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© PATRICK SLESIONA
Angeblich fing alles an, als Schokolade noch knapp war: Nutella gibt es seit 50 Jahren
Das ist jetzt zuerst einmal zuzugeben: Den atemberaubenden Aufstieg des
Familienunternehmens Ferrero zu einem SchokoladenImperium, den Wandel
seiner Produkte zu regelrechten Kultartikeln von alldem haben die Leser dieser
Zeitung viele Jahre wenig erfahren. Kaum ein Eintrag über Ferrero findet sich
aus diesen frühen Jahren im Archiv, geschweige denn etwas über Nutella,
Hanuta oder Kinderschokolade. Dabei spielte die Geschichte fast von Anfang an
nicht nur in Italien, sondern auch in Deutschland. Und schon früh auch in
Frankfurt und Mittelhessen. Daran lohnt es sich zu erinnern, wenn der Konzern
jetzt feiert, dass Nutella, das erste Produkt überhaupt aus der Erfinderküche der
Familie, in diesem Jahr 50 wird.
„Cremealba“ war auch das erste Produkt, mit dem sich das aufstrebende
Unternehmen auf dem deutschen Markt versuchte. 1956 begann die Produktion
in Stadtallendorf, zuerst mit fünf Mitarbeitern. Später lief dort auch Mon Chéri
vom Band, 1959 kam Hanuta hinzu. 1965 schließlich, als der Markenname
Nutella auch in Deutschland eingeführt wurde, entstand die
Deutschlandzentrale in FrankfurtSachsenhausen. Am Hainer Weg steht sie,
etwas in die Jahre gekommen, heute noch. Frankfurt und Stadtallendorf das
sind die beiden Orte, von denen Ferrero seit einem halben Jahrhundert den
deutschen Markt bearbeitet, mit Nutella vorneweg.
Schweigsames Unternehmen
So wenig die Journalisten Aufhebens um Ferrero gemacht haben, so wenig
machte Ferrero selbst von sich reden. Als der FerreroSitz, damals noch
Hochhaus genannt, fertiggestellt war, listete es diese Zeitung 1965 in einer
Übersicht unter der Überschrift „Die Stadtlandschaft hat sich verändert“ auf.
Das war es dann auch. Zwei Jahre später wieder einmal zwei Sätze: „Die Inhaber
der Familie Ferrero werden mit ihrer Begleitung im Kaisersaal empfangen“, hieß
es in der F.A.Z. vom 13. Dezember 1967. „Aus diesem Grund wehen am Römer
die Fahnen Italiens.“ Und 1975 wusste man tatsächlich auch einmal etwas über
Nutella zu vermelden: dass nämlich die Marmeladenfabrik in Bad Schwartau
dem etwas entgegensetzen wolle. Davon war dann später aber nichts mehr zu
lesen.
Deutschland ist weiterhin ein zentraler Markt, der für einen Umsatz von 1,8
Milliarden Euro steht, wenn man der „LebensmittelZeitung“ folgt. Ferrero
selbst macht dazu keine Angaben. Dass es auch in der Bundesrepublik zuletzt
wieder deutlich aufwärtsging, hat man Aldi Nord zu verdanken: Auch dort sind
seit 2012 FerreroProdukte zu kaufen, es war einer der letzten weißen Flecken
im Einzelhandel. Sonst leidet der Konzern etwas darunter, dass er nach wie vor
von den erfolgreichen Produkteinführungen der Wirtschaftswunderjahre lebt,
vor allem von der 1967 auf den Markt gebrachten Kinderschokolade. Aus
jüngerer Zeit ist eigentlich keine größere Erfindung in Erinnerung. Solange sich
jedoch die alten Produkte gut verkaufen, verdient Ferrero gutes Geld. Und
erträgt auch weiter gelassen Ernährungsberater, die nicht müde werden, vor der
NussCreme zu warnen.