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nach literarischen Texten ausschließt. Gut informiert weist R.

das obsolete Modell


einer zentralstaatlich organisierten Planwirtschaft in Ägypten zurück und folgt Jo-
seph Manning (The Last Pharaohs. Princeton 2010) in der Betonung kleinräumiger
sozialer Macht- und Wirtschaftsstrukturen. Die beiden Kapitel zur römischen Wirt-
schaft stellen den Höhepunkt der antiken Wirtschaft dar. Mit Keith Hopkins (Taxes
and Trade in the Roman Empire, in: JRS 70, 1980, 101–125) betont R. eine außerge-
wöhnliche Dynamik, die vom politischen Zentrum ausgehend die wirtschaftliche
Entwicklung peripherer Reichsteile stimulierte. R. konstatiert entsprechend der
neueren Forschung eine erhebliche Produktivitätssteigerung und Steigerung des
Pro-Kopf-Einkommens im 1. und 2.Jh., das für die Antike einzigartig war (S.104).
Wirtschaftliches Wachstum, so resümiert er im Schlusskapitel, sei durch den nach-
weislich steigenden Anteil der nicht im agrarischen Bereich tätigen Bevölkerung,
eine markante Stadtentwicklung sowie einen Bevölkerungsanstieg ohne gleichzei-
tigen Anstieg von Hungersnöten indiziert (S.125).
Der Band wird vielen Studierenden und Fachfremden als nützliche Grundlage
zum Studium der antiken Wirtschaft dienen. Forschungsüberblick und Bibliogra-
phie sind auf dem Stand der internationalen Forschung. Der Herausforderung, eine
methodisch neuorientierte antike Wirtschaftsgeschichte zu schreiben, wie es viele
Spezialuntersuchungen heute nahelegen, hat sich R. allerdings nicht gestellt.

Daniela Marchiandi, I periboli funerari nell’ Attica classica: Lo specchio di una


‚borghesia‘. (Studi di Archeologia e di Topografia di Atene e dell’Attica, 3.) Ate-
ne/Paestum, Scuola Archeologica Italiana di Atene/Pandemos 2011. 243 S., 30
Fotos, 1 CD-ROM, € 100,–. // oldenbourg doi 10.1524/hzhz.2013.0324

Hans Rupprecht Goette, Berlin

Das vorliegende Werk, eine an der Universitá Orientale in Neapel entstandene Dis-
sertation, die über mehrere Jahre an der Italienischen Schule in Athen weitergeführt
wurde, behandelt klassische Grabkontexte insbesondere in Bezug auf das Inschrif-
tenmaterial, um es nach prosopographischen Gesichtspunkten für die soziale, öko-
nomische und politische Situation der Grabinhaber und deren Familien auszuwer-
ten. Die Architekturen der ‚Grabbauten‘ und die plastische Ausstattung spielen ge-
genüber der Diskussion des epigraphischen Befundes eine untergeordnete Rolle;

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insbesondere für die Visualisierung des Kontextes von Inschriften und Grabreliefs
muss man die bekannten Corpora zur Hand nehmen. Der Tafelteil ist daher verzicht-
bar: In der Regel handelt es sich um (oft ohne Copyright hergestellte) Reproduktio-
nen aus anderen Werken. Unter archäologischen Gesichtspunkten ist demnach die
Publikation der Bonner Dissertation von Jan Breder „Attische Grabbezirke klassi-
scher Zeit“, die für den Sommer 2013 vorgesehen ist, besonders im Vergleich mit
dem hier besprochenen, anregenden und nützlichen Werk von Interesse.
Die Autorin hat sich viel vorgenommen, ist doch das bekannte Material in seiner
Menge nahezu unübersichtlich, oft nur unzureichend publiziert, bisweilen nur kur-
sorisch erwähnt oder gar unpubliziert. Als umfassende Schreibtisch-Studie (offen-
bar ohne größere Gelände-Beobachtungen) erfüllt das Werk mit seinem eng ge-
druckten, topographisch gegliederten PDF-Katalog (S.255–569, ergänzt durch 41
Stemmata wichtiger Familien [S.571–611], eine Demenliste [S.613–640] sowie um-
fangreiche Indizes von C. Zanaga [S.643–683]) die Erwartungen trotz dieser schwie-
rigen Ausgangslage. Dank der digitalen Publikation ist er nach Begriffen wie auch
nach Inschriften oder Monumenten leicht durchsuchbar (man hätte demnach auf
das Indizieren dieses digital vorgelegten Teils des Werkes verzichten können) und
überaus nutzerfreundlich, ein großes Plus der Publikation. Das Werk ist für jeden,
der sich mit Grabmonumenten im klassischen Athen sowie in der attischen Chora
und der Prosopographie der Bestatteten beschäftigt, interessant und als Arbeitsins-
trument nützlich, zumal die einschlägige Literatur umfassend eingearbeitet ist. Da-
gegen ermüdet die Lektüre des eigentlichen (gedruckten) Textes mit zahlreichen Re-
dundanzen und aus der älteren Forschung gut Bekanntem bisweilen.
Unter den insgesamt überzeugenden Ergebnissen der Arbeit werden freilich eini-
ge Punkte diskussionswürdig bleiben. Warum etwa unter „I demoi dell’Attica“
(S.613–640) nur 64 Gemeinden gelistet sind, ist unklar. Das Thema von Wohnort vs.
Gemeindezugehörigkeit von Demoten wird nur in wenigen Fällen (S.144–147) be-
handelt, obwohl der vorliegende Katalog zu einer ausführlicheren Untersuchung
der Frage nach dem Lebensmittelpunkt der fern des Heimatdemos Bestatteten und
der Gründe für den Umzug einlädt. – Ein in der Forschung immer wieder behandel-
tes Problem, das die Materialauswahl von M. bestimmt hat, ist das des Beginns und
des Endes der aufwendigen Grabausstattung. Hier meint M., dass es schon seit dem
mittleren 5.Jh. reich ausgestattete Grabbezirke, vor allem in der Chora, gegeben ha-
be. Eine Prüfung der jeweiligen Befunde kann diese Meinung nicht stützen: Denn
für die meisten der (relativ an der Gesamtmenge der Gräber verschwindend weni-

152 Historische Zeitschrift // BAND 297 / 2013 Brought to you by | University of Georgia Libraries
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gen!) Beispiele sind die Belege Keramik-Beigaben, die die Ausgräber ins 3. Viertel des
5.Jh.s datiert haben (S.67 Anm.28: Aix.8; Hal.Aix.12); in einem anderen Fall wurde
ein einzelnes Fundstück nicht im Grabbezirk selbst gefunden (s. Euonym.3). Ein an-
geblicher Beleg (S.32; W.Ker.vs.2) für den Schluss, dass noch nach dem Grabluxus-
gesetz des Demetrios Phalereus solch große Anlagen errichtet wurden, ist bislang
nicht bis in die Schichten des früheren 4.Jh.s ergraben. Somit ist der generelle
Schluss von M. hier ausdrücklich zu unterstreichen, nämlich dass die Grabbezirke
der Klassik auch später weiter genutzt wurden, während für den Beginn der klassi-
schen Grabdenkmäler der Ausbruch des Peloponnesischen Krieges und der Pest in
Athen sowie alle stilistischen Indizien der Monumente ein überzeugendes Datum
geben.

Stephen Lambert, Inscribed Athenian Laws and Decrees 352/1–322/1 BC. Epigra-
phical Essays. (Brill Studies in Greek and Roman Epigraphy.) Leiden/Boston,
Brill 2012. XII, 434 S., € 108,–. // oldenbourg doi 10.1524/hzhz.2013.0325

Johannes Engels, Kreuzau

Lambert hat die auf Inschriften aufgefundenen athenischen Gesetze und Dekrete
der Volksversammlung von 352/51–322/21 v.Chr. in der authoritativen Edition der
Inscriptiones Graecae vorgelegt (2012). Diese Texte sind für die attische Demokratie
Quellen von zentraler Bedeutung (siehe www.atticinscriptions.com zu englischen
Übersetzungen). Zahlreiche dieser Inschriften widerlegen Thesen von einer struktu-
rellen Krise der Demokratie vor 322 v.Chr. Sie legen vielmehr Zeugnis ab von erfolg-
reichen Versuchen der Athener, ihre Demokratie gegenüber dem 5.Jh. auszubauen
und zu ‚modernisieren‘.
Das Buch stellt 18 Studien L.s zusammen, die zwischen 2000 und 2010 als Vorar-
beiten und Begleitstudien der Edition veröffentlicht wurden. In dieser Besprechung
gehe ich nur auf zwei Studien ein: Aus der literarischen Überlieferung ist Demosthe-
nes auch als ein häufiger Antragsteller in der Ekklesia bezeugt. Jedoch ist inschrift-
lich bisher erst ein einziges von Demosthenes beantragtes Dekret bekannt (S.249–
272). Dagegen ist die rege Tätigkeit des Lykurg und des Demades als Antragsteller
viel besser auch inschriftlich bezeugt. Handelt es sich hier nun um die Auswirkung
einer damnatio memoriae gegen Demosthenes in Athen nach 322? Oder hat De-

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