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Theodor W.

Adorno (1903 – 1969)

• Komponist / Musiker, Philosoph und


Soziologe
• Neben Max Horkheimer zentrale Figur
der ersten Generation der Kritischen
Theorie der Frankfurter Schule (auch:
Herbert Marcuse, Walter Benjamin, Erich
Fromm, Leo Löwenthal, Sigfried Kracauer, Friedrich
Pollock, Franz Neumann, Otto Kirchheimer …)
• Werke u.a.: Minima Moralia, Dialektik der Aufklärung
(mit M.H.), Negative Dialektik, Ästhetische Theorie,
Philosophie der Musik, Erziehung zur Mündigkeit,
Positivismusstreit in der deutschen Soziologie …

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Instrumentelle Vernunft

• Anknüpfung an Marx (Kapitalismuskritik), aber


mit einigen Unterschieden:
– „Domestizierung der Natur“ wird zum „System totaler
Herrschaft“ (nicht länger als Stadien des Fortschritts)
– Bürokratisierung / Kontrolle („Webermarxismus“)
– vom Monopolkapitalismus zum Staatskapitalismus
(Revolution bleibt aus, aber warum?)
– Tauschverhältnisse (Verdinglichung, Warenfetisch)
– dominanter Persönlichkeitstyp: autoritärer Charakter
(Bewusstseinsstrukturen; „Freudomarxismus“)
– „Kulturindustrie“ und „Halbbildung“ als Instanzen totaler
Integration

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Kulturindustrie

• Die totale Integration in den ökonomischen


Zusammenhang mithilfe der Massenmedien:
– Manipulation des Publikums: hedonistische und passive
Konsumenten von Kultur-Waren
– Amüsierbetrieb: Unterhaltung als Glücksersatz;
rechtfertigt die Entfremdung im Arbeitsleben durch die
pseudo-kritische Verdopplung der Verhältnisse
– Einschränkung der Bedürfnisse auf solche, die von der
Konsumgesellschaft befriedigt werden können
(standardisierte Massenkultur; Ähnlichkeit)
– Pseudoindividualität (Starkult, Werbung usw.)
 verdrängt die mimetische Erfahrung (Kunst)

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Jürgen Habermas (*1929)


• geboren in Frankfurt am Main
• 1956-1959: Assistent Adornos am
Frankfurter Institut f. Sozialforschung
• 1961: Habilitation in Marburg bei
Wolfgang Abendroth (Politikwissenschaft);
apl. Professor für Philosophie in Heidelberg
• 1964: Professur für Philosophie und
Soziologie in Frankfurt
• 1968: „Erkenntnis und Interesse“
• 1971-1983: Direktor des Max Planck Instituts zur
Erforschung der Lebensbedingungen der technisch-
wissenschaftlichen Welt in Starnberg; 1983-1994:
Professor in Frankfurt a.M.
• 1981: „TkH“ (2 Bde.); 1985: „Der philosophische Diskurs
der Moderne“; 1992: „Faktizität und Geltung“

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Rationalitätspotential der Moderne
• These: Moderne als unvollendetes Projekt (Entfaltung
und Vereinseitigung des Vernunftpotentials im
Rationalisierungsprozess)
 Perspektivenwechsel von Produktions- oder Tausch-
(Marx bis Adorno, Arbeit/Ware) zu
Verständigungsverhältnissen (Kommunikation)
– Formalpragmatik  Die Unterstellung rationaler Be-
gründbarkeit bei der Verwendung von Sprache wird als
universelle Form rekonstruiert (Telos der Verständigung)
– Koordinationsfunktion der Sprache im sozialen Handeln
 kommunikatives (verständigungsorientiertes) Handeln
– Lebensweltliche Funktionen der (öffentlichen) Verständi-
gung und deren gesellschaftlicher Stellenwert (Kritik)

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Kommunikatives Handeln

„Allein das kommunikative Handlungsmodell


setzt Sprache als ein Medium unverkürzter
Verständigung voraus, wobei sich Sprecher und
Hörer aus dem Horizont ihrer vorinterpretierten
Lebenswelt gleichzeitig auf etwas in der
objektiven, sozialen und subjektiven Welt
beziehen, um gemeinsame
Situationsdefinitionen auszuhandeln.“
(Habermas: TkH, Bd. 1, S. 142)

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Handlungstypen, Weltbezüge und
Geltungsansprüche
Handlungstyp teleologisches normreguliertes dramaturgisches
Handeln Handeln Handeln
Weltbezüge objektive Welt objektive und privilegiert
soziale Welt zugängliche
Innenwelt
Außenwelt

Geltungsanspruch propositionale normative Wahrhaftigkeit /


Wahrheit Richtigkeit Authentizität
Diskurstyp theoretischer moralisch-prakti- therapeutische
Diskurs scher Diskurs; Kritik
ästhetische Kritik

strategisches Handeln: kommunikatives Handeln:


= Form des sozialen = Form des sozialen Handelns (Interaktion)
Handelns (Interaktion) = Handlungskoordinierung durch Aushandlung einer
= zweckrationale Wahl gemeinsamen Situationsdefinition
= egozentr. Erfolgskalkül = gekennzeichnet durch Verständigungsorientierung

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Verständigung: Geltungsansprüche
• Sprechakttheorie (Austin; Searle):
– konstative Äußerungen, propositonaler Bestandteil
– performativer Bestandteil (Vollzug einer Handlung, z.B. Taufe, Ja-
Wort, Versprechen)
– illokutionäre Kraft  soziale Beziehung und Bindung durch
Sprache
• Bedingungen der Akzeptabilität (= illokutionärer Erfolg)
 rational motiviertes Einverständnis, basierend auf der Gewähr des
Sprechers, kritisierte Geltungsansprüche durch Beibringen guter
Gründe ggf. einlösen zu können (oftmals implizit; explizit 
Diskurs als Verfahren zur Einlösung von Geltungsansprüchen)
 Geltungsansprüche sind die Konvergenzpunkte intersubjektiver
Anerkennung
 Problem: Dissensrisiko (durch eingebaute Kritikmöglichkeit)

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Lebenswelt aus der
Teilnehmerperspektive
a. situationsbezogenes Horizontwissen:
Unterstellung übereinstimmender Deutungen der raum-zeitlichen
Kontexte der Situation
b. themenabhängiges Kontextwissen:
sachliche Kontexte; mobilisierbar für Begründungen (je nach
Bedarf); relativ leicht problematisierbar
c. lebensweltliches Hintergrundwissen:
unvermittelte Gewissheit; holistisch (LW als „Dickicht“); schwer
problematisierbar (methodische Anstrengung)
 a. und b.: relativ vordergründiges unthematisches
Wissen, das die Last der Plausibilisierung trägt
 LW ist immer nur ausschnittweise kritisierbar

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Lebenswelt aus der


Beobachterperspektive
Symbolische Reproduktion der Gesellschaft als
Funktion des kommunikativen Handelns
 strukturelle Komponenten der Lebenswelt:
– Kultur (Wissensvorrat):  Funktion der kulturellen Reproduktion durch
Sicherung von Kontinuität und Kohärenz des Wissens im Wandel
– Gesellschaft (hier: legitime soziale Ordnungen und Zugehörigkeiten): 
Funktion der sozialen Integration durch Koordinierung von Handlungen
und Solidaritätsstiftung (intersubjektive Anerkennung von Normen)
– Persönlichkeit (Kompetenzen; Zurechnungsfähigkeit):  Funktion der
Sozialisation durch Individuierung (Identitätsbildung) und Anschluss
nachwachsender Generationen
 der gesellschaftlichen Evolution sind Lernprozesse
inhärent!  Modernisierung als Rationalisierung
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Rationalisierung der Lebenswelt
• Strukturelle Differenzierung der LW:
– Wissenschaft (Wahrheitsfragen); Recht/Politik
(normative Ordnung); Kunst (Ästhetik; Authentizität)
• „Versprachlichung des Sakralen“
Dissensrisiko nimmt im Zuge der Modernisierung zu
Frage: Gibt es alternative Mechanismen der
Handlungskoordinierung?
• Entlastung durch evolutionäre Entkopplung der
materiellen von der symbolischen Reproduktion!
Ausdifferenzierung von Teilsystemen (Staat und
Wirtschaft) über entsprachlichte Steuerungsmedien
Vernetzung von Handlungsfolgen (Systemintegration)

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Phasen der Modernisierung


traditionale Gesell. Modernisierung entwickelte Moderne

Lebenswelt Lebenswelt Lebenswelt

Staat Wirt.

Ausdif-
Koloniali-
ferenzie-
sierung
rung

Staat Wirt. Staat Wirt.

Zweistufige Gesellschaftstheorie: Habermas fasst


Gesellschaften als „systemisch stabilisierte Handlungs-
zusammenhänge sozial integrierter Gruppen“ auf.
(TkH, Bd. 2, S. 228)

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Entkopplung: System & Lebenswelt

• rechtliche Verankerung der Steuerungsmedien Geld und


Macht in der Lebenswelt
– codieren zweckrationalen Umgang mit kalkulierbaren Wertmengen
– ermöglichen strategische Einflussnahme
– empirisch motivierte Bindung
• Folgen der Entkopplung von System & Lebenswelt
– Bereiche normfreier Sozialität entstehen (z.B. Organisationen)
– aber insbesondere politische Macht bleibt abhängig von der
Legitimität der Rechtsetzung (Demokratie; Primat der Lebenswelt)
• Mediatisierung der Lebenswelt:
– Systemperspektive  Lebenswelt wird Teilsystem neben anderen
– Organisationsrollen (Abstraktion von lebensweltlichen Kontexten)
– Verrechtlichung (Bsp. Schule; Familienrecht)

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Kolonialisierung der Lebenswelt


• Systemkontexte als strukturelle Gewalt, die lebensweltliche
Verständigungsprozesse systematisch einschränkt
• Umschlag der Dominanz in den Austauschverhältnissen
von System und Lebenswelt (Systemimperative):
– Umstellung der symbolischen Reproduktionsfunktionen auf
systemische Integrationsformen
– mediengerechte Abstraktionen (z.B. von lebensweltlichen Anliegen
der SozialstaatsklientInnen)  Faktoreingaben der LW
– zusätzlich: kulturelle Verarmung der Lebenswelt
(Verwissenschaftlichung; Fragmentierung des Alltagswissens)
• Pathologische Nebenfolgen:
– Freiheitsverlust / Sinnverlust ( Max Weber: Fachmensch ohne
Geist; Genussmensch ohne Herz)
– Legitimationsverlust (politische Sicherung von Massenloyalität)

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Zivilgesellschaft & Öffentlichkeit
• Deliberative Demokratie und politischer Machtkreis-
lauf  Möglichkeiten, Dominanzrichtung umzukehren?
– Soziale Bewegungen und freiwillige Assoziationen  Kern
der zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit; verankert in der
Lebenswelt
– Einflussnahme auf die politische Problemverarbeitung
– materiale Anliegen
– demokratische Legitimationspflichten
– Verankerung von kommunikativer (im Unterschied zu
administrativer) Macht durch offene, egalitäre, diskursive
Prozeduren der Meinungs- und Willensbildung
 auseinandergezogenes Modell von Volkssouveränität!

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Strukturalismus – Poststrukturalismus
Emile Durkheim Gabriel de Tarde
Ferdinand de Saussure
(*1858, †1917) (*1843 †1904)
(*1857, †1913)
Marcel Mauss
Claude Lévi-Strauss (*1872, †1950)
(*1908, †2009)
Norbert Elias
Roland Barthes
(*1897, †1990)
(*1915, †1980)

Michel Foucault Paul Ricœur


(*1926, †1984) (*1913, †2005)
Pierre Bourdieu Michel de Certeau
(*1930, †2002) (*1925, †1986)
Jacques Derrida
(*1930 †2004)
Jean-François Lyotard Anthony Giddens
(*1924 †1998) (*1938)
Jean Baudrillard
(*1929 †2007) Luc Boltanski
Jacques Lacan, Gilles (*1940) Bruno Latour
Deleuze, E. Laclau, Laurent Thévenot (*1947)
Judith Butler usw. (* 1949)

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Linguistik: Ferdinand de Saussure
• Sprache wird nun primär als langue (System), nicht als
parole (Sprechen) analysiert  emergente sprachliche
Strukturen (unabhängig von einzelnen Verwendungen)
• Theorie des Zeichens:
– arbiträre, durch Konventionen geregelte Beziehung zwischen
dem Signifikant (Bezeichnendem, Lautbild) und dem Signifikat
(Bezeichnetem, Vorstellung)
– wie werden Bedeutungen festgelegt?  Durch differentielle
Beziehungen zwischen den Signifikanten, nicht durch die
Signifikate (Gegenstände oder subjektive Vorstellungen)
• Bedeutungsstrukturen der Sprache konstituieren eine
unbewusste Ordnung des Denkens und Handelns
• [Kritik: z.B. Jacques Derridas Konzept der différance]

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Strukturale Anthropologie:
Claude Lévi-Strauss (*1908 †2009)
• unbewusste symbolische Ordnungen des
Denkens und Handelns lassen sich auch
auf anderen Ebenen finden:
– Tauschsysteme (strukturalistische Interpretation zum
Gaben-Essay des Durkheim-Neffen Marcel Mauss)
– Verwandtschaftssysteme (Inzestverbot als Tauschgesetz legt die
Variabilität von Heiratsregeln fest)
– archaische (und moderne) Mythen ermöglichen Kulturvergleich
• strukturale Analyse zielt noch auf universelle kognitive
Regelsysteme (anthropologische Konstanten)  davon
insbesondere distanziert sich der Post-Strukturalismus
• [Exkurs: Semiologie bei Roland Barthes (Mythen des
Alltags, Sprache der Mode)]

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Post(moderne)  fluidere Strukturen
Emile Durkheim Gabriel de Tarde
Ferdinand de Saussure
(*1858, †1917) (*1843 †1904)
(*1857, †1913)
Marcel Mauss
Claude Lévi-Strauss (*1872, †1950)
(*1908, †2009)
Norbert Elias
Roland Barthes
(*1897, †1990)
(*1915, †1980)

Michel Foucault Paul Ricœur


(*1926, †1984) (*1913, †2005)
Pierre Bourdieu Michel de Certeau
(*1930, †2002) (*1925, †1986)
Jacques Derrida
(*1930 †2004)
Jean-François Lyotard Anthony Giddens
(*1924 †1998) (*1938)
Jean Baudrillard
(*1929 †2007) Luc Boltanski
Jacques Lacan, Gilles (*1940) Bruno Latour
Deleuze, Ernesto Laclau, Laurent Thévenot (*1947)
Judith Butler usw. (* 1949)

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Michel Foucault (*1926, †1984)


• George Bataille u.a.: Fragen nach dem Außen
der Strukturen (Exzess, Wahnsinn, Sexualität)
• Episteme sichtbar machen (Diskontinuität von
Wahrheitsordnungen)
• Archäologie des Wissens als Methode, die
Regelmäßigkeiten in den Aussagen einer Epoche aufzu-
zeigen (Diskursanalyse): Was ist sagbar und was nicht?
• Genese des Subjekts – z.B. über Kontrollzumutungen
oder Disziplinierungen, etwa durch Sexualitätsdiskurse
oder Techniken der Überwachung (Benthams Panopticon)
• Genealogie und Machtanalyse (Macht-Wissen-Komplexe,
Gouvernementalität, Ökonomisierung des Sozialen usw.)

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Panopticon, Konzept von Jeremy
Bentham (*1748, †1832)

Literatur dazu: Foucault, Michel (1976): Überwachen und Strafen. Die Geburt
des Gefängnisses. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

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Textparadigma vs. Praxisparadigma


Ferdinand de Saussure Emile Durkheim Gabriel de Tarde
(*1857, †1913) (*1858, †1917) (*1843 †1904)

Claude Lévi-Strauss Marcel Mauss


(*1908, †2009) (*1872, †1950)

Roland Barthes Norbert Elias


(*1915, †1980) (*1897, †1990)

Michel Foucault Paul Ricœur


(*1926, †1984) (*1913, †2005)
Pierre Bourdieu Michel de Certeau
Jacques Derrida
(*1930, †2002) (*1925, †1986)
(*1930 †2004)
Jean-François Lyotard
(*1924 †1998) Anthony Giddens
Jean Baudrillard (*1938)
(*1929 †2007)
Jacques Lacan, Gilles Luc Boltanski
Deleuze, E. Laclau, usw. (*1940)
Bruno Latour
Laurent Thévenot
Judith Butler (*1947)
(* 1949)
(*1956)

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Genetischer Strukturalismus/Praxis:
Pierre Bourdieu (*1930, †2002)
• Jenseits von Objektivismus und Subjektivismus:
Regeln erfordern implizites Anwendungswissen
– Beispiele: Gabentausch, Ehre
– Folgen für das Theorie-Praxis-Verhältnis
• Habitus: strukturierte Struktur (opus operatum)
und strukturierende Struktur (modus operandi)
– generative Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata
(auch: Klassifizierungsschemata)
– erworben durch praktisches Einüben/Inkorporieren (Sozialisation)
– Milieubezug (Lebensstil)  kollektiver Habitus (Klassen-Habitus)
• Ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital
– weitere Differenzierung: inkorporiertes, objektiviertes und
institutionalisiertes kulturelles Kapital

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Struktur der Klassenherrschaft in


modernen Gesellschaften
• Sozialer Raum und objektive Klassenstruktur
– zusammengesetztes Kapitalvolumen (y-Achse: gering vs. viel) und
Kapitalverteilung (x-Achse: kultureller vs. ökonomischer Pol)
– Klassen als empirische Mobilitätsschranken (i. S. Max Webers)
• Raum der Lebenstile (Homologiethese)
– Geschmacksurteile (Essen, Kulturkonsum, Mode, Sport usw.)
– Distinktion (Kampf um symbolisches Kapital als implizite,
verschleiernde Herrschaftsstrategie)
– habituelle Dispositionen tendieren zur Ungleichheitsreproduktion
• Doxa, Orthodoxie und Heterodoxie
– Unterklasse: Naturalisierung der Herrschaftsverhältnisse
– Mittelklasse: Reflexive Bekräftigung der Ordnung (Orthodoxie)
– Oberklasse: Heterodoxe Distanzierung von geltenden Konventionen

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