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A Ramona

A1

Ramona kommt in den Gemischtwarenladen. Sie steht am Rand ihres runden Planeten und
läuft über den Rand, Schritt für Schritt, begleitet von den Glocken der Eingangstür.
Sie geht zum Regal, in dem Tücher etc. liegen. Sie nimmt sich eine Packung Mullbinden, um
endlich ihre Verletzung zu behandeln.
Der Laden ist nicht groß, aber 5-6 Regale gibt es schon. Der Verkäufer ist ein Asiate, dem ein
Cape am Hals hängt, das im Wind weht.
Seit einiger Zeit ist Ramona startbereit. Sie steht auf 2, vor 1 und dann los. Die Rennautos
brummen in ihr.
Sie geht zum Verkäufer und schaut ihm ins Augenschwarz. Er verlangt den Preis und sie
zahlt. Wie im richtigen Leben.

A 2. Zu hause:

Ramona schneidet sich erst mal eine Orange. Von allen Dingen sollte ihr Vitamin C Haushalt
jetzt nicht leiden. Sie schneidet die Orange in kleine Halbkreise. Sie beißt rein.
Nebelige Umgebung, weite grasige Landschaft gegen Abend. Das Pferd läuft mit ihrer
kleinen Schwester auf dem Rücken ziemlich schnell, Bäume ziehen an ihnen vorbei.
Verschnaufen und Staub aufwirbeln mit der Hufe.
Ramona steht am Fenster und betastet ihren Hals. Sie hat Schmerzen und sie glaubt im Hals
liegt das Problem. Deshalb die Binden.
Sie nimmt erst mal ein Bad, Schritt für Schritt.
Nach dem Bad zieht sie saubere Kleidung an.
Sie lebt alleine in ihrer 2-Zimmer Wohnung.
Ihre Verschnaufpausen machen sie nicht ruhig.

A 3.

Ramona geht zu einer Tierhandlung. Geschäfte eröffnen Möglichkeiten. Man kann darin
etwas kaufen, dann gehört es einem und kein anderer Mensch hat Anspruch darauf.
Sie geht zu den verschiedenen Käfigen. Sie hat das ewige am Rand ihrer Welt stehen
manchmal so unüberspürbar satt.
Sie geht zum Verkäufer, ein junger Aushilfsarbeiter, der den Ellenbogen auf dem Ladentisch
stützt und auf ein Blatt auf dem Tisch schaut. Sein Cape weht im Wind.
Sie erzählt ihm, dass sie gerne einen Hamster kaufen möchte, wie viel einer kostet.
Informationsaustausch, Ramona lächelt froh.
Sie geht zu den Käfigen, Gefängnisse sind es erst, wenn jemand eine Strafe absitzt oder wenn
die Gesellschaft vor ihm geschützt werden muss. Aber bevor das auf einen Hamster zutrifft,
beendet man sein Leben.
Sie schaut jeden Hamster an, schaut ihnen ins Augenschwarz, aber es ist zu schwer zu
erkennen und die Hamster machen nicht mit.
Immer diese Niederlagen. Man versucht etwas und scheitert. Aber dafür kann man die
anderen, die auch nur versuchen, nicht verantwortlich machen. Nur Könige können das.
Sie entscheidet sich für irgendeinen Hamster.
Sie nimmt ihn in einen Plastiksack, mit nach Hause.

A 4. Ramona hat einen Hamster

Ramona setzt Wasser zum Kochen auf und legt einen Teebeutel in die Tasse. Sie lässt den
Hamster frei in der Wohnung laufen, warum nicht.
Sie hat sich für das Abendessen eine Fertigmahlzeit gekauft, Nudeln mit brauner Soße und
Fleisch.
Der Hamster sitzt vollkommen unwissend im Hinterkopf Ramonas. Ramona glaubt nicht, was
andere sagen und hat wenig Erfahrung.
Sie glaubt schon, dass die Blumen ihrer 76-jährigen Nachbarin Erika jeden 2ten Tag ein-zwei
Kaffeekännchen Wasser brauchen und auf keinen Fall mehr. Aber für ihre eigenen Blumen
muss sie das noch selbst rausfinden. Und eine so wenig schöne Blume wie ihre Nachbarin
möchte Ramona nicht sein.
Sie entscheidet sich mit dem Hamster Kontakt aufzunehmen. Sie setzt sich im Schneidersitz
vor ihn. Der Hamster verlässt die Kontaktsituation. So einfach.
Ramona wird wütend. Immer diese Niederlagen. Sinnlose Energieverschwendung. Wenn sie
wüsste, wie die Welt fkt., wann wer zu etwas bereit ist, müsste sie keine Energie
verschwenden, aber so: ja.
Und sie muss Energie verschwenden, bis sie weiß, wann sie es sollte und wann nicht.

A 5. Ramona probiert den Hamster zu mögen

Ramona hat ihrem Hamster den Namen Anton Bruckner gegeben. Sie denkt, das ist ein
schlechter Name, weil der Name besetzt ist. Aber probieren wir es aus.
Sie hält ihn an der Pfote fest, während er versucht wegzulaufen. Das ist zumindest interessant.
Sie nimmt den Hamster, schaut ihm ins Augenschwarz, er schaut nicht. Sie wirft ihn auf das
Sofa. Wenn jemand nicht weiß, weswegen er Angst hat, ist das kein Zeichen von Intelligenz.
Der Abend steht noch mit beiden Füßen vor dem Grab.
Züge fahren in ihrem Kopf von A nach B und sie hört aufmerksam zu.
Ein tiefer schwarzer See direkt neben ihrem Herzen, ein Zauberer könnte die seltsamsten
Dinge daraus hervorzaubern.
Ramona bindet Schnüre zusammen.

6. Der Schrank
Ramona hat einen Schrank mit Unmengen von Schubladen. Viele sind leer. Von vielen weiß
sie nicht, was drin ist. In einer ist Zucker.
Ein paar Mal sind hinten aus einer der Schubladen ein paar Sachen in den Schrank gefallen,
wohin auch immer.
Ramona dachte, sie könnte sich den Hals öffnen und mit den Binden verarzten, jetzt denkt sie
‘ ich öffne sicher nicht den Hals, wer weiß was passiert! ‘
Ramona ist aufgefallen, wie viele essentielle Schubladen eigentlich leer sind.

A 7. Ramona geht in den Gemischtwarenladen

Sie sucht Schlaftabletten, eine Packung müsste genügen. Sie schaut dem Asiaten ins
Augenschwarz, lächelt nicht, denn sie ist nervös, bezahlt und geht nach Hause.
Sie muss noch Hamsterfutter kaufen.
Zuhause angekommen, zieht sie die Schuhe aus, ruft ‘Anton‘, er lässt sich nirgends blicken.
Sie richtet sein Futter, mörsert ein paar Schlaftabletten und mischt sie ins Futter.
Hinstellen und warten.
Sie geht spazieren.

A 8.

Im Park trifft sie eine Frau, die Tauben füttert. Sie geht zu ihr hin und spricht sie an. „Warum
füttern Sie die Tauben?“ Ramona erwartet nicht, dass die Frau ihr von ihren frühkindlichen
Schwierigkeiten erzählt, aber ein Versuch ist es wert.
„Es ist eine schöne Beschäftigung“
Sowas in die Richtung hatte sie erwartet. Sie hatte auf etwas Unvorhergesehenes, das Leben
besonders Machendes und Glückshormone Ausschüttendes gehofft.
Vielleicht hat Ramona nicht die Einstellung, bei der sich Ergebnisse mehr wie Ergebnisse und
weniger wie Niederlagen anfühlen.
Sie nimmt sich vor, das Ganze ein anderes Mal nochmal zu probieren.

A 9.

Ramona hat einen Zopf aus ihrem Kopf wachsen. Er wächst andauernd, egal was sie macht.
Die Haare wachsen mit ihren Problemen. Jedes Problem, ein neues Segment. Nach Zeit löst
sie eines und sie schneidet die Haare ab. Ramona mag es zu leben. Manchmal ist es sehr
unangenehm für sie zu leben, aber das ist eine andere Sache.
Hat Ramona Freunde? Wer weiß.
Empfindet sie in der schönen Schwärze ihres Herzen dasselbe wie an der Stelle ihres Rücken,
die ihr Gänsehaut gibt, wenn ihr drüber gestreichelt wird?
Ramona zieht sich den Mantel an, in den ein lebendiger Hund passen könnte. Sie geht zum
Park. Es ist Nacht. Jetzt wo die Sonne ihren sichtbaren Einfluss verloren hat, erzeugen
schwächere Lichtquellen Schatten.
Ramona wird ihr Leben lang alleine bleiben, vermutet sie.
Natürlich nicht alleine leben, aber alleine sein. Mit der richtigen Erwartung fühlt sich das
manchmal befreiend für sie an.
Sie hat Lust nackt im Mantel zu sein, sie wird schlagartig nervös und ihr Herz schlägt spürbar.
Sie grinst ein wenig dämlich, Unsicherheit ohne Erwartung macht Spaß.

A 10. Ramona ist umweltangepasst

Der Mann benutzt sein Leben anders, er nimmt Insektenspray und zerstört eine organisierte
Gemeinschaft Ameisen. Sie schaut ihm in die Augen und fragt sich ob er begreift. Augen,
Augenschwarz, Augen, Augenschwarz.
Wenn Ramona wüsste, wie sehr sie selbst begreift. Morgens kämmt sie sich die Haare, wie
viel begreift sie?
Sie hat ein 3-dimensionales Fragezeichen über ihrem Kopf drehen.
Auch wenn sie ihn gar nicht so sehr mag, verbringt sie gerne Zeit mit ihm, fühlt sich besser
als alleine und bindet sich ein wenig.

A 11.

Der Mann liegt im Bett mit ihr und streicht ihre Schulter. Sie haben doch kein Kind, wann-
und wo- und weranders.
Als kleines Kind stand sie einmal das erste Mal auf ihren beiden Füßen. Ramona gegen die
Schwerkraft. Dann lief sie.
Ramona hat sich vorhin beim Gemüseschneiden in den linken Finger geschnitten. Sie spürt
das Blut pulsieren unter ihrer Haut, von ihrem Herzen zum Fleisch ihres Fingers und zurück
zum Herzen. Von dort in die Lunge.
Einen Teil davon pustet sie in die Luft. Sie weiß nicht welche Teile, aber ein wenig davon
verteilt sich im Zimmer, da ist sie sicher.
Ramona fällt ein, wie lange sie sich wünscht, dass ein Begreifender etwas begreift und sie
Teil des Begreifens ist.
Wie wäre es, wäre der Mann aus Holz.
Sie schaut in sein Augenschwarz und weiß auch nicht weiter. Sie schaut ihm auf die Backe,
weil sie nicht mehr in die Augen schauen möchte. Vielleicht doch nicht begriffen werden. Sie
schaut auf die Lippen, damit er sich nicht wundert, dass sie auf seine Backe schaut und wieder
in die Augen.
Sie umarmt ihn. Körperwärme ist angenehm unbeurteilt.
Vollkommen unabhängig von der Motivation zu wissen, gibt es nicht-weiter Wissen, das man
angenehm oder unangenehm spürt.
A 12.

Ramona wringt sich aus. Sie hat einiges an Flüssigkeit angesammelt. Wenn die Flüssigkeit
draußen ist, wird sie wieder leichter sein.
Draußen ist es angenehm kalt. Fröstelnd kalt, eine alte Dame, die noch immer Spaß daran hat,
in einer komischen Stimme fröstelnd zu sagen.
Mit sich selbst ist nicht viel anzufangen, wenn man langweilig ist, wird man traurig.
An manchen Tagen liebt Ramona unaufhörlich und alle Dinge, wenn sie es zuließen, würden
geliebt.
Ramona ist wieder startbereit, 3, vor der 2, der 1 und dem ‘Los! ‘, diesmal fliegt sie zu den
Sternen in die Schwärze raus.
Sie bleibt ziemlich lange auf 3 und irgendwann vergisst sie, dass sie auf 3 steht.

A 13.

Ramona hat kalte Füße. Sie ist wieder alleine. Oder noch immer.
Sie möchte gerne herausfinden wie die Welt funktioniert.
Sie teilt die Welt vorläufig in 2 Teile.
Ramona und die Welt. Sie tippt sich mit dem Bleistift gegen ihre Lippen.

A 14.

Ramona träumt auch. Sie träumt von alten Lieben. Und wenn sie aufwacht, ist sie
verunsichert.
Sie wünscht sich, ihr Leben wäre in der gleichen Ausgangssituation wie der Traum. Aber ihr
Leben hatte die Situation die Situation zu beenden. Ihr Leben hat im Gegensatz zum Traum
viele unwissende Situationen. Und vielleicht wird sie in einer der Situationen glücklich
werden, auch wenn sie alleine bleibt.

A 15.

Ramona geht auf Treppen. Regenbogenfarbene auf- und absteigende Treppen. Sie macht
große Schritte und ihr Fuß wird von der Schwerkraft auf die nächste Stufe abgezogen, einige
Zentimeter, erst der Fußballen, dann der Rest.
Ramona ist auf verschiedenen Treppen gelaufen. Manche gehen im Kreis.
Bei einer wurden die Stufen größer. Nach 4-5 brauchte sie 2 Schritte, nach noch einigen mehr
3. Exponentiell wachsende Stufen.
Ramona sitzt und schaut sich ihre Schuhe an. Die Schnürsenkel halten den Schuh am Fuß. Es
gibt viele Erfindungen, die sie sehr praktisch findet.
Ramona geht im Sumpf. Schwerer hinderlicher Sumpf. Wenn Ramona im Sumpf geht, denkt
sie, dass ihr Körper dafür nicht gemacht ist. Dann ist alles schwierig. Vielleicht hat sie die
falschen Schuhe.

A 16.

Das Leben findet sie nicht einfach und hat Probleme damit, zu wissen, was zu tun ist.
Ramona ist Mitte 20ig, etwa in meinem Alter. Ramona hat gute Ideen, schade, dass sie nicht
recht glücklich ist.
Ramona hat Eltern. Eltern, die O.K. sind und sie gern haben. Aber Ramona traut ihnen nicht
ganz über den Weg. Sie glaubt, sie war nicht geplant und sie ist enttäuscht, dass ihre Eltern ihr
so fremd sind.
Ramona weiß, nur sie ist verantwortlich für sich und doch ist sie in ihrem Handeln
eingeschränkt, da sie fürchtet, die Konsequenzen würden die Menschen enttäuschen.
Sie sollte sich einen Rock und Strumpfhosen anziehen, überlegt sie.

A 17. Eine Ramonas guter Ideen

Wie wäre es, wenn sie sich ihr Arschloch lecken könnte wie eine Katze, hat Ramona die Idee.
Sie ist sich nicht sicher, ob es tatsächlich eklig ist, wie alle es sagen würden.
Sie ignoriert die anatomische Unmöglichkeit und stellt sich ihr Gesicht fröhlich unbedacht
wie eine Katze aus einem Manga vor, die schwungvoll mehrere Male an ihrem Arschloch
entlangleckt.
Zwischen Bauch und Lunge kitzelt es, weil sie etwas denkt, für das sie beurteilt würde, sie
vermutet schlecht.
Es weiß aber niemand und so freut sie sich an ihrer folgenlosen Unsicherheit.
Aber wenn man sich vorher sehr gründlich wäscht, wie ist es dann noch eklig?
Sie freut sich in sich hinein und vor sich hin.

A 18. Ramona war schwimmen

Vor allem wenn es draußen kälter ist, geht Ramona gerne schwimmen. In dem alten hohen
Gebäude liegt das Becken, in dem Ramona ein paar Bahnen geschwommen ist. Sie hat ihr
Cape in der Umkleide gelassen. Sie ist nicht ganz 100% motiviert und legt sich auf eine
Liege.
Ein paar Liegen weiter liegt Omega.
Ramona fühlt sich rein, aber auch ein wenig leer. Noch ist alles normal, irgendwann wird hin
und wieder vieles anstrengend und ungewohnt, aber Ramona mag die ruhigen Pausen.
Sie glaubt aber gerne, dass die Pausen ohne Anstrengung nicht angenehm wären. Sie hat ein
Buch dabei ‚Geschichten Henks‘ und einen Krimi. Sie liest mal das eine, mal das andere.
Sie ist ein wenig traurig aber zufrieden.
Sie hat ihre Füße aufgestellt und formt ein ‚O‘ mit dem Mund.
Ramona denkt darüber nach, sich einen Pony zu schneiden oder schneiden zu lassen. Sie hat
die Melodie gelassen und den Text von „Her pangs of sadness“ zu „bangs of sadness“
korrigiert.
„Das wäre vielleicht ganz schön, ob ich dann anders wirke?“
Ein dicker alter Mann geht vorbei. Er hat viele Haare am Rücken und an den Schultern.
„Mich stört das gar nicht so, wie es mir weisgemacht wird“. Er springt elegant ins Wasser.
Sie ist in Stimmung Freunde zu machen.
Ein Mann ist ein Mann und eine Frau ist eine Frau. Beide können sich klug oder dumm
verhalten, Kluge machen sich froh, Dumme machen sich traurig. Ramona versucht nicht
gegen sich zu arbeiten. Eine riesige Menge Mensch hat mir ihrem Nachwuchs und dieser mit
seinem ein Wort erfunden, über das sich Ramona nicht mehr sicher ist. Was, wenn sie gar
nicht traurig ist?
Sie ist aber alleine und es fällt ihr viel leichter aus jemand Fremden einen Freund zu machen,
wenn sie in Begleitung eines bereits zu einem Freund gemachten ist.
Ohne hat sie eine kleine Wand vor sich und fühlt sich nicht locker.
Ein Mann setzt sich in den Liegestuhl neben Omega. Sie reden ein wenig über das
Schwimmen. Er legt sich auch hin. Im vertrauten Tonfall, mal leise mal flüsternd reden sie
miteinander. „Hast du mal Lust auf eine Geisterbeschwörung?“, fragt sie ihn. „Weißt du, wo
es eine gibt?“, fragt er zurück. „Ne, antwortet sie. „Kommt man da so einfach rein?“, fragt er
sie. „Hm, weiß ich nicht. Wir können mal auf Foren schauen“, antwortet sie.
Das ist ein schönes Gespräch, denkt Ramona. Ihre Stimmen klingen freundlich zueinader,
erfreut und interessiert aneinander. Oder eher an der Zeit miteinander. Gute interessierte
Stimmen, die das alles nicht zu wichtig nehmen.

Krimi

Raphael kommt an einen Baum. Er wusste auch nicht mehr weiter und fragt sich, was zu tun
sein kann. Also versucht er ganz still zu sein, zu atmen und zu warten. Seit einiger Zeit mag er
nicht mehr, seit kurzer Zeit begreift er, dass er sich nicht mag.
Ein zufälliges Wesen, das begonnen hat, sich nicht zu mögen. Eines von vielen?
Raphael denkt viel, wenn der Tag lang ist. Er läuft den Waldweg zurück, dort ist ja auch
nichts zu tun. Er begegnet Henk. Sie lächeln sich an und nicken einander zu/ aneinander
vorbei.
„Hehe, da ist auch ein Henk drin“, denkt Ramona.
Am Palast mit Garten und Pool angekommen, atmet er tief durch und geht in die Aula/den
Empfangssaal. Er beobachtet beim Gehen seine Füße, es erinnert ihn an seine Menschlichkeit
und an sein Vergehen.
Durch eines der großen Fenster sieht er Malte im Garten graben oder arbeiten. „Seltsam,
Malte hat mir doch erzählt, dass er gar nicht so der Naturtyp ist.“, sagt sich Raphael.
Er läuft die Treppen rauf und klopft an Mathildes und Hendriks Zimmer. Nur Hendrik ist da,
dabei wollte er Mathilde sehen. Raphael fragt nach ihren Plänen für den Nachmittag. Sie
gehen am nahegelegenen See baden, ob er mitkommt. Klar sagt er. Er mag die 2.

Carlson geht es elend. Auch er mag nicht mehr. Er ist körperlich sehr stark. Was die anderen
nicht wissen, ist, dass er schon mehrere Leute ermordet hat. Aber er ist eigentlich ein
friedfertiger und ruhiger Typ. Manchmal erfordern es einfach die Umstände, da gibt es nichts
zu verurteilen.
In seinem Zimmer trainiert er. Liegestützen und ähnliche Kraftübungen. Nach den Übungen
geht er duschen, wenn auch keine geistige, zumindest körperliche Zufriedenheit.
Später am Nachmittag.
An der Bar trifft er Sandra. An einem Nebentisch sitzen Helga und Bernd. Beide trinken ein
Glas Rotwein, sie essen zu mittag.
Sandra bemerkt zu Carlson, wie lieb sie das alte Ehepaar (Helga und Bernd) findet. Wenn sie
wüsste! Aber sowas kann man nicht wissen nur durch Nachfragen, dafür braucht man
Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis, denkt sich Henk.
Er liest eine Zeitung, zur Tarnung und aus Interesse. Beruflich ist er sehr urteilend und er ist
beruflich da.
„Wer wird wohl und wer wird geworden?“, fragt er sich unter seinem Schnauzbart. Er streicht
ihn genüsslich und würde sich gerne von jedem beobachtet wissen, wie er genüsslich streicht.
Er hat einen Krimi dabei, den er selbst geschrieben hat. Der Personal Computer Mörder. Den
liest er, um sich zu fähig zu halten. Der Krimi ist äußerst kompliziert, jeder ist ein Mörder,
aber wer bringt wen um, wieso und wann.
Er schaut kurz auf Carlson und Sandra, schüttelt seinen Kopf in sich reinlachend nach rechts,
stampft die Handflächen auf den Tisch, stützt sich ab und steht auf.
Auf einem roten Teppich und unter Blitzlichgewitter geht er auf die Bar zu, zu den beiden, als
ob nichts wäre und ignoriert die Begleiterscheinung seiner Bekanntheit. Hier kennt ihn jedoch
keiner, darf keiner ihn kennen, aber diese Art hat er sich angewöhnt.
Er stellt sich zwischen Carlson und Sandra. Sie schauen ihn an. „Was ist das für eine
Wahnsinnshitze hier, wie viel Grad haben wir, 25?“ sagt er humorvoll.
Sandra zieht die Augenbrauen hoch, nickt abwertend, abwartend.
„25, 24“ schüttelt er die Hand abwägend.
Niemand bemerkt, dass es ein Ablenkungsmanöver ist.
Ein Knall geht durch das Zimmer. Weniger als eine Sekunde hat Henk gebraucht um zu
wissen, woher er kommt. Durch seine Beobachtungsgabe hatte er es jedoch schon davor
berechnet. Ein Blitzen explodiert ganz leise und schelmisch in seinem rechten Auge. Er dreht
sich langsam um und sendet einen Ruheimpuls durch den Raum, dessen Wellen sich jedoch
am Ursprungsort des Knalls durch Intereferenz aufheben. So verhindert er eine Panik. In
diesem Fall war es nicht notwendig, aber er hat es sich zu einem Reflex entwickelt.
Svernick steht am Tisch. Seine Lebenspartnerin schaut zu ihm auf. Er schreit „Warum ist es in
diesem Raum so extrem heiß? Das sind 100% 2-3 ° zu viel, zu viel Hitze. Wo ist der
Manager, wo ist das Thermostat? Wieso. Ist. Es. Hier. So. Heiß?“, fragt er nach jedem Wort
lauter werdend, nach jedem Wort eine kleine Pause, jedes Wort betont. Vollkommenes
Unverständnis. Resignation. Anbahnende Verzweiflung. Svernick setzt sich wieder auf seinen
Stuhl, die Ellbogen auf die Knie, den Kopf zwischen die Hände und wippt leicht nach vorne
und nach hinten.
Carolina streichelt ihm den Rücken, Verständnis und Fürsorge spenden. Er dreht sein Gesicht
zu ihr. „Wieso?“ Erschütternde Fassungslosigkeit in seinen Augen.
„Wie ich sehe, haben Sie die Anzahl ihrer Liegestützen gesteigert?“, sagt Henk nebenbei zu
Carlson. „Sport hilft eine ausgeglichene Stimmung zu fördern“ „habe ich am Donnerstag in
Psychologie heute erfahren“ vollendet Henk mit Carlson den Satz. „Gelesen“ hat auch Sandra
versucht nur das letzte Wort mitzuvollenden. Und ist gescheitert, sogar verzögert.
Henk überlegt sich wie viel Morde wohl noch geschehen müssen, bis die Menschen begreifen
werden..

Ramona trocknet sich die Haare

Ramona steht in der Umkleide des Schwimmbads. Sie hat geduscht und steht in Unterwäsche
am Waschbecken. Sie föhnt sich vor dem Spiegel und lässt die warme Luft über ihren Körper
blasen.
Sie mag die Frische nach dem Bad und die Behaglichkeit, die sie beim Körperföhnen
empfindet.
Sie fühlt die Wärme an ihrer Haut und sie fühlt in sich hinein. Wärme ist Wärme.

A 19. Ramona ist langweilig

Ramona sitzt bei der Arbeit und ist traurig. Die ganzen paar letzten Wochen war sie recht
traurig. Kein Cape-Wehen in dieser Zeit.
Sie zieht ihren rechten Schuh aus, stellt den Fuß auf den vorderen Rand des Stuhls, auf dem
sie sitzt, und massiert ihre Zehen.
Ramona weiß nicht genau, ob ihr Verhalten einen schlechten Eindruck auf ihren Vorgesetzten
machen würde, deshalb versucht sie es möglichst ungesehen zu machen.
Solange er da ist, macht sie sowas nicht und hofft immer, dass er es nicht mitbekommt.
Ramona denkt darüber nach, warum sie traurig ist. Sie hat gar nicht wirklich Grund dazu. Sie
schreibt ein paar SMS, hoffentlich antwortet jemand schnell.
Ramona ist einfach traurig machend langweilig.
Im Dativ und vielleicht deswegen auch im Nominativ.

A 20. Ramona lügt

Ramona liegt im Bett und denkt an zukünftige Situationen. Sie überlegt sich, wen sie wie am
besten belügen wird. Sie findet das selbst nicht gut, sich zu überlegen, wen sie wie am besten
belügen kann, denn sie weiß zu wenig.
Außerdem findet sie, spontan zu lügen ist besser.
Die Menschen mit denen sie sich am besten versteht und die sie am meisten mag, belügt sie
am wenigsten.
Aber nicht weil sie sie am meisten mag, belügt sie sie am wenigsten. Sie belügt sie am
wenigsten, weil sie sich am besten mit ihnen versteht und sie am wenigsten belügen braucht.
Lügen ist keine böse Handlung, vermutet Ramona.
Lügen ist ein Eingeständnis, dass sie wenig weiß, sie würde nicht lügen, wenn sie alles
wüsste.
Ramona vermutet, Lügen hat so einen schlechten Ruf, weil so viele Leute es so schlecht
durchführen.
Wenn man spielen ernst nimmt, macht auch das keinen Spaß.
Die schlechteste Durchführung ist das Lügen nur mit den Worten.
Da den Menschen nicht so wichtig ist, was sie sagen, achten sie mehr auf die Stimme und das
Gesicht. Natürlich auch auf den Geruch, aber den kann Ramona, so viel sie weiß, nicht
beeinflussen.
Wenn Menschen Ramona mit Worten belügen, statt mit der Art, freut sich Ramona, denn sie
lügt gerne und Menschen, die sie belügen, mag Ramona nicht.
Wenn man weiß, dass man lügt und damit einverstanden ist, lügt man besser, glaubt Ramona.
Und wenn man glaubt, was man lügt, noch besser.
Ramona sagt ungern Widersprüchliches, denn was ergäbe das für einen Sinn. Dann glaubt
einem niemand mehr, das möchte Ramona nicht.
Ramona hofft, dass alles, was niemandem schadet, grundsätzlich positiv ist.
Deswegen kann sie sagen, dass eine neue Frisur hübsch aussieht. Was weiß sie schon von
hübsch? Natürlich sagt sie, dass die vorhergehende hübscher aussah. Die Zukunft ist Ramona
wichtig.
Am meisten Eingeständnis fordert das Lügen durch Lachen von ihr.
Es setzt Intelligenz und Erfahrung voraus und sie beherrscht es noch nicht ganz so gut. Bei
jedem Spiel braucht man einige Zeit um die Regeln zu verstehen und nochmal einige Zeit um
sie gut anwenden zu können. Da braucht man kein Gefühl der Minderwertigkeit empfinden,
das geht allen so.
Ramona glaubt an die Seele.
Warum wären die Dinge sonst so, wie sie sie wahrnimmt.
Zeit nicht zu lügen hat sie noch genug. Denkt Ramona.

A 21. Es wird kalt

Ramona kommt in Weihnachtsstimmung. Diese Kälte erinnert sie an vor 3 Jahren. Damals,
als sie alleine war, hat sie etwas Ähnliches empfunden. Sie freut sich auf die Lichter und die
Wärme, die eine andere Bedeutung hat umgeben von Kälte.
Die Erinnerungen an eine Zeit alleine sind rationaler, an eine Zeit, die sie mit Menschen
verbracht hat, gefühlsvoller, vermutet Ramona.
Und jeder weiß wie Gefühle einen belügen können.
Ramona mag Größenverhältnisse. Sie wundert sich, wie das Gehirn eines Menschen so viele
Tätigkeiten ausführen kann. An wie viele Sachen es sich erinnert. Vielleicht sind es aber gar
nicht so viele Sachen.
Ramona ist von sich und ihrem Gehirn beeindruckt.
Wenn die Kälte ihr ein gutes Gefühl gibt, mag Ramona die Kälte, aber Ramona weiß, wie
Gefühle einen belügen können.
Ihr Bauch hat eine wenig Befürchtung vor der Zukunft. Ramona hat schon lange nicht mehr
geweint, sie würde bald mal gerne wieder.
Weinen ist ein wenig wie kotzen, denkt Ramona.
Danach geht es einem besser.

A 22. Ramona geht alleine ins Theater

Ramona geht alleine ins Theater. Es ist Dienstag und sie möchte einen fremden Raum. Auf
einem fremden gemütlichen Sessel. Eines fremden Menschen unbekannte Ideen. Vielleicht
weiß er es besser als sie, hofft Ramona, aber nicht im Tiefen.
Im Dunkeln ist es ihr angenehm, der Sitz ist weich. Sie zieht ihre Schuhe aus und setzt sich im
Schneidersitz auf den Sessel.
Auf der Bühne entflammen in einem Streit die Emotionen der zwei Schauspieler. Der eine ist
wütend auf den anderen, weil er zu wenig Wissen hat und falsche Vorstellungen von der
Welt. Der andere habe mit seiner Frau geschlafen. „Selbst Schuld“, denkt Ramona.
Der Sitz ist angenehm und ihre Stimmung gelöst, aber das Stück ist langweilig. Wer streitet
nach 20 Minuten? Aus diesen Gründen?
15 Minuten später merkt sie, dass gegen das Theaterstück zu sein keinen Sinn macht und
versucht Verständnis zu suchen.
„Immer überwinden, das ist anstrengend“, bemerkt sie zu sich „aber auf lange Zeit gesehen ist
das besser, weil es glücklicher macht.“ Sie probiert es ein paar Mal, denkt irgendwann an
Pyramiden.
Das Theaterstück war einfach nicht gut.

A 23. Ramona bindet

Es ist samstags morgen. Anton Bruckner hüpft ihr auf den Schoß.
Sein vergiftetes Essen hatte sie wieder beiseite geräumt. Mit dem Alter wird sie vielleicht
besser darin, denkt Ramona.
Sie kauft nun regelmäßig Essen für ihn und er lässt es sich schmecken.
Immer bindet man sich an Wesen. Anton ist nicht fähig zu urteilen, sie bindet sich.
In ihrem Bauch weht es, Gefühle werden umhergeflogen. Windstärke 3.
Je mehr man bindet, desto mehr ist man in der Welt.
Ramona denkt darüber nach, in eine andere Stadt zu ziehen.
Sie geht zu einer ihrer größeren Pflanzen und reißt ihr ein Blatt raus. Pflanzen haben keine
Gefühle.
Wenn Ramona in Gesellschaft anderer Menschen ist, fühlt sie sich ungeordnet. Alleine ist sie
schwer. Sie stellt sich Menschen als Tiere vor, es klappt ein wenig besser. Es entsteht eine
Spannung, wenn man das Bestmögliche machen möchte und nicht weiß wie, grübelt Ramona.
Ramona hat 2 Ziele: Sie möchte begreifen, dass sie tun kann, was sie möchte und
herausfinden, was sie tun kann, dass sie weiß, was sie möchte.
Ramona weiß nicht genau, was sie mit den Menschen anfangen soll, kann oder darf.
Ramona ist schlecht gelaunt zu anderen Menschen, wenn sie unzufrieden ist.
Das macht es auch nicht besser, sie bohrt sich in sich.

A 24. Ramona möchte eine Familie gründen

Ramona möchte kein Gott sein. Diese machen Fehler, für die sie nicht verantwortlich gemacht
werden möchte. Sie möchte aber ein Kind erschaffen. Oder die Natur mit ihr erschaffen
lassen.
Sie stellt einen nahen-mittleren Zukunftsplan auf. Mit viel Freiraum.
Sie spürt jetzt schon das Kind in ihr wachsen, sie weiß es sind nur die Gefühle, aber die sind
Voraussetzung.
Davor muss sie aber noch die Welt verstehen, überlegt sich Ramona, das darf man nicht
vergessen.

A 25. Ramona versteht Patriotismus

Ramona ist stolz auf gute Menschen. Sie sieht sich als deren oberster Anführer, im Geheimen.
Wie unterteilt man Menschen in gut und schlecht, weiß Ramona, das geht nicht. Aber wenn
man oberster Anführer ist, ist man häufig stolz auf sie und stolz ihr Anführer zu sein. Stolz ist
ein Gefühl, das Kraft gibt. Gute Menschen machen Fehler und lernen.
Ramona setzt sich in ein Pflanzenhaus und macht eine unsortierte Liste. „Was macht gute
Menschen zu guten Menschen?“
1. Sie übernehmen Verantwortung für ihre Handlung, denn so kann man lernen
2. Sie bemühen sich in Situationen, die sich nicht gut anfühlen ihre Möglichkeiten der
Verbesserung zu suchen und durchzuführen
Ein Mann läuft vorbei begleitet von einem Kind mit Cape, das vollkommen
verantwortungslos die Zahlen 1-10 ruft und wiederholt. „Zum Glück ist keine mürrische Oma
im Pflanzenhaus, die sich über Fröhlichkeit aufregen könnte“, denkt sich Ramona. Ramona
würde gerne einen Liebesbrief bekommen haben und wie einen kleinen Schatz im
Pflanzenhaus erst geöffnet und gelesen haben.
„Zurück zum Leben“, denkt Ramona. „Wer glücklich ist, braucht andere nicht zu beurteilen.“

A 26. Ramona liegt es auf der Zunge


Ramona hält die Luft an. Schon seit sehr sehr langer Zeit liegt ihr die Zufriedenheit auf der
Zunge. Manchmal fühlt sie sich daheim, dann ist sie zufrieden, aber fast immer liegt ihr die
Zufriedenheit die Atemröhre sich komisch anfühlen lassend auf der Zunge. Ein Leben lang
spielt man mit seinen Gefühlen, man muss nur verlieren und gewinnen lernen, denkt sich
Ramona.
B – Mein Vogel
B 1. Der Teil vom Wald

Klein, etwa schnabelspitzengroß für meinen Vogel mit Haarreif liegen auf dem roten
Blütenblatt die restlichen Tropfen des letzten Regens. Hier sind die Blütenblätter nicht aus
Papier. Die Blumen wachsen jede für sich ungeordnet um den Baum.
Weiter entfernt wohnt eine ruhige alte Frau. Sie hat in ihrem Herzen einen Tunnel und eine
Kiste.
Es ist etwa 5 Uhr morgens.
Auf dem ersten Ast sitzt mein Vogel. Seine Füße hängen herunter, sein großer gebogener
Schnabel zeigt nach vorne. Seine Federn sind grau und seine Augen durchsichtig.
Ein Mensch schaut raus und lebt hier in dem Vogel.

B 2. Der Baum

Der Vogel lebt schon lange auf und bei und an dem Baum.
Der Baum lebt einer unter vielen.
Auf den Federn des Vogels laufen viele kleine Tierchen. Für ihn ist das normal, als er viel
jünger war, haben sie angefangen sich anzusiedeln und jetzt sieht man weitaus mehr
krabbelnde Tierchen als Federn. Sie beißen aber nicht und stören ihn, soweit er das beurteilen
kann, nicht besonders.
Sie sind grau, auch sie müssen leben.
Ein dicker Vogel geht am Baum vorbei, beide verbringen einige Male Zeit und Ort
miteinander, verbringen Ideen miteinander, keine guten. Die Tiere sind teilweise auf den
anderen Vogel übergegangen. Man sieht nun ein wenig mehr Federn, sie sind dunkelblau. Der
dicke Vogel kommt, nachdem er anfangs nur aus Zufall vorbeigekommen ist, dann aus
Absicht und Zufall gemischt, nun wieder nur noch aus Zufall vorbei.
Nach etwas längerer Zeit haben sich die Tierchen wieder vermehrt.
Vielleicht kommen sie vom Baum, sonst hat das kein Vogel, es ist ein wenig seltsam.

B 3. Der Vogel

Mein Vogel hat einen dunklen Haarreif auf dem Kopf. Der Mensch in ihm sieht am Rand der
Augen ein wenig Fell des Kopfes und in der Mitte den großen Schnabel. Der Schnabel ist
farbig, aber der Vogel weiß noch nicht welche Farbe, die Farbe des Schnabels muss man erst
erkennen lernen.
Er ist sich nicht sicher, ob er gehen oder fliegen soll, also geht er. Der Mensch in meinem
Vogel ist sich ein wenig fremd in der gewohnten Umgebung, denn was sind schon die
Wahrnehmungen eines Vogels für einen Menschen.

B 4. Das Röhrengebäude
Im Wald steht ein Gebäude auf einer Lichtung. Sehr viele dicke Röhren aus Aluminium und
anderen Metallen, die der Vogel nicht kennt, schwingen sich um das Gebäude und in ihm
dünnere. „Das ist Aluminium“, hatte der Vogel, der das Gebäude bewohnt, ihm gesagt. „Es ist
ein Metall, leichter als die anderen.“ Die Rohre klingen hohl, wenn er dran klopft. Manche
Rohre rosten, manche sehen neu aus, um manche haben sich Pflanzen gewickelt.
Zum 2ten Stock des Gebäudes sieht er einen kleinen Vogel durch das Fenster einfliegen.
Das Gebäude scheint die Natur nicht zu stören.
Innen sind die Räume aus Holz.
Mein Vogel redet im 2ten Stock mit einem zottigen gefüllten Vogel, dem Bewohner. Selbst
nur von Raum zu Raum oder für die Treppe schlägt dieser Vogel mit seinen Flügeln und
springt ein zwei Meter um voranzukommen.
„Vor einigen Tagen habe wir ein neues Rohr außen angebracht. Ich habe von einem Händler
gehört, der vernünftige Preise hat und die Gelegenheit genutzt.“, sagt der bewohnende Vogel.
„Das überrascht mich nicht.“, antwortet der Gast.
Meist schaut mein Vogel den Vogel an, manchmal versucht er, der Mensch, aus meinem
Vogel heraus den Vogel oder den Menschen im anderen Vogel anzuschauen.
Bei dem Gespräch entstehen kleine bunte Kugeln aus meinem Vogel, die an ihm
herunterkullern und dann zerstauben. Manchmal versucht er sie zu ordnen, aber es erfordert
Mühe.
Er verabschiedet sich, dann auch vom 2ten Vogel, der im ersten Stock in der Küche
beschäftigt war, geht nach außen und schaut auf das Gebäude mit den vielen Rohren.
Es ist das Haus seiner Eltern.
Er schlägt die Arme auf und fliegt ein wenig weg.

B 5. Die ruhige alte Frau

Die ruhige alte Frau hat noch immer einige Anzeichen ein Vogel zu sein. Sie geht jedoch
schon recht aufrecht und hat große Füße. Sie gießt ihre Blumen. Mein Vogel weiß nicht
wirklich einzuschätzen, ob man Blumen gießen braucht, überhaupt sollte und wie viel Wasser
Blumen brauchen. Sollte man Gott spielen und falls ja, wie?
Bis zur Nacht haben die Blumen genug Sonne getankt, um in ihren Farben zu leuchten.
Ein hündiges Tier lebt bei ihr.

B 6. Das Pony

Eines Tages lernt er das Pony kennen. Es ist ein goldenes Pony mit lila Augen und lila
Schwanz. Das Pony beherrscht die Sprache meines Vogels nicht vollständig.
An einem Tag öffnet das Pony einen Kreis in der Luft und beide steigen aus ihren Körpern in
den Kreis.

B 7. Der Tunnel
Der Eingang (Kreis) führt in einen Tunnel. Er ist in voneinander abgetrennten
Regenbogenfarben ausgemalt. Vor 2 Jahren hatte ihn bereits eine Schildkröte ohne schlechte
Hintergedanken in einen regenbogenfarbenen Tunnel geführt. Er war als Vogel wieder
herausgekommen.
„Lass uns dich erklären“, sagt der Mensch, der aus dem Pony in den Tunnel gestiegen ist.
„Ok“, sagt der Mensch aus meinem Vogel, knebelt ihn und verlässt wolfig den Tunnel.

B 8. Der Mondbesuch

Mein Vogel fliegt mit einem Raumschiff auf einen der Monde. Es ist ein besonderes Gefühl,
die ersten leichten Schritte auf ihm zu gehen. Sein Fell ist stacheliger geworden, die Federn
glänzen ein wenig. „Geht in eure Hütten, wir haben morgen einen schweren Tag vor uns“,
hört er in seinem Helm über Funk den Kommandanten an die gesamte Gruppe durchsagen. Er
wird zugeteilt, er ist alleine. Im Grunde kann jeder der Waldbewohner auf einen der Monde
fliegen. Im Gegensatz zum Wald sind jedoch keine Linien aufgemalt, wo etwas sicher ist und
wo nicht.

B 9. Der Baum

B 10. Ramonas Großtochter

Er führt sie bei der Hand und sie gehen in den Tunnel. Seit dem letzten Mal hat sich Wasser
angesammelt. Der Mensch aus dem Pony sitzt geknebelt.
Sie plantscht mit ihren grünen Ballerina aus Leder im Wasser. Ansonsten ist sie nackt und
ihre Schenkel fangen an den Menschen aus meinem Vogel zu erregen.

B 11. Die ruhige alte Frau

Die alte Frau sitzt in der umgebauten Garage ihres Hauses. Ein Fahrrad steht drin, ein Auto
hat sie nicht mehr. Sie sitzt vor einem Tisch, ihr langer Schnabel beugt sich im Interesse des
Alters nach unten.
Heute ist jedem langweilig. Ihr auch.
Die Garage hatte sie vor einiger Zeit umgebaut, um ihre Pflanzen zu untersuchen.
Auf dem Tisch steht ein Mikroskop, im an der Wand hängenden Schrank sind verschieden
starke Objektive, Pinzetten, Gartenscheren und chemische Lösungen sorgfältig eingeordnet.
Die Pflanzen sind für sie Lebewesen und sie spricht mit ihnen.
Heute ist ihr langweilig.
Mit dem Auge am Mikroskop schabt sie einer der Blüten das Blatt auf, zerreißt es langsam.
Pflanzen sind wie Indianer, sie kennen keinen Schmerz.
Sie mischt ein Gift zusammen und sprüht es auf eine Pflanze. Keine Reaktion.
Heute ist jedem langweilig.
Ihrem hündigen Tier möchte sie nicht wehtun, er würde denken, er hat etwas falsch gemacht.
Sie möchte nur ein wenig Leiden in der Welt. Langeweile vertreibendes Leiden.
Es dämmert bereits im Wald. Die alte Frau geht mit ihrem hündigen Tier spazieren. So
scheint es. Sie hat in ihre alte-Damen Handtasche eine Sprühflasche mit Gift eingepackt. Am
Garten eines ihrer entfernten Nachbarn sprüht sie das Gift auf das Gemüse, über den
Holzzaun.
Mal schauen.
Sie geht mit ihrem hündigen Tier spazieren, ein angenehmes Gefühl vertriebener Langeweile
im Herzen. Sie ist fröhlich. Am Gartentor eines ihrer Nachbarn hält sie einen kurzen Plausch,
wird hereingebeten, trinkt einen Tee und der Tag scheint doch nicht so übel gewesen zu sein.
„Wie nett, dass sie vorbeigekommen sind. Heute war so eine drückende Langeweile im
Haus.“
Die Nachbarin denkt, nachdem sie gegangen ist, wie nett die ruhige alte Frau doch ist und die
alte Frau denkt dasselbe von ihr.
Zu Hause kocht sie sich ein Pilzeragout. „Wenn nicht zu viele drinnen sind, sind sie nicht
giftig“, weiß die ruhige alte Frau. Wie eigenartig der Körper auf die richtige Dosis Gift
reagiert.
Tagsüber haben sie die Sonne ganz verdeckt, aber auch nie wirklich scheinen lassen, in der
Nacht sind die Wolken bereits verflogen worden.
Die Sterne, weit entfernt, leuchten klar über dem Planeten, über den Wald. Das Licht legt sich
auf die Bäume und kuschelt sich rein.
Die alte Frau sitzt in ihrem Garten, das hündige Tier liegt bei ihr. Einige Blumen leuchten
noch vom Tag ganz schwach in ihrer Farbe.
Sie ist nicht allein. Selbst ohne das hündige Tier wäre sie nicht alleine.

B 12. Die ruhige alte Frau war auch einmal jung

In der umgebauten Garage der alten Frau ist eine Tür eingebaut. Sie führt in einen kleinen
geheimen Raum. In diesem Raum ist eine Blase. In dieser Blase ist der Wolf.
Mit der Schnauze an der Blase, wütend. Wenn der Wolf gegen die Blase drückt, geht sie mit,
bis irgendwann die Ziehkräfte des Materials größer sind als die Kraft des Wolfes.
Die Blase platzt nicht, nie.
Der Wolf ist wütend, er fletscht die Zähne.
Unzählige Male hat er versucht, die Blase zu zerplatzen, ewige Male mit seinen spitzen
Zähnen, ewige Male mit roher Gewalt.
Es haben sich nie auch nur annähernd Erfolge gezeigt.
Eine weitere kleinere Blase steht im Raum. In dieser ist die Schildkröte. Auch sie ist wütend
und hat unzählige Male probiert die Blase zu durchdringen, auch bei ihr hat es nie auch nur
annähernd Erfolge gezeigt.
Auch sie wäre lieber frei.

B 13. Ein weit entfernter Nachbar wird krank


Er liegt in seinem Bett. Die Bettlaken sind durchgeschwitzt. Seine Frau kümmert sich sehr
sorge- und liebevoll um ihn. Die Sonne scheint durch die Vorhänge des Fensters in das
Krankenzimmer. Die Nachbarn kommen den Nachbarn zu Besuch.
Einige Kinder wurden schon dazu aufgefordert zu beten, dass er nicht stirbt.
Die ruhige alte Dame kann nun auch nichts mehr rückgängig machen. Nicht, dass sie wollte.
Sie redet häufig mit der entfernten Nachbarin, deren Mann gerade stirbt.
Entfernte Nachbarn kommen zusammen.
Dem ältesten Sohn des sterbenden Nachbarn fallen einige Federn aus.
Einige Vögel finden das eklig, junge wie alte. Es wird vermieden, dass er gemieden wird, aber
eklig finden sie es definitiv. Er sieht nicht schön aus.
Die ruhige alte Frau reibt ihm die Stellen mit Blättern ein, die sie dafür herausgesucht hat.
Nach und nach werden es mehr kahle Stellen, aber die Blätter helfen.
Die alte Frau ist sehr bemüht, den Personen, die von diesem Tod direkt betroffen sind, zu
helfen.
Nicht aus schlechtem Gewissen, es war ihr Plan.
Der Junge mag sie, aber er ist verloren in seinen Gefühlen, seinen Vater zu verlieren, er ist
noch nicht gelöst von ihm.
Die ruhige alte Frau sucht Wege die Menschen zu mögen und handelt nach ihren Schlüssen.
Der weit entfernte Nachbar stirbt.

B 14. Der Freund

Der Freund der ruhigen alten Dame wartet auf sie in ihrem Garten. Ihm gefallen ihre Blumen,
so hässliche wie manch anderer hat sie nicht.
„Wenn man sie sich mikroskopisch betrachtet vorstellt, während man sie in ihrer kleinen
Normalgröße anschaut, wirken sie mehr wie ein Kunstwerk als wie eine einfache Blume. Und
du wirkst mit deiner Blechgießkanne und deiner Schere dazu bei, das ist hübsch.“, hat er ihr
einmal gesagt.
Er heißt Eduard Wolf.
Genüsslich schiebt er sich einen Proteinriegel ins Maul.
Genüsslich kauft er drauf rum.
„Ich stelle euch vor Proteinriegel – Geschmackszellen, Geschmackszellen – Proteinriegel“
Bei den Vögeln heißt er Eduard Wolf.
Er nimmt sich eine Schatulle aus einer Tasche seines Mantels und holt einen Diamanten
heraus. Aus einer anderen Tasche nimmt er seine Werkzeuge, dann bearbeitet er ihn.
Bei den Wölfen heißt er Eduard Vogel.
Er geht aufrecht, ein Zeichen seines hohen Alters und hat Merkmale beider Tierarten.
Schon damals war er älter als sie. Damals hat sie angefangen ihn in ihr Leben zu binden, ihres
an seins. „Du bist wie ein kleines ‚G‘“ hatte sie ihm mal gesagt, als sie nahe waren. „Wenn du
in der Zeile über mir stehst, schaust du trotzdem ein wenig rein. Und wenn du in meiner Zeile
stehst, schaust du ein wenig in die nächste.“
„Wir können nicht alle perfekte kleine ‚O’s sein“, hatte er ihr geantworet. „Perfekte
langweilige kleine große Punkte, die irgendwann sterben, wenn ihr Leben zu Ende ist.“
„Auch du stirbst, wenn dein Leben zu Ende ist“, hatte sie ihm geantwortet. Er wusste auch
nicht weiter, aber stört sich nicht daran.
C Ramona 2
Fehlender Text

3.

Ramona schüttelt den Schlaf von den Bettdecken. Durch das Fenster schüttelt sie einer
sauberen Zukunft entgegen.
Anhang
Der Teil der „Geschichten Henks“, den Ramona im Schwimmbad gelesen hat

Henk sitzt an seinem Schreibtisch. Er reibt sich das Handgelenk, nachdem er mit dem Stapel
Papiere fertig geworden ist. Immer nur Unterschriften. „Einer muss die Arbeit machen und
anscheinend ist es wieder mal Henk.“
Henk ist eine nicht gerade zufriedene Bankfachkraft.
Unangekündigter Besuch klopft an der Tür. Misstrauisch zieht Henk seine Augenbrauen
zusammen. „Wer mag das sein?“ Er ruf ‚herein‘ zur Tür. Der Türknauf dreht sich und eine
Hand wedelt das Ende einer Krawatte zur Tür herein. Ein junggebliebenes Gesicht schaut
lächend um die Tür.
Immer lächelnd läuft der Besuch langsam mit wippenden Schritten und Armen ins Zimmer.
Er macht eine Lokomotive nach. Er schaut Henk freundlich an. „Ah, mein Lieblingsanwalt,
sei gegrüßt Henk!“, sagt Henk zu Henk. „Hast du Lust auf einen Kaffee?“ „Mit dir, Henk, mir
dir immer!“ Sie gehen in ein Café.

Gutgelaunt erkundigt sich Henk nach Henks Frau, Er hat sich eine Stunde Zeit genommen,
um mit Henk zu plaudern. Henk ist das recht, auch wenn er seine Arbeit in der Bank nicht
besonders mag, gibt es wenige Menschen, für die er diese Arbeit ruhen lassen würde. Henk
ist einer dieser wenigen Menschen. „Ach, das ist immer ein wenig das selbe. Gestern abend
hat sie Appetitlosigkeit vorgetäuscht. Sie sagt, sie wird krank. Und ihr idiotischer Arzt wird
ihr wohl wieder ein Medikament verschreiben, so dass sich die Pharmaindustrie die Hände
reiben kann. Es ist enttäuschend.“ Henk legt seine Tasse ab und klopft Henk die Schulter.
„Das wird schon wieder. In jeder Ehe gibt es Krisen, das wird schon wieder.“
Die Bedienung kommt mit einem Teller in der Hand an den Tisch. „Hier bitte, ihr Omelett!“
Henk hebt seine schulterklopfende Hand von Henks Schulter, in die Luft und sagt charmant:
„Danke mein Schatz, mir ist nicht einmal aufgefallen, dass ich gewartet habe.“ Sie lächelt ihn
bezirzt an. „Wie laufen die Geschäfte?“, fragt Henk. Henk kaut seinen Bissen zu Ende und
streicht sich mit einer Serviette über den Mund. „Das werde ich dir gleich erzählen mein
Freund. Wir haben ein großes Tier aus Hong Kong in der Stadt, ein Schurke, ein waschechter
Schurke, mit Finger dicker als Bananen. Er soll einer Prostituierten den Bauch aufgeschnitten
haben, um sich darin zu vergnügen. Abspritzen und so. Üble Geschichte, übelste Geschichte.“
Henk nimmt sich einen Bissen vom Omelett und spühlt ihn mit Kaffe runter. „Üble
Geschichte. Jetzt kommt er zu mir und will, dass ich ihn raushaue, weiß auch nicht, wie er
sich das vorstellt. Sie sagt, er habe ihr Schlafmittel in den Wein getan und dann erst geschlitzt.
Er sagt, er weiß von nichts, sie sei eingeschlafen und da kann man ja auch nichts machen
außer enttäuscht nach Hause gehen. Haha, als ob. Dabei reibt er sich seine fetten Finger und
schwitzt. Mit so einer Geschichte kommt er zu mir und jetzt muss ich mir wieder was
einfallen lassen. „Wann ist die Gerichtsverhandlung?“ „In 10 Tagen“, sagt Henk kauend.
Henk hat seinen Kaffee schon ausgetrunken.

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