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32 > Altenpflege Pflegemanagement

Neues Begutachtungsinstrument Das Modul 5 ist eine


SE R I E
Novität: Es erfasst Fähigkeiten und Aktivitäten, die im bisherigen
Pflegebedürftigkeitsbegriff nicht berücksichtigt wurden. Text: Annegret Miller

Umgang mit krankheits-


bedingten Anforderungen
> Das Modul 5 heißt „Bewältigung
von und selbstständiger Umgang mit
tung in die Gesamtbewertung zur Einstu-
fung der Pflegebedürft igen in die neuen
geteilt. Die Kriterien 5.1 bis 5.7 ergeben in
der Addition maximal 3 Punkte, die Kri-
krankheits- oder therapiebedingten fünf Pflegegrade ein. Es funktioniert an- terien 5.8 bis 5.11 maximal 3 Punkte, die
Anforderungen und Belastungen“ und ders als die bisherigen Module in der Be- Kriterien 5.12 bis 5.15 maximal 6 Punkte
beinhaltet 16 Kriterien. Es gilt sowohl in wertungssystematik. Die Punkte werden und das Kriterium 5.16 maximal 3 Punk-
der ambulanten Pflege als auch bei zahl- nicht über das ganze Modul ermittelt und te (Abb. 1). Die Zusammenzählung der
reichen Kriterien im stationären Bereich. dann gewichtet, sondern das Modul 5 Skalenwerte in den vier Teilbereichen ist
Das Modul fließt mit 20 Prozent Gewich- wird in vier Bereiche zur Bewertung auf- unterschiedlich. Nach der Addition der

Foto: Werner Krüper


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gewichteten Punkte aller vier Teilbereiche


werden die Punkte addiert und erneut
Modul 5: Kriterien 5.1 – 5.7
gewichtet. Die sich dann ergebende maxi-
male Punktzahl von 20 wird im stationä-
ren Bereich schwer erreicht (Abb. 5).
Bisher wurden nur wenige krankheits-
spezifische Maßnahmen bei der Ermitt-
lung der Pflegestufe im Zusammenhang
mit den alltäglich pflegerelevanten Ver-
richtungen berücksichtigt.
Unabhängig von den SGB V-Leistun-
gen im ambulanten Bereich und unab-
hängig davon, ob diese Maßnahmen
Fachkräfte oder Angehörige erbringen,
wird bewertet, ob die erkrankte Person
die ärztlich verordnete Maßnahme ei-
genständig bewältigen kann oder ob sie
dafür Hilfe benötigt. Der Fall von Frau
Becker dient uns als Beispiel.
In die Bewertung gehen nur die ärzt-
lich angeordneten Maßnahmen ein, die
gezielt auf eine bestehende Erkrankung
ausgerichtet und für voraussichtlich min-
destens sechs Monate erforderlich sind.
Beachte: Die ärztliche Anordnung kann
sich auch auf nicht verschreibungspflich-
tige Medikamente oder äußerliche An-
wendungen beziehen und wird dennoch
mitberechnet!

5.1 Medikation
Orale Medikation, Augen- oder Ohren-
tropfen, Zäpfchen und Medikamenten-
pflaster.
Wenn Frau Becker die Medikamente
selbstständig nimmt und der Mitarbeiter
diese im Wochendispenser vorbereitet,
wird diese Hilfeleistung einmal pro Wo-
che in die Bewertung aufgenommen.

Beachte: Beim Verabreichen der Medi-


kamente wird das Stellen nicht gesondert
berechnet.
Wenn im Beispiel von Frau Be-
cker die Medikamente morgens, mit-
tags und abends verabreicht werden,
wird dies mit dreimal täglich bewertet.

Beachte: Auch Vorab- oder Bedarfsme-


dikationen, die täglich, wöchentlich oder
Abb. 1: Der Bereich wird mit zwei Punkten bewertet. Die Summe der Kriterien beträgt 7,06666=>7,0667.
monatlich verabreicht werden, sind zu Die sieben täglichen Maßnahmen und zwei monatlichen Leistungen werden addiert. Die Zahl der
berechnen. > Monatsleistungen (2) wird durch die durchschnittliche Zahl der Monatstage (30) dividiert (2:30=>0,0667).

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> 5.2 Injektionen


Hier geht es um subkutane und intra-
Modul 5: Kriterien 5.8 – 5.11
muskuläre Injektionen und subkutane
Infusionen.
Wenn Frau Becker morgens eine Insu-
lininjektion erhält, wird dies mit einmal
täglich bewertet. Auch die Häufigkeit der
Versorgung mit Medikamentenpumpen
über einen subkutanen Zugang würde
hierbei bewertet.

5.3 Versorgung intravenöser


Zugänge
Hierunter fällt hauptsächlich die Port-
Versorgung. Im Umgang mit intravenö-
sen Zugängen ist auch die Kontrolle zur
Vermeidung von Komplikationen wie
Verstopfung des Katheters zu berück-
sichtigen. Analog ist auch die Versorgung
intrathekaler Zugänge zu erfassen.

5.4 Absaugen und Sauerstoffgabe


Beachte: Jede Maßnahme wird einzeln
berücksichtigt. Ausschlaggebend ist der
durchschnittliche Wert, wenn Frau Becker
wechselnd häufig abgesaugt werden muss.
Ebenso wird das An- und Ablegen von
Sauerstoffbrillen oder analog von Atem-
masken zur nächtlichen Druckbeatmung
erfasst sowie das Bereitstellen eines Inha-
lationsgerätes inklusive dessen Reinigung.

5.5 Einreibung sowie Kälte- und


Wärmeanwendungen
Alle externen Anwendungen mit ärzt-
lich angeordneten Salben, Cremes, Emul-
sionen, außerdem Kälte- und Wärmean-
wendungen, die zum Beispiel bei rheu-
matischen Erkrankungen angeordnet
werden, fließen in die Bewertung ein. Die Abb. 2: In unserem Beispiel wird in diesem Teilbereich keine Summe der dargestellten Kriterien
berechnet. Bei einem Skalenwert von ein- bis mehrmals wöchentlich ist die Zuordnung mit einem
Maßnahmen werden einzeln gewertet. Punkt eindeutig.

5.6 Messung und Deutung von


Körperzuständen
Es geht um ärztliche Anordnungen zum wie das Umstellen der Ernährung oder täglich dargestellt). Ebenso werden die
Messen von Blutdruck, Puls, Blutzucker, das Aufsuchen eines Arztes. zweimal monatlich durchgeführten Blut-
Temperatur, Körpergewicht und Flüssig- Wenn Frau Becker aufgrund eines er- zuckerkontrollen hinzugerechnet.
keitshaushalt, bei der über die Messung höhten Blutdruckes und einer Umstellung
hinaus auch notwendige Schlüsse zu zie- ihres Lebensstils den Blutdruck zur Er- 5.7 Körpernahe Hilfsmittel
hen sind wie zum Beispiel um die erfor- gänzung der medikamentösen Therapie Hierunter versteht man das An- und
derliche Insulindosis festzulegen oder gemessen bekommt, wird die verordnete Ablegen von Brille, Hörgerät, Kompres-
zur Notwendigkeit anderer Maßnahmen Häufigkeit bewertet. (in Abb. 1 mit einmal sionsstrümpfe (inklusive deren Reini-

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liche Zahl der Monatstage (30) dividiert


Modul 5: Kriterien 5.12 – 5.15 (2:30=>0,0667). Erfolgen noch wöchent-
liche Leistungen, wird dieser Wert durch
die Zahl der Wochentage (7) geteilt und
dem Ergebnis hinzugerechnet.
Laut der Skala (vier- bis achtmal täg-
lich) ergeben sich 2 Punkte (vgl. Abb. 1).

5.8 Verbandwechsel und


­Wundversorgung
Frau Becker erhält aufgrund einer chro-
nischen Wunde zweimal pro Woche ei-
nen Wundverband laut Verordnung (vgl.
Abb. 2).

5.9 Versorgung mit Stoma


Dieses Kriterium beinhaltet die Pflege
künstlicher Körperöffnungen wie PEG,
Tracheostoma, suprapubischer Blasenka-
theter, Urostoma, Colo- oder Ileostoma.
Hier sind auch das Reinigen des Kathe-
ters, die Desinfektion der PEG-Einstich-
stelle und, falls notwendig, auch der Ver-
bandswechsel zu bewerten.

5.10 Regelmäßige Einmal-


katheterisierung und Nutzung
von Abführmethoden
Hierzu gehört die Häufigkeit von Ein-
malkatheterisierung zum Beispiel bei
neurogenen Blasenentleerungsstörungen.
Mit Abführmethoden sind die Anwen-
dungen von Klistier, Einlauf und die Ver-
ordnung von digitalem Ausräumen ge-
meint.

5.11 Therapiemaßnahmen
in häuslicher Umgebung
Es geht um diverse Anweisungen zu ei-
Abb. 3: In unserem Beispiel sind die aufgeführten Leistungen für Frau Becker nicht relevant. Somit
nem Eigenübungsprogramm aus einer
wird der Teilbereich 3 des Moduls 5 bei Frau Becker mit 0 Punkten bewertet.
Heilmitteltherapie, welches dauerhaft und
regelmäßig durchgeführt werden soll wie
zum Beispiel krankengymnastische Übun-
gen, Atemübungen, logopädische Übun-
gung), Orthesen, kieferorthopädische Bei den Berechnungen der zuvor be- gen, Maßnahmen zur Sekretelimination,
Apparaturen, Prothesen (keine Zahnpro- schriebenen Kriterien 5.1 – 5.7 ergibt sich Durchführung spezifischer Therapien
thesen. Diese gehören in das Modul 4.2). bei Frau Becker ein Summenwert von nach Bobath oder Vojta oder der Durch-
Frau Becker hat eine Brille und ein Hör- 7,06666 => 7,0667. führung ambulanter Peritonealdialyse
gerät. Insbesondere im Zusammenhang Dieser ergibt sich aus den sieben tägli- (CAPD). Bei den Berechnungen der be-
mit dem Hörgerät benötigt sie Hilfeleis- chen Maßnahmen und den zwei Leistun- schriebenen Kriterien 5.8 – 5.11 wird keine
tungen. Somit erfolgt eine Bewertung gen pro Monat. Die Zahl der Monatsleis- Summe gebildet, da in diesem Beispiel bei
von zweimal täglich. tungen (2) wird durch die durchschnitt- einem Skalenwert von ein- bis mehrmals

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wöchentlich die Zuordnung mit einem 5.13 Arztbesuche die monatliche Maßnahme mit 2 multi-
Punkt eindeutig ist (vgl. Abb. 2). Die Unterstützung auf dem Weg zu oder pliziert.
bei den regelmäßigen Besuchen beim nie- Der Zeitaufwand bei jedem Termin bis
5.12 Zeit- und technik-intensive dergelassenen Hausarzt oder bei Fach- zu drei Stunden oder über drei Stunden
Maßnahmen in häuslicher ärzten zu diagnostischen oder therapeu- entscheidet darüber, ob Kriterium 5.14
Umgebung tischen Zwecken wird mit der durch- oder 5.15 bewertet wird. Es wird der Ge-
Hierzu gehören spezielle Therapiemaß- schnittlichen Häufigkeit pro Woche und samtzeitaufwand zur Nutzung der Ein-
nahmen wie Hämodialyse oder Beat- Monat erfasst. Die wöchentliche Maß- richtung einschließlich der Fahrtzeiten
für die Pflegeperson erfasst.
Hierzu zählen Termine bei Physiothe-
Es werden nur ärztlich verordnete Maßnahmen rapeuten/Krankengymnasten, Ergothe-
rapeuten, Logopäden, Psychotherapeu-
bewertet, die gezielt auf eine Erkrankung ausgerichtet ten und Termine in Krankenhäusern zur
sind. ambulanten Behandlung oder Diagnos-
tik sowie der Besuch in anderen Einricht-
ungen des Gesundheitswesens.
mung, die im häuslichen Umfeld durch- nahme wird mit 4,3 und die monatliche Insgesamt können sechs Punkte in die-
geführt werden können, wenn ständige Maßnahme mit 1 multipliziert. sem Teilbereich des Moduls 5 erreicht
Überwachung während der Maßnahme werden.
durch geschulte Pflegepersonen gewähr- 5.14 Besuche anderer medi- Frau Becker lebt in einer Pflegeeinrich-
leistet wird. zinischer oder therapeutischer tung. Bei ihr sind die hier aufgeführten
Die spezielle Krankenbeobachtung, Einrichtungen Kriterien weniger relevant. Der Hausarzt
gemäß Position 24 HKP-Richtlinie, zum Die Dauer des Besuches ist mit bis zu drei und die Therapeuten kommen in die Pfle-
Beispiel bei maschineller Beatmung ist Stunden veranschlagt. Die wöchentliche geeinrichtung und begleitete Facharztbe-
mit einmal täglich einzutragen und wird Maßnahme wird mit 4,3 und die monat- suche sind bei ihr nicht jeden Monat er-
mit 60 bewertet => die höchste Punkt- liche Maßnahme mit 1 multipliziert. forderlich. Somit wird bei ihr dieses Mo-
zahl ist im Teilbereich 5.12 – 5.15 mit 6 dul mit 0 Punkten bewertet (vgl. Abb. 3).
Punkten somit erreicht. 5.15 Zeitlich ausgedehnte
Jede wöchentlich ausgeführte Maß- Besuche medizinischer oder 5.16 Einhalten einer Diät oder
nahme wird mit einem Wert von 8,6 therapeutischer Einrichtungen anderer krankheits-/therapie-
multipliziert; jede monatliche Maßnah- In diesem Fall sind Besuche gemeint, die bedingter Verhaltensvorschriften
me mit einem Wert von 2 Punkten mul- länger als drei Stunden dauern. Die wö- Bei manchen Erkrankungen werden be-
tipliziert. chentliche Maßnahme wird mit 8,6 und stimmte Diäten oder Essvorschriften

Modul 5: Kriterium 5.16

Abb. 4: Frau Becker kann die Vorschrift selbstständig einhalten. Dieser Modulbereich wird deshalb mit 0 Punkten bewertet.

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Modul 5: Ergebnis

Abb. 5: Die in der Bewertungsskala erfassten Punkte (links) werden addiert. Das Ergebnis beträgt in diesem Fall 3 Punkte. Da die Ergebnisse in Modul 5
aber 20 Prozent am Gesamtergebnis ausmachen, kommt die Gewichtungsskala (rechts) daneben zum Tragen. Hier sind Korridore festgelegt: Ein Ergebnis
von 2 bis 3 Punkten in der Bewertungsskala ergibt am Ende durch die Gewichtung 10 Punkte. Die Bewohnerin erhält in Modul 5 also 10 Punkte.

sowie andere Verhaltensvorschriften an- Vorschriften und nicht um die Zubereit- sichtigung. Unterstützung ist fast durch-
geordnet. Dazu gehören auch die ärzt- ung einer Diät oder das An- und Ablegen gehend erforderlich.
lich angeordnete Nahrungs- und Flüs- einer Sauerstoff maske. Es geht auch nicht
sigkeitszufuhr, in der die Art und die um die selbstbestimmte Ablehnung von
Menge der Lebensmittel sowie die Art ärztlichen Vorschriften bei erhaltenen
Mehr zum Thema
und der Zeitpunkt der Aufnahme aus mentalen Funktionen.
therapeutischen Gründen geregelt sind. Selbstständig (0 Punkte): Frau Becker Weitere Beiträge: Die vorherigen
Zum Beispiel bei Stoff wechselstörungen, kann die Vorschriften selbstständig ein- Beiträge zur Serie finden Sie ab Ausgabe
5/2016.
Nahrungsmittelallergien oder Essstö- halten. Das Bereitstellen einer Diät reicht
rungen. aus. Kontakt zur Autorin:
E-Mail: annegret.miller@exzellenz.de;
Als Beispiele für Diäten wird die glu- Überwiegend selbstständig (1 Punkt):
www.exzellenz.de und www.ahpro.de
tenfreie oder laktosefreie Kost in den Be- Frau Becker muss an die Diät erinnert
gutachtungsrichtlinien aufgeführt. werden und braucht Anleitung. Maximal © Vincentz Network, Hannover, November 2016
Die Vorschriften sind einzeln zu be- einmal täglich ist darüber hinaus Unter-
nennen und der Grad der Selbstständig- stützung erforderlich.
keit bei der Einhaltung dieser Vorschrift Überwiegend unselbstständig (2 Punk- Annegret Miller, Miller GbR,
und der daraus resultierende Bedarf te): Frau Becker benötigt meistens An- ist langjährig in vielen Funktio-
an personeller Unterstützung werden leitung und Beaufsichtigung. Mehrmals nen in der Altenhilfe unterwegs.
2016 berät sie Einrichtungen und
beurteilt. täglich ist Unterstützung erforderlich.
Teams bei der Einführung des
Beachte: Es geht hier um die Einsichts- Unselbstständig (3 Punkte): Frau Becker „Neuen Begutachtungsinstru-
fähigkeit der Person zur Einhaltung der benötigt immer Anleitung und Beauf- ments“.

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