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Höhere mathematische Methoden

Version: 2021.1

Prof. Dr. Dr.-Ing. habil. Florian Zaussinger

Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften


Fachgruppe Mathematik

basierend auf den Unterlagen von Prof. Cordula Bernert


2
Inhaltsverzeichnis

1 Di↵erentiation von Funktionen mehrerer unabhängiger Variablen 9


1.1 Funktionen mehrerer unabhängiger Variabler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.1.1 Skalare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.1.2 Geometrische Veranschaulichung skalarer Funktionen . . . . . . . . . . . 10
1.1.3 Grenzwerte und Stetigkeit skalarer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.1.4 Vektorfunktionen/Vektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.2 Partielle Ableitungen von skalaren Funktionen und das totale Di↵erential . . . . 16
1.2.1 Partielle Ableitungen 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.2.2 Partielle Ableitungen höherer Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.2.3 Di↵erentiation mittelbarer und implizit definierter Funktionen . . . . . . 19
1.2.4 Das totale Di↵erential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.3 Gradient und Richtungsableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.4 Extremwertaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2 Mehrfachintegrale 37
2.1 Integrale über ebene Bereiche - (Ober-)Flächenintegrale . . . . . . . . . . . . . . 38
2.1.1 Berechnung von Flächenintegralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.1.2 Anwendungen der Flächenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2.2 Raum- bzw. Volumenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.2.1 Berechnung der Raumintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.2.2 Anwendungen der Raumintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
2.3 Transformation mehrdimensionaler Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
2.3.1 Transformation von Integralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
2.3.2 Beispiele für krummlinige Koordinatensysteme . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.3.3 Anwendung der Zylinderkoordinaten für bezüglich der z Achse rotati-
onssymmetrische Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

3 Kurvenintegrale 69
3.1 Kurven in der Ebene und im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3.2 Kurvenintegrale 1. Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
3.3 Kurvenintegrale 2. Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
3.4 Anwendungen der Kurvenintegrale 1. und 2. Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
3.5 Der Zusammenhang zwischen Kurvenintegralen 1. und 2. Art . . . . . . . . . . . 86

3
INHALTSVERZEICHNIS 4

4 Oberflächenintegrale 89
4.1 Oberflächenintegrale 1. Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
4.2 Oberflächenintegrale 2. Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
4.3 Zusammenfassung zu den Integraltypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

5 Grundlagen der Vektoranalysis 97


5.1 Grundbegri↵e und Rechenregeln für Di↵erentialoperatoren . . . . . . . . . . . . 97
5.2 Integralsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
5.2.1 Der Satz von Gauß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
5.2.2 Der Satz von Stokes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
5.2.3 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

6 Partielle Di↵erentialgleichungen 109


6.1 Definitionen und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
6.2 Partielle Di↵erentialgleichungen 2. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
6.2.1 Klassifizierung partieller Di↵erentialgleichungen 2. Ordnung . . . . . . . 114
6.2.2 Elliptische Di↵erentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
6.2.3 Parabolische Di↵erentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
6.2.4 Hyperbolische Di↵erentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
6.3 Lösungsmethoden im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
6.4 Modellierung partieller Di↵erentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6.4.1 Strukturelemente der Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6.4.2 Elastisch verformbare Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
6.4.3 Wärmeleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
6.4.4 Grundgleichungen der Hydrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
6.4.5 Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

7 Diskretisierungskonzepte für Randwertaufgaben 149


7.1 Grundprobleme bei der Diskretisierung von analytisch gegebenen Aufgaben . . . 149
7.2 Demonstrationsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
7.2.1 Klassische Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
7.2.2 Grundbegri↵e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
7.2.3 Verallgemeinerte Formulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
7.3 Das Ritzsche Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
7.4 Projektionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

7.4.1 Beispielaufgabe vom Typ (D4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158


7.5 Finite-Element-Methode (FEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
7.5.1 Das Prinzip der FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
7.5.2 FEM-Diskretisierung für die Demonstrationsaufgabe D1, D2 mit homo-
genen RW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
7.5.3 Technische Herangehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
7.5.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
7.6 FEM für partielle Di↵erentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
7.6.1 Zerlegung des mehrdimensionalen Gebietes G in finite Elemente . . . . . 174
INHALTSVERZEICHNIS 5

7.6.2 Beispiel für eine ebene Dreieckszerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176


7.6.3 Ansatz- und Formfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
7.6.4 Aufstellen und Lösen des linearen Gleichungssystems Ah yh = fh . . . . . 187
7.6.5 Beispiel für den mathematischen Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
7.6.6 Verbindung zum technischen Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
7.6.7 Beispiel für den technischen Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
INHALTSVERZEICHNIS 6

Erklärung der Symbole


Das ist eine Tipbox. Hier erfährst du interessante oder nützliche Fakten zum The-
� ma. Manchmal sind die Tipboxen auch ein wenig o↵-topic, aber immer zum Thema
passend.

Hinter diesem Zeichen verbirgt sich oft ein PINGO. Damit kannst du dein Wissen
online testen und mit den anderen vergleichen. Klicke einfach auf das Smartphone-
Icon links der Box oder ö↵ne den Link https://pingo.coactum.de/270136 am
Smartphone. Ein PINGO ist eine kurze Frage zum Thema und dauert max. eine
Minute. Das Reden während des PINGOs ist ausdrücklich erlaubt.

Abschnitte mit diesem Logo beinhalten Code für Matlab. Diese Software ist für alle
Studierenden der HS Mittweida verfügbar und kann auf allen gängigen Betriebs-
systemen installiert werden. Alternativ kann auch Ocatve benutzt werden. Die
Grafiken in diesem Skript sind meist nicht aus Matlab importiert. Daher weichen
die Plots auch in Form und Farbe vom Code ab.

Abbildung 1: QR mit URL für die PINGOs in diesem Skript.


Literaturverzeichnis

[1] MINÖL: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, BG Teubner Verlagsgesell-


schaft Band 4,5, Ü2

[2] STINGL: Mathematik für Fachhochschulen, Carl-Hanser-Verlag

[3] Papula: Mathematik für Ingenieure Band 3, Vieweg-Verlag

[4] Lehr- und Übungsbuch Mathematik Teile 2 und 5, Fachbuchverlag Leipzig

[5] Schwarz: Methode der finiten Elemente, B.G. Teubner, Stuttgart 1991

7
LITERATURVERZEICHNIS 8
Kapitel 1

Di↵erentiation von Funktionen


mehrerer unabhängiger Variablen

1.1 Funktionen mehrerer unabhängiger Variabler


1.1.1 Skalare Funktionen
Aus dem 1. Semester ist der Vektorraum Rn bekannt: Es ist die Menge der geordneten n-
Tupel x= (x1 , x2 , ..., xn )T reeller Zahlen. Jedem geordneten n-Tupel entspricht ein Punkt des
T
n-dimensionalen Raumes p mit den Koordinaten (x1 , x2 , ..., xn ) . Bekannt ist weiterhin die Eu-
klidische Norm k~xk = x21 + x22 + .... + x2n als Abstand des Punktes ~x vom Ursprung. Diese
Norm entspricht der Zuordnung einer reellen Zahl zu dem Punkt ~x 2 Rn .

Definition 1.1 Es sei die Definitionsmenge Df eine Teilmenge des Rn : Df ✓ Rn . Wenn durch
eine Vorschrift jedem Punkt ~x = (x1 , x2 , ..., xn )T 2 Df genau eine reelle Zahl y 2 Wf ✓ R der
Wertemenge zugeordnet wird, so ist durch die Vorschrift auf Df eine reelle Funktion von n
unabhängigen Veränderlichen x1 , x2 , ..., xn mit dem Wertebereich Wf erklärt.

explizite Form: y = f (x1 , x2 , ...xn ) = f (~x) = f (P )


implizite Form: F (x1 , x2 , ...xn , y) = F (~x, y) = 0
p
Beispiel 1.1 f (~x) = k~xk = x21 + x22 + .... + x2n

Q
Beispiel 1.2 (x, y, z) = p : elektrostatisches Potential, das im Punkt P =
4⇡"0 x2 + y 2 + z 2
(x, y, z)T durch die Punktladung Q im Ursprung erzeugt wird.

>> [ X,Y] = meshgrid ( − 2 : . 0 2 : 2 ) ;


>> Z = 1 . / s q r t (X. ˆ 2 + Y. ˆ 2 ) ;
>> s u r f (X, Y, Z )
>> s h a d i n g i n t e r p

9
1.1. FUNKTIONEN MEHRERER UNABHÄNGIGER VARIABLER 10

Beispiel 1.3 T (x, y, z, t) : Temperatur im Punkt (x, y, z)T des Zimmers zur Zeit t

Beispiel 1.4 p(x, y, z) : Luftdruck im Punkt (x, y, z)T eines Geländestückes

Reelle Funktionen von n unabhängigen Veränderlichen werden auch skalare Felder genannt (in
der Technik manchmal unzulässig verallgemeinernd Potentiale).

1.1.2 Geometrische Veranschaulichung skalarer Funktionen


1. Wir betrachten Punkte P 2 Df | f (P ) = c = const.. Die Menge dieser Punkte heißt
Niveaufläche, wenn Df ✓ R3 bzw. Niveaulinie, wenn Df ✓ R2 , auch Äquipotentialfläche
bzw. Äquipotentiallinie.

Mehrdimensionale skalare Funktionen lassen gut mit sogenannten ’functi-


on plotter’ visualisieren. Im Internet finden sich viele entsprechende Seiten.
Alternativ kann man Octave, Matlab oder andere Softwarepakete benutzen.

Beispiel 1.5 Isobaren auf der Wetterkarte sind Linien, die Orte gleichen Luftdruckes
verbinden. Eigentlich handelt es sich dabei um Niveaulinie. In der Projektion (Wetterkar-
te) sind es aber Äquipotentiallinien.

Beispiel 1.6 z = x2 + y 2

>> [ X,Y] = meshgrid ( − 2 : . 0 2 : 2 ) ;


>> Z = X. ˆ 2 + Y. ˆ 2 ;
>> s u r f (X, Y, Z )

200 200

100 100
z

10 10
0 0
10 0 10 0
5 0 5 0
5 y 5 y
10 10 10 10
x x

(links) Oberfläche der Funktion z = x2 +y 2 . (rechts) Die Niveaulinien sind als Äquipotentiallinien
als Projektion auf die x-y Ebene dargestellt. Es sind Kreise mit dem Radius c.
1.1. FUNKTIONEN MEHRERER UNABHÄNGIGER VARIABLER 11

Beispiel 1.7 w = x2 + y 2 + z 2
Niveauflächen: w = x2 + y 2 + z 2 = c2 = const.
Die Niveauflächen sind folglich die Oberflächen der Kugeln mit dem Radius c.

Q
Beispiel 1.8 = p
4⇡"0 x2 + y 2 + z 2
K
Niveauflächen: =p = c = const.
x 2 + y2 + z2
p
=) c = x2 + y 2 + z 2
e
=) c2 = x2 + y 2 + z 2
e
Die Niveauflächen sind ebenfalls Kugeloberflächen mit dem Radius e
c.

>> [ X,Y] = meshgrid ( − 2 : . 0 2 : 2 ) ;


>> Z = 1 . / s q r t (X. ˆ 2 + Y. ˆ 2 ) ;
>> c o n t o u r (X, Y, Z )

2. Wir betrachten Schnittflächen der Art: xi = c = const.

Beispiel 1.9 z = x2 + y 2
Sei x = 0 = const. =) z = y 2 : Parabel über der y-Achse;
Sei y = 0 = const. =) z = x2 : Parabel über der x-Achse;

3. Speziell bei Funktionen mit nur zwei unabhängigen Veränderlichen kann eine Darstellung
im R3 erfolgen.

Beispiel 1.10 Achsenabschnittsform der Ebenengleichung:


ax + eby + e
e cz = d =) x
a
+ yb + zc = 1

>> [ X,Y] = meshgrid ( − 2 : . 0 2 : 2 ) ;


>> Z = 1− X − Y;
>> s u r f (X,Y)
1.1. FUNKTIONEN MEHRERER UNABHÄNGIGER VARIABLER 12

Beispiel 1.11 Implizite Funktion: x2 + y 2 + z 2 = 1 (Einheitssphäre)

p p
obere Halbkugel z = 1 x2 y 2 (links) und untere Halbkugel z = 1 x2 y2
(rechts).

>> [ X,Y] = meshgrid ( − 1 : . 0 1 : 1 ) ;


>> Z = −s q r t (1− 0 . 5 *X. ˆ 2 − 0 . 5 *Y. ˆ 2 ) ;
>> s u r f ( Z )
1.1. FUNKTIONEN MEHRERER UNABHÄNGIGER VARIABLER 13

Df = {(x, y)T | x2 + y 2  1} : Fläche des Einheitskreises im R2

Der Wertebereich ergibt sich aus dem Radius. Wf = [ 1; 1] :

1
Beispiel 1.12 f (x, y) = sin(x + y) (links) und f (x, y) = (rechts)
x2 + y2

>> [ X,Y] = meshgrid ( − 1 : . 0 1 : 1 ) ;


>> Z=s i n (4 *X+4*Y) ;
>> s u r f ( Z )
>> Z=1./(X.ˆ2+Y. ˆ 2 ) ;
>> s u r f ( Z )

Beispiel 1.13 f (x, y) = sin(x2 + y 2 )


1.1. FUNKTIONEN MEHRERER UNABHÄNGIGER VARIABLER 14

>> [ X,Y] = meshgrid ( − 1 : . 0 1 : 1 ) ;


>> Z=s i n (8 *X.ˆ2+8 *Y. ˆ 2 ) ;
>> s u r f ( Z )

1.1.3 Grenzwerte und Stetigkeit skalarer Funktionen


Definition 1.2 (Grenzwert einer zweidimensionalen Funktion) Die Funktion f (x, y) sei
mindestens in einer Umgebung UP0 des Punktes P0 = (x0 , y0 )T 2 Df ✓ R2 mit Ausnahme von
P0 definiert. Dann hat f in P0 den Grenzwertp↵, wenn es zu jedem " > 0 ein > 0 gibt, so
dass für alle P = (x, y)T 2 Df mit d(P, P0 ) = (x x0 )2 + (y y0 )2 < gilt |f (x, y) ↵| < ".
Schreibweise: lim f (x, y) = ↵ oder lim f (x, y) = ↵
(x,y)!(x0 ,y0 ) P !P0

Speziell gilt
lim lim f (x, y) = lim lim f (x, y)
x!x0 y!y0 y!y0 x!x0

genau dann wenn, a) die ’inneren’ Grenzwerte existieren und b) mindestens einer der Grenzwerte
gleichmäßig bezüglich der festgehaltenen Variablen ist.
Definition 1.3 (Grenzwert einer mehrdimensionalen Funktion) Die Funktion f (~x) =
f (x1 , x2 , ..., xn ) sei mindestens in einer Umgebung U (~x0 ) des Punktes ~x0 = (x01 , x02 , ..., x0n )T 2
Df ✓ Rn mit Ausnahme von
P 0 = ~x0 definiert. Dann hat f in ~x0 den Grenzwert ↵, wenn es zu jedem " > 0 ein > 0 gibt,
so dass für alle p P = (x1 , x2 , ..., xn )T 2 Df
mit d(P, P 0 ) = (x1 x01 )2 + ... + (xn x0n )2 < gilt |f (~x) ↵| < ".
Schreibweise: lim0 f (~x) = ↵ oder lim 0 f (~x) = ↵
x!~
~ x P !P

Definition 1.4 Die Funktion f (~x) heißt im Punkt P 0 = ~x0 stetig, wenn
a) P 0 2 Df und
b) lim0 f (~x) = f (~x0 ) gilt.
x!~
~ x
1.1. FUNKTIONEN MEHRERER UNABHÄNGIGER VARIABLER 15

Hinweis zu den Übungen: Verwende die Regel von de l’Hospital indem du eine
� Variable fest hältst. Oft kann man den Grenzwert auch dadurch bestimmen, indem
man einfach die Werte einsetzt. Klassisch findet man natürlich den Grenzwert,
wenn man eine konvergente Folge einsetzt. Wenn das nicht klappt, empfehle ich
die Funktion zu visualisieren.

1.1.4 Vektorfunktionen/Vektorfelder
Bisher galt: Df ✓ Rn , Wf ✓ R.
Bei Vektorfunktionen bzw. Vektorfeldern ist dagegen Wf ✓ Rm , m > 1. Vektorfunktionen sind
also eindeutige Abbildungen vom Rn in den Rm :
0 1
f1 (P )
B f2 (P ) C
B C
f~(P ) = B .. C.
@ . A
fm (P )
Weitere Schreibweisen sind ’fett’ f (P) wie es häufig in englischer Literatur zu finden ist. Oft
findet man Vektorfelder auch großgeschrieben, F . Skalare Felder hingegen klein geschrieben,
f .)

Ein Vektorfeld ist oft schwierig darzustellen. Am einfachsten geht es, wenn man
� an regelmäßigen Abständen den lokalen Vektor mit einem Pfeil darstellt. Dazu
ist es hilfreich die Funktionen per Software zu visualisieren. Oft beschreibt ein
Vektorfeld eine Strömung. Zum Beispiel auf eine Wetterkarte zeigen die Pfeile an,
wie stark, und in welcher Richtung der Wind weht.

Beispiele für Vektorfelder: Geschwindigkeitsfeld, Beschleunigungsfeld, elektrisches Feld, ma-


gnetisches Feld, diverse Kräfte, ...
Beispiel 1.14 Coulomb-Kraft auf die Punktladung Q, die im Punkt P = (x, y, z)T angebracht
worden ist, wenn Q1 im Punkt P1 = (x1 , y1 , z1 )T sitzt:
Q1 Q
F~ (P ) = ~r
4⇡"d2
0 1
x x1
~r = @ y y1 A
z z1
p
d = (x x1 )2 + (y y1 )2 + (z z1 )2
Beispiel 1.15 Strömungsfeld: Ein einfacher Wirbel kann durch das Vektorfeld F~ = ( y, x)
dargestellt werden.

>> [ x , y ] = meshgrid ( −10:10 , −10:10) ;


>> q u i v e r ( x , y,−y , x ) ;
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 16

Definition 1.5 Eine Vektorfunktion F~ (P ) ist genau dann stetig, wenn f1 (P ), f2 (P ), .., fm (P )
stetig sind.

In diesem PINGO testen wir, dein Wissen bezüglich Felder. Es stehen jeweils
Skalarfelder, Vektorfelder, Tensorfelder oder kein Feld zur Auswahl.

1.2 Partielle Ableitungen von skalaren Funktionen und


das totale Di↵erential
1.2.1 Partielle Ableitungen 1. Ordnung

Für festes x0 bzw. y0 sind die Funktionen g(x) = f (x, y0 ) und h(y) = f (x0 , y) von einer
Veränderlichen abhängig und können in der bekannten Weise di↵erenziert werden:
@f (x, y0 ) dg(x) g(x0 + 4x) g(x0 ) f (x0 + 4x, y0 ) f (x0 , y0 )
= = lim = lim
@x x=x0 dx 4x!0 4x 4x!0 4x
@f (x0 , y) dh(y) h(y0 + 4y) h(y0 ) f (x0 , y0 + 4y) f (x0 , y0 )
= = lim = lim .
@y y=y0 dy 4y!0 4y 4y!0 4y
Diese beiden Grenzwerte charakterisieren das Anstiegsverhalten der Funktion f (x, y) im Punkt
P0 = (x0 , y0 )T in x- bzw. y-Richtung. Sie heißen partielle Ableitungen nach x bzw. y. Ist
f (x, y) di↵erenzierbar für alle (x, y) 2 M ✓ R2 , so sind die partiellen Ableitungen selbst
wieder Funktionen von x und y. Partielle Ableitungen lassen sich analog bei Funktionen mit n
Veränderlichen definieren.
Definition 1.6 f (~x) = f (x1 , x2 , ..., xn ) sei in U (~x0 ) definiert. Bei festgehaltenen x0i , i =
1, 2, .., n; i 6= k sei (xk ) = f (x01 , x02 , ..x0k 1 , xk , x0k+1 , ..., x0n ) bei xk = x0k di↵erenzierbar. Dann
heißt
0 0 (x0k + 4xk ) (x0k )
(xk ) = lim
4xk !0 4xk
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 17

partielle Ableitung 1. Ordnung von f (~x) nach xk an der Stelle ~x0 .


@f (~x)
Bezeichnung: oder fxk (~x0 ) oder @xk (~x0 )
@xk ~x=~x0

Die Ableitungsregeln sind entsprechend der Definition analog zu den Regeln bei der Ableitung
von Funktionen einer Veränderlichen.
Es sei u = u(x, y); v = v(x, y); f = f (t). Dann gilt:

@(u ± v) @u @v
= ± (Addition/Subtraktion)
@x @x @x
@(u · v) @u @v
= v+u (Produktregel)
@x @x @x
@(a · u) @u
= a (Produktregel mit a=const.)
⇣@x
u⌘
@x
ux v uvx
= (Quotientenregel)
v x v2
@f (u(x, y)) df @u
= · (Kettenregel).
@x du @x
Beispiel 1.16 z = f (x, y) = ax + by + c; a, b, c 2 R
zx = a; zy = b

Beispiel 1.17 z = f (x, y) = 3x2 y 4


zx = 6xy 4 zy = 12x2 y 3

Q
Beispiel 1.18 (x, y, z) = (x2 + y 2 + z 2 ) 0.5
4⇡"0
Q 1 2
z = (x + y 2 + z 2 ) 1.5 (2z)
4⇡"0 2
Qz 2
= (x + y 2 + z 2 ) 1.5
4⇡"0

Beispiel 1.19 w(x, y, z) = x2 + 2x2 yz 2 + sin z 2


wx = 2x + 4xyz 2 ; wy = 2x2 z 2 ; wz = 4x2 yz + 2z cos z 2

1.2.2 Partielle Ableitungen höherer Ordnung


@f
Es sei f (~x) = f (x1 , x2 , ...xn ), ~x 2 G ✓ Rn . Existiert @x k
im gesamten Gebiet G, so ist diese
Funktion wieder von den n Veränderlichen abhängig und möglicherweise di↵erenzierbar:
✓ ◆
@ @f @ 2f
= .
@xl @xk @xk @xl
Diese Ableitung heißt partielle Ableitung 2. Ordnung. Analog werden partielle Ableitungen
beliebiger, endlicher Ordnung definiert.
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 18

Beispiel 1.20 f = f (x, y); n=2


@ @f @2f @ @f @2f
( )
@x @x
= @x2
= fxx ( )
@y @x
= @x@y
= fxy

@ @f @2f @ @f @2f
( )
@x @y
= @y@x
= fyx ( )
@y @y
= @y 2
= fyy

Für gemischte partielle Ableitungen 2. Ordnung gilt der Satz von SCHWARZ (1843 - 1921):

Satz 1.1 Satz von SCHWARZ:


Es sei f = f (x, y). fxy und fyx seien stetig in der o↵enen Menge G ✓ R2 . Dann gilt

fxy (x, y) = fyx (x, y).

Bemerkung 1.1 Dieser Satz gilt analog auch für n > 2.

Bemerkung 1.2 Dieser Satz gilt analog auch für gemischte partielle Ableitungen höherer Ord-
nung.

Beispiel 1.21 z = z(x, y) = xy

zx = yxy 1
zy = xy ln x

zxy = xy 1 + yxy 1 ln x zyx = yxy 1 ln x + xy x1


zxy = xy 1 (1 + y ln x) zyx = xy 1 (y ln x + 1)

Q
Beispiel 1.22 (x, y, z) = (x2 + y 2 + z 2 ) 0.5
4⇡"0

Q 1 2
x = (x + y 2 + z 2 ) 1.5 (2x)
4⇡"0 2
Q
= (x2 + y 2 + z 2 ) 1.5 · x
4⇡"0

Q 3
xx = ( )(x2 + y 2 + z 2 ) 2.5 2x · x + (x2 + y 2 + z 2 ) 1.5
·1
4⇡"0 2

Q 2 2 2 1.5 3x2
= (x + y + z ) 1
4⇡"0 x2 + y 2 + z 2

Viele physikalische Modellierungen basieren auf sogenannten partiellen Di↵erenti-


� algleichungen, die ihresgleichen auf partiellen Ableitungen basieren. Wir werden im
Laufe des Semesters einige partielle Di↵erentialgleichungen und deren Bedeutung
kennen lernen.

Vielleicht kennst du schon partielle Di↵erentialgleichungen aus anderen Veranstal-


tungen. Welche sind dir noch bekannt?
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 19

1.2.3 Di↵erentiation mittelbarer und implizit definierter Funktio-


nen
Es sei z = f (x, y) eine zweidimensionale mittelbare Funktion und x = x(t), y = y(t) eindi-
mensionale unmittelbare Funktionen. Wir betrachten z = f (x (t) , y (t)) = F (t) und suchen
dF dz
= .
dt dt
Satz 1.2 x = x(t), y = y(t) seien stetig di↵erenzierbar, z sei stetig partiell di↵erenzierbar
nach x und y. Dann gilt
dF dz
=
dt dt
@z dx @z dy
= +
@x dt @y dt

= z x xt + z y yt

Mittelbare Funktionen dienen meist der vereinfachten Darstellung von Gleichun-


� gen. Daher ist es wichtig zu wissen, wie man sie di↵erenziert. Es gibt zwei Wege
der Di↵erentiation, die wir uns im folgenden ansehen werden.

Verallgemeinerungen:

1. Mittelbare nD, unmittelbar 1D: F (t) = F (x1 (t) , x2 (t) , ..., xn (t)) = f (x1 , x2 , ..., xn )

dF @f dx1 @f dx2 @f dxn


y = + + ... +
dt @x1 dt @x2 dt @xn dt

2. Mittelbare 2D, unmittelbar 2D: z = f (x, y), x = x(u, v), y = y(u, v), F (u, v) =
f (x(u, v), y(u, v)); Existieren die stetigen partiellen Ableitungen fx , fy , xu , xv , yu , yv , dann
gilt

z u = f x xu + f y yu
z v = f x xv + f y yv

3. Mittelbare nD, unmittelbar mD: F (t1, t2, ...tm ) = F (x1 (t1 , t2 , ..., tm ) , ...xn (t1 , t2 , ..., tm )) =
f (x1 , x2 , ..., xn );
wegen xi = xi (t1 , t2 , ..., tm ) ; i = 1, 2, ...n

@F @f @x1 @f @x2 @f @xn


= + + ... + k = 1, 2, ..., m
@tk @x1 @tk @x2 @tk @xn @tk

Diese Di↵erentiationsvorschrift wird verallgemeinerte Kettenregel genannt.


1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 20

Beispiel 1.23 z = f (x, y) = ln(x2 + y 2 ); x = t3 ; y = et ;


Nach Einsetzen der Variablen ergibt sich einerseits:
y F (t) = ln(t6 + e2t )
dF 6t5 + 2e2t
y = 6
dt t + e2t
Andererseits gilt entsprechend dem obigen Satz:
dF
= z x xt + z y yt
dt
2x 2y
= 2 2
3t2 + 2 et
x +y x + y2
6t5 + 2e2t
= .
t6 + e2t
Beispiel 1.24 z = f (x, y) = ex sin y; x = u · v; y = (u + v)
y F (u, v) = euv sin(u + v)
@z @z @x @z @y
= +
@u @x @u @y @u

= (ex sin y) · v + (ex cos y) · 1


= euv (v sin(u + v) + cos(u + v))

@z @z @x @z @y
= +
@v @x @v @y @v

= (ex sin y) · u + (ex cos y) · 1


= euv (u sin(u + v) + cos(u + v))
Sonderfall: Ableitung implizit gegebener Funktionen:
Gegeben sei eine implizite Gleichung für y = y(x) : f (x, y) = 0. Weiter sei y di↵erenzierbar.
Damit ergibt sich:
f (x, y) = f (x, y(x)) = F (x) = 0
dF @f dx @f dy
= +
dx @x dx @y dx
= fx · 1 + fy · y 0 = 0
Durch Umstellen der letzten Identität nach y 0 folgt:
fx
y0 = .
fy
Die zweite Ableitung ergibt sich analog:
fy2 fxx + 2fx fy fxy fx2 fyy
y 00 = .
fy3
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 21

Satz 1.3 Satz über die implizite Funktion:


f (x, y), fx (x, y), fy (x, y), seien stetig. Es gilt f (x0 , y0 ) = 0 und fy (x0 , y0 ) 6= 0. Dann existiert
genau eine Funktion y = y(x), so dass gilt y(x0 ) = y0 und f (x, y(x)) = 0 für x 2 U (x0 ).
y = y(x) ist für x 2 U (x0 ) stetig di↵erenzierbar, und es gilt
fx
y 0 (x) =
fy x2U (x0 ), y=y(x)

Beispiel 1.25 Die Kreisgleichung x2 + y 2 = 1 kann in die implizite Form


f (x, y) = x2 + y 2 1 = 0 umgeschrieben werden. Damit ergibt sich nach dem obigen Satz:
fx
y0 =
fy
2x
=
2y
✓ ◆
x x
= = p
y ± 1 x2
In diesem Fall ist eine Umstellung der Kreisgleichung nach y und damit eine Probe möglich:
p
y = ± 1 x2
✓ ◆
0 1 2x
y = p
2 ± 1 x2
x
= p
± 1 x2
Beispiel 1.26 Bei der Berechnung von Planetenbahnen tritt die Keplersche Gleichung auf:
x + y e sin y = 0. Dabei bezeichnen y die exzentrische Anomalie, x die mittlere exzentrische
Anomalie und e die Exzentrizität der Bahn. y
f (x, y) = x + y e sin y = 0
1
y0 =
1 e cos y
Die Keplersche Gleichung ist jedoch nicht nach y auflösbar, so dass keine andere Berech-
nungsmöglichkeit für y 0 besteht. Die entstehenden Gleichungen für y 0 enthalten sowohl y als
auch y 0 und sind damit gewöhnliche Di↵erentialgleichungen für y.

Kepler beschrieb erstmals die Planetenbahnen mit einem Kegelschnitt. Um wel-


chen handelt es sich?

1.2.4 Das totale Di↵erential


Satz 1.4 (Wiederholung: Mittelwertsatz) Sei f : [a, b] ! R eine Funktion, die in [a, b]
definiert und stetig ist. Weiters sei f auf (a, b) di↵erenzierbar. Dann gibt es mindestens ein
x0 2 (a, b) sodass
f (b) f (a)
f 0 (x0 ) = b a).
)
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 22

Abbildung 1.1: Graphische Veranschaulichung des Mittelwertsatzes. Der Sekantenanstieg ist im


Punkt c als Tangentenanstieg zu finden. Quelle: Wikipedia

Der Mittelwertsatz besagt, dass der Sekantenanstieg mindestens an einer Stelle zwischen (a, b)
als Tangentenanstieg zu finden ist.
f = f (x, y) besitze stetige partielle Ableitungen in der Umgebung U4 des betrachteten Punktes
P0 = (x0 , y0 )T . Weiter sei P04 = (x0 + 4x, y0 + 4y)T ein Punkt aus dieser Umgebung. In
Analogie zum eindimensionalen Fall f = f (x) stellen wir nun die Frage: Wie groß ist der
Zuwachs 4f = f (x0 + 4x, y0 + 4y) f (x0 , y0 )? Dabei sind 4x, y kleine positive Di↵erenzen.
Bei Anwendung des Mittelwertsatzes der Di↵erentialrechnung in einer Koordinatenrichtung
(hier y-Richtung ) erhält man:
4f = f (x0 + 4x, y0 + 4y) f (x0 , y0 )

= f (x0 + 4x, y0 + 4y) f (x0 , y0 + 4y) + f (x0 , y0 + 4y) f (x0 , y0 )

= fx (x0 + ⌧1 4x, y0 + 4y)4x + fy (x0 , y0 + ⌧2 4y)4y (M W S)


⇣ ⌘ ⇣ ⌘
= ~
fx (x0 , y0 ) + (4x) ~
4x + fy (x0 , y0 ) + (4x) 4y

~ =
Mit 4x 4x
und der Stetigkeit von fx und fy in U4 folgt
4y

lim ~
(4x) = 0
~
4x!~0

lim ~
(4x) = 0.
~
4x!~0

~ gilt:
Bei Vernachlässigung der Terme höherer Ordnung in 4x
4f ⇡ fx (x0 , y0 )4x + fy (x0 , y0 )4y.
Dieser in 4x und 4y lineare Anteil des Funktionszuwachses heißt totales Di↵erential.
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 23

Definition 1.7 Es sei f (x1 , x2 , ..., xn ) stetig partiell di↵erenzierbar nach x1 , x2 , ...xn . Für ~x0 2
Df und beliebige Zuwächse 4x~ = (4x1 , 4x2 , ..., 4xn )T gelte

n
!
X @f (~
x 0
)
~
4f = f (~x0 + 4x) f (~x0 ) = ~
4xi + (4x) ~
4x
i=1
@x i

mit lim4x!
~
~
~0 (4x) = 0. Dann heißt f (~
x) total di↵erenzierbar und
n
X
0 @f (~x0 )
df (~x ) = dxi
i=1
@xi

~
das totale Di↵erential von f in ~x0 bezüglich des Zuwachses dx.

Gegenüberstellung:

y y0 = f 0 (x0 , y0 ) · ()x x0 ) z z0 = fx (x0 , y0 )(x x0 ) + fy (x0 , y0 )(y y0 )


| {z } | {z } | {z } | {z } | {z }
=
ˆ y =
ˆ x =
ˆ z =
ˆ x =
ˆ y

Geradengleichung für die Tangente Ebenengleichung für die Tangentialebene


an f (x) im Punkt P0 = (x0 , y0 )T an f (x, y) im Punkt P0 = (x0 , y0 , z0 )T

Anstieg der Tangenten: f 0 (x0 ) Diese Ebene wird aufgespannt durch die
Tangenten an die Schnittkurven
z = h(y) = f (x0 , y) und
z = g(x) = f (x, y0 ) :
z = h(y) = z0 + fy (x0 , y0 )(y y0 )
z = g(x) = z0 + fx (x0 , y0 )(x x0 )

Das totale Di↵erential gibt den linearen Anteil des Funktionszuwachses an, d.h. den Funkti-
onszuwachs, der entsteht, wenn die Bildfläche von f im Punkt P0 durch die Tangentialebene
ersetzt wird. Durch Auswertung der Formel für das totale Di↵erential kann die Gleichung für
die Tangentialebene aufgestellt werden. Im Fall n = 2 gilt:

df (x0 , y0 ) = fx (x0 , y0 )dx + fy (x0 , y0 )dy.


1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 24

Das totale Di↵erential einer Funktion, das von zwei Variablen abhängt, läßt sich
� einfach geometrisch interpretieren. Es entspricht dem Bild der Funktion in einer
lokalen Umgebung um einen Punkt P, welches durch die Tangentialebene ersetzt
wird. Es ist die lineare Approximation der Funktion f um den Punkt P.
p
Beispiel 1.27 Sei f (x, y) = ln x2 + y 2 . Wir bestimmen die Tangentialebene an diese Funk-
tion im Punkt P0 = (1, 1)T .

z z0 = fx (x0 , y0 )(x x0 ) + fy (x0 , y0 )(y y0 )

p 2x 2y
z ln x2 + y 2 = ⇣p ⌘2 (x x0 ) + ⇣p ⌘2 (y y0 )
P0
2 x2 + y2 2 x2 + y 2
P0 P0
p 1 1
z ln 2 = (x 1) + (y 1)
2 2
1 1 1
z x y = ln 2 1.
2 2 2

Dieses Matlabscript berechnet und visualisiert die Tangentialebene des vorherigen


Beispiels.
>> f = @( x , y ) l o g ( s q r t ( x . ˆ 2 + y . ˆ 2 ) ) ;
>> [ xx , yy ] = meshgrid ( − 5 : 0 . 2 5 : 5 ) ;
>> [ fx , f y ] = g r a d i e n t ( f ( xx , yy ) , 0 . 2 5 ) ;
>> x0 = 1 ;
>> y0 = 1 ;
>> t = ( xx == x0 ) & ( yy == y0 ) ;
>> indt = find ( t ) ;
>> fx0 = fx ( indt ) ;
>> fy0 = fy ( indt ) ;
>> z = @( x , y ) f ( x0 , y0 ) + f x 0 * (x−x0 ) + f y 0 * (y−y0 ) ;
>> s u r f ( xx , yy , f ( xx , yy ) , ’ EdgeAlpha ’ , 0 . 7 , ’ FaceAlpha ’ , 0 . 9 )
>> h o l d on
>> s u r f ( xx , yy , z ( xx , yy ) )
>> plot3 (1 ,1 , f (1 ,1) , ’ r* ’ )

Die Prüfung, ob ein gegebener Ausdruck fx (x, y)dx + fy (x, y)dy ein totales Di↵erential ist,
erfolgt mit Hilfe des Satzes von Schwarz:
Gilt P (x, y) = fx (x, y) und Q(x, y) = fy (x, y) sind stetig di↵erenzierbar, so muss fxy = fyx ,
d.h. Py = Qx erfüllt sein.

Beispiel 1.28 (x2 + y 2 )dx + xydy ist kein totales Di↵erential, denn mit
P (x, y) = x2 + y 2 und Q(x, y) = xy gilt:

Py = 2y 6= y = Qx
1.2. PARTIELLE ABLEITUNGEN VON SKALAREN FUNKTIONEN UND DAS TOTALE
DIFFERENTIAL 25

Beispiel 1.29 (x3 + xy 2 )dx + (y 3 + x2 y)dy ist ein totales Di↵erential, denn mit
P (x, y) = x3 + xy 2 und Q(x, y) = y 3 + x2 y gilt:

Py = 2xy = Qx

Im Fall n = 3 gilt:

df (x0 , y0 , z0 ) = fx (x0 , y0 , z0 )dx + fy (x0 , y0 , z0 )dy + fz (x0 , y0 , z0 )dz.

Die Prüfung, ob ein gegebener Ausdruck P (x, y, z)dx + Q(x, y, z)dy + R(x, y, z)dz ein totales
Di↵erential ist, erfolgt analog zu oben:

Gilt P (x, y, z) = Fx (x, y, z), Q(x, y, z) = Fy (x, y, z) und R(x, y, z) = Fz (x, y, z) sind stetig
di↵erenzierbar, so müssen folgende Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein:

Fxy = Fyx , d.h. Py = Q x


Fxz = Fzx d.h. Pz = R x
Fyz = Fzy d.h. Q z = Ry

Anwendungen des totalen Di↵erentials liegen z.B. in



• der Aufstellung der Gleichung für die Tangentialebene (siehe Übung)

• der Lösung von totalen Di↵erentialgleichungen

• der Lösung von Di↵erentialgleichungen mittels integrierendem Faktor

• der Prüfung der Wegunabhängigkeit bei Kurvenintegralen 2. Art

• der Fehlerrechnung (siehe Übung)

Beispiel 1.30 Zur Abschätzung des absoluten (relativen) Fehlers einer der unmittelbaren Mes-
sung nicht zugänglichen Größe ze :
Es sei ze = f (e
x, ye); 4z = ze(ex, ye) z(x, y), wobei die Messwerte x und y mit den maximalen
Messfehlern von 4x und 4y gemessen werden und x e bzw. ye die wirklichen Werte von x bzw.
y sind:

|e
y y|  4y d.h. y 4y  ye  y + 4y
|e
x x|  4x d.h. x 4x  x
e  x + 4x.

Damit ergibt sich für 4z = ze(e


x, ye) z(x, y)

|4z| ⇡ |dz|  |fx (x, y)||4x| + |fy (x, y)||4y|.

Gegeben seien die Messwerte a = (10 ± 0.01)cm, b = (6 ± 0.01)cm, c = (5 ± 0.01)cm und


m = (270 ± 0.5)g für einen Quader. Gesucht ist eine näherungsweise Abschätzung für den
1.3. GRADIENT UND RICHTUNGSABLEITUNG 26

Maximalfehler der Dichte .

m m
⇢(a, b, c, m) = =
V abc
|4⇢| ⇡ |d⇢|
@⇢ @⇢ @⇢ @⇢
 |4a| + |4b| + |4c| + |4m|
@a @b @c @m
m m m 1
= |4a| + |4b| + |4c| + |4m|
a2 bc ab2 c abc2 abc
✓ ◆
m |4a| |4b| |4c| |4m|
= + + +
abc a b c m
✓ ◆
|4a| |4b| |4c| |4m|
= ⇢ + + +
a b c m
✓ ◆
270g 0.01 0.01 0.01 0.5
= + + +
10 · 6 · 5cm3 10 6 5 270
g
⇡ 0.00587 3
cm

Für den relativen Fehler ergibt sich damit:

|4⇢| 0.01 0.01 0.01 0.5


 + + +
⇢ 10 6 5 270
⇡ 0.00652=0.652%.
b

1.3 Gradient und Richtungsableitung


Definition 1.8 Es sei f (~x) partiell di↵erenzierbar,
Der Vektor
@f @f @f
e~1 + e~2 + ... + e~n
@x1 ~x0 @x2 ~x0 @xn x0
~

heißt Gradient der Funktion f0im Punkt1~x0 .


@f 0 @f 1
B @x1
x0
~ C x0
@x ~
B .. C B @f C
Schreibweise: grad f (~x0 ) = B . C; für n = 3 gilt: grad f (~x0 ) = @ @y 0 A.
@ A @f
~
x
@f
@xn x0
@z ~
x0
~

0 @
1
@x
Bemerkung 1.3 Durch Einführen des formalen Vektors r = @ @
@y
A , dem sogenannten Na-
@
@z
blaoperator, folgt grad f = rf.
1.3. GRADIENT UND RICHTUNGSABLEITUNG 27

Ein Operator ist eine mathematische Vorschrift für eine Rechenoperation, d.h.
� eine exakt definierte Handlungsanweisung, die auf ein oder mehrere mathemati-
sche Objekte, die Operanden, angewendet wird und durch diese mathematische
Operation ein neues mathematisches Objekt erzeugt. Am bekanntesten sind die
Operatoren für die vier Grundrechenarten. Ein Di↵erentialoperator ordnet einer
gegebenen Funktion eine Funktion zu, die deren Ableitung nach einer oder mehre-
ren Variablen enthält. Handelt es sich dabei um einen linearen Operator, so liegt
ein linearer Di↵erentialoperator vor. Im Fall einer partiellen Ableitung spricht man
von einem partiellen Di↵erentialoperator.

Bemerkung 1.4 Das totale Di↵erential kann mit 4x ~ = (4x1 , 4x2 , ..., 4xn )T = 4x1 e~1 +
4x2 e~2 + ... + 4xn e~n . durch den Nablaoperator vereinfacht dargestellt werden,
@f @f @f
df (~x0 ) = 4x1 + 4x2 + ... + 4xn
@x1 x0
~ @x2 x0
~ @xn x0
~
~
= grad f (~x0 ) · 4x (Skalarprodukt!)
p
Beispiel 1.31 f (x, y) = ln x2 + y 2 y
1 2x x
fx = p p = 2
x2 + y 2 2 x2 + y 2 x + y2
1 2y y
fy = p p = 2
2 2
x +y 2 x +y 2 2 x + y2
✓ ◆
1 x
rf = grad f = 2
x + y2 y
Die partiellen Ableitungen fx und fy sind in diesem Beispiel außer im Ursprung stetig. Damit
ist f total di↵erenzierbar in Df = R2 \(0, 0)T :
✓ ◆
1 dx
df = 2 (xdx + ydy) = grad f · .
x + y2 dy
✓ ◆
T 1 1
Im Punkt P0 = (1, 1) gilt dann grad f |P0 =
2 1
Beispiel 1.32 Der Betrag der Kraft zwischen zwei Massepunkten m1 und m2 mit Abstand
p m 1 m2
r = x2 + y 2 + z 2 ist F = 2
x + y2 + z2
m 1 m2
Fx = · 2x
(x2
+ y 2 + z 2 )2
0 1
2x
m 1 m2
rF = · @ 2y A
(x + y 2 + z 2 )2
2
2z
Rechenregeln:
Voraussetzungen: a, b 2 R; a, b = const.;
f (~x) , g (~x) seien skalare Felder, h = (x) , x 2 R eine Funktion einer Veränderlichen
1.3. GRADIENT UND RICHTUNGSABLEITUNG 28

1. grad(af + bg) = a grad f + b grad g

2. grad(f · g) = (grad f )g + f (grad g) Produktregel

dh
3. grad h(f ) = · grad f Kettenregel
df

Wir betrachten nun die Änderung der Funktion f in Richtung eines beliebigen Vektors ~l 2
Rn , ~l 6= ~0, h 2 R, o.B.d.A. sei h > 0:

f (~x0 + h~l) f (~x0 ) df (~x0 ) + (h~l) h~l


lim = lim
h!0
h~l h!0
h~l
grad f (~x0 ) · h~l
= lim + lim (h~l)
h!0
h~l h!0

~l
= grad f (~x0 ) ·
~l

Definition 1.9 (Richtungsableitung) Der Grenzwert

df df (~x0 ) + (h~l) h~l ~l


= lim = grad f (~x0 ) ·
d~l h!0 h~l ~l

heißt Ableitung von f (~x) in Richtung ~l an der Stelle ~x0 .


p
Beispiel 1.33 Sei nun✓wieder f (x, y) = 2 2
◆ ✓ ◆ x + y . Wir bestimmen jetzt die Richtungsablei-
ln
1 1 1
tung in Richtung ~l = ; P0 =
2 1 1
q p
~l = 1 + 1 = 1 2 :
4 4 2

df ~l
= grad f (P0 ) ·
d~l P0 ~l
✓ ◆ ✓ ◆
1 1 1 1 1
= · p
2 1 2 1 1
2
2
1
= p (1 + 1)
2 2
2 1p
= p = 2
2 2 2
1.3. GRADIENT UND RICHTUNGSABLEITUNG 29

Beispiel 1.34 Für das obige Beispiel ergibt sich als Gleichung für die Tangentialebene im
Punkt P0 (vergleiche mit oben!).
z z0 = z f (P0 ) ' df (P0 )
= ~
grad f (P0 ) · 4x
✓ ◆ ✓ ◆
1 1 x 1
= ·
2 1 y 1
1 1 1
z ln 2 = (x 1) + (y 1)
2 2 2
1 1 1
x y+z = ln 2 1.
2 2 2
df
Folgerung 1.1 wird maximal, wenn grad f (~x0 ) und ~l parallel sind. Folglich zeigt der Gra-
~
dl
dient in die Richtung des Raumes, in der die Funktion am schnellsten wächst. Das wollen wir
nun beweisen:
Sei ~v ein normierter (||~v || = 1) beliebiger Vektor und f eine beliebige Funktion. Die Rich-
tungsableitung ergibt sich durch,
df ~v
= rf · = rf · ~v .
d~v ||~v ||
Nun sind rf und ~v zwei Vektoren, die den Winkel ↵ einschließen.

rf · ~v
cos ↵ =
||rf || · ||~v ||
damit ergibt sich,
df
= rf · ~v = ||rf || · ||~v || cos ↵
d~v
und für ||~v || = 1
df
= ||rf || · cos ↵
d~v
Die Richtungsableitung wird genau dann maximal, wenn cos ↵ = 1 annimmt. Das entspricht
ganzzahligen Vielfachen von ⇡. Für den einfachsten Fall ↵ = 0 stehen dann rf und ~v par-
allel zueinander. Und somit folgt für den maximalen Anstieg der Richtungsableitung für einen
beliebigen Vektor ~v ,
df
= ||rf ||
d~v
Folglich muss der Gradient immer in Richtung des steilsten Anstiegs zeigen, da nur dort
cos ↵ maximal ist, also den Wert 1 annimmt.
df
Folgerung 1.2 misst die Zunahme von f (~x) bei Verschiebung von ~x0 in Richtung ~l um
~
dl
~ D.h. die Änderung von f pro Wegeinheit hat in ~x0 in Richtung von grad f ihren
den Weg 4x.
Maximalwert, nämlich kgrad f (~x0 )k .
1.4. EXTREMWERTAUFGABEN 30

Folgerung 1.3 In der zum Gradienten senkrecht stehenden Richtung gilt:


df
=0 y f = const.
d~l
Das entspricht dann dem Fall, dass cos ↵ = 0 ist und somit ↵ = 90 .

1.4 Extremwertaufgaben
Betrachten f = f (x, y) : eine gekrümmte Fläche im Raum. Bei Extremwerten liegt die Tan-
gentialebene parallel zur x-y-Ebene.y

0 = df (P0 )
0 = fx (P0 ) dx + fy (P0 ) dy y
fx (P0 ) = 0
Gleichungssystem für P0 = (x0 , y0 )T
fy (P0 ) = 0

Satz 1.5 Notwendige Bedingung für die Existenz eines Extremums


Es sei f = f (x, y) , Df ✓ R2 , f sei partiell di↵erenzierbar. Ist P0 = (x0 , y0 )T die Stelle eines
@f @f
relativen Extremums, so gilt @x P0
= 0 und @y
= 0.
P0

Diese Bedingung ist nicht hinreichend, denn es gilt:

Beispiel 1.35 f (x, y) = x2 y2, P0 = (0, 0)T

fx (0, 0) = 2x|P0 = 0
fy (0, 0) = 2y|P0 = 0

aber andererseits gilt weiter

f (x, 0) = x2 0 in U (P0 )
f (0, y) = y 2  0 in U (P0 )
f (0, 0) = 0,

d.h. es liegt ein Sattelpunkt vor.

>> [ x , y ] = meshgrid ( l i n s p a c e ( − 5 , 5 , 1 0 0 ) ) ;
>> z=x . ˆ 2 − y . ˆ 2 ;
>> s u r f ( x , y , z , ’ FaceColor ’ , ’ i n t e r p ’ )
1.4. EXTREMWERTAUFGABEN 31

Definition 1.10 (Hesse-Matrix) Sei f : D ⇢ Rn ! R eine zweimal, stetig di↵erenzierbare


Funktion. Dann ist die Hessematrix am Punkt ~x = (x1 , ..., xn 2 D definiert für i, j = 1, ..., n
durch,
0 @2f 2f 2f 1
@x1 @x1
(x) @x@1 @x 2
(x) . . . @x@1 @x n
(x)
✓ 2 ◆ BB @ 2 f (x) @2f @2f
C
C
@ f B (x) . . . (x) C
Hf (~x) := (x) = B @x2 @x1 @x2 @x2 @x2 @xn
C. (1.1)
@xi @xj B .. .. . . .
. C
@ . . . . A
@2f @2f @2f
@xn @x1
(x) @xn @x2 (x) . . . @xn @xn (x)
In zwei Dimension für eine Funktion f (x, y) ergibt sich folglich,
0 2 1
@ f @2f
@x 2 (x) @x@y
(x)
Hf (x, y) := @ 2 A. (1.2)
@ f @2f
@y@x
(x) @y2 (x)
mit Determinante der Hessematrix im Punkt P0

D(Hf (P0 )) = fxx (P0 )fyy (P0 ) [fxy (P0 )]2 (1.3)

(Kriterium von Sylvester) Eine (2⇥2) Matrix A ist genau dann positiv oder negativ definit,
wenn ihr zweiter Hauptminor, d.h. det(A) selbst positiv ist. Ist dies der Fall, so ist sie positiv
bzw. negativ definit je nachdem, ob ihr erster Hauptminor, d.h. das Element a11 , positiv bzw.
negativ ist. Weiter ist die (2 ⇥ 2) Matrix A indefinit, wenn det(A) negativ ist. Ist det(A) = 0,
so ist sie weder definit noch indefinit.

Satz 1.6 Hinreichende Bedingungen für einen Extremalpunkt


Es sei f = f (x, y) , Df ✓ R2 , f besitze stetige partielle Ableitungen 2. Ordnung. Gilt:
@f @f
1. @x P0
= 0 und @y
= 0. (waagrechte Tangentialebene)
P0

2. D(P0 ) > 0 (positiver zweiter Hauptminor, also entweder definit oder indefinit)
3. fxx (P0 ) < 0, (negativer erster Hauptminor, negativ definit) so liegt bei P0 ein relatives
Maximum vor.
1.4. EXTREMWERTAUFGABEN 32

4. fxx (P0 ) > 0, (positiver erster Hauptminor, positiv definit) so liegt bei P0 ein relatives
Minimum vor.

5. Wenn D(P0 ) < 0 (indefinit) liegt ein Sattelpunkt vor.

6. Wenn D(P0 ) = 0 (weder definit noch indefinit). So nicht entscheidbar.

In diesem Matlabscript wird das Minimum der Funktion f (x, y) = x2 + y 2 gesucht.


Da die Funktion am Gitter diskretisiert wird, findet das Script mehrere Minima
in der Umgebung des echten Extremalpunktes.
>> [ x , y ] = meshgrid ( l i n s p a c e ( −1 , 1 , 1 00) ) ;
>> z=x . ˆ 2 + y . ˆ 2 ;
>> s u r f ( x , y , z , ’ FaceColor ’ , ’ i n t e r p ’ )
>> ix = find ( imregionalmin ( z ) ) ;
>> h o l d on
>> p l o t 3 ( x ( i x ) , y ( i x ) , z ( i x ) , ’ r * ’ , ’ M ar k e r S i z e ’ , 2 4 )

Wieviele lokale Maxima sind im oben genannten Matlab-Beispiel zu erwarten?

Bemerkung 1.5 Im Fall von mehr als zwei Veränderlichen kann die notwendige Bedingung
erweitert werden auf
@f
= 0, i = 1, 2, ..., n.
@xi ~x0
Hinreichende Bedingungen für diesen Fall sind komplizierter. Es gilt

Satz 1.7 Es sei f = f (~x) ; ~x 2 Df ✓ Rn . Weiter sei f zweimal stetig di↵erenzierbar in


Df . Gilt:

@f
1. = 0, i = 1, 2, ..., n.
@xi x0
~

@ 2 f (~x0 )
2. A = (aik ); aik = besitzt durchweg positive (negative) Eigenwerte,
@xi @xk
dann hat f (~x) bei ~x = ~x0 ein relatives Minimum (Maximum).

x2 1
Beispiel 1.36 f (x, y) = 4xy + 9y 2 + 3x 14y + ; Df = R2 y
2 2
fx = x 4y + 3 = 0
fy = 4x + 18y 14 = 0
1.4. EXTREMWERTAUFGABEN 33

Die Lösung dieses linearen Gleichungssystems durch Multiplikation der 1. Zeile mit 4 und Ad-
dition zur 2. ergibt

2y 2 = 0
! y0 = 1
! x0 = 4y0 3=1

In diesem Beispiel entsteht also nur ein einziger extremwertverdächtiger Punkt:


P0 = (1, 1)T . Nun wird die hinreichende Bedingung überprüft:

fxx (1, 1) = 1
fyy (1, 1) = 18
fxy (1, 1) = fyx = 4
D(1, 1) = 18 16 = 2 > 0.

Damit liegt in P0 ein Extremum vor. Da fxx (1, 1) = 1 > 0 gilt, ist es ein Minimum. Wir
erhalten also als Extrempunkt: P0 = (1, 1, 5)T .

Beispiel 1.37 Es liege ein Quader mit den Kantenlängen x, y, z vor. Gegeben ist die Summe
der Kantenlängen S = x + y + z. Für welche Werte von x, y, z ist das Volumen des Quaders
maximal?

V = x·y·z Hauptbedingung
z = S x y Nebenbedingung

Durch Einsetzen ergibt sich eine Zielfunktion, die nur noch von zwei Veränderlichen abhängig
ist:

V = x · y · (S x y)
= xyS x2 y xy 2 .

Die notwendigen Bedingungen lauten:

Vx = yS 2xy y 2 = y(S 2x y) = 0
Vy = xS x2 2xy = x(S x 2y) = 0.

Durch Nullsetzen der Faktoren in den verschiedenen Kombinationen ergeben sich die extrem-
wertverdächtigen Punkte

1. P1 = (0, 0)T , wenn man die Faktoren x und y null setzt.


S S
2. P2 = ( , )T , wenn man die Faktoren (S 2x y) und (S x 2y) null setzt:
3 3
S = 2x + y
S = x + 2y y
S = 3y
1.4. EXTREMWERTAUFGABEN 34

3. P3 = (0, S)T , wenn man die Faktoren x und (S 2x y) null setzt:

x = 0
S = 2x + y = y

4. P4 = (S, 0)T , wenn man die Faktoren y und (S x 2y) null setzt:

y = 0
S = x + 2y = x.

O↵ensichtlich können die Punkte P1 , P3 , P4 keine Maxima liefern, da wegen einer Kan-
tenläge gleich Null das Volumen ebenfalls Null sein muss. Die Überprüfung der hinrei-
chenden Bedingungen ergibt Folgendes:
2
D = Vxx Vyy Vxy
= ( 2y)( 2x) (S 2y 2x)2
= 4xy (S 2y 2x)2

D1 = 0 S 2 < 0 y Sattelpunkt in P1
SS 2S 2S 2
D2 = 4 (S )
33 3 3
4 2 1 2
= S S > 0 y Extrempunkt in P2
9 9
D3 = 0 ( S)2 < 0 y Sattelpunkt in P3
D4 = 0 ( S)2 < 0 y Sattelpunkt in P4

Im Punkt P2 wird nun auf Maximum oder Minimum geprüft:

S
Vxx |P2 = ( 2y)|P2 = 2 < 0.
3
S S
Folglich liegt in Punkt ( , )T ein Maximum vor. Der zugehörige z-Wert und das Volu-
3 3
men lauten
S
z = S x y=
3
1 3
V = S .
27
Das folgende Bild zeigt die zum Maximum führende Funktion V = 3xy xy 2 x2 y, d.h.
es wurde S = 3 gewählt.
1.4. EXTREMWERTAUFGABEN 35
1.4. EXTREMWERTAUFGABEN 36

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