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Einführung in das Arbeitsrecht

Einführung in das Arbeitsrecht

Einheit 6
Das Tarifrecht

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Einführung in das Arbeitsrecht

Inhaltsübersicht
I. Koalitionsfreiheit
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
IV. Tarifgeltung
V. Bezugnahmeklauseln
VI. Differenzierungsklauseln

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Einführung in das Arbeitsrecht

Koalitionsfreiheit
I. Koalitionsfreiheit  Art. 9 III Grundgesetz
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 Art. 11 EMRK
IV. Tarifgeltung  Art. 28 EU-Grundrechtecharta
V. Bezugnahmeklauseln
VI. Differenzierungsklauseln
 besondere Erscheinungsform der
Vereinigungsfreiheit  Tarifautonomie
 Schaffung und Bewahrung einer
rechtsgeschäftlichen Ordnung des
Arbeitslebens

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Einführung in das Arbeitsrecht

Koalitionsfreiheit
I. Koalitionsfreiheit  Voraussetzung einer Koalition
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 freiwillig, privatrechtlich, dauerhaft
IV. Tarifgeltung  demokratische Binnenstruktur
V. Bezugnahmeklauseln
 Vereinigungszweck iSd Art. 9 III GG
VI. Differenzierungsklauseln
 gegnerfrei
 überbetrieblich
 unabhängig

 Verfahren vor ArbG zur Feststellung der


Koalitionseigenschaft: §§ 2a I Nr. 4, II,
97 ArbGG

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Einführung in das Arbeitsrecht

Koalitionsfreiheit
I. Koalitionsfreiheit  individuelle Koalitionsfreiheit
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 Freiheit des Einzelnen, eine Koalition
IV. Tarifgeltung zu gründen oder ihr beizutreten und
V. Bezugnahmeklauseln in ihr zu verbleiben  positive
VI. Differenzierungsklauseln Koalitionsfreiheit
 Freiheit des Einzelnen, eine Koalition
zu verlassen oder ihr fernzubleiben 
negative Koalitionsfreiheit
 kollektive Koalitionsfreiheit
 Bestandsgarantie
 Betätigungsgarantie

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Einführung in das Arbeitsrecht

Koalitionsfreiheit
I. Koalitionsfreiheit P Koalitionsrecht der Beamten
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag  Gründung und Organisation in Koalitionen ist
IV. Tarifgeltung möglich
V. Bezugnahmeklauseln  keine Möglichkeit zum Abschluss von
Tarifverträgen
VI. Differenzierungsklauseln
 kein Streikrecht

 Abwägung zwischen Art. 9 Abs. 3 GG und den


Grundsätzen des hergebrachten
Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG)

 Besondere Loyalitätspflicht des Beamten


 Erledigung hoheitlicher Aufgaben
 Kein Streikzweck, da Arbeitsbedingungen
einseitig durch den Staat per Gesetz
festgesetzt werden

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Einführung in das Arbeitsrecht

Tariffähigkeit
I. Koalitionsfreiheit  Tarifvertragsgesetz (TVG)
II. Tariffähigkeit
 Fähigkeit Tarifverträge abzuschließen
III. Tarifvertrag
IV. Tarifgeltung  § 2 TVG bestimmt abschließend, wer
V. Bezugnahmeklauseln Tarifvertragspartei sein kann
VI. Differenzierungsklauseln  Tariffähigkeit einer AN-Vereinigung
 nicht automatisch eine tariffähige
Gewerkschaft
 tariffähig ist eine AN-Vereinigung,
wenn sie durchsetzungsfähig
(sozial mächtig) und hinreichend
leistungsfähig organisiert ist
 absolute Tariffähigkeit für den von
der AN-Vereinigung gewählten
räumlichen, fachlich und
personellen Organisationsbereich
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Einführung in das Arbeitsrecht

Tariffähigkeit
I. Koalitionsfreiheit P Rechtsfolge fehlender Tariffähigkeit
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 gewerkschaftliche Beteiligungsrechte
IV. Tarifgeltung fehlen
V. Bezugnahmeklauseln  dennoch abgeschlossene Tarifverträge
VI. Differenzierungsklauseln sind von Anfang an unwirksam

P Tariffähigkeit unklar
 Feststellung durch ArbG
 besonderes Beschlussverfahren
 §§ 2a I Nr. 4, 80 ff, 97 ArbGG
 Feststellungsbeschluss hat erga omnes
Wirkung, § 97 III 1 ArbGG

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Einführung in das Arbeitsrecht

Tariffähigkeit
I. Koalitionsfreiheit  Tariffähigkeit einer AG-Vereinigung
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 AGV stets tariffähig
IV. Tarifgeltung  indes nicht unbedingt tarifwillig,
V. Bezugnahmeklauseln sog. OT-Verbände
VI. Differenzierungsklauseln
 auch einzelner AG stets tariffähig
 Firmen-, Haustarifverträge

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Einführung in das Arbeitsrecht

Tarifvertrag
I. Koalitionsfreiheit  privatrechtlicher Vertragsschluss
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 Schriftformerfordernis, § 1 II TVG
IV. Tarifgeltung  Rechtsnormen des Tarifvertrags wenden
V. Bezugnahmeklauseln sich an Dritte  Tarifgeltung
VI. Differenzierungsklauseln
 Tarifvertrag enthält aber auch
Regelungen zu den Rechten und
Pflichten der TV-Parteien
(schuldrechtlicher Teil) 
Friedenspflicht

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Einführung in das Arbeitsrecht

Tarifvertrag
I. Koalitionsfreiheit  Arten von Tarifverträgen
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 Mantel-TV: enthalten allgemeine
IV. Tarifgeltung Bestimmungen und haben als
V. Bezugnahmeklauseln Grundlagenregelungen eher länger
VI. Differenzierungsklauseln Bestand
 Lohn- /Gehalts-TV: regeln die
Vergütungshöhe und werden idR für
2 Jahre abgeschlossen
 ergänzende TV (Ausbildung,
Altersversorgung, etc.)
 Verbands-TV (=Flächen-TV)
 Firmen-TV (=Haus-TV), auch idF
Sanierungs-TV

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Einführung in das Arbeitsrecht

Tarifvertrag
I. Koalitionsfreiheit  Geltungsbereich
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 räumlich
IV. Tarifgeltung  Tarifgebiet
V. Bezugnahmeklauseln
 zeitlich
VI. Differenzierungsklauseln
 Beginn und Ende
 betrieblich
 Art des Betriebs, v.a. wichtig bei
Mischbetrieben
 fachlich-persönlich
 AN, die in den Genuss der
jeweiligen Regelung kommen
sollen, häufig nach Gruppen
 Festlegung durch TV-Parteien
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Einführung in das Arbeitsrecht

Tarifvertrag
I. Koalitionsfreiheit  Rechtsnormen des TV
II. Tariffähigkeit  Inhalts- und Beendigungsnormen
III. Tarifvertrag  bspw. Vergütung, Arbeitszeit,
IV. Tarifgeltung Kündigungsschutz
V. Bezugnahmeklauseln  Abschlussnormen
VI. Differenzierungsklauseln  bspw. Form von ArbV, Abschlussverbote,
Abschlussgebote
 Betriebsnormen, § 3 II Alt. 1 TVG
 gelten für alle AN im Betrieb P negative
Koalitionsfreiheit; bspw. Torkontrolle,
Rauchverbote
 Betriebsverfassungsnormen, § 3 II Alt. 2
TVG
 Organisation der Betriebsverfassung,
Rechte des Betriebsrats
 gemeinsame Einrichtungen
 bspw. SOKA-Bau

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Einführung in das Arbeitsrecht

Tarifgeltung
I. Koalitionsfreiheit  normative Tarifgeltung, § 4 I 1 TVG
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 unmittelbar
IV. Tarifgeltung  zwingend
V. Bezugnahmeklauseln
 wie ein Gesetz
VI. Differenzierungsklauseln
 grds. beiderseitige Tarifbindung, d.h.
AG muss im tarifschließenden AGV sein
(oder Firmen-TV), AN Mitglied der
tarifschließenden Gewerkschaft
 anders für Betriebsnormen,
betriebsverfassungsrechtliche Normen
und teils für gemeinsame Einrichtungen,
§ 3 II TVG
 sog. originäre Tarifbindung

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Einführung in das Arbeitsrecht

1.11.
1.1. TV 1, Laufzeit bis: 31.12.
Neuer Tarifvertrag (TV2)

Verbandsaustritt des
Arbeitgebers

Originäre Fortgeltung TV1, Nachwirkung TV1


Tarifgeltung TV1 § 3 III TVG § 4 V TVG analog
normative Wirkung normative Wirkung Statisch und schuldrechtlich

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Einführung in das Arbeitsrecht

TV läuft
aus
Tarifvertrag, Laufzeit bis: Nachwirkung § 4 V TVG
Normative Tarifgeltung § 3 IV TVG Schuldrechtliche
Geltung, statisch
Ende:
1. neuer, im Arbeitsverhältnis
kraft beiderseitiger
Tarifbindung normativ
geltender Tarifvertrag (egal,
ob günstiger oder nicht als
der alte TV)
2. Einvernehmliche
Verabredung anderer
Arbeitsbedingungen
möglich
3. Einseitige
Änderungskündigung durch
den Arbeitgeber möglich
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Einführung in das Arbeitsrecht

Übungsfall zur Tarifgeltung


Arbeitgeber G ist seit 1979 Mitglied im Arbeitgeberverband der Metall-
und Elektroindustrie Bayern (AGV-ME). Diese schließt mit der IG
Metall zum 1.1.2014 einen bis zum 31.12.2015 befristeten
Lohntarifvertrag (TV 2014/15) der für Arbeitnehmer der Lohngruppe 7
einen Stundenlohn in Höhe von 11 € vorsieht. Im Dezember 2015
schließt die IG Metall mit dem AGV-ME mit Wirkung zum 1.1.2016
einen neuen Lohntarifvertrag (TV 2016), der einen Stundenlohn in
Höhe von 12 € vorgibt.
G verwendet in seinen Arbeitsverträgen eine allgemein gehaltene
Bestimmung, wonach der Stundenlohn 9,50 € beträgt.

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Einführung in das Arbeitsrecht

Übungsfall zur Tarifgeltung


Welche Lohnansprüche hat Arbeitnehmer A (Lohngruppe 7) gegen G
unter folgenden Voraussetzungen:

1. A ist kein Gewerkschaftsmitglied. Gehaltsansprüche im Januar


2015 und 2016?

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 1 – Ansprüche für Januar 2015 bzw. Januar 2016


A. Anspruch des A auf Zahlung von 11 € bzw. 12 € Tariflohn aus
§§ 611a II BGB, 3 I, 4 I 1 TVG

Geltung des TV 2014/15 bzw. 2016


 Tarifgebundenheit des G (+)
 Tarifgebundenheit des A (-)
 Anspruch auf Tariflohn (-)

B. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus § 611a


II BGB iVm dem Arbeitsvertrag
 Anspruch (+)
Dagegen kein schuldrechtlicher Einbezug des TV, weil keine
Verweisungsabrede in den Vertrag aufgenommen wurde.
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Einführung in das Arbeitsrecht

Übungsfall zur Tarifgeltung


Welche Lohnansprüche hat Arbeitnehmer A (Lohngruppe 7) gegen G
unter folgenden Voraussetzungen:

2. A tritt am 1.7.2015 der IGM bei. Gehaltsansprüche im Juni 2015,


Juli 2015 und Januar 2016?

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 2 – Ansprüche für Juni 2015


A. Anspruch des A auf Zahlung von 11 € Tariflohn aus §§ 611a II
BGB, 3 I, 4 I 1 TVG
Geltung des TV 2014/15
 Tarifgebundenheit des G (+)
 Tarifgebundenheit des A (-)
 Anspruch auf Tariflohn (-)

B. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus


§ 611a II BGB iVm dem Arbeitsvertrag

 Anspruch (+)

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 2 – Ansprüche für Juli 2015


A. Anspruch des A auf Zahlung von 11 € Tariflohn aus §§ 611a II
BGB, 3 I, 4 I 1 TVG
Geltung des TV 2014/15
 Tarifgebundenheit des G (+)
 Tarifgebundenheit des A (+)
 Anspruch auf Tariflohn iHv 11 € (+)

B. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus § 611a


II BGB iVm dem Arbeitsvertrag

Dieser Anspruch besteht, indes „Verdrängung“ durch günstigeren TV


2014/15 (vgl. arg. ex. § 4 III TVG)

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 2 – Ansprüche für Januar 2016


A. Anspruch des A auf Zahlung von 12 € Tariflohn aus §§ 611a II
BGB, 3 I, 4 I 1 TVG
Geltung des TV 2016
 beiderseitige Tarifgebundenheit (+)
 zeitlicher Geltungsbereich des TV 2016 (+), dieser verdrängt
den TV 2014/15: lex posterior derogat legi priori
 Anspruch auf Zahlung von 12 € Tariflohn (+)

B. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus


§ 611a I BGB iVm dem Arbeitsvertrag
Dieser Anspruch besteht, indes „Verdrängung“ durch günstigeren
TV 2016 (vgl. arg. ex. § 4 III TVG)

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Einführung in das Arbeitsrecht

Übungsfall zur Tarifgeltung


Welche Lohnansprüche hat Arbeitnehmer A (Lohngruppe 7) gegen G
unter folgenden Voraussetzungen:

3. Gewerkschaftsmitglied A wird zum 15.10.2015 eingestellt. G


kündigt jedoch im Oktober 2015 seine Verbandsmitgliedschaft. Der
Austritt wird zum 1.11.2015 wirksam. Lohnansprüche des A im
Oktober 2015, November 2015 und Januar 2016?

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 3 – Ansprüche für Oktober 2015


A. Anspruch des A auf Zahlung von 11 € Tariflohn aus §§ 611a I
BGB, 3 I, 4 I 1 TVG
Geltung des TV 2014/15
 Tarifgebundenheit des G (+)
 Tarifgebundenheit des A (+)
 Anspruch iHv 11 € (+)

B. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus


§ 611a I BGB iVm dem Arbeitsvertrag

Dieser Anspruch besteht, indes „Verdrängung“ durch günstigeren


TV 2014/15 (vgl. arg. ex. § 4 III TVG)

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 3 – Ansprüche für November 2015


A. Anspruch des A auf Zahlung von 11 € Tariflohn aus §§ 611a II
BGB, 3 I, 4 I 1 TVG
Geltung des TV 2014/15
 Tarifgebundenheit des G, nicht originär, da Verbandsaustritt
(verbandsinterne Angelegenheit) zum 1.11.2015 wirksam
geworden war,
 aber Fortgeltung des TV 2014/15, gem. § 3 III TVG, ab dem
1.11.2015 (+)
 Anspruch iHv 11 € (+)
B. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus
§ 611a II BGB iVm dem Arbeitsvertrag  s. oben, Fortbestehen
der Tarifbindung des G nach § 3 III TVG ist eine vollwertige,
originäre Tarifbindung.

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 3 – Ansprüche für Januar 2016


A. Anspruch des A auf Zahlung von 11 € Tariflohn aus §§ 611a II BGB,
3 I, 4 V TVG
Geltung des TV 2014/15
 Tarifgebundenheit des G (-)
 Tarifgebundenheit des A (+)
 Fortgeltung des TV 2014/15, gem. § 3 III TVG (-), da TV 2014/15
am 31.12.2015 endet.
 Nachwirkung des TV 2014/15, gem. § 4 V TVG (ggf. analog, str.)
(+), bis eine andere Abmachung diesen ersetzt. Die
individualvertragl. Lohnabrede ist keine andere Abmachung iSd. § 4
V TVG, da sie zuvor und ohne Bezug zum Auslaufen des TV
abgeschlossen wurde.
 Anspruch iHv 11 € (+)

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 3 – Ansprüche für Januar 2016


B. Anspruch des A auf Zahlung von 12 € Tariflohn aus §§ 611a II BGB,
3 I, 4 I 1 TVG
Geltung des TV 2016
beiderseitige Tarifgebundenheit (-), da G zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des TV 2016 aus dem AGV ausgetreten war.
Ergebnis: Anspruch auf Zahlung von 12 € Tariflohn (-)

C. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus § 611a II


BGB iVm dem Arbeitsvertrag
 Nachwirkung aus § 4 V TVG vorrangig
 Die 9,50 €-Abrede stellt auch keine andere Abmachung iSd § 4 V
TVG nach Auslaufen des TV 2014/15 am 31.12.2015 dar.

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Einführung in das Arbeitsrecht

Übungsfall zur Tarifgeltung


Welche Lohnansprüche hat Arbeitnehmer A (Lohngruppe 7) gegen G
unter folgenden Voraussetzungen:

4. Wie Variante 3. Gewerkschaftsmitglied A wird aber erst zum


31.1.2016 eingestellt. Lohnanspruch im Februar 2016?

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 4 – Ansprüche für Februar 2016


A. Anspruch des A auf Zahlung von 11 € Tariflohn aus §§ 611a II BGB, 3 I, 4 V
TVG
Geltung des TV 2014/15
 Tarifgebundenheit des A (+)
 Tarifgebundenheit des G (-)
 Fortgeltung des TV 2014/15, gem. § 3 III TVG (-), da TV 2014/15 am
31.12.2015 endet.
 Nachwirkung des TV 2014/15, gem. § 4 V TVG (ggf. analog, str.) (+), bis
eine andere Abmachung diesen ersetzt.

aber: Das Arbeitsverhältnis besteht erst seit dem 31.1.2016, also erst nach
Tarifende. BAG v. 02.03.2004 - 1 AZR 271/03 - NZA 2004, 852. 
Nachwirkung des TV 2014/15 für A (-), Anspruch iHv. 11€ (-)

Beachte: Anderes gilt, wenn der AN im Fortgeltungszeitraum eintritt.

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Einführung in das Arbeitsrecht

Frage 4 – Ansprüche für Februar 2016


B. Anspruch des A auf Zahlung von 12 € Tariflohn aus §§ 611a II BGB,
3 I, 4 I 1 TVG
Geltung des TV 2016
 beiderseitige Tarifgebundenheit (-), da G zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des TV 2016 aus dem AGV ausgetreten war.
 Ergebnis: Anspruch auf Zahlung von 12 € Tariflohn (-)

C. Anspruch des A auf Zahlung von 9,50 € Arbeitsentgelt aus § 611 I


BGB iVm dem Arbeitsvertrag

 Anspruch besteht (+)

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Einführung in das Arbeitsrecht

Bezugnahmeklauseln
I. Koalitionsfreiheit  rein schuldrechtliche Geltung des
II. Tariffähigkeit
Tarifvertrags im ArbV
III. Tarifvertrag
IV. Tarifgeltung  Verweisung im ArbV auf den TV
V. Bezugnahmeklauseln  Gleichstellung organisierter und nicht-
VI. Differenzierungsklauseln organisierter AN

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Einführung in das Arbeitsrecht

Bezugnahmeklauseln
I. Koalitionsfreiheit  statische Bezugnahmeklausel
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
IV. Tarifgeltung „Auf das ArbV findet der zwischen der A-
V. Bezugnahmeklauseln Gewerkschaft und dem B-AGV
VI. Differenzierungsklauseln abgeschlossene TV Lohn für die
Metallbranche vom 1.1.2016 Anwendung“

 einzig der bestimmte TV findet


Anwendung
 Ablösungen durch nachfolgende TV
haben keine Bedeutung

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Einführung in das Arbeitsrecht

Bezugnahmeklauseln
I. Koalitionsfreiheit  kleine dynamische
II. Tariffähigkeit
Bezugnahmeklausel
III. Tarifvertrag
IV. Tarifgeltung
V. Bezugnahmeklauseln „Auf das ArbV finden die zwischen der A-
VI. Differenzierungsklauseln Gewerkschaft und dem B-AGV
abgeschlossenen Lohn-TV für die
Metallbranche in ihrer jeweils gültigen
Fassung Anwendung“

 die ArbV vollziehen Tarifänderungen der


jeweiligen Tarifpartner in der jeweiligen
Branche nach

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Einführung in das Arbeitsrecht

Bezugnahmeklauseln
I. Koalitionsfreiheit  große dynamische
II. Tariffähigkeit
Bezugnahmeklausel
III. Tarifvertrag
IV. Tarifgeltung
V. Bezugnahmeklauseln „Auf das ArbV finden die im Betrieb
VI. Differenzierungsklauseln anwendbaren TV Anwendung.“

 nur sinnvoll, sofern im Betrieb überhaupt


ein TV normativ gilt
 Vorteil: bei Branchenwechsel
automatische Anpassung

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Einführung in das Arbeitsrecht

Differenzierungsklauseln
I. Koalitionsfreiheit P Vorzugsbehandlung von
II. Tariffähigkeit Gewerkschaftsmitgliedern
III. Tarifvertrag
(„Trittbrettfahrerproblematik“)
IV. Tarifgeltung
V. Bezugnahmeklauseln  Einfache Differenzierungsklausel
VI. Differenzierungsklauseln  Gewerkschaftsmitgliedschaft ist TB-
Merkmal, über das auch eine
Bezugnahmeklausel nicht hinweg helfen
kann
 zulässig: diese gehen strukturell nicht
weiter, als die tarifvertragliche Wirkung
der §§ 3 f. TVG
 Kein Verstoß gegen den
arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz

 P AG steht frei, auch Außenseitern die


Leistung zu gewähren

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Einführung in das Arbeitsrecht

Differenzierungsklauseln
I. Koalitionsfreiheit  Einfache Differenzierungsklausel
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag Kern des arbeitsvertraglichen
IV. Tarifgeltung Austauschverhältnisses darf hingegen nicht
berührt werden, da anderenfalls auf Außenseiter
V. Bezugnahmeklauseln ein zu hoher Beitrittsdruck ausgeübt würde
VI. Differenzierungsklauseln
In Ordnung gehen aber:
 „Erholungsbeihilfen“ in Höhe zwischen 250
und 800 €
 Erhöhung des auf 70% gekürzten Gehalts
um 10 Prozentpunkte bei Fortbeschäftigung
in einer Qualifizierungsgesellschaft
 Aufstockung von Abfindungen um ca. 10 %

 Grenze überschritten, wenn ein TV


Sonderkündigungsrechte allein
Gewerkschaftsmitgliedern gewährt (verdeckte
qualifizierte Differenzierungsklausel)
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Einführung in das Arbeitsrecht

Differenzierungsklauseln
I. Koalitionsfreiheit  Qualifizierte Differenzierungsklausel
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 AG soll die Leistung Außenseitern
IV. Tarifgeltung gerade nicht gewähren dürfen
V. Bezugnahmeklauseln  P rechtstechnisch als direktes
VI. Differenzierungsklauseln Auszahlungsverbot nicht umsetzbar

 Spannensicherungsklausel
Bsp: „Gewährt der AG einem
Außenseiter eine Sonderzahlung, erhöht
sich die Sonderzahlung an das
Gewerkschaftsmitglieds um diesen
Betrag“

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Einführung in das Arbeitsrecht

Differenzierungsklauseln
I. Koalitionsfreiheit  Spannensicherungsklausel
II. Tariffähigkeit
III. Tarifvertrag
 gänzlich unwirksam
IV. Tarifgeltung  Vertragsfreiheit des AG darf
V. Bezugnahmeklauseln gegenüber Außenseitern nicht derart
VI. Differenzierungsklauseln stark beschränkt werden
 Teilbare Spannensicherungsklauseln
bleiben nach der BAG-Rspr wohl
wirksam
 Das ist allerdings problematisch.
Vorzugswürdig ist, eine unzulässige
Differenzierungsklausel insgesamt
entfallen zu lassen

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