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Korg geht spazieren

Korg wandert durch die Welt


keine Aufgabe, kein Zweck
Er greift in die Sonnenstrahlen
und biegt sie etwas herum.

Wenn sein Vater könnte,


wäre er stolz,
aber sein Vater hat nichts
übrig für die Sonnenstrahlen

Seine Mutter ist gestorben und


seitdem war er mit seinem
Vater da ohne Interesse an Sonne

Manchmal schaut Korg auf Wasser


und wird braun vom Anblick
dann dreht er um und weint.
Tiere bemerken Korg und
schauen, achten auf ihn
aber rennen dann weg
und erledigen Tierzeugs

Manchmal tauchen Gedanken auf


und sprechen mit Korg
Er hört ihnen zu, argumentiert
und sie verschwinden

Korg hat einen Fehler begangen


als er klein war.

Wenn Korg lacht, lacht


die Sonne mit ihm und Wolken
ziehen weiter.
Aber lang ist es her, denn
Korg hat einen Fehler begangen,
er hat seine Mutter umgebracht.
Korgs Vater liegt im
Sterben, liegt in Säcken
die Mauern sind noch da, sind
noch stark

Er liegt in Trümmern aus Decken


und sinkt ins Nichts aus Potential,
wo nur Korg in sehen kann.

Manchmal sind keine Besucher da,


dann sinkt Korgs Vater tief, bis unter
Wasser und kommt durchnässt zurück
ins Jetzt, ins Hier, ins Ich

Wenn er sinkt wird Korgs Vater jung,


seine Äste ziehen sich zurück, verschwinden
zu kleinen Knospen, Erlebtes
zerstäubt sich zu Nicht-Geschehenem.
Korgs Vater ist alt, aber damals war
er stark. Er war Schwimmer, hatte
behaarte Arme und stand in roter Bade-
hose, bereit zum Sprung ins Wasser
zu spielen wie zwei junge Wölfe miteinander.

Es wird Mondnacht und alles Schwarz wird


weißes Glänzen. Korg sieht seinen Vater
gehen, ohne Willen auf das Ziel. Korg
hat noch seinen Willen, aber kennt
das Ziel nicht. Er ist mit Vater in
diese Welt gefallen, der eine tut
ohne zu wissen, der andere erkennt,
auch ohne zu wissen.
Es gibt im Dorf ein Mädchen,
das wütend ist. Es schlägt
und sticht und schneidet, es
zerstört so gut es kann,
zerstört so viel es kann.

Sie schaut zum Mond,


und wie ein Strahl zwischen
beiden, weiß sie, klare Augen
füllen sich mit Mond, mit dem
Wissen des Mondes und alle Welt
liegt dann in ihrem Augenschein.

Sie sitzt wie ein Frosch am Hang


und die Welt fließt in sie rein und
aus ihr raus.
Am morgen ist sie wieder wütend
und muss zerstören.
Sie hat eine Katze, die sie einmal
in zwei Wochen sieht.

Ihr Vater ist Schmied.


Er nimmt das Eisen,
macht es heiß, schlägt es zu
Form und verkauft es dann.
Leute brauchen so einen, der dazu
fähig ist.

Ihre Mutter ist wohl genährt, vernünftig


ordentlich. Sie überblickt wozu
dem Vater Weitsicht fehlt.
Es gibt ein kleines Kind im Dorf
Ein dreijähriger Junge.
Die Welt der Erwachsenen purzelt
sich aus und er schnappt die letzten
Ausläufer und macht sich daraus
einen Reim

Er nimmt auf und wandelt um.


Er tastet durch die Welt,
durch ihre ersten Schichten,
um ihn ist häufig Frühling.

Er schaut sich Tiere an, wie


sie herum krabbeln und Staub
transportieren.

Die Menschen sprechen mit ihm wie Musik.

Die Luft ist hell, ist warm, ist voll.


Unter dem Dorf ist ein Höhlensystem,
in dem Maulwürfe leben.

Der Bürgermeister denkt manchmal mit


Sorge dran, wegen der Statik, aber er ist
auch stolz, dass sein Dorf Teil dieses
Wunders ist

Nach dem Tod seiner Mutter


warf Korg einen Stein
und seitdem fliegt dieser
(durch die Atmosphäre)
Damals

Die Sonne brennt grell.


Die Wolken werden von Wind
verscheucht.
Korg hält einen Stock in der Hand
einen Stock zum Töten.

Er wiegt den Stock und spürt Geschichte


fühlt in sich die Zeit, die in den Stock
geflossen ist, ihn langgezogen hat aus
einen Samen zu Holz.
An der Tür lugt ein Schatten rein,
ein krummer Kerl mit schiefen Augen,
mit Buckel, er macht das
Licht krank beim schauen.
Er sucht im Zimmer Korgs.
Es ist Anton, Korgs Bruder.

Er setzt sich ins Zimmer Korgs


auf einen Sack und eine Katze
springt auf ihn und schnurrt,
schmiegt sich an ihn.
Anton ist weich, aufgeschwollen.
Er isst ohne Hunger.
Manchmal kommt der Regenbogenmann ins Haus der Korgs.
Dann wird Anton still und gärt
Die Mutter ist etwas aufgedreht,
der Vater auch.
Am Ende wird das Wasser abgelassen.

Abends dann legt sich ein purpur Schimmer


an das Dorf, schmiegt sich an die Häuser
und die Menschen schlafen feucht,
versinken etwas in ihren Betten.

Staub kreiselt, bildet Formen und Strukturen


Ruß häuft sich auf und enthält Löcher
und Linien.
Marvis, der Ritter, badet bei Mondschein
im See, zwischen den Bergen.
Er will ins Dorf, nach dem Rechten sehen,
fürs Rechte sorgen, es ist dort etwas im Busch.

An anderer Stelle hat der Magier Raimond


dem Schmied gerade Metall gegeben
zum Schmieden eines Zepters
seltsames Metall, das schimmert.

Das Erz kommt von einer


Quelle und setzt sich ab im
Wasser. Es brodelt, so heiß
ist es. Dort zog Raimond es auf, wie
eine Pilzform, verbrachte lange
Zeit und nun hat er dieses Segment
(O)
Raimond ist, wohin er kommt,
immer etwas unbeliebt.
Er hat keine schlechten Intentionen,
obwohl er manchmal einige
Zeiten brütet, ob er nicht doch
böse ist.

Er lebt im Land, wo die Königin herrscht.

Sie liebt die Wissenschaft,


denn Wissen ist Macht
und so lebt Raimond unter widrigen Umständen
da auch er Wissen liebt,
aber nicht zu viel.
Sie liebt Tabellen,
er liebt Kreise.

Da sie Tabellen liebt,


wird alles tabelliert,
auch sie selbst
auch Raimond,
den das stört.
Es ist der erste Tag (1)
spät in der Nacht.
Der Schmied packt das Metall
aus, das er vom Magier kriegte.
„Was für ein Teufelszeugs“,
murmelt er vor sich hin
und stellts am Tisch, geht
seine Handschuhe holen.

Dann: die Katze (des Mädchens)


lugt rein, interessiert, schleicht
sich zur Stelle, wo es purpurn pulsiert,
schnuppert dran und tapst es an.

Der Schmied kommt zurück


„He, kss, ksch, na,
nicht das!!“, macht er sich groß
und laut
und die Katze stürmt davon.

Die Arbeit beginnt.


Tok tok tok.
Es ist der zweite Tag (2)

Es wird gehämmert, das Metall


wird weich
und biegt sich, streckt sich
wird zu der Form, die man verlangt
Funken sprühen und im Metall
tief drin, regt sich ein Ton,
regt sich ein Tun.

Der kleine Junge schaut


im Hof, wie das Metall
zum Lüften hängt

und für einen kurzen Moment


erkennt er das Metall
und das Metall erkennt ihn.
Sie teilen Sinn, sie teilen Welt
und Purpur hinterscheint seine Augen.
Sie teilen Selbst.
Der Schmied macht weiter,
klopft, biegt, trocknet,
lüftet, streichelt, zwängt und
formt das Metall.

Es ist der dritte Tag (3)

und aller Schmutz der Formung


wird abgewaschen, abgespült,
damit in aller Triebkraft
das Metall nun ganz und frisch
wie nach einem Friseurbesuch
der Welt entgegenblickt.

Das Wasser mit dem Ruß fließt ab,


gelangt in Erde und
versickert dort,
und destilliert,
tropft unten im Maulwurfsbau
die feuchte Erde.
Der kleine Junge sieht seinen Schatten
gibt ihm die Rassel und hört Musik.
Er gibt ihm Steinchen
und kleine Kreise formen.
Er greift in seinen Schatten,
er blickt hindurch und
sieht Pyramiden aus Sand
bunte Schlieren überall,
ein Vogel zwitschert und
Freude und Interesse breitet sich
in ihm aus wie die Kreise
um einen Stein im Wasser.
Die Katze des kleinen Mädchens
hört das Zwitschern
und sie verwandelt sich
von müde zu Zeitlupe.
Die Pfoten federn,
der Blick unverschüttet,
sie springt und greift.
Ihre Krallen fahren aus
und purpurfarben
trennen sie den Vogel
unter lautem Geschrei
von seiner Existenz
als selbstbestimmter Akteur.
Korg rennt zum sterbenden Vogel,
besorgt wegen des Lärms der Todesangst
und kniet sich hin, schaut,
die Katze faucht und stellt sich auf,
kratzt Korg vier Streifen in den Hals.

Korg brüllt und voller Wut


haut er die Katze.
Diese rennt weg, sie hat verloren,
ihrer Beute beraubt.
Das Recht des Stärkeren kennt keine Gnade,
kennt keinen Sinn.

Korg nimmt den Vogel mit,


der mit gebrochenem Flügel
nicht fliegen kann,
der mit gebrochenem Geist
nicht fliegen will.
Aber er lebt.
Korg fasst sich an den Hals,
es schmerzt,
sein Blut pulsiert,
„diese Katze ist wild.“, denkt er sich

Der Vater hilft den Vogel heilen,


für kurz leuchtet ein Instinkt des Pflegens,
der Zuneigung zum Leben,
an ihm auf,
und Korgs Welt wird runder und sanfter,
weniger grell.

Er sieht den Mann,


der sein Vater einst war,
sieht die strahlende Liebe zur Welt
die Hoffnung des Schuldlosen.
Zu abend: Korgs Bruder schaut ins Zimmer,
glitscht ein und landet auf dem Sack,
dann sieht er Korg, wie der am Boden
kauert und ganz pulsiert.

Er äußert „Oh“ mit fast geschlossnem Mund


Er legt Korg eine Decke auf,
tupft ihm mit Wasser die Stirn,
setzt sich dazu
und wächst zu einem Riesen,
der Korg beschützt.

Korg atmet flach, dann nicht, dann flach


und langsam wacht er auf.
Aber nicht hier.
Antons Augen wechseln von erkennenden, verängstigten Schlitzen
zu rundem Blöd,
je nachdem aus welcher Welt man schaut.
Korg wacht jenseits auf und sieht.

Anton ist als Beschützer


zu Stein geworden,
mit kleinen Schlitzen des Lichts,
die Korg bewachen.

Für seine oder in seiner Heilung ist


Korg in eine andre Welt
gefallen, an deren Eingang
Anton Wache steht.
II

Korg fällt in den Tunnel,


Steinstapel Brunnen
kalt, feucht, hart
kein Halt
keine Hilfe

Korg sucht einen Pfad


der Pfad schluckt Korg

In einem Stein sieht Korg das Leuchten,


und greift hinein,
glühend kalt.

Anton, in zwei Welten gleichzeitig,


stöhnt laut.

Der Vater kniet hilflos.


Korg sieht in einen Spiegel,

sieht seine Mutter als Kind,


wie sie lauthals schreit
beim Spielen

sie seinen Vater als Kind,


wie er auf einem Rad
den Berg runterdüst

Jahrzehnte bevor beide sich tragen

Korg spürt wie sein Körper langgezogen wird.

Korg sieht seinen Großvater als Kind,


wie er einen Stein wirft so weit es geht,

sieht seine Großmutter als Kind,


wie sie Insekten sondiert, Segmente zählt
und Fühler bewundert
Korg sieht seinen Urgroßvater als jungen Mann,
wie er mit einem dicken Ast in der Hand
schwer atmet, das Blut tropft dunkel

Von diesem also hat er die Wut.

Korg sieht die junge Freundin des Urgroßvaters,


wie sie in der Ecke kauert und schluchzt
aus Trauer, ihr Vater liegt in seiner Lache.

Antons Muskeln spannen sich


unter seiner wabbeligen Haut,
strotzt Stahl, der Schutz muss berstfrei sein,

Korg tritt ein in die Küche, in diese Realität von weit zurück,
sein Hals pulsiert.
Die Wunde blutet, sie ist aufgebrochen, Korg dämmert tiefer weg,
sein Atem für Minuten nicht mehr da.

Korg betritt die Sitation und hält in einer Hand


den Knauf aus Holz, hält sich fest, hält sich auf den Beinen
Korgs Urgroßvater schaut Korg an wie ein wildes Tier

Korg kommt etwas näher,

Zwischen ihnen öffnet sich ein silbernes Rinnsal,


und wird zum Bächlein.

Korg gibt dem Mann den Knauf, der silbern ist,


der schwer und leicht in einem ist,
der sich teilt, der alles teilt.

Der Knauf fällt zwischen Korg und seinem Urgroßvater zu Boden,


teilt die Welt in Wut und Heil.

Korg geht zurück, kommt zurück,


atmet und Anton schwitzt als Stein.

Korg wacht langsam auf.


I

Sie (Vater, Anton, Korg) essen zusammen Müsli.

Wer ist der Feind?


Was ist mit Mutter?

Sie kommt rein, setzt sich dazu, isst aber nichts.

Korg fühlt Misstrauen tief wie ein Brunnen.

Diese Mutter ist eine Sonnenfinsternis.

Keiner weiß, was los ist.

Alle außer Korg.

Mit einem Mal wird ihm bewusst: „das ist nicht Mutter“

Und dann kommt noch ein Korg zur Tür herein,


grimmig, unzufrieden, den Blick gesenkt.
Korg 1 springt auf, sein Stuhl fällt um
„UND DAS NICHT KORG“, ruft er bestürzt,
doch keiner hört Korg, keiner sieht Korg.
Nur Anton schweigt in der gleichen stupiden Art wie immer,
im Gewahrsein Korgs.

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