Villa Barbaro
1556-1558
Maser/Treviso
„Das unten folgende Gebäude liegt in Maser,
nahe Asolo, einem trevisischen Schloß. Es
gehört dem ehrwürdigen Daniele Barbaro und
seinem Bruder Marcantonio. Jener Teil des
Gebäudes, der etwas hervorspringt, besitzt
Räume auf zwei Stockwerk hervorspringt,
besitzt Räume auf zwei Stockwerken. Die
Ebene der oberen Räume ist gleich mit der
des hinteren Hofes, wo dem Haus gegenüber
in den Berg ein Brunnen mit zahllosen Stuck-
und Malererrverzierungen eingehauen worden
ist. Dieser Brunnen bildet einen Teich, der zum
Fischen dient. Von hier aus teilt sich das
Wasser. Es fließt in die Küche und dann, wenn
es die Gärten, die rechts und links von der
zum Hause hin langsam ansteigenden Straße
liegen, bewässert hat, in zwei Fischteiche mit
zwei Tränken, die sich an der öffentlichen
Straße befinden.
Von hier aus bewässert es den Küchengarten,
der sehr groß und voll ausgezeichneter Früchte
ist und wo auch verschiedene Wildarten
gehalten werden. Die Fassade des Herren-
hauses hat vier Säulen von ionischer Ordnung,
die Kapitelle der seitlichen Säulen sind auf zwei
Seiten ausgebildet. Wie diese Kapitelle zu
machen sind, werde ich mi Buch über die
Tempel beschreiben. Auf der einen wie auf der
anderen Seite des Gebäudes liegen Loggien,
die an ihren Enden zwei Taubenschlage haben.
Darunter befinden sich die Weinkeller, die Ställe
und die anderen Nutzungsanlagen der Villa.“
Aus: Andrea, Palladio, Die vier Bücher zur
Architektur, Birkenhäuser, Basel/Schweiz, 1993,
Buch II, Kap. 14, S.171/172

„Kaum eine der Villen Palladios ist so
einfühlsam in die Kulturlandschait Venetiens
eingebettet worden wie die Villa Barbaro.
Dieser ideale Standort liegt an einem sanft
ansteigenden Hügel, dem eine Quelle
entspringt. Weit öffnet sich von hier der Blick
über die nahen Landereien. Die Bauherren
waren die Brüder Barbaro. Marcanonio
Barbaro galt als eine der wichtigsten Per-
sönlichkeiten Venedigs. Sein Bruder Daniele
Barbaro war neben seinen kirchlichen
Aufgaben auch der Kultur und insbesondere
humanistischen Gedanken gegenüber
aufgeschlossen. Er erarbeitete zusammen mit
Palladio eine Übersetzung von Vitruvs „ Zehn
Büchern der Architektur“.
Aufgrund dieser Zusammenarbeit mußte die
enge Freundschaft Zwischen dem Humanisten
Daniele Barbaro und dem Architekten Andrea
Palladio entstanden sein, die dann zum
Bauauftrag für die Villa führte.
Die leichte Hanglage der Villa bedingte auf der
Talseite ein zweigeschossiges Herrenhaus.
Im Obergeschoß, dem Piano nobile,betritt man
(nun ebenerdig) einen praktisch von der
Außenwelt abge-schlossenen Innenhof mit
einem Nymphäum, das von der schon
erwähnten Quellegespeist wird. Gegliedert
wird die Fassade des mittleren Baukörpers
durch Halbsäulen und Tympanon - Palladios
beliebtes Motiv der antiken Tempelfront.“
Aus: Classen Helge, Palladio. Auf den Spuren
einer Legende, Harenberg, 1993, 5. Auflage,
S.91
„Villa in Cusignana die Arcade als auch Palla-
dios zweite Villa in Treviso, die Villa Emo,
haben ausgedehnte Wirtschaftsflügel. In
Maser enden die Flügel in Taubenschlagen.
Diese sind eher szenographisch als unter rei-
nen Niitzlichkeitserwagungen angelegt, so wie
die für die Arbeit bestimmten barchesse
außerhalb des Wohnkomplexes angelegt sind.
Die Villa Barbaro hat Merkmale, wie man sie
gewohnlich nicht mit Palladios Werk assozi-
iert. Die Hauptachse endet in einem Halb-
kreis, der in den Hiigel gesetzt und als Nym-
phaeum gestaltet ist. Der Hauptwohntrakt ist
urn ein voiles Geschoß angehoben, um das
Niveau des Nymphaeums zu erreichen und
den Blick auf die ausgedehnten landwirt-
schaftlichen Familienbesitzungen freizuge-
ben. Vier nach dem Vorbild des romischen
Tempels der Fortuna Virilis gestaltete ioni-
sche Säulen schmücken den vorspringenden
Wohnblock. Die Eingangstreppen liegen ver-
steckt, dort wo der Hauptbau an die Seiten-
flügel stoßt (ein früherer Entwurf Palladios,
der ein großes Treppenhaus vorsah, wurde
als unpraktisch fallengelassen).
Das Nymphaeum bildet das kritische Mo-
ment des Gebäudes im Schnitt. Da es in
Palladios Werk isoliert dasteht, konnte es von
den Bauherrn erdacht worden sein. Sie
waren dabei sicher von zeitgenossischen
romischen Villen beeinflußt, die ihrerseits
antiken, von Plinius und Vitruv beschriebenen
Vorbildern nacheiferten.(…)
Die Antike als Inspirationsquelle wird an
einem Fresko Veroneses im schmalen, an
das Nymphaeum angrenzen-den Raum
deutlich, das die Villa Barbaro inmitten einer
Landschaft mit antiken Gebäuden abbildet.
Die Ausschmückung der Villa ist Teil eines
ikonographischen Pro-gramms, das von den
Bauherrn erdacht wurde und dessen
Fertigstellung sie auch zum großen Teil
überwachten.(…)“
Aus: Caroline Constant, Der Palladio Führer,
Wiesbaden, 1988, 1. Auflage, Kapitel 2,
S.61/62
Zusammengefasst von:
Rabia Karadeniz