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Entwicklung der Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife

in den Naturwissenschaften

Lernaufgabe für das Fach Biologie

Kurzbeschreibung

Transgener „Bt-Mais“
Diese Aufgabe wurde von Fachexpertinnen und Fachexperten der Länder, überwiegend Lehr-
kräften, entwickelt. Die Aufgabenentwicklergruppe wurde von Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftlern der Fachdidaktik der Biologie beraten. Das Institut zur Qualitätsentwicklung im
Bildungswesen hat den Prozess koordiniert.

Zusammenfassung
Der gv-Mais MON810 der Firma Monsanto enthält das Gen des Bakteriums Bacillus thurin-
giensis, dessen Genprodukt (das sog. Bt-Toxin) toxisch auf einen Maisschädling, den Maiszü-
nsler, wirkt. MON810 ist in der EU für den Anbau als Futtermittel, Nahrungsmittel und zur
Biogasproduktion zugelassen. Deutschland ist dieser Zulassung nicht gefolgt. Im Mittelpunkt
der Lernaufgabe steht die Reflexion dieses politischen Entscheidungsprozesses. Dazu neh-
men die Lernenden zunächst unterschiedliche Perspektiven ein und gleichen diese unterei-
nander und mit wissenschaftlichen Aussagen ab. Sie nutzen die zu den verschiedenen Per-
spektiven verfügbaren Argumente, um alternative politische Handlungsoptionen abzuleiten.
Um die politische Entscheidung Deutschlands gegen MON810 detailliert zu begründen, müs-
sen die Lernenden auf der Grundlage eines vorgegebenen Wertepools normative Aussagen
formulieren, zu den deskriptiven Aussagen zu MON810 in Beziehung setzen und schließlich
gewichten. Die Lernenden werden angehalten, die einzelnen Teilschritte des so nachvollzo-
genen Bewertungsprozesses zu benennen und in Form eines allgemeinen Schemas zusam-
menzustellen (Metareflexion über einen Bewertungsprozess). Mögliche Folgen einer Einzel-
entscheidung von Staaten bezüglich MON810 werden abschließend diskutiert.

Anforderungsniveau grundlegend ☒ erhöht ☒


Kompetenzbereiche und re- Sachkompetenz
levante Standards
Die Lernenden …
S7 erläutern Prozesse in und zwischen lebenden Syste-
men sowie zwischen lebenden Systemen und ihrer
Umwelt.
Bewertungkompetenz
Die Lernenden …
B1 analysieren Sachverhalte im Hinblick auf ihre Bewer-
tungsrelevanz;
0 Kurzbeschreibung

B2 betrachten Sachverhalte aus unterschiedlichen


Perspektiven;
B3 unterscheiden deskriptive und normative Aussa-
gen;
B4 identifizieren Werte, die normativen Aussagen
zugrunde liegen;
B8 entwickeln anhand relevanter Bewertungskrite-
rien Handlungsoptionen in gesellschaftlich- oder
alltagsrelevanten Entscheidungssituationen mit
fachlichem Bezug und wägen sie ab;
B 10 reflektieren kurz- und langfristige, lokale und globale
Folgen eigener und gesellschaftlicher Entscheidun-
gen;
B 11 reflektieren den Prozess der Bewertung aus persön-
licher, gesellschaftlicher und ethischer Perspektive;
B 12 beurteilen und bewerten Auswirkungen von Anwen-
dungen der Biologie im Sinne einer nachhaltigen Ent-
wicklung aus ökologischer, ökonomischer, politischer
und sozialer Perspektive.
Basiskonzepte
Inhaltsbereiche  Lebewesen in ihrer Umwelt
 Vielfalt des Lebens
konkrete Inhalte Reflexion eines Vorgehensprinzips, mit dem man in kont-
rovers diskutierten Fragen zu einer Entscheidung gelangen
kann (Beispiel: Transgener Mais)
Materialien M1: Einführungstext
M2: Kurzaussagen zum gv-Mais aus verschiedenen Per-
spektiven
M3: Kurzaussagen zum gv-Mais von Wissenschaftlern
M4: Textbeispiel zu Handlungsoptionen
M5: Grafik „Wertepool“ zu normativen Aussagen
M6: Text „Medienbericht zur politischen Entscheidung“
M7: Kartenlegen „Bewerten in Entscheidungssituationen“
Bearbeitungszeit 300 Minuten
Hilfsmittel
Differenzierungsmöglich- Lernende einer Lerngruppe nähern sich dem Thema aus
keit unterschiedlichen Perspektiven (inhaltliche Differenzie-
rung), die zusammengeführt werden; das übergeordnete
Ziel bleibt für alle gleich.
experimenteller Anteil ja ☐ nein ☒
Lernvoraussetzungen Die Lernaufgabe setzt voraus, dass die Lernende mit den
grundlegenden Sachverhalten aus den Inhaltsbereichen

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0 Kurzbeschreibung

Lebewesen in ihrer Umwelt und Vielfalt des Lebens vertraut


sind. Da es vorrangig um die Bewertung geht, ist es nicht
erforderlich, dass die Lernenden das technische Vorgehen
bei der genetischen Manipulation einer Pflanze im Detail
kennen, wohl aber im Grundprinzip.

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1 Hinweise zur Durchführung

1 Hinweise zur Durchführung

Didaktische Kommentare: Die 11 im Kompetenzbereich Bewertung ausgewiesenen Standards


lesen sich wie eine Handlungsanweisung für ein Bewertungsverfahren. Bei einem solchen
vielschichtigen und komplexen Bewertungsprozess handelt es sich nicht um ein lineares Vor-
gehen, sondern um einen Prozess mit vielen Iterationsschleifen. Für das Erlernen von Bewer-
tungskompetenz ist es jedoch wichtig, den komplexen Prozess in überschaubare Teilschritte
zu zerlegen, um die Lernenden nicht zu überfordern. Vorschläge dazu sind publiziert (z. B.
Hößle & Alfs 2016; Lübeck et al. 2018). Gleichermaßen wichtig erscheint es, sich beim Erler-
nen von Bewertungskompetenz dieser einzelnen Teilschritte auch bewusst zu werden. Beides
soll in dieser Lernaufgabe kombiniert werden. Inhaltliche Aspekte können nur insoweit berück-
sichtigt werden, als sie für den Bewertungsprozess relevant sind (z. B. Kreuzungsaspekte mit
Wildarten; gesundheitliche Aspekte; aber nicht z. B. Technik zur genetischen Veränderung
von Pflanzen).
Zur Reduktion der Komplexität werden für den vorliegenden Bewertungsprozess die wesentli-
chen Argumentationen und Bewertungskriterien im Zusammenhang mit dem genetisch verän-
derten Mais MON810 vorgegeben. So soll die Aufmerksamkeit stärker auf den Bewertungs-
prozess selbst gerichtet werden. Es entfallen folgende Teilschritte eines Bewertungsprozes-
ses bzw. werden stark vereinfacht: Erkennen einer Bewertungsrelevanz, Beurteilung von
Quellen hinsichtlich Herkunft und Vertrauenswürdigkeit sowie Aufstellen von Bewertungskrite-
rien. Auch der Teilschritt der eigenen Entscheidungsfindung zum gv-Mais wird nicht themati-
siert. Vielmehr wird eine Entscheidung (hier: Entscheidung des Bundeslandwirtschaftsminis-
teriums 2009) vorgegeben, für die im Nachhinein eine Begründung durch gezielte Gewichtung
gegebener Bewertungskriterien angeführt werden muss.
Im Mittelpunkt der Lernaufgabe stehen der Perspektivenwechsel (Aufgaben 2 und 3), das Er-
kennen von Handlungsoptionen (Aufgabe 4), das Formulieren von normativen und deskripti-
ven Aussagen (Aufgabe 5), die Entscheidungsfindung durch Gewichtung von Kriterien (Auf-
gabe 6), die besondere Berücksichtigung längerfristiger Folgen (Zukunftsverträglichkeit, Nach-
haltigkeit; Aufgabe 7) und die Betrachtung von Bewertungsprozessen auf einer Meta-Ebene
(Aufgabe 8). Für den Zugang zur Lernaufgabe bietet sich auch ein lehrergestützter Unterricht
als Alternative zur materialgestützten Aufgabe 1 an. Das Material kann sowohl im Kontext mit
Gentechnik als auch im Kontext mit Ökologie verwendet werden. Es sind nicht zwingend de-
taillierte Kenntnisse über das praktische Vorgehen bei der genetischen Veränderung von
Pflanzen erforderlich.
Für den Einsatz der Lernaufgabe sollten geeignete Sozialformen (z. B. arbeitsteilige Klein-
gruppen für Aufgaben 2 und 3) sowie geeignete Austausch- und Präsentationsformen (z. B.
über „Museumsgang“ o. ä.) genutzt werden. Die zusätzliche Komplexitätsstufe in Aufgabe 7
(Material 7) ist verzichtbar.
Um einen Transfer eines allgemeinen Algorithmus für einen Bewertungsprozess auf andere
Situationen zu erleichtern ist es wichtig, die allgemeinen Kennzeichen von Bewertungsprozes-
sen zu betonen (Meta-Perspektive; Aufgabe 8): Berücksichtigung verschiedener Perspektiven
und verschiedener Handlungsoptionen, Arbeit mit einem Wertepool, Gewichtung von Kriterien,
Reflexion über langfristige Folgen.
Literaturhinweise
 Hößle C & Alfs N. (2016). Doping, Gentechnik, Zirkustiere: Bioethik im Unterricht. Aulis Verlag.
 Lübeck, M., Hornberg-Schwetzel, S., & Spieß, C. (2018). Der Kompetenzbereich Bewertung im Bio-
logie-unterricht. Möglichkeiten zur systematischen Konstruktion von Lernaufgaben (1. Aufl.). Qualis
NRW: Waxmann Verlag.

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2 Aufgabenstellung

2 Aufgabenstellung

Teilaufgabe 1 (Material 1)
Geben Sie mithilfe von Material 1 die Entscheidungsfrage und die beiden damit verbundene
Antwortmöglichkeiten (auch Handlungsoptionen genannt) für einen politischen Entschei-
dungsträger, z. B. das Landwirtschaftsministerium der Bundesrepublik Deutschland, bezüglich
des transgenen Bt-Mais MON810 an.

Teilaufgabe 2 (Material 2)
Formulieren Sie mithilfe von Material 2 eine Argumentation aus einer der folgenden Perspek-
tiven: Öko-Landwirt, Bürger (z. B. als Verbraucher, Anwohner), Umweltschützer, Saatgutfirma
(für gentechnisch verändertes Saatgut).
Prüfen Sie, ob zwischen Argumenten Ihrer gewählten Perspektive und Argumenten andere
Perspektiven Widersprüche bestehen (z. B. Öko-Landwirt vs. Saatgutfirma).

Teilaufgabe 3 (Material 3)

Prüfen Sie die Argumente der von Ihnen gewählten Perspektive anhand der Angaben der Wis-
senschaftler (Material 3) auf sachliche Richtigkeit oder Akzeptabilität.

Teilaufgabe 4 (Material 4)

In Deutschland könnte die Frage der Zulassung von MON810 in einigen Jahren erneut poli-
tisch verhandelt werden. Diskutieren Sie, ob es zusätzlich zu Ihren in 1. geäußerten Hand-
lungsoptionen weitere Handlungsoptionen geben könnte.
 Ziehen Sie Kompromisslösungen oder Lösungen mit Einschränkungen in Betracht. Beach-
ten Sie als Impuls für Ihre Diskussion das in Material 4 beschriebene Beispiel.

Teilaufgabe 5 (Material 5)

Ordnen Sie den Argumenten der verschiedenen Interessensgruppen die dahinterliegenden


Werte zu. Geben Sie jeweils Paare von normativen und deskriptiven Aussagen an.
 Verwenden Sie den Wertepool (Material 5) als Impuls.

Teilaufgabe 6 (Material 6)

Erläutern Sie, wie die damalige Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner zu einer ablehnenden
Entscheidung gegenüber dem gv-Mais MON810 gekommen sein könnte.
 Leiten Sie dazu aus Material 6 die Werte ab, die die Ministerin besonders stark gewichtet
hat oder sogar als K.-o.-Kriterien für Ihre Entscheidung herangezogen hat.

Teilaufgabe 7 (Material 7)

Diskutieren Sie mithilfe des Materials 7, ob es unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit
letztlich eine richtige Antwort auf die Entscheidungsfrage zu MON810 geben kann.

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2 Aufgabenstellung

Teilaufgabe 8 (Material 8)

Erläutern Sie ein Vorgehen, mit dem verantwortliche Personen in Entscheidungssituationen


zu tragfähigen Entscheidungen gelangen können.
 Verwenden Sie dazu die Hinweiskarten aus Material 8 und ordnen Sie diese in einem Fließ-
schema an.

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3 Material für Lernende

3 Material für Lernende

Material 1

Der transgene Bt-Mais MON810


Maisprodukte sind in unseren täglichen Lebensmitteln, z. B. Cornflakes, Popcorn, Erdnussflips
und Glukosesirup allgegenwärtig. Darüber hinaus ist Mais als Futtermais und zur Produktion
von Biogas bedeutend. Seine vielfältige Nutzung und sehr hohe Produktivität macht Mais nach
Zuckerrohr weltweit zur zweitwichtigsten Nutzpflanzenart.
Seit 1998 ist in der EU ein gentechnisch veränderter Mais der Firma Monsanto (gv-Mais
MON810) für den Anbau und die Vermarktung als Lebens- und Futtermittel zugelassen. Seit-
her haben verschiedene europäische Staaten MON810 angebaut; am intensivsten Spanien
mit ca. 25% des nationalen Maisanbaus. In den USA liegt der Anteil bei 88%. Nach einer EU-
Regelung können die EU-Mitgliedsstaaten von dieser Zulassung jedoch durch ein nationales
Verbot zurücktreten. Diese Option hat Deutschland 2009 durch eine Entscheidung der dama-
ligen Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gewählt. 2007 hat Monsanto bei der EU ei-
nen Folgeantrag auf Verlängerung der Zulassung von MON810 gestellt. Dieser Antrag kam in
der EU erst teilweise zur Entscheidung. Wird er erneut - wie 1998 - positiv entschieden, so
könnte die politische Frage nach der Zulassung von MON810 in Deutschland aufkommen.
Gentechnisches Verfahren: In das Erbgut des gv-Mais MON810 wurde ein Gen des natürli-
cherweise im Boden vorkommenden Bakteriums Bacillus thuringiensis eingeschleust. Dieses
Bakterien-Gen codiert für ein Protein, das Bt-Toxin, welches beim Verzehr giftig auf den Darm-
trakt einiger Insektenarten wirkt. Zielobjekt bei MON810 ist der Maiszünsler. Der Fraß dieser
Kleinschmetterlingsart kann in Maiskulturen schwere Schäden anrichten. Vor allem die Fraß-
gänge in den Stängeln der Maispflanze führen durch Umknicken zum Ernteverlust. In Europa
sind 7-10% der Anbaufläche betroffen. Ein Befall ist vor allem lokal kritisch, wenn es bei Züns-
lerepidemien zu Ernteausfällen von 30-50% kommen kann.
Das Bt-Toxin ist ein Protein. Als solches ist es sowohl chemisch wenig stabil (z. B. unbeständig
gegen Sonneneinstrahlung) als auch biologisch gut abbaubar. Wegen dieser Eigenschaften
gegenüber chemischen Wirkstoffen (hohe Beständigkeit, schlechte biologische Abbaubarkeit)
wird es schon seit 1938 als herkömmliches Spritzmittel eingesetzt. Es ist das einzige auch im
ökologischen Landbau zugelassene Mittel.

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3 Material für Lernende

Material 2

Argumente aus der Diskussion um die Zulassung des gv-Mais


MON810
1: „Wie soll man alle biologischen und ökologischen Risiken des Anbaus von Bt-Mais ab-
schätzen? Vielleicht gibt es Langzeitfolgen, die bisher kein Wissenschaftler kennt.“

2: „Bt-Mais ist viel effektiver als alle Spritzmethoden, da das Bt-Toxin in der Pflanze ist und
daher auch gegen Raupen des Maiszünslers wirkt, nachdem sie sich in den Stängel hinein-
gebohrt haben. Gespritztes Bt-Toxin hingegen wirkt nur, wenn es die Raupen direkt nach
dem Schlupf auf der Pflanze erwischt.“

3: „Neue Proteine in Pflanzen, wie das Bt-Toxin, stellen ein Allergierisiko dar. Gesundheitliche
Auswirkungen auf den Menschen sind bisher nicht abschließend geklärt.“

4: „80% der Verbraucher wollen kein Genfood, nicht auf dem Feld, nicht auf dem Teller!“

5: „Für gentechnisch veränderte Organismen, die in den Handel kom-


men besteht in der EU eine Kennzeichnungspflicht.“

6: „MON810 ist in der EU nur zugelassen worden, weil es von Wissenschaftlern der Europäi-
schen Sicherheitsbehörde EFSA genau auf seine Unbedenklichkeit geprüft wurde.“

7: „Bt-Mais wirkt gezielt auf den Maiszünsler. Er hat somit gegenüber den herkömmlichen Be-
kämpfungsmitteln deutliche Vorteile. Andere Insekten werden nicht getötet.“

8: „Wenn sich in anderen Produkten, z. B. im Honig eines Imkers, Spuren von Gen-Mais,
z. B. Pollen, nachweisen lassen, dann ließe sich dieses Produkt nicht mehr vermarkten.“

9: „Kommt es zu Resistenzen, müssten wieder andere chemische Bekämpfungsmittel ein-


gesetzt werden. Dann wäre das Bt-Toxin auch als herkömmliches Spritzmittel verloren.“

10: „Starker Maiszünslerbefall tritt nur lokal auf. Dort bräuchte man dann Pestizide. Liegt nur
ein leichter Befall vor, geht es ohne Pestizid. Bt-Mais lohnt sich daher nicht.“

11: „Landwirte, die Bt-Mais anbauen, haften für alle wirtschaftlichen Schäden, die Nachbar-
betrieben, z. B. durch Einkreuzung oder Verunreinigung mit Bt-Genen (>0,9%) entstehen.“

12: „Das Bt-Toxin könnte auch auf andere Organismen, z. B. auf nah verwandte oder
geschützte Arten wirken, wie z. B. Schmetterlingsarten oder Bienenarten.“

13: „Beim Bt-Mais werden die Pestizide dauerhaft in der Maispflanze gebildet. Das kann
man nicht als Nahrungs- oder Futtermittel zulassen. Bei „normalem“ Mais werden auch Pes-
tizide eingesetzt, aber sie werden z. B. durch Regen weggewaschen. Man kann einige Zeit
vor der Ernte mit der Giftbehandlung aufhören.“

14: „Wenn die Pollen des Bt-Mais zu Maispflanzen auf Nachbarfeldern verweht werden,
können sich dort Kreuzungen ergeben, die ebenfalls die Bt-Gene enthalten.“

15: „In gv-Mais ist das Bt-Toxin dauerhaft vorhanden. Schädlinge, die zufällig eine Resis-
tenz aufweisen, werden begünstigt und breiten sich aus. Das ganze System wird nutzlos.
Der ökologische Landbau verliert das einzige dort zugelassene Pestizid.“

16: „Der Maiszünsler wird durch gv-Mais automatisch bekämpft. Es kommt nicht vor,
dass ein Landwirt „auf Verdacht“ lieber einmal zu viel spritzt. Er spart Personal und Ar-
beitszeit.“

17: „Durch das Anbauverbot von Bt- Mais kommt es zur Abwanderung der Unter-
nehmen, damit zum Verlust von Arbeitsplätzen und Schwächung der Forschung.“

18: „Durch das Einschleusen eines fremden Gens kann es zu völlig unerwarteten und
unerwünschten Eigenschaften bei der transgenen Pflanze kommen. Diese wiederum
können Auswirkungen auf die Artenvielfalt oder Nahrungsnetze haben.“
8
3 Material für Lernende

Material 3

Aussagen von Wissenschaftlern zu transgenen Pflanzen und zum


gv-Mais

W1: „Bisher war es unkontrollierbar, wo ein artfremdes Gen in ein Ge-


nom eingebaut wird. In Zukunft wird das durch die Anwendung neuer
Techniken (z. B. CRISPR/CAS9) kontrolliert möglich sein. Wenn der
Manipulationsort im Genom transgener Pflanzen genau bekannt ist,
werden auch bisher wenig absehbare Folgen kalkulierbar.“

W2: „Im Magen wird das Bt-Toxin schnell zersetzt. Es gibt


keine Ähnlichkeit zu bekannten Allergenen. Aber bisher gibt
es keine Studien bezüglich des Allergiepotenzials.“

W3: „Wir haben Mäuse über mehrere Generationen zu 33% mit Bt-Mais gefüt-
tert, andere mit normalem Mais. Die Versuchsgruppe mit Bt-Mais gebar mit zu-
nehmender Generation weniger Jungtiere als die Kontrollgruppe.“

W4: „Mais lässt sich mit keiner anderen Pflanzenart in Europa kreuzen. Die Ein-
kreuzung von Bt-Mais durch den Pollen in normalen Mais kann nicht komplett aus-
geschlossen werden. Bisherige Studien zeigen, dass der schwere Maispollen ma-
ximal 30m weit getragen wird. In Deutschland ist der vorgeschriebene Mindestab-
stand zwischen Bt-Maisfeldern und anderen Feldern 150m, zu Ökomais 300m.“

W5: „Es gibt keine Belege für den Eintrag von Bt-Toxin in Boden und Grundwasser.“

W6: „Untersuchungen von 2005 bis 2015 legen nahe, dass es bisher bei Maiszüns-
lern aus Flächen mit Bt-Mais und aus konventionellen Flächen zwar geringe Unter-
schiede bezüglich der Empfindlichkeit auf Bt-Toxin, aber keine deutlichen Resisten-
zen gibt. Mathematische Modellierungen gehen davon aus, dass damit auch in wei-
teren 20 Jahren nicht zu rechnen ist. Wir führen dies auch auf die anfänglich ge-
ringe Anbaurate von Bt-Mais zurück. Damit blieben große Flächenanteile frei von
gv-Mais. Auf diesen vermehren sich weiterhin die nicht-resistenten Schädlinge.“

W7: „Manche Studien legen eine schädigende Wirkung des Bt-Toxins


auf Nicht-Ziel-Organismen (z. B. Bienen, Florfliegen) nahe, andere wi-
dersprechen dem. Manchmal wurden Arten mit Pollen von gv-Mais
gefüttert, die in der Natur gar keine Maispflanzen aufsuchen.“

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3 Material für Lernende

Material 4

Handlungsoptionen
Entscheidungen sind häufig schwierig zu treffen, wenn es viele Argumente für und viele Argu-
mente gegen ein bestimmtes Vorhaben gibt. Häufig lohnt es sich, auch nach „Mittelwegen“ zu
suchen, die irgendwo zwischen „Ja“ oder „Nein“ liegen.
Beispiel: Eine Kommune möchte ein neues Gewerbegebiet ausweisen, das die Ansiedlung
etlicher Arbeitsplätze verspricht. Das fragliche Gebiet gilt jedoch als ökologisch wertvoll.
Handlungsoptionen:
1. Das Gewerbegebiet wird aus ökologischen Gründen nicht ausgewiesen.
2. Das Gewerbegebiet wird aus ökonomischen Gründen ausgewiesen.
3. Kompromiss: Das Gewerbegebiet wird ausgewiesen unter der Auflage, an anderer Stelle
Flächen für den Naturschutz zu sichern.
4. Kompromiss: Die Flächen werden für den Naturschutz gesichert und andere Flächen für
ein Gewerbegebiet gesucht.

Material 5

Normative Aussagen als Kriterien in Entscheidungssituationen


Eine reflektierte Entscheidung in einer kontroversen Frage setzt voraus, dass man diese Frage
unter verschiedensten Kriterien betrachtet. Dabei spielen die hinter diesen Kriterien liegenden
Wertvorstellungen die zentrale Rolle. Aus Werten lassen sich Handlungsanweisungen ablei-
ten. Diese Handlungsanweisungen werden als normative Aussagen bezeichnet. Ein Beispiel:
Wert: Biodiversität
normative Aussage: Die Biodiversität darf nicht gemindert werden.
beschreibende Aussage: Bt-Toxine des Bt-Mais wirken sich negativ auf die Biodiversität aus.
Schlussfolgerung: Man sollte Bt-Mais nicht anbauen.

Wichtige Werte für die Entscheidung schwieriger Fragen sind:

Sicherheit Fortschritt
Verantwortung
für Nachwelt
Gesundheit

Biodiversität

Wertepool persönliches
Wohlergehen
Menschen-
rechte
Gerechtigkeit
Menschen-
würde Selbstbestim-
Wohlstand mung, (Wahl-)
freiheit
Abbildung 1: Wertepool, IQB.

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3 Material für Lernende

Material 6

Stellungnahme der ehemaligen Landwirtschaftsministerin Ilse Aig-


ner (CSU) zur Frage der Zulassung des transgenen Bt-Mais MON810
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner gab ihre Entscheidung zur Frage der Zulassung des
transgenen Bt-Mais MON810 am 14. April 2009 bekannt. Im Rahmen einer Pressekonferenz
begründete sie ein Verbot von Anbau und Verkauf des Bt-Mais in Deutschland. Aigner sagte,
sie habe Grund zu der Annahme, dass der genveränderte Bt-Mais MON810 „eine Gefahr für
die Umwelt darstellt.“ Die Ministerin ergänzte: „Die Bundesländer werden umgehend über
diese Maßnahme informiert und werden die Einhaltung des Verbots überwachen.“
Als Begründung für ihr Verbot verwies sie auf Studien aus Luxemburg (s. Infokasten). Danach
gäbe es Risiken für Marienkäfer und Wasserorganismen. Ist das das Aus für die grüne Gen-
technik in Deutschland? Nein, betonte die Ministerin. Das Verbot soll nicht als Grundsatzent-
scheidung im Bereich grüne Gentechnik verstanden werden.

Infokasten: Wissenschaftliche Studien zu MON810


Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, auf die sich das Anbauverbot stützt, wurden von
zwei Forschergruppen geliefert. Eine Studie von Bohn et al. (2008) kam zu dem Ergebnis,
dass Wasserflöhe, die mit aus MON810 hergestelltem Mehl gefüttert werden, früher sterben
und weniger Nachwuchs bekommen. Eine zweite Studie von Schmidt (2009) deckte auf, dass
Larven des 2-Punkt-Marienkäfers vermehrt sterben, wenn ihnen Eier verfüttert werden, auf
welche das Schmetterlingsgift gesprüht wurde, das auch in MON810 enthalten ist.
Kritiker gehen indes davon aus, dass die Studien aus wissenschaftlicher Sicht kein Verbot
rechtfertigen. Gerade die Untersuchung zu den 2-Punkt-Marienkäfern weise erhebliche me-
thodische Mängel auf, weshalb der Schluss, der Anbau von MON810 könne für Marienkäfer
gefährlich werden, unzulässig sei. Da sich Wasserflöhe in der Natur von Algen und eben nicht
von Maismehl ernähren, sei die Studie von Bohn und seinen Kollegen ohnehin wertlos.
Die Studien:
Bohn T. et al. 2008 Reduced Fitness of Daphnia magna Fed a Bt-Transgenic Maize Variety. Arch. Environm. Con-
tamination and Toxicology. 55(4), 584-592. Verfügbar unter: http://www.somloquesembrem.org/wp-content/up-
loads/2013/01/Travik.pdf
Schmidt J. 2009. Effects of activated Bt transgene products (Cry1Ab, Cry3Bb) on immature stages of the ladybird
Adalia bipunctata in laboratory ecotoxicity testing. Arch. Environm. Contamination and Toxicology. 56(2):221-228.
Verfügbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18712501

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3 Material für Lernende

Material 7

Die Zukunftsverträglichkeit (Nachhaltigkeit) von Entscheidungen


Entscheidungen müssen nicht nur zwischen verschiedenen Perspektiven vermitteln, sie müs-
sen auch auf möglichst lange Sicht zukunftsverträglich oder nachhaltig (s. Abb.) sein. Um eine
solche Zukunftsverträglichkeit (Nachhaltigkeit) möglichst umfassend zu gewährleisten, müs-
sen Entscheidungsträger*innen den längerfristigen Einfluss einer Entscheidung im Hinblick auf
drei Säulen betrachten und sich möglichst gleichermaßen an ihnen orientieren (s. Abb.: weiße
Fläche in Mitte).
Entscheidungsträger*innen, die die Nachhaltigkeit einer Entscheidung beurteilen möchte, kön-
nen aus ganz unterschiedlicher Richtung auf die drei Säulen blicken. Die Tabelle macht An-
gaben zu MON810 für drei Blickrichtungen.

Abbildung 2: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit, IQB.

Nationale Blickrichtung EU-weite Blickrichtung Globale Blickrichtung


In Deutschland ist die Stim- Die Mehrheit der EU- Staaten In den USA wird gv-Mais er-
mung nicht sehr gentechnik- hat MON810 nicht zugelas- folgreich angebaut; bisher
freundlich. Allen Umfragen sen. Nur in Spanien und Por- ohne erkennbare negative
zufolge ist ein Großteil der Be- tugal wird der gv-Mais in nen- Auswirkungen. Es sind bereits
völkerung negativ eingestellt. nenswertem Umfang ange- Anbauquoten von 88% gv-
baut. Mais erreicht. Der Mais wird
auch in die EU exportiert.

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3 Material für Lernende

Material 8

Bewerten in Entscheidungssituationen
Ein Bewertungsprozess kann nicht nach einem einfachen Rezept ablaufen. Die folgenden As-
pekte spielen dabei eine Rolle. Es ist wichtig, sie nicht einfach in einem linearen Ablaufschema
anzuordnen, sondern zu berücksichtigen, ob z. B. einzelne Aspekte Einfluss auf mehrere an-
dere Aspekte haben können.

Handlungsoptionen Bewertungsplanung
(Gewichtung)

begründete Entscheidung

Reflexion mit Abschätzung langfristiger Folgen

Wertepool als Bewer-


tungskriterien (norma- Perspektiven Entscheidungsproblem
tive Aussagen) unterschiedlicher mit Fragestellung
Gruppen oder
Personen

Hintergrundwissen/ Fachwissen

Abbildung 3: Aspekte von Entscheidungssituationen, IQB.

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0 4 Weiterführendes Material

4 Weiterführendes Material

Der Biologieunterricht kann nicht alle Facetten eines komplexen Bewertungsprozesses wie
z. B. der Frage nach der Zulassung für den Anbau des genetisch veränderten Mais MON810
auseichend in den Blick nehmen. Die voranstehende Sammlung von Material ist als Auswahl
zu verstehen. Sie kann verschiedentlich erweitert oder verändert werden. Dies betrifft einer-
seits die Wertebetrachtungen, andererseits aber auch die fachlichen Grundlagen. Bei Letzte-
ren sind bestimmte Aspekte (z. B. Einfluss der Maispflanzen auf die Fertilität von Mäusen)
auch unter Wissenschaftlern unterschiedlich beurteilt.
Die folgenden Zitate können als Anregung dienen, um sich vertiefend hinsichtlich fachlicher
Aspekte und hinsichtlich der Förderung von Bewertungskompetenz im Biologieunterrichts zu
informieren:
 Hößle, C., & Alfs, N. (2016). Doping, Gentechnik, Zirkustiere: Bioethik im Unterricht (1. Aufl.). Aulis
Verlag.
 Lübeck, M., Hornberg-Schwetzel, S., & Spieß, C. (2018). Der Kompetenzbereich Bewertung im Bio-
logie-unterricht. Möglichkeiten zur systematischen Konstruktion von Lernaufgaben (1. Aufl.). Qualis
NRW: Waxmann Verlag.

 Alfs, N., & Hößle, C. (2010). Gentechnisch veränderter Mais in Deutschland – Wie bilde ich mir ein
Urteil? In: Nieders. Kultusmin. (Hrsg.): Materialien für den Kompetenzbereich Bewertung Gentech-
nik an Pflanzen. Verfügbar unter: http://db2.nibis.de/1db/cuvo/datei/0_materialien_bewer-
tung_grfcne_gentechnik.pdf

 Transparenz Gentechnik. Bt-Mais in Spanien: Noch immer keine resistenten Schädlinge. Verfügbar
unter: https://www.transgen.de/anbau/2661.mais-spanien-resistenten-schaedlinge.html

 Then, C., & Bauer-Panskus, A. (2018). Testbiotech comment on EFSA ́s opinion on the assessment
of genetically modified maize 1507 x 59122 x MON810 x NK603 and subcombinations, for food and
feed uses, under Regulation (EC) No 1829/2003 (application EFSA-GMO-NL-2011-92) bycompany
DowDuPont. Testbiotech. Verfügbar unter: https://www.testbiotech.org/sites/default/files/Testbio-
tech_Comment_Maize%201507_59122_MON810_NK603.pdf

 Spiegel Online (2009, 14. April). Anbau von umstrittenem Genmais gestoppt. Verfügbar unter:
www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/streit-um-mon-810-anbau-von-umstrittenem-genmais-ge-
stoppt-a-618850.html

 Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften. Gen-Mais MON810. Verfügbar un-
ter: www.drze.de/im-blickpunkt/gmf/module/gen-mais-mon-810

 Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (2008). Biological effects of transgenic maize
NK603xMON810 fed in long term reproduction studies in mice. Forschungsberichte der Sektion IV,
Band 3/2008. Verfügbar unter: https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/Uni-Wien-
Biological_effects_of_transgenic_maize_NK603xMon810_0.pdf (Zugriff am 29.04.2020)

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5 Lösungshinweise und Bezug zu den Standards

5 Lösungshinweise und Bezug zu den Standards

Es werden folgende Abkürzungen verwandt:


 S 1 – 8 Standards der Sachkompetenz (erste Spalte)
 E 1 – 17 Standards der Erkenntnisgewinnungskompetenz (zweite Spalte),
 K 1 – 14 Standards der Kommunikationskompetenz (dritte Spalte),
 B 1 – 12 Standards der Bewertungskompetenz (vierte Spalte).

1 Formulieren Sie mithilfe von Material 1 die Entscheidungs- S E K B


frage und die beiden damit verbundenen Antwortmöglichkei- 1
ten (auch Handlungsoptionen genannt) für einen politischen
Entscheidungsträger, z. B. das Landwirtschaftsministerium
der Bundesrepublik Deutschland, bezüglich des transgenen
Bt-Mais MON810 an.

Entscheidungsfrage [sinngemäß]: Soll Deutschland von der erfolgten EU-Zulassung des trans-
genen Mais MON810 zum Anbau als Nahrungs- und Futtermittel abweichen?
Handlungsoption 1: Zulassung wie in der EU
Handlungsoption 2: Ausstiegsoption nutzen, die jedem EU-Mitglied offensteht

2 Formulieren Sie mithilfe von Material 2 eine Argumentation S E K B


aus einer der folgenden Perspektiven: Öko-Landwirt, Bürger 7 2
(z. B. als Verbraucher, Anwohner), Umweltschützer, Saat-
gutfirma (für gentechnisch verändertes Saatgut)
• Prüfen Sie, ob zwischen Argumenten Ihrer gewählten Per-
spektive und Argumenten anderer Perspektiven Widersprü-
che bestehen.
Es lassen sich für die Ausformulierungen der Schüler die folgenden Argumente für die jeweili-
gen Perspektiven nutzen:
• Mögliche Argumente Öko-Landwirt: Argumente 1, 4, 8, 9, 12, 14, 15, 18
Mit seinen Argumenten könnte der Öko-Landwirt den Argumenten 6, 7, 11 widersprechen.
• Mögliche Argumente Bürger: 1, 3, 4, 5, 6, 10, 12, 13, 17
Bürger haben möglicherweise in sich widersprüchliche Argumente, z. B. die eher ökonomi-
schen Argumente (17) und Vertrauen in die Sicherheitsforschung (6) oder Argumente aus Ver-
brauchersicht (5), aber dem zuwiderlaufend als Anwohner auch Argumente aus Gesundheit
und Ökologie (1, 3, 4, 10, 12, 13) widersprechen.
• Mögliche Argumente Umweltschützer: 1, 3, 4, 9, 10, 12, 13, 14, 15, 18
Mit diesen Argumenten könnten Umweltschützer den Argumenten 2, 6, 7, 11 und 16 wider-
sprechen.
• Mögliche Argumente Saatgutfirma: 2, 5, 6, 7, 11, 16, 17
Mit diesen Argumenten könnte die Saatgutfirma den Argumenten 1, 3, 4, 8, 10, 12, 13, 14
widersprechen.

15
5 Lösungshinweise und Bezug zu den Standards

3 Prüfen Sie die Argumente der von Ihnen gewählten Perso- S E K B


nenperspektive anhand der Angaben der Wissenschaftler 7 2
(Material 3) auf sachliche Richtigkeit oder Akzeptabilität.

Die Aussagen der Wissenschaftler entkräften oder schwächen einige der Argumente aus Teil-
aufgabe 2:
W1 schwächt die Argumente 1 und 18.
W2 schwächt das Argument 3, aber Studien scheinen noch zu fehlen.
W3 entkräftet/schwächt das Argument 6.
W4 entkräftet/schwächt die Argumente 8 und 14.
W5 schwächt das Argument 1.
W6 schwächt die Argumente 9 und 15.
W7 schwächt die Argumente 7 und 12. Da W7 eine ungeklärte wissenschaftliche Meinung
dokumentiert, kann es in beide bzw. in keine der beiden Richtungen verwendet werden. Hier
wären somit weitere Forschungen zu fordern, die die Kritik an bisherigen Studien berücksich-
tigen.

4 In Deutschland könnte die Frage der Zulassung von S E K B


MON810 in einigen Jahren erneut politisch diskutiert wer- 8
den. Diskutieren Sie, ob es zusätzlich zu Ihren in 1. geäu-
ßerten Handlungsoptionen weitere Handlungsoptionen ge-
ben könnte.
• Ziehen Sie Kompromisslösungen oder Lösungen mit Ein-
schränkungen in Betracht. Beachten Sie als Impuls für Ihre
Diskussion das in Material 4 beschriebene Beispiel.
Beispiele für alternative Handlungsoptionen:
• MON810 wird nur zum Anbau als Futtermais oder nur zur Biogasgewinnung, nicht aber zur
Nahrungsmittelgewinnung zugelassen.
• Es werden nur ganz wenige Flächen ausgewiesen, für die es eine wissenschaftliche Begleit-
untersuchung gibt. Nach einigen Jahren wird resümiert und neu entschieden.
oder andere plausible Kompromissvorschläge

5 Ordnen Sie den Argumenten der verschiedenen Interes- E E K B


sensgruppen die dahinterliegenden Werte zu. Geben Sie je- 3
weils Paare von normativen und deskriptiven Aussagen an.
• Verwenden Sie den Wertepool (Material 5) als Impuls.

normative Aussage: Die Freiheit des Einzelnen darf nicht gemindert werden.
• beschreibende Aussage: Bt-Mais wirkt sich nicht auf die Freiheit des Einzelnen aus, da
durch die Kennzeichnungspflicht jeder Verbraucher entscheiden
kann, ob er Bt-Maisprodukte kauft oder nicht.
• Schlussfolgerung: Man kann Bt-Mais anbauen.
[ähnlich formulierbar z. B. für Sicherheit, Verringerung von Leid, Wohlstand]
• normative Aussage: Die Biodiversität darf nicht gemindert/muss erhalten werden.
• beschreibende Aussage: Bt-Toxin des Bt-Mais wirkt sich negativ auf Biodiversität aus.
• Schlussfolgerung: Man sollte Bt-Mais nicht anbauen.

16
5 Lösungshinweise und Bezug zu den Standards

oder (bei andersartiger fachlicher Beurteilung):


• normative Aussage: Die Biodiversität darf nicht gemindert werden.
• beschreibende Aussage: Bt-Toxine des Bt-Mais wirken sich nicht negativ auf die Biodiver-
sität aus.
• Schlussfolgerung: Man kann Bt-Mais anbauen.
Konsequenz: Kriterium Biodiversität ist nicht abschließend beurteilbar.
• normative Aussage: Fortschritt muss ermöglicht werden.
• beschreibende Aussage: Bt-Mais ist ein Fortschritt in der Landwirtschaft.
• Schlussfolgerung: Man kann Bt-Mais anbauen.
• normative Aussage: Gesundheit darf nicht gefährdet werden.
• beschreibende Aussage: Bt-Mais ist ein Risiko für die Gesundheit.
• Schlussfolgerung: Man darf Bt-Mais nicht anbauen.
oder: andersartige fachlicher Beurteilung des Kriteriums Gesundheit, daher auch möglich:
Konsequenz: Kriterium Gesundheit ist nicht abschließend beurteilbar.
• normative Aussage: Wahlfreiheit und Selbstbestimmung müssen ermöglicht werden.
• beschreibende Aussage: Bt-Mais muss im Handel gekennzeichnet sein.
• Schlussfolgerung: Man kann Bt-Mais anbauen (nur nicht ausschließlich), da die
Wahlfreiheit gewahrt bleibt.
• normative Aussage: Entscheidungen sollen ein möglichst hohes Maß an Gerechtig-
keit für alle ermöglichen.
• beschreibende Aussage: Bt-Mais benachteiligt Öko-Landwirte (Einkreuzung, Verunreini-
gungen)
• Schlussfolgerung: Man darf Bt-Mais nicht anbauen
oder: andere Beurteilung des Kriteriums Gerechtigkeit (unwahrscheinliche Einkreuzungen,
da Abstand zu Feldern des Ökolandbaus; Rechtssicherheit
durch Verursacherhaftung); daher auch möglich:
Konsequenz: Kriterium Gerechtigkeit ist nicht abschließend beurteilbar
• normative Aussage: Verantwortung für die Nachwelt: Das heutige Handeln muss da-
nach ausgerichtet sein, dass es nachfolgende Generationen
nicht beeinträchtigt (Zukunftsverträglichkeit).
• beschreibende Aussage: Manche Folgen (z. B. Biodiversität) des Anbaus von Bt-Mais sind
noch nicht klar abschätzbar.
• Schlussfolgerung: Man darf Bt-Mais (vorerst) nicht anbauen.
Anm.: Die Werte Menschenrechte, Menschenwürde, persönliches Wohlergehen sind nicht berührt.

6 Erläutern Sie, wie die damalige Landwirtschaftsministerin S E K B


Ilse Aigner zu einer ablehnenden Entscheidung gegenüber 4
dem gv-Mais MON810 gekommen sein könnte.
• Identifizieren Sie dazu die Werte (Material 6), die die Minis-
terin besonders stark gewichtet hat oder sogar als K.-o.-Kri-
terien für Ihre Entscheidung herangezogen hat.

Aus dem Pressetext geht hervor, dass die Ministerin sich bei ihrer Entscheidung auf neuere
Untersuchungen bezogen hat. Diese Untersuchungen können den Verdacht nicht ausräumen,
dass MON810 sich nicht negativ auf die Biodiversität auswirkt. Die Erhaltung von Biodiversität
ist ein Aspekt der Verantwortung der jetzigen Generation für die Nachwelt. Auf andere Werte
als „Biodiversität“ und „Verantwortung für die Nachwelt“ nimmt der Pressetext keinen Bezug.
Daraus kann geschlossen werden, dass die beiden Werte sehr stark gewichtet wurden. Da die

17
5 Lösungshinweise und Bezug zu den Standards

Befunde aus den Untersuchungen sogar angezweifelt werden, könnten die beiden Kriterien
vielleicht sogar als K.O.-Kriterium angewendet worden sein, die sogar schon bei leichtem
Zweifel eine Negativentscheidung herbeiführen.

7 Diskutieren Sie, ob es unter den Gesichtspunkten der Nach- E E K B


haltigkeit letztlich eine richtige Antwort auf die Entschei- 10
dungsfrage zu MON810 geben kann. 11
• Verwenden Sie die Angaben und Impulse aus Material 12

(individuelle Lösungen) Die unterschiedlichen Blickrichtungen können die Bewertung beein-


flussen. Beispielsweise könnte eine rein nationale Blickrichtung die Aspekte Wertschöpfung,
Chancengleichheit, Arbeit anders bewerten als eine EU-weite oder besonders eine globale
Blickrichtung. Dies gilt besonders dann, wenn eine Entscheidung für MON810 in anderen
Staaten bereits getroffen wurde, die keine (kurzfristigen) negativen ökologischen Auswirkun-
gen zeigt, aber nun eine wirtschaftliche Konkurrenzsituation entstehen lässt, die Einfluss auf
Arbeit, Wohlstand und auch Soziales haben könnte. Solche Konstellationen verlieren eher die
Ökologie aus dem Blick. Eine „richtige“ oder besser einheitliche Antwort könnte es nur geben,
wenn jeweils eine Art „globaler Rat“ über wichtige Entscheidungsfragen berät.

18
5 Lösungshinweise und Bezug zu den Standards

8 Erläutern Sie allgemein, auf welchem Weg verantwortliche E E K B


Personen in Entscheidungssituationen zu tragfähigen Ent- 8
scheidungen gelangen können. 11
• Verwenden Sie die Hinweiskarten aus Material 8 und ord-
nen Sie diese in einer aussagekräftigen Darstellung an.

Entscheidungsproblem mit Fragestellung

Perspektiven unterschiedlicher
Gruppen oder Personen

Handlungsoptionen
Hintergrundwissen/ Fachwissen

Wertepool als Bewertungskriterien (normative


Aussagen)

Bewertungsplanung (Gewichtung)

begründete Entscheidung

Reflexion mit Abschätzung langfristiger Folgen

Solide Pfeile geben den Ablauf des Bewertungsprozesses an; gestrichelte Pfeile geben einen
Einfluss auf einzelne Teilschritte an.

19
6 Quellenangaben

6 Quellenangaben

Material 2 und 3:
Im Auftrag des IQB erstellt, in Anlehnung an: Hößle, C. & Alfs, N. (2016). Doping, Gentech-
nik, Zirkustiere: Bioethik im Unterricht. Aulis Verlag.
Sowie:
Alfs, N., & Hößle, C. (2010). Gentechnisch veränderter Mais in Deutschland – Wie bilde ich
mir ein Urteil? In: Nieders. Kultusmin. (Hrsg.): Materialien für den Kompetenzbereich Be-
wertung. Gentechnik an Pflanzen – eine Herausforderung. Sekundarbereich I und Sekund-
arbereich II. Verfügbar unter: http://db2.nibis.de/1db/cuvo/datei/0_materialien_bewer-
tung_grfcne_gentechnik.pdf (Zugriff am 13.12.2018)

 Material 5, Abbildung 1:
Im Auftrag des IQB erstellt, in Anlehnung an: Hößle, C., & Alfs, N. (2016). Doping, Gentech-
nik, Zirkustiere: Bioethik im Unterricht. Aulis Verlag.

 Material 6, Infokasten:
Im Auftrag des IQB erstellt, in Anlehnung an: Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den
Biowissenschaften. Gen-Mais MON810. Verfügbar unter: www.drze.de/im-blick-
punkt/gmf/module/gen-mais-mon-810 (Zugriff am 18.12.2019)

 Material 8, Abbildung 3:
Im Auftrag des IQB erstellt, in Anlehnung an: Lübeck, M., Hornberg-Schwetzel, S., & Spieß,
C. (2018). Der Kompetenzbereich Bewertung im Biologieunterricht. Möglichkeiten zur sys-
tematischen Konstruktion von Lernaufgaben. Qualis NRW: Waxmann Verlag.

 Alle weiteren Materialien und Abbildungen wurden im Auftrag des IQB erstellt.

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