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Landtagsklub.

Tirol, den 4. Oktober 2021.

Schriftliche Anfrage:

Übersetzbarkeit von Straßennamen.


Eine Reihe von Straßennamen kommt ohne Grundwort „Straße“, „Weg“, „Gasse“
oder „Platz“ aus, da ihnen meist historisch gewachsene Flurnamen zu Grunde
liegen, z.B. „Pichl“, „Widumacker“, „Am Bühel“, „Im Bad“ und viele mehr.

In solchen Fällen kann es vorkommen, dass in der italienischen Version ein


Straßenname mit dem Grundwort „via“ versehen wird, obwohl dieses nicht einmal
in der deutschen Version verwendet wird, z.B. „Pichl“ / „via Pichl“, „Widumacker“ /
„via Widumacker“ in der Gemeinde Jenesien. In anderen Fällen gilt dagegen in
beiden Sprachen Einnamigkeit, z.B. „Am Bühel“ in der Gemeinde Ahrntal, „Im Bad“
in der Gemeinde Tramin.

Obige Beispiele zeigen, dass bezüglich der Übersetzbarkeit von Straßennamen


Uneinigkeit herrscht. Hinzukommt, dass in den ladinischen Gemeinden
Straßennamen gänzlich unübersetzt bleiben, also auch dann einnamig geführt
werden, während sie in den Gemeinden außerhalb Ladiniens übersetzt werden, z.B.
„streda Stazion“ in Sankt Ulrich, dagegen „Bahnhofstraße / via Stazione“ außerhalb
Ladiniens.

Aus linguistischer Sicht ergibt der Zusatz von „via“ im Italienischen unter anderem
dann keinen Sinn, wenn der Name auch im Deutschen ohne das entsprechende
Grundwort „Straße“ auskommt. Daraus lässt sich schließen, dass es eine Reihe von
Straßennamen gibt, die weder als Ganzes noch teilweise übersetzbar sind. Sie bilden
eine linguistische Einheit. Etwaige Zusätze, nicht nur in der Originalsprache, sondern
auch in der Zielsprache, sind artifiziell und aufgesetzt, weshalb es korrekterweise
auch im Deutschen z.B. „Pichl“, „Widumacker“ und nicht „Pichlstraße“,
„Widumackerstraße“ heißt. Noch deutlicher an Flurnamen erinnern die Beispiele
„Am Bühel“, „Im Bad“, weil hier der Name mit der Präposition und dem bestimmten
Artikel zu einer Einheit verschmolzen ist und ein Zusatz „Straße“ linguistisch gar nicht
möglich ist.

Anders ist die Situation in Ladinien: In Ladinien scheint sich das Problem der
Übersetzbarkeit von Straßennamen erst gar nicht zu stellen. Die ladinischen
Gemeinden führen nämlich durchwegs einnamige Straßennamen, selbst dann,
wenn ein Straßenname wie „streda Stazion“ theoretisch übersetzbar wäre. Die
Einnamigkeit von Straßennamen beruht in Ladinien offenbar auf Konsens zwischen

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den Sprachgruppen, wird also allgemein akzeptiert. Außerhalb Ladiniens ist die
Situation, wie oben dargestellt wurde, völlig anders. Doch wie ist die Situation aus
juristischer Sicht?

Die Gefertigten stellen an die Landesregierung folgende

Anfrage:

1. Gibt es ein Gesetz, das besagt, dass ein Straßenname in jedem Fall mit dem
Zusatz „via“ versehen werden muss – selbst dann, wenn das Äquivalent in der
Ausgangsprache fehlt?

2. Sollte es ein diesbezügliches Gesetz nicht geben, warum erscheint dann in der
italienischen Übersetzung dann dennoch – unnötigerweise! – der Zusatz „via“?

3. Gibt es ein Gesetz, das besagt, dass die Übersetzung von Straßennamen in
den zweisprachigen Süd-Tiroler Gemeinden verpflichtend ist, dagegen in den
dreisprachigen (= ladinischen) Gemeinden nicht?

4. Sollte es ein diesbezügliches Gesetz nicht geben, darf es – rein juristisch


betrachtet – dann auch außerhalb Ladiniens beispielsweise nur eine
einnamige „Bahnhofstraße“ geben?

L.-Abg. Sven Knoll. L.-Abg. Myriam Atz-Tammerle.

Wir bitten um Übermittlung der Antwort an die Adresse: anfragen@suedtiroler-


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