Knochenmarksinfiltration denken. parameter bestimmt werden.

Das rechtzeitige Erkennen einer Hyperkalzämie und/ > Die Differenzierung zur Eisenmangelanämie gelingt
oder einer Hämolyse bei thrombotischer Mikroangio- durch die Bestimmung des löslichen Transferrin-
pathie ist sehr wichtig. rezeptors.

> Die Hämolyse kann schnell zur Verschlechterung der Liegt bei einer chronischen Erkrankung zusätzlich ein
Anämie mit raschem Transfusionbedarf führen. echter Eisenmangel vor, so ist die Serumkonzentration
des löslichen Transferrinrezeptors deutlich erhöht, wäh-
Diagnostik. Nachweis einer normozytären Anämie, rend sie bei einer vorliegenden Eisenmobilisations-
die oft mit Retikulozytenabnahme und gleichzeitiger bzw. Verwertungsstörung im Normbereich liegt.
Granulozytopenie und/oder Thrombozytopenie ein-
hergeht. Aufgrund einer gestörten Knochenmark-Blut- Therapie. Die Behandlung der Grunderkrankung steht
Schranke und/oder einer extramedullären Hämato- im Vordergrund. Hoch dosiertes Erythropoetin kann
poese werden unreife Vorstufen (insbesondere Erythro- in therapierefraktären Fällen gegeben werden.
blasten und Myeloblasten) ins Blut ausgeschwemmt
(leukoerythroblastisches Blutbild). Die Knochen- ! Cave
markbiopsie sichert die Diagnose. Im Stadium der mikrozytär-hypochromen Anämie
ist die Eisensubstitution kontraindiziert, da nur ein
Therapie. Die Grunderkrankung und deren Therapie funktioneller Eisenmangel mit vollen Eisenspeichern
bestimmen den weiteren Verlauf, die symptomatische vorliegt.
Therapie besteht ggf. aus Transfusionen und/oder Ery-
thropoetingabe.
7.2.7 Akute Blutungsanämie

7.2.6 Anämie bei chronischer Ätiopathogenese. Häufig Blutungen aus dem Gastro-
Erkrankung intestinaltrakt (Ösophagusvarizenblutung).

Definition. Sekundäre Anämie als unspezifische Begleit- Symptomatik. Der Blutverlust pro Zeiteinheit bestimmt
erscheinung bei chronisch-entzündlichen, infektiösen Klinik und Laborbefunde. Der akute Volumenmangel
und neoplastische Erkrankungen (Tumoranämie). verursacht Kreislaufsymptome (Blutdruckabfall, peri-
phere Vasokonstriktion, Schwitzen und Tachykardie),
Ätiopathogenese. Zytokine hemmen die Erythropoe- durch welche die akute Blutung auffällt. Hämoglobin-
tinproduktion und vermitteln eine Eisenmobilisa- konzentration und Hämatokrit liegen zu Beginn im
tionsstörung, sodass Eisen in Makrophagen akku- Normbereich.
muliert.
Diagnostik. Messung der Kreislaufparameter und Blut-
Epidemiologie. 25% aller Anämien. bildbestimmung.

> Die Anämie bei chronischer Erkrankung (einschließ- Therapie. Lokalisation der Blutungsquelle, ggf. Blutstil-
lich Tumoranämie) ist die zweithäufigste Anämieform lung, Bluttransfusionen, wenn nötig Kreislaufstabili-
nach der Eisenmangelanämie. sierung.

Symptomatik. Neben Zeichen der Grundkrankheit be-


stehen typische Anämiesymptome.
210 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

7.2.8 Hypersplenismus Thalassämien


Bei den Thalassämien werden die α- oder β-Ketten des
Definition. Anämie durch verstärkte Elimination von Hämoglobins nur vermindert oder gar nicht gebildet. Ab-
Erythrozyten bei Splenomegalie. hängig von der genetischen Konstellation treten hetero-
zygote (Thalassaemia minor) oder homozygote Formen
Ätiopathogenese. Der Hypersplenismus entsteht un- (Thalassaemia maior) mit unterschiedlichem klinischen
abhängig von der Ursache der Splenomegalie (Leuk- Schweregrad auf, die insbesondere bei Bewohnern des Mit-
ämien, generalisierte Lymphome). Die Steigerung der telmeerraumes vorkommen.
physiologischen Funktion der Milz (Elimination von Bei beiden Formen liegt eine mikrozytär-hypochrome
krankheitsbedingt veränderten oder alternden Erythro- Anämie mit im Blutausstrich sichtbarenTargetzellen (Schieß-
zyten aus der Zirkulation) durch Größenzunahme der scheibenzellen) vor. Die Hb-Elektrophorese weist die feh-
Milz und durch einen erhöhten Aktivierungszustand lenden bzw. vorhandenen Formen der Hb-Ketten nach.
der Milzmakrophagen führt zu einem erhöhten peri- Aufgrund der fehlenden oder nur geringen Hämolyse
pheren Zellumsatz und einer resultierenden Zyto- ist die Anämie bei der Thalassaemia minor meist nur
penie. schwach ausgeprägt oder asymptomatisch. Dagegen wird
die Thalassaemia maior schon postpartal symptomatisch.
7 Diagnostik. Neben der üblichen Anämiediagnostik Die exzessiv gesteigerte, ineffektive Hämatopoese führt zur
ist die sonografische Bestimmung einer Milzvergrö- Knochenmarkhyperplasie mit Skelettveränderungen (Bürs-
ßerung wichtig. Bei der Splenomegalie überschrei- tenschädel, Spontanfrakturen) und zur extramedullären
ten die Maße der Milz die Normalwerte (maximale Hämatopoese in Leber und Milz (Hepatosplenomegalie).
Breite: 4 cm, maximale Länge: 11 cm und maxima-
ler Querdurchmesser: 7 cm). Das Gewicht der Milz Symptomatik. Zeichen einer schweren Anämie mit
übersteigt dabei beim Erwachsenen in der Regel vermehrter Eisenreserve und Retikulozytopenie.
350 g.
! Cave
Therapie. Splenektomie nur bei klinisch relevanter Bei sekundärer Eisenüberladung (Hämochromatose)
Zytopenie. können Myokardiopathie mit Rhythmusstörungen,
Herzinsuffizienz und sekundärer Hypogonadismus
! Cave entstehen.
Wenn die Milz durch extramedulläre Hämatopoese
wesentlich an der Blutbildung beteiligt ist und Diagnostik. Abhängig von der Form der chronisch-re-
keine ausreichende Knochenmarkfunktion mehr fraktären Anämie. Immer sollten Knochenmarkpunk-
besteht, wie bei fortgeschrittener Osteomyelo- tion und Hb-Elektrophorese durchgeführt und die Se-
fibrose, sollte auf die Splenektomie verzichtet
werden.
. Tab. 7.2. Laborparameter bei chronisch-refrak-
tären Anämien
7.2.9 Chronisch-refraktäre Anämie Anämieform Charakteristische Veränderungen

Hypoplastische 4 Verminderung der Retikulo-


Synonym. Sideroblastische Anämie, sideroachrestische
Formen zytenzahl (<60.000/ml)
Anämie. 4 Verminderung des Plasma-
eisenumsatzes
Definition. Durch Eisenverwertungsstörungen bedingte 4 Erhöhte Serumkonzentration
Anämien mit der Tendenz zur Eisenüberladung. von Eisen, Ferritin und lösli-
chem Transferrinrezeptor
Ätiopathogenese. Unterschieden werden Hyperplastische 4 Im Verhältnis zur gesteiger-
4 hereditäre Anämien (Thalassämien) und erworbe- Formen ten Erythropoese zu kleine
ne Anämien, Retikulozytenzahl
4 Deutlich erhöhter Plasma-
4 hypoplastische Anämien (aplastische oder renale
eisenumsatz und gesteigerte
Anämie, Erythroblastopenie) und hyperplastische intestinale Eisenresorption
Anämien (Thalassämien, sideroblastische Anä- 4 Effektivität der Erythropoese
mien), die auch refraktäre Anämien mit ineffek- nur 10–20%
tiver Erythropoese genannt werden.
7.2 · Anämien
211 7

rumkonzentration von Eisen, Ferritin und löslichem Therapie. Je nach Anämieform Bluttransfusionen und/
Transferrinrezeptor bestimmt werden (. Tab. 7.2). oder parenterale Gabe von Chelatbildnern (wie Defer-
oxamin) zur Therapie der sekundären Hämochromato-
Sonderformen se (Eisenmobilisation aus dem Körper).
Bei Sonderformen der chronisch-refraktären Anämien wie
RAS (refraktäre Anämie mit Ringsideroblasten), RAEB (refrak- Prognose. Häufiges Auftreten einer prognostisch un-
täre Anämie mit Blastenexzess) und RAEB/T (refraktäre Anä- günstigen Myokardiopathie bei Patienten mit Thalas-
mie mit Blastenexzess in Transformation) können patholo- saemia maior und sideroblastischen Anämien.
gische Ringsideroblasten (ringförmige Erythroblasten mit
Eisengranula überall in der Zelle) nachgewiesen werden.

In Kürze
Nicht-alimentäre Anämien

Extrakorpuskuläre 4 Symptomatik: Symptome einer akuten Anämie


hämolytische Anämie 4 Ätiologie: immunhämolytische oder mechanisch-hämolytische Anämien
4 Diagnostik: Bestimmung von Hämolyseparametern, Antiglobulin-Test
4 Therapie: Kortikosteroidgabe bei immunhämolytischen Anämien

Korpuskuläre hämo- 4 Symptomatik: Anämiesymptome, evtl. abdominelle Koliken


lytische Anämie 4 Ätiologie: kongenitale Erythrozytendefekte (heriditäre Sphärozytose, Sichelzellanämie)
4 Diagnostik: Nachweis morphologisch veränderter Erythrozyten, spezifische
Mutationsdiagnostik
4 Therapie: evtl. Splenektomie

Renale Anämie 4 Symptomatik: Symptome der Anämie und Niereninsuffizienz


4 Ätiologie: chronische Niereninsuffizienz mit Erythropoetinmangel
4 Diagnostik: Anamnese und Labordiagnostik
4 Therapie: Nierentransplantation, rekombinantes Erythropoetin

Anämie bei Knochen- 4 Symptomatik: Anämie- , evtl. Panzytopeniesymptome


mark-Aplasie 4 Ätiologie: erworbene Knochenmarkschädigung durch Chemikalien oder
ionisierende Strahlen
4 Diagnostik: zyto- und histologische Knochenmarkuntersuchungen
4 Therapie: symptomatisch, evtl. Knochenmarktransplantation

Anämie bei Knochen- 4 Symptomatik: Panzytopenie-Symptome


mark-Infiltration 4 Ätiologie: Knochenmarkinfiltration durch Tumorzellen oder fibrotisches Gewebe
4 Diagnostik: zyto- und histologische Knochenmarkuntersuchungen
4 Therapie: evtl. kausal (Grunderkrankung) und symptomatisch (Transfusionen)

Akute Blutungs- 4 Symptomatik: durch akuten Volumenmangel verursachte Kreislaufsymptome


anämie 4 Ätiologie: oft Ösophagusvarizenblutung
4 Diagnostik: Bestimmung von Blutbild und Kreislaufparametern
4 Therapie: Blutstillung

Anämie bei chro- 4 Symptomatik: Symptome der Anämie und der Grunderkrankung
nischer Erkrankung 4 Ätiologie: zytokinvermittelte Eisenmobilisationsstörung
wie Tumoranämie 4 Diagnostik: Bestimmung von Blutbild und Serumkonzentrationen von Ferritin und
löslichem Transferrinrezeptor
6 4 Therapie: kausal (Grunderkrankung) und evtl. Erythropoetingabe
212 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Hypersplenismus 4 Symptomatik: Symptome der Anämie und Splenomegalie


4 Ätiologie: oft Leukämie oder generalisierte Lymphome
4 Diagnostik: Klärung der Ursache der Splenomegalie
4 Therapie: evtl. Splenektomie

Chronisch-refraktäre 4 Symptomatik: Symptome einer schweren Anämie mit vermehrter Eisenreserve und
Anämien Retikulozytopenie
4 Ätiologie: Gendefekte und Knochenmarkschäden
4 Diagnostik: Knochenmarkpunktion, Hb-Elektrophorese, Bestimmung der Serum-
konzentration von Eisen, Ferritin und löslichem Transferrinrezeptor
4 Therapie: Tranfusionen und Gabe von Chelatbildnern zur Eisenmobilisation aus dem
Körper

7 7.3 Stammzellerkrankungen
4 Einteilung:
7.3.1 Chronisch-myeloproliferative – Differenzierung der malignen Zellen
Erkrankungen (myeloisch/lymphatisch)
– Reifegrad der malignen Zellen (blastär bzw.
Zu den chronisch-myeloproliferativen Erkrankungen unreif/reif )
(CMPE) gehören eine Reihe von Krankheitsbildern, – Natürlicher Krankheitsverlauf (akut/
die bezüglich Pathogenese, Symptomatik und häma- chronisch, . Tab. 7.3)
tologischer Befunde viele Gemeinsamkeiten auf- – Leukozyten im peripheren Blut (leukämisch/
weisen: aleukämisch)
4 Chronisch-myeloische Leukämie (CML) – Genese (primäre/sekundäre akute
4 Osteomyelofibrose (OMF) Leukämie)
4 Polycythaemia vera (PV)
4 Essenzielle bzw. primäre Thrombozythämie (ET)
7.3.1.1 Chronisch-myeloische Leukämie
Die wichtigsten diagnostischen Methoden bei den Definition. Klonale hämatopoetische Stammzellerkran-
CMPE sind: Anfertigung von Blutbild und Blutaus- kung mit autonomer Proliferation vorwiegend von Zel-
strich mit Pappenheimfärbung, Sonographie, zyto- und len der Granulozytopoese, die ihre Differenzierungs-
histologische Knochenmark-Untersuchungen sowie fähigkeit behalten haben. Im peripheren Blut finden
zytochemische, zytogenetische und molekularbiolo- sich eine stark erhöhte Leukozytenzahl und häufig alle
gische Untersuchungen. Reifungsstufen aus dem Knochenmark.

Charakteristika der Leukämien . Tab. 7.3. Differenzierung zwischen akuter und


4 Definition: Verschiedene Erkrankungen, die chronischer Leukämie
durch maligne Transformation hämatopoeti-
Akute Leukämie Chronische Leukämie
scher oder lymphatischer Zellen entstehen.
4 Pathogenese: Proliferation von Leukämie- In der Regel unreifzellig Überwiegend reifzellig
zellen im Knochenmark und ggf. in lympha- (hochmaligne) (niedrig maligne)
tischen Geweben sowie deren Ausschwem- Unbehandelt innerhalb Protrahierter Verlauf
mung ins periphere Blut. weniger Wochen tödlich über Jahre
4 Symptome: Zeichen einer Erythro-, Granulo-
Effektive zytostatische Mittlere Überlebenszeit
und Thrombozytopenie (Panzytopenie) als Fol-
Therapien mit hohen beträgt 10–15 Jahre, bei
ge der Verdrängung und Unterdrückung der Remissionsraten (1/3 der 5% der Patienten Trans-
normalen Hämatopoese. Patienten erreichen eine formation in eine akute
6 komplette Remission) Leukämie
7.3 · Stammzellerkrankungen
213 7

. Tab. 7.4. Stadien der chronisch-myeloischen Leukämie (CML)

Stadium Charakteristische Symptome

Chronische Phase Eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß (mehr als 90%),


(stabile Phase) durch Splenomegalie verursachtes Druckgefühl im oberen Abdomen

Übergangsphase Persistierendes Fieber ohne Infektion, weiterer Gewichtsverlust, progrediente Hepato-/


(Akzelerationsphase) Splenomegalie mit Druckgefühl im oberen Abdomen, Sodbrennen und Rückenschmerzen

Blastenschub bzw. -krise Wie Übergangsphase, aber zusätzlich Anämiesymptome und Störungen der Blutgerin-
(Terminalphase) nung (Blutungen und/oder Thrombosen)

Ätiopathogenese. Chemikalien und ionisierende Strah- 4 Knochenmarkuntersuchung: Linksverschiebung,


len gelten als prädisponierende Faktoren. 95% der Pa- massive Steigerung der neutrophilen Granulozyto-
tienten weisen eine charakteristische balancierte Trans- poese.
lokation zwischen den Chromosomen 9 (enthält das 4 ZytogenetischeundmolekularbiologischeVerfah-
abl-Protoonkogen) und 22 (dort liegt die bcr-Region) ren: Nachweis des Ph-Chromosoms bzw. des BCR-
auf: t(9;22). Durch diese Translokation entsteht das ABL-Rearrangements (wichtig für die Therapie).
Philadelphia-Chromosom (Ph-Chromosom) und da-
mit ein BCR-ABL-Fusionsgen, das für ein Protein mit Therapie. Ältere Standardtherapieprotokolle beinhalten
Tyrosinkinaseaktivität kodiert und in die Regulation die Gabe von Hydroxyurea und Interferon-α (IFN-α)
der zellulären Wachstumsregulation eingreift. ggf. mit Cytosin-Arabinosid (Ara-C), das parallel zur
IFN-α-Therapie gegeben die Prognose deutlich verbes-
Epidemiologie. Inzidenz 1–2/100.000, Häufigkeits- serte. Beim Auftreten eines Leukostasesyndroms (ex-
gipfel 5./6. Lebensdekade. trem erhöhte Leukozytenzahlen über 200.000/μl) wird
eine Leukapherese notwendig.
Symptomatik. Die CML wird anhand der Symptomatik Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Imatinib zeigten
und der Laborparameter in drei verschiedene Stadien deutlich länger anhaltende komplette hämatologische
eingeteilt (. Tab. 7.4). und zytogenetische Remissionen bei Versagen der
Bei dem Blastenschub des Terminalstadiums liegt IFN-α-Therapie oder beim Eintreten in die Akzelera-
bis zu 70% eine myeloische Differenzierung vor, 20–30% tions- oder Terminalphase. Imatinib erreicht bei mehr
zeigen lymphatische Blastenkrisen und 10% haben als 85% der Patienten zytogenetische Remissionen und
Mischformen. ist der traditionellen Kombination von IFN-α und Cyta-
rabin überlegen.
> Die Diagnose einer CML wird bei mehr als der Hälfte
der Patienten zufällig bei Routineuntersuchungen Imatinib
gestellt. Der Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib brachte einen erheb-
lichen Fortschritt in der Behandlung der Ph-positiven chro-
Diagnostik. Im Blut finden sich eine deutliche Vermeh- nisch-myeloischen Leukämie. Durch die Applikation wird
rung der Leukozyten auf über 30.000/μl (oft 100.000– selektiv die Zellproliferation gehemmt und die Apoptose
300.000/μl), eine Thrombozytose, mäßige Anämie, induziert. Die Nebenwirkungen sind sehr gering, im Vorder-
Linksverschiebung, Vermehrung der Basophilen und grund stehen lediglich Leberenzymerhöhungen.
Eosinophilen, ein erniedrigter Wert der alkalischen Leu-
kozytenphosphatase (ALP-Index-Erniedrigung) sowie Insbesondere zu Beginn der Chemotherapie sollte die
eine Erhöhung der Laktatdehydrogenase (LDH) und Gabe von Allopurinol wegen der massiven Zelllyse nicht
der Harnsäure. vergessen werden. Der pathologische Zelluntergang
Die weitere Diagnostik beruht auf: führt zu einem gesteigerten Nukleinsäurestoffwechsel,
4 Abdomensonographie: Nur geringgradig vergrö- der mit einer erhöhten Harnsäurekonzentration im
ßerte Organe (als Ausgangsbefund für Verlaufs- Serum einhergeht. Allopurinol hemmt das Enzym Xan-
kontrollen unter Therapie empfiehlt sich die Be- thinoxidase, das die Bildung von Harnsäure aus Xanthin
stimmung der Leber- und Milzgröße). und Hypoxanthin bzw. Purinnukleotiden katalysiert.
214 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

. Tab. 7.5. Remissionskriterien für die CML

Remissionsart Kriterien

Hämatologische 4 Komplett: Normalisierung von Blutbild und Differenzialblutbild, Rückbildung aller klinischen
Remission Symptome und der Splenomegalie sowie Reduzierung der Knochenmarkdichte
4 Partiell: Leukozytose <20.000/μl und persistierende Splenomegalie

Zytogenetische 4 Komplett: fehlender Nachweis von Ph+-Zellen im Knochenmark


Remission 4 Partiell: <35% Ph+-Zellen im Knochenmark
4 Minimal: 35–95% Ph+-Zellen im Knochenmark
4 Fehlend: 100% Ph+-Zellen im Knochenmark

! Cave eine Panzytopenie im Blut. Bei beiden Formen treten


Wird die Gabe von Allopurinol vergessen, kann eine Anämiesymptome neben abdominellen Beschwerden
7 sekundäre Gicht auftreten. infolge der Splenomegalie auf.

Die allogene Stammzelltransplantation ist wegen der in Diagnostik. Im Blutbild Nachweis einer normozytär-
höherem Alter gehäuft auftretenden Komplikationen normochromen Anämie mit mäßiger Leukozytose (mit
auf jüngere Patienten beschränkt. Linksverschiebung), Normoblastämie und Thrombo-
zytose. Charakteristisch ist das leukoerythroblastische
> Nur die allogene Stammzelltransplantation ist Blutbild mit Dakryozyten (Tränentropfenzellen) bzw.
kurativ. Poikilozyten (unterschiedlich geformte Erythrozyten).
Erhöhung der Serumkonzentrationen von ALP, LDH
Um den Therapieerfolg beurteilen zu können, wurden und Harnsäure. Die Knochenmarkbiopsie weist bei der
Remissionskriterien definiert (. Tab. 7.5). hyperplastischen Form eine Vermehrung aller drei
Zellreihen, bei der hypoplastischen Form ein stamm-
Prognose. Im Mittel dauert die chronische Phase 4 Jah- zellleeres Knochenmark nach (während die Knochen-
re, die mittlere Lebenserwartung beträgt 4–7 Jahre. markpunktion eine Punctio sicca ergibt) und beweist
die Diagnose. Gegebenenfalls zytogenetischer Nach-
7.3.1.2 Osteomyelofibrose weis von Chromosomenaberrationen zur Abgrenzung
Synonym. Myelofibrose. von der CML.

Definition. Klonale Stammzellerkrankung mit Osteo- Therapie. Im Rahmen der palliativen Therapie der hy-
fibrosklerose und extramedullärer Hämatopoese. perplastischen Form ist die Gabe von Hydroxyurea und
INF-α oder Anagrelide möglich. Ansonsten supportive
> Die Osteomyelofibrose ist trotz ihres Namens eine Therapie mit Bluttransfusionen, Gabe von Erythro-
maligne Erkrankung. poetin, Thrombozytenaggregationshemmern und Allo-
purinol sowie evtl. Splenektomie.
Ätiopathogenese. Markfibrose und Insuffizienz der me-
dullären Hämatopoese werden wahrscheinlich durch Prognose. Die mittlere Lebenserwartung beträgt 4–5
Chemikalien oder ionisierende Strahlen ausgelöst und Jahre, bei jedem 5. Patienten erfolgt eine Transforma-
führen zu einer extramedullären Blutbildung. tion in eine akute Leukämie.

Epidemiologie. Inzidenz 0,4–0,6/100.000, Häufigkeits- 7.3.1.3 Polycythaemia vera


gipfel 6./7. Lebensdekade. Definition. Autonome Vermehrung der Erythrozyten
bei normalem Erythropoetin-Serumspiegel.
Symptomatik. Die hyperplastische Frühform ist symp-
tomarm. Alle drei Zellreihen sind vermehrt, das Kno- ! Cave
chenmark ist nur gering fibrotisch. Bei der hypoplas- Eine gewöhnliche Vermehrung der Erythrozyten-
tischen Spätform finden sich eine ausgeprägte Fibro- zahl bezeichnet man als Erythrozytose (bei Frauen
sklerose, ein verminderter Knochenmarkzellgehalt und >5,5 Mio./μl, bei Männern >6 Mio./μl).
7.3 · Stammzellerkrankungen
215 7

Ätiopathogenese. Monoklonale Erkrankung einer plu- Hypoventilation, produktiver und nicht-produktiver


ripotenten Stammzelle, die zwar alle drei Zellreihen Husten, Hämoptysis, Hämoptoe, Tachykardie (bei Herz-
betrifft, sich aber vor allem als übersteigerte Erythro- Lungen-Erkrankungen), Hämaturie (bei Nierentumo-
poese mit Hypervolämie und Viskositätssteigerung ren) und Gewichtsverlust.
manifestiert. 4 Diagnostik: Neben dem Erkennen der ursächlichen
Herz-, Lungen-, Nieren- oder endokrinologischen Er-
Epidemiologie. Inzidenz 0,5–1:100.000, Häufigkeits- krankung sollten hämatologische Parameter wie
gipfel 6./7. Lebensdekade, Verhältnis Frauen zu Män- Hb-Wert, Hämatokrit und Erythrozytenzahl sowie der
nern 1:1,2. Erythropoetinspiegel bestimmt und eine Blutgasana-
lyse durchgeführt werden.
Symptomatik. Zu den häufigsten Symptomen gehören 4 Therapie: Beseitigung der auslösenden Ursachen, an-
Hypertonie, konjunktivale Gefäßzeichnung, Zyanose, sonsten symptomatisch (z. B. Sauerstoffgabe).
Plethora und Splenomegalie. Daneben können Hepato-
megalie, Thromboembolien, Blutungen, Kopfschmer- Therapie. Neben der klassischen Aderlasstherapie (zu
zen, Sehstörungen und Ohrgeräusche (Hyperviskosität), Beginn wöchentlich mehrmals) wird eine zytoreduk-
Schwindel, Schwächegefühl, Juckreiz, Kribbelparästhe- tive Therapie mit Hydroxyurea, INF-α und Anagrelide
sien in den Akren und Gewichtsverlust auftreten. durchgeführt. Zur medikamentösen Therapie gehören
Thrombozytenaggregationshemmer, Allopurinol und
Diagnostik. Im Blutbild ist ein erhöhter Hämatokrit- und Antihistaminika.
somit ein erhöhter Hämoglobinwert neben Leukozytose
und Thrombozytose festzustellen. Zudem bestehen ein Prognose. Die mittlere Überlebensdauer ist 10–15 Jah-
stark erhöhter ALP-Index und ein oft erniedrigter bis re, hängt jedoch deutlich von Komplikationen (insbe-
normaler Erythropoetinspiegel. Knochenmarkuntersu- sondere Thromboembolien) ab.
chungen zeigen neben der im Vordergrund stehenden
Hyperplasie der Erythropoese eine Proliferation aller 7.3.1.4 Essenzielle Thrombozythämie
3 Zellreihen. Synonym. Primäre Thrombozythämie.
Liegt die arterielle Sauerstoffsättigung nicht im
Normbereich (>90%), handelt es sich um eine se- Definition. Klonale Stammzellerkrankung überwie-
kundäre Erythrozytose aufgrund eines Sauerstoff- gend der Megakaryozyten.
mangels mit kompensatorisch erhöhtem Erythropoetin-
spiegel. Ätiopathogenese. Entspricht der Ätiopathogenese der
Polycythaemia vera.
> Wichtigste Differenzialdiagnose ist die sekundäre
Polyglobulie, die am häufigsten bei der chronischen Epidemiologie. Inzidenz 0,1–0,5/100.000, Verhältnis
arteriellen Hypoxämie auftritt. Frauen zu Männern 1,4:1.

Sekundäre Polyglobulie Symptomatik. Meist fallen Durchblutungsstörungen


4 Definition: Reaktive Vermehrung der Erythrozyten bei mit arteriellen oder venösen Thrombosen und Mikro-
erhöhtem Erythropoetinspiegel. zirkulationsstörungen auf. Bei jedem 2. Patienten be-
4 Ätiopathogenese: Chronische Lungenerkrankungen steht eine Splenomegalie, bei jedem 5. Patienten eine
mit Ventilationsstörungen, pulmonale Hypertonie und Hepatomegalie.
Herzfehler mit Rechts-Links-Shunts verursachen eine
chronische arterielle Hypoxämie, die gegenregulato- Diagnostik. Thrombozytose mit über 600.000 Throm-
risch die Stimulation der renalen Erythropoetinsyn- bozyten/μl, bei der Knochenmarkbiopsie zeigt sich eine
these induziert. Andere Ursachen eines erhöhten Ery- Megakaryozyten-Hyperplasie.
thropoetinspiegels sind endokrinologische Erkrankun-
gen und Nierentumoren. ! Cave
4 Symptomatik: Zu den häufigsten Symptomen gehören Die Thrombozytenzahl korreliert häufig nicht mit der
Hypertonie, konjunktivale Gefäßzeichnungen, Zyanose, klinischen Symptomatik.
Plethora, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Ohrgeräu-
sche (Hyperviskosität), Schwindel und Schwächegefühl. Therapie. Symptomatische Therapie durch Zytore-
Daneben bestehen die Symptome der ursächlichen duktion und Thrombozytenaggregationshemmung wie
Grunderkrankung wie Dyspnoe, Zyanose, Hyper- und bei Polycythaemia vera.
216 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Prognose. Die Lebenserwartung ist nur gering einge- > Die bedeutendsten Komplikationen der essenziellen
schränkt. Thrombozythämie sind arterielle und venöse Throm-
bosen großer Gefäße mit Thromboembolien und
Mikrozirkulationsstörungen.

In Kürze
Chronisch-myeloproliferativen Erkrankungen (CMPE)

Chronisch-myeloische 4 Symptomatik: Allgemeinsymptome, Splenomegalie


Leukämie 4 Ätiologie: autonome Proliferation einer granulopoetischen Stammzelle mit Bildung
des Philadelphia-Chromosoms, das durch Translokation t(9;22) entsteht und die
Synthese einer abnormen Tyrosinkinase bewirkt
4 Diagnostik: Differenzialblutbild (Linksverschiebung) und Nachweis des Ph-Chro-
mosoms
4 Therapie: Hydroxyurea, INF-α, Ara-C, Imatinib, allogene Stammzelltransplantation
7
Osteomyelo-fibrose 4 Symptomatik: Anämiezeichen, Oberbauchbeschwerden bei Hepatospleno-
megalie
4 Ätiologie: klonale Stammzellerkrankung mit progredienter Markfibrose, wahr-
scheinlich durch Chemikalien oder ionisierende Strahlen ausgelöst
4 Diagnostik: Differenzialblutbild (leukoerythroblastisches Bild), Knochenmark-
biopsie (Nachweis einer Knochenmarkfibrose oder -sklerose)
4 Therapie: Hydroxyurea, INF-α, Anagrelide, Bluttransfusionen, evtl. Splenektomie

Polycythaemia vera 4 Symptomatik: Durchblutungsstörungen, Thromboembolien, Blutungen


4 Ätiologie: Klonale Stammzellerkrankung mit vor allem gesteigerter Erythropoese
4 Diagnostik: Blutbild, Knochenmarkuntersuchungen, Ausschluss einer sekundären
Polyglobulie
4 Therapie: Aderlässe, Hydroxyurea, INF-α und Anagrelide

Essenzielle Thrombo- 4 Symptomatik: Mikrozirkulationsstörungen, Thromboembolien.


zythämie 4 Ätiologie: klonale Stammzellerkrankung mit vor allem gesteigerter Thrombopoese
4 Diagnostik: Blutbild (Thrombozytose), Knochenmarkuntersuchungen
4 Therapie: Hydroxyurea, INF-α, Anagrelide, Thrombozytenaggregationshemmer

7.3.2 Myelodysplastische Syndrome > MDS werden als stufenweise ablaufende maligne
(MDS) Entartung des Alters angesehen.

Definition. Knochenmarkerkrankungen, die vom Im Alter nehmen die hämatopoetischen Stammzellen


Stammzellkompartment ausgehen und bei denen alle und somit die Knochenmarkreserve ab, weil im Laufe
drei Zellreihen der Hämatopoese qualitativ oder quan- des Lebens erworbene Schäden am nukleären und mito-
titativ verändert sind. Sie nehmen eine Zwischen- chondrialen Genom akkumulieren.
stellung zwischen der AML und den CMPE ein und
werden nach vielen Klassifikationen eingeteilt. Epidemiologie. Inzidenz 4/100.000 allgemein, bei den
über 70-Jährigen 20/100.000.
Atiopathogenese. Primäre myelodysplastische Syn-
drome (De-novo-MDS), bei denen keine auslösende Symptomatik. Die meisten Beschwerden werden durch
Noxe bekannt ist, machen 90% aus. Sekundäre myelo- die Anämie ausgelöst.
dysplastische Syndrome treten insbesondere nach Che-
mo-/Radiotherapie auf.
7.3 · Stammzellerkrankungen
217 7

! Cave > An die HLA-Typisierung von Patient und Geschwis-


Jeder zweite Patient hat keine Symptome. tern muss rechtzeitig gedacht werden.

Diagnostik. Differenzialblutbild und Knochenmarkun- Therapie. Allogene Knochenmarktransplantation oder


tersuchungen. Die ineffektive Hämatopoese zeigt sich immunsuppressive Therapie mit Antilymphozytenglo-
in einer Panzytopenie (pathologisches Differenzialblut- bulin, Ciclosporin und Steroiden.
bild) bei erhöhter oder normaler Zelldichte des Kno-
chenmarks (ineffektive Hämatopoese mit trilinearen Prognose. Sehr gute Prognose bei adäquater Therapie:
Reifungsdefekten der Zellen). 80% überleben sehr lange Zeit sowohl nach Knochen-
marktransplantation als auch nach immunsuppressiver
Therapie. Jüngere Patienten werden wie bei der AML Therapie.
(7 Kap. 7.4.1) aggressiv polychemotherapiert mit ent-
sprechenden supportiven Maßnahmen (Erythrozyten-
substitution nach klinischer Symptomatik, Throm- 7.3.4 Paroxysmale Nächtliche
bozytensubstitution, antiinfektiöse Therapie mit Breit- Hämoglobinurie (PNH)
bandantibiotika). Therapie der Wahl bei jüngeren
Patienten ist die allogene Blutstammzelltransplantation Definition. Benigne klonale Stammzellerkrankung mit
mit einem HLA-kompatiblen Familienspender. Bei Komplementempfindlichkeit der Erythrozyten.
älteren Patienten oft nur supportive Maßnahmen.
Ätiopathogenese. Eine erworbene somatische Mutation
Prognose. Die mittlere Überlebensdauer hängt von des PIG-A-Gens auf dem X-Chromosom führt zur extre-
der Risikogruppe (Blastenanteil im Knochenmark, men Komplementempfindlichkeit der Erythrozyten.
Karyotyp, Granulozyten- und Thrombozytenzahl)
Epidemiologie. Inzidenz 0,1–0,5/100.000, Häufigkeits-
und von auftretenden Blutungs- und Infektkomplika-
gipfel 3./4. Lebensdekade.
tionen ab.
Symptomatik. Meist schubweise auftretende Hämolyse
mit Thrombosen oder Neutropenie und Thrombozyto-
7.3.3 Aplastische Anämie
penie.

Synonym. Panmyelopathie. > Oft manifestieren sich die Thrombosen als Bauch-
oder Rückenschmerzen.
Definition. Anämie bei verschiedenen Knochenmark-
insuffizienzen. Diagnostik. Nachweis einer normochromen hämoly-
tischen Anämie mit komplementabhängiger Hämolyse
Ätiopathogenese. Die aplastische Anämie ist zu 80% (positiver Säureserumtest und Zuckerwassertest), da-
idiopathisch, zu 20% wahrscheinlich durch Medika- neben Nachweis einer Hämoglobinurie und Hämo-
mente, Toxine oder Viren verursacht. siderinurie. Der sensitive und spezifische Nachweis
verminderter oder fehlender GPI-Ankermoleküle ist
Epidemiologie. Inzidenz 3/100.000. genauso wie die quantitative Größenbestimmung des
PNH-Klons mit der Durchflusszytometrie möglich.
Symptomatik. Neben Anämien und Blutungen vom
thrombozytopenischen Typ (7 Kap. 7.6.1) bestehen Therapie. Bei Thrombosen, rezidivierenden schweren
Zeichen einer neutropenischen Infektion wie Mund- hämolytischen Schüben oder Panzytopenie Knochen-
und Rachenulzera, nekrotisierende Gingivitis oder marktransplantation, ansonsten Immunsuppression mit
Tonsillitis, Pneumonie und Phlegmone. Antilymphozytenglobulin, Ciclosporin und Steroiden.
Symptomatische Therapie mit Erythrozytentransfusio-
Diagnostik. Die Anamnese spielt bei den medikamen- nen, Eisensubstitution, Antikoagulation (erst nach einem
ten- und toxininduzierten, aber auch bei den seltenen thrombotischen Ereignis), Kortikosteroidgabe während
angeborenen Formen eine große Rolle. Das Blutbild der Hämolysen, Androgengabe für etwa 2 Monate und
(einschließlich Differenzialblutbild und Retikulozy- einer antiinfektiösen Therapie mit Antibiotika.
tenzahl) zeigt eine periphere Panzytopenie. Knochen-
markuntersuchungen weisen eine Aplasie bzw. Hypo- Prognose. Die mittlere Überlebenszeit liegt bei etwa
plasie des hämatopoetischen Knochenmarks nach. 10 Jahren.
218 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

In Kürze
Stammzellerkrankungen (ohne CMPE)

Myelodysplastische 4 Symptomatik: Anämiesymptome


Syndrome (MDS) 4 Ätiologie: 90% idiopathisch, 10% nach Chemo- oder Radiotherapie
4 Diagnostik: Differenzialblutbild, Knochenmarkuntersuchungen
4 Therapie: Polychemotherapie, ggf. Stammzelltransplantation oder
supportive Therapie

Aplastische Anämie 4 Symptomatik: Anämiesymptome, Blutungs- und Infektionszeichen


(Panmyelopathie) 4 Ätiologie: 80% idiopathisch
4 Diagnostik: Knochenmarkuntersuchungen
4 Therapie: allogene Knochenmarktransplantation oder Immunsuppression

Paroxysmale Nächtliche 4 Symptomatik: Symptome der hämolytischen Anämie, Bauch- bzw. Rücken-
Hämoglobinurie (PNH) schmerzen bei abdominellen Thrombosen
7 4 Ätiologie: PIG-A-Genmutation
4 Diagnostik: Blutbild, Säureserumtest und Durchflusszytometrie
4 Therapie: allogene Knochenmarktransplantation oder Immunsup-
pression

7.4 Granulo- und monozytäre erniedrigt, normal oder erhöht sein. Im Differenzial-
Erkrankungen blutbild erkennt man neben dem Hiatus leucaemicus
(Granulopoeselücke mit Auftreten von Blasten und
7.4.1 Akute myeloische Leukämie (AML) segmentierten Granulozyten bei Fehlen der Zwischen-
stufen) bei 25% der Patienten charakteristische Auer-
Definition. Klonale Erkrankung einer frühen myeloisch Stäbchen (. Abb. 7.3). Punktion und Stanzzylinderent-
determinierten Vorläuferzelle, die zu einer gestörten nahme aus dem Knochenmark sind für Diagnose-
Ausreifung und unkontrollierten Proliferation leukämi- stellung und Klassifikation unbedingt erforderlich.
scher Blasten im Knochenmark und oft im Blut führt. Wichtige zytochemische Marker . Abb. 7.4. Die Immun-
phänotypisierung ist für die FAB-Klassifikation der
Ätiopathogenese. Im Zusammenhang mit Chromoso- akuten myeloischen Leukämie sehr wichtig, molekular-
menaberrationen kommt es zur malignen Transforma- und zytogenetische Untersuchungen bestimmen pro-
tion einer myeloisch determinierten hämatopoetischen gnostische Faktoren.
Stammzelle. Als prädisponierende Faktoren gelten ins-
besondere Chemikalien, ionisierende Strahlen, Rauchen,
hereditäre Faktoren und hämatologische Erkrankungen
wie die MDS.

Epidemiologie. Inzidenz allgemein 3–4/100.000, bei


den über 65-Jährigen 15/100.000.

Symptomatik. Neben der klassischen B-Symptomatik


treten Leistungsminderung, Inappetenz und Knochen-
schmerzen auf. Weil alle 3 hämatopoetischen Zellrei-
hen betroffen sind, zusätzlich Panzytopeniesymptome
(7 Kap. 7.1).

Diagnostik. Im initialen Blutbild kann die Leukozyten- . Abb. 7.3. Auer-Stäbchen in Myeloblasten, die mittels
zahl bei bestehender Anämie und Thrombozytopenie Peroxidasereaktion angefärbt sind (7 Farbtafelteil)
7.4 · Granulo- und monozytäre Erkrankungen
219 7

. Abb. 7.4. Mindmap Leukämien


220 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Die WHO-Klassifikation der AML unterscheidet: Prognose. Eine langfristige komplette Remission (»Hei-
4 AML mit wiederkehrenden zytogenetischen Ab- lung«) erreicht jeder 3. Patient, die allogene Stammzell-
normalitäten transplantation hat eine bessere Prognose. Bei jedem
4 AML mit Dysplasie mehrerer Zellreihen (Erythro-, 2. Patienten mit Rezidiv kann eine zweite Remission
Granulo- und Thrombopoese) erreicht werden.
4 AML und myelodysplastisches Syndrom bzw. thera-
piebedingt > Jede akute Leukämie ist potenziell heilbar und sollte
4 AML ohne weitere Kategorie nach Abwägung der beim jeweiligen Patienten vor-
liegenden Rahmenbedingungen (biologisches Alter,
> Eine HLA-Typisierung des Patienten sollte für die Allgemein- und Ernährungszustand des Patienten)
Spendersuche zur allogenen Stammzelltransplanta- adäquat therapiert werden.
tion so früh wie möglich vorgenommen werden.

! Cave 7.4.2 Eosinophilie und Hypereosinophiles


Bei Patienten mit Aplasie unter Chemotherapie ist Syndrom (HES)
keine HLA-Typisierung mehr möglich.
7 Definition. Eosinophilie ist die Erhöhung der absolu-
Therapie. Neben der autologen oder allogenen Stamm- ten Eosinophilenzahl auf über 450/μl. Sie ist benigne
zelltransplantation gibt es viele dreiphasige Chemothe- und asymptomatisch. Das HES geht dagegen mit symp-
rapien (Induktions-, Konsolidierungs- und Erhaltungs- tomatischen Organmanifestationen einher.
therapie, . Tab. 7.6).
Bei der Sonderform der akuten Promyelozyten- Ätiopathogenese. Die Eosinophilie resultiert aus einer
leukämie hat sich die zusätzliche Gabe von all-trans- gesteigerten Produktion und/oder längeren Überlebens-
Retinolsäure bewährt. Bei der supportiven Therapie zeit der Eosinophilen. Man unterscheidet eine primäre
werden oft Erythrozyten- und Thrombozytenkonzent- Eosinophilie (HES mit unbekannter Ursache) von der
rate (wegen Blutungskomplikationen) neben Wachs- sekundären Eosinophilie, die reaktiv auftritt (häufigs-
tumsfaktoren (G-CSF oder GM-CSF) zur Verkürzung te Ursache: Parasitose).
der Aplasiedauer gegeben.
Epidemiologie. Selten, Häufigkeitsgipfel 3. bis 5. Le-
> Die Infektprophylaxe, einschließlich der selektiven bensdekade, Verhältnis Frauen zu Männern 1:9.
Darmdekontamination, ist wegen häufiger bakte-
rieller und mykotischer Infektionen von großer Symptomatik. Beim HES Herzmanifestation mit aku-
Bedeutung. ter nekrotischer Schädigung des Endokards, throm-
botischen Auflagerungen, Endomyokardfibrose (Endo-
Klinische Kriterien für eine komplette Remission sind: carditis fibroplastica Löffler) sowie Lungenmani-
4 Weniger als 5% Blasten im Knochenmark und Blas- festation mit pulmonalem Angioödem. Daneben sind
tenfreiheit im peripheren Blut schmerzhafte Splenomegalie, Diarrhö, Embolien,
4 Wiederherstellung des normalen Blutbilds Thrombosen, Arthralgien mit Gelenkergüssen und
4 Keine extramedulläre Manifestation Myalgien häufig.

. Tab. 7.6. Therapie der akuten myeloischen Leukämie (AML)

Therapiephase Charakteristika

Induktionstherapie Reduktion/Elimination des malignen Zellklons durch Gabe von Cytosin-Arabinosid


in Verbindung mit einem Anthrazyklin

Konsolidierungstherapie Weitere Reduktion bzw. Elimination durch gering veränderte Induktionstherapie


über ein bis mehrere Zyklen

Erhaltungstherapie Gabe von Cytosin-Arabinosid mit Thioguanin, Cyclophosphamid oder Anthra-


zyklinen
7.4 · Granulo- und monozytäre Erkrankungen
221 7

Diagnostik. Da es sich beim HES um eine Ausschluss- Prognose. Etwa ein Drittel der Patienten verstirbt.
diagnose handelt, müssen obligat 3 Kriterien erfüllt sein:
4 Eosinophilie >1.500/μl, die länger als 6 Monate
besteht 7.4.4 Langerhans-Zell-Histiozytose
4 Ausschluss anderer Ursachen für die Eosinophilie
wie einer Parasitose, d. h. Ausschluss einer reakti- Synonym. Histiozytosis X.
ven bzw. sekundären Eosinophilie
4 Symptomatische Organbeteiligung Definition. Seltene neoplastische Erkrankung des Mono-
zyten-Makrophagen-Systems mit drei verschiedenen
Therapie. Beim HES Reduktion der Eosinophilen und Formen:
Begrenzung der Organschädigung durch Prednison, 4 Lokalisierte Krankheitsmanifestation (früher eosi-
Hydroxyurea, Vincristin, Interferon-α2a und -α2b. nophiles Granulom genannt).
4 Multiorganbeteiligung mit Diabetes insipidus, Exoph-
thalmus und multiplen osteolytischen Knochenher-
7.4.3 Agranulozytose den (Hand-Schüller-Christian-Krankheit).
4 Generalisierte Organinfiltration mit Funktions-
Definition. Zeitlich begrenzte, medikamentös verur- störungen im Säuglings- und frühen Kindesalter
sachte Verminderung der Granulozyten auf <500/μl. (Abt-Letterer-Siwe-Erkrankung).

Ätiopathogenese. Meistens medikamentös-allergische Ätiopathogenese. Klonale Proliferation von Histio-


Reaktion auf bestimmte Analgetika (wie Metamizol), zyten vom Langerhans-Zell-Typ, die zusammen mit
Antibiotika (wie Cotrimoxazol), Thyreostatika (wie Eosino- und Neutrophilen, Histiozyten und kleinen
Carbimazol) und Neuroleptika (wie Clozapin). Lymphozyten Organe infiltrieren.
Unterschieden wird:
4 Akute (allergische) Agranulozytose vom Amido- Epidemiologie. Inzidenz 0,2–0,5/100.000, Häufigkeits-
pyrin-Typ, nur bei disponierten Personen, weitge- gipfel 1./2. Lebensdekade, Verhältnis Frauen zu Män-
hend dosisunabhängig nern 1:3,7.
4 Subakute (toxische) Agranulozytose vom Pheno-
thiazin-Typ, unabhängig von einer individuell be- Symptomatik. Neben Allgemeinsymptomen Hautbe-
stehenden Disposition, oft dosisabhängig fall, Schwellungen und durch Osteolyse verursachte
Schmerzen.
Epidemiologie. Inzidenz 2–500/1.000.000.
Diagnostik. Nachweis von Langerhans-Zellen (enthal-
! Cave ten Birbeck-Granula, sind CD1a- und S-100-positiv)
Die Agranulozytose darf nicht mit der aplastischen und Biopsien der Organinfiltrationen sowie Staging-
Anämie, die viel häufiger ist, verwechselt werden. Untersuchungen.

Symptomatik. Hohes Fieber, Schüttelfrost, Tachykar- Therapie. Lokaltherapie mit Steroiden, systemische
die, Dyspnoe und Angina (Angina agranulocytotica) Therapie mit Steroiden und Vinblastin.
entwickeln sich innerhalb weniger Stunden bis Tage.
Die Patienten sind schwer krank. Weil die neutrophilen
Granulozyten den größten Anteil an den Granulozyten 7.4.5 Mastozytose
ausmachen, wird die Agranulozytose auch als schwere
Neutropenie und das Fieber als neutropenes Fieber be- Definition. Gruppe unterschiedlicher Syndrome, durch
zeichnet. Akkumulation von Mastzellen in einem oder mehreren
Organen charakterisiert.
Diagnostik. Im peripheren Blutbild und im Knochen- Unterschieden werden:
markaspirat können praktisch keine Granulozyten 4 Lokalisierte bzw. kutane Mastozytose (Urticaria
nachgewiesen werden. pigmentosa) mit normaler Lebenserwartung
4 Systemische Mastozytose mit eingeschränkter Le-
Therapie. Neben dem Absetzen des auslösenden Arz- benserwartung
neistoffs ist die sofortige antibiotische Breitbandtherapie
in Verbindung mit der Gabe von G-CSF lebensrettend.
222 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Ätiopathogenese. Klonale und autonome Mastzellver- Diagnostik. Laborchemischer Nachweis eines erhöhten
mehrung. Tryptaseserumspiegels und Nachweis von Mastzellin-
filtraten in Organproben.
Symptomatik. Typisch sind Urtikaria bei beiden For-
men, ansonsten treten gastrointestinale Beschwerden Therapie. Je nach Klinik bei beiden Formen symptoma-
(Diarrhö, Schmerzen, Malabsorption) und Flushsymp- tische Therapie mit Antihistaminika und Kortikoste-
tomatik bei der systemischen Form auf. roiden, bei der lokalisierten Form kann eine P-UVA-
Therapie versucht werden.

In Kürze
Granulo- und monozytäre Erkrankungen

Akute myeloische 4 Symptomatik: Anämiesymptome, Blutungs- und Infektionsneigung


Leukämie (AML) 4 Ätiologie: Chromosomenaberration und maligne Transformation einer hämato-
poetischen Stammzelle
7 4 Diagnostik: Differenzialblutbild, Knochenmarkuntersuchungen, Immunphäno-
typisierung, molekular- und zytogenetische Untersuchungen
4 Therapie: Chemotherapie, Stammzelltransplantation

Eosinophilie und 4 Symptomatik: abhängig vom Organbefall


hypereosinophiles 4 Ätiologie: idiopathisch
Syndrom (HES) 4 Diagnostik: Blutbild, Eosinophilennachweis in Organen
4 Therapie: beim HES Kortikosteroide, ggf. INF-α2a/2b und Zytostatika

Agranulozytose 4 Symptomatik: hohes Fieber mit Schüttelfrost, Tachykardie, Dyspnoe


4 Ätiologie: meist medikamentös-allergisch
4 Diagnostik: Blutbild
4 Therapie: Ursachenbeseitigung, Gabe von Antibiotika und G-CSF

Langerhans-Zell- 4 Symptomatik: Allgemeinsymptome, Osteolyseschmerzen, Hautbefall, Schwellungen


Histiozytose 4 Ätiologie: klonale Proliferation von Langerhans-Zellen, Organinfiltration mit anderen
Leukozyten
4 Diagnostik: Biopsie der Organinfiltrationen (Nachweis von Langerhans-Zellen)
4 Therapie: Lokal mit Kortikosteroiden, systemisch zusätzlich mit Vinblastin

Mastozytose 4 Symptomatik: Urtikaria, bei der systemischen Form zusätzlich Flushsymptomatik


und gastrointestinale Beschwerden
4 Ätiologie: klonale Proliferation von Mastzellen
4 Diagnostik: Klinik, Biopsie aus Organinfiltrationen (Nachweis von Mastzellen), Blut-
bild, erhöhter Tryptaseserumspiegel
4 Therapie: symptomatisch mit Antihistaminika und Kortikosteroiden, bei der lokali-
sierten Form P-UVA-Therapie
7.5 · Lymphome
223 7
7.5 Lymphome

7.5.1 Hodgkin-Krankheit

Synonym. Lymphogranulomatose, Hodgkin-Lym-


phome.

Definition. Gruppe maligner lymphatischer Neoplasien,


die die spezifischen (beweisenden) Zelltypen Stern-
berg-Reed-Riesenzellen (mehrkernig) und Hodgkin-
Zellen (einkernig, . Abb. 7.5) aufweisen. a

Ätiopathogenese. Sternberg-Reed-Riesenzellen und


Hodgkin-Zellen sind eine klonale Proliferation von
Keimzentrum- bzw. Post-Keimzentrum-Lymphozyten
der Hodgkin-Lymphome (. Tab. 7.7). Verschiedene Mu-
tationen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen
sind molekulargenetisch nachgewiesen.

Epidemiologie. Inzidenz 2–4/100.000, Häufigkeits-


gipfel 3./6. Lebensdekade, Verhältnis Frauen zu Män-
nern 6:10. b

Symptomatik. Plötzlicher Leistungsabfall und schmerz- . Abb. 7.5. a Sternberg-Reed-Riesenzelle, b Hodgkin-Zelle


lose Lymphknoten-Schwellungen sind die häufigsten (7 Farbtafelteil)
Symptome, gefolgt von der klassischen B-Symptoma-
tik (nicht erklärbares Fieber über 38°C, Gewichts-
verlust über 10% des Körpergewichts in 6 Monaten, Diagnostik. Zytologischer bzw. histologischer Nach-
nicht erklärbarer Nachtschweiß). Seltenere Symptome weis der Sternberg-Reed-Riesenzellen und Hodgkin-
sind quälender Juckreiz und der Alkoholschmerz, der Zellen, am besten Lymphknotenexstirpation mit histo-
nach entsprechendem Konsum in den betroffenen logischer Untersuchung.
Lymphknoten auftritt. Desweiteren:
4 Klinische Untersuchung
! Cave 4 Hämatologische Untersuchung: Blutbild
Jede mehr als 4–6 Wochen persistierende oder deut- 4 Klinisch-chemische Untersuchungen: BSG, LDH,
lich progrediente Lymphknotenschwellung muss AP und Parameter der Leber- und Nierenfunktion
durch zyto- und histologische Untersuchung abge- 4 Radiologische Untersuchungen: Röntgenthorax,
klärt werden. Abdomensonographie, zum Staging CT Hals-Tho-
rax-Abdomen
4 Kardiopulmonale Untersuchungen: EKG, Echokar-
. Tab. 7.7. Subtypen der Hodgkin-Lymphome (HL) diographie, Lungenfunktionstest
4 Nuklearmedizinische Untersuchungen: Skelett-
Hodgkin- Subtyp (Häufigkeit)
szintigraphie, PET
Lymphom
4 Histopathologische Untersuchungen: Biopsie der
Klassische 4 Nodulär-sklerosierende Form Proben aus Knochenmark, Leber und anderen
Hodgkin- (60–70%) extranodalen Herden
Lymphome 4 Gemischtzellige Form (25%)
4 Lymphozytenreiche Form (2–3%) Zur Stadieneinteilung der Hodgkin-Lymphome,
4 Lymphozytenarme Form (0,8–1%)
. Tab. 7.8.
Noduläres 4 Lymphozytenprädominante
Para- Form (2–3%) > Andere Ursachen für Lymphknotenschwellungen
granulom (insbesondere CMV-, EBV- und HIV-Infektionen)
müssen ausgeschlossen werden.
224 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

. Tab. 7.8. Stadien der Hodgkin-Lymphome nach der Ann-Arbor-Klassifikation

Stadium Ausdehnung

Stadium I Befall einer einzigen Lymphknotenregion (I/N) oder Vorliegen eines einzigen oder lokalisierten extra-
nodalen Herdes (I/E)

Stadium II Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (II/N) oder Vorliegen
lokalisierter extranodaler Herde und Befall einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf einer
Seite des Zwerchfells (II/E)

Stadium III Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (III/N) oder Befall
von lokalisierten extranodalen Herden und Lymphknoten, sodass ein Befall auf beiden Seiten des
Zwerchfells vorliegt (III/E)

Stadium III1 Subphrenische Lokalisation mit Befall oberhalb des Truncus coeliacus (beschränkt auf Milz, zöliakale
und/oder portale Lymphknoten allein oder gemeinsam)

7 Stadium III2 Subphrenische Lokalisation mit Befall unterhalb des Truncus coeliacus (beschränkt auf paraaortale,
mesenteriale, iliakale und/oder inguinale Lymphknoten allein oder gemeinsam)

Stadium IV Disseminierter Befall einer oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Befall von
Lymphknoten

Der Zusatz A bedeutet Fehlen, der Zusatz B Vorhandensein der klassischen B-Symptomatik; N steht für nodalen, E für
extranodalen Befall. Zum lymphatischen Gewebe gehören Lymphknoten, Milz, Thymus, Waldeyer-Rachenring und
Appendix

Therapie. Die Standard-Therapie bei Hodgkin-Lym- Lymphomen keine klassischen Sternberg-Reed-Riesen-


phomen ist stadienabhängig. Patienten mit den Sta- zellen und Hodgkin-Zellen aufweisen. Ursprungszellen
dien I und II erhalten eine kombinierte Chemo-/Radio- von NHL können sowohl B- als auch T-Lymphozyten
therapie mit ABVD (Adriamycin, Bleomycin, Vinblas- sein.
tin, Dacarbazin), Patienten mit den Stadien III und IV In Abhängigkeit vom primären Entstehungsort
Chemo-/Radiotherapie mit BEACOPP (Bleomycin, unterscheidet man nodale und extranodale Non-Hodg-
Etoposid, Adriamycin, Cyclophosphamid, Oncovin, kin-Lymphome. Alternativ können die NHL auch in
Procarbazin und Prednison). Die wichtigsten Therapie- follikulär (nodulär, Lymphfollikel wie in Lymphknoten
komplikationen sind Entwicklung einer Zweitneoplasie und Milz) und diffus differenziert werden. 85% der NHL
nach mehreren Jahrzehnten, Pneumonitis durch die sind B-Zell-Lymphome, 15% sind T-Zell-Lymphome.
Bestrahlung, Sterilität und opportunistische Infek-
tionen. 7.5.2.1 Nodale NHL (N-NHL)
Synonym. Follikuläre (noduläre) Non-Hodgkin-Lym-
Prognose. Hodgkin-Lymphome haben unter den malig- phome.
nen lymphatischen Erkrankungen des Erwachsenen die
höchste Heilungsrate. Bei angemessener Behandlung Definition. NHL, die primär in einem lymphatischen
können etwa 80% der Fälle geheilt werden. Dabei haben Organ oder Organsystem entstehen.
lokale extranodale Hodgkin-Lymphome vom nodulär-
sklerosierenden Subtyp in einem Organ eine deutlich Ätiopathogenese. Die genaue Ätiologie ist unklar.
bessere Prognose als Lymphome mit diffuser hämato- Möglicherweise können chemische Noxen, ionisieren-
gener Organbeteiligung. de Strahlen, Viren (wie HIV), Autoimmunkrankheiten
oder Immunsuppressionen die Entstehung auslösen
oder fördern.
7.5.2 Non-Hodgkin-Lymphome (NHL)
Epidemiologie. Inzidenz 13,9/100.000, Häufigkeits-
Definition. Sehr heterogene Gruppe maligner lympha- gipfel 5./7. Lebensdekade, Verhältnis Frauen zu Män-
tischer Neoplasien, die im Gegensatz zu den Hodgkin- nern 1:1,5.
7.5 · Lymphome
225 7

Symptomatik. Ähnlich der Symptomatik beim ! Cave


M. Hodgkin. Patienten mit hochmalignen NHL haben unbehandelt
eine deutlich schlechtere Prognose als Patienten mit
> N-NHL befallen sekundär viel häufiger Organe, die niedrigmalignen NHL. Weil sich aber hochmaligne
nicht zum lymphatischen System gehören, als HL. NHL besser therapieren, sogar heilen lassen, haben
Patienten mit hochmalignen NHL, wenn sie nach den
Diagnostik. Lymphknotenexstirpation mit zyto-histo- aktuellen Therapieempfehlungen behandelt werden,
logischem Nachweis eines Lymphoms mit malignen eine bessere Prognose.
lymphatischen Zellen und Ausschluss von Sternberg-
Reed-Riesenzellen und Hodgkin-Zellen, Knochen- 7.5.2.2 Extranodale NHL (E-NHL)
markbiopsie (Knochenmarkinfiltration bei der Hälfte Synonym. Diffuse Non-Hodgkin-Lymphome.
der Patienten), Blutbild (80% der Patienten zeigen pa-
thologische Blutbildveränderung bis hin zur Panzyto- Definition. NHL, die primär in einem nicht-lymphati-
penie aufgrund der Knochenmarkinfiltration). Aus- schen Organ oder Organsystem entstehen.
gedehnte Computertomographie zum Staging. Die
Stadieneinteilung erfolgt gering modifiziert nach der Ätiopathogenese. Sie entspricht der Ätiopathogenese
Ann-Arbor-Klassifikation (. Tab. 7.8). Grundsätzlich der nodalen NHL.
wird zwischen niedrig- und hochmalignen NHL unter-
schieden. Epidemiologie. 25–50% aller NHL sind extranodale
NHL.
> Als Tumormarker für Verlaufsbeobachtungen bei
Lymphomen eignet sich das β2-Mikroglobulin, das Symptomatik. Neben für Lymphome typischen Allge-
Bestandteil des HLA-Antigens (MHC-Klasse I) ist und meinsymptomen bestehen Beschwerden, die von dem
besonders auf der Oberfläche von Lymphozyten befallenen Organ abhängig sind.
exprimiert wird. Andere Tumormarker sind die Thymi-
dinkinase (TK) und der lösliche Interleukin 2-Rezeptor Diagnostik. Gezielte Biopsien zum zyto-/histologischen
(sIL2-R). Nachweis eines Lymphoms mit malignen lymphatischen
Zellen und Ausschluss von Sternberg-Reed-Riesen-
Therapie. Da alle NHL strahlensensibel sind, erhalten zellen und Hodgkin-Zellen. Ausgedehnte Computer-
viele Patienten eine Radio-/Immuno-/Polychemothe- tomographie zum Staging. Die Stadieneinteilung erfolgt
rapie. Dabei wird die Polychemotherapie oft mit einem gering modifiziert nach der Ann-Arbor-Klassifika-
monoklonalen CD20-Antikörper (Rituximab) kombi- tion (. Tab. 7.8). Grundsätzlich wird zwischen niedrig-
niert, weil die meisten NHL B-Zell-Proliferationen sind und hochmalignen extranodalen NHL unterschieden.
und die B-Zell-Lymphozyten das CD20-Antigen in der Für die MALT (»mucosa-associated lymphatic tissue«)-
Zellmembran aufweisen. Lymphome gibt es eine eigene Klassifikation.
Ein wichtiges Standardprotokoll zur Therapie der
B-Zell-NHL heißt R-CHOP: Rituximab-Cyclophos- Therapie. Sie variiert in Abhängigkeit von Lokalisation,
phamid/Hydroxydaunorubicin/Oncovin/Prednison. Ausdehnung und Malignitätsgrad (. Tab. 7.9).

> Patienten mit hochmalignen NHL sollten immer Prognose. Grundsätzlich sind die Heilungschancen
therapiert werden, dagegen werden Patienten mit umso höher, je lokalisierter das E-NHL ist und je gerin-
niedrig malignen NHL oft erst bei deutlicher Krank- ger die Therapiemöglichkeiten durch das befallene Or-
heitsprogredienz therapiert. gan eingeschränkt werden.

Prognose. Bei Patienten mit niedrig malignen NHL ist 7.5.2.3 Periphere und kutane T-Zell-Lymphome
nur bei den seltenen lokalisierten Stadien I und II eine Definition. Sonderformen der Non-Hodgkin-Lym-
Heilung durch Strahlentherapie möglich, bei den fort- phome, die durch das Auftreten von atypischen T-Lym-
geschrittenen, nicht mehr kurativ behandelbaren Sta- phozyten charakterisiert sind, häufigste Manifestation
dien beträgt die mittlere Überlebenszeit unter palliati- ist die Mycosis fungoides.
ver Therapie etwa 10 Jahre.
Bei Patienten mt hochmalignen NHL ist in allen Epidemiologie. Mycosis fungoides tritt hauptsächlich
Stadien eine kurative Immun-/Polychemotherapie mög- nach dem 4. Lebensjahrzehnt, insbesondere bei Män-
lich, jeder 3. Patient kann geheilt werden. nern auf.
226 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

therapie eingesetzt. In Spätstadien kann eine palliative


. Tab. 7.9. Therapiemöglichkeiten der extranodalen systemische Chemotherapie angewandt werden.
NHL (E-NHL)
Prognose. Infaust, Ausheilung ist äußerst selten.
Ausdehnung und Therapie
Verhalten
7.5.2.4 Chronisch-Lymphatische Leukämie (CLL)
Lokalisiert, indolent, Kurative Strahlentherapie Definition. Niedrig malignes NHL mit Akkumulation
niedrig maligne reifer immuninkompetenter Lymphozyten in Blut, Kno-
Ausgedehnt, indo- Palliative Polychemothera-
chenmark, Lymphknoten und Milz (hämatologische
lent, niedrig maligne pie zur Remissionsinduktion Systemerkrankung).
bzw. Zytoreduktion
Epidemiologie. Inzidenz 2–3/100.000 allgemein, Inzi-
Aggressiv und Kurative anthrazyklinhaltige denz bei den über 80-Jährigen 30/100.000, Verhältnis
hochmaligne Polychemotherapie
Frauen zu Männern 1:2. Familiäre Häufung.
Lymphom vom Kurative Strahlentherapie
MALT-Typ in Kombination mit anthra- Symptomatik. Oft zu Beginn asymptomatisch.
7 zyklinhaltiger Polychemo-
therapie > Cave
Bei jedem 4. Patienten wird eine CLL zufällig entdeckt.

Zu den häufigsten Symptomen gehören progrediente


Symptomatik. Mycosis fungoides verläuft in drei cha- Schwellung aller peripheren Lymphknoten-Regionen,
rakteristischen Stadien. Die Symptome sind stadienab- Infektneigung, Leistungsverminderung, Müdigkeit
hängig (. Tab. 7.10). und Nachtschweiß.

Diagnostik. Histologische Untersuchung von Hautpro- Diagnostik. Das Blutbild zeigt eine Leukozytose, das
ben. Typisch ist subepidermales Infiltrat mit atypischen Differenzialblutbild eine Vermehrung kleiner, reif wir-
lymphoiden Zellen, die in die Epidermis einwandern kender Lymphozyten. Knochenmarkbiopsie und Im-
und abszessartige Herde bilden (Pautrier-Mikroabs- munphänotypisierung der maligen Zellen sind obligat.
zesse). Im Blut gelegentlich atypische T-Lymphozyten Oft tritt eine Hypogammaglobulinämie auf. Die Sta-
(Lutzner- oder Sézary-Zellen) nachweisbar (Sézary-Syn- dien der CLL werden entweder nach Rai oder nach
drom, erythrodermatisch verlaufendes kutanes T-Zell- Binet eingeteilt (. Tab. 7.11 und 7.12).
Lymphom mit zirkulierenden atypischen T-Lympho-
zyten). > Der Nachweis von Gumprecht-Kernschatten (Reste
von zerstörten Lymphozyten im Blutausstrich) ist
Therapie. Im Frühstadium werden P-UVA-Therapien charakteristisch für die CLL (. Abb. 7.6).
in Kombination mit Retinoiden und Interferonen,
alternativ eine lokale Chemotherapie durchgeführt. Bei Therapie. Bei schwerer Anämie, Hämolyse, Thrombo-
fortgeschrittenen Tumoren wird eine palliative Strahlen- zytopenie und symptomatischer Lymphadenopathie

. Tab. 7.10. Stadien der Mycosis fungoides

Stadium Symptome

Stadium I Pruritus, urtikarielle, exzematöse, der Parapsoriasis en plaques ähnelnde Hautver-


(prämykotisches Stadium) änderungen mit Depigmentierungen, selten Erythrodermie als Erstmanifestation mit
kleinen Aussparungen gesunder Haut

Stadium II Rote, rundliche und plattenartige Infiltrate, die bis handtellergroß werden, manchmal
(infiltratives Stadium) bilden sich polygonal geformte, scharf begrenzte Aussparungen gesunder Haut

Stadium III Bildung pilzartiger, meist geschwürig zerfallender Tumorherde von braunroter Farbe;
(mykotisches Stadium) oft Fieber, reduzierter Allgemeinzustand
7.5 · Lymphome
227 7

. Tab. 7.11. Stadieneinteilung der CLL nach Rai

Stadium Charakteristische Veränderungen

Stadium 0 Blutlymphozytose (>5.000/µl) und Knochenmarklymphozytose (>30%), keine Lymphadenopathie

Stadium I Lymphozytose + Lymphadenopathie

Stadium II Lymphozytose (± Lymphadenopathie) + Splenomegalie und/oder Hepatomegalie

Stadium III Lymphozytose (± Lymphadenopathie/Organomegalie) mit Anämie

Stadium IV Lymphozytose (± Lymphadenopathie/Organomegalie/Anämie) + Thrombozytopenie

. Tab. 7.12. Stadieneinteilung der CLL nach Binet

Stadium Charakteristische Veränderungen

Stadium A <3 Lymphknotenregionen befallen, Hb >10 g/dl, Thrombozyten > 100.000/µl

Stadium B >3 Lymphknotenregionen befallen, Hb >10 g/dl, Thrombozyten >100.000/µl

Stadium C Lymphknotenregionen unabhängig, Hb <10 g/dl, Thrombozyten <100.000/µl

gebende) Zytoplasmaausläufer besitzen. Es handelt sich


um ein niedrig malignes NHL, das zu den reifen B-Zell-
Neoplasien und zu den chronischen Leukämien gezählt
wird.

Epidemiologie. 3% aller Leukämien der Erwachsenen.

Symptomatik. Durch Splenomegalie verursachte Symp-


tome (abdominelles Druckgefühl, Schmerzen) und
mit einer Panzytopenie assoziierte Symptome. Eine
Splenomegalie tritt bei fast allen, eine Hepatospleno-
megalie nur bei einem Drittel der Patienten auf. Mög-
. Abb. 7.6. Zerquetschte Zellkerne als Gumprecht-Kern- lich sind auch Symptome einer Autoimmunerkrankung
schatten im peripheren Blutausstrich (7 Farbtafelteil)
wie Kryoglobulinämie, Periarteriitis nodosa oder Vas-
kulitis.

systemische Chemotherapie mit Chlorambucil und Diagnostik. Das Blutbild zeigt bei den meisten Patien-
Fludarabin ggf. in Kombination mit Strahlentherapie ten eine mäßige Panzytopenie mit im Vordergrund
bei großen Lymphomen. stehender Leukopenie. Im Blutausstrich erkennt man
die charakteristischen Haarzellen. Eine Knochen-
! Cave markpunktion ist nicht möglich (Punctio sicca), die
Asymptomatische CLL-Patienten sollten nicht Knochenmarkbiopsie ergibt eine Infiltration und eine
(chemo-)therapiert werden! Vermehrung der retikulären Fasern im Knochen-
mark.

7.5.2.5 Haarzellenleukämie (HCL) > Die Trias Panzytopenie, Punctio sicca und Spleno-
Definition. Klonale Proliferation maligner transfor- megalie ist charakteristisch für die Haarzellenleu-
mierter lymphatischer Zellen, die haarige (namens- kämie.
228 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Therapie. Patienten mit deutlich progredienter Panzyto- Defekte (80%, wie der Schrotschussschädel), bei dem im
penie erhalten eine Kombinationstherapie aus INF-α Bereich der Osteolysen keine in der Szintigraphie an-
und Purinanaloga wie Cladribin oder Pentostatin. reichernden Tumorzellen gesehen werden können.
Die in den Glomeruli filtrierten Leichtkettenproteine
7.5.2.6 Plasmozytom werden in den Tubuli rückresorbiert und glomerulär fil-
Synonym. Multiples Myelom, Morbus Kahler. triert. Tubuluszellschäden und in der Folge Nekrosen treten
auf. Im Nierengewebe wird Paraprotein in Form von Amy-
Definition. Neoplastische Proliferation eines von B-Lym- loid (AL-Amyloid) eingelagert. Jeder zweite Patient ent-
phozyten abstammenden Plasmazellklons. Ein Plas- wickelt eine Niereninsuffizienz.
mozytom manifestiert sich in der Regel als systemische
Erkrankung mit Sekretion eines monoklonalen Immun- Epidemiologie. Inzidenz 3/100.000, gehäuft in bestimm-
globulins, das Paraprotein genannt wird. ten Familien, bei Männern und älteren Menschen.

> Bei jedem 5. Patienten liegt ein Plasmozytom vor, das Symptomatik. Bei Osteolysen kommt es zu Skelett-
kein komplettes Immunglobulin bildet, sondern nur schmerzen, bei sekundärem Antikörpermangelsyn-
Leichtketten vom Typ κ oder λ. Diese Formen werden drom treten gehäuft Infektionen auf. Ein Hyperkalzä-
7 Bence-Jones-Myelome genannt. miesyndrom kann mit Adynamie, Nausea, Vomitus,
Polydipsie und -urie, und Psychosen in Erscheinung
Morbus Waldenström treten. Daneben bestehen Symptome einer Nierenin-
Im Unterschied zum M. Kahler handelt es sich beim M. Wal- suffizienz (50%) und Anämie (60%).
denström um ein seltenes Non-Hodgkin-Lymphom, das ein
lymphoplasmozytoides Immunozytom ist und nur Parapro- Diagnostik. Bei der Diagnosestellung müssen von drei
tein vom IgM-Typ bildet. Klinisch verläuft der M. Walden- Hauptkriterien zwei erfüllt sein:
ström wie der M. Kahler. 4 Im Knochenmarkausstrich finden sich mehr als
10% Plasmazellen.
Ätiopathogenese. Die genaue Ätiologie ist unklar. Ver- 4 Im Plasma kann ein Paraprotein nachgewiesen
mutlich gib es eine genetische Prädisposition. Ionisie- werden.
rende Strahlen können die Entstehung auslösen oder 4 Es liegen Osteolysen oder eine generalisierte Osteo-
fördern. porose vor.

Pathogenese des Plasmozytoms Deshalb sind Labordiagnostik und bildgebendeVerfah-


Da sich 95% aller Plasmozytome im Knochenmark ent- ren entscheidend. Das Blutbild (vor allem der Hb-Wert)
wickeln, kommt es dort zur Vermehrung atypischer Plasma- ist wichtig für die Stadieneinteilung, im Knochenmark-
zellen und zur Verdrängung der normalen Hämatopoese, ausstrich kann eine Zunahme polymorpher bzw. mehr-
die sich zunächst in einer normochromen, normo- oder kerniger Plasmazellen erkannt werden. Typisch sind
makrozytären Anämie manifestiert. Gelegentlich tritt auch eine Hyperkalzämie und Hyperphosphatämie sowie
eine Thrombozytopenie (25%) auf. Die atypischen Plasma- eine stark erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG
zellen produzieren ein monoklonales Immunglobulin (Para- >100 mm/h). Paraproteinämie und sekundärer Anti-
protein), das im Blut zu einem Hyperviskositätssyndrom körpermangel werden mittels Serum- und Urinelek-
führen kann (Paraproteinämie). Im weiteren Verlauf trophorese diagnostiziert. Röntgenaufnahmen zeigen
kommt es zur Verminderung der übrigen Immunglobulin- osteolytische Defekte (Schrotschussschädel) und eine
produktion mit der Folge eines sekundären Antikörper- generalisierte Osteoporose. In der Skelettszintigraphie
mangelsyndroms (90%) und zur exzessiven Proliferation sind durch das Plasmozytom bedingte Osteolysen cha-
des Plasmazellklons im Knochenmark mit seltener Aus- rakteristischerweise negativ. In Abhängigkeit von den
schwemmung der Tumorzellen ins periphere Blut (Plasma- genannten Parametern wird das Plasmozytom nach
zellenleukämie). Durie und Salmon (. Tab. 7.13) in 3 Stadien eingeteilt.
Die atypischen Plasmazellen synthetisieren daneben
Interleukin 1 und 6 sowie Tumornekrosefaktor-α und -β. > 50% der Plasmozytome sind vom IgG-, 25% vom
IL-1 und IL-6 aktivieren Osteoklasten und bewirken eine IgA- und 20% vom Leichtketten-Typ. Andere Typen
vermehrte Knochenresorption, TNF-α und -β führen zu sind sehr selten.
einer erhöhten Kalziummobilisation. So entstehen neben
der generalisierten Osteoporose und dem Hyperkalzämie- Therapie. In fortgeschrittenen Stadien wird eine
syndrom (30%) die charakteristischen osteolytischen Chemotherapie nach dem Alexanian-Schema (Mel-
7.5 · Lymphome
229 7

. Tab. 7.13. Stadieneinteilung des Plasmozytoms nach Durie und Salmon

Stadium Charakteristische Veränderungen

Stadium I Hb >10 g/dl, normales Serumkalzium, keine oder maximal eine Osteolyse, monoklonales Protein
im Serum niedrig (IgG<5 g/dl, IgA <3 g/dl), Bence-Jones-Protein im Urin <4g/24h
(Stadium I liegt nur vor, wenn alle Bedingungen erfüllt sind)

Stadium II Weder Stadium I noch Stadium III

Stadium III Hb <8,5 g/dl, Serumkalzium >3 mmol/l, ausgeprägte Knochendestruktion, monoklonales Protein
im Serum hoch (IgG>7 g/dl, IgA >5 g/dl), Bence-Jones-Protein im Urin >12g/24h
(Stadium III liegt bereits vor, wenn nur eine Bedingungen erfüllt ist)

Der Zusatz A bedeutet eine normale Nierenfunktion (Kreatininwert <2 mg/dl), der Zusatz B eine eingeschränkte
Nierenfunktion (Kreatininwert >2 mg/dl)

phalan, Prednisolon) oder nach dem VAD-Schema Epidemiologie. Häufigste Leukämie bei Kindern, beim
(Vincristin, Adriamycin, Dexamethason) durchge- Erwachsenen ist nur jede 5. akute Leukämie eine ALL.
führt. In Erwägung zu ziehen ist die autologe Kno-
chenmark- oder Stammzelltransplantation sowie Symptomatik. Sie ähnelt der AML, oft treten zusätzlich
die Gabe von Thalidomid, Lenalidomid oder Borte- Hepatosplenomegalie und periphere LK-Schwellungen
zomib. auf. Ein ZNS-Befall äußert sich in Kopfschmerzen und
Die symptomatische Therapie hängt von den auf- neurologischen Ausfällen.
tretenden Komplikationen ab:
4 Bei Infektionen: antiinfektiöse Therapie, insbeson- Diagnostik. Charakteristische Befunde bzw. notwen-
dere Infektionsprophylaxe dige Untersuchungen sind:
4 Bei Skelettschmerzen: Analgesie, orthopädische 4 Im Blutbild Panzytopenie
und physikalische Therapie 4 Im Differenzialblutbild Nachweis von Blasten
4 Bei Hyperkalzämie und Osteolysen: forcierte Diu- 4 Im Knochenmarkausstrich kleine bis mittelgroße
rese und Gabe von Bisphosphonaten PAS-positive Lymphoblasten
4 Bei Niereninsuffizienz: Dialyse 4 Durch die Immunzytologie mit B- oder T-Zell-
4 Bei Anämie: Erythrozytentransfusion Markern Bestimmung des Immunphänotyp
4 Bei Hyperviskosität des Plasmas: Plasmapherese 4 Durch zytogenetische und molekularbiologische
Verfahren Nachweis von Chromosomenaberratio-
Prognose. Je nach Stadium beträgt die mittlere Überle- nen (Ph-Chromosom)
benszeit 2–4 Jahre. 4 Molekulargenetische Verfahren zur Therapiekon-
trolle (Nachweis einer mikroskopisch nicht erkenn-
7.5.2.7 Akute Lymphatische Leukämie (ALL) baren Resterkrankung)
Definition. Klonale Proliferation einer frühen lympha- 4 Liquoranalyse zum Ausschluss eines asymptoma-
tischen Vorläuferzelle, bei der Lymphoblasten das Kno- tischen ZNS-Befalls
chenmark infiltrieren.
> Eine HLA-Typisierung des Patienten sollte so früh
! Cave wie möglich zur Spendersuche für die allogene
Die ALL ist hochmaligne. Stammzelltransplantation vorgenommen werden.

Ätiopathogenese. Wahrscheinlich liegen Chromoso- Therapie. Sie ähnelt der AML-Therapie und basiert im
menaberrationen vor, so kann bei jedem 4. erwach- Wesentlichen auf einer dreiphasigen Chemotherapie
senen Patienten ein Ph-Chromosom (7 Kap. 7.3.1.1) (Induktions-, Konsolidierungs- und Erhaltungsphase).
nachgewiesen werden. Zu den vielen prädisponieren- Allerdings sind die Phasen im Vergleich zur AML deut-
den Faktoren gehören u. a. Erkrankungen wie die AML lich länger. Bei ZNS-Befall (Meningeosis leucaemica)
und T-Zell-Leukämien sowie virale Infektionen durch werden Zytostatika intrathekal appliziert und eine zu-
HTLV ½ und EBV. sätzliche ZNS-Bestrahlung durchgeführt.
230 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

! Cave Prognose. Die Heilungschancen hängen vom Subtyp


Sobald mit der Therapie begonnen wurde, ist keine der ALL ab. Ungünstige Faktoren sind der Nachweis
HLA-Typisierung mehr möglich! eines Ph-Chromosoms, Alter >55 Jahre, eine zu Beginn
ausgeprägte Leukozytose und eine erst spät unter adä-
quater Therapie auftretende komplette Remission.

In Kürze
Maligne Lymphome

Hodgkin-Lymphome (HL) 4 Symptomatik: schmerzlose Lymphknotenschwellung, B-Symptomatik


4 Ätiologie: klonale Lymphozytenproliferation unklarer Ätiologie
4 Diagnostik: zyto- und histologische Lymphknotenuntersuchungen, Staging-
Untersuchungen
4 Therapie: kombinierte Chemo-/Radiotherapie

Nodale Non-Hodgkin- 4 Symptomatik: progrediente Lymphknotenschwellung, B-Symptomatik


7 Lymphome (N-NHL) 4 Ätiologie: evtl. Chemikalien, ionisierende Strahlung, Bakterien oder Viren
4 Diagnostik: Lymphknotenexstirpation, Lymphknotenbiopsie und CT
4 Therapie: stadienabhängige, kombinierte Chemo-/Radiotherapie

Extranodale Non-Hodgkin- 4 Symptomatik: organabhängige Symptomatik


Lymphome (E-NHL) 4 Ätiologie: Autoimmunkrankheiten, Immunsuppression, chronische Infektion
4 Diagnostik: Biopsie von Gewebeproben und Staging-Untersuchungen
4 Therapie: kombinierte Chemo-/Radiotherapie, abhängig vom histopatho-
logischen Befund

Mycosis fungoides 4 Symptomatik: stadienabhängige Hautveränderungen


4 Ätiologie: unklar
4 Diagnostik: histopathologische Untersuchung von Hautproben, Immun-
phänotypisierung
4 Therapie: P-UVA mit Retinoiden und INF, ggf. Chemo-/Radiotherapie

Chronisch-Lymphatische 4 Symptomatik: generalisierte Lymphknotenschwellung, asymptomatische


Leukämie (CLL) Lymphozytose
4 Ätiologie: unklar
4 Diagnostik: Differenzialblutbild, Blutausstrich, Immunphänotypisierung
4 Therapie: symptomatisch, stadienabhängige Chemo-/Radiotherapie

Haarzellenleukämie (HCL) 4 Symptomatik: Splenomegalie, Panzytopenie-Symptome


4 Ätiologie: unklar
4 Diagnostik: Blutausstrich, Knochenmarkpunktion und -biopsie
4 Therapie: INF-α oder Purinanaloga

Plasmozytom (multiples 4 Symptomatik: Schmerzen durch Osteolysen, Hyperkalzämie-Symptome


Myelom) 4 Ätiologie: unklar
4 Diagnostik: Knochenmarkpunktion und -biopsie, Skelettröntgen, Serum-
und Urinelektrophorese
4 Therapie: stadienabhängige Chemotherapie, evtl. Gabe von Thalidomid,
Lenalidomid oder Bortezomib

Akute Lymphatische 4 Symptomatik: Panzytopenie-Symptome, evtl. Kopfschmerzen und neurolo-


Leukämie (ALL) gische Ausfälle
4 Ätiologie: Chromosomenaberrationen
4 Diagnostik: Differenzialblutbild und Knochenmarkpunktion und -biopsie
4 Therapie: Chemotherapie, evtl. allogene Stammzelltransplantation, evtl.
ZNS-Radiotherapie
7.6 · Störungen der Hämostase
231 7
7.6 Störungen der Hämostase plastinzeit (APTT), der Thrombinzeit (TZ), der
Thrombozytenzahl und der Fibrinogenkonzentra-
Bei Störungen der Hämostase (Blutstillung) wird unter- tion (nach Clauss)
schieden zwischen 4 Spezielle Laboratoriumsdiagnostik: Bestimmung
4 hämorrhagischer Diathese (erhöhte Blutungsnei- der Blutungszeit (BZ), der Ristocetin-Kofaktor-Akti-
gung) und vität, der Fibrinogenspaltprodukte (FSP), der D-Di-
4 thrombophiler Diathese (verstärkte Thrombose- mere (DD) und des Antithrombin III (ATIII)
bereitschaft).
7.6.1.1 Hämophilie A und B
Definition. Angeborener Mangel bzw. Defekt des Fak-
7.6.1 Hämorrhagische Diathesen tors VIII (Typ A) oder des Faktors IX (Typ B).

Synonym. Hämophilien Ätiopathogenese. Genetischer Defekt, zu 2/3 X-chro-


mosomal-rezessiver Erbgang, zu 1/3 Neumutationen.
Definition. Gerinnungsstörungen, die zu einer erhöh-
ten Blutungsneigung führen. > Aufgrund des Erbgangs wird die Erkrankung nur bei
Männern manifest.
Ätiopathogenese. Mögliche Ursachen sind:
4 Koagulopathien (Störungen der plasmatischen Epidemiologie. Inzidenz für beide Hämophilie-Typen
Gerinnung). in Europa: 1/10.000 (Typ A 85%, Typ B 15%)
4 Thrombozytopathien bzw. Thrombozytopenien
(Funktionsstörungen oder Verminderung der Symptomatik. Je nach Restaktivität des betroffenen
Thrombozyten). Gerinnungsfaktors variiert das Ausmaß der hämorrha-
4 Vasopathien (Anomalien und Erkrankungen der gischen Symptomatik (7 Kap. 6.1).
Blutgefäße).
Diagnostik. Die Labordiagnostik liefert den entschei-
Symptomatik. Im Vordergrund stehen Blutungen, die denden Hinweis: TPZ normal, APTT verlängert, Blu-
ohne erkennbaren Grund auftreten oder häufig von tungszeit normal, aber F-VIII- oder F-IX-Aktivität
langer Dauer und starker Ausprägung sind. Diese kön- erniedrigt. Von großer Bedeutung sind Familienunter-
nen sich als Petechien (hellrote stecknadelkopfgroße suchung, DNA-Analyse und genetische Beratung.
Blutungen), disseminierte Hämatome wie Sugillatio-
nen (kleinere flächenhafte Hautblutungen mit Durch- Therapie. Substitution mit rekombinantem F-VIII oder
messer <3 cm) oder Ekchymosen (größere flächen- F-IX, bei leichter Hämophilie A evtl. Gabe von Desmo-
hafte Hautblutungen mit Durchmesser >3 cm) oder pressin. Die Klinik entscheidet über Bedarfsbehand-
Hämatome in der Muskulatur, Gelenkeinblutungen lung, Dauerprophylaxe zur Prävention einer Arthro-
(Hämarthros), Nasenbluten (Epistaxis), starke (post-) pathie oder Prophylaxe bei bestimmten Ereignissen
operative (Nach-)Blutung, Hämoptysis, Hämoptoe, wie Operationen. Jeder 5. Patient mit Hämophilie A
Hämaturie, Menorrhagie, gastrointestinale oder zere- entwickelt F-VIII-Antikörper, was die Therapie deut-
brale Blutungen manifestieren. lich erschwert.

> Petechien sind meist Ausdruck einer thrombozytären 7.6.1.2 Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWJS)
Gerinnungsstörung, können aber auch bei einer vas- Definition. Mangel bzw. Defekt des von-Willebrand-
kulären Gerinnungsstörung auftreten. Dagegen sind Faktors (vWF).
Gelenkeinblutungen und Muskelhämatome typisch
für schwere plasmatische Gerinnungsstörungen. Ätiopathogenese. Das vWJS kann angeboren oder er-
worben sein, es gibt verschiedene Subtypen mit unter-
Diagnostik. Verläuft in 3 Stufen: schiedlichem autosomalen Erbgang. Weil der Von-Wil-
4 Anamneseerhebung: Besonders wichtig sind Fami- lebrand-Faktor sowohl die Thrombozytenadhäsion
lien- und Medikamentenanamnese (Gerinnungs- an das Subendothel der verletzten Gefäßwand durch
hemmer) großmolekulare Multimere vermittelt als auch den
4 Einfache Labordiagnostik: Bestimmung der Pro- labilen Faktor VIII im Plasma bindet und stabilisiert, ist
thrombinzeit (PTZ bzw. TPZ, Thromboplastinzeit der Schweregrad der hämorrhagischen Störung sehr
nach Quick), der aktivierten partiellen Thrombo- variabel.
232 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Epidemiologie. Prävalenz 1/100–1/1.000.000 (hängt die zu Multiorgandysfunktion und Multiorganversagen


vom vorliegenden Subtyp ab). führen kann.

Symptomatik. Je nach Restaktivität des Gerinnungsfak- Therapie. Kausale Therapie durch Behandlung der
tors variiert das Ausmaß der hämorrhagischen Symp- Grunderkrankung, symptomatische Therapie durch
tomatik (7 Kap. 6.1). Substitution von Gerinnungsfaktoren und Gerinnungs-
inhibitoren durch fresh frozen plasma (FFP) bzw. durch
Diagnostik. Die Labordiagnostik liefert den entschei- gerinnungsaktives Frischplasma (GFP).
denden Hinweis: TPZ und TZ sind normal, APTT ist
verlängert und die Blutungszeit ist deutlich erhöht, 7.6.1.4 IdiopathischeThrombozytopenische
F-VIII- und Ristocetin-Kofaktor-Aktivität sind er- Purpura (ITP)
niedrigt. Definition. Primäre Thrombozytopenie durch Auto-
antikörperbildung gegen Thrombozyten.
Therapie. Die Klinik entscheidet: Bei einem leichten
(partiell quantitativen) vWF-Mangel Gabe von Desmo- Ätiopathogenese. Man unterscheidet eine akute ITP,
pressin, ansonsten Gabe von F-VIII-Konzentraten. die häufig nach einem Virusinfekt auftritt, von einer
7 7.6.1.3 Disseminierte intravasale Gerinnung
chronischen ITP (Morbus Werlhof).

(DIG) Epidemiologie. Die ITP ist die häufigste Ursache einer


Synonym. »Disseminated intravasal coagulation«, DIC. neu aufgetretenen Thrombozytopenie. Die akute ITP
tritt im Kindes- und Jugendalter auf, die chronische ITP
Definition. Komplexe Störung durch generalisierte in- bei Erwachsenen. Verhältnis Frauen zu Männern 3:1.
travasale Aktivierung des Gerinnungssystems, die je
nach Ursache akut oder chronisch verläuft. Symptomatik. Je nach Ausmaß der Thrombozytopenie
treten Petechien, disseminierte Hämatome, Epistaxis,
Ätiopathogenese. Die DIG ist kein eigenständiges Hämoptysis, Hämoptoe, Hämaturie, Menorrhagie oder
Krankheitsbild, sondern die Komplikation verschie- gastrointestinale Blutungen auf.
dener Krankheitsbilder wie Autoimmunerkrankungen,
geburtshilfliche Komplikationen, Infektionen (wie Sep- Diagnostik. Nach der Anamnese (Frage nach Infekten,
sis), Neoplasien, Leukämien, Organ- und Gewebeschä- Medikamenten und Symptomen einer bestehenden
digungen (wie ARDS) und vaskuläre Anomalien. Grunderkrankung) erfolgt die gründliche klinische
Untersuchung zum Ausschluss einer sekundären Throm-
Diagnostik. Die Labordiagnostik liefert den entschei- bozytopenie (Lymphknotenschwellungen oder Spleno-
denden Hinweis: APTT und TZ sind stark erhöht, FSP megalie als Hinweis auf andere hämatologische Erkran-
und D-Dimere sind erhöht, TPZ, ATIII und Fibrino- kungen). Die Thrombozytopenie sollte durch manuelle
genkonzentration sind stark erniedrigt, es besteht Zählung in einer Neubauer-Zählkammer bestätigt
eine Thrombozytopenie. werden, um eine Pseudothrombozytopenie auszu-
schließen.
Symptomatik. Neben Zeichen der hämorrhagischen
Diathese (7 Kap. 6.1), insbesondere multiplen Haut- Therapie. Die Primärtherapie besteht in der Gabe von
und Schleimhautblutungen, besteht häufig eine disse- Kortikosteroiden und ggf. Immunglobulinen. Bei Per-
minierte Thrombenbildung in der Mikrozirkulation, sistenz Splenektomie und ggf. Gabe von Zytostatika.
7.6 · Störungen der Hämostase
233 7

In Kürze
Hämorragische Diathesen

Hämophilie A und B 4 Symptomatik: Gelenk- bzw. Weichteilblutungen


4 Ätiologie: angeborener Mangel an Faktor VIII oder Faktor IX
4 Diagnostik: Bestimmung der F-VIII- oder F-IX-Aktivität
4 Therapie: Substitution, ggf. Desmopressingabe

Von-Willebrand-Jürgens- 4 Symptomatik: (Schleim-)Hautblutungen


Syndrom (vWJS) 4 Ätiologie: Defekt oder Mangel des Von-Willebrand-Faktors (vWF)
4 Diagnostik: Blutungszeit-, vWF-Antigen- und Ristocetin-Kofaktor-
Aktivitätsbestimmung
4 Therapie: Gabe von F-VIII-Konzentraten oder Desmopressin

Disseminierte Intravasale 4 Symptomatik: (Schleim-) Hautblutungen und Thrombosen in der


Gerinnung (DIG) Mikrozirkulation
4 Ätiologie: Komplikation anderer Krankheiten
4 Diagnostik: allgemeine und spezielle Gerinnungstests
4 Therapie: Behandlung der Grundkrankheit, Gabe von FFP bzw. GFP

Idiopathische Thrombo- 4 Symptomatik: Thrombozytopenie-Symptome


zytopenische Purpura (ITP) 4 Ätiologie: Autoantikörperbildung gegen Thrombozyten
4 Diagnostik: Blutbildbestimmung
4 Therapie: Gabe von Kortikosteroiden und Immunglobulinen, evtl.
Splenektomie

7.6.2 Thrombophile Diathesen Diagnostik. Wenn der Verdacht auf eine plasmatisch-
bedingte Hyperkoagulabilität besteht, sollten neben
Synonym. Thrombophilien. Gerinnungstests die Antithrombin III-Aktivität, die
Protein-C- und Protein-S-Resistenz sowie die Aktivität
Definition. Gerinnungsstörungen, die zu einer gestei- der Faktoren II und V bestimmt werden.
gerten Bildung von Thromben und dem Auftreten von
Thromboembolien führen. Therapie. Thromboseprophylaxe in Risikosituationen
bei bekannter thrombophiler Diathese, Patientenaufklä-
Ätiopathogenese. Physiologische Inhibitoren der Ge- rung über die Thromboserisiken, Familienuntersuchung.
rinnung begrenzen und kontrollieren die Gerinnungs- Thrombosebehandlung durch Gabe von Heparinen und
aktivierung und verhindern eine überschießende Fi- anschließende orale Antikoagulation mit Kumarinen.
brinbildung in den Gefäßen. Wenn einzelne dieser
Inhibitoren vermindert sind oder Funktionsdefekte 7.6.2.1 Aktiviertes-Protein-C-Resistenz
haben, besteht eine Tendenz zur Hyperkoagulabilität, (APC-Resistenz)
die insbesondere im venösen System zur Entstehung Definition. Thrombophile Diathese durch Mutation
von Thrombosen führt. des Faktor V (Faktor-V-/G1691A-Mutation, Faktor-V-
Leiden-Mutation).
Symptomatik. In Abhängigkeit von der Ursache verlau-
fen die meisten thrombophilen Diathesen asymptoma- Symptomatik. Jeder 5. Patient mit heterozygotem Gen-
tisch. Sonst manifestieren sie sich als Thrombosen, die defekt entwickelt Venenthrombosen, der Rest bleibt
insbesondere in jüngerem Lebensalter (<40 Jahren) asymptomatisch.
einmalig oder rezidivierend auftreten oder eine atypi-
sche Lokalisation aufweisen (Mesenterial- oder Sinus- Diagnostik. Faktor-V-Bestimmung, DNA-Analyse zum
venenthrombose). Mutationsnachweis.
234 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

7.6.2.2 Prothrombin-Mutation Epidemiologie. Prävalenz bei Patienten mitteleuro-


Definition. Thrombophile Diathese durch Mutation päischer Abstammung etwa 1%.
des Faktor II (Faktor-II-/G20210A-Mutation, Prothrom-
bin-Mutation). Symptomatik. Typische Symptomatik thrombophiler
Diathesen (7 Kap. 7.6.2).
Epidemiologie. Prävalenz bei Patienten mitteleuro-
päischer Abstammung 2%. 7.6.2.4 Protein-C- und Protein-S-Mangel
Definition. Thrombophile Diathesen durch Mangel
Symptomatik. Jeder 5. Patient mit heterozygotem Gen- oder Defekt von Protein C oder Protein S.
defekt entwickelt Venenthrombosen, der Rest bleibt
asymptomatisch. Epidemiologie. Prävalenz bei Patienten mitteleuro-
päischer Abstammung deutlich unter 1%.
Diagnostik. Faktor-II-Bestimmung, DNA-Analyse zum
Mutationsnachweis. Symptomatik. Zusätzlich zur Symptomatik thrombo-
philer Diathesen (7 Kap. 7.6.2) gehäuftes Auftreten von
7.6.2.3 Antithrombin-III-Mangel Hautnekrosen bei oraler Antikoagulation mit Kuma-
7 Definition. Thrombophile Diathese durch Mangel oder rinen.
Defekt von Antithrombin III (AT III).

In Kürze
Thrombophile Diathesen

4 APC-Resistenz 4 Symptomatik: oft asymptomatisch, sonst idiopathische bzw. rezidi-


4 Prothrombin-Mutation vierende Thrombosen
4 Antithrombin-III-Mangel 4 Ätiologie: am häufigsten APC-Resistenz und Prothrombin-Mutation
4 Protein-C- und Protein-S-Mangel 4 Diagnostik: allgemeine und spezielle Gerinnungstests, Genanalysen
zum Mutationsnachweis
4 Therapie: Thromboseprophylaxe und Thrombosebehandlung

7.7 Internistische Onkologie organbezogene oder systemische Krankheitsbilder


eingeteilt.
In diesem Kapitel sollen allgemeine Aspekte der Onko- 4 CUP-Syndrom (»carcinoma with unknown pri-
logie besprochen und wichtige Begriffe erklärt werden. mary syndrome«): Das CUP-Syndrom wird defi-
Auf Tumorerkrankungen wird an anderer Stelle organ- niert als klinisch und histologisch manifeste Metas-
bezogen eingegangen. tasen eines malignen Tumors, bei denen zum Zeit-
Die Inzidenz maligner Tumorerkrankungen be- punkt der Diagnosestellung der Primärtumor nicht
trägt in Deutschland zur Zeit etwa 400/100.000, zu den nachweisbar ist. Im weiteren Verlauf der Erkran-
häufigsten zum Tode führenden Tumorerkrankungen kung manifestiert sich dieser meist.
. Abb. 7.7.
Für die internistische Onkologie ist die Kenntnis > Das paraneoplastische Syndrom bildet sich im Verlauf
der beiden folgenden Syndrome wichtig: von erfolgreichen kausalen Therapien zurück. Sein
4 Paraneoplastisches Syndrom: Sehr heterogene Wiederauftreten stellt ein Frühzeichen für ein Tumor-
Gruppe von Symptomkomplexen, die beim Pa- rezidiv dar.
tienten lokale oder systemische Krankheitserschei-
nungen hervorrufen können, in ihrer Ausprägungs-
stärke mit dem Verlauf der Grunderkrankung 7.7.1 Diagnosestellung, Therapieplanung
korrelieren und nur selten eine Beziehung zur
Größe, Lokalisation oder Struktur des Primär- Im Regelfall wird die Diagnose einer malignen Erkran-
tumors haben. Sie werden in dermatologische, en- kung histologisch gestellt, selten reicht eine zytologische
dokrinologische, hämatologische, neurologische, Diagnostik (bestimmte Leukämien) aus.
7.7 · Internistische Onkologie
235 7

. Abb. 7.7. Die 20 häufigsten Krebstodesursachen in Deutschland im Jahr 1997

Für die Einteilung von Krankheitsstadien differen- bildgebende Verfahren, Biopsie, chirurgische Exploration,
ziert man zwischen Endoskopie und andere Verfahren prätherapeutisch erho-
4 einer klinischen Stadieneinteilung (»clinical stag- benen Befunden.
ing«, CS) und Die pathologische Klassifikation (pTNM) basiert auf
4 einer pathologisch-histologischen Einteilung (»pa- postoperativen Befunden. Dabei erfordert die Beurteilung
thological staging«, PS, . Tab. 7.14). des Primärtumors seine Resektion oder Biopsien, um die
höchste pT-Kategorie zu bestimmen. Regionäre Lymph-
Die klinische Stadieneinteilung beschreibt nur die Tu- knoten müssen in einem Ausmaß reseziert werden, das
morausdehnung, erst durch den histologischen Nach- eine verlässliche Aussage über das Fehlen von regionären
weis der Tumorausbreitung kann eine pathologische Lymphknotenmetastasen und die Bestimmung der höchs-
Stadieneinteilung vorgenommen werden. ten pN-Kategorie möglich wird. Für die pathologische Fest-
Das bedeutendste Staging-System ist das TNM-Sys- stellung von Fernmetastasen (pM) ist die mikroskopische
tem (T = Größe des Primärtumors, N = Lymphknoten- Untersuchung verdächtiger Läsionen notwendig.
befall, M = Fernmetastasierung). Zusätzlich kann fakul- Die klinische TNM-Klassifikation entspricht den Fakto-
tativ ein C-Faktor (certainty, . Tab. 7.15), der die von ren C1, C2 und C3, während die pathologische Klassifika-
den diagnostischen Methoden abhängige Zuverläs- tion im Allgemeinen der C4-Kategorie (. Tab. 7.15) zuge-
sigkeit der Klassifikation kennzeichnet, verwendet ordnet wird.
werden. Daneben existieren je nach betroffenem Organ Bestehen Zweifel hinsichtlich der richtigen Zuordnung
bzw. Organsystem weitere Klassifikationen (FIGO-Ein- zur T-, N- oder M-Kategorie, wird die niedrigere Kategorie
teilung bei gynäkologischen Tumoren). gewählt. Treten in einem Organ multiple Tumoren simultan
auf, wird der Tumor mit der höchsten T-Kategorie klassifi-
Klassifikation maligner Tumoren ziert und die Multiplizität oder die Anzahl der Tumoren in
Die klinische Klassifikation maligner Tumoren (cTNM, Klammern angegeben. Bei bilateralen Tumoren in paarigen
. Tab. 7.14) basiert auf den durch klinische Untersuchung, Organen wird jeder Tumor für sich klassifiziert.
236 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

. Tab. 7.14. Klassifikation maligner Tumoren

Klinische Klassifikation (cTNM) Pathologische Klassifikation (pTNM)

cT Primärtumor pT Primärtumor

Tx Primärtumor kann nicht beurteilt werden Tx Primärtumor kann histologisch nicht


beurteilt werden

T0 Kein Anhalt für einen Primärtumor T0 Kein histologischer Anhalt für Primärtumor

Tis Carcinoma in situ Tis Carcinoma in situ

T1–4 Zunehmende Größe und/oder lokale T1–4 Zunehmende Größe und/oder lokale
Ausdehnung des Primärtumors Ausdehnung des Primärtumors bei histo-
logischer Untersuchung

cN Regionäre Lymphknoten pN Regionäre Lymphknoten

Nx Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt Nx Regionäre Lymphknoten können histo-


7 werden logisch nicht beurteilt werden

N0 Keine regionären Lymphknoten befallen N0 Histologisch keine regionären Lymphknoten


befallen

N1–3 Zunehmender Befall regionärer Lymphknoten N1–3 Zunehmender Befall regionärer Lymph-
knoten bei histologischer Untersuchung

pNx (sn) Schildwächter-Lymphknoten kann histo-


logisch nicht beurteilt werden

pN0 (sn) Kein histologischer Nachweis von Lymph-


knotenmetastasen im Schildwächter-
Lymphknoten

pN1 (sn) Befall des Schildwächter-Lymphknoten

cM Fernmetastasen pM Fernmetastasen

Mx Fernmetastasen können nicht beurteilt werden Mx Fernmetastasen können mikroskopisch


nicht beurteilt werden

M0 Keine Fernmetastasen vorhanden M0 Mikroskopisch keine Fernmetastasen vor-


handen

M1 Fernmetastasen vorhanden M1 Mikroskopisch Fernmetastasen vorhanden

. Tab. 7.15. C-Faktor-Klassifikation

C1 Aussage aufgrund diagnostischer Standardmethoden wie Inspektion, Palpation, Standardröntgenaufnah-


men und intraluminale Endoskopie bei bestimmten Organen

C2 Aussage aufgrund spezieller diagnostischer Maßnahmen oder bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnah-
men in speziellen Projektionen, Schichtaufnahmen, Computertomographie, Sonographie, Lymphographie,
Angiographie, nuklearmedizinische Untersuchungen, Magnetresonanztomographie oder Endoskopie, Punk-
tion und Biopsie

C3 Aussage aufgrund chirurgischer Exploration einschließlich Biopsie und zytologischer Untersuchung

C4 Aussage nach definitiver chirurgischer Behandlung und pathologischer Untersuchung des Tumorresektats

C5 Aussage aufgrund einer Autopsie


7.7 · Internistische Onkologie
237 7

. Tab. 7.16. Beurteilung des Allgemeinzustandes

Einteilung nach Karnofsky Karnofsky- Einteilung nach WHO WHO-Grad


Index

Normale Aktivität, keine Beschwerden, 100% Normale uneingeschränkte körperliche Grad 0


kein Hinweis auf Tumorleiden Aktivität

Geringfügig verminderte Aktivität und 90% Mäßig eingeschränkte körperliche Aktivität Grad 1
Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit, nicht bettlägerig

Normale Aktivität nur mit Anstren- 80%


gung, deutlich verringerte Aktivität

Unfähig zu normaler aktivität, versorgt 70% Arbeitunfähig, meist selbstständige Lebens- Grad 2
sich selbstständig führung, wachsendes Ausmaß an Pflege und
Unterstützung notwendig, weniger als 50%
bettlägerig

Gelegentliche Hilfe, versorgt sich 60%


weitgehend selbst

Ständige Unterstützung und Pflege, 50% Weitgehend unfähig sich selbst zu versorgen, Grad 3
häufige ärztliche Hilfe erforderlich kontinuierliche Pflege oder Hospitalisierung
notwendig, rasche Progredienz des Leidens,
mehr als 50% bettlägerig

Überwiegend bettlägerig, spezielle 40%


Hilfe erforderlich

Dauernd bettlägerig, geschulte Pflege- 30% 100% bettlägerig, völlig pflegebedürftig Grad 4
kraft notwendig

Schwerkrank, Hospitalisierung, aktive 20%


supportive Therapie

Moribund 10%

Für die Therapieplanung spielt die Beurteilung des All- 4 PD (»progressive disease«): Das Produkt der beiden
gemeinzustands des Patienten eine große Rolle. Um größten senkrecht aufeinander stehenden Tumor-
diesen adäquat und vergleichbar beurteilen zu können, durchmesser hat sich um mehr als 25% vergrößert.
wurde ein Index zur Beurteilung der Aktivität von Pa-
tienten unter Berücksichtigung körperlicher und sozia-
ler Faktoren nach Karnofsky entwickelt (Karnofsky- 7.7.2 Infektionen bei Tumorerkrankungen
Index), dem die WHO-Einteilung (Performance-Sta-
tus) gegenübergestellt wird (. Tab. 7.16). Definition. Infektionen bei Patienten mit Tumorer-
Um die Wirkungsamkeit der Therapien besser be- krankungen durch Schwächung des Immunsystems
urteilen zu können, werden die Behandlungsergebnisse und tumorassoziierte Faktoren.
nach internationaler Konvention wie folgt eingeteilt:
4 CR (»complete remission«): Alle Tumormanifesta- Ätiopathogenese. Wichtigster Faktor ist das Vorliegen
tionen sind verschwunden. einer Granulozytopenie. Diese kann primär durch ein-
4 PR (»partial remission«): Das Produkt der beiden geschränkte Immunkompetenz bei Neoplasien des hä-
größten senkrecht aufeinander stehenden Tumor- mato- oder lymphopoetischen Systems entstanden
durchmesser hat sich um mehr als 50% verringert. sein. Die Granulozytopenie kann auch sekundär ver-
4 NC (»no change«): Entweder hat sich der Tumor ursacht sein bei Verdrängung der Myelopoese durch
weniger als bei der PR zurückgebildet oder weniger Metastasen oder bei Schädigung der Myelopoese durch
als bei der PD vergrößert. Chemo- oder Radiotherapie.
238 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

Symptomatik. Im Vordergrund stehen Fieber (onko-


logisch relevantes Fieber) und Verschlechterung des . Tab. 7.17. Einteilung der Granulozytopenien
Allgemeinzustands.
Schweregrad Granulozytenzahl
Es gibt 3 Kriterien für ein onkologisch relevantes
Fieber. Ist eines der Kriterien bei einem onkologischen Mild 1000–1500/nl
Patienten erfüllt, sollte unverzüglich die unten angege-
Mäßig 500–1000/nl
bene Diagnostik erfolgen:
4 Einmalige Körpertemperaturerhöhung über Schwer 0–500/nl
38,3°C
4 Körpertemperaturerhöhung auf über 38,0°C, die
länger als 1 h dauert
4 Körpertemperaturerhöhung auf über 38,0°C, die In solchen Fällen muss initial empirisch behandelt wer-
zweimal innerhalb von 24 h auftritt den. In der Regel sind Breitbandantibiotika zu geben, da
70% der Infektionen bei onkologischen Patienten durch
Je nach Lokalisation der Infektion kann zusätzlich fol- Bakterien verursacht werden. Bei den restlichen 30%
gende Symptomatik bestehen: liegen Pilzinfektionen vor, die mit Antimykotika zu the-
7 4 Haut- oder Kathetereintrittspforteninfektion: Rö- rapieren sind. Viren sind nur von untergeordneter Be-
tung oder Schwellung deutung. Bei empirischer Behandlung und gleichzeitiger
4 Pneumonie: atemabhängige Schmerzen, Dyspnoe Granulozytopenie sollte die medikamentöse Therapie
oder Husten mindestens 7 Tage dauern. Besteht eine schwere Gra-
4 Infektion des oberen Gastrointestinaltrakts: Nausea, nulozytopenie (. Tab. 7.17), werden ergänzend Wachs-
Emesis oder Dysphagie tumsfaktoren wie G-CSF oder GM-CSF gegeben, um
4 Infektion des unteren Gastrointestinaltrakts: Diar- die Phase der Granulozytopenie zu verkürzen.
rhö
4 Infektion des Urogenitaltraktes: Dysurie oder Poll- Prognose. Die Erholung der Myelopoese (insbesondere
akisurie der Granulopoese) entscheidet über den Verlauf der
Infektion.
Diagnostik. Bei der klinischen Untersuchung werden
die Vitalparameter (Atem- und Herzfrequenz, Blut-
druck) überprüft. Zur wichtigsten Labordiagnostik 7.7.3 Notfälle bei Tumorerkrankungen
gehören das Differenzialblutbild, die Gerinnungs-,
Leber- und Nierenfunktionsparameter sowie der Aku- Unterschieden werden in der Onkologie Notfälle, die
te-Phase-Proteine (α1-Antitrypsin, Coeruloplasmin, durch den Tumor direkt verursacht werden, von Not-
C-reaktives Protein, Fibrinogen, Haptoglobin). Für fällen, die mit der Behandlung assoziiert sind.
die mikrobiologische Diagnostik sollte unabhängig
von der führenden Symptomatik Material für Blut-, 7.7.3.1 Vena-cava-superior-Syndrom
Liquor-, Stuhl- oder Urinkulturen, ggf. auch Tracheal- Definition. Tumorbedingte Kompression der Vena cava
sekret, Punktionsmaterial oder Wundabstriche gewon- superior von außen oder Lumenverlegung durch den
nen werden. Bei den bildgebenden Verfahren stehen Tumor von innen führt zur oberen Einflussstauung.
Röntgenaufnahmen des Thorax oder der Nasenneben-
höhlen, Computertomographie von Thorax oder Ab- Ätiopathogenese. Die Kompression der Vena cava su-
domen sowie die abdominelle Sonographie im Vorder- perior geschieht hauptsächlich durch Tumoren im Me-
grund. diastinum wie Bronchialkarzinome, Keimzelltumore,
Non-Hodgkin-Lymphome und Thymome. Wesentlich
Therapie. Nach Möglichkeit sollte eine antibiotische seltener sind Thrombosierungen im Rahmen von tu-
Therapie erregerspezifisch (nach Antibiogramm) er- morbedingten Gerinnungsstörungen.
folgen.
> Das Vena-cava-superior-Syndrom ist oft das erste
! Cave Symptom eines malignen Prozesses im Mediastinum.
Bei einem Patienten in klinisch schlechtem Zustand
mit ausgeprägter Granulozytopenie kann auf die Symptomatik. Halsvenenstauung, Schwellung von Ge-
Ergebnisse der Erreger- und Resistenzbestimmung sicht und Hals (einschließlich Zunge), Dysphagie,
nicht gewartet werden. Atem- und Luftnot (evtl. durch gleichzeitige Trachea-
7.7 · Internistische Onkologie
239 7

kompression), Husten und Kopfschmerzen (evtl. durch Therapie. Abhängig von der Höhe der Serumkalzium-
Liquordruckerhöhung) entwickeln sich innerhalb von konzentration:
Tagen bis Wochen. 4 Bei Werten <3,2 mmol/l: orale Flüssigkeitsgabe,
Mobilisierung der Patienten und Behandlung der
Diagnostik. Die Diagnose wird bei oberer Einflusstau- Grunderkrankung.
ung klinisch gestellt. Radiologische Verfahren wie 4 Bei Werten >3,2 mmol/l: parenterale Gabe von
Röntgenaufnahmen des Thorax in zwei Ebenen und 0,9%-iger NaCl-Lösung, Schleifendiuretika, Korti-
Computertomographie des Thorax können eine Me- kosteroide und Bisphosphonaten.
diastinalverbreiterung und evtl. deren Ursache zeigen.
Für eine histopathologische Untersuchung werden 7.7.3.3 Tumorlysesyndrom
Proben durch Bronchoskopie, Mediastinoskopie, trans- Definition. Nekrose vieler Tumorzellen im Rahmen
thorakale Punktion oder operative mediastinale Pro- einer Chemo- und/oder Radiotherapie, die zur Freiset-
benentnahme gewonnen. zung von intrazellulärem Material mit vielfältigen Fol-
gen führt.
Therapie. Patienten mit benignen Tumoren werden
meist chirurgisch behandelt, Patienten mit malignen > Am häufigsten ist ein Tumorlysesyndrom bei
Tumoren erhalten oft eine Chemo-/Radiotherapie. Die Patienten mit Leukämien oder generalisierten
symptomatische Therapie beinhaltet die Gabe von Kor- Lymphomen zu beobachten.
tikosteroiden, die prophylaktische Gerinnungshem-
mung mit Heparinen und evtl. eine Stentimplantation Symptomatik. Durch die Tumorzellnekrosen kommt
in die Vena cava superior. es zur Hyperkaliämie, Hyperphosphatämie, Hyperuri-
kämie mit Nierenfunktionseinschränkungen mit evtl.
7.7.3.2 Hyperkalzämie-Syndrom sich manifestierender Uratnephropathie und Laktatazi-
Definition. Anstieg der Serumkalziumkonzentration dose. Daneben können Hypoglykämie und Hypokalz-
auf über 2,8 mmol/l (albuminkorrigiert) im Verlauf ämie auftreten. Uncharakteristische Allgemeinsymp-
einer Tumorerkrankung ohne andere erkennbare Ur- tome sind Herzrhythmusstörungen, Oligurie (evtl.
sache (7 Kap. 7.5.2.5). Anurie) und Nausea.

Ätiopathogenese. Die Hyperkalzämie ist oft Folge der Diagnostik. Bei Patienten mit einer das Tumorlysesyn-
Wirkung von Osteoklasten-aktivierenden oder Parat- drom verursachenden Therapie sollten täglich die Se-
hormon-ähnlichen Faktoren, die von den Tumorzellen rumkonzentrationen der Elektrolyte und der Glukose
gebildet werden. gemessen sowie die allgemeinen Gerinnungs- und Nie-
renfunktionswerte bestimmt werden. Um eine Oligurie
Symptomatik. Neben Nausea, Vomitus, Obstipation, bzw. Anurie rechtzeitig zu erkennen, sollten regel-
Polydipsie und Polyurie können neuromuskuläre mäßige Gewichtskontrollen und Urinbilanzierungen
Störungen wie Müdigkeit, Muskelschwäche, Hyperre- durchgeführt werden.
flexie und psychische Störungen bis hin zum Koma
auftreten. Therapie. Am wichtigsten ist die prophylaktische The-
rapie zur Verhinderung eines Tumorlysesyndroms (Er-
Diagnostik. Neben der Messung der Serumelektrolyte höhung der Flüssigkeitszufuhr, Gabe von Allopurinol,
(freies und ungebundenes Kalzium) sowie der Nieren- Urinalkalisierung). Eine Hyperkaliämie wird durch
funktionswerte, sollte das Parathormon-related Protein Glukose-Insulin-Infusionen mit gleichzeitiger oraler
bestimmt werden. Gabe von Ionenaustauschern behandelt.
240 Kapitel 7 · Hämatologie, Hämostaseologie und internistische Onkologie

In Kürze
Wichtige Syndrome in der Onkologie

Vena-cava-superior- 4 Symptomatik: Halsvenenstauung, Dyspnoe, Dysphagien


Syndrom 4 Ätiologie: Tumorbedingte Kompression der Vena cava superior
4 Diagnostik: klinische Untersuchung, CT Thorax
4 Therapie: Operation (benigne Tumoren), Chemo-/Radiotherapie bzw.
Stentimplantation in die Vena cava superior (maligne Tumoren)

Hyperkalzämie- 4 Symptomatik: Nausea, Vomitus, neurologische und neuromuskuläre


Syndrom Störungen
4 Ätiologie: Bildung von Osteoklasten-aktivierenden oder Parathormon-
ähnlichen Faktoren
4 Diagnostik: Serumelektrolyte, Nierenfunktionswerte, Parathormon-related
Protein
4 Therapie: Forcierte Diurese, Flüssigkeitssubstitution, Biphosphonatgabe
7
Tumorlyse-Syndrom 4 Symptomatik: Herzrhythmusstörungen, Oligurie, Nausea
4 Ätiologie: massive Tumorzellnekrose
4 Diagnostik: Serumelektrolyte, Serumglukose, Nierenfunktionswerte
(einschließlich Gewichtskontrollen, Urinbilanzierung)
4 Therapie: Flüssigkeitssubstitution, Allopurinolgabe, Urinalkalisierung
8 Endokrinologie, Stoffwechsel
I. Barnaure, K.-P. Schaps

8.1 Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –243


8.1.1 Anamnese –243
8.1.2 Klinische Untersuchung –243
8.1.3 Diagnostik –243

8.2 Hypophyse –243


8.2.1 Hypophysenadenom –243
8.2.2 Hypopituitarismus –246
8.2.3 Diabetes insipidus –246
8.2.4 SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) –247

8.3 Nebenniere –249


8.3.1 Cushing-Syndrom –249
8.3.2 Primärer Hyperaldosteronismus –251
8.3.3 Adrenogenitales Syndrom (AGS) –252
8.3.4 Hirsutismus –253
8.3.5 Nebennierenrinden-Insuffizienz –254
8.3.6 Phäochromozytom –255
8.3.7 Neuroblastom –256

8.4 Schilddrüse –259


8.4.1 Spezielle Anamnese, klinische Untersuchung, Diagnostik –259
8.4.2 Euthyreote Struma –260
8.4.3 Hypothyreose –261
8.4.4 Hyperthyreose –262
8.4.5 Endokrine Orbitopathie –263
8.4.6 Thyreoiditis –264
8.4.7 Schilddrüsenmalignome –265

8.5 Epithelkörperchen und metabolische Osteopathien –269


8.5.1 Hyperparathyreoidismus (HPT), Hyperkalzämie –269
8.5.2 Hypoparathyreoidismus –270
8.5.3 Osteoporose –271
8.5.4 Osteomalazie und Rachitis –271
8.5.5 Morbus Paget –272

8.6 MEN, polyglanduläre Störungen, Karzinoidsyndrom –273


8.6.1 MEN (multiple endokrine Neoplasien) –273
8.6.2 Polyglanduläre Störungen –274
8.6.3 Karzinoidsyndrom –274

8.7 Kohlenhydratstoffwechsel –275


8.7.1 Diabetes mellitus –275
8.7.2 Coma diabeticum –280
8.7.3 Hypoglykämie –281
8.7.4 Insulinom –282
8.8 Stoffwechsel, Ernährung –284
8.8.1 Hyper-/Dyslipoproteinämie –284
8.8.2 Adipositas –286
8.8.3 Protein-Energie-Mangelernährung –288
8.8.4 Gicht –288
8.8.5 Porphyrien –290
8.8.6 Hämochromatose –291
8.8.7 Morbus Wilson –292
8.8.8 Phenylketonurie –293
8.8.9 α1-Antitrypsinmangel –293
8.8.10 Mukoviszidose –293
8.2 · Hypophyse
243 8

Die Endokrinologie beschäftigt sich mit den endokri- 8.1.3 Diagnostik


nen Drüsen und den Wirk- und Regelmechanismen
der von ihnen produzierten Hormone. Sie ist Teil der Die Diagnostik beruht auf:
Inneren Medizin und weiterer klinischer Fachgebiete 4 Labor:
(u. a. Gynäkologie, Urologie, Nuklarmedizin). 5 Blut-, Urinanalyse
Funktionsstörungen endokriner Drüsen (Über- 5 Suppressions-/Provokationstests: Nachweis einer
oder Unterfunktion) werden differenziert in: latenten Erkrankung (Über-/Unterfunktion)
4 Primäre Störung: Erkrankung der Drüse selbst 5 Nachweis von Hormonen, Enzymen oder Re-
4 Sekundäre Störung: Verminderung bzw. Vermeh- zeptoren mittels Assay (RIA, EIA) und Blotting-
rung der glandotropen Hormone verfahren
4 Tertiäre Störung: Veränderung der Releasing-Hor- 4 Bildgebende Verfahren: Sonographie, Röntgen,
mone des Hypothalamus CT, MRT, Szintigraphie, PET
4 Gewebeproben: Histologie, Zytologie
4 Vergleich mit alten Photos
8.1 Anamnese, klinische Unter-
suchung, Diagnostik
8.2 Hypophyse
8.1.1 Anamnese
8.2.1 Hypophysenadenom
Die endokrinologische und stoffwechselbezogene Ana-
mnese besteht aus einer allgemeininternistischen Befra- Definition. Epithelialer Tumor des Hypophysenvorder-
gung mit Familienanamnese. Symptome der Dysfunk- lappens (HVL) mit (40%) oder ohne (60%) endokrine
tion endokriner und exokriner Drüsen und die Hor- Aktivität.
monwirkungen werden besonders berücksichtigt. 4 Das am häufigsten von endokrin aktiven Adeno-
Gefragt wird u. a. nach: men produzierte Hormon ist Prolaktin (Prolakti-
4 Allgemeinbefinden (Abgeschlagenheit, Verlang- nom), danach folgen Wachstumshormon (Akro-
samung) megalie) und ACTH (zentrales Cushing-Syndrom,
4 Kraft 7 Kap. 8.3.1). TSH- sowie Gonadotropin-produzie-
4 Appetit, Gewichtsverlauf rende Adenome sind sehr selten.
4 Obstipation/Diarrhö 4 Das endokrin inaktive (chromophobe) Hypophy-
4 Kopfschmerzen senadenom produziert meist die LH, FSH und TSH
4 Flüssigkeitsbilanz (Trinkmenge, Polyurie) gemeinsame α-Subunit.
4 Zyklus
4 Kälte- oder Wärmeempfindlichkeit Es wird unterschieden zwischen Mikro- (<10 mm) und
4 Haarwuchs Makroadenomen (>10 mm).
Ein Inzidentalom ist ein zufällig entdecktes Ade-
nom. Es findet sich im MRT in 10%, bei Autopsien in
8.1.2 Klinische Untersuchung 25% der Fälle.

Zur klinischen Untersuchung gehören: Symptomatik. Aufgrund der Wirkungen der produ-
4 Inspektion: Extremitäten (Vergößerung), Viszera zierten Hormone sowie der Raumforderung entstehen
(z. B. sichtbare Struma), Striae, Pigmentierung, Störungen der hormonellen Achsen, Diabetes insipi-
Hidrosis dus, Hyperprolaktinämie, Sehstörungen durch Druck
4 Palpation: Schilddrüse, Gynäkomastie, Testes auf das Chiasma opticum (bitemporale obere Quadran-
4 Neurologischer Status tenanopsie, bei zunehmender Größe bitemporale
4 Ophthalmologische Untersuchung: Augenfundus Hemianopsie), Kopschmerzen und Ausfälle der im
4 EKG: z. B. Mikrovoltage bei Hypothyreose Sinus cavernosus verlaufenden Hirnnerven. Es kann
auch zu einer Hypophysenapoplexie mit akutem Hypo-
pituitarismus kommen.

Diagnostik. Labor, MRT (. Abb. 8.1), CT mit Rekons-


truktion in 3 Ebenen zur Planung des operativen Zu-
gangs, evtl. Blood-Sampling.
244 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Symptomatik.
4 Galaktorrhö (Milchproduktion außerhalb der post-
partalen Zeit)
4 Hypogonadismus mit sekundärer Amenorrhö
(Anovulation mit Sterilität) bei der Frau (Amenor-
rhö-Galaktorrhö = Forbes-Albright-Syndrom)
4 Impotenz und Libidoverlust beim Mann
4 Eventuell Osteoporose
4 Zeichen eines raumfordernden Effekts

> 20% der sekundären Amenorrhöen sind durch ein


Prolaktinom bedingt.

Diagnostik.
4 Mehrfache Messung des basalen PRL: Normal ist
ein Wert unter 25 ng/ml. Werte zwischen 25 und
150 ng/ml benötigen eine weitere Abklärung. Sie
können durch einen »stalk effect« (Wegfall des
. Abb. 8.1. Mikroadenom der Hypophyse. Hypointenses »prolactin inhibiting factors« Dopamin, z. B. durch
8 Areal (9 mm) am Sellaboden links paramedian. MRT, koronar, Abklemmen des Hypohysenstiels, und konsekutiv
T1-Wichtung, nach Kontrastmittelgabe: (Quelle: Privatarchiv fehlende Inhibition der Prolaktinsekretion), Medi-
Oberärztin Dr. I. Scheer, Kinderradiologie, Charité Berlin) kamente (Dopaminantagonisten), Schwangerschaft
oder primäre Hypothyreose bedingt sein. PRL-Wer-
te über 200 ng/ml gelten als fast beweisend für ein
Differenzialdiagnose. Kraniopharyngeome, (Epi-)Der- Prolaktinom.
moidzysten, Teratome, Metastasen, granulomatöse Er-
krankungen. Stalk effect
Ein »stalk effect« wird durch eine Verletzung des Hypotha-
Therapie. Inaktive Mikroadenome und asymptoma- lamus oder des Hypophysenstiels (z. B. bei einer Adeno-
tische Mikroprolaktinome können initial ohne Thera- mexstirpation) hervorgerufen. Dadurch nimmt der »pro-
pie engmaschig mittels Bildgebung kontrolliert werden. lavtin inhibiting factor« (PIF) Dopamin im HVL ab und die
Eine transsphenoidale Operation (bei Hormonsekre- Prolaktinsekretrion wird enthemmt. Deshalb kann Prolak-
tin auch postoperativ erhöht bleiben.
tion oder raumforderndem Effekt) führt in 70–80% der
Fälle zur Remission. Desweiteren werden Tumoren der
Hook effect
Sellagegend bestrahlt (Ausnahme: Kraniopharyngeome Stark erhöhte Prolaktinspiegel können bei der Messung
sind strahlenresistent), wobei danach eine Hormon- falsch-negative Resultate ergeben, weil die große Anzahl
substitution erforderlich wird. Bei Prolaktinomen kann an Prolaktinmolekülen die Formierung der PRL-Antikörper-
eine medikamentöse Therapie mit Dopamin erfolgen. Signal-Komplexe verhindern kann. Bei dem Befund eines
großen Adenoms mit normalem PRL sollte eine wieder-
Nachsorge. Gesichtsfelder, Hormonspiegel. holte Messung mit verdünnter Probe erfolgen.

> In der Nachsorge muss auf die mögliche Entwicklung 4 Prolaktinmessung nach TRH-Gabe (Provokations-
eines Hypopituitarismus (7 Kap. 8.2.2) oder Diabetes test): Beim Prolaktinom erfolgt kein Anstieg des
insipidus (7 Kap. 8.2.3) geachtet werden. Prolaktinspiegels (autonome Produktion).

Des Weiteren Medikamentenanamnese, Ausschluss


8.2.4.1 Prolaktinom einer Hypothyreose sowie einer Niereninsuffizienz.
Definition. Prolaktinproduzierendes Mikro- (Durch- Ophthalmologische Untersuchung. Lokalisationsdiag-
messer <10 mm, Prolaktin = PRL <200 ng/ml) oder nostik (CT, MRT). Überprüfung der übrigen Hypophy-
Makroadenom des Hypophysenvorderlappens. senfunktionen.

Epidemiologie. Häufigster endokrin aktiver Hypophy- Differenzialdiagnose. Physiologische Hyperprolaktin-


sentumor, w:m = 5:1, meist in 4. und 5. Dekade. ämie (10- bis 20-fach erhöhte Werte bei Gravidität,
8.2 · Hypophyse
245 8

Stress), para-und supraselläre Tumoren mit Beeinträch-


tigung von Dopaminbildung oder -transport (Mangel
an PIF), Syndrom der leeren Sella (liquorgefüllt, raum-
fordernder Effekt), Hypothyreose, chronische Nieren-
insuffizienz, pharmakologische Effekte (Östrogene,
Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva, Opiate, Cime-
tidin).

Therapie. Unter Bromocriptin (Dopaminagonist)


2,5 mg/Tag normalisieren sich Prolaktinwert und
Gonadenfunktion, die Größe des Adenoms nimmt
ab. Bei Nichtansprechen auf die Therapie Adenom-
exstirpation. In der Schwangerschaft Dopamin-
agonisten absetzen, engmaschige Prolaktinkontrolle
. Abb. 8.2. Hände einer Patientin mit Akromegalie
(Adenomvergrößerung durch Östrogenwirkung mög-
lich).
4 Hypopituitarismus und Hypogonadismus (durch
8.2.4.2 Akromegalie raumfordernden Effekt oder Prolaktinerhöhung)
Synonym. Hyperpituitarismus. 4 Pathologische Glukosetoleranz (durch insulinanta-
gonistische Wirkung von STH bzw. IGF-1)
Definition. Durch Erhöhung von GH (»growth hor- 4 Teilweise ätiologisch unklare Hypertonie
mone«, somatotropes Hormon = STH, Wachstums- 4 Müdigkeit
hormon) verursachtes Krankheitsbild. Bei Beginn der
GH-Überproduktion im Kindesalter Gigantismus Obstruktive Schlafapnoe
(>2 m Körpergröße), bei Erwachsenen Vergrößerung Durch die Makroglossie sowie die Größenzunahme von
der Akren (Nase, Ohren, Extremitäten). Pharynx und Larnyx kann sich eine obstruktive Schlafapnoe
entwickeln, die zu ausgeprägter Tagesmüdigkeit führen
Ätiopathogenese. Vermehrte Bildung von GH durch und auch bei adäquater Therapie persistieren kann.
ein eosinophiles Hypophysenadenom mit konsekutiver
Erhöhung von IGF-1 (= Somatomedin C) und Ausbil- Diagnostik. Erhöhtes GH im Blut (Tagesprofil erstellen,
dung einer Akromegalie. da GH pulsatil freigesetzt wird) mit fehlender Suppres-
sion im oralen Glukosetoleranztest (oGTT). Ein GH
Epidemiologie. 3–4/1.000.000/Jahr, Alter meist 30–45 <1 ng/ml schließt eine Akromegalie praktisch aus.
Jahre.
> GH wird nachts vermehrt, tagsüber vermindert freige-
Symptomatik. Schleichender Beginn von somatischen setzt. Hunger (Hypoglykämie), Stress und Anstrengung
und metabolischen Veränderungen über Jahre, bei erhöhen, Hyperglykämie hemmt die GH-Sekretion.
Diagnose meist Bestehen eines Makroadenoms:
Erhöhtes IGF-1. Überprüfung der übrigen Hypophy-
> (Hand-)Schuhe, Hüte, Ringe passen nicht mehr. senhormone. Im Röntgenbild Zunahme von Kortikalis
und Herzgröße, Vergrößerung der Nasennebenhöhlen.
4 Vergröberung der Gesichtszüge, auseinanderste- Als weitere bildgebende Verfahren MRT, CT.
hende Zähne, Makrognathie, Makroglossie
4 Vergrößerung (und Schwellung) von Händen Therapie. Transsphenoidale Adenomexstirpation (Me-
(. Abb. 8.2), Füßen, Kopf und Kehlkopf (kloßige thode der Wahl), Strahlentherapie (z. B Gamma-knife),
Sprache) medikamentös (bei Rezidiv, präoperativ, zur Über-
4 Dicke faltige Haut, evtl. Hirsutismus und Hyper- brückung) mit Somatostatinanaloga (Octreotid s.c., in
hidrose 2/3 der Fälle erfolgreich), Dopaminagonisten (20% er-
4 Hypertrophe Arthropathie folgreich), GH-Rezeptor-Antagonisten (Pegvisomant,
4 Viszeromegalie (diffuse oder multinoduläre euthy- normalisiert IGF-1-Spiegel).
reote Struma, Herz, Leber, Niere, Prostata)
4 Eventuell Kopfschmerzen und Sehstörungen sowie Prognose. Die Mortalität ist vor allem aufgrund von
Parästhesien (Karpaltunnelsyndrom) kardio- und zerebrovaskulären Komplikationen um
246 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

das 2- bis 3-fache erhöht. Das Risiko korreliert mit der Differenzialdiagnose. Unterfunktion einer hormona-
Höhe der GH-Konzentration und dem Vorhandensein len Achse, polyendokrine Autoimmunsyndrome, Myx-
von Hypertonie und Diabetes mellitus bei Diagnose- ödemkoma.
stellung. Bei normalisiertem GH-Spiegel normalisiert
sich auch die Mortalitätsrate. Therapie. Kausal: Operation. Symptomatisch (da meist
irreversibel): Substitution von Kortisol (als erstes, z. B.
Nachsorge. Aufgrund des erhöhten Risikos von Kolon- Prednison 5–7,5 mg/Tag), L-Thyroxin, Testosteron
polypen Screening-Koloskopie. (z. B. 250 mg alle 3–4 Wochen i.m.) bzw. Östrogen (Ös-
trogen-Gestagen-Kombination), evtl. gentechnisch
hergestelltes GH (Dosierung nach Klinik, Kontrolle
8.2.2 Hypopituitarismus der substituierten Hormone im Blut). Bei besonderen
Stresssituationen wie Operationen oder Infektionen
Definition. Partieller oder (seltener) kompletter Ausfall Dosis erhöhen. Bei hypophysärem Koma Glukokorti-
der HVL-Funktionen durch die Zerstörung oder Ver- koide in Glukoselösung, anschließend auch Schild-
drängung von Hypophysengewebe oder durch Abtren- drüsenhormone.
nung vom Hypothalamus (M. Simmonds).

Ätiopathogenese. Tumoren der Sellagegend (Hypo- 8.2.3 Diabetes insipidus


physenadenome, Kraniopharyngeome), Granulome
8 (Sarkoidose, Tuberkulose, eosinophile Granulome), Definition. Exzessiver Flüssigkeits- und Elektrolytver-
Trauma, Schock, operative Intervention, Radiatio, Hä- lust bei ungenügender Konzentrierung des Harns.
mochromatose, Sheehan-Syndrom (postpartale Ne-
krose durch Hypotension und Infarzierung währen der Ätiopathogenese.
Entbindung, Manifestation u. U. erst nach Jahren). 4 Diabetes insipidus centralis/neurohormonalis:
Ungenügende oder fehlende ADH-Produktion/
Symptomatik. Bei adenombedingtem Hypopituita- -Sekretion in Hypothalamus oder Hypophysen-
rismus fallen die Hormone oft in typischer Reihen- hinterlappen. Angeboren (autosomal-dominant),
folge aus: GH-Gonadotropine-TSH-ACTH. Symp- autoimmun (1/3 der Fälle) oder symptomatisch
tome entstehen erst, wenn über 80% des HVL zerstört (2/3) bei Tumoren der Sellaregion (v. a. Kranio-
sind: pharyngeom, dabei oft postoperativ; z. T. nur tran-
4 Hypophysärer Zwergwuchs im Kindesalter sient), Schädel-Hirn-Trauma, Granulomen, Menin-
4 Hypoglykämie und Apathie bei Erwachsenen gitis/Enzephalitis oder vaskulär (z. B. Aneurysmen
4 Amenorrhö der A. communicans anterior).
4 Agalaktie (erstes Zeichen bei akuter Insuffizienz) 4 Diabetes insipidus renalis: Seltener, fehlendes
4 Potenzstörungen Ansprechen der distalen Tubuli/Sammelrohre auf
4 Orthostatische Hypotension ADH (defekte Rezeptoren oder Wasserkanäle =
4 Adynamie Aquaporine). Angeboren (autosomal-dominant
4 Blässe (MSH-Mangel) oder autosomal-rezessiv, X-chromosomal) oder
4 Verminderung der sekundären Behaarung, typisch erworben bei Nierenerkrankungen (z. B. akutes
ist ein Fehlen der lateralen Augenbrauenpartie Nierenversagen, toxisch durch Lithium, Colchicin,
bei Sichelzellanämie), Hypokaliämie, Hyperkalz-
! Cave ämie, Sjögren-Syndrom.
Eine akute Insuffizienz manifestiert sich durch ein
hypophysäres Komamit Hypotonie, Bradykardie, Symptomatik. Polyurie mit Nykturie (5‒25 l/24 h) – bei
Hypothermie und Hypoventilation. Kindern unter 2 Jahren stattdessen Diarrhö –, starker
Durst (v. a. nach Eiswasser) mit Polydipsie, niedrige
Diagnostik. Niedrige Spiegel der peripheren Hormone Urinosmolalität (Asthenurie = Unfähigkeit, konzen-
ohne gegenregulatorischen Anstieg der hypophysären trierten Urin herzustellen).
Hormone sowie ungenügende Stimulierbarkeit durch
RH-Gabe (u. a. fT3, fT4, TSH niedrig). Bei Panhypopi- ! Cave
tuitarismus ist PRL erniedrigt, bei chronischem Hypo- Gefahr der hypertonen Dehydratation.
pituitarismus infolge einer Raumforderung kann PRL
normal oder leicht erhöht sein. MRT/CT.
8.2 · Hypophyse
247 8

Diagnostik. lung der hypophysären ADH-Sekretion (bei intrakrani-


4 Urinosmolalität erniedrigt (50–150 mosmol/l), ellen Prozessen wie Meningitis, Traumen, Tumoren,
Na+ im Serum normal oder leicht erhöht Hydrozephalus, nach Subarachnoidalblutung oder post-
4 Durstversuch: Nachweis eines Diabetes insipidus, operativ), pulmonale Prozesse (Malignome, Tuberku-
fehlender Anstieg der Urinosmolalität mit Anstieg lose, Aspergillose, hohe Beatmungsdrücke) und Medika-
der Plasmaosmolalität auf >295 mosm/l mente (Oxytocin, Carbamazepin, Cyclophosphamid).
4 ADH-Test (Desmopressin(DDAVP)-Test: Diffe-
renzierung zwischen zentralem und renalem Dia- Symptomatik. Bei Hyponatriämie (Na+ <120 mmol/l
betes insipidus): bei der zentralen Form steigt die ist fast immer symptomatisch) und ggf. Hypervolämie
Urinosmolalität nach ADH-Gabe, nicht jedoch bei (bis zur Wasserintoxikation): Verwirrung, Lethargie,
der renalen Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, epileptische
4 ADH im Serum. MRT, CT Anfälle, Stupor, Koma. Oft paradoxer Durst.

! Cave > Keine Ödeme bei SIADH, da die Wasserretention nur


Da der Durstversuch bei Diabetes insipidus zur hyper- 3–4 l beträgt.
tonen Dehydratation führt, sollte er nur unter statio-
nären Bedingungen durchgeführt werden. Diagnostik. Hyponatriämie (oft <110 mmol/l), inadä-
quat hypertoner Urin (Osmolalität >300 mosm/l) bei
Differenzialdiagnose. Osmotische Diurese bei Dia- hypoosmolarem Serum (Urinosmolalität: Serumosmo-
betes mellitus oder nach Mannitolgabe, psychogene lalität oft 1,5‒2,5:1), normales K+, ADH normal bis er-
Polydipsie (Plasmaosmolalität unverändert, ADH er- höht. Eventuell »Water-load-Test: 20 ml Wasser/kg KG.
niedrigt, Urinosmolalität erniedrigt, im Durstversuch SIADH gesichert, wenn in 4 h nicht 65% oder in 5 g
Urinosmolalität steigend, im Desmopressintest Urinos- nicht 80% des Wassers ausgeschieden werden.
molalität steigend), Missbrauch von Diuretika, Hyper-
kalzämie. In der Schwangerschaft Diabetes insipidus Differenzialdiagnose. Hyponatriämie anderer Ursache
durch vermehrten ADH-Abbau. (ADH nicht messbar), M. Addison (Hypotonie), Hypo-
thyreose, neurologische oder psychiatrische Erkran-
Therapie. kungen, »cerebral salt wasting syndrome«.
4 Zentraler Diabetes inispidus: kausal operativ (Tu-
morexstirpation), symptomatisch Desmopressin Cerebral salt wasting syndrome (CSW)
(2×/Tag intranasal), in schweren Fällen Infusion Beim CSW besteht ein renaler Natriumverlust aufgrund
von hypotoner Flüssigkeit eines nicht identifizierten natriuretischen Faktors oder
4 Renaler Diabetes insipidus: kausal (je nach Ursache) direkter neuraler Kontrollmechanismen bei Patienten mit
und/oder symptomatisch: natriumarme Kost, Thia- intrakraniellen Erkrankungen. Folge sind eine Hyponatri-
zide, NSAR (Indometacin) zur Reduktion der GFR ämie und eine Abnahme des Extrazellulärraumes (Verlust
von Natrium und Wasser mit Dehydrierung, gegenüber der
Eu- oder Hypervolämie bei SIADH). Das ADH kann aufgrund
8.2.4 SIADH (Syndrom der inadäquaten der Hypovolämie erhöht sein.
ADH-Sekretion)
Therapie. Behandlung der Grunderkrankung. Sympto-
Synonym. Schwarz-Bartter-Syndrom. matisch Flüssigkeitsrestriktion (500–800 ml/Tag), bei
starker Symptomatik hypertone NaCl-Infusion und
Definition. Erhöhte ADH-Freisetzung ohne physiolo- Furosemid (forcierte Diurese). ADH-Antagonisten
gischen Stimulus. sind nicht im Handel.

> Nicht zu verwechseln mit dem Bartter-Syndrom ! Cave


(erbliche renale Tubulopathie mit Kaliumverlust). Das Serumnatrium darf um maximal 10 mmol/l/24 h
angehoben werden, da sonst eine zentrale pontine
Ätiopathogenese. Erhöhung von ADH, dadurch Wasser- Myelinolyse droht.
retention mit konsekutiv vermehrter Extrazellulärflüs-
sigkeit und Dilutionshyponatriämie. Die ADH-Erhö-
hung ist zu 80% paraneoplastisch (meist kleinzellige
Bronchialkarzinome) oder bedingt durch eine Entkopp-
248 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

In Kürze
Hypophysenerkrankungen

Hypophysenadenom 4 Symptomatik:
4 40% aktiv – Raumfordernder Effekt (bitemporale obere Quadrantenanopsie/Hemianopsie,
(PRL > GH > Hirnnervenausfälle, HVL-Insuffizienz, Diabetes insipidus)
ACTH) – Hyperprolaktinämie, Akromegalie, M. Cushing
4 60% inaktiv 4 Diagnostik: Hormonspiegel, MRT, CT
4 Therapie: transsphenoidale Adenomexstirpation, bei Inoperabilität Bestrahlung,
ggf. Bromocriptin/Octreotid; ggf. Substitution der anderen Hormonachsen

Prolaktinom 4 Symptomatik: Galaktorrhö, Hypogonadismus (sekundäre Amenorrhö/Impotenz)


4 Diagnostik: basales PRL, TRH-Test.
4 Therapie: Dopaminagonisten, Exstirpation

Akromegalie 4 Symptomatik: Vergrößerung der Akren, Viszeromegalie


4 Diagnostik: GH-Tagesprofil, oGTT.
4 Therapie: Exstirpation, Strahlentherapie, Somatostatinanaloga, Dopaminagonisten,
GH-Rezeptor-Antagonisten
8
Hypopituarismus 4 Symptomatik:
– Sekundärer Hypogonadismus
– STH-Mangel (proportionierter Minderwuchs/Apathie, Hypoglykämie)
– Sekundäre Hypothyreose (Gewichtn, Bradykardie, Müdigkeit)
– Sekundäre Nebenniereninsuffizienz (Hypotonie, Adynamie)
– MSH-Mangel (alabasterfarbene Blässe)
– PRL-Mangel (Agalaktie)
4 Ätiologie: Tumoren der Sellaregion, Trauma, Schock, Sheehan-Syndrom
4 Diagnostik: Hypophysen- und Erfolgshormone basal und nach Stimulation durch
hypothalamische Releasingfaktoren (TRH-, LHRH-, CRH-, GHRH-Test): niedrige
basale Spiegel, fehlender Anstieg nach Stimulation. MRT
4 Therapie: eventuell Tumorexstirpation. Substitutionstherapie (periphere Hormone)
mit Kontrolle der Hormonspiegel

Diabetes insipidus 4 Symptomatik: Polyurie, Polydipsie, Asthenurie


centralis 4 Diagnostik: Urinosmolalitätp, Durstversuch: Urinosmolalitätp, Plasmaosmolalitätn,
ADHp, Desmopressintest: Urinosmolalitätn
4 Therapie: kausal operativ (Tumorexstirpation), symptomatisch Desmopressin, in
schweren Fällen Infusion von hypotoner Flüssigkeit

Diabetes insipidus 4 Symptomatik: wie Diabetes insipidus centralis


renalis 4 Diagnostik: Urinosmolalitätp, Durstversuch: Urinosmolalitätp, Plasmaosmolalitätn,
ADHn, Desmopressintest: Urinosmolalität o
4 Therapie: kausal und/oder symptomatisch: natriumarme Kost, Thiazide, NSAR zur
Reduktion der GFR

SIADH (inadäquate 4 Symptomatik: Hyponatriämie, Hypervolämie, paradoxer Durst


ADH-Sekretion) 4 Ätiologie: ADHn (paraneoplastisch, intrakranielle/pulmonale Prozesse, Medikamente)
4 Diagnostik: Urin hyperton, Serum hypoosmolar
4 Therapie: Behandlung der Grundkrankheit, symptomatisch Flüssigkeitsrestriktion,
forcierte Diurese (cave: zentrale pontine Myelinolyse)
8.3 · Nebenniere
249 8
8.3 Nebenniere 4 Bei ACTH-Erhöhung Hyperpigmentierung von
Haut und Schleimhäuten (aufgrund der parallelen
8.3.1 Cushing-Syndrom MSH-Erhöhung)

Definition. Krankheitsbild bei Hyperkortisolismus Bei primärem (adrenalem) Cushing-Syndrom sind


(. Abb. 8.3). Bei hypophysärer Ursache wird die Er- die Glukokortikoide erhöht, bei sekundärem auch die
krankung Morbus Cushing genannt. Androgene (Hirsutismus), weniger Aldosteron.

Ätiopathogenese. Endogene Ursachen: Diagnostik. Erfolgt in 3 Etappen:


4 ACTH-abhängig (Cushing-Syndrom mit sekun- 4 Besteht ein Cushing-Syndrom?
därer NNR-Hyperplasie) 5 Screening: Dexamethason-Kurztest: 1 mg De-
5 Zentral (hypothalamisch-hypophysär) 70% der xamethason p.o. um 23.00 Uhr, Kortisolbe-
Fälle, v. a. Frauen mittleren Alters, meist Hypo- stimmung um 8.00 Uhr. Normal ist eine Korti-
physenmikroadenom, evtl. Hypophysitis (Au- solsuppression auf <5 μg/dl (durch den intak-
toantikörper gegen HVL-Zellen) ten Regelkreis supprimiert Dexamethason die
5 Ektope (paraneoplastische) ACTH-Produktion ACTH- und damit auch die Kortisolsekretion).
bei kleinzelligem Bronchialkarzinom, Karzi- Falsch-positive Ergebnisse können bei Adi-
noid, Thymom, Phäochromozytom, medullä- positas, Depression und Alkoholabusus ent-
rem Schilddrüsenkarzinom stehen.
4 ACTH-unabhängig (adrenales Cushing-Syn- 5 Bestätigungstest:
drom) – Kortisol im 24-h-Urin
4 Kortisolproduzierender NNR-Tumor (Adenome bei – Spätabendliches Speichelkortisol, spätabend-
Erwachsenen, bei Kindern häufiger Karzinome) liches Serumkortisol (der Nadir ist bei Adi-
4 Mikro- oder makronoduläre Hyperplasie positas und Depression erhalten, nicht aber
beim Cushing-Syndrom)
! Cave – 2-tägiger niedrig-dosierter Dexamethason-
Am häufigsten ist eine Langzeittherapie mit Test: 0,5 mg p.o. alle 6 h für 8 Dosen ± CRH-
Steroiden die exogene (iatrogene) Ursache. Stimulation, bei Cushing-Syndrom fehlt eine
Suppression
Epidemiologie. Inzidenz 1/100.000, Prävalenz 4 ACTH-abhängiges oder ACTH-unabhängiges
40/1.000.000. M. Cushing: w:m = 9:1, ektope Ursache: Cushing-Syndrom?
w:m = 1:10 5 ACTH im Serum: Erniedrigt bei adrenalem
(<5 ng/l), erhöht bei hypophysärem oder ekto-
Symptomatik. pem Cushing-Syndrom
4 Zentripetale Fettumverteilung mit Stammfettsucht, 4 Lokalisation
Stiernacken, Mondgesicht, supraklavikulären Fett- 5 Pituitär oder ektop
polstern – Hochdosierter Dexamethasontest (2 mg alle
4 Hautatrophie (dünn, pergamentpapierartig, leicht 6 h): bei M. Cushing wird Kortisol suppri-
verletzlich), schlechte Wundheilung, Striae rubrae miert, nicht jedoch bei ektopem Cushing-
(>1 cm breit) vor allem abdominal, Neigung zu Syndrom (Hypophysenadenome sind gegen-
Akne, Furunkulose, Ekchymosen über dem negativen Feedback relativ, ektope
4 Osteoporose, Muskelschwäche (Proteinkatabo- ACTH-produzierende Tumoren komplett
lismus) resistent).
4 Hypertonie (85%) – Overnight-Test: Basiswert um 8.00 Uhr,
4 Leuko-, Thrombo-, Erythrozytose, Eosino- und 8 mg Dexamethason um 23.00, Kortisol am
Lymphopenie nächsten Morgen 8.00 Uhr. Bei M. Cushing
4 Amenorrhö, Libidominderung Suppression auf unter 50% des Ausgangs-
4 Diabetogene Stoffwechsellage wertes.
4 Depressionen, psychotische Zustände – Anstieg von ACTH und Kortisol im Urin
4 Hypokaliämie (verdächtig auf NNR-Tumor/ektope sowie Hypokaliämie bei ektoper ausgepräg-
ACTH-Produktion) ter als bei hypophysärer Produktion.
4 Wachstumsstillstand bei Kindern 5 Pituitär, ektop oder adrenal: Dünnschicht-
4 Hirsutismus, Virilisierung CT-Abdomen, MRI-Schädel, bei Unklarheiten
250 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

. Abb. 8.3. Mindmap Cushing-Syndrom


8.3 · Nebenniere
251 8

Blood-Sampling aus dem Sinus petrosus infe- Conn-Syndrom) oder aufgrund einer verstärkten Stimu-
rior beidseits (Bestimmung der wahrschein- lation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (se-
lichen Seite eines nicht sichtbaren Mikroade- kundärer Hyperaldosteronismus).
noms, Ausschluss einer ektopen Produktion
bei Konzentrationsgradient zentral/femoral), Ätiopathogenese. Möglich sind:
CT/Thoraxröntgen, Octreotidszintigraphie 4 Autonome Aldosteronproduktion durch ein Neben-
(bei einigen ektop produzierenden Tumoren nierenadenom (unilateral, häufigster Fall)
finden sich auf der Zelloberfläche Somatosta- 4 Bilaterale idiopathische Nebennierenhyperplasie
tinrezeptoren), Lipotropin (LPH) wie ACTH- 4 Nebennierenkarzinom
Fragment des POMC (Proopiomelanokortin). 4 Fusion des ACTH-abhängig exprimierten Gluko-
kortikoidgens mit dem Gen der Aldosteronsyn-
Differenzialdiagnose. thase (glukokortikoid-supprimierbarer Hyperal-
4 Erhöhtes Kortisol: Einnahme von Kontrazeptiva dosteronismus)
(kortisolbindendes Globulin = CBG erhöht, Gesamt-
hormon erhöht, freier Anteil jedoch normal), Einnah- > Die Hypertonie entsteht durch eine aldosteron-
me von Steroiden ohne Wissen des Arztes (evtl. chro- bedingte Natrium- und Flüssigkeitsretention sowie
matografischer Nachweis synthetischer Steroide). durch direkte Vasokonstriktion. Der Hyperaldostero-
4 Adrenale Raumforderung: Inzidentalom der NNR nismus ist die häufigste Ursache einer sekundären
(zufällig entdeckter Tumor, meist endokrin inak- Hypertonie.
tives NNR-Adenom), zu finden bei ca. 1% der Be-
völkerung. Prozedere: bei endokriner Aktivität und Epidemiologie. 2‒8% aller hypertensiven Patienten.
über 5 cm Durchmesser Adrenalektomie, bei unter
5 cm Verlaufskontrolle nach 346 Monaten. Symptomatik. Die Symptomatik wird bestimmt
4 Aspekt: Adipositas (dicke Haut, normaler Dexa- durch:
methason-Hemmtest). 4 Arterielle Hypertonie (evtl. Kopfschmerzen)
4 Hypertonie und Hypokaliämie: Hyperaldosteronis- 4 Hypokaliämie (kein obligates Symptom!) sowie da-
mus, renovaskuläre oder maligne Hypertonie. raus resultierende Symptome (Muskelschwäche,
Obstipation, U-Welle und ST-Strecken-Senkung
Therapie. Exstirpation des verursachenden Tumors im EKG)
(Nebenniere, Hypophyse): Postoperativ nach Adrenal- 4 Metabolische Alkalose
ektomie hormonelle Substitutionstherapie bis zur Er-
holung der kontralateralen atrophierten Nebenniere Teilweise wird empfohlen, Hypertoniker auf primären
(bis zu 2 Jahre). Hyperaldosteronismus zu screenen, wenn mehr als
Bei Inoperabilität (häufig bei ektop produzierenden zwei Antihypertensiva zur Blutdruckeinstellung not-
Tumoren) oder mangelnder Effektivität: Medikamen- wendig sind.
töse Suppression der Kortisolproduktion (Ketocona-
zol 400–600 mg/Tag, Aminoglutethimid), bei Hypo- Diagnostik. Blutdruckmessung (Hypertonie). Labor:
physentumor Bestrahlung. Hyperkaliurie, evtl. Hypokaliämie. Erhöhte Aldoste-
Eine bilaterale Adrenalektomie bei Hypophysena- ronkonzentration in Plasma und Urin (zur Bestäti-
denom (z. B. bei fehlender Besserung trotz Hypo- gung NaCl-Belastungstest: fehlende Aldosteronsup-
physenadenomexstirpation) macht eine lebenslange pression bei primärem Hyperaldosteronismus). Ver-
Substitutionstherapie notwendig, z. T. kommt es auch minderte Plasmareninaktivität (negative Rückkopplung
zur Ausbildung invasiv wachsender Hypophysentu- durch Aldosteron; Quotient Aldosteron/Renin >20).
moren sowie einer braunen Pigmentierung (Nelson- CT/MRT.
Syndrom). Zur differenzialdiagnostischen Abklärung Neben-
nierenhyperplasie/Adenom kann ein Orthostasetest
durchgeführt werden: Beim Adenom steigt die Aldo-
8.3.2 Primärer Hyperaldosteronismus steronkonzentration nach zweistündiger Orthostase
nicht an (autonome Produktion). In unklaren Fällen
Synonym. Conn-Syndrom. selektive Katheterisierung der Nebennierenvenen mit
seitengetrennter Bestimmung von Aldosteron, Korti-
Definition. Überproduktion von Aldosteron in der Ne- son und Aldosteron/Kortison-Quotient (Adenom bei
bennierenrinde (primärer Hyperaldosteronismus, Seitendifferenz).
252 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Differenzialdiagnose. Cushing-Syndrom, sekundärer Dosis Dexamethason bei Glukokortikoid-supprimier-


Hyperaldosteronismus (bei Herzinsuffizienz, Nieren- barem Hyperaldosteronismus.
arterienstenose, maligner Hypertonie, chronischen
Nierenerkrankungen, essenzieller Hypertonie unter
Diuretikatherapie, Laxantienabusus), AGS, Lakritz- 8.3.3 Adrenogenitales Syndrom (AGS)
abusus, Liddle-Syndrom (Hypokaliämie, Hypertonie,
Hypoaldosteronismus bei konstitutiv aktivierten Natri- Definition. Gruppe von Erkrankungen mit vermehrter
umkanälen in den Nierentubuli). Androgenbildung infolge eines Enzymdefekts in der
Steroidbiosynthesekette (. Abb. 8.4). Aufgrund der
Therapie. Adrenalektomie bei Nebennierentumor Blockierung der Kortisolsynthese werden die Hormon-
(nach vierwöchiger Aldosteronbehandlung, bei Karzi- vorstufen in die anderen Wege umgeleitet.
nom zusätzlich Chemotherapie), Dauertherapie mit
dem Aldosteronantagonisten Spironolacton bei Hyper- Epidemiologie. Prävalenz des 21-Hydroxylase-De-
plasie (50–200 mg/Tag, ggf. mit kaliumsparenden fektes (klassisches AGS) 0,1‰, Heterozygotenhäufig-
Diuretika und Antihypertensiva kombiniert), niedrige keit 2%.

. Abb. 8.4. Steroidbiosynthesekette


8.3 · Nebenniere
253 8

Symptomatik. Je nach Enzymdefekt ergeben sich unter- steron im Fruchtwasser oder HLA-Typisierung ist
schiedliche Krankheitsbilder. möglich.
Am häufigsten (>90%) ist der 21-Hydroxylase-De-
fekt, der zur Erhöhung der Sexualhormone bei Ernied- > Eine pränatale Therapie kann die Virilisierung weib-
rigung von Gluko- und Mineralokortikoiden führt. licher Feten verhindern.
Man unterscheidet das klassische AGS mit Beginn im
Säuglingsakter von der »Late-onset«- (Pubertät) und Differenzialdiagnose. Stein-Leventhal-Syndrom (Syn-
der kryptischen Form (typisches Hormonprofil ohne drom der polyzystischen Ovarien), androgenbilden-
Symptomatik). de Ovarial- oder NNR-Tumoren (erworbenes AGS),
Folge ist eine Virilisierung mit Pseudopubertas Hirsutismus (7 Kap. 8.3.4).
praecox bei Jungen und Pseudohermaphroditismus
femininus bei Mädchen (primäre Amenorrhö, fehlende Therapie. Lebenslange Substitution von Glukokorti-
Brustentwicklung, Klitorishypertrophie, weibliches koiden (ein Teil der Dosis wird zur Suppression des
inneres Genitale). morgendlichen ACTH-Peaks abends eingenommen),
sowie evtl. Mineralkortikoidsubstitution, bei Patien-
> Bei Pseudopubertas praecox besteht ein Hypo- tinnen Antiandrogengabe.
gonadismus der Jungen (Gonadotropinsekretion
durch Androgene gehemmt) neben sehr ausge- ! Cave
prägten sekundären Geschlechtsmerkmalen. Die In Stresssituationen (Infektion, Trauma) muss die
Patienten sind als Kinder groß (anabole Wirkung der Glukokortikoiddosis erhöht werden.
Androgene), als Erwachsene klein (früher Schluss der
Epiphysenfugen). Nachsorge. 17α-Hydroyprogesteron im Serum/Speichel,
Metabolit Pregnantiol im 24-h-Urin.
Daneben kann ein Salzverlustsyndrom mit Hypona-
triämie, Hyperkaliämie und Hypotension auftreten
(»salt-wasting«, im Gegensatz zur »Simple-virilizing«- 8.3.4 Hirsutismus
Form).
Beim 11β-Hydroxylase-Defekt sind Sexualhor- Definition. Zunahme der androgenabhängigen Behaa-
mone und Aldosteronvorstufen erhöht, woraus sich rung vom männlichen Typ bei Kindern und Frauen
Virilisierungund Salzretention (aufgrund der mineral- (Gesicht, Brust, Schamregion, Extremitäten).
kortikoiden Wirkung von 11-Desoykortikosteron) mit
Bluthochdruck ergeben. Ätiopathogenese.
Beim 3β-Dehydrogenase-Defekt sind alle 3 Hor- 4 Idiopathisch (<90%): genetische Disposition mit
montypen vermindert, mit resultierendem Pseudo- normalen Testosteronspiegeln
hermaphroditismus masculinus bei Jungen. 4 Sekundär: ovariell (androgenproduzierende Tumo-
Der 17α-Hydroxylase-Defekt führt zu Hypertonie, re, Stein-Leventhal-Syndrom), adrenal (Tumoren,
Hypokaliämie und einem weiblichen Phänotyp ohne Cushing-Syndrom, AGS, Adipositas, Diabetes mel-
pubertäre Entwicklung bei beiden Geschlechtern (ver- litus Typ 2), Akromegalie, Hypothyreose, Prolak-
minderte Sexualhormone und Kortisol, erhöhte Mine- tinom, medikamentös (Testosteron, Gestagene,
ralokortikoide). Glukokortikoide, Phenytoin, Minoxidil, Spirono-
lacton, Ciclosporin)
Diagnostik. Klinik. Labor: Kortisol erniedrigt, ACTH
erhöht, erhöhte Konzentration von Hormonvorstufen Diagnostik. Anamnese, DHEA-S (erhöht bei adrenaler
im Serum (17-Hydroyprogesteron, 11-Desoxykortiko- Ursache, normal bei ovarieller Ursache), Testosteron,
steron bzw. 17-Hydroxypregnenolon), erhöhte 17-Keto- Androstendion.
steroide im Urin. Überschießender Anstieg der Hor-
monvorstufen im ACTH-Stimulationstest. Differenzialdiagnose. Hypertrichose: Lokale oder gene-
Zur Suche nach heterozygoten Merkmalsträgern ralisierte Vermehrung der Körperbehaarung. Virilisie-
können ebenfalls der ACTH-Stimulationstest sowie rung: Hirsutismus mit weiteren Androgenisierungser-
eine HLA-Typisierung durchgeführt werden (alle Merk- scheinungen (z. B. tiefe Stimme, Amenorrhö, Alopezie).
malsträger einer Familie haben den gleichen HLA-Ge-
notyp). Eine pränatale Diagnose mittels Genanalyse
(21-Hydroxylase), Bestimmung von 17-Hydroxyproge-
254 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Therapie. Epidemiologie. Inzidenz 1:400.000/Jahr, Prävalenz der


4 Idiopathischer Hirsutismus: Ovulationshemmer primären Insuffizienz 6–9/100.000 mit einem Manifes-
mit antiandrogener Wirkung (z. B. Cyproteronace- tationsalter von 30–50 Jahren.
tat) oder Spironolacton
4 Sekundärer Hirsutismus: kausale Therapie, bei Symptomatik. Bei langsamer Entwicklung kann
adrenaler Ursache Dexamethason, bei ovarieller völlige Beschwerdefreiheit bestehen (bis zur Krise
Ursache Antiandrogene unter Belastung). Symptome treten in der Regel erst
bei einer Zerstörung von über 90% des NNR-Gewe-
bes auf.
8.3.5 Nebennierenrinden-Insuffizienz Bei der chronischen NNR-Insuffizienz entwickeln
sich:
Definition. Unterfunktion der Nebennierenrinde auf- 4 Müdigkeit, Schwäche
grund einer Erkrankung der NNR selbst (primäre In- 4 Gewichtsverlust
suffizienz, Morbus Addison) oder von Hypothalamus 4 Eventuell abdominelle Beschwerden (Diarrhö, Er-
oder Hypophyse (sekundäre Insuffizienz). Die Insuffi- brechen)
zienz kann akut oder schleichend auftreten. 4 Bei primärer Insuffizienz: Hyperpigmentierung
von Haut und Schleimhäuten, vor allem an Hand-
Ätiopathogenese. furchen und Narben, evtl. Vitiligo, (orthostatische)
4 Primäre Nebenniereninsuffizienz: verminderte Hypotension und Dehydratation aufgrund des
8 Kortikoidproduktion durch Mangel an funktions- Versiegens sämtlicher Kortikosteroide inkl. Al-
tüchtigem NNR-Gewebe: ACTH (adrenokortiko- dosteron, Verlust der Sekundärbehaarung bei
tropes Hormon) und MSH (Melanozyten-stimulie- Frauen
rendes Hormon) erhöht 4 Bei sekundärer Insuffizienz auch Symptome auf-
5 Autoimmunadrenalitis (70% der Fälle, teils bei grund der anderen defizienten Hypophysenhor-
polyglandulären Störungen), Destruktion der mone, die Haut ist blass
NNR durch Autoantikörper, zumeist gegen
17α-Hydroxylase gerichtet Eine akute Insuffizienz manifestiert sich als Addison-
5 Metastasen bei Bronchialkarzinom, malignem Krise:
Melanom, Nierenzellkarzinom 4 Pseudoperitonitis mit Diarrhö und Erbrechen
5 Infektionen (Tuberkulose als weltweit häufigste 4 Muskel- und Gelenkbeschwerden
Ursache, Zytomegalievirus bei AIDS) 4 Exsikkose, Hypotonie, Schock, Oligurie
5 Nebennierenaplasie/-hypoplasie, Enzymde- 4 Hypoglykämie
fekte, AGS, Therapie mit Kortisolsynthesehem- 4 Metabolische Azidose
mern 4 Hypothermie, später Exsikkosefieber
5 Sarkoidose, Amyloidose, Adrenoleukodystro- 4 Delir, Somnolenz, Koma
phie
5 Akute Nebennierenrindeninsuffizienz: Water- Diagnostik. Bei basal erniedrigtem Kortisol erfolgen
house-Friderichsen-Syndrom (hämorrhagische als Bestätigungstest ein ACTH-Kurztest (Kortisolmes-
Infarzierung der Nebennieren bei Meningo- sung nach Stimulation mit ACTH) sowie die Bestim-
kokkensepsis), Blutungen (unter oraler Anti- mung von ACTH im Plasma und im CRH-Kurztest
koagulation, Neugeborene), Adrenalektomie (. Tab. 8.1).
4 Sekundäre/tertiäre Nebennierenrindeninsuffi- Des Weiteren Quotient Na+/K+ <30, evtl. Hyperkal-
zienz: ACTH erniedrigt, vor allem Kortisolproduk- ziämie. Relative Lymphyozytose, Eosinophilie, metabo-
tion erniedrigt lische Azidose, Azotämie.
5 HVL/Hypothalamus: Tumor, Granulome, Shee- Zur Ätiologieabklärung: NNR-Autoantikörper-
han-Syndrom, Entzündungen, nach Bestrah- Suche, Bildgebung von Nebennieren und Schädel (So-
lung nographie, Abdomen-Leeraufnahme mit evtl. Verkal-
5 Langzeitbehandlung mit Kortikosteroiden kungen, MRT, CT, Angiographie).
(insgesamt häufigste Ursache)
Differenzialdiagnose. Adynamie und Gewichtsverlust/
! Cave Hypoglykämie, Hyponatriämie und Hyperkaliämie an-
Bei einer Dauertherapie Steroide nie abrupt absetzen: derer Ursache, abdominelle Erkrankungen, akutes Ab-
Gefahr einer Addison-Krise. domen/Schock, bei Kleinkindern AGS.
8.3 · Nebenniere
255 8

zäpfchen als Notfallmedikation). Kontrolle beim Endo-


. Tab. 8.1. Labordiagnostik bei Nebenniereninsuf- krinologen 1×/Jahr.
fizienz
> Patientenausweis ausstellen mit Angaben
Primäre Sekundäre
über Grund der Behandlung, Medikamente und
Insuffizienz Insuffizienz
Dosierung.
Kortisol basal p p

Kortisol im mo 4 Akute Insuf-


8.3.6 Phäochromozytom
ACTH-Test fizienzn
4 Chronische
Insuffizienz Definition. Katecholaminproduzierender Tumor des
mo (NNR- enterochromaffinen Gewebes von Nebennierenmark
Atrophie) oder Grenzstrangganglia.
Plasma-ACTH n p
Ätiopathogenese. 2/3 sezernieren Adrenalin und Nor-
ACTH im n mo adrenalin, maligne Phäochromozytome zusätzlich Do-
CRH-Kurztest pamin, extraadrenale Tumoren oberhalb des Zwerch-
fells nur Noradrenalin.
Aldosteron p Normal

Androgene p Normal
Phäochromozytom: Zehner-Regel
Elektrolyte Na+p, K+n Na+, K+ normal
4 10% außerhalb der Nebenniere (bei Kindern
1/3), vor allem in den Grenzstrangganglia
(Paragangliome)
Therapie. 4 10% bilateral
4 Chronische Insuffizienz: Lebenslange Substitu- 4 10% maligne (30% bei den extraadrenalen)
tion von Glukokortikoiden sowie bei primärer und 4 10% familiär (Assoziation mit MEN II, Neu-
länger bestehender sekundärer Entstehung auch rofibromatose 1, Von-Hippel-Lindau-
von Mineralkortikoiden und ggf. DHEA, z.B. Hydro- Syndrom)
kortison 10–15 mg morgens und 5–10 mg mittags
und abends, Fludrokortison 0,05–0,2 mg/Tag.
Kontrollparameter sind subjektives Befinden, Epidemiologie. 0,2% aller Hypertonien, Inzidenz
Schellong-Test, Plasmareninaktivität, Na+ und K+. 1/100.000/Jahr, Alter meist 30–50 Jahre, beide Ge-
In leichten Stressituationen (Fieber, Durchfall) Ver- schlechter gleich häufig betroffen.
dopplung der Dosis, in schweren Fällen (Polytrau-
ma) bis 200 mg/Tag. Symptomatik. Permanente (50% der Fälle bei Erwach-
senen, 90% bei Kindern) oder paroxysmale Hyperto-
! Cave nie, die z. T. durch Druck auf das Abdomen ausgelöst
Bei allen Belastungen (z. B. Infekte, Operationen) ist werden kann. Bei 2/3 der Patienten typische, Minuten
die Glukokortikoiddosis aufgrund der Gefahr einer bis Stunden andauernde Krisen mit Kopfschmerzen,
Dekompensation mit Addison-Krise zu erhöhen. Schwitzen und Palpitationen. Zudem orthostatische
Dysregulation und Schwindel (aufgrund einer Volumen-
4 Akute Insuffizienz: Intensivmedizinische Versor- depletion), Blässe (Vasokonstriktion), Tremor, abdomi-
gung. Blutentnahme (Kortisol, ACTH) und sofor- nelle Schmerzen oder Flankenschmerzen, Leukozytose,
tiges Einleiten einer Therapie (ohne Abwarten der psychische Veränderungen. In 1/3 der Fälle Hypergly-
Laborergebnisse): 5% Glukose in 0,9% NaCl + Hy- kämie und Glukosurie.
drokortison 100 mg als Bolus i.v., dann 10 mg/h.
Keine K+-haltigen Lösungen. > Die Trias Kopfschmerzen, Schwitzen, Palpitationen
bei nachgewiesener arterieller Hypertonie ist nahezu
Prognose. Bei ausreichender Substitution gut. pathognomonisch für das Phächromozytom. Blässe
im Anfall und Gewichtsabnahme (Hypermetabolis-
Nachsorge. Patientenschulung (Aufsuchen einer Klinik mus) sprechen für die Diagnose, Gesichtsrötung und
bei Erkrankungen wie Gastroenteritis, Prednisolon- Gewichtszunahme dagegen.
256 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Diagnostik. Klinik mit Hypertonie/hypertensive Krisen. bzw. eines postoperativen Blutdruckabfalls. Bei Tachy-
24-h-Blutdruckmessung (kein nächtlicher Blutdruck- arrhythmien zusätzliche β-Blockade.
abfall). Nachweis einer erhöhten Katecholaminproduk-
tion: ! Cave
4 Screening: Katecholamine/Metabolite (Metanephrin, β-Blockade niemals vor der α-Blockade einleiten!
Normetanephrin) im angesäuerten 24 h-Urin (Kate- Bei besetzten β-Rezeptoren würden die α-Rezeptoren
cholamine sensitiver, Metanephrine spezifischer). vermehrt stimuliert, was zu schweren hypertensiven
Katecholamine (Metanephrine) im Plasma (nur in Krisen führen kann.
der Krise, andernfalls viele falsch positive Resultate.
Peripherer Venenkatheter, 1 h ruhig liegen). Bei Ver- Bei Inoperabilität medikamentöse Therapie mit α-Re-
dacht auf malignes Phäochromozytom zusätzlich zeptoren-Blockern oder α-MPT (hemmt die Tyrosin-
Dopamin und Homovanillinmandelsäure. hydroxylase und damit die Katecholaminproduktion).
Bei metastasierendem Phächromozytom Polychemo-
> Etwa 2 Wochen vor den diagnostischen Maßnahmen therapie, eventuell Radiotherapie mit 131J-MIBG (An-
sollten interferierende Medikamente abgesetzt wer- sprechrate 25%) oder Interferon/Octreotid, Chemoem-
den (z. B. Tetrazykline, Clonidin, Theophyllin). Diureti- bolisation von Lebermetastasen.
ka, ACE-Hemmer, AT1- und Ca2+-Antagonisten können Symptomatische Therapie der hypertensiven Krise.
weiterhin eingenommen werden.
Prognose. 80% der Patienten mit benignem Phäochro-
8 4 Bestätigungstest bei klinischem Verdacht und mozytom haben nach der Operation normotensive
grenzwertigen Katecholaminwerten: Clonidin- Blutdruckwerte, bei 20% besteht eine fixierte Hyperto-
Hemmtest (nur bei systolischem Blutdruck nie bei zusätzlich essenzieller Hypertonie.
>120 mmHg, Gabe von Clonidin p.o.). Aufgrund
einer zentralen Sympathikolyse sinken dabei die
Katecholamine im Plasma bei gesunden Proban- 8.3.7 Neuroblastom
den, nicht jedoch bei Phäochromozytom (auto-
nome Produktion). Definition. Maligner, von neuroektodermalen Zellen
4 Lokalisationsdiagnostik (nach klinischer und ausgehender embryonaler Tumor des Kindesalters mit
laborchemischer Diagnose): Sonographie, Neben- Lokalisation in Nebennierenmark (40%) oder Grenz-
nieren-/Abdomen-CT/MRT, 123I-MIBG-Szintigra- strangganglia (abdominal 25% > thorakal > zervikal
phie (ist Noradrenalin molekular ähnlich und wird und pelvin), selten primär z. B. in Orbita und Niere.
im enterochromaffinen Gewebe angereichert, er- Zellen mit defekter Katecholaminsynthese sowie Akku-
bringt Nachweis von bis zu 90% der Phäochromo- mulation und Sekretion der Vorstufen Homovanillin-
zytome, Ausschluss extraadrenaler Befunde), evtl. säure, Vanillinmandelsäure sowie Dopamin.
selektive Katecholaminbestimmung in Vena cava
und Nebennierenvenen. Epidemiologie. Dritthäufigster Tumor des Kindes-
4 Diagnostik auf MEN 2 (7 Kap. 8.6) bei nachgewie- alters. 85% der Fälle vor dem 5. Lebensjahr.
senem Phäochromozytom.
Symptomatik. Hypertonie, Blässe, je nach Lokalisation
Differenzialdiagnose. Thyreotoxikose, Herzrhythmus- palpabler abdominaler Tumor, Bauchschmerzen, Obsti-
störungen, Angststörungen, essenzielle Hypertonie, pation, spinale Kompression, Horner-Syndrom, Prop-
Diabetes mellitus, Kokain-/Amphetaminmissbrauch. tosis, zudem Diarrhö durch Sekretion von VIP (vaso-
aktives intestinales Polypeptid), Opsoklonus-Myoklo-
Therapie. Unilaterale Adrenalektomie bei unilateralem nus-Ataxie. Frühe lymphogene und hämatogene
Befund, bilaterale subtotale Adrenalektomie bei MEN 2 Metastasierung u. a. in Haut, Leber, Knochenmark.
(subtotal zur Vermeidung einer lebenslangen Gluko-
kortikoidsubstitution) in No-touch-Technik (zur Ver- Diagnostik.
meidung einer intraoperativen Katecholaminfreiset- 4 Bildgebung: CT/MRT-Thorax/Abdomen (. Abb. 8.5),
zung mit hypertensiver Krise). Präoperativ mindestens Sonographie, 131I-MIBG-Szintigraphie
einwöchige α-Blockade (Phenoxybenzamin in steigen- 4 Labor: Vanillinmandelsäure (VMS), Homovanillin-
der Dosis) und Volumenauffüllung zur Blutdruck- säure (HMV), Dopamin im Urin
einstellung, Verbesserung des Volumenhaushalts sowie 4 Histologie, zum Staging . Tab. 8.2. Verlaufskontrol-
Vermeidung einer intraoperativen hypertensiven Krise le mit Marker NSE (neuronenspezifische Enolase)
8.3 · Nebenniere
257 8

. Tab. 8.2. Neuroblastom-Staging

Stadium Beschreibung

I Lokalisierter Tumor mit makroskopisch


vollständiger Exzision

II A Lokalisierter Tumor mit makroskopisch


unvollständiger Exzision, keine Lymph-
knotenmetastasen

II B Lokalisierter Tumor mit makroskopisch


vollständiger oder unvollständiger
Exzsion, ipsilaterale Lymphknoten-
metastasen

III Nicht vollständig resezierbarer Tumor


oder kontralaterale Lymphknoten-
metastasen

IV Jeder Primärtumor mit Fernmetastasen

. Abb. 8.5. Neuroblastom. Spindelförmige Raumforderung IV S Lokalisierter Primärtumor (Stadium I


oberhalb der linken Niere direkt paravertebral. MRT-Abdo- oder II) mit Disseminierung in Haut,
men, koronare Aufnahme, T1-Wichtung nach Kontrastmittel- Leber und/oder Knochenmark bei über
gabe. (Quelle: Privatarchiv Oberärztin Dr. I. Scheer, Kinder- 1 Jahr alten Patienten
radiologie, Charité Berlin)

Therapie. Operation und je nach Stadium zusätzlich Prognose. Je nach Stadium Heilungsrate 8–99%.
bzw. bei Inoperabilität alleinige Chemotherapie und
Radiatio.

In Kürze
Nebennierenerkrankungen

Cushing- 4 Symptomatik: Fettumverteilung, Hautatrophie, Blutungsneigung,


Syndrom Striae, Hypertonie, diabetogene Stoffwechsellage, Osteoporose,
sekundäre Amenorrhö, Leukozytose; bei M. Cushing auch Hyper-
pigmentierung
4 Ätiologie: exogen (Kortikoidtherapie), endogen (adrenal,
hypophysär, ektop)
4 Diagnostik: Dexamethason-Kurztest (Screening), Kortisol im
24-h-Urin (Bestätigung), ACTH (Differenzierung ACTH-abhängig/
ATCH-unabhängig), hochdosierter Dexamethasontest
(Differenzierung pituitär–ektop), CT-Abdomen, MRT-Schädel,
Thoraxröntgen, evtl. Blood-Sampling aus Sinus petrosus
inferior
4 Therapie: Tumorexstirpation, Bestrahlung, medikamentöse
Suppression der Kortisolsynthese mit Ketoconazol; ggf. Substitu-
tionstherapie nach Adrenalektomie
6
258 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Primärer Hyper- 4 Symptomatik: arterielle Hypertonie, Hypokaliämie, metabolische


aldosteronismus Alkalose
(Conn-Syndrom) 4 Ätiologie: Nebennierenadenom > bilaterale Nebennierenhyper-
plasie, Nebennierenkarzinom; Differenzialdiagnose: sekundärer
Hyperaldosteronismus
4 Diagnostik: Hyperkaliurie, Hypokaliämie, Aldosteron in Plasma und
Urinn (NaCl-Belastungstest, Orthostasetest), Plasmareninaktivitätp,
CT/MRT
4 Therapie: Adrenalektomie, Spironolacton-Dauertherapie

Adrenogenitales 4 Ätiologie: defektes Enzym in der Kortisolbiosynthese, infolgedessen


Syndrom (AGS) Kortisolp, ACTHn, Umleitung der Hormonvorstufen in andere Wege
4 Therapie: Substitution von Glukokortikoiden sowie ggf. Mineral-
okortikoidsubstitution und Antiandrogengabe
21-Hydroxylase- 4 Symptomatik: Virilisierung (Frauen: Pseudohermaphroditismus
Defizienz (am femininus, Männer: Pseudopubertas praecox), Blutdruckp
häufigsten) 4 Diagnostik: Glukokortikoidep, Mineralokortikoidep, Androgenen,
erhöhter Metabolit: 17-Hydroxyprogesteron
8 4 Tipp: 21-Fehlen von 2 Wegen (Gluko- + Mineralokortikoide)
11β-Hydroxyla- 4 Symptomatik: Virilisierung, Blutdruckn
se-Defizienz 4 Diagnostik: Glukokortikoidep, Mineralokortikoiden, Androgenen,
erhöhter Metabolit: Desoxykortikosteron
4 Tipp: 11β-Fehlen von 1 Weg: Glukokortikoide, Blutdruckn
3β-Dehydroge- 4 Symptomatik: Männer: Pseudohermaphroditismus masculinus,
nase-Defizienz Blutdruckp
4 Diagnostik: Glukokortikoidep, Mineralokortikoidep, Androgenep bei
Männern,n bei Frauen, erhöhter Metabolit: 17-Hydroxypregnenolon,
DHEA
4 Tipp: 3β: alle 3 Wege sind betroffen
17α-Hydroxyla- 4 Symptomatik: weiblicher Phänotyp ohne Pubertätsentwicklung,
se-Defizienz Blutdruckn
4 Diagnostik: Glukokortikoidep, Mineralokortikoiden, Androgenep,
erhöhter Metabolit: Desoxykortikosteron
4 Tipp: siebzehn- nur Salzretention

Nebennierenrin- 4 Symptomatik:
deninsuffizienz – Chronisch: Müdigkeit, Gewichtsabnahme, abdominelle
Beschwerden
– Akut: Addison-Krise (Differenzialdiagnose: akutes Abdomen)
4 Therapie: Kortisonsubstitution, bei primärer Form auch Substitution
von Mineralokortikoiden und Androgenen; bei besonderen Bela-
stungen Erhöhung der Kortisondosis um ein Mehrfaches. Addison-
Krise: Intensivstation mit hochdosierter Hydrokortisonsubstitution
Primäre Neben- 4 Symptomatik: Müdigkeit, Gewichtsabnahme, abdominelle
nierenrindenin- Beschwerden, zusätzlich Hyperpigmentierung, Blutdruckp,
suffizienz Behaarungp
4 Ätiologie: Autoimmunadrenalitis, Metastasen, Infektionen,
hämorrhagische Infarzierung
4 Diagnostik: Kortisol basalp, Kortisol im ACTH-Test mo, Plasma-ACTHn,
ACTH im CRH-Kurztestn, Aldosteronp, Androgenep, Na+p, Ka+n.
6 4 Therapie: Substitution von Kortison, Mineralkortikoiden, Androgenen
8.4 · Schilddrüse
259 8

Sekundäre 4 Symptomatik: Müdigkeit, Gewichtsabnahme, abdominelle


Nebennieren- Beschwerden, zusätzlich Blässe
rindeninsuffi- 4 Ätiologie: Hypopituitarismus, Langzeittherapie mit Kortikoiden
zienz (häufigste Ursache)
4 Diagnostik: Kortisol basalp, Kortisol im ACTH-Testn (akut),
mo (chronisch, NNR-Atrophie), Plasma-ACTHp, ACTH im
CRH-Kurztest mo; Aldosteron, Androgene, Na+, Ka+ normal
4 Therapie: Kortisonsubstitution

Phäochromo- 4 Symptomatik: Hypertonie, Blässe, Kopfschmerzen, Schwitzen,


zytom Palpitationen, z. T. Hyperglykämie
4 Ätiologie: 10% maligne, ausgehend von enterochromaffinen Zellen.
Lokalisation: Nebennierenmark, Grenzstrangganglia. Produktion von
Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin
4 Diagnostik: Katecholamine/Metabolite im 24-h-Urin, Clonidin-
Hemmtest, Bildgebung, MIBG-Szintigraphie
4 Therapie: Adrenalektomie, präoperativ α-, ggf. β-Blockade,
Chemotherapie, Radiatio

Neuroblastom 4 Symptomatik: Hypertonie, abdominelle Beschwerden, Diarrhö,


evtl. spinale Kompression
4 Ätiologie: Maligner Tumor des Kindesalters, ausgehend von
neuroektodermalen Zellen. Lokalisation: Nebennierenmark,
Grenzstrangganglia; Produktion von Homovanillinsäure, Vanillin-
mandelsäure, Dopamin
4 Diagnostik: HMV, VMS, Dopamin im Urin, Bildgebung, MIBG-Szinti-
graphie, Histologie
4 Therapie: Resektion und Chemotherapie, Radiatio

8.4 Schilddrüse zen/Frieren, Haarausfall, Diarrhö/Obstipation, Ernäh-


rung (jodiertes Speisesalz, Fisch), Röntgenuntersu-
8.4.1 Spezielle Anamnese, klinische chungen mit Kontrastmitteln, Medikamenten, Familien-
Untersuchung, Diagnostik anamnese.
Die Schilddrüse wird palpiert und auskultiert.
Größe, Verschieblichkeit, Vorhandensein von Druck-
Schilddrüse
dolenz, Schwirren, Knoten und Strömungsgeräu-
4 TRH: »thyreotropin-releasing hormone« schen sind ebenso wie Blutdruck und Puls zu be-
4 TSH: Thyroidea-stimulierendes Hormon
stimmen. Zusätzlich sollte eine Augenuntersuchung
4 fT3: freies Trijodthyronin
erfolgen.
4 fT4: freies Thyroxin
4 Anti-Tg-Antikörper (TAK): Thyreoglobulin- Diagnostik
Antikörper
4 Anti-TPO-AK: Thyreoperoxidase-Antikörper
TSH basal als sensitivster Parameter für eine Beurtei-
(MAK: Antikörper gegen Schilddrüsen-Mikro- lung der Schilddrüsenfunktion wird zum Screening
somen) eingesetzt (erhöht bei Hypothyreose sowie der sehr
4 TRAK: TSH-Rezeptor-Antikörper seltenen sekundären Hyperthyreose, erniedrigt bei
Hyperthyreose, Autonomie, Thyroxintherapie, sekun-
därer Hypothyreose). Bestimmung der freien Konzen-
Anamnese und klinische Untersuchung tration der Schilddrüsenhormone, von Schilddrüsen-
Bei Verdacht auf Schilddrüsenerkrankungen gehören Autoantikörpern (TAK, MAK, TRAK) und Tumor-
zur Anamnese Fragen nach Appetit, Gewicht, Schwit- markern (Thyreoglobulin, Kalzitonin).
260 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Zu den bildgebenden Verfahren gehören die Sono-


graphie (normales Schilddrüsenvolumen: 18 ml bei . Tab. 8.3. Strumastadien nach WHO
Frauen, 25 ml bei Männern, bei Knoten über 1 cm
Stadium Beschreibung
Durchmesser ist eine Szintigraphie indiziert) sowie die
Szintigraphie mit einem γ-Strahler (99mTc, 123I, 131I; 123I Grad 0 Keine Struma
ist ein reiner γ-Strahler und wird zur Diagnostik ein-
Grad 1a Tastbarer, jedoch nicht sichtbarer
gesetzt, 131I ist ein β- und γ-Strahler und wird zur Radio-
Knoten bei normal großer Schilddrüse
jodtherapie verwendet) und Bestimmung des Tech-
netium-Uptakes (TcTU: Schilddrüsenfunktion, Nach- Grad 1b Tastbar, bei rekliniertem Hals sichtbar
weis ektoper Areale; Uptake erhöht bei heißem Knoten,
Grad 2 Bei normaler Kopfhaltung sichtbar
erniedrigt bei kaltem Knoten). Die Befunde beider Ver-
fahren müssen korreliert werden. Grad 3 Struma mit lokalen Kompressions-
zeichen
> Bei szintigraphisch kaltem, sonographisch echo-
freiem Knoten: Verdacht auf eine Zyste.
Bei szintigraphisch kaltem, sonographisch nicht
echofreiem Knoten: Verdacht auf ein Karzinom, Prävention. Die WHO empfiehlt eine Jodzufuhr von
weitere Abklärung muss erfolgen. 150–300 μg/Tag, wofür Seefischkonsum und jodiertes
Speisesalz im privaten Haushalt allein nicht ausrei-
8 Die Tracheazielaufnahme wird zur Abklärung einer chend sind. In der Schwangerschaft und im Anschluss
retrosternalen Struma eingesetzt, die Feinnadelaspira- an eine Strumatherapie sollten deshalb Jodidtabletten
tionszytologie (FNP) bei Verdacht auf ein Malignom. verabreicht werden.
Das Malignomrisiko ist erhöht bei vorhergehender
Strahlenexposition, männlichem Geschlecht, jugend- Symptomatik. Vergrößerte schluckbewegliche Schild-
lichem Alter oder solitärem Knoten. drüse. Evtl. Schluckbeschwerden, bei ausgeprägter
Form Luftnot, Stridor, Heiserkeit und obere Einflus-
stauung (. Tab. 8.3).
8.4.2 Euthyreote Struma
Diagnostik. Bei auffälligen Befunden fT3, fT4 (normale
Definition. EuthyreoteStruma: Benigne, nicht entzünd- Werte), Szintigraphie, evtl. Thoraxröntgen und Fein-
liche Vergrößerung der Schilddrüse bei normaler Funk- nadelaspiration. Bei latenter Hyperthyreose sind fT3
tion. Endemische Struma: In Regionen mit Jodmangel und fT4 ebenfalls normal, TSH ist jedoch erniedrigt
(Jodausscheidung <100 μg/g Kreatinin im Urin) bei und in der Szintigraphie finden sich autonome Areale.
>10% der Bevölkerung auftretende euthyreote Struma.
> Basisdiagnostik bei Struma: TSH basal und Schild-
Ätiopathogenese. Die Entwicklung der Struma wird drüsensonographie.
bedingt durch
4 eine Hyperplasie (Aktivierung von lokalen Wachs- Differenzialdiagnose. Schilddrüsenkarzinom (4% aller
tumsfaktoren wie EGF (epidermal growth factor) kalten Strumaknoten, bei Verdacht Feinnadelaspira-
und IGF-1 (»insulin-like growth factor«) aufgrund tion, Immunzytologie), Thyreoiditis, Akromegalie, an-
des Jodmangels) und dere Ursachen einer oberen Mediastinalverbreiterung.
4 eine Hypertrophie (Stimulierung durch erhöhtes
TSH bei erniedrigten Schilddrüsenhormonen) der Therapie.
Schilddrüse. 4 Medikamentös: Jodidsubstitution 100–500 μg/Tag,
darunter Rückbildung der Hyperplasie. Bei älteren
> Hauptursache der euthyreoten Struma ist ein Jod- Patienten sollte aufgrund des erhöhten Autonomie-
mangel (täglicher Jodbedarf 200 μg/Tag). risikos vor Therapiebeginn ein Suppressionstest
durchgeführt werden. Eine Kombination von Jodid
Die sporadische Struma entsteht in Phasen mit erhöh- und Thyroxin (dadurch auch Rückgang der Hyper-
tem Jodbedarf (Pubertät, Gravidität, Lithiumtherapie). trophie) mit einschleichender Dosierung und Kon-
trolle von basalem TSH, fT3, fT4 und sonographi-
Epidemiologie. 30% der Bevölkerung in Deutschland schem Befund ist bei Schwangeren Mittel der Wahl.
(Strumaendemiegebiet). Es wird ein niedriges TSH angestrebt.
8.4 · Schilddrüse
261 8

4 Operativ: Indikationen sind mechanische Kompli- Bei der sekundären Hypothyreose liegt ein TSH-Mangel,
kationen, Autonomien und Malignitätsverdacht. bei der tertiären Hypothyreose ein TRH-Mangel vor.
Eine Rezidivprophylaxe wird mit Jodid und/oder
Thyroxin durchgeführt. Epidemiologie. Mit einer alters- und geschlechtsab-
hängigen Inzidenz von 2–10% und einer Prävalenz von
Eine Radiojodtherapie mit 131Jod wird bei Rezidiv- 1:5000–1:3000 ist die primäre Hypothyreose die häu-
struma, Kontraindikationen für eine Operation, höhe- figste Form. Die Hashimoto-Thyreoiditis betrifft vor
rem Alter und multifokaler Autonomie eingeleitet. allem Frauen im Alter von 30–50 Jahren.

! Cave Symptomatik. Die Symptome beruhen auf einer Ver-


Bei älteren Patienten ist vor Einleiten einer Jodthera- langsamung metabolischer Prozesse sowie der An-
pie oder -prophylaxe eine Schilddrüsenautonomie sammlung von Matrixsubstanzen (Glykosaminoglyka-
auszuschließen (Gefahr einer Hyperthyreoseinduk- nen) im Extrazellulärraum (. Tab. 8.4).
tion durch Jod).
> Bei älteren Menschen oft uncharakteristische
Symptomatik. Cave: Fehldiagnose Depression.
8.4.3 Hypothyreose
Das Myxödemkoma entsteht auf dem Boden einer lang-
Definition. Unterfunktion der Schilddrüse mit einem bestehenden schweren Hypothyreose oder bei außer-
Mangel an Schilddrüsenhormonen. gewöhnlichen Belastungen (Operation, Trauma, Opiat-
gabe).
Ätiopathogenese. Angeborene Hypothyreose bei
Schilddrüsenaplasie, -dysplasie oder -ektopie, bei Defek- ! Cave
ten in der Hormonbiosynthese oder -inkretion bzw. auf Ein medizinischer Notfall ist das Myxödemkoma mit
Rezeptorebene oder bei hochdosierter thyreostatischer Bewusstseinsstörung und Hypothermie, Hypotonie,
Therapie in der Schwangerschaft. Bradykardie, Hypoventilation, evtl. Hyponatriämie
Die erworbene primäre Hypothyreose wird verur- und Hypoglykämie.
sacht durch:
4 Extremen Jodmangel (weltweit häufigste Ursache) Diagnostik. TSH basal ist bei primärer Hyperthyreose
4 Autoimmunthyreoiditis Hashimoto (7 Kap. 8.4.6) erhöht (mit/ohne Struma), bei sekundärer erniedrigt,
4 Iatrogen: postoperativ, nach Bestrahlung, medika- fT4 ist erniedrigt bei manifester, aber unverändert bei
mentös (Thyreostatika, hochdosiertes Jod, Lithium) latenter Erkrankung. TPO-AK, Sonographie (evtl.

. Tab. 8.4. Symptome der Hypothyreose

Erwachsene Neugeborene (unbehandelte Form: Kretinismus)

Kälteintoleranz, Leistungsminderung, Schwäche, Gewichts- Icterus neonatorum prolongatus, Trinkfaulheit


zunahme

Obstipation Obstipation

Parästhesien, Schwerhörigkeit, verzögerte Relaxation der MER, Störung der Gehirnreifung, geistige Retardierung,
Makroglossie, obstruktive Schlafapnoe, Karpaltunnelsyndrom Schwerhörigkeit, Bewegungsarmut

Bradykardie, Perikarderguss, Niedervoltage im EKG, BDdiastn, Dysproportionierter Kleinwuchs


Herzinsuffizienz

Haut blass, teigig, trocken (Myxödem); Haar trocken, brüchig

Eventuell Struma

Zyklusstörungen, evtl. Hyperprolaktinämie, Pubertas praecox,


generalisierte Ödeme (auch periorbital)

Hypercholesterinämie
262 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

kleine oder fehlende Schilddrüse), Feinnadelpunktion, zeptors/multifokal/disseminiert). Bei Jodmangel


Szintigraphie (verminderte Radionuklidspeicherung, erfolgt eine Vermehrung der physiologisch vor-
Technetium-Uptake erniedrigt). Eventuell Hypercho- handenen einzelnen autonomen Zellen, sodass
lesterinämie, CK erhöht. eine Jodzufuhr (Röntgen-Kontrastmittel, Medika-
mente) eine hyperthyreote Entgleisung auslösen
Differenzialdiagnose. Depression, Demenz, Herzinsuf- kann.
fizienz. 4 Morbus Basedow (Synonym: Graves’ disease, im-
munogene Hyperthyreose): Genetische Disposi-
> Das Low T3-∕T4-Syndrome (»sick euthyroid syndrome«) tion mit familiärer Häufung, Häufung bei HLA-B8
bei intensivmedizinisch betreuten schwerkranken und -DR3. Bildung von Autoantikörpern gegen
Patienten wird bei gleicher Laborkonstellation als den TSH-Rezeptor (TRAK) mit Aktivierung der
Adaptationsprozess und euthyreote Situation ange- TSH-Rezeptoren.
sehen. Keine Substitutionstherapie. 4 Passager bei subakuter Thyreoiditis.
4 Iatrogen/Einnahme von Schilddrüsenhormonen
Therapie. Hormonsubstitution, auch bei latenter Hypo- zur Gewichtsreduktion (Hyperthyreosis factitia).
thyreose. Standardtherapeutikum ist synthetisches
Thyroxin (T4) in einschleichender Dosierung (auf- Epidemiologie. 2% Inzidenz bei Frauen. In Deutsch-
grund der Gefahr von Herzrhythmusstörungen und land macht die Schilddrüsenautonomie 60% der Hyper-
Angina pectoris-Anfällen. Beginn mit 25–50 μg/Tag, thyreosen aus. Der Morbus Basedow (40% der Hyper-
8 Erhaltungsdosis 1,5–2 μg/kg KG/Tag). Die optimale thyreosen) manifestiert sich in 2/3 der Fälle nach dem
Dosis wird anhand des klinischen Wohlbefindens und 35. Lebensjahr, w:m = 5:1.
des basalen TSH (Normalisierung nach 6- bis 8-wöchi-
ger Therapie) bestimmt. Symptomatik. Typische Symptome sind:
Das Myxödemkoma wird auf der Intensivstation 4 Wärmeintoleranz, vermehrtes Schwitzen, evtl. sub-
mit Thyroxin i.v. (300–500 μg Bolus, dann 50 μg/Tag), febrile Temperaturen
Glukoseinfusion und bis zum Ausschluss einer gleich- 4 Gewichtsverlust, Heißhunger, pathologische Gluko-
zeitigen Nebenniereninsuffizienz auch Steroiden behan- setoleranz
delt (Beginn der Therapie sofort nach Blutentnahme 4 Diarrhö
(TSH, T4, Kortisol). 4 Psychomotorische Unruhe
4 Myopathie, Adynamie
! Cave 4 Eventuell Osteoporose
Bei sekundärer Hypothyreose durch Panhypopitui- 4 Prätibiales Myxödem bei M. Basedow
tarismus (7 Kap. 8.2.2) Hydrokortisontherapie vor 4 Selten Akropachie (keulenförmige Auftreibung der
T4-Substitution einleiten, da T4 den Kortisolabbau Finger- und Zehenendglieder)
fördert und zur Addisonkrise führen kann. 4 Tachykardie, Blutdruckamplitude erhöht, evtl. Vor-
hofflimmern, Extrasystolen
Nachsorge. TSH-Kontrolle bis zum Steady State alle 4 Haut warm, feucht, Haar weich, dünn, brüchige
4–6 Wochen, dann alle 6 Monate. Bei sekundärer und Nägel
tertiärer Hypothyreose Therapiekontrolle anhand von 4 Struma bei 70–90% (indolent bei M. Basedow,
fT3, fT4 und Klinik. Bei Hashimoto-Thyreoiditis schmerzhaft bei granulomatöser Thyreoiditis),
(7 Kap. 8.4.6) erhöhtes Schilddrüsenkarzinom- und Schwirren
Schilddrüsenlymphomrisiko. 4 Zyklusstörungen
4 M. Basedow zusätzlich in 60% der Fälle mit einer
endokrinen Orbitopathie (7 Kap. 8.4.5) assoziiert
8.4.4 Hyperthyreose
> Merseburger-Trias bei M. Basedow: Struma,
Definition. Erhöhung der Schilddrüsenhormone durch Exophthalmus, Tachykardie.
erhöhte Synthese und/oder Freisetzung.
! Cave
Ätiopathogenese. Ein Hyperthyreose tritt auf bei: Das prätibiale Myxödem (subkutane Einlagerung
4 Schilddrüsenautonomie bei Jodmangelstruma als von Glykosaminoglykanen) bei M. Basedow ist nicht
häufigste Ursache (unifokal beim autonomen Ade- zu verwechseln mit dem generalisierten Myxödem
nom mit aktivierenden Mutationen des TSH-Re- bei Hypothyreose.
8.4 · Schilddrüse
263 8

Im Alter ist die Symptomatik häufig maskiert und kann Die thyreotoxische Krise erfordert eine intensivmedizi-
vor allem aus Gewichtsverlust, Kraftminderung und nische Behandlung:
Müdigkeit (cave: Fehldiagnose Depression), Herzinsuf- 4 Thiamazol 40–80 mg Bolus i.v., dann 160–200 mg/
fizienz, Herzrhythmusstörungen bestehen. Tag i.v. (Hemmung der Hormonsynthese)
Bei der thyreotoxischen Krise (spontan oder nach 4 hochdosierte Jodidgabe, z. B. Lugolsche Lösung
Jodgabe bzw. Absetzen von Thyreostatika) treten auf: 3×10 Tropfen/Tag (Hemmung der Hormonaus-
Tachykardie (Herzfrequenz >150/min), Fieber bis schüttung, bei jodinduzierter Hyperthyreose kon-
41°C, Schwitzen, Exsikkose, außerdem Unruhe, Angst, traindizier)
Tremor, Durchfälle und Erbrechen sowie in fortge- 4 Plasmapherese bei jodinduzierter Krise
schrittenen Stadien Somnolenz, Desorientiertheit und 4 Subtotale Thyreoidektomie als Ultima Ratio
schließlich Koma. 4 Parenterale Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
(4–6 l/Tag), Kalorienzufuhr (3000 kcal/Tag)
Diagnostik. Anamnese, Klinik. Labor: TSH erniedrigt 4 β-Blocker
(TRH-Test nicht stimulierbar), fT3, meist auch fT4 er- 4 Glukokortikoide (wegen relativer NNR-Insuffi-
höht. Sonographie. Szintigraphie und im Technetium- zienz und zur Hemmung der T4/T3-Konversion:
Uptake erhöht, homogenes Speichermuster, bei Hyper- Hydrokortison 100 mg i.v. alle 8 h)
thyreosis factitia im Technetium-Uptake erniedrigt. 4 Physikalische Temperatursenkung
4 Thromboembolieprophylaxe
Differenzialdiagnose. Vegetative Dystonie, Depression,
Status febrilis, Kokain-/Amphetaminmissbrauch, sub-
akute Thyreoiditis, Hyperhidrosis anderer Ursache, 8.4.5 Endokrine Orbitopathie
Struma ovarii (Teratom mit Thyroxinproduktion).
Definition. Autoimmunerkrankung der Augenmus-
Therapie. kulatur und des orbitalen Bindegewebes, pathognomo-
4 Medikamentös vor allem mit Thioharnstoffen (Jodi- nisch für Morbus Basedow, z. T. in euthyreotem Zu-
sationshemmer: Carbimazol, inital 10–40 mg/Tag, stand auftretend.
Thiamazol, Propylthiouracil), symptomatische
Therapie mit β-Blockern (vor allem Propranolol, Ätiopathogenese. Infiltration mit T-Lymphozyten und
weil dadurch auch die periphere T4/T3-Konversion Förderung der Glykosaminoglykanproduktion der Fi-
gehemmt wird). Bei M. Basedow Auslassversuch broblasten mit einer Änderung des osmotischen Drucks
nach einem Jahr. und Flüssigkeitsansammlung mit Druckerhöhung in
4 Operative Therapie (subtotale Thyreoidektomie, der Orbita.
bei Malignitätsverdacht radikale Exstirpation) nach
medikamentöser Herstellung eines euthyreoten Symptomatik. Meist bilaterale Proptosis (Exophthal-
Zustands bei großer Struma mit Kompressions- mus), Lichtempfindlichkeit, vermehrtes Tränen, Fremd-
zeichen, Malignitätsverdacht, thyreotoxischer Krise körper-/Druckgefühl, Doppelbilder, Visusminderung,
oder Morbus Basedow-Rezidiv. sowie periorbitale Ödeme.
4 Radiojodtherapie (Vor- und Nachbehandlung mit
Thyreostatika) und anschließend lebenslange Subs- Zeichen bei Exophthalmus
titutionstherapie bei: Morbus-Basedow-Rezidiv, 4 Stellwag-Zeichen: seltener Lidschlag
Autonomie ohne kalte Areale, progredienter endo- 4 Dalrymple-Zeichen: sichtbarer Sklerastreifen über der
kriner Orbitopathie. In der Schwangerschaft kontra- Kornea
indiziert. Adenome können bevorzugt aufnehmen, 4 Graefe-Zeichen: zurückbleibendes Oberlid bei Blick-
sodass das Normalgewebe intakt bleibt. senkung
4 Möbius-Zeichen: Konvergenzschwäche
! Cave
Eine Überkompensation mit Hypothyreose ist zu Differenzialdiagnose. Retrobulbäre Tumoren, Sinus
vermeiden, da sie u. a. ein Wachstum der Schilddrüse cavernosus-Thrombose, Abszess, Mukozele.
fördert (TSH-Anstieg).
Therapie. Herstellung einer euthyreoten Situation, Ni-
kotinkarenz, lokale Maßnahmen (Augensalbe, Schlafen
mit angehobenem Kopfende), Steroide. Retrobulbärbe-
strahlung, operative Dekompression.
264 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

8.4.6 Thyreoiditis Symptomatisch kann mit β-Blockern und NSAR


behandelt werden. Bei lokalen Beschwerden und zur
Definition. Entzündungen der Schilddrüse mit unter- Diagnose ex iuvantibus: Steroide (z. B. Prednisolon
schiedlicher Ätiologie und Symptomatik mit Hyper-, 1 mg/kg KG).
Eu- oder Hypothyreose.
8.4.6.3 Subakute lymphozytäre Thyreoiditis
8.4.6.1 Akute Thyreoditis Ätiopathogenese. Ungeklärt, postpartum bei 4% der
Ätiopathogenese. Meist bakteriell, auch viral, bei ioni- Frauen, silent (ohne vorausgegangene Schwanger-
sierenden Strahlen, nach Trauma, z. T. per continuita- schaft), autoimmun (bei 1/3 dieser Fälle TPO-AK nach-
tem (Mundbodenphlegmone). weisbar) auf. Die Erkrankung wird teilweise als Varian-
te der Hashimoto-Thyreoiditis angesehen.
Symptomatik. Euthyreose, Fieber, lokaler (Druck-)
Schmerz, regionäre Lymphknotenvergrößerung, evtl. Symptomatik. Passager hyper- oder hypothyreot, meist
Abszedierung. blande. Bei Palpation ist die Schilddrüse indolent.

Diagnostik. CRP, Blutsenkung und Leukozyten sind Diagnostik. Palpation, Sonographie, Schilddrüsenhor-
erhöht. Sonographisch können echofreie Areale (Ein- mone, ggf. Feinnadelpunktion.
schmelzungen) nachgewiesen werden. Im Feinnadel-
punktat zeigen sich Granulozyten und Erreger. Therapie. Symptomatisch kann mit β-Blockern behan-
8 delt werden.
Therapie. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), bei
bakterieller Genese Antibiotika. Größere Einschmel- Prognose. Das Rezidivrisiko bei weiteren Schwanger-
zungen sollten abpunktiert werden. schaften ist erhöht, ebenso das Risiko einer späteren
Hypothyreose.
8.4.6.2 Thyreoditis de Quervain
Synonym. Subakute Thyreoditis, painful thyreoiditis. 8.4.6.4 Hashimoto-Thyreoiditis
Synonym. Chronisch lymphozytäre Thyreoiditis.
Ätiopathogenese. Oft nach viralem Infekt der oberen
Luftwege, gehäuft bei HLA-B35-Trägern. Ätiopathogenese. Der Hashimoto-Thyreoiditis liegt
eine chronische lymphozytäre Entzündung mit Des-
Epidemiologie. Verhältnis w:m = 5:1, das Krankheitsbild truktion von Schilddrüsengewebe bei familiärer Dispo-
tritt bevorzugt zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr auf. sition zugrunde (50% der Verwandten bilden ebenfalls
Antikörper, gehäuft HLA-DR-3,-5, -B8).
Symptomatik. Stoffwechsellage anfangs oft hyper-,
später eu- bzw. passager hypothyreot. Fieber, Abge- Epidemiologie. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die
schlagenheit. Die Schilddrüse ist vergrößert, palpa- häufigste Thyreoiditis und die häufigste Ursache einer
torisch fest, hart und schmerzhaft. Es bestehen Hals- Hypothyreose. Verhältnis w:m = 9:1.
schmerzen und Schluckstörungen.
Symptomatik. Hypothyreose. Beginn in der Regel
Diagnostik. CRP und vor allem Blutsenkung sind stark unmerklich, evtl. Struma (klassische Form versus
erhöht, die Leukozytenzahl normal. Sonographisch atrophe Form). Die Erkrankung kann assoziiert sein
zeigen sich echoarme, teils konfluierende Areale. Szinti- mit Vitiligo, Alopezie, Diabetes mellitus, Morbus
graphisch verminderte Technetiumanreicherung. Im Addison, perniziöser Anämie (polyglanduläre Stö-
Feinnadelpunktat ist eine granulomatöse Entzündung rungen).
mit Epitheloid- und Langhanszellen nachweisbar.
Diagnostik. Nachweis von Anti-TPO-Antikörpern
Therapie. In 80% der Fälle kommt es über Wochen bzw. (MAK, 95%) bzw. Tg-Antikörpern (TAK, 70%). Sono-
Monate zur Spontanheilung. graphisch erscheint die Schilddrüse homogen, echo-
arm. Szintigraphisch verminderte Technetiumauf-
! Cave nahme. Lymphozytäres und plasmazelluläres Infiltrat
Keine Thyreostatikagabe, da die Hyperthyreose nicht (Feinnadelpunktion).
auf einer erhöhten Hormonproduktion, sondern auf
einer Zerstörung von Schilddrüsengewebe beruht. Therapie. T4-Substitution.
8.4 · Schilddrüse
265 8

Weitere Formen der Thyreoiditis Diagnostik. Sonographie (unregelmäßig begrenzte echo-


Zu den selteneren Formen zählen die Amiodaron-induzier- arme Areale), Szintigraphie (kalter Knoten). Feinnadel-
te, die Zytokin-induzierte (bei therapeutischer Anwendung punktion, Histologie. Kalzitonin (Pentagastrin-Stimu-
von TNF-α, IFN-α, IL-1 und -2) und die Thyreoiditis bei HIV. lationstest). CT/MRT-Hals, Röntgen-/CT-Thorax, Kno-
Der chronisch-fibrosierendenThyreoiditis (Riedel-Stru- chenszintigraphie, PET, Molekulardiagnostik (RET).
ma) liegt eine progrediente Fibrosierung von Schilddrüse
und umgebenden Strukturen (z. T. auch mediastinale und ! Cave
retroperitoneale Fibrose) zugrunde. Beim papillären Schilddrüsenkarzinom kann das
Szintigramm unauffällig sein.

8.4.7 Schilddrüsenmalignome Bei MTC Screening von Familienmitgliedern (RET-


Protoonkogen) sowie evtl. prophylaktische Thyreoid-
ektomie ab dem Alter von 6 Jahren, Vorsorgeuntersu-
Schilddrüsenmalignome chung auf Phäochromozytom (Katecholamine) und
4 Differenziertes Karzinom: primären Hyperparathyreoidismus (Ca2+, PTH).
– Papillär: 50–60%, speichern z. T. Jod, Metas-
> Ein follikuläres Adenom ist nur histologisch (nicht
tasierung lymphogen (regionäre Lymph-
zytologisch) von einem follikulären Karzinom zu
knotenmetastasen z. T. vor Primärtumor
unterscheiden (anhand der Kriterien Gefäß-/Kapsel-
klinisch auffällig)
durchbruch).
– Follikulär: 20–30%, Metastasierung häma-
togen, Auftreten bevorzugt in Jodmangel- Therapie. Radikale Thyreoidektomie und Entfernung
gebieten (wo Jod fehlt-) der regionären Lymphknoten (bei differenzierten Karzi-
4 Undifferenziertes/anaplastisches Karzinom: nomen <1 cm Durchmesser Lobektomie und Isthmus-
5–10% resektion). Bei differenzierten Karzinomen 3–4 Wochen
4 Medulläres Karzinom (C-Zell-Karzinom, medul- postoperativ (und vor Beginn einer Schilddrüsenhor-
lary thyroid carcinoma, MTC): 10% mon-Substitutionstherapie) Anfertigung einer Ganz-
4 Lymphom, Sarkom körperszintigraphie zur Darstellung von thyreoidalem
4 Metastasen Restgewebe und Metastasen. Gegebenenfalls Nachre-
sektion oder Radiojodtherapie (131I hochdosiert in meh-
reren Fraktionen bis keine Speicherung mehr nachweis-
Symptomatik. Meist unauffällig, evtl. harter Struma- bar ist, 1% Risiko einer späteren akuten Leukämie.) Bei
knoten. Lokale Spätsymptome: undifferenzierten Karzinomen evtl. Strahlentherapie,
4 Struma medulläre Karzinome sind strahlenresistent.
4 Fixierte Haut
4 vergrößerte Lymphknoten zervikal und/oder supra- > Bei der Radiojodtherapie benigner Schilddrüsener-
klavikulär krankungen besteht im Gegensatz zum Einsatz bei
4 Heiserkeit (Rekurrensparese) Schilddrüsenkarzinomen kein erhöhtes Risiko einer
4 Horner-Syndrom akuten Leukämie.
4 Hals-, Ohren-, okzipitale Schmerzen
4 Stridor Suppressive Schilddrüsenhormonsubstitution bis nah
4 Schluckbeschwerden an die Toleranzgrenze zur Verhinderung einer post-
4 Obere Einflussstauung operativen Hypothyreose und Hemmung eines TSH-
Wachstumsreizes auf Metastasen.
Ätiopathogenese. Ionisierende Strahlen (meist papil-
läre Karzinome), genetische Disposition bei medullären Prognose. 10-Jahres-Überlebensrate papillär( 80%)
Karzinomen (85% sporadisch, 15% familiär im Rah- > follikulär (60%), MTC (60%). Mittlere Überlebenszeit
men eines MEN-Syndroms, 7 Kap. 8.6). nach Diagnosestellung bei anaplastischem Karzinom:
6 Monate.
Epidemiologie. 2–5/100.000/Jahr; w:m = 3:1 beim dif-
ferenzierten, 1:1 bei anderen Karzinomen. Nachsorge. Nach 6 Monaten Tastbefund, Sonographie,
Hormonwerte, Thoraxröntgen, CT, sowie Tumormar-
> Das Schilddrüsenkarzinom ist die häufigste endo- ker: Thyreoglobulin bei differenziertem Karzinom (Re-
krine Neoplasie. zidiv/Metastasen), Kalzitonin und CEA bei MTC.
266 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

In Kürze
Schilddrüsenerkrankungen

Euthyreote Struma 4 Symptomatik: vergrößerte Schilddrüse bei normaler Funktion


4 Ätiologie: Jodmangel, Deutschland ist Strumaendemiegebiet
4 Diagnostik: Labor (Euthyreose), Sonographie, Szintigraphie
(bei sonographischem Knotennachweis, Verdacht auf retro-
sternale Struma oder Ektopie)
4 Therapie: Jodidgabe, L-Thyroxin; Resektion (bei Kompres-
sionserscheinungen, Malignomverdacht, Autonomie);
Radiojodtherapie (bei Rezidiv, höherem Alter, multifokaler
Autonomie)

Hyperthyreose 4 Symptomatik: Wärmeintoleranz, Schweißneigung, Ge-


wichtsverlust, Diarrhö, Tachykardie, Blutdruckn, Extra-
systolen, Haut warm, feucht (prätibiales Myxödem bei
M. Basedow), Haar weich, dünn, psychomotorische Unruhe,
Adynamie, Myopathie, evtl. Osteoporose, 70–90% Struma;
Komplikation: thyreotoxische Krise
8 4 Ätiologie: Autonomie, M. Basedow, subakute Thyreoiditis
4 Diagnostik: TSHp (keine Stimulation im TRH-Test). fT3, meist
auch fT4nSonographie, Szintigraphie (TcTUn, homogenes
Speichermuster) Hyperthyreosis factitia: TcTUp
4 Therapie: Thyreostatika, Operation, Radiojodtherapie

Hypothyreose 4 Symptomatik: Kälteintoleranz, Gewichtszunahme, Obstipa-


tion, Bradykardie, Blutdruckdiast.n, Perikarderguss, Nieder-
voltage im EKG, Herzinsuffizienz, Haut blass, teigig, trocken
(Myxödem), Haar trocken, brüchig, Leistungsminderung, An-
triebsarmut; Komplikation: Myxödemkoma
4 Ätiologie: Autoimmunthyreoiditis Hashimoto, postoperativ,
Aplasie, sekundär
4 Diagnostik: TSH basaln bei primärer Hyperthyreose,pbei
sekundärer. fT4p bei manifester, unverändert bei latenter
Erkrankung. TPO-AKntikörper; Sonographie, Feinnadelpunk-
tion, Szintigraphie (TcTUp); evtl. Hypercholesterinämie, CKn
4 Therapie: Substitution mit L-Thyroxin

Thyreoiditis Akute Thyreoiditis 4 Symptomatik: Euthyreose, Fieber, Druckschmerz, regionäre


Lymphknotenvergrößerung, evtl. Abszess
4 Ätiologie: meist bakteriell, auch viral, ionisierende Strahlen,
Trauma, per continuitatem (Mundbodenphlegmone)
4 Diagnostik:CRPn, BSGn, Leukozytenn, Sonographie (teils
echofreie Areale = Einschmelzungen),
FNP (Granulozyten, Erreger)
6 4 Therapie: NSAR, Antibiotika, Punktion der Einschmelzungen
8.4 · Schilddrüse
267 8

Thyreoiditis Thyreoiditis de 4 Symptomatik: Oft erst hyper-, später eu-/passager hypo-


Quervain (subakut thyreot, Fieber, Abgeschlagenheit, Schilddrüsengrößen
granulomatös) (fest, hart), Druck-/Halsschmerzen, Schluckstörungen
4 Ätiologie: nach viralem Infekt, gehäuft bei HLA-B35
4 Diagnostik: BSGnn, CRPn, Leukozytenmo, Sonographie
(echoarme, teils konfluierende Areale), Szintigraphie
(TcTUp), FNP (granulomatöse Entzündung: Epitheloid-/
Langhanszellen)
4 Therapie: 80% Spontanheilung, NSAR, Steroide
Subakute lympho- 4 Symptomatik: passager hyper- oder hypothyreot, meist
zytäre Thyreoiditis bland, indolent.
4 Ätiologie: postpartum, silent, 1/3 TPO-Antikörper;
evtl. Variante der Hashimoto-Thyreoidits
4 Diagnostik: Palpation, Sonographie, Schilddrüsenhormone,
ggf. Feinnadelpunktion
4 Therapie: symptomatisch β-Blocker
Chronisch lympho- 4 Symptomatik: Hypothyreose, evtl. Struma, evtl. Teil einer
zytäre Thyreoidits polyglandulären Störung
(Hashimoto-Thyreoi- 4 Ätiologie: häufigste Form, familiäre Disposition
ditis) 4 Diagnostik: Anti-TPO-Antikörper (MAK, 95%), Tg-Antikörper
(TAK, 70%), Sonographie (homogene, echoarme Schild-
drüse), Szintigraphie (TcTUp), FNP (lymphozytäres, plasma-
zelluläres Infiltrat)
4 Therapie: T4-Substitution

Schilddrüsen- 4 Symptomatik: spät durch lokale Infiltration, Kompression.


malignome 4 Ätiologie: ionisierende Strahlen (papilläres Karzinom), gene-
4 Differenziert tische Disposition (medulläres Karzinom, MEN-Syndrom)
(papillär, follikulär) 4 Diagnostik: Karzinomverdacht bei szintigraphisch kaltem,
4 Anaplastisch sonographisch nicht echofreiem Knoten
4 C-Zellkarzinom 4 Therapie: Thyreodektomie und Entfernung der regionären
Lymphknoten
– Bei differenziertem Karzinom: + Radiojodtherapie
– Bei anaplastischem Karzinom: + Bestrahlung
– Postoperativ Schilddrüsenhormone, Tumormarker: Thy-
reoglobulin (differenziertes Karzinom), Kalzitonin + CEA
(medulläres Karzinom)
268 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

. Abb. 8.6. Mindmap Hyperparathyreoidismus, Hypoparathyreoidismus


8.5 · Epithelkörperchen und metabolische Osteopathien
269 8
8.5 Epithelkörperchen und 4 Ulcus ventriculi, Ulcus duodeni (die Hyperkal-
metabolische Osteopathien zämie bedingt über eine Gastrinerhöhung eine
Steigerung der Säureproduktion im Magen)
8.5.1 Hyperparathyreoidismus (HPT), 4 Diffuse Osteopenie, Osteitis fibrosa cystica von
Hyperkalzämie Recklinghausen (heutzutage selten), Rücken- und
Gliederschmerzen, im Röntgen Resorptionslaku-
Definition. Überproduktion von Parathormon (PTH, nen, Akroosteolysen
. Abb. 8.6). 4 Muskelatrophie
4 Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT): auto- 4 QT-Zeit-Verkürzung
nome Überproduktion in den Epithelkörperchen 4 Depressive Verstimmung
4 Sekundärer Hyperparathyreoidismus (sHPT): er-
höhte PTH-Sekretion aufgrund einer Hypokal- > Die Hyperkalzämie kann eine Pankreatitis verur-
zämie sachen, die wiederum den Kalziumspiegel senkt
4 Tertiärer Hyperparathyreoidismus (tHPT): Hy- und somit den pHPT maskieren kann.
perkalzämie nach Behandlung eines sekundären
HPT aufgrund der vorangegangenen Epithelkör- Bei schwerer Hyperkalzämie (evtl. durch Mitwirken
perchenhyperplasie von auslösenden Faktoren wie Vitamin D-, Kalzium-
oder Thiazidzufuhr) kann eine hyperkalzämische
Ätiopathogenese. Krise auftreten mit:
4 pHPT: solitäres Adenom (85%), hyperplastische 4 Diffusen Oberbauchschmerzen, Erbrechen
Epithelkörperchen (15%, z. T. bei MEN), multiple 4 Polyurie, Polydipsie, Exsikkose
Adenome, Karzinom. 4 Bewusstseinsstörungen, Koma
4 sHPT: Niereninsuffizienz (verminderte Calcitriol- 4 Herzrhythmusstörungen
produktion, Hyperphosphatämie führen zur Hypo- 4 Niereninsuffizienz
kalzämie), Malabsorption, Leberzirrhose, fehlende 4 Eventuell Kalzifizierungen in Kornea, Nieren, Lun-
Sonnenlichtexposition (bedingt Kalzitriolmangel, gen, Pankreas
wodurch die intestinale Kalziumresorption ver-
mindert und die PTH-Ausschüttung erhöht wer- Diagnostik. Gesamtkalzium, ionisiertes Kalzium, intak-
den). tes PTH, PTHrP (PTH related peptide), Vitamin D3,
4 tHPT: Bei sekundärem HPT (Hypokalzämie) er- knochenspezifische AP (alkalische Phosphatase), Krea-
folgt eine kompensatorische Epithelkörperchen- tinin (. Tab. 8.5). Zur präoperativen, evtl. intraoperativen
hyperplasie. Wird die Ursache des sekundären HPT Lokalisationsdiagnostik Sonographie, Szintigraphie.
behandelt, kommt es aufgrund der fortbestehenden
Hyperplasie bei gesenktem PTH-Bedarf zu einer
Hyperkalzämie.
. Tab. 8.5. Labor bei Hyperparathyreoidismus
Epidemiologie. pHPT 25/100.000/Jahr. pHPT und pHPT sHPT tHPT
Tumorhyperkalzämie machen gemeinsam 90% aller
Hyperkalzämien aus. Kalzium n n bis p n
im Serum
Symptomatik. Ergibt sich vor allem aus der Hyperkal- Kalzium n n bis p p
zämie, zu über 50% Zufallsbefund: im Urin

> Symptomentrias bei Hyperparathyreoidismus: »Stein, Phosphat p n bei renaler n


im Serum Ursache
Bein- und Magenpein«. Heutzutage treten vor allem
n bis p bei intes-
renale Komplikationen (»Stein«) auf.
tinaler Ursache

4 Rezidivierende Nephrolithiasis Phosphat n p p


4 Nephrokalzinose, Polyurie, Polydipsie, progredien- im Urin
te Niereninsuffizienz n n n
PTHintakt
4 Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Gewichts-
verlust AP n n n
4 Obstipation
270 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Differenzialdiagnose. 60% der Hyperkalzämien sind ! Cave


durch maligne Tumoren verursacht: paraneoplastisch Die Letalität der hyperkalzämischen Krise beträgt bis
durch PTHrP-Sekretion (Bronchuskarzinom, Nieren- zu 50%.
zellkarzinom, T-Zell-Leukämie) oder osteolytisch bei
Metastasen (Mammakarzinom, nichtkleinzelliges Bron- Bei sHPT: Behandlung der Grundkrankheit, Phosphat-
chuskarzinom; Aktivierung von Osteoklasten durch restriktion, kalziumhaltige Phosphatbinder, Vitamin-
Zytokinfreisetzung). D-Substitution.
4 Tumorhyperkalzämie (z. T. PTHrP) Bei tHPT: evtl. chirurgisch.
4 Vitamin D- oder Vitamin A-Intoxikation
4 Granulomatöse Erkrankungen, z. B. Sarkoidose
(Produktion von Vitamin D in Makrophagen) 8.5.2 Hypoparathyreoidismus
4 Hyperthyreose, Immobilisation (erhöhter Knochen-
umbau) Definition. Unterfunktion der Epithelkörperchen mit
4 Medikamentös (Thiazide, Tamoxifen, Lithium) PTH-Mangel (. Abb. 8.6).
4 FHH (familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie)
Ätiopathogenese. Iatrogen (Entfernung der Epithel-
Therapie. Bei pHPT (und ggf. tHPT): Operation (In- körperchen bei Halsoperationen), idiopathisch, Aplasie
dikation: Patienten <50 Jahre, symptomatischer HPT, (DiGeorge-Syndrom, Kenney-Syndrom), metastati-
Ca2+ >0,25 mmol/l > Normgrenze, verminderte Krea- sche Infiltration, PAS (polyglanduläre Autoimmunsyn-
8 tininclearance, verminderte Knochendichte). Intraope- drome, 7 Kap. 8.6.2).
rative Darstellung aller Epithelkörperchen und Adeno-
mexstirpation bzw. bei Hyperplasie Exzision aller Epi- Symptomatik. Hypokalzämische Tetanie:
thelkörperchen (Kryokonservierung, sodass im Fall 4 Parästhesien (Hände, Füße, perioral)
eines postoperativen Hypoparathyreoidismus eine Re- 4 Muskelkrämpfe bei erhaltenem Bewusstsein
implantation möglich ist) und Reimplantation eines ½ 4 Pfötchenstellung, Spitzfuß (Karpopedalspasmen)
Epithelkörperchens in den M. brachioradialis (leichtere 4 Teilweise Laryngo- und Bronchospasmen sowie
Zugänglichkeit bei Rezidiv). Intraoperativ sollte PTH abdominelle Krämpfe
um ca. 50% absinken.
QT-Zeit-Verlängerung. Zudem Haarausfall, Nagel-
> Eine postoperative Hypokalzämie kann permanent
wuchsstörungen, Katarakt, Stammganglienverkalkung,
(dann Reimplantation) oder passager sein (»Hungry-
Osteosklerose, Reizbarkeit, depressive Verstimmung.
bone«-Syndrom aufgrund einer Rekalzifizierung bei
Bei Kindern Wachstums-, Zahnbildungsstörungen und
Knochenmanifestation).
psychomotorische Retardierung.
Bei leichteren Fällen konservative Behandlung (aus- 4 Chvostek-Zeichen: Beklopfen des N. facialis im
reichende Hydrierung, körperliche Aktivität, einge- Wangenbereich führt zum Zucken der Mund-
schränkte Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr, Meiden winkel.
von aggravierenden Faktoren). Gegebenfalls auch Ein- 4 Trousseau-Zeichen:AnbringeneinerBlutdruckman-
satz von Bisphosphonaten und Östrogen-Gestagen- schette mit arteriellem Mitteldruck am Oberarm
Kombinationen bei postmenopausalen Frauen. Regel- führt nach einigen Minuten zur Pfötchenstellung.
mäßige Kontrolluntersuchungen (Kalzium, Kreatinin,
Knochendichte). Diagnostik. Labor: Hypokalzämie, Hyperphosphatä-
mie. Normales Kreatinin, Albumin. Kalzium, Phosphat
Therapie bei hyperkalzämischer Krise. und cAMP im Urin erniedrigt. Bestätigungstest: Ver-
4 Forcierte Diurese (ca. 5 l 0,9%NaCl/Tag + Furose- mindertes PTHintakt. Spaltlampenuntersuchung. CT/
mid i.v.) MRT-Schädel.
4 Kalziumkarenz
4 Kalzitonin i.m. (Tachyphylaxie) > Hypokalzämie und Hyperphosphatämie bei nor-
4 Bei tumorbedingter Hyperkalzämie zusätzlich Bis- malem Kreatinin und Albumin: Diagnose eines
phosphonate Hypoparathyreoidismus wahrscheinlich. Parat-
4 Bei Sarkoidose, Plasmozytom, Vitamin D-Intoxi- hormon erniedrigt: Diagnose bestätigt.
kation zusätzlich Glukokortikoide
4 Gegebenenfalls Hämodialyse gegen kalziumfreie Differenzialdiagnose. Hyperventilationstetanie (respi-
Lösung ratorische Alkalose verursacht Abnahme des ionisier-
8.5 · Epithelkörperchen und metabolische Osteopathien
271 8

ten Kalziums, Gesamtkalzium normal) und Hypokalz- > Die postmenopausale Osteoporose ist die häufigste
ämie anderer Ursache (PTHintakt erhöht): Osteoporoseform.
4 Akute Pankreatitis
4 Malabsorption Prävention. Kalziumzufuhr 1200–1500 mg/Tag, kör-
4 Niereninsuffizienz perliche Aktivität.
4 Peritonitis
4 Infusion von EDTA- oder Zitratblut Symptomatik. Knochenschmerzen (v. a. Rücken-
schmerzen), Zusammensinterung der Wirbelsäule
Pseudohypoparathyreoidismus (Endorganresistenz ge- (Körpergröße nimmt ab, Gibbusbildung), Spontanfrak-
genüber PTH mit Hypokalzämie, Hyperphosphatämie, turen von Wirbelkörperdeckplatten, Schenkelhals, dis-
erhöhtem PTH und phänotypischen Auffälligkeiten talem Radius.
wie Albrightscher hereditärer Osteodystrophie). Pseu-
dopseudohypoparathyreoidismus: Mutation mit nor- Diagnostik. Labor (meist unauffällig): Kalzium,
malem Kalziumspiegel bei typischem klinischen Bild Phosphat, Bikarbonat, Differenzialblutbild, Kreatinin,
eines Pseudohypoparathyreoidismus. Protein, Albumin, Kreatinin, AP, TSH, Testosteron
bei Männern, ggf. Serum- und Urin-Proteinelektro-
Therapie. phorese.
4 Tetanie: 20 ml Kalziumglukonat 10% langsam i.v.
nach Blutentnahme (ionisiertes und Gesamtkal- Osteodensitometrie (Messung der Flächen-/Volu-
zium, pH). Calcitriol 0,25–0,5 μg/Tag und Kalzi- mendichte): t-Score (Abweichung der Dichte in Stan-
um p.o. dardabweichungen von der peak bone mineralisation,
4 Langzeittherapie: Vitamin D und Kalzium p.o. dem Knochenmassenmaximum bei 30-Jährigen),
Osteoporose z-Score <–2,5 (im Vergleich zu altersab-
Nachsorge. Regelmäßige Kontrolle von Kalzium in hängiger Referenzgruppe).
Serum und 24-h-Urin (Kalzium im unteren Normbe-
reich), Patienteninstruktion und Notfallausweis (Hy- Differenzialdiagnose. Malignome (Kalzium erhöht,
perkalzämiegefahr). Phosphat normal, AP erhöht), pHPT (Kalzium erhöht,
Phosphat erniedrigt, AP erhöht), Osteomalazie (Kal-
zium erniedrigt, Phosphat normal bis erniedrigt, AP
8.5.3 Osteoporose erhöht).

Definition. Verminderung der Knochenmasse und Stö- > Labor bei Osteoporose: Ca2+ normal, Phosphat
rung der Knochenmikroarchitektur mit erhöhtem Frak- normal, AP normal bis erhöht.
turrisiko. Stadien: Osteopenie (Knochenmassenverlust)
– Osteoporose – manifeste Osteoporose (mit Fraktur) Therapie. Kausal: z. B. Testosteronsubstitution. Kör-
– fortgeschrittene Osteoporose. Generalisiert/loka- perliche Aktivität, Kalziumsubstitution (1000 mg/Tag),
lisiert. Vitamin-D-Substitution (800 IE/Tag), falls Diuretikum
nötig ggf. kalziumretinierende Substanz auswählen,
Ätiopathogenese. Bisphosphonate (z. B. Alendronat 10 mg/Tag), Raloxi-
4 Primäre Osteoporose: 95%, altersabhängig (senile fen (SERM, selektiver Östrogenrezeptor-Modulator),
Osteoporose), postmenopausal, idiopathisch Östrogen-Gestagen-Kombination. Bestimmung der
4 Sekundäre Osteoporose: Hyperkortisolismus, Osteoklastenaktivitätsmarker Pyridinium-Crosslinks,
Hyperthyreose, Immobilisation, Heparintherapie, TRSAP, AP zur Therapiekontrolle.
Malabsorption, hereditär (Osteogenesis imper-
fecta, Ehlers-Danlos-Syndrom, Marfan-Syndrom),
Hypogonadismus, rheumatoide Arthritis 8.5.4 Osteomalazie und Rachitis

Risikofaktoren: Alter, weibliches Geschlecht, positive Definition. Osteomalazie: gestörte Mineralisierung


Familienanamnese, geringe Östrogenexpositionszeit, von Spongiosa und Kompakta. Rachitis: gestörte Mine-
Inaktivität, Untergewicht, Nikotin, Alkohol. ralisierung der Epiphysenfuge.

Epidemiologie. w>m; Wirbelkörperfrakturen bei Ätiopathogenese. Verzögerte/fehlende Mineralisie-


Frauen >60 Jahre: 15–25%. rung neugebildeter Knochenmatrix wegen:
272 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

4 Vitamin-D-Mangel (Malabsorption, fehlende Son- und Entstehung eines instabilen Knochens, Verformun-
nenlichtexposition) gen und Schmerzen.
4 Störung des Vitamin-D-Stoffwechsels (Leberzir-
rhose, Niereninsuffizienz) oder des Vitamin-D-Re- Ätiopathogenese. Möglicherweise virale Stimulation
zeptors der Osteoklasten mit Knochenabbau, reaktiv ungeord-
4 Renal-tubulärer Funktionsstörung (Phosphatdia- neter Anbau mit mechanischer Instabilität, Verdickung
betes, renal tubuläre Azidose) und Verformung. Bei etwa 1% Auftreten eines Osteo-
sarkoms.
Symptomatik. Schmerzen, Extremitätendeformitäten,
Gangstörungen, Stressfrakturen, rachitischerRosenkranz, Epidemiologie. Familiäre Häufung, 1–2% der >40-Jäh-
Säbelscheidentibia, Tetanie. Druckschmerzhaftigkeit. rigen, m>w.
Diagnostik. Kalzium vermindert, AP erhöht, PTH er-
höht. Bei Malabsorption Phosphat vermindert, Kal- > Der Morbus Paget ist nach der Osteoporose die
zitriol erhöht. Bei Niereninsuffizienz Phosphat erhöht, häufigste Knochenerkrankung.
Calcitriol vermindert. Röntgen: Looser-Umbauzonen,
Knochendeformierungen. Osteodensitometrie. Fami- Symptomatik. Bei 1/3 der Fälle Röntgen-Zufallsbefund.
lienanamnese. Lokale Schmerzen, evtl. lokale Überwärmung, Verkür-
zung der Beine, Vergrößerung des Kopfumfangs. Ar-
Differenzialdiagnose. Knochentumoren, Morbus Paget, throsen, Wurzelkompressionssyndrome, Schwerhörig-
8 Hyperparathyreoidismus, rheumatische Erkrankungen. keit, Nephrolithiasis, Volumenbelastung (durch ver-
Therapie. Vitamin-D-Substitution (Cholecalciferol bei mehrte Knochendurchblutung).
Vitamin-D-Mangel, Calcitriol bei Vitamin-D-Stoff-
wechselstörungen). Diagnostik. AP stark erhöht (Aktivitätsparameter), Py-
ridinium-Crosslinks im Urin erhöht, Hydroxprolin im
Nachsorge. Kalziumkontrolle in Serum und Urin. Urin erhöht. Röntgen, Szintigraphie, Biopsie.

Differenzialdiagnose. Knochentumoren,Osteomyelitis,
8.5.5 Morbus Paget HPT.

Definition. Lokale progrediente Skeletterkrankung un- Therapie. Bisphosphonate. Analgetika. Substitution


klarer Ätiologie mit Erhöhung des Knochenumbaus von Kalzium und Vitamin D.

In Kürze
Epithelkörperchen und metabolische Osteopathien

Hyperpara- 4 Symptomatik: »Stein, Bein- und Magenpein”; hyperkalzämische Krise: diffuse Oberbauch-
thyreoidismus schmerzen, Erbrechen, Polyurie, Polydipsie, Exsikkose, Bewusstseinsstörungen, KomaHerz-
rhythmusstörungen, Niereninsuffizienz, evtl. Kalzifizierungen in Kornea, Niere, Lunge,
Pankreas
4 Ätiologie:
– pHPT: solitäres Adenom (85%), hyperplastische Epithelkörperchen (15%, MEN), multiple
Adenome, Karzinom
– sHPT: Niereninsuffizienz, Malabsorption
4 Diagnostik: Ca2+ i.S.n, Ca2+ i.U.n
Ph i.S.p, PTHintaktn; Differenzialdiagnose: Malignome: paraneoplastisch (PTHrP-Sekretion)/
osteolytisch (Metastasen)
4 Therapie:
– pHPT: Operation (Adenomexstirpation, bei Hyperplasie 3½-Resektion)
– Hyperkalzämische Krise: forcierte Diurese, Kalziumkarenz, Kalzitonin i.m., zusätzlich
Bisphophonate/Glukokortikoide, ggf. Hämodialyse gegen kalziumfreie Lösung
6 – sHPT: Phosphatrestriktion, kalziumhaltige Phosphatbinder, Vitamin-D-Substitution
8.6 · MEN, polyglanduläre Störungen, Karzinoidsyndrom
273 8

4 Symptomatik: Haarausfall, Nagelwuchsstörungen, Katarakt, Stammganglienverkalkung,


Osteosklerose, Reizbarkeit, depressive Verstimmung; hypokalzämische Tetanie: Paräs-
thesien, Muskelkrämpfe, Karpopedalspasmen, Laryngo- und Bronchospasmen, Chvostek-
und Trousseau-Zeichen, QT-Zeitn
4 Ätiologie: iatrogen, idiopathisch, Aplasie, PAS
4 Diagnostik: Ca2+p, Phn bei normalem Kreatinin und Albumin: Diagnose wahrscheinlich.
PTHp: Bestätigung; Differenzialdiagnose: Hyperventilationstetanie Hypokalzämie anderer
Genese (akute Pankreatitis, Malabsorption, Niereninsuffizienz, Peritonitis, Infusion von
EDTA- oder Zitratblut), Pseudohypoparathyreoidismus (Endorganresistenz gegenüber PTH)
4 Therapie:
– Tetanie: 20 ml Kalziumglukonat 10% langsam i.v., Calcitriol 0,25–0,5 μg/Tag, Kalzium p.o.
– Langzeittherapie: Vitamin D + Kalzium p.o.

Osteoporose 4 Symptomatik: Knochenschmerzen, Spontanfrakturen


4 Ätiologie: Knochenmassep
– Primäre Osteoporose: 95%, altersabhängig, postmenopausal, idiopathisch
– Sekundäre Osteoporose
4 Diagnostik: Ca2+ normal, Phosphat normal, AP normal odern, Osteodensitometrie; Diffe-
renzialdiagnose: pHPT (Ca2+n, Phosphatp, APn), Osteomalazie (Ca2+p, Phosphat normal
oderp, APn)
4 Therapie: Kalzium (1000 mg/Tag), Vitamin D (800 IE/Tag), körperliche aktivität, Bisphos-
phonate, SERM, Östrogen-Gestagen-Kombination

Osteomalazie 4 Symptomatik: Schmerzen, Deformitäten, Stressfrakturen, rachitischer Rosenkranz, Säbel-


und Rachitis scheidentibia, Tetanie
4 Ätiologie: gestörte Mineralisierung
4 Diagnostik: Ca2+p, APn, PTHn, bei Malabsorption: Phosphatp, Calcitrioln, bei Nieren-
insuffizienz: Phosphatn, Calcitriolp; Röntgen: Dichtep, Looser-Umbauzonen; Osteodensi-
tometrie. Familienanamnese
4 Therapie: Vitamin-D-Substitution

Morbus Paget 4 Symptomatik: Schmerzen, Überwärmung, Kopfumfangn, Arthrosen, Wurzelkompressions-


syndrome, Schwerhörigkeit, Nephrolithiasis, Volumenbelastung/Röntgenzufallsbefund
4 Ätiologie: Knochenumbaun
4 Diagnostik: APn, Pyridinium-Crosslinks + Hydroxyprolin im Urinn, Röntgen, Szintigraphie,
Biopsie
4 Therapie: Biphosphonate, Analgetika, Substitution von Kalzium und Vitamin D

8.6 MEN, polyglanduläre Störungen, Epidemiologie. MEN 1 und 2a jeweils ca. 1:50.000.
Karzinoidsyndrom
Diagnostik. Persönliche Anamnese und Familienana-
8.6.1 MEN (multiple endokrine mnese. Bei Diagnose einer glandulären Störung Screen-
Neoplasien) ing auf weitere (4 P’s: PTH, PRL, Pentagastrintest mit
Kalzitonin, Phächromozytomdiagnostik, aber auch Insu-
Definition. Autosomal-dominante Erkrankungen mit lin, Gastrin, VIP, PP, CEA). Auch Familienscreening.
endokrinen Neoplasien in mehreren Organen
(. Tab. 8.6). Therapie. Operation, medikamentöse Therapie, Strah-
lentherapie. Schilddrüsenexstirpation bei MEN 2.
FMTC-only (»familial medullary thyroid carcinoma«)
sind familiäre Schilddrüsenkarzinome ohne neoplasti-
schen Befall anderer Organe.
274 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

. Tab. 8.6. Multiple endocrine Neoplasien

MEN 1 (Wermer-Syndrom) MEN 2a (Sipple-Syndrom) MEN 2b (Gorlin-Syndrom)

Anteil 50% 40% 10%

Prädominanz Weiblich Männlich

Betroffene 3 P’s: 4 Parathyroidea 4 Parathyroidea


Organe 4 Parathyroidea (Überfunk- 4 Medulläres Schilddrüsen- 4 Medulläres Schilddrüsen-
tion, 95% der Fälle) karzinom (100% der karzinom (aggressiver
4 Pankreastumoren (30% der Fälle; MTC) als bei MEN 2a)
Fälle, Gastrinom > Insulinom 4 Phächoromozytom 4 Phäochromozytom
> andere) 4 Schilddrüse, Neben- 4 + Ganglioneuromatose
4 Pituitäre Tumoren (30% der schilddrüse, Nebenniere (Zunge, Darm, Lider,
Fälle, PR > STH > ACTH) Lippen)
+ evtl. Tumoren der 4 Marfanoider Habitus
Nebennierenrinde 4 Megakolon

Ätiologie Mutation im Menin-Gen (Tumor- Mutation im RET-Proto- Mutation im RET-Proto-


Suppressorgen) onkogen onkogen
8

8.6.2 Polyglanduläre Störungen Therapie. Substitution der ausgefallenen Hormone, bei


APS 1 evtl. Immunsuppression.
Synonym. Polyglanduläre Dysfunktion.

Definition. Polyglanduläre Autoimmunsyndrome (PAS) 8.6.3 Karzinoidsyndrom


bzw. autoimmune polyglanduläre Störungen (APS): Un-
terfunktion mehrerer endokriner Organe. Definition. Durch einen von den enterochromaffinen
Zellen ausgehenden Tumor mit Produktion von Sero-
Symptomatik. tonin, Kallikrein, Tachykininen oder Prostaglandinen
4 APS-Typ 1: auch APECED (»autoimmune poly- ausgelöstes Krankheitsbild.
endocrinopathy-candidiasis-ectodermal dys-
trophy«), autosomal-rezessive juvenile Form Ätiopathogenese. Das Karzinoid geht zu 90% vom Ma-
mit Manifestation im Kindesalter (Blizzard-Syn- gen-Darm-Trakt aus, 25% treten multipel im Ileum
drom, Mutation im autoimmunen Regulatorgen auf. Appendixtumoren sind meist gutartig, die übrigen
AIRE) metastasieren. Symptome treten meist erst auf, wenn
5 Morbus Addison die Leber metastatisch befallen wird, weil Serotonin
5 Hypoparathyreoidismus dann nicht mehr abgebaut wird.
5 Therapierefraktäre Candidiasis
5 Fakultativ weitere Erkrankungen (Hypogona- Epidemiologie. 1/100.000/Jahr, v. a. 40- bis 70-Jäh-
dismus, perniziöse Anämie, Malabsorption, rige.
Sjögren-Syndrom)
4 APS-Typ 2: Manifestation meist im Alter von Symptomatik. Flush (Hitzewallung mit Rötung von
20–40 Jahren, häufiger bei Frauen Gesicht und Hals bis zu Zyanose, Palpitationen, Schwit-
5 Morbus Addison zen), Diarrhö (mit Gewichtsverlust), kardiale Sympto-
5 Hashimoto-Thyreoiditis matik (Endokardfibrose, v. a. rechtes Herz) sowie evtl.
5 Diabetes mellitus Typ 1 schmerzhafter Subileus. Asthma.
5 Fakultativ weitere Erkrankungen (Hypogona-
dismus, Vitiligo, Myasthenia gravis, Alopezie, Diagnostik. 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-h-Urin
perniziöse Anämie, Sjögren-Syndrom) (bestimmte Nahrungsmittel und Medikamente inter-
ferieren mit der Messung, z. B. Bananen, Paracetamol,
Diagnostik. Antikörper-Screening, Funktionstests. Nikotin), Serotonin im Blut. Lokalisationsdiagnostik
8.7 · Kohlenhydratstoffwechsel
275 8

nach biochemischer Diagnose: CT-/MRT-Abdomen, Therapie. Tumorexstirpation und Entfernung der regio-
Endosonographie, evtl. Bronchioskopie, Octreotidszin- nären Lymphknoten unter Octreotidtherapie, konser-
tigraphie. vativ Octreotid (Hemmung der Hormonsekretion),
Serotoninantagonisten, Chemotherapie.

In Kürze
MEN, polyglanduläre Störungen, Karzinoidsyndrom

MEN (multiple endokrine 4 Symptomatik:


Neoplasien) – MEN 1: 3 P’s (Parathyroidean, Pankreastumoren, pituitäre Tumoren)
– MEN 2a: Parathyroidea, medulläres Schilddrüsenkarzinom, Phäochromozytom
(Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Nebenniere)
– MEN 2b: wie 2a + Ganglionneuromatose, Megakolon
4 Ätiologie: Mutation im Menin-Gen (1) oder im RET-Protoonkogen (2)
4 Diagnostik: bei Diagnose einer glandulären Störung Screening auf weitere (4 P’s:
PTH, PRL, Pentagastrintest mit Kalzitonin, Phäochromozytomdiagnostik, Insulin,
Gastrin, VIP, PP, CEA). Patientenanamnese, Familienanamnese, Familienscreening
4 Therapie: Operation, medikamentöse Therapie, Strahlentherapie; Schilddrüsen-
exstirpation bei MEN 2

Polyglanduläre 4 Symptomatik: Unterfunktion mehrerer endokriner Organe


Störungen 4 Ätiologie: Autoimmunerkrankung
4 Diagnostik: Antikörper, Funktionstests
4 Therapie: Hormonsubstitution, evtl. Immunsuppression

Karzinoidsyndrom 4 Symptomatik: Flush, Diarrhö, Endokardfibrose


4 Ätiologie: Produktion von Serotonin, Kallikrein, Tachykinen, Prostaglandinen
durch Tumoren der enterochromaffinen Zellen
4 Diagnostik: Serotonin, 24-h-Urin: 5-Hydroxyindolessigsäure. CT-/MRT-Abdomen,
Octreotidszintigraphie
4 Therapie: Tumorexstirpation, Entfernung der regionären Lymphknoten

8.7 Kohlenhydratstoffwechsel Ursache des Typ-2-Diabetes: (Durch Übergewicht


exazerbierte) genetische Disposition zu einer gestörten
8.7.1 Diabetes mellitus Insulinsekretion sowie einer Insulinresistenz der peri-
pheren insulinabhängigen Gewebe. Zur Verwertung
Definition. Chronische Stoffwechselerkrankung mit der zirkulierenden Glukose wird die Insulinsekretion
absolutem bzw. relativem Insulinmangel und Hyper- vermehrt, was wiederum zu einer Down-Regulation
glykämie unterschiedlicher Ursache (. Abb. 8.7). der peripheren Rezeptoren sowie erhöhtem Hungerge-
fühl, Adipositas und Arteriosklerose führt. Am Anfang
Ätiopathogenese. Ursache des Typ-1-Diabetes der Erkrankung besteht ein Hyperinsulinismus mit
(. Tab. 8.7): Unklar, evtl. Triggerung einer autoimmu- Euglykämie, bei Erschöpfung der β-Zellen (möglicher-
nen Zerstörung der E-Zellen und einer Insulitis durch weise durch eine glukotoxische Wirkung) Entstehung
eine virale Infektion. Bei Zerstörung von >90% der Zel- einer Hyperglykämie.
len entstehen absoluter Insulinmangel und Hyper-
glykämie. Gehäuftes Auftreten der Erkrankung bei > Das metabolische Syndrom (Syndrom X) umfasst
HLA-DR3 und -4, z. T. Nachweis von Autoantikörper: stammbetonte Adipositas, Dyslipoproteinämie (vor
Inselzellantikörper (ICA), Glutamatdecarboxylase- allem erniedrigtes HDL-Cholesterin), essenzielle
Antikörper (GADA), Antikörper gegen Tyrosinphos- Hypertonie und Glukosetoleranzstörung oder Dia-
phatase. betes mellitus Typ 2.
276 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

. Abb. 8.7. Mindmap Diabetes mellitus


8.7 · Kohlenhydratstoffwechsel
277 8

. Tab. 8.7. Klassifikation des Diabetes mellitus. (Nach ADA [American Diabetes Association] 2004

Typ-1-Diabetes Primär insulinabhängig


4 Immunvermittelt
4 Idiopathisch

Typ-2-Diabetes Primär nicht insulinabhängig

Andere spezifische 4 Genetische Defekte der β-Zell-Funktion (chromosomal, früher MODY = »mature onset of
Typen diabetes of the young«/mitochondrial)
4 Genetische Defekte der Insulinwirkung
4 Erkrankungen des exokrinen Pankreas (Pankreatitis, zystische Fibrose, Hämochromatose etc.)
4 Endokrinopathien (Akromegalie, Cushing-Syndrom, Glukagonom, Phäochromozytom,
Hyperthyreose, Somatostatinom, Aldosteronom)
4 Medikamentös oder chemisch induziert (Kortikoide, β-Agonisten, Phenytoin, Thiazide,
Diazoxid u. a.)
4 Infektionen (kongenitale Rötelninfektion, CMV)
4 Seltene Formen des immunvermittelten Diabetes (stiff man-Syndrom, Anti-Insulinrezeptor-
Antikörper)
4 Andere gelegentlich mit Diabetes assoziierte Syndrome (wie Down-, Klinefelter-, Turner-
Syndrom)

Gestations- Insulinsekretion kommt nicht an gegen antiinsulinäre Hormone aus der Plazenta (Progesteron,
diabetes Kortisol etc.) und erhöhten Bedarf

Die vaskulären Komplikationen scheinen u. a. durch fallsbefund ist (pathologischer Wert bei Routineblutent-
eine Anreicherung von Gylkosylierungsprodukten mit nahme) oder im Rahmen der Untersuchungen bei Be-
Verdickung der Basalmembranen und eine intrazellu- gleiterkrankungen oder Komplikationen auffällig wird
läre Akkumulation von Sorbitol bedingt zu sein. (Screening bei Risikopatienten). Zu Beginn der Erkran-
kung können beim Typ-2-Diabetes hypoglykämische
Epidemiologie. Prävalenz in Mitteleuropa: Typ 1: 0,3%
(Inzidenz im Alter von 15–19 Jahren am höchsten), Typ
2: 5% (Inzidenz steigt mit dem Alter), Gestationsdiabe-
tes: 3% aller Schwangeren.

> 1/3 aller Dialysepatienten in Europa und den USA


sind Diabetiker.

Symptomatik. Unterschieden wird zwischen Sympto-


men des manifesten Diabetes mellitus und Folgeschä-
den der Erkrankung.
4 Symptome:
5 Müdigkeit, Leistungsschwäche
5 Polyurie, Nykturie, Durst, Exsikkose, Polydipsie
5 Gewichtsverlust
5 Sehstörungen, nächtliche Wadenkrämpfe
5 Pruritus, Hautinfektionen (. Abb. 8.8)
5 Potenzstörungen, Amenorrhö

Der Diabetes mellitus Typ 1 manifestiert sich oft durch


eine Entgleisung mit diabetischer Ketoazidose (DKA,
7 Kap. 8.7.2), wohingegen der Typ-2-Diabetes meist
eine schleichende Entwicklung zeigt und z. T. ein Zu- . Abb. 8.8. Necrobiosis lipoidica diabetica (7 Farbtafelteil)
278 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Symptome (Hunger, Schwitzen, Kopfschmerzen) auf- minurie (30–300 mg Albumin im 24-h-Urin


treten. bzw. 20–200 mg/l im Spontanurin).
4 Folgeschäden (diabetisches Spätsyndrom): 5 Diabetischer Fuß. Neuropathische Form mit
5 Diabetische Mikroangiopathie mit Retino- warmer, trockener Haut und tastbaren Pulsen,
pathie, Nephropathie, Neuropathie und »small schmerzlosen Ulzera an druckbelasteten Stel-
vessel disease« (koronare Mikroangiopathie) len und evtl. Osteoarthropathie. Ischämische
5 Diabetische Makroangiopathie mit KHK, AVK, Form aufgrund der pAVK mit kühler, blasser
zerebrovaskulärer Verschlusskrankheit bis livider Haut, fehlenden Fußpulsen und Ne-
5 Neigung zu Hautinfektionen und Harnwegs- krose/Gangrän bei erhaltener Sensibilität. Auch
infekten kombinierte Formen.
5 Hypertriglyzeridämie, Fettleber
5 Hyporeninämischer Hyperaldosteronismus Beim Gestationsdiabetes besteht ein erhöhtes Risiko
für Harnwegsinfekte, Polyhydramnion und Präeklamp-
> Bei diabetischer Neuropathie können Myokard- sie. Die Embroypathia diabetica mit Makrosomie (Ge-
infarkte und arterielle Gefäßverschlüsse stumm burtsgewicht >4500 g) geht mit einem erhöhten Risiko
(schmerzlos) verlaufen. für postpartale Hypoglykämie, Hyperbilirubinämie
und Atemnotsyndrom einher.
5 Diabetische Retinopathie. Nichtproliferative
Formmit Mikroaneurysmen, erhöhter Kapillar- Diagnostik. (Familien-)Anamnese, Klinik mit Suche
8 permeabilität und harten (Lipid- und Protein- nach Komplikationen (Untersuchung von Vibrations-
anteile) und weichen (»cotton wool«, Infarkte sinn, Fundus), Labor (Werte durch wiederholte Be-
durch Gefäßokklusion) Exsudaten, perlschnur- stimmung sichern):
artige Venen mit Kaliberschwankungen. Später 4 Glukoses im Plasma (. Tab. 8.8). Im Vollblut sind
aufgrund der Ischämien proliferative Form die Glukosewerte niedriger als im Plasma. Ein Nüch-
mit Neuvaskularisierung der Retina, wobei die tern-Glukosewert ≥110 mg/dl (≥6,0 mmol/l) oder
dünnen Gefäße bis zum Glaskörper vordringen ein 2-h-Wert im oGTT ≥180 mg/dl (≥10 mmol/l)
(Gefahr von Netzhautablösung, Glaukom und im venösen Vollblut sprechen für einen Diabetes
Glaskörperblutung). mellitus.
5 Diabetische Neuropathie. Am häufigsten ist 4 Glukose im Urin: Die normale Nierenschwelle für
die periphere sensomotorische Polyneuro- Glukose liegt bei 180 mg/dl (bei Schwangeren
pathie mit symmetrischen distal-betonten 150 mg/dl), es besteht eine physiologische Glukos-
Ausfällen (strumpf- und handschuhförmig), urie bis 15 mg/dl (was unterhalb der Nachweis-
einer frühen Minderung des Vibrationssinnes, grenze der Teststreifen liegt). Erhöhung der Nieren-
Areflexie (ASR), z. T. Parästhesien (burning schwelle bei diabetischer Nephropathie. Eine Glu-
feet) mit Besserung beim Gehen und einem kosurie wiederum kann auch bei passageren
Verlust der Schmerz- und Temperaturwahr- Hyperglykämien und der renalen Glukosurie be-
nehmung mit schmerzlosen Fußulzera. Die stehen.
Neuropathie kann aber auch asymmetrisch 4 Ketonkörper im Blut, Ketonkörper im Urin bei
oder proximalbetont sein, im Bereich des N. Verdacht auf Entgleisung
facialis oder in Form einer Radikulopathie auf- 4 HbA1c zur Beurteilung der Glukosehomöostase
treten. über einen längeren Zeitraum
Die autonome diabetische Neuropathie ver- 4 Kreatinin, Albumin
ursacht u. a. kardiovaskuläre (stumme Ischä- 4 C-Peptid (zur Beurteilung der endogenen Insulin-
mien und Infarkte, Herzfrequenzstarre, ortho- sekretion)
statische Dysregulation), gastrointestinale 4 Eventuell Autoantikörper: ICA, IAA, GADA, IA-2A,
(Gastroparese, Diarrhö/Obstipation) und uro- IA-2βA
genitale (Blasenatonie, erektile Dysfunktion)
Beschwerden. ! Cave
5 Diabetische Nephropathie. Albuminurie und Der fehlende Nachweis von Glukose im Urin schließt
Glomerulosklerose Kimmelstiel-Wilson (durch einen manifesten Diabetes mellitus nicht aus.
Glykoproteinablagerungen wird der glome-
ruläre Filter gestört, was zu Albuminurie und Therapie. Diät, körperliche Aktivität (= Basistherapie),
Sklerose führt), Frühzeichen ist die Mikroalbu- Insulintherapie und/oder orale Antidiabetika. Nieren-
8.7 · Kohlenhydratstoffwechsel
279 8

. Tab. 8.8. Kriterien zur Diagnose des Diabetes mellitus (Plasmaglukose)

Nüchtern-BZ (nach Gelegenheits-BZ oGTT (75 g Glukose p.o.,


mindestens 8 h Fasten) bei grenzwertigem BZ,
Entscheidend für bei Risikopatienten) 2-h-Wert
Diagnostik und
Therapiekontrolle

Normal <100 (<5,6) <140 (<7,8)

Pathologische 100–126 140–200


Glukosetoleranz

Diabetes mellitus >126 (≥7,0) >200 + Diabetes-Symptome ≥200 (≥11,1)


(Polyurie, Polydipsie, unklarer
Gewichtsverlust)

BZ= Blutzucker. oGTT= oraler Glukose-Toleranztest. Werte in mg/dl, Werte in Klammern in mmol/l

Pankreas-Transplantation bei Typ 1 mit terminaler Mahlzeiten mit Zwischenmahlzeiten zur Verhin-
Niereninsuffizienz. Inselzelltransplantation in kli- derung von postprandialen Blutzuckerspitzen. Al-
nischer Erprobung. Ziel ist eine Wiederherstellung kohol maximal 30 g/Tag und immer zusammen
der Glukosekontrolle (und damit eine Senkung der mit Kohlenhydraten. Meiden von schnell resorbier-
mikrovaskulären Komplikationsrate) und ein Moni- baren Mono-und Disacchariden.
torisieren/Verhindern/Behandeln von Komplika- 4 Orale Antidiabetika. Bei schlechter Einstellung
tionen. durch Lebensumstellung allein Beginn mit Metfor-
Angestrebt werden: min bei Übergewicht bzw. Sulfonylharnstoff bei
4 Normoglykämie mit Blutzuckerwerten um 80– Normalgewicht. Bei ungenügender Einstellung zu-
120 mg/dl und einem HbA1c um 7% sätzlich Acarbose/Glinid/Glitazon, bei Sekundär-
4 Glukose- und azetonfreier Urin versagen: Sulfonylharnstoff + Intermediärinsulin
4 Normalisiertes Körpergewicht sowie normale Fett- vor dem Schlafengehen (bei Kombination nur 1 In-
werte sulingabe und nur 1/3 der Dosis nötig). Bei Erschöp-
4 Eliminierung anderer Arterioskleroserisiken fung der Insulinproduktion CT (konventionelle
(Rauchverbot, Einstellung einer Hypercholesteri- Insulintherapie)/ICT (intensivierte konventionelle
nämie) Insulintherapie).
4 Tiefnormaler Blutdruck (<130/80 mmHg, anti- 4 Insulintherapie (. Tab. 8.9). Bei Typ-1-Diabetes
hypertensive Therapie mit ACE-Hemmern oder absolute Indikation, bei Typ 2 indiziert, wenn Basis-
AT1-Blockern), was eine Progression der Nephro- therapie und orale Antidiabetika nicht ausreichend
pathie verhindert sind, bei Gestationsdiabetes, diabetischer Ketoazi-
dose und hyperosmolarem Koma, perioperativen
> Der Diabetes Typ 1 wird primär durch eine Kombi- Situationen/Patienten auf Intensivstation, Unver-
nation von Insulinsubstitution und Basistherapie träglichkeit, Nebenwirkungen, Kontraindikationen
behandelt, der Typ-2-Diabetes mit einer primären oraler Antidiabetika, sekundärem Diabetes melli-
Basistherapie und ggf. zusätzlich medikamentös. tus. Es bestehen ein basaler und zuzsätzlich ein
mahlzeitenabhängiger Bedarf.
4 Diät: Bei Typ 1 Abstimmung von Insulin und Nah- 5 Konventionelle Insulintherapie (CT): Inter-
rung zur Vermeidung von Blutzuckerfluktuationen mediärinsulin/Intermediärinsulin+Normalinsu-
und Senkung des Insulinbedarfs, bei Typ 2 ggf. Ge- lin mit 2–3 Injektionen/Tag (3/4 der Tagesdosis
wichtsreduktion durch initial hypokalorische Er- vor dem Frühstück, ¼ abends), 6–7 Mahlzeiten/
nährung (Ziel BMI<25 kg/m2). 55% der Kalorien- Tag (da hohe Insulinspiegel zwischen den Mahl-
zufuhr in Form von Kohlenydraten (KH-Portionen zeiten), starres Ernährungsschema, Gefahr der
1 KE=10 g KH, 1 BE=12 gKH), 15% Proteine, 30% Hypoglykämie (nachts Hypo- morgens reaktive
Fett (gesättigte Fettsäuren maximal 10%). Mehrere Hyperglykämie).
280 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

. Tab. 8.9. Insulin (Humaninsulin/Analoga)

Wirkung (Beginn, Dauer) Indikation

Kurzwirksames Insulin

Normalinsulin 30–45 min, 5 h, Spritz-Ess-Abstand not- ICT, Pumpe, DKA, hyperosmolares


wendig (15 min) Koma, Ersteinstellung, peri-/intra-
s.c. und i.v. anwendbar operativ

Analoga (Lispro/Aspart) <15 min, 2–3 h, kein Spritz-Ess-Abstand ICT


notwendig

Verzögerungsinsulin (nur s.c.)

Intermediärinsulin: NPH 10–20 h CT, ICT, Kombination mit SH

Langzeitinsulin >24 h Basisinsulin bei ICT

Analogon: Glargin Basisinsulin bei ICT

Mischinsulin: NPH + Normalinsulin CT, Kombination mit SH


8 DKA= diabetische Ketoazidose. SH= Sulfonylharnstoffe. (I)CT= (intensivierte)konventionelle Therapie

5 Intensivierte konventionelle Insulintherapie normal 3,8–6,3% nichtenzymatisch glykiertes Hb), evtl.


(ICT): Basis-/Boluskonzept. Nachahmung Fructosamin (Übersicht 2 Wochen), (Mikro-)Albumi-
der physiologischen Sekretion, nahezu normo- nurie, Harnstoff, Kreatinin, C-Peptid. Fußinspektion,
glykäme Einstellung möglich. Basaler Bedarf Pulsbefund, neurologische Untersuchung, ophthalmo-
0,3–0,5 IE/kg KG/Tag verteilt auf 2–3 Injek- logische Untersuchung mindestens 1×/Jahr (Spaltlam-
tionen + Bolus zu Mahlzeiten. Intermediär- penuntersuchung).
insulin morgens+spätabends 40–50%= Basis,
50–60% Normalinsulin je 1 Dosis vor jeder Prognose. Bei frühzeitiger optimaler Stoffwechsel-
Hauptmahlzeit. einstellung günstig. Vor allem bestimmt durch die
5 Pumpentherapie (CSII = »continuous sub- Spätkomplikationen: häufigste Todesursachen sind
cutaneous insulin infusion«): kontinuierlich Herzinfarkt (55%) und Nierenversagen (40%). Komale-
Normalinsulin (für jede Stunde separat pro- talität 1%.
grammierbar) + Bolus zu Mahlzeiten. Indika-
tion: Typ-1-Diabetes bei labilen Werten.
8.7.2 Coma diabeticum
Therapieversagen
Primäres Therapieversagen einer oralen antidiabetischen Definition. Diabetische Stoffwechselentgleisung mit
Therapie bei spätmanifestierten Typ-1-Diabetikern. Hyperglykämie, ketoazidotisch oder hyperosmolar.
Sekundärversagen durch Diätversagen (mangelnde
Compliance) oder bei Stress/Infektionen (durch Überwie- Ätiopathogenese. Durch Insulinmangel (fehlende
gen kontrainsulinärer Hormone) sowie echtes Sekundärver- Medikamenteneinnahme/erhöhter Bedarf) steigt der
sagen aufgrund einer Erschöpfung der β-Zellen (5–10% der Glukosespiegel (fehlende periphere Verwendung, hepa-
Typ-2-Diabetiker/Jahr, meist nach ca. 10-jähriger Therapie). tische Glukoneogenese), zudem wird die Lipolyse im
Fettgewebe nicht mehr gehemmt, sodass die Leber aus
> Der Tagesbedarf eines Erwachsenen beträgt ca. 40 IE Fettsäuren Ketonsäuren synthetisiert. Entstehung von
Insulin. 1 IE Normalinsulin senkt den BlutzuckeZ um Hyperglykämie, Hyperosmolarität und Ketonämie
ca. 30 mg/dl. mit intrazellulärer Dehydratation und Bewusstseinsstö-
rungen, osmotischer Diurese mit extrazellulärer Dehy-
Nachsorge. Patientenschulung. Kontrolle von HbA1c dratation und Hypovolämie (Volumenmangelschock)
(gibt eine Übersicht über die vergangenen 3 Monate, und metabolischer Azidose (. Tab. 8.10).
8.7 · Kohlenhydratstoffwechsel
281 8

. Tab. 8.10. Diabetisches Koma

Diabetische Ketoazidose (Diabetes mellitus Typ 1) Hyperosmolares Koma


(Diabetes mellitus Typ 2)

Präkoma: Schleichender Beginn


4 Appetitp, Schwäche, Tachypnoe, Erbrechen, Polyurie, Polydipsie,
Exsikkose
4 Eventuell Pseudoperitonitis, Magen-Darm-Atonie
4 Eventuell azidotische Atmung (Kussmaul)

Koma: Exsikkose, Volumenmangelschock, Oligo-/Anurie (akutes Nieren-


versagen)

Reflexep

K+n, Glukosen (>300 mg/dl), Glukosurie, Herzrhythmusstörungen, Hkt Glukose >600 mg/dl, Osmolalität
+ Hbn, Ketonämie (>300 mmol/l) + Ketonurie, metabolische Azidose >310 mosm/l, kaum Azetonurie

In 25% der Fälle ist die diabetische Ketoazidose <250 mg/dl Normalinsulin 2 IE/h + 5%Glukose. Bei
(DKA) ein Manifestationskoma. Sie entsteht meist auf- pH <7,1 vorsichtige Gabe von Bikarbonat.
grund von auslösenden Faktoren: fehlende/ungenügen-
de Insulinzufuhr (Erstmanifestation, unterlassene In- ! Cave
jektion), erhöhter Insulinbedarf bei Infekten (40% der Durch Insulinzufuhr und Azidosekorrektur wird
Fälle, vor allem Harnwegsinfekt, Pneumonie), stummer Kalium in den Intrazellulärraum verschoben, eine
Herzinfarkt, Alkohol oder Drogenmissbrauch, Schlag- Kaliumsubstitution wird nötig.
anfall, Pankreatitis, Trauma, Medikamente (Kortikoide, Wegen der Gefahr von Retinaschäden Blutzucker
Thiazide), unzureichende Flüssigkeitszufuhr, Schwan- nicht schneller als 100 mg/dl/h senken und initial
gerschaft. nicht <250 mg/dl senken.
Beim Typ-2-Diabetes mellitus entsteht wahr-
scheinlich aufgrund der Insulinrestwirkung keine Ke-
tose, da zur Hemmung der Lipolyse nur 1/10 der zur 8.7.3 Hypoglykämie
Glukoseutilisation notwendigen Insulindosis benötigt
wird. Definition. Blutzucker <40 mg/dl (<2,2 mmol/l) oder
Whipple-Trias: Blutzucker <45 mg/dl (2,5 mmol/l),
Symptomatik. . Tab. 8.10. Hypoglykämiesymptome, Verschwinden der Sympto-
me durch Glukosegabe.
Diagnostik. (Fremd-)Anamnese, Klinik, Glukosespie-
gel, E-Hydroxybutyrat, Anstieg der Anionenlücke. Ätiopathogenese.
4 Organisch: Abnahme des Nüchternblutzuckers bei
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnose der Be- Insulinom, extrapankreatische Tumoren, paraneo-
wusstlosigkeit: toxisch, kardiovaskulär, endokrin (Hy- plastischen insulinähnlichen Peptiden, Lebererkran-
poglykämie), zerebral (oft mit reaktiver Hyperglykä- kungen, Nebennierenrinden-/Hypophysenvorder-
mie), psychisch, anoxämisch, laktatazidotisch. lappeninsuffizienz, β-Zellhyperplasie, Glykogeno-
sen, renal, bei diabetischer Mutter
Therapie. Intensivstation, Blasenkatheter, ZVK, Magen- 4 Reaktiv/postprandial: Dumping-Spätsyndrom
sonde, Blutzucker stündlich, K+, BGA alle 2 h, Deku- 4 Exogen: Hypoglycaemia factitia bei Insulinein-
bitus- und Thromboembolieprophylaxe. 0,9% NaCl nahme (z. B. in suizidaler Absicht), Alkoholexzess,
in der 1. Stunde: 1000 ml, danach abhängig von ZVD, Medikamentenwechselwirkungen, relative Über-
Bilanzierung (innerhalb der ersten 8 h ca. 5–6 l), dosierung von Insulin oder SH
evtl. zusätzlich Albumin, Ausgleich des Elektrolytdefi-
zits (cave: Hypokaliämie). Normalinsulin 5–10 IE/h,
Dosierung nach Blutzuckerkontrolle. Ab Blutzucker
282 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

Nach jeder schweren Hypoglykämie reichliche Kohlen-


. Tab. 8.11. Diabetische versus hypoglykämische hydratzufuhr (zur Wiederauffüllung der Glykogen-
Stoffwechselentgleisung speicher), Überwachung, Ursachensuche, kausale The-
rapie/Therapieanpassung.
Diabetische Ketoazidose Hypoglykämisches
(DKA) Koma

Beginn langsam Beginn plötzlich (min) 8.7.4 Insulinom


(Stunden - Tage)

Durst Hunger
Definition. Adenom (vereinzelt Karzinom) ausgehend
von pankreatischen Zellen mit autonomer Insulinsekre-
Haut trocken, Exsikkose Haut feucht, Schwitzen tion und konsekutiver Nüchternhypoglykämie.
Hypotone Muskulatur Tremor, Konvulsionen
Epidemiologie. Inzidenz von 4/1.000.000/Jahr.
Kussmaul-Atmung
Symptomatik. Nüchternhypoglykämie mit neurogly-
Fieber Kein Fieber
kopenischen Symptomen (Verwirrtheit, Sehstörungen,
Bauchschmerzen Keine Bauchschmerzen Verhaltensänderungen, z. T. Gewichtszunahme.
Reflexep Reflexen, Babinski
Differenzialdiagnose. Primäre Inselzell-Hyperplasie
8 evtl. positiv
(Nesidioblastose).

Diagnostik. Glukose (Nüchternhypoglykämie). Insulin


Symptomatik. während einer spontanen oder induzierten Hypogly-
4 Autonome Symptome: sympathisch (Unruhe, kämie: 72-h-Hungerversuch unter stationären Bedin-
Schwitzen, Tachykardie, Tremor, Mydriasis, Hyper- gungen mit 6-stündlicher Bestimmung von Glukose,
tonie) Insulin und C-Peptid (Beendung des Tests bei Glukose
4 Zentralnervöse neuroglykopenische Symptome: ≤45 mg/dl, Hypoglykämiesymptomen oder nach 72 h).
Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Lokalisationsdiagnostik mittels (Endo-)Sonographie,
Reizbarkeit, Krampfanfälle, fokale Zeichen, Som- Spiral-CT, Angiographie mit selektiver Insulinbestim-
nolenz, Schock (. Tab. 8.11) mung in der V. hepatica.

Diagnostik. Blutzucker, Insulin, C-Peptid, β-Hydrox- > Bei Insulinom wird die Insulinsekretion durch eine
butyrat, Hungerversuch (Insulinom). Hypoglykämie nicht supprimiert.

Therapie. Glukosezufuhr bei nachgewiesener und bei


Verdacht auf Hypoglykämie: Therapie. Tumorresektion. Bei Nichtauffinden des Tu-
4 Bei leichter Hypoglykämie (mit erhaltenem Be- mors, Operationskontraindikationen oder metastati-
wusstsein) 5–20 g Glukose p.o. scher Erkrankung medikamentöse Therapie mit Di-
4 Bei Bewusstlosigkeit 25–100 ml 40%-ige Glukose azoxid (am häufigsten eingesetztes Mittel, hemmt die
i.v. evtl. mit Wiederholung nach 20 min/anschlie- Insulinfreisetzung).
ßender Glukoseinfusion bzw. 1 mg Glukagon i.m.
oder s.c.
8.7 · Kohlenhydratstoffwechsel
283 8

In Kürze
Diabetes mellitus, Hypoglykämie, Insulinom

Diabetes mellitus 4 Definition: Nüchternblutzucker >126 mg/dl (≥7,0 mmol/l); Gelegenheits-Blut-


zucker >200 mg/dl + Diabetes-Symptome (Polyurie, Polydipsie, unklarer Ge-
wichtsverlust); 2-h-Wert im oGTT ≥200 (≥11,1)
4 Folgeschäden: diabetische Mikroangiopathie mit Retinopathie, Nephropathie,
Neuropathie und„»small vessel disease«, diabetische Makroangiopathie mit
KHK, AVK, zerebrovaskulärer Verschlusskrankheit, Neigung zu Hautinfektionen
und Harnwegsinfekten, Hypertriglyzeridämie, Fettleber
4 Therapieziele: Normoglykämie, Glukose- und azetonfreier Urin, normalisiertes
Körpergewicht sowie normale Fettwerte, Eliminierung anderer Arteriosklerose-
risiken, tiefnormaler Blutdruck (<130/80 mmHg)
Typ 1 4 Ätiologie: Häufung HLA-DR3, -DR4, Autoantikörper, viraler Trigger?
4 Symptomatik:
– Alter bei Manifestation: 2. + 3. Lebensdekade
– Körpergewicht: schlank
– Schnelle Manifestation (oft Erstmanifestation mit diabetischer Ketoazidose)
– Insulin niedrig/nicht nachweisbar
– Ketoazidotisch
4 Therapie: Insulin
Typ 2 4 Ätiologie: wahrscheinlich polygen + exogene Manifestationsfaktoren
4 Symptomatik:
– Alter bei Manifestation: >40 Jahre
– Körpergewicht: Übergewicht
– Langsame Manifestation
– Insulin initial normal bis n
– Hyperosmolar
4 Therapie: Diät, orale Antibiotika, ggf. Insulin

Hypoglykämie 4 Symptomatik: autonom (Sympathikus)/zentralnervös (Kopfschmerzen, Krampf-


anfälle, fokale Zeichen, Somnolenz, Schock)
4 Ätiologie: Insulinom, andere Tumoren, Lebererkrankungen, NNR-/HVL-Insuffi-
zienz, Glykogenosen, renal/exogen/Dumping-Spätsyndrom
4 Diagnostik: Blutzucker, Insulin, C-Peptid, β-Hydroxbutyrat, Hungerversuch
(Insulinom)
4 Therapie: Glukosezufuhr p.o./i.v. (bei nachgewiesener und bei Verdacht auf
Hypoglykämie), danach reichlich Kohlenhydratzufuhr, Ursachensuche, kausale
Therapie/Therapieanpassung

Insulinom 4 Symptomatik: Nüchternhypoglykämie, Verwirrtheit, Sehstörungen, Verhaltens-


änderungen, z. T. Gewichtp
4 Ätiologie: Adenom, selten Karzinom
4 Diagnostik: Blutzucker, Insulin, 72 h-Hungerversuch
4 Therapie: Tumorresektion, ggf. Diazoxid
284 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

. Tab. 8.12. Einteilung der Dyslipidämien nach Fredrickson (Phänotypen nach Fredrickson)

I IIa IIb III IV V (=I+IV)

Chyln LDLn LDL, VLDLn IDLn VLDLn VLDL,


Chyln

Cholesterol n nn n n n-n n-n

TG nn n n n nn nn

Serum Lipämisch Klar Trüb-lipämisch Trüb-lipämisch Trüb-lipämisch Trüb-lipä-


misch

Kühlschrank Rahmschicht- Rahm-


klarer schicht trü-
Unterstand ber Unter-
stand

Häufigkeit Sehr selten Häufig Häufig gelEgentlich Häufig

Erkrankung Familiäre Hy- Familiäre kom- Familiäre Familiäre Chylomi-


8 percholeste-
rinämie, poly-
binierte Hyper-
lipidämie
Dysbetalipo-
proteinämie
Hypertriglyze-
ridämie
kronämie-
Syndrom
gene Hyper-
cholesterinämie

Elektro- Keine Wande- β präβ-β Breite β-Bande präβ


phorese rung

TG= Triglyzeride, Chyl= Chylomikronen

8.8 Stoffwechsel, Ernährung gen (familiäre Hypercholesterinämie im enge-


ren Sinne, autosomal-dominant): Mangel (hete-
8.8.1 Hyper-/Dyslipoproteinämie rozygot 1:500)/Fehlen (homozygot 1:1.000.000)
des LDL-Rezeptors und deshalb LDL-Anstieg.
Definition. Erhöhung von Cholesterin und/oder Trigy- Bei Heterozygotie Cholesterin 300–500 mg/dl
zeriden (TG) im Blut. Auf der Elektrophorese basierend (Herzinfarkte in mittlerem Alter), bei Homozy-
und unabhängig von der Ätiologie lassen sich verschie- gotie 500–1200 mg/dl (Herzinfarkte im Kindes-
dene Lipoproteinmuster unterscheiden, die als Symp- und Jugendalter), Arcus lipoides corneae (bei
tome einer Erkrankung zu verstehen sind (Einteilung Homozygotie auch bei Geburt), Xanthelasmen,
nach Fredrickson, . Tab. 8.12). tendinöse Xanthome pathognomonisch.
5 Familiär defektes Apolipoprotein B100
Ätiopathogenese. Ätiologisch wird unterschieden: (Ligand des LDL-Rezeptors): autosomal-domi-
4 Reaktiv-physiologisch: ungünstige Ernährung, Al- nant, Heterozygotenhäufigkeit 1:600, erhöhtes
koholabusus Arterioskleroserisiko.
4 Sekundär-symptomatisch: Diabetes mellitus, Adi- 5 Apolipoprotein E Varianten: Phänotyp E3/4
positas, Nikotin, Kortison, Hypothyreose, Nieren- oder E4/4 mit verminderter LDL-Rezeptor-
insuffizienz aktivität, bei E4 zudem erhöhtes Risiko für
4 Primär/hereditär/familiär M. Alzheimer.
4 Primär kombinierte Hyper- und Dyslipoprotein-
Spezielle Formen sind: ämien:
4 Primäre Hypercholesterinämien (Fredrickson IIa) 5 Familiäre kombinierte Hyperlipidämie
5 Familiäre Hypercholesterinämie: Polygen (Ma- (Fredrickson IIb oder IV): Autosomal-domi-
nifestation bei zusätzlichen exogenen Faktoren): nant. ApoB100 erhöht, VLDL- und LDL-Über-
LDL erhöht, Cholesterin 250–400 mg/dl. Mono- produktion. Herzinfarktrisiko erhöht.
8.8 Stoffwechsel, Ernährung
285 8

5 Familiäre Dysbetalipoproteinämie (VLDL- 4 Bei Triglyzeriderhöhung Pankreatitis und abdo-


Remnant-Dyslipoproteinämie, Fredrickson III): minelle Koliken (Gefahr bei Chylomikronen-TG
Phänotyp Apolipoprotein E2/2. Arteriosklero- >800 mg/dl oder VLDL-TG>2000 mg/dl stark er-
serisiko erhöht, Handlinienxanthome, tuberöse höht)
und planare Xanthome. 4 Xanthome: tendinös (subkutane indolente Noduli),
4 Primäre Hypertriglyzeridämien: planar, tuberös, eruptiv (kleinere gelbliche Papeln
5 Familiäre Hypertriglyzeridämie (Fredrickson vor allem im Gesäßbereich und an druckbelasteten
IV): Gelegentlich Teil eines metabolischen Syn- Stellen), Handlinienxanthome
droms. Arterioskleroserisiko, Pankreatitisge- 4 Xanthelasmen (gelbliche Plaques auf den Augen-
fahr. lidern), Arcus lipoides corneae
5 Familiäre Chylomikronämie (Fredrickson I): 4 Fettleber
Lipoproteinlipase- oder Apolipoprotein-CII-
Mangel (LPL-Aktivator). Kein erhöhtes Ar- Diagnostik. Anamnese. Body Mass Index/Fettvertei-
terioskleroserisiko. Manifestation vor 10. Le- lungsmuster.
bensjahr. Rezidivierende Pankreatitiden.
Therapie: Fettzufuhr 0,5 g/kg KG mit Subs- > Arterioskleroserisikoprofil: Alter (Mann >45 Jahre,
titution essenzieller Fettsäuren und fett- Frau >55 Jahre), positive Familienanamnese für KHK
löslicher Vitamine. Chylomikronämiesyn- (Mann <55 Jahre, Frau <65 Jahre), Rauchen, Überge-
drom: akute Pankreatitis, Angina abdominalis, wicht, Lipidstoffwechselstörungen, arterielle Hyper-
Angina pectoris, eruptive Xanthome durch tonie, Diabetes mellitus, Kost, Hyperhomozysteinämie
Hyperviskosität und Mikrozirkulationsstö-
rungen. Labor: TG, Gesamtcholesterin, HDL, LDL, Quotient Ge-
4 Lipoprotein (a)-Hyperlipidämie: Lp(a) konkur- samt-Cholesterin/HDL, LDL/HDL, Lp(a), evtl. ApoE-
riert mit Plasminogen um Rezeptoren auf Endo- Genotyp. Bei Serumtrübung Kühlschranktest (wenn
thelzellen, hat eine antiplasminogene Wirkung Rahmschicht nach 24 h, dann Chylomikronen).
und hemmt die lokale Thrombolyse, was zur ver- Screening: Normal Gesamtcholesterin <200 mg/dl),
mehrten Plaquebildung führt. Bei >30 mg/dl eigen- HDL >35 mg/dl. Bei Auffälligkeiten (Cholesterin >240,
ständiger Risikofaktor für Arteriosklerose mit Indi- HDL <35 oder grenzwertig, aber zusätzlich 2 Arterio-
kation für stärkere LDL-Senkung. skleroserisikofaktoren): Nüchternlipide und TG, LDL.
4 Familiäre Hypo-α-Lipidämie: HDL <40 mg/dl, TSH, Nüchternblutzucker, Urinanalyse (auf Proteinu-
hereditär oder sekundär bei Adipositas, Hypertri- rie). Lipidelektrophorese/Ultrazentrifugation.
glyzeridämien, Nikotinkonsum, schwerer Erkran-
kung (Malignome, Hepatopathien). Friedewald-Formel
LDL-Cholesterin = Gesamtcholesterin – HDL-Cholesterin –
Epidemiologie. Der Cholesterinspiegel steigt mit dem TG/5
Alter (um ca. 2 mg/dl/Jahr). Bis zur Menopause sind Nur in nüchternem Zustand und bei TG <400 mg/dl
die Werte bei Frauen niedriger als bei Männern. anwendbar.
Cholesterin mg/dl = mmol/l × 38,6, TG mg/dl = mmol/
> Im Alter von über 40 Jahren haben mehr als 50% l × 88,5 (für letztere BE nach 12 h Nahrungskarenz)
der Einwohner der westlichen Industrieländer Choles-
terinspiegel >200 mg/dl. Test auf metabolisches Syndrom, Leber-/Gallenwegser-
krankungen, Hyperhomocysteinämie, Hyperurikämie.
Symptomatik. Ergibt sich bei den meisten Formen aus LDL-Rezeptor, ApoB100, ApoE. HDL >60 mg/dl wird
der Arteriosklerose und deren Folgeerkrankungen als protektiver Faktor (=minus 1 Risikofaktor) angese-
(KHK, Herzinfarkt, periphere AVK, AVK der Hirnarte- hen. Familienscreening.
rien, Schlaganfall).
4 Das Herzinfarktrisiko steigt ab >200 mg/dl Differenzialdiagnose. Lipiderhöhung bei Hypothyreo-
Gesamtcholesterin steil an, dabei ist besonders se (LDL-Rezeptoren vermindert), nephrotischem Syn-
die Konstellation HDL-Cholesterin <35 mg/dl drom, Diabetes mellitus (Wegfall der Lipolysehem-
(0,9 mmol/l, 2/3 aller Infarktpatienten) bzw. LDL- mung durch Insulin), Cholestase (Regurgitation von
Cholesterin >150 mg/dl (3,9 mmol/l) atherogen. Galle ins Blut und Bildung von vesikulären Lipoprotei-
Eine Erhöhung der Triglyzeride steigert das In- nen aus Phospholipiden und Cholesterol [Lp-X]), Thi-
farktrisiko ebenfalls. azideinnahme, orale Kontrazeptiva.
286 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

. Tab. 8.13. Therapeutische Zielwerte

Niedriges Erkrankungs- Mittleres Erkrankung- Hohes Erkrankungs-


risikoisiko srisiko risiko
(0–1 RF) (≥2 weitere RF) (KHK/Äquivalente =
Diabetes mellitus, pAVK)

Gesamtcholesterin <250 (<6.5) <200 (5) <180 (4,5)

LDL-Cholesterin <160 (4) <130 (3,5) <100 (2,5)


D bei >160, M bei >190 D bei >100, M bei >130

HDL-Cholesterin >40 (1,0)

Triglyzeride <150 (2,0)

LDL/HDL-Quotient <4 <3 <2

Werte in mg/dl, Werte in Klammern in mmol/l. D= Diät, M= medikamentöse Therapie

8 Therapie. Diät und Medikation abhängig von individu- 8.8.2 Adipositas


ellen Risikofaktoren (. Tab. 8.13) und LDL-Wert. Ver-
meiden bzw. Therapie von Pankreatitis, Xanthomen, Definition. Erhöhung des Anteils der Fettmasse am
Leberverfettung. Rheologieverbesserung, Alkoholka- Körpergewicht auf >30% bei Frauen und >20% bei
renz, Beseitigung weiterer Risikofaktoren (Nikotin, Männern. Eine Einteilung erfolgt nach Body Mass In-
Hypertonie). dex (BMI, . Tab. 8.14).

Diät: Ätiopathogenese. Primäre Adipositas mit genetischer


4 Senkung des Cholesterins: Fettanteil und gesättig- Anlage (Leptinresistenz?) und den Energieverbrauch
te Fettsäuren vermindern, ungesättigte Fettsäuren übersteigender Energiezufuhr (hyperkalorische Er-
steigern (Seefisch). Eher komplexe Kohlenhydrate, nährung, körperliche Inaktivität). Evtl. psychische Fak-
Eiweiß bis 15% der Kalorienzufuhr, Cholesterin toren, Essstörungen (wie »binge eating«). Selten sekun-
<300 mg/Tag. Durch die Diät kann der Cholesterin- däre Adipositas bei endokrinen (Cushing-Syndrom,
spiegel um 20‒60 mg/dl gesenkt werden, die Hypothyreose, Insulinom) oder zerebralen Erkran-
Ansprechbarkeit auf eine medikamentöse Therapie kungen.
steigt.
4 Senkung der Triglyzeride: Alkoholkarenz, Kör- Epidemiologie. 20% der Erwachsenen in den west-
pergewichtsnormalisierung, bei Pankreatitis Fast- lichen Industrieländern haben einen BMI ≥30, die Prä-
entage, evtl. Plasmapherese. valenz steigt mit dem Alter. Mit dem BMI steigen Mor-
biditäts- und Mortalitätsrisiko.
Wenn die Diät nicht ausreicht, zusätzlich medika-
mentöse Therapie: Statine (abendliche Einnahme, z. B.
10–80 mg Atorvastatin). Anionenaustauscher, Ezeti-
mib, Fibrate. LDL-Apherese. Bei Hypertriglyzeridämie . Tab. 8.14. Klassifikation der Adipositas
evtl. Fibrate, bei gleichzeitiger HDL-Erniedrigung nur BMI: KG (kg)/Größe (m2)
Statine oder Nikotinsäure.
Normalgewicht 18,5–24,9
! Cave Übergewicht 25–29,9
Keine Kombination von Statinen und Fibraten/
Nikotinsäure (erhöhte Gefahr der Rhabdomyolyse). Adipositas Grad I 30–34,9

Adipositas Grad II 35–39,9


Nachsorge. 1–3 Monate nach jeder Änderung des The-
rapieregimes Nüchternlipidanalyse und Leberfunktions- Adipositas Grad III ≥40
tests.
8.8 Stoffwechsel, Ernährung
287 8

> Bei einem BMI >35 kg/m2 ist die Mortalität gegen- 4 Erfassung weiterer Risikofaktoren: Blutdruck, BZ
über Normalgewichtigen verdoppelt. (nüchtern, oGTT), Lipidstatus, Kreatinin, Harn-
stoff, TSH basal, kleines Blutbild, Elektrolyte, Dexa-
Symptomatik. Belastungsdyspnoe, rasche Ermüdbar- methason-Kurztest (Ausschluss Cushing-Syn-
keit, Gelenkbeschwerden, vermehrtes Schwitzen sowie drom), Ergometrie
Komplikationen bzw. Begleiterkrankungen:
Therapie. Indikation bei BMI ≥30 kg/m2 oder 25–
> Adipositas ist Manifestationsfaktor des metabo- 30 kg/m2 mit assoziierten Erkrankungen:
lischen Syndroms und Risikofaktor für zahlreiche 4 Ernährungsumstellung mit Bewegungs- (mind.
Erkrankungen. 3×/Woche 30–60 min) und Verhaltenstherapie
4 Gewichtsreduktion durch negative Energiebilanz
4 KHK, Schlaganfall, tiefe Beinvenenthrombose und bis zum Erreichen des Zielgewichts (Ziel oft 10-
thromboembolische Komplikationen (vor allem bis 20%-ige Reduktion bei BMI>35, 5–10% bei
postoperativ) 25-35)<.
4 Cholezystolithiasis 5 Kalorienreduzierte Mischkost mit 1000–
4 Präeklampsie 2000 kcal/Tag (50–60% der Kalorienzufuhr
4 Schlafapnoe-Syndrom durch Kohlenhydrate, 25–30% Fett, 15–20%
4 Maligne Erkrankungen (Karzinome von Endome- Proteine, Proteine mindestens 50 g/Tag) und
trium, Zervix, Ovar, Mamma, Kolon, Prostata) reichlich Flüssigkeitszufuhr
4 Arthrosen 5 Niedrigkalorische Diät (mit Zufuhr von Linol-
4 Aufgrund der erhöhten Aromataseaktivität in den säure, Proteinen und Kohlenhydraten)
Adipozyten und des dadurch erhöhten Östrogen- 5 Bei alleiniger Fettreduktion nur geringe Ge-
und verminderten Testosteronspiegels Potenzstö- wichtsabnahme
rungen beim Mann 5 Bei Erreichen des Zielgewichts isokalorische
4 Striae cutis, Intertrigo Ernährung
4 Medikamente (als Ergänzung falls Basistherapie
Diagnostik. nicht ausreichend, umstritten): Orlistat (nichtresor-
4 Gewichts-/Ernährungsanamnese bierbarer Lipasehemmer), Sibutramin (zentral
4 Bestimmung von BMI wirksamer Appetitzügler)
4 Hüftumfang (Risiko für assoziierte Stoffwechsel- 4 Chirurgie (»gastric banding«, Magen-Bypass)
erkrankungen steigt bei >102 cm [Männer] bzw.
>88 cm[Frauen]) > Keine Null-Diät (negative Stickstoffbilanz bedingt
4 »Waist-to-hip-ratio« (WHR, Risiko erhöht bei >1,0 Abnahme der Proteine und der Muskelmasse, keine
[Männer] bzw. >0,85 [Frauen]), langfristige Gewichtskontrolle).
4 Fettverteilungstyp: android/proximal/stamm-
betonter (sog. Apfeltyp; prognostisch ungünstiger) Prognose. 30% der therapiewilligen Patienten erreichen
versus gynoid/distal/hüftbetonter (sog. Birnen- eine langfristige Gewichtsreduktion.
typ)
288 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

In Kürze
Hyperlipidämie und Adipositas

Hyperlipidämie 4 Symptomatik: Arteriosklerose mit Folgeerkrankungen, Pankreatitis, Xanthome,


Xanthelasmen, Arcus lipoides corneae, Fettleber
4 Diagnostik: BMI/Fettverteilungsmuster, Arterioskleroserisikoprofil, TG, Gesamtcholesterin,
HDL, LDL, Quotient Gesamtcholesterin/HDL, LDL/HDL, Lp(a), evtl. ApoEGenotyp, bei
Serumtrübung Kühlschranktest; Screening: Gesamtcholesterin (normal <200 mg/dl),
HDL (>35 mg/dl); bei Auffälligkeiten: Nüchternlipide, TG, LDL. TSH, NüBZ, Urinanalyse (auf
Proteinurie). Lipidelektrophorese/Ultrazentrifugation; Test auf metabolisches Syndrom,
Leber-/Gallenwegserkrankungen, Hyperhomozysteinämie, Hyperurikämie. LDL-Rezeptor,
ApoB100, ApoE
4 Therapie: Diät, ggf. medikamentöse Therapie: Statine, Anionenaustauscher, Ezetimib, Fibra-
te, LDL-Apherese. Keine Kombination von Statinen und Fibraten (Rhabdomyolysrisikon)

Adipositas 4 Symptomatik: BMI > 30 kg/m2, Manifestationsfaktor des metabolischen Syndroms,


Risikofaktor für vaskuläre Komplikationen (arteriell und venös), Cholezystolithiasis,
Präeklampsie, Schlafapnoe, Malignome, Arthrosen
4 Diagnostik: Erfassung weiterer Risikofaktoren: Blutdruck, Blutzucker (nüchtern, oGTT),
8 Lipidstatus, Kreatinin, Harnstoff, TSH basal, kleines Blutbild, Elektrolyte, Dexamethason-
Kurztest, Ergometrie
4 Therapie: Indikation: BMI ≥30/25–30 mit assoziierten Erkrankungen
– Basistherapie: Ernährungsumstellung, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Negative
Energiebilanz bis Erreichen des Zielgewichts, dann isokalorische Ernährung
– Medikamente (als Ergänzung): Orlistat, Sibutramin
– Chirurgie: »gastric banding«, Magen-Bypass

8.8.3 Protein-Energie-Mangelernährung Ätiopathogenese. Der Harnsäurepool (bei Gesunden


ca. 1 g, bei Gichtpatienten bis 30 g) besteht aus endogen
Definition. Es werden Defizienzen unterschiedlicher produzierter und exogen zugeführter Harnsäure. 2/3
Nahrungsbestandteile sowie die Protein-Energie- der Harnsäure werden über die Niere ausgeschieden.
Mangelernährung unterschieden. Bei letzterer besteht Bei Überschreiten der Löslichkeitsgrenze fallen Urat-
durch eine verminderte Zufuhr oder einen erhöhten kristalle in übersättigter Synovialflüssigkeit aus und
Bedarf (z. B. Infektionen) ein Missverhältnis im Energie- werden phagozytiert, was über eine Freisetzung von
haushalt. Entzündunsgmediatoren zu Synovitis und einem Gicht-
anfall führt. Differenziert wird zwischen primärer und
Symptomatik.Magen-Darm-Atrophie,Malabsorptions- sekundärer Gicht (. Tab. 8.15).
syndrom, Infektanfälligkeit, Unterfunktion endokriner
Drüsen, Herzrhythmusstörungen, Hungerödeme, As- Epidemiologie. m>w. Harnsäurespiegel >7 mg/dl bei
zites. 20% der Männer in westlichen Industrieländern, bei
Frauen steigt der Anteil nach der Menopause (mit
Therapie. Vorsichtiger Kostaufbau, passager parente- Wegfall der urikosurischen Wirkung der Östrogene).
rale Ernährung. Gehäuftes Vorkommen zusammen mit Erkrankungen
des metabolischen Syndroms.

8.8.4 Gicht Symptomatik. Folgende Stadien werden unterschieden:


4 Stadium I: asymptomatisch (häufiger als die mani-
Definition. Störung des Purinstoffwechsels mit Anhäu- feste Gicht)
fung des Endprodukts Harnsäure. 4 Stadium II: akuter Gichtanfall (bei Harnsäurespie-
Hyperurikämie: Serum-Harnsäure >6,4 mg/dl gel von 7–9 mg/dl Inzidenz 0,5%, bei >10 mg/dl
(>380 Pmol/l). Gicht: Hyperurikämie mit Symptomen. Inzidenz 90%)
8.8 Stoffwechsel, Ernährung
289 8

. Tab. 8.15. Differenzierung von primärer und sekundärer Gicht

Primäre Gicht Sekundäre Gicht

Störung der tubulären Harnsäuresekretion >99% der Fälle Harnsäureausscheidung in der Nierep

Polygen, Manifestation bei purinreicher Ernährung und Über- Nierenerkrankungen, Laktatazidose, Ketoazidose,
gewicht Saluretika

Überproduktion von Harnsäure Harnsäurebildungn durch erhöhten Nuklein-


4 HG-PRT(Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase)- säuren-Turnover
Defizienz: Lesch-Nyhan-Syndrom (Hyperurikämie, progre-
diente Niereninsuffizienz, Selbstverstümmelungstendenz)
4 Aktivität der PRPP-Synthetasen

Leukämie, Polyzythämie, Tumoren unter Chemo-


oder Strahlentherapie, hämolytische Anämie,
nach Operationen, Psoriasis

4 Stadium III: interkritisches Stadium (zwischen förmige Gelenkmutilation, stachelige Osteophyten),


zwei Anfällen) Nierenfunktionsparameter. Evtl. Synoviaanalyse.
4 Stadium IV: chronische Gicht mit Tophusbildung
und irreversiblen Gelenkveränderungen > Uratsteine ergeben im Röntgenbild keine Ver-
schattung.
Akuter Anfall: Auslöser: Ess- oder Trinkexzesse, Stress,
Trauma, Kälte. Aus voller Gesundheit (gehäuft nachts) Differenzialdiagnose. Sekundäre Hyperurikämie, ak-
plötzlich stark schmerzhafte Monoarthritis, am häufigs- tivierte Arthrose des Großzehengrundgelenks, akute
ten des Großzehengrundgelenks (Podagra) mit Haut- Monoarthritis anderer Ätiologie: Pseudogicht, Infek-
rötung, Überwärmung und Schwellung. Andere Mani- tion (Gonokokken, nongonococcal, Lyme), Trauma
festationsorte: Sprung-, Fußwurzel-, Knie, Zehen- und (Hämarthros), rheumatoide Arthritis, systemischer
Fingergelenke (vor allem Daumengrundgelenk, Chira- Lupus erythematodes (SLE), Arthritis psoriatica.
gra). Nach Tagen bis Wochen spontanes Abklingen der
Entzündung. Pseudogicht
Nichttherapierte chronische Gicht: Entstehung Bei der Pseudogicht (Chondrokalzinose, Pyrophophatgicht)
von Uratablagerungen (Tophi) in Weichteilen (z. B. lösen Kalziumpyrophosphatkristalle im Knorpel eine Syno-
Ohrmuschel, Bursae) und Knochen sowie renalen vitis aus und führen zu Verkalkungen in Knorpel und Seh-
Schädigungen: Uratnephrolithiasis mit Prädisposi- nen. Im Punktat finden sich Kalziumpyrophosphat-Dihy-
tion zu Harnwegsinfekten und Uratnephropathie (pri- drat (CPPD)-Kristalle, die rhomboid und im polarisierten
mär abakterielle interstitielle Nephritis), selten akute Licht positiv doppelbrechend sind (vs. negativ doppelbre-
Harnsäurenephropathie (obstruktive Uratnephro- chende, nadelförmige Gichtkristalle).
pathie) bei Anfall großer Harnsäuremengen im Rah-
men einer Zytostatikatherapie (Verstopfung von Tu- Therapie. Diät und Normalisierung des Körperge-
buli und Ureteren, konsekutiv reversibles Nierenver- wichts, reichliche Flüssigkeitszufuhr, purinarme Kost
sagen). (<300 mg/Tag), Alkoholkarenz, bei Fasten und Zytosta-
tikatherapie Harnneutralisierung und Allopurinolgabe.
Diagnostik. (Familien-)Anamnese. Klinik (Lokalbe- Ruhigstellung, kühlende Umschläge.
fund, evtl. Fieber). Labor: Entzündungszeichen (Leuko- Akuter Anfall: Nichtsteroidale Antirheumatika
zytose, BSG erhöht), Serum-Harnsäure (bei 30% der (NSAR, zB Diclofenac), und lokale Kryotherapie; Col-
Patienten keine Hyperurikämie im Anfall), Harnsäure chicin (maximal 6 mg/Tag) mit relativ spezifischer
im 24-h-Urin, Harnsäure/Kreatinin-Quotient im Spon- Wirkung bei Gicht.
tanurin (normal <0,8). Dauertherapie: Nur Diät bei asymptomatischer Hy-
Bei unklaren Fällen Diagnose ex iuvantibus mit Col- perurikämie bis 9 mg/dl, medikamentöse Therapie bei
chicin. Gelenk-Röntgen (gelenknahe Defekte, becher- Symptomen und/oder Harnsäurespiegeln >9 mg/dl:
290 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

4 Das Urikostatikum Allopurinol verhindert ein Epidemiologie. Unterschiedlich.


Fortschreiten der Erkrankung (Harnsäurezielwert 4 Porphyria acuta intermittens: w>m, 10/100.000, un-
5–6 mg/dl), löst und schwemmt Uratablagerungen vollständige Penetranz (20% manifest), Gipfel
aus, kann dadurch jedoch initial Gichtanfälle pro- 3. Lebensjahrzehnt.
vozieren, deshalb Prophylaxe mit NSAR. 4 Porphyria cutanea tarda: m>w. Häufigste Porphy-
4 Rasburicase bei bedrohlicher akuter Hyperurik- rieform, niedrige Penetranz.
ämie unter Chemotherapie (Wirkungseintritt inner-
halb von Stunden). Symptomatik.
4 Urikosurika hemmen die tubuläre Harnsäure- 4 Erythropoetische Porphyrien:
resorption (Benzbromaron, Probenecid), Anwen- 5 Porphyria congenita erythropietica (Morbus
dung bei Allopurinolallergie oder -unverträglich- Günther): Manifestation im Kleinkindalter mit
keit. schwerer Photodermatose, Hautvesiculae und
-bullae, rotem Urin (UV-Fluoreszenz), rotbraun
verfärbten Zähnen, hämolytischer Anämie und
8.8.5 Porphyrien Splenomegalie
5 Erythropoetische Protoporphyrie: Photoderma-
Definition. Hereditäre Störungen der Hämbiosynthese tose ohne Bullae, hepatische Beteiligung, Chole-
mit Anhäufung von Porphyrinvorstufen vor dem ver- lithiasis, selten fulminantes Leberversagen
ursachenden Enzymdefekt. 4 Akute hepatische Porphyrien: Klinik bei allen
8 Formen ähnlich.
Atiopathogenese. Unterschieden werden erythropoeti- 5 Porphyria acuta intermittens: akute Krisen (mit
sche, akute hepatische und chronische hepatische Por- möglichem letalem Verlauf) bei Stimulation der
phyrien (. Tab. 8.16). Hämsynthese (Medikamente, Stress): abdomi-

. Tab. 8.16. Hämbiosynthese

Substrat Enzym Erkrankung

Glycin + Succinyl-CoA δ-ALA-Synthase

δ-ALA (Aminolävulin- δ-ALA-Dehydrogenase Doss-Porphyrie (autosomal-rezessiv, Chromosom 9, ahP)


säure)

Porphobilinogen PBG-Desaminase Porphyria acuta intermittens (AIP, autosomal-dominant, Chro-


mosom11, ahP)

Uroporphyrinogen III Uroporphyrinogen-III- Porphyria congenita erythropoietica (Morbus Günther,


Synthetase autosomal-rezessiv, Chromosom 10, eP)

Uroporphyrinogen- Porphyria cutanea tarda (autosomal-dominant,


Decarboxylase Chromosom 1, chhP)

Koproporphyrinogen III Koproporphyrinogen- Hereditäre Koproporphyrie (autosomal-dominant,


oxidase Chromosom 9, ahP)

Protoporphyrinogen III Oxidase Porphyria variegata (autosomal-dominant, Chromosom 1,


ahP)

Protoporphyrin III Ferrochelatase Erythropoetische Protoporphyrie (autosomal-dominant,


Chromosom 18, eP)

Häm

Hämoglobin

eP = erythropoetische Porphyrien, ahP = akute hepatische Porphyrien, chhP = chronische hepatische Porphyrien
8.8 Stoffwechsel, Ernährung
291 8

nelle Koliken, Polyneuropathie, epileptische Paracetamol, Chlorpromazin, Ondansetron. Inter-


Anfälle, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen, vallprophylaxe mit Hämarginat 1 Ampulle/Woche.
Hypertonie, Tachykardie. Begünstigende Fak- Bei Ovulozyklizität: LHRH-Analoga
toren: Hypoglykämie, Alkohol, Barbiturate, 4 Porphyria cutanea tarda: Noxen meiden, Licht-
Pyrazolone, Sulfonamide, Halothan, Phenyto- schutz, Aderlass/Erythrozytopherese, Chloroquin
in. Teilweise ovulozyklisch prämenstruell. Dif- (Komplexbildung mit Porphyrinen)
ferenzialdiagnose: akutes Abdomen, neurolo-
gische/psychiatrische Erkrankungen, Bleiver-
giftung. 8.8.6 Hämochromatose
4 Chronische hepatische Porphyrie:
5 Porphyria cutanea tarda: sporadische Form mit Definition. Eisenspeicherkrankheit.
allein hepatischem Enzymdefekt, familiäre Form
mit generalisiertem Enzymdefekt. Photoder- Ätiopathogenese.
matose mit Blasenbildung und narbiger Abhei- 4 Primäre Hämochromatose: hereditär
lung, Hautverletzlichkeit erhöht, Pigmentierung 5 Klassische/adulte Form: Mutation im HFE-Gen
verstärkt. Auslösende Agenzien: Alkohol, Östro- (90%), m:w = 10:1, Manifestation ab 30. Le-
gene, Hepatitis-C-Virus, AIDS, Dialyse. bensjahr; Eisenaufnahme in der Mukosa unab-
hängig vom Bedarf
Diagnostik. Nachweis von Hämvorstufen im Urin, bio- 5 Juvenile Form: ab 20. Lebensjahr
chemisch, chromatografisch, mittels UV-Fluoreszenz 5 Neonatale Form: bereits intrauterine Leber-
oder durch Farbtests (Hösch-Test mit Zugabe von Ehr- zirrhose
lich-Reagenz, Schwartz-Watson-Test). 4 Sekundäre Siderosen nach Transfusionen (repeti-
4 Erythropoetische Protoporphyrie: Protoporphyrin tiv bei hämolytischer Anämie), bei Alkoholikern
in Erythrozyten, Plasma, Knochenmark und Stuhl
erhöht, nicht jedoch im Urin Symptomatik. Leberzirrhose mit Hepatosplenomega-
4 Porphyria acuta intermittens: in 50% der Fälle röt- lie, Diabetes mellitus (Bronzediabetes), dunkle Haut-
licher, nachdunkelnder Urin, PBG im Urin erhöht, pigmentierung, sekundäre Kardiomyopathie (digitalis-
δ-ALA im Urin erhöht, PBG-Desaminase-Aktivi- refraktär), endokrine Erkrankungen (Gonaden, NNR,
tät in Erythrozyten Hypophyse), Arthropathie.
4 Porphyria cutanea tarda: dunkler Urin (bei Ansäu-
erung Rotfluoreszenz), Leberschäden (Biopsie) > Das primäre Leberzellkarzinom ist bei Hämochroma-
tose in 30% der Fälle Todesursache.
Therapie.
4 Porphyria congenita erythropoietica: Lichtschutz, Diagnostik. Serumeisen, Ferritin und Transferrinsät-
ungünstige Prognose tigung erhöht. CT/MRT Leber, Leberbiopsie, HFE-Ge-
4 Erythropoetische Protoporphyrie: Lichtschutz notypisierung, AFP, Sonographie, Familienscreening.
4 (AIP) Akute intermittierende Porphyrie: Intensiv-
station (Bilanzierung von Flüssigkeit und Elektro- Therapie. Eisenarme Diät, Alkoholverbot, Aderlässe
lyten, forcierte Diurese), Absetzen auslösender (mit Erythroapherese) initial 1×/Woche, dann 4×/Jahr
Agenzien, Glukose und Hämarginat i.v. Sympto- (Ziel-Hb 11–12 g/dl, Serumferritin 20–50 μg/l). Defer-
matisch β-Blocker, Spasmolytika vom Atropintyp, oxamin bei sekundären Siderosen.
292 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

In Kürze
Gicht, Pophyrien, Hämochromatose

Gicht 4 Symptomatik: akut: Rötung, Überwärmung, Schwellung; chronisch: Tophi, Uratnephrolithiasis,


Harnwegsinfekte, Uratnephropathie
4 Ätiologie: primär: tubuläre Harnsäuresekretionp (>99% der Fälle) Harnsäureproduktionn
(HG-PRT-Defizienz, PRPP-Synthetasen); sekundär: Harnsäureausscheidung in der Nierep
(Nierenerkrankungen, Azidose, Saluretika), Harnsäurebildungn (Leukämie, Polyzythämie,
Chemo- oder Strahlentherapie, hämolytische Anämie, nach Operationen, Psoriasis)
4 Diagnostik: Leukozytose, BSGn, Harnsäure in Serum und 24-h-Urin, Harnsäure-Kreatinin-
Quotient im Spontanurin, Nierenfunktionsparameter, evtl. Synoviaanalyse; Diagnose ex
iuvantibus: Colchicin
4 Therapie:
– Akuter Anfall: NSAR, lokale Kryotherapie; Colchicin
– Dauertherapie: Allopurinol + NSAR. Urikosurika bei Allopurinol-Kontraindikationen.
Rasburicase bei bedrohlicher akuter Hyperurikämie unter Chemotherapie.

Porphyrien 4 Symptomatik:
– Akute intermittierende Porphyyrie (AIP): Krisen bei Stimulation der Hämsynthese
8 (Medikamente, Stress) mit Koliken, Polyneuropathie, epileptischen Anfällen, Bewusstseins-
störungen, Hypertonie, Tachykardie
– Porphyria cutanea tarda: Fotodermatose mit Blasenbildung, narbiger Abheilung
4 Ätiologie: Störungen der Hämbiosynthese mit Anhäufung von Porphyrinvorstufen.
4 Diagnostik: Nachweis von Hämvorstufen im Urin/Plasma.
Therapie: Lichtschutz
– AIP: Intensivtherapie, Glukose + Hämarginat i.v., Intervallprophylaxe mit Hämarginat 1 Ampul-
le/Woche
– Pophyria cutanea tarda: Aderlass/Erythrozytopherese, Chloroquin

Hämochro- 4 Symptomatik: Leberzirrhose, Hepatosplenomegalie, Bronzediabetes, Kardiomyopathie,


matose primäres Leberzellkarzinom
4 Ätiologie: primär (hereditär), sekundär (transfusionsbedingt)
4 Diagnostik: Serumeisenn, Ferritinn, Transferrinsättigungn, Leber-CT/MRT, Leberbiopsie, AFP,
HFE-Genotypisierung, Familienscreening
4 Therapie: Diät, Aderlässe, Deferoxamin

8.8.7 Morbus Wilson Hepatitis. Neurologische Symptomatik (Auftreten


später als die hepatische) mit parkinsonähnlichem Syn-
Definition. Autosomal-rezessive Kupferspeicherkrank- drom. Kayser-Fleischer-Kornealring (goldbraun-grün),
heit. evtl. Katarakt. Gegebenenfalls Coombs-negative hämo-
lytische Anämie.
Ätiopathogenese. Veränderte ATPase mit Kupfertrans-
portfunktion und infolgedessenverminderte biliäre Diagnostik. Spaltlampenuntersuchung. Coeruloplas-
Kupferausscheidung. Ablagerung des Kupfers mit zyto- min im Serum vermindert, freies Kupfer im Serum er-
toxischer Wirkung u. a. in Leber und Basalganglien. höht, Kupfer im Urin erhöht, Nachweis einer erhöhten
Kupferkonzentration in der Leber (Biopsie). Bei Un-
Epidemiologie. 1:30.000. sicherheit Penicillaminbelastungstest mit Erhöhung
der Kupferausscheidung im Urin.
Symptomatik. Hepatische Manifestation (100% der Fäl-
le, frühestens nach 6. Lebensjahr) mit Transaminasener- Therapie. Kupferarme Diät, Penicillamin (Chelatbild-
höhung, Fettleber, Zirrhose oder bis hin zur fulminanten ner), Lebertransplantation.
8.8 Stoffwechsel, Ernährung
293 8
8.8.8 Phenylketonurie 8.8.10 Mukoviszidose

Definition. Autosomal-rezessiver Phenylalaninhydro- Synonym. Zystische Fibrose.


xylasemangel mit Mangel an Neurotransmittern (Adre-
nalin, Noradrenalin, Dopamin) und Melanin und Ak- Ätiopathogenese. Autosomal-rezessive Erkrankung mit
kumulation von toxischen Phenylketonen. defekten Chloridkanälen (häufigste Mutation: 'F508,
Chromosom 7, mit pathologischem CFTR-Protein =
Symptomatik. Ohne Behandlung entstehen: psycho- Chloridkanal) und Produktion von zähem Schleim in
motorische Retardierung, zerebrale Krampfanfälle allen exokrinen Drüsen.
(Blitz-Nick-Salaam). Phenylazetatgeruch von Urin und
Schweiß (mäusekotartig). Helle Haut, blonde Haare, Epidemiologie. Häufigste angeborene Stoffwechseler-
blaue Augen. krankung der weißen Bevölkerung in Europa und den
USA: Homozygote 1:2500, heterozygote Träger 4%.
Diagnostik. Neugeborenen-Screening mittels Guthrie-
Test (Phenylalaninkonzentration im Blut) am 5. Le- Symptomatik. Mekoniumileus bei Geburt (10%), Ge-
benstag. deihstörung, chronischer Husten, rezidivierende Bron-
chialinfekte (gehäuft mit Staphylococcus aureus, Pseu-
Therapie. Phenylalaninarme Diät (nicht phenylalanin- domonas aeruginosa, gramnegativen Bakterien), Bron-
frei), strenge Einstellung in Kindheit und Schwanger- chiektasen, Emphysem, Diarrhö, Maldigestion, evtl.
schaft. Diabetes mellitus, biliäre Zirrhose, Cholelithiasis, bei
Männern Infertilität (bilaterale Vas-deferens-Aplasie).

8.8.9 α1-Antitrypsinmangel Diagnostik. Pilokarpin-Iontophorese-Schweißtest


(Chlorid im Schweiß >60 mmol/l, bei Neugeborenen
Symptomatik. Lungenemphysem, prolongierter Icterus >90), Genanalyse. Neugeborenenscreening. Albumin
neonatorum, evtl. Leberzirrhose (durch Retention des im Mekonium erhöht.
α1-Proteinaseinhibitors in der Leber). Homozygoter
PIZZ- und PISS-Phänotyp (1:10.000, α1-Proteinaseinhi- Therapie. Mukolyse (DNAse-Inhalation), Drainage,
bitor <50 mg/dl), heterozygoter PIMZ- oder PIMS-Phä- Behandlung der Komplikaktionen, Antibiotika, Subs-
notyp. titution der Pankreasenzyme, parenterale Gabe der fett-
löslichen Vitamine, O2-Langzeittherapie, evtl. Lungen-
Diagnostik. α1-Zacke in der Elektrophorese vermin- transplantation.
dert, α1-PI im Serum vermindert, Leberbiopsie.
Prognose. Mittlere Lebenserwartung 32 Jahre (m>w).
Therapie. Substitution des α1-Proteinaseinhibitors.
Nikotinverbot.

In Kürze
Morbus Wilson, Phenylketonurie, α-Antitrypsinmangel, Mukoviszidose

Morbus Wilson 4 Symptomatik: hepatisch und neurologisch, Kayser-Fleischer-Ring, Katarakt


4 Ätiologie: autosomal-rezessiv, defekte biliäre Kupferexkretion
4 Diagnostik: Serum: Coeruloplasminp, freies Kupfern, Urin: Kupfern. Leberbiopsie, Peni-
cillaminbelastungstest
4 Therapie: kupferarme Diät, Penicillamin, Lebertransplantation

Phenylketonurie 4 Symptomatik: helle Haut, blonde Haare, blaue Augen, psychomotorische Retardierung,
zerebrale Krampfanfälle, Phenylazetatgeruch
4 Ätiologie: autosomal-rezessiv, Phenylalaninhydroxylasemangel; Neurotransmitterp,
Melaninp, Akkumulation toxischer Phenylketone
4 Diagnostik: Screening: Guthrie-Test (Phenylalaninkonzentration im Blut) am 5. Lebenstag
6 4 Therapie: Phenylalaninarme Diät
294 Kapitel 8 · Endokrinologie, Stoffwechsel

α-Antitrypsin- 4 Symptomatik: Lungenemphysem, prolongierter Icterus neonatorum, Leberzirrhose


mangel 4 Diagnostik: α1-Zacke in der Elektrophoresep, α1-PI im Serump, Leberbiopsie
4 Therapie: α1-PI-Substitution

Mukoviszidose 4 Symptomatik: Mekoniumileus, chronischer Husten, rezidivierende Bronchialinfekte,


Bronchiektasen, Emphysem, Maldigestion, evtl. Diabetes mellitus, biliäre Zirrhose
4 Ätiologie: autosomal-rezessiv, Defekt der Chloridkanäle o zäher Schleim
4 Diagnostik: Schweißtest, Genanalyse, Albumin im Mekoniump
4 Therapie: Mukolyse, Substitution der Pankreasenzyme, fettlösliche Vitamine parenteral,
O2-Langzeittherapie, evtl. Lungentransplantation

8
9 Rheumatologie
R. Kasch

9.1 Erkrankungen der Gelenke – 297


9.1.1 Autoimmunologische Arthritiden – 297
9.1.2 Seronegative Spondylarthritiden (SPA) – 299
9.1.3 Postinfektiöse Arthritiden –301

9.2 Extraartikulärer Rheumatismus, Weichteilrheumatismus – 304


9.2.1 Fibromyalgie-Syndrom – 304

9.3 Allergische Vaskulitiden – 304


9.3.1 Vaskulitis kleiner Gefäße – 305
9.3.2 Vaskulitis mittelgroßer Gefäße – 306
9.3.3 Vaskulitis großer Gefäße – 306

9.4 Kollagenosen – 307


9.4.1 Myositis – 307
9.4.2 Sjögren-Syndrom – 307
296 Kapitel 9 · Rheumatologie

. Abb. 9.1. Mindmap Chronische Polyarthritis


9.1 · Erkrankungen der Gelenke
297 9

Rheumatologische Erkrankungen kennzeichnen sich


vor allem durch Beschwerden (Schmerzen) und krank-
hafte Veränderungen (Funktionsbehinderungen) des
Bewegungsapparates und umgebenden Bindegewebes,
häufig unter Einbeziehung weiterer Organe oder Organ-
systeme. Bei den im Folgenden dargestellten entzünd-
lichen Systemerkrankungen des rheumatischen Formen-
kreises ist die Ätiologie meist unbekannt. Autoimmun-
mechanismen und genetische Dispositionen spielen
meist eine Rolle.

. Abb. 9.2. Ausgeprägte Deformierung der Hand- und


9.1 Erkrankungen der Gelenke Fingergelenke bei chronischer Polyarthritis (7 Farbtafelteil)

9.1.1 Autoimmunologische Arthritiden


Mögliche Spätfolgen des Gelenkbefalls sind:
9.1.1.1 Chronische Polyarthritis (cP) 4 Hand: Knopflochdeformation, Schwanenhalsfinger,
Synonym. Rheumatoide Arthritis (RA). Ulnardeviation, Karpaltunnelsyndrom, Subluxation
des Handgelenks (Bajonett-Stellung, . Abb. 9.2)
Definition. Die chronische Polyarthritis (. Abb. 9.1) ist 4 Füße: Hammerzehen, selten auch Knick-Plattfuß
eine entzündliche Systemerkrankung, die neben Gelen- 4 Kniegelenk: Baker-Zysten, Gelenkergüsse
ken auch andere synoviale Strukturen (Pleura, Perikard,
Sehnenscheiden, Bursen) befällt. ! Cave
Lebensbedrohliche Komplikation ist die atlantoaxiale
Felty-Syndrom: Schwere Verlaufsform, gekennzeichnet Subluxation (hoher Querschnitt).
durch Trias cP, Splenomegalie, Neutropenie.
> Die Hände gelten als Visitenkarte des Rheumatikers.
Ätiopathogenese. Unklar, vermutlich autoimmuno- Die distalen Interphalangealgelenke II–V, Brust- und
logischer Prozess, der neben den Gelenken auch die Lendenwirbelsäule sind bei der cP typischerweise
obere Wirbelsäule und innere Organe befallen kann. nicht betroffen!

Epidemiologie. Häufigste und wichtigste entzündliche Extraartikuläre Manifestationen sind:


Gelenkerkrankung. Betroffen sind vor allem Patienten 4 bei 50% der Erkrankten eine asymptomatische Peri-
in der 3.-5. Lebensdekade, Frauen 4-mal häufiger als karditis und interstitielle Myokarditis
Männer, Träger des Merkmals HLA-DR4 erkranken 4 Bei 25% der Patienten Rheumaknoten im Bereich
5-mal häufiger. der Sehnen und Subkutis über Knochenvorsprün-
gen und an Streckseiten besonders von Hand- und
Symptomatik. Typische Allgemeinsymptome sind Ellenbogengelenk
Schwäche, rasche Ermüdbarkeit, Appetitlosigkeit, sub- 4 Vasomotorische Störungen (Raynaud-Symptoma-
febrile Temperaturen, Nachtschweiß, Myalgien und tik, Arteriitis der Fingerarterien, periphere Gefäß-
Palmarerythem. Die von der Polyarthritis betroffenen verschlüsse und der Koronararterien mit KHK)
Gelenke, insbesondere Fingergrund- und -mittelge- 4 Pleuritis, sehr selten fibrosierende Alveolitis
lenke sowie Handgelenke, oft mit symmetrischem Be- 4 Keratoconjunctivitis sicca, Korneaaffektionen,
fall, sind schmerzhaft, spindelförmig geschwollen und Skleritis
bewegungseingeschränkt. Das Gaenslen-Zeichen 4 Muskelatrophie
(Schmerzen beim Händedruck, Querdruckschmerz) ist
positiv. Beim Felty-Syndrom treten extraartikulär vor allem
Vaskulitis mit tropischen Störungen der Haut, Episkle-
> Die Morgensteifigkeit der Gelenke ist ein typisches ritis, Pleuritis oder Perikarditis auf. Durch die Neutro-
Frühsymptom der chronischen Polyarthritis. Nach penie kommt es gehäuft zu fieberhaften Infekten.
Bewegung der Gelenke bildet sich diese Anlauf-
hemmung wieder zurück, die Funktion verbessert Diagnostik. Stützt sich auf klinische, röntgenologische
sich. und laborchemische Kriterien (. Tab. 9.1).
298 Kapitel 9 · Rheumatologie

. Tab. 9.1. Diagnostische Kriterien der ARA (American Rheumatism Association) bei cP

Kriterium

Morgensteifigkeit Länger als eine Stunde

Arthritis (Schwellung) von 3 oder mehr Gelenken In 14 Gelenkregionen (beidseits)

Arthritis (Schwellung) von Hand-, Fingergrund- Befall mindestens eines Hand-, Metakarpophalangeal-
oder Fingermittelgelenken oder proximalen Interphalangealgelenks

Symmetrischer Gelenkbefall Beidseitiger Befall der gleichen Gelenkregion

Subkutane Rheumaknoten Über Knochenvorsprüngen oder gelenknahen Streckseiten

Rheumafaktornachweis Von IgM-Anti-IgG im Serum (75% der Fälle, selten bei


Gesunden)

Röntgenologische Veränderungen Gelenknahe Osteoporose, Gelenkspaltverschmälerung,


Usuren, Subluxationen, Ankylosen

Rheumatoide Arthritis: mindestens 4 der 7 Kriterien müssen erfüllt, wobei die Kriterien 1–4 während 6 Wochen be-
stehen müssen.

9
Die Familienanamnese wie auch das Ansprechen Definition. Sonderform der chronischen Polyarthritis.
auf NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) sind zu- Heterogene Gruppe von Gelenkerkrankungen, die im
meist positiv. Es können im Serum HLA-B27-Immun- Alter unter 16 Jahren auftreten und mindestens 3 Mo-
komplexe nachgewiesen werden. Im akuten Schub fin- nate arthritische Beschwerden zeigen.
den sich im Labor zusätzlich eine Erhöhung von CRP, Morbus Still (Still-Syndrom, systemische juvenile
α2-Fraktion, BSG und eine Leukozytose. Im Gelenk- chronische Polyarthritis): Chronische Polyarthritis
punktat finden sich Rhagozyten. Diese enthalten Rheu- kombiniertmitviszeralenSymptomenwieHepatospleno-
mafaktoren und immunkomplexe. megalie, Lymphknotenschwellungen, Myokarditis und
Für die Diagnose des Felty-Syndroms sind Neutro- Perikarditis.
penie, zirkulierende Immunkomplexe und granulo-
zytenspezifische antinukleäre Antikörper (ANA) rich- Ätiopathogenese. Wahrscheinlich entzündliche Erkran-
tungweisend. kung auf autoimmunologischer Basis, deren Hauptma-
nifestation die Synovitis großer und kleiner Gelenke ist.
Therapie. Folgende Maßnahmen kommen zum Einsatz:
4 Physikalisch (Bewegungstherapie, lokale Kryothe- Symptomatik. Bei einigen Kindern kann Fieber auftre-
rapie im entzündlichen Schub) ten sowie die Augen und andere innere Organe befallen
4 Medikamentös werden. Unterschieden werden 5 Gruppen (. Tab. 9.2).
5 NSAR
5 Glukokortikoide Diagnostik. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Mit Hil-
5 Basistherapeutika (Chloroquin, Goldsalze, D-Pe- fe von 4 Laborparametern lassen sich Krankheitsvarian-
nicillamin, Salazosulfapyridin, Methotrexat) ten klassifizieren:
4 Operativ (Synovektomie, prothetischer Gelenker- 4 Entzündungsparameter (BSG, Leukozyten, CRP)
satz) 4 IgM- Rheumafaktoren
4 Strahlentherapeutisch (Radiosynoviorthese) 4 Antinukleäre Antikörper (ANA)
4 Humane Leukozytenantigen HLA-B27
9.1.1.2 Juvenile chronische Arthritis (JcA)
Synonym. Juvenile rheumatoide Arthritis, juvenile Ar- Therapie. Zunächst Therapie mit NSAR (Nebenwir-
thritis. kungen!), die Dauer richtet sich nach dem Verlauf. Spä-
ter kommen Basismedikamente (Gold, D-Penicillamin,
Sulfasalazine) und Glukokortikoide zum Einsatz.
9.1 · Erkrankungen der Gelenke
299 9

. Tab. 9.2. Unterschiedliche Verlaufsformen der juvenilen chronischen Arthritis

Erkrankung und Häufigkeit Symptome

Systemische juvenile chronische Kleinkindalter, hohes intermittierendes Fieber mit meist frühmorgendlichen
Polyarthritis (M. Still), ca. 20% Spitzen, bei 50% flüchtiges kleinfleckiges Exanthem, Lymphadenopathie, bei 70%
der JcA-Fälle Hepatosplenomegalie, Perikarditis, RF-negativ*, vorwiegend Handgelenke be-
troffen, Amyloidose als langfristige Komplikation in ≤10%. Labor mit ausgepräg-
ten Entzündungszeichen: BSGn, CRPn, Leukozytose, Thrombozytose. Zellreiches
Gelenkpunktat

Seronegative Polyarthritis, Beginn im gesamten Kindesalter möglich. RF negativ. Häufig im 1. Lebensjahr.


ca. 30% der JcA-Fälle Symmetrische Polyarthritis kleiner und großer Gelenke. Veränderungen an den
Epiphysen und Knochenkernen bedingen ausgeprägte Fehlstellungen und Defor-
mitäten

Seropositive Polyarthritis, Häufig präpubertäre Mädchen. RF-positiv. In 65% ANA-positiv. Erkrankungs-


ca. 10% der JcA-Fälle muster ähnlich wie cP bei Erwachsenen. Verlauf rasch und progredient

Frühkindliche Oligoarthritis Erkrankungsgipfel im Alter von 1–3 Jahren. Häufig Beginn am Knie, OSG (oberes
(Typ l), ca. 20% der JcA-Fälle Sprunggelenk) als Monarthritis. In bis zu 50% chronisch rezidivierende Iridozyklitis

HLA-B27-assoziierte Oligoarthritis In ca. 80% HLA-B27-positiv. Meist Jungen vor der Pubertät. In ca. 80% HLA-B27-
(Typ ll), ca. 20% der JcA-Fälle positiv. Typisch akuter Verlauf, Iridozyklitis möglich

*rA = Rheumafaktor

! Cave 4 Arthritis psoriatica


Glukokortikoide sind wegen der großen Gefahr der 4 Enteropathische Arthritiden (z. B. M. Crohn, Coli-
Wachstumshemmung, Osteoporose oder aseptische tis ulcerosa)
Knochennekrosen nur mit größter Zurückhaltung 4 Undifferenzierte Spondylarthritis
systemisch einzusetzen.
9.1.2.1 Morbus Bechterew
Prognose. Unterschiedlich, insgesamt besser als bei Er- Synonym. Spondylarthritis ancylosans, Spondylitis
wachsenen. ancylosans.

Definition. Zur Versteifung führende Erkrankung der


9.1.2 Seronegative Spondylarthritiden Wirbelsäule, die sich auch an den Iliosakralgelenken
(SPA) sowie kleinen Wirbelgelenken manifestiert.

Definition. Chronisch-entzündliche Erkrankungen vor- Ätiopathogenese. Der M. Bechterew ist eine entzünd-
zugsweise des Achsenskeletts bei genetischer Disposition liche, seronegative rheumatische Erkrankung mit fakul-
(Assoziation mit HLA-B27) und Fehlen von Rheumafak- tativer Mitbeteiligung innerer Organe und genetischer
toren (seronegativ) mit folgenden Leitsymptomen: Disposition. Fast 90% der Fälle sind HLA-B27-assozi-
4 Rückenschmerzen durch Sakroiliitis und Befall der iert, Männer sind häufiger betroffen. Langfristig ver-
Wirbelsäule knöchern die Iliosakralfugen, die Längsbänder (Syn-
4 Asymmetrische Oligoarthritis, oft der Kniegelenke desmophyten) und die gesamte Wirbelsäule inkl. Hals-
4 Entzündlichkeit der Sehnenansätze und Bänder wirbelsäule (Bambusstabform der Wirbelsäule). Die
4 Iritis und Iridozyklitis Wirbelkörper werden »entlastet«, sodass sich eine In-
aktivitätsosteoporose entwickeln kann.
Fünf Krankheitsbilder werden unterschieden, auf die
ersten drei soll näher eingegangen werden: Symptomatik. Im Frühstadium kann die Diagnose-
4 Ankylosierende Spondylitis (M. Bechterew) stellung oft sehr schwierig sein, da das Röntgenbild
4 Reaktive Arthritis (Reiter-Syndrom) unauffällig ist. Meist treten iliosakrale Schmerzen, Be-
300 Kapitel 9 · Rheumatologie

schwerden im Bereich der Kniegelenke, der Fersen und


Sehnenansätze sowie Morgensteife auf. Schubweiser
Verlauf mit folgender Sakroiliitis und Ankylosieren der
Iliosakralgelenke. Danach nimmt die Versteifung der
Wirbelsäule (zunächst thorakolumbal) in Kyphosestel-
lung nimmt zu. Im Spätstadium ist meist die Atmung
durch die Thoraxversteifung und Einsteifung der Kosto-
transversalgelenke beeinträchtigt.

> Das Hauptsymptom des M. Bechterew ist die Wirbel-


säulenversteifung.

Rezidivierende periphere Arthritiden, Iridozyklytiden,


Urethritiden, Prostatitiden und Enthesopathien als
extravertebrale Manifestationen treten im Verlauf oft
begleitend auf.

Diagnostik. Röntgen des ISG (Ileosakralgelenk, maß-


geblich für die Diagosestellung), CT, MRT, selten Szinti-
graphie. Im Labor ist die BSG beschleunigt, die Rheu-
maserologie negativ.
9 > Ein positives HLA-B27 gilt nur als Hinweis auf die Er-
krankung, nicht als Nachweis

Im Röntgenbild der ISG stellen sich zunächst Pseudo-


erweiterungen und später perlschnurartige Randusu- . Abb. 9.3. Keratoderma blenorrhagicum der Fußsohlen
ren dar, gleichzeitig treten Erosionen, Sklerosen und beim Reiter-Syndrom
Ankylosezeichen auf. Beim weiteren Fortschreiten
zeigen sich an der Wirbelsäule paravertebrale Verkal-
kungen (Syndesmophyten), osteoporotische Wirbel- 4 Urethritis
körper bis hin zur Bambusstab-Wirbelsäule. 4 Arthritis (Monoarthritis, oft Oligoarthritis der
großen Gelenke)
Therapie. Im Schub werden Schmerzen und Entzün- 4 Augenmanifestation (Konjunktivitis oder Irido-
dungszeichen mit Analgetika und Antiphlogistika be- zyklitis)
handelt. Bei rasch progredientem Verlauf erfolgt der 4 Reiter-Dermatose (Erythema nodosum, Balanitis
Einsatz sog. Basistherapeutika, wie Methotrexat, Aza- circinata, Keratoderma blenorrhagicum)
thioprin, Sulfasalazin und TNF-α (wegen reichhaltiger
Nebenwirkungen sorgfältige Überwachung). Kortiko- Ätiopathogenese. Das Reiter-Syndrom kann ätiolo-
steroide werden bei extravertebraler Manifestation gisch auf zwei unterschiedlichen Wegen entstehen:
(z. B. Knie) eingesetzt. Durch gezielte Krankengymnas- 4 Reaktive (infektinduzierte) Arthritis: Sterile Ar-
tik mit Atemübungen, Kyphoseprophylaxe und Ge- thritis. Entzündliche Gelenkerkrankung, die als
lenkmobilisationen wird versucht, die Wirbelsäulen- Zweiterkrankung im Anschluss an bakteriell ver-
beweglichkeit möglichst lange zu erhalten. In der Spät- ursachte intestinale oder urogenitale Infektionen
phase der Erkrankung sind bei ausgeprägtesten auftritt. (Chlamydien, Gonokokken, Ureaplasmen,
Kyphosierungen aufrichtende Operationen der Wirbel- Campylobacter, Salmonellen, Shigellen, Yersinien).
säule indiziert. 4 HLA-B27-assoziierteseronegativeSpondylarthri-
tis: Leitsymptome sind Sakroilitis, nicht symmetri-
9.1.2.2 Reiter-Syndrom sche Oligoarthritiden, extraartikuläre Manifesta-
Synonym. Morbus Reiter, okulo-urethro-synoviales tionen an Haut und Augen.
Syndrom.
Symptomatik. Zusätzlich zu den oben genannten Sym-
Definition. Aseptische Symptomtetrade: ptomen treten nächtliche Kreuzschmerzen, klopf-
9.1 · Erkrankungen der Gelenke
301 9

schmerzhafte Iliosakralgelenke (Sakroilitis) und Schmer- Epidemiologie. Bei ca. 5–10% aller Psoriasispatienten
zen im Bereich der Sehnen- und Bandansätze (Enthesio- kommt es zur Begleitarthritis.
pathie) auf.
Symptomatik. Betroffen sein können die großen Ge-
Diagnostik. Die Diagnose wird klinisch gestellt, bei lenke, die peripheren Gelenke der Akren und die
mindestens 3 Hauptsymptomen der Tetrade ist das Gelenke der Wirbelsäule. Unterschieden werden die
Reiter-Syndrom gesichtert. Ein serologischer Nachweis asymmetrische, symmetrische und die Spondylitis pso-
der auslösenden Bakterien ist gegebenenfalls möglich. riatica.

Therapie. Symptomatisch mit NSAR und physika- Diagnostik. Ergibt sich aus der Anamnese der Grund-
lischen Maßnahmen. Durch antibiotische Behandlung erkrankung und dem Befallsmuster der Gelenke. Im
wird versucht eine Infektsanierung zu erzielen, bei Labor finden sich unspezifische Entzündungszeichen,
schwerem und akuten Schub werden Kortikosteroide evtl. Rheumafaktoren.
gegeben. Basistherapeutika (z. B. Salazosulfapyridin)
kommen bei chronischem Verlauf zum Einsatz. Therapie. Die symptomatische Behandlung sieht kon-
sequente Krankengymnastik und NSAR zur Schmerz-
Prognose. Etwa 80% der Erkrankungen heilen nach behandlung vor. In schweren Fällen kommen Basis-
6–12 Monaten aus. Beim Vollbild des Reiter-Syndroms therapeutika (Salazosulfapyridin, Methotrexat) zum
ist das Risiko eines chronische Verlaufes deutlich er- Einsatz.
höht.

9.1.2.3 Arthritis psoriatica 9.1.3 Postinfektiöse Arthritiden


Definition. Gelenkerkrankung im Rahmen einer Pso-
riasis. 9.1.3.1 Begleitarthropathien
Synonym. Postinfektiöse reaktive Arthritiden.
Ätiopathogenese. Unbekannt. Es wird eine virale Ge-
nese angenommen. Die Hauterscheinungen können Definition. Entzündliche Gelenkerkrankungen, die als
simultan mit der Arthritis auftreten, aber auch um wahrscheinlich autoimmunologisch vermittelte, asepti-
Jahre versetzt. sche Zweiterkrankung (. Tab. 9.3) auftreten.

. Tab. 9.3. Begleitarthritiden bei primär extraartikulären Erkrankungen

Erkankung Lokalisation und Besonderheiten der Begleitarthritis

Colitis ulcerosa Knie-, Ellenbogen-, Hand- und Fußgelenke in ca. 10%

M. Crohn Kleine Gelenke bei ca. 20%, seltener Wirbelsäulengelenke, granulomatöse Entzündungen möglich

M. Wippel Häufig Arthritiden kleiner oder großer Gelenke, intraartikuläre, PAS-positive Makrophagenein-
schlüsse

M. Reiter Mehrere Gelenke der unteren Extremität

Systemischer Lupus Polyarthritiden bei ca. 90%, stark wechselnde Gelenkbeteiligung


erythematodes

Sklerodermie Arthritiden bei ca. 50%, Gelenkkapselfibrose stärker als Knorpeldestruktion

Psoriasis Arthritis bei ca. 30% (Arthritis psoriatica), häufig aymmetrischer Befall der distalen Inter-
phangealgelenke

Panarteriitis nodosa Arthritis bei ca. 50%

Dermatomyositis Arthritiden bei ca. 50%

M. Behςet Polyarthritiden

Sarkoidose Akute Arthritis bei ca. 30%, selten Epitheloidzellgranulome nachweisbar


302 Kapitel 9 · Rheumatologie

Reiter-Syndrom: Arthritiden kombiniert mit asep-


tischer Urethritis, Konjunktivitis und Hauterscheinun- . Tab. 9.4. Jones-Kriterien
gen (7 Kap. 9.1.2.2).
Hauptkriterien Nebenkriterien
Rheumatisches Fieber: Arthritis nach pharynge-
nach Jones nach Jones
alem Strepptokokkeninfekt (7 Kap. 9.1.3.2)
Karditis Fieber
Ätiopathogenese. Aseptische Zweiterkrankung. Nach
Polyarthritis Arthralgien
verschiedenen u.a. bakteriellen Infektionen kann es zu
reaktiven Arthritiden evtl. zusammen mit anderen Be- Chorea minor Positive Anamnese für
gleiterkrankungen kommen (Colitis ulcerosa, Morbus rheumatisches Fieber
Crohn, Morbus Wippel).
Erythema anulare Laborbefunde: BSG erhöht,
rheumaticum CRP erhöht, Leukozytose
Symtomatik. Typisch sind arthritische Zeichen wie Be-
wegungseinschränkungen, Schmerzen, Schwellungen Subkutane Knötchen Verlängerung der PQ-Zeit
und Gelenkerguss. im EKG

Diagnostik. Ergibt sich aus der Anamnese der Erster-


krankung und der typischen Klinik.
Diagnostik. Die Diagnose wird anhand der Jones-Kri-
Therapie. Die Ersterkrankung wird nach Möglichkeit terien gestellt (. Tab. 9.4).
kausal behoben, die Arthropathie symptomatisch the-
9 rapiert (NSAR, kühlen, entlasten, hochlagern). > S Subkutane Knötchen
P Pankarditis
9.1.3.2 Akutes rheumatisches Fieber A Arthritis
Definition. Infektallergische Reaktion gegen Strepto- C Chorea minor
kokkenantigene nach Infektion mit β-hämolysierenden E Erythema anulare
Streptokokken der Gruppe A.
Das rheumatische Fieber ist wahrscheinlich, wenn nach
Ätiopathogenese. Ursächlich ist eine Kreuzreaktivität, einer vorangegangen Streptokokkeninfektion 2 Haupt-
von Streptokokkenantigene und verschiedenen körper- kriterien oder 1 Hauptkriterium und 2 Nebenkriterien
eigenen Antigenen. Hierdurch wird sekundär eine Auto- erfüllt sind. Im Serum finden sich Antikörper gegen
immunreaktion induziert. Diese manifestiert sich als Streptokokken-Antigen. Die Rheumafaktoren sind ne-
rheumatische Karditis, akute Polyarthritis und/oder gativ, es besteht kein Zusammenhang mit HLA-B27.
Chorea minor zusammen mit Allgemeinsymptomen
und Hauterscheinungen. Therapie. Das rheumatische Fieber wird immer unter
Bettruhe antibiotisch behandelt. Mittel der Wahl ist
Symptomatik. 10–20 Tage nach einem Racheninfekt Penicillin, bei Penicillinallergie Cephalosporine oder
treten sekundär folgende Krankheitserscheinungen Erythromycin. Daneben Gabe von Salizylaten, NSAR
auf: und Glukokortikoiden, welche in der akuten Phase die
4 Allgemeinsymptome, wie Fieber, Kopfschmerzen, Entzündungsreaktion unterdrücken.
Schweißausbrüche, Nachtschweiß
4 Wandernde Polyarthritis (meist große Gelenke, > Durch Langzeitgabe von Penicillin werden die Strep-
von Gelenk zu Gelenk springender Befall) tokokkeninfektion und die davon ausgehende Rezi-
4 Karditis (Endokarditis, Myokarditis, Perikar- divgefahr bekämpft.
ditis)
4 Hauterscheinungen (subkutane Rheumaknoten, Prognose. Entscheidend ist die frühzeitige und konse-
stammbetontes Erythema anulare rheumaticum) quente Therapie. Der Verlauf der Endokarditis ist das
4 Chorea minor (unkontrollierte überschießende entscheidende prognostische Kriterium.
Dyskinesien, scheinbare Ungeschicklichkeit, selten)
4 Pleuritis (selten)
9.1 · Erkrankungen der Gelenke
303 9

In Kürze
Erkrankungen der Gelenke

Autoimmunologische Arthritiden

Chronische Polyarthritis 4 Symptomatik: symmetrischer Gelenkbefall, besonders der Finger-, Zehengrund-


und Mittelgelenke; Endgelenke meist nicht befallen. Gaenslen-Zeichen
4 Ätiologie: autoimmunologischer Prozess
4 Diagnostik: Klinik, Röntgen, Labor
4 Therapie: konservativ, z. T. operativ

Juvenile chronische 4 Symptomatik: Fieber, Augen und andere innere Organe sind befallen.
Arthritis 4 Ätiologie: autoimmunologischer Prozess
4 Diagnostik: Klinik
4 Therapie: NSAR, Basismedikamente, Glukokortikoide

Seronegative Spondylarthritiden (SPA)

Morbus Bechterew 4 Symptomatik: Wirbelsäulenversteifung


4 Ätiologie: entzündliche, seronegative rheumatische Erkrankung
4 Diagnostik: Röntgen, CT, MRT (ISG, Wirbeläsule). Labor: BSGn, Rheumaserologie
negativ
4 Therapie: NSAR, Basistherapeutika, Krankengymnastik

Reiter-Syndrom 4 Symptomatik: bevorzugt die untere Extremität; oft mit Erythema nodosum,
Diarrhoe, Urethritis, Augenentzündung
4 Ätiologie: Reaktive Arthritis oder HLA-B27-assoziierte seronegative Arthritis
4 Diagnostik: Keimnachweis, Serologie
4 Therapie: primär symptomatisch, bei schwerem Schub Kortikosteroide

Arthritis psoriatica 4 Symptomatik: asymmetrischer Befall (sog. Befall im Strahl), Haut- und Nagel-
veränderungen
4 Ätiologie: unbekannt
4 Diagnostik: typische Röntgenbefunde
4 Therapie: Krankengymnastik, NSAR, in schweren Fällen Basistherapeutika

Postinfektiöse Arthritiden

Begleitarthropathien 4 Symptomatik: Bewegungseinschränkungen, Schmerzen, Schwellungen, Gelenk-


erguss
4 Ätiologie: Aseptische Zweiterkrankung
4 Diagnostik: Anamnese, typische Klinik
4 Therapie: Ersterkrankung kausal, Arthropathie symptomatisch

Akutes rheumatisches 4 Symptomatik: meist größere Gelenke


Fieber 4 Ätiologie: (selten) jugendliches Alter
4 Diagnostik: ASL-Titern, RF-negativ
4 Therapie: Penicillin, Salizylate, NSAR und Glukokortikoiden
304 Kapitel 9 · Rheumatologie

9.2 Extraartikulärer Rheumatismus, > An sensitiven Stellen (tender points) sind durch Druck
Weichteilrheumatismus bilateral heftige Schmerzreaktionen auslösbar.

9.2.1 Fibromyalgie-Syndrom Daneben finden sich Schlafstörungen, Konzentrations-


schwäche, Migräne, Reizkolon, Leistungsabfall und Mü-
Synonym. Generalisierte Tendomyopathie. digkeit sowie funktionelle und vegetative Beschwerden.

Definition. Komplexes Schmerzsyndrom mit chro- Diagnostik. Ausführliche Anamnese, körperliche Un-
nischen multilokulären Schmerzen der Muskulatur, des tersuchung einschließlich der Überprüfung der tender
Bindegewebes und der Knochen. Kennzeichnend sind points. Um von Fibromyalgie sprechen zu können,
typisch lokalisierte schmerzhafte Druckpunkte und müssen mindestens 11 von 18 getesteten Punkten über
gleichzeitig bestehende psychische, neurologische, vege- 3 Monate schmerzhaft sein. Differenzialdiagnosen wie
tative und funktionelle Störungen ohne erkennbare entzündliche und degenerative Gelenkerkrankungen,
organische Ursache. Kollagenosen, Polymyalgia rheumatica (7 Kap. 9.3.3.1)
und neurologische Erkrankungen müssen ausgeschlos-
Ätiopathogenese. Unbekannt. sen werden.

Epidemiologie. Frauen erkranken 7mal häufiger als Therapie. Physikalische Therapie mit krankengymnas-
Männer. Häufig im mittleren Lebensalter (30.‒60. Le- tischen Entspannungsübungen, Lösung von Stresssitua-
bensjahr), ca. 3% der Bevölkerung sind betroffen. tionen und Akupunktur können helfen. Medikamentös
können ggf. Antidepressiva (Amitriptylin 10-50mg/d)
9 Symptomatik. Schmerzen im Bereich der oberen und
unteren Extremitäten, der Wirbelsäule und der vorde-
erfolgreich eingesetzt werden.

ren Thoraxwand. Prognose. Die Beschwerden nehmen im höheren Le-


bensalter häufig ab. Spontanremissionen sind möglich,
häufiger sind allerdings rezidivierende und chronisch
progrediente Verläufe. Die Lebenserwartung ist nicht
wesentlich beeinflusst, ungünstig ist aber die Prognose
der Erwerbsfähigkeit (häufige Frühberentungen).

9.3 Allergische Vaskulitiden

Definition. Immunreaktiv ausgelöste Gefäßentzündung


mit Schädigung betroffener Organe. Das Spektrum kli-
nischer Symptome hängt ab von Ausmaß und Lokalisa-
tion der betroffenen Gefäße und Organe.

Klassifikation der Vaskulitiden


4 Primäre Vaskulitiden
– Vaskulitis kleiner Gefäße
– ANCA (antineutrophiler zytoplasma-
tischer Antikörper)-assoziierte Vaskuliti-
den der kleinen Gefäße: Wegener-Granu-
lomatose, Churg-Strauss-Syndrom,
mikroskopische Panarteriitis
– Nicht-ANCA-assoziierte Vaskulitiden der
kleinen Gefäße: Schönlein-Henoch-Purpu-
ra, Vaskulitis bei essenzieller Kryoglobuli-
nämie, kutane leukozytoklastische Angiitis
6
. Abb. 9.4. Tender points
9.3 · Allergische Vaskulitiden
305 9

Diagnostik. Klinik, Biopsie. Labor: eosinophile Granulo-


– Vaskulitis mittelgroßer Gefäße zyten (im Blut und betroffenen Organen), Gesamt IgEn,
– Klassische Panarteriitis nodosa pANCA in 40%.
– Kawasaki-Syndrom
– Vaskulitis großer Gefäße Therapie. Wie bei Wegner-Granulomatose
– Riesenzell-(Temporal-)Arteriitis (7 Kap. 9.3.1.1).
– Takayasu-Arteriitis
4 Sekundäre Vaskulitiden, z. B. bei Prognose. 5-Jahres-Überlebensrate ca. 60%. Häufigste
– Rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Todesursachen: Herzinfarkt, Herzversagen.
und anderen Autoimmunerkrankungen
– Infektionserkrankungen (z. B. HIV-In- 9.3.1.3 Mikroskopische Panarteriitis (mPAN)
fektion) Synonym. Mikroskopische Polyarteriitis.
– Einnahme bestimmter Medikamente
Definition. Die mPAN muss kleine (mikroskopische)
Gefäße betreffen, kann aber auch größere Gefäße ein-
beziehen.
9.3.1 Vaskulitis kleiner Gefäße
Ätiopathogenese. Unbekannt. Es finden sich makros-
9.3.1.1 Wegner-Granulomatose kopisch sichtbare perlschnurartig angeordnete knöt-
Definition. Vaskulitis mit ulzerierenden Granulomen chenförmige Verdickungen der Gefäßwände.
im Bereich des Respirationstraktes und Nierenbeteili-
gung in 80% der Fälle. Symptomatik. Die Nierenbeteiligung (70%) bestimmt
wesentlich die Prognose. Entwicklung einer nephro-
Ätiopathogenese. Unbekannt. genen Hypertonie mit evtl. Kopfschmerzen und Ent-
wicklung einer Niereninsuffizienz. Eine Mikrohäma-
Symptomatik. Erstmanifestation häufig am Kopf mit turie und Proteinurie kann oft nachgewiesen werden.
Nasenbluten, Otitis media und »rotem Auge«. Später Auch eine pulmonale Vaskulitis (alveoläre Hämorrha-
generalisierte Systemerkrankung mit Multiorganbefall gie) und Hautveränderungen (subkutane Knötchen,
(Lunge, Herz, Nieren, Haut, Bewegungsapparat, palpable Purpura) finden sich als Beteiligung anderer
ZNS). Organsysteme.

Diagnostik. Im Labor findet sich oft eine BSG-Erhö- Diagnostik. Klinik, Biopsie/Histologie, Labor: pANCA.
hung, Erythrozyturie und Anstieg des Serumkreatinins
(Glomerulonephritis), evtl. Leukozytose, Thrombozy- Therapie. Wie bei Wegener-Granulomatose
tose, Anämie, Nachweis von c-ANCA (ANCA mit zyto- (7 Kap. 9.3.1.1).
plasmatischem Fluoreszenzmuster, meist mit Ziel-
antigen Proteinase 3). Wichtige Differentialdiagnose ist Prognose. Unter Therapie oftmals langfristige Remis-
das Churg-Strauss-Syndrom (7 Kap. 9.3.1.2). sion.

Therapie. Immunsuppressive Therapie mit Kortiko- 9.3.1.4 Schoenlein-Henoch-Purpura


steroiden und Immunsuppressiva. Ätiopathogenese. Vaskulitis der kleinen Gefäße, ge-
häuft bei Kinder nach Infektionen der oberen Luftwege.
Prognose. Prognose bei Multiorganbefall unbehandelt Immunreaktion vom Typ lll.
schlecht. Bei optimaler Therapie 5-Jahres-Überlebens-
rate bei ca. 85%. Symptomatik. Symptomatisch zeigen sich palpable
Purpura (kleinfleckige Kapillarblutungen), Bauch-
9.3.1.2 Churg-Strauss-Syndrom schmerzen, Arthralgien, Übelkeit, Erbrechen, möglicher-
Ätiopathogenese. Idiopathisch oder medikamentös in- weise eine Glomerulonephritis und gastrointestinale
duziert (z. B. Montelukast). Blutungen. Die Erkrankung verschwindet spontan.
Chronische Verläufe sind selten, Rezidive treten auf.
Symptomatik. Meist Lungenbefall mit Symptomen
des allergischen Asthmas, evtl. auch allergische Rhi- Diagnostik. Anamnese, Klinik, Biopsie. Im Labor: Leu-
nitis. kozytose, Eosinophilie.
306 Kapitel 9 · Rheumatologie

Therapie. Therapiert wird, wenn notwendig, mit Korti- Diagnostik. Zur Diagnosestellung der Erkrankung ist
kosteroiden. das Vorliegen von 5 der 6 Hauptsymptome oder von
4 Hauptsymptomen und gleichzeitigem Nachweis von
Prognose. Relativ gut, in einigen Fällen kann es nach Aneurysmen der Herzkranzgefäße erforderlich. Labor:
Jahren zur chronischen Niereninsuffizienz kommen. BSG erhöht, CRP erhöht, Leukozyten und Thrombo-
zyten erhöht.

9.3.2 Vaskulitis mittelgroßer Gefäße Therapie. Hochdosierte Gabe von Immunglobulinen


und ASS.
9.3.2.1 Klassische Panarteriitis nodosa (cPAN)
Definition. Vaskulitis (nekrotisierende Entzündungen) ! Cave
mittelgroßer Gefäße ohne Befall der kleinen Gefäße Keine Glukokortikoide, da diese das Krankheitsbild
und ohne Glomerulonephritis. Makroskopisch perl- verschlechtern.
schnurartige Anordnung entzündlicher Knötchen.
Prognose. Letalität ca. 1%, häufigste Todesursache ist
Ätiopathogenese. Hepatis-B-Infektion und unbekann- der Herzinfarkt.
te Ursachen. Befallen werden vor allem die Waden- und
Unterarmmuskeln sowie innere Organe. Durch die
Entzündung mit neutrophiler Infiltration aller Wand- 9.3.3 Vaskulitis großer Gefäße
schichten kommt es zur Einengung der Gefäßlumina
mit Thrombosierungen der Endstrombahn in den be- 9.3.3.1 Polymyalgia rheumatica, Arteriitis
temporalis
9 troffenen Organen.

Symptomatik. Typisch sind unspezifische Symp- Definition. Unterschiedliche Krankheitsbilder mit ähn-
tome wie Nachtschweiß, Fieber, Muskel- und Ge- licher Symptomatik:
lenkschmerzen wie auch Gewichtsverlust. Weitere Be- Polymyalgia rheumatica: Systemische Riesenzell-
schwerden sind abhängig vom Befall der inneren arteritis der mittelgroßen und großen Arterien.
Organe. Arteritis temporalis (Arteritis temporalis Horten):
Riesenzellarteritis zusätzlich oder hauptsächlich der
Diagnostik. BSG-Anstieg, Granulozytose, Leukozytose, Temporalarterien.
Eosinophilie, positives HBs-Ag, ANCA-negativ, Kom-
plementverbrauch. Ätiopathogenese. Unbekannt.

Therapie. Je nach Schwere der Erkrankung wird Symptomatik. Die Polymyalgia rheumatica tritt akut
mit Kortikosteroiden und Cyclophosphamid be- auf. Typisch sind starke Schmerzen der Schultermusku-
handelt. latur, etwas seltener der Muskulatur des Beckengürtels,
Schwäche, Gewichtsverlust, Atrophie, Paresen, Ober-
Prognose. Ohne Therapie schlecht, mit Behandlung armdruckschmerz und Morgensteifigkeit.
liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei ca. 90%. Leitsymptom der Arteritis temporalis ist der
Kopfschmerz (Schläfenkopfschmerz), daneben Claudi-
9.3.2.2 Kawasaki-Syndrom catio intermittens der Kau- (Masseterschmerz) und
Ätiopathogenese. Unbekannt. Häufigstes Vorkommen Zungenmuskulatur und schlechtes Allgemeinbefin-
bei Kleinkindern, 80% der Patienten sind ≤5 Jahre. den. Die Patienten sind typischerweise über 60 Jahre
alt. Die A. temporalis ist verhärtet, druckempfind-
Symptomatik. 6 Hauptsymptome: lich, pulsschwach oder pulslos, geschlängelt und ge-
4 Septische Temperaturen, die nicht auf Antibiotika schwollen. Weitere vaskuläre Komplikationen können
ansprechen Augenschmerzen, Sehstörungen, Amaurosis fugax
4 Meist doppelseitige Konjunktivitis sein.
4 Stomatitis mit Rötung der Rachenhinterwand +
Erdbeerzunge ähnlich wie bei Scharlach ! Cave
4 Palmarerythem, meist auch der Fußsohlen Bei einer Beteiligung der Arteria centralis retinae
4 Exantheme droht die Erblindung durch einen entzündlichen
4 Schwellung der Halslymphknoten in 50% Verschluss!
9.4 · Kollagenosen
307 9

Gemeinsame Symptome und Befunde beider Erkran- 9.4.1 Myositis


kungen sind:
4 BSG stark erhöht (>50/1 h), CRP erhöht, Fieber 9.4.1.1 Polymyositis
möglich Definition. Zur Gruppe der Kollagenosen gehörende
4 Abgeschlagenheit, Krankheitsgefühl, Gewichtsab- chronisch systemische, entzündliche Muskelerkran-
nahme kung unbekannter Ätiologie. Die Skelettmuskulatur ist
4 Depressionen lymphozytär infiltriert.

Diagnostik. Diagnostisch wegweisend sind das kli- Symptomatik. Proximal lokalisierte Muskelschwäche
nische Bild, eine augenärztliche Untersuchung und der und muskelkaterartige Myalgien im Bereich des Be-
histologische Nachweis der Riesenzellarteriitis (Biopsie ckens und des Schultergürtels.
der A. temporalis).
Diagnostik. Die Klinik ist diagnostisch wegweisend. Im
> Vor der Biopsie der A. temporalis muss ein Verschluss EMG (Elektromyogramm) kann eine Muskelschwäche
der A. carotis interna mit Kollateralkreislauf über nachgewiesen werden. Das Labor zeigt erhöhte Muskel-
die A. carotis externa/A. temporalis ausgeschlossen enzyme im Serum (CK, GOT, LDH), die unspezifischen
werden! Entzündungszeichen (BSG, CRP, Leukozyten) sind
ebenfalls erhöht. In der Muskelbiopsie wird eine lym-
Differenzialdiagnostisch sind die cP (Gelenkbeteiligung, phozytäre Entzündungsreaktion sichtbar.
Befallsmuster), Poly-/Dermatomyositis (CK erhöht)
und Kopfschmerzen anderer Genese zu erwägen. Therapie. Im akuten Stadium Bettruhe und hochdo-
sierte Glukokortikoidgabe (40–100 mg Prednison/
Therapie. Hoch dosierte Kortisongaben (40–60 mg Tag), die erst bei Besserung (klinisch, serumchemisch,
Prednison/d). Bei Sehstörungen durch die Arteriitis cen- EMG) langsam unter die Cushing-Schwelle (30 mg
tralis retinae ist eine hochdosierte intravenöse Kortiko- Kortisol/Tag) reduziert wird. Reicht die Glukokortiko-
steroidtherapie unter stationären Bedingungen erforder- idgabe nicht aus, können Immunsuppressiva (Azathi-
lich, um eine Erblindung abzuwenden. Nach klinischer oprin, Ciclosporin A) eingesetzt werden.
Besserung wird stufenweise auf eine Erhaltungsdosis re-
duziert und diese für mindestens 2 Jahre weiter gegeben. 9.4.1.2 Dermatomyositis
Definition. Polymyositis mit Hautbeteiligung.
Prognose. Bei konsequenter Behandlung ist die Prog-
nose günstig. Symptomatik. Die Hautbeteiligung kennzeichnet sich
durch ein lilarötliches Erythem im Gesicht, ein peri-
> Ohne Behandlung erblinden 30% der Patienten, Rezi- orbitales Ödem der Augenlider und eine schuppende
dive sind häufig. ekzematöse Dermatitis.

Takayasu -Syndrom
Wie bei Polymyalgia rheumatica Riesenzellarteriitis, die 9.4.2 Sjögren-Syndrom
jedoch die großen Abgangsarterien des Aortenbogens
befällt und zu deren Verschluss führt. Das Labor zeigt eine Synonym. Sicca-Syndrom.
stark erhöhte BSG, leichte Anämie und Leukozytose. Leit-
symptom ist die Pulslosigkeit der Arme. Die Therapie ähnelt Definition. Chronische Autoimmunerkrankung mit
der Behandlung der Arteriitis temporalis. Sollten Kortiko- Verminderung der exokrinen Drüsenleistung der Trä-
steroide nicht wirken, wird zusätzlich Cyclophosphamid nen- und Speicheldrüsen.
eingesetzt.
Ätiopathogenese. Unterschieden werden:
4 Primäres Sicca-Syndrom: Ätiologie nicht bekannt.
9.4 Kollagenosen 4 Sekundäres Sicca-Syndrom: Gehäuft bei cP, Kolla-
genosen, Hepatitis C, primärer biliärer Zirrhose.
Definition. Autoimmunerkrankungen des Bindegewe-
bes mit Manifestation am Bewegungsapparat (systemi- Symptomatik. Xerophthalmie (Austrocknung der
scher Lupus erythematodes, progressive systemische Augen), Xerostomie (Austrocknung des Mundes) so-
Sklerodermie, 7 Dermatologie). wie Austrocknung weiterer Schleimhäute.
308 Kapitel 9 · Rheumatologie

Diagnostik. Schirmer-Test (verminderte Durchfeuch- Therapie. Bei der sekundären Form ist die Behandlung
tung eines in den Konjunktivalsack gelegten Papierstrei- der Grundkrankheit indiziert. Die symptomatischen
fens). Die verminderte Speicheldrüsenfunktion kann Maßnahmen bestehen in lokaler Applikation von
semiquantitativ durch die Szintigraphie erfasst werden. künstlichem Speichel und Tränenersatzflüssigkeit.
BSG-Erhöhung, exzessive γ-Globulinerhöhung.

In Kürze
Extraartikulärer Rheumatismus, Weichteilrheumatismus, allergische Vaskulitiden, Kollagenosen

Extraartikulärer Rheumatismus, Weichteilrheumatismus


Fibromyalgie-Syndrom 4 Symptomatik: starke Schmerzraktionen an tender points
4 Ätiologie: unbekannt
4 Diagnostik: Ausschlussdiagnose, BSGnn (Sturzsenkung), CRPn
4 Therapie: physikalische Therapie

Allergische Vaskulitiden
Wegner-Granulomatose 4 Symptomatik: Nasenbluten, Otitis media, »rotes Auge«, später Multiorganbefall
4 Ätiologie: unbekannt
4 Diagnostik: BSGn, Erythrozyturie, Serumkreatininn, Anämie, c-ANCA-Anstieg
9 4 Therapie: Kortikosteroide, Immunsuppressiva

Churg-Strauss-Syndrom 4 Symptomatik: allergisches Asthma, allergische Rhinitis


4 Ätiologie: idiopathisch oder medikamentös induziert
4 Diagnostik: Gesamt IgEn, pANCA
4 Therapie: Kortikosteroide, Immunsuppressiva

Mikroskopische 4 Symptomatik: nephrogene Hypertonie, evtl. Kopfschmerzen und Niereninsuffi-


Panarteritis (mPAN) zienz, Mikrohämaturie, Proteinurie, alveoläre Hämorrhagie, subkutane Knötchen,
palpable Purpura
4 Ätiologie: unbekannt
4 Diagnostik: Klinik, Biopsie/Histologie, pANAC
4 Therapie: Kortikosteroide, Immunsuppressiva

Schönlein-Henoch- 4 Symptomatik: palpable Purpura, Bauchschmerzen, Arthralgien, Übelkeit, Erbrechen


Purpura 4 Ätiologie: Vaskulitis der kleinen Gefäße
4 Diagnostik: Anamnese, Klinik, Biospie, Leukozytose, Eosinophilie.
4 Therapie: Kortikosteroide

Klassische Panarteriitis 4 Symptomatik: Nichterosive Oligoarthritis, Trias: HNO-, Lungen-, Nierenbefall


nodosa (PAN) 4 Ätiologie: Unbekannt und nach Hepatitis-B-Infektion
4 Diagnostik: cANCA-positiv
4 Therapie: Immunsuppressive Therapie

Kawasaki-Syndrom 4 Symptomatik: Septische Temperaturen, Konjunktivits, Rötung der Rachenhinter-


wand, Palmarerythem, Schwellung der Halslymphknoten
4 Ätilogie: unbekannt
4 Diagnostik: BSGn, CRPn, Leukozytenn, Thrombozytenn
6 4 Therapie: hochdosiert Immunglobuline, ASS
9.4 · Kollagenosen
309 9

Polymyalgia rheumatica 4 Symptomatik: ausgeprägte Myalgien an Schultern/Hüften


4 Ätiologie: systemische Vaskulitis des höheren Alters
4 Diagnostik: BSG >50 mm
4 Therapie: Hoch dosierte Kortisongaben

Arteritis temporalis 4 Symptomatik: A. temporalis druckempfindlich, pulslos, geschlängelt und ge-


schwollen
4 Ätiologie: granulomatöse Riesenzellarteiitis der Aa. temporales und/oder
Aa. centrales retinae
4 Diagnostik: Klinik
4 Therapie: hochdosierte Kortisongaben

Kollagenosen
Polymyositis/ 4 Symptomatik: systemische Muskelentzündung, proximale Myalgie, Muskel-
Dermatomyositis schwäche. Hautbeteiligung (lilarötliches Gesichtserythem, periorbitales Ödem,
(+ Hautbeteiligung) ekzematoide Dermatitis)
4 Ätiologie: unklar, wichtigste primäre Muskelerkrankung
4 Diagnostik: CK, GPT, GOT und LDHn, lymphozytäre Infiltration des Muskels
4 Therapie: Glukokortikoiden, Immunsuppressiva

Sjögren-Syndrom 4 Symptomatik: Xerophthalmie, Xerostomie


(Sicca-Syndrom) 4 Ätiologie: primär: unbekannt; sekundär: nach cP, anderen Kollagenosen,
Hepatitis C, primärer biliärer Zirrhose
4 Diagnostik: BSGn, exzessive γ-Globulinerhöhung, Autoantikörpererhöhung
4 Therapie: nach Möglichkeit kausal. Sonst Applikation von künstlichem Speichel
und Tränenersatzflüssigkeit
311

Farbabbildungen zu Kapitel 1: Kardiologie

. Abb. 1.4. Transthorakale Echo-


kardiographie eines Herzgesunden.
Oben: links: parasternaler Längs-
achsenschnitt; rechts: parasternaler
Querachsenschnitt in Höhe der
Papillarmuskeln. Unten: links: api-
kaler 4-Kammerblick; rechts: apika-
ler 4-Kammerblick mit Farbdoppler
(rot: Blutfluss zum Schallkopf hin,
blau: Blutfluss vom Schallkopf
weg). LV/RV linker/rechter Ventrikel,
LA/RA linker/rechter Vorhof, IVS in-
terventrikuläres System, IAS inter-
atriales Septum, PW Posterolateral-
wand, AO Aorta, AK Aortenklappe,
MK Mitralklappe, PM = Papillarmus-
kel. (Aus Piper 2007)

a b c
. Abb. 1.10a–c. Echokardiographie eines 58-jährigen Patien- c FD-Doppler mit breitem transaortalem Rückstromsignal
ten mit schwerer Aorteninsuffizienz auf der Basis eines nicht- in den linken Ventrikel (AO Aorta, LV linker Ventrikel, LA linker
disseziierten Aortenaneurysmas. a Parasternaler Längsschnitt Vorhof, AML vorderes Mitralsegel, PML rechtsventrikulärer
mit Ektasie der Aorta ascendens (79 mm) und dilatiertem lin- Ausflusstrakt, RCC rechtskoronare Semilunarklappe, ACC akoro-
ken Ventrikel. b Parasternaler Querschnitt in Höhe der Aorten- nare Semilunarklappe, LCC linkskoronare Semilunarklappe).
klappe mit großer enddiastolischer Regurgitationsfläche, (Aus Piper 2007)
312

Farbabbildungen zu Kapitel 4: Gastroenterologie

. Abb. 4.4. Endoskopisches Bild eines Morbus Crohn mit . Abb. 4.5. Endoskopisches Bild einer Colitis ulcerosa
lymphofollikulärer Hyperplasie (Pflastersteinrelief ) (moderate Form) mit Verlust der Haustrierung des Kolons

Farbabbildungen zu Kapitel 5: Hepatologie, Gallenwege, Pankreas

. Abb. 5.2. Leberzirrhose. Laparoskopisches Bild (aus Kuntz, . Abb. 5.4. Bilirubin-(Pigment-)Steine (aus Kuntz, Hepato-
Hepatology, Springer 2006) logy, Springer 2006)

. Abb. 5.6a–c. Klassifizierung der Hepatikusgabelkarzinome,


sog. Klatskin-Tumore, nach Bismuth. a Ausdehung Ductus
hepaticus. b Befall Ductus hepaticus und ein Seitenast. c Befall
a b c Ductus hepaticus und beide Seitenäste
313

Farbabbildungen zu Kapitel 6: Farbabbildungen zu Kapitel 7:


Nephrologie Hämatologie, Hämostaseologie
und internistische Onkologie

. Abb. 6.5. Nierentransplantation in die Fossa iliaca links

. Abb. 7.5. a Sternberg-Reed-Riesenzelle, b Hodgkin-Zelle

. Abb. 7.3. Auer-Stäbchen in Myeloblasten, die mittels . Abb. 7.6. Zerquetschte Zellkerne als Gumprecht-Kern-
Peroxidasereaktion angefärbt sind schatten im peripheren Blutausstrich
314

Farbabbildungen zu Kapitel 8: Endokrinologie, Stoffwechsel

. Abb. 8.8. Necrobiosis lipoidica diabetica

Farbabbildungen zu Kapitel 9: Rheumatologie

. Abb. 9.2. Ausgeprägte Deformierung der Hand- und


Fingergelenke bei chronischer Polyarthritis
315 A

Sachverzeichnis
Anämie 3, 200–212 α1-Antitrypsin 128
A – bei akuter Blutung 209 α1-Antitrypsinmangel 293
– alimentäre 202–205 Anurie 185
Abdomen, akutes 131, 170 – aplastische 208, 217 Aortenklappeninsuffizienz 40
Abt-Letterer-Siwe-Krankheit 221 – autoimmunhämolytische 206 Aortenklappenstenose 41, 42
ACTH-Stimulationstest 253, 254 – bei chronischer Erkrankung 209 Aortenisthmusstenose 11
Addison-Krise 254 – chronisch-refraktäre 210 APECED 274
Additionsazidose 197 – Definition 201 Apolipoprotein, familiär
Adenokarzinom 105 – Diagnostik 201, 202 defektes 284
Aderlass 155 – erworbene 210 Apolipoprotein-E-Variante 284
Adhäsionsatelektase 90 – hämolytische 205–208 Appendizitis 130, 131
ADH-Sekretion – – extrakorpuskuläre 206 APUD-Zellen 129
– fehlende 246 – – korpuskuläre 207 Arcus lipoides corneae 284, 285
– inadäquate 247 – hereditäre 210 ARDS 93
Adipositas 286–288 – hyperplastische 210 ARDS 98
– Einteilung 286 – hypoplastische 210 Arteriitis temporalis 63, 306, 307
– sekundäre 286 – immunhämolytische 206 Arteriosklerose
Adrenalektomie 256 – bei Knochenmarkaplasie 208 – Differenzialdiagnose 65
adrenogenitales Syndrom 252, 253 – bei Knochenmarkinfiltration 208, – Risiko 284, 285
Adrenoleukodystrophie 254 209 Arthritis
Advanced Life Support 53 – makrozytär-hyperchrome 201 – autoimmunologische 297,
Agranulozytose 221 – mikrozytär-hypochrome 201 298
– akute 221 – normozytäre 201 – chronische 298, 299
– subakute 221 – perniziöse 274 – juvenile 298, 299
Akromegalie 243, 245 – renale 208 – postinfektiöse 7, 302
Akrozyanose 67 – sideroblastische 210 – psoriatica 301
Aktiviertes-Protein-C-Resistenz 233 – Therapie 202 – reaktive 300
Akute-Phase-Proteine 238 Anasarka 3 – rheumatoide 297
AL-Amyloid 228 Anastomosenulkus 120 Asbestose 90
51Cr-Albumin-Test 128 Aneurysma Aspergillose 32, 98, 102
Albuminurie 278 – dissecans 40 Aspirationspneumonie 99
Aldosteron/Kortison-Quotient 251 – verum 40 Asthenurie 246
Alkalose Angina Asthma
– metabolische 198 – abdominalis 60, 131 – Analgetika 83
– respiratorische 198 – pectoris – Anstrengung 83
Alkoholabusus 155, 157, 169, 171 – – instabile 17, 18 – bronchiale 83–87
Allupurinol 290 – – stabile 17 – – chronisches 87
Alopezie 274 – – vasospastische 14, 15 – – Therapie 86, 87
Alveolarzellenkarzinom 105 – nocturna 14 – allergisches 83
Amenorrhö 249, 253, 277 Angioplastie, perkutane 58, 61 – Extrinsic 83, 85
Amyloid 228 Anorektalfistel 137 – Intrinsic 83, 85
Amyloidose 254 Anstrengungsasthma 83 – Sulfit 83
Analfissur 137, 138 Antidiabetika 279 Asthmaanfall 85
Analgetika-Asthma 83 Antiglobulin-Test 206 Aszites 159
Analgetikanephropathie 180 Antihypertensiva 10 Atelektase 82, 89, 90
Analkanalkarzinom 142 Antikörper, antinukleäre 298 Atemnot, akute 86
Analkarzinom 142 Antikörpermangelsyndrom, 13C-Atemtest 119

Analprolaps 138 sekundäres 228 Atemwegswiderstand 82


Analrandkarzinom 142 Antithrombin-III-Mangel 234 Atherektomie 8
316 Sachverzeichnis

Atherosklerose 58–62 – kleinzelliges 105 Chymotrypsin 126, 171


– Ätiopathogenese 58 – nichtkleinzelliges 106 Cimino-Fistel 188
– Lokalisation 59 – Therapie 106 Claudicatio 60
– Risikofaktoren 58 – TNM-Klassifikation 105 Coeruloplasmin 238
– Symptomatik 58 Bronchiektasie 87, 88 Colitis ulcerosa 133–135, 147
– Therapie 58, 59 Bronchiolitis 191 Colon irritable 135, 136
Atrophie blanche 74 – akute 94 Coma diabeticum 280, 281
Auer-Stäbchen 218 – obliterans 94 Conn-Syndrom 251
Auskultation 3 Bronchitis 91–94 Coombs-Test 206
Autoimmunadrenalitis 254 – akute 91 COPD 92
Autoimmungastritis, – chronisch obstruktive 92 Cor pulmonale 88, 94
atrophische 204 – chronische 92 – akutes 38
Autoimmunhepatitis 152 Bronchodilatationstest 85 – chronisches 39
AV-Block 47 Bronchopneumonie 91, 93 Corona phlebectatica
AV-Knoten-Reentry-Tachykardie 50, 52 Bronchoskopie 89 paraplantaris 74
Azetaldehyd 155 C-reaktives Protein 238
Azidose Crescendo-Angina 17
– metabolische 186, 197 Crohns Disease Activity Index 134
– respiratorische 197, 198
C Cullen-Zeichen 170
CUP-Syndrom 234
Calcitriolmangel 269 Cushing-Syndrom 249–11
Candia albicans 115 – ACTH-abhängiges 249
B Candida-Pneumonie 95, 98 – ACTH-unabhängiges 249
Captopril-Test 61 – adrenales 249
Bakteriurie 178 Caput medusae 148, 159 – primärer 249
Bambusstabform 299, 300 Carbohydrate-Deficient- – zentraler 243
Barrett-Syndrom 115 Transferrin 155 C-Zell-Karzinom 265
Basic Life Support 53 CD20-Antigen 225
BCR-ABL-Fusionsgen 213 cerebral salt wasting syndrome 247
Beckenkammpunktion 201 C-Faktor-Klassifikation 236
Begleitarthropathie 301, 302 Chagas-Krankheit 32
D
Beinvenenthrombose, tiefe 69 Cheilosis 202
Belastungs-EKG 15 Child-Pugh-Kriterien 158 Dakryozyten 214
Besenreiservarize 69 Cholangiographie, endoskopisch- Darmdivertikel 137
Bilirubin 148, 166, 172, 174 retrograde 167 Darmerkrankungen 125–141
binge eating 286 Cholangiokarzinom 168 – chronisch-entzündliche 133–135
Birbeck-Granula 221 Cholangitis, primär Darmfistel 134
Bisgaard-Zeichen 68, 71 sklerosierende 157 Darmpolyp 138, 139
Blasenexzess 211 Choledocholithiasis 166 D-Dimer-Test 109
Blizzard-Syndrom 274 Choledochusstein 168 Dehydratation
Blockierung, intraventrikuläre 48 Choledochuszyste 168 – hypertone 194, 246, 247
blue bloater 194 Cholelithiasis 166, 167 – hypotone 193
Blutausstrich 200 Cholestase 158 – isotone 193
Blutdruck 9 – intrahepatische 156 Dermatomyositis 307
Bluterbrechen 7 Hämatemesis Cholesterinsenkung 286 Dexamethason-Kurztest 249
Blutgasanalyse 82 Cholezystitis 167 Diabetes insipidus 246, 247
Blutungsanämie 209 Cholezystolithiasis 166 – renaler 246, 247
Blutungszeit 231 Cholinesterase 148 – zentraler 246, 247
Boerhaave-Syndrom 116, 117 Chorea minor 302 Diabetes mellitus 172, 275–280
Borrellien-Myokarditis 31 chronisch venöse Insuffizienz 70, 73 – Diät 279
Bradykardie 45, 46 Churg-Strauss-Syndrom 305 – Klassifikation 277
Bronchialkarzinoid 107 Chvostek-Zeichen 270 – Typ 1 274, 275, 277
Bronchialkarzinom 105, 106 Chylomikronämie, familiäre 285 – Typ 2 275, 277
Sachverzeichnis
317 A–G

diabetischer Fuß 65, 278 Ekchymose 231 Fibrose, zystische 88, 89


diabetisches Koma 280, 281 EKG 7 Elektrokardiographie Fieber, rheumatisches 35, 40, 302
Dialyse 186 Elastase-1 126 Filtrationsrate, glomeruläre 176
Diarrhö 125, 127 Elektrokardiographie 4, 5 Flatulenz 125
Diathese – intrakardiale 8 Flüssigkeitsbilanz 193
– hämorrhagische 231 Elektrolythaushalt 192, 193 Flüssigkeitshaushalt 192, 193
– thrombophile 233, 234 Elliptozyten 207, 208 – Störungen 193, 194
Dickdarmdivertikel 137 Embolektomie 62 FMTC-only 273
Dickdarmpolyp 138, 139 Embolie Foetor ex ore 114, 116
Differenzialblutbild 200 – arterielle 62 Folsäuremangelanämie 204, 205
Diphtherie 31 – periphere arterielle 65 Fremdkörperaspiration 90
disseminierte intravasale Embryopathia diabetica 278 Friedewald-Formel 285
Gerinnung 232 Endocarditis Frostbeule 67
Diurese, osmotische 186 – fibroplastica Löffler 220 Fundusvarize 114
Divertikulitis 134, 137 – lenta 34 Fundusvarizenblutung 159
Doss-Porphyrie 290 Endokarditis 33–35 Fuß, diabetischer 65, 278
Douglasschmerz 131 – bakterielle 40
Druck – infektiöse 33, 34
– kolloidosmotischer 192 – rheumatische 35, 40, 43
– onkotischer 192 Endomysium-Antikörper 128
G
Duodenopankreatektomie 172 Enteritis, Rotaviren 127
Durchfall 7 Diarrhö Enterokolitis 127 Gaenslen-Zeichen 297
Durchfallerkrankungen 127 Enteroklysma 126 Galaktorrhö 244
Durchzugsmanometrie 114 Enthesopathie 302 Gallenblasenkarzinom 168
Dysbetalipoproteinämie, Enzyme, kardiale 7 Gallenblasenpolyp 168
familiäre 285 Eosinophilie 220 Gallengangskarzinom,
Dyslipoproteinämie 58, 284 Epistaxis 231 intrahepatisches 164
Dyspepsie, nichtulzeröse 122 Epithelkörperchen 269 Gallengangsverschluss 166
Dysphagie 114 Erbrechen 114, 119 Gallenkolik 166
Dysplasie, arrhythmogene, ERD 115 Gallenwegserkrankungen 166–168
rechtsventrikuläre 29, 30 Erdbeerzunge 306 Gastrinom 172
Dysurie 176, 178 Erfrierung 67 Gastritis 121, 122
Ergotismus 67 – akute 121
Erthrozytopenie 200 – chronische 121
Eruktation 119 – erosive akute 121
E Erythrozytenmembrandefekte 207 Gastrokopie 119
Erythrozytose, sekundär 215 Gehtest 58
Echinococcus Exophthalmus 262, 263 Gerinnung, disseminierte
– cystis 161, 162 Exsikkose 277 intravasale 232
– multilocularis 161, 162 Gestationsdiabetes 278
Echinokokkose 161 Giardia lamblia 127
Echokardiographie 4, 16, 25, 40, 41 Gicht 288–290
– transösophageale 34
F – akute 49
Ehlers-Danlos-Syndrom 271 – chronische 289
Einflussstauung, obere 3 Fassthorax 89 – primäre 289
Einsekundenkapazität 82 Faustschlussprobe 58 – sekundäre 289
Eisenindex, hepatischer 154 Favismus 208 Gichtanfall 288
Eisenmangelanämie 201, 202 Felty-Syndrom 297, 298 Globalinsuffizienz 24
Eisenmobilisationsstörung 209 Ferritin 202 Globusgefühl 114
Eisensubstitution Fettleber 155, 156 Glomerulonephritis 181–185
– orale 202 Fettleberhepatitis 155 – chronisch progrediente 183
– parenterale 202, 204 Fettsucht 7 Adipositas – rapid progressive 183
Eiweißverlustsyndrom, enterales 128 Fibromyalgie 304 Glomerulosklerose 278
318 Sachverzeichnis

Glukagonom 172 Harnwegsinfektionen 178–184 Herztod, plötzlicher 28, 53, 54


Glukose-6-Phosphat- Hashimoto-Thyreoiditis 264, 274 Hiatus leucaemicus 201, 218
Dehydrogenase 207 Helicobacter pylori 119, 120 Hirsutismus 245, 249, 253, 254
Glukosetoleranz, pathologische 58, Helicobacter-pylori-Test 119, 121 – idiopathischer 253, 254
172 Hemiblock 48 – sekundärer 253, 254
Glukosurie 176 Hepatikusgabelkarzinom 169 Histaminprovokationstest 86
Glutamatdehydrogenase 148 Hepatitis Hodgkin-Krankheit 221, 224
Glutamat-Oxalazetat-Transferase 148 – A 149, 151 Hodgkin-Zellen 223
Glutamat-Pyruvat-Transaminase 148 – B 151, 164 Homans-Zeichen 68, 71
γ-Glutamyltransferase 148 – C 151, 152, 164 Homovanillinmandelsäure 256
Glutenenteropathie 128 – chronische 152, 153 hook effect 244
Gorlin-Syndrom 274 – D 152 Horton-Syndrom 63
Granulom – E 152 Hunter-Glossitis 204
– eosinophiles 221 – fulminante 156 Hydro-Magnetresonanztomo-
– gastrointestinales 134 – Übersicht 150 graphie 126, 134
Granulozytopenie 200, 238 – Übertragung 149 3β-Hydroxylase-Defekt 253
Guajak-Test 126 – Verlaufsformen 149 11β-Hydroxylase-Defekt 253
Guthrie-Test 293 – virusbedingte 149–152 17α-Hydroxylase-Defekt 253
Gynäkomastie 148 Hepatoblastom 164 21-Hyroxylase-Defekt 252, 253
hepatopulmonales Syndrom 159 Hyperaldosteronismus
hepatorenales Syndrom 159 – hyporeninämischer 278
Hepatosplenomegalie 227 – primärer 251, 252
H hepatozelluläres Karzinom 164 Hypercholesterinämie, primäre 284
Herzbeschwerden, funktionelle 16 Hyperfibrinogenämie 15, 58
H2-Atemtest 126 Herzinfarktrisiko 284, 285 Hyperglykämie 275, 280
Haarzellen 227 Herzinsuffizienz 24–26 Hyperhidrose 245
Haarzellenleukämie 227 – Ätiopathogenese 24 Hyperhomozysteinämie 15
Hämarthros 231 – chronische 24 Hyperhydratation 194
Hämatemesis 114, 119, 121 – Diagnostik 25 Hyperkaliämie 196
Hämatochezie 125 – Kompensationsmechanismen 24 Hyperkalzämie 269, 270
Hämaturie 176, 185, 231 – Stadieneinteilung 25 – familiäre hypokalziurische 270
Hämbiosynthese 290 – Symptomatik 24 Hyperkalzämiesyndrom 228, 239
Hamman-Rich-Syndrom 89 – Therapie 26 hyperkalzämische Krise 269, 270
Hämochromatose 154, 291 Herzkatheteruntersuchung 8 Hyperkortisolismus 271
Hämodialyse, chronische 188 Herzklappenfehler 40–45 Hyperlipidämie 58, 184, 284
Hämofiltration 188 Herzkrankheit Hyperlipoproteinämie 284
Hämoglobinurie, paroxysmale – hypertensive 12 Hypernatriämie 195
nächtliche 217 – koronare 14–23 Hyperosmolarität 280
Hämolyse – – asymptomatische 14 Hyperparathyreoidismus 269, 270
– mechanische 206 – – Ätiopathogenese 14 Hyperphosphatämie 269, 270
– toxische 206 – – Diagnostik 15, 16 Hyperprolaktinämie 244
Hämophilie 231 – – latente 14, 15 Hypersalivation 114
– A 231 – – Risikofaktoren 15 Hypersensitivitätsangiitis 64
– B 231 – – Symptomatik 15 Hypersplenismus 210
Hämoptoe 231 – – symptomatische 14 Hypertension, portale 157–160
Hämoptyse 109, 231 – – Therapie 17 hypertensive Herzkrankheit 12
Hämostasestörungen 231–234 Herz-Kreislauf-Stillstand 53 hypertensive Krise 9, 12, 13
Hand-Schüller-Christian- Herzrhythmusstörungen hypertensive Nierenkrankheit 12
Krankheit 221 – bradykarde 45–49 hypertensiver Notfall 12, 13
Haptoglobin 206, 238 – supraventrikuläre 50, 51 Hyperthyreoisis factitia 262
Harnröhrenausfluss 179 – tachykarde 50–54 Hyperthyreose 262, 263, 271
Harnsäurespiegel 288 Herzschrittmacher 46, 47 Hypertonie
Harnstoff 177 – Indikationen 46, 48 – arterielle 9–11, 58
Sachverzeichnis
319 G–L

– belastungsabhängige 9 Insulinom 172, 282 Kipptischuntersuchung 4


– endokrine 11 Insulinpumpentherapie 280 Klitorishypertrophie 253
– essenzielle 11 Insulintherapie 279, 280 Knochenmarkaplasie 208
– labile 9 – intensiviert konventionelle 280 Knochenmarkbiopsie 214, 227
– primäre 11 Insulintherapie, konventionelle 279 Knochenmarkinfiltration 208, 209
– renale 11 Inzidentalom 243, 251 Knochenmarkspunktion 201
– sekundäre 11 Iridozyklitis 302 Knochenmarkuntersuchung 213
– stabile 9 Ischämie, mesenteriale 131 Koagulopathie 231
– Stadieneinteilung 9 Kohlenhydratstoffwechsel-
– Symptomatik 9 störungen 275–43
– Therapie 10, 11 Koilonychie 202
Hypertrichose 253
J Kolitis, ischämische 132
Hypertriglyzeridämie 278 Kollagenose 307, 308
Hyperurikämie 288 Jones-Kriterien 302 Kollagensprue 129
Hyperventilation, psychogene 198 Koloileoskopie 134
Hyperventilationstetanie 198, 270 Koloskopie 127, 141
Hyperviskositätssyndrom 228 Koma
Hypervolämie 193
K – diabetisches 280, 281
Hypoglycaemia facticia 281 – hypophysäres 246
Hypoglykämie 281, 282 Kaliumhaushalt, Störungen 196 Kompressionsatelektase 89
Hypogonadismus 244, 245, 271, 274 Kälteagglutininkrankheit 207 Konjunktivitis 306
Hypokaliämie 196, 249 Kalzitoninbestimmung 266 Koronarangioplastie, perkutane
Hypokalzämie 269–271 Kammerflimmern 53 transluminale 8, 17
hypokalzämische Tetanie 270 Kardiomyopathie 27–30 koronare Herzkrankheit 7 Herz-
Hyponatriämie 195, 247 – dilatative 27 krankheit, koronare
Hypoparathyreoidismus 270, 271, – genetische 27 Koronarinsuffizienz 14
274 – hypertensive 27 Koronarsyndrom, akutes 18
Hypophysenadenom 243, 244 – hypertrophe 28 Kraniopharyngeom 246
– eosinophiles 245 – hypertrophisch nicht- Kreatinin 177
Hypopituitarismus 243, 245, 246 obstruktive 28 Kreatininclearance 176
Hypoproteinämie 184 – hypertrophisch obstruktive 28 Kretinismus 261
Hypothyreose 261 – idiopathische 27 Krise
Hypoventilation 197 – inflammatorische 27 – hyperkalzämische 269, 270
Hypovolämie 193 – Klassifizierung 27 – hypertensive 9, 12, 13, 256
Hypoxie, zentrolobuläre 155 – postpartale 27 – thyreotoxische 263
Hypo-α-Lipidämie, familiäre 285 – restriktive 29 Kryptenabszess 135
– toxische 27 Kryptokokkose 32, 102
Karditis, rheumatische 302 Kugelatelektase 90
Karnofsky-Index 237 Kugelzellanämie 207
I Karpaltunnelsyndrom 245 Kuhmilchproteinintoleranz 129
Karzinoid 129, 130 Kussmaul-Atmung 197
Icterus neonatorum prolongatus 261 Karzinoidsyndrom 129, 274, 275
IgA-Nephropathie 181 Karzinom
Ikterus 3, 148, 167 – hepatozelluläres 164
– schmerzloser 172 – kolorektales 139–141
L
Ileus 130 Katecholaminbestimmung 256
– mechanischer 130 Katecholaminproduktion, Lacklippen 148
– paralytischer 130 erhöhte 256 Lackzunge 148
Imatinib 213 Kawasaki-Syndrom 306 Laktatazidose 197
INR 148 Ketoazidose 197 Laktatdehydrogenase 172
Insuffizienz – diabetische 277 Laktose-Belastungstest 126
– chronisch venöse 70, 73 Ketonämie 280 Laktoseintoleranz 129
– respiratorische 83, 94 Ketonkörper 278 Lamblienkolitis 127
320 Sachverzeichnis

Langerhans-Zell-Histiozytose 221 Lungenembolie 108, 109 Megakolon, toxisches 135


Langzeit-pH-Metrie 114 Lungenemphysem 93, 94 Mekoniumileus 88
Lanz-Punkt 125 – interstitielles 93 Meläna 7 Teerstuhl
Laserangioplastie 8 Lungenentzündung 7 Pneumonie MEN 273–275
Laurén-Klassifikation 123 Lungenfibrose, idiopathische 89 – 1 274
Lebensmittelvergiftung 127 Lungenmetastasen 106 – 2a 274
Leberabszess 159 Lungenödem 108, 193 – 2b 274
Leberbiopsie 154 Lungenperfusionsszintigraphie 109 Menin-Genmutation 274
Lebererkrankungen 148–165 Lungentuberkulose 101 Meningeosis leucaemica 229
Leberhämangiom 163 Lungentumoren 105–107 Menorrhagie 231
Lebermetastasen 164, 165 – benigne 107 Merseburger-Trias 262
Leberresektion 164 – maligne 105, 106 Mesenterialinfarkt 60, 131
Leberschaden Lutzner-Zellen 226 metabolisches Syndrom 58, 275
– arzneimittelinduzierter 156 Lymphangiom Meteorismus 125, 130
– toxischer 155, 156 – benignes 78 Meyer-Druckpunkte 69, 71
Lebertransplantation 164 – progressives 78 Mikroadenom 243
Lebertumoren 163–165 Lymphangiosarkom 78 Mikroalbuminurie 12, 176
Leberversagen, akutes 162 Lymphangitis, unspezifische 76 Mikroangiopathie, diabetische 278
Leberzeichen 148 Lymphödem 76, 77 Mikroembolie, arterielle 67
Leberzelladenom 163, 164 – Ätiopathogenese 76 Mikrohämaturie 181
Leberzellkarzinom 291 – Diagnostik 77 Miktionsbeschwerden 176
Leberzirrhose 155–158, 164, 174 – primäres 77 Miktionszytourethrographie 178
– gemischtknotige 157 – sekundäres 77 Milz, Arbeitshypertrophie 207
– makronoduläre 157 – Stadieneinteilung 77 Miserere 125
– mikronoduläre 157 – Symptomatik 76, 77 Mitralinsuffizienz 42, 43
– primär biliäre 157 – Therapie 77, 78 Mitralklappenprolaps 43
Leitungsstörungen Lymphome 223–230 Mitralstenose 43, 44
– atrioventrikuläre 47 – Ann-Arbor-Klassifikation 224, 225 Monoarthritis, akute 289
– sinuatriale 47 Morbus
Lenègre-Krankheit 47 – Addison 254, 274
Leukämie – Basedow 262
– akute lymphatische 229
M – Bechterew 299, 302
– akute meyloische 218–220 – Crohn 115, 132, 133, 147
– Charakteristika 212, 219 Magen-Darm-Passage 119 – Günther 291
– chronisch-lymphatische 226, 227 Magenerkrankungen 118–125 – Kahler 228
– chronisch-myeloische 212–214 Magenfrühkarzinom 122, 123 – Paget 272
– Definition 219 Magenkarzinom 122–112 – Reiter 302, 303
– Einteilung 219 Magensaftanalyse 119 – Simmonds 246
Leukostasesyndrom 213 Makroadenom 243 – Still 298
Lev-Krankheit 47 Makroangiopathie, diabetische 278 – Waldenström 228
Lichtreflexionsrheographie 70 Makroglossie 245 – Werlhof 232
Linksherzinsuffizienz 24 Makrosomie 278 – Whipple 128
Linksherzkatheteruntersuchung 8 Malabsorption, intestinale 127, 128 – Wilson 292
Linksschenkelblock 48 Maldigestion 128 – Winiwarter-Buerger 64
Linksverschiebung Mallory-Weiss-Syndrom 116 Morgensteifigkeit 297
– pathologische 201 MALT-Lymphom 225 Mukosektomie 118
– reaktive 201 Mangelernährung 288 Mukoviszidose 293
Lipoprotein-a-Hyperlipidämie 285 Marfan-Syndrom 271 multiple endokrine Neoplasie 7 MEN
Litholyse, medikamentöse 167 Markschwammniere 190 Mundgeruch 7 Foetor ex ore
Loslassschmerz 131 Mastozytose 221, 222 Murphy-Zeichen 166
Lowenberg-Test 68, 71 – systemische 130 Myasthenia gravis 274
Lown-Ganong-Levina-Syndrom 53 McBurney-Punkt 125 Mycosis fungoides 225, 226
Low-T3-/T4-Syndrom 262 Mediastinitis 104 Myelinolyse, zentrale pontine 247
Sachverzeichnis
321 L–P

Myelofibrose 214 NERD 115 Osmolalität 192


Myelom, multiples 228 Neubauer-Zählkammer 232 Osmolarität 192
Myokardinfarkt Neuroblastom 256, 17 Ösophagitis 114, 115
– akuter 18–22 Neuropathie, diabetische 278 Ösophago-Gastro-
– Ätiopathogenese 18 New-onset-Angina 17 Duodenoskopie 114
– Diagnostik 20 Nierenangiographie 178, 191 Ösophagographie 114
– EKG-Veränderungen 20 Nierenarterienstenose 61, 178 Ösophagomanometrie 114
– Komplikationen 18, 20 Nierenbiopsie 178 Ösophagusdivertikel 116
– Labordiagnostik 21 – Kontraindikation 183 Ösophaguskarzinom 117, 118
– Lokalisation 20, 21 Nierendysplasie, zystische 190 Ösophagusresektion 118
– rezidivierender 22, 23 Nierenerkrankung Ösophagussphinkter 115
– Symptomatik 18 – autosomal-dominante Ösophagusvarize 114, 159
– Therapie 21, 22 polyzystische 189 Ösophagusvarizenblutung 159
Myokardischämie, stumme 14 – autosomal-rezessive Osteitis fibrosa cystica von
Myokarditis 31–33 polyzystische 189 Recklinghausen 269
– akute 31 – hypertensive 12 Osteodensitometrie 271
– bakterielle 31 – tubulointerstitielle 180 Osteolyse 228
– nicht-infektiöse 32 Nierenersatztherapie 186, 188 Osteomalazie 271, 272
– virale 31 Niereninsuffizienz 185–189 Osteomyelofibrose 212, 214
Myokardperfusionsszintigraphie 4, – akute 185, 186 Osteopathie, metabolische 269–33
16 – chronische 186, 187 Osteopenie, diffuse 269
Myositis 307 – progrediente 269 Osteoporose 271
Myxödem, prätibiales 262 Nierensonographie 178, 187, 190, – generalisierte 228
Myxödemkoma 261, 262 191 – primäre 271
Nierenszintigraphie 178 – sekundäre 271
Nierentransplantation 188
Nierentumoren 191, 192
N Nierenzellkarzinom 191, 254
Nierenzyste 189
P
Narbenatelektase 90 Non-Hodgkin-Lymphome 224–230
Nasenbluten 231 – extranodale 225 Palmarerythem 306
Natriumhaushalt, Störungen 195 – hochmaligne 225 Panarteriitis
Nebennierenaplasie 254 – niedrigmaligne 225 – nodosa 63, 306
Nebennierenerkrankungen 249–259 – nodale 224, 225 – mikroskopische 305
Nebennierenrindenhyperplasie 249 NSTEMI 20 Panhypopituitarismus 262
Nebennierenrindeninsuffizienz 254 Nüchternlipidanalyse 286 Pankrealauryltest 126
– akute 254, 255 Nykturie 176, 186, 246, 277 Pankreaselastase 170, 171
– chronische 255 Pankreasinsuffizienz, exokrine 128
– primäre 254, 255 Pankreaskarzinom 172
– sekundäre 254, 255 Pankreaslipase 170, 171
– tertiäre 254
O Pankreasödem 170
Nebennierenrindentumor 249 Pankreastumor, endokrin aktiver 172
Necrobiosis lipoidica diabetica 277, Obstruktionsatelektase 90 Pankreatitis
295 Ödem – akute 169, 170
Neoplasie – generalisiertes 3 – biliäre 170
– fokale noduläre 164 – hyperalbuminisches 184 – chronische 171
– multiple endokrine 7 MEN Odynophagie 114 – rezidivierende 285
nephritisches Syndrom 183 Okkultblut-Test, fäkaler 126 Panzytopenie 200, 218, 227
Nephroblastom 191, 192 Oligurie 176, 185 Papillotomie 170
Nephrokalzinose 269 Orbitopathie, endokrine 263 Paracetamolintoxikation 162
Nephropathie, diabetische 186, 278 Organtuberkulose 101 Parachute-Deformität 43
Nephrosklerose, hypertensive 12 Orthostasetest 251 paraneoplastisches Syndrom 234
nephrotisches Syndrom 184 Osler-Knötchen 3 Paraprotein 228
322 Sachverzeichnis

Paraproteinämie 228 – Chlamydien 96 Proteinurie 176, 184, 185, 187


Pautrier-Mikroabszess 226 – Immundefizienz 98 Prothrombinmutation 234
Payr-Zeichen 68, 71 – interstitielle 95 Prothrombinzeit 231
Peak-Flow-Messung 82 – lobäre 95 Protonenpumpeninhibitoren 115
Perforansvarize 69 – lobuläre 95 Protoporphyrie, erythro-
Performance-Status 237 – nosokomiale 96, 97 poetische 290, 291
Pericarditis constrictiva 36 – Therapie 97 Pseudohypersalivation 114
Perikarderguss 37 – virale 95 Pseudohypoparathyreoidismus 271
Perikarditis 36, 37 Pneumothorax 110 Pseudopolyp 139
– akute 36, 37 Pneumozystose 98 Pseudopubertas praecox 253
– chronische 36, 37 Poikilozyten 214 Pseudothrombozytopenie 232
– eitrige 36, 37 Pollakisurie 176, 178, 179 Psoasschmerz 131
– idiopathische 36, 37 Polyarteriitis, mikroskopische 305 PTA 7 Angioplastie, perkutane
– tuberkulöse 36, 37 Polyarthritis PTCA 7 Koronarangioplastie,
– virale 36, 37 – akute 302 perkutane transluminale
Perikardtamponade 37 – chronische 296–298 Pulmonalisangiograhie 38
periphere arterielle Polycythaemia vera 212, 214, 215 Pulsionsdivertikel 116
Verschlusskrankheit 59, 60 Polydipsie 186, 246, 269, 277 Punctio sicca 214, 227
Peristaltikgeräusche 125 Polyglobulie 3 Purinstoffwechselstörung 288
Peritonealdialyse 188 – sekundäre 215 Purpura
Perkussion 3 Polymyalgia rheumatica 306, 307 – idiopathische thrombozyto-
Pernio 67 Polymyalgie 64 penische 232
Petechie 231 Polymyositis 307 – Schoenlein-Hennoch 305, 306
Peuramesotheliom 111, 112 Polyneuropathie, periphere Pyelonephritis 179
Pfortaderthrombose 159 sensomotorische 278 Pyruvatkinase 207
Phäochromozytom 9, 255, 256 Polypektomie 139
– malignes 257 Polyposis, familiäre
Phenylketonurie 293 adenomatöse 138, 139
Philadelphia-Chromosom 213 Polyurie 176, 186, 246, 269, 277
Q
Phlebothrombose 71–73 Porphyria
Phlegmasia coerulens dolens 71 – acuta intermittens 290, 291 Quarzstaublunge 90
Phosphatase, alkalische 172 – congenita erythropoietica 290, Quick-Wert 148, 231
Photodermatose 290, 291 291
Photoplethysmographie 70 – cutanea tarda 290, 291
Pilzvergiftung 162 – variegata 290
pink puffer 93 Porphyrien 290, 291
R
Plasmaglukose 278 – akute hepatische 290
Plasmazellleukämie 228 – chronische hepatische 291 Rachitis 271, 272
Plasmozytom 228, 229 – erythropoetische 290, 291 Radiojodtherapie 261, 263
Plattenatelektase 190 Postkardiotomiesyndrom 36, 37 Rasselgeräusche 82
Plethysmographie 69 postthrombotisches Syndrom 71, 73, Ratschow-Test 58
Pleuraerguss 110, 111 74 Raynaud-Phänomen 67
Pleurakarzinose 105 Präexzitationssyndrom 52 Reanimation, kardiopulmonale 53
Pleuratumor 111, 112 Pratt-Zeichen 69, 71 Rechtsherzinsuffizienz 24
Pleuritis 302 Prinzmetal-Angina 14, 15 Rechtsherzkatheteruntersuchung 8
– exsudative 101, 110, 111 Proktokolektomie 139 Rechtsschenkelblock 48
plötzlicher Herztod 28, 53, 54 Proktoskopie 126 Refluxkrankheit, gastroösopha-
Pneumocystis jiroveci 98 Prolaktinom 243, 244 geale 115, 116
Pneumokoniose 90 Promyelozytenleukämie 220 Regurgitation 114
Pneumonie 95–99 Protein-C-Mangel 234 Reibegeräusche 82
– alveoläre 95 Protein-Energie- Reiter-Dermatose 300
– atypische 96 Mangelernährung 288 Reiter-Syndrom 302, 303
– bakterielle 95 Protein-S-Mangel 234 Reizdarmsyndrom 135, 136
Sachverzeichnis
323 P–T

Reizmagen 122 Schrittmacher 7 Herzschrittmacher Status asthmaticus 87


Rektalfissur 137, 138 Schrittmachersyndrom 46, 47 STEMI 20
Rektosigmoidoskopie 127 Schrumpfniere, Sternalpunktion 201
Rektumprolaps 138 arteriosklerotische 12 Sternberg-Reed-Riesenzellen 223
Reperfusionstherapie 21, 22 Schultergürtelsyndrom, Steroidbiosynthese 252
Resorptionsatelektase 90 neurovaskuläres 67 Still-Syndrom 298
Retentionsazidose 197 Schweißtest 89 Stoffwechselstörungen 284–294
Retikulozytenkrise 204 Seitenastvarize 69 Stomatozyten 207
Retikulozytenzahl 202 Sekretin-Pankreozymin-Test 126 Stoßwellentherapie, extrakorpo-
Retinopathie, diabetische 278 Sekundenherztod 7 plötzlicher rale 167
Revaskularisation 17, 22 Herztod Strangurie 176
Rheumafaktoren 298 Serumharnsäure 288 Stress-Echokardiographie 17
rheumatisches Fieber 35, 40 severe acute respiratory Struma
Rheumatismus, extraartikulärer 304 syndrome 98 – endemische 260
Rielander-Zeichen 69 Sézary-Syndrom 226 – euthyreote 260, 261
Riesenzellarteriitis 63 Sézary-Zellen 226 – sporadische 260
Ringsideroblasten 211 Sheehan-Syndrom 246 Stuhlbeimengung 135
Ristocetin-Kofaktor 231 Sicca-Syndrom 307, 308 Stuhlfett 126
Rituximab 225 Sichelzellanämie 207 Stuhlmenge 126
Rom-II-Kriterien 136 Sichelzellkrise 207 Stuhluntersuchung 125, 126
Rotablationsatherektomie 8 sick euthyroid syndrom 262 Subtraktionsazidose 197
Ruheangina 17 Sick-Sinus-Syndrom 47 Sugillation 231
Siderose, sekundäre 291 Sulfitasthma 83
Sigg-Zeichen 69 Syndrom
Sigmadivertikulitis 137 – adrenogenitales 252, 253
S Silikose 90 – hepatopulmonales 159
Sinustachykardie 47, 50 – hepatorenales 159
Salmonellenenteritis 127 Sipple-Syndrom 274 – hypereosinophiles 220
Sarkoidose 102, 103, 134, 254 Sjögren-Syndrom 274, 307, 308 – inadäquate ADH-Sekretion 247
SARS 98 Sklerophonie 82 – metabolisches 58, 275
Säure-Basen-Haushalt 197 Sodbrennen 114, 115 – myelodysplastisches 216, 217
Säureserumtest 217 Somatostatine 159 – – akutes 183
Schilddrüsenerkrankungen 259–268 Somatostatinom 172 – – rapid progressives 183
Schilddrüsenhormonsubstitution Sonographie, intravaskuläre 17 – nephrotisches 184
265 Soorösophagitis 115 – paraneoplastisches 234
Schilddrüsenkarzinom Speiseröhrenerkrankungen 114–119 – postthrombotisches 71, 73, 74
– differenziertes 265 Sphärozyten 207, 208 – X 14
– follikuläres 265 Sphärozytose, hereditäre 207, 208
– medulläres 265 Spider naevi 148, 157
– papilläres 265 Spinalerkrankung, funikuläre 204
– undifferenziertes 265 Spiroergometrie 82
T
Schilddrüsenmalignome 265 Spirometrie 82, 83
Schilddrüsensonographie 260 Splenektomie 210 Tachykardie 50
Schilddrüsenszintigraphie 260 Splenomegalie 210, 227 – paroxysmale 50, 52
Schilddrüsenüberfunktion 7 Hyper- Spondylarthritis – supraventrikuläre 50
thyreose – ancylosans 301 – ventrikuläre 50
Schilddrüsenunterfunktion 7 Hypo- – HLA-B27-assoziierte 300 Takayasu-Syndrom 307
thyreose – seronegative 299–301 Teerstuhl 125
Schilling-Test 126, 204 Spondylitis ancylosans 301 Teleangiektasie 3
Schirmer-Test 308 Sprue, klassische 128 Tendomyopathie, generalisierte 304
Schlafapnoe, obstructive 245, 246 stalk effect 244 Tetanie, hypokalzämische 270
Schluckbeschwerden 114 Stammvarikose 69, 70 Thalassämie 210
Schoenlein-Henoch-Purpura 305, 306 Stammzellerkrankungen 212–218 Thrombangiitis obliterans 64, 65, 70
324 Sachverzeichnis

Thrombinzeit 231 – kutane 225, 226 VIPom 172


Thrombolyse 63 – periphere 225, 226 Virilisierung 253
Thrombophlebitis 70, 71, 73 Virushepatitis, akute 149–152
Thromboplastinzeit 231 Vitalkapazität 82
Thromboplebitis Vitamin-A-Intoxikation 270
– migrans 70
U Vitamin-B12-Mangelanämie 204
– saltans 70 Vitamin-B12-Resorptionstest 126
Thrombose Übelkeit 119 Vitamin-D-Intoxikation 270
– arterielle 62 Uhrglasnägel 82, 88 Vitamin-D-Mangel 272
– Symptomatik 71 Ulcus Von-Hippel-Lindau-Erkrankung 191
Thrombozytenzahl 215, 231 – cruris 71, 74 Von-Willebrand-Jürgens-
Thrombozythämie, essenzielle 212, – – venosum 74 Syndrom 231
215, 216 – duodeni 120, 121, 269 Vorhofflattern 50, 51
Thrombozytopathie 231 – ventriculi 120, 121, 269 Vorhofflimmern 50, 51
Thrombozytopenie 200, 231, 232 Ulkus, peptisches 120
Thrombozytose, essenzielle 67 Ulkuskrankheit,
Thyreoglobulin-Antikörper 259, 264 gastroduodenale 120
Thyreoglobulinbestimmung 265 Urämie 186
W
Thyreoiditis 264, 265 Urethritis 179, 6
– akute 264 Uringlukose 278 Walking-through-Angina 14
– Amiodaron-induzierte 265 Urinosmolalität 247 Wärmeagglutininkrankheit 207
– chronisch fibrosierende 265 Urinuntersuchung 176, 187 Wasserstoffexhalationstest 126
– de Quervain 264 Urogramm, intravenöses 178, 179, Waterhouse-Friderichsen-
– Hashimoto 264, 274 190 Syndrom 254
– subakute lymphozytäre 264 Urticaria pigmentosa 221 Wegener-Granulomatose 305
– Zytokinin-induzierte 265 Weichteilrheumatismus 304
Thyreoperoxidase-Antikörper 259, Weißkittel-Hypertonie 10
264 Weißnägel 148
Thyreotoxikose 256
V Wermer-Syndrom 274
thyreotoxische Krise 263 Whipple-Operation 172
Thyroxin, freies 259 Van-de-Kramer-Methode 126 Whipple-Trias 281
TNM-Klassifikation 105, 117, 235, Varikophlebitis 70 Wilms-Tumor 191, 192
236 Varikose, Einteilung 69 Wolff-Parkinson-White-Syndrom
Toxoplasma gondii 32 Varikosis 69, 70 50, 52
Tracheazielaufnahme 260 – primäre 69 WPW-Syndrom 50, 52
Traktionsdivertikel 116 – sekundäre 69
Tränentropfzellen 214 Varize, retikuläre 69
Transglutaminase-Antikörper 128 Varizenruptur 70
TRH 259 Varizensklerosierung 114
X
Trijodthyronin, freies 259 Vaskulitis 63–66
Trommelschlegelfinger 82, 88 – allergische 304, 305 Xanthelasmen 285
Troponin 7 – großer Gefäße 306, 307 Xanthom 285
Trousseau-Zeichen 270 – kleiner Gefäße 305 Xerophthalmie 307
Tschmarke-Zeichen 68 – mittelgroßer Gefäße 306 Xerostomie 307
TSH 259 Vasopathie 231 Xylose-Test 126
TSH-Rezeptor-Antikörper 259 Vena-cava-superior-Syndrom 238,
Tuberkulintest 101 239
Tuberkulose 100–102 Verschlussikterus 167
Tumoranämie 209 Verschlusskrankheit
Y
Tumorhyperkalzämie 270 – Nierenarterien 61
Tumorlysesyndrom 239 – periphere arterielle 59, 60 Yersiniose 134
Tyrosinkinase 213 – Viszeralarterien 60, 61
T-Zell-Lymphome Videokapselendoskopie 126
Sachverzeichnis
325 T–Z

Zuckerwassertest 217
Z Zunge, belegte 114
Zyanose 3, 67
Zenker-Divertikel 116 Zystenniere 189
Zieve-Syndrom 155 Zystitis, akute 178
Zöliakie 128 Zystostomie 190
Zollinger-Ellison-Syndrom 172

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