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FREMDSPRACHE DEUTSCH Heft 7 HÖREN PDF
FREMDSPRACHE DEUTSCH Heft 7 HÖREN PDF
Fremdsprache Deutsch 7
2 HÖRVERSTEHEN
E D I T O R I A L
I M P R E S S U M
„Ohne Hören kein Sprechen“ - Kinder, die
Fremdsprache Deutsch taub, das heißt ohne Hörfähigkeit geboren wer-
den, bleiben meist auch stumm und müssen ler-
Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts
nen, sich mit Hilfe einer Gebärdensprache zu
herausgegeben vom
verständigen. „Ohne Hören kein Sprechen“, das
Vorstand des Goethe-Instituts
und gilt auch für das Lernen einer Fremdsprache. So
Hans-Jürgen Krumm mag die Überschrift des Grundsatzartikels
Gerhard Neuner zugleich als Motto für die Bedeutung des Hör-
Hans-Eberhard Piepho verstehens im Deutschunterricht verstanden
im Verlag Klett Edition Deutsch, München werden.
Schriftleitung: Sigbert Latzel (Ref. 42, Informations- und Dokumentationsstelle des
Goethe-Instituts) Ohne Hörtexte, die beispielhaft illustrieren, wie
Redaktionsbeirat des Goethe-Instituts: Klaus Fischer, Hans-Jürgen Gierlich, Hörverstehen im Unterricht geübt werden kann, ist
Bernd Kast, Jörg Kuglin, Karl-Heinz Osterloh das Reden über Hörverstehen wenig sinnvoll. Des-
Korrespondierendes Mitglied: Diethelm Kaminski (Zentralstelle für das halb bekommen Sie mit diesem Heft auch eine
Auslandsschulwesen) BEGLEITKASSETTE MIT HÖRTEXTEN.
Verantwortlicher Themenheftherausgeber:
Gert Solmecke Das letzte Heft von Fremdsprache Deutsch war
Verlagsredaktion: Eva-Maria Jenkins dem Thema Landeskunde gewidmet. Auf den Seiten 9
Satz und Gestaltung: Hans-Werner Klein bis 11 ging es um Fragen der Vermittlung eines „rich-
Anzeigenleitung: Verlag Klett Edition Deutsch tigen“ Deutschlandbildes. Dabei könnte bei manchen
Druck: Ludwig Auer GmbH, Donauwörth Lesern der Eindruck entstanden sein, Institutionen
Umschlag: Thomas Drechsel wie INTER NATIONES oder die „Zentralstelle für das
Themen der nächsten Hefte: Manuskriptabgabe: Erscheint: Auslandsschulwesen“ (ZfA) würden sozusagen von
Heft 8: Lerntechniken 1.9.1992 Frühjahr 1993 Amts wegen offizielle Regierungsmeinung vertreten
Heft 9: Lebendiges Grammatiklernen 1.3.1993 Herbst 1993 (siehe dazu die Gegendarstellung auf S.63). Zum Aus-
Heft 10: Aufgaben und Übungsgeschehen 1.9.1993 Frühjahr 1994 druck bringen wollte der Autor an dieser Stelle die
Sondernummer 1992: Fachorientierter Deutschunterricht Auffassung – und das entspricht dem in Heft 6 vertre-
Sondernummern 1993: – Deutschunterricht mit Erwachsenen tenen Konzept von Landeskunde –, daß jede Veröf-
– Deutsch als Fremdsprache in der Bundesrepublik fentlichung und jede Meinungsäußerung immer an
Deutschland (Institutionen, Informationen, Adressen) den Standpunkt des Betrachters gebunden ist und es
Für Fremdsprache Deutsch gibt es zwei verschiedene Jahresabonnements: somit kein „objektiv richtiges“ Deutschlandbild gibt.
Abonnement 1 umfaßt zwei reguläre Hefte pro Jahr zum Preis von DM 23,80 Erst in einem Kaleidoskop verschiedener und ver-
zuzüglich Versandkosten.
schiedenster Meinungen spiegelt sich das sich per-
Abonnement 2 umfaßt die beiden regulären Hefte wie in Abonnement 1. Dazu ein
ebenfalls jährlich erscheinendes Sonderheft. Es kostet DM 37,80 zuzüglich manent verändernde Bild einer Gesellschaft.
Versandkosten.
Die Hefte können auch einzeln bestellt werden. Einzelhefte kosten DM 14,80 Grammatik im Deutschunterricht des zu Ende
zuzüglich Versandkosten. gehenden zwanzigsten Jahrhunderts: Wie sieht sie
© Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Auch
aus? Und welche Rolle spielt sie? Was darf man zu
unverlangt eingesandte Manuskripte werden sorgfältig geprüft. Unverlangt
eingesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt. Recht von ihr erwarten, und was erwarten Lehrer
und Schüler von ihr? Diesen Fragen und der Vermitt-
Die als Arbeitsblatt oder Material bezeichneten Unterrichtsmittel dürfen bis zur
Klassen- bzw. Kursstärke vervielfältig werden. lung ausgewählter grammatischer Probleme wird
Heft 9 von FREMDSPRACHE DEUTSCH nachgehen.
Diesem Heft liegt ein Prospekt des Verlages Klett Cotta, Stuttgart, zu „Cottas
Hörbühne“ bei. Zu dem Heft gibt es eine Tonkassette mit Hörtexten.
Es ist Zeit, an Ihren Beitrag für dieses Heft zu
Adresse der Schriftleitung: Dr. Sigbert Latzel, Goethe-Institut, Referat 42,
Gollierstraße 4, D-8000 München 2 (Tel.: 0 89/41868415) denken. Setzen Sie sich mit dem Themenheftheraus-
geber Prof. Dr. Lutz Götze (Lehrgebiet Deutsch als
Verlagsadresse: Klett Edition Deutsch GmbH, Karlsplatz 5, D-8000 München 2,
(Tel.: 0 89/59 62 74; Telefax 089/59 45 24) Fremdsprache, Universität des Saarlandes, Im Stadt-
wald, D-6600 Saarbrücken) in Verbindung, wenn Sie
Bestelladresse: Ernst Klett Verlag für Wissen und Bildung, Abt. AW, Postfach
10 60 16, D-W-7000 Stuttgart 10. zum Thema „Grammatik“ etwas schreiben möchten.
ISBN 3-12-675512-7
Ihre Schriftleitung
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3
I N H A LT H E F T 7
November 1992
Hörverstehen
4 GERT SOLMECKE:
Ohne Hören kein Sprechen
Bedeutung und Entwicklung des 31 GABRIELE NEUF-MÜNKEL:
Hörverstehens im Deutschunterricht Der dicke Junge weint, weil...
Übungen zur Ausbildung der
12 PETER BIMMEL/MARIET VAN DE VEN: Antizipations- und Speicherfähigkeit
Verstehen üben, verstehen lernen
Hörverstehensübungen für Anfänger 36 GU YÜNYING :
Ich bin krank und brauche einen
17 URSULA HIRSCHFELD: Termin
Wer nicht hören will ... Hörverstehensprobleme chinesischer
Phonetik und verstehendes Hören Deutschlernender
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4 HÖRVERSTEHEN
Leicht in der Muttersprache gern, im Radio oder am Telefon, dann Fremdsprache wie in der Mutterspra-
– schwierig in der Fremd- kann es leicht geschehen, daß man che sehr viel mehr, als wir selbst spre-
schon nach wenigen Worten den chen. Ohne die Fertigkeit des Hörver-
sprache: Hörverstehen Anschluß verloren und am Ende stehens ist man aber nicht in der Lage,
Gesprochene Sprache ist allgegenwär- nichts verstanden hat. Jedes störende gesprochenen Texten Informationen
tig. Als Muttersprache umgibt sie uns Geräusch, jeder Akzent, jeder Spre- zu entnehmen. Hörverstehen ist darü-
in der Regel vom ersten Lebenstag an. cherwechsel, jede ungeläufige Satz- ber hinaus auch die Grundlage des
Wir lernen diese Sprache und gewöh- struktur, jede unbekannte Vokabel Sprechens, der mündlichen Kommuni-
nen uns an sie. Das Verstehen der Mut- (von denen es ja kation überhaupt.
tersprache fällt uns leicht. Mühelos fol- besonders viele Am Hörverstehen
1. Hören und
gen wir den Äußerungen unterschiedli- gibt) können das führt also kein
cher Sprecherinnen und Sprecher, Ende des Verste- Weg vorbei. Um es
auch wenn deren Stimmen sehr ver-
schieden klingen. Spricht jemand sehr
hens bedeuten.
Die meisten Ler-
Verstehen kraß zu sagen:
Man könnte im
leise oder stören irgendwelche Neben-
geräusche, dann hören wir eben etwas
nenden würden
es bestätigen: Es
sind die Basis Zweifelsfall eher
auf die Sprechfer-
genauer hin, und das Problem ist beho-
ben. Das alles fällt uns so leicht, daß
geht einfach im-
mer zu schnell.
für das Sprechen. tigkeit als auf das
Hörverstehen ver-
man durchaus zu dem Schluß kommen Man hat keinerlei zichten. Bleibt also
kann, nur als Sprecher sei man aktiv Zeit zum Überle- an den Fremdspra-
tätig, als Hörer aber verhalte man sich gen. Was gesagt wurde, ist unwieder- chenunterricht nur die Forderung, die
passiv, nehme den vom Sprecher pro- bringlich weg, und Neues tritt an seine Entwicklung dieser Fertigkeit durch
duzierten Text einfach nur auf. Stelle. Hörverstehen aber, bei dem geeignete Übungen so intensiv wie nur
Lernt man aber eine Fremdsprache man nichts versteht, tötet die Motivati- möglich zu fördern.
im Unterricht, dann sieht die Sache on, sich weiter mit gesprochenen
nicht nur zu Beginn ganz anders aus. fremdsprachlichen Texten abzugeben.
Wenn die Lehrerin oder der Lehrer die
Mit welchem Ziel
neue Sprache benutzen, funktioniert betreiben wir die
Die Wichtigkeit des
das Verstehen ja noch recht gut. An Hörverstehensschulung?
ihre Sprechweise ist man gewöhnt, und Hörverstehens
sie nehmen Rücksicht auf die be- Um es anders zu formulieren: Die Schu-
schränkten Sprachkenntnisse der Ler- Das aber darf nicht sein, da es sich lung des Hörverstehens erfolgt mit
nenden. Trifft man aber auf andere beim Hörverstehen ja nicht um irgend- dem Ziel, die Lernenden zu befähigen,
Sprecher der Fremdsprache, sei es bei eine, sondern um eine höchst wichtige gesprochene fremdsprachliche Texte
persönlicher Begegnung, auf Tonträ- Fertigkeit handelt. Wir hören in einer ohne Hilfe zu verstehen, zu verarbeiten
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und das Verstandene zum Ausgangs- oder weniger bewußt sein, sie kann den gesamten Hörvorgang, die Verar-
punkt bzw. zur Grundlage außer- bereits vor Textbeginn vorhanden sein, beitung des Gehörten und schließlich
sprachlichen Verhaltens oder eigener aber auch durch den Text selbst erst auch für die Entscheidung, ob und wie
Textproduktion zu machen. Zur genau- geweckt werden; auf jeden Fall ent- er auf das Gehörte reagieren will.
eren Einschätzung der Bedeutung die- scheidet sie darüber, ob wir als Hörer
ses Zieles für den praktischen Unter- einem Text überhaupt unsere Aufmerk-
richt müssen wir uns im folgenden samkeit zuwenden oder nicht.
Ohne Sprachkenntnisse
zunächst mit der Frage beschäftigen, geht es nicht
wie und unter welchen Bedingungen Die Verstehensabsicht entscheidet
Hörverstehen eigentlich funktioniert. aber nicht nur über die Zuwendung Die beste Verstehensabsicht nützt uns
unserer Aufmerksamkeit, sondern wenig, wenn nicht auch Kenntnisse der
auch darüber, wieviel von diesem Text Sprache vorhanden sind. Denn was
Sprecher, Text, Hörer wir objektiv verstehen müssen, um ihn beim Hören auf unser Ohr trifft, sind
Damit der Vorgang des Hörverstehens subjektiv als verstanden zu werten. nicht Inhalte, Bedeutungen, Wörter
überhaupt beginnen kann, bedarf es Nur selten nämlich haben wir die oder Sätze, sondern ist eine kontinuier-
offensichtlich eines Sprechers, der Absicht, einen Text ganz und in allen liche Abfolge sprachlicher Laute, die
eine Mitteilung macht und eines Einzelheiten zu verstehen, etwa bei wir zunächst einmal verarbeiten müs-
Hörers, der sie empfängt. Dabei kann Kochrezepten oder Gebrauchsanlei- sen, bevor wir etwas verstehen. Wir
die Mitteilung in tungen. In fast müssen
direkter Kommu- allen anderen Fäl- • diese sprachlichen Laute vor dem
nikation, also etwa len aber genügt es Hintergrund anderer Geräusche
2. Zur Mitteilungs-
als Teil eines uns, den Gesamt- identifizieren;
Gesprächs zwi- sinn eines Textes • den ununterbrochenen Lautstrom
schen Sprecher
und Hörer entste-
absicht des oder eine Reihe
wichtiger Einzel-
segmentieren, d. h. in Einheiten zer-
legen, zugleich aber auch übergrei-
hen, sie kann aber
auch medienver-
Sprechers gehört die heiten zu verste-
hen. Es geht uns
fende Einheiten wie Intonation und
Rhythmus erfassen;
mittelt (z. B. durch
das Radio) in indi-
Verstehensabsicht also entweder um
das Globalverste-
• den Lauteinheiten die angemesse-
nen Bedeutungen zuordnen;
rekter Kommuni-
kation zum Hörer
des Hörers. hen oder um das
Detailverstehen,
• Regelhaftigkeiten des Satzes und des
Textes erkennen und korrekt inter-
gelangen. In bei- wobei beide Ver- pretieren und so die Einheiten und
den Fällen reiht stehensarten auch ihre Bedeutungen in einen angemes-
der Sprecher nicht nur eine mehr oder im Verlauf eines Textes wechseln kön- senen Zusammenhang bringen.
weniger große Menge von Wörtern nen. Oder, um es auf eine kurze Formel
und Sätzen aneinander, sondern er pro- zu bringen: In Abhängigkeit von Verste- Im Grunde handelt es sich also bei
duziert einen Text. Ein solcher Text hensabsicht und Text hören wir so dem, was beim Hören an unser Ohr
kann monologisch oder dialogisch extensiv wie möglich und so intensiv dringt, lediglich um Signale, die uns
sein; er kann uns als Erzählung, Diskus- wie nötig. Auf jeden Fall hören und ver- auffordern, etwas zu tun. Wir können
sion, Interview, Bericht, Hörspiel, stehen wir nicht alles, was an unser dieser Aufforderung nur dann Folge lei-
Gedicht oder Vortrag begegnen. Bei Ohr dringt, sondern wir hören und ver- sten, wenn wir jene Signale bereits ken-
der Gestaltung seines Textes hat der stehen selektiv. nen, korrekt interpretieren können,
Sprecher einerseits erhebliche Freihei- ihre jeweiligen Bedeutungsäquivalente
ten, ist andererseits aber auch an gespeichert haben und abrufen kön-
bestimmte, seiner Mitteilungsabsicht Die aktive Beteiligung nen. In der Muttersprache macht uns
und der Art seiner Mitteilung entspre- des Hörers das gewöhnlich keinerlei Mühe. Wir
chende Textkonventionen gebunden. merken nicht einmal, daß wir uns diese
So beginnt etwa ein Märchen in der Es sollte deutlich geworden sein, daß Arbeit machen, denn die eben genann-
Regel mit „Es war einmal...“ und erzählt Hörverstehen keinesfalls, wie der ten Verarbeitungsvorgänge sind so
dann die weiteren Geschehnisse in der immer noch gebräuchliche Begriff sehr automatisiert, daß wir uns ihnen
Reihenfolge ihres Auftretens. „passive Fertigkeit“ nahelegt, ein bewußt gar nicht zuwenden müssen. In
bloßes und eben passives Aufnehmen einer Fremdsprache aber sieht das
von Text durch den Hörer ist, sondern zunächst ganz anders aus. Neue Laute
Verstehensabsicht es verlangt von ihm ein hohes Maß an und Lautverbindungen, ihre Bedeutun-
Hörverstehen kommt aber nicht schon Aktivität. Das gilt nicht nur für die Ent- gen und die Regeln zu ihrer Zusam-
dadurch zustande, daß Gesprochenes scheidung, ob er überhaupt zuhören mensetzung sind ja gerade erst gelernt
an das Ohr des Hörers dringt, sondern und wieviel er von dem Gehörten auf- worden und noch keineswegs automa-
dieser muß auch die Absicht haben, es nehmen und verstehen will, sondern tisiert. Identifikation und Bedeutungs-
zu verstehen. Diese Absicht kann mehr es gilt, wie wir gleich sehen werden, für zuordnung brauchen also Zeit und
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bewußte Aufmerksamkeit, und je mehr menschlichen Zusammenlebens ge- durchaus vorhanden ist. Symphathie
Zeit und Aufmerksamkeit sie brauchen, meint, sondern auch die Regeln der erleichtert dagegen das beidseitige
desto größer wird die Gefahr, daß für sprachlichen und außersprachlichen Verstehen.
die eigentlichen Textinhalte keine Ver- Interaktion, sowie schließlich das die-
arbeitungskapazität zur Verfügung ser Kultur zugrunde liegende Werte-
steht. (Hinweise und Übungsvorschlä- system und die daraus resultierenden
Die Nutzung der Redundanz
ge zur Entwicklung elementarer Hörfer- Perspektiven ihrer Angehörigen. Kultu- erleichtert das Verstehen
tigkeiten auf der Lautebene bringt der relle Kenntnisse sind, das ist damit
Beitrag von Ursula Hirschfeld in die- auch gesagt, Voraussetzung für das Wenn es eben hieß, daß Texte gewöhn-
sem Heft.) Verständnis nicht nur anspruchsvoller, lich weniger Informationen enthalten
sondern auch ganz alltäglicher Texte. als wir zu ihrem Verständnis benöti-
(Wie man damit umgehen kann, zeigt gen, dann müssen wir hier gleich
Ohne Sachkenntnisse geht der Beitrag von Gu Yünying in diesem ergänzen, daß sie gleichzeitig auch
es auch nicht Heft). mehr als die zu ihrem Verständnis
Gerade sie greifen bei näherer benötigten Informationen enthalten.
Die eben beschriebenen sprachlichen Betrachtung auf gemeinsame Wissens- Sagen wir z. B. „die Kinder“, so ist das
Kenntnisse allein reichen allerdings bestände, Wertvorstellungen und Per- Morphem -er zu 100% redundant, also
nicht aus, um spektiven der eigentlich überflüssig, da nach dem die
einen Text zu ver- Gesprächspartner kein Zweifel mehr darüber besteht,
stehen. Der Text zurück, ohne sie daß ein nachfolgendes (nicht-weibli-
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Hörverstehen als
Kultur
Interaktion
zwischen Text und Kontext
Hörer: Inferenz,
Antizipation und
Sprecher Hörer
Verstehens- eigende Verarbeitun
Kultur abst g
strategien anti
zipieren, inferieren
Mitteilungsabsicht
Kontext Verstehensabsicht
Insgesamt wurde noch Sprecherstrategien Situation Verstehensstrategien
einmal deutlich, daß der (Hör-)Text
Hörer einen Text nicht Sprachliche Mittel Sachinhalt
einfach aufnimmt, son- Beziehung
dern mit ihm interagiert. s pra d
chliche Si igen
Texte „haben“ ihre Bedeu- (Sender) gn a l e : a u f s t e (Empfänger)
tung eigentlich nicht, sie
bekommen sie erst im
Zusammenspiel mit der Beziehung
Verstehensarbeit des Situation
Hörers. Und schließlich:
Wir verstehen gewöhn- Kommunikationsprobleme entstehen, wenn Sprecher und Hörer nicht über die gleiche Sprache, nicht über die gleichen
lich viel mehr, als in einem Sachkenntnisse und nicht über das gleiche Vorwissen verfügen, wenn sie Kontext und Situation unterschiedlich
Text tatsächlich gesagt interpretieren und verschiedenen Kulturen angehören. Probleme können auch entstehen, wenn die Beziehung zwischen
wurde. Daß wir dazu fähig Sprecher und Hörer nicht klar oder gestört ist.
sind, beruht auf unserem
Wissen über Situationen, Routinehand- Gehörtem begründet auf noch nicht Kenntnisse über den Fall eine entspre-
lungen, das Rollenverhalten von Men- Gehörtes schließen (antizipieren). chende Meldung zu verfassen.
schen, Zusammenhänge, Kausalitäten, Die Nennung eines Themas
aber auch Textkonventionen oder, kurz Wenn es also in einer Rede heißt: und/oder der Textanfang (z. B. „Es war
gesagt, auf unserem Wissen über „die „Meine Damen und xxxx. Ich begrüße einmal...“), bestimmte Hinweise (sog.
Welt“. Sie...“, dann können wir ohne weiteres Cues) im Text, auch eine bestimmte
Der Text schickt Signale aus, die für xxxx das richtige Wort einsetzen. Situation, in der eine Äußerung ge-
den Hörer auffordern, seinem Gedächt- Inferieren bereitet in der Mutterspra- tätigt wird, richten die Aufmerksam-
nis Inhalte zu entnehmen, die dieser che gewöhnlich keinerlei Mühe und keit also in eine bestimmte Richtung,
wiederum auf den Text anwendet, um geschieht oft so automatisch, daß wir wecken im Hörer von Anfang an und im
ihn verstehen zu können. Der Text es nicht einmal bemerken. Hören wir in weiteren Verlauf des Textes Erwartun-
schickt weiterhin Signale aus, die den Deutschland im gen über das, was
Hörer auffordern, Inhalte zu rekombi- Radio „Schwerer noch kommen
nieren und den vorhandenen neue xxxx auf der A wird. Erwartun-
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Inferenz und Antizipation erleich- nen Erkenntnisse kann eine weitere chen Laute und Lautgestalten und die
tern das Verstehen also ganz erheblich, Strategie wirksam werden, die in der Fähigkeit, ihnen Bedeutungen zuzuord-
und das nicht zuletzt auch dadurch, gezielten Erweiterung des Verstande- nen.
daß sie die für das Verstehen benötigte nen durch Inferenz und in der Entwick- Verstehen setzt das Wiedererken-
Verarbeitungskapazität verringern. Hat lung von Erwartungen über den Fort- nen voraus, verlangt darüber hinaus
man erst einmal mit dem Hören eines gang des Textes besteht. Eine sehr aber auch die gezielte selektive Infor-
Textes begonnen und enthält dieser wichtige Strategie richtet sich auf die mationsentnahme oder die globale
Text entsprechende Hinweise, dann Unterscheidung des Wichtigen vom Sinnerfassung. Es führt zu der Fähig-
können wir die potentielle Vielfalt des Unwichtigen, wobei vor allem Beto- keit, wichtige Details oder den Zusam-
noch Folgenden durch die Nutzung nung und Intonation eine Hilfe sind. menhang eines Textes im Gedächtnis
unseres Vorwissens von vornherein Inferenz, Antizipation und der Ein- zu speichern und - das Vorhandensein
erheblich eingrenzen. Die Berücksichti- satz von Verstehensstrategien sind produktiver Fertigkeiten vorausgesetzt
gung solcher Hinweise ermöglicht es natürlich auch den Fremdsprachenler- - in irgendeiner Form wiederzugeben.
uns darüber hin- nenden als Mittel Das analytische Verstehen umfaßt
aus auch, im weite- der effizienten darüber hinaus Schlußfolgerungen, die
ren Fortgang des Textentschlüsse- über den unmittelbaren Textinhalt hin-
5. Wir können
Textes zentrale lung geläufig – in ausgehen. Es führt zu Antworten auf
Informationen von ihrer Mutterspra- Fragen z. B. nach Personen-, Orts- und
weniger Wichti- nur die che. Sie haben Zeitbezügen, nach der Textabsicht, der
gem oder nicht aber ganz erhebli- Sprechermotivation oder -einstellung,
zum Thema Ge- sprachlichen Signale che Probleme, die- die im Text selbst nicht ausdrücklich
hörendem zu un- se Fertigkeiten auf angegeben sind. Bei sehr vielen Texten
terscheiden. Bei- interpretieren, die eine Fremdspra- ist dieses analytische oder schlußfol-
des hat zur Konse- che zu übertragen. gernde Verstehen mindestens so wich-
quenz, daß wir wir schon kennen. Da das Vorhanden- tig wie das Verstehen der tatsächlich
einen Text ge- sein gerade dieser gegebenen Information (z. B. Werbung:
wöhnlich nicht Fertigkeiten aber Bringen uns Zigaretten einer be-
erschöpfend ana- den guten vom stimmten Marke wirklich Freiheit und
lysieren müssen, bevor wir ihn als ver- schlechten Hörer unterscheidet, ist Abenteuer?).
standen werten, sondern nur so weit, ihre Entwicklung im Fremdsprachen- Die Ebene Evaluation schafft die
bis ein subjektiv zufriedenstellender unterricht von großer Wichtigkeit. Voraussetzung für eine angemessene
Zusammenhang hergestellt wurde (vgl. (Der Beitrag von Peter Bimmel und sprachliche oder außersprachliche
Strohner, 1990, 235). Mariet van de Ven zeigt Übungen, mit Reaktion auf das Gehörte, da wir nur
Mehr Unabhängigkeit von den Text- deren Hilfe schon mit Anfängern sol- selten auf die pure Information eines
informationen bringt nicht zuletzt eine che Strategien für das Hörverstehen Textes reagieren, ohne diese in irgend-
bemerkenswerte Erhöhung der Verste- eingeübt werden können.) einer Form zu verarbeiten, d. h. sie mit
hensgeschwindigkeit. Wir liefern uns unseren eigenen Erfahrungen und
dem Text nicht aus, sondern nutzen Wertvorstellungen zu verknüpfen und
ihn, soweit wir ihn brauchen. Nichts
Verstehensebenen daraus unsere eigenen Schlußfolgerun-
anderes ist eigentlich gemeint, wenn in Wie wichtig die Reduktion der Informa- gen zu ziehen. Evaluation verlangt also
der Fachliteratur von Verstehensstra- tionen ist, die wir einem Text entneh- eine persönliche, wertende Stellung-
tegien die Rede ist. Verstehensstrategi- men müssen, zeigt sich besonders nahme zum Gehörten, die sich sowohl
en sind problemorientierte, erlernbare auch dann, wenn wir bedenken, daß auf den Textinhalt wie auch auf seine
(also auch lehrbare), bewußt einsetz- Textverstehen auf verschiedenen, sprachliche Darbietung beziehen kann.
bare, durch häufigen Gebrauch aber hierarchisch aufeinander aufbauenden
auch automatisierbare Techniken der Ebenen stattfindet, die aber nicht
effizienten Texterschließung. nacheinander, sondern weitgehend
Hörverstehensschulung
gleichzeitig bearbeitet werden müs- Wir wissen nun, was Hörverstehen
Die wichtigste Strategie auch für sen. Diese Ebenen nenne ich bedeutet und wie es abläuft. Wir wis-
Fremdsprachenlernende ist die der 1. Wiedererkennen sen, daß es vom Hörer erhebliche Akti-
Konzentration auf das Verstandene, 2. Verstehen vität verlangt und letztendlich eine
womit wiederum auch gemeint ist, daß 3. Analytisches Verstehen sehr intensive Interaktion zwischen
sie sich einem Text nicht passiv auslie- 4. Evaluation Hörer und Text darstellt, in die der
fern, sondern aktiv mit ihm umgehen (vgl. hierzu Rohrer, 1978, Kap. 1 sowie Hörer nicht selten mehr einbringt als
sollen. Eine weitere Strategie besteht Wendt, 1988, 16ff.). der Text selbst. Angesichts der beein-
in dem Versuch, so früh wie möglich druckenden Palette von Kenntnissen
herauszufinden, wovon der Text Wiedererkennen ist die Grundfähig- und Fertigkeiten scheint es an der Zeit,
eigentlich handelt und welche Absicht keit des Hörverstehens. Voraussetzun- hier noch einmal die Frage nach der
er verfolgt. Auf der Basis der gewonne- gen sind die Bekanntheit der sprachli- Realisierbarkeit des früher formulier-
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ten Zieles der Hörverstehensschulung denn was als Hörverstehensübung Wenn wir hier für eine Konzentrati-
zu stellen. angekündigt wurde, ist in Wirklichkeit on auf das Verstehen plädieren, dann
Die Erreichbarkeit dieses Zieles ein Test, durch den zu allem Übel nicht soll das nicht heißen, daß wir das Hör-
rückt bereits erheblich näher, wenn wir nur die Verstehens- und Behaltens-, verstehen vom Sprechen abkoppeln
uns erstens den Weg dorthin nicht sondern gleich auch noch die und isolieren wollen. Im Gegenteil.
selbst verstellen und zweitens beden- Sprechleistung Wie schon ge-
ken, daß die Lernenden uns bei richti- überprüft wird sagt, betrach-
6. Hörverstehen
ger Vorgehensweise unsere Arbeit (über Bedingun- ten wir das Hör-
nicht nur erschweren, sondern auch gen und Erstel- verstehen nicht
erleichtern können. lung von Hörver- heißt: Laute nur als eigen-
stehenstests sie- ständige Fertig-
Zu den Hindernissen, die he den Beitrag erkennen, keit, sondern
von Jan van Wee- ganz wesentlich
wir selbst aufbauen ren). Wissen a k t i v i e r e n , auch als unver-
Weiterhin, zichtbare Basis
Trotz aller Bekenntnisse zur Wichtig- das deutet unser Bekanntes mit Unbe- des Sprechens,
keit des Hörverstehens neigen wir negatives Praxis- aber es sollte
dazu, in der unterrichtlichen Praxis beispiel eben- kanntem verknüpfen, eben eine siche-
Kommunikation vor allem mit dem falls schon an, re Basis sein,
Sprechen gleichzusetzen. Beobachtun- neigen wir dazu, das Gehörte die ein inhalts-
gen zeigen denn auch, daß Hörverste- jeden Text als bezogenes Spre-
hensübungen allzu oft noch nach fol- Lerntext zu be- interpretieren. chen ermöglicht
gendem Muster ablaufen: Eine Tonkas- handeln, an dem und nicht ein
sette wird eingelegt, und die wir möglichst Sprechen, das
Lernenden werden ermahnt, nun gut viel „abarbeiten“ sich im Bilden
zuzuhören. Dann ertönt der Text, und wollen. Das ist angesichts der knapp grammatisch korrekter Sätze er-
schließlich werden zur Verständnis- bemessenen Unterrichtszeit zwar ver- schöpft.
überprüfung „Fragen zum Text“ ständlich, führt aber, außer bei ganz
gestellt - vorzugsweise nach Einzelhei- kurzen und sehr einfachen Texten,
ten. Die Antworten sind dann „richtig“ schnell zur Überforderung der Lernen-
Zum Beitrag der Lernenden
oder „falsch“, oder sie bleiben gar zu den, indem weniger das Verstehen, als Vielleicht sollten wir ganz allgemein
häufig auch ganz aus. Danach ist dann vielmehr das Behalten im Mittelpunkt unser Tun im Fremdsprachenunter-
der Text nur noch eine Art „Stein- steht. Da unser „Arbeitsgedächtnis“, in richt weniger unter der Rubrik „Leh-
bruch“, dem man Sprachmaterial zur dem sowohl die zum Verstehen als ren“ und mehr unter der Rubrik „Hilfe
Integration in den aktiven Sprach- auch die zum Behalten notwendigen zur Selbsthilfe“ einordnen.
schatz der Lernenden entnimmt. Operationen ablaufen, naturgemäß Zum einen müssen wir nämlich ehr-
begrenzt ist, geht jedes Mehr an Behal- licherweise zugeben, daß unsere
Bei dieser Vorgehensweise ist es ten grundsätzlich auf Kosten des Ver- Kenntnisse über das Verstehen gespro-
eigentlich nicht verwunderlich, wenn stehens. Das soll natürlich nicht chener fremdsprachiger Texte zwar in
die Fähigkeit, gesprochene fremdspra- heißen, Verstehen könne ohne Behal- den vergangenen Jahren erheblich
chige Texte zu verstehen, sich nur ten funktionieren. Während aber von zugenommen haben, daß wir auch
langsam entwickelt und viele Lernende Lerntexten möglichst viel, im Idealfall mehr darüber wissen, wie sich diese
Angst vor jedem neuen Text haben, der genaue Wortlaut behalten werden Fertigkeit entwickelt und mit welchen
den sie verstehen sollen: Zuerst wer- soll, geht es bei Texten, die man verste- Mitteln man diese Entwicklung fördern
den sie nach kurzer Vorwarnung mit hen will, vor allem darum, den Behal- kann. Vollständig aber ist unser Wissen
einem unbekannten Text konfrontiert, tensanteil zu reduzieren. Das tun wir, keineswegs, und wir müssen uns im
den sie möglichst in allen Einzelheiten indem wir die Inhaltsmenge des Textes Unterricht nach wie vor recht massiv
verstehen und darüber hinaus auch durch Zusammenfassen reduzieren auf die natürliche Lernfähigkeit der
noch behalten sollen (denn sonst und dann speichern, während wir die Lernenden verlassen, die wir aber, so
könnten sie ja die beim Hören noch Einzelheiten „nach Gebrauch“ verges- weit unsere Kenntnisse und Möglich-
unbekannten Fragen zum Text nicht sen. Genau aus diesem Grund können keiten reichen, durch geeignete unter-
beantworten). Dann sollen sie den Text wir ja auch einen gehörten mutter- richtliche Maßnahmen unterstützen
nicht nur verstanden und behalten sprachlichen Text zumeist ohne Pro- wollen.
haben, sondern mehr oder weniger bleme sinngemäß wiedergeben, aber Zum anderen müssen wir die Tatsa-
große Teile davon in mehr oder weni- ohne größere Lernanstrengungen che berücksichtigen, daß die Lernen-
ger eigenen Worten reproduzieren. kaum im Wortlaut, es sei denn, eine den auch in bezug auf das Hörverste-
Und schließlich drohen bei alledem bestimmte Formulierung hat uns aus hen nicht als „tabula rasa“ in den Unter-
auch noch Sanktionen, wenn man das irgendeinem Grunde ganz besonders richt kommen. Prinzipiell, d. h. aus
Richtige nicht richtig reproduziert hat, beeindruckt. ihrer muttersprachlichen Erfahrung
Fremdsprache Deutsch 7
10 H Ö R V E R S T E H E N
wissen sie ja, wie man mit einem Text sein. Das Hörverstehen aber braucht sein. Daß heißt nicht unbedingt, daß er
umgeht, wie man Sprachkenntnisse ganz besonders eine entspannte Atmo- im Sinne der gängigen Definition von
und Sachkenntnisse einsetzt, wie man sphäre (siehe dazu z. B. den Beitrag Muttersprachlern und ohne Rücksicht
inferiert und anti- von Hans Ludwig auf Sprachlernende produziert worden
zipiert und stra- Bauer), braucht sein muß, aber er sollte sich, wie ein
7.
tegisch so vor- die Zuversicht, Schüler einmal forderte, „wie richtiges
geht, daß das Wichtige Verste- daß schon die Deutsch anhören“.
Verstehensergeb- Schaffung kleiner Zum „richtigen Deutsch“ gehört,
nis der Verste- hensstrategien: Verstehensinseln daß eine Unterhaltung wie eine Unter-
hensabsicht ent- in einem Text haltung, ein Nachrichtensprecher wie
spricht. Es geht – Konzentration auf einen Erfolg dar- ein Nachrichtensprecher und nicht
also im Unter- stellt, und daß am alles zusammen wie ein typischer
richt vor allem das Verstandene Ende des so be- Lehrwerktext klingt. Es gehört auch
darum, Wissen zu gonnenen Weges dazu, daß unterschiedliche regionale
ergänzen, wo es – Wichtiges von der selbständige Varianten des Deutschen (Hörtext 33)
nicht vorhanden Umgang mit Tex- berücksichtigt werden. Und schließ-
ist, Wissen zu Unwichtigem ten stehen wird. lich gehört dazu, daß charakteristi-
aktivieren, wo es Hierher gehört sche Nebengeräusche einer Sprechsi-
durch fehlenden unterscheiden natürlich auch die tuation (z. B. einer Ansage auf dem
Gebrauch inaktiv Ermahnung, daß Bahnhof) nicht sorgfältig ausgeblen-
geworden ist und – Vorwissen nutzen Hörverstehens- det, sondern beibehalten werden.
schließlich auch übungen die Ler- Die Forderung nach der Berück-
darum, mit der nenden zwar for- sichtigung sprachlicher Varianten ver-
Muttersprache erworbene Fertigkeiten dern, aber keinesfalls überfordern, weist im übrigen auch noch einmal auf
auf die Fremdsprache anzuwenden. sondern vor allem Erfolgserlebnisse die Notwendigkeit der Unterscheidung
Gerade letzteres können sie aber, wie schaffen sollen. von Hör- und Lerntexten. Während
schon gesagt, sehr oft nicht allein, also man bei der Schulung des Sprechens
müssen wir ihnen dabei helfen. den Lernenden sinnvollerweise einen
Texte und ihre Standard als Orientierungsnorm vor-
Allgemeiner gesprochen sollten wir Bearbeitung gibt, also auch die Lerntexte entspre-
die Lernenden nicht als Objekte unse- chend auswählt, muß man sie im Rah-
res unterrichtlichen Tuns betrachten, Sobald das Wort „Überforderung“ in men der Hörverstehensschulung an
sondern als Subjekte des Lernens, die die Debatte geworfen wird, kann man verschiedene Sprachvarianten gewöh-
bereits Kompetenzen mitbringen. sicher sein, daß sehr bald auch der nen, will man sie angemessen auf
Unsere Aufgabe als Unterrichtende Begriff „Textschwierigkeit“ fällt, ge- außer- und nachunterrichtliche Kom-
besteht darin, ihnen bei der Erweite- folgt von der Klage über den Mangel munikation vorbereiten.
rung und erweiterten Anwendung die- an geeigneten Hörtexten.
ser Kompetenzen zu helfen. Der erste Grundsätzlich ist erst einmal jeder Natürlich gibt es schwierigere und
und vielleicht wichtigste Schritt bei Hörtext geeignet, der aus irgend einem weniger schwierige Texte. Bedenken
dieser Hilfe besteht ganz einfach darin, Grund für die Lernenden interessant sollte man allerdings, daß Schwierig-
daß wir den Lernenden nicht nur spo- sein und ihre Verstehensabsicht wek- keit keine Eigenschaft eines Textes
radisch, sondern so häufig wie möglich ken könnte. Generell heißt das, daß allein ist, sondern immer die Eigen-
Gelegenheit geben, ihre Kompetenzen der Text thema- schaft eines Tex-
durch Anwendung zu trainieren und zu tisch an ihre In- tes in bezug auf
8.
erweitern, sie also mit möglichst vielen teressen und an einen Hörer und
und möglichst vielen verschiedenen ihr Vorwissen an- Eine entspannte seine jeweilige
Hörtexten konfrontieren. Und noch knüpfen sollte. Er Verstehenskompe-
etwas ist wichtig: Daß uns das Hörver- sollte allerdings Atmosphäre tenz. Glaubt man
stehen in der Muttersprache so leicht nicht lediglich also, ein Text sei
und problemlos erscheint, verdanken Selbstverständli- öffnet alle Sinne, für eine bestimmte
wir nicht zuletzt der Tatsache, daß wir ches und von Lerngruppe zu
uns dabei stets auf das Verstandene den Lernenden auch die Ohren. schwierig, dann
konzentrieren (s. auch „Strategien“!). bereits Gewußtes kann man entwe-
Im Fremdsprachenunterricht aber nei- versprachlichen, der auf die Suche
gen wir gar zu häufig dazu, die Lernen- sondern sie zur Stellungnahme heraus- nach einem neuen Text gehen oder
den immer wieder auf das hinzuwei- fordern. Schon bei der Textauswahl geeignete Maßnahmen ergreifen, um
sen, was sie falsch machen und was sie sollte man deshalb auch überlegen, die Lerngruppe an diesen Text heran-
noch nicht können. Dieses Vorgehen worüber man nach dem Hören reden zuführen. Solche Maßnahmen sind die
mag bei bestimmten Übungen sinnvoll könnte. Der Text sollte authentisch Hilfen und die Aufgaben.
Fremdsprache Deutsch 7
11
Hilfen
Die bekannteste
Hilfe, die vor der
9. Die Hörziele
müssen vor
dem ersten Hören
können. Im Un-
terricht müssen
daher die Aufga-
ben Verstehens-
Bezieht man aber in entsprechende
Überlegungen auf der einen Seite die
Verstehensebenen, auf der anderen
Seite die Tatsache mit ein, daß die
Textpräsentation absichten schaf- Schwierigkeit von Verstehensübungen
gegeben wird, ist definiert werden. fen und damit immer durch die Einheit von Text, Hil-
die sprachliche gleichzeitig fen und Aufgaben bestimmt wird, dann
Vorbereitung, häu- • die Aufmerk- rückt eine Lösung des Problems näher.
fig als „Vorentla- samkeit der Ler-
stung“ bezeichnet. Sie besteht darin, nenden auf Verstehensziele richten, Die Progression in einem Kurs kann
daß man die Bedeutung unbekannter • die Verstehensleistung begrenzen, dann nämlich über die Erhöhung
Wörter erklärt und schwierige gram- • die Behaltensleistung begrenzen, sowohl der Text- als auch der Aufga-
matische Strukturen ebenfalls erläu- • die zielgerichtete Anwendung von benschwierigkeit erfolgen. Man kann
tert und unter Umständen auch übt. Verstehensstrategien fördern und sehr wohl auch einen schwierigeren
Vorweggenommen werden können schließlich Text mehrmals im Verlauf eines Kurses
auch wichtige Wendungen oder ganze • die Lernenden zu einer Reaktion auf verwenden, anfangs mit einfachen, auf
Textteile, die dann in verfremdeter den gehörten Text auffordern. den Ebenen „Wiedererkennen“ und
Form geübt werden, um gerade dort „Verstehen“ angesiedelten Aufgaben,
Verstehensinseln zu schaffen, wo die Damit die Aufgaben das tun kön- später mit schwierigeren Aufgaben, die
Lernenden ohne diese Vorübung nen, müssen sie natürlich vor der Text- Leistungen auf den höheren Ebenen
besondere Schwierigkeiten gehabt hät- präsentation gestellt werden. Weiter- des „analytischen Verstehens“ und der
ten. Ist zu erwarten, daß speziell die hin ist zu be- „Evaluation“ ver-
Aussprache Verstehensschwierigkei- denken, daß die langen. Dabei
ten bereitet, kann man den ganzen Hör- Schwierigkeit ei- erleichtert die
text oder Textteile zur Eingewöhnung
mehrmals vorspielen.
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12 H Ö R V E R S T E H E N
VERSTEHEN ÜBEN,
VERSTEHEN LERNEN.
Hörverstehensübungen für Anfänger
Von Peter Bimmel und Mariet van de Ven
„Hört bitte gut zu. Ich stelle euch dann gleich danach ein Die Aufgaben, die solche und ähnliche Unter-
paar Fragen.“ Die Lehrerin startet das Tonband, die richtsaktivitäten hervorrufen, sehen z. B. so
aus wie im Beispiel links.
Schülerinnen und Schüler hören zu. Das Buch mit den
Hier wird Hörverstehen nicht geübt, hier wird
Fragen zum Hörtext bleibt geschlossen. Dann kommt die auch nichts gelernt. Hier wird lediglich geprüft,
erste Frage, die Schüler versuchen zu antworten. Wenn ob die Schüler etwas verstehen. Die Lehrerin
nötig, läßt die Lehrerin den Text noch einmal hören. geht vor wie ein Gärtner, der versucht, eine
Pflanze zu züchten, indem er täglich die Meß-
latte daneben hält – anstatt den armen Schöß-
ling ab und zu auch mal zu begießen und zu
1 Bärbel und Kurt stellen sich vor düngen.
Wie müßte nun ein Unterricht, in dem Schüler
Bärbel: Hallo! ich bin Bärbel, bin dreizehn Jahre alt. Ich gehe natürlich noch zur Schule. ihr Hörverstehen üben, in dem sie also jedes
Kurt: Und ich heiße Kurt Völker. Ich bin vierzehn und in derselben Klasse wie Bärbel. Mal etwas Neues dazulernen, aussehen? Und
Bärbel: Kurt und ich kennen uns schon von klein auf. Wir wohnen in derselben Straße,
der Eichhornstraße. Da kennen sich alle Leute wie müssen entsprechende Aufgaben im Lehr-
Kurt: Unsere Straße ist nur kurz. Da gibt’s nur Einfamilienhäuser. Um die Ecke liegt werk aussehen? Diese und einige weitere damit
eine Grundschule. zusammenhängende Fragen möchten wir an-
Bärbel: Auch in dieser Grundschule waren wir immer in derselben Klasse, zusammen et- hand einiger Übungsbeispiele aus dem nieder-
wa fünfundzwanzig Jungen und Mädchen. ländischen Lehrwerk für Anfänger „So isses“
3. Beantworte die Fragen in vollständigen Sätzen. beantworten.
Wichtig sind uns dabei vier zentrale Aspekte:
1. Wie alt ist Bärbel?
2. Und wie alt ist Kurt?
1. Selbstvertrauen entwickeln;
3. Wie alt bist du? 2. Lernen, die Redundanz in gesproche-
4. Welche Schule besucht Bärbel? nen Texten zu gebrauchen;
5. Welche Schule besucht Kurt? 3. Lernen, Hypothesen zu bilden und be-
6. Wie heißt die Schule? deutungsorientiert zuzuhören;
7. Wie heißt deine Schule?
4. Lernen, zielgerichtet zuzuhören.
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13
2. Redundanz
gebrauchen lernen
Redundanz (siehe dazu auch den Beitrag von
G. Solmecke , S. 6) tritt in unterschiedlichsten
Formen auf: Wiederholungen, Ausschweifun-
gen, Selbstkorrekturen, doppelt verwendete
Wörter und anscheinend nutzlose Ergänzungen
und Sprechpausen. Auch Bilder oder eine kurze
schriftliche Einführung zum Hörtext vergrö-
ßern die Redundanz. Beispiel 3 (Hörtext 2)
kann man entnehmen, daß die Schüler sowohl
in der kurzen Einführung, als auch und vor al-
lem in den Zeichnungen, Anhaltspunkte finden,
die es ihnen ermöglichen, den vermutlichen
Ablauf des Textes vorherzusagen.
3. Lernen, Hypothesen
zu bilden
Gute Hörer verhalten sich nicht wie ein Ton-
bandgerät. Sie zeichnen nicht jede Äußerung
oder jedes Wort aus einem Hörtext auf. Ganz im
Gegenteil. Gute Hörer (ebenso wie gute Leser)
verhalten sich vor allem bedeutungsorientiert.
Sie können sich – auch unmittelbar nachdem
sie sich einen Text angehört haben – nur selten
an den genauen Wortlaut erinnern. Statt dessen
können sie jedoch genau erzählen, welche In-
formation der Text, den sie gerade gehört ha-
ben, ihnen vermittelt hat. Was geht eigentlich
im Kopf des Hörers vor sich? Ein kleines Expe-
riment mag dies verdeutlichen. Lesen Sie bitte
einmal den folgenden Text: Beispiel 3, Hörtext 2
Das Vorgehen ist eigentlich ganz einfach. kann man ja nie sagen. Wenn der ganze Vorgang
Zuerst müssen Sie die Dinge in verschiedene abgeschlossen ist, muß man das Material wieder
Gruppen anordnen. Natürlich kann auch ein Sta- in verschiedene Gruppen sortieren, danach kann
pel ausreichen, denn es kommt darauf an, wie man sie zu ihren angestammten Plätzen tun. Ir-
viel zu machen ist. Wenn Sie aus Mangel an Mög- gendwann werden sie dann wieder gebraucht, so
lichkeiten woanders hingehen müssen, dann ist daß dann der ganze Kreislauf wiederholt werden
dies der nächste Schritt, sonst kann es losgehen. muß. Wie auch immer, es ist eben ein Teil des Le-
Es ist dabei wichtig, die Dinge nicht zu übereilen. bens (Aus: Zimmer, 1989, 31/32).
D.h. es ist besser, wenige Dinge auf einmal zu tun Vermutlich finden Sie den Text schwer ver-
als zuviel. Kurzfristig mag das als nicht beson- ständlich. Wir verraten Ihnen jetzt, daß es in
ders wichtig erscheinen, aber es können leicht diesem Text um Wäschewaschen geht. Lesen
Komplikationen entstehen. Ein Fehler kann ei- Sie den Text bitte noch einmal.
nen dabei teuer zu stehen kommen. Es ist dabei Jetzt war es bestimmt leichter, den Text zu
nicht vorherzusehen, ob diese Aufgabe in unmit- verstehen. Was ist hier los? Der Text selbst bie-
telbarer Zukunft überflüssig sein wird, aber das tet dem Leser extrem wenig Anhaltspunkte, um
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14 H Ö R V E R S T E H E N
bestimmen zu können, wovon überhaupt die 2. Sie lernen, beim Zuhören darauf zu achten,
Rede ist. Das hindert den Leser daran, seine ob ihre Hypothesen stimmen (Beisp.4, 2a);
Vorkenntnisse ins Spiel zu bringen. Sobald je- 3. Sie lernen, darüber nachzudenken, worauf
doch ein solcher Anhaltspunkt gegeben ist sie hätten achten müssen, um bessere Hypo-
(„hier geht es um Wäschewaschen“), kann der thesen über den Text zu bilden (Beisp.4, 2b),
Leser diesbezügliche Vorkenntnisse aktivieren bzw. sie lernen, wie sie bei zukünftigen Auf-
– und tut das auch. Es wird dadurch leichter, gaben bessere Hypothesen bilden können. In
Bedeutung zu konstruieren. dieser Reflexionsphase ist die Qualität des
Das Experiment macht uns einiges klar: Feedback durch die Lehrerin und/oder
Ein Text an sich „hat“ gar keine Bedeutung. durch die Mitschüler ausschlaggebend.
Bedeutung oder Information entsteht erst in
der Wechselbeziehung zwischen dem Text und
seinem Rezipienten. Denn: Das Hören ist ein in- 4. Lernen, zielgerichtet
teraktiver Prozeß. Der Hörer dekodiert Daten zuzuhören
aus dem Text, und er fügt seine Vorkenntnisse
hinzu. Er stellt beim Hören fortwährend Hypo- Wir greifen noch einmal auf das anfängliche
thesen über den weiteren Verlauf des Textes Unterrichtsbeispiel zurück: „Hört bitte gut zu,
auf und ist ununterbrochen dabei, zu verifizie- ich stelle dann gleich danach ein paar Fragen“.
ren, ob seine Hypothesen stimmen. Bei solchen Aufgaben müssen die Schüler darü-
Die Implikationen für die Didaktik des Hör- ber rätseln, worauf sie beim Zuhören über-
verstehens liegen auf der Hand. Die Schüler haupt achten müssen. Das führt zwangsläufig
müssen lernen, antizipierend zuzuhören, d. h. dazu, daß die Schüler versuchen, jede Einzel-
sie müssen lernen, vor dem Zuhören und wäh- heit im Hörtext zu verstehen. Meistens geben
rend des Hörens Hypothesen über den Text zu sie dann nach den ersten Wörtern, die sie nicht
bilden, und beim Zuhören zu überprüfen, ob verstehen, entmutigt auf und verlieren, je häu-
ihre Hypothesen stimmen. Sie müssen lernen, figer das geschieht, schließlich die Lust, über-
daß ihr Ziel beim Zuhören immer das Reduzie- haupt noch „Hörverstehensübungen“ zu
ren von Unsicherheiten sein muß. Sie müssen machen.
lernen, daß sie zu diesem Zweck längst nicht Die Schüler müssen deshalb die Hörziele
alle Daten aus dem Text benötigen, daß sie also vor dem Hören kennen, damit sie wissen, wor-
gar nicht jedes Wort zu verstehen brauchen. auf sie beim Zuhören achten sollen. Es ist aber
Sie müssen außerdem lernen, dabei bestimmte durchaus auch schon im Anfangsunterricht
Risiken einzugehen. möglich, Schüler anzuregen, selbst ein eigenes
Wie können Schüler nun lernen, Hypothe- Ziel beim Zuhören zu bestimmen.
sen zu bilden? Wie können sie lernen, beim Hö- Um welche Ziele aber kann es denn in
ren zu überprüfen, ob ihre Hypothesen stim- lebensnahen Situationen gehen? Vergleichen
men? Beispiel 4 (Hörtext 3) zeigt, wie das geübt Sie bitte die folgenden Situationen miteinander.
werden kann.
Hier lernen die Schüler folgendes: Situation 1:
1. Sie lernen, den situativen Kontext – das Bild Sie stehen auf dem Bahnsteig an Gleis 3. Ihr Zug
im Textbuch – zu gebrauchen, um Hypothe- ist gerade eingefahren. Wärend Sie noch ein
sen über den Dialog zu bilden. In dieser paar Abschiedsworte mit Ihrem Freund oder Ih-
Übung geht es um Hypothesen zu den Perso- rer Freundin wechseln, hören Sie über Laut-
nen und über die Stimmung im Gespräch sprecher eine Reihe von Ansagen und Mittei-
(Beisp.4, 1); lungen, die für Sie ohne Bedeutung sind. Dann
kommt die Ansage: „Achtung an Gleis 3. Bitte
einsteigen. Türen schließen selbsttätig. Vor-
sicht bei der Abfahrt.“
Beispiel 4, Hörtext 3:
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Textsorten Hörziele
Zusammenhang A
Öffentliche Gebrauchstexte z.B. Ansagen, Hinweise, Mitteilungen und • orientierendes Zuhören, d.h. schnell feststellen, ob ein Text über-
zwischen Textsorten Warnungen über Lautsprecher im öffentlichen Verkehr, Wettervorher- haupt von Interesse ist;
sagen, Kurznachrichten, Verkehrsmeldungen im Rundfunk, telefoni- • verstehen, was man machen soll (z.B. einsteigen);
und Hörzielen sche Informationsdienste usw. • Informationen selektiv heraushören.
(= Hörstilen)
B
Interviews, Kurzmonologe, Gespräche, vorgelesene Kurzgeschichten, • zentrale Aussagen verstehen;
Lieder usw. • Informationen ordnen;
• Bezüge zu eigenen Erfahrungen, Überzeugungen und Meinungen
herstellen.
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B Kurzer Monolog:
Die wichtigsten Aus-
sagen verstehen
Beispiel 7, Hörtext 6:
(Diese Übung ist zugleich ein
Beispiel dafür, wie mehrere
unterschiedliche Fertigkeiten,
z.B. Schreiben und Hören,
miteinander verzahnt
werden können.)
C Interviews:
Informationen ordnen
Beispiel 8, Hörtext 7
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Fremdsprache Deutsch 7
18 H Ö R V E R S T E H E N
Regellosigkeit sehr irritiert. Beides, das Beginnen sollte man mit kontrol- • Der Lernende hört entweder zwei
Unter- und das Überdifferenzieren, er- lierbaren Übungen. Das Gehör „funk- verschiedene Wörter (Namen, Äuße-
schwert den Hör- und Verstehenspro- tioniert“ in der Fremdsprache anfangs rungen) oder zweimal das Gleiche,
zeß enorm. nicht, und auch wenn der Lernende er gibt an, ob die beiden gehörten
auf die Frage des Lehrers, ob er richtig Beispiele gleich oder verschieden
Der Aufbau angemessener fremd- gehört hat, mit ja antwortet, muß das sind, z.B. hinsichtlich der betonten
sprachiger Hörgewohnheiten erfordert nicht stimmen. Hier gibt es ganz einfa- Vokale.
gezielte und systematische Arbeit, die che Möglichkeiten, zum Beispiel kann
Lernenden wie Lehrenden viel Geduld man sich einigen, daß bei langen Voka- Hörtext 9:
gleich /verschieden (Beisp. werden nur gehört)
und Konzentration abverlangt und dar- len die rechte, bei kurzen die linke 1. x Herr Mühler – Herr Mühler
auf gerichtet ist, daß z.B. Hand gehoben wird, oder einmal die 2. Herr Möhler – Herr Möller
a) Bedeutungsunterschiede erkannt wer- Hand, einmal ein Buch oder verschie- 3. Frau Möller – Frau Möller
4. Frau Müller – Frau Möller
den, wie z.B. die Unterschiede zwi- denfarbige Karten. Diese Methode eig- 5. Frau Müller – Frau Mühler
schen Kommen Sie! und Kommen net sich für alle Unterscheidungsübun-
Sie?, zwischen August und August, gen, auch zweisprachige, und ist sehr
zwischen Rektor und Lektor oder wirkungsvoll, weil alle Lernenden • Der Lernende hört nur ein Beispiel
zwischen Staat und Stadt; gleichzeitig kontrolliert werden kön- und kennzeichnet das gefragte Merk-
b) Varianten erfaßt und zugeordnet wer- nen. Als Material dienen vor allem mal, z.B., welche Silbe betont ist.
den, wie z.B. der vokalische und der Minimalpaare, das sind Wörter oder
Hörtext 10:
konsonantische R-Laut in den deut- Äußerungen, die sich nur in einem 1. 2. 3. Silbe betont
schen Wörtern Meer und Meere mit phonologischen oder phonetischen 1. Unterricht x
dem gleichen Phonem /r/. Merkmal unterscheiden, wie z. B. Au- 2. unterrichten
3. Deutschunterricht
gust – August, Heute so, morgen so. – 4. Direktor
Die Zielsetzungen der Hörverste- Heute so, morgen so (Akzent), Ruhm – 5. Direktoren
hensschulung müssen, auch wenn das Rum, Mühler – Müller (Vokallänge). Im
viele Lehrprogramme und Unterrichts- Anfangsunterricht empfiehlt sich die • Der Lernende hört zwei Beispiele
materialien so nicht ausweisen, in je- Arbeit mit Familiennamen (Mühler – und muß angeben, ob der gefragte
der Ausbildungsstufe und -richtung Müller), weil echte Minimalpaare Vokal/Konsonant im ersten oder
weit über den produktiven Bereich hin- (Ruhm – Rum) oft nicht zum zu vermit- zweiten Beispiel zu hören ist, z.B.
ausgehen, denn beim Sprechen kann telnden Wortschatz gehören und ihre das [h].
der Lernende doch mehr oder weniger Semantisierung sehr viel Zeit in An-
Hörtext 11:
zwischen möglichen Formen wählen, spruch nehmen würde. Nonsenswör- im ersten / im zweiten Wort
auch schwer aussprechbare Wörter ter (wie miele – mille) sind weniger 1. Hund – und x
meiden, beim Hören trifft er auf eine günstig, die Lernenden sind nicht sehr 2. alle – Halle
3. in – hin
große Vielfalt, die nicht zu beeinflus- motiviert, und sie wollen und sollen 4. Haus – aus
sen ist. Schon frühzeitig muß er des- das üben, was sie für den Gebrauch 5. geheilt – geeilt
halb befähigt werden, individuelle, der Fremdsprache wirklich benötigen
emotionale und der Situation entspre- – die richtige Wahrnehmung und Aus- Andere Kontrollformen sind das
chende standard- oder umgangs- sprache von Namen gehört unbedingt Transkribieren einzelner Laute, das
sprachliche Varianten, gelegentlich dazu. Einordnen gehörter Wörter, Namen,
auch regionale Varianten (wie Säch- Sätze in Tabellen, das Ergänzen von
sisch oder Bairisch) zu erfassen und zu Oft werden folgende Übungsfor- Lückentexten, das Schreiben (Diktat),
interpretieren – es genügt nicht, daß er men verwendet, bei denen als Kon- das Nachsprechen auf Band, wobei bei
seine Lehrer und die Mitlernenden trollform das Markieren (Unterstrei- dieser letztgenannten Möglichkeit zu
versteht. chen, Ankreuzen) dient: bedenken ist, daß fehlerhaftes Nach-
• Dem Lernenden liegt eine Liste mit sprechen nicht nur auf Hör-, sondern
Minimalpaaren (Wörtern, Namen, auch auf Sprechprobleme zurückge-
Die Übung kann fast Äußerungen) vor, gehört wird je- führt werden kann. Auch Gesten soll-
das Gepräge der weils nur ein Beispiel, das zu unter- ten eingesetzt werden, z. B. um Melo-
Natur verändern streichen oder anders zu markieren dieverläufe nachzuzeichnen, um Ak-
(Shakespeare) ist; im folgenden geht es um unter- zentstellen zu markieren, um die
schiedliche melodische Formen. Vokallänge oder die Konsonantenspan-
nung zu verdeutlichen. Vielfältige Mög-
Hörtext 8:
Eine Vielzahl von Übungsformen ist 1. Sie kommen. – Sie kommen? lichkeiten ergeben sich bei der Kombi-
mit den Jahren entwickelt worden. Wel- 2. Kommen Sie! – Kommen Sie? nation von Diktaten mit vorgegebenen
che Übungsschritte sind geeignet, das 3. Warten Sie hier! – Warten Sie hier? Lückentexten. Um Melodieverläufe
4. Sie fahren nach Berlin. – Sie fahren nach
phonologische und phonetische Hören Berlin? und Pausen zu erfassen, können Sätze
als Grundstufe für das Hörverstehen 5. Die Versammlung fällt aus. – Die Versamm- oder Texte ohne (oder auch mit zu ver-
zu fördern? lung fällt aus? ändernden) Satzzeichen gegeben wer-
Fremdsprache Deutsch 7
19
den, die von den Lernenden nach Dik- Kontrollierbare Hörübungen eignen Auch die „stille Post“ ist ein anre-
tat zu ergänzen sind, z.B. hier die Pau- sich für die Arbeit zu Hause oder ohne gendes und wirksames Spiel, das den
sen (Komma, Doppelpunkt). Lehrer, sie zeigen Fortschritte an und Lernenden deutlich machen kann, wie
motivieren zur Weiterarbeit. Sie sind wichtig die korrekte Erfassung sprach-
Hörtext 12:
1. Hier bin ich ( ) Meister. erforderlich, um das „selbstkritische licher Laute für das Verstehen ist. Der
2. Sie ( ) nicht ( ) er. Hören“ zu entwickeln, das einen Ver- Lehrer oder ein Schüler flüstert einem
3. Die Wurst ( ) nicht ( ) das Brot. gleich der eigenen Aussprache mit der anderen einen Namen oder einen Satz
4. So ( ) nicht ( ) so.
5. Klaus ( ) sagt ( ) Peter ( ) kommt nicht mehr. des Lehrers oder eines Musters mög- ins Ohr (z. B. Herr Müller besucht Fräu-
lich macht. Dazu sind Fremdsprachen- lein Möller.), der bis zum letzten Schü-
Geeignet sind auch Variationen des lernende anfangs überhaupt nicht in ler flüsternd weitergegeben, dann laut
schon klassischen Beispiels: der Lage. Man sollte sie deshalb auch gesagt und mit dem ursprünglichen
nicht in ein Sprachlabor schicken oder verglichen wird. Es ist erstaunlich, wel-
Vor mir stand ein Mensch ( ) auf mit Tonbandaufnahmen zum unkon- che Varianten sich dabei ergeben.
dem Kopf ( ) einen steifen Hut ( ) an trollierbaren Hören und zum Nach- Die oben beschriebenen Hörübun-
den Füßen ( ) alte Schuhe ( ) in der sprechen alleinlassen. Das geht erst, gen mit Minimalpaaren, Namen, Wör-
Hand ( ) eine Zigarre … wenn sie ihre Fehler bemerken und tern und kurzen Äußerungen sollten in
korrigieren können. größere Kontexte und variierbare Situ-
Auch Buchstaben und ganze Wör- ationen eingebettet werden, also z.B.
ter kann man im gegebenen Text weg- An die kontrollierbaren Hörübun- die Familiennamen sollten erst isoliert
lassen, dieses Vorgehen hat gegenüber gen können sich Hör-Spiele aller Art und dann in einem Hörtext vorkom-
dem normalen Diktat den Vorteil, daß anschließen, die die Lernenden weiter men oder umgekehrt.
man gezielt bestimmte Schwerpunkte sensibilisieren, ihnen Unzulänglichkei-
üben kann und den Lernenden nicht ten bewußtmachen, sie zur Präzision Ganz wichtig und damit ein weite-
gleichzeitig mit allen Tücken der deut- im Wahrnehmen (und Sprechen) zwin- rer wesentlicher Schritt zum verste-
schen Sprache konfrontiert, es macht gen, ihnen aber auch Nuancen vermit- henden Hören, ist die Arbeit mit au-
(dem Lehrer) allerdings etwas Arbeit. teln. Mit solchen Übungen kann gleich- thentischer Sprache, mit sprachlichen
Jeder Lehrbuchtext, jede Lexikliste zeitig die Kreativität der Lernenden Varianten – gelesen, gesprochen und
kann für diese Übung verwendet wer- (und Lehrenden) gefördert werden. gesungen. Gleiche sprachliche Inhalte,
den. Und nicht nur das Hören wird Dazu gehören Aufforderungen wie Setz das können anfangs kleine einfache
geübt, sondern gleichzeitig werden die dich!, Sing ein Lied!, Öffne die Tür!, Äußerungen sein, sollten von verschie-
Laut-Buchstaben-Beziehungen gefe- Schlag die Seite 218 auf!; Sag das Wort denen Sprechern gehört werden, damit
stigt. Das ist wichtig, da viele Lernende „Krokodil“!, Wiederhole den Namen ungeachtet phonetischer Besonderhei-
Wörter und Wendungen vom Schrift- Alexander Wiesmüller!, die einfach aus- ten auf die für die Bedeutungserfas-
bild her gelernt haben und sie nicht er- geführt werden müssen. sung wesentlichen Merkmale geschlos-
kennen, wenn sie sie dann hören. Eine andere Übung ist ein Spiel mit Fa- sen werden kann.
Die Aufgabe könnte beispielsweise miliennamen. In einem Haus wohnen So sollten Deutschlehrer, wenn es
lauten: Ergänzen Sie die fehlenden z.B. die Familien Müller und Mühler, keine andere Möglichkeit gibt, wenig-
Buchstaben ‹b› bzw. ‹p› in den folgen- Möller und Möhler, Muller und Moller stens ab und zu die Gruppen oder Klas-
den Ortsnamen: Frei_urg, Lei_zig, _onn, (Miller, Mieler, Meller, Mehler, Muhler, sen mit anderen Kolleginnen und Kolle-
_irna, _remen, _lauen Mohler … können dazukommen). gen tauschen. Lehrer und Schüler, die
Sie könnte auch lauten: Ergänzen Sie längere Zeit zusammenarbeiten, ver-
die fehlenden Buchstaben ‹i› oder ‹ie› Müller Mühler
stehen einander schnell und gut, das
in dem folgenden Gedicht von Heinrich ist gefährlich. Sehr oft sollten Tonauf-
Möller Möhler
Heine. nahmen oder „lebende Muttersprach-
Hörtext 13: Muller Moller ler“ in den Unterricht einbezogen
Frühl_ngsl_d Der Lehrer nennt einen der Namen, die werden. Verschiedene standardsprach-
Antwort muß lauten: Familie … wohnt liche Varianten, aber auch umgangs-
Leise z_ht durch mein Gemüt
oben (unten, in der Mitte) links (rechts). sprachliche und emotionale Formen
l._bl_ches Geläute.
Hier zeigt sich ganz deutlich, wer noch sollten schon im Anfangsunterricht ge-
Kl_nge, kleines Frühl_ngsl._d,
Probleme hat, phonetisch ähnliche hört werden, auch Lieder, bei denen
Kl_ng h_naus _ns Weite.
Wörter zu unterscheiden. Dieses Spiel wesentliche phonetische Merkmale
Kl_ng h_naus b_s vor das Haus, läßt sich zum Differenzieren aller deut- (Tonhöhe, Betonungen, Rhythmus,
wo d_ Blumen spr_ßen. schen Vokal- und Konsonantenpaare Pausen, Vokallänge) verändert sind.
Wenn du eine Rose schaust, verwenden. Werden die Namen von
sag, _ch laß s_ grüßen. den Lernenden genannt, sind sie ge- Hör- und Sprechübungen sollten
zwungen, die entsprechenden Laute stets miteinander kombiniert werden.
Beim zweiten Hören könnte dann sehr präzise zu sprechen, es kommt Die Theorie, den Fremdsprachenunter-
noch angegeben werden, ob die fehlen- sonst leicht zu Verwirrungen bei den richt mit einem reinen Hörkurs zu be-
den i-Laute lang oder kurz sind. Hörern. ginnen, hat sich längst als unfruchtbar
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20 H Ö R V E R S T E H E N
Fremdsprache Deutsch 7
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C REPLIKEN:
1. Ich find es prima, daß du nicht so streng bist.
2. Und Sabine darf jetzt eine Woche nicht
fernsehen.
3. Schlimm, schlimm, manche Kinder haben so
strenge Eltern.
Erich Rauschenbach
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22 H Ö R V E R S T E H E N
Reflexion:
An dieser Stelle möchte ich einen
Moment innehalten und ein wenig mit
Ihnen darüber nachdenken, welche
methodisch-didaktischen Schritte bis-
her unternommen worden sind.
Im ersten Unterrichtsschritt haben
Sie den eigentlichen Hörtext auf meh-
reren Ebenen vorbereitet:
• Sie haben Ihre Schüler motiviert und
neugierig gemacht. Im allgemeinen
haben Schülerinnen und Schüler
Zeichnung: Johannes Hickel Spaß an dieser Arbeitsweise, da sie
spielerisch und amüsant ist. Comics,
Bilder, Illustrationen sind aber
immer auch eine gute Möglichkeit, in
eine Situation, in ein Thema einzu-
steigen und das Verstehen vorzube-
Vorteil: Handlungsorientiert, gut Rache“, „Schüleralltag“ oder „Leh- reiten.
geeignet für Partnerarbeit, alters- reralltag“ (M2). • Eine Situation wird vorgestellt, die
gemäß, sprachliche Vorbereitung des direkt an die Erfahrungswelt der
Hörtextes. Dritter Unterrichtsschritt: Schülerinnen und Schüler anknüpft.
Nachteil: Zuordnung von Text und M1: Lassen Sie nun die Schülerinnen • Das Vorwissen und Hintergrundwis-
Bild nicht immer zwingend. und Schüler darüber spekulieren, um sen, aber auch die sprachlichen Vor-
welchen Blödsinn es sich möglicher- kenntnisse werden aktiviert und
Erster Unterrichtsschritt, weise gehandelt haben könnte. gegebenenfalls ergänzt.
Möglichkeit 2 (M2): • In dieser Unterrichtsphase ist es
Ihre Schüler betrachten das Bild von M2: Überlegen Sie gemeinsam in der auch sinnvoll, auf landeskundliche
Johannes Hickel 2 (zu zweit oder zu Klasse, welche anderen Formen von Besonderheiten einzugehen. Mögli-
dritt) und schreiben alles an den Rand, Schülerstreichen („Blödsinn machen“) cherweise arbeiten Sie mit Schülern
was ihnen dazu einfällt. Hilfreich könn- es noch gibt. Dabei werden Sie sicher in einem Land, in dem sich die
te sein, daß die Schüler dem Bild Fra- einiges aus dem „realen Schulalltag“ Schüler zwar untereinander Streiche
gen stellen: Wer? Was? Wo? Warum? erfahren, was Sie noch nicht wußten. spielen, wo Lehrer aber Respektper-
Wen? Was fehlt? (Das Bild ist „unvoll- Achten Sie darauf, daß jede Schüle- sonen sind, die niemals das „Opfer“
ständig“) Was fehlt, zeichnen lassen. rin und jeder Schüler mindestens von Schülerstreichen werden kön-
Vorteil: Offene, kreative Arbeitswei- einen Vorschlag auf einen Zettel nen. In diesem Fall könnten Sie auch
se, Bild visualisiert Thema des Hör- schreibt. Nur so können Sie sicher auf (literarische) Traditionen im
textes. sein, daß auch wirklich alle Schüler in deutschen Sprachraum verweisen,
Nachteil: Sprachliche Vorbereitung dieser Phase ihre Vorstellungen ein- z.B. „Max und Moritz“ und „Lehrer
nicht zwingend, könnte sich aber im bringen. Nun sammeln Sie die Vor- Hämpel“ von Wilhelm Busch oder
Gespräch über das Bild ergeben schläge auf dem Overheadprojektor „Die Feuerzangenbowle“. Schüler-
(„Blödsinn machen“ ...). oder an der Tafel, z. B. in Form eines streiche gehören zum Schulalltag
Assoziogramms. Muttersprachliche deutscher Lehrer und Schüler.
Zweiter Unterrichtsschritt für M1 Reaktionen notieren Sie auf deutsch. • Während der Arbeit mit Bildge-
und M2: Ergänzen Sie gegebenenfalls die schichte oder Bild wurden einige
Versuchen Sie, mit Ihren Schülern eine Liste um „Blödsinn“ aus dem Hörtext: neue Vokabeln/Redemittel zur Verfü-
Überschrift zu finden. Sie sollte mög- • heimlich in der Klasse rauchen gung gestellt. Auf eine weitere Form
lichst prägnant sein, etwa „Der Brief“ • nassen Schwamm auf Stuhl legen der Vorbereitung werde ich weiter
oder „Die Überraschung“ (M1) „Die • schwänzen unten zu sprechen kommen.
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24 H Ö R V E R S T E H E N
HÖREN
die verzweifelte Suche nach einem passenden,
„guten HV-Text”? Wer kennt sie nicht: die durch
Erwartungs- und Leistungsdruck verstärkte
Angst der Lernenden vor der neuen Hörverste-
OHNE
hensaufgabe, die – entmutigt durch wiederholte
negative Erfahrungen – schon von vornherein zu
wissen glauben, daß sie „das Hörverstehen
ANGST
sowieso nicht schaffen”?
Hans Ludwig Bauer gibt in seinem Beitrag eine
Reihe praktischer Hinweise zum Abbau von
Angst und Leistungsdruck bei der Hörverstehens-
schulung und zeigt Möglichkeiten, Hörverstehen Atmosphärische Hörszenen und
im Unterricht „authentischer” zu gestalten. Hörbriefe • Von Hans Ludwig Bauer
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26 H Ö R V E R S T E H E N
nahmen. Hier kann der Lehrer oder die Eine gute Mög- „ A T M O S P H Ä R I S C H E H Ö R Ü B U N G E N “
Lehrerin helfend eingreifen. lichkeit, Betroffen- zu Hörtext 15:
heit herzustellen,
Fragen zum genauen Wortlaut des sind sogenannte Hör-
Hörtextes briefe oder Kassetten- Teil 1
Wenn der Inhalt dann von allen gut ver- briefe. Dabei handelt
standen ist, können sich die Lernenden es sich um eine Form
auf bestimmte Formulierungen im der Klassenkorre-
Wortlaut des Textes konzentrieren, sie spondenz (siehe den
noch einmal bewußt abhören oder Beitrag von Ko Melief
erinnern. Das Gehörte ist in die Lücken in FREMDSPRACHE
des transkribierten Originaltextes ein- DEUTSCH Heft 1),
zusetzen (Kontrolle über die Trans- aber in diesem Fall in
kription im Textheft). Form von auf eine
Kassette gesproche-
Schlußbemerkung nen Texten. Das kön-
Die „Atmosphärischen Hörübungen“ nen Selbstdarstellun-
sind keine Hörverstehenstests mit Auf- gen, Interviews und
gaben zum Abfragen des Gehörten (z. andere Texte sein,
B. mit Hilfe von multiple choice-Aufga- die von Schülerin- Zu Hörtext 18:
ben). Diese Hörübungen wollen der nen und Schülern
Ausgangspunkt sein für gemeinsame selbst gesprochen Teil 1
Gespräche in der Klasse, so daß das werden. Die Kasset-
Hören, das Verstehen, das Sich- tenbriefe enthalten
Äußern, das Sich-über-das-Gehörte- dann häufig Fragen
Verständigen wie in der realen Kommu- an die Adressaten,
nikationssituation eng ineinander ver- die im Rückbrief
woben sind. beantwortet werden,
so daß ein echter
Dialog, eine echte
II. Hörbriefe Kommunikationssi-
Hörtexte, darüber besteht inzwischen tuation mit Hören –
Einigkeit, sollten so „authentisch“ wie Verstehen – auf Band
möglich sein. Gefordert werden Ton- gesprochenen
aufnahmen, die den Eindruck größt- Anworten entstehen
möglicher Authentizität vermitteln, kann.
Aufnahmen mit Muttersprachlern oder Hörbriefe bieten
gar live-Mitschnitte. zudem jedem Lehrer,
Ein wichtiger Aspekt wird dabei jeder Lehrerin und
jedoch häufig außer acht gelassen: Der allen Schülern die Teil 1
beste Hörtext ist ein Text, der beim Möglichkeit, jeweils
Hörer Betroffenheit hervorruft, das aktuelle, brandneue
heißt: Der Inhalt des Textes soll ihn Hörtexte zu produ-
persönlich etwas angehen, so daß er zieren, die auch wirk-
ihn aus eigenem Impuls verstehen lich für alle Beteilig-
möchte und nicht, weil eine Aufgabe ten von Interesse
ihn dazu zwingt, sich mit dem Text zu sind.
beschäftigen. Solche Hörbriefe
Solche Elemente möglicher Betrof- können zwischen
fenheit bieten z. B. authentische Inter- Deutschklassen des-
views mit deutschen Jugendlichen2, selben Landes, aber
aber auch bestimmte Werke der auch verschiedener
Jugendliteratur (von Peter Härtling, Länder oder zwischen Schulklassen in FREMDSPRACHE DEUTSCH hilft ger-
Christine Nöstlinger u. a.), die in Form Deutschland (z. B. Englisch- oder Spa- ne bei der Suche nach Partnerklassen
von „Audio“-Büchern angeboten wer- nischlernenden) und Deutschklassen in Deutschland. Schreiben Sie uns!
den. in anderen Ländern (z. B. Deutschler-
Zu denken wäre auch an Hörspiele, nenden in England oder Spanien) hin- 1) HansAnfänger.
Ludwig Bauer: Atmosphärische Hörszenen für
Cassette mit 20 Hörübungen. Arbeits-
speziell für jugendliche Deutschlernen- und hergeschickt werden. buch. Textheft. Inter Nationes 2. Auflage 1990.
de geschrieben.
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– AUFGABEN AUS DEM ARBEITSBUCH Inhalt der zu diesem Heft gehörenden Tonkassette:
Zu Hörtext 18:
Artikel: Hörtexte
Peter Bimmel/ Hörtext 1: Textausschnitte 1–5
Mariet van de Ven Hörtext 2: An der Bude
Hörtext 3: Der Anruf
Hörtext 4: Der Lautsprecher 1–6
Hörtext 5: Das Wetter im Radio
Hörtext 6: Feuerstuhl-Geschichte
Hörtext 7: Chaos im Kinderzimmer
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HÖREN- Ausspracheschulung im
Deutschunterricht
ierlich in unserem Gehirn verarbeitet, sondern
wir hören, verarbeiten, hören dabei schon wie-
der Neues usw. Während des Hörens konstitu-
BRUMMEN-
iert unser Gehirn die Information. Wäre es
sonst möglich, einem Nachrichtensprecher zu
folgen, wenn wir darauf angewiesen wären, erst
jeden Ton, selbst jedes Wort gehört zu haben,
B
evor Sie anfangen, diesen Arti- fassung zweitrangig sind.
kel zu lesen, sollten Sie eine „Können Sie mir bitte sagen, auf welchem Gleis der Zug nach Paris abfährt?“
kleine praktische Übung
machen. Schließen Sie die Augen unbetonter Vorlauf Intonationstal unbetonter Nachlauf
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Intonation und Rhythmus bilden das „Ske- umgebung gebracht werden. Spannung und
lett“ der Aussage. Auch rücken die Einzellau- Entspannung innerhalb eines Satzes sind dabei
te und die Angst, bei der Aussprache etwas von Bedeutung. Geschlossene, gespannte Voka-
falsch zu machen, etwas in den Hintergrund. le werden beispielsweise am besten gehört,
Nachdem ein Satz „gut gebrummt“ worden wenn sie am Ende einer Satzfrage stehen, denn
ist, läßt er sich viel leichter aussprechen. dort ist die Spannung im Satz am größten, alles
Weitere Möglichkeiten, die Lernenden für Into- tendiert auf die Antwort „ja“ oder „nein“ hin.
nation und Rhythmus zu sensibilisieren: BEISPIELE: Möchten Sie Brötchen mit Mohn?
• Atemübungen können der Ausspracheschu- Ist das die Eugenstraße?
lung vorgeschaltet werden. Sie dienen einer- Auch [ç] oder [ ] können an dieser Stelle
seits der Konzentration und entwickeln besser wahrgenommen werden.
andererseits bei den Beteiligten ein Gefühl BEISPIELE: Nehmen Sie Honig?
für bewußtes Sprechen. In einem weiteren Trinken Sie den Kaffee mit Milch?
Schritt erzählen die Teilnehmer von sich Ist die Hose nicht zu eng?
selbst oder führen kurze Dialoge mit der Vor- Bei fallender Intonation im Aussagesatz oder
gabe, sich daran zu halten, daß sie in einem im Befehl fällt die Spannung am Satzende ab,
Satz höchstens zwei Elemente betonen. Sie es lassen sich also besonders gut entspannte
können so üben, den Luftdruck zu regulieren: Vokale hören (und dann auch sprechen).
für die akzentuierten Silben brauchen sie BEISPIELE: Gib mir das Messer!
mehr Luft, und den Rest des Satzes können Du solltest das Rauchen lassen!
sie mit weniger Luftdruck im sogenannten Auf einen gespannten Konsonanten folgt ein
Intonationstal – auch ein wenig leiser, wenn offener, entspannter Vokal. So probieren
sie wollen – sprechen. Bei dieser Übung kann Babys das Sprechen. Ihre ersten „Wörter“
eine begleitende Handbewegung, die den Ein- sind in ziemlich allen Sprachen „mama“,
und Ausatmungsvorgang unterstützt, sehr „papa“ oder „tata“ nach dem Prinzip: auf
hilfreich sein. Spannung folgt Entspannung. Auch das kön-
• Eine nuancierte Aussprache, bei der betonte nen wir für den Unterricht heranziehen:
Silben durch lauteres Sprechen hervorgeho- BEISPIELE: Wo ist hier die Kasse?
ben und unbetonte Silben im Intonationstal Zeigen Sie Ihren Paß!
oder im unbetonten Vor- oder Nachlauf leiser Zum Kuckuck nochmal!
gesprochen werden, kann es den Lernenden Eine Tasse Wasser ... usw.
erleichtern, den Satzrhythmus zu hören. Die Beispiele müssen natürlich aus dem
Dabei dürfen aber Tempo und Rhythmus Unterrichtskontext genommen werden, an
nicht verändert werden. dieser Stelle kann nur das Prinzip erklärt
• Klopfen oder Klatschen des Rhythmus ist eine werden.
weitere Hilfe bei der Einübung der Satzmelo-
die. (Wichtig dabei ist, daß die Lehrerin Bei den aufgeführten Techniken geht es in
richtig klopft oder klatscht. Manchmal muß erster Linie darum, daß die Lernenden einen
das durchaus zuerst geübt werden.) bestimmten Laut oder den Rhythmus besser
• Eine nicht zu vernachlässigende Technik bei hören, denn nur, was gehört, wahrgenommen
der phonetischen Korrektur ist das Rück- und als neue Komponente in das Lautinventar
wärtskorrigieren. Stolpert einer der Lernen- aufgenommen ist - also beim nächsten Hören
den über den Satz „Kommt ihr heute Abend auch wiedererkannt werden kann, kann mit der
mit ins Kino?“ empfiehlt sich folgendes Vor- Zeit auch richtig ausgesprochen werden. Diese
gehen: Vorgehensweisen sollen auch zeigen, daß
.............................................................. ins Kino? Hören in Verbindung mit Ausspracheschulung Literaturverzeichnis:
........................................... Abend mit ins Kino? nicht dem Zufall überlassen werden muß und Cauneau, Ilse: Hören Brummen
Sprechen. Angewandte
................................ heute Abend mit ins Kino? die Lerner keine „Naturtalente“ (s.o.) sein müs- Phonetik im Unterricht
........... Kommt ihr heute Abend mit ins Kino? sen, sondern daß wir als Unterrichtende Mög- Deutsch als Fremdspra-
che. Handbuch. Begleit-
• Spannung und Entspannung spielen bei der lichkeiten haben, Hören optimal zu gestalten buch. Cassette. Klett Edi-
Aussprache von Einzellauten eine wichtige mit dem Ziel, den Lernenden zu einer besseren tion Deutsch München,
1992.
Rolle. Deutsche Konsonanten wie /p/, /t/, /k/ Aussprache zu verhelfen. Göbel, Richard: Probleme und
und /s/ werden sehr gespannt und zum Teil Möglichkeiten der Aus-
sprachearbeit im Unter-
aspiriert ausgesprochen. Um dies besser zu richt. In: Deutsch lernen
Gehör zu bringen, eignet sich Flüstern. Dabei 3/86.
Renard, Raymond: La méthode
treten gespannte Laute stärker hervor und verbo-tonale de correc-
werden besser wahrgenommen. tion phonétique. Centre
de Phonétique Appli-
• Einzellaute können oft besser wahrgenom- quée à Mons, Didier,Bru-
men werden, wenn sie in eine günstige Laut- xelles 1979.
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DER
Übungen zur Ausbildung der
geärgert, der Ihnen dauernd ins Wort fällt, Sie nicht aus-
reden läßt, Sie mitten im Satz unterbricht, Ihren Satz zu
Ende führt und ihnen gar die Pointe Ihrer Erzählung raubt?
Trotz Ihres verständlichen Ärgers – die Erklärung für dieses
DICKE
Verhalten ist leicht: Ihr Gesprächspartner kennt Sie –
wahrscheinlich ist ihm auch die Sache, über die Sie
sprechen nicht ganz neu, vor allem aber: Sie sprechen
JUNGE
Speicherfähigkeit
kann die einzelnen Informationen miteinander verbinden,
er kann Informationen speichern, „vorausdenken” und
sogar vorausformulieren.
Ein fremdsprachiger Zuhörer, der Ihre Sprache noch nicht
so gut beherrscht, könnte – selbst wenn er wollte – Ihnen
WEINT,
Von Gabriele Neuf-Münkel
nicht ins Wort fallen, weil ihm das für das Erfassen Ihrer
Äußerungen vorausgesetzte Wissen, viele Wörter, vielleicht
auch die Bedeutung ganzer Sätze fehlen. Das bedeutet
auch, daß seine Fähigkeit zu antizipierendem Hören und
WEIL …
zum Speichern fremdsprachiger Informationen noch nicht
genügend ausgebildet ist. Beides muß also entwickelt
werden.
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gene sprachliche „Prognosen“ herausheben, ei- Psychologen haben durch Experimente be-
nige sehr fehlerhafte verbessern. Wir wählen wiesen, daß ein Hörer, der die Bedeutung die-
als Beispiel das Thema Einkauf. Mögliche Satz- ses Satzes erkennt und „speichert“, das Struk-
anfänge, die der „Phantasie“ der Lerner immer turwort „weil“ sozusagen als Verstehensschlüs-
breiteren Raum geben, wären z. B.: sel gebraucht, weil es die bestimmte Beziehung
der beiden durch „weil“ verbundenen Sätze an-
• Gestern war mein Kühlschrank fast leer, deshalb … zeigt: das Grund-Folge-Verhältnis. Folgende
• Vor dem Geschäft standen … Schreibweise kann dies verdeutlichen:
• In dieses Geschäft gehe ich gern; denn …
• Zuerst ging ich zu den Regalen, wo … weil
• Bei der Butter stellte ich fest, daß die Preise … Unfall Auto zu schnell
• An der Theke, wo Käse und Wurst verkauft wurden, standen … (Folge) (Grund)
• Ich mußte …
• Dann brauchte ich noch Getränke. Ich wählte … Für das antizipierende Hören des Mutter-
• Mit meinem Wagen ging ich … sprachlers spielen Strukturwörter eine ent-
• Als ich bezahlen wollte, bemerkte ich zu meinem Schrecken, … scheidende Rolle: Sie dienen als eine Art Weg-
• Aber ich hatte Glück … weiser für die kommende Information. Wenn
man Wörter wie weil, denn, aber, wenn, damit
usw. hört, dann kann der konkrete Inhalt des
Vorschlag 2: folgenden Satzes zwar nicht immer vorwegge-
Bildgeschichten als Basis für Antizipa- nommen werden, aber es ist eine Richtung vor-
tionsübungen gegeben: es folgt mit Sicherheit die Angabe
Auch Bildgeschichten, die gewöhnlich als eines Grundes, eines Gegensatzes, einer Bedin-
Basis für mündliche und schriftliche Produk- gung, eines Ziels. Für den Fremdsprachenunter-
tion dienen, können zur Ausbildung eines anti- richt speziell im Hörverstehen hat dies die Kon-
zipierenden Hörens verwendet werden. sequenz, daß die Verwendung dieser Struktur-
Die auf Seite 33 abgedruckte Bildgeschichte wörter soweit wie möglich automatisiert,
ist dem 1. Band von DEUTSCH AKTIV entnom- besser interiorisiert sein muß.
men.1 Auch für diesen Zweck hat es sich bewährt,
wenn der Lehrende mündlich Sätze vorgibt, die
Legen Sie Ihren Schülern die einzelnen Bil- dann möglichst rasch von den Lernern in den
der vor und beginnen Sie die Sätze, die dann verschiedensten Varianten zu Ende geführt
von den Schülern ergänzt werden. Nehmen Sie werden müssen. Dadurch, daß (produktiv) In-
die entstehende Geschichte wieder auf Casset- halte verschiedenster Art mit diesen Struktur-
te auf, um den entstehenden Text zu kontrol- wörtern verbunden werden, kann erwartet wer-
lieren. den, daß der Lernende ihre Bedeutung und ih-
ren Gebrauch so interiorisiert hat, daß sie ihm
bei der Rezeption auch zeitabhängiger Hörtex-
Auf Gleis 1 stand … In einem Abteil … Da wurde die Türe … te als „Wegweiser“ dienen können. Wir nennen
Sie fragte, … Der dicke Mann … Da brachte die hübsche … einige Bespiele. Verändern Sie diese je nach Al-
Der dicke Mann sprang auf … Dann geschah etwas … ter und Sprachniveau Ihrer Schülerinnen und
Die junge Dame führte … Wahrscheinlich war es … Der dicke Mann … Schüler.
Ich habe mir ein Fahrrad gekauft, weil …
Wir kaufen uns kein Auto, denn …
Vorschlag 3: Das Kind ist nicht nach Hause gekommen.
Antizipationsübungen mit Strukturwör- Deshalb …
tern Der Planet Erde ist bedroht. Denn …
Übungen zum Thema Strukturwörter ken- Ich habe mir ein Fahrrad gekauft, aber …
nen Sie sowohl aus dem Grammatikunterricht Die Gruppe hat viel Geld gesammelt. Trotz-
als auch aus der Arbeit mit sogenannten Lese- dem …
texten. Das Haus meiner Verwandten liegt in einer ru-
Es ist zu bedauern, daß spezielle Hörübun- higen Straße. Dagegen …
gen zu diesem Thema selten sind. Dabei hängt
das vom Faktor Zeit bestimmte Hören in hohem Hypothesenbildung auf der Basis vor-
Maße von einer „automatisierten“ Verwendung gegebener und gehörter Informationen
des Wissens ab, das der Lerner über Struktur- Wenn wir davon ausgehen, daß (hörende und
wörter der Zielsprache bereits erworben hat. lesende) Rezeption von Texten durch ein Zu-
Wir wählen ein einfaches Beispiel: „Es gab sammenspiel aufwärtsgerichteter und abwärts-
einen Unfall, weil das Auto zu schnell fuhr.“ gerichteter Prozesse erfolgt (siehe dazu das
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es, wenn man den Tod zum Paten hat? Welche hat er diese Informationen gespeichert. Gespei-
Umstände führen Eltern zu dieser Wahl? … chert kann nur werden, was verstanden wor-
Bereiten Sie dann die erste Hörsequenz vor. den ist.
Ihre Schüler müssen nicht alle Wörter kennen,
um den Inhalt des gesprochenen Textteils zu Dies bedeutet: die erste Stufe der Verarbei-
verstehen und den weiteren Verlauf der tung ankommender Wortfolgen besteht – nach
Geschichte zu prognostizieren. Aber Kernwör- den Erkenntnissen der Psycholinguistik – darin,
ter sollten Sie vorgeben. Gehen Sie dabei von aus diesen Worten „Bedeutungen“, kleinste und
einem zentralen Begriff aus und lassen andere kleinere „Sinneinheiten“ zu schaffen. Dabei
Wörter zuordnen. übernimmt das Gedächtnis in den meisten Fäl-
Für die erste Hörsequenz schlagen wir als len nicht die wörtlichen Formulierungen des
ein solches Kernwort Armut bzw. sein Antonym Sprechers, sondern es speichert diese Bedeu-
Reichtum vor. tungen in vereinfachter sprachlicher Form.
Auf der Basis dieser Wörter können Sie eine (Z. B. haben Experimente ergeben, daß im Pas-
zweite Hypothesenbildung anregen. Sie wird, siv formulierte Mitteilungen oft im Aktiv erin-
da durch die vorgegebenen Lexeme eingeengt, nert und reproduziert werden.)
sehr viel näher am Text sein, den die Schüler
anschließend hören werden. In einem weiteren Arbeitsschritt werden
Hörsequenz 1
Präsentieren Sie dann die diese Inhaltsteile zueinander in Beziehung ge-
arm arbeiten
e Armut / e Not / e Arbeit ≠ r Reichtum Hörsequenz 1 (wenn nötig setzt und in eine sogenannte hierarchische
fehlen an es fehlt an nichts mehrmals). Ordnung gebracht. Das verarbeitende Gedächt-
Für die Arbeit nach der nis unterscheidet zwischen Wiederholungen,
Präsentation schlagen wir fünf Schritte vor: für den roten Faden nicht unbedingt notwendi-
1. Sichern Sie das Verständnis durch ein kurzes gen, vielleicht ausschmückenden Teilen, wich-
Gespräch mit den Schülern. Lenken Sie tigen Einzelheiten und den größeren „Teilthe-
durch Fragen, wenn dies notwendig ist. men“, die den Hauptgedanken zusammengehö-
2. Lassen Sie nun Hypothesen zur nächsten render Sätze (beim Lesetext würde man von
Hörsequenz bilden. Notieren Sie Aussagen Abschnitten sprechen) darstellen. Ohne diesen
der Schüler an der Tafel. Helfen Sie bei For- Akt verstehenden und ordnenden Speicherns
mulierungsschwierigkeiten, ohne Stellung zu ist Hörverstehen nicht möglich. Denn verstan-
nehmen. dene und gespeicherte Informationen sind so-
3. Geben Sie dann Kernwörter für die nächste zusagen die Anknüpfungspunkte für noch nicht
Hörsequenz und lassen diesen andere Wör- gesprochene Rede – ohne Erinnerung an be-
ter zuordnen. reits gesprochene Inhalte ist zukünftige Rede
Hörsequenz 2 4. Lassen Sie – auf der Basis ohne Basis.
e Arznei s Heilkraut
der Kernwörter – weitere
r Arzt zu Häupten/
krank gesund zu Füßen Hypothesen bilden. Viel- So verläuft – grob dargestellt – der Prozeß
leicht gelingt es bereits, beim muttersprachlichen Hörer. Die Schwierig-
r Gehorsam r Ungehorsam den kommenden Textteil keiten für den Fremdsprachenlernenden liegen
(gehorchen) (=etwas gegen den „vorerzählen“ zu lassen. auf der Hand. Wir fassen sie in vier Punkten zu-
Willen eines anderen tun)
5. Spielen Sie die nächste sammen:
Hörsequenz 3 Hörsequenz vor. 1. Er hat Mühe, längere Wortfolgen, aus denen
e List drohen Der auf Cassette gesproche- dann Bedeutungen geschaffen werden kön-
(überlisten) betrügen ne Text ist insgesamt in 4 nen, im Gedächtnis festzuhalten.
verzeihen Hörsequenzen geteilt. 2. Er hat Mühe, die ankommenden Wortfolgen
Im Kasten links haben wir die (er kennt manche dieser Wörter nicht ein-
Hörsequenz 4
e Höhle Wörter zusammengestellt, mal) zu Bedeutungen zu verarbeiten.
s Licht die für das Verständnis der 3. Er hat noch nicht die Fähigkeit, in Sekunden-
verlöschen/ausgehen einzelnen Textteile unbedingt bruchteilen schwieriger formulierte Wen-
so tun als ob notwendig sind. (Wählen Sie dung zu verkürzen und zu vereinfachen.
sich rächen
aus bzw. ergänzen Sie!) 4. Er ist aus diesen Gründen nicht in der Lage,
die in der Rede übermittelten Informationen
zu gewichten, d.h. in eine hierarchische Ord-
2. Speicherübungen nung zu bringen.
Speichern – ein mehrstufiger Verarbei-
tungsprozeß im Kurzzeitgedächtnis Wenn wir diese vier Gesichtspunkte berück-
Wenn ein Hörer Inhalte, Informationen, die be- sichtigen, ergeben sich brauchbare Hinweise,
reits gesprochen wurden, in seinem Gedächtnis wie wir Speichern von gesprochener Sprache in
so aufbewahrt, daß er sie erinnern kann, dann der Fremdsprache erleichtern bzw. üben.
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Der folgende Beitrag zeigt besonders deutlich, daß beim Hörverstehen nicht nur
sprachliche Schwierigkeiten bewältigt werden müssen. Große kulturelle Unterschie-
de zwischen der Herkunftskultur und der Kultur des Zielsprachenlandes können das
Hörverstehen stark beeinträchtigen. Daß diese kulturellen Unterschiede bewußt
gemacht werden müssen, wird an einem Beispiel gezeigt.
I
n den Antworten zu einer Umfrage bau ganz erheblich unterscheiden, chi- wobei für Chinesen vor allem die End-
an Goethe-Instituten des In- und nesische Deutschlernende also mit stellung des Verbs völlig fremd ist und
Auslandes tauchte immer wieder einer Vielzahl neuer sprachlicher Kate- ihnen besondere und ungewohnte
der Hinweis auf die besonders großen gorien vertraut gemacht werden müs- Gedächtnisleistungen abverlangt.
Probleme auf, die asiatische Deutsch- sen. Das beginnt bereits auf der Laut-
lernende, insbesondere Chinesen und ebene, wo z. B. der Austausch von /l/
Japaner, mit dem Verstehen gespro- und /r/ im Deutschen die Bedeutung 2. Unterschiedliche
chener deutscher Texte haben (vgl. eines Wortes ändert (Lampe-Rampe), Kulturen
Solmecke, 1991). Tatsächlich sind die im Chinesischen aber nicht.
Hörverstehensprobleme chinesischer Weiterhin ist das Chinesische eine Zwischen Deutschland und China, zwi-
Deutschlernender zwar besonders Sprache ohne Flexionsformen. Es hat schen einem hochentwickelten Indu-
groß; sie unterscheiden sich aber keine Deklination, keine Artikel, keine striestaat und einem Land, das noch
nicht grundsätzlich von denen anderer Konjugation. In der deutschen Sprache von agrargesellschaftlichen Strukturen
Lerngruppen. Bei näherem Hinsehen gibt es sechs Zeitformen, in der chine- geprägt ist, gibt es eine Vielzahl kultu-
erkennt man vor allem drei Ursachen sischen nur drei. Präpositionen gibt es reller Unterschiede. Unterschiede
für Schwierigkeiten, nämlich: zwar in beiden Sprachen, ihre Eigen- betreffen den Stand der Technik und
1. große Unterschiede zwischen schaften aber unterscheiden sich ganz den Lebensstandard, aber auch das
dem chinesischen und dem deut- erheblich. Grundlegende Unterschiede Verhältnis der Menschen zu Raum und
schen Sprachsystem; sind auch im Satzaufbau festzustellen, Zeit, das Individuum und seine Bezie-
2. große Unterschiede zwi- hung zur Gesellschaft, unter-
schen der chinesischen schiedliche Vorstellungen von
und der deutschen Kul- Privatheit und Öffentlichkeit,
tur, ihren Erscheinungs- Unterschiede in den Bereichen
formen, ihren Wertvor- Arbeit, Wissenschaft, Recht
stellungen und Normen; und nicht zuletzt eben auch in
3. die fehlende Vermittlung der Sprache. Diese Unterschie-
wirksamer Texterschlie- de sind so groß, daß gegensei-
ßungstechniken im tige Verständigungsschwierig-
Deutschunterricht. keiten nicht leicht überwunden
Im folgenden soll auf den werden können.
ersten Punkt nur kurz, auf die
beiden anderer ausführlicher Zur Privatsphäre gehört z.
eingegangen werden. B. in Deutschland vieles, was in
China der Öffentlichkeit zuge-
rechnet wird. So ist etwa in
1. Unterschiedliche Deutschland eine Krankheit
Sprachsysteme eine Privatsache, die nur den
Patienten und den Arzt etwas
Ein Sprachvergleich zeigt, daß angeht. In China dagegen ist sie
sich die chinesische und die kein Geheimnis, sondern eine
deutsche Sprache in ihrem Auf- öffentliche Angelegenheit.
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Erster Schritt: Einführung in das 2. Hörstrategie trainieren: kursori- Hörtext 25: In der Apotheke
Thema sches Hören. 1. Hörstrategie trainieren: Selegieren-
1. Erwartungen aufbauen mit Hilfe von Die Lernenden sollen auf der Textebe- des Hören.
Bildern (siehe Abbildungen); ne folgende Fragen beantworten: Wer 2. Freies Anwenden:
2. Persönlichen Bezug herstellen und antwortet am Telefon? Und: Worum Die Lernenden sollen zum Thema “Was
Quellen kultureller Mißverständnisse handelt es sich? machen Sie, wenn Sie in China einen
abbauen, indem die Situation in China 3. Gelenktes Anwenden: Hören und Arzt aufsuchen möchten?” frei spre-
mit der entsprechenden in Deutsch- mitschreiben. chen.
land verglichen wird: Was macht man Die Lernenden sollen beim Hören
in China, was in Deutschland, wenn einen Lückentext ergänzen. Literaturverzeichnis:
Bork, Iris: Schwierigkeiten chinesischer Deutschlerner
beim Verständnis deutschsprachiger Prosa. Ein
Hörtext 23: Praxis Dr. Hitzler Praktikumsbericht. In: INFO DAF 2/1984, 46 – 55.
In China In Deutschland Gu, Yünying: Kommunikative Kompetenz und Skills. In:
• Man muß keinen Termin • Man muß vorher einen Termin 1. Vorbereitung: DAAD-Dokumentationen und Materialien. Chine-
ausmachen. ausmachen. Wenn etwas a) Neue Wörter im Kontext ein- sisch-Deutsches Germanistentreffen. Beijing
1986.
dazwischen kommt, muß man den führen. Neuner, Gerhard u. a.: Übungstypologie zum kommuni-
Termin absagen. kativen Deutschunterricht. Langenscheidt, Mün-
• Fast alle Sprechstunden finden • Wenn keine Sprechstunde ist, chen 1981.
zur gleichen, allen bekannten Zeit teilt ein automatischer Anrufbeant- ders.: Zur Arbeit mit authentischen Hörtexten im Unter-
richt. In: Textarbeit – Sachtext. iudicium, Mün-
statt. Man kann zu jeder Zeit den worter mit, wann der Arzt Sprech- chen 1985.
Arzt aufsuchen. stunde hat und wo der Notarzt zu Reinbothe, Roswitha: Landeskunde im Deutschunter-
finden ist. richt in China. In: Kulturkontraste im DaF-Unter-
• Eine Krankheit ist kein • Der Arztbesuch ist richt. iudicium, München 1986.
Rössler, Helmut: Aspekte des Lernens und Lehrens an
Geheimnis. Was einem fehlt, ist Privatangelegenheit. Der Patient einer chinesischen Hochschule. Am Beispiel der
eine öffentliche Angelegenheit. spricht mit dem Arzt hinter 1. Fremdsprachenhochschule Beijing. In: Müller,
verschlossenen Türen. Bernd-Dietrich/Neuner, Gerhard (Hg.): Praxis-
probleme im Sprachunterricht. iudicium, Mün-
chen 1984, 49 – 75.
man krank ist? Im Unterricht wird von b) Mit Hilfe der Zeichnung auf kulturel- Solmecke, Gert: Hörverstehen im Fremdsprachenunter-
den chinesischen, also den vertrauten le Unterschiede aufmerksam machen: richt Deutsch als Fremdsprache – Ergebnisse
einer empirischen Untersuchung. In: pv Aktuell,
Gegebenheiten ausgegangen. Wie klingelt man an der Tür? Wie wird Goethe–Institut, München 1991, 10–13.
die Tür aufgemacht?
Zweiter Schritt: Übungen zu
verschiedenen Hörtexten 2. Hörstrategie trainieren (selegieren-
Hörtext 22: Anruf beim Arzt des Hören): Die Lernenden sollen Ant-
1. Vorbereitung: Neue Wörter im Kon- worten auf folgende Fragen heraus-
text, in den abgebildeten Situationen hören : Ist die Patientin mit oder ohne
einführen. Arzttermin gekommen? Und: Was
bedeuten die Geräusche?
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40 H Ö R V E R S T E H E N
„... Esches Texte lesen sich wie Aus- genaue Umkehrung von 'Muzak‘, von ren Erfahrungen in den Niederlanden,
züge aus einem Tagebuch, manchmal Supermarktberieselung.” den USA und in Frankreich schon in
sind es witzige oder kritische Ge- der Lage, das Lied global zu verstehen.
schichten, meist aber versucht er, sei- Das Verstehen wird durch Esches raffi-
ne persönlichen Probleme mit unserer nierte Mischung von Text, Melodie und
Wegwerfgesellschaft in den Liedern Verkehrsgeräuschen sehr erleichtert.
aufzuarbeiten. Auch wenn dabei die Auch das Thema schien uns für die
Musik recht locker-popmäßig ge- Diese Beurteilung paßt auch gut auf Behandlung im Deutschunterricht
trimmt ist, machen die Lieder betrof- den „Sonntagnachmittag auf dem Bal- interessant: der starke Verkehr, der die
fen. Seine 'Unterhaltungsmusik‘ fordert kon“. Auch hier muß man zuhören. Städte und das Leben in den Städten
Konzentration; man muß bei den Und das geht sehr gut: Schüler ab dem kaputtmacht. Ein Thema, das heute
Songs zuhören, diese Musik ist die zweiten Jahr Deutsch sind nach unse- noch aktueller ist als vor 10 Jahren.
Didaktisierungsvorschlag
NIKOLAUS ESCHE:
Sonntagnachmittag auf dem Balkon Siehe dazu die entsprechenden Aufgaben auf den Arbeitsblättern.
Sonntagnachmittag auf dem Balkon Schritt 1: Während der ersten 15 Sekunden auf derTonkassette hört man nur
oh, was könnt es Schönres geben Verkehrslärm. Diese 15 Sekunden hören lassen. Dazu wird ein
Assoziogramm an der Tafel erstellt.
ich lieg im Liegestuhl, rundherum Beton
und fühl mich wohl
Was für Geräusche hört ihr?
Sonntagnachmittag auf dem Balkon
sag, was könnt es Schönres geben Danach bearbeiten die Schüler Aufgabe 1 auf Arbeitsblatt 1.
nein, ich brauche keine Costa del Sol Vermutlich werden am häufigsten Bild 1 und 4 in Zusammenhang
mit dem Lied gebracht.
ich fühl mich wohl
Unten auf der Durchgangsstraße Schritt 2: Aufgabe 2 wird nach kurzer Vorbereitung im Plenum behandelt. Die
brodelt der Verkehr Schüler dabei möglichst nicht beeinflussen.
dröhnt es auch herauf
mich stört es nicht
ich habe Ohrenschützer auf
Schritt 3: Das Lied wird ohne Textvorlage gehört.
zieht ein Düsenjet vorbei
Aufgabe 3. Was haben die Schüler jetzt verstanden?
stell ich mir vor Die Ergebnisse von Aufgabe 1. noch einmal betrachten. Würden die
das sei die Brandung Schüler dem Lied jetzt andere Bilder zuordnen?
vom Strand von Hawai Das Lied noch einmal vorspielen, den Text dabei mitlesen lassen.
und wird es mir zu laut
dreh ich nur das Radio auf Schritt 4: Klassengespräch über die Ergebnisse von Aufgabe 4 (Arbeitsblatt 2).
Die Schüler begründen ihre Meinungen.
Ich seh den Himmel nicht
die Luft ist schmutzig grau Schritt 5: Mit oder ohne Textvorlage (je nach Sprachstand eventuell nur über
wie hinter mir die Wand das Hören ) den Wortschatz aufarbeiten. Sämtliche Begriffe, die in
die Nachbarn fahrn in ´n Süden Aufgabe 5 einzutragen sind, sind im Lied enthalten. Die Aufgabe
und verbrennen sich die Haut kann auch als Hausaufgabe gegeben werden.
hier krieg ich keinen Sonnenbrand
ich mach die Augen zu Schritt 6: Jetzt kommt der Nachbar ins Spiel, der „in denSüden fährt“. Seine
und atme durch den Mund Lage ist wenig erfreulich; er steckt im Stau! (Arbeitsblatt 3)
und döse vor mich hin Jeder Gruppe Gelegenheit bieten, ihr Ergebnis zu präsentieren.
und wenn´s auch noch so stinkt und dröhnt Eventuell anschließend die ausgefüllten Arbeitsblätter an die Wand
hängen lassen.
ich bin daran gewöhnt
Sonntagnachmittag auf dem Balkon ... Anschließend das Lied gegebenenfalls noch einmal hören lassen.
Kleingruppe Cassette
Fremdsprache Deutsch 7
ARBEITSBLATT 1
3
© Hubert Eichheim
Fremdsprache Deutsch 7
ARBEITSBLATT 2
__________________________________________
__________________________________________
__________________________________________
... und ich fühl
mich wohl
__________________________________________
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__________________________________________
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5. Wie heißt das auf deutsch? Bitte füll die Wortkärtchen aus!
Fremdsprache Deutsch 7
ARBEITSBLATT 3
Fremdsprache Deutsch 7
44 H Ö R V E R S T E H E N
Hörspiele im Deutschunterricht – das klingt verlockend, ist aber gar nicht so einfach zu
realisieren, denn es ist nicht leicht, geeignete Hörspiele zu finden.
Warum das so ist? Deutschsprachige Hörspiele sind für deutschsprachige Hörer
geschrieben. Das bedeutet nicht nur, daß sie sich an keine Wortschatz- oder Gramma-
tikprogression halten. Viele Hörspiele enthalten auch zahlreiche Anspielungen und
setzen detaillierte landeskundliche Kenntnisse voraus. Kriminalhörspiele dagegen sind
meist nicht so stark landeskundlich geprägt; hier steht der Kriminalfall, die Spannung
und die Suche nach dem Schuldigen im Vordergrund.
sich die Schüler gut identifizieren kön- „Betroffenheit“ für den folgenden Hör-
nen; text steigert die Aufmerksamkeit und
• Die Eigentätigkeit der Schüler ist die Bereitschaft, die Sequenz mit den
gefragt: um den Täter finden zu kön- eigenen Entwürfen zu vergleichen, die-
nen, muß man verstanden haben, pro- se zu modifizieren, zu ergänzen oder zu
duktive Leistung und eigenes kreatives streichen.
Handeln sind den Aufgaben immanent; Zur Antizipation können auch
• Und nicht zuletzt: die Schüler lösen außersprachliche Elemente des Hör-
gern Rätsel. spiels wie Musik und Geräusche
Zum Einsatz von genutzt werden. Diese dienen der
Wir haben verschiedene Hörspiele Hörspielen atmosphärischen Einstimmung und
für den Unterricht besarbeitet (siehe im Unterricht Situierung und unterstützen das Ver-
Anmerkung 6). ständnis.
Das Kriminalhörspiel, das wir hier Aus unseren Erfahrungen mit Hörspie-
vorstellen wollen, heißt: „Das Telefon- len im Unterricht ergeben sich folgen- • Die Aktivierung der Schüler durch
spiel“. Es ist von Anke Beckert, wurde de wichtige Prinzipien der Bearbei- personales Sprechen, durch reproduk-
1981 zum ersten Mal im Bayerischen tung: tive und produktive Leistungen spielt
Rundfunk gesendet und dauert 35 bei der Arbeit mit Hörspielen eine
Minuten. • Ein wichtiges Prinzip ist die Seg- besondere Rolle. Die Lernenden
Im Radio wurde das Hörspiel fol- mentierung. Das Hörspiel wird in Sinn- drücken nach dem Hören auch jeweils
gendermaßen angekündigt: einheiten (Szenen) usw. unterteilt und ihre Empfindungen aus (z.B.: Das war
„Wie aus einem harmlosen Spiel eine Schritt für Schritt gehört und bearbei- viel zu schwer- Die sprechen ja alle
tödliche Katastrophe werden kann, tet. Durch dieses Vorgehen wird nicht durcheinander - Ich habe Angst usw.).
erfahren Sie heute abend im Krimiter- nur die Spannung aufrechterhalten, Immer wieder werden Kommunikati-
min.“ sondern es werden auch zahlreiche onssituationen in der Klasse geschaf-
offene Stellen geschaffen, in die sich fen, in denen verschiedene Meinungen
Dieses Hörspiel, das nicht für ein die Schülerinnen und Schüler selbst zum Gehörten diskutiert werden. Gera-
jugendliches Publikum konzipiert wur- aktiv mit ihren Vermutungen, Meinun- de bei der Arbeit mit Kriminalhörspie-
de, hat folgenden Inhalt: gen usw. einbringen können. Bei unse- len wird das geübt, was Gert Solmecke
An einem Abend sind zwei junge rem Kriminalhörspiel haben wir die „analytisches Verstehen“ nennt, des-
Mädchen durch unvorhergesehene Erfahrung gemacht, daß auch bei suk- sen Ziel es ist, über die bloße Informa-
Umstände allein zu Hause. Mit einem zessiver Durchnahme die Motivation tionsentnahme hinaus, Schlußfolge-
Spiel am Telefon machen sie sich über nicht gelitten hat und das ganze Hör- rungen aus dem Text zu ziehen. Eben-
verschiedene Leute lustig. Sie geraten spiel, wenn es dann am Schluß noch so verlangt die darauf aufbauende
dabei an einen Mann, der eines der einmal als Ganzes gehört wird, von den „Evaluation“ eine persönliche und
Mädchen zu einem Kinobesuch einlädt. Schülern mit großer Spannung verfolgt möglichst begründete, wertende Stel-
Es folgt der Einladung und verläßt das wird. lungnahme zum Gehörten3.
Haus. Der Hörer vermutet, daß es sich
um den Mörder eines jungen Mädchens • Ein weiteres Prinzip ist die Len- • Das Hörspiel ist ein schriftlich kon-
handelt, der von der Polizei gesucht kung des Lernprozesses durch Übun- zipierter Hörtext, der im Gegensatz zu
wird. Schließlich kommt es zu einem gen. Dabei unterscheidet man Übun- Transkriptionen authentischer Hörtex-
weiteren Mord, bevor der Mörder am gen zur Lenkung der Hörerwartung und te auch gelesen werden kann. Er bietet
Ende von der Polizei überführt wird. Übungen zur Kontrolle des Hörprozes- vielfältige Ansätze der Bearbeitung. Bei
ses. Die Vorgabe der Hörziele in Form einigen Sequenzen, bei denen Detail-
Die wenigen Sätze reichen natürlich von Fragen, Rastern usw. ermöglicht verständnis notwendig ist oder die zu
nicht aus, um alle Spannungs- und psy- eine antizipierende und selegierende schwer sind, dient er der häuslichen
chologischen Momente aufzuzeigen, Hörkonzentration, die gerade für den Nacharbeit. Aus lernpsychologischen
die eine Behandlung im Unterricht mit Krimi wichtig ist. Die Höraufgaben sol- Überlegungen begründet ist auch das
Jugendlichen attraktiv macht, doch len Erfolgserlebnisse schaffen, schritt- Vorgehen, die Schüler einige Passagen
lösen sie sicherlich Neugierde und weise schwieriger werden und Diffe- hörend mitlesen zu lassen, weil das die
bestimmt auch Befürchtungen aus: Ist renzierungsmöglichkeiten bieten. Gedächtnisleistung positiv unterstützt.
ein solches Thema nicht zu emotions-
geladen für den Sprachunterricht? Die • Das Antizipieren vor dem Hören • Motivierend ist auch der produkti-
Erfahrungen mit unseren Schülerinnen der folgenden Sequenz gibt Spielraum ve Umgang mit einem Hörspieltext.
und Schülern zeigen, daß die Emotio- für eigene Redebeiträge. Es ermöglicht Man kann Szenen mit verteilten Rollen
nalität eher motivationsfördernd war. zugleich die Vorbereitung und Ein- lesen, man kann Szenen umschreiben,
14 bis 17jährige Schüler im 4. bis 6. führung von lexikalischen Elementen, fortsetzen, erfinden lassen, die neuen
Lernjahr haben zum Teil wochenlang sprachlichen Sinneinheiten und Hand- Szenen mit Geräuschen und Musik auf-
mit diesem Hörspiel gearbeitet. lungselementen2 Die so geschaffene nehmen usw.
Fremdsprache Deutsch 7
46 H Ö R V E R S T E H E N
ständig ergänzen und modifizieren, so gemacht hat, während des Hörens der
Beispiele aus dem daß die Personen- und die familiären entsprechenden Szene durch die
Hörspiel Beziehungen durchschaubar werden. Schüler ergänzt werden sollen.
„Das Telefonspiel“ Bei den wenigen Beispielen, die wir
Ebenso werden die Schüler angelei- im Rahmen dieses Artikels zeigen
Im folgenden zeigen wir einige Übungs- tet, sich mit Personen zu identifizieren konnten, darf man nicht vergessen,
formen, die sich auch auf andere Hör- oder sich in deren Rolle zu versetzen, daß die wichtigsten Szenen mehrmals
spiele übertragen lassen. um gegenwärtiges oder künftiges Ver- gehört werden und die sie begleiten-
halten zu beurteilen (siehe Beispiele 2 den Übungen sich mit wachsender
Personen einschätzen und 3). Kompetenz der Schüler verändern.
Eine entscheidene Rolle bei Kriminal-
hörspielen spielt die Einschätzung der Notizen machen Wir haben die Erfahrung gemacht,
handelnden Personen nach dem Ton- Die Schüler lernen, sich während oder daß unser Umgang mit dem Kriminal-
fall der Stimme, eine Fähigkeit, die den nach dem Hören Notizen zu machen, hörspiel eine gute Vorbereitung zum
Detektiv z. B. auf die Spur des Verdäch- d. h. aus einer Fülle von Informationen Kennenlernen eines wichtigen literari-
tigen bringen kann. Die Schüler müs- die wichtigsten herauszufiltern (siehe schen Genres darstellt. Wir haben
sen lernen, Stimmen zu identifizieren Beispiele 4, 5, 6). auch erfolgreich mit kürzeren Kriminal-
und die Gefühle, die diese ausdrücken, hörspielen für Jugendliche 6 und eher
zu beschreiben. Genaues Hören/Festhalten von literarischen, z. B. von Friedrich Dür-
In einer Übung zu den Personen Detailinformationen renmatt „Abendstunde im Spätherbst“
werden eine Reihe von Ausdrücken Vor wichtigen Schlüsselszenen werden und „Die Panne“ gearbeitet.
vorgegeben (siehe Beispiel 1), aus die Schüler aufgefordert, die wichtig-
denen die Schülerinnen und Schüler sten ihnen schon bekannten Informa- Außerdem gibt es auf dem Markt
jeweils die treffenden auswählen. Die tionen in einem Arbeitsblatt zusam- ein reichhaltiges Kassettenangebot für
anschließende Begründung der Aus- menzustellen. Nach dem Hören ergän- den Deutschunterricht 7 und gute Hör-
wahl führt erfahrungsgemäß zu lebhaf- zen sie dann die noch fehlenden spielfassungen von Kinder- und
ten Diskussionen. Angaben. Ähnlich strukturiert ist ein Jugendbüchern. Leider eignen sich
Im Verlauf der Arbeit legen sich die Arbeitsblatt, bei dem Notizen, die der nicht alle davon für den Fremdspra-
Schüler eine Personenkartei an, die sie Inspektor sich während eines Verhörs chenunterricht. Um aus dem Angebot
a) Vielleicht ____________________________________
dann können sie ________________________________
_______________________________________________
b) Vielleicht ___________________________________
dann können sie _______________________________
c) Vielleicht ___________________________________
dann können sie _______________________________
d) _____________________________________________
_______________________________________________
Fremdsprache Deutsch 7
47
Aus Erfahrung weiß die Polizei, daß Mörder, vor allem Trieb- Durch welche Argumente überredet er Jana, mitzu-
täter, an den Ort der Tat zurückkehren, um ein neues Verbre- kommen? Warum zögert Jana?
chen zu begehen. Deshalb sucht die Polizei Halleluja.
Aber der Polizist hat alles durcheinandergebracht. Was soll
er machen? Hilf ihm! Hallelujas Argumente Janas Einwände
Er soll …
wo alle Einsatzwagen sind.
Halleluja zum Polizeirevier bringen.
Hallelujas Beschreibung an alle Streifenwagen geben.
Feststellen, vor seiner Wohnung abfangen.
Streifenwagen diskret zum Stadtpark schicken.
an die Zentrale geben.
Fremdsprache Deutsch 7
48 H Ö R V E R S T E H E N
Anmerkungen:
1) Seit Jahren arbeitet eine Gruppe französischer
Deutschlehrer (Bernard Agard, Luc Auzanneau, Gewußt wie …
UN
Evelyne Barde, Genevieve Courivaud, Daniel Gar-
rec, Jean-Claude Harband, Claire Hugon-Lussac,
erklärt warum
SE
Dominique Lafargue, Martine Roy) regelmäßig
RE
mit Kollegen des Goethe-Instituts Bordeaux (Rot-
raud Cros, Ingeborg Laveau, Uwe Lehners, Car-
Von „Schall“, „Ton“, „Klang“
SP
men Marcou) zusammen, um didaktische und
unterrichtspraktische Erfahrungen auszutau- und Verwandtem
RA
schen und Lehrmaterialien zu entwickeln.
2) Vergleiche Gabriele Neuf-Münkel: Hörverstehen. In:
CH
Wege. Lehrerhandbuch, Hueber, München 1988. Versuchen Sie zuerst einmal, in dem folgenden Text die
EC
3) Gert Solmecke: Wie schwierig ist eine Hörverste-
hensübung? In: INFO DAF 18, 292 - 293. fehlenden Substantive zu ergänzen. Die Lösung finden Sie unten.
KE
4) Vergleiche Bernd Kast: Jugendliteratur im kommuni-
kativen Deutschunterricht. Langenscheidt, Mün-
chen 1985, 204. Gespräch im Lehrerzimmer:
5) ders. a. a. O. 217 - 224. A: Haben Sie schon einmal mit dieser Hörverstehensübung gearbeitet?
6) Arno Fischer: Ein Fall für zwei Schlitzohren. 5 Kurzkri-
mis zum Selberlösen. Verlag Pläne GmbH. Dort- B: Ja, schon mehrmals.
mund; Pädagogischer Verlag Schwann: verschie-
dene Kassetten vom Meisterdetektiv Balduin Pfiff A: Und? Was sagen Sie dazu?
oder Kurzkrimis und Kicherkrimis von Wolfgang B: Na ja, nicht leicht. Und im Hintergrund hört man laute . . . . . Das stört sehr.
Ecke.
7) Verweisen möchten wir hier auf die im Verlag Klett A: Ja, und einer der Sprecher spricht den e-. . . . . so seltsam.
Edition Deutsch erschienenen Hörspiele und
Hörspielbearbeitungen für Deutsch als Fremd-
B: Da spricht eben ein Schwabe im Original. . . . . .
sprache. A: Und an manchen Stellen ist da auch ein merkwürdiger . . . . . , als ob die Spre-
cher in einem großen Keller wären.
B: Ja, da scheint sich der . . . . . irgendwo zu brechen. - Dann klingt alles wieder
so dumpf, aber das liegt vielleicht am .. . . . . der Boxen.
A: Mag sein. Ich glaube eher, die . . . . . qualität der Aufnahme ist nicht beson-
Wo bekommt man ders gut.
Hörspiele?
• Im Verlag Klett Edition Deutsch, Die Substantive Schall, Ton, Geräusch, Klang, Laut und Hall, die in diesem
München, gibt es eine Reihe „Hör- Text fehlen, bilden das Wortfeld „hörbare Schwingungen“.
spiele im Deutschunterricht“. Zu In der Physik sind die Bedeutungen dieser Wörter scharf voneinander abge-
den Tonkassetten gibt es Begleit- grenzt, in der Alltagssprache kommt es oft zu Überschneidungen (Ph:= Phy-
hefte mit Bearbeitungen der Hör- sikalische Definition):
spiele für Deutsch als Fremdspra- r Schall: 1) Ph: hörbare Schwingung allgemein: Die Akustik ist die Lehre vom
che Schall. 2) laut Schallendes (abgeleitet von „schallen“, z.T. synonym mit
• Im Verlag Klett Cotta sind in der „Hall“): Man hörte im Tunnel den Schall (Hall) der Schritte. Glockenschall
Reihe „Cotta´s Hörbühne“ eine weckte uns.
beträchtliche Anzahl von Hörspie- r Ton: 1) Ph: hörbare regelmäßige Schwingung, frei von Obertönen: In der
len, die in deutschen Rundfunkan- musikalischen Akustik befaßt man sich hauptsächlich mit Tönen. 2) (im
stalten gesendet wurden, erhält- Bereich der akustischen Medien) alles, was „aufgenommen“ wird: Stummfil-
lich. Allerdings sind diese Hörspie- me sind Filme ohne Ton. Vgl. auch: Tonband, Tonspur (auf dem Film), Tonab-
le in der Regel zu anspruchsvoll nehmer, Tonstudio, Tonmeister, Tontechniker, Tonqualität, Tonträger, Ton ab!
für den schulischen Deutschunter- (= Aufnahme beginnt) 3) z.T. = Klang: Das Instrument hat einen warmen Ton.
richt, dafür aber empfehlenswert 4) z.T. = Laut: Er gab keinen Ton von sich. 5) z.T. = Geräusch: Man hörte den
für Germanistikstudenten und summenden Ton eines Motors.
Deutschlehrer. s Geräusch: 1) Ph: hörbare, unregelmäßige Schwingung 2) nicht wohlklin-
• Einige Hörspiele können über gendes Gemisch von Tönen, Lauten: Von fern drangen Straßengeräusche ins
das „Institut für Film und Bild in Zimmer. Das soll Musik sein? Das sind doch nur Geräusche!
Wissenschaft und (Unterricht r Klang: 1) Ph: Grundton mit Obertönen, die „Farbe“ eines Instruments bil-
(FWU, Postfach 260, D-8022 Grün- dend: Diese Geige hat einen sehr schönen Klang. 2) wie „Ton“ 1): Zu den Klän-
wald) bezogen werden. gen eines Marsches kamen die Ringer in die Arena.
• Die Rundfunkanstalten senden r Hall: 1) Hörbares, das laut und räumlich „hohl“ (wie in einer großen Halle)
regelmäßig Hörspiele. klingt: Man hörte im Wald den Hall der Äxte. 2) Echo, Widerhall: Ein mehrfa-
• Eine Liste mit Hörspielen und cher Hall antwortete unserem Rufen.
szenischen Dialogen auf Schall- r Laut: 1) menschliche, tierische Stimmäußerung: Die Phonetik befaßt sich
platte, Kassette/Tonband für mit den Lauten. Das Tier gab einen grunzenden Laut von sich. 2) z. T.
Jugendliche findet sich bei Kast, a. Geräusch: Die Tür öffnete sich lautlos (ohne Laut). SIGBERT LATZEL
a. O. 226.
• INTER NATIONES bietet ausge-
wählte Hörspielproduktionen an. Lösung: Die Reihenfolge der Wörter ist: Geräusch, e-Laut, Originalton, Hall, Schall, Klang, Tonqualität
Fremdsprache Deutsch 7
49
Der
Selbständiges Arbeiten
E
s ist eigentlich schon ein langgehegter
Traum, der vom autonomen Entscheiden, mit Radiosendungen
Auswählen, Arbeiten und Evaluieren!
Aber eben … es scheint immer etwas dazwi- Von Susy Keller
schen zu stehen, entweder haben die Lehrer so
und Maruska Mariotta
Traum
viele Schüler, daß man an eine differenzierte Ar-
beit kaum denken kann (oder vielleicht will?),
oder dann sind es die so kärglich gewährten
Deutschstunden, die außerdem immer im Nu
vom autonomen
vergehen, als ob sie von einer unwillkürlichen
Kraft geradezu aufgesogen würden, die uns dar-
an hindern, den Unterricht auf etwas gemütli-
Lernen...
chere Art zu gestalten, in einer Weise, die auch
den Schülern, ihren Interessen und Fähigkeiten,
wirklich entgegenkommt. Ja, die liebe Zeit! Was
sagt Michael Endes Momo zu Meister Hora,
dem Verwalter der Zeit? „Sie ist da, das ist je-
denfalls sicher. Aber anfassen kann man sie
nicht. Und festhalten auch nicht. (…) … sie ist Der Beitrag erklärt am Beispiel von Radiosendungen, wie
auch etwas, das immerzu vorbeigeht.“
man den Lernenden einen Weg zum selbständigen Aus-
Aber gibt es tatsächlich keinen Ausweg aus
dieser, im wahrsten Sinne des Wortes, so er- wählen und Verstehen von Texten zeigen kann.
drückenden Situation, erdrückend für die Leh-
rer, über denen das Damoklesschwert von Zeit-
und Lehrplan schwebt, und frustrierend für die türlich Lieder, Nachrichten, Wetter- und Sport-
Schüler, ganz besonders für diejenigen, die meldungen, Werbung und was es alles so gibt,
sonst schon mit Motivierungsproblemen zu das ihnen wirklich Spaß macht und sie sogar
kämpfen haben? vergessen läßt, daß sie ja eigentlich dabei
Schon manch ein Lehrer hat sich bestimmt Deutsch lernen!
gedacht, wie toll es wäre, wenn man die Schü-
ler, oder zumindest einen Teil davon, einfach
unabhängig, ohne jegliche Hilfe, ja, autonom ar-
… und dessen Realisierung
beiten lassen könnte! Und … man kann es! „Ler- Wie man diesen Traum auch tatsächlich
nen lernen“ heißt das Konzept, das dahinter- verwirklichen kann, versuchen wir nun anhand
steckt. Die Schüler werden so weit gebracht, einer kompletten Sequenz zum Thema „Nach-
daß sie über die Materialien entscheiden, die richten“ deutlich zu machen. Um den Bedürf-
sie einsetzen möchten; über den didaktischen nissen und Fähigkeiten der einzelnen Schülerin-
Weg nachdenken, den sie einschlagen wollen; nen und Schüler zum jeweiligen Zeitpunkt völ-
in der Lage sind zu sagen, was und wie sie ge- lig zu entsprechen, findet man in jeder Sequenz
lernt haben, und ob das Gelernte auch wirklich ein Einführungspaket und Arbeitsblätter mit di-
das war, was sie lernen wollten; wo die Schwie- versem und progressivem Schwierigkeitsgrad
rigkeiten stecken; wie man sie anpacken und ( / / : Kleeblätter gelten
überwinden kann; welche Strategien für sie die doch als gutes Omen, nicht wahr?). Einstiegs-,
treffendsten waren; welche Probleme noch Übungs-, Erweiterungs- und Kontrollphase feh-
nicht gelöst sind. len natürlich nirgends, werden aber in einem so
Da es keine direkte Kontrolle des Lehrers weitläufigen Fächer von Arbeitsformen angebo-
gibt, werden Zusammenarbeit unter Schülern, ten, daß die Schüler eigentlich wohl kaum das
korrekte Handhabung der Nachschlagewerke Gefühl haben, sich zu wiederholen. Die Schüle-
und Selbstevaluierung großgeschrieben und rinnen, die Schüler suchen sich die Themen,
stark gefördert. die dazu passenden Arbeitsblätter, Schwierig-
„Lernen lernen“ ist also nicht nur eine Sa- keitsgrad, Ort und Zeitdauer frei aus, arbeiten
che des Wissens, es ist ebensosehr eine Angele- also vielleicht zu Hause oder auch in der Schu-
genheit des „Know-how“, beides unerläßlich, le. Im letzteren Falle sind zwei Bedingungen
um die Lernaktivitäten zu definieren, zu führen, notwendig: Man richtet irgendwo im Klassen-
zu evaluieren und zu organisieren. zimmer eine Sammelecke von Tonkassetten,
Und, ‘last but not least’, der Stoff, die The- CDs, Videos, usw. ein, da es für die Schüler
men, die wir den Schülern anbieten: aktuell, au- nicht immer einfach ist, an deutschsprachiges
thentisch, lebensnah … Und was kann man da- Material zu kommen. Der Lehrer aber ‘schenkt’
mit bei einem Hörverstehen wohl meinen? Na- sich und den Schülern ab und zu die Zeit, die,
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50 H Ö R V E R S T E H E N
um es nochmals mit Ende zu sagen, „in den Zu diesem Zeitpunkt müssen also die Schüler
Herzen der Menschen wohnt“, um den Unter- noch keinen bestimmten Hörtext im Auge
richt auch wirklich menschenfreundlich oder, (oder im Ohr?) haben, sie möchten hier viel-
besser gesagt, schülerfreundlich werden zu mehr prüfen, ob eine Aktivität mit Radio und
lassen! Fernsehen sie auch wirklich interessiert.
Die Blätter beinhalten daher ein sozio-pädago-
gisches Ziel. Man versucht so, in den Schülerin-
Einführungspaket nen und Schülern ein doppelspuriges Bewußt-
Was diese Arbeitsblätter bedeuten, macht ei- sein zu erwecken, das einerseits auffordert,
gentlich das kleine Symbol schon klar: man über ihre Gewohnheiten nachzudenken, und
will einfach einmal ins Thema reingucken.
Fremdsprache Deutsch 7
51
sie andererseits zu einer überlegten und beson- zugänglich sind), und es eigentlich gar keine
nenen Programmwahl hinführen soll. Übungen sind, kann sich auch der aller-
Dieses Paket – und das Thema „Radio und schwächste Schüler damit befassen. Die Schü-
Fernsehen“ im allgemeinen – hat natürlich lerinnen und Schüler, die hingegen schon über
auch einen appetitanregenden Zweck: Die eine gewisse Sprachkompetenz verfügen, kön-
Schüler haben hier die Möglichkeit, mit Spaß nen natürlich rein sprachlich nichts dazugewin-
zu lernen. nen. Es bleibt ihnen also überlassen, ob sie die-
Und noch etwas … Da die Anweisungen in der ses Paket troztdem anpacken wollen oder ob
Muttersprache gegeben sind (hier wurden sie sie lieber gleich bei einer höheren Stufe einstei-
auf deutsch übersetzt, damit sie allen Lesern gen möchten.
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52 H Ö R V E R S T E H E N
Stufe 1
Mit diesen Blättern, die sich jetzt nur noch auf mitmachen können. Die Anweisungen sind wie-
die Radionachrichten beschränken, ist eigent- derum in der Muttersprache und die interne
lich zuerst einmal ein Wunsch verbunden: daß Steigerung, was die Schwierigkeit der einzelnen
die Schüler beim ersten Anhören nicht gleich Übungen betrifft, ist ausgesprochen sanft.
das Radio ausschalten. Deshalb sind auch hier Von dieser Stufe an gewinnt die jeweils letzte
die allerersten Übungen auf rein emotionaler vorgeschlagene Aktivität, die Glühbirne, eine
Ebene. Um sie zu lösen, brauchen die Schüler besondere Bedeutung: die Schüler werden in
die Nachricht vorerst gar nicht zu verstehen, das ‘Lernen lernen’ Konzept eingeweiht, von
sie dürfen ihrer Phantasie, ihrer Gestaltungs- dem ja schon am Anfang des Beitrags die Rede
kraft freien Lauf lassen. Das bedeutet also, daß war.
auch in dieser Phase schwache Schüler absolut
Fremdsprache Deutsch 7
53
Fremdsprache Deutsch 7
54 H Ö R V E R S T E H E N
Stufe 2
Gegenüber der vorigen Stufe zeichnet sich hier
nun eine deutliche Steigerung ab. Die Schüler
beschränken sich nicht mehr ausschließlich
auf ein globales Verstehen, sie müssen sich nun
auch mit Details befassen, auf Einzelheiten ein-
gehen. Um die Nachricht rekonstruieren zu
können, genügt somit ein einmaliges Hören si-
cherlich nicht. Dieses Paket beinhaltet eine
schon recht intensive Übungsphase und bietet
den Schülerinnen und Schülern die Möglich-
keit, ihren Wortschatz beträchtlich erweitern
zu können. Außerdem wird hier das Hörverste-
hen mit dem Leseverstehen authentischer Tex-
te kombiniert, ein wichtiges Instrument zur
Selbstkontrolle und Einschätzung der eigenen
Kompetenz.
Fremdsprache Deutsch 7
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Fremdsprache Deutsch 7
56 H Ö R V E R S T E H E N
Stufe 3
Diese Blätter sind für Schüler gedacht, die
schon vermehrt mit Stufe 2 gearbeitet haben
oder die bereits über Deutschkenntnisse verfü-
gen.
Der Schritt nach vorne ist nochmals markant.
Der Anfang ist zwar noch auf globales Verste-
hen ausgerichtet, aber dann geht es trichterför-
mig weiter. Die einzelnen Angaben werden
zuerst gesammelt, danach gefiltert und sor-
tiert. Anschließend wird die Aufmerksamkeit
Fremdsprache Deutsch 7
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Fremdsprache Deutsch 7
58 H Ö R V E R S T E H E N
EIN TEST
1. Hörtext
2. Verstehensaufgabe
3. Antwortaufgabe
1. Der Hörtext
Der Schwierigkeitsgrad des Hörtextes
hängt von zahlreichen Faktoren ab, wie
ZUR ERSTELLUNG UND AUSWERTUNG
z. B. der Anwesenheit von Hinter-
grundgeräuschen, der Dynamik und
INFORMELLER HÖRVERSTEHENSTESTS
Verständlichkeit der Stimme, dem Aus-
maß der Dialekteinflüsse und dem Von Jan van Weeren
Sprechtempo. Ein Fremdsprachenun-
terricht, der zu praktischer Kommuni-
kationsfähigkeit befähigen soll, muß Thema des folgenden Beitrags sind Probleme der Konzeption,
das Hörverstehen anhand von authen- Durchführung und Auswertung informeller Hörtests. Kurz vorge-
tischen Texten prüfen, deren Relevanz stellt werden Hörtests, die von CITO, dem Institut für Testentwick-
für den außerschulischen Bereich lung in den Niederlanden, veröffentlicht wurden.
deutlich ist. In der Sekundarstufe I
empfiehlt sich deshalb unter anderem
die Arbeit mit Lautsprecherdurch-
sagen und Vermittlungshinweisen am unterschiedlichen Personen und Mei- ven ist dem störenden Einfluß des
Telefon. nungen gut auseinanderhalten können. Leseverstehens durch Knappheit,
Auch der Hörverstehenstest muß Im schulischen Fremdsprachenun- unkomplizierten Satzbau und ange-
so weitgehend wie irgend möglich eine terricht muß vorrangig das Globalver- messene Wortwahl vorzubeugen.
normale Hörsituation nachahmen. Das stehen getestet werden, d. h. die
heißt, daß gängige Merkmale mündli- Schüler müssen den Gesamtsinn des Der Schwierigkeitsgrad eines Tests
chen Sprachgebrauchs, wie z.B. Gesprochenen verstehen. Außerdem ist nicht nur vom Text abhängig, son-
Zögern des Sprechers, Selbstkorrektu- darf der Test das Gedächtnis nicht zu dern wird auch von den Testfragen
ren, Versprecher und Wiederholungen stark belasten. Deshalb sollte ein Hör- bestimmt. Wenn Antwortmöglichkei-
akzeptiert werden müssen. Bei der text in mehrere kürzere Abschnitte auf- ten vorgegeben werden, besteht die
Auswahl authentischer Texte sind geteilt werden. Gefahr, daß diese den Schülern einen
zwar die Fähigkeiten der Schüler zu möglicherweise unbeabsichtigten Halt
berücksichtigen, doch die typischen bieten: Die richtige Antwort ist bereits
Textmerkmale liegen fest und dürfen 3. Die Antwortaufgabe voll ausformuliert und ist zwischen
grundsätzlich nicht manipuliert wer- Reines Verstehen ist nicht beobacht- den Distraktoren versteckt. Im Grunde
den. bar. Damit überprüft werden kann, braucht der Schüler dann nur diese
inwieweit ein Schüler den Text ver- Distraktoren zu eliminieren.
standen hat, wird ihm eine Reaktion
2. Die Verstehensaufgabe oder eine Antwort abverlangt. In der In einer Testversion mit offenen
Die eigentliche Verstehensaufgabe Regel werden dabei auch andere Fragen ist die Stütze der Antwortalter-
bestimmt, was der Schüler aus dem sprachliche Fertigkeiten angespro- nativen nicht vorhanden. Allerdings
Text zu entnehmen hat: Geht es um chen, beispielsweise Leseverstehen kommt hier eine neue Variable ins
Hauptinformationen oder muß auch bei Antwort-Auswahl-Aufgaben in der Spiel: Die Formulierfähigkeit der
auf Einzelheiten geachtet werden? Die Zielsprache oder Schreibfertigkeit Schüler, die die Fragen schriftlich
Verstehensaufgabe legt das Ziel fest, beim Beantworten von offenen Fragen. beantworten müssen. Diesem Problem
das die Schüler beim Zuhören zu ver- Die Überprüfung von Hörverstehen ist könnte insofern Rechnung getragen
folgen haben. Unterschiedliche Texte nur dann isoliert möglich, wenn der werden, als die Schüler die Sprache
erfordern jeweils andere Verstehens- Schüler nicht mit Hilfe von sprachli- ihrer Wahl benutzen dürfen, Mutter-
aufgaben. Während man sich etwa bei chen Äußerungen antworten muß. Das sprache, Fremdsprache, oder sogar
einem weitschweifigen Vortrag auf die kann erreicht werden durch das An- eine Mischsprache, und etwaige
Abfolge wesentlicher Gedankenschrit- kreuzen von Bildern oder das Verrich- Unzulänglichkeiten in der Formulie-
te beschränken könnte, kann eine ten bestimmter Handlungen. rung nicht mit bewertet werden. Es
Rundfunkdebatte z.B. sehr genaues Beim Antwort-Auswahl-Verfahren wird dann nur auf wesentliche Begriffe,
Hinhören verlangen: Man muß die mit fremdsprachigen Antwortalternati- Aussagen und Relationen in der
Fremdsprache Deutsch 7
59
Schülerantwort geachtet. Etwaige vante Merkmale der Texte auch objek- Eine solide Sonderform des Ant-
Sprachfehler und stilistische Unvoll- tiv festgestellt werden können. Solche wort-Auswahl-Verfahrens ist die soge-
kommenheiten werden ausgeklam- Merkmale sind beispielsweise: das nannte Zwei-Thesen-Aufgabe. Im fol-
mert. Sprechtempo, d. h. die Zahl der Silben genden ein Beispiel (aus einem Inter-
oder Wörter pro Minute, die ,Qualität‘ view mit einem Zirkusdirektor):
des Vokabulars, die anhand von Fre-
4. Das Testziel quenzlisten oder durch Ermittlung der Hörtext 28: Zirkus in Amerika
Das globale Testziel im schulischen mittleren Wortlänge bestimmt werden Dazu die Aufgabe im Testheft:
Fremdsprachenunterricht, insbeson- kann und die syntaktische Komplexität
dere in der Sekundarstufe I, kann wie ( die Art, Tiefe und Breite der Satz- Was sagt Herr Haussels über den
folgt definiert werden: strukturen bei syntaktischer Analyse). Zirkus in Amerika?
Der Schüler ist imstande, gespro- Der Zusammenhang zwischen solchen A Da gibt es viel Konkurrenz unter
chenes Deutsch zu verstehen, das formal-objektiven Merkmalen und dem den Zirkussen.
1. spontan gesprochen wird; effektiven Schwierigkeitsgrad des Tex- B Da wird dem Zuschauer viel zu
2. in normalem Tempo gesprochen tes hat sich allerdings in Forschung viel auf einmal geboten.
wird; und Praxis als äußerst komplex erwie-
3. nur idiomatische bzw. phoneti- sen. Es werden also zwei Thesen formu-
sche Elemente enthält, die für Deshalb läßt man sich bei der Aus- liert, von denen eine den Kern, den
“normale” Muttersprachler, wahl der Texte am besten durch Kolle- Hauptgedanken des Textabschnitts
auch weniger gebildete, ver- gen beraten, damit Subjektivität durch enthält. Theoretisch könnte man auch
ständlich sind, allerdings unter Intersubjektivität ergänzt wird. nur eine These formulieren und die
Ausschluß extrem umgangs- Schüler entweder mit ‘ja’ (wurde
sprachlicher Elemente; gesagt) oder ‘nein’ (wurde nicht
4. allgemeine Themen beinhaltet, 5. Die gesagt) antworten lassen. Es ist jedoch
d.h. Themen, die keine bestimm- Aufgabenformulierung meist schwierig, die Thesen so zu
te Vorbildung erfordern. gestalten, daß eindeutig zugestimmt
Probleme bereitet die Aufgabenformu- oder verneint werden kann. Sehr oft
Problematisiert werden muß der lierung. Das Antwort-Auswahl-Verfah- muß dafür auf Wörter wie ‘immer’,
Begriff ‘normales Tempo’. Zum einen ren hat den unverkennbaren Vorteil ‘nie’, ‘oft’, ‘manchmal’ und ‘im allge-
hängt das Sprechtempo von der indivi- der Auswertungsobjektivität, doch meinen’ zurückgegriffen werden,
duellen Vertrautheit des Sprechers mit bringt es auch offensichtliche Nachtei- wodurch sich die richtige Alternative
dem jeweiligen Thema ab: über Alltäg- le mit sich. Gekünstelt formulierte oder verrät.
liches und über die eigenen Vorlieben sonstwie unbewußt markierte Distrak-
spricht man meist schneller; zum toren können die Schülerleistungen fri- Die Zwei-Thesen-Aufgabe hat den
andern hat das Sprechtempo auch eine sieren: Die richtige Antwort springt Vorteil, daß man sich keine zwei oder
subjektive Komponente. Wenn über des öfteren sofort in die Augen. Durch drei (attraktive) Distraktoren auszu-
Komplexes und Abstraktes gespro- eine ungewollt herbeigeführte Diskre- denken hat, weil sich das sehr oft als
chen wird, mag dem Zuhörer das Tem- panz zwischen dem Schwierigkeits- schwierig erweist. Ein weiterer Vorteil
po schneller erscheinen als bei alltäg- grad eines Textes und der wirklichen ist, daß sich das notwendige Lesen für
lichen Themen. ‘Normal’ heißt hier Leistungsfähigkeit der Schüler darf die Schüler auf zwei Antwortalternati-
also: dem Thema sowohl absolut als auch bei guten Resultaten nicht auf ein ven beschränkt und das Eliminieren
auch relativ, d.h. in der Perzeption völliges Verstehen des Textes ge- von mehreren Distraktoren entfällt.
unbefangener Hörer, angemessen. schlossen werden. Die Konstruktion
von akzeptablen Auswahl-Antwort-Auf- Im folgenden noch einige Hör-
Ein zweites Problem bilden die pho- gaben verlangt viel Übung und Kom- verstehenstests mit zunehmendem
netischen Elemente, die Aussprache. mentare von Kollegen. Schwierigkeitsgrad.
Der Text sollte zur Standardsprache
gehören: d. h. zu der Sprachform, die Offene Fragen sind durch ihre man- Hörtext 29: Zieh Leine, Bello
jeder Deutschsprachige nach dem gelnde Objektivität in der Auswertung (Leistungsstufe C, Sekundarstufe I, ca.
Besuch der Grundschule zumindest grundsätzlich nicht überregional oder 300 Unterrichtsstunden)
passiv beherrscht, und die normaler- landesweit einzusetzten. Sie sind Aufgabe im Testheft:
weise in Medien wie Rundfunk und jedoch gut verwendbar, wenn die Wie muß der letzte Satz enden?
Fernsehen gebraucht wird. Dialektein- Testauswerter in der Lage sind, das A … will auch einen Hund haben.
flüsse dürfen dabei durchaus hörbar Korrekturverfahren miteinander abzu- B … fällt in einen Hundehaufen.
sein und den Sprachgebrauch färben. stimmen. Etwaige Unterschiede in der
Ausdrucksfähigkeit der Schüler sind - Hörtext 30: Sag mal, Kordelia…
Der Schwierigkeitsgrad der Hörtexte wie im Abschnitt 3 bereits gesagt wur- (Leistungsstufe D, Sekundarstufe I, ca.
muß vom Lehrer intuitiv bestimmt de - bei der Bewertung möglichst aus- 300 Unterrichtsstunden)
werden, wenngleich bestimmte rele- zuschließen. Aufgabe im Textheft:
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Verstehen: seine Bedeutung der SCHE- bare Voraussetzung dafür, größer also die Verschie-
Interaktion MA-THEORIE, die in ge-
staltpsychologischen Über-
daß Verstehen überhaupt
zustande kommt.
denheiten zwischen Aus-
gangs- und Zielsprachen-
zwischen legungen zur Speicherung Denn eine weitere Grund- kultur sind, desto häufiger
Hörer und Text menschlichen Wissens
ihren Ursprung hat und in
annahme der Schematheo-
rie ist, daß kein gesproche-
werden die Lernenden in
Texten Hinweisen begeg-
Die Bedeutung des VOR- den siebziger Jahren und ner oder geschriebener nen, denen sie kein ent-
WISSENS für das Textver- danach ihre eigentliche Text seine Bedeutung sprechendes Schema zu-
stehen wird in der Fachlite- Ausarbeitung erfuhr. Diese „hat“, sondern diese viel- ordnen können. Oft helfen
ratur sehr häufig betont. Theorie setzt voraus, daß mehr im Zusammenspiel sie sich dann damit,
Sie wird besonders klar, Vorwissen nicht als eine der Hinweise im Text und scheinbar naheliegende
wenn man bedenkt, daß Anhäufung vereinzelter der durch sie aufgerufenen Schemata der Ausgangs-
kein Text wirklich vollstän- Wissensbestände aufzufas- Schemata des jeweiligen kultur zu übertragen – mit
dig ist. Wer von einem sen ist, sondern als ein ge- Hörers / Lesers erst be- den entsprechenden nega-
besonderen Vorfall beim ordnetes und vielfältig ver- kommt. Verstehen setzt tiven Konsequenzen für
letzten Arztbesuch erzählt, knüpftes Netzwerk, in dem also voraus, daß auf einen das Verstehen. Auch der
wird kaum auf die Idee thematisch zusammen- Texthinweis hin überhaupt umgekehrte Fall ist häufig
kommen zu erläutern, war- gehörende Teile in sich en- ein Schema aktiviert wer- anzutreffen: Angemessene
um man überhaupt zum ger verbunden sind als mit den kann, und es setzt Schemata sind zwar vor-
Arzt geht und was dort anderen Teilen. In der Lite- auch voraus, daß dieses handen, sie werden aber
gewöhnlich geschieht, son- nicht aufgerufen, da die
dern er setzt voraus, daß entsprechenden Hinweise
der Hörer das weiß, dieses im fremdsprachigenText
Wissen nach dem Stich- nicht verstanden werden.
wort „Arztbesuch“ abruft
und zum Verstehen des Informationen fließen also
Erzählten auch einsetzt. In nicht nur vom Text zum
der Regel wird diese Erwar- Hörer/Leser, sondern wer-
tung nicht enttäuscht, da den gleichzeitig auch vom
praktisch jeder Erfahrun- Hörer/Leser an den Text
gen mit Arztbesuchen ge- herangetragen. In der Lite-
sammelt hat. ratur spricht man hier von
AUFSTEIGENDEN und
Die Summe dieser Erfah- ABSTEIGENDEN VERAR-
rungen resultiert in einer BEITUNGSPROZESSEN
WISSENSSTRUKTUR „Arzt- ratur werden oft INHALT- Schema angemessen ist. (engl. bottom-up-/top- down-
besuche“, die die typi- LICHE und FORMALE Kann kein Schema aufgeru- processes). Ursprünglich
schen Merkmale dieser Si- SCHEMATA unterschie- fen werden, ist die Folge liegt diesen Begriffen wohl
tuation zusammenfaßt, den. Erstere fassen z. B. die Nichtverstehen; wird ein das Bild eines Lesers
und die, sinnbildlich ge- typischen Merkmale von unangemessenes Schema zugrunde, der von oben
sprochen, Fächer (engl. Situationen zusammen, aufgerufen, ist das Resultat auf den Text blickt, und die
slots) enthält, in die neue aber auch die von Sachver- Falsch- oder Mißverstehen. einschlägige Forschung hat
Einzelheiten integriert wer- halten, Ereignissen, Perso- sich auch vor allem auf das
den können. Textrelevan- nen, Beziehungen, Werthal- Unter diesen Problemen Lesen konzentriert. Es ist
tes Vorwissen kann man tungen und Perspektiven, leidet der Muttersprachler aber anzunehmen, daß die-
sich also als eine Vielzahl letztere die von Kommuni- vor allem dann, wenn The- se Verarbeitungsprozesse
solcher Wissensstrukturen kationsabläufen und rheto- ma oder Organisations- beim Hören und Lesen
denken, die jeweils bei rischen Organisationsmu- form eines Textes ihm gleich oder zumindest sehr
Bedarf aktiviert werden. stern von Texten. Sie wer- nicht geläufig sind. Noch ähnlich ablaufen.
den durch bestimmte Hin- größere Probleme aber
In der fremdsprachendi- weise (engl. cues) im Text haben Fremdsprachenler- Anmerkung:
Zu diesen Stichwörtern vergleichen Sie
daktischen Literatur hat aktiviert und bilden die nende, weil Schemata kul- bitte auch das „Aktuelle Fachle-
sich zur Bezeichnung die- Grundlage für Erwartun- turabhängig sind (vgl. z. B. xikon“ in FREMDSPRACHE
DEUTSCH, Heft 2, 1990, S. 63.
ser Wissensstruktur in den gen an den weiteren Fort- die im Beitrag von Gu Ausführlicher vgl. zu dieser Thematik
vergangenen Jahren der gang dieses Textes und da- Yünying aufgezeigten Un- die beiden im Abschnitt
„Bücher und Aufsätze“ zum
Begriff SCHEMATA einge- mit auch für Antizipation terschiede zwischen einem Thema angegebenen Bücher
bürgert. Entnommen wur- und Inferenz. Sie sind darü- „Arztbesuch“ in Deutsch- von Karcher und Lutjeharms.
den dieser Begriff und ber hinaus eine unabding- land und in China). Je GERT SOLMECKE
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Eine kurze, aber sehr informa- Unterrichtspraktischer orien- den Möglichkeiten ihrer Ent- Das nachfolgende Buch, zu
tiert sind die nachfolgenden wicklung, mit Inhalten und dem eine Kassette erhältlich
tive und leicht lesbare Darstel- ist, hat zwar den Schwerpunkt
Arbeiten: Methoden der Hörverstehens-
lung der Psychologie des Ver- Aussprache, geht aber davon
schulung, sowie mit der Beob-
stehens gibt: aus, daß Sprechen gutes Hören
achtung des (fremdsprachli-
Hans Hörmann: Der Vorgang Mit zentralen Aspekten der chen) Hörverstehens im eige- unbedingt voraussetzt.
des Verstehens. In: Wolfgang Hörverstehensschulung im Un- nen Unterricht.
terricht befaßt sich sehr Ilse Cauneau: Hören–Brum-
Kühlwein und Albert Raasch men– Sprechen. Angewandte
(Hg.): Sprache und Verstehen. knapp:
Eine Vielzahl von Anregungen Phonetik im Unterricht
Band 1. Narr, Tübingen 1980, S. Manfred Arendt: Hörverstehen Deutsch als Fremdsprache.
17 – 28. – gezielt geschult. In: PRAXIS für die Praxis der Hörverste-
hensschulung enthält: Klett Edition Deutsch, Mün-
DES NEUSPRACHLICHEN UN- chen 1992.
TERRICHTS, 1989, S. 164 – 171. Penny Ur: Hörverständnisü-
Angesichts der engen Ver- bungen mit englischen und Es werden verschiedene Vorge-
wandtschaft bzw. sogar Über- Einzelthemen sind u.a.: Zielset- hensweisen beschrieben, wie
zung der Hörverstehensschu- französischen Bespielen. Hue-
einstimmung der beim Hören Lernende angeleitet werden
lung, Arbeits– und Aufgabenfor- ber, München 1987.
und Lesen ablaufenden Prozes- können, über wiederholtes Hö-
se sollte man ergänzend auch men, Hörtexte als Sprechanläs- Wie der Titel sagt, sind die Bei- ren zu einem optimalen Hörver-
die neuere Literatur zum Lese- se und das Testen. spiele zwar für den Englisch– ständnis zu kommen.
verstehen heranziehen, z. B.: D ie theoretischen und prakti- und Französischunterricht kon-
zipiert, sie lassen sich aber
schen Probleme des Hörver-
Günther L. Karcher: Das Lesen
in der Erst– und Fremdspra- stehens und der Hörverste- größtenteils ohne besondere Eine anregende Sammlung von
hensschulung nicht nur schil- Mühe für den Deutschunter- Modellen für Aufgaben zum
che. Groos, Heidelberg 1988. Hörverstehen enthält das Buch
dern, sondern durch richt adaptieren.
Madeline Lutjeharms: Lesen in von Peter Doyé: Typologie der
entsprechende Aufgabenstel-
der Fremdsprache. AKS–Ver- Testaufgaben für den Unter-
lag, Bochum 1988.
lungen für den Leser erfahrbar
machen will das Buch:
H ör– und Leseverstehen als richt Deutsch als Fremdspra-
Teilfertigkeiten einer allgemei- che. Langenscheidt, Berlin/
Beide Bücher geben auf hohem
Anne Anderson and Tony nen Verstehenskompetenz be- München1988.
theoretischen Niveau einen
Lynch: Listening. CUP, Oxford handelt:
ausführlichen Überblick über In diesem Buch werden Aufga-
1988. Gert Solmecke: Texte Hören–
den gegenwärtigen Wissens- ben vorgestellt, mit denen sich
stand zum Textverstehen. Sie In drei großen Kapiteln befas- Lesen–Verstehen. Die Entwick- Hörverstehen testen läßt. Die
gehen auch auf die Unterschie- sen sich die Autoren mit der lung der rezeptiven Kompetenz Aufgaben lassen sich als
de und Gemeinsamkeiten von Fertigkeit Hörverstehen in Mut- im Fremdsprachenunterricht. Muster verstehen, die leicht auf
Hör– und Leseverstehen ein. ter– und Fremdsprache und andere Hörtexte und -situatio-
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