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Inhaltsverzeichnis
Verfahrensablauf
Besetzung
Derzeitige Mitglieder
Bedeutende Entscheidungen
Vergleich mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht
Sonstiges
Literatur
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
Verfahrensablauf
Der Verfahrensablauf vor dem Obersten Gerichtshof ist immer der
gleiche. Berufungsanträge werden von Anwälten eingereicht, die
eine spezielle Zulassung besitzen müssen, die aber nur daraus
besteht das Recht zu haben im eigenen Bundesstaat zumindest drei
Jahre vor dem staatlichen Obersten Gerichtshof aufzutreten. Diese
Anwälte werden oft von erfahrenen Spezialisten, die das
Temperament und die Rechtsphilosophie der einzelnen Richter sehr
gut kennen, bei der mündlichen Verhandlung vertreten, da sie Fragen
besser parieren können.
Das Portal des Gerichts mit der
Am Prozess unbeteiligte Personen oder Gemeinschaften, die am Inschrift EQUAL JUSTICE UNDER
Ausgang Interesse haben, können unaufgefordert sogenannte amici LAW
briefs eingeben, wobei sich amici von amicus curiae (lat. Freund des
Gerichts, engl. Friend of the Court) ableitet, und diese Anträge ihre
eigene Stellungnahme und die Unterstützung einer der Streitparteien
vertreten. Anwälte, die amici einreichen, dürfen jedoch sonst nicht
weiter am Prozess teilnehmen und werden nicht während der
mündlichen Verhandlung vor dem Gericht gehört.[5][6][7]
Die mündliche Verhandlung verläuft nach strengen Regeln. Die Richter betreten den Raum in einer
zeremoniellen Art und Weise. Wenn die Verhandlung beginnt, klopft der Gerichtsdiener (Marshall) zweimal
mit seinem Hammer auf den Tisch und verkündet:
“The Honorable, the Chief Justice and the Associate Justices of the Supreme Court of the
United States. Oyez, Oyez, Oyez, all persons having business before the Honorable, the
Supreme Court are admonished to draw near and give their attention, for the Court is now
sitting. God save the United States and this Honorable Court.”
„Die Ehrenwerten, der Vorsitzende Richter und die Beisitzenden Richter des Obersten
Gerichtshofes der Vereinigten Staaten. Höret, höret, höret [französisch]: Alle Personen, die
vor dem Ehrenwerten, dem Obersten Gerichtshof eine Sache zu verhandeln haben, sind
aufgefordert vorzutreten und ihre Aufmerksamkeit dem Gerichtshof zuzuwenden, denn
seine Sitzung ist nun eröffnet. Gott schütze die Vereinigten Staaten und dieses Ehrenwerte
Gericht.“
Der Chief Justice eröffnet daraufhin die Sitzung und ruft den ersten Fall auf. Nun treten die Anwälte in
Aktion. Jeder Anwalt bekommt 30 Minuten Zeit, um am Rednerpult seine Argumente vorzubringen und sie
gegen die Fragen der Richter zu verteidigen (so genannte oral arguments).
Dabei bilden Fragen der Richter den Schwerpunkt. Die Anwälte bekommen keine Gelegenheit zu einem
umfassenden Plädoyer, sondern werden ständig mit Fragen unterbrochen.
Zeugen werden nicht gehört. Der Chief Justice beendet die Sitzung mit den Worten: „The Case is submitted“
(„Der Fall wird zur Entscheidung angenommen“).
Danach ziehen sich die Richter zurück und bereden den Fall. Es finden einige Probeabstimmungen statt, und
am Ende steht die richtige Abstimmung. Ist der Chief Justice in der Mehrheit, so fällt ihm die Aufgabe zu,
die Auffassung des Gerichtes zu verfassen, er kann diese Aufgabe jedoch einem der anderen Richter
übergeben. Ist er in der Minderheit, so hat er die Pflicht, die Meinung der Minderheit darzustellen, und die
Auffassung der Mehrheit wird von dem dienstältesten Richter der Mehrheit selbst geschrieben oder auch
delegiert.
Nachdem der Beschluss sowie eventuelle abweichende Meinungen (dissenting votes) niedergeschrieben
sind, werden diese entweder in einer öffentlichen Sitzung verlesen oder nur schriftlich abgesetzt. Obwohl
das Kollegium des Supreme Courts mehrere Beratungs- und Abstimmungsgänge kennt und die Position
beider Fraktionen regelmäßig dargestellt wird, sind die Richter mit Sondervoten nicht gerade sparsam. Diese
von Individualität geprägte Rechtskultur unterscheidet sich etwa von der des deutschen
Bundesverfassungsgerichts, das konsensualer agiert; dort werden nur viel seltener Sondervoten bei
gravierenden Differenzen oder einem dogmatisch anspruchsvollen Meinungsstreit veröffentlicht.
Besetzung
Der Präsident der Vereinigten Staaten nominiert Richterkandidaten – im Regelfall bewährte Bundesrichter –,
die dann nach Befragung im Justizausschuss des Senats und Zustimmung durch den Senat in ihr Amt
berufen werden. Das Gericht setzt sich aus acht beigeordneten Richtern (Associate Justices) und einem
Vorsitzenden (Chief Justice) zusammen. In der Verfassung heißt es, die Richter sollen during good behavior
im Amt bleiben. Faktisch bewirkt dies eine Ernennung auf Lebenszeit, es gibt keine Altersgrenze. Rücktritte
wegen schlechter Gesundheit kommen jedoch regelmäßig vor. Wie alle anderen Richter und sonstigen
Inhaber hoher Bundesämter auch können sie nach Amtsanklage (Impeachment) des Repräsentantenhauses
durch Beschluss des Senats abgesetzt werden.
Eine Einsetzung direkt durch den Präsidenten ohne Zustimmung des Senats ist nur während einer
sitzungsfreien Zeit des Senats möglich (sogenanntes Recess Appointment) und kommt in jüngster Zeit eher
selten vor, da dadurch eben keine Ernennung auf Lebenszeit garantiert wird. Bemerkenswert ist, dass durch
Präsident Dwight D. Eisenhower gleich drei Mitglieder des Obersten Gerichtshofs im Wege eines Recess
Appointment eingesetzt wurden, nämlich William Joseph Brennan, Potter Stewart und sogar Chief Justice
Earl Warren.
Besonders durch die Benennung relativ junger Richterkandidaten kann ein Präsident die politische Richtung
der USA weit über seine eigene Amtszeit hinaus beeinflussen. Daher sind diese Berufungen in den letzten
Jahrzehnten oft politisch heftig umstritten.[8][9]
Auch wird die Frage diskutiert, in welchem Maß die
ernannten Richter die amerikanische Bevölkerung im
Hinsicht auf Geschlecht, Ethnie, Religion oder
geografischer Herkunft repräsentieren. So sind derzeit
nur drei von neun Mitgliedern des Obersten
Gerichtshofs weiblich. Wenngleich in den letzten
Jahrhunderten der Gerichtshof vor allem durch
protestantische Richter geprägt war, ist derzeit kein
einziger Richter Protestant, obwohl rund ein Viertel
der amerikanischen Bevölkerung dem protestantischen
Glauben zugeschrieben werden. Von den derzeitigen
(Stand 2020) obersten Richtern gehören formell sechs
der Römisch-katholischen Kirche und drei dem
Judentum an.[10] Neil Gorsuch, der als als Katholik
Aktuelle Besetzung seit Oktober 2018: (oben von
erzogen wurde, besucht allerdings auch links) Neil Gorsuch, Sonia Sotomayor, Elena Kagan,
episkopalkirchliche Gottesdienste.[11]
Brett Kavanaugh; (unten von links) Stephen Breyer,
Clarence Thomas, John Roberts, Ruth Bader
Derzeitige Mitglieder Ginsburg, Samuel Alito
Datum der Bisherige Ernannt von
Justice Geburtsjahr
Ernennung Amtszeitdauer Präsident
3 Jahre und 50
Neil Gorsuch 1967 10. Apr. 2017 Donald Trump (R)
Tage
Brett Kavanaugh 1965 6. Okt. 2018 1 Jahr und 237 Donald Trump (R)
Tage
Siehe auch: Liste der Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten
Bedeutende Entscheidungen
Die folgende Tabelle listet einige bedeutende Fälle auf. Neben der Fallbezeichnung wird die Fundstelle in
der amtlichen Entscheidungssammlung, den United States Reports, angegeben.
Jahr Fall Zusammenfassung
Leitentscheidung zum
McCulloch v. Maryland, 17 U.S. 316 (http://caselaw.lp.find
1819 law.com/scripts/getcase.pl?navby=CASE&court=US&vol=
Kompetenzverhältnis zwischen
17&page=316) (1819) Gesamtstaat USA und seinen
Gliedstaaten.
Late Corp. of the Church of Jesus Christ of Latter-Day Die Kirche Jesu Christi der Heiligen
1890
Saints v. United States, 136 U.S. 67 (http://caselaw.lp.find der Letzten Tage soll aufgelöst
law.com/scripts/getcase.pl?navby=CASE&court=US&vol= werden, wenn sie an der Polygamie
136&page=67) (1890)
festhält.
1898 United States v. Wong Kim Ark, 169 U.S. 649 (http://casel Kinder, die in den US geboren wurden, sind
aw.lp.findlaw.com/scripts/getcase.pl?navby=CASE&court laut 14. Zusatzartikel automatisch
=US&vol=169&page=649) (1898) Staatsbürger, auch wenn die Eltern die
Staatsbürgerschaft nicht annehmen dürfen,
wie hier wegen des Chinese Exclusion Act
(1882) (Gesetz zum Ausschluss der
Chinesen). DAS grundlegende Urteil über die
Staatsbürgerschaft für die Kinder von
Ausländern, inklusive illegalen Immigranten.
Loving v. Virginia, 388 U.S. 1 (http://caselaw.lp.findlaw.co Das Verbot von Ehen zwischen
1967 m/scripts/getcase.pl?navby=CASE&court=US&vol=388& Schwarzen und Weißen ist
page=1) (1967) verfassungswidrig.
Gregg v. Georgia, 428 U.S. 153 (http://caselaw.lp.findlaw. Die Todesstrafe ist nicht per se eine
1976 com/scripts/getcase.pl?navby=CASE&court=US&vol=428 „grausame und ungewöhnliche Strafe“
&page=153) (1976) und daher legal.
District of Columbia v. Heller, 554 U.S. 570 (http://casela Der 2. Verfassungszusatz vermittelt
2008 w.lp.findlaw.com/scripts/getcase.pl?navby=CASE&court= ein individuelles Grundrecht auf den
US&vol=554&page=570) (2008) Besitz von Feuerwaffen.
Sonstiges
Seit 1935 wird das Gericht durch eine eigene Polizeieinheit geschützt, die Supreme Court Police. Außerhalb
des Gerichtsgeländes steht dem Gericht der United States Marshals Service für alle anderen Polizeiaufgaben
zur Verfügung.
Literatur
Thomas M. Hirner: Der Supreme Court der Vereinigten Staaten von Amerika (SCOTUS). In:
Juristische Schulung. JuS. Bd. 50, Nr. 5, 2010, S. XLIV–XLVII (http://rsw.beck.de/rsw/upload/J
uS/auch_Recht_Supreme_Court_Hirner.pdf).
Robert Chr. van Ooyen: Amerikanische Literatur zum Supreme Court – Lücken bei der
Forschung zum Bundesverfassungsgericht. In: Zeitschrift für Politikwissenschaft. Bd. 18, Nr. 4,
2008, S. 515–522, doi:10.5771/1430-6387-2008-4-515 (https://doi.org/10.5771/1430-6387-200
8-4-515).
David S. Tanenhaus (Hrsg.): Encyclopedia of the Supreme Court of the United States. 5
Bände. Macmillan Reference USA, Detroit MI u. a. 2008, ISBN 978-0-02-866124-7.
Jeffrey Toobin: The Nine. Inside the secret world of the Supreme Court. Anchor Books, New
York NY 2008, ISBN 978-1-4000-9679-4.
Siehe auch
United States Supreme Court Building
public.resource.org
Weblinks
Commons: Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten (https://commons.wikimedia.org/wiki/Su
preme_Court_of_the_United_States?uselang=de) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Supreme Court of the United States (http://www.supremecourtus.gov/) (englisch)
Offizielle Infobroschüre des Supreme Court (http://www.supremecourtus.gov/visiting/foreigntra
nslations/germantranslation.pdf) – deutsche Übersetzung; noch ohne die Richter Roberts und
Alito (PDF; 2,1 MiB)
The Supreme Court Historical Society (http://www.supremecourthistory.org/) (englisch)
Martin Klingst: „Recht oder rechts – Präsident Bush will das wichtigste Gericht der Welt neu
besetzen (http://www.zeit.de/2005/03/Supreme_Court)“ Die Zeit Nr. 3 vom 13. Januar 2005
Umfassende Sammlung von Fällen, inklusive Audioaufnahmen von mündlichen
Verhandlungen (http://www.oyez.org/) (englisch)
Einzelnachweise
1. https://www.supremecourt.gov/about/historyandtraditions.aspx
2. Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten > About the Court > Justices > Biographies (http
s://www.supremecourt.gov/about/biographies.aspx) (engl.), aufgerufen am 16. April 2018.
3. New York State Courts: An Introductory Guide. New York State Office of Court Administration,
New York 2016, OCLC 39042187 (https://worldcat.org/oclc/39042187), S. 1–3 (englisch,
nycourts.gov (http://ww2.nycourts.gov/admin/NYCourts-IntroGuide.pdf) [PDF; abgerufen am
4. März 2019]).
4. uscourts.gov: Frequently Asked Questions (http://www.uscourts.gov/Common/FAQS.aspx#cou
rt)
5. Ulrich Kühne: Amicus Curiae. Richterliche Informationsbeschaffung durch Beteiligung Dritter.
Mohr Siebeck Verlag, 2015. ISBN 978-3-16-153147-7
6. Rules of the Supreme Court of the United States (https://www.supremecourt.gov/ctrules/2013R
ulesoftheCourt.pdf) adopted April 19, 2013, effective July 1, 2013, abgerufen am 29. Juni 2017
(englisch)
7. Rule 29. Brief of an Amicus Curiae (https://www.law.cornell.edu/rules/frap/rule_29) Federal
Rules of Appellate Procedure, abgerufen am 29. Juni 2017 (englisch)
8. USA - Wie der Supreme Court die Politik bestimmt. (https://www.deutschlandfunk.de/usa-wie-d
er-supreme-court-die-politik-bestimmt.724.de.html?dram:article_id=348148) Abgerufen am
8. Januar 2020 (deutsch).
9. Thorsten Schröder: Supreme Court: Das Gericht ist hoch politisiert. In: Die Zeit. 8. April 2017,
ISSN 0044-2070 (https://zdb-katalog.de/list.xhtml?t=iss%3D%220044-2070%22&key=cql)
(zeit.de (https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-04/supreme-court-us-senat-neil-gorsuch-verf
assungsrichter/seite-2) [abgerufen am 8. Januar 2020]).
10. Cathy Lynn Grossman: Does the U.S. Supreme Court need another Protestant? (http://conten
t.usatoday.com/communities/Religion/post/2010/04/supreme-court-justice-stevens-catholic-jew
ish/1) USA Today, 9. April 2010, abgerufen am 22. Februar 2020 (englisch).
11. Daniel Burke: What is Neil Gorsuch's religion? It's complicated. (https://edition.cnn.com/2017/0
3/18/politics/neil-gorsuch-religion/) CNN, 22. März 2017, abgerufen am 22. Februar 2020
(englisch).
12. Akhil Amar: Plessy v. Ferguson and the Anti-Canon. In: Pepperdine Law Review. Band 39,
Nr. 1. Pepperdine University School of Law, Malibu 2013, S. 75–90 (englisch).
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