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Trabant, Jürgen – Europäisches Sprachdenken (2022 August)

1 Paradies: vom ersten Wort zur Sprache des


Herzens

1.1 Israel – Bibel


1.1.1 Benennen
Gott: Sprach – machte/schmied – benannte
Sprache als benennen, kognitiv > kommunikativ
Mensch benennt Tiere → akademische Sprache

1.1.2 Miteinander Sprechen: Hinaus aus Eden


Schlange: erster Sprachakt: kommunikativ

1.1.3 Verschiedenheit als Strafe: Babel


Einheitsverlust und Verstreuung durch Verschiedenheit

1.1.4 Versöhnung: Pfingsten


Für jeden verständlich trotz Verschiedenheit: Inhalte der Sprache universell, Form der Sprache
verschieden

1.1.5 Am Rande und Schibboleth


Aussprache als Diskriminierungsmerkmal zweck Ermordung

1.2 Griechenland
Wandel von Israel: historisch zu Griechenland: kosmisch-universell

1.2.1 Sprachlosigkeit der Erkennens - Platon: Kratylos


Sokrates entscheidet zwischen physis (Natur der Wörter entspricht Natur der Objekte) und thesis
(Wörter werden per Übereinkunft gesetzt)
a) kommunikativ: Worte sind belehrendes Werkzeug, das Wesen unterscheidet wie die Weberladen
das Gewebe sondert
b) kognitiv
1.2.2 Das Zeichen oder die Gleichgültigkeit der Sprache – Aristoteles :
de interpretatione
Auftrennung der Sprache in Kommunikation → thesis und Kognition → physis
Begriff (denken zwischen den Menschen gleich) /Zeichen (Laute zwischen Menschen verschieden)
Sprache: Ensemble von Signifikaten, die Gedanken kommunizieren
1.2.3 Logik, Rhetorik, Grammatik
Kognitiv: wahre Sätze → Philosophie : konstatives sprechen
kommunikativ: Bitten oder Aufforderungen → Rhetorik und Poetik: performatives sprechen
Logik: Verknüpfung von wahren Sätzen
Grammatik: niedergeschriebene Regeln, Kunst des Schreibens → Laute und Wortarten

1.3 Rom
1.3.1 Imperium und Mithridates – Cicereo : de oratore
Römisch: Rhetorik > Philosophie => politisch/praktisch > theoretisch
technische Etablierung: Regeln vor einsprachigen Wörterbüchern
römisches Imperium: Latein als universale Sprache (mit Griechisch als Elitensprache)

1.3.2 über den Redner


Inexistenz Wortlisten: Wörter selbst uninteressant als reiner Signifikanten
Vario/Sadar von Sevila: Wörter als „natürliche“ Abbilder → „physei“: conceptus + res sind
materiell verbunden → „Phonetiko-Semantik“
Grammatik: Wortarten, der Satz: nackt ohne Schmuck
Cicero: agere (wirken, gesellschaftliches Handeln) vs cognoscere (verstehen, geistiges Erfassen)
1.3.3 Augustinus: Die Stille des Gebet
Rom wird vom Senat mit politischer Rede zum Kaisertum (absolute Wahrheit) inkl. Abschaffen der
Rhetorik
Concupiscentia: Begierde → nach außen gerichtet, „Fleisch“ getrieben → Gegenpol: nach innen
gerichtet, Gott zuhören und innere bestehende Wahrheit wieder entdecken
Sprechen: Lehre, Beten, Erinnern (mahnen, etwas zu suchen, das man noch nicht erinnern kann)
(Erkenntnis, aber Erkenntnis > Zeichen)
Innere Wahrheit: philosophisch orientiert, jedoch religiös (innerlich) statt geistig,
äußerlich/materiell als prinzipiell sprachlich
=> doppelter Abschied der Sprache: kognitiv und kommunikative Funktion > begriffliche Wahrheit
aus nicht sprachlicher Erfahrung

1.4 Zwei Schlussfolgerungen


a) große Sprüngen, viel ausgelassen
b) Auslassung des Mittelalters

2 Florenz – Poetische Weltsprache und neue


Grammatik des Paradies
2.1 Vulgaris eloquentia: Volkssprache vs Muttersprache –
Dante (13. Jhdt.)
2.1.1
Hohe Lyrik der Gelehrten (doctores) = jede kunstvolle Sprachproduktion, nicht nur dichten
„Eloquentia“, aber in Volkssprache statt Latein

2.1.2
„vulgaris“: Volkssprache: Differenz in Bildung zu Latein
„maternus“: negativ konnotiert, „provinziell“ im Gegensatz zur Weltsprache

2.1.3
Überwinden des Makels der Abtrennung (Verschiedenheit der Sprachen)
künstliche Sprache: arts- und zeitlos (→ Grammatik)

2.2 Nemo ante nos – von der Notwendigkeit der Doctrina


2.2.1
Ab 11.Jh: Wiedererstarken lateinischer Bildung in romanischen Europa
jedoch: gesellschaftlicher Kontext: sekulär und aristokratisch-höfisch (feudaler Adel) statt kirchlich
(lateinisch)
ab 13.Jh: städtisch-patriziale Kultur → Erbe sowohl des Hofs als auch der Kirche → Diglossie der
Vulgare und Grammatica

2.2.2
Verbindung der Dichtung und Gelehrsamkeit
nach Dante 200 Jahre, aber gegenteilige Entwicklung: Latein erstarkt, Volkssprache weniger im
Humanismus

2.2.3
Dante: Versuch das sprachliche System zu vermesesn mittels Autoritates und Ration

2.3 Subiectum nobile: Das Wesen der Sprache


2.3.1
Sprach-Theorie nach Aristoteles und christliche Philosophie (Engel, Mensch, Tier)
Syntheke = übereinkunft → nach belieben → Individualität des Geistes

2.3.2
Sprache als edles Zeichen des Menschen, jedoch: Verschiedenheit auf Grund der Individualität →
Ruhm begrenzt
2.4 Paradisum: Ursprung der Sprache
2.4.1
Neu-Darstellung der biblischen Geschichte: Bezeichnung =/ Gespräch, Sprache als „glorification“

2.4.2 Erste Ideom: Herbäisch

2.5 Turris Babel: Verschiedenheit


2.5.1
Babel = Katastrophe, Zerstreuung der Sprache: Welt, Europa, Italien

2.5.2
Sprachverschiedenheit
a) Aus Verschiedenheit des Menschen erklärt = geistig
b) zeitlich
c) örtlich
→ Mensch als historisches Wesen

2.6 Grammatica: Die neue Sprache des Paradieses


2.6.1
Grammatica: Versuch mittels Regeln Zeit und Ort zu überwinden

2.6.2
Dialektwald: Dissonanzen der Varietäten

2.6.3
Idealtyp (ganz Italien): vulgaren illustre (Licht der Gloria) cardinale (normgebendes Zentrum und
Führung) aulicum (politische Sprache des königlichen Palastes) curiale (höfisch, kulturelle und
ethische Maßstäbe)

2.6.4
=> wie in Rom Grammatica: Versuch einer einheitlichen Sprache

2.7 Nos Autem cui mundus est patria: Weltsprache


2.7.1
Kritik der vulgaria
2.7.2
Theorie sprachlicher Variation auf Grund der menschl. Willkürlichkeit

2.7.3
Spätwerk: Gott sagt „come v’vabbelle“ → Freiraum sprachl. Kreativität als Kehrseite der vorher als
Negativ beschriebenen Wirklichkeit

2.8 Zurück zur alten Welt-Sprache


2.8.1
14./15. Jhdt: Primat des Lateinischen

2.8.2
Cicero als Ideal/Norm, valla: physei-thesei Differenziertheit → Ohr und Geist vernehmen Wörter,
Sprache konstituiert menschl. Realität

2.8.3
nescio quid:je ne sais quoi bestimmter Sprachen / Ideome

2.8.4
üax italica durch Papst; italienische Identität mit Latein als Sprache → Öffnung zum Rest Europas:
Kultur Transfer und Motor der europäischen Kulturbewegung
Accademia della Crusca (Florenz) → Modell für franz Sprachakademie

3 Bologna – Paradise Lost: Welche Sprache für


Europa
3.1 Die Frage nach der Sprache
3.1.1
Entwicklung ab 16. Jhdt: Dichter und gebildete Lauen schreiben auf Volkssprache statt Latein →
italienische Diskussion über italienische Sprache

3.1.2
zwei verschiedene Typen des sprachlichen Handelnden: Antinomie der sprachlichen Vernunft
anthropologische Typen: Redner/Rhetorik vs Philosoph/Philosophie

3.2 Bologna 1530 oder über Ruhm und Anmut


Historisches Treffen 1530 in Bologna zwischen Humanist (Professor der klassischen Sprache,
Gelehrter), Dichter, Höfling (Cortegiano), Scholar
3.2.1
Dichter (Volkssprache Toskanisch) vs Gelehrter (Latein als Primat) => Sprache = Höchstes und
Kostbarstes > Politik und Macht = Welt (monde)

3.2.2
Höfling: Welt > Sprache in politische und kognitiver Hinsicht → wie wird gesprochen: pragmatisch
- performativ

3.2.3
speziature: negligentia diligens =^Coolnes = Anmut aus Ingenium kommend, spontan (wörtlich:
verachtend, nicht achtend) statt gravitas = Würde

3.2.4
Kultur der Sprache = wörtliches Gärtnern (=poetische Funktion der Sprache): Texte selbst im Fokus
statt Kommunikationspartner oder Sachen
Ruhm (Fama oder gloria) der Jahrhunderte
=> gloria vs sprezzatura/grazia

3.3 Bologna 1522 oder über Ruhm und Wahrheit


Scholar: Bericht über Disput zwischen Lehrer und griechischen Gelehrten

3.3.1
Lehrer: Naturphilosoph, neuer Wissenschaftler: Erforschung der Sache selbst eigne Augen >
Autorität der Bücher (→ Platons Kratylos)
Fokus: Erkenntsni der Sachen statt der Wörter → Wahrheit

3.3.2
eine einzige Welt, eine Wahrheit irrelevant der Sprache

3.3.3
aristotelische Urauffassung Begriff > Wort

3.3.4
Abkehr von sprachlicher Eleganz als Schmuck, nur wissenschaftlicher Fortschritt: optimal wäre
eine einzige Sprache

3.3.5
Verschiedenheit der Sprachen: „bloß materiell, in Zeichen verschieden“
3.4 Die Antinomie: der sprachlichen Vernunft
3.4.1
a) Art und Weise, sich die Welt anzueignen
b) Sprache als arbiträres Zeichen

3.4.2 Typen von Handelnden und Sprachwahl


a) Dichter: Volkssprachen
b) Gelehrte: von Latein zu Volkssprachen seit Reformation zu nationalen Sprachen
c) Höflinge: nationale Sprachen
d) Naturwissenschaftler: erst Latein, dann Nationalsprache → größte Wirksamkeit

3.4.3
Streit des Sprachdenkens: von aristotelischer Sprachirrelevanz zu Bacons (17. Jhdt) erkennen von
semantischen Verschiedenheit der Sprachen

3.4.4
Sprache als Zeichen (Wissen, Geschäft)
Sprache als Sprache (Wirken)

3.5 Verteidigung und Illustration des Französischen (1549)


Joachim Du Balley: Defense et Illustration de la langue francais

3.5.1
Nachahmung der Antike, aber in französisch, translatio der lateinischen würde 1524: „je ne sais
quoi“ des Französischen

3.5.2
Übertragungsmythos: translation imperii, translatio studii

3.6 Der heilige Geist in Wittenberg


Martin Luther: Sendschreiben an Ratsherren der deutschen Städte
Gottes Wort und Gnade wie ein Platzregen von Ort zu Ort

3.6.1
Reformatoin: Erneuerung des Glaubens, Vorschlag: bürgerliches Schulwesen statt Sprachen als
„heilige Laden/Behältnisse“, Luther als zweiter Hieronymus: Bibel in Volkssprache
3.6.2
Volkssprachen etablieren sich aus unterschiedlichen historischen Gründe

3.7 Francois
Drucker Geoffrey Tory – Champ Fleury

3.7.1
Frankreich: politische Gründe: König und Drucker
Typographie zur Standardisierung des Drucks → Gedanken über Orthographie und Grammatik
=> zur geschäftlichen Sicherheit

3.7.2
Grammatikalisierung an Norm des pol. Zentrums Frankreich: Hof (Macht und Sprache) → 1539
öffentliche Urkunden und Gerichtssachen in Volkssprache (= Hof nicht Volk): langue d’oil > langue
d’oc

3.7.3
franz. König: Studium der dreiheiligen Sprachen (griechisch, Latein, Hebräischen) und
Volkssprachen (1530) → collège des lectures royaux (heutiges college de france)

3.8 Mithridates
3.8.1
Aristotelischer Blick: oberflächliche Laute → ab Mitte 16. Jh: Neugier der Individualität

3.8.2
Conrad Gesner (Drucker): Unterschiede der Sprachen → Sammlung Bibelstelle: Vater Unser

3.8.3
Neuland Amerika: Sprachliche Semantik verschieden

3.8.4
Nationalstaatliche Organisation + Reformation: Vorantreiben der Nationalsprachen

4 London-Paris: Neue Paradiese oder die Peinigung


des Wissen und der Sprache
4.1 Das englische Lamento beginnt: my wonderful launderette
Francis Bacon: Novum organum 1620
16.Jh Etablierung von Volkssprachen statt Latein in Literatur, Theologie, Wissen
4.1.1
Kritik der Idole: Sprache beinhaltet Konzepte
Vorurteile: aus gesellschaftlichen Verkehr entstandene Fehlurteile in Worten fixiert: Wörter
schneiden in Sachen rein => Transfer der Bedeutungslinien

4.1.2
idola fori: besonders Wörter, die geistig sin
a) ohne Entsprechung in Sachen
b) schlecht beschreibende Worte
=> Reformation

4.1.3
Bsp: Lateinische Wörter => keine Kritik an Volkssprachen per se

4.1.4
Conceptus und vox= Einheit
Phantasie erschafft conceptus und vox bindet sie zu Standhaftigkeit
Vergleich Wissenschaft mit Himmelreich: „nur in Gestalt eines Kindes“ → vorsprachlich: infantis

4.2 Reines Denken in Frankreich


Rene Descartes 1637: Discours de la methode

4.2.1
Blick nach innen, sich selbst anklagend (wie Augustinus) statt nach außen wie Bacon (Welt)
Revue/Kritik der „lettres“ =^ tradiertem Wissen
Unterschied Maschine/Mensch [a) handeln b) sprechen ]- nach inneren, freien Gedanken →
Sprache als Zeuge des Gedanken

4.2.2
Chomskies Fehlinterpretation: Schöpferischer Sprachgebrauch nicht auf Grund schöpferischer
Grammatik, sondern schöpferischen Denken

4.2.3
rationalistisch: Sprache bloß Anzeichen der Kognition
empiralistisch: Kritik der realitätsstiftenden Funktion der Sprache auf die Kognition ohne
Wahrheitsbeleg
4.3 Die Reinigung der Volkssprache
4.3.1
Latein (Lehrer, Schule, Bücher) vs Landsprache (Vernunft, Natürlichkeit) → wenn Fokus auf
Vernunft liegt, braucht es kein Latein

4.3.2
Academie francaise: Reinheit, Eleganz (Sprachkunst), Effizienz (techn Wissenschaft) → neuer
gesellschaftlicher Raum
Purismus + Elitarismus in Frankreich

4.3.3
Enge der akademischen Sprache nach politischen Willen der aristrokratischen Abgrenzung /
Isolierung

4.4 Die linguistische Purifikation: Klarheit, Universalität,


Harmonie
4.4.1
Akademie francaise: Etablierung staatlich geförderter Sprachlenkung
→ Kultur des Performatien
→ Ideom der Sprache: Klarheit des Französischen → Genie der Sprache

4.4.2
Universalgrammatik (Port-Royal 1660)
=^Einheit der Sprachen, jedoch nur Vergleich romanischer Sprachen

4.4.3
Studium der Gleichheit und Verschiedenheit der Sprachen 16./17. Jh

5 London-Paris-Neapel: das Reich des Menschen und


die Sprache
John Locke: Essay Concerning Human Understanding 1690

5.1 Locke oder der Nebel vor unseren Augen


5.1.1 Arbitrarity
Geist als Folge der Sinneswahrnehmungen → Idee baut sich aus Reflexionen auf: → einfach und
komplexe Ideen: Substanzen und mixed mods = Sprache als Marker
individueller Geist schafft willkürliche Zeichen der Ideen
5.1.2 Imperfections
Wortbedeutungen: unsicher, da Ideen nicht klar → „a mist before our eyes“ → „noise“ auf Grund
von Willkürlichkeit

5.1.3 Abuses
Hobbes: 4 Grundfunktionen des Lernen: Lernen, Lehren, Einander Helfen, Vergnügen Bereiten
4 entsprechende Missbräuche: Sich-selbst täuschen, andere täuschen, lügen, andere grämen
Locke: Unklarheit / Fehlen von Ideen, Unbeständigkeit im Gebrauch , Wörter für Sachen halten,
Wörter an Stelle von Sachen stellen, Bedeutung für selbstverständlich halten

5.1.4 Remedies
Missbräuche (extern) werden zu Krankheiten (intern) → Heilung: Wörter müssen alltäglichem
Gebrauch entsprechen
kohärenter Ausdruck der Bedeutung: declare this meaning
keine Wörter ohne Bedeutung nutzen
Ideen müssen klar sein + bestimmt (determinate)

5.1.5 Charity
Nachsichtigkeit beim Interpretieren auf Grund der Unklarheit

5.2 Condillac oder Ursprung und Genie


Condillac 1746: Essai sur l’origine des connaissances humaines
Suche nach Ursprung: Konjekturale Geschichte des menschlichen Geistes
→ Radikalisierung des empirischen Ansatzes =^systematische Integration der Sprache in den Geist
Sinnesempfindung als Quelle
→ aus denen alle höheren Operationen der Seele entstehen, mit Vernunft als menschliche Krönung

5.2.1 les signes


Zeichen verortet im Gedächtnis: Verknüpfungen von Ideen und Zeichen
höchste Ideen: einfach, Substanz, mixed mods: Archetypen
Methode: Begründung der Wissenschaft auf Basis der Zeichen: Geschichte des Fortschrittes (vs.
Lockes Negativität)

5.2.2 origine et genie


Problem: Wildheit und einzelsprachliche Partikularität
Ursprung: der Bibel analoge Geschichte (im kath. Frankreich!) → aufbauende Interaktion zu
Zeichen
Genie: Individualität aus natürlichen (Klima) und sozialen (governement) Umständen →
Volkscharakter der Sprache

5.3 Leibnitz oder die wunderbare Vielfalt der Operationen


unseres Geistes
Leibnitz 1765: nouveau essais

5.3.1 Akromatisch
= esoterisch, dem hörend Kreis → akustisch/auditiv statt sehend
Zirkumjekt statt Ob-jekt → atemende Welt, pneumatischen Geistes

5.3.2 Natürlichkeit
Ursprüngliche Natürlichkeit der Sprache: seelenbewegung in Laute
historische Sprachwissenschaft: Suche nach der Proto-Welt
=> Einheit der Signifikanten

5.3.3 Individualität
Semantische Unabhängigkeit von sAchen: Ausdruck der individuellen Verschiedenheit der
Wahrnehmung und Kenntnis der Sachen → deskriptives Projekt der materiellen Einheit zwischen
Sprachen

5.3.4 Linguistik
Sammlung des Sprachmaterials, historisch-sozio-kulturelle Dokumentation → enthusiastische
Begrüßung sprachlicher Vielfalt

5.3.5 Universalsprache
Cognitio obscure
cognitio clara – confusa = natürliche Sprachen
cognitio clara – distincta – inadequata
cognitio clara – distincta – adequata = Bemühung um Universalsprache

5.4 Vico oder die Neue Wissenschaft von der alten Sprache
Giambattista Vica 1744 – Szienza Nuova
erkenntnistheoretischer Grundsatz: erkennbar ist nur, was man selber gemacht hat → Kultur
betrachtungen statt Natur
5.4.1 Poetische Charaktere
Mondo civile: durch Bücher, Zeugnisse der Menschheit zugänglich → was sind die universellen
Gesetze?
Zeichenwissenschaft, da Zeichen Ausdruck der Menschen sind → Soziologie
Geschichte: a) göttliches Zeitalter und göttliche Sprache → natürliche Beziehung zwischen Zeichen
und Idee = Ikonische Zeichen
b) heroisches Zeitalter, aristokratische Klassenstruktur, Sprache: heraldische Zeichen für Macht und
Besitz
c) menschliches Zeitalter und menschliche Sprache → willkürliche Zeichen, Zeichen vereinbart

5.4.2 Neue Wissenschaft


Sammlung der Gebrauchswörter zur Findung des gemeinsamen mentalen Standpunktes

5.4.3 Fazit
Bacon entdeckt volkstümliche Semantik
→ Locke vertieft und zeigt als Decke für Wortbedeutung auf
→ Cadillac + Leibnitz begrüßen Variabilität als Ausdruck verschiedener Geister
→ Vico sucht Strahlpunkt

5.5 Newspeak: Neue Wissenschaft und Terror


5.5.1 Der Contegiano als Philosophe
Praktik: wozu a) Wissenschaft b) höfische Kommunikation: marks und signs → Dinge
Enzyklopädie: 18 Jh: Bemühunge um cognizio della cose → Dinge
franz Revolution: Neue Herrschaft mit neuer Sprache und neuer Wissenschaft

5.5.2 Sprache der Revolution


Condillac: Lockesche Sprachauffassung: Sprache und Denken verbunden
une langue bien faite: Veränderung der Sprache bewirkt Veränderung des Denkens
prejugé in Sprache verankert → politischer Kampf durch Worte

5.5.3 Revolution der Sprache


Neue gesellschaftliche Realitäten: neue Wörter: roi = tyran
bis zu semantischen Terror „Glottophagie“
6 Riga-Tegel- Der beste Spiegel des menschlichen
Geistes Sprachwissenschafts-Kapitel
6.1 Vom Ursprung über das Genie zu den Genen der Sprache
6.1.1
Condillacs Sprachgeschichte: Vom Ursprung zum Genie

6.1.2
Leibnitz Sprachgeschichte: empirisch erfassbar
a) Erforschung aller Sprachen bis zum Ursprung → Verwissenschaftlichung der Sprachforschung
b) Deskription aller Sprachen als Spiegel des menschlichen Geistes „Verschiedenheitsprojekt“

6.1.3
Verschiedenheit der Semantik

6.1.4
Ende: ewige Gemeinsamkeit der Sprachen
→ universal grammar und mentalese (Lexikon=

6.2 Herder: Ursprung und Geschichte


Johann Gottfried Herder: Abhandlung über den Ursprung der Sprache (1772)

6.2.1 Sprach-Philosophie
Nicht mehr in großen philosophischen Rahmen, sonder für sich → Semiotik aller Sachen
Sprach-Vernunft vs Kants reine Vernunft

6.2.2 Ursprung: Ha! Du bist das Blökende!


Saft, der Sprachwurzel nährt: tierisch unmittelbares lautliche Äußern → menschl. Sprache durch
Besonnenheit → 1) semantisch-kognitive Beziehung zur Welt → innerliches Merkmal ohne Mund
und Gesellschaft → 2) stimmliche Umsetzung zwecks Kommunikation
→ Sphärisches Verhältnis => dialogisch

6.2.3 Geschichte: Gesellschaft und Verschiedenheit


Verbindend mit In-Groups, entzweiend mit Out-Group; Entwicklung zur Menschheitsfrage
universeller Gemeinsamkeit (pfingstliches Sprachdenken)

6.3 Mithridates 2
Wissenschaftliche Vergleiche zwischen Sprachen
6.3.1 Pallas
Simon Pallas 1786-1789 orbis vocabularis comparativa
Russisches Reich: Forschungsgebiet unter Peter dem Großen → Auf Kyrillisch: Zarin Katharina
Verzeichnis 200 Sprachen für 285 Grundideen

6.3.2 Hervas
Lorenzo Hervas 1778-87 Idea dell universo Enzyklopedia
Vater Unser in 307 Sprachen: Interlinearversion mit lexikalisch grammatikalischen Kommentar →
tiefere strukturelle Verschiedenheiten (besonder amerikanische Sprachen)

6.3.3 Adelung / Vater


Adelung/Vater 1806-1816 – mithridates
Vater Unser und linguistischer Kommentar + historisch-geographische Info
Spanisch, lateinische Referenz (Phonetik, Grammatik)

6.4 Indien oder die Zeit und die Einheit der Sprachen
Historisch-vergleichende Sprachwissenschaft

6.4.1 Schlegel – die Weisheit Indiens


Friedrich Schlegl - 1808 - über die Sprache und Weisheit der Inder
Ermessung des europäischen Geistes aus dem Geiste Indiens
Übersetzungen, innerste Struktur + Grammatik → Flexion → vergleichende Grammatik
Aufteilung in „besonnene“ menschl. Sprachen vs „dumpfe“ tierische Sprachen

6.4.2 Bopp: die Physiologie der Sprachen


Franz Bopp : 1816 : über die Conjugationssystem der Sanskritssprachen im Vergleich
systematische Erforschung der Grammatik (+ Konjugation) → Naturgegenstand: wissenschaftliche
Trockenheit ohne Ideologie

6.4.3 Grimm: das Deutsche und das Indogermanische


Jakob Grimm – Deutsche Grammatik 1819/1822/1836
lautliche Zusammenhänge und historische Entwicklungen „Lautgesetze“
Ur-Indo-Germanisch: gemeinsamer Ursprung → hypothetische Konstruktionen
nach Schleicher: indogermanischer Ast 1861/76

6.4.4 Opposition: Sprach-Geschichte


Ab 20 Jh: Karl Vossler 1904/05 → Geist + Kultur der Sprache : Reorientierung zur Semantik
Nationen statt einzelner Autoren arbeiten Sprache auf: Sprachatlanten, Grammatiken, Pragmatik,
Wörterbücher, Geschichte gelebt

6.5 Amerika oder der Raum und die Verschiedenheit der


Sprachen
Alternative / Protest zur diachronisch-naturwissenschaftlichen Lehre des 19.Jh in Europa
a) Vossler: unhistorisch
b) de Saussure: Sprachwissenschaft → synchronische Erforschung

6.5.1 Menschenbeobachter
Degerado: 1800: Beobachtung der Wilden
Ethnologisches Sprache lernen zwecks Kommunikation

6.5.2 Humboldt: die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus


Alexander von Humbold a) über Denken und Sprechen 1795, b) Berliner Rede von Akademie 1820
c) Über die Kawi Sprache auf der Insel Jawa 1836-39
vergleichende Sprachwissenschaft (Austausch mit Hervas über Amerika) → Monographien und
Querschnitte für Sprachfunktionen (Struktur und Bau der Sprachen)
a) conceptus vox vereinte Wort-Gedanke mit Laut und Bedeutung
zu b) Mund + Gesellschaft: Kommunikatoin als Wiedertönen des Geistes

6.5.3 Charakter: Philologie und Linguistik


Humboldt: Organus und Bau der Sprache wird genutzt → es entwickelt sich ein Sprachcharakter

6.6 Synchrone Linguistik


6.6.1 Toutes les langues de l’univers
Paradigma der Sprachwissenschaft des 19 Jh: historisch vergleichend
→ Bopp, Günen, Diez (1. Gen)
→ Schleicher,“Junggrammatiker“, Brugmann/Dellbrück, Paul(Germanistik), Meyerlübke
(Romanistik), Leipzig: Hochburg = deutsches Modell
Paragdima des 20 JH: deskriptiv: systematische Aufarbeitung

6.6.2 Synchronie und Struktur


Ferdinand de Saussure: 1916 : … de linguistique générale
Begründer der strukturellen synchronischen/deskriptiven Sprachwissenschaft
a) Russland: Baudou in de Courtenay
b) USA: Sopir und Bloomfield
c) Frnakreich: Saussure → Re-Etablierung der Semantik a) innere Zusammenhänge mittels
Opposition b) Humbolds Laut-Gedanke Einheit

6.6.3 Amerika und das Denken der Indianer


Verschiedene Sprachen drücken verschiedene Konzepte aus
Reduktion der Semantik auf physikalische Referenz → Geist des materialistischen Behaviorismus
Whorf: Kontakt mit Indianern, keine sprachlichen Mittel für „Zeit“ – keine Konzepte von Zeit →
Weltansichten in Sprache

6.6.4 Das Geist-Organ


Noam Chomsky: anti-behavioristisch: mental-biologische Sprache : Universalgrammatik und
Mentalese - Biolinguistik

6.6.5 Der Körper im Geist


2. Gen des Kognitivismus um Linguisten Cahoff und Philosophen Johnsen 1980er
→ Wiederentdeckung des Körpers im Denken

6.7 Ursprung und Ende


6.7.1 Proto-Welt
Verbot der Forschung über „erste Sprache“ Ende 19Jh, Leibnitz heute wiederentdeckt

6.7.2 Paradise Regained


Sprachwissenschaft wird zur Kognitionswissenschaft

7 Cambridge-Schwarzwald: Arbeiten, Spiele und


Feiern der Sprache
7.1 Noch einmal: die Wahrheit und die Götzen des Marktes
7.1.1 Bringen wir noch einmal in Erinnerung
Antike: Sache vs Wort –
Platons Sprachloses Ideal → Wahrheit liegt in Ideen
Aristoteles: Abbildung der Sachen im Geist, die von Zeichen
Aufklärung:
Locke (nach Bacon) : einzelsprachige Semantik: verwirrend
Leibnitz: Anzeichen des individuellen Geistes
→ Condillac, Herder, Humboldt → Projekt Sprachwissenschaft
7.1.2 Nietzsche: über Lüge und Wahrheit im außermoralischen Sinn
Sprache als Abkömmling des Leiblichen: Schöpferkraft in Konstrukten der Gesellschaft → Dichter
- Philosophie

7.2 Morgenstern-Abendstern
7.2.1 Casirer: Philosophie der symbolischen Formen (1920)
Erforschung des Dialogischen

7.2.2 Frege: über Sinn und Bedeutung (1892)


Morgenstern vs Abendstern: Ansichten=Sinn, Referenz=Bedeutung

7.2.3
Analytische Philosophie: Sprache als Hinternis

7.3 Sprachspiele: Ginocando


7.3.1 Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen 19
Nach Tractatus logico-philosophicus (1921), Kritik nach Frege: Philosophie muss Sprache
überwinden, Behaupten: wahr-falsch-sprechen
Bedeutung des Wortes: sein Gebrauch in der Sprache → kommunikatives Wirken statt „langue“
→ Sprachspiele =^verschiedener Gebrauch

7.3.2
alltägliches Sprechen → Sprache ist Werkzeug/Instrument

7.3.3
Sprachproblematik: von filosofo zu cartegiano: Gebrauch statt Wahrheit

7.3.4
Vergleich zu Humboldt
Gemeinsamkeiten: Denker der Verschiedenheit der Sprachen
Sprache als Gebrauch: Humboldt: primär semantisch, Wittgenstein: primäre pragmatisch

7.4 Feiern der Sprache


7.4.1 Linguistic turn
Heidegger 1959: Unterwegs zur Sprache
Frege, Wittgenstein
Heidegger: subj. Poesie als Brücke zwischen den Begriffen: Wortformen
7.4.2
liebevolles Eintauchen in Sprache

7.4.3
keine systematische Wissenschaft mehr, dichterische Philosophie

7.5 Im Paradies, herbstlich schluchzend


7.5.1
Redution zum Englischen?

7.5.2

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