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SIMULATIONSGESTÜTZTE EFFIZIENZOPTIMIERUNG

VON INDUSTRIELLEN KALTWASSERSYSTEMEN MIT


THERMISCHEN SPEICHERN

Der Technischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität


Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Grades

Doktor-Ingenieur

vorgelegt von

Philipp Puls

Erlangen, April 2019


Als Dissertation genehmigt von der Technischen Fakultät der Friedrich-Alexander-
Universität Erlangen-Nürnberg

Tag der mündlichen Prüfung: 26.02.2019

Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr.-Ing. Reinhard Lerch

Gutachter: Priv.-Doz. Dr. techn. Peter Pichler

Priv.-Doz. Dr.-Ing. Karsten Müller


DANKSAGUNG
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitar-
beiter am Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie
(IISB) in Erlangen im Rahmen des Energieforschungsprojektes SEEDs.

Mein besonderer Dank geht an Herrn Prof. Dr. Lothar Frey, welcher das Projekt initiierte
und mir damit die Möglichkeit für diese Arbeit gab. Er unterstützte die Nutzung des In-
stitutsgebäudes als Demonstrationsplattform für die Integration innovativer Energie-
konzepte und sprach sich dabei auch für tiefgreifende strukturelle Veränderungen der
Infrastruktur aus.

Leider konnte Prof. Frey meine Arbeit nicht bis zum Abschluss betreuen. An dieser Stelle
hat sich PD Dr. techn. Peter Pichler bereiterklärt, die Betreuung der Arbeit zu überneh-
men. Für diesen anstrengenden Akt, aber auch für seine vielen wertvollen Anmerkun-
gen, möchte ich ihm meinen großen Dank aussprechen. Ebenso möchte ich PD Dr.-Ing.
Karsten Müller sowie Prof. Dr.-Ing. Marco Pruckner danken, welche kurzfristig die Rol-
len des Zweit- und Drittgutachters für diese Arbeit übernommen haben.

Darüber hinaus bedanke ich mich bei meinen derzeitigen und ehemaligen Kollegen und
Studenten für ihre stete Diskussionsbereitschaft sowie das ausgezeichnete Arbeitsklima.
Dies hat mich bei der Anfertigung dieser Arbeit stets unterstützt und motiviert.

Meiner Frau Anne und meinen beiden Söhnen Leonhardt und Kilian danke ich für ihre
liebevolle Fürsorge, aber auch für ihr Verständnis und die Gewährung des nötigen Frei-
raums, welcher die Anfertigung dieser Arbeit erst möglich gemacht hat.

Erlangen, April 2019


WIDMUNG
Diese Arbeit ist meinen beiden Söhnen Leonhardt und Kilian gewidmet.
KURZZUSAMMENFASSUNG
In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Möglichkeiten zur Optimierung der
Energieeffizienz in Kaltwassersystemen untersucht und gegenübergestellt. Die Kältever-
sorgungsinfrastruktur des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelemen-
tetechnologie IISB in Erlangen wird dabei als Referenzsystem sowie als Plattform für die
Umsetzung abgeleiteter Maßnahmen herangezogen. Ein besonderes Teilziel dieser Ar-
beit stellt die Gegenüberstellung der Einsparpotenziale von konventionellen Möglichkei-
ten der Effizienzoptimierung mit innovativen Maßnahmen, wie dem Einsatz von freier
Kühlung und der Nutzung eines Kältespeichers, dar. Die Implementierung innovativer
Anlagenkonzepte ist üblicherweise mit einem erhöhten technischen Aufwand verbun-
den. Ferner hängen die Effizienzpotenziale von individuellen Randbedingungen des be-
trachteten Systems ab. Aus diesen Gründen wird im Vorfeld der Umsetzung ein Simula-
tionswerkzeug entwickelt, mit dem sich die Systemeffizienz in Abhängigkeit verschiede-
ner Randbedingungen untersuchen lässt.

Um eine Basis für die Bewertung unterschiedlicher Maßnahmen herzustellen, wurde das
Referenzsystem analysiert. Hierbei wurde eine relativ geringe Auslastung der vorhan-
denen Kältemaschinen festgestellt, welche zusammen mit einem hohen Kaltwasser-
Volumenstrom und einer geringen Temperaturspreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf
des Kältesystems eine niedrige Gesamteffizienz der Kälteanlage verursachte. Auf Basis
dieser Erkenntnisse wurde eine Methodik zur Erhöhung der Anlageneffizienz abgeleitet.
Diese beinhaltet die Absenkung des Kaltwasser-Volumenstroms, den Einsatz eines Käl-
tespeichers zur Erhöhung der Auslastung der Kältemaschine sowie den Einsatz von frei-
er Kühlung in Zeiträumen mit niedriger Kältelast. Um das Einsparpotenzial des Kälte-
speichers und der freien Kühlung zu quantifizieren, wurden Modelle für die wichtigsten
Komponenten des Kältesystems entwickelt und in ein Systemmodell integriert. Die Effi-
zienz- und Einsparpotenziale der beiden im Modell betrachteten Technologien wurden
anschließend denen der umgesetzten, konventionellen Maßnahmen gegenübergestellt.

Die Ergebnisse der Simulationen implizieren, dass der Einsatz eines Kältespeichers und
der freien Kühlung signifikante Einsparpotenziale aufweist. Mit Hilfe eines Kaltwasser-
speichers mit 80 m³ Volumen lassen sich etwa 10 % der jährlichen, betriebsgebunden
Kosten des Referenzsystems einsparen. Die Kosteneinsparung durch Nutzung von freier
Kühlung liegt bei etwa 12 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass freie Kühlung in den
Sommermonaten aufgrund hoher Umgebungstemperaturen nicht betrieben werden
kann. Das Einsparpotenzial ergibt sich somit allein aus der Winterperiode, in welcher
die Einsparungen höher liegen als der Jahresdurchschnittswert von 12 %. Die konventi-
onellen Effizienzmaßnahmen wiesen dagegen ein Einsparpotenzial von etwa 20 % auf,
setzten sich jedoch aus zahlreichen, individuellen Optimierungsmaßnahmen im Kälte-
system zusammen. Der geplante Kältespeicher konnte aufgrund eines Bauverzuges nicht
im Rahmen der vorliegenden Arbeit umgesetzt werden. Die Implementierung der freien
Kühlung wurde hingegen erfolgreich abgeschlossen und das Einsparpotenzial unter-
sucht. Die experimentellen Ergebnisse stehen dabei in guter Übereinstimmung mit den
Prognosen des Simulationsmodells. Während des Betriebs der freien Kühlung wurde ein
Einsparpotenzial von etwa 47 % gegenüber der Kältemaschine vorausgesagt, welches
mit einem Wert von 50 % der umgesetzten Anlage leicht übertroffen wurde.

ABSTRACT
In this work, different options for improving the energy efficiency of cold water systems
are investigated and compared. The cold water system at the Fraunhofer-Institute for
Integrated Systems and Device Technology IISB in Erlangen is used as a reference sys-
tem as well as a platform for the implementation of derived efficiency measures. An im-
portant subgoal of this work is the comparison of energy saving potentials of conven-
tional efficiency measures and innovative concepts, such as the utilization of cold stor-
age and free cooling. An implementation of innovative concepts is usually associated
with higher technical efforts. Further, energy savings are dependent on various systemic
boundary conditions. Therefore, prior to the implementation of efficiency measures, a
simulation tool was developed, that was used to investigate efficiencies of the consid-
ered reference system in dependence of various system impacts.

In order to establish a basis for the evaluation of different efficiency measures, the initial
state of the cold water system at the IISB was analyzed. As a result, a significant partial
load operation of the chillers was identified. This caused low system efficiencies along
with high flow rates and a low temperature difference between the feed line and the
return line of the cold water system. Based on those findings, a methodology for enhanc-
ing the system efficiency was developed. This comprised the reduction of flow rates and
the elevation of the temperature spread in the cold water system, the usage of cold stor-
age for improving the chiller load as well as free cooling at times where cooling demand
is low. In order to quantify the energy savings of cold storage and free cooling, models
for the relevant components of the cold water system were developed and integrated
into a system simulation tool. The efficiency potentials and energy savings where then
compared to those of conventional efficiency measures.

The simulation results imply that the use of cold storage and free cooling bears signifi-
cant energy saving potentials. With 80 m³ of cold water storage, 10 % of the operation
costs of the reference system can be saved. In the case of free cooling about 12 % can be
saved. It should be noted that, due to higher outside temperatures, free cooling cannot
be used in the summer period. The stated number arises solely from the winter period,
where the saving potential is actually higher than the given average annual value of
12 %. The conventional efficiency measures resulted in total energy savings of about
20 % of the operating costs but comprised several individual actions. The cold storage
could not be completed during the course of this work. However, the free cooling system
was successfully integrated and its saving potential was examined. The experimental
results showed a very good agreement with the model forecasts: Simulation results im-
plied that free cooling would save 47 % of the overall energy demand for cooling in
comparison to the chiller while it is operated. The implemented system showed actual
energy savings of 50 % and therefore exceeded the expectations from the simulation.
INHALTSVERZEICHNIS

1. MOTIVATION UND ZIELSTELLUNG 1

2. GRUNDLAGEN DER WÄRMEÜBERTRAGUNG 5

3. ARCHITEKTUR VON KÄLTESYSTEMEN UND ROLLE DES KÄLTESPEICHERS 15


3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen 15
3.1.1 Aufbau und Funktion von Kältemaschinen 17
3.1.2 Aufbau und Funktion von Rückkühlwerken 20
3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen 25
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen 31
3.3.1 Steigerung der Effizienz durch Lastverschiebung 32
3.3.2 Dimensionierung und Effizienz von Kältemaschinen 33
3.3.3 Einsatz für die elektrische Spitzenlastreduktion 34
3.3.4 Steuerung und Umsetzung von Betriebsstrategien 35
3.3.5 Potential und technische Hürden 37
3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie 39
3.5 Systemintegration von Kältespeichern 45
3.6 Verlustmechanismen in thermischen Speichern 48

4. VORSTELLUNG UND ANALYSE DES REFERENZSYSTEMS 53


4.1 Beschreibung des Referenzsystems 53
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale 61
4.3 Ableitung der Vorgehensweise 69

5. MODELLBILDUNG DER BETRACHTETEN KOMPONENTEN 71


5.1 Ablaufstruktur der Simulation 71
5.2 Simulation der Kältemaschine 74
5.3 Simulation der Rückkühlwerke 76
5.3.1 Trockene Rückkühlung bei erzwungener Konvektion 76
5.3.2 Trockene Rückkühlung bei natürlicher Konvektion 85
5.3.3 Feuchte Rückkühlung bei erzwungener Konvektion 86
5.3.4 Validierung des Kühlturmmodells 94
5.4 Modell des Kältespeichers 100
5.4.1 Beschreibung des Modells für den Kältespeicher 102
I
Inhaltsverzeichnis

5.4.2 Validierung des Speichermodells 116


5.5 Modellierung der Förderaggregate 129
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie 130
5.6.1 Erstellung des Fahrplans für die Speichernutzung 131
5.6.2 Implementierung der Zustandsmaschine 134

6. DISKUSSION DER SIMULIERTEN UND EXPERIMENTELLEN EFFIZIENZMAßNAHMEN 139


6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes 139
6.2 Einfluss des Kältespeichers auf die Systemeffizienz 146
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz 151
6.3.1 Modellbasierte Untersuchung 151
6.3.2 Umsetzung der freien Kühlung im Bestandssystem 160
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen 167
6.4.1 Optimierung der Systemhydraulik 169
6.4.2 Reduktion des Volumenstroms im Kältesystem 172
6.4.3 Optimierung der Steuerung- und Regelungstechnik 175
6.4.4 Betrachtung der Effizienz und Auslastung der Kältemaschine 179
6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und Ausblick 186

7. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE UND AUSBLICK 193

ANHANG 197
A. Daten zum Referenzsystem 197
B. Modell Rückkühler 199
C. Modell thermischer Speicher 206
D. Zustandsmaschine 216
E. Validierung des Simulationsansatzes 218
F. Simulationsergebnisse 222
G. Effizienzmaßnahmen 225

LITERATURVERZEICHNIS 229

ABBILDUNGSVERZEICHNIS 239

TABELLENVERZEICHNIS 243

SYMBOLVERZEICHNIS 245

STICHWORTVERZEICHNIS 249

II
1. MOTIVATION UND ZIELSTELLUNG
Eine kontinuierliche Verfügbarkeit von Kälte ist die Basis unserer modernen Lebenskul-
tur, die Frischhaltung von Nahrungsmitteln durch Kühlung ist nur ein anschauliches
Beispiel hierfür. In der Industrie werden Kälteprozesse für die Kühlung von energiein-
tensiven Prozess- und Fertigungsmaschinen eingesetzt. Die stetige Versorgung mit
Kaltwasser stellt eine Voraussetzung für kontrollierte Prozessbedingungen bei der Fer-
tigung von hochqualitativen, technischen Bauteilen und der Herstellung komplexer me-
dizinisch-pharmazeutischer Produkte dar. Der Betrieb von hochreinen Fertigungsumge-
bungen wie Reinräumen ist ebenso mit einem hohen Aufwand für die Filterung und Auf-
bereitung wie mit der Konditionierung und Klimatisierung der Luft mit Kälte verbunden.
Auch im Gebäudebereich spielt Kälte eine immer größere Rolle, da die Komfortansprü-
che von Nutzern steigen und Architekten und Planer immer häufiger verglaste Gebäude-
fassaden einsetzen, welche im Sommer hohe Wärmelasten1 verursachen.

Der Energiebedarf für Kältesysteme machte in Deutschland im Jahr 2009 etwa 14 % des
gesamten Strombedarfes2 aus. Etwa 30 % des gesamten Kältebedarfs entstammte dabei
Klima-Kältesystemen und industriellen Anwendungen, welche vor allem Kaltwasser für
die Versorgung der Anlagen verwenden. In der Praxis wird ein Großteil der Klima- und
Kälteanlagen dezentral betrieben. Kältesysteme sind dabei üblicherweise auf die indivi-
duellen Anforderungen des Standorts zugeschnitten und wachsen mit dem Bestandssys-
tem. Durch gewachsene Strukturen und eine hohe Komplexität der verschiedenen Teil-
komponenten werden Kälteanlagen häufig nicht optimal betrieben. Die Einsparpotenzia-
le für den Betrieb der Anlagen werden daher auf 40 bis 56 % des elektrischen Energie-
bedarfes der Kälteanlagen geschätzt3,4. Davon können bereits zwischen 8 und 17 %
durch eine Optimierung der Betriebsführung der Anlagen erreicht werden5,6. Konventi-
onelle Maßnahmen stellen dabei insbesondere die Anpassung der Temperaturen im
Kältesystem sowie die Optimierung der Hydraulik und der Regelungstechnik dar. Die
konkreten Handlungsoptionen sind jedoch sehr individuell und können erst durch eine
aufwändige Analyse des vorliegenden Systems sowie der einzelnen Komponenten iden-
tifiziert werden.

Die Einsparpotenziale durch Optimierung und Modernisierung der Standardkomponen-


ten eines Kältesystems, wie z. B. der Kältemaschine oder der Förderaggregate, lassen
sich üblicherweise gut vorhersagen. Dies gilt jedoch nicht für den Einsatz von Kältespei-
chern, welche keine technische Notwendigkeit darstellen und somit wenig verbreitet
sind. Auch die Nutzung von freier Kühlung, welche bei niedrigen Umgebungstemperatu-

1 vgl. Cooler Kollaps (2015)


2 vgl. Preuß (2011) nach Heinrich (2014) S.24
3 vgl. Jahn (2010) S.7
4 vgl. Schiller (2013) S.69
5 vgl. Unterpertinger (2007) S.4
6 vgl. Schiller (2013) S.69

1
1 Motivation und Zielstellung

ren anstelle der Kältemaschine für die Kälteversorgung eingesetzt werden kann, ist
hierzulande wenig gebräuchlich. Solche Komponenten können den elektrischen Ener-
giebedarf eines Kältesystems reduzieren7,8, müssen jedoch für die Anforderungen der
jeweiligen Infrastruktur ausgelegt werden. Hierfür werden konkrete Dimensionen sowie
Betriebsanweisungen benötigt, anhand derer die Anlagen gesteuert werden. Die Defini-
tion von Betriebsstrategien ist in der Praxis nicht trivial, da die Freiheitsgrade eines Käl-
tesystems mit der Anzahl von möglichen Kälteversorgern zunehmen. Insbesondere die
Betriebsstrategie des Kältespeichers wird aufgrund der großen Vielzahl an Hand-
lungsoptionen in der wissenschaftlichen Literatur häufig als Optimierungsproblem auf-
gefasst. Daneben sind die Topologien und Lastprofile in Kältesystemen sehr individuell,
was einen hohen Aufwand für die Identifikation entsprechend geeigneter Nutzungskon-
zepte bedeutet.

In dieser Arbeit werden die elektrischen Energie-Einsparpotenziale des Einsatzes von


Kältespeichern und freier Kühlung anhand eines existierenden Referenzsystems unter-
sucht. Um das Effizienzpotenzial dieser Komponenten zu quantifizieren, wird ein Ver-
fahren für die Simulation von Kaltwassersystemen entwickelt. Mittels dieser Simulation
lassen sich mögliche Energieeinsparungen sowie Einflüsse der Konzepte auf den Betrieb
des Referenzsystems vorab und nicht-invasiv darstellen. Dabei wird ein modellbasierter
Ansatz herangezogen, welcher einen Schwerpunkt auf die möglichst genaue Beschrei-
bung der Einzelkomponenten des Kältesystems und ihre individuellen Einflussgrößen
legt. Eine wichtige Randbedingung stellt die Berücksichtigung von schwankenden Witte-
rungsbedingungen und Kältelasten dar, welche die Effizienz und den Arbeitspunkt sowie
die Nutzungsstrategie der betrachteten Anlagen maßgeblich bestimmen. Die Modelle
werden anhand von Messwerten realer Anlagen validiert und ihre Eignung für den Ein-
satz in der vorliegenden Simulation bewertet. Zur Untersuchung des Effizienzpotenzials
werden die Modelle in einer Systemsimulation zusammengeführt und mit individuell
erarbeiteten Betriebsstrategien versehen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen der Si-
mulation lassen sich Effizienzpotenziale ableiten, welche durch die Umsetzung der Anla-
gen im Referenzsystem verifiziert werden.

Parallel zur Untersuchung des Einsatzes der oben genannten Komponenten wird eine
Analyse des Effizienzpotenzials konventioneller Maßnahmen im betrachteten Referenz-
system durchgeführt. Auf Basis dieser Analyse werden Handlungsoptionen abgeleitet,
welche die Effizienz des betrachteten Kältesystems erhöhen. Durch Umsetzung dieser
Maßnahmen können die vorgeschlagenen Effizienzpotenziale und die methodische Her-
angehensweise in dieser Arbeit verifiziert werden. Auf Basis der Analyse des Referenz-
systems werden außerdem Effizienzkennzahlen gebildet, welche zur Identifikation von
Effizienzpotenzialen und als Referenz zur Priorisierung unterschiedlicher Maßnahmen
in anderen Kältesystemen herangezogen werden können. Als ein Hauptergebnis dieser
Arbeit werden die Einsparpotenziale aller betrachteten Maßnahmen gegenübergestellt

7 vgl. Heinrich (2014) S.129


8 vgl. Schiller (2013) S.63

2
1 Motivation und Zielstellung

und anhand ihres Potenzials zur Reduktion der elektrischen Energieaufnahme des Käl-
tesystems bewertet.

Die Kapitel dieser Arbeit bauen aufeinander auf und vermitteln sukzessiv die wesentli-
chen Informationen für das Verständnis der gewählten Herangehensweise und Metho-
dik. Im Kapitel 2 dieser Arbeit wird ein Überblick über die Grundlagen von Wärmeüber-
tragungsprozessen anhand von Anwendungsbeispielen gegeben. Dabei werden Modelle
und mathematische Zusammenhänge vorgestellt, welche im Rahmen der weiteren Be-
trachtungen benötigt werden. Im Kapitel 3 wird ein allgemeiner Überblick über die Ar-
chitektur von Kältesystemen gegeben. Aufbauend auf einer Beschreibung typischer Sys-
temtopologien und verwendeter Komponenten werden relevante Einflussfaktoren defi-
niert, welche den Betrieb und die Effizienz eines Kältesystems beeinflussen. Darüber
hinaus wird eine Einordnung der Rolle des Kaltwasserspeichers in Kältesystemen vor-
genommen und aufgezeigt, wie der Speichereinsatz die Effizienz des Systems beein-
flusst. Das Kapitel 4 enthält eine Vorstellung des Referenzsystems und nutzt die Infor-
mationen aus den Kapiteln 2 und 3, um mögliche Ansätze für Effizienzmaßnahmen fest-
zulegen. Am Ende des vierten Kapitels wird eine Vorgehensweise abgeleitet, welche die
notwendigen Schritte zur Erreichung der oben genannten Zielstellungen definiert. Zu
diesen gehören insbesondere die Entwicklung einer Simulationsumgebung für Kältesys-
teme und die Quantifizierung des Einsparpotenzials der experimentellen und simulier-
ten Effizienzmaßnahmen. Im Kapitel 5 werden die Ablaufstruktur der Simulation sowie
die Modelle und Betriebsstrategien der Komponenten vorgestellt. Die in dieser Arbeit
entwickelten Modelle umfassen die Kältemaschine, die Rückkühlwerke, den Kaltwasser-
speicher und die Förderaggregate des Referenzsystems. Zur Umsetzung der Betriebs-
strategie wird eine Zustandsmaschine entworfen, welche am Ende des fünften Kapitels
vorgestellt wird. Im Kapitel 6 werden die Effizienzpotenziale des Kältespeichers und der
freien Kühlung unter verschiedenen Randbedingungen im Rahmen von Simulationen
untersucht. Im Anschluss werden die parallel verfolgten Maßnahmen im Referenzsys-
tem beschrieben und die entsprechenden Effizienzpotenziale aufgezeigt. Das Kapitel
schließt mit einer Gegenüberstellung der betrachteten Maßnahmen und einer Diskussi-
on der jeweiligen Relevanz für den praktischen Einsatz. Eine Zusammenfassung der Er-
gebnisse dieser Arbeit erfolgt im Kapitel 7. Im anschließenden Ausblick werden mögli-
che Ansatzpunkte für die Fortführung der vorgestellten Arbeiten adressiert.

3
1 Motivation und Zielstellung

4
2. GRUNDLAGEN DER WÄRMEÜBERTRAGUNG
Der Transport von Wärmeenergie erfordert in der Regel eine Überwindung unterschied-
licher Medien- und Materialgrenzen. Dies trifft insbesondere auf Kältesysteme zu, bei
welchen die Wärmeenergie von Kältenutzern über mehrere Teilsysteme an die umge-
bende Luft abgegeben wird. Für den Wärmetransport zwischen verschiedenen Wärme-
trägermedien werden Wärmeübertrager eingesetzt, welche grundsätzlich nach direkter
und indirekter Arbeitsweise9 klassifiziert werden. Direkte Wärmeübertrager bringen die
beteiligten Fluide miteinander in Berührung, sodass ein Wärme- und Stoffaustausch
zwischen beiden stattfinden kann. Bei einem indirekten Wärmeübertrager sind die
Wärmeträgermedien dagegen durch eine Wand getrennt, um einen Stoffaustausch zu
vermeiden10. Eine solche Trennung ist bei Kältesystemen notwendig, da die beteiligten
Medien aufgrund einer resultierenden Degradation gewünschter thermo-physikalischer
Eigenschaften nicht miteinander gemischt werden dürfen. Im Vergleich zur direkten
Wärmeübertragung schränkt das indirekte Prinzip den Kontakt zwischen den Medien
sowie den Wärmetransport ein. Dieser potentielle Nachteil wird mit Hilfe einer mög-
lichst großen Oberfläche zwischen den Wärmeträgermedien kompensiert. In der Praxis
werden häufig Wärmeübertragungsaufgaben in Rohrleitungen und Kanälen betrachtet.
Abbildung 1 zeigt den Wärmestrom 𝑑𝑄̇ durch den Wandabschnitt 𝑑𝐴 eines Rohrseg-
ments auf ein strömendes Fluid mit dem Enthalpiestrom 𝐻̇ , der Dichte 𝜌, der Strö-
mungsgeschwindigkeit 𝑤 und der spezifischen Enthalpie ℎ.11

𝑑𝑄̇

𝑑𝐴
𝐻̇ 𝐻̇ + 𝐻̇

𝜌 𝑤 ℎ 𝑑𝐴 𝑑𝐴

Abbildung 1: Änderung der Enthalpie eines strömenden Fluids im Kanal durch Zufuhr von
Wärme über die Rohrwand12

Unter Vernachlässigung einer Änderung der kinetischen Energie verursacht der zuge-
führte Wärmestrom 𝑄̇ nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik eine Erhöhung
der Enthalpie des strömenden Fluids. Damit lässt sich der Wärmestrom in dem betrach-
teten Abschnitt nach Gleichung 1 formulieren.13

𝑑𝑄̇ = (𝐻̇ + 𝑑𝐻̇ ) − 𝐻̇ = 𝑑𝐻̇ 1

9 vgl. Polifke (2009) S.171


10 vgl. Polifke (2009) S.171
11 vgl. Baehr (2008) S.14f
12 nach Baehr (2008) S.15
13 vgl. Baehr (2008) S.14

5
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

Für eine Verknüpfung des Wärmestroms mit der Temperatur 𝑇 des strömenden Fluids
wird zunächst der Enthalpiestrom 𝐻̇ durch das Produkt aus dem Massenstrom 𝑚̇ und
der spezifischen Enthalpie ℎ(𝑇𝑓𝑙 ) des Fluids ausgedrückt.14

𝐻̇ = ∫ 𝜌 ∙ 𝑤 ∙ ℎ(𝑇) ∙ 𝑑𝐴 = 𝑚̇ ∙ ℎ(𝑇𝑓𝑙 ) 2

Aus Gleichung 2 ergibt sich die Definition der sogenannten adiabaten Mischtempera-
tur 𝑇𝑓𝑙 . Diese würde sich durch Vermischung aller Fluidelemente eines Quer-
schnittssegments ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung einstellen. Um die prakti-
sche Berechnung zu vereinfachen, wird die spezifische Enthalpie ℎ(𝑇𝑓𝑙 ) durch das Pro-
dukt der isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝 und der adiabaten Mischtemperatur 𝑇𝑓𝑙 des Fluids
ersetzt. Da die Strömungsgeschwindigkeit durch Wandhaftungseffekte nicht über den
Querschnitt 𝐴 gleichverteilt ist, können lokale Temperaturgradienten auftreten, welche
durch die Verwendung der adiabaten Mischtemperatur 𝑇𝑓𝑙 berücksichtigt werden. Unter
Vernachlässigung der Druckabhängigkeit der spezifischen Enthalpie und Annahme einer
konstanten isobaren Wärmekapazität lässt sich für den Wärmestrom die folgende Ab-
hängigkeit formulieren.15

𝑑𝑄̇ = 𝑑𝐻̇ = 𝑚̇ ∙ 𝑐𝑝 ∙ 𝑑𝑇𝑓𝑙 3

Bei einer Kanalströmung kann der Wärmestrom mit den oben beschriebenen Annahmen
somit über den einfachen Zusammenhang16

𝑄̇ = 𝑚̇ ∙ 𝑐𝑝 ∙ (𝑇𝑓𝑙,𝐴 − 𝑇𝑓𝑙,𝐸 ) 4

berechnet werden. Dabei stellen 𝑇𝑓𝑙,𝐸 und 𝑇𝑓𝑙,𝐴 die Temperaturen des Wärmeträgerme-
diums am Eintritt und am Austritt eines beheizten oder gekühlten Rohres dar. In prakti-
schen Anwendungen erfahren Wärmeträgermedien zum Teil signifikante Temperatur-
unterschiede, weshalb die Annahme einer konstanten Wärmekapazität nicht immer zu-
lässig ist. Dann wird die isobare Wärmekapazität auf den arithmetischen Mittelwert der
Temperaturen zwischen Eintritt und Austritt des Fluids bezogen. Dies erfolgt gleicher-
maßen für alle temperaturabhängigen Stoffeigenschaften, welche bei der Tempera-
turänderung eines Fluids in dieser Arbeit benötigt werden.

In Wärmeübertragern erfolgt ein Transport von Wärmeenergie zwischen zwei strömen-


den Medien. Wird der Wärmeübertrager bezüglich seiner Umgebung als adiabat ange-
nommen, so bewirkt der übertragene Wärmestrom eine Zunahme der Enthalpie des
kalten Fluids 2 bei identischer Abnahme der Enthalpie des warmen Fluids 1. Damit lässt
sich der übertragene Wärmestrom auch als Differenz der spezifischen Enthalpien am
Eintritt ℎ𝑖, und Austritt ℎ𝑖,, der beiden Medien formulieren.17

𝑄̇ = 𝑚̇1 ∙ (ℎ1, − ℎ1,, ) = 𝑚̇2 ∙ (ℎ2,, − ℎ2, ) 5

14 vgl. Baehr (2008) S.14


15 vgl. Baehr (2008) S.15
16 vgl. Baehr (2008) S.17
17 vgl. Baehr (2008) S.51

6
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

Abbildung 2 zeigt das Funktionsprinzip eines Wärmeübertragers, in welchem Wärme-


energie von einem Fluid 1 auf ein Fluid 2 übertragen wird.

𝑚̇1 , 𝑇1,, , ℎ1,,

𝑚̇1 , 𝑇1, , ℎ1,


𝑚̇2 , 𝑇2,, , ℎ2,,
𝑄̇

𝑚̇2 , 𝑇2, , ℎ2,


Abbildung 2: Schematische Darstellung des Wärmeübertrags zwischen zwei Wärmeträgerme-
dien 1 und 2 in einem Wärmeübertrager18

Durch Substitution der Enthalpiedifferenzen am Eintritt und Austritt der Fluide mit dem
Produkt der dazugehörigen Temperaturdifferenz und der isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝,𝑖
kann die folgende Formulierung für den übertragenen Wärmestrom abgeleitet werden.
Die Gleichung gilt bei Strömungen ohne Phasenübergang der beteiligten Fluide.19

𝑄̇ = 𝑚̇1 ∙ 𝑐𝑝,1 ∙ (𝑇1, − 𝑇1,, ) = 𝑚̇2 ∙ 𝑐𝑝,2 ∙ (𝑇2,, − 𝑇2, ) 6

Der Transport von Wärmeenergie zwischen zwei Fluiden über eine trennende Wand
wird als Wärmedurchgang bezeichnet. Zu den daran beteiligten Transportmechanismen
gehören Wärmeleitung, konvektiver Wärmeübergang und Wärmestrahlung. Bei strö-
menden Flüssigkeiten spielt die Wärmestrahlung nur eine untergeordnete Rolle und
wird daher häufig vernachlässigt. Die Wärmeleitung ist dagegen bestimmend für den
Wärmetransport durch das Wandmaterial. Sie beschreibt den Wärmeenergietransport
zwischen benachbarten Molekülen aufgrund eines vorhandenen Temperaturgradienten.
Abbildung 3 zeigt schematisch den Transport eines Wärmestroms 𝑄̇ durch eine Wand
mit der Dicke 𝛿𝑊 und den Wandtemperaturen 𝑇𝑤,1 und 𝑇𝑤,2 .20

𝑇 𝛿𝑊

𝑇𝑤,1

𝐴 𝑇𝑤,2
𝑄̇

Wand
Abbildung 3: Wärmeleitung durch eine ebene Wand21

18 vgl. Baehr (2008) S.51


19 vgl. Baehr (2008) S.51
20 vgl. Breidenbach (2012) S.84
21 vgl. Breidenbach (2012) S.84

7
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

Die physikalische Grundlage für die Wärmeleitung bilden mikroskopische Teilchenbe-


wegungen in Fluiden sowie Gitterschwingungen in Feststoffen22. Die Güte der Wärmelei-
tung ist über den sogenannten Wärmeleitkoeffizienten 𝜆 definiert, welcher bei Festkör-
pern in der Regel größer ist als bei Gasen23. Der Wärmeleitkoeffizient wird üblicher-
weise empirisch bestimmt24 und besitzt eine geringe Temperaturabhängigkeit. Seine
Definition gibt an, wie groß der Wärmestrom 𝑄̇ ist, welcher durch eine ebene Wand mit
der Fläche 𝐴 und der Dicke 𝛿𝑊 bei einer gegebenen Temperaturdifferenz (𝑇𝑤,1 − 𝑇𝑤,2 )
transportiert wird.25
𝐴∙𝜆∙(𝑇𝑤,1 −𝑇𝑤,2 )
𝑄̇ = 7
𝛿 𝑊

Die gegebene Gleichung setzt eine konstante Durchtrittsfläche für den Wärmestrom vo-
raus. Bei der Betrachtung von Rohrleitungen ist diese nicht gegeben, da sich die Quer-
schnittsfläche mit abnehmendem Radius von der Rohraußenseite zur -innenseite hin
reduziert. Durch Bildung eines mittleren Flächenmaßes 𝐴𝑚 können Querschnittsverän-
derung bei Rohren berücksichtigt werden. Hierfür werden die Länge L des Rohres sowie
die Rohrdurchmesser 𝑑1 und 𝑑2 auf der Außen- und Innenseite benötigt.26
𝑑1 −𝑑2
𝐴𝑚 = 𝑑 ∙𝜋∙𝐿 8
𝑙𝑛 1
𝑑2

Mit Hilfe des mittleren Flächenmaßes 𝐴𝑚 kann Gleichung 7 für die Betrachtung von
Wärmeübertragungsprozessen an Rohrwänden umgeformt werden.27
𝐴 ∙𝜆∙(𝑇 −𝑇 ) 2∙𝜋∙𝐿∙𝜆∙(𝑇𝑤,1 −𝑇𝑤,2 )
𝑄̇ = 𝑚 𝛿𝑤,1 𝑤,2 = 𝑑1 9
𝑊 𝑙𝑛 ⁄𝑑
2

In strömenden Medien finden neben Wärmeleitung auch konvektive Wärmetransport-


vorgänge statt. Bei diesen erfolgt ein Austausch von Masse, Impuls und Energie zwi-
schen den strömenden Fluidelementen auf makroskopischer Ebene. Konvektionspro-
zesse lassen sich in freie und erzwungene Transportvorgänge untergliedern: Die freie
Konvektion wird von Volumenkräften angetrieben, welche im Fluid aufgrund von Tem-
peratur- und Dichtegradienten entstehen. Im Fall der erzwungenen Konvektion wird
dem Fluid dagegen von außen eine Bewegung aufgeprägt. Dies erfolgt z. B. mit einem
Ventilator oder einer Pumpe28. In Heiz- und Kühlanwendungen werden Wärmeübertra-
ger eingesetzt, in denen ein Wärmetransport zwischen einem strömenden Fluid und
einer Wand nach Abbildung 4 stattfindet. Diese Art der Wärmeübertragung wird als
Wärmeübergang bezeichnet. Aufgrund des Einflusses konvektiver Wärmetransportvor-
gänge hängt der übertragene Wärmestrom neben den Temperaturen des Fluids und der

22 vgl. Polifke (2009) S.28


23 vgl. Polifke (2009) S.46
24 vgl. Breidenbach (2012) S.85
25 vgl. Breidenbach (2012) S.85
26 vgl. Roetzel (2006) S.Cb1
27 vgl. Breidenbach (2012) S.91
28 vgl. Polifke (2009) S.29

8
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

Wand auch von der Strömungsgeschwindigkeit des Fluids und der Geometrie und Ober-
flächenbeschaffenheit der Wand ab.

𝜆⁄
𝑇 𝛼
𝐴
𝑇𝑓𝑙

𝑇𝑤

𝑄̇

Fluid Wand
Abbildung 4: Konvektive Wärmeübertragung eines strömenden Fluids auf eine Wand29

Um den Wärmestrom 𝑄̇ zwischen einem Fluid mit der Temperatur 𝑇𝑓𝑙 und einer Wand
mit der Temperatur 𝑇𝑤 zu berechnen, wird der sogenannte Wärmeübergangskoeffi-
zient 𝛼 verwendet. Dieser enthält Informationen zu den Strömungsbedingungen, den
temperaturabhängigen Stoffwerten des Fluids sowie der Geometrie und den Oberflä-
cheneigenschaften der Wand30. In der Praxis wird häufig der mittlere Wärmeübergangs-
koeffizient 𝛼𝑚 nach Gleichung 10 verwendet, welcher lokale Änderungen des Wärme-
übergangskoeffizienten entlang der wärmeübertragenden Fläche durch den Mittelwert
berücksichtigt.31

𝑄̇ = 𝛼𝑚 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇𝑓𝑙 − 𝑇𝑤 ) 10

Diese Arbeit beschränkt sich auf die makroskopische Betrachtung von Wärmeüber-
gangsprozessen. Anstelle des lokalen Wärmeübergangskoeffizienten α wird daher stets
der mittlere Wärmeübergangskoeffizient 𝛼𝑚 verwendet. Zur Vereinfachung wird im
Folgenden auf die Angabe des Index 𝑚 verzichtet. Im Gegensatz zum Wärmeleitkoeffi-
zienten stellt der Wärmeübergangskoeffizient keine Stoffgröße dar. Seine Bestimmung
erfolgt jedoch analog zum Wärmeleitkoeffizienten meist empirisch, was sich in der Pra-
xis aufgrund von komplexen Strömungsgeometrien nicht als trivial darstellt. Grundsätz-
lich nimmt der Wärmeübergangskoeffizient mit steigender Dichte des Wärmeträgerme-
diums und höherer Geschwindigkeit der Strömung zu.32

Wärmeübergangsprozesse sind durch eine Überlagerung von unterschiedlichen Trans-


portprozessen charakterisiert. Bei der Übertragung von Wärmeenergie zwischen einer
Wand und einem strömenden Fluid findet in direkter Wandnähe aufgrund von Haf-
tungsphänomenen zunächst vor allem ein Wärmeleitungsprozess statt (siehe Abbil-

29 vgl. Breidenbach (2012) S.94


30 vgl. Baehr (2008) S.18ff
31 vgl. Baehr (2008) S.15f
32 vgl. Breidenbach (2012) S.94f

9
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

dung 4). Der Wärmeübertragungskoeffizient 𝛼 kann in diesem Bereich daher nach dem
Gesetz von Fourier in Abhängigkeit des Wärmeleitkoeffizienten 𝜆 angegeben werden.33
𝜕𝑇
𝑄̇ = −𝜆 ∙ 𝐴 ∙ (𝜕𝑥 ) 11
𝑤

Mit dieser Formulierung folgt für den Wärmeübergangskoeffizienten im Wandbereich


der Strömung:34
𝜕𝑇
( )
𝜕𝑥 𝑤
𝛼 = −𝜆 ∙ (𝑇 12
𝑓𝑙 −𝑇𝑤 )

Aus dem Verhältnis 𝜆⁄𝛼 leitet sich eine charakteristische Strecke 𝐿 ab, welche in der
Größenordnung der thermischen Grenzschichtdicke des Wärmeübertragungsproblems
liegt. Eine dünne Grenzschicht ist charakteristisch für eine vorteilhafte Strömung und
hohe Wärmeübertragungskoeffizienten, während eine dickere Grenzschicht niedrige
Wärmeübertragungskoeffizienten zur Folge hat35. Erst durch den Abtransport der er-
wärmten Fluidelemente von der Wand, z. B. durch freie Konvektionsprozesse, können
diese von der Strömung erfasst werden. Dadurch erhöht sich das Temperaturgefälle in
Wandnähe und der Wärmestrom wird begünstigt. In turbulenten Strömungen, welche in
Kühl- und Heizsystemen von Gebäuden üblicherweise zu finden sind, wird der Wär-
metransport vor allem durch erzwungene Konvektion dominiert36.

In einem Wärmeübertrager wird Wärmeenergie indirekt von einem Fluid auf ein ande-
res übertragen. In diesem Fall liegt ein sogenannter Wärmedurchgang vor, welcher sich
aus den zwei Wärmeübergangsprozessen an den beiden Seiten der Wand sowie dem
Wärmeleitungsprozess über die Wand zusammensetzt. Abbildung 5 enthält die schema-
tische Darstellung des Wärmetransportes von einem Fluid 1 mit der Temperatur 𝑇𝑓𝑙,1
auf das Fluid 2 mit der niedrigeren Temperatur 𝑇𝑓𝑙,2 < 𝑇𝑓𝑙,1 über eine trennende Wand.

𝛿𝑤
𝑇 𝛼1 𝛼2
𝑇𝑓𝑙,1
𝐴2

𝑇𝑤,1
𝑇𝑤,2
𝐴1
𝑇𝑓𝑙,2
𝑄̇

Fluid 1 Wand Fluid 2


Abbildung 5: Wärmetransport zwischen zwei Fluiden über eine trennende Wand (Wärme-
durchgang)37

33 vgl. Baehr (2008) S.13


34 vgl. Baehr (2008) S.13
35 vgl. Baehr (2008) S.13
36 vgl. Polifke (2009) S.29f
37 vgl. Breidenbach (2012) S.96

10
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

Durch Addition der Temperaturdifferenzen für die am Wärmetransport beteiligten


Wärmeübergangsprozesse und den Wärmeleitungsprozess über die Wand ergibt sich
der Wärmestrom zu38:

𝐴∙(𝑇𝑓𝑙,1 −𝑇𝑓𝑙,2 )
𝑄̇ = 1 𝛿𝑤 1 13
( + + )
𝛼1 𝜆 𝛼2

Diese Gleichung lässt sich durch Einführung des Wärmedurchgangskoeffizienten 𝑘 ver-


einfachen:39

𝑄̇ = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇𝑓𝑙,1 − 𝑇𝑓𝑙,2 ) 14

Der Wärmedurchgangskoeffizient wird auch als Kehrwert des Wärmedurchgangswider-


stands 𝑅𝑔𝑒𝑠 verstanden. Da sich bei Rohrleitungen die von den Fluiden benetzte Oberflä-
che mit dem Rohrradius von außen nach innen reduziert, wird Gleichung 8 für die Be-
schreibung des Anteils der Wärmeleitung am Wärmedurchgang herangezogen. Der
Wärmedurchgangskoeffizient 𝑘 ergibt sich dann nach Gleichung 15. Für 𝐴 kann eine be-
liebige Bezugsfläche der Rohrwand verwendet werden, der Wärmedurchgangskoeffi-
zient ist dann auf diese Fläche bezogen. In Gleichung 15 wird exemplarisch die Fläche 𝐴1
gewählt.40
1 1 𝑄̇
𝑘= = 𝐴1 𝛿 ∙𝐴 𝐴 =𝐴 15
𝑅𝑔𝑒𝑠 + 𝑊 1+ 1 1 ∙(𝑇𝑓𝑙,1 −𝑇𝑓𝑙,2 )
𝛼1 ∙𝐴1 𝜆𝑚 ∙𝐴𝑚 𝛼2 ∙𝐴2

Der Wärmedurchgangskoeffizient 𝑘 enthält somit Informationen über die Strömungs-


verhältnisse auf beiden Seiten der Wärmeübertrager-Wand sowie über das eingesetzte
Wandmaterial. Er lässt sich analog zu den Koeffizienten der Wärmeleitung
und -übertragung empirisch ermitteln oder aus diesen berechnen. Die Schwierigkeit
liegt dabei vor allem in der Bestimmung der Wärmeübergangskoeffizienten, welche auf-
grund ihrer Abhängigkeit vom Strömungs- und Temperaturprofil sowie den geometri-
schen Randbedingungen nur eine geringe Übertragbarkeit auf andere Anwendungsfälle
besitzen. Eine umfangreiche Charakterisierung der Koeffizienten unter dem Gesichts-
punkt dieser Einflussvariablen ist mit einem sehr hohen Aufwand verbunden 41. In der
Praxis wird daher versucht, charakteristische Abhängigkeiten aus Stoff- und Strö-
mungswerten zu bilden, welche einen Vergleich von unterschiedlichen Wärmeübertra-
gungsaufgaben ermöglichen. Auf Basis der sogenannten Ähnlichkeitstheorie werden
dimensionslose Kennzahlen zur Beschreibung eines Wärmeübertragungs- oder Strö-
mungsproblems gebildet. Das Prinzip beruht auf der Annahme, dass für spezifische Stof-
fe erhaltene Werte auf andere Anordnungen übertragbar sind, solange die Randbedin-
gungen bezüglich des Temperatur- und Strömungsfeldes sowie der geometrischen Ab-
messungen einander ähnlich sind. Ein Beispiel für eine wichtige dimensionslose Kenn-
zahl ist die Reynolds-Zahl 𝑅𝑒, welche die hydrodynamischen Eigenschaften einer ge-

38 vgl. Breidenbach (2012) S.96


39 vgl. Baehr (2008) S.36
40 vgl. Baehr (2008) S.36
41 vgl. Breidenbach (2012) S.105

11
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

schlossenen Strömung charakterisiert. Hierfür wird das Produkt der Strömungsge-


schwindigkeit w und der charakteristischen Strecke L auf die kinematische Viskosität 𝜈
des Fluids bezogen42. Bei der Durchströmung von Rohrleitungen entspricht die charak-
teristische Strecke meist dem Innendurchmesser des Rohrs.43
𝑤∙𝐿
𝑅𝑒 = 𝜈
16

Eine dimensionslose Kennzahl zur Beschreibung des konvektiven Wärmeübergangs ist


die Nußelt-Zahl 𝑁𝑢, welche Informationen über die Ähnlichkeit des Temperaturfeldes
an der Übergangszone einer Wand sowie den Wärmeübergangskoeffizienten enthält.44
𝛼∙𝐿
𝑁𝑢 = 𝜆
17

Daneben gibt es zahlreiche weitere dimensionslose Kennzahlen, z. B. zur Beschreibung


der freien Konvektion in einem System (Grashof-Zahl 𝐺𝑟) sowie der thermischen Ähn-
lichkeit der Wärmeübertragungsaufgaben (Péclet-Zahl 𝑃𝑒), auf die hier nicht weiter
eingegangen werden soll. Auf Basis der Ähnlichkeitstheorie lässt sich der Wärmeüber-
gangskoeffizient 𝛼 mit Hilfe dimensionsloser Kennzahlen formulieren und berechnen.
Die Erweiterung der Berechnungsverfahren zur Bestimmung dieses Koeffizienten für
komplexe Strömungsgeometrien und Stoffzusammensetzungen ist Aufgabe der Grund-
lagenforschung. Die Gleichungen für bereits untersuchte Wärmeübertragungsprobleme
können in der Literatur eingesehen werden45.46

In der Praxis werden für die indirekte Wärmeübertragung zwischen zwei Medien häufig
Gegenstrom-Wärmeübertrager eingesetzt. Bei dieser Bauform werden die Medien in
entgegengesetzter Richtung entlang einer wärmeübertragenden Struktur vorbeigeführt.
Im Gegensatz zu Gleichstrom-Wärmeübertragern, bei denen die Strömungsrichtung der
Medien gleich ist, kann die Austrittstemperatur des warmen Stroms beim Gegenstrom-
Prinzip unterhalb der des kalten liegen. Dadurch ist die notwendige Fläche zur Übertra-
gung eines Wärmestroms stets kleiner als bei Gleichstrom-Wärmeübertragern. Die
Temperaturverläufe zweier Fluide in einem Gegenstrom-Wärmeübertrager sind auf
Abbildung 6 exemplarisch dargestellt.47

42 vgl. Breidenbach (2012) S.105ff


43 vgl. Breidenbach (2012) S.106
44 vgl. Breidenbach (2012) S.107
45 vgl. Gnielinski (2006b) S.Ga1ff
46 vgl. Breidenbach (2012) S.107
47 vgl. Baehr (2008) S.46f

12
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

𝑇1,

𝑇1 𝑇1 + 𝑑𝑇1

𝑇2,, 𝑇1,,
𝑇2 + 𝑑𝑇2
𝑇2 𝑇2,

𝑑x
+𝑑 L x
Abbildung 6: Schematische Darstellung des Temperaturverlaufs der Fluide in einem Gegen-
strom-Wärmeübertrager48

Für einen betrachteten Abschnitt 𝑑 des Gegenstrom-Wärmeübertragers ergibt sich für


das jeweils betrachtete Fluid 𝑖 der übertragene Wärmestrom 𝑑𝑄̇ nach Anwendung des
ersten Hauptsatzes der Thermodynamik (siehe Gleichung 3) zu:49

𝑑𝑄̇ = −𝑚̇ ∙ 𝑐𝑝,𝑖 ∙ 𝑑𝑇𝑖 18

Mit der Kenntnis der isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝 des Fluids und der Annahme, dass der
Wärmedurchgangskoeffizient 𝑘 an jeder Stelle des Wärmeübertragers gleich groß ist,
ergibt sich für das Fluid 1 unter Berücksichtigung der Gleichung 14 eine gekoppelte Be-
dingung für den Wärmestrom.50
𝑑𝑥
𝑑𝑄̇ = −𝑚̇ ∙ 𝑐𝑝,1 ∙ 𝑑𝑇1 = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇1 − 𝑇2 ) ∙ 𝐿 19

Diese Bedingung kann entsprechend Gleichung 19 auch für das Fluid 2 aufgestellt wer-
den. Durch Integration der ortsabhängigen Differenz (𝑇1 − 𝑇2 ) der beiden Fluidtempera-
turen über die gesamte Übertragungsfläche eines Gegenstrom-Wärmeübertragers lässt
sich die mittlere, logarithmische Temperaturdifferenz herleiten.51
(𝑇1, −𝑇2,, )−(𝑇1,, −𝑇2, )
∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 = (𝑇 −𝑇 )
, ,, 20
𝑙𝑛 1,, 2,
(𝑇1 −𝑇2 )

Diese Formulierung beschreibt die Temperaturdifferenz über einen Gegenstrom-


Wärmeübertrager mit Hilfe des logarithmischen Mittelwerts der Temperaturdifferenzen
zwischen beiden Fluiden am Eintritt und Austritt des Apparates52. Bei Kenntnis des
Wärmedurchgangskoeffizienten 𝑘 und der mittleren, logarithmischen Temperaturdiffe-

48 vgl. Baehr (2008) S.56


49 vgl. Baehr (2008) S.15
50 vgl. Baehr (2008) S.57
51 vgl. Baehr (2008) S.55
52 vgl. Baehr (2008) S.60

13
2 Grundlagen der Wärmeübertragung

renz lässt sich mit Hilfe von Gleichung 14 eine Formulierung für den übertragenen
Wärmestrom zweier Medien in einem Gegenstrom-Wärmeübertrager ableiten.53

𝑄̇ = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ ∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 21

Liegt ein latenter Phasenübergang eines Fluids vor, kann Wärmeenergie ohne eine
messbare Änderung der Temperatur im Stoffstrom transportiert werden. Die Aufnahme
oder Abgabe von Wärmeenergie äußert sich dann im Fortschritt des Phasenübergangs-
prozesses. Dadurch wird der Wärmekapazitätsstrom 𝑚̇𝑖 ∙ 𝑐𝑝,𝑖 des Fluids im Abschnitt mit
dem Phasenübergang theoretisch unendlich groß. Eine einfache Berechnung des Gegen-
strom-Wärmeübertragers mit den Ein- und Austrittstemperaturen nach Gleichung 21 ist
in diesem Fall nicht zulässig. Hierfür muss der Wärmeübertrager gedanklich in einzelne
Teilstücke mit festgelegter sensibler oder latenter Wärmeübertragung unterteilt wer-
den. Für jedes dieser Teilstücke des Wärmeübertragers ist eine Verwendung von Glei-
chung 21 zur Berechnung des übertragenen Wärmestroms zulässig54.55,56

Wärmeübertrager sind essentielle Bestandteile thermischer Versorgungssysteme. In der


Praxis werden sie eingesetzt, um Fluidkreisläufe hydraulisch zu entkoppeln, Wärme-
energie zwischen unterschiedlichen Systemkomponenten zu übertragen oder um eine
Temperaturanpassung in unterschiedlichen Systemabschnitten zu erreichen. Gründe für
eine hydraulische Entkoppelung können unterschiedliche Medienanforderungen in Teil-
abschnitten des Systems sein, welche z. B. durch einen besonders niedrigen Ionengehalt
oder eine hohe Frostbeständigkeit gegeben sind. Im Fall von Heizsystemen muss Wär-
meenergie vom Ort der Heizanlage an die Nutzer verteilt werden. Bei Kältemaschinen
liegt eine entgegengesetzte Transportrichtung der Wärmeenergie vor. In beiden Beispie-
len werden Wärmeübertrager benötigt, um Wärmeenergie von der Wärmequelle (z. B.
Abgas-Wärmeübertrager eines Blockheizkraftwerks) auszukoppeln oder sie auf die
Wärmesenke (Verdampfer der Kältemaschine) zu übertragen.

53 vgl. Polifke (2009) S.182


54 vgl. Breidenbach (2010) S.83
55 vgl. Baehr (2008) S.61
56 vgl. Polifke (2009) S.186

14
3. ARCHITEKTUR VON KÄLTESYSTEMEN UND
ROLLE DES KÄLTESPEICHERS
Kältesysteme besitzen eine Vielzahl möglicher Topologien und Komponenten, die je
nach Anforderung an die gewünschte Kühlanwendung, räumliche Voraussetzung und
Nutzerpräferenz stark variieren können. Eine wichtige Randbedingung für die Sys-
temauswahl stellt das Temperaturniveau der Kühlanwendung dar. Dieses bestimmt die
Auswahl möglicher Komponenten und Kälteträgermedien und somit auch der Technolo-
gie und Nutzungsstrategie eines potenziellen Kältespeichers. Im Querschnitt über alle
Technologien und Komponenten lassen sich jedoch Gemeinsamkeiten aufzeigen, welche
für die meisten Kältesysteme gültig sind. Diese Gemeinsamkeiten dienen hier als Grund-
lage für eine allgemeine Beschreibung der Funktionen und Komponenten eines Kälte-
systems, ohne im Detail auf spezifische Technologien oder Kühlanwendungen einzuge-
hen.

Im Abschnitt 3.1 wird ein allgemeiner Überblick über den Aufbau von Kaltwassersyste-
men gegeben. Dabei werden auch die Funktionsprinzipien der Kältemaschine und des
Rückkühlwerks beschrieben, welche den Wärmetransport gewährleisten und somit die
Kernkomponenten der Kälteversorgung darstellen. Im anschließenden Abschnitt 3.2
wird aufgezeigt, wie sich die Effizienz einer Kältemaschine quantifizieren lässt und wel-
che Betriebsparameter dabei betrachtet werden müssen. Diese Informationen sind rele-
vant, um Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz des betrachteten Referenzsystems
zu identifizieren. Darauf aufbauend werden im Abschnitt 3.3 Möglichkeiten vorgestellt,
wie sich Kältespeicher zur Senkung des Energiebedarfs und der Kosten eines Kältesys-
tems einsetzen lassen. Daneben werden Potenziale und technische Hürden der Nutzung
aufgeführt. Der Abschnitt 3.4 gibt eine Übersicht zu verschiedenen thermischen Energie-
speichertechnologien und ihrem Anwendungspotenzial für die vorliegende Arbeit. Auf
Basis der aufgezeigten Informationen wird eine Entscheidung über die hier ausgewählte
Speichertechnologie getroffen. Im Abschnitt 3.5 wird auf die Möglichkeiten der Sys-
temintegration von Energiespeichern in thermische Versorgungssysteme eingegangen.
Mit dem Betrieb von Energiespeichern sind energetische Verluste verbunden, deren
Ursachen im anschließenden Abschnitt 3.6 vorgestellt werden.

3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen


Ein Kältesystem erfüllt die Aufgabe des Transportes von Wärmeenergie über die Grenze
des betrachteten Systems hinaus an die Umgebung. Der zeitbezogene Transport von
Wärmeenergie entspricht betrachtungsabhängig einem negativen Wärmestrom, welcher
in er Praxis umgangssprachlich auch als „Kälteleistung“ bezeichnet wir . Obwohl ie-
ser Begriff keine physikalische Grundlage besitzt, hat er sich doch in der technischen
Praxis durchgesetzt und soll auch in dieser Arbeit Verwendung finden. Analog hierzu

15
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

versteht sich er Begriff „Kälteenergie“ als Wärmeenergie, ie von einem System aufge-
nommen werden kann. In Bezug auf den Begriff Energiespeicher stellt der Kältespeicher
einem „Kälteverbraucher“ somit ein Reservoir zur Verfügung, welches einen Wär-
mestrom über eine bekannte Zeitspanne hinweg aufnehmen kann. Die von einem Kälte-
versorger bereitgestellte Kälteenergie pro Zeitintervall wird in dieser Arbeit als Kälte-
leistung bezeichnet. Der zeitbezogene Kälteenergiebedarf der Nutzer stellt dagegen die
sogenannte Kältelast dar. Um den Bedarf der Kältenutzer zu bedienen, müssen diese
beiden Größen deckungsgleich sein.

Die Kernkomponente eines Kälteversorgungssystems ist die Kältemaschine. Diese ist


typischerweise zentral im Kältesystem integriert und mit allen Verbrauchern über ein
Rohrleitungssystem verbunden. Die Aufgabe der Kältemaschine besteht in der Kühlung
des sogenannten Kälteträgermediums, welches ringförmig zwischen den Verbrauchern
sowie dem Verdampfer der Kältemaschine zirkuliert und kontinuierlich Wärmeenergie
aus dem Verbrauchersystem abnimmt. Bei Kühlanwendungen oberhalb von 0 °C wird
häufig Wasser als Kälteträger eingesetzt, da es leicht verfügbar sowie kostengünstig ist
und eine hohe Wärmekapazität besitzt. Das Kälteträgermedium wird in wasserbasierten
Systemen daher auch als Kaltwasser bezeichnet. Der dem Kälteträger entzogene Wär-
mestrom wird als Kälteleistung 𝑄̇𝐾 der Maschine bezeichnet. Er ist abhängig von dem
Massenstrom 𝑚̇ des Kälteträgermediums, der isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝 sowie der
Vorlauftemperatur 𝑇𝑉𝐿 und der Rücklauftemperatur 𝑇𝑅𝐿 des Kälteträgers am Eintritt und
Austritt des Wärmeübertragers der Kältemaschine (siehe Gleichung 6).

𝑄̇𝐾 = 𝑚̇ ∙ 𝑐𝑝 ∙ (𝑇𝑅𝐿 − 𝑇𝑉𝐿 )

Der Wärmeübertrager auf der Kaltwasserseite der Kältemaschine ist der sogenannte
Verdampfer. Dieser überträgt die überschüssige Wärmeenergie des Kälteträgermediums
auf den Kältemittelkreislauf in der Kältemaschine. Auf der sogenannten Kondensatorsei-
te der Kältemaschine wird der am Verdampfer aufgenommene Wärmestrom aus dem
Kältemittelkreislauf an die Umgebung abgeführt. Hierfür wird der Kondensator durch
externe Komponenten rückgekühlt. Neben der Abwärmeenergie aus den Verbraucher-
kreisen muss bei Einsatz einer elektrisch angetriebenen Kältemaschine auch die An-
triebsenergie 𝑃𝑒𝑙 in Form von Wärmeenergie abgeführt werden. Die Rückkühl-
leistung 𝑄̇𝑅𝐾 ist somit immer höher als die Kältelast 𝑄̇𝐾 der Verbraucher und definiert
als Summe der Kälteleistung und der elektrischen Antriebsenergie.57

𝑄̇𝑅𝐾 = 𝑄̇𝐾 + 𝑃𝑒𝑙 22


Für die Rückkühlung der Kältemaschine wird häufig ein sogenanntes Rückkühlwerk
eingesetzt58. Dieses nimmt die Wärmeenergie am Kondensator der Kältemaschine ab
und transportiert sie an die Umgebung. Abbildung 7 zeigt den schematischen Aufbau
eines Kälteversorgungssystems mit einer Kältemaschine und einem separaten Rückküh-
ler.

57 vgl. Breidenbach (2012) S.144


58 vgl. Röben (2013) S.203

16
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen

Energiefluss Rückkühlwerk

𝑄̇𝑅𝐾 = 𝑄̇𝐾 + 𝑃𝑒𝑙


Rückkühlkreislauf
Vorlauf (Kühlmedium) Rücklauf

Kondensator Kälteanlage
Kältemaschine
Pel
𝑃𝑒𝑙 (Kältemittel)
Verdampfer

Vorlauf Kaltwasserkreislauf Rücklauf


(Kaltwasser)
𝑄̇𝐾 Kältenutzer

Abbildung 7: Darstellung des Energiestroms und der Hauptkomponenten in einem Kältever-


sorgungssystem

Die an der Kälteversorgung beteiligten Komponenten werden in dieser Arbeit unter dem
Begriff „Kälteanlage“ subsummiert. Hierzu gehören ie Kältemaschine, as Rückkühl-
werk sowie die zentralen Förderaggregate für den Kaltwasser- und Rückkühlkreislauf.
Üblicherweise sind das Rückkühlwerk und die Kältemaschine, wie auf Abbildung 7 dar-
gestellt, räumlich voneinander getrennt. In diesem Fall wird ein separater Kühlkreislauf
inklusive Förderaggregat benötigt, welcher die Wärmeenergie vom Kondensator der
Kältemaschine stoffgebunden zum Rückkühler transportiert. Neben externen Rück-
kühlwerken können auch andere Technologien eingesetzt werden, um die Abwärme aus
der Kältemaschine abzuführen. Bei Außenaufstellung des Kältemittel-Kondensators
kann die Rückkühlung beispielsweise direkt an der Umgebungsluft erfolgen. In dieser
Ausführung ist auf eine kurze Distanz zur Kältemaschine zu achten, da ansonsten lange
Rohrwege und große Mengen an Kältemittel benötigt werden. Dieses ist teuer und stellt
aufgrund seiner klimaschädigenden Wirkung59 hohe Anforderungen an die Dichtheit der
Transportleitungen. Sind Heizungssysteme verfügbar, welche mit einem niedrigen Tem-
peraturniveau zurechtkommen, kann die Abwärmeenergie der Kältemaschine auch zu
Heizzwecken eingesetzt werden. Diese Nutzung wird als Wärmerückgewinnung (WRG)
bezeichnet.

3.1.1 Aufbau und Funktion von Kältemaschinen


Eine Kältemaschine besteht im Wesentlichen aus vier Komponenten, welche für die
Funktion des Kälteprozesses erforderlich sind (siehe Abbildung 8). Der Verdampfer und
der Kondensator stellen die Schnittstellen zum Kälteträger- bzw. Kühlmedium dar und
ermöglichen den Wärmetransport über die Systemgrenzen der Kältemaschine. Je nach
Temperatur und Volumenstrom des in den Verdampfer eintretenden Kälteträgermedi-
ums ergeben sich unterschiedliche Leistungsanforderungen, welche von der Kältema-
schine bedient werden müssen. Hierfür besitzt die Kältemaschine zwei weitere Kompo-

59 vgl. Klöcker (2013) S.90f

17
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

nenten: den Kältemittelverdichter sowie das Expansionsventil. Diese stellen die regeln-
den Einrichtungen der Maschine dar und passen die Kälteleistung an die Kältelast an.
Kühlmedium
̇

verflüssigtes überhitzter
Kältemittel Kondensator Kältemittel-
dampf

Expansions-
Kältemittel
ventil
Verdichter

nasser trockener,
Kältemittel-
Verdampfer gesättigter
dampf Kältemittel-
̇ dampf

Kälteträgermedium
Abbildung 8: Schematische Darstellung des Kältekreisprozesses mit exemplarischen Tempera-
turniveaus für das Kälteträger- und Kühlmedium eines Kaltwassersystems60

Im internen Kältemaschinenkreislauf zirkuliert das sogenannte Kältemittel, welches


Wärmeenergie vom Kälteträgermedium im Verdampfer aufnimmt und diese zum Kon-
densator transportiert. Dort gibt das Kältemittel die Wärmenergie an das Kühlmedium
ab, ehe es wieder dem Verdampfer zugeführt wird. Kältemittel sind üblicherweise tief-
siedende organische Fluide61, die im linksläufigen Kreisprozess der Kältemaschine meh-
rere Zustandswechsel erfahren. Diese Zustandswechsel bilden die Grundlage für den
Transport von Wärmeenergie entgegen dem Temperaturgradienten im System. Die flüs-
sige Kältemittelphase (Z3) wird vor dem Eintritt in den Verdampfer über ein Expansi-
onsventil entspannt, wodurch ein Teil des Kältemittels verdampft (Z4). Die übrige, flüs-
sige Phase des nassen Kältemitteldampfs nimmt den auf niedrigem Temperaturniveau
angebotenen Wärmestrom des Kälteträgermediums im Verdampfer in einem Siedepro-
zess auf. Damit der im Verdampfer aufgenommene Wärmestrom 𝑄̇𝐾 an die Umgebung
abgeführt werden kann, muss der trockene, gesättigte Kältemitteldampf (Z1) im nächs-
ten Schritt mit einem Verdichter komprimiert und in einen höheren Druckzustand über-
führt werden (Z2). Die Kondensation des Kältemitteldampfes und der Wärmetransport
an die Umgebung können somit bei Temperaturen deutlich oberhalb der Verdampfungs-
temperatur erfolgen. Im Kondensator muss zusätzlich zur aufgenommenen Wärmeleis-
tung auch die Verdichtungsarbeit 𝑃𝑒𝑙 des Kältemittelverdichters abgeführt werden, wes-
halb der abgeführte Wärmestrom auf der Kondensatorseite größer ist, als der aufge-
nommene auf der Verdampferseite (siehe Gleichung 22).62,63

60 vgl. Breidenbach (2012) S.145


61 vgl. Schmidt (2013) S.88
62 vgl. Breidenbach (2012) S.144
63 vgl. Schmidt (2013) S.139f

18
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen

Die Kälteleistung der Kältemaschine wird vor allem durch den Massenstrom des Käl-
temittels beeinflusst. Zur Leistungsadaption der Maschine muss daher die dem Ver-
dampfer zugeführte Kältemittelmenge pro Zeiteinheit angepasst werden. In der techni-
schen Praxis gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese Anpassung vorzunehmen. Bei
Kältemaschinen mit einem Schraubenverdichter kann der Massenstrom des Kältemittels
entweder direkt über die Drehzahl der Verdichterwelle oder indirekt über einen soge-
nannten Leistungsschieber eingestellt werden. Zur Regelung der Drehzahl wird typi-
scherweise ein sogenannter Frequenzumformer eingesetzt. Frequenzumformer finden
erst seit kurzer Zeit Verbreitung in der Kältetechnik, u. a. da sich die europäischen Vor-
gaben für die Effizienz von an Fertigungsprozessen beteiligten Maschinen verändern64.
Insbesondere im Teillastbereich der Kältemaschine kann die Effizienz der Kältebereit-
stellung durch die Drehzahlregelung deutlich erhöht werden.

Zur Regelung der Kälteleistung eines Schraubenverdichters wird häufig ein sogenannter
Leistungsschieber eingesetzt (siehe Abbildung 9). Dieses Bauteil reduziert die Menge
des transportierten Kältemittels, indem es durch Verschiebung entlang der Rotorachse
des Schraubenläufers einen Weg aus dem Verdichtungsraum zur Saugseite öffnet.
Dadurch wird ein Teil des Kältemittels zurück zur Saugseite geführt, während der übrige
Teil des Kältemittels durch die Austrittsöffnung des Verdichters auf die Druckseite ent-
weicht65. Durch die Öffnung aus dem Verdichtungsraum treten Strömungsverluste hin
zur Saugseite des Verdichters auf. Aufgrund des so verringerten Kältemittelvolumens
reduziert sich das Verdichtungsverhältnis (Druckdifferenz zwischen Verdampfung und
Kondensation des Kältemittels)66. Diese Technologie führt daher zu einer charakteristi-
schen Degradation der Maschineneffizienz im Teillastbereich.
Saugseite Druckseite Saugseite Druckseite

100 % 10 %

Schraubenläufer Leistungsschieber 90 %

Abbildung 9: Leistungsregelung eines Schraubenverdichters mittels eines Leistungsschiebers67

Schraubenverdichter stellen im industriellen Bereich einen weit verbreiteten Maschi-


nentyp dar, da sie nahezu pulsationsfrei arbeiten und hohe Kältemittel-Volumenströme
auf geringem Bauraum ermöglichen68. Insbesondere bei hohen Verdichtungsverhältnis-

64 vgl. Blankemeyer (2015)


65 vgl. Breidenbach (2010) S.334f
66 vgl. Schmidt (2013) S.161
67 nach Breidenbach (2010) S.335
68 vgl. Gebhardt (2008) S.131

19
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

sen erreichen Schraubenverdichter hohe Liefer- und Gütegrade69. Neben Schraubenver-


dichtern werden in großen Industriekälteanlagen auch Hubkolbenverdichter und Spi-
ralverdichter eingesetzt. Hubkolbenverdichter erreichen bei einer einstufigen Verdich-
tung geringere Druckverhältnisse als Schraubenkompressoren70. Mit steigendem Druck-
verhältnis bietet dieser Verdichtertyp die höchsten Gütegrade, er gilt jedoch insbeson-
dere bei hoher Belastung als laut71. Spiralverdichter besitzen hohe Liefergrade, die er-
reichbaren Gütegrade sind jedoch bei hohen Druckverhältnissen geringer als bei den
anderen genannten Technologien72. Schraubenverdichter besitzen eine weite Verbrei-
tung in Kaltwasseranwendungen und liegen auch in der betrachteten Referenzanlage
vor. Dieser Verdichtertyp bildet daher die Basis für die Untersuchungen dieser Arbeit
hinsichtlich der Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz von Kältesystemen durch
Einsatz von thermischen Speichern.

3.1.2 Aufbau und Funktion von Rückkühlwerken


Mit Hilfe einer Kältemaschine wird ein Wärmestrom entgegen dem natürlichen Tempe-
raturgradienten an die Umgebung abgeführt. Die Abgabe dieses Wärmestroms findet
häufig nicht in der Kältemaschine selbst statt, sondern wird über eine externe Kompo-
nente, den sogenannten Rückkühler, gewährleistet73. Der Rückkühler stellt im einfachs-
ten Fall einen Wärmeübertrager im Außenbereich dar. Aufgrund von unterschiedlichen
Kältesystem-Topologien sowie der Anforderung einer möglichst hohen Leistungsdichte
des Rückkühlers, gibt es verschiedene Technologien und Ausführungsformen für Rück-
kühler.

Rückkühlung einer Kältemaschine


Grundsätzlich werden Rückkühlwerke mit direkter und indirekter Wärmeübertragung
sowie feuchter und trockener Kühlung unterschieden74. Das direkte Wärmeübertra-
gungsprinzip erfordert einen Kontakt des Kühlmediums mit der Umgebungsluft. Solche
Rückkühler werden daher auch als „offene“ Kühltürme75 bezeichnet. Im Unterschied zu
„geschlossenen“, indirekt arbeitenden Kühltürmen, darf nur Wasser als Kühlmedium
zum Einsatz kommen, da ein Teil des Kühlmediums durch Verdunstung an die Außenluft
abgegeben wird und in die Umwelt entweicht. Offene Kühltürme bergen eine hohe
Frostgefahr, wenn der Rückkühler diskontinuierlich betrieben wird oder die abzufüh-
rende Wärmeleistung gering ist. Neben den offenen Rückkühlern können auch geschlos-
sene Hybrid- oder Trockenkühler eingesetzt werden. Diese Bauarten bringen das Kühl-
medium indirekt über einen Wärmeübertrager mit der Außenluft in Kontakt. Bei Tro-
ckenkühlern sorgt ein Ventilator für die Belüftung des Wärmeübertragers und erzwingt
somit einen konvektiven Wärmetransport. Gegenüber den feuchten Rückkühlprinzipien
stellt die Außentemperatur beim Trockenkühler das minimale Temperaturniveau der

69 vgl. Breidenbach (2010) S.349f


70 vgl. Krug (2013) S.276f
71 vgl. Krug (2013) S.277
72 vgl. Breidenbach (2010) S.349
73 vgl. Röben (2013) S.203
74 vgl. Urbaneck (2012) S.48f
75 vgl. Engelhorn (2011) S.401

20
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen

Rückkühlung dar. Um dieses Niveau annähernd zu erreichen, ist jedoch eine unwirt-
schaftlich große Übertragungsfläche notwendig. Trockenkühler werden daher häufig auf
eine Temperaturdifferenz von etwa vier bis sieben Grad Celsius gegenüber der Umge-
bung ausgelegt. Diese Differenz wird auch als Kühlgrenze bezeichnet76. Aufgrund der
Abhängigkeit von der Außentemperatur kann die Temperatur im Kühlkreislauf der Käl-
temaschine bei Trockenkühlung in den Sommermonaten stark ansteigen. Dies reduziert
die Effizienz des Kälteprozesses, da höhere Drücke und Temperaturen notwendig sind,
um das Kältemittel zu kondensieren. Trockenkühler finden häufig Einsatz bei außenauf-
gestellten Kältemaschinen, bei denen eine einfache Handhabung und ein geringer War-
tungsbedarf gewünscht sind. Bei hybriden Rückkühlern kann der Wärmeübertrager des
Kühlmediums zusätzlich mit Wasser besprüht werden, um die Rückkühlleistung anzu-
heben. Als Kühlmedium wird häufig ein Wasser-Glykol-Gemisch eingesetzt, um die Ge-
fahr eines Einfrierens der Kühlmittel-Leitungen zu reduzieren. In den Wintermonaten
werden aus diesem Grund auch hybride Kühltürme trocken betrieben.

Gegenüber den Trockenkühlern können mit Hybrid- und Nasskühlern grundsätzlich


niedrigere Temperaturniveaus als das der Umgebungsluft erreicht werden. Dies ist mög-
lich durch die sogenannte Verdunstungskühlung, bei welcher ein intensiver Kontakt
zwischen Wasser und Außenluft eine Verdunstung des Wassers bewirkt. Für den Pha-
senübergang bei der Verdunstung wird Energie benötigt, welche der umgebenden Luft
in Form von Wärmeenergie entzogen wird. Dieser Entzug von Wärmeenergie senkt das
Temperaturniveau der einströmenden Luft und erhöht somit ihre Kühlwirkung. Bei of-
fenen Nasskühlern wird das Kühlmedium direkt versprüht, während bei geschlossenen
Hybridkühltürmen aufbereitetes Wasser über dem Wärmeübertrager des Kühlmediums
versprüht wird. Durch eine große Oberfläche zwischen dem Luftstrom und dem ver-
sprühten Wasser kann die Umgebungsluft theoretisch mit Wasser gesättigt werden. Das
auf diese Weise erreichbare Temperaturniveau wird als sogenannte Feuchtkugeltempe-
ratur bezeichnet77. Nasskühltürme besitzen eine Kühlgrenze zwischen vier und sechs
Grad Celsius oberhalb der Feuchtkugeltemperatur78. Aufgrund des direkten Wärme-
übertragungsprinzips sind mit offenen Nasskühltürmen gegenüber geschlossenen Hyb-
ridkühlern etwas niedrigere Temperaturen erreichbar. Da geschlossene Kühltürme ei-
nen Wärmeübertrager benötigen, ist die Effizienz des Wärmetransportes gegenüber
dem direkten Prinzip reduziert. In der Literatur werden aber auch Hybridkühler mit
Kühlgrenzen zwischen vier bis fünf Grad Celsius oberhalb der Feuchtkugeltemperatur
angegeben79. Durch die zusätzliche Benetzung der Wärmeübertrager mit Wasser wird
mit hybriden Rückkühlern gegenüber Trockenkühlern bei gleicher Grundfläche etwa
eine drei- bis vierfache Rückkühlleistung erreicht80. Abbildung 10 zeigt einen Hybrid-
kühler, wie er im betrachteten Referenzsystem eingesetzt wird.

76 vgl. Urbaneck (2012) S. 56


77 vgl. Breidenbach (2012) S.326
78 vgl. Urbaneck (2012) S.56
79 vgl. Handschuh (2013) S.371
80 vgl. Handschuh (2013) S.371

21
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

𝐿𝑢 𝑢 𝑟𝑖 Sprühpumpe

Kondensator
Sprühdüsen Kältemaschine

Kühl-
mittel
Pumpe
𝐿𝑢 𝑒𝑖 𝑟𝑖
Rohrbündel-Wärmeübertrager

Auffangbecken Nachspeisung
Lüfter
Abbildung 10: Darstellung eines Hybridkühlturms

Unabhängig von der Bauform des Rückkühlers nimmt der Aufwand für die Rückkühlung
mit steigenden Umgebungstemperaturen zu. Durch eine Erhöhung der Temperatur des
kühlenden Mediums (𝑇𝑓𝑙,2) verringert sich nach Gleichung 14 bei ansonsten konstanten
Bedingungen der Wärmestrom. Um diesen Effekt zu kompensieren, werden die Lüfter
und Sprühpumpen bei steigenden Umgebungstemperaturen zunehmend ausgelastet.
Dies bedeutet eine höhere Antriebsleistung für die Lüftermotoren des Kühlturms sowie
einen größeren Bedarf von aufbereitetem Wasser für die Verdunstungskühlung und
somit eine Zunahme der Betriebskosten. Ebenso steigt die Leistungsaufnahme des Kühl-
turms bei höheren Kühllasten an. Eine Erhöhung der Temperaturdifferenz oder des
Massenstroms im Kühlmedium erfordert nach Gleichung 6 eine Erhöhung des Luftmas-
senstroms, da das Temperaturniveau der umgebenden Luft nicht variabel angepasst
werden kann.

Einsatz von freier Kühlung


Ein alternativer Einsatzzweck für Rückkühlwerke stellt die Substitution der Kältema-
schine bei niedrigen Umgebungstemperaturen dar. Diese Nutzung wird im englischen
Sprachgebrauch oft als „free cooling“ (dt. „freie Kühlung“) bezeichnet und unterscheidet
sich von der deutschen Definition, welche ein passives Kühlsystem ohne jegliche elektri-
schen Antriebe meint. In dieser Arbeit wird der englische Terminus stellvertretend für
ein Kühlsystem ohne Kältemaschine verwendet. Bei freier Kühlung wird die Kältema-
schine überbrückt und der zu kühlende Kaltwasserstrom über den Wärmeübertrager
des Rückkühlers mit der Umgebungsluft in Kontakt gebracht (siehe Abbildung 11).
Durch die Abschaltung der Kältemaschine kann die elektrische Antriebsenergie des Käl-
temittelverdichters eingespart werden. Gegenüber dem Betrieb einer Kältemaschine
muss bei freier Kühlung nur der Betrag der Kältelast als Wärmestrom an die Umgebung
transportiert werden. Bei der Kältemaschine erhöht sich dieser Wärmestrom nach Glei-
chung 22, da die elektrische Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙 des Kältemittelverdichters zusätz-
lich an die Umgebung abgeführt werden muss. Die elektrische Leistungsaufnahme der
Kältemaschine beträgt bei niedriger Auslastung bis zu 50 % der Kälteleistung und macht
einen wesentlichen Anteil der Rückkühlleistung aus. Mit der Substitution der Kältema-

22
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen

schine durch das Rückkühlwerk ist daher ein hohes Einsparpotenzial verbunden. Freie
Kühlung ist einsetzbar, wenn das Temperaturniveau der Außenluft unterhalb der Nutz-
temperatur des Kältesystems liegt. Aufgrund der Frostgefahr bei niedrigen Außentem-
peraturen werden die Rückkühler für diesen Zweck trocken betrieben.

Reguläre Kälteanlage Freie Kühlung


Rückkühlwerk Rückkühlwerk

Rückkühlkreislauf Rückkühlkreislauf
Vorlauf Rücklauf
Vorlauf Rücklauf
Kondensator
Pel
Kältemaschine Wärmeübertrager
Verdampfer
Vorlauf Rücklauf
Vorlauf Rücklauf
Kaltwasserkreislauf Kaltwasserkreislauf

Kältenutzer Kältenutzer

Abbildung 11: Schema der regulären Kälteanlage (l.) im Vergleich zur freien Kühlung (r.)

Unter Annahme einer typischen Dimensionierung für einen Trockenkühler liegt die
Kühlgrenze etwa vier bis sieben Grad Celsius oberhalb der Außentemperatur (s. o.). Für
eine Abschätzung der möglichen Einsatzdauer von freier Kühlung muss das Kaltwasser-
temperaturniveau des Kältesystems mit der individuellen Jahrestemperaturverteilung
des Standorts verglichen werden. Auf Abbildung 12 ist die Unterschreitungsdauer auf-
tretender Umgebungstemperaturen für die Region Nürnberg aufgetragen (Temperatur-
auflösung 0,1 °C). Wird von einem Kaltwassertemperaturniveau von 12 °C ausgegangen,
so lassen sich bei einer Außentemperatur von 5 °C und einer Differenz von 7 °C zur
Kühlanwendung (Kühlgrenze) etwa 2.000 bis 3.000 Betriebsstunden mit freier Kühlung
im Jahr erreichen. Aus Abbildung 12 wird ersichtlich, dass der Einsatz von freier Küh-
lung vor allem bei Kältesystemen mit Vorlauftemperaturen oberhalb von 10 °C attraktiv
ist. Klima-Kaltwassersysteme mit Luftentfeuchtungsfunktion benötigen dagegen meist
ein Temperaturniveau zwischen 6 bis 9 °C81. Bei einer angenommenen Kühlgrenze von
7 °C erreicht die freie Kühlung in diesen Anwendungen deutlich weniger Betriebsstun-
den und die hydraulische Integration in das Kältesystem ist weniger rentabel.

81 vgl. Wosnitza (2012) S.297

23
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

Temperaturdauerlinien von 2011 bis 2016


9
Unterschreitungsdauer in 10³ h

4 2011
3
2012
2013
2 2014
1 2015
2016
0
-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35
Temperatur in °C
Abbildung 12: Darstellung der Jahrestemperatur-Dauerlinien 2011 bis 2016 für den Standort
Nürnberg82

Freie Kühlung stellt nach aktuellem Stand der Technik keine Standardlösung für Kühl-
anwendungen dar. Über den Einsatz in industriellen Kaltwassersystemen gibt es kaum
Referenzen, während sich neue Ansätze für den Einsatz der freien Kühlung in Rechen-
zentren gerade erst in der Entwicklung befinden83,84,85. Dies ist auf eine geringe Be-
kanntheit des Potenzials und auf einen Mangel von Leitfäden86 für die technische Im-
plementierung zurückzuführen. Sowohl die hydraulische, als auch die steuerungsseitige
Integration der Komponenten setzen ein gutes Verständnis der vorhandenen Anlagen
und des Kältesystems voraus87. Zudem ist die Vorhersage der Effizienz und Rentabilität
insbesondere in Bestandssystemen schwierig, weshalb Betreiber selten das Risiko einer
technischen Umsetzung eingehen. Moderne Rückkühler werden zwar häufig mit Infor-
mationen über die Kühlleistung für den Betrieb in freier Kühlung bei einer Referenz-
temperatur ausgeliefert, die Wirtschaftlichkeit der Umsetzung hängt jedoch von vielen
weiteren Einflüssen ab. Zu diesen gehören u. a. der geforderte Leistungsbereich, die
Technologie der ersetzten Kältemaschine, die Art und Konfiguration der Umwälzpum-
pen sowie die Einzelkomponenten am Rückkühler selbst (z. B. drehzahlgeregelte Lüf-
termotoren, trockene Kühlung oder Verdunstung).

Bislang gibt es keine Standardisierung oder Reglementierung zur Nutzung von freier
Kühlung. Einige Studien untersuchten den Einfluss des Standorts auf die Eignung von
freier Kühlung (z. B. Kühlung von Wasser oder Luft, Einsatz von Verdunstungskühlung)
bei Rechenzentren88,89. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass Regionen mit einem
warm- bis kalt-feuchten Klima die höchsten Einsparpotenziale versprechen. Dies ist da-
rauf zurückzuführen, dass es auch in wärmeren Regionen nachts kalt genug ist, um das

82 vgl. SUN (2018)


83 vgl. Zhang (2014) 172
84 vgl. Cuce (2016) S.1241
85 vgl. Sujatha (2011) S.647
86 vgl. Field (1998) S.18
87 vgl. Costelloe (2003) S.574
88 vgl. Agrawal (2016) S.357f
89 vgl. Lee (2013) S.109ff

24
3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen

Temperaturniveau für Server-Kühlung über freie Kühlung bereitzustellen. Im Gegensatz


zu feuchten Regionen wiesen kalt-trockene Gebiete geringe Einsparpotenziale auf oder
wurden nicht betrachtet, da die Luft bei direkter Verwendung aufwändig befeuchtet
werden muss und Frostgefahr beim Einsatz von Wasser besteht. In der vorliegenden
Arbeit liegt der Fokus jedoch auf wassergebundenen Rückkühlsystemen. Bei diesen ist
der Rückkühlkreislauf üblicherweise mit einem frostbeständigen Kühlmittel befüllt,
weshalb freie Kühlung grundsätzlich auch bei Außentemperaturen unterhalb von Null
Grad Celsius betrieben werden kann. Weiterhin ist bei wassergebundenen Kältesyste-
men keine Anpassung der Luftfeuchtigkeit notwendig. Das Potenzial dieser Anwendung
in kalten Regionen wird daher im Gegensatz zu den genannten Studien als sehr hoch
eingeschätzt. Auch in Deutschland kann der Einsatz von freier Kühlung sinnvoll sein,
wenn das Temperaturniveau der Kühlanwendung geeignet ist. Mit entsprechenden
Kühlkonzepten lassen sich aufgrund des konstanten Kühlbedarfs oder der hohen Kühl-
wassertemperaturen insbesondere folgende Anwendungen gut mit freier Kühlung kom-
binieren:

• Serverkühlung (18 bis 27 °C bei Luftkühlung, bis 45 °C bei Wasserkühlung)90,91


• Luftkühlung ohne Entfeuchtung, Kühldecken und -konvektoren (11 bis 18 °C)92
• Kühlung von Prozessmaschinen und -anlagen (20 bis 25 °C)

3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen


Die Effizienz einer Kälteanlage hängt von zahlreichen Faktoren und Randbedingungen
ab. Wichtige Einflussgrößen stellen beispielsweise die Verdichter-Technologie der Käl-
temaschine, die mittlere Maschinenauslastung sowie die eingestellten Kalt- und Kühl-
wassertemperaturen dar. Bei Betrachtung der gesamten Kälteanlage müssen auch die
Verluste des Verteilungs- und Rückkühlsystems berücksichtigt werden. Die Rückküh-
lung der Kältemaschine hängt zusätzlich von äußeren Einflüssen wie der Umgebungs-
temperatur 𝑇𝑈 und der relativen Luftfeuchte 𝜑 ab.

Effizienz einer Kältemaschine


Die Effizienz einer Kältemaschine lässt sich mit Hilfe verschiedener Verfahren quantifi-
zieren. Oft wird hierfür eine energetische Bilanzierung gewählt, welche nach dem ersten
Hauptsatz der Thermodynamik alle beteiligten Energieströme erfasst, deren Summe im
Rahmen des Prozesses konstant bleiben muss. Eine solche Energiebilanz liefert für die
Kältemaschine eine Abhängigkeit zwischen der Kälteleistung 𝑄̇𝐾 , dem abzuführenden
Wärmestrom 𝑄̇𝑅𝐾 und der elektrischen Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 der Kältemaschine
nach Gleichung 2293. Aus dieser einfachen Bilanz lässt sich die sogenannte Leistungs-
zahl 𝐿 𝐾𝑀 einer Kältemaschine ableiten, welche den Nutzen (Kälteleistung 𝑄̇𝐾 ) und den

90 vgl. Capozzoli (2015) S.486


91 vgl. Capozzoli (2015) S.488
92 vgl. Costelloe (2003) S.575
93 vgl. Baehr (2012) S.575

25
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

Aufwand (elektrische Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 ) des Kälteprozesses zueinander ins


Verhältnis setzt.94
𝑄̇𝐾
𝐿 𝐾𝑀 =𝑃 23
𝑒𝑙,𝐾𝑀

Diese Kennzahl liefert ein Mittel, mit dem sich die Effizienz eines Kälteprozesses bewer-
ten lässt. Bei Schraubenverdichter-Kältemaschinen kann die Leistungszahl-Kennlinie in
guter Näherung mit einem Polynom zweiten Grades approximiert werden95,96. Abbil-
dung 13 zeigt den Verlauf der Leistungszahl in Abhängigkeit der Maschinenauslastung
für die Kältemaschinen des Referenzsystems. Die Maschinenauslastung ergibt sich aus
dem Verhältnis der Kälteleistung und der maximalen Kälteleistung der Kältemaschine.
Durch den Einsatz des unter Abschnitt 3.1.1 beschriebenen Leistungsschiebers nimmt
die Leistungszahl im Teillastbereich der Kältemaschine ab.

Leistungszahl-Kennlinie der Schraubenverdichter-Kältemaschinen am IISB


5

4,5

4
Leistungszahl

Arbeitspunkt mit
höchster Leistungszahl
3,5

2,5

2
Leistungszahl-Kennlinie
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Auslastung der Kältemaschine in %
Abbildung 13: Leistungszahl der Schraubenverdichter-Kältemaschinen des Referenzsystems in
Abhängigkeit der Maschinenauslastung (zugrundeliegende Messdaten siehe Anhang A.1)

Aufgrund der in Gleichung 23 vorgestellten Formulierung können noch keine Aussagen


bezüglich der äußeren Randbedingungen des Kälteprozesses getroffen werden. Hierfür
eignet sich die Betrachtung der Leistungszahlen von idealen, reversiblen Vergleichspro-
zessen, welche die Temperaturabhängigkeit des Kälteprozesses bewerten und Verluste
zunächst vernachlässigen. Eine solche Kennzahl stellt der Wirkungsgrad des reversiblen
Carnot-Kreisprozesses zwischen der Umgebungstemperatur 𝑇𝑈 (bzw. Rückkühltempe-
ratur bei separatem Rückkühler) und der Nutztemperatur 𝑇𝑁 des Kaltwasservorlaufs
dar97. Dieser gibt die maximal erreichbare Leistungszahl des Kälteprozesses in Abhän-
gigkeit der gegebenen Temperaturgrenzen an.
𝑇𝑁
𝐿 𝐶,𝑖𝑑 =𝑇 24
𝑈 −𝑇𝑁

Um den Wärmestrom des Kälteträgermediums auf das Kältemittel und anschließend auf

94 vgl. Baehr (2012) S.575


95 vgl. Breidenbach (2010) S.372
96 vgl. Urbaneck (2012) S.58
97 vgl. Baehr (2012) S.576

26
3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen

das Kühlmittel zu übertragen, sind Wärmeübertrager erforderlich. Diese setzen eine


Temperaturdifferenz zwischen den beteiligten Medienströmen voraus. Für den
Kälteprozess der Kältemaschine bedeuten Wärmeübertrager einen Mehraufwand, da
das Kältemittel im Verdampfer kühler als der Sollwert des Kaltwassers ausfallen muss,
während es gegenüber dem Kühlmittel auf der Kondensatorseite überhitzt wird. Die
Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 des Kältemittels einer realen Anlage fällt damit geringer
und die Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 höher aus, als beim idealen, reversiblen Carnot-
Prozess (siehe Abbildung 14).

𝑇𝑒𝑚 𝑒𝑟 𝑢𝑟

𝑇𝐾𝑜
∆𝑇𝐾𝑜
𝑇𝑈
Verdampfer Verdichter Kondensator

𝑇𝑁
𝑇𝑉𝑒 ∆𝑇𝑉𝑒

ä 𝑒𝑚𝑖 𝑒 𝑘𝑟𝑒𝑖 𝑢
Abbildung 14: Schematische Darstellung der Vergrößerung des Temperaturhubs einer Kälte-
maschine durch Wärmeübertrager auf der Kalt- und Kühlwasserseite98

Die aus technischer Sicht notwendigen Temperaturdifferenzen reduzieren die maximal


mögliche Leistungszahl der Kältemaschine, da die Temperaturdifferenz gegenüber
𝐿 𝐶,𝑖𝑑 im Nenner ansteigt und das Temperaturniveau des Kälteprozesses niedriger liegt
(siehe Gleichung 25). Durch die Berücksichtigung der Temperaturdifferenzen ∆𝑇𝑉𝑒 und
∆𝑇𝐾𝑜 lässt sich die verlustfreie Carnot-Leistungszahl bei realen Temperaturen ableiten.99
𝑄̇ 𝑇𝑁 −∆𝑇𝑉𝑒 𝑇𝑉𝑒
𝐿 𝐶,𝑊Ü = 𝑃𝑟𝑒𝑣 𝐾 = (𝑇 =𝑇 25
𝑒𝑙,𝐾𝑀,𝑊Ü 𝑈 +∆𝑇𝐾𝑜 )−(𝑇𝑁 −∆𝑇𝑉𝑒 ) 𝐾𝑜 −𝑇𝑉𝑒

Durch Einsetzen der Verdampfungs- und Kondensationstemperaturen einer realen Käl-


temaschine in Gleichung 25 wird die maximale Leistungszahl bei den tatsächlich vor-
handenen Temperaturniveaus erhalten. Die drei vorgestellten Formulierungen der Leis-
tungszahl reichen aus, um Optimierungsmaßnahmen an den Kälteanlagen zu quantifi-
zieren. Es lassen sich damit jedoch noch keine Einflussgrößen feststellen, aus welchen
sich die Optimierungsmaßnahmen ableiten. Hierzu werden die Aussagen des zweiten
Hauptsatzes der Thermodynamik benötigt, welcher die Umwandelbarkeit zwischen
Energieformen und die damit verbundene Irreversibilität bestimmter Prozesse behan-
delt100. Durch Einführung der Größen Exergie und Anergie lassen sich die Konsequenzen
des zweiten Hauptsatzes anschaulich beschreiben. Danach besteht jede Energieform
zunächst aus Exergie und Anergie, welche den unbeschränkt umwandelbaren Anteil der

98 vgl. VDMA (2011) S.11


99 vgl. Wellig (2006) S.9
100 vgl. Baehr (2012) S.156

27
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

Energie (Exergie) und den nicht umwandelbaren Anteil der Energie (Anergie) repräsen-
tieren. Energieformen besitzen somit unterschiedliche Qualitäten. Höherwertige Ener-
gieformen, wie z. B. elektrische oder mechanische Arbeit, bestehen vollständig aus Exer-
gie und gelten als entropiefrei. Niederwertige Energieformen, wie die Wärmeenergie
oder innere Energie, gelten als entropiebehaftet. Ihre Umwandlung in Exergie erfordert
ie Abgabe ieser „Restentropie“ an ie Umgebung zusammen mit Abwärme101. Da sol-
che Umwandlungsprozesse nur unter Mitwirkung der Umgebung möglich sind, kommt
dieser eine übergeordnete Bedeutung in der Thermodynamik zu. Im Gleichgewicht mit
dem Umgebungszustand hat der Energieinhalt eines Systems seine Umwandlungsfähig-
keit in Exergie verloren. Er besteht somit nur noch aus Anergie, welche nicht in Exergie
umgewandelt werden kann102. Nach dem zweiten Hauptsatz wandelt sich bei allen irre-
versiblen Prozessen Exergie in Anergie um, ausschließlich bei reversiblen Prozessen
bleibt die Exergie konstant. Die Übertragung von Wärmeenergie stellt grundsätzlich
einen irreversiblen Prozess dar, welcher mit sogenannten Exergieverlusten 𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 ver-
bunden ist. Kühlanwendungen erfordern üblicherweise einen Übertrag von Wärme-
energie und weisen daher Exergieverluste auf. Diese Verluste nehmen mit steigender
Temperaturdifferenz zwischen den wärmeübertragenden Medien zu und führen zu ei-
nem zusätzlichen Primärenergieaufwand103.

Optimierungsmaßnahmen zur Einsparung von Primärenergie können aus einer soge-


nannten Exergieanalyse abgeleitet werden. Eine wichtige Größe stellt hierbei der Exer-
giestrom 𝐸̇𝑄 der Heiz- oder Kühlanwendung dar, welcher die Exergieverluste 𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 der
irreversiblen Wärmeübertragung kompensiert104,105.
𝑇
𝐸̇𝑄 = 𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 = (𝑇𝑈 − ) ∙ |𝑄̇𝐾 | 26
𝑁

Ohne weitere Exergieverluste zu betrachten lässt sich mit Hilfe der Gleichung 26 bereits
ein Wirkungsgrad ableiten, welcher die Qualität der Wärmequelle einer Kälteanlage mit
der Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 und der Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 in Relation
zum reversiblen Carnot-Kreisprozess zwischen der Nutztemperatur des Kaltwasservor-
laufs 𝑇𝑁 und der Umgebungstemperatur 𝑇𝑈 bewertet. Die so definierte Kennzahl setzt
die Nutzexergie 𝐸̇𝑄 und die aufgewendete Exergie zueinander ins Verhältnis und wird
hier als exergetischer Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü bezeichnet.106
𝑇
𝑁𝑢𝑡𝑧𝑒𝑥𝑒𝑟𝑔𝑖𝑒 𝐸̇𝑄 ( 𝑈 −1)∙|𝑄̇𝐾 | 𝐿𝑍𝐶,𝑊Ü
𝑇𝑁
𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü = 𝑎𝑢𝑓𝑔𝑒𝑤. = 𝑃𝑟𝑒𝑣 = 𝑇 = 27
𝐸𝑥𝑒𝑟𝑔𝑖𝑒 𝑒𝑙,𝐾𝑀,𝑊Ü ( 𝐾𝑜 −1)∙|𝑄̇𝐾 | 𝐿𝑍𝐶,𝑖𝑑
𝑇𝑉𝑒

𝑟𝑒𝑣
Die aufzuwendende Exergie 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀,𝑊Ü bezeichnet den Energiebedarf der Kältemaschine,
welcher sich aus dem verlustfreien Carnot-Prozess nach Gleichung 25 ableitet. In realen

101 vgl. Baehr (2012) S.151f


102 vgl. Baehr (2012) S.153
103 vgl. Baehr (2012) S.418f
104 vgl. Wellig (2006) S.8
105 vgl. Baehr (2012) S.571
106 vgl. Wellig (2006) S.12

28
3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen

Kälteanlagen treten verschiedene Exergieverluste107 auf, welche durch den exergeti-


schen Wirkungsgrad ausgedrückt werden können. Diese lassen sich separat für eine
existierende Anlage berechnen, sollen hier aber zusammenfassend durch die gemessene
Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 der realen Kältemaschine berücksichtigt werden. Hierfür
wird die aufgewendete Exergie in Gleichung 27 durch die gemessene Leistungsaufnahme
substituiert. Es ergibt sich der exergetische Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 der realen Kältema-
schine108. Durch Bezug der Nutzexergie auf den verlustfreien Kälteprozess zwischen der
Verdampfungs- und der Kondensationstemperatur des Kältemittels, wird der höhere
Temperaturhub gegenüber dem idealen Carnot-Prozess berücksichtigt.109
𝑇
𝑁𝑢𝑡𝑧𝑒𝑥𝑒𝑟𝑔𝑖𝑒 𝐸̇𝑄 ( 𝐾𝑜 −1)∙|𝑄̇𝐾 | 𝐿𝑍
𝑇𝑉𝑒
𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 = 𝑎𝑢𝑓𝑔𝑒𝑤. =𝑃 = = 𝐿𝑍 𝐾𝑀 28
𝐸𝑥𝑒𝑟𝑔𝑖𝑒 𝑒𝑙,𝐾𝑀 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 𝐶,𝑊Ü

Liegt die Kondensatortemperatur der Kältemaschine aus technischen Gründen höher als
notwendig, kann dieser Faktor im exergetischen Wirkungsgrad der Kältemaschine be-
rücksichtigt werden. Ein solcher Fall tritt beispielsweise bei der Nutzung von Wärme-
rückgewinnung am Kondensator der Kältemaschine auf. Durch Multiplikation der bei-
den exergetischen Wirkungsgrade 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü und 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 mit der idealen, reversiblen Leis-
tungszahl 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 nach Carnot ergibt sich die reale Leistungszahl der Kältemaschine nach
Gleichung 23.

Effizienz von Verteilsystemen


An der Kälteversorgung ist nicht nur die Kältemaschine beteiligt. Ein verhältnismäßig
hoher Anteil des elektrischen Energiebedarfs wird für den Betrieb von Förderaggrega-
ten benötigt. Hierzu zählen die verteilten Pumpen einzelner Verbraucher im Kältesys-
tem sowie die Hauptumwälzaggregate für die Kältemaschine und den Rückkühlkreislauf.
In Abhängigkeit der Kühlanwendung stellen auch die Lüfter des Kühlturms, elektrische
Abtauheizungen und sonstige Nebenaggregate (z. B. Antriebe für Stellventile) elektri-
sche Verbraucher dar, welche unter einer Kennzahl subsummiert werden können. Aus
dem Verhältnis der elektrischen Leistungsaufnahme der Kältemaschine 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 zur Leis-
tungsaufnahme aller elektrisch betriebenen Aggregate 𝑃𝑔𝑒𝑠 kann eine weitere Effizienz-
kennzahl abgeleitet werden, welche als Fluidtransporteffizienz 𝜂𝐹𝑇 bezeichnet wird.110
𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀
𝜂𝐹𝑇 = 𝑃𝑒𝑙,𝑔𝑒𝑠
29

Weiterhin lässt sich auch die Güte der Dämmung des Verteilungsnetzes mit Hilfe einer
Kennzahl beschreiben. Unter der Kältenutzungseffizienz 𝜂𝑁 werden alle Wärmeeinträge
berücksichtigt, die neben der regulären Kühlaufgabe im Kältesystem auftreten. Hierzu
zählen vor allem Isolationsverluste im Kältesystem und dem Kältemittelkreislauf der
Kältemaschine sowie Wärmeeinträge durch elektrisch angetriebene Peripherieaggrega-
te wie Pumpen und Abtauheizungen. Zur Bestimmung der Kältenutzungseffizienz 𝜂𝑁

107 vgl. Wellig (2006) S.14


108 vgl. Baehr (2012) S.575
109 vgl. Baehr (2012) S.575
110 vgl. VDMA (2011) S.6f

29
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

wird die tatsächlich für die Anwendung nutzbare Kälteleistung 𝑄̇𝐾,𝑁 auf die gesamte
Kälteleistung 𝑄̇𝐾 bezogen.111
𝑄̇𝐾,𝑁
𝜂𝑁 = 𝑄̇𝐾
30

Die vorgestellten Wirkungsgrade werden miteinander multipliziert, um die Effizienz der


gesamten Kälteanlage inklusive der beteiligten Peripherieaggregate zu quantifizieren.
Die Gesamtenergieeffizienz ergibt sich somit zu:112

𝜂𝑔𝑒𝑠 = 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü ∙ 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 ∙ 𝜂𝐹𝑇 ∙ 𝜂𝑁 31

Effizienz der Wärmeübertragung


Wärmeübertrager sind ein wesentlicher Bestandteil von thermischen Versorgungssys-
temen und können zu großen Verlusten von Primärenergie beitragen, wenn das System
nicht adäquat betrieben wird. Wärmeübertragungsprozesse sind grundsätzlich irrever-
̇ > 0). In den Termen einer
sibel und mit der Produktion von Entropie verbunden (𝑆𝑖𝑟𝑟
exergetischen Betrachtung ausgedrückt treten bei Wärmeübertragungsprozessen Exer-
gieverluste 𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 auf, welche sich mit Hilfe des irreversiblen Entropieproduktions-
̇ formulieren lassen.113
stroms 𝑆𝑖𝑟𝑟

̇
𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 = 𝑇𝑈 ∙ 𝑆𝑖𝑟𝑟 32
Hierbei wird 𝑇𝑈 benötigt, da die Änderung der Exergie eines Stoffstroms nur durch Be-
zug auf seine Umgebung angegeben werden kann114. Die Herleitung des Entropiepro-
̇ erfolgt anhand der Entropiebilanz für zwei Fluide 1 und 2 mit den
duktionsstroms 𝑆𝑖𝑟𝑟
Querschnittsmitteltemperaturen 𝑇𝑓𝑙,1 und 𝑇𝑓𝑙,2, welche den Wärmestrom 𝑄̇ über eine
diatherme Wand übertragen.115
̇ ̇
̇ = 𝑑𝑆 = 𝑄 − 𝑄 = 𝑇𝑓𝑙,2 −𝑇𝑓𝑙,1 ∙ 𝑄̇
𝑆𝑖𝑟𝑟 33
𝑑𝑡 𝑇 𝑇 𝑇
𝑓𝑙,1 ∙𝑇 𝑓𝑙,2 𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2

Der Wärmetransport erfolgt dabei vom wärmeren Fluid 2 auf das kältere Fluid 1. Mit
Hilfe von Gleichung 14 lässt sich der Wärmestrom durch die Wand auch über den Wär-
medurchgangskoeffizienten 𝑘 ausdrücken.

̇ = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇𝑓𝑙,2 −𝑇𝑓𝑙,1 )²
𝑆𝑖𝑟𝑟 34
𝑇 ∙𝑇𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2

Durch Einsetzen in Gleichung 32 ergibt sich der Exergieverluststrom 𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 eines Wär-
meübertragers.

(𝑇 −𝑇 )² 𝑇 −𝑇
𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 = 𝑇𝑈 ∙ 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ 𝑇𝑓𝑙,2 ∙𝑇𝑓𝑙,1 = 𝑇𝑈 ∙ 𝑇𝑓𝑙,2 ∙𝑇 𝑓𝑙,1 ∙ 𝑄̇ 35
𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2 𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2

111 vgl. VDMA (2011) S.7f


112 vgl. VDMA (2011) S.8f
113 vgl. Baehr (2012) S.161
114 vgl. Langeheinecke (2011) S.108ff
115 vgl. Baehr (2012) S.108

30
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen

Aus der dargestellten Formulierung lassen sich zwei Aussagen über die Güte eines
Wärmeübertragungsprozesses ableiten: Das Ausmaß des Exergieverlustes bei irrever-
siblen Wärmeübertragungsprozessen hängt maßgeblich von der Temperaturdifferenz
der beiden Fluide 1 und 2 ab. Je kleiner diese Temperaturdifferenz wird, desto geringer
fällt der Exergieverlust aus. Geringere Temperaturdifferenzen können z. B. durch eine
Vergrößerung der Wärmeübertragungsflächen erreicht werden, was jedoch die Investi-
tionskosten für die Anlagen erhöht116. Als zweite Konsequenz kann abgeleitet werden,
dass eine konstante Temperaturdifferenz bei niedrigen Temperaturen einen größeren
Exergieverlust bedeutet als bei hohen Temperaturen117. Exergieverluste der Wärme-
übertragung sind bei Kältemaschinen besonders relevant, da die Verluste im Verdamp-
fer zusammen mit dem Abwärmestrom im Kondensator abgeführt werden müssen. Die
elektrische Leistungsaufnahme der Kältemaschine steigt gegenüber dem reversiblen
Kälteprozess um diese Exergieverluste an118. Für eine Berücksichtigung der Verluste von
Wärmeübertragungsprozessen können die Exergieverluste des Verdampfers und des
Kondensators der Kältemaschine nach Gleichung 35 im exergetischen Wirkungs-
grad 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 ausgedrückt werden. Wellig et al. geben ein Beispiel für die Formulierung
der auftretenden Exergieverluste119. In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt jedoch auf
einer quantitativen Betrachtung des Einflusses von Optimierungsmaßnahmen anhand
von Messwerten. Die Herleitung der exergetischen Verluste dient hier als Grundlage zur
Diskussion der beobachteten Auswirkungen auf die Effizienz der Kälteanlage. Im Fokus
stehen dabei die Kennzahlen 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 , 𝜂𝐹𝑇 und 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü . In der vorhandenen Literatur wer-
den Kältesysteme häufig auf Basis der Angabe eines Wirkungsgrades oder des elektri-
schen Energiebedarfes bewertet. Dieses Vorgehen lässt keinen zufriedenstellenden Ver-
gleich unterschiedlicher Versorgungsstrategien zu, da wesentliche Einflussfaktoren, wie
z. B. die Kosten für Betriebsmittel, nicht im elektrischen Energiebedarf berücksichtigt
werden. Ein Beispiel hierfür stellt die Aufbereitung des Sprühwassers für einen feucht
betriebenen Kühlturm dar. Werden diese Kosten nicht bilanziert, so erscheinen feuchte
Rückkühler gegenüber trockenen Rückkühlsystemen in jedem Fall effizienter, obwohl
diese Aussage nicht pauschal zutreffend ist.

3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen


Der Begriff des Kältespeichers kann je nach Kühlanwendung unterschiedlich aufgefasst
werden. Kältespeicher müssen keine aktiven Systemkomponenten sein, sondern können
auch passive, thermische Kapazitäten des Kältesystems darstellen. Diese speichern Käl-
teenergie in Abhängigkeit ihrer spezifischen Wärmekapazität unter Veränderung ihrer
Temperatur. Beispiele solcher Speicherkapazitäten sind z. B. gefüllte Rohrleitungen ei-
nes Kaltwassersystems, gelagertes Kühlgut in Kühlräumen oder auch die thermische
Kapazität des Wärmeübertragers einer Prozessmaschine. Abgesehen von dedizierten
Pufferspeichern, agiert diese Art von Speichern träge und besitzt im Vergleich zur mitt-

116 vgl. Baehr (2012) S.109f


117 vgl. Baehr (2012) S.418f
118 vgl. Wellig (2006) S.15
119 vgl. Wellig (2006) S.14ff

31
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

leren erforderlichen Kälteleistung des Kältesystems meist nur einen untergeordneten


Einfluss auf die Kälteversorgung. Im Gegensatz dazu stehen aktive Kältespeicher, welche
in Abhängigkeit einer übergeordneten Logik zu definierten Zeitpunkten beladen und
wieder entladen werden. Um den aktiven Speicher von einem Pufferspeicher abzugren-
zen, wird für diese Arbeit eine Definition eingeführt: Ein aktiver Kältespeicher wird
durch die Aufgabe definiert, einen relevanten Anteil der Kältelast in Abhängigkeit eines
Steuerbefehls über längere Zeiträume zu übernehmen und die reguläre Kälteanlage
während dieser Zeitspanne teilweise oder vollständig zu ersetzen. Mit diesem Anspruch
sind üblicherweise ein großes Volumen sowie ein dediziertes Ladesystem verbunden.
Die Vorhaltung von Kälteenergie in einem Kältespeicher ist wie bei Wärmespeichern
zunächst mit thermischen Verlusten verbunden. Um die Verluste zu minimieren und die
Vorteile eines Kältespeichers zu nutzen, gibt es zahlreiche Strategien, welche im Folgen-
den vorgestellt werden.

3.3.1 Steigerung der Effizienz durch Lastverschiebung


In einem typischen Kältesystem ist die Kältemaschine an den Momentbedarf der Nutzer
gebunden und besitzt somit keine Flexibilität. Um den Kältebedarf von der Kältebereit-
stellung zu entkoppeln, wird ein Speichersystem benötigt, welches Kälteenergie zu ei-
nem gewünschten Zeitpunkt aufnimmt und zu einem anderen wieder abgibt. Die damit
verbundene Manipulation des Lastprofils wird allgemein als Lastverschiebung bezeich-
net120. Eine Motivation für Lastverschiebung in Kältesystemen entsteht durch die hohe
Abhängigkeit des Kältebedarfs von den Umgebungsbedingungen: Die Kühlanforderun-
gen der Nutzer steigen über die Sommerzeit kontinuierlich an und erreichen Spitzen-
werte an den wärmsten Tagen des Jahres. Gleichzeitig nimmt die Effizienz der gesamten
Kälteanlage ab, da die Rückkühlung der Kältemaschinen nach Abschnitt 3.1.2 mit stei-
genden Außentemperaturen aufwändiger wird. Mit einem Kältespeicher kann ein Teil
der Kälteerzeugung in die kühleren Nachtstunden verlagert werden. In diesen ist die
Leistungszahl der Kälteanlage aufgrund des niedrigen Energiebedarfs der Rückkühl-
werke höher als am Tag121. Die Entladung des Kältespeichers erfolgt dagegen bei hohen
Umgebungstemperaturen zur Mittagszeit, in welchen die Leistungszahl der Kälteanlage
geringer ist. Durch diese Art der Speichernutzung kann ein Teil des Kälteenergiebedarfs
mit höherer Leistungszahl bereitgestellt werden, wodurch die Effizienz der Kälteversor-
gung zunimmt.

Das Effizienzpotenzial dieser Lastverschiebung hängt maßgeblich von der Umgebungs-


temperaturdifferenz zwischen den Zeitpunkten der Beladung und der Entladung des
Kältespeichers ab. Um die zu erwartenden Tagestemperaturdifferenzen zu bestimmen,
werden erneut die Temperaturdaten des Standorts Nürnberg betrachtet. Abbildung 15
stellt die höchste Umgebungstemperaturdifferenz jedes Kalendertages des Jahres 2016
dar. Die Darstellung zeigt, dass ganzjährig hohe Tagestemperaturdifferenzen auftreten.
In der Sommerperiode betragen diese im Mittel etwa 11 °C, was einen signifikanten Ein-
fluss auf die Effizienz der Kälteanlagen bedeutet. Da das Effizienzpotenzial des Lastver-

120 vgl. Ma (2012) S.45.


121 vgl. Hasnain (1998) S.1141

32
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen

schiebungsverfahrens bei einer hohen Temperaturdifferenz zwischen den Zeitpunkten


der Be- und Entladung zunimmt, ist insbesondere die warme Jahreszeit für diese Strate-
gie interessant.

Analyse der Tagestemperaturdifferenzen des Jahres 2016


25
Temperaturdifferenz kubische Ausgleichsfunktion
Höchste Temperaturdifferenz
eines Kalendertages in °C

20

15

10

0
0 50 100 150 200 250 300 350
Kalendertage
Abbildung 15: Höchste Tagestemperaturdifferenzen des Jahres 2016 am Standort Nürnberg122

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für Lastverschiebung stellt die Erhöhung der Nut-
zung von freier Kühlung mit einem Kältespeicher dar. Der Einsatz von freier Kühlung
(ohne Verdunstungskühlung) ist aufgrund der mitteleuropäischen Temperaturprofile
vor allem auf die Wintermonate und die Nachtstunden der Übergangsperioden be-
schränkt. Gerade in den Nächten sind Kältelasten aber üblicherweise niedriger, da meist
nur Serversysteme eine kontinuierliche Kühlung benötigen und der Bedarf an Klimati-
sierung geringer ist. Durch die niedrigen Kälteanforderungen in den Nachtstunden re-
duziert sich das Nutzungspotenzial der freien Kühlung. In Kombination mit einem Kälte-
speicher lässt sich Kälteenergie aus freier Kühlung dagegen nachts speichern und tags-
über nutzen, wenn höhere Umgebungstemperaturen keine freie Kühlung mehr zulassen.
Dadurch wird der Anteil der freien Kühlung an der Kälteversorgung angehoben und die
Energiekosten der Kälteinfrastruktur können reduziert werden (siehe Abschnitt 3.1.2).

3.3.2 Dimensionierung und Effizienz von Kältemaschinen


Eine weitere Möglichkeit des Einsatzes von Kältespeichern stellt die effizientere Auslas-
tung von Kältemaschinen dar. Diese besitzen nach Abbildung 13 eine lastabhängige Leis-
tungszahl, welche nur in einem Arbeitspunkt den höchstmöglichen Wert erreicht. Kälte-
anlagen und Kältenutzer werden jedoch in hohem Maße von veränderlichen Randbedin-
gungen wie dem Wetter beeinflusst und zeigen schwankende Leistungsanforderungen
auf der Tages- und der Jahreszeitebene. Die hohen Ansprüche an die Dynamik der Käl-
temaschine lassen daher selten einen Betrieb im besten Arbeitspunkt zu. Hinzu kommt,
dass Kältemaschinen üblicherweise mit einem Sicherheitsfaktor für die maximal zu er-

122 vgl. SUN (2018)

33
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

wartende Kältelast ausgelegt werden. Die Kälteleistung der Maschine ist somit höher als
erforderlich, um genug Reservekapazität für eine zukünftige Erweiterung der Kältenut-
zer vorzuhalten. Diese Gründe führen zu einer substantiellen Überdimensionierung der
Kältemaschine und einer überwiegenden Betriebszeit im Teillastbereich mit niedriger
Effizienz123. Durch die Nutzung eines Kältespeichers zur Deckung von Kältelastspitzen
kann eine kleinere Kältemaschine ausgewählt werden, was die Investitionskosten für
die Maschine verringert124,125. Daneben können kleinere Kältemaschinen aufgrund der
höheren Auslastung näher am optimalen Arbeitspunkt betrieben werden. Dies hebt die
mittlere Leitungszahl der Maschine an. Die mittlere Auslastung einer Kältemaschine
kann ebenso erhöht werden, indem die Maschine während der Speicherentladung abge-
schaltet wird. Dadurch muss die Kältemaschine den gesamten Kälteenergiebedarf eines
Tages in einer kürzeren Zeit im Voraus bereitstellen. Die Differenz zur Kältelast der Ver-
braucher wird dabei zur Beladung des Kältespeichers eingesetzt, welcher z. B. im Zeit-
raum mit den höchsten Umgebungstemperaturen entladen wird. Um dieses Konzept
sinnvoll anzuwenden sind große Speichervolumina erforderlich, welche den Kältebedarf
der Nutzer über einen Zeitraum von mehreren Stunden bedienen können.

Da Kältesysteme häufig einen signifikanten Anteil der betriebsgebundenen Kosten eines


Energiesystems ausmachen, lassen sich mit Kältespeichern theoretisch hohe Einsparpo-
tenziale erreichen. Die Einsparungen ergeben sich vor allem durch die Verlagerung der
Kälteerzeugung in die Nachtstunden sowie die Erhöhung der Maschinenauslastung. Ob-
wohl die Überdimensionierung von Kältemaschinen ein bekanntes Problem dar-
stellt126,127, gibt es wenige Bestrebungen, Kältespeicher in der Routine des Planungspro-
zesses für Kälteanlagen zu berücksichtigen. Dies kann auf die Tatsache zurückzuführen
sein, dass die Nutzung eines Energiespeichers grundsätzlich mit energetischen Verlus-
ten assoziiert wird, welche den oben genannten Effizienzvorteilen gegenübergestellt
werden müssen. Eine detaillierte Untersuchung des Speicherbetriebs hinsichtlich einer
Steigerung der Energieeffizienz von Kälteanlagen wird in der Literatur bislang noch we-
nig betrachtet. Daneben stellen Kältespeicher keine für die Funktionalität eines Systems
notwendige Komponente dar. Der Einsatz muss daher wirtschaftlich gerechtfertigt wer-
den, was aufgrund des Einflusses zahlreicher Randbedingungen im Vorfeld nur mit einer
zielgerichteten Untersuchung im Rahmen einer dynamischen Simulation mit entspre-
chenden Betriebsstrategien möglich ist.

3.3.3 Einsatz für die elektrische Spitzenlastreduktion


Ein drittes Anwendungsszenario für Kältespeicher besteht in der Verschiebung von
elektrischen Lastspitzen. Der Großteil aller Kältemaschinen wird elektrisch betrieben
und besitzt einen beträchtlichen Energiebedarf128, welcher mit steigenden Umgebungs-
temperaturen zur Mitte des Tages hin zunimmt. In Unternehmen mit abrechnungsrele-

123 vgl. Zhang (2017) S.407


124 vgl. Dincer (2001) S.1114
125 vgl. Gretarsson (1994) S.1213
126 vgl. Mathews (2001) S.854
127 vgl. Zhang (2017) S.407
128 vgl. Wagner (2009) S.66

34
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen

vanten Lastspitzen werden während dieser Perioden häufig sogenannte Lastabwürfe


durchgeführt129. Bei diesen werden ausgewählte Prozess-130 und Infrastrukturanlagen
abgeschaltet, um die elektrische Leistungsaufnahme unterhalb eines definierten Schwel-
lenwertes zu halten. Dabei werden z. T. Produktionsausfälle und starke Einschränkun-
gen des Nutzerkomforts in Kauf genommen, um die Kosten für den elektrischen Strom
zu minimieren.

In Unternehmen mit Kältesystemen tragen die Kälteanlagen häufig selbst einen wesent-
lichen Anteil an der Erhöhung der elektrischen Lasten zur Mittagszeit bei, da die Kälte-
last je nach Kühlanwendung mit dem Sonnenstand und der Nutzeranwesenheit korre-
liert. Diese Beobachtung legt die Idee nahe, die ungleiche Verteilung des Kältebedarfs
zwischen Tag und Nacht bereits im Kältesystem über einen Kältespeicher zu kompen-
sieren. Bei einer entsprechenden Dimensionierung des Speichers können die Kältema-
schine und die dazugehörige Rückkühleinheit über mehrere Stunden abgeschaltet wer-
den, was eine elektrische Lastreduktion von mehreren hundert Kilowatt bedeuten kann.
Da die Kältenutzer durch den Kältespeicher versorgt werden, müssen keine prozessre-
levanten Anlagen abgeschaltet werden. Ein Lastabwurf wird somit vermieden. Die er-
folgreiche Reduktion elektrischer Lastspitzen kann hohe Einsparungen für das betref-
fende Unternehmen bedeuten, wodurch sich ein Kältespeichersystem in kurzer Zeit
amortisieren lässt. DeForest et al. untersuchten den Einsatz von Kaltwasserspeichern
zur Reduktion elektrischer Lastspitzen, welche durch Klima-Kälteanlagen verursacht
werden131. Für die betrachteten Systeme wurden in Abhängigkeit der jeweiligen Klima-
zonen Amortisationszeiten zwischen 3,7 und 8,5 Jahren vorausgesagt. Kälteanlagen mit
reiner Klimatisierungsfunktion werden jedoch nur in der heißen Jahreszeit kontinuier-
lich betrieben. Im übrigen Zeitraum laufen die Anlagen diskontinuierlich oder werden
abgeschaltet. In Kältesystemen mit ganzjährigem Kältebedarf ist das Einsparpotenzial
eines Kältespeichers höher, da die Kälteanlage jederzeit für eine Abschaltung zur Verfü-
gung steht, während die Nutzer durch den Kältespeicher versorgt werden. Durch die
vorübergehende Reduktion der elektrischen Leistungsaufnahme der abgeschalteten
Kälteanlage lassen sich Lastspitzen von Anlagen reduzieren, die keinen Teil der Kälteinf-
rastruktur darstellen. Die Amortisationszeit eines Kaltwasserspeichers kann bei ganz-
jährig betriebenen Kältesystemen daher auch niedriger ausfallen.

3.3.4 Steuerung und Umsetzung von Betriebsstrategien


Die Gründe für den Einsatz eines Kältespeichers können vielfältig sein. In der Literatur
werden drei Hauptmotive genannt, denen die oben genannten Einzelanwendungen zu-
geordnet werden können. Das erste Motiv stellt die Reduktion elektrischer Lastspitzen
dar. Die Zielgröße hierbei ist eine Kostenreduktion für auftretende, elektrische Spitzen-
bezüge. Ein potenzieller Anstieg der Energiekosten des Kältesystems durch einen ineffi-
zienten Betrieb des Speichers wird bei dieser Strategie vernachlässigt. Das zweite Motiv
stellt die Senkung der Energiekosten durch Erhöhung der Anlageneffizienz dar. Hierbei

129 vgl. Sun (2013) S.101


130 vgl. Paulus (2011) S.434ff
131 vgl. DeForest (2013) S.6

35
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

liegt der Fokus auf der Minimierung des Energiebedarfs der Kälteinfrastruktur durch
Nutzung günstiger Randbedingungen, wie z. B. einer niedrigen Umgebungstemperatur
oder einer höheren Auslastung der Kältemaschine. Elektrische Lastspitzen werden bei
diesem Szenario nicht betrachtet. Im dritten Fall wird der Versuch unternommen, die
Energiekosten der Kälteanlagen zu senken und gleichzeitig auftretende elektrische Last-
spitzen zu reduzieren. Häufig muss bei diesem Ansatz ein Kompromiss zwischen einer
Erhöhung der Anlageneffizienz und einer Senkung der Spitzenlastkosten getroffen wer-
den.132,133

Um den Kältespeicher gezielt einsetzen zu können, werden im Vorfeld präzise Ladestra-


tegien benötigt, welche den Zeitpunkt und die Leistung des Speichers anhand von rele-
vanten Einflussgrößen definieren. Diese stellen z. B. das Lastprofil oder die Umgebungs-
temperatur dar, deren tatsächlicher Verlauf zum Zeitpunkt der Planung noch nicht be-
kannt ist. Für solche Einflussgrößen werden daher Prognosewerte herangezogen. Es
existieren unterschiedliche Verfahren, mit denen sich die Betriebsstrategie des Spei-
chers in Abhängigkeit solcher Prognosen festlegen und entsprechende Steuerbefehle
generieren lassen. Sun et al. unterscheiden diese Verfahren grundsätzlich in heuristische
Ansätze und sogenannte optimierte Betriebsstrategien (siehe Abbildung 16)134.

Lastverschiebungsverfahren für
thermische Energiespeicher

Heuristische Optimierte
Verfahren Betriebsstrategien

Basierend auf Basierend auf


Speicherkapazität Vorrangsdefinition

Volle Partielle Vorrang Konstanter Dynamische Partikel-


Vorrang
Deckung Deckung Kälte- Anteil Program- Schwarm- Sonstige
Speicher
Speicher Speicher maschine Speicher mierung Optimierung

Abbildung 16: Verfahren zur Steuerung von thermischen Speichern für Lastverschiebungs-
zwecke135

Heuristische Ansätze steuern die Komponenten in Abhängigkeit von Vorrangs-Regeln


oder basierend auf der Kapazität des thermischen Speichers. Den Autoren zufolge wird
der Kompromiss zwischen Energie- und Spitzenlastkosten bei diesen Ansätzen nicht
ausreichend berücksichtigt, weshalb das Einsparpotenzial nicht maximal sein muss136.
Heuristische Verfahren können nach Abbildung 16 in weitere Ansätze untergliedert
werden. Dagegen werden bei sogenannten „optimierten Betriebsstrategien“ Metho en
wie dynamische Programmierung, Partikel-Schwarm-Optimierung und weitere Optimie-

132 vgl. Braun (2003) S.292


133 vgl. Sun (2013) S.102
134 vgl. Sun (2013) S.105
135 vgl. Sun (2013) S.108
136 vgl. Sun (2013) S.105

36
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen

rungsverfahren eingesetzt, um die bestmöglichen Lade- und Entladestrategien zu identi-


fizieren. Hierdurch können optimale Betriebsstrategien für die Senkung von Betriebs-
kosten gefunden werden. Diese rechenintensiven Verfahren besitzen jedoch den Nach-
teil, dass sie sich nicht für konventionelle Steuerungskomponenten eignen. Zu diesen
gehören z. B. die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) oder das Gebäudeautoma-
tisierungssystem. Daneben ist Personal für die Wartung und den Betrieb leichter zu fin-
den, wenn einfache und robuste Komponenten eingesetzt werden137. Verfahren für op-
timierte Betriebsstrategien wurden bislang vor allem in virtuellen Simulationsumge-
bungen untersucht und nicht systematisch verglichen und evaluiert138. Ein Großteil der
Studien zum Thema Lastverschiebung mit thermischen Energiespeichern basiert auf
heuristischen Ansätzen139. Unabhängig vom gewählten Verfahren erfolgt die Planung
der Ladestrategien auf Basis von Lastprognosen für den kommenden Betrachtungszeit-
raum. Da die prognostizierte Last von der tatsächlichen Lastentwicklung abweichen
kann, besteht immer das Risiko einer Verfehlung des geplanten Ziels der Speichernut-
zung140. Der Lastprognose wird bei Speicheranwendungen daher eine wichtige Bedeu-
tung zugemessen.

3.3.5 Potential und technische Hürden


Internationale Vorhaben mit Kältespeichern konnten bereits erfolgreich demonstrieren,
dass der Einsatz von Kältespeichern zu hohen finanziellen Einsparungen führt. Studien
bezifferten die Reduktion der elektrischen Energieaufnahme der Kälteanlagen mit 10 %
für Kaltwassersysteme und 20 % für luftgekühlte Kältemaschinen141,142. In einem Werk
für die Herstellung von elektronischen Komponenten in Dallas (USA) konnte ein Kalt-
wasserspeicher mit 106 MW h Kapazität den elektrischen Energiebedarf der Kälteanla-
gen sogar um 28,3 % reduzieren143. Auf der Militärbasis Fort Jackson in South Caroli-
na (USA) erzielte der Einsatz eines 8500 m³ Kaltwasserspeichers jährliche Einsparun-
gen von etwa 430.000 US Dollar, indem der Spitzenkältebedarf während der Spitzenta-
rifzeiträume reduziert wurde144. Ein weiterer Kaltwasserspeicher mit etwa 240 MW h
am Chrysler Motors New Technology Center (USA) reduziert die elektrischen Lastspit-
zen um 5 MW und spart dadurch jährlich über eine Million US Dollar145. Das Potenzial
zur Reduktion von elektrischen Lastspitzen der Kälteanlagen liegt nach Hasnain bei et-
wa 80 bis 90 %, wenn der Speicher während der Entladung die volle Kältelast aufnimmt
und die Kältemaschinen abgeschaltet werden146. Bei partieller Deckung werden neben
dem Kältespeicher noch zusätzliche Kältemaschinen betrieben, um den Kältebedarf zu

137 vgl. Tran (1989) S.1111


138 vgl. Sun (2013) S.109
139 vgl. Sun (2013) S.107
140 vgl. Sun (2013) S.102
141 vgl. Roth (2002) S.4-77
142 vgl. Roth (2006) S.96
143 vgl. Fiorino (1993) S.32
144 vgl. Sohn (1998) S.32
145 vgl. Dincer (2001) S.1115
146 vgl. Hasnain (1998) S.1145

37
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

bedienen. Ein solches Konzept reduziert die elektrischen Spitzenlasten der Kälteanlagen
um etwa 40 bis 60 %147.

Die Nutzung von Kältespeichern ist in Deutschland dagegen noch wenig verbreitet und
beschränkt sich auf geringe Speichervolumina148. Seit 2010 wurden jedoch einzelne
Großprojekte umgesetzt, zu denen z. B. der Kaltwasserspeicher im „Fernkältesystem“
der Stadt Chemnitz gehört149. In diesem Pilotprojekt wurde weniger die Steigerung der
Effizienz des Kälteversorgungssystems als vielmehr eine bessere Ausnutzung von ther-
misch betriebenen Kältemaschinen gegenüber elektrischen fokussiert. Die Autoren be-
werteten den Einsatz des Speichers vor dem Hintergrund einer höheren Auslastung von
Kälteenergie aus Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung positiv150. In den Vereinigten Staaten
sind Kältespeicher dagegen weiter verbreitet. Eine statistische Analyse durch Potter
et al. bezifferte die Anzahl der existierenden Kältespeichersysteme in den USA zu Beginn
der 1990er Jahre auf 1.500 bis 2.000 Stück151. Etwa 10 % dieser Kältespeicher waren
Kaltwasserspeicher, den Großteil machten mit 86,7 % Eisspeicher aus. Aufgrund der
dort üblichen Stromtarifmodelle ist der Preis für elektrische Energie in den Nachtstun-
den deutlich geringer als zur Mittagszeit, weshalb die Nutzung eines Speichers vor allem
ökonomisch motiviert ist152. Demnach konnte eine stärkere Verbreitung von Kältespei-
chern in Regionen festgestellt werden, in denen größere Differenzen zwischen den
Stromtarifen zur Tages- und Nachtzeit auftreten153. Der Einsatz von Kältespeichern ist
dann sowohl aus energetischer, als auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll.

Es hat sich jedoch gezeigt, dass die hydraulische Einbindung und der Betrieb eines Käl-
tespeichers nicht trivial sind. In der Praxis erreichen die aufgebauten Kältespeichersys-
teme die vorhergesagte Abschreibungszeit oft nicht154. Dieses Phänomen wird vor allem
auf Mängel bei der Systemplanung und der Anlagensteuerung zurückgeführt. Als Haupt-
gründe für Probleme mit Kaltwasserspeichern wurden unter anderem mangelnde Kon-
trolle des Durchflusses, fehlerhafte Dimensionierung und Kontrolle der Pumpen und
Ventile sowie Probleme bei der Aufrechterhaltung der Temperaturdifferenz im Speicher
angeführt155. Weitere Faktoren stellen die fehlerhafte Dimensionierung des Speichersys-
tems sowie die mangelnde Qualifikation und Erfahrung des Personals dar, welches die
Anlage nicht effizient betreibt156. Dincer et al. halten eine mangelnde Systemplanung
sowie eine unzureichende Ausnutzung der möglichen Effizienzpotenziale für die Haupt-
gründe minderattraktiver Amortisationszeiten157. Viele Autoren sind sich jedoch einig,

147 vgl. Hasnain (1998) S.1145


148 vgl. Urbaneck (2006) S.21
149 vgl. Urbaneck (2010) S.7
150 vgl. Urbaneck (2010) S.59f
151 vgl. Potter (1995) S.552
152 vgl. Urbaneck (2006) S.21
153 vgl. Hasnain (1998) S.1146
154 vgl. Potter (1995) S.554
155 vgl. Potter (1995) S.553
156 vgl. Hasnain (1998) S.1140
157 vgl. Dincer (2001) S.1107

38
3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie

dass die technischen Hürden überwunden werden können und Kältespeicher ein großes
Potenzial für Energieeinsparung besitzen158,159.

Neben den unter Abschnitt 3.3.1 bis 3.3.3 vorgestellten Szenarien gibt es weitere An-
wendungsfälle für Kältespeicher, die je nach Region und Randbedingung für Betreiber
attraktiv sein können. Hierzu zählen beispielsweise die Erhöhung der Nutzung von er-
neuerbaren Energien durch Speicherung in Form von Kälteenergie160 oder die saisonale
Nutzung von gespeichertem Eis aus der Winterperiode161. Bislang gibt es nur wenige
Referenzen, in denen eine Mehrzahl von Anwendungsszenarien mit einem einzigen
Speichersystem umgesetzt wurde. Die oben vorgestellten Konzepte zur Erhöhung der
Auslastung der Kältemaschine, Speicherung von Kälteenergie aus freier Kühlung sowie
zur Verschiebung von elektrischen Lastspitzen lassen sich mit Hilfe einer vorausschau-
enden Steuerung unter geringen Einschränkungen kombinieren. Allen Szenarien ist ge-
mein, dass der Speicher nachts beladen und während der Mittagszeit entladen wird.
Durch die Kombination multipler Nutzungsstrategien kann das wirtschaftliche Potenzial
von Kältespeichern optimiert werden. Obwohl Kältespeicher weltweit Einsatz finden,
gibt es nur wenige Untersuchungen über die Auswirkungen verschiedener Nutzungs-
strategien auf die Effizienz der Kälteversorgung. Diese Kenntnis ist jedoch von entschei-
dender Bedeutung, um eine geeignete Dimensionierung für die individuellen Anforde-
rungen und Rahmenbedingungen eines Standorts zu definieren. Hierbei muss das Au-
genmerk vor allem auf den Einsatzzweck und die Betriebsstrategie des Speichers gelegt
werden. Letztere wird in wissenschaftlichen Veröffentlichungen bislang noch nicht aus-
reichend thematisiert.

3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie


Im Vorfeld der Planung eines Speichersystems ist die Auswahl einer Speichertechnolo-
gie erforderlich, welche für das Temperaturniveau und die Anwendung geeignet ist. Die
Vor- und Nachteile verschiedener Technologien können dabei nur in Abhängigkeit einer
spezifischen Speicheranwendung bewertet werden.

Bei der Speicherung von thermischer Energie werden drei Verfahren unterschieden: die
sensible, die latente sowie die thermochemische Energiespeicherung162. Die sensible
und die latente Speichermethode nutzen temperaturabhängige Stoffeigenschaften des
Speichermaterials aus, um Energie zu speichern. Thermochemische Energiespeicher
beruhen dagegen auf einer reversiblen, physikalischen oder chemischen Interaktion
zwischen unterschiedlichen Speicherkomponenten. Diese Interaktion kann zu einer
Aufnahme oder Abgabe von thermischer Energie führen. Thermochemische Energie-
speicher besitzen theoretisch die höchsten Energiedichten, können in der Handhabung
aber sehr komplex sein163 und befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadi-

158 vgl. Roth (2006) S.96


159 vgl. Dincer (2001) S.1116
160 vgl. Han (2009) S.1015
161 vgl. Skogsberg (2001) S.63
162 vgl. Nelson (1998) S.867
163 vgl. Sterner (2014) S.569

39
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

um164,165. Die Energiedichten der sensiblen Energiespeicher fallen am geringsten aus,


dafür gelten sie als gut erforscht und besitzen eine weite technische Verbreitung166. La-
tente Energiespeicher ordnen sich bezüglich der Anwendungsreife und der Energiedich-
te zwischen den beiden genannten Speichertechnologien ein.

Sensible Kältespeicher
Bei sensiblen Kältespeichern wird thermische Energie durch einen messbaren Tempera-
turunterschied zweier Speicherzustände gespeichert. Die Energiedichte wird vor allem
von der temperaturabhängigen isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝 des Speichermaterials be-
stimmt, welche die speicherbare Wärmeenergie pro Grad Celsius Temperaturunter-
schied ∆𝑇1→2 zweier Speicherzustände 1 und 2 vorgibt. Hierbei wird vorausgesetzt, dass
die Masse 𝑚 des Speichermaterials während des Speicherprozesses konstant bleibt. In
Anlehnung an Gleichung 4 ergibt sich eine Formulierung für die Änderung des Energie-
inhalts ∆𝑄𝑆𝑃 eines sensiblen Speichers bei einer Temperaturänderung ∆𝑇1→2 . Im Start-
und Endzustand werden jeweils uniforme Speichertemperaturen angenommen.

∆𝑄𝑆𝑃 = 𝑐𝑝 ∙ 𝑚 ∙ ∆𝑇1→2

Wasser besitzt zwischen 0 und 100 °C sowie bei Atmosphärendruck die höchste volu-
menbezogene Wärmekapazität aller Stoffe167. Es speichert daher im Vergleich zu ande-
ren sensiblen Speichermaterialien die größtmögliche Wärmeenergie pro Grad Celsius
Temperaturunterschied. In thermischen Versorgungssystemen mit Temperaturen zwi-
schen 4 und 95 °C wird es daher häufig als Speichermedium eingesetzt. Bei Anwendun-
gen oberhalb von 100 °C kommen meist Feststoffe als Speichermaterial zum Einsatz.
Diese besitzen gegenüber Wasser etwa die Hälfte der Wärmekapazität, erlauben dafür
aber höhere Temperaturdifferenzen. Die Energiedichte eines sensiblen Energiespeichers
wird neben der Wärmekapazität auch vom Temperaturniveau der Anwendung be-
stimmt. Der Speicher kann nach obiger Gleichung umso mehr Energie speichern, je grö-
ßer die Temperaturdifferenz der Anwendung ist. Bei normalen, wassergebundenen
Heiz- und Kältesystemen ist diese durch die sogenannte Temperaturspreizung zwischen
Vorlauf- und Rücklauf des Wärmeträgermediums im Verteilsystem definiert. Heizungs-
systeme besitzen Temperaturspreizungen zwischen 10 und 30 °C, während Kältesyste-
me Werte zwischen vier und acht Grad Celsius aufweisen168. Sensible Kältespeicher be-
nötigen daher ein Vielfaches des Volumens von Warmwasserspeichern, um die gleiche
thermische Kapazität zu erreichen. Wasser besitzt als Wärmeträger und Speichermate-
rial in Warm- und Kaltwasserverteilsystemen aufgrund seiner hohen Verfügbarkeit,
niedrigen Kosten und einfachen Handhabung wenig Konkurrenz169. Ein großer Vorteil
von sensiblen Speichern ist außerdem die Möglichkeit der direkten Nutzung des Wär-
meträgers als Speichermedium. Da die Wärmeenergie in diesem Fall zusammen mit dem

164 vgl. Thess (2015) S.36


165 vgl. Sterner (2014) S.538
166 vgl. Tatsidjodoung (2013) S.328
167 Kreider (1979) nach Fath (1998) S.36
168 vgl. Pech (2005) S.87
169 vgl. Gretarsson (1994) S.1214

40
3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie

Wärmeträger transportiert wird, kann der Einsatz von Wärmeübertragern vermieden


werden. Somit werden Kosten für zusätzliche Förderaggregate sowie Exergieverluste
der irreversiblen Wärmeübertragungsprozesse zwischen zwei getrennten Wärmeträ-
germedien reduziert170.

Latente Energiespeicher
Da die erforderlichen Größen von Kaltwasserspeichern im urbanen Umfeld häufig
schwer zu realisieren sind, werden alternative Speichermethoden benötigt. Ein Konzept,
die Energiedichte gegenüber sensiblen Speichern zu steigern, stellt die Nutzung latenter
Speichermaterialien dar. Diese vollziehen während des Speicherprozesses einen Pha-
senwechsel, weshalb sie auch als Phasenwechselmaterialien (engl. „phase change mate-
rials“, P M) bezeichnet wer en. Der Wechsel des Aggregatzustands eines Materials ist
üblicherweise mit einer signifikanten Energieaufnahme oder -abgabe verbunden, wel-
che auch als spezifische Enthalpie des Phasenübergangs bezeichnet wird. Im Gegensatz
zu sensiblen Speichermaterialien ist die Energiezufuhr bei Phasenwechselmaterialien
zunächst nicht mit einer Veränderung der Temperatur assoziiert171. Diese bleibt wäh-
rend des gesamten Phasenwechsels annähernd konstant und verleiht den latenten Ma-
terialien so ihren Namen. Latente Energiespeicher besitzen eine volumetrische Energie-
speicherdichte von 180 bis maximal 2500 MJ/m³, wobei Materialien im Anwendungsbe-
reich für die Gebäudeheizung und -kühlung zwischen 180 und 300 MJ/m³ aufweisen172.
Mit entsprechender Auswahl des Stoffes können Temperaturbereiche zwischen -40 °C
bis 1000 °C abgedeckt werden173. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Phasenübergän-
gen, welche für eine Speicheranwendung genutzt werden können: der fest-flüssig sowie
der flüssig-gasförmig Phasenübergang. Beim Phasenübergang vom Feststoff zur Flüssig-
keit ergibt sich eine Volumenausdehnung von bis zu 10 %174. Diese ist technisch gut be-
herrschbar, aber mit geringeren Phasenübergangsenthalpien verbunden als Phasen-
übergänge zwischen dem flüssigen und dem gasförmigen Aggregatzustand. Letztere
bieten hohe Verdampfungs- und Kondensationsenthalpien, sind jedoch aufgrund der
hohen Volumenausdehnung beim Verdampfen der Flüssigphase technisch schwierig zu
beherrschen175. Die hohe Verdampfungsenthalpie von Wasser wird beispielsweise in
Rückkühlanlagen genutzt, bei denen die Leistungsdichte durch Besprühung und Sätti-
gung der Luft mit Wasserdampf auf engem Bauraum deutlich gesteigert werden kann.
Hier stellt die hohe Volumenausdehnung kein Problem dar, da das Rückkühlwerk als
offenes System mit ökologisch unbedenklichem Wasser betrieben wird.

Bei latenten Energiespeichern beschränkt sich der Phasenübergang zwischen zwei Ag-
gregatzuständen üblicherweise auf einen engen Temperaturbereich. Diese Eigenschaft
macht sie attraktiv für die Anwendung in Kaltwasserversorgungsystemen, welche einen
vergleichbar niedrigen Temperaturhub zwischen Vorlauf und Rücklauf aufweisen. Ab-

170 vgl. Urbaneck (2012) S.112


171 vgl. Thess (2015) S.35
172 vgl. Mehling (2008) S.7
173 vgl. Sterner (2014) S.538
174 vgl. Sterner (2014) S.537
175 vgl. Sterner (2014) S.557

41
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

bildung 17 stellt die Temperaturänderung in sensiblen und latenten Speichermedien in


Abhängigkeit der eingespeicherten Wärmeenergie schematisch dar.

Temperatur

sensibel
latent

Temperaturbereich
des Phasenübergangs

Gespeicherte Energie
Abbildung 17: Darstellung der Temperaturänderung sensibler und latenter Energiespeicher
mit Zunahme der gespeicherten Energie176

Latente Speichermaterialien können nur dann sinnvoll in eine Anwendung integriert


werden, wenn der Phasenwechsel einen möglichst hohen Anteil des Temperaturhubs
der Anwendung einnimmt. Je größer der Temperaturhub der Anwendung, desto größer
ist üblicherweise der Anteil der Energie, welcher sensibel eingespeichert wird. Bei
Wärmespeicheranwendungen im Gebäudebereich mit 15 bis 30 °C Temperaturdifferenz
wird der Temperaturbereich des Phasenübergangs der meisten Phasenwechselmateria-
lien überschritten. Je nach Anwendung liegt die Temperatur der Beladung dann ober-
halb des Schmelzpunktes des Speichermaterials oder die der Entladung unterhalb der
Kristallisationstemperatur (oder dazwischen). Dies führt dazu, dass signifikante Anteile
des Speichervorgangs sensibel ablaufen, bis die Phasenwechseltemperatur erreicht
wird. Sensible Anteile sind bei latenten Speichern unerwünscht, da die Wärmekapazität
gegenüber Wasser geringer ist. Aufgrund der geringeren Temperaturspreizung in Kälte-
systemen können sensible Anteile beim Speicherprozess im Gegensatz zu Wärmespei-
cheranwendungen fast vollständig vermieden werden. Dadurch lassen sich mit latenten
Kältespeichern hohe Energiedichten erreichen, die nahe der theoretisch möglichen Wer-
te liegen. Ein Nachteil von Phasenwechselmaterialien in Kälteanwendungen stellt jedoch
die grundsätzliche Abnahme der Energiedichte mit sinkender Schmelztemperatur der
eingesetzten Materialien dar177.

Im Bereich von stationären Anwendungen gibt es technische Hürden, welche den Ein-
satz von Phasenwechselmaterialen in industriellen Anwendungen einschränken. In vie-
len Kältesystemen für die Prozesskühlung und Gebäudeklimatisierung ist Wasser das
Kälteträgermedium. Da das Phasenwechselmaterial üblicherweise nicht mit Wasser
vermischt werden kann, müssen beide Stoffe im Betrieb voneinander getrennt wer-

176 vgl. Mehling (2008) S.3


177 vgl. Sterner (2014) S.559

42
3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie

den178. Für den Transport von Wärmeenergie zwischen beiden Medien ist somit ein
Wärmeübertrager erforderlich, welcher zusätzliche Verluste und Kosten verursacht. Je
nach Anwendung und Funktion des latenten Speichermaterials reicht eine Verkapselung
des Speichermaterials aus, um eine Stofftrennung herzustellen. Hierbei werden Mikro-
und Makroverkapselungen unterschieden179. Das Kapselmaterial ist häufig Kunststoff,
da viele anorganische Phasenwechselmaterialien korrosiv gegenüber Metallen wir-
ken180. Einige organische Stoffe, wie z. B. Paraffine, können dagegen auch mit Metallen
kombiniert werden. Eine weitere Hürde für den Einsatz von Phasenwechselmaterialien
in stationären Anwendungen stellt ihre niedrige Wärmeleitfähigkeit dar, welche insbe-
sondere im kristallinen Zustand eine Herausforderung für Wärmeübertragungsprozesse
bedeutet. Durch eine geringe Wärmeleitfähigkeit benötigen Volumenelemente in weite-
rer Entfernung zur wärmeübertragenden Fläche mehr Zeit, um die Temperatur der La-
deanwendung zu erreichen. Im Beispiel der Beladung eines Kältespeichers kristallisiert
das Phasenwechselmaterial im Wandbereich und verringert somit die Leitfähigkeit hin
zum Kern des Speichermaterials181. Dies kann zu einer sensiblen Unterkühlung der kris-
tallinen Phase im Wandbereich führen, während das PCM in weiterer Entfernung zur
Wand annähernd ungenutzt bleibt. Die potenziell hohe Speicherdichte des PCM wird
somit nicht ausgeschöpft. In der Literatur wurde versucht, wärmeleitende Strukturen
mit großer Oberfläche in das PCM zu integrieren, um eine bessere thermische Leitfähig-
keit zu erzielen. Beispiele hierfür sind Pulver und Strukturen aus Metall182 oder Gra-
phit183, die unter das PCM gemischt oder als feste Trägerstruktur installiert werden.
Während sich Pulver aufgrund der höheren Dichte im Vergleich zum PCM absetzen kön-
nen184, bietet der Einsatz von Metallstrukturen eine hohe Langzeitstabilität. Durch den
Einsatz von Metallschäumen mit einer Porosität von über 90 % lässt sich der Wärme-
leitwert des reinen PCM auf den 70-fachen Wert steigern185. Die Integration solcher
wärmeleitenden Strukturen in PCM-Behälter ist jedoch aufwändig186 und noch ein Ge-
genstand der Forschung187.

In Anwendungen mit Temperaturen um null Grad Celsius kann auch Eis als latenter Käl-
tespeicher eingesetzt werden. Es existieren jedoch nur wenige Kühlanwendungen in
diesem Temperaturbereich. Ein Einsatz von Eisspeichern für die Nutzung in klassischen
Klimaanwendungen bei 6 bis 9 °C ist energetisch nicht sinnvoll, da die Kältemaschine
tiefere Verdampfungstemperaturen bis -6 °C bereitstellen muss188,189. Studien zeigten,
dass Eisspeichersysteme in solchen Anwendungen im Vergleich zu Wasserspeichern

178 vgl. Mehling (2008) S.37


179 vgl. Mehling (2008) S.37f
180 vgl. Waqas (2013) S.616
181 vgl. Cabeza (2002) S.1142
182 vgl. Goeke (2010) S.49
183 vgl. Cabeza (2002) S.1142
184 vgl. Khan (2016) S.150
185 vgl. Meinert (2009) S.5
186 vgl. Khan (2016) S.155
187 vgl. Thess (2015) S.35
188 vgl. Sun (2013) S.105
189 vgl. Dincer (2001) S.1111

43
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

eine um bis zu 50 % erhöhte elektrische Energieaufnahme verursachten190. Als Alterna-


tive Phasenwechselmaterialien können z. B. Paraffine wie n-Pentadekan191 oder Salz-
hydrate wie das Trihydrat von Lithiumchlorat192 eingesetzt werden.

Thermochemische Speicher
Unter dem Begriff der thermochemischen Energiespeicher werden häufig sowohl rever-
sible chemische Reaktionen, als auch physikalische Sorptionsprozesse verstanden. Zur
Definition im eigentlichen Sinn gehören jedoch nur die chemischen Reaktionssyste-
me193. Bei diesen werden endotherme Reaktionen herangezogen, um Wärmeenergie
aufzunehmen und diese reversibel in den Reaktionspartnern zu speichern. Dadurch
wird der Wärmespeicher beladen. Bei einer Umkehr der Reaktion unter passenden Be-
dingungen wird die Wärmeenergie wieder freigesetzt. Diese exotherme Rückreaktion
stellt die Entladung des Wärmespeichers dar. Thermochemische Energiespeicher auf
Basis chemischer Reaktionssysteme besitzen mit 2.600 bis 4.400 MJ/m³ die höchsten
theoretischen Energiedichten der bekannten thermischen Energiespeicher194. Das Prin-
zip kann grundsätzlich auch auf physikalische Sorptionsprozesse übertragen werden,
bei denen Wärmeenergie durch die Adsorption einer gasförmigen Substanz an einen
Feststoff mit großer Oberfläche frei wird. Um diesen zu regenerieren, wird er ausgeheizt
und die adsorbierte Substanz von der Oberfläche desorbiert. Bei einer getrennten Auf-
bewahrung der Reaktionspartner besitzen thermochemische Energiespeicher nahezu
keine Speicherverluste, was sie besonders attraktiv für saisonale Speicheranwendungen
macht195. Derzeit bestehen im Umgang mit thermochemischen Speichern noch zahlrei-
che technische Hürden. Zu diesen gehören niedrige Wärmeleitfähigkeiten der eingesetz-
ten Komponenten, geringer Wärmeübertrag auf die Wärmeübertrager-Wände sowie das
Aufquellen des Adsorbens und Agglomerationsphänomene bei der Nutzung von Adsorp-
tionsspeichern mit Wasser196. Im Gegensatz zu latenten Energiespeichern muss neben
dem Wärmeaustausch auch ein Stoffaustausch gewährleistet werden, was die technische
Umsetzung komplexer macht197. Für den Temperaturbereich von Kältespeicheranwen-
dungen gibt es keine chemischen Reaktionssysteme, es kommen daher nur Sorptions-
speicher in Frage. Da die Technologie für solche Speicher noch nicht kommerzialisiert
ist, müssen hohe System- und Wartungskosten eingeplant werden198. Aus den genann-
ten Gründen wurden thermochemische Speicher als mögliche Demonstrator-
Technologie in dieser Arbeit ausgeschlossen.

Auf Basis der vorgestellten technischen Hürden wird Wasser als sensibles Speicherma-
terial gegenüber Phasenwechselmaterialien und thermochemischen Speichern für den
Einsatz in industriellen Kaltwassersystemen bevorzugt. Phasenwechselmaterialien kön-

190 vgl. Roth (2006) S.94


191 vgl. Mehling (2008) S.21
192 vgl. Mehling (2008) S.17
193 vgl. Sterner (2014) S.538
194 vgl. Urbaneck (2012) S.126
195 vgl. Tatsidjodoung (2013) S.339
196 vgl. Tatsidjodoung (2013) S.339
197 vgl. Sterner (2014) S.569
198 vgl. Li (2012) S.2073

44
3.5 Systemintegration von Kältespeichern

nen jedoch eine Alternative darstellen, wenn der vorhandene Bauraum eine sensible
Speicheranwendung einschränkt.

3.5 Systemintegration von Kältespeichern


Die Systemintegration eines Kältespeichers hängt entscheidend von der eingesetzten
Speichertechnologie ab. Schon bei sensiblen thermischen Energiespeichern mit dem
Speichermedium Wasser gibt es verschiedene Ansätze der Speicherumsetzung. Beispiele
hierfür sind der durchmischte Speicher, der Labyrinth-Speicher, der Membranspeicher,
der Umladespeicher sowie der Verdrängungsspeicher199,200,201. Letzterer besitzt eine
vergleichbare oder höhere Effizienz202 als die anderen Speichertechnologien mit direk-
tem Beladeprinzip und hat sich aufgrund seiner einfachen Konstruktion und geringen
Kosten203,204 in den meisten Anwendungen durchgesetzt. Der Verdrängungsspeicher
bindet an den Vorlauf und den Rücklauf des Wärmeträgermediums eines thermischen
Verteilnetzes an. Die beiden Phasen mit unterschiedlicher Temperatur werden überei-
nander im Speicher eingelagert. Abbildung 18 zeigt das Prinzip eines Verdrängungsspei-
chers bei Ladeprozessen mit dem Volumenstrom 𝑉̇ sowie das typische Temperaturprofil
eines Verdrängungsspeichers in Abhängigkeit der Tankhöhe 𝐻.
𝐸𝑖 𝑟𝑖 𝐴𝑢 𝑟𝑖
𝐻 𝐻
ntla en Bela en
𝑉̇ , 𝑇𝑅𝐿

Übergangszone
Übergangszone

𝑉̇ , 𝑇𝑉𝐿

𝑇 𝑇
𝐴𝑢 𝑟𝑖 𝐸𝑖 𝑟𝑖
Abbildung 18: Temperaturprofil im Verdrängungsspeicher zu verschiedenen Zeitpunkten
während eines Be- und Entladeprozesses in Abhängigkeit der Tankhöhe H

Verdrängungsspeicher sind stets mit dem Speichermedium befüllt und verändern ihren
Füllstand während eines Ladeprozesses nicht. Beim Beladen des Verdrängungsspeichers
wird der kühlere Vorlauf des Kältesystems am Boden des Speichers eingeströmt, wo er
aufgrund der höheren Dichte verweilt. Die wärmere Phase im oberen Bereich des Spei-
chers wird zeitgleich aus dem Tank in den Rücklauf des Kältesystems verdrängt. Bei der
Entladung wird der wärmere Rücklauf mit der geringeren Dichte oben im Speicher ein-
geströmt. Die kalte Phase am Boden des Speichers wird dabei in den Vorlauf des Kälte-
systems geschoben. An der Phasengrenze zwischen den beiden unterschiedlich tempe-
199 vgl. Zurigat (1988) S.101
200 vgl. Urbaneck (2008) S.130f
201 vgl. Han (2009) S.1016
202 vgl. Ghaddar (1994) S.919
203 vgl. Zurigat (1988) S.101
204 vgl. Gretarsson (1994) S.1213

45
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

rierten Flüssigkeitskörpern bildet sich eine sogenannte Übergangszone (auch Ther-


mokline205) aus, welche beide Phasen trennt und sich mit der Laderichtung des Spei-
chers vertikal im Tank verschiebt. Die Übergangszone besitzt ein gleitendes Tempera-
turniveau, welches nicht für die Anwendung interessant ist. Da Verdrängungsspeicher
einen stoffgebundenen Energietransport aufweisen, wird ihre Leistung nach Gleichung 4
nur durch den maximalen Massenstrom der Speicherladepumpe begrenzt. Aufgrund von
Durchmischungseffekten werden hohe Massenströme bei diesem Prinzip aber auch mit
hohen Verlusten assoziiert. Für die Trennung der Phasen wird die temperaturabhängige
Dichteschichtung von Flüssigkeiten ausgenutzt, welche durch Strömungseinflüsse ge-
stört werden kann.

Kältespeicher stellen nach derzeitigem Stand der Technik keine Standardkomponenten


in Kühlanwendungen dar. Heißwasserspeicher wurden in wissenschaftlichen Veröffent-
lichungen bisher sehr viel häufiger thematisiert als Kaltwasserspeicher206 und außer-
halb von wissenschaftlichen Studien existiert wenig Literatur über die Systemintegrati-
on. Die Identifikation einer möglichen Anwendung liegt somit in der Verantwortung des
Betreibers. Wärmespeicher werden üblicherweise in direkter Nähe zur Heizungsanlage
(z. B. Gaskessel, BHKW, Wärmepumpe) aufgebaut und dienen als hydraulische Weiche
oder Puffer zwischen den Energieerzeugern und Verbrauchern. Auf Abbildung 19 ist
eine typische Pufferanwendung übertragen auf den Kältespeicher dargestellt. Diese Art
der Einbindung besitzt Ähnlichkeit mit einer hydraulischen Weiche, welche die Volu-
menströme der Verbraucher- und Versorgerpumpen druckseitig voneinander entkop-
pelt. Abhängig vom Volumen des Speichers können damit auch größere Unterschiede
zwischen Erzeugung und Bedarf kompensiert werden, da die hydraulischen Wege durch
den Speicher immer offen sind.
Rücklauf, 𝑇𝑅𝐿

𝑃𝑢𝑚 𝑒 °C
Strömungssrichtung

Kälte- Nutzer
maschine

°C 𝑃𝑢𝑚 𝑒

orlauf, 𝑇𝑉𝐿
Abbildung 19: Einbindung eines Kältespeichers als thermischer Puffer207

Das Konzept besitzt den Nachteil einer kontinuierlichen Durchströmung des Speichers
über die vier Tankanschlüsse, wodurch hohe thermische Verluste auftreten können.
Außerdem ist eine unabhängige Nutzersteuerung nicht ohne weiteres möglich, da der

205 vgl. Caldwell (1998) S.367


206 vgl. Nelson (1999) S.91
207 nach Urbaneck (2012) S.132

46
3.5 Systemintegration von Kältespeichern

Speicher keine eigene hydraulische Antriebsgruppe besitzt und somit nicht aktiv gela-
den werden kann. Durch Erweiterung der auf Abbildung 19 dargestellten Einbindung
um eine entsprechende Ladehydraulik, kann der Speicher als aktive Systemkomponente
genutzt werden. Somit ist der Speicher in der Lage, auf Nutzeranforderungen zu reagie-
ren. Dies kann beispielweise ein Beladeprozess sein, wenn viel elektrische Energie aus
Photovoltaik verfügbar ist oder die Außentemperaturen niedrig sind und freie Kühlung
möglich ist. Dagegen kann eine Entladung z. B. im Rahmen einer Reduktion von elektri-
schen oder thermischen Lastspitzen sinnvoll sein. Abbildung 20 zeigt beispielhaft eine
aktive Ladehydraulik, welche für große drucklose Speicher geeignet ist.

𝑇𝑅𝐿 °C
M

M
Kälte-
Nutzer
maschine
Ladepumpe
M

M
°C
𝑇𝑉𝐿 M

M
M
Motorklappe Stellventil Rückschlagklappe
Abbildung 20: Kältespeichersystem mit aktiver Ladehydraulik208

Drucklose Speichertanks dürfen nicht mit dem Netzdruck des Kältesystems belastet
werden und benötigen zusätzlich Komponenten für die Druckerhöhung und Druckmin-
derung209. Bei druckbehafteten, oberirdischen Tankspeichern bis etwa 100 m³ Volumen
entfallen die beiden Stellventile und die Ladehydraulik vereinfacht sich dementspre-
chend.

Eine bei Wärmespeichern verbreitete Form der Speicheranbindung stellt der Wärme-
übertrager dar. Dieser lässt sich je nach Bauform des Speichers im Inneren des Spei-
chers unterbringen oder als externe Komponente außerhalb des Speichers aufbauen.
Letztere Lösung besitzt den Nachteil, dass eine weitere elektrisch angetriebene Pumpe
benötigt wird, um den Sekundärkreis des Speichers anzutreiben. Externe Wärmeüber-
trager können notwendig sein, wenn der Speicher aufgrund seiner Größe oder einer
speziellen Bauform keine internen Wärmeübertrager zulässt. Im Bereich der sensiblen
Kältespeicher werden Wärmeübertrager üblicherweise nicht eingesetzt, da sie das
Temperaturniveau des Primärkreises (Vorlauf Kaltwasser) nicht vollständig auf den
Sekundärkreis (hier Speicher) übertragen. Dieses Phänomen wird als Grädigkeit eines

208 nach Urbaneck (2012) S.276


209 vgl. Urbaneck (2012) S.273

47
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

Wärmeübertragers bezeichnet. Die Grädigkeit ist als Differenz der Temperaturen des
eintretenden Vorlaufs 𝑇1, auf der Primärseite und der des austretenden Fluidstroms 𝑇2,,
auf der Sekundärseite nach Abbildung 6 definiert210. Bei Kühlanwendungen liegt sie üb-
licherweise zwischen ein und zwei Grad Celsius211,212. Bei einer Speicheranwendung mit
Wärmeübertrager muss die Grädigkeit sowohl beim Lade-, als auch beim Entladevor-
gang berücksichtigt werden213. Dies bedeutet etwa zwei bis vier Grad Celsius Tempera-
turunterschied gegenüber der Vorlauftemperatur im Kältesystem, was eine Anwendung
aus energetischer Sicht nicht sinnvoll macht. Beim Einsatz von latenten oder thermo-
chemischen Energiespeichern sind Wärmeübertrager jedoch erforderlich, da sich das
Speichermaterial vom Kälteträgermedium unterscheidet. Hier wird versucht, die Grä-
digkeit des Wärmeübertragers durch eine besonders hohe Austauschfläche zwischen
den Medien zu kompensieren.

Je nach Speicheranwendung und -medium können unterschiedliche Strategien der Sys-


temintegration eingesetzt werden. Komplexere Betriebsstrategien setzen ein entspre-
chend angepasstes Ladesystem voraus. Eine einfache Einbindung nach Abbildung 19 ist
nicht zielführend, wenn der Kältespeicher in ein übergeordnetes Last-Management-
system eingebunden werden soll. Dann ist ein aktives Ladesystem nach Abbildung 20
sinnvoll, welches eine Speicheranforderung unabhängig vom Zustand des Kältesystems
umsetzen kann. Hierdurch wird der Speicher zu einem aktiven Netzteilnehmer, der je
nach Betriebszustand als thermischer Versorger (Entladung) oder Verbraucher (Bela-
dung) auftreten kann.

3.6 Verlustmechanismen in thermischen Speichern


Der Einsatz von thermischen Energiespeichern ist grundsätzlich mit Verlusten verbun-
den, denen verschiedene Mechanismen zu Grunde liegen können. Diese Mechanismen
sollen in der vorliegenden Arbeit grob in zwei Kategorien unterteilt werden: Die inter-
nen Speicherverluste, welche ihre Ursache im Inneren des Speichers besitzen und die
externen Verluste, bei denen thermische Energie über die Bilanzgrenze des Speichers
hinweg mit der Umgebung ausgetauscht wird214. Die vorgestellten Verlustmechanismen
gelten für sensible thermische Energiespeicher mit einem direkten Ladeprinzip ohne
Wärmeübertrager.

Externe Speicherverluste
Externe Verluste sind auf eine nicht-ideale Dämmung der Speicherhülle zurückzuführen.
Sie bedeuten einen Energieverlust des Speichers durch Wärmeaustausch mit der Umge-
bung. Dieser Wärmeaustausch erfordert einen Temperaturgradienten, wobei thermi-
sche Energie vom Ort mit höherer Temperatur zum Ort niedrigerer Temperatur über-
tragen wird. Bei Wärmespeichern stellt dies einen Wärmetransport aus dem Speicher-

210 vgl. Schuknecht (2003) S.58


211 vgl. Dittmann (2009) S.49
212 vgl. Koenigsdorff (2004) S.22
213 vgl. Urbaneck (2012) S.275
214 vgl. Urbaneck (2012) S.114

48
3.6 Verlustmechanismen in thermischen Speichern

inneren an die Umgebung dar, bei Kältespeichern dringt dagegen vorrangig Wärme-
energie aus der Umgebung in den Speicher ein. Das Ausmaß der energetischen Verluste
hängt in hohem Maße vom Temperaturniveau der Speicheranwendung215 sowie der
Dämmungsgüte der Speicherhülle216 und der Umgebungstemperatur217 ab. Der Wär-
metransport erfolgt durch drei verschiedene Teilmechanismen: die Wärmeleitung, die
Wärmestrahlung sowie die Konvektion. Diese sind zu unterschiedlichen Teilen am
Wärmetransportprozess beteiligt. Durch die Dämmung der Speicherhülle sollen mög-
lichst alle dieser Mechanismen effektiv eingeschränkt werden.

Große thermische Energiespeicher werden häufig in Industriehallen oder im Außenbe-


reich aufgestellt und sollen möglichst geringe Verluste aufweisen. Bei Wärmespeichern
wird die Speicherhülle üblicherweise mit Mineralwolle gedämmt. Kältespeicher erfor-
dern dagegen diffusionsdichte Materialien wie Ethylen-Propylen-Dien-Terpolymer
(EPDM), welche das Auskondensieren von Luftfeuchtigkeit an der kalten Tankoberflä-
che verhindern218. Unter Vernachlässigung der Strahlungsverluste ergibt sich das Wär-
meübertragungsproblem zu dem auf Abbildung 21 dargestellten Wärmedurchgang.

𝑇 𝛿𝑖𝑠𝑜 𝛿𝑤
𝛼𝑎𝑢 𝛼𝑖𝑛
𝑇𝐿𝑢𝑓𝑡

𝜆𝑖𝑠𝑜 𝜆𝑤

𝑇𝑖𝑠𝑜,𝑎𝑢
𝑇𝑤,𝑖𝑛

𝑇𝑊𝑎𝑠𝑠𝑒𝑟
𝑄̇

Luft Dämmung Wand Kaltwasser


Abbildung 21: Wärmedurchgang durch die Speicherhülle eines Kaltwasserspeichers

Zusätzlich zur Speicherwand mit der Leitfähigkeit 𝜆𝑤 muss der Wärmestrom die Dämm-
schicht überwinden, welche sich durch eine besonders geringe thermische Leitfähig-
keit 𝜆𝑖𝑠𝑜 auszeichnet. Die konvektive Wärmeübertragung der Speicherinnenwand auf
das Speichermedium wird über den Wärmeübergangskoeffizienten 𝛼𝑖𝑛 beschrieben.
Den konvektiven Wärmeaustausch mit der umgebenden Luft beschreibt dagegen der
Wärmeübergangskoeffizient 𝛼𝑎𝑢 auf der Außenseite der Speicherdämmung. Mit diesen
Kennzahlen lässt sich der Wärmedurchgangskoeffizient der Speicheranwendung bilden,
dessen Kehrwert den Widerstand für den Wärmeübergang darstellt (siehe Glei-
chung 15). Nach Kapitel 2 sind die Wärmeübergangskoeffizienten auf der Innen- und
Außenseite des Speichers vor allem vom Strömungsfeld, der Strömungsgeometrie sowie

215 vgl. Nelson (1999) S.101


216 vgl. Shyu (1989) S.59
217 vgl. Nelson (1999) S.99
218 vgl. Urbaneck (2012) S.224

49
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

den Temperaturen der beteiligten Medien abhängig. Daneben können auch Leckagen am
Speicher zu den externen Verlusten beitragen219. Hierbei wird Kälte- oder Wärmeener-
gie stoffgebunden aus dem Speichersystem transportiert.

Interne Speicherverluste
Als interne Speicherverluste werden in dieser Arbeit alle Verluste bezeichnet, die im
Inneren des Speichers auftreten und nicht direkt zu einer Verringerung des Energiein-
halts führen müssen. Interne Verluste sind mit einer Entropiezunahme verbunden und
ergeben sich u. a. infolge thermodynamischer Ausgleichseffekte im Speicher. Die Trieb-
kraft für solche Ausgleichsvorgänge stellt vor allem die Wärmeleitung dar, welche einen
Wärmestrom von Orten mit höherer Temperatur zu Orten mit niedrigerer Temperatur
verursacht. Im Gegensatz zu konvektiven Wärmetransportvorgängen ist hierfür kein
Stofftransport erforderlich, sodass auch ruhende Medien betroffen sind. Durch Wärme-
leitung von der wärmeren zur kühleren Phase gleichen sich die Temperaturniveaus an
und das Volumen der Übergangszone nimmt auf Kosten des Nutzvolumens zu. Bei Kälte-
speichern ist dieser Ausgleicheffekt besonders kritisch, da bereits eine geringe Tempe-
raturerhöhung von ein bis zwei Grad Celsius gegenüber der Vorlauftemperatur des Käl-
tesystems dazu führt, dass das gespeicherte Kaltwasser nicht mehr nutzbar für die An-
wendung ist. In der Übergangszone tritt ein wesentlicher Anteil der internen Speicher-
verluste auf, da der enge Kontakt zwischen den beiden unterschiedlich temperierten
Wasserkörpern einen Wärmetransport begünstigt220.

Der Wärmetransportprozess in der Übergangszone wird zusätzlich verstärkt, wenn


konvektive Effekte eine Bewegung der Moleküle in der Übergangsphase bewirken. Dies
ist beispielsweise bei dichtegetriebenen Ausgleichsströmungen aufgrund von Wärme-
übertragung zwischen dem Speichermedium und der Speicherwand der Fall. Natürliche
Konvektionseffekte können eine effektive Wärmeleitfähigkeit verursachen, welche um
das Zwei- bis Dreifache größer ist, als die eigentliche Wärmeleitfähigkeit des Speicher-
mediums221. Erzwungene Konvektionseffekte entstehen dagegen durch künstliche
Strömungsprozesse im Speicher. Erfolgt die Einströmung in den Speicher mit zu hoher
Geschwindigkeit, so kommt es zu einer Wirbelbildung innerhalb des Speichermediums
und somit zu intensiven Bewegungen der unterschiedlich temperierten Phasen in der
Übergangszone. Diese führen zu einem erhöhten Wärmetransport zwischen den be-
troffenen Schichten sowie zu einer Vermischung von Fluidelementen mit unterschiedli-
cher Temperatur. Die Wärmetransportprozesse bei turbulenten Strömungsverhältnis-
sen gelten als noch nicht ausreichend erforscht und können den Speicherwirkungsgrad
bedeutend verringern222. Obwohl der rechnerische Energieinhalt des Speichers bei einer
Durchmischung konstant bleibt, entstehen Verluste für die Anwendung, da das Nutzvo-
lumen mit geeignetem Temperaturniveau abnimmt. Der Einfluss dieser Vermischungsef-
fekte hängt unmittelbar mit den geometrischen Abmessungen des Tanks und der Lade-

219 vgl. Urbaneck (2012) S.114


220 vgl. Shyu (1989) S.58
221 vgl. Shyu (1989) S.60
222 vgl. Thess (2015) S.34

50
3.6 Verlustmechanismen in thermischen Speichern

systeme223 sowie der Einströmgeschwindigkeit224,225 und der Temperaturdifferenz226


zwischen warmer und kalter Phase im Tank zusammen. Letztere ist bei Kältespeichern
besonders gering, weshalb Vermischungseffekte einen größeren Einfluss besitzen, als
bei Wärmespeichern.

Innere Verluste werden auch durch die träge, thermische Masse der Speicherwand her-
vorgerufen. Wenn das Speichermedium längere Zeit im Speicher ruht, gleichen sich die
Temperaturniveaus der Speicherwand und des Speichermediums an. Findet bei einem
vollständig entladenen Kältespeicher eine Beladung statt, so verdrängt der eintretende
Kaltwasserstrom das wärmere Wasser nach oben im Speicher. Der Wärmeübergangs-
prozess von der noch warmen Speicherwand auf das einströmende Kaltwasser ist übli-
cherweise langsamer als der Stofftransport durch den Tank. Die Wand des Spei-
chertanks ist daher auch nach Abschluss des Beladevorgangs wärmer als das Speicher-
medium und gibt Wärmeenergie an dieses ab. Dadurch nimmt die Temperatur des Spei-
chermediums zu und das nutzbare Volumen verringert sich. Analog wird die wärmere
Phase bei der Entladung des Kältespeichers durch die kalte Speicherwand abgekühlt.
Hierdurch entsteht kein Nutzen für die Anwendung, da das Temperaturniveau nicht die
benötigte Vorlauftemperatur erreicht. Es wird jedoch das Rücklauftemperaturniveau
herabgesetzt, wodurch sich die mittlere Temperaturdifferenz über das Speichervolumen
reduziert. Im Vergleich zum Speichervolumen ist die thermische Kapazität der Spei-
cherwand normalerweise gering227. Die an der Wand aufgewärmten Fluidelemente stei-
gen jedoch aufgrund der niedrigeren Dichte im Speicher empor und verursachen somit
makroskopische Strömungseffekte. Diese können die Verluste im Speicher zusätzlich
vergrößern.

Liegt ein halb-beladener Kältespeicher vor, so befindet sich die warme Phase oberhalb
der kalten (siehe mittleres Bild auf Abbildung 22). Da Wasser nur eine geringe Wärme-
leitfähigkeit von etwa 0,6 W⁄(m K) (20 °C)228 besitzt, ist der Wärmetransport zwischen
den beiden Phasen gering. Die Speicherwand besitzt normalerweise eine höhere Wär-
meleitfähigkeit und agiert in diesem Fall als thermische Brücke, welche kontinuierlich
Wärmeenergie aus der warmen Phase in die kalte transportiert. Auch dieser Effekt ist
unerwünscht, da er die Temperatur des Nutzvolumens im Kältespeicher anhebt und
gleichzeitig die warme Phase mit Rücklauftemperaturniveau abkühlt. Kommerzielle
Speichertanks bestehen oft aus Stahl, dessen Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu Wasser
besonders hoch ist. Stahltanks sind aufgrund der geringen Fertigungskosten weit ver-
breitet. Bei großen Speichervolumina werden neben Stahltanks auch Betonspeicher ein-
gesetzt. Diese besitzen eine relativ geringe Wärmeleitfähigkeit, sind aber aufwändig im
Bau. Um thermische Verluste durch Wärmeleitung über die Speicherwand zu reduzie-
ren, kann eine Innenauskleidung mit geringer Wärmeleitfähigkeit eingesetzt werden.

223 vgl. Han (2009) S.1019


224 vgl. Caldwell (1998) S.375
225 vgl. Urbaneck (2008) S.70
226 vgl. Zurigat (1988) S.108
227 vgl. Gretarsson (1994) S.1218
228 vgl. Wagner (2006) S.Dba2

51
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers

Obwohl diese Option bereits wissenschaftlich untersucht wurde229, hat sie bislang keine
substantielle Kommerzialisierung gefunden.

Die Effizienz eines Verdrängungsspeichers kann anhand der Höhe der Übergangszone
bewertet werden. Bei einem idealen Verdrängungsspeicher existiert keine Übergangs-
zone. Zwischen der kalten und warmen Phase liegt somit ein Temperatursprung vor
(siehe Abbildung 22 l.)230.

H Idealer Speicher H Realer Speicher H Realer Speicher


mit hohen
Verlusten

𝑇ℎ𝑒𝑟𝑚 𝑘 𝑖 𝑒
𝑇ℎ𝑒𝑟𝑚 𝑘 𝑖 𝑒

𝑁𝑢 𝑢𝑚𝑒 𝑁𝑢 𝑢𝑚𝑒 𝑁𝑢 𝑢𝑚𝑒

T T T
Abbildung 22: Darstellung der Thermoklinen eines idealen Speichers (l.), eines realen Spei-
chers (m.) und eines realen Speichers mit hohen Verlusten (r.)

In realen Speichersystemen entsteht aufgrund des Wärmetransportes zwischen den


Phasen eine Übergangszone. In dieser sammeln sich durch Auftriebseffekte alle Fluide-
lemente an, deren Temperaturen zwischen dem Temperaturniveau der kalten und der
warmen Phase liegen. Innere Ausgleichsprozesse führen entweder zu einem Anstieg der
Temperatur in der kalten Phase oder zu einer Verringerung des Temperaturniveaus in
der warmen Phase (oder beidem). Diese Effekte vergrößern die Übergangszone und
lassen sich dadurch quantifizieren. Die Höhe der Übergangszone ist somit ein Maß, um
die Effizienz eines Verdrängungsspeichers zu bewerten. Eine Expansion der Übergangs-
zone ist auf die oben vorgestellten Verlustmechanismen zurückzuführen. Je nach Art
und Ausmaß der Mechanismen sowie der Entfernung des Wirkungsortes zur Ther-
mokline können sich unterschiedliche Effekte als Verluste in der thermischen Über-
gangszone überlagern. Eine Berechnung dieser unterschiedlichen Einflüsse ist nicht tri-
vial und hängt maßgeblich von den zugrundeliegenden Abmessungen und Betriebsstra-
tegien231 des betrachteten Speichersystems ab.

229 vgl. Shyu (1989) S.55


230 vgl. Caldwell (1998) S.366f
231 vgl. Han (2009) S.1016f

52
4. VORSTELLUNG UND ANALYSE DES
REFERENZSYSTEMS
Im Gegensatz zu rein theoretischen Ansätzen, wird in dieser Arbeit ein reales Referenz-
system herangezogen, um die Untersuchungen sowie die gewonnenen Erkenntnisse zu
stützen. Dieses Referenzsystem stellt die Kälteversorgungs-Infrastruktur des Fraunho-
fer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB) in Erlangen dar.
Im Rahmen der Untersuchungen wurde das vorliegende Referenzsystem mit Messgerä-
ten zur Erfassung von thermischen und elektrischen Energieströmen versehen. Durch
die Verwendung von realen Systemdaten zur Verifizierung der Herangehensweise, kann
den Ergebnissen dieser Arbeit eine höhere Übertragbarkeit und Praxisrelevanz zuge-
ordnet werden, als bei rein simulativen Ansätzen.

Im folgenden Abschnitt 4.1 werden der Aufbau und die Komponenten des Referenzsys-
tems vorgestellt. Es erfolgt eine Analyse des Urzustands anhand von Messwerten des
Jahres 2014. Auf Basis dieser Messwerte wird im Abschnitt 4.2 eine Untersuchung von
Effizienzpotenzialen vorgenommen. Hieraus ergeben sich konkrete Maßnahmen, aus
denen im anschließenden Abschnitt 4.3 eine strukturierte Vorgehensweise für die weite-
ren Arbeiten abgeleitet wird.

4.1 Beschreibung des Referenzsystems


Das Referenzsystem auf Abbildung 23 besteht aus zwei redundant betriebenen Kältema-
schinen und einem zentralen Kaltwasserverteiler, welcher mehrere Subsysteme sowie
den Verteiler für den Reinraum des Instituts versorgt. Das abgebildete Referenzsystem
wir am Institut als „Sekun ärkältesystem“ bezeichnet un soll auch in er vorliegen-
den Arbeit unter dieser Bezeichnung geführt werden.
Kühlturm

Wärmeübertrager
Vorlauf
P4 Rücklauf

Wasser-
Anbau A Prozesse Labore Umluft Umkleide Aufb.
P3

Kältemaschinen P1

P2
Verteiler Verteiler
Kältezentrale Reinraum

Abbildung 23: Schematische Darstellung des Referenz-Kältesystems (Sekundärkältesystem)


am Fraunhofer IISB im Urzustand

53
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

Die Kühlaufgaben des Systems sind umfassend: Neben der Kühlung von Prozessmaschi-
nen und Servern sind auch Klimatisierungsfunktionen für die Umluft des Reinraums und
der Laborbereiche des Institutes vorhanden. Das Temperaturniveau des Sekundärkälte-
systems beträgt gemäß der Planung 12 °C im Vorlauf und 17 °C im Rücklauf. Im tatsäch-
lichen Betrieb lag die Vorlauftemperatur im Referenzzustand des Jahres 2014 jedoch bei
etwa 13 °C, während die Rücklauftemperatur mit 13,9 °C nur geringfügig darüber lag.
Die beiden Kältemaschinen besitzen jeweils einen Schraubenverdichter mit Leistungs-
schiebertechnologie232, um veränderliche Kältelasten zwischen 80 bis maximal 469 kW
zu bedienen. Der Betrieb der Maschinen erfolgt dabei normalerweise abwechselnd. Bei
Spitzenlasten oberhalb von 450 kW werden beide Aggregate parallel betrieben,
wodurch sich Kälteleistungen bis maximal 940 kW erreichen lassen. Da im Regelfall nur
eine der baugleichen Kältemaschinen aktiv ist, wird eine Unterscheidung des jeweils
laufenden Aggregates für die folgenden Betrachtungen vernachlässigt. Die Rückkühlung
der Kältemaschinen erfolgt über einen zentralen Hybridkühlturm, welcher eine angege-
bene, maximale Rückkühlleistung von etwa einem Megawatt besitzt.

Das Kaltwasser für die Prozessanlagen („Prozesse“) wird mit Hilfe eines Wärmeübertra-
gers auf ein Temperaturniveau von etwa 19 °C angehoben. Abgesehen von diesem Un-
tersystem werden alle Nutzer auf Abbildung 23 mit dem gleichen Vorlauftemperaturni-
veau von etwa 13 °C versorgt. Die Kaltwasserversorgung wird von zwei ungeregelten
Doppelpumpen P1 und P2 gewährleistet, welche je eine Kältemaschine mit Kaltwasser
versorgen und so das Hauptsystem antreiben. Die Pumpen P3 und P4 treiben den Rück-
kühlkreislauf der Kältemaschine sowie einen Niedertemperatur-Heizkreislauf zur Wär-
merückgewinnung an. Letzterer besitzt für die folgenden Untersuchungen nur eine ge-
ringe Bedeutung, daher wird der zugehörige Wärmeübertrager nicht auf Abbildung 23
gezeigt. Auf Abbildung 24 sind die elektrischen Leistungsaufnahmen aller Hauptkompo-
nenten des Sekundärkältesystems dargestellt. Die minimale und maximale Leistungs-
aufnahme der Kältemaschine wurden dem Typenschild entnommen, da die beiden
Punkte im Betrieb nur selten angefahren werden. Alle anderen gezeigten Leistungsauf-
nahmen wurden messtechnisch ermittelt. Die elektrischen Leistungsaufnahmen der Käl-
temaschine und des Rückkühlers variieren abhängig von der Kältelast der Verbraucher.
Dagegen sind die aufgeführten Pumpen ungeregelt und weisen einen relativ konstanten
Strombedarf auf. Mit dem Einschaltbefehl der Kältemaschine (KM) werden auch das
Rückkühlwerk (RK) sowie die Pumpen P1 bis P4 eingeschaltet. Um den Wärmestrom
der Kältenutzer mit der Kältemaschine aufzunehmen und an den Rückkühlkreislauf ab-
zuführen, ist eine kontinuierliche Umwälzung des Kaltwassers sowie des Kühlmediums
erforderlich.

232 vgl. TRANE (1993) S.16

54
4.1 Beschreibung des Referenzsystems

Vergleich der elektrischen Leistungsaufnahmen der zentralen Komponenten


120 119 kW maximale Leistungsaufnahme Kältemaschine (KM)
minimale Leistungsaufnahme Kältemaschine (KM)
Elektrische Leistungsaufnahme in kW

Stufe 3 Rückkühlwerk 12/17 (RK)


100 Stufe 2 Rückkühlwerk 12/17 (RK)
Stufe 1 Rückkühlwerk 12/17 (RK)
Pumpe P4
80 Pumpe P3
Pumpe P2
Pumpe P1
60

40 kW
40
30,9 kW

20 16,6 kW

6,5 kW
3,9 kW 3,5 kW 3,5 kW
4,4 kW
0
KM RK P4 P3 P1 P2
Komponente
Abbildung 24: Elektrische Leistungsaufnahmen der Hauptkomponenten des Sekundärkälte-
systems

Die elektrische Grundlast der Kälteanlage beträgt 67,5 kW, solange das Rückkühlwerk
nicht angefordert wird. Dieses besitzt ungeregelte Lüfter, welche in Abhängigkeit der
Kühllast zu- oder abschalten. Dadurch ergibt sich ein diskontinuierliches Lastprofil, wel-
ches nicht zur Grundlast gezählt werden soll. Mit einer elektrischen Leistungsaufnahme
von mindestens 40 kW besitzt die Kältemaschine den größten jährlichen Energiebedarf
der Kälteinfrastruktur. Den zweithöchsten Energiebedarf weist die Pumpe P4 für den
Rückkühlkreislauf mit einer kontinuierlichen Leistungsaufnahme von etwa 16,6 kW auf.
Das Rückkühlwerk besitzt den dritthöchsten Energiebedarf der auf Abbildung 24 darge-
stellten Komponenten und kann grundsätzlich in drei Stufen betrieben werden: Auf der
Stufe eins ist nur die erste Lüfterstufe des Rückkühlwerks aktiv, welche eine Leistungs-
aufnahme von 4,4 kW besitzt. Reicht die Kühlleistung dieser Stufe nicht aus, wird die
Sprühpumpe mit einer Leistungsaufnahme von 2,1 kW aktiviert. Diese besprüht den
Wärmeübertrager des Kühlturms mit Wasser und erhöht die Kühlleistung durch zusätz-
liche Verdunstungskühlung. Der Betrieb der ersten Lüfterstufe in Kombination mit der
Sprühpumpe stellt die zweite Stufe des Rückkühlwerks dar. Bei sehr hohen Kühlleistun-
gen wird die zweite Lüfterstufe aktiviert. Für den Kühlturm stellt dies die dritte Stufe
dar. Der Lüfter wird auf dieser Stufe grundsätzlich zusammen mit der Sprühpumpe be-
trieben.

Neben dem auf Abbildung 23 vorgestellten Sekundärkältesystem besitzt das Institutsge-


bäude ein weiteres, separates Kältesystem für die Klimatisierung des Reinraums sowie
der Labore und Werkstätten mit 6/12 °C Kaltwasser. Dieses Kältesystem wird in der
Winterperiode aufgrund niedriger Außentemperaturen nicht benötigt und außer Be-
trieb genommen. Zur Unterscheidung der beiden Kreisläufe wird das 6/12 °C Kältesys-
tem fortan auch als „Primärkältesystem“ bezeichnet. Die Rückkühlung der beiden vorge-
stellten Kältesysteme erfolgt über Hybridkühler mit stufig-schaltenden Ventilatoren. Im

55
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

Gegensatz zum Sekundärkältesystem besitzt das Primärkältesystems zwei getrennte,


parallel eingebundene Kühltürme. Die Rückkühlleistungen aller vorhandenen Kühltür-
me lassen sich konsekutiv durch Anhebung der Lüfterstufe und Zuschaltung der Kühl-
turm-Besprühung erhöhen. Für die Besprühung der Kühltürme des Primärkältesystems
werden zwei Sprühpumpen mit einer elektrischen Leistungsaufnahme von jeweils
1,1 kW eingesetzt. Tabelle 1 fasst die Betriebszustände und Leistungsaufnahmen der
Kühltürme zusammen. Die Angaben für das Rückkühlwerk des Primärkältesystems be-
ziehen sich auf einen einzelnen Kühlturm. Der Luftmassenstrom der einzelnen Stufen
wurde messtechnisch ermittelt und mit Werten der Typenschilder ergänzt (siehe An-
hang B.1). Die Berieselung ist grundsätzlich effizienter als die trockene Kühlung mit der
zweiten Lüfterstufe, daher wird die Sprühpumpe immer vor der maximalen Lüfterstufe
zugeschaltet. Bei niedrigen Außentemperaturen und Rückkühlleistungen besteht Frost-
gefahr bei der Kühlturmberieselung. Der Wasserkreislauf kann hierfür manuell entleert
und die Sprühpumpe deaktiviert werden. Das Rückkühlwerk schaltet dann bei Leis-
tungserhöhung direkt auf die höchste Lüfterstufe.

Tabelle 1: Zusammenfassung der Daten zu den eingesetzten Rückkühlwerken

Rückkühlwerk Stufe Betriebsart Nenn-Leistungs- Luftmassenstrom in


aufnahme in kW kg/s
Aus - 0 (natürliche Konvektion)
2 Kühltürme
Modell 1 Trocken 6,5 15,64
VFL-723 OXR233 2 Feucht 8,7 15,64
(Primärkältesystem)
3 Feucht 28 32
Aus - 0 (natürliche Konvektion)
1 Kühlturm
Modell 1 Trocken 9 16
VFL-964 PR234 2 Feucht 11,2 16
(Sekundärkältesystem)
3 Feucht 39 32,5

Die Analyse des vorgestellten Sekundärkältesystems erfolgte auf Basis der Daten eines
institutseigenen Energie-Monitoringsystems. Dieses vereint eine Vielzahl von unter-
schiedlichen Messgeräten, wie z. B. Wärmemengenzähler und elektrische Energiezähler,
welche die thermischen und elektrischen Energieströme am Institut dokumentieren. Zur
Charakterisierung des Sekundärkältesystems wurden insgesamt sechs stationäre Wär-
memengenzähler installiert, welche die Kälteleistungen an den zentralen Verteilern so-
wie an allen Verteilerabgängen aufzeichnen. Für die elektrische Energiemessung wur-
den stationäre Messgeräte an den Kältemaschinen sowie den relevanten Peripherie-
komponenten installiert und in das Monitoringsystem eingebunden. Neben den genann-
ten Energiemessgeräten ist auch eine Wetterstation vorhanden, welche die Witterungs-
bedingungen erfasst und somit eine Korrelation mit dem Kältebedarf erlaubt. Die zeitli-
che Auflösung der Exportdaten beträgt eine Minute. Im Gegensatz zu sogenannten Stan-
dardlastprofilen, bei denen durchschnittliche Profile von Verbrauchergruppen als Last-

233 vgl. BAC (1993b)


234 vgl. BAC (1993a)

56
4.1 Beschreibung des Referenzsystems

prognosen herangezogen werden, können mit Hilfe der vorhandenen Datenbank exakte
Lastverläufe erhalten und mit entsprechenden Randbedingungen (z. B. Witterungsbe-
dingungen) korreliert werden. Dadurch steigt die Aussagefähigkeit der hier gefundenen
Ergebnisse im Vergleich zu Standardlastprofilen.

Ein Jahreslastprofil lässt sich zweckmäßig mit Hilfe eines Rasterdiagramms veranschau-
lichen. Auf Abbildung 25 wurde für die Darstellung der Kältelasten im Sekundärkältesys-
tem eine Auftragung der Kältelast in Abhängigkeit der Tagesuhrzeit und des Kalender-
tags gewählt.

Abbildung 25: Rasterdiagramm der Kältelast im Sekundärkältesystem im Jahr 2014

Das Rasterdiagramm stellt das Kältelastprofil des Sekundärkältesystems zu Beginn der


vorliegenden Arbeit dar. Die ersten sieben Wochen des Jahres 2014 sind nicht vorhan-
den, da der Zähler an der Haupteinspeisung erst in der achten Kalenderwoche installiert
wurde. Die gemessene Kältelast zeigt, dass die Kältemaschinen im Referenzzustand ge-
ring ausgelastet werden: Im gesamten Betrachtungszeitraum wird bei Spitzenlasten
weniger als die Hälfte der maximalen Kälteleistung einer Kältemaschine und somit ma-
ximal ein Viertel der gesamten installierten Kapazität angefordert. Der Jahresverlauf der
Kältelast zeigt, dass der Kältebedarf in der Sommerperiode zunimmt. An den Kalender-
tagen 200 bis 220 treten die höchsten Kältelasten von bis zu 150 kW auf. Durchschnitt-
lich liegt die Kältelast zur Mittagszeit in diesem Zeitraum etwa 20 bis 30 kW oberhalb
der Last des restlichen Jahres. Dies lässt eine Korrelation mit den Witterungsbedingun-
gen sowie der Sonneneinstrahlung vermuten. Die Tageslastgänge sind dagegen eng mit
der Anwesenheit von Mitarbeitern verbunden, da der Kältebedarf unabhängig von der
Jahreszeit zwischen 7 und 20 Uhr grundsätzlich höher ist, als im übrigen Zeitraum. Hier-
für spricht auch der geringere Kältebedarf an den Wochenenden.

Zur weiteren Analyse des Kältesystems werden die Volumenstrom- und Temperaturver-
teilungen im Kaltwasserkreislauf betrachtet, welche auf Abbildung 26 dargestellt sind.

57
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

Kaltwassertemperaturverteilungen
20
Temperatur in °C

Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur

15

10

50 75 100 125 150 175 200 225 250


Kältelast in kW
Volumenstromverteilung
Volumenstrom in m³/h

150
Volumenstrom

100

50

50 75 100 125 150 175 200 225 250


Kältelast in kW
Abbildung 26: Darstellung der Vorlauf- und Rücklauftemperaturverteilung sowie der Volu-
menstromverteilung des Sekundärkältesystems in Abhängigkeit der Kältelast

Die Verteilung der Kaltwassertemperaturen im oberen Diagramm auf Abbildung 26


zeigt, dass die Temperaturspreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf im Vergleich zur
Systemauslegung (12/17 °C) gering ist. Anhand von Gleichung 4 kann abgeleitet werden,
dass höhere Volumenströme erforderlich sind, um einen konstanten Wärmestrom bei
niedriger Temperaturdifferenz abzuführen. Ein Betrieb bei hohem Volumenstrom und
niedriger Temperaturspreizung ist nicht effizient, da die Leistungsaufnahme der För-
deraggregate größer ist als notwendig.

Der Volumenstrom im Kältesystem beträgt durchschnittlich etwa 100 m³/h. Im unteren


Diagramm auf Abbildung 26 liegt keine erkennbare Korrelation des Volumenstroms mit
der Kältelast vor. Nach Gleichung 4 muss die Rücklauftemperatur des Kältesystems an-
steigen, wenn sich der eingetragene Wärmestrom bei einer konstanten Vorlauftempera-
tur und einem konstanten Volumenstrom des Kaltwassers erhöht. Abbildung 26 bestä-
tigt einen Anstieg der Rücklauftemperatur um etwa 2 °C bei einer Erhöhung der Kälte-
last von 75 auf 175 kW. Dies weist auf eine hohe Konstanz des Volumenstroms im Refe-
renzsystem hin. Im Kontext mit der willkürlichen Verteilung des Volumenstroms ist an-
zunehmen, dass im betrachteten Referenzsystem keine Anpassung des Volumenstroms
in Abhängigkeit der Kältelast erfolgt. Diese Vermutung wird durch die ungeregelten
Pumpen P1 und P2 für den Kaltwasserkreislauf bestätigt. Das Temperaturniveau des
Rücklaufs im Kaltwasserkreis kann somit nicht beeinflusst werden und stellt sich in Ab-
hängigkeit der Kältelast ein. Die auf Abbildung 25 und Abbildung 26 gezeigten Messda-
ten besitzen einen großen Einfluss auf die Effizienz der Kälteanlage. Dieser Einfluss soll
bei der energetischen Optimierung des Kältesystems quantifiziert werden.

Ein weiteres Kriterium für die Charakterisierung des Betriebs einer Kälteanlage stellt
die Auslastung der Kältemaschine dar. Die Kältelast der Nutzer besitzt nach Abbil-

58
4.1 Beschreibung des Referenzsystems

dung 13 einen wesentlichen Einfluss auf die Leistungszahl der Kältemaschine und muss
daher als Bezugsgröße bei der Effizienzuntersuchung berücksichtigt werden. In beste-
henden Kältesystemen kann die Information über die Auslastung der Kältemaschine
auch zur Bestimmung von Lastreserven herangezogen werden. Diese lassen sich z. B. für
weitere Verbraucher oder die Beladung eines Kältespeichers einsetzen. Abbildung 27
zeigt die Verteilung des Kältebedarfs im Sekundärkältesystem in Abhängigkeit der Ma-
schinenauslastung für das Jahr 2014 (Auflösung 1 %).

Auslastung der Kältemaschine 2014


70

60
Mittlere Auslastung der
Kältemaschine (22,7 %)
Kältebedarf in MW h

50

40

30

20

10

0
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Maschinenauslastung in %
Abbildung 27: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung

Das Auslastungsprofil zeigt, dass der Kältebedarf ganzjährig im Niedriglastbereich der


vorhandenen Maschinen liegt. Auftretende Kältelastspitzen nehmen nur einen geringen
Anteil am Kältebedarf ein und bleiben stets unterhalb von 50 % der maximalen Kälte-
leistung der einzelnen Kältemaschinen. Der größte Anteil des Kältebedarfs wird bei ei-
ner Auslastung von ca. 21 % bereitgestellt, sodass insgesamt hohe Reserven für weitere
Verbraucher vorhanden sind.

Zur Bewertung des Einflusses von Witterungsbedingungen auf den Kältebedarf werden
auf Abbildung 28 die Verteilung des Kältebedarfs sowie die Auftrittshäufigkeit der Um-
gebungstemperaturen des Jahres 2014 in Abhängigkeit der Temperatur (Auflösung
0,1 °C) dargestellt. Beide Kurven weisen eine hohe Korrelation auf, was einen Einfluss
der Umgebungstemperatur auf den Kältebedarf impliziert. Im Bereich oberhalb von
10 °C setzt sich der Kältebedarf jedoch etwas von der Auftrittshäufigkeit der einzelnen
Umgebungstemperaturen ab, während die Kältebedarfsverteilung der Nutzer unterhalb
von 10 °C nahezu deckungsgleich mit der Auftrittshäufigkeit verschiedener Umgebungs-
temperaturen ist. Dies ist durch die Aufgabe des Sekundärkältesystems zu erklären, wel-
che vorrangig in der Kühlung von Prozessanlagen und Servern besteht. Bei solchen An-
lagen ist ein erhöhter Einfluss der Umgebungstemperatur nur dann zu erwarten, wenn
die Gebäudemasse durch langanhaltende Hochtemperaturperioden aufgeheizt wird. Im
Referenzsystem sind erhöhte Kältelasten in der Sommersaison vor allem auf Umluft-
kühlgeräte zurückzuführen, welche bei höheren Außentemperaturen angefordert wer-

59
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

den. Die Beeinflussung des Kältebedarfs durch höhere Außentemperaturen gegenüber


niedrigen ist zusammenfassend als gering zu bewerten und beschränkt sich, wie im Ras-
terdiagramm auf Abbildung 25 dargestellt, auf etwa 20 bis 30 kW zu den Spitzentempe-
raturperioden.

Kältebedarfsverteilung in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur 2014


6 6
Bereitgestellte Kälteenergie Auftrittshäufigkeit Umgebungstemperatur

Temperatur-Auftrittsdauer in 10 h
5 5

-1
geringe Abweichungen größere Abweichungen
Kältebedarf in MW h

4 4

3 3

2 2

1 1

-10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40
Temperatur in °C
Abbildung 28: Darstellung der Häufigkeitsverteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der
Umgebungstemperatur für das Jahr 2014

Für die Analyse der Effizienz des vorliegenden Kältesystems wird eine Auswertung der
elektrischen und thermischen Energiedaten vorgenommen. Zu diesen gehören der Jah-
resbedarf der Kälteenergie, die elektrischen Energieaufnahmen der Kältemaschine und
der Kälteanlage sowie die daraus berechneten, mittleren Leistungszahlen der Kältever-
sorgung. Der elektrische Energiebedarf der gesamten Kälteanlage bezieht sich auf alle
Komponenten der Kälteanlage inklusive der Rückkühler und Förderaggregate nach Ab-
bildung 7. Tabelle 2 enthält die Jahresmittelwerte der relevanten Energiekennzahlen
und Betriebsparameter der Sekundärkälteversorgung für das Jahr 2014 ab der Kalen-
derwoche neun.

Tabelle 2: Energiekennzahlen für das Sekundärkältesystem im Jahr 2014

Kennzahl Wert Einheit


Gesamter Kälteenergiebedarf der Kältenutzer 676,7 MW h
Mittlere Kälteleistung der Kältemaschine 106,4 kW
Gesamte elektr. Energieaufnahme der Kälteanlage 476,7 MW h
Elektr. Energieaufnahme der Kältemaschine 297,2 MW h
Leistungszahl der Kältemaschine 2,28 -
Leistungszahl der Kälteanlage 1,42 -
Mittlere Temperaturspreizung 0,92 °C
Mittlerer Volumenstrom 100,7 m³/h

60
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale

4.2 Analyse der Effizienzpotenziale


Auf Basis der vorgestellten Daten des Kältesystems sowie der Datenanalyse auf den Ab-
bildungen 25 bis 27 werden drei Hauptfaktoren benannt, welche die Effizienz des Refe-
renzsystems einschränken. Diese sind der hohe, konstante Volumenstrom im Kaltwas-
sersystem, die geringe Temperaturspreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf sowie die
relativ geringe Auslastung der Kältemaschinen. Darauf aufbauend lassen sich mit Hilfe
der im Abschnitt 3.2 beschriebenen Methodik zur Bewertung der Effizienz einer Kältean-
lage Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz ableiten. Ein Teilziel dieser Ar-
beit ist es dabei, möglichst allgemeingültige und übertragbare Effizienzpotenziale zu
identifizieren, die als Handlungsempfehlung zur Steigerung der Systemeffizienz betrach-
tet werden können.

Kennzahlen der Kälteversorgung


Mit Hilfe der vorgestellten Messdaten werden die Effizienzkennzahlen des Kältesystems
gebildet und in Tabelle 3 zusammengefasst. Die verwendeten Temperaturen für die Be-
rechnung der idealen Leistungszahlen 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 und 𝐿 𝐶,𝑊Ü sowie der exergetischen Wir-
kungsgrade 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü und 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 der Kältemaschinen sind im Anhang A.2 aufgeführt. Den
Betrachtungszeitraum bildet das Jahr 2014 ohne die Kalenderwochen eins bis acht. Die
Fluidtransporteffizienz wird auf die Komponenten der Abbildung 24 bezogen, dezentrale
Pumpen an einzelnen Verbrauchern werden dabei vernachlässigt. Die gebildeten Kenn-
zahlen der Tabellen 2 und 3 implizieren, dass sowohl beim Fluidtransport als auch bei
der Kälteerzeugung hohe Effizienzpotenziale vorhanden sind. Diese Vermutung wird
zum einen aufgrund der ungeregelten Förderaggregate sowie der niedrigen Tempera-
turspreizung im Kaltwassersystem angestellt. Zum anderen erscheint die mittlere Leis-
tungszahl 𝐿 𝐾𝑀 der Kältemaschine im Vergleich zu Literaturangaben mit Spitzenwerten
von bis zu sechs gering235,236. Dies ist vor allem auf die niedrige Kältelast der Nutzer zu-
rückzuführen, welche die Maschinen im Referenzzustand nur gering auslasten (siehe
Abbildung 27). Im Urzustand des Kältesystems gibt es keine Möglichkeiten, die Auslas-
tung der Kältemaschine zu erhöhen, da sie an das Lastprofil der Verbraucher gebunden
ist. Eine hierfür notwendige Entkopplung der Kälteerzeugung vom Kältebedarf kann z. B.
mit einem Kältespeicher erreicht werden.

Tabelle 3: Effizienzkennzahlen des Referenzsystems für das Jahr 2014

Kennzahl Berechneter Wert


Berechnete Leistungszahl der Kältemaschine 𝐿 𝐾𝑀 2,28
Ideale Carnot-Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 14,26
Carnot-Leistungszahl bei realen Temperaturen 𝐿 𝐶,𝑊Ü 7,63
Exergetischer Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü 0,55
Exergetischer Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 0,19
Fluidtransporteffizienz 𝜂𝐹𝑇 0,62

235 vgl. Breidenbach (2010) S.372


236 vgl. Urbaneck (2012) S.58

61
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

Einflüsse des Volumenstroms auf die Systemeffizienz


Eine Zunahme des Volumenstroms durch einen Wärmeübertrager führt bei konstantem
Wärmestrom 𝑄̇ nach Gleichung 6 zu einer geringeren Temperaturdifferenz (𝑇1, − 𝑇1,, ) des
eintretenden und austretenden Medienstroms. In einem Kältesystem bleibt die Vorlauf-
temperatur durch den Einsatz der Kältemaschine konstant. Eine Erhöhung des Kaltwas-
ser-Volumenstroms durch die Wärmeübertrager der Kältenutzer führt somit zu einer
Abnahme der Rücklauftemperatur sowie zu einer Verringerung der Temperatursprei-
zung im Kaltwassersystem. Um Wärmeenergie aus dem Kaltwasserkreislauf auf das Käl-
temittel in der Kältemaschine zu übertragen, wird eine ausreichende Temperaturdiffe-
renz zwischen beiden Medien entlang der Austauschfläche des Verdampfers benötigt
(siehe Abbildung 6). Da das Kältemittel während des Wärmeübertragungsprozesses
verdampft, liegt ein latenter Phasenübergang vor. Der Temperaturverlauf des Kältemit-
tels kann während der Verdampfung somit als konstant angenommen werden237. Bei
der folgenden Betrachtung wird vereinfachend nur der Abschnitt des Wärmeübertra-
gers betrachtet, indem der Verdampfungsprozess des Kältemittels stattfindet. Um einen
konstanten Wärmestrom 𝑄̇ bei einer geforderten Kaltwasseraustrittstemperatur 𝑇1,,
übertragen zu können, muss die Verdampfungstemperatur 𝑇2, des Kältemittels unterhalb
von 𝑇1,, liegen. Mit einer Abnahme der Eintrittstemperatur 𝑇1, des Kaltwassers am Ver-
dampfer, muss auch die Verdampfungstemperatur 𝑇2, abnehmen, damit der Wär-
mestrom 𝑄̇ weiterhin bei der geforderten Kaltwasseraustrittstemperatur 𝑇1,, übertragen
werden kann. Bei geringen Temperaturspreizungen im Kaltwassersystem ist also eine
niedrigere Verdampfungstemperatur des Kältemittels erforderlich, als bei höheren
Temperaturspreizungen. Abbildung 29 stellt die Temperaturverläufe des Kältemittels
und des Kaltwasserstroms in Abhängigkeit der zurückgelegten Wegstrecke durch den
Wärmeübertrager mit der Länge L schematisch dar.
Hohe Temperaturspreizung Niedrige Temperaturspreizung
T im Kaltwasserstrom T im Kaltwasserstrom
𝑇, − 𝑇1,,
𝑇1, 𝑤 𝑒𝑟 1

𝑤 𝑒𝑟 𝑇1, − 𝑇1,,
𝑇1,
𝑇1,, 𝑇1,,
∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 ∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔
𝑇2,, ä 𝑒𝑚𝑖 𝑒 𝑇2,
𝑇2,, ä 𝑒𝑚𝑖 𝑒 𝑇2,
L x L x
Abbildung 29: Absenkung der Verdampfungstemperatur des Kältemittels durch Verringerung
der Temperaturspreizung des Kaltwasserstroms (schematisch)

Dieser Zusammenhang wird auch durch die Betrachtung der mittleren logarithmischen
Temperaturdifferenz zwischen dem Kaltwasser- und dem Kältemittelkreis veranschau-
licht: Mit einer Abnahme der mittleren logarithmischen Temperaturdifferenz ∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔
zwischen den Medien würde sich die übertragene Wärmeleistung nach Gleichung 21

237 vgl. Polifke (2009) S.185f

62
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale

reduzieren. In der Praxis wird der Druck im Verdampfer über das Expansionsventil ab-
gesenkt, um eine Verdampfung des Kältemittels bei niedrigeren mittleren Kaltwasser-
temperaturen zu erreichen. Durch die niedrigere Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 vergrö-
ßert sich der Temperaturhub (𝑇𝐾𝑜 − 𝑇𝑉𝑒 ) der Kältemaschine, wo urch ie arnot‘sche
Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑊Ü und der exergetische Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü der Kälteanwendung
reduziert werden (siehe Gleichung 25 und 27). Abbildung 29 zeigt außerdem, dass das
absolute Temperaturniveau der Wärmeübertragung sinkt, wenn die Verdampfungstem-
peratur abnimmt. Dadurch nehmen die Exergieverluste im Verdampfer zu (siehe Ab-
schnitt 3.2). Eine Reduktion des Kaltwasservolumenstroms führt somit zu einer Anhe-
bung der Temperaturspreizung im Kältesystem und erhöht die Effizienz der Kältema-
schine sowie der Wärmeübertragungsprozesse.

Mit der Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit nehmen auch die Druckverluste in


hydraulischen Komponenten (z. B. Wärmeübertrager, Ventile, Rohrleitungen) zu. Zwi-
schen der Strömungsgeschwindigkeit w und dem Druckverlust ∆ in einem Kaltwasser-
system besteht folgender Zusammenhang:238
𝐿 𝑤2
∆ = 𝜉 ∙ 𝑑 ∙ 2∙𝑔 36
𝑖𝑛

Dabei stellen 𝑔 die Erdbeschleunigung und 𝜉 den Druckverlustbeiwert dar. Die Abmes-
sung 𝐿 repräsentiert die Länge und 𝑑𝑖𝑛 den Innendurchmesser des durchströmten Roh-
res. Der Druckverlust nimmt nach Gleichung 36 quadratisch mit der Strömungsge-
schwindigkeit zu. Hohe Druckverluste infolge unnötig hoher Volumenströme sind in
Verteilungssystemen grundsätzlich unerwünscht, da sie mit einer Dissipation der kineti-
schen Energie des Wärmeträgermediums in Reibung einhergehen. Eine Ausnahme von
dieser Regel besteht, sofern durch den höheren Volumenstrom eine signifikante Ände-
rung des Turbulenzgrades einer Wärmeübertragungsaufgabe erreicht wird. In diesem
Fall kann der betreffende Wärmeübergangskoeffizient erhöht und der Wärmeübertrag
verbessert werden. Ist ein zu hoher Volumenstrom vorhanden, so ergibt sich eine nied-
rige Fluidtransporteffizienz 𝜂𝐹𝑇 , da die Leistungsaufnahmen der Peripherieaggregate im
Vergleich zur Leistungsaufnahme der Kältemaschine hoch ausfallen (siehe Glei-
chung 29). Der Volumenstrom sollte daher auf ein für die Wärmeübertragung notwendi-
ges Maß an Turbulenz reduziert werden. In Kältesystemen ist ein ausreichender Grad an
Turbulenz üblicherweise durch die Einhaltung der geplanten Temperaturspreizung im
Kaltwassersystem erfüllt, da die Wärmeübertrager und das Leitungssystem mit diesem
Wert ausgelegt werden. Im vorliegenden Sekundärkältesystem liegt die Temperatur-
spreizung nach Planung bei fünf Grad Celsius (siehe Bezeichnung 12/17 °C). Der gemes-
sene Wert der Temperaturspreizung besitzt mit etwa einem Grad Celsius somit eine
signifikante Abweichung zum Auslegungszustand.

Zuletzt wird auch die Effizienz der Kältenutzung 𝜂𝑁 durch zu hohe Volumenströme ver-
ringert, da die elektrischen und mechanischen Verluste des Antriebsstrangs einer Pum-
pe mit höherer Förderleistung zunehmen. Diese Verluste werden neben der Luft auch an

238 vgl. Oertel (2011) S.154

63
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

das Förderfluid übertragen, da sich das gesamte Pumpengehäuse im Betrieb erwärmt.


Der Einfluss auf die Effizienz der Kältenutzung soll hier nur der Vollständigkeit halber
aufgeführt werden, thermische Verluste im Rohrleitungssystem werden in dieser Arbeit
nicht weiter betrachtet.

Zusammenfassend wirkt sich ein zu hoher Volumenstrom negativ auf alle vorgestellten
Effizienzkennzahlen einer Kälteanlage aus. Zur Bestimmung eines adäquaten Durchflus-
ses kann bei Kaltwassersystemen eine Temperaturspreizung von fünf bis sechs Grad
Celsius angenommen werden. Meist ist dieser Wert optimal, da kommerzielle Wärme-
übertrager einen ausreichenden Temperaturgradienten für den Wärmetransport erhal-
ten und gleichzeitig ein ausreichendes Maß an Turbulenz in den Strömungskanälen der
Wärmeübertrager vorliegt. Bei einer mittleren Kälteleistung von 106,4 kW des Jahres
2014 (siehe Tabelle 2) und einer Temperaturspreizung von fünf Grad Celsius ergibt sich
nach Gleichung 4 ein erforderlicher Volumenstrom von etwa 18 m³/h. Dieser theore-
tisch bestimmte Wert beträgt weniger als ein Fünftel des gemessenen Volumenstroms
von etwa 100 m³/h.

Temperaturniveaus des Kälteprozesses


Nach Gleichung 25 hängt die verlustfreie Leistungszahl der Kältemaschine von den
Temperaturen des angebundenen Kühl- und Kaltwasserkreislaufs ab. Diese beeinflussen
wiederum die Verdampfungs- und die Kondensationstemperatur des Kältemittels und
stellen somit eine Möglichkeit zur Optimierung der Effizienz einer Kältemaschine dar.
Eine Verringerung der Differenz zwischen diesen beiden Temperaturen erhöht wie in
Abschnitt 3.2 beschrieben die maximal erreichbare Leistungszahl der Anlage. Unter Be-
rücksichtigung des oben vorgestellten Einflusses der Kaltwassertemperaturspreizung
auf die Verdampfungstemperatur kann aber auch eine Effizienzsteigerung erreicht wer-
den, ohne das Temperaturniveau des Kaltwasserkreislaufs direkt anzuheben.

Mit Hilfe des exergetischen Wirkungsgrades soll der Einfluss der Verdampfungstempe-
ratur auf die Effizienz der Kältemaschine anhand eines Rechenbeispiels betrachtet wer-
den. Abbildung 30 zeigt den exergetischen Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü und die ideale Car-
not‘sche Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 des Kälteprozesses in Abhängigkeit variierender Verdamp-
fungstemperaturen 𝑇𝑉𝑒 . Die dargestellten Verläufe wurden anhand der Gleichungen 24,
25 und 27 berechnet. Hierfür wurde die Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 mit einem Wert
von 46 °C angenommen, die Rückkühltemperatur 𝑇𝑈 soll 33 °C betragen. Für die Kalt-
wassertemperatur 𝑇𝑁 werden zwei getrennte Szenarien betrachtet: Im ersten Szenario
wird die Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 mit einem konstanten Wert von 12 °C eingesetzt. In
einem zweiten Szenario besitzt die Kaltwassertemperatur eine konstante Differenz von
drei Grad Celsius (𝑇𝑁 = 𝑇𝑉𝑒 + ) gegenüber der Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 des Käl-
temittels.

64
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale

Effizienzsteigerung durch Anhebung der Verdampfungstemperatur


22 0,7
ex,WÜ bei TN = 12°C (Szen. 1)
LZC,id bei TN = 12°C (Szen. 1)
20 0,65
ex,WÜ bei TN = TVe + 3°C (Szen. 2)

Exergetischer Wirkungsgrad
LZC,id bei TN = TVe + 3°C (Szen. 2)
18 0,6
Carnot-Leistungszahl

LZC,WÜ

16 0,55

14 0,5

12 0,45

10 0,4

8 0,35

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Verdampfungstemperatur TVe in °C
Abbildung 30: arnot’sche Leistungszahl un exergetischer Wirkungsgrad in Abhängigkeit
steigender Verdampfungstemperaturen

Das erste Beispiel zeigt, dass der exergetische Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü bei konstanter Kalt-
wassertemperatur und steigender Verdampfungstemperatur zunimmt. Da die ideale
Leistungszahl nach Carnot in diesem Szenario konstant bleibt, lässt sich aus der Zunah-
me des exergetischen Wirkungsgrades direkt eine Reduktion des elektrischen Energie-
bedarfs der Kältemaschine bestimmen. Diese Reduktion beläuft sich auf etwa 1,7 % des
Energiebedarfs pro Grad Celsius Temperaturunterschied. Für den Praxisfall kann daher
abgeleitet werden, dass sich die elektrische Leistungsaufnahme der Kältemaschine um
etwa 1,7 % verringert, wenn die Verdampfungstemperatur unter ansonsten unverän-
derlichen Bedingungen um einen Grad Celsius erhöht wird. Dies kann nach Abbildung 29
z. B. durch eine Anhebung der Temperaturspreizung im Kaltwassersystem erreicht wer-
den.

Im zweiten Beispiel nimmt die Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 gleichförmig mit einem Unter-


schied von drei Grad Celsius zur Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 zu. Durch die Anhebung
der Kaltwassertemperatur steigt auch die ideale Carnot-Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 , da sich die
Differenz zur konstant angenommenen Temperatur 𝑇𝑈 der Rückkühlung verringert
(siehe Gleichung 24). Die Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑊Ü nimmt im Vergleich langsamer zu (siehe
Gleichung 25), da die Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 und die Verdampfungstem-
peratur 𝑇𝑉𝑒 des Kältemittels eine größere Differenz zueinander besitzen als die Rück-
kühltemperatur 𝑇𝑈 und die Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 . Durch den Bezug auf die niedrige-
re Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 , anstelle der Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 , ist die Leis-
tungszahl 𝐿 𝐶,𝑊Ü außerdem kleiner. Der exergetische Wirkungsgrad ist als Quotient der
beiden genannten Leistungszahlen formuliert (siehe Gleichung 27). Er nimmt daher ab,
obwohl die Zunahme der Kondensations- und Kaltwassertemperatur die idealen Leis-
tungszahlen des Kälteprozesses erhöht. Die Angabe der Energieeinsparung des zweiten
Szenarios kann somit nicht auf Basis des exergetischen Wirkungsgrades erfolgen. Für
die vorliegende Arbeit ist zunächst nur das erste Szenario interessant, bei welchem die

65
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 bei konstanter Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 erhöht wird. Die


Kaltwassertemperatur im Referenzsystem kann aufgrund der Temperaturanforderun-
gen einiger Kältenutzer nicht dauerhaft angehoben werden.

Analog zum ersten Szenario lässt sich auch auf der Kondensatorseite der Kältemaschine
eine Energieeinsparung erzielen, wenn die Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 bei konstanter
Rückkühltemperatur 𝑇𝑈 abgesenkt wird. Der exergetische Wirkungsgrad nimmt dann
zu, da 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 konstant bleibt, während 𝐿 𝐶,𝑊Ü ansteigt (siehe Gleichung 27). Die vorlie-
gende Arbeit beschränkt sich jedoch auf die Analyse des Effizienzpotenzials einer Volu-
menstromabsenkung auf der Kaltwasserseite der Kältemaschine. Diese kann nach Ab-
bildung 29 eine Anhebung der erforderlichen Verdampfungstemperatur des Kältemittels
bewirken und somit den Energiebedarf der Kältemaschine reduzieren.

Temperaturniveau der Kühlanwendung


Auf Basis der Betrachtung der Temperaturniveaus des Kälteprozesses ergibt sich ein
weiteres Effizienzpotenzial im vorliegenden Referenzsystem. Dieses betrifft den Kreis-
lauf für die Kühlung von Prozessanlagen, welcher in einem hydraulisch getrennten
Kaltwassersystem auf einem Temperaturniveau von 19 °C betrieben wird. Zur Versor-
gung des Kreislaufs wird Kaltwasser mit einem Temperaturniveau von 12 °C aus dem
Sekundärkältekreis genutzt. Dies stellt einen wenig effizienten Einsatz des niedrigen
Temperaturniveaus dar, da die Verdampfungstemperatur des Kältemittels bei einer
Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 von 12 °C niedriger liegt als es bei einer Kühlanwendung von
19 °C erforderlich ist. Für eine Abschätzung des Einsparpotenzials wird angenommen,
dass die Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 des Kältemittels von 9 °C auf 16 °C erhöht wer-
den kann, wenn eine separate Kältemaschine für die Kühlung der Prozessanlagen einge-
setzt wird. Die Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 soll dabei 19 °C betragen. Mit den oben ver-
wendeten Werten für die Kondensations- und Rückkühltemperatur steigt der exergeti-
sche Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü der Kältemaschine um etwa 8 % durch Anhebung der Ver-
dampfungstemperatur. Die verlustfreie Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑊Ü erhöht sich durch die An-
hebung der Verdampfungs- und Kaltwassertemperaturen von 7,6 auf 9,6 (siehe An-
hang A.3). Eine separate Kälteversorgung des Kühlkreislaufs für die Prozesse hat somit
eine signifikante Effizienzsteigerung der dafür eingesetzten Kältemaschine gegenüber
der bestehenden zur Folge. Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse könnte aufzeigen, ob der
Betrieb einer separaten Kältemaschine inkl. notwendiger Peripherieaggregate (z. B.
Pumpen, Steuerung) eine erstrebenswerte Alternative gegenüber dem Referenzzustand
darstellt. Als weitere Option könnte anstelle der separaten Kältemaschine mit höherer
Verdampfungstemperatur auch eine freie Kühlung eingesetzt werden. Diese besitzt im
vorliegenden Fall ein hohes Effizienzpotenzial, da sowohl die mittlere Jahrestemperatur,
als auch die Feuchtkugeltemperatur in Deutschland deutlich unterhalb von 19 °C liegen.
In der vorliegenden Arbeit wurden diese Maßnahmen jedoch nicht betrachtet, da die
Nutzung von freier Kühlung auf Ebene des gesamten Sekundärkältesystems angestrebt
wird.

66
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale

Einsatz von freier Kühlung


Der Einsatz einer Kältemaschine bietet den Vorteil einer kontinuierlich verfügbaren
Kälteversorgung. Er stellt jedoch nicht immer die effizienteste Möglichkeit dar, Käl-
teenergie bereitzustellen. Abbildung 30 zeigt, dass der exergetische Wirkungs-
grad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü des Kälteprozesses bei steigender Nutztemperatur des Kaltwassers 𝑇𝑁 auf-
grund der notwendigen Temperaturdifferenzen für die Wärmeübertragung abnimmt
(Szenario 2). Der Einfluss der Grädigkeit von Wärmeübertragern (Verdampfer, Konden-
sator, Wärmeübertrager im Rückkühler) wird daher umso größer, je geringer der Tem-
peraturhub über die Kältemaschine ausfällt. Dadurch nimmt die Effizienz gegenüber
dem verlustfreien Wert nach Carnot ab, obwohl dieser bei einer Verringerung des Ab-
standes der Verdampfungs- und Kondensatortemperatur steigt. Bei hohen Nutztempera-
turen im Kaltwassersystem stellt die Verwendung einer Kältemaschine daher nicht
zwangsläufig die effizienteste Methode dar. Auch der Absenkung der Kondensatortem-
peratur in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur sind Grenzen gesetzt: Jedes Kälte-
mittel besitzt einen spezifischen Druck und eine zugeordnete Temperatur, welche für
die Verflüssigung im Kondensator der Kältemaschine mindestens erreicht werden müs-
sen. Die Temperaturspreizung zwischen der Verdampfung und der Kondensation des
Kältemittels kann also nicht beliebig reduziert werden, auch wenn bei geringen Umge-
bungstemperaturen ein niedriges Temperaturniveau für die Rückkühlung erreicht wer-
den kann. Die reale Leistungszahl einer Kältemaschine liegt daher insbesondere bei
niedrigen Umgebungstemperaturen deutlich unterhalb der idealen Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑖𝑑
nach Carnot. Hinzu kommt, dass die Nutzung des Kältemittelverdichters mit Verlusten
verbunden ist (z. B. Reibungsverluste im Verdichter, elektrische Verluste im Motor),
welche zusätzlich zur Verdichtungsarbeit und der Kälteleistung an die Umgebung abge-
führt werden.

Eine Möglichkeit, Kaltwasser ohne die Nutzung einer Kältemaschine bereitzustellen,


stellt der Einsatz von freier Kühlung dar. Diese ist auf weniger Wärmeübertragungssta-
tionen angewiesen, da der Zwischenkreis des Kältemittels wegfällt. Nach Abschnitt 3.1.2
wird auch der elektrische Energiebedarf für den Kältemittelverdichter eingespart, wel-
cher zusätzlich zur Kältelast der Nutzer in Form von Wärmeenergie an die Umgebung
abgeführt werden muss. Bei einer Kaltwassertemperatur von 12 °C kann freie Kühlung
nach Abschnitt 3.1.2 etwa 2.500 Stunden im Jahr betrieben werden. Dieser Zeitraum
deckt sich gut mit der Außerbetriebnahme des Primärkältesystems für die Klimatisie-
rung des Instituts- und Reinraumgebäudes in der Winterperiode. Es wird daher ein
Konzept entwickelt, welches die Rückkühlwerke des Primärkältekreislaufs in diesem
Zeitraum für die Kühlung des Sekundärkältesystems nutzt. Diese Maßnahme ist mit ei-
nem hohen technischen Aufwand verbunden, daher ist es sinnvoll, das Effizienzpotenzial
dieser Anwendung zunächst im Rahmen einer Simulation zu untersuchen.

Einsatz eines Kältespeichers


Ein weiteres Effizienzpotenzial stellt die Auslastung der Kältemaschine dar. Insbesonde-
re Kältemaschinen ohne Frequenzumformer besitzen eine lastabhängige Leistungszahl.
Der Betrieb im Teillastbereich ist nach Abbildung 13 mit erheblichen Effizienzeinbußen

67
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

verbunden. Dies wirkt sich auch auf die Effizienz der Rückkühlwerke aus, da bei niedri-
gen Auslastungen ein verhältnismäßig hoher Anteil der Verdichtungsarbeit des Käl-
temittelverdichters zusammen mit der Kälteleistung an die Umgebung abgeführt wer-
den muss. Auf Abbildung 31 sind die gemessenen Leistungszahlen der Kältemaschine
und der gesamten Kälteanlage auf Basis der Daten des Jahres 2014 gegenübergestellt.

Leistungszahlen der Kälteversorgung 2014


5
Mittlere jährliche Leistungszahl der Kältemaschine = 2,3
Mittlere jährliche Leistungszahl der Kälteanlage = 1,42
4
Leistungszahl

1
Leistungszahl-Verteilung der Kältemaschine
Leistungszahl-Verteilung der Kälteanlage
Ausgleichsfunktion der Kältemaschine
Ausgleichsfunktion der Kälteanlage
50 100 150 200 250
Kältelast in kW
Abbildung 31: Vergleich der gemessenen Leistungszahlen der Kältemaschine und der Kältean-
lage des Referenzsystems

Die Leistungszahl der Kälteanlage 𝐿 𝐾𝐴 ergibt sich unter Berücksichtigung der Kompo-
nenten auf Abbildung 24 sowie der Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ des Schaltschranks für die
elektrische Infrastruktur des Sekundärkältesystems nach Gleichung 23 zu:

𝑄̇𝐾
𝐿 𝐾𝐴 =
𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 + 𝑃𝑒𝑙,𝑅𝐾 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃1 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃2 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃3 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃4 + 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ

Mit zunehmender Kältelast steigen die beiden auf Abbildung 31 dargestellten Leistungs-
zahl-Kennlinien an, die der Kälteanlage jedoch in geringerem Maße. Die Leistungsauf-
nahmen der beteiligten Pumpen und des Schaltschranks können als konstant angenom-
men werden. Daher muss die Leistungsaufnahme des Rückkühlers mit steigender Kälte-
last signifikant zunehmen, damit sich die Steigung der Leistungszahl-Kennlinie der Käl-
teanlage gegenüber jener der Kältemaschine verringert. Dies kann auf den erforderli-
chen Lufttransport der Rückkühlwerke zurückgeführt werden, welcher bei steigenden
Kühlanforderungen höher ist und mehr elektrische Energie benötigt (siehe Ab-
schnitt 3.1.2). Da die Kältelast des Referenzsystems nach Abbildung 25 vor allem wäh-
rend der Tageszeit ansteigt, führen die Rückkühlwerke einen hohen Anteil der Abwärme
des Kältesystems bei erhöhten Umgebungstemperaturen zur Mittagszeit ab. In diesen
Zeiträumen ist die Effizienz der Rückkühlung durch das erhöhte Temperaturniveau ge-
genüber den Nachtstunden eingeschränkt (siehe Abbildung 15).

Um die Effizienz des Gesamtsystems anzuheben, wird der Einsatz eines Kältespeichers
vorgeschlagen. Dieser kann zum einen dazu beitragen, die Kältemaschine stärker auszu-

68
4.3 Ableitung der Vorgehensweise

lasten, indem er die Kälteanforderung während des Beladeprozesses erhöht und die
Kältemaschine während der Entladung abschaltet (siehe Abschnitt 3.3.2). Zum anderen
lässt sich die Kältebereitstellung zeitlich vom Kältebedarf entkoppeln. Dadurch kann ein
Teil der Kältebereitstellung in die Nachtstunden verlagert werden, in denen die Rück-
kühlwerke effizienter arbeiten (siehe Abschnitt 3.1.2). Dieses Konzept besitzt einen um-
fangreichen Einfluss auf das vorliegende Kältesystem. Zur Untersuchung des Effizienz-
potenzials und der Auswirkungen auf das Systemverhalten werden daher Simulationen
durchgeführt, mit denen sich das Konzept nicht-invasiv untersuchen lässt.

4.3 Ableitung der Vorgehensweise


Die vorangegangene Analyse des Kältesystems hat mehrere Maßnahmen identifiziert,
welche die Systemeffizienz anheben können. Diese sind

• die Reduktion des Kaltwasservolumenstroms und die damit verbundene Anhe-


bung der Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf des Kältesystems,
• die Erhöhung der Maschinenauslastung mit Hilfe eines Kältespeichers sowie
• die Verschiebung der Kältebereitstellung in die Nachtstunden und
• die Nutzung von freier Kühlung.

Während die Reduktion des Volumenstroms und die hierfür erforderlichen Anpassun-
gen der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (MSR-Technik) beherrschte Methoden
darstellen, gibt es für die Integration und das Betriebskonzept des Kältespeichers sowie
der freien Kühlung keine Standardlösungen. Das Effizienzpotenzial dieser Maßnahmen
hängt in hohem Maße von Rahmenbedingungen ab, die für jedes Kältesystem individuell
betrachtet werden müssen. Zu diesen zählen unter anderem die Betriebsdynamik der
Kältemaschine und der angebundenen Verbraucher, die Kaltwassertemperaturen, der
saisonale Kälteenergiebedarf sowie die Rückkühlertechnologie und die Witterungsbe-
dingungen.

Aufgrund der Individualität von Kältesystemen und den komplexen Wirkzusammen-


hängen zwischen Kälteerzeugern und -verbrauchern existieren keine Planungshilfen,
um den Einsatz eines Kältespeichers zu definieren. Im Rahmen dieser Arbeit wird daher
ein Simulationswerkzeug entwickelt, welches eine Untersuchung dieser Konzepte für
das vorhandene System erlaubt und das zu erwartende Effizienzpotenzial möglichst
genau abbildet. Hierfür werden die einzelnen Komponenten des Kältesystems model-
liert und in eine übergeordnete Systemsimulation integriert. Bei der Entwicklung der
Modelle werden Schwerpunkte auf den Kältespeicher sowie die Rückkühlwerke gelegt.
Diese beiden Komponenten erfahren aufgrund der Außenaufstellung einen hohen Ein-
fluss durch das Wetter. Das Ziel der Modellierung stellt daher eine möglichst genaue
Abbildung der Anlageneffizienz bei variierenden Witterungsbedingungen dar. Eine be-
sondere Bedeutung besitzt hierbei das Rückkühlermodell, welches sowohl für die Simu-
lation der freien Kühlung als auch für die Kühlung der Kältemaschine benötigt wird.
Wärmeübertragungsprozesse in Rückkühlern mit Verdunstungskühlung können auf-

69
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems

grund der Stofftransportabhängigkeit sehr komplex sein239. In dieser Arbeit wird daher
ein Modell entwickelt, welches den Energietransport im Rückkühler ausreichend genau
beschreibt und sich ebenso für die Simulation von Energiesystemen über längere Be-
trachtungsintervalle eignet. Die Idee einer Simulation zur Untersuchung des Einsparpo-
tenzials eines betrachteten Energiesystems ist grundsätzlich nicht neu240,241,242. In dieser
Arbeit werden jedoch neue Modelle entwickelt, die auf Basis eines umfangreichen Moni-
toringsystems angepasst und validiert werden können. Dieser Ansatz ermöglicht eine
genaue Darstellung des vorliegenden Kältesystems und eine hohe Praxisrelevanz der
erhaltenen Simulationsergebnisse. Die modellierten Komponenten werden anschlie-
ßend auf einer virtuellen Systemebene zusammengeführt.

Als zweite Zielstellung werden Betriebsalgorithmen entwickelt, welche das Zusammen-


spiel der einzelnen Komponenten steuern. Hierfür wird ein heuristischer Ansatz ver-
folgt, welcher im Gegensatz zu vergleichbaren Ansätzen dieser Art durch eine umfang-
reiche Datenbasis und eine möglichst genaue Anlagenmodellierung präzise Vorhersagen
bezüglich des berechneten Einsparpotenzials liefert. Zusammen mit einer breiten Varia-
tion des Parameterraums der Systemrandbedingungen sollen auch große Zeiträume mit
dem entwickelten Simulationswerkzeug abgebildet werden. Da die Betriebsstrategie
einen erheblichen Einfluss auf die Systemeffizienz ausübt, liegt ein Schwerpunkt auf der
Entwicklung von Algorithmen, welche auf eine möglichst hohe Leistungszahl des gesam-
ten Kältesystems ausgerichtet sind. Eine wichtige Rahmenbedingung stellt dabei der
Anspruch übertragbarer Algorithmen dar, die sich in ihrer Struktur grundsätzlich auf
der Steuerungsinfrastruktur einer realen Anlage implementieren lassen. Dies kann z. B.
ein kommerzielles Gebäudeleitsystem oder eine speicher-programmierbare Steuerung
(SPS) sein.

Parallel zur Systemsimulation werden die unter Abschnitt 4.2 beschriebenen Effizienz-
maßnahmen im Kältesystem umgesetzt. Die Auswirkungen auf den Betrieb der Kompo-
nenten können über das Monitoring analysiert und zur Adaption der Simulationsmodel-
le sowie der Betriebsalgorithmen herangezogen werden. Als übergeordnetes Ziel dieser
Arbeit sollen im Anschluss an diese Untersuchungen Demonstratoren für den Kältespei-
cher und die freie Kühlung aufgebaut werden, welche eine Gegenüberstellung aller Effi-
zienzmaßnahmen und eine Validierung der entwickelten Modelle erlauben.

239 vgl. Polifke (2009) S.399


240 vgl. DeForest (2013) S.2
241 vgl. Celador (2011) S.3019
242 vgl. Franke (1997) S.171

70
5. MODELLBILDUNG DER BETRACHTETEN
KOMPONENTEN
Für die Vorhersage des Potenzials aufwändiger Effizienzmaßnahmen in Kältesystemen
wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Simulationswerkzeug entwickelt. Die Simulation
ermöglicht eine nicht-invasive Untersuchung von Optimierungspotenzialen einer Kälte-
infrastruktur. Dies ist insbesondere bei der Planung von Betriebsstrategien wichtig, da
ungünstige Nutzungskonzepte oder eine Fehldimensionierung von Komponenten die
Effizienz der Kälteversorgung kompromittieren können.

Im Abschnitt 5.1 wird die Ablaufstruktur der Simulation beschrieben. Diese legt die Rei-
henfolge des Aufrufs der unterschiedlichen Modelle und Funktionen der Simulations-
umgebung fest und definiert den Informationsfluss. Neben der Ablaufstruktur werden
auch die Eingangsdaten der Simulation vorgestellt, welche notwendige Parameter der
Anlagen und Randbedingungen des Kältesystems umfassen. In den Abschnitten 5.2 bis
5.5 werden die Modelle der Einzelkomponenten beschrieben. Zu diesen gehören die
Kältemaschine, der Kaltwasserspeicher, die Kühltürme und die Förderaggregate des
vorliegenden Referenzsystems. Im Fall des Kältespeichers und des Kühlturms schließt
sich jeweils eine Validierung des Modells an, da diese Komponenten für die vorgestellten
Konzepte eine zentrale Bedeutung besitzen. Die Modelle liefern zunächst nur eine Re-
präsentation des Verhaltens der jeweiligen Anlagen, daher wird eine Betriebsstrategie
benötigt, welche die Art und den Umfang des Einsatzes der einzelnen Komponenten in
Abhängigkeit verschiedener Randbedingungen des Kältesystems umsetzt. Abschnitt 5.6
enthält eine Beschreibung des Aufbaus und der grundlegenden Funktionalitäten der in
dieser Arbeit verwendeten Betriebsstrategie.

5.1 Ablaufstruktur der Simulation


Als Grundlage für die Modellbildung wird ein energetischer Ansatz verwendet. Die Be-
wertung unterschiedlicher Systemkonzepte erfolgt auf Basis der gelieferten Kälteleis-
tungen und aufgenommenen elektrischen Energien unter Berücksichtigung der Kosten
für Betriebsmittel. Abbildung 32 stellt die übergeordnete Simulationsablaufstruktur dar.
Als Eingangsdaten für die Simulation dienen die Messwerte aus dem vorhandenen Ener-
gie-Monitoringsystem. Relevant ist dabei insbesondere die gemessene Kältelast 𝑄̇𝐾 , wel-
che das historische Nutzerverhalten enthält und von allen Komponenten bedient wer-
den muss. Die Wetterdaten setzen sich aus der Lufttemperatur 𝑇𝑈 , der Luftfeuchte 𝜑 und
dem Luftdruck zusammen. Weitere Eingänge bilden ein Vektor mit Prognoseda-
ten 𝜈𝑃𝑟𝑜𝑔 sowie ein Vektor mit dem Fahrplan 𝜈𝐹𝑃 für die Nutzung des Kältespeichers,
welche unter Abschnitt 5.6 beschrieben werden. Die betrachteten Anlagen umfassen die
Kältemaschine, den Kältespeicher und die freie Kühlung mit den beteiligten Förderag-
gregaten.

71
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Eingangsdaten Betriebsstrategie Komponentenmodelle Ausgabe


𝑇𝑈 , 𝜑, 𝑧
Wetterdaten Systemzustand Kosten
𝑄̇
Kältelast 𝑃𝑒𝑙,𝑧
𝜈𝑃𝑟𝑜𝑔 𝑄̇𝐹𝐾,𝑆𝑜𝑙𝑙 Leistungsaufnahmen
Prognosen Freie Kühlung
𝜈𝐹𝑃
Fahrplan 𝑄̇𝐾𝑀,𝑆𝑜𝑙𝑙 Systemzustand
Kältemaschine 𝑄̇𝐾,𝑧
Kälteleistungen
𝑄̇𝑆𝑃,𝑆𝑜𝑙𝑙
Kältespeicher
Speicherladezustand
𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓 , 𝜈𝑆𝑃

KM = Kältemaschine FK = Freie Kühlung SP = Kältespeicher


Abbildung 32: Schaubild der übergeordneten Simulationsablaufstruktur

Die übergeordnete Simulationsablaufstruktur lässt sich grob in vier Teile gliedern: Im


ersten Block werden die Eingangsdaten eingelesen und an den zweiten Block mit der
Betriebsstrategie übergeben. Dieser verarbeitet die Informationen aus dem Kältesystem
und legt die Kälteleistungen der zur Verfügung stehenden Kälteversorger fest (siehe
Abschnitt 5.6). Die Sollwerte 𝑄̇𝑧,𝑆𝑜𝑙𝑙 der einzelnen Komponenten werden zusammen
mit dem Zustand an den Block mit den Komponentenmodellen übergeben. In diesem
werden die Simulationsmodelle der einzelnen Komponenten aufgerufen und die Kälte-
leistungen 𝑄̇𝐾,𝑧 , die elektrischen Leistungsaufnahmen 𝑃𝑒𝑙,𝑧 sowie die Kosten 𝑧 für Be-
triebsmittel berechnet. Durch thermische Verluste im Kältespeicher kann die Kälteleis-
tung des Speichers von dem geforderten Sollwert abweichen. Um diese Differenz zu
quantifizieren und die Soll-Leistung im nächsten Zeitschritt anzupassen, wird eine Vari-
able 𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓 definiert, welche an den Block mit der Betriebsstrategie zurückgeführt wird
(siehe Abschnitt 5.4.1). Dabei wird auch ein Vektor 𝜈𝑆𝑃 zurückgeführt, welcher Daten
über den Zustand des Kältespeichers enthält. Zu diesen Daten gehören u. a. der Ladezu-
stand SOC (engl. „state of charge“) des Kältespeichers sowie die Temperaturvertei-
lung 𝑇𝑆𝑃 im Speichertank. Im Ausgabe-Block werden die relevanten Betriebsparameter
auf Plausibilität geprüft, bilanziert und ausgegeben.

Aufgrund der großen Anzahl von Komponenten in Kälteversorgungssystemen wird ein


hohes Abstraktionslevel angestrebt. Die Genauigkeit der Modelle soll dabei jedoch nicht
kompromittiert werden. Hierfür hat sich eine Beschränkung der Modellierung auf die
zentralen Komponenten der Kälteerzeugung als geeignet erwiesen. Neben den auf Ab-
bildung 32 genannten Anlagen werden die Kaltwasserpumpen für die Kältemaschine
und die freie Kühlung sowie das Rückkühlwerk mit den Pumpen für das Kühlmedium
und die Speicherpumpe modelliert. Das Modell für die freie Kühlung wird aus dem Mo-
dell für den Hybridkühlturm des Sekundärkältesystems abgeleitet (siehe Abschnitt 5.3).
Die Komponenten werden auf Basis der zu- und abgeführten Energieströme auf der Sys-
temebene verknüpft. Relevante Parameter, wie z. B. die Temperaturen des Kaltwasser-
und Rückkühlkreislaufs, werden innerhalb der einzelnen Modelle berücksichtigt, aber
nicht auf der Systemebene ausgetauscht. Diese Vereinfachung kann getroffen werden, da
die Temperaturen der beteiligten Medienströme im Referenzsystem auf Sollwerte ein-

72
5.1 Ablaufstruktur der Simulation

gestellt sind. Abbildung 33 zeigt das Aufrufschema der Anlagen im Block „Komponen-
tenmodelle“ nach Abbildung 32.

Betriebsstrategie Komponentenmodelle Gruppierung


Soll-Leistungen Freie Kühlung
𝑄̇𝐹𝐾,𝑆𝑜𝑙𝑙 𝑄̇𝐹𝐾 𝑃𝑒𝑙,𝑃 𝐾 𝑧
Freie Kühlung Kälteleistung Pumpen
𝑃𝑒𝑙,𝐹𝐾
Wetterdaten 𝑇𝑈 , 𝜑, Leistungsaufnahme
𝑉̇𝑊
Rückkühlwerk
Kältemaschine 𝑃𝑒𝑙,𝑅𝐾𝑊 𝑃𝑒𝑙,𝑧
Leistungsaufnahme
𝑄̇𝐾𝑀,𝑆𝑜𝑙𝑙
Kältemaschine 𝑄̇𝐾𝑀
Kälteleistung
𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀
Leistungsaufnahme
𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀
Pumpen
Kältespeicher
𝑄̇𝑆𝑃 𝑃𝑒𝑙,𝑃
𝑄̇𝑆𝑃,𝑆𝑜𝑙𝑙 Kälteleistung Speicherpumpe
Kältespeicher
𝑄̇𝐾,𝑧
𝑆
Ladezustand 𝜈𝑆𝑃
𝑇𝑆𝑃
Speichertemperatur
𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓 𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓 , 𝜈𝑆𝑃
Zustand Leistungsdifferenz

Abbildung 33: Aufruf der Einzelmodelle im Block „Komponentenmodelle“

Neben den Technologien der vorgestellten Komponenten trägt auch die Betriebsstrate-
gie einen wesentlichen Anteil zur Optimierung des Kältesystems bei. Während ein Kälte-
system mit einer einzelnen Kältemaschine keine Freiheitsgrade besitzt, müssen bei Ein-
satz multipler Kälteversorger oder eines Kältespeichers Betriebsanweisungen und Prio-
ritäten definiert werden. Die Nutzung der Komponenten wird hierfür in Abhängigkeit
von zahlreichen Randbedingungen vorgeben. Solche Randbedingungen können z. B. der
Kältebedarf, die Witterungsbedingungen oder auch die Leistungszahl-Kennlinien von
Einzelkomponenten darstellen. Das Ziel der Betriebsstrategie ist es, einen möglichst
effizienten Anlagenbetrieb auf Basis der verfügbaren Informationen aus dem Kältesys-
tem zu gewährleisten. Tabelle 4 gibt eine Zusammenfassung aller Eingangsparameter
und relevanter Randbedingungen für die Simulation des Kältesystems.

Im vorliegenden Fall wird die Betriebsstrategie mit Hilfe einer Zustandsmaschine reali-
siert. Die Entscheidung für die Zustandsmaschine wurde vor dem Hintergrund der Um-
setzbarkeit auf der Steuerung des Kältespeichers getroffen, da sich Software auf dieser
Basis üblicherweise gut auf einer zeitdiskreten Steuerung (z. B. SPS) implementieren
lässt. Der Betrieb des Speichers basiert auf einem Fahrplan, welcher für jeden Tag im
Voraus erstellt wird. Dies erfolgt durch eine dedizierte Funktion, welche die Zeiträume
der Speichernutzung sowie die Beladeleistung des Speichers in Abhängigkeit der Kälte-
last- und Umgebungstemperaturprognose sowie des Ladezustands der vorangegange-
nen Betriebsperiode festlegt. Der Fahrplan orientiert sich dabei am Prinzip der vollen
Deckung des Kältebedarfs durch den Kältespeicher (siehe Abbildung 16). Bei diesem
wird die Kältemaschine während der Speicherentladung abgeschaltet, um eine mög-
lichst hohe Senkung der Betriebskosten zu erreichen. Die Kältenutzer werden während

73
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

dieser Zeit vollständig durch den Kältespeicher versorgt, eine Vorgabe der Entladeleis-
tung des Speichers durch den Fahrplan ist somit nicht notwendig.

Tabelle 4: Eingangsparameter für die Simulation des Kältesystems

Eingangsgröße Einheit
Gemessene Kälteleistung 𝑄̇𝐾 kW
Umgebungstemperatur TU °C
Relative Feuchte der Umgebungsluft 𝜑 %
Druck der Umgebungsluft p Pa
Temperaturen Kühlmittelvor- und -rücklauf für reguläre Rückkühlung und
°C
für freie Kühlung 𝑇𝑊𝐺,𝑉𝐿 , 𝑇𝑊𝐺,𝑅𝐿
Volumenströme Kaltwasser und Kühlmittel (Wasser-Glykol) 𝑉𝐾𝑎̇ , 𝑉𝑊𝐺
̇ m³/h
Luftmassenströme Rückkühler 𝑚̇𝑆𝑡𝑢𝑓𝑒 kg/s
Starttemperaturverteilung Kältespeicher 𝑇0,𝑆𝑃 °C
Tankvolumen Kältespeicher V m³
Sollwerte Kaltwasservorlauf- und Kaltwasserrücklauftemperatur 𝑇𝑉𝐿 , 𝑇𝑅𝐿 °C
Elektrische Nennleistungen der Förderaggregate und der Peripherie 𝑃𝑒𝑙,𝑧 kW
Temperaturabhängige Stoffwerte (Wasser, Luft, Wasser-Glykol, Baumaterialien) divers
Geometrische Abmessungen (Rückkühler, Kältespeicher) divers
Sonstige Anlagendaten (z. B. Kältemaschine, Pumpen, etc.) divers
Elektrische Energiekosten 𝑒𝑙 €/(kW h)
Kosten aufbereitetes Wasser 𝑊 €/m³

5.2 Simulation der Kältemaschine


Das Verhalten der Kältemaschine wird mit Hilfe von Messdaten aus dem Energie-
Monitoringsystem des Institutes abgebildet. Hierfür wird die Kälteleistung mit der
elektrischen Leistungsaufnahme der Maschine korreliert, um die Leistungszahl-
Kennlinie zu erhalten. Diese lässt sich nach Abbildung 13 gut mit einem Polynom zwei-
ten Grades nachbilden und als energetisches Modell für die Kältemaschine einsetzen.
Abbildung 34 zeigt die gemessenen Leistungszahlen der betrachteten Kältemaschinen
über den gesamten Lastbereich des Jahres 2014. Mit Hilfe der auf angegebenen Poly-
nomfunktion
2
𝑄̇ 𝑄̇
𝐿 𝐾𝑀 = − ,8 ∙ 0−5 ∙ (kW
𝐾
) + 0,0 𝐾
∙ kW − 0,0

lässt sich die Leistungszahl 𝐿 𝐾𝑀 der Kältemaschine bei einer geforderten Kältelast 𝑄̇𝐾
berechnen. Die elektrische Leistungsaufnahme wird aus dem Verhältnis der Kältelast
und der Leistungszahl nach Gleichung 23 erhalten.

74
5.2 Simulation der Kältemaschine

Ausgleichsfunktion der Kältemaschine


5
Ausgleichsfunktion
Messwerte
4
Leistungszahl

y = - 4,8e-05*x2 + 0,027*x - 0,034


50 75 100 125 150 175 200 225 250
Kältelast in kW
Abbildung 34: Leistungszahl-Kennlinie der Kältemaschine für das Jahr 2014

Obwohl die Leistungszahl der Kältemaschine nach Abschnitt 3.2 von zahlreichen Sys-
temparametern abhängt, liefert die vorgestellte Methode üblicherweise eine gute Über-
einstimmung mit den Messergebnissen. Als Voraussetzung für diesen Ansatz müssen die
Verdampfungs- und die Kondensationstemperatur der Kältemaschine konstant bleiben,
da diese nach Abschnitt 3.2 einen signifikanten Einfluss auf die Effizienz der Kältema-
schine besitzen. Dies bestätigt sich durch einen Vergleich der Leistungszahl-Kennlinien
auf den Abbildungen 34 und 13: Beiden Diagrammen liegen Messdaten derselben Kälte-
maschine zugrunde, die Leistungszahlen unterscheiden sich jedoch, da die Effizienz der
Kältemaschine durch Erhöhung der Verdampfungstemperatur angehoben wurde. Die
Verdampfungs- und Kondensationstemperaturen von Kältesystemen bleiben in der Re-
gel annähernd konstant, da die Vorlauftemperaturen des Kaltwasser- und Kühlwasser-
kreislaufs auf einen Festwert eingestellt werden. Liegen dagegen gleitende Temperatu-
ren im Kaltwasser- und Rückkühlkreis vor, können diese mit einer biquadratischen Aus-
gleichsfunktion berücksichtigt werden243. Diese Vorgehensweise widerspricht jedoch
dem hier gewählten Simulationsansatz, welcher das Kältesystem abstrahiert und mög-
lichst wenige Eingangsparameter benötigt. Die Notwendigkeit der Verwendung gemes-
sener Temperaturverläufe des Kühlmediums und des Kaltwasserkreislaufs würde die
Übertragbarkeit des Ansatzes reduzieren, da die Temperaturverläufe der Kälteträger-
medien nicht wie Standardlastgänge angenommen werden können, sondern an ein spe-
zifisches Lastprofil in einem individuellen Kältesystem gebunden sind. Der Vorteil der
hier vorgestellten Methodik liegt darin, dass die Kältemaschine unabhängig von der To-
pologie des Kältemittelkreislaufs und der Technologie des Verdichters nachgebildet
werden kann. Für eine ausreichend genaue Abbildung ist ein Datensatz mit Messdaten
der Kältelast in Minuten-Auflösung über einen Zeitraum von wenigen Wochen ausrei-
chend.

243 vgl. Jaramillo (2014) S.4

75
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

5.3 Simulation der Rückkühlwerke


Im Rahmen der Kühlung des Kältemaschinen-Kondensators muss der Rückkühler
schwankende Witterungsbedingungen kompensieren. Dabei sind vor allem die Tempe-
ratur sowie die relative Luftfeuchtigkeit der umgebenden Luft relevant. Für die Simula-
tion des betrachteten Kältesystems wird ein Modell benötigt, welches die elektrische
Leistungsaufnahme der Kühltürme in Abhängigkeit dieser Parameter beschreibt. Die
Hybridkühltürme des Referenzsystems bestehen nach Abbildung 10 im Wesentlichen
aus je einem Rohrbündel-Wärmeübertrager, welcher die Abwärme der Kältemaschine
an den durchtretenden Luftstrom abgibt. Da die Anordnung der Einzelrohre den Wär-
meübertragungsprozess auf komplexe Weise beeinflusst, sind klassische numerische
Methoden zur Beschreibung des Wärmetransportes bei einer Rohrströmung (wie z. B.
die Konvektions-Diffusions-Gleichung) mit einem hohen Aufwand verbunden. Daneben
nimmt die feuchte Rückkühlung einen großen Anteil der Kühlaufgabe ein. Bei dieser
wird der Wärmeübertragungsprozess zwischen Luft und Kühlmedium zusätzlich durch
Stoffübergangsprozesse auf den wärmeübertragenden Oberflächen bei erzwungener
Konvektion beeinflusst. Aktuelle Literaturquellen halten eine geschlossene Abbildung
dieser Vorgänge nicht für möglich244, da die physikalischen Phänomene noch nicht aus-
reichend erforscht sind245. Beispiele hierfür stellen die komplexe Überlagerung von
Tropfenspektren der einzelnen Sprühdüsen sowie Stoffübergangsvorgänge an den ex-
ponierten Oberflächen des Kühlturms dar. In der Praxis werden daher sogenannte Be-
feuchtungskennlinien von Rückkühlern aufgenommen, welche für einzelne Anlagen
aufwändig experimentell ermittelt werden müssen246. Solche Befeuchtungskennlinien
liegen üblicherweise nur den Herstellern der Anlagen vor und stehen auch für die vor-
handene Anlage am IISB nicht zur Verfügung. Dies stellt ein Problem für Betreiber dar,
welche an einer Nutzungsänderung des Rückkühlers, z. B. im Rahmen von freier Küh-
lung oder einer Absenkung der Kondensationstemperatur der Kältemaschine, interes-
siert sind. Aus den genannten Gründen wird im Rahmen dieser Arbeit ein Modell erar-
beitet, welches das Verhalten eines Rückkühlers in Abhängigkeit von dimensionslosen
Kennzahlen beschreibt. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Modellierung
der feuchten Rückkühlung dar, für die ein neuer Ansatz entwickelt wird.

5.3.1 Trockene Rückkühlung bei erzwungener Konvektion


Die Kühlung mit Zwangsbelüftung stellt den Standard-Betriebsfall eines Kühlturms dar.
Für diesen wird ein Modell abgeleitet, welches die maximale Rückkühlleistung 𝑄̇𝑅𝐾 in
Abhängigkeit der Außentemperatur 𝑇𝐿,𝐸 und des Luftmassenstroms 𝑚̇𝐿 ausgibt. Das Mo-
dell beruht auf der Beschreibung des Wärmedurchgangs vom wärmeren Kühlmedium
auf die kühlere Luft über die Rohrwand des Wärmeübertragers analog zu Abbildung 5.
Dabei werden die temperaturabhängigen Wärmeübertragungskoeffizienten 𝛼𝑖𝑛 und 𝛼𝑎𝑢
auf der Innen- und Außenseite des Wärmeübertragers benötigt, um den Wärmedurch-
gangskoeffizienten 𝑘 zu bestimmen (siehe Gleichung 15). Letzterer bildet zusammen mit

244 vgl. Handschuh (2013) S.369


245 vgl. Baehr (2013) S.524ff
246 vgl. Zeller (2006) S.Mk5f

76
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

den Wärmeübertragungsflächen der Koeffizienten sowie der mittleren, logarithmischen


Temperaturdifferenz des Wärmeübertragers (siehe Gleichung 20) die Grundlage für
eine Berechnung der trockenen Rückkühlleistung 𝑄̇𝑅𝐾 . Die folgende Herleitung der Mo-
dellgleichungen für das Rückkühlwerk bezieht sich auf einen Hybridkühlturm nach Ab-
bildung 10. Bei der trockenen Rückkühlung ist die Sprühpumpe nicht aktiv, es treten
daher keine Verdunstungsprozesse auf.

Die Berechnung der beiden Wärmeübergangskoeffizienten 𝛼𝑖𝑛 und 𝛼𝑎𝑢 erfolgt auf Basis
empirischer Modelle. Hierfür wird die Wärmeübertragungsproblematik mit Hilfe der
Nußelt-Zahl, der Reynolds-Zahl sowie der Prandtl-Zahl beschrieben. Letztere stellt eine
temperaturabhängige Stoffgröße dar, welche aus Literaturangaben interpoliert wird. Die
Reynolds-Zahl muss dagegen in Abhängigkeit der Strömungsgeometrie und der Strö-
mungsgeschwindigkeit berechnet werden (siehe Gleichung 16). Dabei hängt die Strö-
mungsform maßgeblich von den Massenströmen 𝑚̇𝐿 und 𝑚̇𝑊𝐺 der beiden Medien ab.
Diese wurden messtechnisch oder auf Basis der Datenblätter des Rückkühlers sowie der
Pumpen für den Wasser-Glykol-Kreislauf bestimmt (siehe Anhang B.1). Da die Geomet-
rien und Medienströme innerhalb und außerhalb des Wärmeübertragers unterschied-
lich sind, wird das Berechnungsverfahren für beide Seiten durchgeführt. Die Abkürzung
𝑊𝐺 wird im Folgenden für das Wasser-Glykol-Gemisch im Inneren der Rohrleitungen
verwendet, während 𝐿 den Luftstrom auf der Rohraußenseite bezeichnet. Für das Ver-
fahren werden außerdem temperaturabhängige Stoffwerte für Luft, Wasser und Wasser-
Glykol benötigt, welche aus Nachschlagetabellen247,248,249 interpoliert werden. Bei Stoff-
werten, welche für die Berechnung der Wärmeübergangskoeffizienten und des Wärme-
durchgangskoeffizienten benötigt werden, wird dabei stets der arithmetische Mittelwert
der Temperaturen am Eintritt und Austritt des Wärmeübertragers herangezogen. Zu
den hier verwendeten, temperaturabhängigen Stoffgrößen gehören die kinematische
Viskosität, die Dichte, die Prandtl-Zahl, der Wärmeleitkoeffizient sowie die Wärmekapa-
zität. Daneben werden zahlreiche Abmessungen des Rückkühlers benötigt, welche im
Anhang B.1 zusammengefasst sind.

Bestimmung des Wärmeübergangskoeffizienten auf der Rohrinnenseite


Zur Berechnung der Reynolds-Zahl 𝑅𝑒𝑊𝐺 in den Glattrohren mit dem Innendurchmes-
ser 𝑑𝑖𝑛 wird die kinematische Viskosität 𝜈𝑊𝐺 sowie die Strömungsgeschwindigkeit 𝑤 des
Wasser-Glykol-Gemisches benötigt. Die Strömungsgeschwindigkeit berechnet sich aus
dem Massenstrom 𝑚̇𝑊𝐺 und der Dichte 𝜚𝑊𝐺 des Kühlmediums sowie der Querschnitts-
fläche 𝐴𝑅 der Rohre nach Gleichung 37.
𝑤∙𝑑𝑖𝑛 𝑚̇𝑊𝐺 ∙𝑑𝑖𝑛
𝑅𝑒𝑊𝐺 = 𝜈𝑊𝐺
=𝜈 37
𝑊𝐺 ∙ 𝜚𝑊𝐺 ∙𝐴𝑅

247 vgl. Span (2006) Dbb2


248 vgl. Kühlsole (2016) S.4
249 vgl. Wagner (2006) S.Dba1ff

77
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

In den Rohren des Wärmeübertragers ist die Strömungsgeschwindigkeit stets so hoch,


dass nach Gleichung 16 eine turbulente Strömung mit 𝑅𝑒 ≥ 04 vorliegt. Die Nußelt-Zahl
berechnet sich in diesem Fall in zwei Schritten.250
𝜉 2⁄3
∙𝑅𝑒𝑊𝐺 ∙𝑃𝑟𝑊𝐺 𝑑𝑖𝑛
8
𝑁𝑢𝑚,𝑡𝑢𝑟𝑏 =
𝜉
∙ [ + (𝐿 ) ] 38
2⁄3 𝑅𝑜ℎ𝑟
1+12,7∙√ ∙(𝑃𝑟𝑊𝐺 −1)
8

mit 𝜉 = ( ,8 ∙ log𝑅𝑒𝑊𝐺 − ,5)−2 Druckverlustbeiwert


𝐿𝑅𝑜ℎ𝑟𝑏ü𝑛𝑑𝑒𝑙
𝐿𝑅𝑜ℎ𝑟 = Länge der n-Einzelrohre
𝑛

Dabei bezeichnet 𝐿𝑅𝑜ℎ𝑟𝑏ü𝑛𝑑𝑒𝑙 die kumulierte Gesamtlänge aller Glattrohre des Wärme-
übertragers. Bei Flüssigkeiten wird die Richtung des Wärmestroms (Heizen oder Küh-
len) über das Verhältnis der Prandtl-Zahlen der Strömung im Volumen 𝑃𝑟𝑊𝐺,𝑏 und in
Wandnähe 𝑃𝑟𝑊𝐺,𝑤 beschrieben. Durch diese Korrektur wird der Einfluss temperaturab-
hängiger Stoffwerte auf die Wärmeübertragung berücksichtigt.251
0,11
𝑃𝑟
𝑁𝑢 = 𝑁𝑢𝑚,𝑡𝑢𝑟𝑏 ∙ (𝑃𝑟 𝑊𝐺,𝑏 ) 39
𝑊𝐺,𝑤

Im vorliegenden Fall ist der Volumenstrom des Kühlmediums in den Glattrohrbündeln


verhältnismäßig hoch. Dies verursacht eine sehr geringe Differenz von einem Grad Cel-
sius zwischen der Eintritts- und Austrittstemperatur des Wasser-Glykol-Gemisches am
Wärmeübertrager. Aufgrund der geringen Temperaturdifferenz über den Wärmeüber-
trager ist auch eine geringe Temperaturdifferenz der Strömung im Kern im Vergleich
zur Strömung nahe der Wand zu erwarten. Die Prandtl-Zahlen 𝑃𝑟𝑊𝐺,𝑏 und 𝑃𝑟𝑊𝐺,𝑤 sind
daher nahezu identisch, weshalb die Korrektur nach Gleichung 39 im vorliegenden Fall
vernachlässigt werden kann.

Mit Kenntnis der Nußelt-Zahl lässt sich der Wärmeübergangskoeffizient 𝛼𝑖𝑛 auf der In-
nenseite des kühlmittelführenden Glattrohres nach Gleichung 17 berechnen. Als charak-
teristische Länge 𝐿 wird der Innendurchmesser 𝑑𝑖𝑛 des Rohres eingesetzt. Das vorge-
stellte Verfahren besitzt Gültigkeit für Reynolds-Zahlen zwischen 04 ≤ 𝑅𝑒 ≤ 06 und
Prandtl-Zahlen zwischen 0, ≤ 𝑃𝑟𝑊𝐺 ≤ 000.252

Bestimmung des Wärmeübergangskoeffizienten auf der Rohraußenseite


Für die Berechnung des Wärmeübergangskoeffizienten auf der Außenseite des Glatt-
rohrbündels wird erneut die Nußelt-Zahl verwendet. Diese setzt sich aus mehreren Teil-
komponenten zusammen, um die technische Anforderung eines querangeströmten
Rohrbündels ausreichend genau abzubilden. Zunächst wird die Nußelt-Zahl 𝑁𝑢1, einer
querangeströmten Einzelrohrreihe nach Gleichung 40 berechnet.253

250 vgl. Gnielinski (2006b) S.Ga5


251 vgl. Gnielinski (2006b) S.Ga8
252 vgl. Gnielinski (2006b) S.Ga5
253 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg1

78
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

2 2
𝑁𝑢1, = 0, + √𝑁𝑢1,𝑙𝑎𝑚 + 𝑁𝑢1,𝑡𝑢𝑟𝑏 40

Hierfür werden der laminare und der turbulente Anteil der Nußelt-Zahl benötigt, welche
folgendermaßen definiert sind.254

𝑁𝑢1,𝑙𝑎𝑚 = 0,66 ∙ √𝑅𝑒𝛹 ∙ 3√𝑃𝑟𝐿 41


0,8
0,037∙𝑅𝑒𝛹 ∙𝑃𝑟𝐿
𝑁𝑢1,𝑡𝑢𝑟𝑏 = −0,1 2⁄3 42
1+2,443∙𝑅𝑒𝛹 ∙(𝑃𝑟𝐿 −1)

Die oben eingesetzte Reynolds-Zahl 𝑅𝑒𝛹 berücksichtigt die Strömungsform im Hohl-


raum einer Rohrreihe. Für ihre Berechnung wird die Überstromlänge 𝐿Ü mit dem Au-
ßendurchmesser 𝑑𝑎𝑢 eines Rohres als charakteristische Länge eingesetzt. Die Strö-
mungsgeschwindigkeit 𝑤𝐿 der eintretenden Luft mit der kinematischen Viskosität 𝜈𝐿
bezieht sich auf den freien Querschnitt vor dem Rohrbündel.255
𝑤𝐿 ∙𝐿Ü
𝑅𝑒𝛹 =
𝛹∙𝜈𝐿
43
𝜋
mit 𝐿Ü = 2 ∙ 𝑑𝑎𝑢 Überstromlänge

Der Hohlraumanteil 𝛹 wird mit Hilfe des Querteilungsverhältnisses und des Längstei-
lungsverhältnisses 𝑏 der Rohrbündel berechnet. Hierfür wird der vertikale Abstand 𝑣𝑡
sowie der horizontale Abstand ℎ𝑟 der Einzelrohr-Mittelpunkte im Rohrbündel benö-
tigt.256
𝜋
𝛹= − 4∙𝑎 für 𝑏≥ 44
𝜋
𝛹= − 4∙𝑎∙𝑏 für 𝑏< 45
𝑠
mit = 𝑑ℎ𝑟 Querteilungsverhältnis
𝑎𝑢
𝑠𝑣𝑡
𝑏=𝑑 Längsteilungsverhältnis
𝑎𝑢

Die beiden Teilungsverhältnisse und 𝑏 berücksichtigen den Versatz zwischen einzel-


nen Rohren im Rohrbündel. Abbildung 35 zeigt die sogenannte versetzte Anordnung der
Einzelrohre mit den verwendeten Abmessungen sowie eine Nahaufnahme der versetz-
ten Rohrbündelanordnung des Wärmeübertragers in einem der Kühltürme des Refe-
renzsystems.

254 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg1


255 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg1
256 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg1

79
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

ℎ𝑟 𝑑𝑎𝑢

Rohrbündel

𝑣𝑡

Einzelrohrreihe
𝑤𝐿
Abbildung 35: Darstellung der versetzten Rohrbündelanordnung257 (l.) und Nahaufnahme des
Wärmeübertragers im vorhandenen Rückkühler (r.)258

Bei einem querangeströmten Rohrbündel sind die örtlichen Wärmeübertragungskoeffi-


zienten größer als bei einem Einzelrohr, da die Turbulenz der Strömung höher ist. Um
diesen Einfluss zu berücksichtigen, wird ein Faktor 𝐴 herangezogen, welcher die geo-
metrische Anordnung der Rohre im Rohrbündel in einer Zahl zusammenfasst.259
2
𝐴 = + 3∙𝑏 46

Mit der Kenntnis des Anordnungsfaktors 𝐴 lässt sich aus der Nußelt-Zahl 𝑁𝑢1, einer
querangeströmten Einzelrohrreihe und der Anzahl der Rohrreihen 𝑅𝑟 die Nußelt-
Zahl 𝑁𝑢𝐴,𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 für das gesamte Rohrbündel ableiten.260
1+(𝑛𝑅𝑟 −1)∙𝑓𝐴
𝑁𝑢𝐴,𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 = 𝑛𝑅𝑟
∙ 𝑁𝑢1, 47

Das vorgestellte Verfahren gilt für Reynolds-Zahlen zwischen 0 < 𝑅𝑒𝛹,𝑙 < 06 im Hohl-
raum der Rohrbündel und Prandtl-Zahlen zwischen 0,6 < 𝑃𝑟𝐿 < 000261. Analog zur
Strömung von Flüssigkeiten muss auch bei Gasen die Temperaturabhängigkeit der
Stoffwerte bei der Wärmeübertragung berücksichtigt werden. Da die Prandtl-Zahlen von
Gasen aber nur eine geringe Temperaturabhängigkeit aufweisen262, wird im Gegensatz
zu Gleichung 39 der Quotient der mittleren Temperatur des Luftstroms 𝑇𝐿,𝑏 mit der Luft-
temperatur in Wandnähe 𝑇𝐿,𝑤 verwendet. Die Nußelt-Zahl des Rohrbündels wird an-
schließend mit diesem Faktor korrigiert (siehe Gleichung 48).263
0,121
𝑇
𝑁𝑢𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 = 𝑁𝑢𝐴,𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 ∙ (𝑇 𝐿,𝑏 ) 48
𝐿,𝑤

Für die mittlere Temperatur 𝑇𝐿,𝑏 im Kern des Luftstroms wird der arithmetische Mittel-
wert der Eintritts- und Austrittstemperaturen der Luft am Wärmeübertrager eingesetzt.
Die Temperatur 𝑇𝐿,𝑤 der Luft in Wandnähe wird vereinfachend durch den arithmeti-

257 nach Gnielinski (2006a) S.Gg2


258 vgl. Kropp (2014) S.41
259 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg2
260 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg3
261 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg2
262 vgl. Gnielinski (2006b) S.Ga8
263 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg2f

80
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

schen Mittelwert der Eintritts- und Austrittstemperatur des Kühlmediums angenähert.


Das Einsetzen der Nußelt-Zahl des Rohrbündels 𝑁𝑢𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 in Gleichung 17 ergibt den
Wärmeübergangskoeffizienten 𝛼𝑎𝑢 auf der Außenseite der Glattrohre. Die charakteristi-
sche Strecke 𝐿 wird in diesem Fall durch die Überstromlänge 𝐿Ü repräsentiert (siehe
Gleichung 43)

Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten und der trockenen Kühlleistung


Auf Basis der Nußelt-Zahlen wurden die mittleren Wärmeübergangskoeffizienten 𝛼𝑖𝑛
und 𝛼𝑎𝑢 auf der Innen- und Außenseite der Rohre bestimmt. Mit Kenntnis der Rohrober-
fläche 𝐴𝑅,𝑎𝑢 und der Rohrinnenfläche 𝐴𝑅,𝑖𝑛 sowie der Wandstärke 𝛿𝑊 der Rohre und der
Wärmeleitfähigkeit 𝜆𝑅 des Rohrmaterials wird der Wärmedurchgangskoeffizient 𝑘 nach
Gleichung 15 berechnet. Für die Bezugsfläche der Wärmeleitung durch die Rohrwand
wird das mittlere Flächenmaß 𝐴𝑚 nach Gleichung 8 eingesetzt.

Die Berechnung der trockenen Kühlleistung nach Gleichung 14 erfordert neben dem
Wärmedurchgangskoeffizienten 𝑘 und der Bezugsfläche 𝐴𝑅,𝑎𝑢 noch eine treibende Tem-
peraturdifferenz. Unter Annahme eines reinen Gegenstromprinzips kann hierfür die
mittlere, logarithmische Temperaturdifferenz Δ𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 über den Wärmeübertrager nach
Gleichung 20 eingesetzt werden Die Berechnung der trockenen Kühlleistung erfolgt ent-
sprechend anhand von Gleichung 21.

Bestimmung der Luftaustrittstemperatur


Für die Berechnung der Luftaustrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐴𝑖 wird Gleichung 4 herangezogen.
Hierfür wird die Wärmekapazität 𝑐𝑝,𝑓𝐿 der feuchten Luft benötigt, welche sich nach Glei-
chung 49 aus den Wärmekapazitäten des Wasserdampfs 𝑐𝑝,𝐷 und der trockenen Luft 𝑐𝑝,𝐿
berechnen lässt.

𝑐𝑝,𝑓𝐿 = 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑋 + ( − 𝑋) ∙ 𝑐𝑝,𝐿 49

Der sogenannte Wassergehalt 𝑋 der feuchten Luft ergibt sich aus dem Massenverhältnis
des Wasserdampfs 𝑚𝐷 und der Luft 𝑚𝐿 . Bei Kenntnis des atmosphärischen Drucks
sowie des Teildrucks 𝐷 des Wasserdampfes kann der Wassergehalt auch unter Zuhilfe-
nahme der spezifischen Gaskonstanten der Luft 𝑅𝐿 und des Wasserdampfes 𝑅𝐷 berech-
net werden.264
𝑚𝐷 𝑅 𝑝
𝑋= = 𝑅 𝐿 ∙ 𝑝−𝑝𝐷 50
𝑚𝐿 𝐷 𝐷

mit 𝑅𝐿 = 8 J⁄(kg K) spezifische Gaskonstante für trockene Luft


𝑅𝐷 = 6 J⁄(kg K) spezifische Gaskonstante für Wasserdampf

Der Partialdruck 𝐷 des Wasserdampfes in der Luft wird aus der gemessenen, relativen
Luftfeuchte 𝜑 und dem temperaturabhängigen Sättigungsdampfdruck 𝐷,𝑠 berechnet.265

𝐷 =𝜑∙ 𝐷,𝑠 51

264 vgl. Weigand (2010) S.149


265 vgl. Zeller (2006) S.Mk1

81
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Der Sättigungsdampfdruck wird in Dampftafeln nachgeschlagen266 oder mit Hilfe empi-


rischer Gleichungen berechnet267. Durch die Sättigung der Luft mit Wasserdampf nimmt
die Wärmekapazität der Luft nach Gleichung 49 zu.

Bestimmung der Rückkühlleistung


Das Berechnungsverfahren für die trockene Rückkühlung muss aufgrund der Berück-
sichtigung der temperaturabhängigen Stoffwerte iterativ erfolgen268. Der Ablauf des
Berechnungsprogramms ist auf der Abbildung 36 dargestellt.

Start

Eingabe: TWG,E, TWG,A, TL,E, ṁL, ṁWG, i=1, F, temperaturabhängige


Stoffeigenschaften (Wasser, Wasser-Glykol, Luft), hydraulische
Abmessungen, N, p, jL,E

Schätzen: TL,A (mit T L,E)

ja
i > N?

nein

i=i+1

Berechnung: dimensionslose
Kennzahlen Nu und Re

Berechnung: ain , aau

Berechnung: k, ΔTm,log, QRK


Fehlerausgabe

Berechnung: TL,Ai

|TL,Ai – TL,A| < F TL,A=TL,Ai


nein

ja

Ausgabe: QRK, TL,A=TL,Ai

Ende

Abbildung 36: Programmablaufplan des verwendeten Verfahrens zur Berechnung der trocke-
nen Rückkühlung269

266 vgl. Breidenbach (2012) S.442


267 vgl. Zeller (2006) S.Mk7
268 vgl. Gnielinski (2006a) S.Gg3
269 vgl. Poppe (2006) S.Mj3

82
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

Im ersten Schritt ist eine Schätzung der Luftaustrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐴 aus dem Kühlturm
notwendig. Die Austrittstemperatur 𝑇𝑊𝐺,𝐴 = des Wasser-Glykol-Gemischs aus dem
Rückkühler ist als Sollwert für die Kühlung der Kältemaschine festgelegt und geht als
Eingangsparameter in das Modell ein. Mit Kenntnis der Austrittstemperatur 𝑇𝑊𝐺,𝐴 wird
die Eintrittstemperatur 𝑇𝑊𝐺,𝐸 auf Basis der geforderten Rückkühlleistung der Kältema-
schine anhand von Gleichung 4 und Gleichung 22 berechnet. Auf dieser Basis ist eine
erste Berechnung der verfügbaren Rückkühlleistung 𝑄̇𝑅𝐾 nach dem oben vorgestellten
Verfahren möglich. Dieser Wert stellt zunächst nur eine Abschätzung dar, da alle tempe-
raturabhängigen Stoffwerte mit Hilfe der Schätztemperatur 𝑇𝐿,𝐴 bestimmt wurden. Das
Iterationsverfahren zieht anschließend Gleichung 4 heran, um die Austrittstemperatur
der Luft mit Hilfe der berechneten Rückkühlleistung rückwärts zu bestimmen. Ist der
Betrag der Differenz der geschätzten und berechneten Luftaustrittstemperatur auf Ab-
bildung 36 größer als ein definierter Fehler 𝐹, so wird das Verfahren wiederholt. Durch
wiederholte Rücksubstitution der berechneten Luftaustrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐴𝑖 als Start-
wert des Verfahrens wird der Fehler minimiert und die berechnete Rückkühlleistung
genauer. Das Verfahren ist konvergent und nähert sich der korrekten Luftaustrittstem-
peratur mit jedem Iterationsschritt weiter an. Die übliche Anzahl von Iterationsschritten
liegt zwischen 5 und 20. Bei ungünstigen Parameterkonfigurationen können auch bis zu
hundert Schritte benötigt werden. Liegt nach 𝑁 = 000 Schritten keine Lösung nach
dem Kriterium |𝑇𝐿,𝐴𝑖 − 𝑇𝐿,𝐴 | < 𝐹 vor, so wird das Verfahren abgebrochen und eine Feh-
lermeldung ausgegeben.

Für die Untersuchung des Einflusses der Witterungsbedingungen wird das vorgestellte
Modell bei Umgebungstemperaturen von -15 bis 28 °C sowie relativen Luftfeuchten von
1 bis 100 % simuliert. Die Umgebungstemperatur 𝑇𝑈 entspricht dabei der Lufteintritts-
temperatur 𝑇𝐿,𝐸 des Kühlturms. Der Luftmassenstrom 𝑚̇𝐿 ist für eine gewählte Lüfterstu-
fe konstant und wird für die erste Stufe L1 und die zweite Stufe L2 separat betrachtet.
Der Massenstrom 𝑚̇𝑊𝐺 des Kühlmediums ist aufgrund der ungeregelten Pumpe für den
Rückkühlkreislauf ebenfalls konstant. Die geforderte Temperatur im Vorlauf des Rück-
kühlkreislaufs beträgt im dargestellten Beispiel 32 °C. Das Modell gibt für jede Kombina-
tion von Temperaturen und Luftfeuchten die entsprechende Rückkühlleistung 𝑄̇𝑅𝐾 aus.
Die Abmessungen der wärmeübertragenden Flächen sowie die Materialwerte des Kühl-
turms wurden von den Angaben des Herstellers übernommen. Die Luftströme der ein-
zelnen Lüfterstufen wurden im Bereich der Toleranz der Messdaten variiert und
schließlich als feste Werte eingesetzt. Alle verwendeten Parameter sind im Anhang B.1
zusammengefasst. Abbildung 37 zeigt die berechnete, trockene Rückkühlleistung der
ersten Lüfterstufe (L1). Bei konstanter Temperatur des Kühlmediums und konstantem
Luftmassenstrom hängt die Kühlleistung des Rückkühlers im trockenen Betrieb vor al-
lem von der Umgebungstemperatur ab. Der Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit be-
schränkt sich dabei auf die Wärmekapazität der mit Wasserdampf beladenen Luft. Diese
erhöht die Rückkühlleistung bei einer Luftfeuchte von 100 % um weniger als 0,5 kW
gegenüber einer Luftfeuchte von 1 % (𝑇𝑈 = 8 ) und kann somit vernachlässigt wer-
den. Bei niedrigen Außentemperaturen von -15 °C lassen sich mit der ersten Lüfterstufe

83
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

maximal 400 kW Kühlleistung erbringen. Die Leistung nimmt mit steigender Umge-
bungstemperatur auf 25 kW bei 28 °C ab.
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L1 (trocken)
Maximale Rückkühlleistung in kW

350

400
300

300
250
200

200
100

0 150
0
20
-15 100
40 -10
-5
60 0
5
10 50
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 37: Trockene Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Ab-
hängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit

Höhere Kühlleistungen lassen sich mit der zweiten Lüfterstufe realisieren, welche einen
deutlich größeren Luftmassenstrom erzeugt (siehe Tabelle 1). Abbildung 38 zeigt die
trockene Rückkühlleistung bei Nutzung der zweiten Lüfterstufe (L2) in Abhängigkeit
der Umgebungstemperatur und der relativen Luftfeuchte. Die Luftgeschwindigkeit der
zweiten Lüfterstufe ist etwa zwei Mal höher als jene der Lüfterstufe eins. Das Rückkühl-
werk erbringt daher nahezu die doppelte Rückkühlleistung. Die elektrische Leistungs-
aufnahme des Lüftermotors liegt hierfür jedoch viermal höher als bei Lüfterstufe eins
(siehe Tabelle 1).
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L2 (trocken)

600
Maximale Rückkühlleistung in kW

800 500

600

400
400

200
300

0
0
200
20
-15
40 -10
-5
60 0
5 100
10
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 38: Trockene Rückkühlleistung der zweiten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in
Abhängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit

84
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

Für die Integration des vorgestellten Modells in die Systemsimulation werden den ein-
zelnen Lüfterstufen die messtechnisch ermittelten, elektrischen Leistungsaufnahmen
zugeordnet. Dadurch lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Rückkühlleistung und
dem Energiebedarf des Kühlturms herstellen. Mögliche Faktoren, welche die Genauig-
keit des vorgestellten Modells beeinträchtigen, sind die zugrundeliegenden, empirischen
Gleichungen, die Messgenauigkeit des Luftvolumenstroms durch den Kühlturm sowie
die Messgenauigkeit der elektrischen Leistungsaufnahme des Rückkühlers.

5.3.2 Trockene Rückkühlung bei natürlicher Konvektion


Die Ventilatoren des Rückkühlers prägen dem Luftstrom eine erzwungene Konvektion
auf und gewährleisten somit den Stofftransport durch den Kühlturm. In Abhängigkeit
der Lüfterstufe können sowohl der Massenstrom als auch der Turbulenzgrad auf der
Außenseite des Rohrbündelwärmeübertrages beeinflusst werden. Neben der erzwunge-
nen Konvektion treten aber auch natürliche Konvektionseffekte in Kühltürmen auf. Die-
se Art des Stofftransportes erfolgt ohne aktive Belüftung, indem eine Aufwärmung der
Luft am Wärmeübertrager des Kühlmediums zu einer Abnahme der Luftdichte führt und
somit einen Auftrieb erzeugt. Durch die aufsteigende, warme Luft entsteht ein lokaler
Unterdruck vor dem Wärmeübertrager, welcher weitere Luft aus der Umgebung an-
saugt, während die wärmere Luft den Kühlturm passiert und schließlich durch den Aus-
tritt nach oben verlässt. Kühlanlagen mit reiner natürlicher Konvektion werden übli-
cherweise nur bei sehr großen Leistungen (z. B. Kraftwerke) eingesetzt270. Da sie viel
Raum benötigen um eine ausreichende Kühlwirkung zu erzielen, sind sie in der industri-
ellen Rückkühlung von Kälteanlagen wenig verbreitet. Die Kühlleistung hängt in hohem
Maße von der vorhandenen Wärmeübertragungsfläche sowie der Temperaturdifferenz
zwischen der Umgebungsluft und dem Kühlmedium ab. Da diese Temperaturdifferenz
im Sommer gering ausfällt, wird der natürlichen Konvektion in dieser Jahreszeit keine
besondere Bedeutung zugeordnet. Im Winter und den Übergangszeiten können dagegen
signifikante Temperaturunterschiede auftreten, welche natürliche Ausgleichseffekte
antreiben und einen relevanten Beitrag zur Kühlleistung der Rückkühlanlage leisten
können. Um den Einfluss der natürlichen Konvektion zu berücksichtigen, wird analog zu
den Lüfterstufen eins und zwei die Luftgeschwindigkeit am Eintritt des Rückkühlers
messtechnisch erfasst. Diese hängt theoretisch von der Temperaturdifferenz zwischen
Umgebungsluft und Kühlmedium ab, wird jedoch im vorliegenden Modell vereinfachend
durch einen über mehrere Versuche gemittelten Messwert der Luftgeschwindigkeit er-
setzt (siehe Anhang B.1).

Das oben vorgestellte Verfahren zur iterativen Berechnung der trockenen Kühlleistung
anhand der Luftaustrittstemperatur ist bei natürlicher Konvektion nicht stabil, da die
Berechnung der mittleren, logarithmischen Temperaturdifferenz nach Gleichung 20 bei
sehr geringen Massenströmen im ersten Schritt zu einer substantiellen Überschätzung
der Luftaustrittstemperatur führt. Hierdurch können die Eingangsbedingungen für die
Berechnung der logarithmischen Temperaturdifferenz im nachfolgenden Iterations-

270 vgl. Breidenbach (2010) S.256

85
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

schritt zum Teil nicht eingehalten werden, was zum Abbruch der Berechnung führt. Es
gibt jedoch einfachere Verfahren, um den Wärmestrom eines Gegenstrom-Wärme-
übertragers zu berechnen, wenn sich die Temperatur eines der wärmeübertragenden
Fluide über den Wärmeübertrager nicht wesentlich ändert271. Durch Bildung einer
Kennzahl 𝑊Ü für die Übertragungsfähigkeit272
𝑘∙𝐴𝑅,𝑎𝑢 ∙𝜌𝐿
𝑊Ü = 𝑚̇𝐿 ∙𝑐𝑝,𝐿
52

kann der Wirkungsgrad 𝜂𝑊Ü des Wärmeübertragers anhand der unter Abschnitt 5.3.1
eingeführten Größen formuliert werden.273

𝜂𝑊Ü = − 𝑒 (−𝐶𝑊Ü ) 53
Aus diesem lässt sich in Anlehnung an Gleichung 18 die übertragene Wärmeleistung in
Abhängigkeit der Lufteintrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐸 berechnen.274

𝑄̇𝑅𝐾 = 𝜂𝑊Ü ∙ 𝑚̇𝐿 ∙ 𝑐𝑝 ∙ (𝑇̅𝑊𝐺 − 𝑇𝐿,𝐸 ) 54

Da der Rückkühlkreislauf im vorliegenden Referenzsystem mit einem hohen Massen-


strom betrieben wird, beträgt die Temperaturdifferenz im Kühlmedium nur etwa einen
Grad Celsius. Für Gleichung 54 wird die arithmetische Mitteltemperatur 𝑇̅𝑊𝐺 zwischen
Vorlauf und Rücklauf des Kühlmediums eingesetzt. Eine Darstellung der Rückkühlleis-
tung bei natürlicher Konvektion kann im Anhang B.2 eingesehen werden.

5.3.3 Feuchte Rückkühlung bei erzwungener Konvektion


Bei der feuchten Rückkühlung müssen neben den unter Abschnitt 5.3.1 beschriebenen
Wärmetransportvorgängen auch Stoffübergangsvorgänge durch Verdunstung des
Sprühwassers berücksichtigt werden. Die Verdunstung führt nach Abschnitt 3.1.2 zu
einer Abkühlung des durch den Kühlturm tretenden Luftstroms und erhöht seine Kühl-
wirkung signifikant. Um den Anteil der Verdunstungskühlung an der gesamten Kühlleis-
tung zu bestimmen, wird die Feuchtkugeltemperatur herangezogen, welche die minimal
erreichbare Temperatur der Luft durch vollständige Sättigung mit Wasserdampf be-
schreibt. Die einfache Annahme einer Sättigung des Luftstroms mit Wasser liefert jedoch
keine adäquate Repräsentation der Verdunstungskühlung. Einen entscheidenden Ein-
fluss auf die Verdunstungskühlung stellt der Temperaturverlauf des Luftstroms entlang
der Höhe des Wärmeübertragers dar. Dieser wird sowohl durch die Sättigung der Luft
mit Wasserdampf, als auch durch die Erwärmung der Luft an den Rohrbündeln des
Wärmeübertragers beeinflusst, da der Sättigungsdampfdruck von Wasser in der Luft
temperaturabhängig ist. Somit kann die Kühlwirkung nur durch eine Berücksichtigung
der engen Interaktion zwischen Stoff- und Wärmetransportprozessen entlang der Höhe
des Rohrbündel-Wärmeübertragers abgebildet werden. Um diesen Zusammenhang adä-
quat zu beschreiben, wird ein neues Verfahren vorgestellt. Der Wärmeübertrager des

271 vgl. Polifke (2009) S.185f


272 vgl. Polifke (2009) S.174
273 vgl. Polifke (2009) S.186
274 vgl. Polifke (2009) S.182

86
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

Kühlmediums wird hierfür in abwechselnde Abschnitte mit trockener und feuchter Küh-
lung unterteilt. Das Verfahren wird mit einer trockenen Stufe abgeschlossen. Dadurch
wird die Annahme einer vollständigen Sättigung der Luft mit Wasser in den feuchten
Segmenten kompensiert, da die Erwärmung der Luft in einem trockenen Abschnitt die
relative Luftfeuchte absenkt. Dies ist sinnvoll, da Rückkühler am Luftaustritt nicht
zwangsläufig den Sättigungspunkt erreichen.

Berechnung der Feuchtkugeltemperatur


Zur Berechnung der feuchten Rückkühlung sind mehrere Schritte notwendig. Zunächst
wird die Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾 gesucht (vgl. Abschnitt 3.1.2), also diejenige Tem-
peratur, welche sich bei vollständiger Sättigung der Luft mit Wasserdampf einstellt (Sät-
tigungspunkt). Um die Feuchtkugeltemperatur zu berechnen, wird die Differenz der
spezifischen Enthalpien der Luft im Eintrittszustand (𝐸) und an der Kühlgrenze ( )
benötigt. Die spezifische Enthalpie wird durch Gleichung 55 beschrieben.275

ℎ = 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇 + 𝑋 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇) 55

mit 𝑐𝑝,𝐿 (0 ) = kJ⁄(kg K) für trockene Luft


𝑐𝑝,𝐷 (0 ) = ,89 kJ⁄(kg K) für gesättigten Wasserdampf
Δℎ𝑉𝑒 (0 ) = 500 kJ⁄kg Verdampfungsenthalpie von Wasser

Die Verdampfungsenthalpie von Wasser ist unter Gleichung 55 beispielhaft für einen
Wert von null Grad Celsius angegeben. Im vorliegenden Referenzsystem wird das
Sprühwasser für die Verdunstungskühlung jedoch mit einer Temperatur von mindes-
tens 15 °C in den Kühlturm geleitet. Da die Sprühwassertemperatur zusätzlich auch von
der Häufigkeit der Kühlturmberieselung sowie den Witterungsbedingungen abhängt,
werden folgende Annahmen für die Bestimmung getroffen: Bei niedrigen Außentempe-
raturen wird die Besprühung des Kühlturms seltener initiiert, da durch eine hohe Diffe-
renz zwischen Rückkühlungs- und Umgebungstemperatur bereits hohe Trockenkühl-
leistungen erreicht werden. In diesem Fall kann der Wärmeübertrager nach einer Be-
sprühung vollständig abtrocknen, bevor eine erneute Aktivierung angefordert wird. Es
wird daher angenommen, dass der überwiegende Anteil des Sprühwassers bei niedrigen
Umgebungstemperaturen sofort verdunstet. Die Verdampfungsenthalpie wird daher für
den Wert der Eintrittstemperatur des Sprühwassers von 15 °C angenommen. Bei höhe-
ren Außentemperaturen tritt eine vermehrte Nutzung der feuchten Stufe auf. Dabei
kann es vorkommen, dass der Wärmeübertrager nicht abtrocknet, bevor die Besprü-
hung ein weiteres Mal aktiviert wird. Das nicht-verdunstete Sprühwasser rieselt daher
am Wärmeübertrager herab, erwärmt sich und wird im Auffangbecken gesammelt (sie-
he Abbildung 10). Durch eine erneute Aktivierung der Besprühung wird es anschließend
wieder aus dem Becken entnommen und über die Sprühpumpen verteilt. Da die Rück-
lauftemperatur des Kühlmediums im Wärmeübertrager bei Spitzenlasten maximal etwa
35 °C beträgt, kann die Temperatur des Sprühwassers auch bei mehrfacher Rückführung
des Sprühwassers nicht über diesen Grenzwert ansteigen. Für die Bestimmung der Ver-

275 vgl. Zeller (2006) S.Mk1

87
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

dunstungskühlung wurde daher eine Kennlinie erstellt, welche die Verdampfungsent-


halpie des Sprühwassers in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur für das vorliegen-
de Referenzsystem angibt (siehe Anhang B5). Die Verdampfungsenthalpie wird zur Be-
stimmung der Feuchtkugeltemperatur benötigt, welche sich nach Gleichung 56 über das
Verhältnis der Enthalpie- und Wassergehaltsänderung zwischen dem Lufteintrittszu-
stand und dem Sättigungszustand berechnen lässt.276
ℎ𝐿,𝐸 −ℎ𝐿,𝑓𝐾
𝑐𝑝,𝑤 ∙ 𝑇𝑓𝐾 = 𝑋𝐸 −𝑋𝑓𝐾
56

Hierbei wird die Wärmekapazität 𝑐𝑝,𝑊 von Wasser bei der Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾
benötigt. Durch Einsetzen der spezifischen Enthalpien der Luft im Eintrittszustand und
an der Kühlgrenze nach Gleichung 55 lässt sich eine Formulierung für die Feuchtkugel-
temperatur finden (Herleitung siehe Anhang B.3). Die Feuchtkugeltemperatur wird über
ein Iterationsverfahren berechnet. Hierfür wird zunächst ein Schätzwert eingesetzt und
anschließend der Sättigungsdampfdruck von Wasserdampf bei dieser Temperatur be-
stimmt. Der Wassergehalt 𝑋𝑓𝐾 des gesuchten Sättigungspunktes berechnet sich aus Glei-
chung 50 und 51. Die relative Luftfeuchtigkeit 𝜑 besitzt am Sättigungspunkt den Wert
eins.

𝑇𝐿,𝐸 (𝑐𝑝,𝐿 +𝑋𝐸 ∙𝑐𝑝,𝐷 )−∆ℎ𝑉𝑒 ∙(𝑋𝑓𝐾 −𝑋𝐸 )


𝑇𝑓𝐾 = 𝑐𝑝,𝐿 +𝑋𝑓𝐾 ∙𝑐𝑝,𝐷 −𝑐𝑝,𝑊 ∙(𝑋𝑓𝐾 −𝑋𝐸 )
57

Das Iterationsverfahren ist bei Rücksubstitution der berechneten Feuchtkugeltempera-


tur nicht konvergent. Die Feuchtkugeltemperatur wird daher mit einem Vektor von
Schätzwerten mit steigenden Temperaturen in 0,001 °C-Schritten berechnet und der
Wert mit der kleinsten Abweichung wird als Ergebnis eingesetzt. Durch die Kenntnis des
Wassergehaltes der eintretenden und der austretenden Luft lässt sich die Wassermenge
bestimmen, welche beim Passieren des Kühlturms von der Luft aufgenommen wurde.

Diskretisierung des Wärmeübertragers


Zur Bestimmung des Grades der Luftsättigung über den Verlauf des Wärmeübertragers
im Kühlturm muss die Wechselwirkung zwischen trockener und feuchter Kühlung be-
trachtet werden: Während sich die Luft beim Umströmen der Rohrbündel bei trockenem
Betrieb unter Abnahme der relativen Luftfeuchte erwärmt, führt der Besprühungspro-
zess zu einer Aufnahme von Wasserdampf in der Luft und somit zu einer Zunahme der
relativen Luftfeuchte bei entsprechender Abnahme der Lufttemperatur. Die beiden
konträren Prozesse laufen parallel ab und erstrecken sich über die gesamte Höhe der
Rohrbündelpackung des Wärmeübertragers. Um den Einfluss beider Prozesse zu be-
schreiben, wird der Wärmeübertrager des Kühlturms in virtuelle Segmente unterteilt,
welche nacheinander berechnet werden. Dabei werden abwechselnde Abschnitte mit
feuchter und trockener Kühlung betrachtet. In jeder feuchten Stufe wird eine maximale
Sättigung der Luft mit Wasser angenommen, wodurch die Temperatur des Luftstroms
abnimmt. In der sich anschließenden, trockenen Stufe wird die Temperatur des Luft-
stroms wieder erhöht, sodass die relative Luftfeuchte abnimmt und die Sättigungsbe-
276 vgl. Zeller (2006) S.Mk5ff

88
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

dingung am Austritt nicht mehr erfüllt wird. Insgesamt werden + Segmente mit tro-
ckener Kühlung sowie - Abschnitte mit feuchter Kühlung wie auf Abbildung 39 darge-
stellt betrachtet. Den ersten und letzten Abschnitt des Prozesses stellen jeweils trockene
Kühlstufen dar.

𝑇𝐿,𝐴2 , 𝐷,𝐴2 = 𝐷,𝑠 , 𝑋𝐿,𝐴2 = 𝑋𝑓𝐾


𝑆 𝑟ö𝑚𝑢 𝑔 𝑟𝑖𝑐ℎ 𝑢 𝑔 𝐿𝑢

...
Trockene Stufe

𝑇𝑓𝐾 , 𝐷,𝑠 (𝑇𝑓𝐾 ), 𝑋𝑓𝐾 , =

Feuchte Stufe

𝑇𝐿,𝐴1 , 𝐷,𝐴1 = 𝐷,𝐸 , 𝑋𝐿,𝐴1 = 𝑋𝐿,𝐸

Trockene Stufe

𝑇𝐿,𝐸 , 𝐷,𝐸 , 𝑋𝐿,𝐸 , 𝜑𝐿,𝐸

Abbildung 39: Schema der Diskretisierung des Kühlturm-Wärmeübertragers für die Berech-
nung der feuchten Rückkühlung

In jedem Abschnitt des Berechnungsverfahrens werden alle Stoffwerte der Luft berech-
net und an den nachfolgenden Abschnitt übergeben. Hierbei ist vor allem die Tempera-
tur des Luftstroms wichtig, welche in den trockenen Stufen angehoben wird, während
sie bei den feuchten Stufen jeweils von der Austrittstemperatur der vorherigen Stufe auf
die Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾 abgesenkt wird. Im Falle der ersten trockenen Stufe
steigt die Temperatur des Luftstroms von der Eintrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐸 auf die Austritts-
temperatur 𝑇𝐿,𝐴1 an. Bei allen weiteren trockenen Stufen ist die Eintrittstemperatur die
Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾 der vorangegangenen feuchten Stufe. Die Austrittstempera-
tur 𝑇𝐿,𝐴𝑗 einer beliebigen trockenen Stufe 𝑗 stellt gleichzeitig die Eintrittstemperatur der
sich anschließenden feuchten Stufe dar. Es wird angenommen, dass der Partial-
druck 𝐷,𝐴1 = 𝐷,𝐸 des Wasserdampfes beim Durchtritt durch eine trockene Stufe un-
verändert bleibt, da kein Wasser aufgenommen wird. Nach einer feuchten Stufe wird
dagegen eine vollständige Sättigung angenommen, daher beträgt die relative Luftfeuchte
100 % und der Partialdruck des Wasserdampfs entspricht dem Sättigungsdampf-
druck 𝐷,𝑠 . Dieser stellt den Eintrittspartialdruck des Wasserdampfes für die nächste
trockene Stufe dar. Die Wassergehalte 𝑋 der einzelnen Abschnitte ergeben sich entspre-
chend Gleichung 50.

In den feuchten Stufen werden keine Wärmeübertragungsprozesse mit dem Rohrbün-


delwärmeübertrager berücksichtigt. Im Gegensatz zu den trockenen Segmenten wird
den feuchten Stufen durch die Diskretisierung also kein Flächenanteil am Wärmeüber-
trager zugeordnet. Das niedrige Temperaturniveau der Feuchtkugeltemperatur, welches
durch die Verdunstung erreicht wird, erhöht jedoch die Kühlleistung der sich anschlie-
ßenden trockenen Stufe. Im Beispiel = besitzt das Modell drei trockene und zwei
feuchte Stufen. Der Anteil der trockenen Stufen am Wärmeübertrager beträgt damit je

89
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

ein Drittel. Der Programmablaufplan für das beschriebene Verfahren ist auf Abbil-
dung 40 dargestellt.

Start

Eingabe: TWG,E, TWG,A, TL,E, ṁL, ṁWG, i=1, F, temperaturabhängige


Stoffeigenschaften (Wasser, Wasser-Glykol, Luft), hydraulische
Abmessungen, N, XE, p, jL,E, pD,E

Schätzen: TL,A (mit TL,E)

ja
i > N?

nein
Berechnung: Trockene Stufe
TL,Ai, Qtrocken,1

|TL,Ai – TL,A| < F TL,A=TL,Ai


nein

ja

Berechnung: j, pD,s(TL,Ai)

Berechnung:
Feuchtkugeltemperatur T fK

Qfeucht,n, XfK, VW,n, j = 1, pD,s(TfK)

Schätzen: TL,A (mit T fK)

n
ja
Fehlerausgabe i > N?

nein
Berechnung: Trockene Stufe
TL,Ai, Qtrocken,n

|TL,Ai – TL,A| < F TL,A=TL,Ai


nein

ja

Ausgabe: QRK=SQtrocken
SQfeucht, SVW, TL,A=TL,Ai

Ende

Abbildung 40: Programmablaufplan des verwendeten Verfahrens zur Berechnung der feuch-
ten Rückkühlleistung eines Hybridkühlers

Durch das beschriebene Vorgehen erhöht sich mit jedem feuchten Segment der Anteil
der Verdunstungskühlung. Um den Einfluss der Diskretisierung auf die reine, trockene

90
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

Kühlung zu untersuchen, wurde das Ergebnis des segmentierten Wärmeübertragers mit


dem Verfahren unter Abschnitt 5.3.1 verglichen. Dabei wurde eine zu vernachlässigende
Abweichung der beiden Verfahren festgestellt. Die trockene Kühlleistung des Modells
verändert sich durch die Diskretisierung des Wärmeübertragers somit nur unwesent-
lich.

Durch die Abwechslung der unterschiedlichen Segmente soll die hohe Interaktion zwi-
schen trockener und feuchter Kühlung abgebildet werden. Ein potenzieller Nachteil die-
ser Vorgehensweise besteht in der Annahme, dass die Luft bereits im ersten, feuchten
Segment vollständig mit Wasser gesättigt wird. Die Sättigung der Luft ist ein transienter
Prozess, welcher sich über die gesamte, vertikale Ausdehnung des Wärmeübertragers
erstreckt. Die Annahme einer Sättigung in der ersten Stufe ist je nach Diskretisierung
des Wärmeübertragers daher erst bei höheren Luftfeuchtigkeiten physikalisch legiti-
miert. Bei einer groben Diskretisierung ( < ) wird der hohe Einfluss einer Sättigung
der Luft im ersten feuchten Segment zum Teil durch die anschließende Erwärmung in
einem trockenen Segment kompensiert, da dieses Segment einen verhältnismäßig hohen
Anteil an der gesamten Rückkühlfläche besitzt. Außerdem findet im ersten Segment,
welches im Beispiel = immerhin ein Viertel der Gesamtfläche ausmacht, keine Ver-
dunstungskühlung statt. Mit steigender Diskretisierung wird der Hauptanteil der
feuchten Kühlung zunehmend in den Eintrittsbereich des Wärmeübertragers verlagert.
Dies kann sich nachteilig auf die Genauigkeit des Verfahrens auswirken, da in diesem
Bereich bei niedrigen Luftfeuchten üblicherweise noch keine Sättigung erreicht wird.
Für den vorgestellten Einsatz in der Systemsimulation wird das vorgestellte Modell bei
grober Diskretisierung zunächst als zweckmäßig angesehen. Ein potenzieller Ansatz für
eine Optimierung des Berechnungsverfahrens stellt jedoch die Untersuchung des Ein-
flusses unterschiedlicher Abfolgen von trockenen und feuchten Segmenten in Abhängig-
keit der Eintritts-Luftfeuchte dar.

Für die nachfolgenden Darstellungen wurde eine Diskretisierung von = für den
Rückkühler vorgegeben (Bestimmung des Parameters siehe Anhang B.4). Dieser Wert
liefert die höchste Übereinstimmung mit den Hybridkühlern des Referenzsystems. Ana-
log zum Abschnitt 5.3.1 lässt sich die Rückkühlleistung der beiden Lüfterstufen im feuch-
ten Betrieb für die geforderte Temperatur des Kühlmediums von 32 °C berechnen. Der
Luftdruck = ,0 bar wurde hierfür als konstant angenommen. Abbildung 41 zeigt
die Abhängigkeit der Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe (L1) von der Umgebungs-
temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit der eintretenden Luft. Im Vergleich zum
trockenen Betrieb auf Abbildung 37 ist die Kühlleistung bei Verdunstungskühlung deut-
lich höher und nimmt bei niedrigen relativen Luftfeuchten mit steigender Umgebungs-
temperatur kaum ab. Auch beim Eintritt von gesättigter Luft ist die Kühlleistung bei
Verdunstungskühlung höher als beim trockenen Betrieb, da sich die Luft beim Passieren
der Kühlmittelrohre erwärmt. Dadurch steigt der temperaturabhängige Sättigungs-
dampfdruck an und die Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Der Hybridkühler stellt bei
Umgebungstemperaturen bis knapp unterhalb der Temperatur des Kühlmediums noch
Leistung durch Verdunstung bereit, selbst wenn die Luft gesättigt eintritt. Ist die Umge-
bungstemperatur der gesättigten Luft größer oder gleich der Kühlmitteltemperatur, so
91
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

ist keine Kühlung mehr möglich. Die Verdunstungskühlung wird bei Lufttemperaturen
oberhalb von 5 °C durch den Einfluss der Luftfeuchte dominiert. Unterhalb von 5 °C
nimmt dagegen der Einfluss der Umgebungstemperatur zu, da der Sättigungsdampf-
druck von Wasser in der Luft mit sinkender Temperatur abnimmt und die Luft weniger
Wasserdampf aufnehmen kann.
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L1 (feucht)
Maximale Rückkühlleistung in kW

600

800

500
600

400
400

200

300
0
0
20
-15 200
40 -10
-5
60 0
5
10 100
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 41: Feuchte Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Ab-
hängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit

Abbildung 42 zeigt die Rückkühlleistung des feuchten Kühlturmbetriebs mit der zweiten
Lüfterstufe (L2). Analog zur trockenen Rückkühlung wird auch hier etwa die doppelte
Kühlleistung erreicht. Dies ist auf den Luftvolumenstrom zurückzuführen, welcher sich
bei der Umschaltung auf die zweite Lüfterstufe annähernd um den Faktor zwei erhöht.
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L2 (feucht)
1100
Maximale Rückkühlleistung in kW

1000

1500 900

800
1000
700

500 600

500
0
0
400
20
-15 300
40 -10
-5
60 0
5 200
10
80 15
20
25 100
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 42: Feuchte Rückkühlleistung der zweiten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Ab-
hängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit

Um den Diskretisierungsparameter für den gegebenen Hybridkühler zu bestimmen,


müssen die elektrischen Energiebedarfe des Simulationsmodells und der Referenzanla-
92
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

ge miteinander verglichen werden. Im einfachsten Fall wird so lange variiert, bis der
Betrag der Differenzen der beiden Energiebedarfe minimal wird. Bei der Bestimmung
von wurde im vorliegenden Fall außerdem die Laufzeit der Sprühpumpe berücksich-
tigt, da auch der Wasserverbrauch einen wesentlichen Einfluss auf die Betriebskosten
der Rückkühlung ausübt (siehe Anhang B.4). Zur Untersuchung des Einflusses der Dis-
kretisierung auf die Verdunstungskühlung wird das Modell für Wetterdaten einer ge-
samten Kalenderwoche simuliert. Abbildung 43 zeigt die über den Simulationszeitraum
gemittelte Leistung durch Verdunstungskühlung in Abhängigkeit der Diskretisierungs-
stufe . Durch Erhöhung der Anzahl der betrachteten Wärmeübertrager-Segmente nä-
hert sich die Verdunstungsleistung einem Grenzwert an. Dieses Ergebnis stellt jedoch
nicht den gesuchten Wert der Diskretisierung dar, da der Sättigungsprozess der Luft mit
Wasserdampf entlang der Höhe des Wärmeübertragers bei jeder Rohrbündelgestalt
individuell ausfällt. Die Intensität der Abkühlung und Erwärmung der Luft in den einzel-
nen Stufen wird durch die Diskretisierung beeinflusst und muss auf den entsprechenden
Kühlturm angepasst werden. Daneben wird die Sättigung der Luft im Modell durch die
Annahme des Erreichens der Feuchtkugeltemperatur wie oben beschrieben vereinfacht:
Während das Modell bereits in der ersten feuchten Stufe den Sättigungspunkt erreicht,
kann eine vollständige Sättigung der Luft mit Wasser in der realen Anlage z. B. erst kurz
vor dem Luftaustritt oder auch gar nicht eintreten. Ein Vergleich der Messwerte mit den
Simulationsergebnissen unterschiedlicher Diskretisierungsstufen zeigt, dass bei =
eine hohe Übereinstimmung des Modells mit der Referenzanlage erreicht wird.

Einfluss der Kühlturm-Diskretisierung


170
Verdunstungskühlung in kW

165

160
Leistung der

155

150
Gewählt für das vorhandene Rückkühlwerk
145

140

135
Verdunstungsleistung
130
0 2 4 6 8 10 12 14 16
Diskretisierung n des Wärmeübertragers
Abbildung 43: Verdunstungskühlleistung in Abhängigkeit des Diskretisierungsparameters

Somit wurde ein Parameter gefunden, mit welchem sich der Einfluss der Verdunstungs-
kühlung bei unbekannter Befeuchtungskennlinie beschreiben lässt. Es stellt sich jedoch
die Frage, inwiefern die Diskretisierungsstufe des Rückkühlers für den gesamten Pa-
rameterraum (z. B. Rückkühlbedarf, Lüfterstufen, Wetterbedingungen) als konstant an-
genommen werden darf. Diese Frage soll durch die Validierung des hier entwickelten
Modells beantwortet werden. Als Grundlage für die Bewertung des Modells wird die
Übereinstimmung der Simulation mit der gemessenen, elektrischen Leistungsaufnahme
des Kühlturms sowie der Schalthäufigkeit der einzelnen Lüfterstufen herangezogen.

93
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

5.3.4 Validierung des Kühlturmmodells


Ein Kühlturm verwendet alle der in den Abschnitten 5.3.1 bis 5.3.3 vorgestellten Be-
triebsmodi zur Anpassung der Rückkühlleistung an den Kühlbedarf der Kältemaschine.
Die einzelnen Stufen werden in Abhängigkeit der Kühllast und der Umgebungsbedin-
gungen eingesetzt, das Kriterium stellt dabei die Einhaltung der geforderten Rückkühl-
temperatur (32 °C) im Vorlauf des Kühlmediums dar. Um den Betrieb der Referenzanla-
ge nachzubilden, stehen dem hier entwickelten Modell alle der oben vorgestellten Stufen
zur Verfügung. Da der vorliegende Simulationsansatz nur Energieströme betrachtet,
erfolgt die Auswahl der Kühlturmstufen in Abhängigkeit der erforderlichen Rückkühl-
leistung und nicht wie bei der Referenzanlage anhand der Temperatur im Rückkühl-
kreislauf der Kältemaschine.

Das Modell zur Berechnung der Rückkühlleistung des Hybridkühlturms wird anhand der
gemessenen Daten des Rückkühlers für das Sekundärkältesystem validiert. Hierzu wer-
den die in Tabelle 5 dargestellten Schaltbefehle und die Leistungsaufnahme des Kühl-
turms den Simulationsergebnissen gegenübergestellt. Die Daten beruhen auf Messinter-
vallen von einer Minute und entstammen der Gebäudetechnik sowie dem Energie-
Monitoringsystem des IISB.

Tabelle 5: Übersicht der zusammengestellten Messdaten für die Validierung des Kühlturmmo-
dells

Messgrundlage Messgröße Einheit/Wert


Temperatur °C
Wetterdaten relative Luftfeuchte %
Luftdruck Pa
Geforderte Rückkühlleistung (berechnet aus Kälteleis-
Kältesystem tung und elektrischer Leistungsaufnahme der Kälte- kW
maschine)
Elektrische Leistungsaufnahme des Rückkühlwerks
kW
inkl. Peripherie
Schaltbefehl Aus (Stufe 0) 0
Kühlturm Schaltbefehl Lüfterstufe 1 (Stufe 1) 0/1
Schaltbefehl Besprühung (Stufe 2) 0/1
Schaltbefehl Lüfterstufe 2 (Stufe 3) 0/1

Für die Validierung des Kühlturmmodells werden Messdaten von Kalenderwochen mit
hoher, mittlerer und niedriger Umgebungstemperatur ausgewählt. Die Wärmerückge-
winnungsanlagen des Sekundärkältesystems wurden bei der Betrachtung niedriger Um-
gebungstemperaturen dediziert abgeschaltet, da sie die Rückkühlung beeinflussen kön-
nen. Die Abschaltung erfolgte in den Kalenderwochen 46 bis 48 des Jahres 2017. Für den
Zeitraum mit den höheren Umgebungstemperaturen wurden die Kalenderwochen 22 bis
26 des Jahres 2015 ausgewählt. Ein Einfluss der Wärmerückgewinnung kann in diesem
Zeitraum nicht ausgeschlossen werden, da die Temperaturen in den Nächten teilweise
niedrig ausfallen und die entsprechenden Steuerungsbefehle nicht im Datensystem der
Gebäudetechnik dokumentiert werden. Aufgrund der relativ hohen Tagesmitteltempera-

94
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

turen in diesen Zeiträumen wird ein potenzieller Einfluss jedoch als sehr gering einge-
schätzt. Tabelle 6 enthält die vom Rückkühler abgeführten Wärmemengen sowie die
Temperaturen und relativen Feuchten der Umgebungsluft der betrachteten Zeiträume.

Tabelle 6: Wetterdaten und abgeführte Wärmemengen des Kühlturms in den betrachteten Ka-
lenderwochen

Zeitraum Abgeführte Wärmemenge Umgebungstemperaturen


und rel. Luftfeuchte
Mittelwert: 20,6 °C 65,3 %
KW23 2015 37,02 MW h Maximum: 34,2 °C 99,6 %
Minimum: 9,9 °C 21,2 %
Mittelwert: 18 °C 73,7 %
KW24 2015 39,15 MW h Maximum: 32,8 °C 99 %
Minimum: 8,9 °C 29 %
Mittelwert: 15 °C 69,7 %
KW25 2015 37,05 MW h Maximum: 24 °C 98,7 %
Minimum: 8,8 °C 23,9 %
Mittelwert: 15,6 °C 77,7 %
KW26 2015 36,4 MW h Maximum: 27,8 °C 99,9 %
Minimum: 5,6 °C 31,4 %
Mittelwert: 3 °C 94,9 %
KW46 2017 36,66 MW h Maximum: 6,1 °C 100 %
Minimum: -3 °C 70,7 %
Mittelwert: 5,8 °C 93,3 %
KW47 2017 35,28 MW h Maximum: 14,8 °C 100 %
Minimum: -0,6 °C 62,4 %
Mittelwert: 0,9 °C 97,6 %
KW48 2017 32,45 MW h Maximum: 5,4 °C 100 %
Minimum: -4 °C 73,6 %

Der betrachtete Kühlturm des Sekundärkältesystems wird, wie unter Abschnitt 4.1 be-
schrieben, in drei Stufen geschaltet und besitzt keine Möglichkeit einer kontinuierlichen
Leistungsanpassung. Die Rückkühlleistung einer Kühlturmstufe liegt somit über oder
unter dem tatsächlichen Kühlbedarf eines Zeitschrittes. Der Kühlturm wird von einem
zentralen PID-Regler angefordert, welcher einen Sollwert von 0 bis 100 % auf Basis der
Rücklauftemperatur im Kühlwasserkreis bildet. Die Zuschaltung der Lüfterstufen erfolgt
mit einer Hysterese anhand dieses Regler-Signals. Neben der Hysterese existiert eine
Mindestlaufzeit für die Schaltung der Lüftermotoren, diese beträgt etwa fünf Minuten.
Da das vorgestellte Kühlturmmodell einfach auf andere Kältesysteme übertragbar sein
soll, wird die beschriebene Ansteuerung des Kühlturms in der Simulation vereinfacht:
Zur Identifikation der passenden Kühlturmstufe werden die berechneten Rückkühlleis-
tungen der einzelnen Kühlturmstufen des Modells in jedem Zeitschritt der Simulation
mit der Rückkühllast (Summe aus Kältelast und Leistungsaufnahme der Kältemaschine)

95
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

verglichen und die Differenzen gebildet. Im ersten Simulationszeitschritt wird eine Kühl-
turmstufe ausgewählt, deren Kühlleistung oberhalb der Rückkühllast liegt. Die Differenz
der zur Verfügung gestellten und benötigten Kühlenergie eines jeden Zeitschritts wird
anschließend in einer Variablen aufsummiert. Solange diese Variable positiv bleibt, darf
der Kühlturm im nachfolgenden Zeitschritt auf eine niedrigere Stufe schalten. Die Diffe-
renz zwischen der Kühlleistung und der Kühllast ist in diesem Fall negativ und reduziert
die Kühlenergie in der aufsummierten Variablen. Diese Vorgehensweise spiegelt die
tatsächliche Regelung auf die Rücklauftemperatur wider, welche je nach Kühlturmstufe
entweder zu hoch oder zu niedrig ausfällt. Da die Förderaggregate im Rückkühlkreislauf
der Referenzanlage mit konstanter Drehzahl betrieben werden, äußert sich eine Erhö-
hung der Rückkühlleistung in einem Anstieg der Rücklauftemperatur im Kühlmedium
(siehe Gleichung 4). Die beiden Größen der Rückkühlleistung und der Rücklauftempera-
tur des Kühlmediums sind daher für die Ansteuerung der Kühlturmstufen als gleichwer-
tig zu betrachten.

Neben der Leistungsaufnahme des Kühlturms werden auch die elektrischen Leistungs-
aufnahmen der Peripherieaggregate berücksichtigt. Hierzu gehören die Pumpe für den
Kühlwasserkreislauf, die Pumpe für den Kreislauf der Wärmerückgewinnung sowie
sonstige hydraulische Komponenten und die erforderliche Mess-, Steuer- und Rege-
lungstechnik (MSR-Technik). Diese Werte sind nicht konstant, sondern unterliegen ex-
ternen Einflüssen, welche im Rahmen dieser Arbeit nicht untersucht werden. Abbil-
dung 44 zeigt die Leistungsaufnahme des Rückkühlsystems in der Kalenderwoche 46
des Jahres 2017.
Analyse der elektrischen Leistungsaufnahme des Rückkühlsystems
35 35
Leistungsaufnahme Umgebungstemperatur
Unbekannter Einfluss
Leistungsaufnahme in kW

30 25
Temperatur in °C

Sprühpumpe
25 15

Lüfterstufe 1

20 5

Grundlast (v.a. Pumpe Kühlmedium)


15 -5
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 44: Temperaturverlauf und Leistungsaufnahme der Komponenten für den Rück-
kühlkreislauf des Sekundärkältesystems in der Kalenderwoche 46 2017

Der Verlauf der Leistungsaufnahme der Rückkühlanlage auf Abbildung 44 zeigt einen
geringen Anstieg der elektrischen Grundlast vom ersten bis hin zum siebten Tag. Dieser
Anstieg scheint mit der Zunahme der mittleren Umgebungstemperatur korreliert. Da die

96
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

vorhandenen elektrischen Motoren der Lüfter und Pumpen für den Kühlwasserkreislauf
luftgekühlt sind, liegt diese Erklärung nahe: Eine Zunahme der Außentemperatur führt
zu einer abnehmenden Kühlwirkung der umgebenden Luft und somit zu höheren
elektrischen Widerständen in den Motoren. Es treten jedoch auch Schwankungen der
elektrischen Grundlast auf der Tagesebene auf, welche zum Teil entgegen den Erwar-
tungen des Temperatureinflusses verlaufen. Da diese Schwankungen in der Simulation
nicht nachgestellt werden können, wird ein mittlerer Wert der Leistungsaufnahme von
etwa 20,5 kW angenommen, welcher die Grundlast der Peripherieaggregate berücksich-
tigt. Daneben treten in unregelmäßigen Zeitabständen Lastspitzen von über 30 kW auf,
die keinem archivierten Signal der Gebäudeleittechnik zugeordnet werden konnten.
Diese machen über den gesamten Zeitraum jedoch nur einen elektrischen Energiebedarf
von etwa 2 kW h aus und können daher vernachlässigt werden.

Abbildung 45 enthält eine Gegenüberstellung der gemessenen und simulierten Leis-


tungsaufnahmen der Rückkühlanlage. Die erste Stufe des Rückkühlwerks stellt der tro-
ckene Betrieb mit der niedrigsten Lüfterstufe L1 dar. Für die zweite Stufe bleibt die erste
Lüfterstufe aktiv, es wird zusätzlich die Sprühpumpe für die Verdunstungskühlung ein-
geschaltet. Auf der dritten und letzten Stufe wird die zweite Lüfterstufe L2 zusammen
mit der Kühlturmbesprühung eingeschaltet. Die Stufe 0 (kein Lüfter aktiv) ergibt sich
aus der Differenz der gesamten Betrachtungsdauer von 168 Stunden und der Summe
der Laufzeiten der Kühlturmstufen eins und zwei. Sie enthält gegenüber den dargestell-
ten Stufen keine weiteren Informationen und wird daher auf Abbildung 45 vernachläs-
sigt.
Vergleich der simulierten und gemessenen Leistungsaufnahmen der KW46 2017
Elektrische Leistungs-

35
Simulation Messwerte
aufnahme in kW

30

25

20

15
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
150
=4h
simuliert
Betriebsdauer

gemessen
in Stunden

100

50

 = 0,62 h =0h
0
Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3
Abbildung 45: Gegenüberstellung der Leistungsaufnahmen der simulierten und gemessenen
Rückkühlanlage (o.) und Vergleich der Nutzungsdauern der einzelnen Kühlturmstufen (u.)

Zwischen dem simulierten und dem gemessenen Verlauf der Leistungsaufnahme auf
Abbildung 45 (Bild oben) wird eine Differenz festgestellt, welche auf die Zeitabhängig-
keit der Stufenschaltung des Kühlturms zurückgeführt werden kann. Die Simulation
besitzt eine zeitliche Abtastung von einer Minute, wobei die erforderliche Kühlturmstufe
97
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

in jedem Zeitschritt neu ausgegeben wird. Der Lüftermotor der Referenzanlage besitzt
dagegen eine Mindestlaufzeit von etwa fünf Minuten und schaltet nach zu hoher Kühl-
leistung für einen längeren Zeitraum ab. Dadurch treten häufigere Wechsel der Be-
triebszustände des modellierten Kühlturms im Vergleich zur realen Anlage auf. Das un-
tere Diagramm auf Abbildung 45 stellt die Nutzungsdauern der einzelnen Kühlturmstu-
fen in der betrachteten Kalenderwoche dar. Zur Deckung des Kühlbedarfes wird die Stu-
fe 1 (trocken) des simulierten Kühlturms etwa vier Stunden länger angefordert, als bei
der realen Anlage. Da durch die längere Betriebsdauer auch mehr Kühlleistung mit der
ersten Stufe bereitgestellt wird, reduziert sich die Betriebsdauer der Kühlturmbesprü-
hung (Stufe 2) des Modells entsprechend. Diese wird etwa 37 Minuten kürzer angefor-
dert, als jene der Referenzanlage.

Abbildung 46 stellt die Güte der Vorhersage für alle betrachteten Kalenderwochen dar.
Die Abweichungen des Modells betragen zwischen – 3 % und + 1 % der gesamten
elektrischen Energieaufnahme für die Rückkühlanlage.
Vergleich der gemessenen und simulierten Energieaufnahme des Kühlturms

97 % simuliert gemessen
98,9 % 98,2 %
4,8 98,3 %
elektrische Energie in MW h

4,6
Aufgenommene

4,4

4,2 99,4 % 98 %
101 %
4

3,8

3,6

3,4

3,2

KW23/15 KW24/15 KW25/15 KW26/15 KW46/17 KW47/17 KW48/17


Abbildung 46: Darstellung der Vorhersagegenauigkeit des verwendeten Kühlturmmodells be-
züglich der elektrischen Energieaufnahme der Rückkühlanlage

Es fällt auf, dass die Energieaufnahme bis auf die Kalenderwoche 48 des Jahres 2017 zu
hoch eingeschätzt wird. Dies kann auf die Außenaufstellung der Referenzanlage zurück-
zuführen sein, welche gegenüber dem Simulationsmodell einen intensiveren Wärmeaus-
tausch mit seiner Umgebung erfährt: Während in der Simulation lediglich der Wärme-
übertrager des Kühlturms betrachtet wird, steht die Referenzanlage auf einem Beton-
fundament, an welches ein Teil der abzuführenden Wärmeenergie mittels Wärmeleitung
übertragen wird. Hinzu kommt das Metallgehäuse, welches die Oberfläche des Kühl-
turms zur Umgebung hin vergrößert. Neben der Wärmeleitung tritt ein zusätzlicher
Wärmetransport durch Konvektion und Strahlung auf. In Abhängigkeit der Rückkühllast
sowie der Umgebungsbedingungen kann das Gehäuse somit einen geringen Anteil der
Kühlleistung direkt an die Umgebung abführen. In der Literatur wurde beobachtet, dass

98
5.3 Simulation der Rückkühlwerke

die Wände des Rückkühlers Verdunstungseffekte im Kühlturm verstärken277. Neben den


genannten Wärmetransportmechanismen werden daher auch Stoffübertragungsprozes-
se durch die Gehäusebeschaffenheit beeinflusst. Die vorgestellten Wärmeübertragungs-
phänomene vergrößern den Wärmeübertrag vom Kühlturm auf die Umgebung gegen-
über der Simulation. Dadurch erreicht die Referenzanlage eine höhere Rückkühlleistung
und kann häufiger auf einer niedrigeren Kühlturmstufe betrieben werden. Dies führt zu
einer reduzierten Energieaufnahme der realen Anlage im Vergleich zum Modell. Der
größere Energiebedarf des Modells in der Kalenderwoche 46 des Jahres 2017 kann da-
rauf zurückgeführt werden, dass in diesem Zeitraum ein trockener Betrieb ausgereicht
hat. Dadurch wurde auch weniger Verdunstungskühlung eingesetzt, welche potenziell
durch das Kühlturmgehäuse verstärkt wird.

Ein weiterer Grund für eine mögliche Abweichung stellt die auf Abbildung 44 gezeigte,
schwankende Grundlast der Peripherieaggregate dar, welche mit einem angenommenen
Mittelwert von 20,5 kW kompensiert wird. Die Datensätze zur Bestimmung der Schalt-
stufen des Rückkühlers aus der Gebäudetechnik sind lückenhaft und nur für die auf Ab-
bildung 45 dargestellte Kalenderwoche zuverlässig. Sie lassen sich daher nicht automa-
tisch nach der Auftrittshäufigkeit der Schaltstufen filtern, weshalb die mittleren Leis-
tungsaufnahmen der Kühlturmstufen und der Peripherieaggregate nur abgeschätzt
werden können. Durch die Annahme eines Mittelwertes können Abweichungen im Be-
reich weniger Prozent der gemessenen elektrischen Leistungsaufnahme der gesamten
Rückkühlanlage entstehen.

Die Validierung des Modells zeigt, dass die elektrische Energieaufnahme der gesamten
Rückkühlanlage im betrachteten Zeitraum bis auf eine Abweichung von maximal 3 %
vorhergesagt werden kann. Dabei wurde der Einfluss veränderlicher Witterungsbedin-
gungen im oben angegebenen Parameterbereich berücksichtigt (siehe Tabelle 6). Der
eingeführte Diskretisierungsparameter wurde mit dem Wert drei eingesetzt. Die ge-
ringen Abweichungen zwischen den Simulationsergebnissen und den Messwerten in
den betrachteten Zeiträumen implizieren eine hohe Übertragbarkeit der gewählten
Kühlturm-Diskretisierung auf unterschiedliche Witterungsbedingungen und Lüfterstu-
fen. Im vorgestellten Zeitraum wurde die dritte Lüfterstufe des Kühlturms jedoch nicht
abgerufen, weshalb diese Aussage nur für den Betrieb mit natürlicher Konvektion sowie
den Kühlturmstufen eins und zwei Gültigkeit besitzt. Insbesondere die Berechnung der
feuchten Rückkühlung ist wichtig, da der Einsatz von aufbereitetem Wasser für die Be-
sprühung des Kühlturms mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, welche nicht in der
elektrischen Leistungsaufnahme des Rückkühlers enthalten sind. Auf Basis der hohen
Übereinstimmung der Nutzung der zweiten Kühlturmstufe auf Abbildung 45 wird das
hier entwickelte Modell als geeignet für die Beschreibung der Verdunstungskühlung
eingeschätzt.

277 vgl. Zeller (2006) S.Mk6

99
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

5.4 Modell des Kältespeichers


Die Bewertung des Einflusses eines Kältespeichers auf die Effizienz der Kälteversorgung
stellt ein Hauptziel dieser Arbeit dar. Da der Einsatz von thermischen Speichern nach
Abschnitt 3.6 zunächst mit thermischen Verlusten assoziiert ist, wird ein Schwerpunkt
der Modellierung auf die Abbildung der auftretenden Verlustmechanismen gelegt. Um
die Wärmeverluste im Speicher zu beschreiben, wird die bekannte Wärme-
Diffusionsgleichung um einen Advektionsterm erweitert, welcher den Stofftransport
durch den Speicher während der Be- und Entladung berücksichtigt. Das eingesetzte Ver-
fahren beruht auf einer eindimensionalen Lösung der Energieerhaltungsgleichung für
einen zylindrischen Speichertank. Dieser Ansatz liefert bei sensiblen, thermischen Spei-
chern ähnlich genaue Ergebnisse, wie der Einsatz von mehrdimensionalen Modellen278.
Letztere sind zwar in der Lage Strömungseffekte abzubilden, dafür aber aufwändiger in
der Handhabung und erfordern lange Berechnungszeiten. Kurze Rechenzeiten sind ein
wichtiges Kriterium bei der Betrachtung von Energiesystemen über längere Perioden279,
da die Berechnung komplexer Modelle häufig länger dauert als der Ablauf der realen
Vorgänge. Eine Gegenüberstellung von eindimensionalen und zweidimensionalen An-
sätzen zeigt, dass die erforderliche zeitliche Abtastung bei Darstellung von Konvektions-
effekten etwa 3.600-Mal höher ist als bei den einfacheren Modellen280.

Eindimensionale Ansätze auf Basis der Energieerhaltungsgleichung wurden bereits von


zahlreichen Autoren in unterschiedlichen Detaillierungsgraden untersucht. Ohne Ver-
wendung der Massen- und Impulserhaltungsgleichungen können Strömungsphänomene
im Speicherinneren nicht abgebildet werden, sodass natürliche und erzwungene Kon-
vektionseffekte sowie die davon abhängigen Wärmeübertragungsprozesse mit künstli-
chen oder empirischen Faktoren berücksichtigt werden müssen281. Nelson et al. geben
einen umfassenden Überblick über die in der Literatur beschriebenen, eindimensionalen
Modelle282. Eines der frühesten Modelle wurde von Klein et al. (1978) entwickelt und ist
bis heute Bestandteil einer kommerziellen Software für die Energiesystemsimulation283.
In diesem Modell werden jedoch die Wärmeleitung in der Tankwand sowie die Tempe-
raturabhängigkeit der Stoffwerte des Speichermediums nicht berücksichtigt284. Weitere
Autoren machten Vorschläge zur Beschreibung der Interaktion der Speicherwand mit
dem Speichermedium285 oder des Einflusses von Mischungseffekten beim Laden des
Speichers286. Um die unterschiedlichen Modelle zu vergleichen, haben verschiedene Au-
toren Simulationen mit empirischen Datensätzen durchgeführt287,288. Nach Zurigat et al.
ergaben sich bei den Modellen nach Wildin und Truman (1985), Cole und Bellinger

278 vgl. De Césaro Oliveski (2003) S.133f


279 vgl. Gretarsson (1994) S.1215
280 vgl. De Césaro Oliveski (2003) S.132
281 vgl. De Césaro Oliveski (2003) S.123
282 vgl. Nelson (1998) S.868
283 vgl. Klein (2009) S.4-370
284 nach Nelson (1998) S.868
285 vgl. Cole (1982) S.7
286 vgl. Oppel (1986a) S.299
287 vgl. Nelson (1998) S.874f
288 vgl. Zurigat (2002) S.282

100
5.4 Modell des Kältespeichers

(1982) sowie Zurigat et al. (1988) die höchsten Übereinstimmungen der gemessenen
und simulierten Temperaturverteilung im Speicher nach einzelnen Be- und Entladezyk-
len289. Die Modelle waren jedoch sehr heterogen bezüglich der betrachteten physikali-
schen Einflussgrößen und vernachlässigten den Austausch von Wärmeenergie mit der
Umgebung in der obersten und untersten Speicherschicht, den Einfluss der Speicherge-
ometrie auf die thermische Schichtung oder nutzten empirische Faktoren, um die Simu-
lationsergebnisse mit den Messwerten abzugleichen290. Zuletzt schlugen Nelson et al. ein
allgemeingütiges und übertragbares Modell vor. Hierfür wurden vorhandene Ansätze
aufgenommen und mit eigenen Verfahren, z. B. für die Berücksichtigung von Vermi-
schungseffekten im Speichermedium, erweitert. Das Modell umfasst die folgenden Ein-
flussparameter und Randbedingungen:291

• Wärmeleitung entlang der Speicherwand


• Wärmeübergang zwischen Speicherwand und Speichermedium
• Wärmetransport über die Speicherhülle (Speicherwand und Dämmung)
• Thermische Diffusion im Speichermedium
• Wärmekapazitäts- und Wärmeleitfähigkeitsverhältnisse des Speichermediums
sowie der Speicherwand
• Aspektverhältnis und Länge-zu-Wandstärke-Verhältnis des Speichers
• Vermischungseffekte an den Ein- und Ausgängen des Speichers (empirisch)
• Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit der beteiligten Stoffwerte und
Wärmeübertragungskoeffizienten
• Betrachtung aller möglichen Betriebspunkte des Speichers (Beladung, Entladung,
Stillstand)

Das Modell nach Nelson et al. besitzt Gültigkeit unter Vernachlässigung von viskosen
Reibungseffekten sowie einem Ausschluss von Strömungseffekten, die nicht mit der
Speicherladerichtung übereinstimmen292. Es stellt bislang das umfangreichste Modell
unter den eindimensionalen Ansätzen dar.

Eindimensionale Ansätze auf Basis der Energieerhaltungsgleichung wurden für den Ein-
satz in Energiesystemsimulationen mit großen Zeiträumen und Datensätzen entwickelt.
Da solche Modelle keine Konvektion berücksichtigen, versuchten verschiedene Autoren
empirische Ansätze zur Beschreibung von Mischungseffekten zu entwickeln293,294,295.
Solche Ansätze sind jedoch an individuelle Speichertanks angepasst und besitzen auf-
grund der Abhängigkeit von der Speicher- und Ladesystemgeometrie sowie der tempe-
raturabhängigen Stoffwerte des Speichermediums nur eine geringe Übertragbarkeit auf
andere Speichersysteme. Für den Einsatz in Energiesystemsimulationen ist diese Heran-
gehensweise problematisch, da die zu untersuchenden Speichersysteme meist noch

289 vgl. Zurigat (2002) S.282


290 nach Nelson (1998) S.874ff
291 vgl. Nelson (1998) S.868f
292 vgl. Nelson (1998) S.869
293 vgl. Zurigat (1988) S.101f
294 vgl. Nelson (1999) S.95
295 vgl. Ghaddar (1994) S.912

101
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

nicht existent sind und somit nicht für eine Analyse herangezogen werden können. Die-
sem Nachteil des eindimensionalen Ansatzes wurde mit der Entwicklung mehr-
dimensionaler Speichermodelle begegnet. Im Gegensatz zum eindimensionalen Fall
werden bei diesen auch die Erhaltungsgleichungen für Masse und Impuls berücksichtigt,
wodurch Informationen über Strömungseffekte im Speichertank erhalten werden kön-
nen. Mehrdimensionale Modelle sind jedoch mit einem hohen Rechenaufwand verbun-
den und eignen sich nicht für den Einsatz in Systemsimulationen296,297. Die Auswahl ei-
nes geeigneten Verfahrens für die Modellierung des thermischen Speichers hängt somit
in hohem Maße von den Zielgrößen und den Randbedingungen der Simulation ab. Der
Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Simulation eines Energiesystems, bei welchem
auch große Zeiträume mit adäquater Rechendauer abgebildet werden sollen. Aus diesen
Gründen wurde ein eindimensionaler Ansatz gewählt. Die Grundlage hierfür stellt das
Modell nach Nelson et al.298 dar, welches im Rahmen der Anforderungen an die Genauig-
keit und die gewünschten Zielgrößen modifiziert wird. Das Modell wird anhand eines
experimentellen Aufbaus validiert und seine Eignung für die vorliegende Simulations-
aufgabe bewertet.

5.4.1 Beschreibung des Modells für den Kältespeicher


Für die Angabe des Energieinhalts eines sensiblen Verdrängungsspeichers muss zu-
nächst die Temperaturverteilung im Speichertank bestimmt werden. In realen Spei-
chern wird das Temperaturprofil an diskreten Stellen mit Hilfe von Temperatursenso-
ren im Tank gemessen. Der Temperaturverlauf wird anschließend mit Hilfe der diskre-
ten Werte interpoliert (siehe Abbildung 47).
H
Messpunkte
T

Temperaturfühler Interpolierter T
Temperaturverlauf
T

Wärmepufferspeicher T
mit Dämmung
T
Abbildung 47: Bestimmung des Temperaturprofils in einem sensiblen Verdrängungsspeicher

Beim Modell des Speichers wird ein analoger Ansatz verfolgt. Hier wird der Speicher-
tank in virtuelle Segmente 𝑖 mit den Temperaturen 𝑇𝑖 unterteilt, welche gleichzeitig als

296 vgl. Nelson (1998) S.869


297 vgl. Gretarsson (1994) S.1215
298 vgl. Nelson (1998) S.869ff

102
5.4 Modell des Kältespeichers

Stützstellen für die Berechnung der Temperaturverteilung dienen. Die Berücksichtigung


der Temperaturverteilung im Speicher ist wichtig, um die Auswirkungen der thermi-
schen Verluste auf die Effizienz des Gesamtsystems zu charakterisieren. Infolge solcher
Verluste erhöht sich die Temperatur des Nutzvolumens im Speicher. Der Ladezustand
berechnet sich nach Gleichung 58 aus der verfügbaren Kälteenergie aller Speicherseg-
mente ∑ 𝑄𝑖 mit den Volumina 𝑉𝑖 und den Temperaturen 𝑇𝑖 im Verhältnis zur maximalen
Kapazität des Speichers 𝑄𝑚𝑎𝑥 bezogen auf das gesamte Speichervolumen 𝑉𝑆𝑃 .
∑ 𝑄𝑖
𝑆 =𝑄 58
𝑚𝑎𝑥

0 bei 𝑇𝑖 > 𝑇𝑉𝐿 + ,5


mit 𝑄𝑖 = {
𝑉𝑖 ∙ 𝑐𝑝 (𝑇𝑖 ) ∙ (𝑇𝑅𝐿 − 𝑇𝑖 ) bei 𝑇𝑖 ≤ 𝑇𝑉𝐿 + ,5

𝑄𝑚𝑎𝑥 = 𝑉𝑆𝑃 ∙ 𝑐𝑝 (𝑇𝑉𝐿 ) ∙ (𝑇𝑅𝐿 − 𝑇𝑉𝐿 )

Für die Nutzung des Speichers wird eine Grenztemperatur von 1,5 °C oberhalb der Vor-
lauftemperatur des Kältesystems definiert. Überschreitet ein Speichersegment diese
Temperatur, so kann es nicht mehr für die Entladung verwendet werden und der Spei-
cherladezustand 𝑆 reduziert sich entsprechend.

Das Modell für den Kältespeicher ist wie auf Abbildung 32 dargestellt in den Ablauf der
Systemsimulation integriert. Um einen Ladeprozess zu initiieren, wird dem Modell eine
Ladeleistung 𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 übergeben. Zusammen mit der Ladeleistung gehen auch die Kaltwas-
sertemperaturen im Vor- und Rücklauf (𝑇𝑉𝐿 , 𝑇𝑅𝐿 ) des Kältesystems als Parameter in das
Speichermodell ein. Aus diesen Größen wird anhand von Gleichung 4 der erforderliche
Ladevolumenstrom 𝑉𝑆𝑃 ̇ bestimmt. Dieser kann aus dem Quotienten des Massen-
stroms 𝑚̇𝑆𝑃 und der Dichte 𝜌𝑆𝑃 des Speichermediums berechnet werden. Das Speicher-
modell berechnet das Temperaturprofil eines Zeitschrittes ausgehend von der Tempera-
turverteilung 𝑇𝑡𝑘−1 ,𝑆𝑃 des letzten Zeitschritts 𝑘−1 (siehe Abbildung 48). Der „ elay“-
Block ( t. „Verzögerung“) weist auf diese Verzögerung hin. Zu Beginn der Simulation ist
eine Start-Temperaturverteilung im Speicher für den Zeitschritt 0 vorgeben.

Anforderung Ausgabe
𝑇𝑡𝑘−1,𝑆𝑃
𝑑𝑒
𝑇𝑡𝑘 ,𝑆𝑃 ∑ 𝑄𝑖 𝑆
𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 , 𝑇𝑉𝐿 , 𝑇𝑅𝐿 Speichermodell 𝑄𝑚𝑎𝑥
+
𝑄̇𝑡𝑘−1,𝐷𝑖𝑓𝑓 𝑄̇𝑆𝑃

𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓
𝑑𝑒 𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 − 𝑄̇𝑆𝑃
bei Entladung bei Beladung
Abbildung 48: Schematische Darstellung des Speichermodells mit den relevanten Ein- und
Ausgangsgrößen

103
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Durch Wärmeaustausch mit der Umgebung oder unpassende Betriebsstrategien treten


Verluste auf, welche sich in einer Veränderung des Temperaturprofils im Kältespeicher
manifestieren. Solche Verluste führen zu einer Vergrößerung der Überganszone im Spei-
cher. Dies ist insbesondere dann kritisch, wenn die Übergangszone nahe am Speicher-
austritt liegt und mit dem Volumenstrom 𝑉𝑆𝑃 ̇ ausgetragen wird. Da die Austrittstempe-
ratur dann von der Solltemperatur (definierte Vor- oder Rücklauftemperatur) des Kälte-
systems abweicht, muss diese Differenz nach Abbildung 48 bilanziert und in Form einer
zusätzlich erforderlichen Kälteleistung 𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓 berücksichtigt werden. Diese quantifiziert
die Differenz zwischen der geforderten Kälteleistung 𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 und der vom Speicher gelie-
ferten Kälteleistung 𝑄̇𝑆𝑃 . Bei einem anliegenden Ladevolumenstrom 𝑉𝑆𝑃̇ ergibt sich 𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓
aus dem Unterschied der Temperaturdifferenz 𝑇𝑜,𝑆𝑃 − 𝑇𝑢,𝑆𝑃 des oberen ( ) und unteren
(𝑢) Speichersegments und der geplanten Temperaturspreizung 𝑇𝑅𝐿 − 𝑇𝑉𝐿 des Kältesys-
tems (siehe auch Gleichung 4).

𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓 = 𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 − 𝑄̇𝑆𝑃 = 𝑉𝑆𝑃


̇ ∙ 𝑐𝑝 ∙ 𝜌 ∙ [(𝑇𝑅𝐿 − 𝑇𝑉𝐿 ) − (𝑇𝑜,𝑆𝑃 − 𝑇𝑢,𝑆𝑃 )]

mit 𝑇𝑢,𝑆𝑃 = 𝑇𝑉𝐿 bei Beladung


𝑇𝑜,𝑆𝑃 = 𝑇𝑅𝐿 bei Entladung

Durch die Berücksichtigung der tatsächlich auftretenden Temperaturniveaus sowie der


Ladeleistungsdifferenz 𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓 lassen sich die Verluste im Speicher sowie ihr Einfluss auf
den Arbeitspunkt der Kälteanlage quantifizieren. Bei der Beladung werden diese Verlus-
te auf den Kältelastgang addiert, was den Betriebspunkt des aktuellen Kälteversorgers
verändert. Dagegen ist während der Speicherentladung meist kein anderer Kälteversor-
ger aktiv. Eine Differenz zwischen geforderter und gelieferter Kälteleistung muss in die-
sem Fall durch eine Erhöhung des Entladevolumenstroms 𝑉𝑆𝑃 ̇ kompensiert werden (sie-
he Gleichung 4). Hierfür wird die Leistungsdifferenz um einen Zeitschritt verzögert und
als 𝑄̇𝑡𝑘−1 ,𝐷𝑖𝑓𝑓 auf die geforderte Leistung 𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 aufaddiert. Dadurch erhöht sich der Ener-
giebedarf der Speicherpumpe und der Speicher ist schneller entladen. Durch die Berück-
sichtigung der Temperaturverteilung im Speicher unterscheidet sich diese Arbeit von
Studien, welche lediglich den Ladezustand des Speichers auf Basis der ein- und austre-
tenden Energieströme betrachten299,300.

Da die mittlere Jahrestemperatur des betrachteten Standorts unterhalb der Kaltwasser-


vorlauftemperatur des Referenzsystems liegt, muss auch der umgekehrte Fall – der Ein-
trag von Kälteenergie in den Speicher – betrachtet werden. Diese Anforderung wird mit
dem hier vorgestellten Ansatz erfüllt. Weitere Informationen zur Integration des Spei-
chermodells in die Simulationsstruktur können der Arbeit von Linhardt entnommen
werden.301

299 vgl. Celador (2011) S.3019


300 vgl. DeForest (2013) S.4
301 vgl. Linhardt (2015) S.64f

104
5.4 Modell des Kältespeichers

Hauptgleichung des Speichermodells


Die Konvektions-Diffusions-Gleichung ist eine parabolische, partielle Differentialglei-
chung, welche die zeitliche ( ) und räumliche ( ) Veränderung der Temperatur 𝑇 in ei-
nem Körper unter Berücksichtigung des richtungsgebundenen Stofftransports be-
schreibt. Hierfür werden ein Advektions- und ein Diffusionsterm nach Gleichung 59 be-
nötigt302. Der Advektionsterm bildet den Transport der Temperaturverteilung
𝑇 = 𝑇( , ) durch den Speichertank ab. Die Strömungsgeschwindigkeit 𝑤 beschreibt
dabei die Strecke, mit welcher das Temperaturprofil pro Zeiteinheit durch den Speicher-
tank verschoben wird. Das Vorzeichen der Strömungsgeschwindigkeit gibt die Laderich-
tung (Be- oder Entladung) des Speichers vor. Für die Berücksichtigung des Wär-
metransports über die Speicherhülle wird ein Quellen-/Senken-Term hinzugefügt, wel-
cher die Temperaturänderung im Speichermedium durch Ein- oder Austrag von Wär-
meenergie in Abhängigkeit des Wärmedurchgangskoeffizienten 𝑘 und der Umgebungs-
temperatur 𝑇𝑈 . beschreibt. Dieser Term enthält die Dichte 𝜌 und spezifische Wärmeka-
pazität 𝑐𝑝 des Speichermaterials sowie den Umfang 𝑈 des zylindrischen Speicherbehäl-
ters und die wirksame Wärmeübertragungsfläche 𝐴.
𝜕𝑇 𝜕𝑇 𝜕2 𝑇 𝑘∙𝑈
𝜕𝑡
+ 𝑤 ∙ 𝜕𝑥 = 𝜐 ∙ 𝜕𝑥 2 + 𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝
∙ (𝑇𝑈 − 𝑇) 59

Advektion Diffusion Quelle/Senke

Das hier vorgestellte Modell beruht auf einer eindimensionalen Lösung der Energieer-
haltungsgleichung. Der thermische Speicher wird dabei in eine definierte Anzahl von
virtuellen Segmenten 𝑖 mit uniformer Temperatur zerlegt, welche untereinander und
mit der Umgebung Wärmeenergie übertragen303.

Diskretisierung der Hauptgleichung


Für die Lösung der in Gleichung 59 vorgestellten, partiellen Differentialgleichung zwei-
ter Ordnung werden die einzelnen Terme mit Hilfe des Crank-Nicolson-Verfahrens dis-
kretisiert. Hierfür werden die auftretenden Ableitungen durch sogenannte Differenzen-
quotienten ersetzt. Die dadurch erhaltene Differenzengleichung approximiert die Lö-
sung der Differentialgleichung an diskreten Stellen, welche den betrachteten Körper auf
räumlicher und zeitlicher Ebene beschreiben. Durch die stückweise Linearisierung der
Differentialgleichung mit Hilfe der Differenzengleichung entsteht ein Fehler, welcher
auch als Diskretisierungsfehler bezeichnet wird304. Dieser gibt die Abweichung von der
exakten Lösung der Differentialgleichung an und stellt somit ein Maß für die Genauigkeit
des Verfahrens dar. Mit steigendem Diskretisierungsfehler nimmt die Genauigkeit der
Lösung ab. Durch eine Erhöhung der Anzahl der diskreten Stellen kann der Diskretisie-
rungsfehler minimiert werden. Hierbei nehmen die Genauigkeit der Approximation,
aber auch der Rechenaufwand zu. Die aufgespannte Ebene der räumlichen (Index 𝑖) und
zeitlichen (Index 𝑘) Stützstellen wird üblicherweise auch als Rechengitter des Verfah-

302 vgl. Nelson (1999) S.92


303 vgl. De Césaro Oliveski (2003) S.121ff
304 vgl. Huckle (2006) S.289

105
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

rens bezeichnet305. Abbildung 49 stellt schematisch das Rechengitter für eine einfache,
explizite Diskretisierung dar.306

t
𝑇𝑖𝑘+1
𝑘+1

𝑘
𝑘
𝑇𝑖−1 𝑇𝑖𝑘 𝑘
𝑇𝑖+1
𝑘−1

1
∆t
0
∆x

0 1 𝑖−1 𝑖 𝑖+1 𝑛
x
Abbildung 49: Schematische Darstellung des Rechengitters eines expliziten Differenzenverfah-
rens307

Bei expliziten Lösungsverfahren wird die erste Ableitung nach der Zeit durch den vorde-
ren Differenzenquotienten ersetzt. Dieses Verfahren erster Ordnung ist im Vergleich
zum zentralen Differenzenquotienten und Verfahren höherer Ordnung ungenauer308, da
sein Diskretisierungsfehler proportional zur Maschenweite ∆ des Gitters ist.309

𝜕𝑇 𝑘 𝑇𝑖𝑘+1 −𝑇𝑖𝑘
( 𝜕𝑡 ) = ∆𝑡
60
𝑖

Der Advektionsterm wird im einfachsten Fall mit dem Vorwärts- oder Rückwärtsdiffe-
renzenverfahren diskretisiert. Diese Methode ist ebenfalls ungenauer als Verfahren hö-
herer Ordnung, aber dafür numerisch stabiler310. Die gewünschte Information über die
Temperatur im Speicher wird bei Advektion mit der Strömung in der jeweiligen Rich-
tung der Speicherladung transportiert. Um die Temperatur des einströmenden Wassers
in den Speichertank zu berücksichtigen, muss die Diskretisierung des Advektionsterms
in Richtung des Strömungsursprungs erfolgen. Da sich die Einströmseite eines Verdrän-
gungsspeichers nach Abbildung 18 bei der Be- und Entladung verändert, muss auch die
Diskretisierung des Advektionsterms für diese beiden Fälle angepasst werden.311

𝜕𝑇 𝑘 𝑇𝑖𝑘 −𝑇𝑖−1
𝑘
(𝜕𝑥 ) = ∆𝑥
Rückwärtsdifferenzenquotient 61
𝑖

𝜕𝑇 𝑘 𝑘
𝑇𝑖+1 −𝑇𝑖𝑘
(𝜕𝑥 ) = ∆𝑥
Vorwärtsdifferenzenquotient 62
𝑖

305 vgl. Baehr (2008) S.213


306 vgl. Baehr (2008) S.213
307 nach Baehr (2008) S.213f
308 vgl. Lecheler (2011) S.44
309 vgl. Baehr (2008) S.214f
310 vgl. Lecheler (2011) S.52f
311 vgl. Lecheler (2011) S.53

106
5.4 Modell des Kältespeichers

Die Courant-Zahl ist eine dimensionslose Größe, welche zur Abschätzung der Lösungs-
genauigkeit des Advektionsterms bei expliziten Differenzenverfahren herangezogen
werden kann.312
𝑤∙∆𝑡
𝑟= ∆𝑥
63

Dabei stellen 𝑤 die Fließgeschwindigkeit im Tankinneren und ∆ /∆ die Gitterauflösung


dar. Ist die Courant-Zahl größer als eins, wird die Lösung instabil. Bei 𝑟 < bleibt die
Lösung zwar immer stabil, aber es entstehen künstliche Vermischungseffekte am Strö-
mungseintritt in den Tank (numerische Diffusion), welche die Genauigkeit gegenüber
der exakten Lösung reduzieren313. Für 𝑟 = ist die Lösung frei von numerischer Diffu-
sion und das Verfahren stabil.314
Im Gegensatz zum Advektionsterm wird der Diffusionsterm häufig mit dem genaueren,
zentralen Differenzenverfahren diskretisiert. Der Diskretisierungsfehler dieses Diffe-
renzenquotienten ist proportional zu ∆ 2 , wodurch das Verfahren bei Verkleinerung der
Maschenweite ∆ gegenüber Verfahren erster Ordnung an Genauigkeit gewinnt.315
𝑘 𝑘
𝜕2 𝑇 𝑇𝑖−1 −2∙𝑇𝑖𝑘 +𝑇𝑖+1
𝑘
(𝜕𝑥 2 ) = ∆𝑥 2
64
𝑖

Um die Temperaturverteilung mit hoher Näherung an die exakte Lösung zu bestimmen,


sind mit dem vorgestellten expliziten Differenzenverfahren sehr viele Zeitschritte not-
wendig. Durch die Verwendung eines impliziten Verfahrens kann diese Beschränkung
aufgehoben werden. Das sogenannte Crank-Nicolson-Verfahren stellt ein implizites Dif-
ferenzenverfahren dar, bei welchem die bekannten Zeitschritte 𝑘 sowie die unbekann-
ten Zeitschritte 𝑘+1 mit einem Wichtungsfaktor 𝛩 versehen werden. Für 𝛩 = ⁄ ver-
hält sich der Diskretisierungsfehler proportional zu Δ 2 , da die Differentialgleichung
zum dazwischenliegenden Zeitpunkt 𝑘 + Δ / diskretisiert wird. Die erste Ableitung
nach der Zeit erfolgt dabei durch den genaueren zentralen Differenzenquotienten.316

𝜕𝑇 𝑘+𝛩 𝑇𝑖𝑘+1 −𝑇𝑖𝑘


( 𝜕𝑡 ) = ∆𝑡
65
𝑖

Auch für die erste und zweite Ableitung des Ortes lassen sich die Differenzenquotienten
zum Zeitpunkt 𝑘 + Δ / bilden. Wird der Wichtungsfaktor 𝛩 = ⁄ eingesetzt, so ergibt
sich das arithmetische Mittel der Differenzenquotienten zu den Zeiten 𝑘 und 𝑘+1 . Bei
𝛩 = 0 liegt dagegen ein vollständig explizites Verfahren vor, während bei 𝛩 = ein voll-
ständig implizites Verfahren (ohne die Werte der Zeitebene 𝑘 ) genutzt wird. Durch die
Verwendung der variablen Form 𝛩 kann später in der Simulation fließend zwischen dem
expliziten und impliziten Verfahren gewichtet werden.317

312 vgl. Anderson (2009) S.101


313 vgl. Oppel (1986b) S.211
314 vgl. Oppel (1986b) S.209ff
315 vgl. Baehr (2008) S.214
316 vgl. Baehr (2008) S.224
317 vgl. Baehr (2008) S.224

107
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

𝜕𝑇 𝑘+𝛩 𝑇𝑖𝑘 −𝑇𝑖−1


𝑘
𝑇𝑖𝑘+1 −𝑇𝑖−1
𝑘+1
( )
𝜕𝑥 𝑖
= ( − 𝛩) ∙
∆𝑥
+𝛩∙
∆𝑥
66

𝑘+𝛩 𝑘
𝜕2 𝑇 𝑇𝑖−1 −2∙𝑇𝑖𝑘 +𝑇𝑖+1
𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖−1 −2∙𝑇𝑖𝑘+1 +𝑇𝑖+1
𝑘+1
(𝜕𝑥 2 ) = ( − 𝛩) ∙ ∆𝑥 2
+𝛩∙ ∆𝑥 2
67
𝑖

Gleichung 68 stellt die Diskretisierung der Gleichung 59 für eine Speicherbeladung dar.
Die isobare Wärmekapazität 𝑐𝑝𝑘+1 und die Temperaturleitfähigkeit 𝜐 𝑘+1 des Zeit-
schritts 𝑘+1 werden dabei gleich den Werten des Zeitschritts 𝑘 gesetzt. Diese Vereinfa-
chung kann getroffen werden, da sich die temperaturabhängigen Stoffwerte des Spei-
chermediums bei kleinen Zeitschritten Δ nur unwesentlich verändern. Auch der Wär-
medurchgangskoeffizient 𝑘 besitzt eine geringe Temperaturabhängigkeit. Diese wird
durch Verwendung eines mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten für die erwarteten
Temperaturdifferenzen zwischen Speichermedium und Umgebung berücksichtigt. Der
Verweis auf den Zeitschritt wird für die genannten Variablen in den folgenden Betrach-
tungen vernachlässigt.

𝑇𝑖𝑘+1 −𝑇𝑖𝑘 𝑇𝑖𝑘 −𝑇𝑖−1


𝑘
𝑇𝑖𝑘+1 −𝑇𝑖−1
𝑘+1

∆𝑡
+ ( − 𝛩) ∙ 𝑤 ∙ ∆𝑥
+𝛩∙𝑤∙ ∆𝑥
= 68
𝑘
𝑇𝑖−1 − ∙ 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖−1 − ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1
( − 𝛩) ∙ 𝜐 ∙ +𝛩∙𝜐∙ +
∆ 2 ∆ 2
𝑘∙𝑈
𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝
∙ (𝛩 ∙ 𝑇𝑈𝑘+1 + ( − 𝛩) ∙ 𝑇𝑈𝑘 − 𝛩 ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 − ( − 𝛩) ∙ 𝑇𝑖𝑘 )

Die Temperatur 𝑇𝑖𝑘+1 kann beim impliziten Crank-Nicolson-Verfahren nicht einfach zum
𝑘+1 𝑘+1
Zeitpunkt 𝑘+1 berechnet werden, da die Größen 𝑇𝑖+1 und 𝑇𝑖−1 noch unbekannt sind
(siehe Abbildung 50).
t
𝑘+1
𝑇𝑖−1 𝑇𝑖𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑖+1
𝑘+1
𝑘+1⁄2
𝑘+1⁄2 𝑇𝑖

𝑘
𝑘
𝑇𝑖−1 𝑇𝑖𝑘 𝑘
𝑇𝑖+1

∆t/2

∆x

𝑖−1 𝑖 𝑖+1 𝑛
x
Abbildung 50: Schematische Darstellung des Rechengitters beim Crank-Nicolson Verfahren

Erst nach Aufstellung der Gleichungen für alle Gitterpunkte und anschließender Lösung
des gesamten Gleichungssystems kann die Temperatur 𝑇𝑖𝑘+1 bestimmt werden. In der
Regel ergeben implizite Differenzverfahren bei zentraler, räumlicher Diskretisierung ein
sogenanntes tridiagonales Gleichungssystem, bei welchem nur die Hauptdiagonale so-
wie die links und rechts angrenzende Diagonale der Matrix besetzt sind. Alle weiteren

108
5.4 Modell des Kältespeichers

Einträge der Matrix besitzen den Wert Null. Die Lösung dieses Gleichungssystems ist
häufig aufwändiger als bei expliziten Verfahren. Dafür sind implizite Verfahren stabiler
und ermöglichen größere Zeitschritte ∆ . Hierdurch kann die Rechenzeit trotz der auf-
wändigeren Lösungsverfahren gegenüber expliziten Verfahren reduziert werden318.
Während die in Gleichung 63 vorgestellte Courant-Zahl bei expliziten Differenzenverfah-
ren stets kleiner als eins sein muss, darf sie bei impliziten Verfahren sehr viel größer
werden und erzielt immer noch eine konvergente Lösung319.

Integration der Randbedingungen


Für die Integration der Randbedingungen müssen die Ränder des betrachteten Simula-
tionsgebietes festgelegt werden. In vielen Körpern ist es üblich, eine innere Symmetrie-
ebene festzulegen, an der sich die Temperaturverläufe spiegeln. Somit lassen sich die
Anzahl der Ränder und der Rechenaufwand reduzieren. Im betrachteten Fall ist dies
aufgrund der asymmetrischen Temperaturschichtung im Speicherinneren nicht möglich.
Es werden daher für beide Ränder Randbedingungen gesucht, um den Wärmeeintrag
aus der Umgebung zu berücksichtigen. Hierfür wird angenommen, dass das Speicher-
medium am oberen und unteren Rand Wärmeenergie über die Speicherwand mit der
Umgebung austauscht. Abbildung 51 zeigt die räumliche Diskretisierung des betrachte-
ten Speicherzylinders.

𝛼⁄𝜆 (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈 ) 𝑤𝑒𝑛𝑡𝑙 , 𝑇𝑅𝐿


𝑛+1 (oberer Ran )
𝑇𝑛𝑘 𝑛 =𝐻
N
𝑛−1

= 𝑘 ∆x
𝑇𝑈

𝑘
𝑇𝑖+1 𝑖+1
𝑇𝑖𝑘 𝑖
𝑖−1
𝑘
𝑘 𝑈 ∆ (𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑈 )

1 2
𝑇1𝑘 1 =0
0 (unterer Ran )
𝛼⁄𝜆 (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈 ) 𝑤𝑏𝑒𝑙 , 𝑇𝑉𝐿
Abbildung 51: Diskretisierung des Speichertanks für die Integration der Randbedingungen

318 vgl. Lecheler (2011) S.55f


319 vgl. Lecheler (2011) S.57

109
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Die Wärmeübergangsbedingung (siehe Gleichung 12)320


𝜕𝑇 𝛼
𝜕𝑥
= 𝜆
∙ (𝑇 − 𝑇𝑈 ) 69

wird mit dem zentralen Differenzenverfahren diskretisiert, sodass 𝑇0 und 𝑇𝑛+1 über den
Rand des Rechengitters hinausragen. Beide Ränder fallen an den Stellen 1 und 𝑛 mit
einer Gitterlinie zusammen, dadurch kann die Randtemperatur 𝑇 in Gleichung 69 unmit-
telbar im Differenzenverfahren genutzt werden. Nach der Diskretisierung ergeben sich
die Wärmeübergangsbedingungen am unteren und oberen Rand. Die Vorzeichenände-
rung entsteht durch die Bildung der Ableitung in Richtung der äußeren Flächennormale.
Durch das Einsetzen der Randbedingungen werden die außerhalb des Rechengitters
liegenden Temperaturen 𝑇0𝑘 und 𝑇𝑛+1
𝑘
aus dem Gleichungssystem eliminiert.321
𝛼∙∆𝑥
𝑇0𝑘 = 𝑇2𝑘 − ∙ ∙ (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) 70
𝜆

𝑘 𝑘 𝛼∙∆𝑥
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) 71
𝜆

In den dargestellten Gleichungen tritt der Term 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆 auf, welcher auch als Biot-
Zahl 𝐵𝑖 des Verfahrens bezeichnet wird. Da bei der betrachteten Speicherwand ein
Wärmedurchgang und kein Wärmeübergang vorliegt, wird der Wärmeübergangskoeffi-
zient 𝛼 durch den gemessenen Wärmedurchgangskoeffizienten 𝑘 ersetzt. Die Stabilität
des expliziten Differenzenverfahrens nimmt durch die Berücksichtigung der Randbedin-
gungen ab. Liegt die Stabilitätsgrenze des expliziten Verfahrens noch bei
2
𝑀 = 𝜐 ∙ ∆ ⁄∆ ≤ /
so muss bei Verwendung der vorgestellten Randbedingungen

𝑀 ≤ /[ ∙ ( + 𝐵𝑖)]
erfüllt werden322. Durch das Crank-Nicolson-Verfahren ist die Berechnung dagegen für
alle 𝑀 stabil. Die Auswahl des Zeitschritts ∆ erfolgt nur in Abhängigkeit der Genauig-
keitsanforderung. Mit steigenden Werten für die Stabilitätsgrenze 𝑀 können endliche
Schwingungen in der numerischen Lösung auftreten, die nur allmählich und mit fort-
schreitendem Zeitschritt 𝑘 abklingen.323

Aufstellung des Gleichungssystems


Zur Lösung des diskretisierten Differentialgleichungssystems werden zwei Tridiago-
nalmatrizen A und B mit den Lösungsgleichungen für jede betrachtete Schicht 𝑖 des
Speichers für die Zeitschritte 𝑘 und 𝑘+1 aufgestellt. Die Matrixschreibweise ist in Glei-
chung 72 gegeben.

𝐴 ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 = 𝐵 ∙ 𝑇𝑖𝑘 + 72

320 vgl. Baehr (2008) S.219


321 vgl. Baehr (2008) S.219
322 vgl. Baehr (2008) S.2S.215ff
323 vgl. Baehr (2008) S.225

110
5.4 Modell des Kältespeichers

Der Wichtungsfaktor 𝛩 wird für eine bessere Übersicht im Folgenden mit den Variablen
𝛩1 = 𝛩 und 𝛩2 = − 𝛩 substituiert. Außerdem werden die Faktoren der einzelnen
Differenzenquotienten mit den Buchstaben , 𝐷 und 𝑆 substituiert.
𝑤∙∆𝑡
= − 2∆𝑥 73
𝜐∙∆𝑡
𝐷= ∆𝑥²
74
𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝑆 = − 𝐴∙𝜌∙𝑐 75
𝑝

Damit sind die Tridiagonalmatrizen für 𝐴 und 𝐵 festgelegt. Nach Gleichung 72 ergibt sich
das zu lösende Gleichungssystem für die Beladung des Speichers zu.
+ ∙ 𝐷 ∙ 𝛩1 + 𝑆 ∙ 𝛩1 − ∙ 𝛩1 −𝐷 ∙ 𝛩1 … 𝑇1𝑘+1
( ∙ 𝛩1 − 𝐷 ∙ 𝛩1 ⋮ −𝐷 ∙ 𝛩1 )∙( ⋮ ) = 76
… ∙ 𝛩1 − 𝐷 ∙ 𝛩1 + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩1 + 𝑆 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩1 𝑇𝑛𝑘+1

− ∙ 𝐷 ∙ 𝛩2 − 𝑆 ∙ 𝛩2 + ∙ 𝛩2 𝐷 ∙ 𝛩2 … 𝑇1𝑘
( 𝐷 ∙ 𝛩2 − ∙ 𝛩2 ⋮ 𝐷 ∙ 𝛩2 )∙( ⋮ )
… 𝐷 ∙ 𝛩2 − ∙ 𝛩2 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩2 − 𝑆 ∙ 𝛩2 + ∙ 𝛩2 𝑇𝑛𝑘

+(𝑆 ∙ 𝛩1 + 𝑆 ∙ 𝛩2 ) ∙ 𝑇𝑈

Am unteren und oberen Rand werden anschließend die Randbedingungen nach Glei-
chung 70 und Gleichung 71 eingesetzt. Durch Annahme einer konstanten Umgebungs-
temperatur 𝑇𝑈 für die Zeitschritte 𝑘 und 𝑘+1 können die Gleichungen für die erste und
letzte Schicht des Speichers wie folgt vereinfacht werden.

Unterer Rand: 77
𝑇1𝑘+1 ∙ ( + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 + 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖 − ∙ ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑇2𝑘+1 ∙ ( ∙ 𝛩 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ) =

𝑇1𝑘 ∙ ( − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝛩 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖 + ∙ ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑇2𝑘 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 ) + 𝑇𝑈 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝐵𝑖 − ∙ ∙ 𝐵𝑖 + 𝑆)

Oberer Rand: 78
𝑇𝑛𝑘+1 ∙ ( + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 + 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑘+1 (
𝑇𝑛−1 ∙ ∙𝛩 − ∙𝐷∙𝛩 )=

𝑇𝑛𝑘 ∙ ( − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝛩 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑘
𝑇𝑛−1 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 ) + 𝑇𝑈 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝐵𝑖 + 𝑆)

Die Umkehr der Strömungsrichtung bei der Entladung des Speichers erfordert eine se-
parate Herleitung der Lösungsmatrizen. Bei Stillstand des Speichers findet dagegen kei-
ne Advektion statt, hierfür wird die Gleichung 59 ohne den Advektionsterm diskretisiert.
Die Herleitung des Gleichungssystems für diese beiden Betriebsfälle ist im Anhang C.1
beschrieben.

111
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Wärmeleitung über die Speicherwand


Da die Speicherwand im vorgestellten Modell nicht separat betrachtet wird, erfolgt die
Berechnung des Wärmeaustauschs mit der Umgebung über den Wärmedurchgangskoef-
fizienten 𝑘. Dieser wird für die Systemsimulationen vereinfachend als konstant ange-
nommen wird. Der 𝑘-Wert wird auf Basis der Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffs Arma-
flex324 für eine Wandstärke von 0, m überschlägig zu 0, 65 W/(m2 K) berechnet. Hier-
für wird der Wärmeleitkoeffizient des Dämmmaterials auf die Wandstärke bezogen325.
Für die Validierung des Speichermodells wird dagegen der empirisch bestimmte Wert
des Wärmedurchgangskoeffizienten verwendet.

Im Referenzmodell nach Nelson et al. wird außerdem die Wärmeleitung entlang der
Speicherwand berücksichtigt, welche nach Abschnitt 3.6 eine thermische Brücke zwi-
schen der kalten und der warmen Phase des Verdrängungsspeichers darstellt. Hierfür
stellen die Autoren ein zweites Differentialgleichungssystem nach Gleichung 59 auf (oh-
ne Advektionsterm), welches die Temperaturverteilung in der Speicherwand berech-
net326. Die beiden Gleichungssysteme werden anschließend über eine Wärmeüber-
gangsbedingung gekoppelt, welche den Wärmetransport zwischen Speicherfluid und
Speicherwand der einzelnen Segmente 𝑖 berücksichtigt. Das von Nelson et al. vorge-
schlagene Verfahren ist aufwändig und verdoppelt die Rechenzeit des Speichermodells.
Aufgrund der geringen Abmessungen üblicher Wandstärken wurde der Einfluss der
Speicherwand von mehreren Autoren als vernachlässigbar eingeschätzt327,328, da das
Verhältnis der thermischen Kapazität der Speicherwand und des Speicherbehälters ge-
ring ist und der Wärmetransport über die Speicherwand hin zur Umgebung überwiegt.
Gretarsson et al. 329 untersuchten den Einfluss der Speicherwand auf den Energieinhalt
des Speichers mit Hilfe zweier Modelle, von denen nur eines die Wärmeleitung in der
Wand berücksichtigte. Sie gaben an, dass die Abweichung zwischen beiden Modellen
nach einem Ladeprozess kleiner als 3 % war, wenn das Verhältnis der Wärmekapazitä-
ten der Wand und des Speichermediums unter einem Wert von 0,2 lag. Diese Bedingung
ist aus Sicht der Autoren für alle gebräuchlichen Speicher erfüllt. Aus diesen Gründen
werden in auch in der vorliegenden Arbeit die axiale Wärmeleitung in der Speicherwand
sowie die Wärmekapazität des Tankzylinders vernachlässigt und das Modell entspre-
chend vereinfacht.

Berücksichtigung natürlicher Konvektionseffekte im Speicher


Das Modell nach Gleichung 59 berücksichtigt Wärmeleitungs-, Wärmeübertragungs- und
Wärmetransportprozesse innerhalb eines sensiblen Verdrängungsspeichers. Aufgrund
der Vernachlässigung von Strömungseffekten ist das beschriebene Verhalten gegenüber
einem realen Speichersystem idealisiert. Natürliche und erzwungene Konvektionseffek-

324 vgl. Gottfried (2013) S.735


325 vgl. Hauer (2013) S.65
326 vgl. Nelson (1999) S.92
327 vgl. Cole (1982) S.7
328 vgl. Gretarsson (1994) S.1218ff
329 vgl. Gretarsson (1994) S.1219f

112
5.4 Modell des Kältespeichers

te im Speicher führen jedoch grundsätzlich zu einer Bewegung von Fluidelementen, wel-


che das Temperaturprofil des Speichers beeinflussen.

Insbesondere die Beschreibung dichtegetriebener Prozesse ist ein wichtiger Faktor, da


sich die Speichersegmente im Kopf- und Bodenbereich des Kältespeichers aufgrund der
größeren Austauschflächen mit der Umgebung stärker erwärmen und Konvektions-
strömungen verursachen. Werden dichtegetriebene Ausgleichsvorgänge im Speicher-
medium vernachlässigt, so ergeben sich bei der Simulation des Speichers Temperatur-
verläufe, welche signifikant von realen Messwerten abweichen. Dies ist auf einen kon-
vektiven Transport von wärmeren Fluidelementen in die oberen Speicherschichten zu-
rückzuführen, welcher im vorliegenden Ansatz nur mit einem künstlichen Term abge-
bildet werden kann. Eine Vernachlässigung von dichtegetriebenen Ausgleichsvorgängen
führt somit zu einem unrealistischen Schichtungsverhalten und Fehlern bei der Vorher-
sage der Temperaturen in den unteren und oberen Speichersegmenten. Um diese Ein-
flüsse zu berücksichtigen, haben verschiedene Autoren Algorithmen vorgeschlagen, wel-
che diese Dichteeffekte nachahmen. Als Beispiele sei Franke330 angeführt, dessen Algo-
rithmus die Temperatur eines von Dichteinversion betroffenen Tanksegments mit der
jeweils zur Dichte passenden Temperaturschicht austauscht. Eine Dichteinversion liegt
dann vor, wenn sich Fluidelemente nicht in den Segmenten befinden, in welche sie sich
aufgrund ihrer Temperatur und Dichte durch natürliche Konvektionsprozesse einord-
nen würden. Dies kann z. B. passieren, wenn sich eine Schicht warmen Wassers auf-
grund der Erwärmung im Bodenbereich unterhalb der kalten Phase ansammelt. Eine
alternative Methode wurde von Klein et al. vorgestellt, bei welcher die von der Dichtein-
version betroffenen Segmente durch eine gewichtete, mittlere Temperatur kompensiert
werden331. Der Algorithmus muss den Temperaturvektor hierfür vorwärts und rück-
wärts durchlaufen, um die entsprechenden Segmente mit Bezug auf das erste abwei-
chende Segment anzupassen und anschließend dabei entstandene Diskontinuitäten auf-
zuheben332. Ein Vergleich der beiden Ansätze zeigte eine gute Übereinstimmung beider
Modelle333.

Für die Berücksichtigung dichtegetriebener Konvektionseffekte wurde der Ansatz nach


Franke im oben vorgestellten Speichermodell implementiert. Hierfür wird ein Algorith-
mus eingesetzt, welcher die Temperaturen im Speichertank nach ihrer Größe sortiert.
Der Algorithmus wird im Anschluss an die Berechnung des Temperaturprofils im Spei-
cher nach Gleichung 59 in jedem Zeitschritt ausgeführt, um aufgetretene Dichteinversio-
nen zu korrigieren. Obwohl diese Maßnahme zunächst abstrakt erscheint, besitzt sie
doch eine physikalische Rechtfertigung: Im realen Speichermedium beschränkt sich die
Transportstrecke eines Fluidelements, welches sich z. B. an der Bodenplatte des Spei-
chertanks erwärmt, auf eine relativ kleine Distanz. Kältere Fluidelemente sinken auf-
grund der höheren Dichte unmittelbar ab und ersetzen diese erwärmten Elemente. Bei
kurzen Zeitschritten erwärmen sich die Fluidelemente in Bodennähe des simulierten

330 vgl. Franke (1997) S.173


331 Klein (1990) nach De Césaro Oliveski (2003) S.126f
332 Klein (1990) nach De Césaro Oliveski (2003) S.126f
333 vgl. De Césaro Oliveski (2003) S.131

113
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Speichers ebenfalls nur marginal. Der Algorithmus zur Korrektur der Dichteinversion
transportiert sie daher nicht quer durch das Speichermedium, sondern (analog zum
realen Tank) lediglich zum nächsten Segment mit dem passenden Temperaturniveau.
Die Genauigkeit dieses künstlichen Verfahrens steigt mit höherer räumlicher und zeitli-
cher Diskretisierung des Speichers. Im Rahmen der Energiesystemsimulation wird der
Speicher in = 00 Segmente aufgeteilt. Das Speichermodell wird mindestens einmal
pro Minute aufgerufen und ausgeführt. Bei dieser räumlichen und zeitlichen Diskretisie-
rung wird von einer adäquaten Repräsentation der natürlichen Konvektionsprozesse
ausgegangen.

Abbildung 52 zeigt Temperaturprofile verschiedener Zeitpunkte in einem stehenden


Kältespeicher, welcher durch Wärmeeintrag aus der Umgebung aufgewärmt wird. Zum
Vergleich sind die Simulationsergebnisse eines Modells ohne Dichtekompensation und
eines Modells mit künstlicher Dichtekompensation aufgetragen. Die dargestellten Tem-
peraturprofile implizieren, dass sich die natürlichen Konvektionserscheinungen im
Speichermedium mit dem Algorithmus zur Korrektur von Dichteinversionen sehr gut
nachbilden lassen. Die Messdaten wurden mit Hilfe einer Testanlage für Kältespeicher
aufgenommen. Das Tankvolumen des Testspeichers beträgt einen Kubikmeter und kann
über eine separate Kältemaschine auf beliebige Temperaturniveaus eingestellt werden.

Einfluss der Modellierung von Dichteeffekten auf die thermische Schichtung


1,4
Messwerte
Modell mit Dichtekompensation
1,2 Modell ohne Dichtekompensation
Speicherhöhe in m

1
Randbedingungen:
Speichervolumen: 1m³
0,8 Tank-Geometrie: Zylinder
Tank-Aspektverhältnis: 1,49
0,6 Speichermedium: Wasser
Dämmung: 2,5cm Armaflex
Umgebungstemperatur: 20°C
0,4

0h 50h 100h
0,2

9 10 11 12 13 14 15
Temperatur in °C
Abbildung 52: Vergleich der experimentellen Messdaten mit den Simulationsergebnissen
zweier Modelle mit Dichtekompensation und ohne Dichtekompensation

Nelson et al. geben keinen Aufschluss über die Verwendung von Algorithmen zur Kom-
pensation natürlicher Konvektionseffekte. Nach der Beschreibung der Autoren334 wird
angenommen, dass das Modell keine Berücksichtigung von Dichteeffekten umfasst. Die
auf Abbildung 52 dargestellte Aufwärmung der Tanksegmente in Bodennähe wird ver-
mutlich durch eine adiabate Randbedingung im Bodenbereich verhindert, welche auch
in der Herleitung des Modells beschrieben wird335. Durch diese Umsetzung würde je-
doch der Wärmeeintrag im Bodenbereich des Speichertanks nach Gleichung 70 redu-

334 vgl. Nelson (1999) S.92ff


335 vgl. Nelson (1999) S.93f

114
5.4 Modell des Kältespeichers

ziert, was die Genauigkeit des Modells insbesondere bei längeren Betrachtungszeiträu-
men kompromittiert. Das in dieser Arbeit verwendete Modell unterscheidet sich in die-
sem Punkt von dem Referenzmodell und nutzt einen künstlichen Algorithmus, um dich-
tegetriebene Ausgleichseffekte durch den Wärmeeintrag über die Speicherhülle zu be-
rücksichtigen.

Erzwungene Konvektionseffekte im Speicher


Neben natürlichen Konvektionseffekten führen insbesondere erzwungene Konvektions-
effekte zu einer Degradation der thermischen Schichtung. Diese Effekte können in Ab-
hängigkeit des verwendeten Ladesystems und der vorliegenden Strömungsgeschwin-
digkeit am Einlass des Speichers einen großen Einfluss auf die Thermokline ausüben.
Empirische Modelle für eine Beschreibung dieser Vorgänge reichen von einer künstli-
chen Erhöhung der Temperaturleitfähigkeit 𝜐 im Diffusionsterm336 über die Annahme
eines Mischkoeffizienten für die Vermischung der Speichertemperaturen in der Nähe
des Strömungseintritts337 bis hin zur Definition von strömungsabhängigen Mischungs-
kennzahlen für unterschiedliche Speichersegmente338. Während diese Modelle gut mit
einem vorhandenen Datensatz in Übereinstimmung gebracht werden können, bieten sie
keine übertragbaren Aussagen für andere Speichersysteme. Dies ist auf die Vielzahl exis-
tierender Ladesysteme339 zurückzuführen, welche in Abhängigkeit der geometrischen
Abmessungen des Speichertanks sowie der Betriebsbedingungen unterschiedliche Ein-
flüsse auf die Übergangszone ausüben. Die Übertragung eines empirischen Modells auf
eine andere Speicheranlage mit abweichenden Geometrien und Ladesystemen erscheint
daher als fragwürdig. Hinzu kommt, dass bisherige Studien vor allem kleine Laborspei-
cher zum Zwecke einer experimentellen Validierung aufgebaut haben. Ob die Ergebnisse
kleiner Speichersysteme auf größere Speicheranlagen übertragen werden können, ist
bislang nicht untersucht worden340.

Nelson et al. setzten das oben vorgestellte Modell nach Gleichung 59 für eine parametri-
sche Untersuchung verschiedener Einflüsse auf die Güte der thermischen Schichtung
ein. Dabei wurde auch der Einfluss unterschiedlicher Ladevolumenströme auf die Ther-
mokline betrachtet. Als Bewertungsgrundlage diente dabei die Veränderung der Über-
gangszone zwischen Start- und Endzustand einzelner Ladeprozesse. Das Modell ergab
mit den eingesetzten Mischungsalgorithmen eine hohe Degradation der Thermokline bei
niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten341. Mit steigenden Volumenströmen reduzierte
sich der Einfluss degradierender Effekte auf die thermische Schichtung gegenüber La-
deprozessen mit geringerer Strömungsgeschwindigkeit. Ab einem Grenzwert blieb der
Einfluss der Degradation konstant342. Die Autoren führten dieses Verhalten auf zeitab-
hängige Verlustmechanismen (thermische Diffusion, Wärmeleitung in der Speicher-

336 vgl. Oppel (1986b) S.208f


337 vgl. Gretarsson (1994) S.1217
338 vgl. Nelson (1999) S.112ff
339 vgl. Göppert (2008) S.288
340 vgl. Göppert (2008) S.292
341 vgl. Nelson (1999) S.102
342 vgl. Nelson (1999) S.103

115
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

wand, Wärmetransport über Speicherhülle) zurück, welche bei einer längeren Ladedau-
er einen größeren Einfluss auf die Übergangszone ausüben. Das Ergebnis einer besseren
Schichtung bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten widerspricht den in dieser Arbeit
durchgeführten Experimenten. Dies zeigt, dass die Anwendung künstlicher Verfahren
zur Beschreibung von erzwungenen Konvektionseffekten nur in einem vorher validier-
ten Parameterraum zulässig ist. Aus den genannten Gründen wird in dieser Arbeit von
einer künstlichen Beschreibung der Vermischungseffekte abgesehen. Die Validierung
des hier vorgestellten Modells soll die Zulässigkeit der oben getroffenen Annahme über-
prüfen.

5.4.2 Validierung des Speichermodells


Ein Großteil der Studien zu eindimensionalen Speichermodellen beschränkt sich bei der
experimentellen Validierung auf kleine Speicheranlagen mit begrenzten Volumina von
12343, 70344, 78345, 89346 und 260347 Litern. Trotz der kleinen Volumina kamen in mehre-
ren Studien Tankbehälter mit hoher Wandstärke zum Einsatz, wodurch das Verhältnis
der thermischen Kapazitäten der Speicherwand und des Speichermediums unüblich
hoch ausfällt. Dies führt zu einem größeren Einfluss von Verlusteffekten über die Spei-
cherwand und zu einer Vergrößerung der Übergangszone im thermischen Speicher. Da-
neben besaß die Mehrheit der Experimentalaufbauten aus den oben genannten Studien
schlanke Speicherbehälter mit einem Aspektverhältnis 𝐴𝑉 größer als zwei. Das Aspekt-
verhältnis eines sensiblen Verdrängungsspeichers gibt die Höhe des Tanks im Verhältnis
zu seinem Durchmesser an. Schlanke Speicher mit einem großen Aspektverhältnis besit-
zen eine bessere thermische Schichtung (siehe Abschnitt 3.6), da der Einfluss der Wär-
meleitung im Speichermedium mit steigender Höhe des Tanks bei gleichem Durchmes-
ser abnimmt348. Hohe Speicher mit geringem Durchmesser sind jedoch wenig verbreitet,
da die Raumhöhe sowie die maximale Transportlänge üblicherweise begrenzt sind. Ein
Fokus der experimentellen Verifizierung auf Speichertanks mit großen Aspektverhält-
nissen erscheint daher nicht sinnvoll.

Bei der Validierung des hier beschriebenen Modells wird eine Testanlage eingesetzt,
welche auf die praktischen Anforderungen eines Kältespeichers angepasst ist. Hierzu
gehört insbesondere ein ausreichend großes Speichervolumen, da mit steigendem Vo-
lumen eine Abnahme des Einflusses von konvektiven Effekten beobachtet wurde 349.
Tabelle 7 enthält die relevanten Abmessungen der Speicheranlage sowie die Positionen
der eingesetzten Temperatursensoren zur Messung des Temperaturverlaufs im Spei-
cher. Der vorgestellte Aufbau ermöglicht die Untersuchung der Schichtungsgüte von
Speicherladesystemen bei unterschiedlichen Volumenströmen sowie der thermischen
Verluste des Speichers in Abhängigkeit der äußeren Dämmung. Die Testanlage besitzt

343 vgl. Shyu (1989) S.54


344 vgl. Al-Najem (1993) S.78f
345 vgl. De Césaro Oliveski (2003) S.123
346 vgl. Zurigat (1988) S.104
347 vgl. Wildin (1989) S.1087
348 vgl. Nelson (1999) S.96
349 vgl. Shin (2004) S.17

116
5.4 Modell des Kältespeichers

einen Tank aus Acrylglas, welcher etwa einen Kubikmeter Wasser aufnehmen kann. Im
Inneren des Speichers sind Pt-100 Temperatursensoren angebracht. Diese messen die
Temperaturverteilung im Speichertank auf 18 verschiedenen Höhen und werden im
Sekundentakt von einem Messsystem aufgezeichnet.

Tabelle 7: Übersicht zu der Konstruktion, den Abmessungen und der Temperaturmesstechnik


der verwendeten Testanlage

Temperatursensoren und Höhe im Daten des Speicherbehälters und


Speicher der Ladesysteme
T1 0,05 m T10 0,70 m Tankhöhe H 1,415 m
T2 0,15 m T11 0,75 m Tankinnendurchmesser 𝑑𝑖𝑛 0,95 m
T3 0,25 m T12 0,80 m Tankvolumen V 0,92 m³
T4 0,35 m T13 0,85 m Wandstärke des Tanks 𝛿𝑤 0,015 m
T5 0,45 m T14 0,90 m Dämmmaterial Armaflex
T6 0,50 m T15 1,0 m Dämmstärke 𝛿𝑖𝑠𝑜 0,025 m
T7 0,55 m T16 1,1 m Innendurchmesser der Zuleitungen 𝑑𝑖𝑛,𝑅 0,0043 m
T8 0,60 m T17 1,2 m Tankmaterial Acrylglas
T9 0,65 m T18 1,3 m Diffusormaterial Edelstahl
TUmg Umgebungstemperatur Diffusorhöhe 𝐻𝐷𝑓 0,05 m
TVL Vorlauftemperatur (unten) Diffusorradius 𝑟𝐷𝑓 0,66 m
TRL Rücklauftemperatur (oben) Tank-Aspektverhältnis 𝐴𝑉 (H/𝑑𝑖𝑛 ) 1,49

Abbildung 53 stellt den experimentellen Aufbau der Versuchsanlage dar. Der Testspei-
cher kann mit verschiedenen Temperaturen und Volumenströmen betrieben werden.
Die Temperaturen der Be- und Entladeströme werden über zwei Auslagebehälter kon-
trolliert, welche mit Hilfe einer externen Kältemaschine auf definierte Temperaturni-
veaus eingestellt werden (siehe Anhang C.2). Zwei baugleiche Pumpen setzen die Anfor-
derung einer Speicherbeladung oder -entladung aus den genannten Auslagebehältern
um und können über eine Drehzahlregelung auf den gewünschten Volumenstrom einge-
stellt werden.

Abbildung 53: Testanlage zur Validierung des Kältespeichermodells (l.: Anlage mit Auslagebe-
hälter; m.: Radialdiffusoren; r.: Acrylglaszylinder mit Bodenplatte)

117
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

An der Kopf- und Bodenplatte des Speichers sind zwei Radialdiffusoren angebracht, mit
denen das vertikale Strömungsprofil der angeschlossenen Rohrleitungen in ein horizon-
tales Strömungsprofil umgelenkt wird. Der Abstand der beiden Diffusorplatten (sog.
Diffusorhöhe) sowie ihr Radius besitzen einen großen Einfluss auf die Güte der Tempe-
raturschichtung innerhalb des Speichers. Die Dimensionierung des Radialdiffusors er-
folgte auf Basis von dedizierten Studien350,351,352. Weitere Details zur Anlage können der
Masterarbeit von Torben Knoop entnommen werden353.

Für die Validierung des Speichermodells werden sowohl Ruhephasen des Speichers
(statischer Betrieb) als auch Be- und Entladeprozesse (dynamischer Betrieb) betrachtet.
Das Ziel ist die getrennte Untersuchung der Qualität des Modells bezüglich der Be-
schreibung von äußeren Verlusten über die Speicherhülle und inneren Verlusten durch
Mischungseffekte. Als Bezugsgrößen zur Bewertung dieser Einflüsse werden die Tempe-
raturverteilung im Speicher sowie der Ladezustand 𝑆 (siehe Gleichung 58) zu defi-
nierten Zeitschritten gewählt. Im Gegensatz zum Einsatz in der Systemsimulation wird
der Ladezustand des Speichers für die Validierung nicht durch eine Temperaturgrenze
von 1,5 °C oberhalb der Vorlauftemperatur beschränkt. Für die folgende Betrachtung ist
eine exakte Angabe des Energieinhalts notwendig. Aus praktischen Gründen besitzt die
in diesem Versuch eingesetzte Dämmung eine geringere Wandstärke als übliche Spei-
cherdämmstoffe, daher ist der Wärmeeintrag aus der Umgebung im Vergleich höher.
Das verwendete Dämmmaterial Armaflex besitzt eine Wandstärke 𝛿𝑖𝑠𝑜 von 2,5 cm und
eine Wärmeleitfähigkeit 𝜆𝑖𝑠𝑜 von 0,0 W/(m K)354. Der temperaturabhängige Wärme-
durchgangskoeffizient 𝑘 wurde im Vorfeld messtechnisch ermittelt355 und liegt dem
Simulationsmodell für die Validierung zugrunde. Im gedämmten Zustand beträgt der
mittlere Wärmedurchgangskoeffizient 𝑘 1,1 W⁄(m2 K), während die Messung ohne
Dämmung einen Wert von 4,2 W⁄(m2 K) ergab. Das vorliegende Speichermodell wird
sowohl für den gedämmten, als auch für den ungedämmten Fall des Speichers validiert.

Statischer Speicherbetrieb
Für die Berechnung des Ladezustands im ruhenden Speicher werden eine Vorlauftem-
peratur von acht Grad Celsius und eine Rücklauftemperatur von zwanzig Grad Celsius
definiert. Als Startbedingung für das Speichermodell wird die gemessene Temperatur-
verteilung der Testanlage zum Zeitpunkt = 0 h herangezogen. Für die Simulation des
Speichertanks wird eine höhere Anzahl an Temperaturstützstellen = 50 benötigt, als
Temperatursensoren in der Testanlage vorhanden sind. Die Start-Temperaturverteilung
des simulierten Speichers wird daher durch Interpolation aus der gemessenen Tempe-
raturverteilung im Testspeicher berechnet. Durch diese Interpolation können sehr ge-
ringe Abweichungen auftreten, welche für die nachfolgenden Betrachtungen vernachläs-
sigt werden. Alle Ventile des Speichers bleiben während des Versuchs geschlossen, so-

350 vgl. Urbaneck (2008) S.68


351 vgl. Urbaneck (2009 a) S.35
352 vgl. Urbaneck (2009 b) S.41
353 vgl. Knoop (2014)
354 vgl. Gottfried (2013) S.735
355 vgl. Dörflinger (2015) S.74

118
5.4 Modell des Kältespeichers

dass der Einfluss von erzwungenen Strömungseffekten auf die thermische Schichtung im
Speicher ausgeschlossen werden kann. Die zeitliche Progression des simulierten und des
gemessenen Temperaturverlaufs im gedämmten Speicher ist auf Abbildung 54 darge-
stellt.
Speichererwärmung mit Dämmung
1,5 1,5
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 93,55 % SOC gemessen = 93,63 % SOC simuliert = 79,3 % SOC gemessen = 79,86 %
t=0h t = 32,3 h
1 1

0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
0 0
8 10 12 14 16 8 10 12 14 16
Temperatur in °C Temperatur in °C
1,5 1,5
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 66,65 % SOC gemessen = 67,31 % SOC simuliert = 47,06 % SOC gemessen = 47,77 %
t = 64,8 h t = 129,8 h
1 1

0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
0 0
8 10 12 14 16 8 10 12 14 16
Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung 54: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank
bei Aufwärmung mit Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten

Mit zunehmender Versuchszeit erwärmt sich der Speicherinhalt durch Wärmeeintrag


aus der Umgebung, das Temperaturprofil verschiebt sich daher mit fortschreitender Zeit
nach rechts auf der Temperaturachse. Bereits nach 30 Stunden reduziert sich der Lade-
zustand von etwa 94 % auf unter 80 %. Nach insgesamt 130 Stunden liegt der Ladezu-
stand bei etwa 47 %, die Temperatur im unteren Speichersegment hat sich in diesem
Zeitraum von etwa 9 °C auf über 14 °C erwärmt. Da das hier verwendete Speichermodell
keine Strömungserscheinungen berücksichtigt, können natürliche Konvektionseffekte
beim Aufwärmen des Speichermediums nicht physikalisch abgebildet werden. Die auf
Abbildung 54 dargestellte Ansammlung von wärmerem Wasser in der obersten Spei-
cherschicht wird von dem unter Abschnitt 5.4.1 beschriebenen Algorithmus hervorgeru-
fen, welcher die berechneten Temperaturniveaus jedes Zeitschrittes den passenden
Schichten zuordnet. Durch diese Funktion kann das physikalische Verhalten ausreichend
genau modelliert werden. Der simulierte Ladezustand besitzt gegenüber dem gemesse-
nen Ladezustand nur geringe Abweichungen von unter einem Prozent. Das Profil der
Temperaturverteilung wird durch das Modell somit gut abgebildet. Dies ist insbesonde-
re für anschließende Be- und Entladevorgänge wichtig.

In einem zweiten Versuch wurde die Dämmung um den Speicherzylinder entfernt und
erneut die zeitliche Progression der Temperaturverteilung im Speichertank aufgezeich-
net. Die Versuchszeit wurde für dieses Szenario etwas reduziert. Abbildung 55 enthält
den Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturverteilung zu vier verschie-
denen Zeitpunkten.
119
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Speichererwärmung ohne Dämmung


1,5 1,5
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 65,92 % SOC gemessen = 66,1 % SOC simuliert = 44,8 % SOC gemessen = 43,9 %
t=0h t = 22,3 h
1 1

0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
10 12 14 16 18 20 10 12 14 16 18 20
Temperatur in °C Temperatur in °C
1,5 1,5
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 29,64 % SOC gemessen = 28,89 % SOC simuliert = 18,06 % SOC gemessen = 17,71 %
t = 44,8 h t = 68,2 h
1 1

0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
10 12 14 16 18 20 10 12 14 16 18 20
Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung 55: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank
bei Aufwärmung ohne Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten

Die gemessenen Temperaturprofile des Versuchs ohne Dämmung unterscheiden sich


qualitativ signifikant von der Versuchsreihe mit vorhandener Dämmung. Bereits nach
wenigen Stunden bildet sich in diesem Szenario eine Übergangszone mit hoher Steigung
über die gesamte Höhe des Speichertanks aus. Der für die Dichteschichtung des Wassers
charakteristische Anstieg der Temperatur am oberen Ende des Tanks ist wenig ausge-
prägt. Die Temperaturverteilung kann annähernd durch eine Gerade approximiert wer-
den, welche den Punkt mit niedrigster Temperatur am Boden des Speicherbehälters mit
dem Punkt höchster Temperatur im obersten Segment des Speichers verbindet. Der
künstliche Algorithmus, welcher die Einordnung der dichteinvertierten Fluidelemente in
die korrekten Speicherhöhen umsetzt, kann dieses Verhalten nicht abbilden. Eine zent-
rale Ursache hierfür stellt der verhältnismäßig hohe Wärmeeintrag aus der Umgebung
dar, welcher die Temperatur des Speichermediums an der Wandinnenseite stärker er-
höht, als es bei einer vorhandenen Dämmung der Fall ist. Der dichtegetriebene Trans-
portprozess im Speichermedium ist dann zu langsam, um die erwärmten Volumenele-
mente in Wan nähe in vertikaler Richtung zu transportieren. Durch iesen „Wärme-
stau“ kommt es in en horizontalen Segmenten es Speichers zu einer Quervermi-
schung, welche die in Abbildung 55 gezeigten, gemessenen Temperaturverläufe hervor-
ruft. Da der Wärmeeintrag aus der Umgebung durch das veränderte Schichtungsverhal-
ten gegenüber dem gedämmten Speicher nur marginal beeinflusst wird, besitzt die
Quervermischung einen geringen Einfluss auf den energetischen Ladzustand des Spei-
chers nach Gleichung 58. Dies wir durch einen Vergleich der gemessenen und berechne-
ten Ladzustände auf Abbildung 55 bestätigt, welche Abweichungen von unter einem
Prozent aufweisen.

Als Fazit der Untersuchung mit ruhendem Speichermedium wird festgestellt, dass eine
Verwendung des hier vorgestellten Speichermodells bei gedämmten Speicherbehältern

120
5.4 Modell des Kältespeichers

eine hohe Genauigkeit bezüglich der Vorhersagen des Ladezustands sowie der Tempera-
turverteilung im Speicher bietet. Da die meisten thermischen Energiespeicher zur Re-
duktion von Energieverlusten eine Dämmung besitzen, kann die Beschreibung von na-
türlichen Konvektionserscheinungen in einem ruhenden Speichermedium mit einem
einfachen Algorithmus erfolgen (siehe Abschnitt 5.4.1). Ist der Speicher dagegen unzu-
reichend oder gar nicht gedämmt, so kann der Wärmeeintrag aus der Umgebung den
vertikalen Stofftransport dominieren, was zu einer Mischform aus vertikaler Schichtung
und Quervermischung in den einzelnen Speichersegmenten führt. Hierdurch weicht die
gemessene Temperaturverteilung erheblich von der simulierten Temperaturverteilung
ab. Eine Verwendung des berechneten Temperaturprofils als Eingang für anschließende
Lade- und Entladeprozesse erscheint bei ungedämmten Speichern daher nicht sinnvoll.
Weitere Untersuchungen hierzu können aufzeigen, wie sich unterschiedlich hohe Wär-
meströme aus der Umgebung auf Quervermischungseffekte im Speichermedium aus-
wirken.

In dem Versuch mit einem gedämmten Speicher konnte außerdem kein Einfluss durch
vertikale Wärmeleitung über die Speicherwand festgestellt werden. Auf Abbildung 54
bildet sich bereits nach kurzer Zeit eine thermische Übergangszone aus, welche durch
eine Ansammlung von warmem Wasser oberhalb der kalten Phase charakterisiert ist.
Ein signifikanter Wärmetransport durch vertikale Wärmeleitung in der Speicherwand
würde die Temperatur der warmen Phase absenken und die der kalten Phase anheben.
Gegenüber dem Modell, welches keine vertikalen Wärmeleitungseffekte in der Spei-
cherwand berücksichtigt, müssten sich somit Unterschiede in der Temperaturverteilung
ergeben. Da das Temperaturprofil im Speichertank auch nach etwa 130 h noch sehr ge-
nau vorhergesagt werden kann, ist von einem vernachlässigbaren Einfluss der vertika-
len Wandleitung auszugehen. Hierbei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass die
Wärmeleitfähigkeit von Acrylglas geringer ist als die von Stahl für kommerzielle Spei-
cherbehälter. Die Wandstärke des vorliegenden Testbehälters ist dabei etwa zwei-356 bis
dreimal größer, als jene von kommerziellen Tanks aus Stahl.

Dynamischer Speicherbetrieb
Bei einem dynamischen Speicherbetrieb ist das Speichermedium nicht in Ruhe, sondern
wird im Rahmen eines Ladeprozesses in vertikaler Richtung durch den Speicher trans-
portiert. Die Bewegung des Speichermediums verstärkt Verlustmechanismen an der
Innenseite der Speicherwand sowie in der Übergangszone (siehe Abschnitt 3.6). Dane-
ben können durch den Ladeprozess unerwünschte Vermischungseffekte auftreten. Diese
hängen maßgeblich von den eingesetzten Ladesystemen ab, welche in der vorliegenden
Testanlage Radialdiffusoren darstellen. Die folgenden Untersuchungen wurden mit einer
äußeren Dämmung am Speicherbehälter (vgl. Abbildung 54) durchgeführt.

Die Grundlage zur Bewertung des Modells bei dynamischem Speicherbetrieb bilden
Messdaten von abwechselnden Be- und Entladeprozessen. In der Literatur ist die Be-
trachtung des dynamischen Speicherbetriebs auf einzelne Lade- oder Entladeprozesse

356 vgl. Gretarsson (1994) S.1218

121
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

beschränkt, daher blieben wesentliche Phänomene des Speicherbetriebs bislang unbe-


achtet. Abbildung 56 zeigt exemplarisch den zeitlichen Verlauf der in Tabelle 7 genann-
ten Temperaturfühler über mehrere, aufeinanderfolgende Ladeprozesse.
Konsekutive Lade- und Entladevorgänge
20
T1
Temperatur in °C, Volumenstrom in m³/h

18 T2
T3
16 T4
T5
14 T6
T7
12 T8
T9
10 T10
T11
Nachschwingphase T12
8
Entladung T13
T14
6
T15
Beladung T16
4
T17
T18
2 •
V

0
0 100 200 300 400 500
Versuchszeit in Minuten
Abbildung 56: Temperaturverläufe und Volumenstrom einer Versuchsreihe mit multiplen La-
de- und Entladeprozessen

Auf der y-Achse sind die Temperaturen im Speichertank sowie der Betrag des Volumen-
stroms 𝑉̇ in der Speicherzuleitung aufgetragen. Jede Temperaturkurve repräsentiert die
zeitliche Progression des Messwerts eines fest-installierten Temperaturfühlers im Spei-
chertank. Der Volumenstrom wird in der Zuleitung zum Speicher von einem Flügel-
radzähler gemessen, welcher beide Strömungsrichtungen für die Be- und Entladung
aufzeichnet. Die Höhe des Volumenstroms wurde über die Dauer der Versuchsreihe va-
riiert. In der vorliegenden Arbeit wird eine Unterscheidung von hohen, mittleren und
geringen Volumenströmen vorgenommen. Hierfür werden entsprechende Zeiträume
definiert, welche für einen vollständigen Austausch des Speichermaterials benötigt wer-
den: Hohe Volumenströmen liegen dann vor, wenn der gesamte Tankinhalt in weniger
als 15 Minuten umgesetzt wird. Bei mittleren Volumenströmen beträgt die Ladedauer
dagegen zwischen 15 und 30 Minuten und bei geringen Volumenströmen länger als
30 Minuten. Im Beispiel auf Abbildung 56 sind die Ladeprozesse bei 180, 250, 400 und
460 Minuten auf der Zeitachse als Prozesse mit hohen Volumenströmen zu werten. Die
anderen dargestellten Ladeprozesse weisen nach dieser Nomenklatur einen mittleren
Volumenstrom auf.

Beginnend mit einer Entladung nach einer Referenzzeit von fünf Minuten folgen acht
aufeinanderfolgende Be- und Entladeprozesse. Zwischen den einzelnen Ladeabschnitten
befindet sich der Speichertank in Ruhe und die Ventile sind geschlossen, sodass kein
Massetransport über die Speicherzuleitungen stattfindet. Die Temperaturfühler im Spei-
chertank zeichnen auch nach dem Abschluss eines Ladeprozesses noch Schwankungen
auf, welche erst nach einiger Zeit abklingen (siehe z. B. bei 250 min). In Abhängigkeit

122
5.4 Modell des Kältespeichers

des eingetragenen Volumenstroms dauern diese Nachschwingphasen unterschiedlich


lange an und prägen sich unterschiedlich stark aus. Das hier gefundene Nachschwing-
verhalten wurde in der experimentellen Literatur zu thermischen Energiespeichern bis-
lang noch nicht beschrieben. Urbaneck et al. simulierten das Schichtungsverhalten im
Nahfeld eines Radialdiffusors, bei welchem ähnliche Strömungseffekte während der
Einströmvorgänge auftraten357. Es wird angenommen, dass die Bewegungen durch eine
Reflektion des einströmenden Wassers an den Tankwänden hervorgerufen und mit der
Laderichtung im Speichertank weitertransportiert werden. Diese Reflektion an der
Tankwand führt zu einem wellenförmigen Bewegungsmuster, welches nur in der Über-
gangszone zwischen der warmen und kalten Phase durch Temperaturmessung sichtbar
wird. Daneben ist auch eine Entstehung von Wirbelströmen vorstellbar, welche durch
eine uneinheitliche Strömungsverteilung über die Mantelfläche des Radialdiffusors auf-
treten kann. Da die Ladesysteme manuell gefertigt und eingebaut werden, können die
Diffusorplatten von einer perfekten Waage abweichen und das einströmende Wasser
radial ungleichmäßig verteilen. Das beschriebene Verhalten führt zu einer Relativbewe-
gung von Wassermolekülen in der Übergangszone und somit zu Mischungseffekten so-
wie einer Vergrößerung der Thermokline (siehe Abschnitt 3.6). Die Bewegung des Was-
sers im Speicher kann in Abhängigkeit der Strömungsgeschwindigkeit des Ladeprozes-
ses noch bis zu 50 Minuten anhalten. Dies ist bemerkenswert und demonstriert an-
schaulich die Relevanz geeigneter Ladesysteme und niedriger Ladegeschwindigkeiten.
Für die folgenden Untersuchungen des dynamischen Speicherbetriebs wird nach jedem
Be- und Entladeprozess eine Ruhephase eingehalten, damit die Bewegung des Wassers
im Speichertank vollständig zum Erliegen kommt.

Abbildung 57 enthält die simulierten und gemessenen Temperaturprofile zweier aufei-


nanderfolgender Ladeprozesse mit niedriger Strömungsgeschwindigkeit nach der oben
vorgestellten Definition. Der Startladezustand des Testspeichers beträgt etwa 62 %.
Nach Abschluss der beiden konsekutiven Ladeprozesse beträgt der gemessene Ladezu-
stand des Testspeichers 85,5 %. Der simulierte Ladezustand besitzt zum Ende des zwei-
ten Ladeprozesses (rechtes Bild) eine zu vernachlässigende Abweichung gegenüber dem
Messwert. Nach dem Abschluss der Entladung (mittleres Bild) ist die Abweichung der
beiden Ladezustände mit 0,5 % dagegen etwas höher.

357 vgl. Urbaneck (2009 b) S.40

123
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Aufeinanderfolgende Entladung und Beladung mit niedrigem Volumenstrom


1,5 1,5 1,5
SOC simuliert = 61,59 % SOC simuliert = 24,67 % SOC simuliert = 85,58 %
SOC gemessen = 61,59 % SOC gemessen = 25,16 % SOC gemessen = 85,52 %
1,25 Startzustand 1,25 Entladung 1,25 Beladung
Ende Ende
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
1 1 1

0,75 0,75 0,75

0,5 0,5 0,5

0,25 0,25 • 0,25 •

V = 1,88 m³/h V = 1,63 m³/h


simuliert simuliert simuliert
gemessen gemessen gemessen
10 12 14 16 18 20 10 12 14 16 18 20 10 12 14 16 18 20
Temperatur in °C Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung 57: Vergleich von simulierter und gemessener Temperaturverteilung bei einem
aufeinanderfolgenden Entlade- und Beladevorgang mit niedrigem Volumenstrom

Die leicht erhöhte Abweichung bezüglich der Vorhersage des Ladezustands im mittleren
Bild ist nicht auf die Beschreibung der thermischen Verluste, sondern auf die Genauig-
keit der messtechnischen Bestimmung des Volumenstroms zurückzuführen. Die Mess-
werte des eingesetzten Volumenstromsensor wurden durch Auslitern des Speicherbe-
hälters verifiziert. Als Ergebnis wurde eine geringe, nichtlineare Messabweichung des
Volumenstromsensors festgestellt, welche in allen Versuchsreihen mit einem Aus-
gleichsfaktor von 1,042 kompensiert wird. Im dargestellten Versuch ist dieser Faktor
etwas zu hoch. Dadurch liegt der simulierte Volumenstrom über dem gemessenen Vo-
lumenstrom, weshalb die simulierte Übergangszone auf dem mittleren Bild etwas zu
weit in Richtung der Strömung transportiert wird. Bei der Beladung wird der entstande-
ne Versatz wieder eingeholt. Im Anhang C.4 ist ein Versuch mit angepasstem Faktor für
den Volumenstrom dargestellt. Die Ungenauigkeit bezüglich der Messung des Volumen-
stroms wird unter Zuhilfenahme des Ausgleichsfaktors als sehr gering eingestuft und ist
unkritisch für die Validierung des Modells. Die Ergebnisse auf Abbildung 57 zeigen, dass
die Progression der thermischen Übergangszone mit dem vorgestellten Modell ausrei-
chend genau beschrieben werden kann. Das Verfahren wird daher als geeignet für die
Abbildung niedriger Volumenströme eingeschätzt.

Mit zunehmenden Volumenströmen treten das auf Abbildung 56 gezeigte Nachschwing-


verhalten der thermischen Übergangszone und Mischungseffekte in den Vordergrund.
Zwischen den einzelnen Ladeprozessen müssen längere Ruhephasen eingehalten wer-
den, damit die Bewegungen im Speichermedium abklingen können und die Berechnung
des Ladezustands nicht verfälscht wird. Abbildung 58 zeigt die Temperaturprofile einer
Entladung mit anschließender Beladung bei hohen Volumenströmen.

124
5.4 Modell des Kältespeichers

Entladung und Beladung mit hohem Volumenstrom


1,5 1,5 1,5
SOC simuliert = 86,13 % SOC simuliert = 45,15 % SOC simuliert = 74,6 %
SOC gemessen = 86,13 % SOC gemessen = 36,21 % SOC gemessen = 65,75 %
1,25 Startzustand 1,25 Entladung Ende 1,25 Beladung Ende
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
1 1 1

0,75 0,75 0,75

0,5 0,5 0,5

0,25 0,25 • 0,25 •

V = 5,58 m³/h V = 5,93 m³/h


simuliert simuliert simuliert
gemessen gemessen gemessen
8 10 12 14 16 18 20 8 10 12 14 16 18 20 8 10 12 14 16 18 20
Temperatur in °C Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung 58: Vergleich von simulierter und gemessener Temperaturverteilung bei einem
aufeinanderfolgenden Entlade- und Beladevorgang mit hohem Volumenstrom

Ein Vergleich zwischen den simulierten und den gemessenen Temperaturverläufen auf
den Abbildungen 57 und 58 zeigt, dass bei hohen Volumenströmen eine geringere Über-
einstimmung vorliegt. Auffällig sind vor allem die großen Abweichungen der Tempera-
turen im Bereich der Übergangszone im mittleren und im rechten Bild der Abbildung 58.
Nach Abschluss der letzten Beladung ist die Temperatur der kalten Phase zwischen Bo-
den und Übergangszone (0 - 0,75 m Speicherhöhe) höher als die der Simulation. Das
Temperaturniveau nimmt vom Boden des Speichers in Richtung der Übergangszone zu
und weicht um 0,5 bis 1 °C von der simulierten Temperatur ab. Neben den Abweichun-
gen zwischen den Temperaturverläufen treten auch signifikante Abweichungen zwi-
schen den gemessenen und simulierten Ladezuständen auf. Außerdem ist die Steigung
der Thermokline im realen Tank flacher als im simulierten Fall. Die Übergangszone des
experimentellen Speichersystems scheint somit weniger thermische Verluste aufzu-
nehmen als die der Simulation.

Da das Speichermodell keine Vermischungseffekte berücksichtigt und den Ladevorgang


in dieser Hinsicht idealisiert, müsste die gemessene Übergangszone nach Abschluss ei-
nes Ladevorgangs größer ausfallen als die der Simulation. Außerdem liegt eine unerwar-
tet hohe Abweichung zwischen den gemessenen und simulierten Ladezuständen vor,
welche in den vorangegangenen Untersuchungen nicht auftrat. Da sich bei den darge-
stellten Versuchen nur die Strömungsgeschwindigkeit verändert, wird ein Einfluss von
Vermischungseffekten vermutet. Um diesen Verdacht zu verifizieren, wird der Entlade-
vorgang auf Abbildung 58 genauer untersucht. Auf Abbildung 59 sind einzelne Tempera-
turprofile im Speichertank zu verschiedenen Zeitpunkten des Ladevorgangs aufgetra-
gen.

125
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Schichtungsverhalten bei hohen Volumenströmen


1,5

Strömungsrichtung

1,25
Speicherhöhe in m

0,75

0s
0,5
79 s
144 s
154 s
0,25 179 s
229 s
Wirbelbildung 279 s
579 s
0
10 11 12 13 14 15 16 17 18
Temperatur in °C
Abbildung 59: Progression der Thermokline im Speicherbehälter zu unterschiedlichen Zeit-
punkten bei Entladung mit hohem Volumenstrom

Die Messergebnisse zeigen, dass sich durch das einströmende Wasser am Kopfende des
Speicherbehälters im Anfangsstadium der Entladung eine große Wirbelströmung aus-
bildet. Diese durchdringt trotz geringerer Dichte die Übergangszone und mischt sich
zunächst unter eine Schicht kälteren Wassers. Mit Beendigung des Entladeprozesses
klingt die erzwungene Strömung im Tank ab und das Wasser ordnet sich durch Auf-
triebskräfte in den Schichten mit der passenden Temperatur ein. Die Wirbelbildung lie-
fert eine Erklärung für die scheinbare Verkleinerung der Übergangszone: Ein Teil der
Übergangszone wird im darüber liegenden Wasserkörper vermischt und lässt die Ther-
mokline flacher erscheinen. Dadurch wird das Temperaturniveau der warmen Phase
oberhalb der Thermokline etwas herabgesetzt. Diese Beobachtung ist auch auf den Be-
ladeprozess der Abbildung 58 übertragbar (Bild rechts): Am Ende des Beladevorgangs
liegen die gemessenen Temperaturen der kalten Phase unterhalb der Thermokline deut-
lich höher als die simulierten Temperaturen. Daher wird darauf geschlossen, dass sich
der untere Teil der Thermokline durch die Einströmung von unten mit dem kalten Was-
serkörper vermischt hat und diesen etwas erwärmt. Aus den Beobachtungen folgt, dass
die flachere Steigung der Thermokline aus Vermischungseffekten resultiert. Durch die
intensive Wirbelbildung ist die Steigung der Übergangszone nach dem Ladeprozess so-
gar geringer, als zum Startpunkt der Entladung (siehe Abbildung 59). Dies führt zu ei-
nem scheinbar weiteren Transport der Thermokline in Entladerichtung im Vergleich
zum simulierten Fall, da der obere Teil der Übergangszone im darüberliegenden Was-
serkörper vermischt wird (siehe Abbildung 58 mittleres Bild).

Die scheinbar kleinere Übergangszone des gemessenen Speichers kann somit auf mak-
roskopische Durchmischungseffekte zurückgeführt werden. Diese liefern auch eine Er-
klärung für die signifikanten Abweichungen zwischen den gemessenen und simulierten
Ladezuständen bei hohen Volumenströmen: Da der Speicher während eines Ladepro-

126
5.4 Modell des Kältespeichers

zesses kein geschlossenes System darstellt (Einlass und Auslass des Speichers sind of-
fen) kann sich der Ladestrom im Speicher vermischen und noch während des Ladevor-
gangs auf der gegenüberliegenden Seite des Speichers ausgetragen werden. Die Wahr-
scheinlichkeit dieses Phänomens steigt, je weiter sich die Übergangszone durch den La-
deprozess auf die gegenüberliegende Ausstromseite zubewegt. Mit einer reinen Durch-
mischung des Speichermediums lässt sich der festgestellte Unterschied der Ladezustän-
de nicht erklären, da der Energieinhalt des Speichers bei Vermischung annähernd kon-
stant bleibt. Ein Einfluss zeitabhängiger Verlustmechanismen (wie z. B. einem Wärme-
eintrag aus der Umgebung) wird ebenfalls ausgeschlossen, da diese im vorliegenden
Modell berücksichtigt werden und eine hohe Übereinstimmung mit den vorangegange-
nen Untersuchungen aufweisen.

Ein Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturverläufe der untersuchten


Speicheranlage bei hohen Volumenströmen zeigt, dass Modelle ohne Berücksichtigung
von konvektiven Stofftransportprozessen für die Vorhersage des resultierenden Lade-
zustands nur eingeschränkt geeignet sind. Im Beispiel auf der Abbildung 58 weichen der
berechnete und der gemessene Ladezustand bereits nach zwei aufeinanderfolgenden
Ladeprozessen um etwa 9 % voneinander ab. Insbesondere bei hohen Volumenströmen
wird die Qualität der thermischen Übergangszone maßgeblich durch makroskopische
Strömungsprozesse bestimmt, welche sich mit dem in dieser Arbeit verwendeten Modell
nicht vorhersagen lassen. Weitere Untersuchungen zeigen jedoch, dass das Modell bei
mittleren Volumenströmen genauere Vorhersagen bezüglich des Ladezustands und der
Temperaturverteilung liefert (siehe Anhang C.3). In der Literatur haben künstliche Mi-
schungseffekte zwischen einzelnen Speichersegmenten grundsätzlich eine Expansion
der thermischen Übergangszone zur Folge358,359,360,361. Abbildung 58 und 59 zeigen je-
doch, dass die bislang vorgestellten Algorithmen zur Beschreibung von Mischungseffek-
ten keine adäquate Repräsentation der physikalischen Prozesse liefern. Die Steigung der
gemessenen Thermokline wirkt zunächst sogar flacher als die idealisierte Vorhersage
der Simulation. Auf die Entwicklung eines empirischen Modells zur Vorhersage des
Schichtungsverhaltens bei erhöhten Ladegeschwindigkeiten wird daher in dieser Arbeit
verzichtet. Aufgrund der Vielzahl von Einflussparametern wird die Übertragbarkeit des
Modells auf andere Speicheranlagen als sehr gering eingeschätzt.

In normalen Kältespeichern sind hohe Volumenströme nach der oben gegebenen Defini-
tion unrealistisch. Der im Bau befindliche Kältespeicher am IISB enthält 80 m³ Kaltwas-
ser. Selbst bei einer Deckung der gesamten Kältelast über den Kältespeicher wird das
Volumen erst nach eineinhalb bis zwei Stunden umgesetzt. Nach der oben vorgestellten
Nomenklatur für das Verhältnis von Tankvolumen und Volumenstrom fällt das System
daher unter die Klasse des geringen Volumenstroms. In industriellen Anwendungen
würde der Kältespeicher außerdem unter anderen Rahmenbedingungen ausgelegt: die
Ziele der Versorgungssicherheit, zukünftigen Erweiterbarkeit und maximalen Wirt-

358 vgl. Nelson (1998) S.880


359 vgl. Oppel (1986b) S.218ff
360 vgl. Zurigat (1988) S.103
361 vgl. Al-Najem (1993) S.84

127
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

schaftlichkeit diktieren größere Speichervolumina, weshalb der Durchsatz im Speicher


nach obiger Nomenklatur grundsätzlicher in die Kategorie des geringen Volumenstroms
fiele. Für solche Systeme - wie auch das Kältesystem am IISB - wird die Verwendung des
vorgestellten Speichermodells in Energiesystemsimulationen aufgrund geringer zu er-
wartender Vermischungseffekte als geeignet eingeschätzt. Hierfür sprechen auch die
Ergebnisse auf Abbildung 57, bei denen der Unterschied zwischen den gemessenen und
simulierten Temperaturprofilen bei niedrigen Ladevolumenströmen gering ausfällt.
Zudem wird in der Literatur berichtet, dass der Einfluss der Einströmungsgeschwindig-
keit sowie der damit einhergehenden Turbulenzeffekte mit zunehmender Speichergröße
in den Hintergrund tritt362.

Einfluss der Speicherwand


Zuletzt bleibt der Einfluss der thermischen Kapazität der Speicherwand zu bewerten.
Hierfür werden die Ergebnisse der Ladeprozesse mit niedriger Ladegeschwindigkeit
herangezogen, bei denen aufgrund der längeren Versuchsdauer eine erhöhte Degradati-
on der Thermokline durch zeitabhängige Wärmetransportprozesse zu erwarten ist363.
Die thermische Kapazität des Speicherbehälters beträgt bei einem Temperaturhub von
zwölf Grad Celsius etwa 0,23 kW h. In Bezug auf die gesamte thermische Masse des Spei-
chermediums mit 12,8 kW h bei gleicher Temperaturspreizung besitzt der Speicherbe-
hälter theoretisch einen Anteil von etwa 1,8 % am Energieinhalt des Speichers. Von die-
sen 1,8 % trägt effektiv jedoch nur ein geringer Anteil zur Degradation der Thermokline
bei, da die Speicherwand zu Beginn eines Ladeprozesses aufgrund der anliegenden
Thermokline bereits die korrekte Ladetemperatur auf der Einströmseite der Speicher-
wand besitzt. Verluste durch die Wandkapazität werden vor allem im stromaufwärts
liegenden Anteil der Thermokline erwartet, da diese zuerst mit der abweichenden
Wandtemperatur in Kontakt tritt. Thermische Verluste müssten sich daher in einer Er-
höhung der Steigung der Thermokline bemerkbar machen. Dies ist nach Abbildung 54
nicht der Fall. Sowohl die gemessene, als auch die simulierte Thermokline verschieben
sich annähernd parallel zueinander im Speicher. Daher wird in dieser Arbeit von einem
untergeordneten Einfluss der thermischen Kapazität der Speicherwand ausgegangen.

Zusammenfassung des Speichermodells


Im Abschnitt 5.4 wurde ein transientes Modell für sensible Verdrängungsspeicher ent-
wickelt, mit welchem die Temperaturverteilung im Speichertank in Abhängigkeit der
Zeit und des Ladevolumenstroms berechnet werden kann. Das vorgestellte Modell ist an
einen existierenden Ansatz nach Gleichung 59 angelehnt. Um den Anforderungen einer
Systemsimulation über lange Betrachtungszeiträume zu genügen, wurden folgende An-
passungen vorgenommen: Zur Verkürzung der Rechenzeiten wird die axiale Wärmelei-
tung sowie die thermische Kapazität der Speicherwand vernachlässigt. Für eine bessere
Übertragbarkeit auf andere Speichersysteme werden auch erzwungene Konvektionsef-
fekte im Speichermedium vernachlässigt. Diese treten vor allem bei schnellen Speicher-
durchsätzen auf, welche bei großen Kältespeichern unüblich sind. Natürliche Konvekti-

362 vgl. Shin (2004) S.26


363 vgl. Nelson (1999) S.102

128
5.5 Modellierung der Förderaggregate

onseffekte stellen dagegen einen wichtigen Einfluss auf die Temperaturverteilung im


Speichermedium dar, da sie auch im Stillstand des Speichers auftreten. Hierfür ist vor
allem der Wärmeeintrag im Bodenbereich verantwortlich, welcher bei Vernachlässigung
von dichtegetriebenen Ausgleichsprozessen zu einer Ansammlung von wärmerem Was-
ser unter der kalten Phase im Speicher (Dichteinversion) führt (siehe Abbildung 52).
Dieser Effekt wird mit einem Algorithmus abgebildet, welcher die von Dichteinversion
betroffenen Fluidelemente den korrekten Speicherschichten zuordnet. Das Speichermo-
dell gibt somit auch bei Wärmeeintrag über längere Stillstands-Perioden die korrekte
Temperaturverteilung im Speichermedium aus. Der Wärmeaustausch mit der Umge-
bung ist im Kopf- und Bodenbereich des Speichers besonders hoch, da das Speicherme-
dium hier eine größere Kontaktfläche mit der Tankwand besitzt. Für die Beschreibung
des Wärmeeintrags im Kopf- und Bodenbereich des Speichertanks wurden daher Rand-
bedingungen hergeleitet und implementiert, welche den Wärmedurchgang über die
Speicherhülle adäquat abbilden. Die Validierung des Modells zeigt eine hohe Überein-
stimmung mit gemessenen Werten eines Test-Speichersystems. Unter den Vorausset-
zungen einer gedämmten Speicherhülle sowie geringer Volumenströme (Zeit für Spei-
cherdurchsatz größer als 30 min), wird das Modell für den Einsatz in Energie-
Systemsimulationen als gut geeignet eingeschätzt. Die Validierung konnte außerdem
zeigen, das künstliche Ansätze zur Beschreibung von erzwungenen Konvektionseffekten
nur eine geringe Übertragbarkeit auf andere Speichersysteme besitzen. Die Gültigkeit
solcher Verfahren ist ausschließlich bei bekannten Tank- und Ladesystemgeometrien
gegeben, welche im Vorfeld mit variierenden Volumenströmen getestet wurden.

5.5 Modellierung der Förderaggregate


In den vorangegangenen Abschnitten wurden die Modelle für die zentralen Kältekom-
ponenten der betrachteten Infrastruktur vorgestellt. Neben der Bereitstellung stellt
auch der stoffgebundene Transport von Kälteenergie einen wesentlichen Kostenfaktor
dar und übt einen großen Einfluss auf die Gesamteffizienz des Kältesystems aus. Hierbei
sind vor allem die Hauptumwälzaggregate der Kälteanlagen relevant, welche einen
Großteil der Förderleistung im Kältesystem erbringen und daher gesondert betrachtet
werden. Die umgesetzten Kälteleistungen der Kältekomponenten werden nach Abbil-
dung 33 an die Modelle für die Förderaggregate übergeben. Diese berechnen anhand der
geplanten Systemspreizung von 12/17 °C den erforderlichen Volumenstrom sowie die
erforderliche Leistungsaufnahme der Förderaggregate. Für die Simulation der Einspar-
potenziale des Einsatzes des Kältespeichers und der freien Kühlung wird davon ausge-
gangen, dass ungeregelte Pumpen mit einem Frequenzumformer nachgerüstet werden.
Dadurch ist eine Anpassung des Volumenstroms an den Kältebedarf sowie eine Auf-
rechterhaltung der Temperaturspreizung von 5 °C im Kaltwassersystem gegeben. Bei
der Validierung der Systemsimulation anhand der Messwerte des Referenzsystems
werden dagegen die Leistungsaufnahmen der ungeregelten Förderaggregate nach Ab-
bildung 24 eingesetzt.

Für eine ausreichend genaue Abbildung des Energiebedarfs der betrachteten Kälteinfra-
struktur werden zwei wesentliche Informationen über die Förderaggregate benötigt:
129
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

ihre gelieferte hydraulische Leistung sowie die erforderliche elektrische Leistungsauf-


nahme. Diese Informationen werden den Datenblättern der Pumpen entnommen oder
mit Messungen erhalten. Die hydraulische Leistung 𝑃ℎ ergibt sich aus dem Produkt des
Volumenstroms 𝑉̇ mit dem Druckverlust Δ (siehe Anhang G.1). Das Verhältnis aus hyd-
raulischer Leistung und elektrischer Leistungsaufnahme entspricht der Gesamteffizienz
einer Pumpe.364
𝑃ℎ
𝑃𝑒𝑙
= 𝜂𝑔𝑒𝑠,𝑃 79

Das Handbuch der vorhandenen, ungeregelten Pumpen führt für den Parallelbetrieb
Gesamtwirkungsgrade von etwa 40 bis 50 % bei einer Förderhöhe von 8 m an365. Eine
Kontrollmessung an den Kaltwasser-Förderaggregaten zeigte eine Degradation der hyd-
raulischen Leistung auf etwa 65 % des Ursprungswertes nach 20 Betriebsjahren (siehe
Anhang G.1). Nach Möglichkeit werden für die Validierung des Simulationsmodells daher
gemessene Leistungsaufnahmen für die Förderaggregate eingesetzt.

Für die Simulation des Einsatzes eines Kältespeichers und der freien Kühlung werden
dagegen geregelte Pumpen angenommen. Das Ziel der Simulation ist die Darstellung von
Effizienzpotenzialen, welche sich durch den optimierten Betrieb aller Komponenten des
Kältesystems ergeben. Dies setzt eine Anpassung des Volumenstroms in Abhängigkeit
des Kältebedarfs und der Temperaturspreizung voraus. Unter Vernachlässigung der
elektrischen Verluste beim Einsatz eines Frequenzumformers verändert sich die elektri-
sche Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙 eines Pumpenmotors mit der dritten Potenz der Motor-
drehzahl 𝑁.366

𝑃𝑒𝑙,1 𝑁 3
= (𝑁1 ) 80
𝑃𝑒𝑙,2 2

Die Abhängigkeit zwischen dem Fördervolumen und der Drehzahl ist hingegen linear,
weshalb sich die elektrische Leistungsaufnahme der Pumpe bei Halbierung des Volu-
menstroms auf ein Achtel reduziert.367
𝑉̇1 𝑁
= 𝑁1 81
𝑉̇2 2

Nach Gleichungen 80 und 81 hängt die elektrische Leistungsaufnahme der Pumpen von
der dritten Potenz des Volumenstroms ab. Für die Simulationen wird der erforderliche
Volumenstrom im Kaltwassersystem nach Gleichung 4 bestimmt und anschließend die
elektrische Leistungsaufnahme berechnet.

5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie


Um die vorgestellten Komponentenmodelle zu einem Gesamtsystemmodell zusammen-
zuführen, ist eine definierte Aufruf- und Ablaufstruktur notwendig. Aufgrund der In-

364 vgl. Scholz (2013) S.131


365 vgl. Grundfos (1993) S.172
366 vgl. Scholz (2013) S.128
367 vgl. Scholz (2013) S.128

130
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie

tegration des Kältespeichers und der freien Kühlung besitzt das virtuelle Kältesystem
mehr Betriebsoptionen als die betrachtete Infrastruktur und benötigt daher umfassen-
dere Handlungsvorgaben. Das hier vorgestellte Simulationsprogramm setzt die Be-
triebsstrategie der Komponenten mit Hilfe einer Zustandsmaschine um. Dieses Vorge-
hen gewährleistet eine hohe Kompatibilität mit Standardkomponenten für die Steue-
rung von Energieanlagen und bietet ausreichende Möglichkeiten zur Berücksichtigung
verschiedener Abhängigkeiten. Der Programmablauf lässt sich grob in einen Initialisie-
rungsteil und einen Umsetzungsteil untergliedern. Im Initialisierungsteil werden die
erforderlichen Simulationsdaten aufbereitet und eingelesen. Es erfolgt eine erste Analy-
se der Messdaten, um den sogenannten Fahrplan für den Kältespeicher abzuleiten. Die-
ser wird auf Basis von Prognosen für jeden betrachteten Tag im Voraus erstellt und legt
die Be- und Entladezeiträume unter Berücksichtigung der in Frage kommenden Kälte-
versorger fest. Das Ziel des Fahrplans stellt die bestmögliche Nutzung des Kältespei-
chers in Abhängigkeit der prognostizierten Kältelasten und Wetterbedingungen dar.
Solche Prognosen können mitunter komplexe Algorithmen umfassen, welche nicht im
Fokus dieser Arbeit stehen. Zur Vereinfachung werden daher gemittelte und geglättete
Profile der originalen Messwerte als Prognose-Ersatz verwendet. Den Eingang für die
Simulation bilden gleitende Drei-Stunden-Mittelwerte der Umgebungstemperatur und
Ein-Stunden-Mittelwerte der Kälteleistung. Die Prognosen der Wetter- und Lastbedin-
gungen sind in dieser Arbeit daher annähernd ideal.

Im Umsetzungsteil wird die Betriebsstrategie der Komponenten festgelegt und in den


Modellen realisiert. Die Ausgabe des Umsetzungsteils enthält unter anderem die Kälte-
leistung der Komponenten sowie die elektrischen Leistungsaufnahmen und sonstigen
Betriebskosten. Um die Betriebsstrategie der Kälteversorger unter dynamischen Rand-
bedingungen zu steuern, wird die oben genannte Zustandsmaschine verwendet. Die Pri-
orität der Anlagennutzung wird durch die Forderungen einer größtmöglichen Systemef-
fizienz bei höchstmöglicher Versorgungssicherheit definiert. Die hier vorgestellte Be-
triebsstrategie wurde im Rahmen einer Masterarbeit entworfen und später erweitert.
Für ergänzende Informationen bezüglich der Ablaufstruktur wird auf die Arbeit von
Simon Linhardt verwiesen368.

5.6.1 Erstellung des Fahrplans für die Speichernutzung


Der Fahrplan für die Nutzung des Kältespeichers wird einmalig für jeden Tag im Voraus
durch die Fahrplanfunktion festgelegt. Die Erstellung des Fahrplans erfolgt auf Basis von
Prognosen für die Kältelast und die Umgebungstemperatur unter Berücksichtigung des
Speicherladezustands der letzten Betriebsperiode. Diese Daten bilden eine ausreichende
Grundlage, um Aussagen über die Effizienz verschiedener Betriebsstrategien zu treffen.
Da die Außentemperaturen in den Nächten niedriger sind als zur Tagesmitte und die
Effizienz der Rückkühlwerke mit sinkenden Außentemperaturen ansteigt (siehe Ab-
schnitt 3.1.2), soll der Speicher möglichst nachts beladen werden. Der Zeitpunkt einer
Speicherladung wird dabei nicht einfach an der Uhrzeit festgemacht, sondern ergibt sich

368 vgl. Linhardt (2015)

131
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

infolge der Analyse des Wetter- und Lastprofils. Zur Bestimmung des Beladezeitraums
wird der gemessene Verlauf der Kältelast zunächst in Stundenintervalle unterteilt. Für
jedes dieser Intervalle 𝑖 wird eine mittlere Kältelast 𝑄̇𝑖 berechnet. Die so ermittelten
Stundenmittelwerte dienen der Fahrplanfunktion als Lastprognose. Diese vergleicht den
Stundenmittelwert jedes Intervalls 𝑖 mit dem Wert des vorangegangenen Intervalls 𝑖 - 1.
Ist die Differenz zweier Intervalle größer als ein definierter Grenzwert 𝑄̇𝐺𝑟 , so wird ein
sogenannter Lastsprung detektiert. Das Auftreten solcher Lastsprünge ist relevant für
die weitere Planung der Speichernutzung. Mit Hilfe dieser Vorgehensweise werden in-
tensive Kältelastspitzen in den vorhandenen Messdaten zuverlässig identifiziert. Für das
Referenzsystem stellte sich ein Sprung um 15 kW als adäquater Grenzwert heraus.369

𝑄̇𝐺𝑟 ≷ |𝑄̇𝑖 − 𝑄̇𝑖−1 | 82


In einem weiteren Schritt werden in der Fahrplanfunktion Niedriglast- von Hochlastper-
ioden unterschieden. Hierfür wird der Mittelwert der Kälteleistung 𝑄̅̇ Δ𝑡 über einen Zeit-
raum Δ bis zum nächsten Lastsprung gebildet und die Differenz zur mittleren Kälteleis-
tung 𝑄̅̇ 𝑑 des gesamten Tages berechnet. Ist diese Differenz negativ, so liegt eine Niedrig-
lastperiode vor und der Speicher darf beladen werden. Ein positives Vorzeichen identifi-
ziert hingegen eine Hochlastperiode und gibt den Zeitraum an, in dem eine Entladung
sinnvoll ist.370

<0 → Bela ezeitraum


𝑄̅̇ 𝛥𝑡 − 𝑄̅̇ 𝑑 = { 83
>0 → ntla ezeitraum
Auf dem oberen Bild der Abbildung 60 ist exemplarisch eine Untersuchung des Lastpro-
fils vom 22.07.2015 dargestellt. Während der beiden Spitzenlastperioden bei etwa
12 Uhr und 17 Uhr sind kühlintensive Verbraucher aktiv. Die Kältelast liegt in diesen
Zeiträumen oberhalb des Tagesmittelwertes, daher kann nur eine Speicherentladung
initiiert werden. In den übrigen Zeiträumen darf der Speicher grundsätzlich beladen
werden. Ist dagegen kein Lastsprung nach den oben beschriebenen Kriterien eingetre-
ten, so wird die Speicherbeladung priorisiert anhand des prognostizierten Temperatur-
verlaufs festgelegt. Hierfür wird der Temperaturverlauf mit einem gleitenden Mittelwert
angenähert, welcher über einen Zeitraum von drei Stunden gebildet wird (siehe Bild
unten). Der Bereich mit den geringsten Außentemperaturen wird als Zeitraum für die
Beladung herangezogen. Im Zeitraum mit den höchsten Temperaturen wird dagegen
eine Entladung eingeplant. Durch die Bildung des gleitenden Mittelwertes werden die
Spitzen im Temperaturverlauf geglättet und eine grob-aufgelöste Prognose simuliert.

369 vgl. Linhardt (2015) S.48


370 vgl. Linhardt (2015) S.48f

132
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie

Analyse des Lastverhaltens


400
Kältelast in kW
Kältelast Stundenmittelwerte der Kältelast Tagesmittel der Kältelast
300

200

100
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Tagesuhrzeit
Temperatur in °C

20
Umgebungstemperatur Gleitender Mittelwert (3 h)

15

10
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 60: Darstellung einer Analyse des Lastverhaltens am 22.07.2015

Neben dem Zeitraum der Speicherbeladung muss auch der Wert der Speicherbeladeleis-
tung vorgegeben werden. Hierfür ist vorab eine Entscheidung zu treffen, ob der Kälte-
speicher mit geringer Beladeleistung über große Zeiträume oder über möglichst kurze
Zeiträume mit hoher Leistung geladen werden soll. Da hohe Ladeströme nach Ab-
schnitt 5.4.2 die Güte der thermischen Schichtung innerhalb des Speichers negativ beein-
flussen und kurze Ladeperioden zu einem häufigen Wechsel der Schaltzustände im Käl-
tesystem führen, wird eine Ladung mit geringer Leistung über möglichst große Zeiträu-
me gewählt. Ein potenzieller Nachteil dieser Strategie stellt die Gefahr einer ineffizien-
ten Auslastung der Kältemaschine dar, denn bei geringen Ladeleistungen ist auch die
Effizienz der Kältemaschine geringer (siehe Abbildung 13) und der Kältespeicher wird
mit einer niedrigeren Leistungszahl beladen. Die Beladeleistung 𝑄̇𝑏𝑒 des Fahrplans
ergibt sich aus dem Quotienten der freien Kapazität des Kältespeichers mit der Zeit-
spanne 𝑟 , welche zum Beladen des Speichers verbleibt. Letztere wird durch den Zeit-
raum derjenigen Niedriglastperiode bestimmt, in welcher die zeitlich gemittelte Umge-
bungstemperatur am geringsten ist. Beim Auftreten von Lastsprüngen wird dagegen der
Zeitraum bis zur nächsten Hochlastperiode eingesetzt. In Gleichung 84 stellen 𝑄𝑆𝑃,𝑚𝑎𝑥
die maximale und 𝑄𝑆𝑃,𝑘 die aktuelle Kapazität des Kältespeichers zum Zeitpunkt 𝑘
dar.371
𝑄 ,𝑚𝑎𝑥 −𝑄
𝑄̇𝑏𝑒 = ,𝑘
84
𝑡𝑟

Für die Entladung des Speichers ist im vorliegenden Konzept keine Sollwertvorgabe
notwendig. Sie richtet sich nach der aktuellen Kälteanforderung des Systems, da die Käl-
temaschinen während der Speicherentladung abgeschaltet werden. Dies ist bei den
meisten Kältemaschinen mit elektrischen Antrieben sinnvoll, da die Leistungszahl mit
sinkender Last abnimmt. Erst wenn die Kälteanforderung den Arbeitspunkt mit maxi-
maler Energieeffizienz überschreitet kann durch eine Reduktion der Kältemaschinen-

371 vgl. Linhardt (2015) S.49

133
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

auslastung eine höhere Effizienz erreicht werden (siehe Abbildung 13). In diesem Fall
wird die Kältemaschine am besten Arbeitspunkt betrieben, während der Kältespeicher
die Differenz zum Kältelastgang bedient. Der Zeitraum der Speicherentladung wird
durch die Fahrplanfunktion festgelegt. Zur Bestimmung des Startzeitpunkts wird der
prognostizierte Temperaturverlauf herangezogen (siehe Abbildung 60 unten). Die Spei-
cherentladung findet in jenem Intervall statt, in dem die mittlere Umgebungstemperatur
den höchsten Wert erreicht. Der beispielhafte Fahrplan für die Speichernutzung auf Ab-
bildung 61 zeigt das Ergebnis der beschriebenen Last- und Temperaturanalysen.
Erstellung des Fahrplans für den Kältespeicher
400 20

300

Temperatur in °C
Kältelast in kW

200 15

100

0 10

-100

Kältelast Fahrplan Umgebungstemperatur


-200
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 61: Beispiel eines Speicherfahrplans auf Basis der Last- und Temperaturanalyse
vom 22.07.2015

Eine initiale Speicherbeladung wird im vorliegenden Fall zwischen null und zehn Uhr
gestattet. Es schließt sich eine Ruhephase zwischen 10 und 14 Uhr an, welche mit der
Spitzenlastperiode eines Kälteverbrauchers korreliert. In diesem Zeitraum wird trotz
Hochlastperiode keine Speicherentladung eingeplant, da die Umgebungstemperatur
noch nicht das höchste Niveau des Tages erreicht. Eine zweite Spitzenlastperiode um
17 Uhr fällt dagegen mit den Tageshöchsttemperaturen zusammen, weshalb in diesem
Zeitraum eine Speicherentladung festgelegt wird. Im Anschluss an die Speicherentla-
dung darf ein neuer Beladezyklus stattfinden, da der Speicher während der zweiten
Hochlastperiode vollständig entladen werden kann.

5.6.2 Implementierung der Zustandsmaschine


Der Fahrplan für den Kältespeicher wird zusammen mit den Mess- und Prognosedaten
an en Block „Betriebsstrategie“ übergeben (siehe Abbildung 32). Dieser besitzt eine
Logik in Form einer Zustandsmaschine, welche die Betriebsstrategie des Fahrplans mit
dem vorliegenden Systemzustand abgleicht und anschließend die benötigten Kompo-
nentenmodelle aufruft. Bei der Entwicklung der Zustandsmaschine wurden zwei we-
sentliche Faktoren definiert, anhand derer das virtuelle Kältesystem betrieben wird.
Diese sind die Sicherstellung der Kälteversorgung in jedem Betriebsfall sowie der mög-
lichst effiziente Betrieb des Gesamtsystems. Abbildung 62 zeigt schematisch den Aufbau
der Komponentensteuerung.

134
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie

Betriebsstrategie Komponentenmodelle Ausgabe

𝑀𝑒 𝑑 𝑒
Verarbeitung der Aufruf der
𝑃𝑟𝑜𝑔 Zustandsmaschine
Anforderung Komponenten
𝐹𝑝 𝑆,𝑡𝑘 𝑀𝐴

Abbildung 62: Darstellung des Konzeptes der Komponentensteuerung372

Die Zustandsmaschine erhält neben den aktuellen Last- und Wetterdaten des Zeit-
punkts 𝑘 auch die Vektoren der Prognosedaten 𝑃𝑟𝑜𝑔 sowie der geplanten Nutzung des
Kältespeichers 𝐹𝑝 als Eingangsdaten. Der Vektor 𝑃𝑟𝑜𝑔 enthält gleitende Mittelwerte
der Kältelast 𝑄̇𝑃𝑟𝑜𝑔 , der Außentemperatur 𝑇𝑈,𝑃𝑟𝑜𝑔 sowie der relativen Luftfeuch-
te 𝜑𝑃𝑟𝑜𝑔 .373

𝑄̇𝑃𝑟𝑜𝑔
𝑃𝑟𝑜𝑔 = (𝑇𝑈,𝑃𝑟𝑜𝑔 ) 85
𝜑𝑃𝑟𝑜𝑔

Der Fahrplan 𝐹𝑃 für die Speichernutzung enthält die Anweisungen über den Zeitraum
und die Leistung der Speicherbeladung sowie den Zeitraum der Speicherentladung in
Form eines Vektors.374

𝐹𝑝 = (𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 ) 86

In der Zustandsmaschine werden diese Daten zu sogenannten Übergangsbedingungen


verarbeitet und ein Ausgabevektor 𝛬 erzeugt.

𝛬 = ( 𝑀, 𝐹 , 𝑆𝑃) 87
Diese Ausgabe beschreibt den Betriebszustand der Kältekomponenten anhand von drei
übergeordneten Kennzahlen. Tabelle 8 gibt eine Übersicht über alle möglichen Betriebs-
zustände.375

Tabelle 8: Zusammenfassung der möglichen Betriebszustände der Komponenten des betrach-


teten Kältesystems.

1. Ziffer: 2. Ziffer: 3. Ziffer:


Kältemaschine (KM) Freie Kühlung (FK) Kältespeicher (SP)
0 Kein Betrieb 0 Kein Betrieb 0 Kein Betrieb
1 Min. Leistung 1 Min. Leistung 1 Min. Leistung
2 Regelbetrieb 2 Regelbetrieb 2 Regelbetrieb
3 Max. Leistung 3 Max. Leistung 3 Max. Leistung
- - 4 Leistung nach Fahrplan

372 nach Linhardt (2015) S.51


373 vgl. Linhardt (2015) S.52
374 vgl. Linhardt (2015) S.52
375 vgl. Linhardt (2015) S.52

135
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

Bei dieser Umsetzung ist eine Zustandsmaschine sinnvoll, bei der die Ausgaben nicht
von den Zustandsübergängen selbst, sondern nur von den Zuständen abhängig sind.
Diese Bedingung wird von der Zustandsmaschine nach Moore ( 𝑀) erfüllt, welche sich
durch das Eingabealphabet 𝛴, das Ausgabealphabet ∆, die endliche Zustandsmenge 𝑆𝑍𝑀 ,
die Zustandsüberführungsfunktion 𝜙, die Ausgabefunktion 𝜎 sowie den Startzustand 0
beschreiben lässt.376

𝑀 = (𝛴, 𝛥, 𝑆𝑍𝑀 , 𝜙, 𝜎, 0) 88
Zu Beginn der Simulation liegt der Startzustand 0 vor. Er wechselt infolge einer Zu-
standsüberführungsfunktion 𝜙 = ( , 𝜒) in den Zustand 1 𝜖 𝑆𝑍𝑀 377. Die Übergangsbe-
dingung 𝜒 stellt dabei einen Wert aus dem Eingabealphabet 𝛴 dar. Dieses setzt sich aus
insgesamt 18 Übergangsbedingungen für das vorgestellte Modell zusammen, welche im
Anhang D zusammengefasst sind.

Die Zustandsmenge 𝑆𝑍𝑀 beinhaltet die Anzahl der möglichen Systemzustände 𝑖 378.
Durch Kombination aller möglichen Betriebszustände der drei vorgestellten Kältever-
sorger in Tabelle 8, ergibt sich eine maximale Anzahl von 80 Zuständen. Die Rahmenbe-
dingungen der Nutzung des Kältesystems lassen jedoch nur 14 Zustände zu, da nicht alle
Kombinationsmöglichkeiten der Anlagen effizient oder technisch sinnvoll sind. Ein Bei-
spiel hierfür ist der regelnde Parallelbetrieb von mehreren Kälteerzeugern. Der Ausga-
bevektor 𝛬 eines Zustands wird über die Ausgabefunktion 𝜎 zugeordnet und ist unab-
hängig vom Eingabealphabet379. Eine Zusammenfassung der möglichen Systemzustände
sowie der zugehörigen Ausgabevektoren ist im Anhang D beschrieben.

Der Ausgabevektor 𝛬 enthält die Betriebsanweisungen der Komponenten nach Tabel-


le 8. Bei Kombination von mehreren Anlagen wird die Kältelast zwischen den Kompo-
nenten aufgeteilt. Die Zuteilung der Kälteleistung erfolgt dabei nach dem Kriterium der
höchsten Systemeffizienz. Gleichung 89 gibt die Möglichkeiten der Leistungsvorgaben
für den Kältespeicher an. Die Zustandsmaschine ordnet dem Kältespeicher in jedem Si-
mulationszeitschritt eine der aufgeführten Ladeleistungen zu.380

0 Speicher nicht aktiv


𝑄̇𝐹𝑝 Speicher im Fahrplanmo us
𝑄̇𝑆𝑃 = 𝑄̇𝑏𝑒,𝑚𝑎𝑥 max. Bela ung 89
𝑄̇𝑒𝑛𝑡,𝑚𝑎𝑥 max. ntla ung
{𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 SP versorgt as Netz

Im Gegensatz zu den anderen Kälteversorgern wird die Änderung der Speicherladeleis-


tung durch eine Rampe begrenzt, um sprunghafte Änderungen des Volumenstroms im
System zu vermeiden. Die Funktion hierfür ist außerhalb der Zustandsmaschine imple-
mentiert. Bei einem Umschaltvorgang fordert der für die Betriebsstrategie zuständige

376 vgl. Vossen (2016) S.132ff.


377 vgl. Vossen (2016) S.22
378 vgl. Vossen (2016) S.21
379 vgl. Vossen (2016) S. 132
380 vgl. Linhardt (2015) S.58

136
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie

Block auf Abbildung 62 zwar eine bestimmte Speicherleistung an, bekommt aber zu-
nächst einen geringeren Wert zurückgegeben. Im Beispiel eines Umschaltvorgangs auf
den Kältespeicher führt dies zu einem kurzen Parallelbetrieb des Speichers und des ak-
tiven Kälteversorgers, bis der Speicher die Kältelast eigenständig aufnehmen kann. Der
Volumenstrom kann pro Zeitschritt nur um 5 m³/h vom vorherigen Wert abweichen.
Dieser Grenzwert wurde durch Parametervariation anhand des simulierten Kältesys-
tems definiert und ermöglicht eine dynamische Speichernutzung ohne die Stabilität des
Kältesystems durch große Volumenstromänderungen zu kompromittieren.

Der Einsatz der freien Kühlung 𝑄̇𝐹𝐾 ist möglich, sobald die Außentemperatur unter ei-
nem definierten Grenzwert von vier Grad Celsius liegt. Ist die Leistungszahl der freien
Kühlung höher als die der Kältemaschine, so wird die freie Kühlung bevorzugt einge-
setzt. Bei sehr hohen Kälteanforderungen kann es sinnvoll sein, die freie Kühlung paral-
lel zur Kältemaschine zu betreiben. Hierbei wird der Kühlturm auf seine erste Lüfterstu-
fe fixiert, um die Kälteleistung zu begrenzen und die Kältemaschine weiterhin gut auszu-
lasten. In Abhängigkeit des Speicherfahrplans oder anderer Randbedingungen können
auch weitere Betriebsoptionen eingesetzt werden.381

0 FK nicht aktiv
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 ± 𝑄̇𝑆𝑃 orrang er Speichernutzung
𝑄̇𝐹𝐾 = 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 FK im Regelbetrieb 90
𝑄̇𝐹𝐾,𝑆𝑡𝑢𝑓𝑒 1 wenn KM parallel betrieben
{𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 maximale Auslastung er FK

Die Lastanforderung an die Kältemaschine ergibt sich in Abhängigkeit der anderen Käl-
teerzeuger zu:382

0 KM nicht aktiv
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 ± 𝑄̇𝑆𝑃 orrang er Speichernutzung
𝑄̇𝐾𝑀 = 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 KM im Regelbetrieb 91
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 − 𝑄̇𝐹𝐾 wenn FK parallel betrieben
{𝑄̇𝐾𝑀,𝑚𝑎𝑥 maximale Auslastung er KM

In Abhängigkeit des Ausgabevektors 𝛬 erfolgt die Zuweisung der Komponenten, welche


für die Versorgung des Kältesystems eingesetzt werden. Hierfür werden die Betriebsan-
forderungen in einem Steuervektor 𝑆,𝑡𝑘 zusammengefasst, welcher den einzelnen Kom-
ponentenmodellen die geforderten Leistungen in jedem Zeitschritt übergibt.383

𝑄̇𝐾𝑀,𝑆𝑜𝑙𝑙
𝑆,𝑡𝑘 = ( 𝑄̇𝐹𝐾,𝑆𝑜𝑙𝑙 ) 92
𝑄̇𝑆𝑃,𝑆𝑜𝑙𝑙

Aus den Ergebnissen der Komponentenmodelle wird eine Ausgabematrix 𝑀𝐴 erzeugt,


welche Informationen über die Nutzung aller Komponenten sowie die erzeugte Kälte-

381 vgl. Linhardt (2015) S.59


382 vgl. Linhardt (2015) S.59
383 vgl. Linhardt (2015) S.53

137
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten

leistung 𝑄̇𝐾,𝑧 und die aufgenommene elektrische Leistung 𝑃𝑒𝑙,𝑧 zur Bilanzierung der Be-
triebskosten 𝑧 enthält. Hierbei werden auch die elektrischen Leistungsaufnahmen der
eingesetzten Förderaggregate und die Kosten für das aufbereitete Wasser der Rückküh-
ler berücksichtigt (siehe Abbildung 33). Die bereitgestellte Kälteleistung und der Lade-
zustand 𝑆 des Kältespeichers werden an die Zustandsmaschine zurückgeführt.384

𝑄̇𝐾,𝑧
𝑀𝐴 = ( 𝑃𝑒𝑙,𝑧 ) 93
𝑆
𝑧

384 vgl. Linhardt (2015) S.53

138
6. DISKUSSION DER SIMULIERTEN UND
EXPERIMENTELLEN EFFIZIENZMAßNAHMEN

Um das Potenzial der im Abschnitt 4.2 vorgestellten Effizienzmaßnahmen zu untersu-


chen, wird das Kältesystem in einer Simulation betrachtet. Durch die virtuelle Abbildung
können aufwändigere Konzepte vorab und nicht-invasiv dargestellt werden. Dies er-
möglicht eine einfache Bewertung von Maßnahmen nach dem Energiebedarf und den
Betriebskosten. Die Simulation wird außerdem eingesetzt, um die Betriebsstrategien der
freien Kühlung und des Kältespeichers festzulegen. Daneben werden auch Informatio-
nen über sinnvolle Dimensionen des Speichertanks und des Wärmeübertragers für die
freie Kühlung aus den Simulationsergebnissen erhalten. Auf Basis der Erkenntnisse der
Simulation vereinfacht sich die Planung der Komponenten und Teile der entwickelten
Betriebsstrategien können bei der Umsetzung auf die Steuerung der Anlagen portiert
werden. Der anschließende Vergleich von umgesetzten Maßnahmen mit den Erkennt-
nissen der Simulation stellt ein wesentliches Ergebnis dieser Arbeit dar. Durch diesen
lässt sich die Vorhersagegenauigkeit des hier vorgestellten Verfahrens zur virtuellen
Abbildung eines Kältesystems verifizieren und sein Nutzen für die praktische Anwen-
dung bewerten.

Im Abschnitt 6.1 wird das in Kapitel 5 vorgestellte Gesamtmodell für das Referenzsystem
validiert. Hierbei wird die Eignung des vorgestellten Simulationsansatzes für die spätere
Untersuchung des Potenzials des Kältespeichers sowie der freien Kühlung diskutiert
und bewertet. In den anschließenden Abschnitten 6.2 und 6.3 wird das Einsparpotenzial
der beiden Anlagen unter Berücksichtigung verschiedener Randbedingungen simuliert.
Im Fall der freien Kühlung erfolgt zusätzlich eine Gegenüberstellung der Simulationser-
gebnisse mit den Messwerten der aufgebauten Anlage. Um einen Vergleich mit konven-
tionellen Effizienzmaßnahmen herzustellen, werden die Betriebs- und Regelungspara-
meter des vorliegenden Referenzsystems optimiert und Anpassungen im Rohrleitungs-
system sowie an den hydraulischen Komponenten vorgenommen. Die Effizienzpotenzia-
le dieser Maßnahmen werden im Abschnitt 6.4 beschrieben und schließlich den Ergeb-
nissen des Kältespeichers und der freien Kühlung gegenübergestellt. Abschnitt 6.5 ent-
hält die Zusammenfassung und Bewertung aller untersuchten Effizienzmaßnahmen die-
ser Arbeit.

6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes


Zur Validierung des entwickelten Simulationsansatzes erfolgt ein Vergleich der gemes-
senen und simulierten elektrischen Leistungsaufnahmen des betrachteten Kältesystems.
Hierfür wird ein Leistungsmessgerät herangezogen, welches neben den auf Abbil-
dung 24 dargestellten Komponenten auch die Leistungsaufnahmen des Schaltschranks
der Kälteanlage sowie einen Teil der elektrischen Installation in der Kältezentrale er-

139
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

fasst. Letztere werden im Folgenden auch als Peripherieaggregate bezeichnet. Diese


werden in der Simulation mit einem konstanten Wert von 3,9 kW berücksichtigt. Für die
Bewertung des Modells werden Wochenintervalle aus den Jahren 2015 bis 2017 als Be-
zugsbasis ausgewählt. Da in allen drei Jahren zahlreiche Veränderungen der Infrastruk-
tur vorgenommen wurden, ist die Validierung des Modells anhand eines gesamten Jah-
res nicht zielführend. Bereits ein Umbau oder eine Abschaltung einzelner Verbraucher-
pumpen kann zu signifikanten Differenzen der benötigten elektrischen Endenergie im
betrachteten Zeitraum führen. Solche Maßnahmen fanden zeitgleich zu den unter Ab-
schnitt 4.2 vorgestellten Effizienzmaßnahmen im Rahmen der regulären Wartungsabläu-
fe der Infrastrukturmitarbeiter statt und wurden z. T. nicht dokumentiert.

Vorhersage der elektrischen Leistungsaufnahme des Kältesystems


Die elektrische Leistungsaufnahme der zentralen Komponenten des Kältesystems wird
anhand der Kältelast berechnet und als elektrischer Energiebedarf bilanziert. Abbil-
dung 63 zeigt den Verlauf der simulierten und der gemessenen elektrischen Leistungs-
aufnahme der Kälteanlage in den Kalenderwochen 35 und 36 des Jahres 2016. Für eine
bessere Übersicht ist der Zeitraum auf zwei aufeinanderfolgende Wochen beschränkt,
längere Simulationsabschnitte finden sich im Anhang E.1. Die Schaltspitzen im Verlauf
der Leistungsaufnahme des simulierten Kältesystems (an jedem vollen Tag) sind auf
eine manuelle Initialisierung der Zustandsmaschine zurückzuführen. Durch diese Maß-
nahme wird der Einsatz anderer Komponenten als der Kältemaschine zum Zweck der
Validierung des Modells verhindert. Die Zustandsmaschine würde ansonsten den Kälte-
speicher sowie die freie Kühlung einsetzen. Beim Einlesen eines neuen Simulationsin-
tervalls (ein Tag) erfolgt eine wiederholende Initialisierung der Kältemaschine als re-
gelnde Komponente. Im unteren Diagramm der Abbildung 63 sind die zeitlich korrelier-
ten Verläufe der Umgebungstemperatur sowie der relativen Luftfeuchtigkeit aufgetra-
gen.
Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme (KW35-36 2016)
Luftfeuchte in % Leistungsaufnahme in kW,

500
Abweichung der
Energie: 1,9 %
Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
400
Elektrische

300
Kältelast in kW

200

100

0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,

80

60

40

20

0 Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte


0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung 63: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen
des Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 35 und 36 des Jahres 2016

140
6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes

Die Umgebungstemperatur liegt im dargestellten Zeitraum zwischen 10 und 30 °C, wäh-


rend die Luftfeuchtigkeit zwischen 30 und 100 % schwankt. Die Simulationsergebnisse
weisen eine hohe Übereinstimmung mit den gemessenen Ergebnissen auf. Die Abwei-
chung zwischen dem gemessenen und simulierten elektrischen Energiebedarf beträgt
1,9 %, wobei das Simulationsmodell den höheren Energiebedarf vorhersagt. Die ange-
gebene Abweichung von 1,9 % entsteht vor allem durch ein marginal erhöhtes Grund-
lastniveau in der Simulation sowie eine Überbewertung der Leistungsaufnahme der si-
mulierten Rückkühlwerke zu Spitzenlastzeiten (siehe z. B. Mittagszeit Tag 4). Gegenüber
den Referenzanlagen fordert das Modell eine höhere Kühlturmstufe an, welche eine
elektrische Leistungsspitze verursacht. Eine mögliche Erklärung für die reduzierte Leis-
tungsaufnahme der Rückkühler des Referenzsystems gegenüber dem Modell liefert die
Wärmerückgewinnungsanlage an den Kältemaschinen, welche Abwärme aus dem Rück-
kühlkreislauf in das Heizungssystem des Institutes einspeist. In der Gebäudeleittechnik
des Referenzsystems wird das Heißwasser-Temperaturniveau anhand der Außentem-
peratur bestimmt. Bei höheren Außentemperaturen wird die Vorlauftemperatur des
Heißwassersystems abgesenkt, wodurch das Potenzial für die Nutzung der Abwärme
aus dem Kältesystem steigt. Gleichzeitig erhöht sich die Temperatur am Kondensator
der Kältemaschine bei Spitzenlasten kurzfristig, da der vorhandene Rückkühler vorran-
gig auf die Temperatur des Kühlmediums regelt, welches über einen Wärmeübertrager
hydraulisch vom Kondensator der Kältemaschine und dem Wärmerückgewinnungssys-
tem getrennt ist. Dadurch kann es vorkommen, dass die Kondensatortemperatur im
Sommer über dem Temperaturniveau des Heizungssystems liegt, sodass eine kurzfristi-
ge Einspeisung möglich wird. Dies reduziert die Kühllast der Rückkühlanlage und somit
den elektrischen Energiebedarf für die Kühlung. Aufgrund der fehlenden Archivdaten
für die Wärmerückgewinnung kann diese Theorie nicht für den vorliegenden Zeitraum
nachgewiesen werden. Eine nachträgliche Untersuchung der Wärmerückgewinnung bei
auftretenden Kältelastspitzen bestätigt jedoch diese Vermutung (siehe Anhang E.2). Sie
bietet somit eine Erklärung für die Differenz der Leistungsaufnahmen des Simulations-
modells und der realen Anlage bei auftretenden Spitzenlasten. Insgesamt trägt die er-
höhte elektrische Leistungsaufnahme des Rückkühlers im Modell zu einer Überschät-
zung des Energiebedarfs bei. Auf die gesamte Leistungsaufnahme der Kälteanlagen be-
zogen ist dieser Einfluss aufgrund der kurzen Auftrittsdauern der höchsten Kühlturm-
stufe jedoch als gering einzustufen.

Der größere Anteil der Abweichung ist somit auf Ungenauigkeiten bei der Bestimmung
der elektrischen Leistungsaufnahmen der Kältemaschine sowie der Peripherieaggregate
zurückzuführen. Die oben vorgestellte Annahme einer konstanten elektrischen Lei-
tungsaufnahme der Peripherieaggregate von 3,9 kW erfolgte auf Basis von Jahresmit-
telwerten der Messwerte. In isolierten Zeiträumen kann die gemessene elektrische Leis-
tungsaufnahme abweichen und damit größere Differenzen zur Annahme in der Simula-
tion hervorrufen. Eine Absenkung der angenommenen Leistungsaufnahme der Peri-
pherieaggregate um einen Kilowatt reduziert die oben aufgeführte Abweichung bereits
um 1,3 %.

141
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Betrachtung der Auslastung der Kältemaschine


Da die unter Abschnitt 3.3 vorgestellten Einsatzmöglichkeiten eines Kältespeichers die
Auslastung der Kältemaschinen wesentlich beeinflussen, muss das hier vorgestellte Si-
mulationswerkzeug insbesondere auftretende Lastschwankungen ausreichend genau
reproduzieren. Um das Systemmodell hinsichtlich dieser Anforderung zu validieren,
werden zwei Ansätze verfolgt: In einer ersten Untersuchungsreihe werden die Daten
von zwei Simulationszeiträumen mit hohen und niedrigen Kältelasten simuliert und
analysiert. In einer zweiten Untersuchung wird die Kältelast eines beliebigen Zeitraums
künstlich um einen bekannten Faktor vervielfacht. Bei einer späteren Gegenüberstellung
mit Messwerten aus dem realen Kältesystem kann festgestellt werden, wie gut die Mo-
delle eine Erhöhung der Kältelast nachbilden können. Tabelle 9 zeigt die Ergebnisse der
Validierung der betrachteten Zeiträume.

Tabelle 9: Zeiträume und Ergebnisse der Validierung Kältesystem-Modells

Zeitraum Mittlere Abweichung der simulierten Dauer in Untersuchte


Kältelast und gemessenen elektrischen Tagen Komponente
in kW Energieaufnahme in %
KW20-21 2015 169 3,7 14 Kälteanlage
KW22-26 2016 161 3,2 28 Kälteanlage
KW35-36 2016 192 1,9 14 Kälteanlage
KW05-11 2017 156 0,7 42 Kälteanlage
KW18-19 2017 186 0,7 14 Kälteanlage
KW24-25 2017 219 5,0 14 Kälteanlage
KW40-41 2015 150 1,8 14 Kältemaschine
KW40-41 2017 163 0,8 14 Kältemaschine
KW25-26 2016 166 -0,7 14 Kältemaschine

Für die Bewertung des Modells in einem Zeitraum mit hohem Kältebedarf werden die
Kalenderwochen 24 und 25 des Jahres 2017 herangezogen. Abbildung 64 enthält die
berechnete und die gemessene elektrische Leistungsaufnahme der Kälteinfrastruktur
sowie die gemessene Kältelast der Verbraucher. Der Kältebedarf beläuft sich auf insge-
samt 73,5 MW h, was einer kontinuierlichen Kälteleistung von etwa 219 kW entspricht.
Die Abweichung zwischen der simulierten und gemessenen elektrischen Energieauf-
nahme beträgt etwa 5 %. Die dargestellten Kalenderwochen besitzen damit die höchste
Abweichung aller untersuchten Zeiträume dieser Arbeit. Es wird vermutet, dass die ho-
he Diskrepanz zum Teil auf Vorbereitungen für Umbaumaßnahmen in der Kältezentrale
zurückzuführen ist, bei denen im Vorfeld einige Peripherieaggregate abgeschaltet wur-
den. Aufgrund der hohen Anzahl an Kältelastspitzen ist auch der Fehler des Rückküh-
lermodells höher, welches häufiger die maximale Kühlturmstufe anfordert, als die reale
Anlage.

142
6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes

Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme (KW24-25 2017)


Luftfeuchte in % Leistungsaufnahme in kW, 600
Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
Abweichung der
500
Energie: 5 %
400
Kältelast in kW

300
Elektrische

200
100
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,

80

60

40

20

0 Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte


0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung 64: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen
des Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 24 und 25 des Jahres 2017

Abbildung 65 zeigt die Ergebnisse eines Zeitraums mit einem geringeren Kältebedarf
von 54,6 MW h. Dies entspricht einer kontinuierlichen Kälteleistung von 169 kW, welche
um etwa 50 kW niedriger ausfällt als jene des betrachteten Zeitraums im Jahr 2017.
Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme (KW20-21 2015)
Leistungsaufnahme in kW,

400
Abweichung der Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
Energie: 3,7 %
300
Kältelast in kW

200
Elektrische

100

0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
Luftfeuchte in %

80

60

40

20
0
Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung 65: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen
des Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 20 und 21 des Jahres 2015

Die Differenz zwischen der simulierten und gemessenen elektrischen Energieaufnahme


der Kälteanlage beträgt etwa 3,7 %. In den Kalenderwochen 20 und 21 des Jahres 2015
treten nur vereinzelt Kältelastspitzen auf. Die Vorhersage des Rückkühlermodells bezüg-
lich der eingesetzten Lüfterstufen zeigt daher nur geringe Abweichungen. Dies lässt da-
rauf schließen, dass der Fehler des Rückkühlermodells bei höheren Kältelasten nur
marginal zu einer Überbewertung des Energiebedarfes beiträgt. Es wird daher ange-

143
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

nommen, dass die Beschreibung der Leistungsaufnahmen der Peripherieaggregate und


der Kältemaschine eine größere Abweichung verursachen. Um den Einfluss dieser Kom-
ponenten zu untersuchen, wird im nächsten Schritt nur die elektrische Leistungsauf-
nahme der Kältemaschine betrachtet.

Für die Untersuchung der Vorhersagegenauigkeit des Kältemaschinenmodells wurde die


elektrische Leistungsaufnahme der Kältemaschine eines Referenzzeitraums einmal mit
den originalen Kältelasten simuliert und einmal mit einer um den Faktor 1,15 skalierten
Kältelast. Mit diesem Faktor wird eine Erhöhung der Maschinenauslastung von etwa 5 %
erreicht, welche später Messwerten in der gleichen Größenordnung gegenübergestellt
wird. Auf der Abbildung 66 ist der Betrachtungszeitraum für den originalen Lastgang
dargestellt.

Simulierter und gemessene Leistungsaufnahme der Kältemaschine (KW40-41 2015)


Elektrische Leistungsaufnahme in kW,

200

180

160

140

120
Kältelast in kW

100
Abweichung der Energie: 1,8 %
80

60

40

20
Kältelast Gemessene Leistungsaufnahme Simulierte Leistungsaufnahme
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung 66: Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme der Kältema-
schine im Zeitraum der Kalenderwochen 40 und 41 des Jahres 2015

Abbildung 66 zeigt, dass bereits ein signifikanter Anteil des oben vorgestellten Fehlers
auf das Modell der Kältemaschine zurückzuführen ist. Die Abweichung der elektrischen
Leistungsaufnahme der Kältemaschine beträgt mit 1,8 % etwa die Hälfte der oben vor-
gestellten Fehler. Da das Modell auf einer quadratischen Ausgleichsfunktion der Mess-
werte des gesamten Jahres 2015 beruht, können isolierte Betrachtungszeiträume von
der Vorhersage abweichen. Ein Grund hierfür stellt die Veränderung von Betriebspara-
metern im Kältesystem dar, welche die Effizienz der Kältemaschine beeinflussen. Hierzu
gehört z. B. die parallel verfolgte Volumenstromabsenkung, welche sich durch Anhebung
der Verdampfungstemperatur der Kältemaschine auf den exergetischen Wirkungsgrad
der Kältemaschine auswirkt (siehe Abschnitt 4.2). Dieser Einfluss wird durch die Leis-
tungszahl-Kennlinie der Kältemaschine für das Jahr 2015 bestätigt, welche infolge einer
Effizienzmaßnahme an einem Unterverteiler des Kältesystems eine Unstetigkeit im Ver-
lauf aufweist (siehe Anhang F.2). Eine mögliche Option zur Verbesserung der Vorhersa-
gegenauigkeit des Kältemaschinen-Modells besteht z. B. in der Erstellung der Leistungs-
zahl-Kennlinie für einen isolierten Zeitraum kurz vor dem der Simulation. Dies stellt
sicher, dass sich die Betriebsparameter der Kältemaschine ab dem Zeitraum der Erstel-
lung der Polynomfunktion bis hin zur Simulation möglichst wenig verändern. Eine wei-
144
6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes

tere Möglichkeit stellt die Berücksichtigung des Einflusses der Kältemitteltemperaturen


im Verdampfer und Kondensator der Kältemaschine dar. Beide Größen ließen sich in
eine entsprechende Ausgleichsfunktion für die Leistungszahl integrieren. Die Tempera-
turen im Kältemittelmittelkreislauf werden von der vorhandenen Kältemaschine jedoch
nicht ausgegeben und können im Referenzsystem nicht für die Modellbildung herange-
zogen werden. Auf Basis der Ergebnisse auf den Abbildungen 64 und 65 wird angenom-
men, dass der jahreszeitabhängige Fehler des Kältemaschinen-Modells größer als die
Abweichung bei der Vorhersage von niedrigen gegenüber hohen Kältelasten ist.

Auf Abbildung 65 treten keine unerwarteten Spitzenlasten durch die Rückkühlanlage


auf. Es wird daher angenommen, dass die Differenzen zwischen Simulation und Messung
neben der Kältemaschine vor allem auch durch die Abschätzung der Leistungsaufnah-
men der Förder- und Peripherieaggregate verursacht werden. Diese Abweichung könnte
durch eine Analyse der elektrischen Grundlast anhand der Messwerte des betroffenen
Zeitraums und einer anschließenden Parametrierung des Modells behoben werden. Eine
geringe Abweichung der elektrischen Grundlast wird jedoch als unkritisch angesehen,
da das Simulationsmodell für einen relativen Vergleich verschiedener Szenarien einge-
setzt werden soll. Von einer Optimierung der Modelle zur Minimierung der vorgestellten
Abweichung bezüglich der elektrischen Leistungsaufnahmen wird daher abgesehen. Die
Abweichungen bezüglich der Vorhersage des elektrischen Energiebedarfs der Kompo-
nenten werden mit 0,7 bis 5 % insgesamt als gering eingeschätzt. Das hier entwickelte
Modell erfüllt daher den Anspruch einer adäquaten Repräsentation des Kältesystems
auch bei hohen und niedrigen Kältelasten.

Zuletzt wird die Kältelast des auf Abbildung 66 dargestellten Zeitraums um den Faktor
1,15 erhöht. Durch diese Maßnahme nehmen die Auslastung und somit auch die Leis-
tungszahl der Kältemaschine zu. Abbildung 67 stellt die Maschinenauslastung gegenüber
der Leistungszahl der originalen Messwerte sowie der künstlich erhöhten Datenreihen
dar.

Erhöhung der Kältemaschinenauslastung (KW40-41 2015)


40 37.71 4
3.44
32.67
3.14
30 3
Auslastung in %

Leistungszahl

20 2

10 1

0 0
original erhöht original erhöht
Abbildung 67: Auslastung und Leistungszahl für den originalen Lastverlauf und das Szenario
mit erhöhter Kältelast.

Eine Gegenüberstellung der Leistungszahlen der originalen und künstlich angepassten


Lastdaten zeigt, dass die Leistungszahl der Kältemaschine bei einer Erhöhung der Aus-

145
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

lastung um etwa 5 % um 0,3 zunimmt. Dieses Ergebnis wird im Abschnitt 6.4.4 mit expe-
rimentellen Daten der Effizienzmaßnahmen verglichen, um die Vorhersagegenauigkeit
des Modells für die Kältemaschine bezüglich schwankender Auslastungen zu bewerten.

6.2 Einfluss des Kältespeichers auf die Systemeffizienz


Um den Einfluss des Einsatzes eines Kältespeichers auf die Gesamteffizienz der Kältean-
lage zu untersuchen, wurden mit Hilfe der in Kapitel 5 vorgestellten Modelle repräsenta-
tive Zeiträume für die Kälteversorgung am IISB simuliert. Die Wetter- und Kältelastda-
ten aus dem Energie-Monitoringsystem des Institutes bilden die Grundlage für eine rea-
litätsnahe Betrachtung des Kältesystems. Die Ziele dieser Untersuchung sind die Ermitt-
lung der Leistungszahl des Kältesystems bei Einsatz eines Kältespeichers sowie die Dar-
stellung des Einflusses des Kältespeichers auf den Arbeitspunkt der Kältemaschine. Da
die Verschiebung von Kältelasten auch zu einer signifikanten Beeinflussung der Auslas-
tung der Kältemaschine führt, werden die Effizienzpotenziale getrennt für den Kälte-
speicher und die Kältemaschine betrachtet.

In einem ersten Schritt wird der Einfluss der Kältemaschine auf die Effizienz der beste-
henden Kälteinfrastruktur untersucht. Hierzu wurden acht Tage ausgewählt, an denen
die Kältelast ein für das IISB typisches Verlaufsprofil aufweist. Die Rahmenbedingungen
dieser acht Tage sind in der Tabelle 10 aufgeführt, eine Darstellung der individuellen
Kältelastverläufe findet sich im Anhang E.3. Der Kältebedarf der Verbraucher war in den
Nächten durchweg geringer und stieg über den Tag an. Dieser Einfluss wird durch die
Angabe der minimalen und maximalen mittleren Kältelasten in Tabelle 10 dargestellt.
Für die Berechnung dieser Werte wurde zunächst eine zeitlich gemittelte Kältelast ge-
bildet. Aus den Kältelasten oberhalb dieser Mittellast wurde anschließend eine zeitlich
gemittelte Maximallast bestimmt. Die minimale mittlere Kältelast wurde dagegen aus
dem zeitlichen Mittelwert aller Kältelasten unterhalb der Mittellast berechnet. Durch
diese Maßnahme wird der Einfluss von Lastspitzen zugunsten einer übersichtlichen
Darstellung gedämpft.

Tabelle 10: Zusammenfassung der Messdaten der ausgewählten Zeiträume

Tag Datum Umgebungstem- Min. und max. mittlere Kälteenergie-


peratur in °C Kältelast in kW bedarf in MW h
1 18.2.14 -3 bis 11 70 – 125 2,4
2 09.6.14 13 bis 40 75 – 175 3,2
3 19.6.14 12 bis 24 80 – 130 2,5
4 24.3.15 -2 bis 15 120 – 150 3,2
5 08.4.15 -2 bis 16 135 – 175 3,7
6 16.6.15 9 bis 24 175 – 300 4,7
7 26.6.15 8 bis 27 175 – 300 4,6
8 23.8.15 13 bis 29 135 – 135 3,3

146
6.2 Einfluss des Kältespeichers auf die Systemeffizienz

Abbildung 68 zeigt die Verläufe der Kälteleistung und der Außentemperatur am Tag 5
der Tabelle 10. Die Korrelation mit der Außentemperatur lässt zunächst eine hohe Tem-
peraturabhängigkeit des Kältebedarfs vermuten, welche sich bei genauer Analyse nicht
bestätigt. Hierfür ist der Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Kältelast um 8 Uhr
gegenüber 22 Uhr zu gering. Das Bedarfsprofil eines Wochenendes ist exemplarisch im
Anhang E.3 dargestellt. Es zeigt eine kontinuierliche Kälteleistung, obwohl eine signifi-
kante Änderung der Außentemperatur von der Tages- zur Nachtzeit vorliegt. Ein Ein-
fluss der Umgebungstemperatur auf den Kältebedarf ist auf der Tagesebene somit als
gering einzuschätzen. Über das Jahr hinweg wird jedoch ein hoher Einfluss erwartet.
Dieses Ergebnis steht in guter Übereinstimmung mit der Systemanalyse im Ab-
schnitt 4.1.

Kältelast- und Temperaturverlauf am Tag 5


200 30

Umgebungstemperatur in °C
175 25

150 20
Kältelast in kW

125 15

100 10

75 5

50 0

Umgebungstemperatur Kältelast
25 -5
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Zeit in Stunden
Abbildung 68: Temperatur- und Kältebedarfsverlauf am Tag 5 (08.04.2015)

Abbildung 68 zeigt, dass die vorhandene Kältemaschine mit einer maximalen Kälteleis-
tung von 469 kW für den dargestellten Zeitraum überdimensioniert ist. Da der beste
Arbeitspunkt nach Abbildung 13 bei etwa 350 kW liegt, führt die niedrige Auslastung zu
einer geringen Gesamteffizienz der Kälteversorgung. Um den Einfluss der Kältemaschine
hinsichtlich der Auslastung zu untersuchen, wird der folgende Ansatz gewählt: Aus dem
vorhandenen Modell der Kältemaschine werden in 5 kW-Schritten kleinere, virtuelle
Maschinen erzeugt. Dabei wird die maximale Kälteleistung der Kältemaschine jeweils
um 5 kW reduziert, während die minimale Kälteleistung nur geringfügig herabgesetzt
wird. Der Leistungsbereich der Aggregate reduziert sich dadurch wie auf Abbildung 69
exemplarisch für vier Kennlinien dargestellt. Es wird vereinfachend angenommen, dass
die maximale Leistungszahl der Kältemaschinen bei Reduzierung der Anlagendimension
nicht wesentlich abnimmt. Mit Hilfe der abgestuften Kältemaschinen wird die Effizienz
der Kälteversorgung für die in Tabelle 9 dargestellten Referenztage zunächst ohne Be-
rücksichtigung eines Kältespeichers untersucht.

147
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Künstliche Kennlinien der Kältemaschinen


5

4,5

4
Leistungszahl

3,5

2,5

1,5
470 kW 400 kW 300 kW 200 kW
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450
Maximale Kälteleistung der Kältemaschine in kW
Abbildung 69: Kennlinien der virtuellen Kältemaschinen anhand von vier Beispielen

Abbildung 70 stellt die Leistungszahlen der unterschiedlichen Tage in Abhängigkeit der


Dimension der Kältemaschine dar. Die Leistungszahlen wurden aus dem Quotienten der
zeitlich gemittelten Kälteleistung einer Kältemaschine und der zeitlich gemittelten Leis-
tungsaufnahme der Kälteanlage eines betrachteten Tages berechnet. Das Diagramm im-
pliziert, dass die Systemeffizienz mit zunehmender Größe der Kältemaschine abnimmt.
An den gezeigten Tagen erreichen die Maschinen mit Spitzenleistungen zwischen 175
und 275 kW die höchsten Leistungszahlen, können aber die geforderte maximale Tages-
last von etwa 300 kW am sechsten und siebten Tag nicht bedienen. Infolge einer solchen
Unterdimensionierung der Kältemaschine würde die Vorlauftemperatur des Kältesys-
tems während der Spitzenlastperiode ansteigen und temperaturkritische Verbraucher
wie Serverschränke könnten für diese Dauer nicht ausreichend gekühlt werden.

Einfluss der Kältemaschinendimension auf die Leistungszahl der Kälteanlage

2,3
Leistungszahl der Kälteanlage

2,1

1,9

1,7

1,5
Kältemaschinendimensionen
mit höchsten Leistungszahlen höchste Leistungszahlen
1,3
Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8
200 250 300 350 400 450
Maximale Kälteleistung der Kältemaschine in kW
Abbildung 70: Leistungszahl der Kälteanlage in Abhängigkeit der Dimension der Kältemaschi-
ne

Um das Kältesystem mit kleineren Maschinen und höherer Leistungszahl zu betreiben,


kann ein Kältespeicher eingesetzt werden, welcher die Kältemaschine in Spitzenlastzeit-
räumen unterstützt und in Niedriglastzeiträumen beladen wird. Dadurch können die
Kältemaschinen immer nahe am optimalen Arbeitspunkt betrieben werden. Als weiterer
148
6.2 Einfluss des Kältespeichers auf die Systemeffizienz

Effizienzfaktor wird Kälteenergie vor allem in den Nachtstunden gespeichert, um niedri-


ge Außentemperaturen für eine effiziente Rückkühlung zu nutzen (siehe Abschnitt 3.3).
Hierfür sind Betriebsstrategien notwendig, welche den Kältespeicher in passenden Zeit-
räumen beladen. Die unter Abschnitt 5.6 vorgestellten Betriebsstrategien erfüllen diesen
Anspruch und liegen den vorgestellten Simulationen zugrunde. Abbildung 71 zeigt die
Leistungsverläufe der Kältemaschine sowie des eingesetzten Kältespeichers im Ver-
gleich zur Kältelast an Tag 3 (19.06.2014). Der Simulation stehen im gezeigten Beispiel
eine Kältemaschine mit 160 kW Spitzenleistung und ein Kaltwasserspeicher mit einem
Volumen von 80 m³ zur Verfügung. Die gewählte Betriebsstrategie versucht, den Kälte-
bedarf der Verbraucher jederzeit zu decken. Der Speicher bedient dabei auftretende
Kältelastspitzen, welche die maximale Leistung der Kältemaschine überschreiten.
Verlaufsdiagramm der Kälteversorgung
225
Kältelast Speicher entladen Kälteleistung Kältemaschine Speicher beladen Umgebungstemperatur
200 30
durch Speicher kompensierte Lastspitzen
Kälteleistung in kW

175

Temperatur in °C
150 25

125

100 20

75

50 15

25
Ladezustand in %

0 10
100
75
50
25
0
0 3 6 9 12 15 18 21 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 71: Vergleich des simulierten Systemverhaltens einer Kältemaschine mit Kältespei-
cher gegenüber den gemessenen Kältelastdaten

Im dargestellten Diagramm sieht die Betriebsstrategie eine Beladung des Kältespeichers


zwischen null und sieben Uhr vor, die Kältelast wird in dieser Periode um den Betrag
der Ladeleistung überdeckt. Um die Effizienz der Rückkühler zu erhöhen und Betriebs-
kosten zu senken, erfolgt die Speicherbeladung im Zeitraum mit den niedrigsten Außen-
temperaturen. Durch einen signifikanten Anstieg der Umgebungstemperatur um sieben
Uhr wird der Beladeprozess ausgesetzt und die Kältemaschine bedient regulär die Kälte-
last der Nutzer. In dem Zeitraum von 9 bis 17 Uhr treten Kältelastspitzen auf, welche
den effizientesten Arbeitspunkt der Kältemaschine überschreiten. Diese Lastspitzen
werden durch eine Entladung des Kältespeichers kompensiert. Zwischen 16 und 19 Uhr
treten die höchsten Umgebungstemperaturen auf. In diesem Zeitraum wird die Kältema-
schine abgeschaltet, um einen ineffizienten Betrieb der Rückkühler bei erhöhten Umge-
bungstemperaturen zu vermeiden. Der Kältespeicher wird in diesem Zeitraum entladen
und bedient die Kälteanforderung der Verbraucher. Im unteren Diagramm der Abbil-
dung 71 ist der korrelierte Ladezustand des Kältespeichers dargestellt. Dieser wird zwi-
schen 15 und 85 % seiner Kapazität beladen, um die thermische Übergangszone nicht

149
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

aus dem Speicher in das Kältesystem zu verschieben. Während des Zeitintervalls von 7
bis 16 Uhr nimmt der Ladezustand langsam ab, da neben den kurzfristigen Entladevor-
gängen auch Wärmeenergie aus der Umgebung in den Speicher eindringt.

Die auf Abbildung 71 vorgestellte Simulation wurde für alle der betrachteten Referenz-
tage der Tabelle 10 durchgeführt. Dabei wurden die Größen der Kältemaschine und des
Kältespeichers variiert, um den Einfluss auf die Gesamteffizienz der Kälteversorgung zu
untersuchen. Aus den Simulationsergebnissen wurde eine über alle Tage gemittelte Effi-
zienzkennlinie für drei untersuchte Speicheroptionen (kein Speicher, 80 m³ Speicher,
160 m³ Speicher) gebildet. Da die vorgestellte Untersuchung unter anderem auch zur
Dimensionierung eines Kältespeichers für das IISB diente, wurde eine maximale Spei-
chergröße von 160 m³ definiert. Ein größeres Speichervolumen ist aufgrund des be-
grenzten Bauraums nicht umsetzbar. Die Ergebnisse sind auf Abbildung 72 dargestellt.

Mittelung der Leistungszahlen der Kälteanlage


2,3
Leistungszahl der Kälteanlage

2,2

2,1

1,9

1,8

1,7

ohne Speicher Speicher 80 m³ Speicher 160 m³


200 250 300 350 400 450
Maximale Kälteleistung der Kältemaschine in kW
Abbildung 72: Zusammenfassung des Einflusses der maximalen Kältemaschinenleistung und
der Speichergröße auf die Effizienz der Kälteanlage

Die Simulationsergebnisse zeigen, dass die Effizienz der Kälteanlage durch den Einsatz
eines Kältespeichers trotz Eintrag von Wärmeenergie aus der Umgebung signifikant
angehoben wird. Bei der vorhandenen Kältemaschine mit 469 kW erhöht sich die Leis-
tungszahl des Kältesystems durch Einsatz eines Kältespeichers mit 160 m³ von etwa
1,69 auf 1,91. Dies entspricht einer Einsparung der gesamten eingesetzten elektrischen
Energie für die Kälteversorgung von etwa 11,5 %. Bei einem Kältespeicher mit 80 m³
Volumen können durch Erhöhung der Leistungszahl auf 1,8 noch etwa 6 % des Energie-
bedarfs eingespart werden.

Wird dagegen eine kleinere Kältemaschine mit einer Spitzenleistung von 250 kW einge-
setzt, so lässt sich die Arbeitszahl des Kältesystems in der vorgestellten Untersuchung
von 1,69 auf maximal 2,18 erhöhen. Gegenüber dem Referenzszenario ohne Speicher
kann eine Einsparung der elektrischen Leistungsaufnahme von 22,1 % erreicht werden.
Davon sind nach Abbildung 72 etwa 15 % auf den effizienteren Betrieb einer kleineren
Maschine und 7 % auf die Lastverschiebung in Zeiträume mit niedrigeren Umgebungs-

150
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

temperaturen zurückzuführen. Das vorgestellte Szenario wird dabei erst durch den Käl-
tespeicher ermöglicht, welcher auftretende Spitzenlasten bei unterdimensionierten Käl-
temaschinen bedient. Im Gegensatz zum bevorzugten Szenario einer vollen Deckung
durch den Kältespeicher (siehe Abbildung 16), wird bei kleineren Kältemaschinen zu-
sätzlich eine partielle Deckung mit Vorrang des Speichers verfolgt. Die unter Ab-
schnitt 5.6.2 vorgestellte Betriebsstrategie verwendet automatisch diesen Modus, wenn
die Kältemaschine nicht zur Deckung der Spitzenlasten ausreicht (siehe Abbildung 71).

Zusammenfassend wird das Effizienzpotenzial eines Kältespeichers wesentlich durch


seine Größe und seine Aufgabe im Kältesystem bestimmt. Mit den vorgestellten Spei-
cherdimensionen kann die Leistungszahl der vorhandenen Kälteinfrastruktur um sechs
bis zwölf Prozent angehoben werden, was eine signifikante Reduzierung der elektri-
schen Energiekosten bedeutet. Für diese Analyse wurde zunächst nur der elektrische
Energiebedarf der Kälteinfrastruktur betrachtet. Die anfallenden Kosten für Betriebs-
mittel wie z. B. aufbereitetes Wasser für den Kühlturm wurden dabei vernachlässigt.
Daneben lag die mittlere Umgebungstemperatur der ausgesuchten Simulationstage mit
einem Wert von 14 °C etwa fünf Grad Celsius oberhalb der Jahresmitteltemperatur des
Standorts. Bei niedrigeren Außentemperaturen ist der Wärmeeintrag in den Kältespei-
cher aus der Umgebung geringer und die Effizienz der Rückkühlanlagen nimmt zu.
Ebenso wurde in dieser Untersuchung noch keine Nutzung von freier Kühlung berück-
sichtigt. Diese soll separat im folgenden Abschnitt diskutiert werden.

6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz


Die Nutzung von freier Kühlung ist in industriellen Kaltwasserversorgungssystemen mit
einer Vorlauftemperatur unterhalb von 20 °C wenig verbreitet (siehe Abschnitt 3.1.2),
dabei sind die grundlegenden Voraussetzungen für eine Integration in den meisten Käl-
tesystemen bereits vorhanden. Zu diesen gehören ein Kaltwasserkreislauf zur Versor-
gung der Verbraucher sowie ein eigenständiges Rückkühlwerk, welches an diesen Kreis-
lauf angebunden wird. In vielen Systemen kann eine solche Verbindung durch die direk-
te Überbrückung der Kältemaschine mit Hilfe eines Wärmeübertragers erfolgen385,386.
Ein Teilziel dieser Arbeit stellt die Untersuchung und Umsetzung eines Konzeptes zur
Nutzung von freier Kühlung im Referenzsystem dar. Als eine potenzielle Möglichkeit zur
Optimierung der Effizienz von Kältesystemen soll sie mit weiteren Maßnahmen vergli-
chen und bezüglich ihrer Relevanz für den praktischen Einsatz bewertet werden.

6.3.1 Modellbasierte Untersuchung


Da die Integration der freien Kühlung mit einem erhöhten technischen Aufwand ver-
bunden ist, soll das Energieeinsparpotenzial der Anlage zunächst mit Hilfe des unter
Abschnitt 5.3 beschriebenen Verfahrens zur Berechnung eines Kühlturms untersucht
werden. Hierfür wird das vorgestellte Modell auf die Rückkühlanlage des Primärkälte-
systems übertragen. Da das Rückkühlwerk aus zwei getrennten Kühltürmen besteht,

385 vgl. Zhang (2014) S.176


386 vgl. Jaramillo (2014) S.3

151
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

verdoppelt sich die Anzahl der nutzbaren Lüfterstufen. Für die Untersuchung wird an-
genommen, dass beide Kühltürme identisch arbeiten und auf den jeweiligen Stufen die
gleichen Kälteleistungen erbringen. Bei freier Kühlung reduziert sich die Kälteleistung
gegenüber der Rückkühlung der Kältemaschinen signifikant, da die Temperatur des
Kühlmediums und somit die Differenz zur Umgebungstemperatur, abnimmt. Die Soll-
temperatur des Kältesystems beträgt etwa zwölf Grad Celsius. Der Rückkühler muss
jedoch ein niedrigeres Temperaturniveau bereitstellen, da der Kaltwasserkreislauf
durch einen Wärmeübertrager vom Wasser-Glykol-Kreislauf (Kühlmedium) getrennt ist.
Die Temperaturdifferenz zwischen Eingang des kalten Wasser-Glykol-Gemischs und
Austritt des abgekühlten Kaltwassersstroms (Grädigkeit) liegt bei Plattenwärmeüber-
tragern üblicherweise in der Größenordnung von ein bis zwei Grad Celsius (siehe Ab-
schnitt 3.5). Die Austrittstemperatur des Rückkühlers muss daher etwa zehn Grad Celsi-
us betragen, damit die Solltemperatur des vorliegenden Kältesystems erreicht werden
kann. Statt der unter Abschnitt 3.1.2 genannten Temperaturgrenze von fünf Grad Celsius
wird daher ein neuer Wert von vier Grad Celsius definiert. Die freie Kühlung wird erst
eingeschaltet, wenn die Umgebungstemperatur darunter liegt. In Analogie zur Rückküh-
lung der Kältemaschine lässt sich auch für die freie Kühlung eine Darstellung der Kälte-
leistung in Abhängigkeit der Außentemperatur ableiten. Da die freie Kühlung aus-
schließlich trocken betrieben wird, kann der Einfluss der Luftfeuchtigkeit vernachlässigt
werden (siehe Abschnitt 5.3.1). Abbildung 73 zeigt die Kälteleistung der einzelnen Lüf-
terstufen 𝐿0 − 𝐿 sowie die Leistungszahl der freien Kühlung in Abhängigkeit der Um-
gebungstemperatur. Da das Rückkühlwerk des Primärkältesystems aus zwei identischen
Kühltürmen besteht, existieren zwei Lüfter, denen jeweils die Stufen L0, L1 oder L2 zu-
geordneten werden können.

Kälteleistung aus freier Kühlung


400
Kälteleistung in kW

L0L0 L0L1 L1L1 L2L0 L1L2 L2L2


300

200

100

0
-15 -14 -13 -12 -11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5
Umgebungstemperatur in °C
Effizienz der freien Kühlung
Gesamtleistungszahl

10
L0L0 L0L1 L1L1 L2L0 L1L2 L2L2
8
6
4
2
0
-15 -14 -13 -12 -11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5
Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 73: Kälteleistung und Effizienz der freien Kühlung in Abhängigkeit der Außentem-
peratur

Die auf Abbildung 73 dargestellten Leistungszahlverläufe berücksichtigen die elektri-


schen Leistungsaufnahmen der Förderaggregate und bilden somit die Gesamteffizienz
152
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

der Kälteversorgung bei freier Kühlung ab. Durch die sechs Kombinationen der Lüfter-
stufen können unterschiedliche Kälteleistungen bereitgestellt werden. Eine Korrelation
mit der Außentemperatur zeigt, dass die Kühltürme des Primärkältesystems bei null
Grad Celsius eine Leistungszahl von vier erreichen, solange beide Kühltürme mit der
ersten Lüfterstufe betrieben werden (L1L1). Mit dieser Lüfterstufe wird die höchste
Effizienz erreicht, die Kälteleistung bleibt bei der genannten Temperatur jedoch auf et-
wa 90 kW beschränkt. Bei sinkender Umgebungstemperatur nehmen die Kälteleistung
und die Effizienz der freien Kühlung zu, sodass die Kühltürme unterhalb von zwei Grad
Celsius uneingeschränkt effizienter arbeiten, als die reguläre Kälteanlage. Mit der höchs-
ten Lüfterstufe L2L2 des Rückkühlsystems wird bei zwei Grad Celsius eine Kälteleistung
von etwa 140 kW bereitgestellt. Die hier dargestellten Ergebnisse liegen der Betriebs-
strategie für die freie Kühlung zugrunde. Solange die Leistungszahl der Rückkühler im
Vergleich zur regulären Kälteversorgung höher liegt, bevorzugt die unter Abschnitt 5.6
vorgestellte Betriebsweise die freie Kühlung. Ebenso wird die freie Kühlung durch den
Kältespeicher unterstützt, wenn sie die Kältelast aufgrund zu geringer Kälteleistung
nicht bedienen kann, aber effizienter als die reguläre Kälteanlage ist.

Für die Untersuchung der Energieeinsparungen durch freie Kühlung werden vier unter-
schiedliche Szenarien betrachtet. Zunächst wird das Referenzszenario definiert, welches
durch den eigenständigen Betrieb der vorhandenen Kältemaschinen (KM) nach Ab-
schnitt 6.1 charakterisiert ist. In diesem Fall werden der Kältespeicher (SP) und die freie
Kühlung (FK) vernachlässigt. Das zweite Szenario berücksichtigt die Integration eines
Kältespeichers mit 80 m³ Volumen, welcher eine Verschiebung der Kaltwassererzeu-
gung von den Tages- in die Nachtstunden ermöglicht. Im dritten Szenario liegt mit der
Integration der freien Kühlung die maximale Konfiguration des Kältesystems vor. Die
Kälteversorgung wird – wenn möglich – über freie Kühlung bedient. Im letzten Szenario
liegt kein Kältespeicher vor. Dieses Szenario dient dem Vergleich des Effizienzpotenzials
der freien Kühlung mit den anderen Szenarien.

Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich über 24 Wochen, in denen freie Kühlung auf-
grund von niedrigen Umgebungstemperaturen möglich ist. Die Messdaten der Kältelas-
ten und Wetterprofile entstammen den in der Tabelle 11 aufgeführten Zeiträumen.

Tabelle 11: Übersicht der gewählten Zeiträume für die Untersuchung der Szenarien

Jahr Zeitraum Randbedingungen


Kalenderwoche 4 bis 10 Februar/März Mittlere Temperatur: 4,4 °C
2015 Kalenderwoche 10 bis 16 März/April Zeitraum < 4 °C: 2134 h
Kalenderwoche 43 bis 49 November/Dezember Mittlere Kältelast: 126,2 kW
Mittlere Leistungszahl: 1,72
2016 Kalenderwochen 1 bis 6 Januar/Februar
(Referenzszenario)

Da sich die Winterperiode über den Jahreswechsel erstreckt, werden die Eingangsdaten
der Simulation aus den Messwerten der Jahre 2015 und 2016 gebildet. Zu Beginn des
Jahres 2015 gab es eine längere Außerbetriebnahme der Kälteanlagen, weshalb die Da-
ten für die Simulation ungeeignet sind. Der Betrachtungszeitraum Januar/Februar 2015
153
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

wird daher durch das Folgejahr 2016 ersetzt. Die Temperaturdauerlinie des betrachte-
ten Zeitraums ist im Anhang F.1 dargestellt.

Vergleich der Simulationsergebnisse aller Szenarien


Abbildung 74 zeigt die Simulationsergebnisse der vier betrachteten Systemkonfiguratio-
nen. Für die Bewertung der Einzelszenarien sind die relevanten Energiebedarfe sowie
die Gesamtbetriebskosten aufgetragen. Dabei wurde auch der Wasserbedarf für den
Betrieb der feuchten Kühlung berücksichtigt. Die elektrischen Energiekosten werden für
den vorliegenden Fall mit 0, 5 €⁄kW h angenommen. Das aufbereitete Wasser für die
Kühltürme wurde nach einer Analyse der beteiligten Prozesse mit einem Kostensatz von
,5 €⁄m³ abgeschätzt387. Diese Kosten stehen in guter Übereinstimmung mit gängigen
Angaben in der Literatur388.
Vergleich der unterschiedlichen Komponentenkonfigurationen
600
Kältebedarf in MW h Energieaufnahme in MW h Wasserbedarf in m³ Betriebskosten in T€
508.68 508.68 508.69 508.56
500
LZ =1.72
LZ1.72
=1.72
LZLZ =1.72
= 1,72 LZ = 1,92 LZKA = 2,31 LZKA = 2,23
LZKA=1.72
LZ =1.72 LZKA=1.92
400
Wert

300 295.03
295,03
264.44
264,44
239.1
239,1
220,11
220.11
228.12
228,12
200 172.7
172,7 177.3
177,3
190.0
190,0

100
44.69
44,69 40.11
40,11 34.82
34,82
33.49
33,49

0
KM KM+SP KM+SP+FK KM+FK
KM = Kältemaschine SP = Kältespeicher FK = Freie Kühlung
Abbildung 74: Vergleich der Effizienz- und Einsparpotenziale unterschiedlicher Ausbauszena-
rien der vorliegenden Kälteinfrastruktur

Kältemaschine mit Kältespeicher


Eine Analyse der Simulationsergebnisse auf Abbildung 74 zeigt, dass der Bedarf an
elektrischer Energie durch den Einsatz eines Kältespeichers gegenüber dem Referenz-
szenario (KM) um etwa 10,4 % reduziert werden kann. Unter Abschnitt 6.1 wurde der
Einfluss des Kältespeichers auf die Effizienz der Kältemaschine bei höheren Umgebungs-
temperaturen untersucht. Im Vergleich zur Abbildung 72 ist die auf Abbildung 74 darge-
stellte Energieeinsparung größer, da der Kältespeicher aufgrund der niedrigen Umge-
bungstemperaturen über den gesamten Zeitraum Wärmeenergie an die Umgebung ab-
gibt und somit zusätzliche Kälteenergie bereitstellt. Die mittlere Umgebungstemperatur
des unter Abschnitt 6.1 betrachteten Zeitraums liegt mit 14 °C deutlich höher als die
Vorlauftemperatur des Kältesystems. Daher erfolgt ein Wärmeeintrag aus der Umge-

387 vgl. Linhardt (2015) S.28


388 vgl. Graf (2010) S.1798

154
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

bung in das Speichermedium. Bei niedrigen Umgebungstemperaturen ist die Kältelast


zudem etwas niedriger als im Hochsommer, wenn die Gebäudemasse aufgewärmt ist
(siehe auch Abbildung 28). Die Kältemaschine wird folglich weniger ausgelastet und die
Leistungszahl nimmt ab. Eine höhere Auslastung der Kältemaschine durch den Kälte-
speicher ist im Niedriglastbereich mit einer größeren Energieeinsparung verbunden, da
die Leistungszahl-Kennlinie dort die höchste Steigung besitzt (siehe Abbildung 13). Auf
Basis der betrachteten Simulationszeiträume weist der Einsatz eines Kältespeichers mit
80 m³ Volumen in der Winterperiode daher ein ähnlich hohes Effizienzpotenzial auf, wie
der 160 m³ Tank in der wärmeren Jahreszeit. Die Reduktion des elektrischen Energie-
bedarfs überträgt sich nach Abbildung 74 direkt auf die Betriebskosten.

Der Wasserbedarf steigt im Vergleich zum Referenzszenario marginal an, da das Rück-
kühlwerk im Kältemaschinebetrieb durch die Anhebung der mittleren Kälteleistung
während der Speicherbeladung größere Rückkühlleistungen abführen muss und häufi-
ger eine Besprühung initiiert. Die zusätzlichen Kosten für das aufbereitete Wasser redu-
zieren die Einsparungen insgesamt jedoch nur marginal. In der Literatur wird der mitt-
lere Wasserverbrauch geschlossener Verdunstungskühler mit 2,5 bis 4,5 l/(kW h) ange-
geben389. Bei einem sich aus der Simulation ergebenden Rückkühlbedarf von
692,7 MW h im Referenzszenario ergäbe sich somit ein minimaler Bedarf von etwa
1.700 m³ Wasser. Da der hier vorgestellte Simulationszeitraum nur die kalte Jahreszeit
betrachtet, in welcher die Ausnutzung der Verdunstungskühlung durch niedrige Umge-
bungstemperaturen gering ist, erscheinen die berechneten 172,7 m³ des Referenzszena-
rios auf Abbildung 74 dennoch als realistisch. Häufig wird die Kühlturmbesprühung auf-
grund der Frostgefahr in der Winterperiode außer Betrieb genommen und der Wasser-
Kreislauf abgelassen390. Dies ist im vorliegenden Referenzsystem am IISB nicht jedes
Jahr der Fall, da eine elektrische Beheizung für den Frostschutz existiert.

Kältemaschine und freie Kühlung mit Kältespeicher


Im dritten Szenario wird das Kältesystem um die freie Kühlung erweitert. Durch die
Vielzahl an möglichen Versorgungsoptionen werden umfangreiche Betriebsstrategien
benötigt, welche den effizientesten Kälteversorger auswählen. Die Kapazität des Kälte-
speichers kann dabei auf unterschiedliche Weisen genutzt werden: Ein mögliches Ziel
stellt die Maximierung der Laufzeit der freien Kühlung bei minimaler Unterstützung
durch den Kältespeicher dar. Hierbei werden die Volumenströme über den Kältespei-
cher minimiert und die Entladedauer verlängert. Die freie Kühlung wird dabei nicht im-
mer im optimalen Betriebspunkt betrieben. Eine weitere Möglichkeit stellt die Nutzung
möglichst niedriger Lüfterstufen bei höherer Speicherentladung dar. In diesem Fall wird
eine höhere Effizienz erreicht, da die Kühltürme nach Abbildung 73 bei niedrigen Lüfter-
stufen eine höhere Leistungszahl besitzen. Wenn der Kältespeicher vollständig entladen
ist und die maximale Kälteleistung der freien Kühlung überschritten wird, muss diese
jedoch abgeschaltet werden. Dieses Konzept wird von der implementierten Betriebs-

389 vgl. Handschuh (2013) S.362


390 vgl. Urbaneck (2012) S.54

155
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

strategie verfolgt. Abbildung 75 zeigt ein Beispiel, in dem die freie Kühlung durch eine
unterstützende Speicherentladung den gesamten Tag über betrieben werden kann.
Unterstützung der freien Kühlung durch den Kältespeicher
200 4

Umgebungstemperatur in °C
Kältelast FK SP entladen SP beladen Temperatur
175 3
Kälteleistung in kW

150 2

125 1

100 0

75 -1

50 -2

25 -3
Ladezustand in %

0 -4
100
75
50
25
0
0 6 12 18 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 75: Betrieb der freien Kühlung bei Unterstützung durch den Kältespeicher

Die Schwankungen der Kälteleistung der freien Kühlung zwischen 12 und 18 Uhr wer-
den durch die großen Leistungsunterschiede beim Schalten der Lüfterstufen hervorge-
rufen. In einem realen Kältesystem würden solche Spitzen durch die große thermische
Kapazität des Leitungssystems etwas gepuffert. Modernere Rückkühlwerke besitzen
außerdem drehzahlgeregelte Lüfter, welche eine kontinuierliche Leistungsanpassung
ermöglichen. Für die vorliegende Simulation wurde angenommen, dass der Kältespei-
cher die auftretenden Leistungsspitzen des Rückkühlers ausgleicht. Diese übertragen
sich daher auf das Entladeprofil des Kältespeichers. Abgesehen von einer geringen Bela-
dung um 6 Uhr ist der stetige Anstieg des Speicherladezustands zwischen null und zwölf
Uhr auf einen Wärmeverlust des Speichers an die Umgebung zurückzuführen. Der Lade-
zustand erhöht sich in dieser Zeitspanne von zwölf Stunden um etwa 32 kW h. Dies ent-
spricht einer Dauerladeleistung von 2,6 kW, welche über die Oberfläche des Speichers
übertragen wird. In Anbetracht der hohen Temperaturdifferenz zur Umgebung er-
scheint dieser Wert realistisch. Der Ladezustand nimmt durch die Unterstützung der
freien Kühlung ab zwölf Uhr kontinuierlich ab. In dieser Zeitspanne unterstützt der Käl-
tespeicher die freie Kühlung, da diese Betriebsstrategie effizienter als die Nutzung der
Kältemaschine ist.

Abbildung 76 zeigt einen Tag, an welchem alle zur Verfügung stehenden Komponenten
(KM, FK, SP) eingesetzt werden. Die Umgebungstemperatur steigt im dargestellten Si-
mulationszeitraum deutlich über vier Grad Celsius, weshalb die freie Kühlung im Ver-
gleich zu Abbildung 75 nicht durchgängig betrieben werden kann. Die Betriebsstrategie
setzt die unterschiedlichen Anlagen in Abhängigkeit der Kältelast und der Umgebungs-
bedingungen möglichst effizient ein.

156
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

Nutzung der vorhandenen Komponenten


250 15

Umgebungstemperatur in °C
Kältelast FK KM SP entladen SP beladen Temperatur
Kälteleistung in kW

200 10

150 5

100 0

50 -5
Ladezustand in %

0 -10
100
75
50
25
0
0 6 12 18 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 76: Einsatz aller zur Verfügung stehenden Kältekomponenten an einem Tag

Da der Kältespeicher zu Beginn noch nicht voll beladen ist, kann eine kontinuierliche
Beladung mit geringer Leistung durch die freie Kühlung stattfinden. Ab etwa 9 Uhr tritt
ein Anstieg der Umgebungstemperatur auf. Dieser unterbricht eine weitere Nutzung der
freien Kühlung, welche aufgrund der begrenzten Kälteleistung nur bis etwa vier Grad
Celsius eingesetzt werden kann. Es folgt eine Umschaltung auf die Kältemaschine, wel-
che den Kältespeicher kurzfristig belädt. Zwischen 15 und 18 Uhr liegen die höchsten
Tagestemperaturen vor. In diesem Zeitraum wird die Kältemaschine abgeschaltet und
der Kältespeicher entladen. Nach der vollständigen Entladung des Kältespeichers um
etwa 18 Uhr wird erneut die Kältemaschine benötigt, um den Kältebedarf zu decken.
Aufgrund der abnehmenden Umgebungstemperatur stellt eine erhöhte Auslastung der
Kältemaschine im Rahmen einer Speicherbeladung zunächst die effizienteste Versor-
gungsoption dar. Erst ab etwa 22 Uhr ist die Umgebungstemperatur entsprechend nied-
rig und die freie Kühlung wird wieder aufgenommen. Das Szenario mit Kältespeicher
und freier Kühlung weist insgesamt die höchste Effizienz sowie die geringsten Betriebs-
kosten auf. Die mittlere Leistungszahl der Komponenten beträgt etwa 2,31, was eine
Energieeinsparung von 25,5 % gegenüber dem Referenzszenario mit 1,72 bedeutet (sie-
he Abbildung 74). Lediglich der Wasserbedarf ist im Vergleich zur Referenzanlage er-
höht, da die wiederholende Beladung des Kältespeichers und die damit einhergehende
Erhöhung der Kältemaschinen-Auslastung zu einer intensiveren Nutzung der Rück-
kühlwerke führen. Die Anhebung der Betriebskosten durch den erhöhten Wasserbedarf
ist aufgrund der niedrigen Umgebungstemperaturen als gering einzustufen.

Kältemaschine und freie Kühlung ohne Kältespeicher


Zuletzt wird das vierte Szenario untersucht, welches die Nutzung der Kältemaschine
sowie der freien Kühlung umfasst. Die mittlere Leistungszahl dieser Anlagenkonfigura-
tion liegt mit dem Wert von 2,23 relativ hoch und reicht fast an jene des dritten Szena-
rios mit Kältespeicher heran. Die Betriebskosten fallen mit 34.820 € etwas höher aus, als
es die Leistungszahl vermuten lässt. Dies ist auf den auffallend hohen Wasserbedarf zu-
rückzuführen, welcher durch eine hohe Anzahl von Anfahrvorgängen der Kältemaschine
157
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

nahe der Leistungsgrenze der freien Kühlung entsteht. Letztere wird im vorliegenden
Fall wiederholt abgeschaltet, sobald die Kältelast die maximale Kälteleistung überschrei-
tet. Aufgrund einer vorgesehenen Anfahrverzögerung391 der Kältemaschine von einer
halben Stunde, wärmt sich der Kaltwasserkreis auf, wenn kein Kälteversorger aktiv ist.
Beim Einschalten der Kältemaschine entstehen dann hohe Leistungsspitzen, da die Käl-
temaschine neben der aktuellen Kältelast der Nutzer auch den aufsummierten Käl-
teenergiebedarf der vorhergehenden Zeitschritte bedienen muss. Dieses Verhalten kann
entsprechend in einem realen Kältesystem beobachtet werden, bei welchem sich die
Vorlauftemperatur bei Abschaltung der Kältemaschine erhöht (siehe Anhang F.1). Bei
einem verzögerten Wiedereinschalten der Kältemaschine werden hohe Kälteleistungen
angefordert, um die zwischenzeitlich angestiegene Temperatur des Kältesystems wieder
auf den Sollwert zurückzuführen. Diese Spitzenleistungen übertragen sich nach Glei-
chung 22 auch auf die Rückkühlseite der Kältemaschine. Abbildung 77 zeigt exempla-
risch eine Umschaltung zwischen der freien Kühlung und der Kältemaschine bei einem
langsamen Anstieg der Umgebungstemperatur und einer annähernd konstanten Kälte-
last. Das beschriebene Anfahrverhalten wiederholt sich im vorliegenden Fall, da die freie
Kühlung eingeschaltet wird, sobald die Kältelast wieder kurzzeitig unterhalb der Leis-
tungsgrenze liegt.
Wiederholendes Anfahrverhalten der Kältemaschine
300 5
Kältelast FK KM Temperatur

Umgebungstemperatur in °C
250 4
Kälteleistung in kW

200 3

150 2

100 1

50 0

0 -1
0 6 12 18 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 77: Betrieb der Kälteanlage nahe der Leistungsgrenze der freien Kühlung

Das wiederholende Ein- und Abschalten der freien Kühlung führt somit zu sprunghaften
Anforderungen der Kältemaschine mit hohen geforderten Kälteleistungen. Dadurch ent-
stehen wiederum hohe Rückkühlleistungen am Rückkühler der Kältemaschine, welcher
in Konsequenz eine Kühlturmstufe mit Verdunstungskühlung anfordert. Dieses Simula-
tionsergebnis ist relevant für die praktische Umsetzung des Konzeptes, bei welcher ein
häufiges Umschalten zwischen den Anlagen steuerungsseitig vermieden werden muss.

Die freie Kühlung besitzt im Vergleich zu den anderen Maßnahmen eine sehr hohe Effi-
zienz. Durch die Substitution der Kältemaschine wird über den gesamten Betrachtungs-
zeitraum eine Energieeinsparung von 22,9 % im Vergleich zum Referenzszenario er-
reicht (siehe Abbildung 74). Das Einsparpotenzial der freien Kühlung liegt im Gegensatz

391 vgl. TRANE (1989) S.16

158
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

zu den anderen Maßnahmen jedoch nicht ganzjährig vor. Der in Tabelle 11 angegebene
Zeitraum mit einer Dauer t(𝑇𝑈 < 4 °C) = 2.134 h ist repräsentativ für den jährlich zu
erwartenden Nutzungszeitraum der freien Kühlung nach Abbildung 12. In der restlichen
Jahreshälfte können aufgrund höherer Temperaturen keine Energieeinsparungen mehr
erwartet werden, sodass die jahresbezogene Effizienzsteigerung insgesamt niedriger
liegt. Bei Annahme einer ganzjährig konstanten Kältelast von 126 kW (mittlere Kältelast
nach Tabelle 11) ergibt sich unter Berücksichtigung der freien Kühlung in einem Zeit-
raum von 24 Wochen eine Jahres-Leistungszahl von 1,96. Dies bedeutet eine Energieein-
sparung von 12,2 % bezogen auf das Referenzszenario mit einer Leistungszahl von 1,72.
In den Sommermonaten ist jedoch von einer Erhöhung des Kältebedarfs und somit von
einer besseren Auslastung der Kältemaschine sowie einer höheren Leistungszahl auszu-
gehen. Die jährliche Leistungszahl der regulären Kälteanlage liegt damit tendenziell hö-
her als 1,72, weshalb das Einsparpotenzial durch freie Kühlung etwas geringer ausfällt.

Einfluss des Kältespeichers auf die Nutzung der freien Kühlung


Abbildung 78 stellt die Laufzeiten und Leistungszahlen der beiden Szenarien mit freier
Kühlung gegenüber. Im Szenario ohne Speicher wird eine Laufzeit von 1.815 Stunden
erreicht. Dieser Zeitraum ist um 319 Stunden kürzer als die oben genannte Grenze von
2.134 Stunden nach Tabelle 11.

Laufzeiten der Kälteversorger Leistungszahlen der Kälteversorger


2500 4
Laufzeit KM Laufzeit FK Leistungszahl FK Leistungszahl KM
3,5 3,30
2217 2178 3,24
3
Laufzeit in Stunden

2000
Leistungszahl

2,5
1815
2 1,87 1,90

1509 1,5
1500
1

0,5

1000
KM+FK KM+SP+FK KM+FK KM+SP+FK
KM = Kältemaschine SP = Kältespeicher FK = Freie Kühlung
Abbildung 78: Darstellung der Laufzeiten und Leistungszahlen der freien Kühlung in Kombina-
tion mit der Kältemaschine und einem Kältespeicher

Die Abweichung von der theoretisch möglichen Laufzeit ist auf hohe Kältelasten zurück-
zuführen, welche nicht von der freien Kühlung bedient werden können. Für diese Kälte-
lasten wird die Kältemaschine benötigt. Beim Szenario mit Kältespeicher weist die freie
Kühlung eine deutlich reduzierte Laufzeit von 1.509 Stunden auf. Auch der Zeitraum für
die Nutzung der Kältemaschine ist kürzer, da die Kälteversorger während einer Spei-
cherentladung aus Effizienzgründen abgeschaltet werden. Die Betriebsstrategie wählt
dabei grundsätzlich den effizienteren Kälteversorger aus. Wenn die Systemeffizienz bei
der Beladung des Kältespeichers durch die Kältemaschine höher liegt als jene der freien
Kühlung, wird die Kältemaschine bevorzugt. Längere Laufzeiten der freien Kühlung wä-

159
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

ren realisierbar, indem die Temperaturgrenze für die Nutzung der freien Kühlung dy-
namisch berechnet würde. Durch die Unterstützung mit dem Kältespeicher ließe sich
dann auch bei Temperaturen oberhalb von vier Grad Celsius noch freie Kühlung nutzen.
Es ist zu beachten, dass die geringere Nutzungsdauer der freien Kühlung nicht zwangs-
läufig eine geringere Auslastung bedeutet. Wird der Kältespeicher durch die freie Küh-
lung beladen und am Tag wieder entladen, so entstammt diese Kälteenergie der freien
Kühlung, wird aber im oberen Diagramm nicht zur Laufzeit der freien Kühlung hinzuge-
rechnet.

Die Untersuchung der Leistungszahlen zeigt, dass die Effizienz der freien Kühlung durch
den Einsatz eines Kältespeichers leicht erhöht wird (siehe Abbildung 78 r.). Dies ist zum
Teil auf die Substitution mit der Kältemaschine zurückzuführen, wenn die Effizienz der
freien Kühlung aufgrund von hohen Umgebungstemperaturen geringer ist. Dadurch re-
duziert sich die Laufzeit der freien Kühlung und die mittlere Leistungszahl steigt. Dane-
ben kann die freie Kühlung nach Abbildung 75 auch durch den Kältespeicher unterstützt
werden, sodass die Anlage geringer ausgelastet wird. Hierdurch können die Kühltürme
mit einer effizienteren Lüfterstufe betrieben werden. Die Effizienz der Kältemaschine
nimmt bei Einsatz des Kältespeichers ebenso zu, da die Leistungszahl während der Spei-
cherbeladung aufgrund der erhöhten Auslastung ansteigt (siehe Abschnitt 3.1.1). Das
Verhältnis der mittleren Leistungszahlen der regulären Kälteanlage (1,72) und der
freien Kühlung des Szenarios ohne Kältespeicher (3,24) gibt Aufschluss darüber, wieviel
elektrische Energie während des Betriebs der freien Kühlung eingespart wird. Dieser
Wert liegt im betrachteten Zeitraum bei etwa 0,532. Die freie Kühlung spart in den Be-
triebszeiträumen damit etwa 46,9 % der elektrischen Energiekosten gegenüber der re-
gulären Kälteversorgung ein. Dabei wurde mit der mittleren Leistungszahl der regulären
Kälteanlage über den gesamten simulierten Zeitraum nach Abbildung 74 gerechnet. In
den Nachtstunden ist die Kältelast jedoch etwas niedriger, wodurch die Leistungszahl
der Kältemaschine abnimmt. Das Einsparpotenzial durch die freie Kühlung wird daher
etwas höher erwartet.

6.3.2 Umsetzung der freien Kühlung im Bestandssystem


Die hydraulische Integration der freien Kühlung am IISB erfolgt über einen Plattenwär-
meübertrager, welcher die Kälteleistung aus dem Wasser-Glykol-Kreislauf der Kühltür-
me des Primärkältesystems auf den Kaltwasserkreislauf des Sekundärkältesystems
überträgt. Für die Umsetzung wurden neue Rohrleitungen installiert, welche den Wär-
meübertrager an beide Kreisläufe anbinden. Wenn der Primärkältekreislauf in der Win-
tersaison nicht aktiv ist, kann die Anlage in den Modus der freien Kühlung umgeschaltet
werden. Bei diesem Vorgang werden motorische Ventile betätigt, welche den Weg zum
Plattenwärmeübertrager der freien Kühlung öffnen und die Kältemaschinen des Primär-
und Sekundärkältesystems überbrücken. In der Sommersaison werden die Kühltürme
des Primärkältesystems durchgängig für die Rückkühlung der Kältemaschine benötigt.
In dieser Zeit kann keine Umschaltung auf die freie Kühlung stattfinden. Abbildung 79
zeigt den Wärmeübertrager neben der Kältemaschine für das Primärkältesystem.

160
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

Abbildung 79: Plattenwärmeübertrager für die freie Kühlung mit neuen Rohrleitungen für den
angebundenen Kalt- und Kühlwasserkreislauf (schwarze Dämmung)

Zur Steuerung und Regelung der Anlage wurden Temperaturfühler installiert, welche
die Temperaturniveaus im Vor- und Rücklauf des Wasser-Glykol-Kreislaufs sowie des
Kaltwasserkreislaufs und der Umgebung erfassen. Die Steuerung ist im Gebäudeleitsys-
tem des Institutes eingebettet, da der Umschaltvorgang auf die freie Kühlung eine fest-
gelegte Sequenz zur Abschaltung der aktiven Kältemaschine sowie des dazugehörigen
Kühlturms inklusive aller beteiligten Förderaggregate erfordert. Zur Festlegung der Be-
triebsgrenzen der freien Kühlung wurden die Ergebnisse der vorangegangenen Simula-
tionen herangezogen. Nach Abbildung 73 können erst ab einer Umgebungstemperatur
unterhalb von vier Grad Celsius relevante Kälteleistungen erwartet werden. Die Gesamt-
leistungszahl der höchsten Lüfterstufe liegt bei dieser Temperatur etwa bei dem Wert
zwei. Für den Einsatz der freien Kühlung wird in Anlehnung an die Simulationsergebnis-
se daher ein maximales Umgebungstemperaturniveau von vier Grad Celsius definiert.
Erste Testversuche während der Inbetriebnahme zeigten, dass die auf dieser Basis ge-
wählten Betriebsgrenzen eine sehr gute Übereinstimmung mit der realen Anlage besit-
zen. Der automatische Betrieb der Anlage wurde in der Wintersaison 2016/17 noch
durch eine Zeitschaltuhr eingeschränkt, welche die freie Kühlung in einem Zeitfenster
zwischen null und sechs Uhr freigibt. Da der Anlagenbetrieb zunächst eine Optimierung
der Reglerparameter des Kühlturms sowie der Kaltwasserpumpen erforderte, konnte in
der ersten Saison insgesamt nur eine Betriebszeit von etwa 111 Stunden erreicht wer-
den.

Abbildung 80 zeigt exemplarisch den Einsatz der freien Kühlung am 11.03.2017 von
0 Uhr bis 6 Uhr. Der Verlauf der Kälteleistung auf Abbildung 80 zeigt auffällige Leis-
tungsschwankungen zum Einschalt-Zeitpunkt der freien Kühlung (null Uhr) sowie zur
Rückschaltung auf die regulären Kältemaschinen (sechs Uhr). Das erste Phänomen kurz
nach dem Start der freien Kühlung hängt mit der Anpassung des Kühlturms an die Leis-

161
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

tung der Verbraucher im Kaltwasserkreis zusammen. Der Kühlturm wird verhältnismä-


ßig träge geregelt, um wiederholte Wechsel zwischen den Lüfterstufen bei kleinen Tem-
peraturänderungen zu vermeiden. Nach dem Anfahren der Kühltürme im geschlossenen
Wasser-Glykol-Kreislauf muss sich der Kühlturm an die schwankende Kälteleistung so-
wie das schwankende Temperaturniveau des Kaltwasserkreislaufs anpassen, daher tre-
ten mehrfache Schaltvorgänge zwischen den Lüfterstufen auf. Diese äußern sich als
Spitzen im Verlauf der elektrischen Leistungsaufnahme des Kühlturms in einem Zeit-
fenster von etwa zehn Minuten nach dem Einschalten der Anlage.
Freie Kühlung am 11.03.2017
350
Kälteleistung
Leistungsaufnahme reguläre Kälteanlage
elektrische Leistungsaufnahme in kW

300 Leistungsaufnahme freie Kühlung

Zeitraum freie Kühlung


250
Kälteleistung in kW,

200

150

100

50

03/10 18:00 03/10 20:00 03/10 22:00 03/11 00:00 03/11 02:00 03/11 04:00 03/11 06:00 03/11 08:00
Datum und Uhrzeit
Abbildung 80: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie
der regulären Kälteanlage am 11.03.2017

Der Verlauf der Leistungsaufnahme der freien Kühlung zeigt, dass beide Lüftermotoren
der Kühltürme zunächst kontinuierlich auf Stufe eins betrieben werden, bevor einer der
beiden Motoren kurz vor ein Uhr in die zweite Stufe wechselt. Die Lüftermotoren der
beiden Kühltürme erfordern auf der ersten Stufe zusammen mit den Förderaggregaten
eine elektrische Leistungsaufnahme von etwa 25 kW. Bei der Umschaltung eines Lüf-
termotors auf die zweite Stufe steigt die elektrische Leistungsaufnahme auf 40 kW an.
Der Lüfter des betreffenden Kühlturms schaltet während der Dauer der freien Kühlung
noch ein weiteres Mal auf die erste Stufe und anschließend wieder auf die zweite Stufe
zurück. Die Schaltstufen der Lüfter sind auch im Profil der Kälteleistung zu erkennen, die
Temperaturen im Kaltwasserkreislauf werden dadurch nur marginal beeinflusst. Bei der
Rückschaltung auf die Kältemaschine entsteht die zweite auffällige Leistungsschwan-
kung im Kältesystem. Diese ergibt sich aufgrund der Anfahrverzögerung der Kältema-
schine nach dem Einschaltbefehl. Das beschriebene Phänomen ist ebenfalls unkritisch
für den Betrieb des Kältesystems und tritt auch beim wöchentlichen Wechsel der Kälte-
maschinen auf. Kurz vor und nach dem Betrieb der freien Kühlung sowie um etwa
2.30 Uhr und 4 Uhr sind geringe Leistungsspitzen im elektrischen Lastgang der freien
Kühlung zu erkennen. Diese entstammen kleineren Peripherieaggregaten der Kältezent-
rale, welche nicht zum Rückkühlsystem gehören.

162
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

Die mögliche Betriebsdauer der freien Kühlung ist vor allem an die Außentemperatur
gebunden. Nach Abschnitt 6.3 treten in einer Wintersaison etwa 2100 Stunden auf, in
denen die Umgebungstemperatur unterhalb von vier Grad Celsius liegt. Abbildung 81
zeigt, dass die freie Kühlung je nach Wetterlage bis in den April hinein genutzt werden
kann. Am 21.04.2017 wurde sie zwischen zwei und sechs Uhr nachts für insgesamt vier
Stunden betrieben.
Freie Kühlung am 21.04.2017
250
Kälteleistung
Leistungsaufnahme reguläre Kälteanlage
elektrische Leistungsaufnahme in kW

Leistungsaufnahme freie Kühlung


200
Zeitraum freie Kühlung
Kälteleistung in kW,

150

100

50

04/20 22:00 04/21 00:00 04/21 02:00 04/21 04:00 04/21 06:00 04/21 08:00
Datum und Uhrzeit
Abbildung 81: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie
der regulären Kälteanlage am 21.04.2017

Das Betriebsverhalten sowie die beiden Umschaltprozesse der freien Kühlung am


21.04.2017 sind vergleichbar mit den Ergebnissen des Versuches im März. Auch hier
kann die elektrische Leistungsaufnahme der Kälteversorgung durch Nutzung der freien
Kühlung reduziert werden. Am 21.04.2017 wird um etwa 5.30 Uhr jedoch aufgrund der
höheren Außentemperaturen die höchste Stufe der beiden Kühltürme angefordert, wel-
che die zweite Stufe der beiden Lüftermotoren darstellt (L2L2). Die Messwerte zeigen,
dass sich die elektrische Leistungsaufnahme der Kühltürme lediglich um etwa zwei Ki-
lowatt erhöht. Aufgrund der Nennleistung des Rückkühlwerks von etwa 50 kW wurde
eine Zunahme der elektrischen Leistungsaufnahme von etwa zehn Kilowatt erwartet.
Diese Diskrepanz wurde auf einen defekten Keilriemen des Lüftermotors zurückgeführt,
welcher in der Wintersaison nicht mehr instandgesetzt werden konnte. Eine Analyse der
Messwerte ergab, dass der Defekt bereits vor der ersten Inbetriebnahme der freien Küh-
lung vorlag und somit alle Versuche ohne die höchste Leistungsstufe durchgeführt wur-
den. Die geringe Leistungsspitze um 4 Uhr ist auf ein Nebenaggregat außerhalb des
Rückkühlsystems zurückzuführen.

Im Rahmen eines Effizienzvergleichs werden die Leistungszahlen der freien Kühlung


sowie der regulären Kälteanlage gebildet und gegenübergestellt. Hierfür werden abge-
schlossene Zeiträume herangezogen, in denen die freie Kühlung betrieben wurde. Die
reguläre Kälteanlage ist in diesen Zeiträumen nicht aktiv. Für die auf Abbildung 31 dar-

163
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

gestellte Kennlinie der Kälteanlage wurde die Leistungszahl 𝐿 𝐾𝐴 aus der Kältelast 𝑄̇𝐾
sowie den elektrischen Leistungsaufnahmen der Kältemaschine 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 , des sekundären
Rückkühlers 𝑃𝑒𝑙,𝑠𝑒𝑘,𝑅𝐾 , des Schaltschranks 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ und der Förderaggregate für den Kalt-
und Kühlwasserkreislauf 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 und 𝑃𝑒𝑙,𝐾ü berechnet.

𝑄̇𝐾
𝐿 𝐾𝐴 =𝑃 94
𝑒𝑙,𝐾𝑀 +𝑃𝑒𝑙,𝑠𝑒𝑘,𝑅𝐾 +𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 +𝑃𝑒𝑙,𝐾ü +𝑃𝑒𝑙, 𝑐ℎ

Da die Kältemaschine und der zugehörige Kühlturm bei Aktivierung der freien Kühlung
abgeschaltet werden, kann die Berechnung der Leistungszahl 𝐿 𝐾𝐴 für den betrachteten
Zeitraum nicht aus den gemessenen Leistungsaufnahmen der aufgeführten Komponen-
ten erfolgen. Um die Leistungszahl dennoch bestimmen zu können, werden historische
Datensätze herangezogen und eine Polynomfunktion zweiter Ordnung für die Kälteanla-
ge gebildet (vgl. Abbildung 31). Diese berücksichtigt die Summe der Leistungsaufnah-
men der in Gleichung 94 genannten Komponenten und macht sie bei Kenntnis der Kälte-
last berechenbar. Die gemessenen Leistungsaufnahmen der Komponenten und die Kälte-
last, welche für die Erstellung der Polynomfunktionen benötigt werden, entstammen
jeweils den gleichen Wochen, in denen auch die freie Kühlung aktiv war (ohne die Zeit-
räume mit freier Kühlung).

Für die Berechnung der Leistungszahl 𝐿 𝐹𝐾 der freien Kühlung wird der Quotient aus
der Kälteleistung und den gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des primären
Rückkühlers 𝑃𝑒𝑙,𝑝𝑟𝑖𝑚,𝑅𝐾 sowie der Kalt- und Kühlwasseraggregate 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 und 𝑃𝑒𝑙,𝐾ü gebil-
det. Das hierfür verwendete Messgerät erfasst die Leistungsaufnahmen aller Komponen-
ten der primären Kälteanlage inklusive des Schaltschrankes 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ .

𝑄̇𝐾
𝐿 𝐹𝐾 =𝑃 95
𝑒𝑙,𝑝𝑟𝑖𝑚,𝑅𝐾 +𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 +𝑃𝑒𝑙,𝐾ü +𝑃𝑒𝑙, 𝑐ℎ

Abbildung 82 enthält die Ergebnisse dieser Gegenüberstellung für alle durchgeführten


Feldversuche von Januar bis Mai 2017. Das Balkendiagramm zeigt, dass die freie Küh-
lung an allen Versuchstagen eine höhere Leistungszahl aufweist als die reguläre Kältean-
lage. Dies ist vor allem auf die Vermeidung der elektrischen Antriebsenergie 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 der
Kältemaschine sowie der energieintensiven Rückkühlung dieser zurückzuführen (siehe
Abschnitt 3.1.2). Die dargestellten Leistungszahlen ergeben sich jeweils aus dem Quoti-
enten der bereitgestellten Kälteenergie und dem elektrischen Energiebedarf der dafür
benötigten Aggregate. Der Mittelwert aller auf Abbildung 82 dargestellten Leistungszah-
len für die freie Kühlung ist doppelt so hoch wie jener der regulären Kälteanlage. Daraus
kann eine elektrische Energieeinsparung von 50 % abgeleitet werden, welche unterhalb
einer Außentemperatur von etwa vier Grad Celsius mit freier Kühlung erreicht werden
kann. Weitere Informationen über die durchgeführten Feldversuche sind im Anhang G.3
aufgeführt.

164
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz

Vergleich der Leistungszahlen von freier Kühlung und regulärer Kälteversorgung


5
freie Kühlung reguläre Kälteanlage
4,54
4,5
4,24
4,02 4,09 4,03
4 3,95 3,93
Gesamtleistungszahl

3,48
3,5 3,29 3,38
3,22
3,06
3 2,93
2,8
2,62 2,61
2,5

2 1,96 1,96
1,87
1,73 1,7 1,76
1,63 1,6 1,65 1,63 1,66 1,66
1,55
1,5 1,46

0,5

09.01. 10.01. 11.01. 12.01. 13.01. 16.01. 17.01. 18.01. 19.01. 20.01. 07.03. 11.03. 12.03. 05.04. 21.04.
Abbildung 82: Gegenüberstellung der Leistungszahlen der freien Kühlung und der regulären
Kälteversorgung mit Angabe des Datums der jeweiligen Feldversuche im Jahr 2017

In den Jahren 2011 bis 2016 traten Temperaturen unterhalb von vier Grad Celsius im
Durchschnitt etwa 2.283 h/a auf. Durch Annahme einer Betriebsdauer von
2.300 Stunden sowie einer elektrischen Energieeinsparung der Kälteanlage von 50 %
ließen sich durch den Betrieb der freien Kühlung auf Basis der Verbrauchsdaten des
Jahres 2016 überschlägig etwa 110 MW h elektrische Energie einsparen. Bei Berücksich-
tigung von hohen Kältelasten, welche die maximale Kälteleistung der freien Kühlung
überschreiten, können jedoch nur etwa 1.800 Betriebsstunden erreicht werden (siehe
Abbildung 78). Damit reduziert sich das Einsparpotenzial auf etwa 87 MW h elektrischer
Energie im Jahr. Die zeitlich gemittelte Kältelast des Referenzsystems betrug im Jahr
2016 etwa 149 kW. Zur Deckung des Kältebedarfs benötigte die Kälteanlage eine mittle-
re elektrische Leistung von 96,4 kW. Daraus ergibt sich eine mittlere Leistungszahl von
1,46 für das Referenzsystem.

Ein Vergleich der Einsparpotenziale zeigt, dass die Simulation mit einer vorhergesagten
Reduktion von 46,9 % des elektrischen Energiebedarfs (siehe Abschnitt 6.3.1) während
freier Kühlung etwas niedriger liegt, als die reale Anlage mit 50 %. Für eine Erklärung
dieser Abweichung müssen die Randbedingungen der untersuchten Zeiträume analy-
siert werden. Der Betrachtungszeitraum der umgesetzten Anlage besitzt mit einer
durchschnittlichen Umgebungstemperatur von etwa -0,24 °C einen niedrigeren Wert als
der Zeitraum in der Simulation mit -0,06 °C. Die Randbedingungen der beiden Betrach-
tungszeiträume weichen somit geringfügig voneinander ab. Eine niedrigere Außentem-
peratur bewirkt nach Abbildung 73 eine höhere Effizienz der freien Kühlung, da eine
hohe Sensitivität bezüglich der Temperatur besteht. Die mittlere Kälteleistung ist mit
112 kW im Fall der Simulation im Vergleich zu 115 kW bei der realen Umsetzung etwa
gleich. Den Hauptgrund für die Differenz des vorhergesagten Energiebedarfs stellt je-
doch die verwendete Leistungszahl der regulären Kälteanlage dar: Als Bezugsgröße für
die Berechnung der Einsparung wurde im Fall der Simulation die mittlere Leistungszahl
der Kälteanlage herangezogen. In den Nächten ist die Leistungszahl der Kältemaschine

165
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

aufgrund der niedrigeren Auslastung jedoch geringer als der Jahresmittelwert. Durch
die Berücksichtigung der mittleren Leistungszahl liegt die Effizienz der Referenzanlage
daher etwas höher als jene der Simulation.

Mögliche Abweichungen können auch durch die in der Simulation hinterlegten Leis-
tungsaufnahmen der verschiedenen Komponenten entstehen. Diese werden als konstant
angenommen, während die tatsächlichen Leistungsaufnahmen nach Abbildung 44 im
Betrieb schwanken. Durch diese Abweichung können Fehler im Bereich mehrerer Pro-
zent des elektrischen Energiebedarfes entstehen. Um diesen Einfluss zu untersuchen,
wurden auf Abbildung 83 die Leistungszahlen der freien Kühlung in Abhängigkeit der
Kälteleistung für den simulierten und den gemessenen Fall gegenübergestellt.

Leistungszahlverteilungen der Lüfterstufen


12
Stufe L0L0
Stufe L0L1
Stufe L1L1
Leistungszahl der freien Kühlung

10
Stufe L1L2
Stufe L2L0
Stufe L2L2
8 Messwerte 2016/17
Messwerte 2017/18

0
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220
Kälteleistung in kW
Abbildung 83: Leistungszahlen der simulierten und der umgesetzten freien Kühlung in Abhän-
gigkeit der Kälteleistung

Im simulierten Fall stellen sich die Leistungszahlen der einzelnen Lüfterstufen in Ab-
hängigkeit der Kälteleistung als Geraden dar, weil die elektrischen Leistungsaufnahmen
als konstant angenommen werden. Die Messwerte der realen Anlage weisen dagegen
eine Streuung auf. Diese ist zum einen durch variierende Leistungsaufnahmen der betei-
ligten Komponenten zu erklären (siehe auch Abbildung 44). Zum anderen ist die Mes-
sung der Kälteleistung aufgrund der hohen thermischen Kapazität der Anlagen im Ver-
gleich zur elektrischen Messung träge. Diese Trägheit verzögert das Messergebnis ge-
genüber dem elektrischen Messwert um mehrere Minuten. Dadurch entstehen charakte-
ristische Ansammlungen von Messpunkten, welche den einzelnen Lüfterstufen zugeord-
net werden können.

Die Simulationsergebnisse auf Abbildung 83 weisen grundsätzlich eine gute Überein-


stimmung mit den Messergebnissen auf. Größere Abweichung treten vor allem bei aus-
geschalteten Lüftern (L0L0) auf: In der Simulation können mit natürlicher Konvektion
nur sehr geringe Kälteleistungen erreicht werden. Bei der realen Anlage liegt hingegen

166
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

eine lineare Verlängerung der simulierten Kennlinie vor, welche sich über einen großen
Bereich der aufgetragenen Kälteleistung erstreckt. Die Messwerte entlang dieser Kenn-
linie stellen Messungenauigkeiten dar, da sie durch die Trägheit der thermischen Leis-
tungsmessung gegenüber der elektrischen entstehen. So wird aufgrund der thermischen
Kapazität des Wärmeträgers sowie der Anlagen und Rohrleitungen noch kurzzeitig eine
Kälteleistung gemessen, obwohl die Lüfter der Motoren bereits abgeschaltet sind. Die
Berechnung der Leistungszahl fällt dann zu hoch aus. Da die gemessenen Leistungszah-
len der natürlichen Konvektion auf der linear extrapolierten Ausgleichsfunktion für die
simulierten Lüfterstufe L0L0 liegen, kann auf eine hohe Übereinstimmung der realen
Leistungsaufnahme der Kühlturmperipherie mit dem in der Simulation angenommenen
Wert geschlossen werden. Bei der Lüfterstufe L0L1 liegen aufgrund der geringen Kälte-
leistung nur wenige Messpunkte vor, welche außerdem eine relativ große Streuung
aufweisen. Dies ist auf den Übergangscharakter dieser Stufe zurückzuführen, welche vor
allem bei den Einschaltvorgängen kurzzeitig angefahren wird. Die simulierte Kennlinie
bildet annähernd eine lineare Ausgleichsfunktion der Messwerte nach. Bei der Lüfter-
stufe L1L1 liegt die Leistungszahl-Kennlinie dagegen etwas oberhalb der Messwerte, da
die elektrische Leistungsaufnahme beider Lüftermotoren in diesem Fall etwas zu gering
angenommen wurde. Die Kennlinie der Stufe L2L2 liegt ebenso am oberen Rand der
Messwerte, bildet die Messwerte aber noch adäquat ab. Vor allem im Bereich der Stu-
fen L1L2 und L2L0 treten in den Messwerten große Streuungen auf. Dies ist auf den
oben beschriebenen Defekt des Keilriemens der zweiten Lüfterstufe zurückzuführen,
welche durch diesen Einfluss eine variable elektrische Leistungsaufnahme aufwies. Nach
einer Instandsetzung des Keilriemens in der Winterperiode 2017/18 konnten Messwer-
te für die Stufe L2L2 aufgenommen werden, welche in die obige Abbildung 83 integriert
sind. Die simulierten Leistungszahlen der Stufen L1L2 und L2L0 liegen tendenziell etwas
unterhalb der Messwerte, weshalb die elektrische Leistungsaufnahme der beteiligten
Motoren etwas zu hoch angesetzt wurde. Die Agglomeration von Messpunkten im Be-
reich zwischen 100 und 120 kW zwischen den Stufen L1L2 und L2L2 repräsentiert die
Leistungszahlen bei Einsatz des defekten Lüfters.

6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen


Für den Nachweis einer technischen Umsetzbarkeit der unter Abschnitt 4.2 vorgestellten
Effizienzmaßnahmen wurde ein großer Teil der in dieser Arbeit diskutierten Konzepte
in einer existierenden Kälteinfrastruktur umgesetzt. Als Plattform hierfür diente das
Kältesystem des IISB, welches sich aufgrund seiner industrienahen Dimensionen sehr
gut als Referenzsystem eignet. Um das Effizienzpotenzial der vorgestellten Konzepte des
Kältespeichers sowie der freien Kühlung zu bewerten, wurde ein Vergleich mit konser-
vativen Effizienzmaßnahmen angestrebt. Zu diesen zählen die unter Abschnitt 4.2 disku-
tierten Strategien zur Senkung des Volumenstroms und der Erhöhung der Temperatur-
spreizung im Kaltwasserkreislauf. Durch den Vergleich der verschiedenen Maßnahmen
in einem Referenzsystem mit gleichen Startbedingungen ergibt sich eine hohe Praxisre-
levanz der hier gefundenen Erkenntnisse. Die Ergebnisse können als Handlungsempfeh-
lung für die Senkung des elektrischen Energiebedarfs bestehender und geplanter Kälte-

167
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

systeme herangezogen werden. Dabei lassen sich die Einzelmaßnahmen in Abhängigkeit


der Voraussetzungen individueller Kältesysteme anhand der hier gefundenen Erkennt-
nisse priorisieren.

Neben der Integration der freien Kühlung wurden ausgehend vom Referenzzustand des
Kältesystems im Rahmen dieser Arbeit weitere Effizienzmaßnahmen umgesetzt und
untersucht. Die damit einhergehenden, baulichen Veränderungen der Kälteinfrastruktur
berücksichtigen die perspektivische Integration des Kältespeichers sowie das Anforde-
rungsprofil des Anbaus B, welcher sich zur Zeit der Anfertigung dieser Arbeit in der
Bauphase befindet. Im Vergleich zum Urzustand des Bestandssystems wurden fünf Effi-
zienzmaßnahmen umgesetzt, welche der Tabelle 12 entnommen werden können.

Tabelle 12: Übersicht zu den umgesetzten Effizienzmaßnahmen

Maßnahme Komponenten Ziele


Erhöhung der Antriebseffizienz
Austausch
der Kaltwasser- Hauptumwälzpumpen Senkung der Betriebskosten
Umwälzpumpen
Ermöglichung einer Drehzahlregelung
Individuelle Nutzung der Kältemaschi-
nen und freier Kühlung
Optimierung der Kältemaschi- Hydraulische Einbindung
Erhöhung der Systemeffizienz
neneinbindung der Kältemaschine
Stabilisierung des Vorlauftemperaturni-
veaus
Erhöhung der Temperaturspreizung
Absenkung des Kaltwasser- Alle Förderaggregate im
Volumenstroms Kältesystem Reduktion der elektrischen Leistungs-
aufnahmen
Rückkühlwerk (Primärkäl- Reduktion der Betriebskosten
Integration der freien Kühlung tesystem),
Sekundärkältesystem Erhöhung der Systemeffizienz
Erhöhung der Systemeffizienz
Integration eines Kältespei-
Kältespeicher Ermöglichung einer Lastverschiebung
chers (nicht abgeschlossen)
Erhöhte Auslastung von freier Kühlung

Insbesondere der Absenkung des Kaltwasservolumenstroms kommt eine erhöhte Be-


deutung zu, da diese zahlreiche Maßnahmen bündelt, welche sich nicht auf die zentralen
Kältekomponenten nach Abbildung 24 beschränken. Diese Maßnahmen umfassen die
Optimierung der Regelstrategien einzelner Kaltwasserübergabestationen, die Abschal-
tung überflüssiger Förderaggregate sowie die manuelle Drosselung von Verteilerabgän-
gen und einzelner Kälteverbraucher. In der folgenden Untersuchung wird der Versuch
unternommen, die unterschiedlichen Effizienzmaßnahmen nach ihrer Art und der an-
gewandten Vorgehensweise zu trennen und einander gegenüberzustellen. Abbildung 84
zeigt das vereinfachte Fließschema des optimierten Kältesystems. Die in Tabelle 12 vor-
gestellten Maßnahmen sind überwiegend mit baulichen Veränderungen des Kältesys-
tems verbunden. Neben diesen werden weitere Möglichkeiten diskutiert, die Effizienz
der Kälteanlagen zu beeinflussen. Hierzu gehören z. B. die Erhöhung der Auslastung der
Kältemaschine sowie die Anhebung des Temperaturniveaus im Kältemittelverdampfer.

168
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

Rückkühler Freie Kühlung


Wärmeübertrager
Anbau B Vorlauf
Rücklauf
P4 Kältespeicher

Anbau A Prozesse Labore Wasser-


P3 Umluft Umkleiden Aufb.
Kältemaschinen

P1

Verteiler Verteiler
P2
Kältezentrale Reinraum

Abbildung 84: Aktueller Aufbau des Sekundärkältesystems inkl. aller Maßnahmen, die im
Rahmen dieser Arbeit durchgeführt wurden

6.4.1 Optimierung der Systemhydraulik


Im Rahmen der Optimierung der Systemhydraulik wurde die zentrale Kälteversorgung
baulich angepasst, um die Einbindung des Kältespeichers sowie der freien Kühlung vor-
zubereiten und die Systemeffizienz zu erhöhen. Im Referenzzustand waren die beiden
Förderaggregate P1 und P2 der vorhandenen Kältemaschinen des Sekundärkältesys-
tems fortwährend aktiv, obwohl aufgrund der geringen Kälteanforderung jeweils nur
eine der beiden Kältemaschinen betrieben wurde. Die Abwesenheit von Komponenten
zur automatischen Absperrung der hydraulischen Wege führte dazu, dass auch die inak-
tive Kältemaschine jederzeit mit Kaltwasser durchströmt wurde (siehe Abbildung 85).
Wärmeübertrager
freie Kühlung M

zentrale
KT2.2 Pumpengruppe
KT2.1 zentrale
AN AN
Pumpengruppe
M
12°C 14°C
12°C

Motor- 14°C
klappen
Rücklauf
Vorlauf

AUS AUS
Rücklauf
Vorlauf

M
14°C 14°C

Druck- Saug-
KT2.1 verteiler verteiler
KT2.1
Kältemaschinen Kältemaschinen

13°C Verbraucher Verbraucher


12°C

Ursprünglicher Bestand Nach Umbau


Abbildung 85: Optimierung der hydraulischen Einbindung der Kältemaschinen (originaler Zu-
stand l., überarbeiteter Zustand r.)

169
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Neben einem erhöhten Eintrag von Wärmeenergie durch die Durchströmung der inakti-
ven Maschine führte dies zu einer Mischung des Vorlaufs mit dem Rücklauf am Kaltwas-
seraustritt der aktiven Maschine. Dadurch ergab sich, wie auf Abbildung 85 links darge-
stellt, eine Anhebung des Vorlauftemperaturniveaus gegenüber der Solltemperatur. Bei
steigendem Kältebedarf wurde die Vorlauftemperatur des Kaltwasservorlaufs proporti-
onal zur Rücklauftemperatur angehoben, da diese bei höheren Kältelasten ansteigt (sie-
he Abbildung 26), während die Vorlauftemperatur am Austritt der Kältemaschine kon-
stant bleibt. Durch die parallele Durchströmung der Kältemaschinen musste somit ein
niedrigeres Temperaturniveau an den Maschinen eingestellt werden, als den Verbrau-
chern durch die vorhandene Topologie zur Verfügung gestellt werden konnte.

Die Optimierung der Hydraulik stellte das ursprünglich geforderte Temperaturniveau


der Kälteanlagen von 12 °C her, indem der hydraulische Weg über die abgeschaltete
Kältemaschine gesperrt wurde. Hierfür wurden Motorklappen installiert, welche den
Kaltwasserstrom selektiv auf die einzelnen Kältemaschinen oder den Wärmeübertrager
der freien Kühlung aufteilen (siehe Abbildung 85 r.). Dies ermöglicht einen definierten
Einsatz der vorhandenen Kälteversorger in Abhängigkeit der Betriebsvorgaben. Insbe-
sondere die automatische Absperrung der inaktiven Kältemaschine führte zu einer
Energieeinsparung, da der gesamte Volumenstrom im Kältesystem nun durch einen Käl-
teversorger geführt wird. Dies erhöht die Turbulenz auf der Kaltwasserseite des Ver-
dampfers der Kältemaschine und somit die lokalen Wärmeübergangskoeffizienten auf
der Innenseite der Kaltwasserrohrbündel. Letztere bedeuten einen verbesserten Wär-
medurchgang vom Kaltwasser auf das Kältemittel. Durch die Maßnahme ergibt sich au-
ßerdem ein Spielraum zur Reduktion des Volumenstroms und zur Herstellung der ge-
forderte Temperaturspreizung im Kaltwasserkreis. Eine mögliche Limitierung für die
Volumenstromreduktion stellt die Durchflussgrenze der Kältemaschine dar, welche vom
Hersteller nicht genau spezifiziert ist. Sie wird auf einen Wert zwischen 20 und 30 m³/h
geschätzt.

Das optimierte Kältesystem besitzt drehzahlgeregelte Förderaggregate zur bedarfsge-


rechten Regulierung des Kaltwasserstroms. Die ursprüngliche Installation bestand aus
zwei ungeregelten Doppelpumpen zur Versorgung der beiden Kältemaschinen, von de-
nen jeweils eine Pumpe kontinuierlich betrieben wurde. Für jede Kältemaschine exis-
tierten somit zwei redundante Förderaggregate. Da eine Redundanz bereits durch die
zweite Kältemaschine gegeben ist, war bezüglich der Förderaggregate eine unnötig hohe
Redundanz vorhanden. Die optimierte Pumpengruppe besitzt einen Saug- und einen
Druckverteiler, um die Kälteversorger mit einer einzigen Pumpe betreiben zu können.
Beim Ausfall dieser Pumpe wird auf die zweite Pumpe umgeschaltet, welche eine voll-
ständige Redundanz darstellt. Diese Topologie stellt keine Standardinstallation dar und
wurde speziell für die vorliegende Anwendung erarbeitet. Typischerweise werden Käl-
temaschinen mit einer eigenen Pumpengruppe ausgerüstet, welche nicht hydraulisch
vom Kälteversorger abgesperrt werden kann.

Für die Effizienzbewertung der Umbaumaßnahme wurden die neuen, drehzahlgeregel-


ten Pumpen zunächst so eingestellt, dass die absoluten Drücke sowie der Differenzdruck

170
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

des Vorlaufs und Rücklaufs im Kaltwassersystem den ursprünglichen Werten entspra-


chen. Auf diese Weise können die Ergebnisse unabhängig vom Einfluss des Druckes im
Kaltwassersystem betrachtet und mit späteren Maßnahmen verglichen werden, bei de-
nen der Kaltwasservolumenstrom (und damit auch der Druck im Kaltwassersystem)
reduziert wird. Aufgrund der hydraulischen Absperrung der inaktiven Kältemaschine
lag nach dem Umbau ein höherer Strömungswiderstand vor, welcher zu einer Reduktion
des Volumenstroms bei gleichen Druckverhältnissen führte. Vorher waren die Wärme-
übertrager der beiden Kältemaschinen als parallele Widerstände angeordnet, was zu
einer Aufteilung des Volumenstroms und somit zu geringeren Druckverlusten führte. Da
das Kaltwasser nach dem Umbau nur noch durch eine Kältemaschine strömt, erhöhten
sich der Volumenstrom und die lokalen Wärmeübergangskoeffizienten auf der Kaltwas-
serseite des Verdampfers, was einen besseren Wärmeübertrag zwischen Kaltwasser und
Kältemittel ermöglichte. Die Fördereffizienz der neuen Umwälzpumpen ist höher, da die
Laufräder der ursprünglich vorhandenen Pumpen durch den Betrieb abgenutzt waren.
Nach Anhang G.1 besaßen die alten Förderaggregate einen Gesamtwirkungsgrad von
etwa 31 %. Die neuen Pumpen wiesen zum Zeitpunkt des Umbaus einen messtechnisch
ermittelten Wirkungsgrad von 66 % auf. Abbildung 86 zeigt die Betriebsparameter der
Kälteanlagen in den beiden Wochen vor und nach dem Umbau.
Betriebsverhalten der Kälteversorgung vor Anpassung der Systemhydraulik
Volumenstrom in m³/h

380 19
Kälteleistung in kW,

Temperatur in °C
340 Kälteleistung Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur 18
300 17
260 16
220 15
180 14
140 13
100 12
60 11
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Betriebsverhalten der Kälteversorgung nach Anpassung der Systemhydraulik
Volumenstrom in m³/h

380 19
Kälteleistung in kW,

Temperatur in °C
340 Kälteleistung Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur 18
300 17
260 16
220 15
180 14
140 13
100 12
60 11
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 86: Betriebsverhalten der Kälteanlage vor und nach dem Umbau der hydraulischen
Einbindung (oben: ursprüngliche Installation; unten: optimierte Installation)

Der Volumenstrom im Kaltwasserkreis reduziert sich durch die Maßnahme von etwa
93 m³/h auf 69 m³/h. Durch die Absperrung der hydraulischen Überbrückung an den
Kältemaschinen wird die Vorlauftemperatur auf einem konstanten Wert von etwa
12,5 °C gehalten. Bei der ursprünglichen Installation erhöhte sich die Vorlauftemperatur
in Abhängigkeit der Kältelast um bis zu 1,7 °C. Dieses Phänomen trat, wie auf der linken
Seite der Abbildung 87 dargestellt, insbesondere bei höheren Kältelasten auf.

171
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Referenzzustand Nach Optimierung


18 18
Temperatur in °C

Temperatur in °C
Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur

16 16

14 14

12 12
0 50 100 150 200 250 300 350 0 50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW Kältelast in kW
Volumenstrom in m³/h

Volumenstrom in m³/h
120 120
Volumenstrom Volumenstrom
100 100

80 80

60 60

40 40
0 50 100 150 200 250 300 350 0 50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW Kältelast in kW
Abbildung 87: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms
im Kältesystem in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) dem Umbau

Die Leistungsaufnahme der Hauptumwälzpumpengruppe konnte aufgrund des höheren


Wirkungsgrades der neuen Aggregate und der veränderten hydraulischen Nutzung von
7 kW auf 3 kW reduziert werden. Dies entspricht einer Reduktion des Energiebedarfs
um etwa 57 % sowie einer elektrischen Energieeinsparung von 35 MW h im Jahr. Da die
Betriebsdrücke der Pumpen nach dem Umbau noch den Werten des ursprünglichen Be-
standssystems entsprachen, wird die hier aufgezeigte Energieeinsparung dem Aus-
tausch der Pumpengruppe und der höheren Effizienz der neuen Aggregate zugeschrie-
ben. Durch die Anpassung der drehzahlgeregelten Pumpen ergaben sich weitere Ein-
sparpotenziale, welche im folgenden Abschnitt vorgestellt werden.

6.4.2 Reduktion des Volumenstroms im Kältesystem


Eine wichtige Optimierungsgröße stellt nach Abschnitt 4.2 die Temperaturspreizung
zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kältesystems dar. Diese wird maßgeblich durch den
Volumenstrom beeinflusst, welcher durch die Wärmeübertrager der Verbraucher und
den Verdampfer der Kältemaschine fließt. Durch Reduktion des Volumenstroms werden
drei unterschiedliche Ziele verfolgt: Als erstes Ziel werden die elektrischen Leistungs-
aufnahmen der Förderaggregate reduziert, wodurch die Fluidtransporteffizienz (siehe
Abschnitt 3.2) erhöht und Betriebskosten gesenkt werden. Als zweites Ziel erhöht sich
die Temperaturspreizung im Kaltwassersystem, wodurch die mittlere Kaltwassertempe-
ratur am Verdampfer der Kältemaschine angehoben wird. Dadurch steigt die Verdamp-
fungstemperatur des Kältemittels (siehe Abbildung 29) und der Temperaturhub über
die Kältemaschine wird reduziert. Dies bedeutet eine Effizienzsteigerung, da der exerge-
tische Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü der Kältemaschine nach Abschnitt 4.2 zunimmt, wenn die
Verdampfungstemperatur bei konstanter Kaltwassertemperatur ansteigt. Zuletzt erhöht
sich durch die Reduktion des Volumenstroms nach Gleichung 4 die thermische Kapazität
eines Kältespeichers, da die Temperaturspreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf des

172
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

Kaltwassersystems ansteigt. Somit kann das Speichervolumen bei gleicher Energiedichte


kleiner ausfallen und die Investitionskosten des Speichers können reduziert werden.

Für eine Angabe des optimalen Wertes der Temperaturspreizung in einem Kältesystem
müssten lokale Wärmeübertragungskoeffizienten in allen wärmeübertragenden Kom-
ponenten sowie Temperatureinflüsse auf den Kälteprozess und die Kältenutzer berück-
sichtigt werden. Die Umsetzung der Effizienzmaßnahmen orientiert sich daher am Wert
der Planung. Dem Kältesystem 12/17 °C liegt die Annahme einer Temperaturspreizung
von fünf Grad Celsius zugrunde. In der folgenden Untersuchung wurde versucht, diesen
Wert durch Adaption der Förderaggregate im gesamten Kältesystem herzustellen. Da
das betrachtete Kältesystem historisch gewachsen ist und um zahlreiche Verbraucher
sowie einen bereits vorhandenen Anbau erweitert wurde, muss eine Erhöhung der
Temperaturspreizung in kleinen Schritten umgesetzt werden. Zu große Veränderungen
führen zu einer Unterversorgung von Einzelanlagen mit Kaltwasser, was einen Ausfall
laufender Prozesse sowie den Verwurf der eingesetzten Prozessmaterialien bedeuten
kann. Hierfür wurde der Volumenstrom an den Hauptumwälzpumpen mehrfach in klei-
nen Schritten reduziert. Die folgenden Versuche erforderten einen stetigen hydrauli-
schen Abgleich der Abgänge an den Kaltwasserverteilern, da sich die lokalen Druckver-
hältnisse an den Verteilerabgängen durch Reduktion des Volumenstroms stark verän-
derten. Während der Arbeiten wurden mehrere Pumpen identifiziert, welche im Rah-
men des hydraulischen Abgleichs abgeschaltet werden konnten. Die betroffenen För-
deraggregate erhöhten den Volumenstrom unnötig und verhinderten eine bedarfsge-
rechte Regelung benachbarter Verbraucher. Zu den abgeschalteten Aggregaten gehören
die Pumpe des Anbaus A sowie die Verteilerpumpe der Reinraumkühlung. Die Maßnah-
men zur Volumenstromabsenkung wurden zum Teil bereits im Jahr 2015 begonnen.
Eine kontinuierliche Verfolgung konnte jedoch erst nach dem oben beschriebenen, hyd-
raulischen Umbau im November 2016 starten, bei welchem die vorhandenen Hauptum-
wälzpumpen durch drehzahlgeregelte Modelle ersetzt wurden.

Zu Beginn der Versuchsreihen betrug der Volumenstrom im Kaltwassersystem im Mittel


etwa 69,4 m³/h. Eine erste Reduktion setzte den mittleren Volumenstrom auf 61 m³/h
herab. Durch eine zweite Absenkung wurde ein Wert von etwa 53,5 m³/h erreicht. Ab-
bildung 88 zeigt die Verläufe des Volumenstroms sowie der Vor- und Rücklauftempera-
tur des Kaltwassersystems während der Versuche.

173
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Volumenstrom in m³/h Volumenstrom und Kaltwassertemperaturen nach erster Volumenstromreduktion


90 17

Temperatur in °C
erste Volumenstromreduktion Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur
80 16

70 15

60 14

50 13

40 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Volumenstrom und Kaltwassertemperaturen nach zweiter Volumenstromreduktion
Volumenstrom in m³/h

90 17

Temperatur in °C
zweite Volumenstromreduktion Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur
80 16

70 15

60 14

50 13

40 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 88: Zeitliche Verläufe der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumen-
stroms im Sekundärkältesystem

Da Schwankungen der Kältelast die Messgrößen beeinflussen, wurden zur Ermittlung


des Einflusses der Maßnahmen die Verteilungen der Volumenströme und Temperatur-
differenzen in Abhängigkeit der Kältelast herangezogen (siehe Abbildung 89). Die Analy-
se der Volumenstromverteilungen zeigt eine mittlere Reduktion der Volumenströme um
etwa 7 m³/h nach der ersten und noch einmal um 8 m³/h nach der zweiten Maßnahme.

Reduktion des Volumenstroms


Volumenstrom in m³/h

80
75
vor Absenkung
nach erster Absenkung
70
nach zweiter Absenkung
65
60
55
50

100 120 140 160 180 200 220 240


Kältelast in kW
Temperaturdifferenz in °C

Anhebung der Temperaturdifferenz


3,5
vor Absenkung
3 nach erster Absenkung
nach zweiter Absenkung
2,5

1,5
100 120 140 160 180 200 220 240
Kältelast in kW
Abbildung 89: Verteilungen des Volumenstroms sowie der Differenz zwischen Vorlauf- und
Rücklauftemperatur im Sekundärkältesystem

Durch vorangegangene Effizienzmaßnahmen ist der Volumenstrom vor der Absenkung


im Vergleich zur Abbildung 26 nicht mehr konstant und variiert in Abhängigkeit der Käl-
telast. Dieser Effekt ist gewünscht, um die Temperaturspreizung im Kaltwassersystem

174
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

auf dem Wert von fünf Grad Celsius zu halten (siehe Gleichung 4). Abbildung 89 zeigt,
dass die Anpassung des Volumenstroms in Abhängigkeit der Kälteleistung noch nicht
ausreichend ist, um die geplante Temperaturspreizung von fünf Grad Celsius herzustel-
len. Die Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kaltwassersystems
weist auch nach der Anpassung der Fördermenge noch eine signifikante Abhängigkeit
zur Kältelast auf. Eine Analyse der Temperaturdifferenzen zwischen Vorlauf und Rück-
lauf des Kaltwassersystems vor und nach der Reduktion des Volumenstroms ergab eine
Erhöhung um etwa 0,24 °C am 09.10. und um 0,32 °C am 23.11.2017. Die elektrische
Leistungsaufnahme der Förderaggregate reduzierte sich im ersten Schritt um etwa
0,84 kW und im zweiten noch einmal um 0,96 kW. Insgesamt wurde eine Reduktion des
Volumenstroms um etwa 15 m³/h erreicht, die Temperaturspreizung stieg in den unter-
suchten Zeiträumen um ca. 0,57 °C. Durch die niedrigere Auslastung der Förderaggrega-
te verringerte sich die elektrische Leistungsaufnahme um 1,7 kW. Aufgrund des ganz-
jährigen Betriebs der Hauptumwälzpumpen ergibt sich eine jährliche, elektrische Ener-
gieeinsparung von 15,8 MW h. Bezogen auf die ursprüngliche Leistungsaufnahme der
Förderaggregate von 3,2 kW reduziert sich der elektrische Energiebedarf um 53,1 %.

Die Erhöhung der Temperaturspreizung am Verdampfer der Kältemaschine ergab au-


ßerdem eine Effizienzsteigerung der Kältemaschine, welche im Abschnitt 6.4.4 unter-
sucht wird. Aufgrund der gegenseitigen Beeinflussung der Verbraucher und der Not-
wendigkeit eines stetigen hydraulischen Abgleichs, wurde die Senkung des Volumen-
stroms mit zunehmender Temperaturspreizung aufwändiger. Obwohl die Maßnahme im
Rahmen der Integration des Kältespeichers fortgeführt wird, erfolgt die Bewertung der
Effizienz in dieser Arbeit nur bis zum hier vorgestellten Stand.

6.4.3 Optimierung der Steuerung- und Regelungstechnik


Neben baulichen Veränderungen des Kältesystems sowie der Reduktion des Volumen-
stroms gibt es weitere Möglichkeiten, die Effizienz der Kälteversorgung zu erhöhen. Ein
wichtiger Faktor stellt z. B. die Regelstrategie der Ventile und Pumpen auf den Verteiler-
abgängen und an den Verbrauchern dar, welche das Kaltwasser lokal bedarfsgerecht
zuteilen. Typische Regelgrößen in thermischen Verteilsystemen sind die absoluten Wer-
te des Druckes und der Temperatur am Einspeisepunkt, der Differenzdruck und die
Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf- und Rücklauf des Systems sowie seltener auch
der Volumenstrom. Daneben gibt es zeitgesteuerte Effekte, welche eine Anlage z. B. im
Rahmen einer Nachtabsenkung außer Betrieb nehmen. Obwohl solche Funktionen keine
Regelung darstellen, können sie dennoch hohe Ansprüche an die Dynamik beteiligter,
regelnder Einrichtungen stellen.

Im vorliegenden Beispiel wird der Reinraumverteiler des Sekundärkältesystems nach


Abbildung 84 betrachtet. Dieser besitzt vier Abgänge für die Umluftkühlung des Nord-
und Südteils des Reinraums sowie für die Klimatisierung der Reinraumumkleiden und
die Kühlung einer Wasseraufbereitungsanlage. Letztere wird bei der folgenden Untersu-
chung vernachlässigt, da der Abgang durch strukturelle Veränderungen in der Infra-
struktur des Institutes stillgelegt wurde. Der Reinraumverteiler ist der einzige Kaltwas-

175
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

serverteiler neben dem Hauptverteiler und besitzt ganzjährig einen relevanten Anteil
am Kältebedarf. Im Urzustand bestand die Regelstrategie der Reinraumabgänge in einer
Druckregelung der Pumpen, welche angefordert wurden, sobald ein Temperatur-
Grenzwert im Reinraum überschritten wurde. Eine Temperaturhysterese schaltete die
Pumpen ab, wenn das gewünschte Temperaturniveau um einen definierten Wert unter-
schritten wurde. Die Regelung sorgte für eine sichere Einhaltung der Temperatur- und
Feuchtigkeitsgrenzwerte im Reinraum. Aufgrund der geringen Temperaturspreizung auf
dem Verteiler, dem hohen Volumenstrom und den taktenden Pumpen, wurde jedoch ein
hohes Potenzial zur Verbesserung der Energieeffizienz vermutet. Die Betriebsdaten des
Verteilers sind auf Abbildung 90 für die letzte Woche im März des Jahres 2014 darge-
stellt.
Betriebsverhalten Reinraumverteiler vor Optimierung
120 18
Kältelast Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur

100 17
Volumenstrom in m³/h

Temperatur in °C
80 16
Kältelast in kW,

60 15

40 14

20 13

0 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 90: Betriebsdaten des Reinraumverteilers vom 24. bis 31.03.2014

Eine Analyse der Kältelast des Verteilers auf Abbildung 90 zeigt ein häufiges Auftreten
von Lastspitzen zur Tageszeit. Die vorhandenen Pumpen der Abgänge für die Reinraum-
bereiche wurden während einer Anforderung durch externe Frequenzumformer auf
einen niedrigen Differenzdruck geregelt. Insbesondere die Abgangspumpen für die Um-
luftkühlung waren jedoch überdimensioniert. Bei einer Anforderung dieser Pumpen
wurde ein großes Kaltwasservolumen bewegt, was zum Auftreten hoher Lastspitzen
und bereits nach kurzer Zeit zur Abschaltung der Pumpen führte. Die Messdaten weisen
zudem auf einen signifikanten Unterschied zwischen dem Kältebedarf am Tag im Ver-
gleich zur Nacht hin. Diese Differenz der Auslastung spiegelt sich nicht im Verlauf des
Volumenstroms wider, daher wird auf einen geringen Einfluss der vorhandenen, regeln-
den Komponenten geschlossen. Daneben besitzt die Temperaturdifferenz zwischen Vor-
lauf und Rücklauf des Verteilers in den Nächten auffällig geringe Werte, was auf eine
signifikante Reduktion der Kältelast in diesem Zeitraum schließen lässt. Der Abgang für
die Klimatisierung der Umkleiden besaß keine Einrichtungen zur Regelung des Volu-
menstroms. Dadurch floss das Kaltwasser mit konstanter Geschwindigkeit durch die
Wärmeübertrager der Verbraucher. Bei abnehmender Kältelast und konstantem Volu-
menstrom reduziert sich nach Gleichung 4 die Austrittstemperatur des Kaltwassers aus
den Wärmeübertragern der Kältenutzer. Daraus resultiert eine niedrige Temperatur-
spreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kaltwassersystems, welche einen unnötig

176
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

hohen Volumenstrom sowie eine niedrige Effizienz der Kälteversorgung bedeutet. Hohe
Schwankungen der Kältelast erfordern eine dynamische Regelung der Förderaggregate,
um eine niedrige Systemeffizienz zu vermeiden. Im betrachteten Kältesystem liegt je-
doch eine Überdimensionierung vieler Förderaggregate vor, was eine hohe Durchströ-
mung der Verbraucherabgänge selbst bei Abschaltung der Verbraucherpumpen zur Fol-
ge hat. Die vorhandene Regelung auf dem Verteiler konnte somit nicht wirksam eingrei-
fen.

Das auf Abbildung 90 vorgestellte Verteilerverhalten weist ein hohes Effizienzpotenzial


auf. Um die Spitzenlastbezüge zu reduzieren, den Volumenstrom zu senken und die
Temperaturdifferenz über den Verteiler zu erhöhen, mussten unterschiedliche Strate-
gien verfolgt werden. In einem ersten Schritt wurden die beiden Abgänge für die Rein-
raum-Umluft optimiert, welche auf Abbildung 84 aus Gründen der Übersicht als ein Ab-
gang dargestellt werden. Hierfür wurden zwei externe Temperaturregler mit Auflege-
fühler eingesetzt, welche die Frequenzumrichter mit einem Spannungssignal (0-10 V)
ansteuern. Die Auflegefühler ermöglichen eine nicht-invasive Messung der Vor- und
Rücklauftemperaturen an den Rohroberflächen der beiden Abgänge. Als Regelgröße
wurde die Temperaturdifferenz über die Verbraucher ausgewählt. Diese wurde so ein-
gestellt, dass die Umluft im Reinraum auf einen Wert im zugelassenen Temperaturbe-
reich abgekühlt wird.

In einem zweiten Schritt wurde die geringe Temperaturspreizung in den Nachtstunden


untersucht. Diese entstand vor allem durch eine Absenkung der Klimatisierung für die
Umkleideräume des Reinraums außerhalb der Nutzungsperioden. Die Umluftmenge
wurde für diese Zeiträume reduziert. Durch die überdimensionierten Pumpen des Ver-
teilers und der zentralen Kältemaschinen wurde jedoch ein hoher Kaltwasservolumen-
strom durch den Wärmeübertrager der Lüftungsanlage aufrechterhalten, welcher aus
dem Vorlauf des Verteilerabgangs nahezu ungenutzt in den Rücklauf zur Kältemaschine
floss. Zur Reduktion des Volumenstroms wurde ein Stellventil installiert, welches den
Verteilerabgang mit der Nachtabsenkung automatisch hydraulisch absperrt. Die Ansteu-
erung der Komponente erfolgt anhand des Signals zur Absenkung der Lüftungsanlagen.
Zusätzlich wurde der Abgang mit einem Temperaturregler versehen, welcher die Tem-
peraturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf während der Nutzungsperioden konstant
hält. Bei den Optimierungsmaßnahmen wurde festgestellt, dass die vorhandenen För-
deraggregate auch bei einer minimalen Betriebsfrequenz von 15 Hz noch zu viel Volu-
menstrom förderten. Daher wurden die Hauptverteilerpumpe sowie die Pumpe des Ab-
gangs für die Kühlung der Reinraumumkleiden dauerhaft abgeschaltet. Darüber hinaus
wurde die Hauptverteilerpumpe für den Reinraum demontiert, um den Druckverlust
durch die stehende Pumpe zu vermeiden. Da der Volumenstrom im Anschluss an diese
Maßnahmen noch immer zu hoch lag, wurden die Abgänge des Nord- und Südbereichs
manuell über Handventile eingedrosselt. Diese Maßnahme ist temporär notwendig, bis
der Volumenstrom im gesamten Kältesystem herabgesetzt ist. Das Betriebsverhalten des
Reinraumverteilers nach den Optimierungsmaßnahmen ist auf Abbildung 91 dargestellt
und kann mit Abbildung 90 verglichen werden.

177
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Betriebsverhalten Reinraumverteiler nach Optimierung


100 22
Kältelast Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur

80 20
Volumenstrom in m³/h

Temperatur in °C
Kältelast in kW,

60 18

40 16

20 14

0 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 91: Betriebsdaten des Reinraumverteilers in der Woche vom 26.01. bis 02.02.2015

Der Verlauf der Kältelast zeigt, dass Lastspitzen mit der optimierten Regelungsstrategie
nahezu vollständig vermieden werden können. Daneben führen die Reduktion und be-
darfsgerechte Regelung des Volumenstroms zu einer relativ konstanten Temperatur-
spreizung über den gesamten Zeitraum. Auf der Abbildung 92 sind die Verteilungen des
Volumenstroms sowie der Vor- und Rücklauftemperatur in Abhängigkeit der Kältelast
dargestellt.

Vor der Optimierung Nach der Optimierung


22 22
Temperatur in °C

Temperatur in °C

Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur


20 20

18 18

16 16

14 14

12 12
0 40 80 120 160 0 25 50 75 100
Kältelast in kW Kältelast in kW
Volumenstrom in m³/h

Volumenstrom in m³/h

40 40

30 30

20 20

10 10
Volumenstrom Volumenstrom
0 0
0 40 80 120 160 0 25 50 75 100
Kältelast in kW Kältelast in kW
Abbildung 92: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms
über den Reinraum-Verteiler in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) der Opti-
mierung

Durch die automatisierte Absperrung des Abgangs für die Klimatisierung der Umkleiden
in den Nachtstunden wurde der unnötig hohe Volumenstrom bei niedrigem Kältebedarf
der Nutzer behoben. Im Vergleich zum ursprünglichen Zustand wird die Temperatur-
spreizung über einen großen Arbeitsbereich bei etwa 6,5 °C gehalten. Der Volumen-
strom konnte um etwa 28 m³/h reduziert werden und weist nun die gewünschte Ab-

178
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

hängigkeit von der geforderten Kälteleistung auf. Eine messdatenbasierte Angabe der
Effizienz der Steuer- und Regelungsoptimierung ist in diesem Fall nicht möglich, da die
Pumpen im aktuellen Status gedrosselt betrieben werden. Dies erzeugt einen künstli-
chen Druckverlust, welcher den Volumenstrom reduziert und eine höhere elektrische
Leistungsaufnahme der Pumpen bewirkt. Eine konservative Berechnung des Einsparpo-
tenzials ist im Anhang G.2 aufgeführt. Danach ergibt sich die Reduktion des jährlichen
Energiebedarfs der Förderaggregate zu etwa 7 MW h, was eine Effizienzsteigerung von
80 % bedeutet.

6.4.4 Betrachtung der Effizienz und Auslastung der Kältemaschine


Die Auslastung der Kältemaschine besitzt nach Abschnitt 6.2 einen wesentlichen Einfluss
auf die Effizienz der Kälteversorgung. Um diesen messtechnisch zu verifizieren, werden
die Daten des Hauptzählers der Sekundärkälteversorgung der Jahre 2014 bis 2017 un-
tersucht. Aus den minütlich aufgelösten Leistungswerten der Kälteversorgung werden
Stundenmittelwerte gebildet, welche aufsummiert und der Auslastung der Kältemaschi-
ne gegenübergestellt werden (siehe Abbildung 93). In der Legende sind die Jahresbedar-
fe an Kälteenergie für alle betrachteten Jahre aufgeführt. Die Auslastungsprofile zeigen,
dass der Kältebedarf des Instituts seit Beginn der Aufzeichnung kontinuierlich ansteigt.
Im Betrieb auftretende Spitzenlasten nehmen nur einen geringen Teil der Laufzeit ein
und wirken sich daher marginal auf die dargestellten Profile aus.

Jährliche Auslastung der Kältemaschine


120
2014: 677 MW h
2015: 1165 MW h
100 2016: 1232 MW h
2017: 1353 MW h
Kältebedarf in MW h

80

60

40

20

0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Maschinenauslastung in %
Abbildung 93: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung der Jahre
2014 bis 2017

Insbesondere der Verlauf des Jahres 2015 weist mehrere abgesetzte Lastregionen auf,
welche einen häufig wechselnden Betrieb zwischen unterschiedlichen Betriebspunkten
indizieren. Dieses Lastverhalten ist typisch für den nutzerdominierten Kältebedarf eines
Forschungsbetriebes, bei welchem die Kühllast von diskontinuierlich betriebenen Anla-
gen angefordert wird. In den übrigen Jahren sind solche abgesetzten Lastregime jedoch
weniger ausgeprägt vorhanden, da die Anzahl der Anlagen und die Häufigkeit kühlinten-
siver Prozesse zugenommen haben.
179
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Um den Einfluss der Maschinenauslastung auf die Effizienz der Kältemaschine zu unter-
suchen, werden die relevanten Betriebsparameter als Mittelwerte über die Jahre 2014
bis 2017 gebildet. Zu diesen gehören die Maschinenauslastung, der Volumenstrom so-
wie die Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kaltwassersystems.
Aus dem aufsummierten, elektrischen Energiebedarf der Kältemaschine und der bereit-
gestellten Kälteenergie wird außerdem die über das Jahr gemittelte Leistungszahl gebil-
det, welche als Grundlage für die Bewertung der Effizienz herangezogen wird. Die Kenn-
zahlen des gesamten betrachteten Zeitraums sind auf Abbildung 94 gegenübergestellt.
Vergleich der Betriebsparameter in den Jahren 2014 bis 2017
120 4,5
2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017
100,7
4
3,74
100 94,3 92,8
3,5
3,14
3,01
80 3
68,4
2,5
Wert

Wert
2,28
60 2,20

40 38,3 1,5 1,31


1,39
31,4 32,4

23,1 1 0,92
20
0,5

0 0
Auslastung in % Volumenstrom in m³/h Temp.-differenz in K Leistungszahl
Abbildung 94: Vergleich der Leistungszahlen der Kältemaschine sowie der Haupteinflussfakto-
ren auf die Effizienz der Kälteversorgung in den Jahren 2014 bis 2017

Das Balkendiagramm zeigt, dass die Auslastung und die Leistungszahl der Kältemaschi-
ne im dargestellten Zeitraum zunehmen. Die Leistungszahlen der Jahre 2015 bis 2017
lassen sich nicht mit der auf Basis der Abbildung 34 abgeleiteten Polynomfunktion des
Jahres 2014 nachbilden. Dies ist auf die Umsetzung der unter Abschnitt 6.4 beschriebe-
nen Effizienzmaßnahmen zurückzuführen, welche die Leistungszahl der Kältemaschine
beeinflussen. Die Veränderung des Volumenstroms besitzt dabei nur einen geringen
Einfluss auf den Kältebedarf der Verbraucher sowie die damit verbundene Maschinen-
auslastung. Sie wirkt sich jedoch direkt auf die Temperaturspreizung im Kältesystem
aus, da das Kaltwasser bei geringerer Strömungsgeschwindigkeit eine höhere Verweil-
zeit in den Wärmeübertragern der Verbraucher besitzt und sich dadurch stärker er-
wärmt. Wie unter Abschnitt 4.2 beschrieben, führt dies zu einer Anhebung der Verdamp-
fungstemperatur der Kältemaschine und somit zu einer Steigerung der Effizienz des
Kälteprozesses.

Einfluss der Kaltwassertemperaturspreizung auf die Leistungszahl der Kältemaschine


Um den Einfluss der Temperaturspreizung ∆𝑇 im Kaltwassersystem auf die Effizienz der
Kältemaschine zu quantifizieren, werden die Leistungszahl-Kennlinien der betrachteten
Jahre untersucht. Abbildung 95 zeigt die zugrundeliegenden Messdaten. Die sukzessive

180
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

Anhebung der Leistungszahl-Kennlinien der Jahre 2014 bis 2017 stützt die These, dass
die Effizienz der Kältemaschine durch eine Erhöhung der Temperaturspreizung im
Kaltwassersystem zunimmt. Im dargestellten Zeitraum wurden abgesehen von den Effi-
zienzmaßnahmen keine weiteren Veränderungen an den Kältemaschinen vorgenom-
men. Auch die Rückkühltemperatur der Kältemaschine blieb über den betrachteten Zeit-
raum konstant, sodass der Einfluss der Temperaturerhöhung am Verdampfer isoliert
untersucht werden kann.
Einfluss der Temperaturspreizung auf die Effizienz der Kältemaschine
5

4,5
Leistungszahl der Kältemaschine

3,5

2,5

2014: T = 0,92 °C
2
2015: T = 1,31 °C
2016: T = 1,39 °C
1,5 2017: T = 2,20 °C
Quadratische Ausgleichsfunktion 2014
Quadratische Ausgleichsfunktion 2017
50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW
Abbildung 95: Vergleich der Leistungszahlverläufe der ausgewählten Jahre in Abhängigkeit
der geforderten Kälteleistung sowie der mittleren Temperaturspreizung T zwischen Vor- und
Rücklauf des Kältesystems

Die Messwerte implizieren, dass die Leistungszahl der Kältemaschine mit steigender
Temperaturdifferenz auf der Kaltwasserseite des Verdampfers der Kältemaschine zu-
nimmt. Der Anstieg scheint dabei proportional zum Anstieg der Temperaturdifferenz zu
erfolgen. Das Jahr 2015 lässt sich nur bedingt in diesen Trend einordnen, da große Än-
derungen des Volumenstroms sowie der Temperaturspreizung eine Unstetigkeit im Ver-
lauf der Leistungszahl verursachten (siehe Anhang F.2). Die Messdaten der Leistungs-
zahl-Kennlinie lassen sich daher nicht mit einer Polynomfunktion abbilden. In den ande-
ren Jahren ist der Einfluss der Volumenstromreduktion auf die Leistungszahl-Kennlinie
weniger ausgeprägt. Bei den Folgejahren 2016 und 2017 wurden die Effizienzmaßnah-
men kurz vor oder nach Abschluss eines Jahreswechsels durchgeführt. Dadurch werden
weniger Datenpunkte mit abweichenden Leistungszahlen in dem abgeschlossenen Zeit-
raum eines Jahres berücksichtigt und der Einfluss auf den Verlauf der Leistungszahl-
Kennlinie ist geringer.

Um den Einfluss der Rücklauftemperaturerhöhung auf die Leistungszahl zu quantifizie-


ren, wird die Differenz zwischen den Leistungszahl-Kennlinien der Jahre 2014 und 2017
herangezogen (siehe Anhang F.3). Da im Jahr 2014 kaum Datenpunkte mit einer Kälte-
last oberhalb von 200 kW vorliegen, wird nur der Bereich zwischen 50 und 200 kW be-

181
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

trachtet. Unter diesen Randbedingungen liegt die Leistungszahl der Kältemaschine des
Jahres 2017 im Mittel um den Wert 0,5 höher als jene des Jahres 2014. Die Energieein-
sparung bei der gemessenen, mittleren Kälteleistung von 176,3 kW des Jahres 2017 liegt
bei 13,4 %. In diesem Arbeitspunkt erhöht sich die Leistungszahl der Kältemaschine um
0,51 gegenüber dem Referenzjahr 2014. Durch die Bestimmung der Differenzen zwi-
schen den Leistungszahl-Kennlinien der betrachteten Jahre lässt sich der Einfluss der
Rücklauftemperaturerhöhung im Kaltwassersystem auf die Effizienz der Kältemaschine
quantifizieren. Auf Abbildung 96 werden die Auslastungen sowie die jährlich gemittelten
Leistungszahlen der Kältemaschine dargestellt. Hierbei sind die gemessenen Leistungs-
zahlen der einzelnen Jahre im Vergleich zu den berechneten Leistungszahlen auf Basis
der Polynomfunktion des Jahres 2014 aufgetragen. Unter der Annahme, dass die Erhö-
hung der Leistungszahl (abgesehen von der Maschinenauslastung) nur von der Tempe-
raturdifferenz im Kaltwassersystem beeinflusst wird, ergibt sich eine „temperaturberei-
nigte“ Leistungszahl. Die Differenzen der gemessenen und temperaturbereinigten Leis-
tungszahlen quantifizieren das Effizienzpotenzial der Rücklauftemperaturerhöhung im
Kaltwassersystem.
Auslastung der Kältemaschine Temperaturbereinigte Leistungszahl
40 38,33 4
gemessen 3,74

35 3,5 temperaturbereinigt
32,42
31,41 3,14
3,01 3,22
30 3
2,92
2,83
Auslastung in %

Leistungszahl

25 23,13 2,5
2,28

20 2

15 1,5

10 1

5 0,5

0 0
2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017
Abbildung 96: Auslastung (l.) und Leistungszahlen (r.) der Kältemaschine in den Jahren 2014
bis 2017

Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass die Auslastung der Kältemaschine ei-
nen großen Einfluss auf die Effizienz der Kälteversorgung besitzt: Auf Abbildung 96 be-
wirkt ein Anstieg der Maschinenauslastung um 15,2 % zwischen den Jahren 2014 und
2017 eine Erhöhung der Leistungszahl um 41,2 % (temperaturbereinigte Leistungszah-
len der Jahre 2014 und 2017). Dadurch wird für die Deckung des Kältebedarfs im Ver-
hältnis etwa 29 % weniger elektrische Energie benötigt. Die Untersuchung zeigt außer-
dem, dass der Einfluss der Temperaturspreizung auf die Gesamteffizienz des Kältesys-
tems im Vergleich mit den anderen vorgestellten Maßnahmen im Abschnitt 6.4 hoch ist.
Eine Steigerung um 1,3 °C bewirkt im dargestellten Zeitraum eine signifikante Erhöhung
der Leistungszahl der Kältemaschine von 3,22 auf 3,74. Bei der mittleren, gemessenen

182
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

Kälteleistung des Jahres 2017 von 176,3 kW wird folglich eine Reduktion der elektri-
schen Leistungsaufnahme der Kältemaschine von etwa 7,2 kW erreicht. Dieser Wert
wird in der anschließenden Diskussion der Einsparpotenziale anteilig auf die an der
Temperaturspreizung beteiligten Maßnahmen aufgeteilt.

Modell der Kältemaschine


Die gefundenen Abhängigkeiten werden herangezogen, um die Vorhersagegenauigkeit
des verwendeten Kältemaschinenmodells unter dynamischen Lastanforderungen zu
untersuchen. Unter Abschnitt 6.1 wurde eine Erhöhung der Leistungszahl um 0,3 be-
rechnet, wenn die Maschinenauslastung um 5 % ansteigt (siehe Abbildung 67). Dieses
Ergebnis steht in guter Übereinstimmung mit der messtechnisch bestimmten Korrelati-
on. Auf Abbildung 96 führt eine Erhöhung der Maschinenauslastung um 5,9 % bei Ver-
nachlässigung des Temperatureinflusses zu einer Steigerung der Leitungszahl von 0,3.
Das oben vorgestellte Modell zur Beschreibung einer Kältemaschine wird daher als aus-
reichend genau für die Vorhersage der elektrischen Leistungsaufnahme unter dynami-
schen Kältelasten bewertet. Die Effizienzsteigerung durch die Erhöhung der Tempera-
turspreizung im Kaltwassersystem kann hingegen nicht abgebildet werden. Um diese
Abhängigkeit mit einem messwertbasierten Modell der Kältemaschine darzustellen,
würden neben der elektrischen Leistungsaufnahme und der Kälteleistung der Kältema-
schine auch die Temperaturen der Verdampfung und Kondensation des Kältemittels bei
der Modellbildung und Simulation benötigt. Diese Daten stehen für die Referenzanlage
nicht zur Verfügung (siehe Abschnitt 6.1).

Auslastung der Kältemaschine durch einen Kältespeicher


Die gewonnenen Erkenntnisse stellen wichtige Randbedingungen für den Einsatz eines
Kältespeichers dar, welcher nach Abschnitt 6.2 die Auslastung der Kältemaschine signi-
fikant erhöhen kann. Unter der Annahme, dass der Kältespeicher das gesamte Kältesys-
tem für drei Stunden eigenständig mit Kälteenergie versorgt (Netzstützdauer 3 h), wür-
de die Kältemaschine nur 21 Stunden am Tag statt kontinuierlich laufen. Im Falle des
Jahres 2017 würde sich die mittlere, tägliche Kältelast der Maschine durch die zusätzli-
che Speicherbeladung von 176,3 kW auf 201,5 kW erhöhen (Stillstand wird nicht be-
rücksichtigt), was einem Anstieg der Maschinenauslastung von 5,4 % entspricht. Durch
diese Maßnahme ließe sich der Energiebedarf der Kältemaschine um 6,1 % senken. Da-
bei besitzt die Leistungszahl-Kennlinie der vorhandenen Schraubenverdichter-
Maschinen im Niedriglastbereich eine höhere Sensitivität bezüglich der Kälteleistung.
Somit würde der Speichereinsatz in den Jahren 2014 bis 2015 aufgrund des niedrigen
Kältebedarfs eine höhere Energieeinsparung erreichen, als in den Folgejahren 2016 und
2017. Tabelle 13 stellt exemplarisch die Einsparung elektrischer Antriebsenergie der
Kältemaschine durch einen hypothetischen Kältespeicher dar, welcher das Kältesystem
für drei Stunden autark versorgen kann. Die Berechnung verwendet die auf Basis der
Messwerte des Jahres 2016 abgeleitete Ausgleichsfunktion zur Bestimmung der Leis-
tungszahlen.

183
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Tabelle 13: Einsparung der elektrischen Leistungsaufnahme der Kältemaschine durch Einsatz
eines Kältespeichers mit einer Netzstützdauer von drei Stunden

Jahr Kontinuierliche Erhöhung der Erhöhung der Elektrische Energie-


Kälteleistung der mittleren Kälte- Leistungszahl der einsparung der Käl-
Kältemaschine in leistung durch Kältemaschine temaschine durch
kW Speicher in kW durch Speicher Speicher in %
2014 106 15,2 0,24 8,6
2015 146 20,6 0,25 7,8
2016 149 21,3 0,25 7,2
2017 176 25,2 0,22 6,1

Die Einsparpotenziale durch die Nutzung thermodynamisch günstigerer Zeiträume nach


Abschnitt 3.3.1 werden in Tabelle 13 vernachlässigt. Auf Basis der Ergebnisse wird er-
sichtlich, dass die Kältemaschine durch den Einsatz eines Kältespeichers einen relevan-
ten Beitrag zur Erhöhung der Systemeffizienz leistet. Da sich der Kältebedarf eines Käl-
tesystems bereits über kurze Zeiträume signifikant verändern kann, muss die Dimensi-
on eines Kältespeichers sinnvoll gewählt werden. Unter den Lastanforderungen des Jah-
res 2017 ist eine Netzstützdauer von drei Stunden bereits zu kurz, um ein beispielhaft
gewähltes Einsparpotenzial von 7 % nur durch die höhere Auslastung der Kältemaschi-
ne zu erwirtschaften. Obwohl die Erhöhung der Leistungszahl nach Tabelle 13 ansteigt
(Vergleich der Jahre 2014 und 2015), verringert sich das Effizienzpotenzial durch die
Auslastung der Kältemaschine. Dies ist auf den charakteristischen Verlauf der Leis-
tungszahl-Kennlinie zurückzuführen, welche zum optimalen Arbeitspunkt hin eine ge-
ringere Steigung aufweist. In der Nähe des besten Arbeitspunktes ist eine geringe Anhe-
bung der Leistungszahl mit einer relativen großen Anhebung der Kälteleistung verbun-
den. Dadurch benötigt die Kältemaschine insgesamt mehr elektrische Energie, um die
Kälteleistung bereitzustellen. Dies reduziert das Einsparpotenzial, weshalb die Kältema-
schine vor allem während der Niedriglastzeiträume für eine Speicherbeladung einge-
setzt werden sollte.

Abbildung 97 zeigt das Einsparpotenzial der Kältemaschine in Abhängigkeit unter-


schiedlicher Speicher-Netzstützdauern. Die Einsparungen wurden auf Basis der Leis-
tungszahl-Kennlinie des Jahres 2016 berechnet. Durch die Einführung des Begriffes der
Netzstützdauer lässt sich der Kältespeicher in Abhängigkeit der mittleren, geforderten
Kältelast dynamisch skalieren. Der verlustfrei angenommene Kältespeicher wird dabei
immer so groß gewählt, dass er das Kältesystem für die geforderte Netzstützdauer und
Kältelast autark versorgen kann. Für die Abbildung 97 erfolgt eine Idealisierung des
Verhaltens der Kälteverbraucher, indem von einer kontinuierlichen Kälteleistung ausge-
gangen wird. Die dargestellten Energieeinsparungen stellen somit Maximalwerte dar,
welche bei einer realen Kälteanlage aufgrund von zeitlich variablen Lasten nicht erreicht
werden. Um diese Lastschwankungen zu berücksichtigen, ist eine dynamische Simulati-
on notwendig (siehe Abschnitt 6.2). Hier wird eine vereinfachte Darstellung gewählt, um
die zugrundeliegenden Randbedingungen der Speichernutzung darzustellen.

184
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen

Energieeinsparung der Kältemaschine in Abhängigkeit der Speicher-Netzstützdauer


90 60 80 100 120 140 160 180 200
Speichervolumen in m³
1h
2h
Elektrische Energieeinsparung in MW h

80
40 3h
4h
70 5h
6h
60 7h
8h
50

40
20
30

20

10

0
0 50 100 150 200 250 300
Kontinuierliche Kältelast in kW
Abbildung 97: Jährliche Energieeinsparung durch unterschiedliche Speicher-Netzstützdauern
für die Kältemaschine am IISB.

Abbildung 97 zeigt, dass ein Speichereinsatz im Niedriglastbereich der Maschine bei


etwa 100 kW bis 125 kW das höchste Einsparpotenzial besitzt (etwa 22 % Maschinen-
auslastung). Dieses Ergebnis korreliert mit einer vergleichbaren Auftragung für die Leis-
tungszahlen, welche im Anhang G.4 dargestellt ist. Bei niedrigeren Kältelasten nimmt
das Einsparpotential ab, da die Kälteanlage insgesamt einen geringen, absoluten Ener-
giebedarf aufweist. Zudem ist der Lastbereich unterhalb von 75 kW nur theoretisch zu
betrachten, da die vorhandene Kältemaschine nicht dauerhaft auf diesem niedrigen Be-
triebspunkt betrieben werden kann. Eine Reduktion der maximalen Energieeinsparung
wird festgestellt, wenn der kontinuierliche Kältebedarf der Nutzer über 125 kW an-
steigt. Um große Kältespeicher (Netzstützdauern 6 bis 8 h) zu beladen, ist eine signifi-
kante Erhöhung der Dauerlast der Kältemaschine erforderlich. Diese profitiert dann
nicht mehr von der besseren Auslastung im Niedriglastbereich und wird teilweise ober-
halb des optimalen Arbeitspunktes betrieben. Die Leistungszahl der Kältemaschine
nimmt in diesem Bereich sogar ab, weshalb sich die Einsparpotenziale reduzieren und
negativ werden können. Die jeweilige Speicherkapazität kann auf Abbildung 97 direkt
für eine aufgeführte Netzstützdauer und eine beliebige Kälteleistung abgelesen werden,
indem beide Größen miteinander multipliziert werden. Unter den dargestellten Szenari-
en liegt die höchste Energieeinsparung bei einem Kältespeicher mit 800 kW h (~138 m³
bei 5 °C Temperaturspreizung) vor, welcher das Netz bei einer Last von 100 kW für
8 Stunden eigenständig versorgt.

Da die Kältelast des Institutes seit 2014 zunimmt, verringert sich nach Abbildung 97 die
Energieeinsparung durch Auslastung der Kältemaschine mit dem Kältespeicher. Wäh-
rend das theoretische Einsparpotenzial des am IISB vorhandenen 80 m³ Kältespeichers
im Jahr 2014 (100 kW Dauerlast, Netzstützdauer 4,8 h) noch bei 48 MW h/a liegt, kann
im Jahr 2016 (150 kW Dauerlast, Netzstützdauer 3,2 h) nur eine Energieeinsparung von

185
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

maximal 32 MW h erwartet werden. Durch die Erhöhung der kontinuierlichen Kälteleis-


tung um 50 kW reduziert sich die Netzstützdauer des Speichers mit 80 m³ somit um
1,6 h, während die elektrische Energieeinsparung um 16 MW h abnimmt. Analog zu die-
ser idealisierten Betrachtung reduziert sich auch der Anteil der Kältemaschine an den
unter Abschnitt 6.2 und 6.3 berechneten Einsparpotenzialen des Kältespeichers für das
Lastprofil des Jahres 2017. Die hier betrachtete Energieeinsparung bezieht sich nur auf
den Anteil der Kältemaschine. Daneben trägt auch die Verschiebung der Kältebereitstel-
lung in Zeiträume mit niedrigeren Außentemperaturen zu einer Erhöhung der Effizienz
des Kältesystems bei. Diese Einsparpotenziale wurden im Rahmen der dynamischen
Simulation unter Abschnitt 6.2 und 6.3.1 berücksichtigt.

6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und


Ausblick
Im Rahmen dieser Arbeit wurden zahlreiche Effizienzmaßnahmen identifiziert, theore-
tisch untersucht und in einem Referenzsystem umgesetzt. Zur Bewertung der unter-
schiedlichen Effizienzpotenziale werden die Ergebnisse der Einzelmaßnahmen gegen-
übergestellt und ihr Einfluss auf die elektrische Energieaufnahme der Kälteanlage be-
trachtet. Das Kältespeicher-Konzept wird auf Basis der simulierten Szenarien bewertet,
da die Anlage aufgrund einer Verzögerung des Baufortschritts nicht im Zeitfenster die-
ser Arbeit fertiggestellt werden konnte. Für alle anderen umgesetzten Maßnahmen wer-
den die messtechnisch ermittelten Effizienz- und Einsparpotenziale der vorangegange-
nen Untersuchungen herangezogen. Um das Potenzial der jeweiligen Maßnahmen klar
zu differenzieren, wird sowohl die prozentuale Energieeinsparung an den betrachteten
Komponenten, als auch die Reduktion des jährlichen elektrischen Energiebedarfs der
Kälteanlage dargestellt. Abbildung 98 zeigt die Ergebnisse der betrachteten Maßnahmen.
Bei der Volumenstromabsenkung, der Anpassung der Steuerung und Regelung sowie
der hydraulischen Optimierung sind mit den Bezugskomponenten die jeweiligen För-
deraggregate und Regeleinrichtungen gemeint, an denen die Maßnahmen durchgeführt
wurden. Die dargestellten Energieeinsparungen beruhen auf den Ergebnissen der Ab-
schnitte 6.4.1 bis 6.4.3. Bei der Kältemaschine, dem Kältespeicher und der freien Küh-
lung wird die Energieeinsparung dagegen auf das gesamte Kältesystem bezogen, da die-
se Komponenten als Kälteversorger agieren. Die dargestellten Werte beruhen in diesem
Fall auf den Ergebnissen der Abschnitte 6.2, 6.3.1 und 6.4.4.

186
6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und Ausblick

Prozentuale und absolute Energieeinsparung der Maßnahmen

Volumenstromabsenkung 100 Steuerung und Regelung


100
75
75
50
50
25
Erhöhung der 25
100 75 50 25
Auslastung der Hydraulische
Kältemaschine 25 50 75 100 Optimierung
25
um 15,2 % 25
50
50
75
75
100
Kältespeicher mit 80 m³ 100
Freie Kühlung

Energiebedarfsreduktion der Komponente in % Elektrische Energieeinsparung in MW h/a


Abbildung 98: Energieeinsparungspotenziale der betrachten Maßnahmen

Die Darstellung impliziert, dass Optimierungsmaßnahmen an zentralen Komponenten


des Kältesystems (Kältemaschine, Kältespeicher, freie Kühlung) die höchsten Energie-
Einsparpotenziale aufweisen. Kleinere Maßnahmen im hydraulischen System oder an
den Regelungseinrichtungen erzielen geringere Einsparungen, sofern sie nicht mit einer
Volumenstromreduktion im übergeordneten Kaltwassersystem verbunden sind. Die
Erhöhung der Effizienz der Kältemaschine durch die Anhebung der Temperatursprei-
zung im Kältesystem wurde für diese Darstellung anteilig auf die daran beteiligten Maß-
nahmen umgelegt (siehe Anhang G.5).

Die Absenkung des Volumenstroms ist bei Einsatz von regelbaren Förderaggregaten mit
einem geringen technischen Aufwand verbunden. Gleichzeitig bietet die Maßnahme ein
hohes Energieeinsparpotenzial, da eine Reduktion der hydraulischen Leistung die elekt-
rische Leistungsaufnahme der beteiligten Pumpen verringert, während die resultieren-
de Erhöhung der Temperaturdifferenz im Kaltwasserkreislauf den Wärmeübertrag auf
das Kältemittel im Verdampfer der Kältemaschine verbessert. Dadurch wird die Ver-
dampfungstemperatur im Kälteprozess angehoben und die Effizienz der Kältemaschine
erhöht. Unter Vernachlässigung des hydraulischen Umbaus unter Abschnitt 6.4.1, bei
welchem sich die Aufteilung des Volumenstroms durch die Kältemaschinen verändert
hat, konnte durch die Reduktion des Volumenstroms sowie die Optimierung der Steue-
rung und Regelung von Einzelkomponenten eine Einsparung von etwa 9,4 % des Ener-
giebedarfs der Kälteanlage erreicht werden. Aufgrund der einfachen technischen Umset-
zung und dem hohen Einsparpotenzial ist diese Maßnahme gegenüber anderen zu prio-
risieren. Sie stellt gleichzeitig eine Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Dimen-
sionierung und Nutzung eines Kältespeichers dar. Die Notwendigkeit der Herstellung
einer adäquaten Temperaturspreizung im Kältesystem ist mit hohen Energieeinsparun-
gen verbunden und sollte daher nicht aufgrund des Aufwands im Vorfeld als potenzieller
Nachteil einer Speicheranwendung betrachtet werden.

187
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

Der in dieser Arbeit untersuchte Einsatz eines Kältespeichers verspricht hohe Energie-
einsparungen, sofern entsprechende Betriebsstrategien definiert werden. Zu den hier
verwendeten Strategien zählen die Verschiebung der Kälteerzeugung in Zeiträume mit
niedrigen Umgebungstemperaturen, die höhere Auslastung der Kältemaschine sowie
der effizientere Einsatz von freier Kühlung. Der Energiebedarf des betrachteten Refe-
renzsystems lässt sich durch Einsatz eines Kältespeichers mit 80 m³ Volumen ohne Be-
rücksichtigung von freier Kühlung witterungsabhängig um 6 bis 10,4 % reduzieren. Be-
steht die Möglichkeit der Nutzung von freier Kühlung, kann die Leistungszahl des Kälte-
systems durch den Einsatz eines Kältespeichers zusätzlich erhöht werden. Für dieses
Szenario wurde unter Abschnitt 6.3.1 eine Senkung des elektrischen Energiebedarfs um
weitere 3 % vorhergesagt. Somit wird im vorhandenen Referenzsystem eine Reduktion
des jährlichen elektrischen Energiebedarfs der Kälteinfrastruktur durch einen Kälte-
speicher mit einem Volumen von 80 m³ von mindestens 10 % erreicht. Durch eine Ver-
größerung des Speichervolumens könnte das Effizienzpotenzial weiter erhöht werden
(siehe Abbildungen 72 und 97) und läge damit oberhalb der Werte der konventionellen
Maßnahmen. Die Demonstration der genannten Energieeinsparungen mit dem im Rah-
men dieser Arbeit vorgestellten Speichersystem konnte aufgrund von Bauverzögerun-
gen nicht erfolgen. Eine technische Implementierung der vorgestellten Konzepte wird
im Anschluss an diese Arbeit weiterverfolgt. Die vorangegangenen Untersuchungen zei-
gen, dass die elektrische Energieeinsparung zunimmt, je mehr Nutzungsstrategien durch
den Kältespeicher vereint werden können (vgl. Abbildung 74). Mit der Anzahl an poten-
ziellen Betriebsstrategien steigt dabei auch die Komplexität der ausführenden Steue-
rung. Finanzielle Einsparungen im Rahmen einer Reduktion von elektrischen Spitzenlas-
ten können einen zusätzlichen Anreiz für die Integration eines Kältespeichers bedeuten.
Solche Konzepte wurden in dieser Arbeit nicht betrachtet.

Die freie Kühlung kann unabhängig von der Nutzung eines Kältespeichers auch eigen-
ständig betrieben werden. In der Simulation reduzierte sich der jährliche Energiebedarf
der Kälteversorgung bei diesem Szenario ausgehend von der Annahme einer konstanten
Kältelast von 126 kW um etwa 12 %. Der Anteil an der jährlich bereitgestellten Käl-
teenergie betrug dabei etwa 18,3 %. Dieser Wert steht in guter Übereinstimmung mit
einer Studie, in welcher die freie Kühlung in einer Klimatisierungsanwendung mit 9 °C
Vorlauftemperatur etwa 25 % des Kälteenergiebedarfs über in einem Zeitraum von
fünf Jahren lieferte392. Hierbei wurde eine Absorptionskältemaschine eingesetzt, welche
aufgrund des weniger effizienten thermischen Verdichters mehr Abwärme an die Um-
gebung abführen muss393. Dadurch sind Rückkühlwerke mit größeren Übertragungsflä-
chen erforderlich, welche auch bei niedrigeren Kaltwasservorlauftemperaturen eine
hohe Ausnutzung von freier Kühlung ermöglichen. Eine simulative Bestimmung der
Energieeinsparung während des Betriebes der freien Kühlung am IISB ergab einen Wert
von 46,9 %, welcher durch die umgesetzte Anlage mit etwa 50 % übertroffen wurde. Der
Unterschied zwischen der berechneten und der experimentell ermittelten Einsparung
wird vor allem dem Bezug auf die mittlere Leistungszahl der Kälteanlage zugeschrieben.

392 vgl. Ali (2008) S.1026


393 vgl. Eicker (2012) S.730

188
6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und Ausblick

In den Nächten ist aufgrund der niedrigeren Kältelast mit einer niedrigeren Leistungs-
zahl der Kälteanlage zu rechnen (siehe Abbildung 25). Unter Annahme einer Betriebszeit
von 1.800 Stunden im Jahr ergibt sich nach obiger Betrachtung eine Einsparung von
etwa 87 MW h/a elektrischer Energie. Das experimentell ermittelte Einsparpotenzial
beweist, dass freie Kühlung auch in industriellen Kaltwassersystemen mit vergleichbar
geringen Vorlauftemperaturen von 12 °C eine hohe Relevanz besitzt. Im vorliegenden
Fall wurde ein separates Rückkühlwerk mit einer vergleichbaren Nennleistung wie das
der Kältemaschine für die freie Kühlung eingesetzt. Auf Basis der Ergebnisse kann ge-
schlussfolgert werden, dass eine Überdimensionierung des Rückkühlwerkes weitere
Einsparungen ermöglicht, wenn es in der kalten Jahreszeit zusätzlich für freie Kühlung
genutzt wird. Dadurch ließen sich die Betriebskosten der regulären Rückkühlung der
Kältemaschine reduzieren, während eine längere Nutzung der freien Kühlung in den
Übergangszeiten erreicht werden kann. Im vorliegenden Bestandssystem ließe sich das
Potenzial der freien Kühlung weiter steigern, wenn statt dem separaten Rückkühlwerk
des Primärkältekreiskaufs alle vorhandenen Rückkühlwerke eingesetzt würden. Durch
die größere Wärmeübertragungsfläche wären höhere Kälteleistungen verfügbar und die
Grenztemperatur der freien Kühlung könnte angehoben werden. Als weitere Maßnahme
zur Erhöhung der Nutzung von Kälteenergie aus freier Kühlung ließe sich der Platten-
wärmeübertrager für die Übergabe der Kälteenergie an den Kaltwasserkreislauf opti-
mieren. Dieser verursacht eine hohe Differenz von etwa zwei bis drei Grad Celsius zwi-
schen den getrennten Kreisläufen. Die freie Kühlung muss daher ein niedrigeres Tempe-
raturniveau bereitstellen, als jenes des Kaltwasservorlaufs. Durch eine Vergrößerung
der Wärmeübertragungsfläche kann die Temperaturdifferenz zwischen beiden Kreisläu-
fen verringert und die Kühlwasservorlauftemperatur angehoben werden. Nach Glei-
chung 35 werden dadurch auch die Exergieverluste der Wärmeübertragung reduziert.

Das hier vorgestellte Konzept der freien Kühlung steht grundsätzlich im Widerspruch
zur Wärmerückgewinnung an den Kältemaschinen, da die freie Kühlung in der kalten
Jahreszeit eingesetzt wird, in welcher auch der Wärmebedarf des Referenzsystems an-
steigt. Aufgrund der Abschaltung der Kältemaschine während der freien Kühlung ist
keine Rückgewinnung der Abwärme aus dem Kältesystem möglich. Eine Analyse des
Referenzsystems impliziert jedoch, dass die Wärmerückgewinnung nur bei niedrigen
Heißwasser-Vorlauftemperaturen genutzt wird (siehe Anhang E.2). Dies geschieht vor-
rangig, wenn kühlintensive Prozesse am Institut betrieben werden, welche die Konden-
satortemperatur der Kältemaschine vorübergehend anheben. Der Einsatz beschränkt
sich damit vor allem auf Spitzenlastzeiträume, in denen die freie Kühlung aufgrund der
hohen Kälteleistungen ohnehin nicht betrieben werden kann. Um die Wärmerückgewin-
nung sinnvoll einzusetzen, müsste das Vorlauftemperaturniveau im Heizungssystem
abgesenkt werden. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse erscheint die freie Kühlung
jedoch als die effizientere Alternative, da die Wärmerückgewinnung eine erhöhte Kon-
densatortemperatur der Kältemaschine voraussetzt und somit eine niedrige Effizienz
des Kälteprozesses verursacht (siehe Abschnitt 4.2). Ein effizienterer Betrieb der Refe-
renzanlage wird daher bei einer Außerbetriebnahme der Wärmerückgewinnung und
einer Optimierung der Kondensatortemperatur der Kältemaschine erwartet. Eine dedi-

189
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

zierte Betrachtung der Wärmerückgewinnungsanlagen des Referenzsystems kann eine


Aussage darüber liefern, welche der beiden Anlagen unter welchen Randbedingungen
effizienter ist.

Abbildung 99 stellt die unter Abschnitt 3.2 beschriebenen Effizienzkennzahlen des be-
trachteten Kälteversorgungssystems der Jahre 2014 bis 2017 gegenüber. Die Kältenut-
zungseffizienz 𝜂𝑁 wurde vernachlässigt, da im Rahmen dieser Arbeit keine Untersu-
chung der Dämmungsgüte der Referenzanlagen erfolgte.
Entwicklung der Energieeffizienzkennzahlen der Jahre 2014 bis 2017
80
FT ex,KM ex,WÜ

70
Effizienz in %, Wirkungsgrad in %

65.7
62.3 63.7 63.5
60 56.2 56.5
57.9
54.5

50

40
31.2
30
25.1 26.0

20 19.2

10
0.62 0.19 0.54 0.64 0.25 0.56 0.64 0.26 0.57 0.66 0.31 0.58
0
2014 2015 2016 2017
Abbildung 99: Effizienzkennzahlen des Referenzsystems im gesamten Betrachtungszeitraum

Alle betrachteten Kennzahlen nehmen durch die oben beschriebenen Effizienzmaßnah-


men im angegebenen Zeitraum zu. Den größten Zuwachs besitzt der exergetische Wir-
kungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 der Kältemaschine, welcher sich im betrachteten Zeitraum um 12 %
erhöht. Die Fluidtransporteffizienz 𝜂𝐹𝑇 weist eine Effizienzsteigerung um 3,4 % auf. Die-
ser Wert erscheint in Anbetracht der hohen Energieeinsparungen durch Reduktion des
Volumenstroms zunächst gering. Ein großer Anteil der Einsparungen ist jedoch nicht auf
den effizienteren Betrieb der Förderaggregate zurückzuführen, sondern entsteht durch
die Optimierung der Betriebsbedingungen der Kältemaschine. Diese manifestieren sich
in einer erhöhten Verdampfungstemperatur des Kältemittels, welche durch den exerge-
tischen Wirkungsgrad der Wärmeübertragung 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü zum Ausdruck gebracht wird. Im
Vergleich zum Referenzjahr 2014 konnte diese Kennzahl mit Hilfe der umgesetzten
Maßnahmen ebenfalls um ca. 3,4 % angehoben werden. Unter Abschnitt 4.2 wurde eine
Senkung der elektrischen Leistungsaufnahme der Kältemaschine von etwa 1,7 % be-
rechnet, wenn sich die mittlere Verdampfungstemperatur des Kältemittels bei konstan-
ter Kaltwassertemperatur um einen Grad Celsius erhöht. Die gemessene Änderung der
Verdampfungstemperatur der Kältemaschine lag im betrachteten Zeitraum bei etwa
zwei Grad Celsius. Damit steht das theoretisch abgeleitete Einsparpotenzial in guter
Übereinstimmung mit dem messtechnisch bestimmten Wert. Die Beobachtung der Ver-
dampfungstemperatur der Kältemaschine erfolgte anhand der mechanischen Tempera-

190
6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und Ausblick

turanzeige am Gehäuse der Kältemaschine. Aufgrund der groben Auflösung der vorhan-
denen Messtechnik (siehe Anhang G.6) ist die oben dargestellte Analyse der Entwicklung
des exergetischen Wirkungsgrades nicht exakt. Insgesamt fallen die Zunahmen der Flu-
idtransporteffizienz sowie des idealen exergetischen Wirkungsgrades 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü deutlich
geringer aus, als jene des realen exergetischen Wirkungsgrades 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 der Kältemaschi-
ne. Letzterer berücksichtigt nach Gleichung 28 bereits das Temperaturniveau der Ver-
dampfung, daher kann die ermittelte Effizienzsteigerung auf die höhere Auslastung der
Kältemaschine sowie die Verringerung von Exergieverlusten der Wärmeübertragungs-
prozesse zurückgeführt werden. Dies veranschaulicht den großen Einfluss der Betriebs-
bedingungen auf die Effizienz der Kälteanlage. Eine herausragende Bedeutung kommt
dabei insbesondere dem Volumenstrom zu, welcher durch die direkte Beeinflussung der
Systemtemperaturen einen wesentlichen Ansatzpunkt für die Umsetzung von Effizienz-
maßnahmen in industriellen Kaltwassersystemen darstellt.

191
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen

192
7. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE UND
AUSBLICK
In der vorliegenden Arbeit erfolgte eine Untersuchung und Bewertung von Möglichkei-
ten zur Erhöhung der Energieeffizienz in Kaltwassersystemen. Als Referenzobjekt und
Demonstrationsplattform diente die Kälteinfrastruktur des Fraunhofer-Instituts für In-
tegrierte Systeme und Bauelementetechnologie in Erlangen, welche aufgrund ihrer Grö-
ßenordnung und Funktionen vergleichbar mit industriellen Kaltwassersystemen ist. Für
die Auswahl möglicher Effizienzmaßnahmen wurde das vorliegende Referenzsystem
analysiert. Hierbei wurden drei Hauptfaktoren identifiziert, welche die Effizienz des
Systems einschränken. Diese sind

• ein hoher Volumenstrom im Kaltwassersystem,


• eine niedrige Temperaturspreizung im Kaltwassersystem sowie
• eine niedrige Auslastung der vorhandenen Kältemaschinen.

Die Ursachen dieser Faktoren konnten zum einen auf die hydraulische Installation sowie
die Steuerungs- und Regelungstechnik der Kälteanlage zurückgeführt werden. Zum an-
deren sind die existierenden Förderaggregate und Kältemaschinen überdimensioniert,
was zu einer niedrigen Auslastung der Kältemaschine und einem hohen Energiebedarf
der Kälteanlage führt. Um den Kaltwasservolumenstrom zu reduzieren und die Tempe-
raturspreizung anzuheben, wurden die hydraulischen Komponenten (z. B. Pumpen, Lei-
tungssystem, etc.) angepasst und die Steuerungs- und Regelungstechnik optimiert. Die
elektrischen Energieeinsparungen durch die umgesetzten Maßnahmen belaufen sich auf
123,6 MW h/a. Dies entspricht etwa 20 % der elektrischen Energieaufnahme des be-
trachteten Kältesystems im Jahr 2016.

Die Überdimensionierung von Kältemaschinen stellt ein verbreitetes Problem dar, wel-
ches nicht mit einfachen Maßnahmen behoben werden kann. Eine Untersuchung der
Kältemaschinen-Leistungszahl unterschiedlicher Zeiträume zeigt, dass die Auslastung
der Kältemaschine einen signifikanten Einfluss auf die Effizienz des gesamten Kältesys-
tems besitzt. Eine Erhöhung der Auslastung um 15,2 % ergab im betrachteten Referenz-
system eine Steigerung der Leistungszahl um 41,2 %. Um dieses Potenzial trotz Überdi-
mensionierung der Kältemaschinen zu nutzen, wurde in der vorliegenden Arbeit der
Einsatz eines Kältespeichers untersucht. Aufgrund des relativ hohen Kaltwassertempe-
raturniveaus von zwölf Grad Celsius sowie der geringen Auslastung der Kältemaschine,
wurde außerdem ein hohes Potenzial für freie Kühlung identifiziert. Beide Anlagen sind
mit einer Veränderung der Infrastruktur verbunden und benötigen umfassende Be-
triebsstrategien, um zusammen mit der Kältemaschine einen möglichst effizienten Be-
trieb des Kältesystems in Abhängigkeit der Last- und Witterungsbedingungen sicherzu-
stellen. Daher wurde ein Simulationswerkzeug für Kaltwassersysteme entwickelt, mit
welchem sich Komponenten und Betriebsstrategien nicht-invasiv untersuchen lassen.
193
7 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Das Werkzeug beruht auf einem modellbasierten Ansatz, bei welchem die Komponen-
tenmodelle von einer übergeordneten Simulationsstruktur aufgerufen werden. Dadurch
können die Modelle unabhängig von den Betriebsalgorithmen implementiert werden
und lassen sich einfach erweitern und anpassen. Die Simulationsablaufstruktur basiert
auf einer Zustandsmaschine, welche die Komponentenmodelle in Abhängigkeit definier-
ter Randbedingungen aufruft. Der Einsatz einer Zustandsmaschine ermöglicht die einfa-
che Übertragung der Betriebsalgorithmen auf kommerzielle Steuerungssysteme. In der
Simulation werden die Komponenten des Kältesystems durch numerische und analyti-
sche Modelle der realen Anlagen repräsentiert.

Im Rahmen der Validierung der Modelle für die Einzelkomponenten wurden die Simula-
tionsergebnisse mit Messwerten der vorhandenen und aufgebauten Anlagen verglichen.
Das in dieser Arbeit entwickelte Verfahren zur Berechnung eines Kühlturms mit Ver-
dunstungskühlung liefert eine hohe Übereinstimmung mit den Messergebnissen der
Referenzanlage. Für den Rückkühler und die an der Rückkühlung beteiligten Nebenag-
gregate wurde eine maximale Abweichung der vorhergesagten, elektrischen Energie-
aufnahme von 3 % bestimmt. Die über den gesamten Zeitraum der Validierung gemittel-
te Abweichung des Modells liegt bei etwa 1,6 %. Für die Untersuchung der freien Küh-
lung wurde das Kühlturm-Modell für das Sekundärkältesystem auf die beiden Kühltür-
me des Primkältesystems übertragen. Hierbei wurde der Einsatz von Verdunstungsküh-
lung aufgrund von Frostgefahr in der kalten Jahreszeit vernachlässigt. Die Vorhersage
des Modells lieferte eine elektrische Energieeinsparung von 46,9 % gegenüber der regu-
lären Kälteanlage. Bei der Umsetzung der Anlage wurde hingegen eine Energieeinspa-
rung von 50 % festgestellt, welche um 3,1 % höher liegt als die Vorhersage der Simulati-
on.

Das Modell des Kältespeichers orientiert sich an bestehenden Modellen aus der Litera-
tur. Im Rahmen der Integration des Modells in eine Systemsimulation wurden jedoch
verschiedene Anpassungen vorgenommen: Für die Reduktion der Rechenzeiten wurde
die axiale Wärmeleitung in der Tankwand vernachlässigt. Aufgrund der Anforderung
einer möglichst hohen Übertragbarkeit auf andere Speichersysteme, wurde zudem von
einer Nutzung empirischer Modelle zur Beschreibung erzwungener Strömungseffekte
im Speichertank abgesehen. Für die Berücksichtigung dichtegetriebener Ausgleichsef-
fekte im Speichermedium wurde hingegen ein Algorithmus hinzugefügt, welcher dichte-
invertierte Fluidelemente den passenden Schichten zuordnet. Natürliche Ausgleichsef-
fekte treten vor allem aufgrund des erhöhten Wärmeeintrags im Kopf- und Bodenbe-
reich des Speichertanks auf. Der Wärmeeintrag in diesen beiden Regionen wurde mit
Hilfe entsprechender Randbedingungen berücksichtigt. Die Validierung des Speicher-
modells erfolgte anhand eines Testbehälters mit einem Kubikmeter Volumen. Die Er-
gebnisse zeigen eine hohe Vorhersagegenauigkeit des Speichermodells bezüglich der
Temperaturverteilung im Speichermedium bei für Kältespeicher üblichen Volumen-
strömen. Unter dieser Randbedingung wird das hier entwickelte Speichermodell als gut
geeignet für den Einsatz in der Systemsimulation bewertet.

194
7 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Bei der Validierung des Gesamtsystemmodells wurden die Modelle des Rückkühlwerks
und der Kältemaschine bewertet. Die Leistungsaufnahmen der Förderaggregate und der
sonstigen elektrischen Geräte wurden mit Jahresmittelwerten berücksichtigt, welche
von einem Leistungsmessgerät für die Kälteanlage erfasst werden. Die Abweichungen
des Modells liegen zwischen 0,7 und 5 %. Der Zeitraum mit der höchsten Abweichung
von 5 % beschränkt sich auf zwei Wochen, in denen umfangreiche Umbaumaßnahmen
in der Kältezentrale vorbereitet wurden. Dabei wird von einer Beeinflussung der elekt-
rische Leistungsaufnahme der Kälteanlage ausgegangen, welche in der Simulation nicht
nachgestellt wurde. Die mittlere Abweichung des Systemmodells liegt bei etwa 2,1 %.
Als Fehlerursachen wurden vor allem die angenommenen Leistungsaufnahmen der Pe-
ripherieaggregate sowie die Genauigkeit des Kältemaschinenmodells identifiziert. Das
Modell der Kältemaschine verursacht Fehler von bis zu zwei Prozent der elektrischen
Energieaufnahme. Solche Abweichungen können auftreten, da das Modell keine Berück-
sichtigung der Temperaturen im Kältemittelkreislauf enthält. Diese wurden durch die
umgesetzten Effizienzmaßnahmen beeinflusst, wodurch die Genauigkeit des Modells der
Kältemaschine in einigen der untersuchten Zeiträume reduziert wird. Ein vergleichbarer
Fehler wird bei der Annahme der Leistungsaufnahme der Peripherieaggregate gemacht.
Dieser ist für die hier verfolgte Darstellung der last- und wetterabhängigen Leistungs-
zahl der Kälteanlage jedoch nicht von Bedeutung und kann somit vernachlässigt werden.
Die hohe Übereinstimmung der simulierten Energiebedarfe der regulären Kälteanlage
sowie der freien Kühlung mit den gemessenen Daten zeigt, dass die vorgeschlagene Vor-
gehensweise, Modellbildung und die entwickelten Betriebsstrategien die geforderte
Zielstellung der Untersuchung von Effizienzpotenzialen in Kaltwassersystemen erfüllen.
Daher wird das in dieser Arbeit entwickelte Werkzeug zur Simulation von Kaltwasser-
systemen sowohl auf Ebene der Komponenten, als auch auf Systemebene als geeignet
eingeschätzt.

Durch den Einsatz von freier Kühlung konnte im Inbetriebnahme-Zeitraum (ca. 110 h)
nur eine vergleichbar geringe elektrische Energieeinsparung von etwa 3,54 MW h um-
gesetzt werden. In der Folgesaison hat ein Umbau des Primärkältesystems die Nutzung
der Kühltürme für die freie Kühlung stark eingeschränkt. Für eine Vorhersage des Ein-
sparpotenzials wurde in dieser Arbeit daher eine Abschätzung vorgenommen. Nach die-
ser können durch die freie Kühlung bei 1.800 Betriebsstunden im Jahr etwa 87 MW h
elektrische Energie eingespart werden. Der Einsatz eines Kältespeichers führt im Ver-
gleich zu einer Energieeinsparung von etwa 62 MW h/a auf Basis der Verbrauchsdaten
der Jahre 2015 und 2016. Das tatsächliche Einsparpotenzial des Kältespeichers hängt
dabei maßgeblich von der Kältelast der Nutzer ab, lässt sich jedoch über das Speichervo-
lumen und die Nutzungsstrategie anpassen. Der Einsatz von Kältespeichern und freier
Kühlung bietet somit ein höheres Einsparpotenzial als konventionelle Effizienzmaß-
nahmen im hydraulischen System. Insbesondere die Planung und Umsetzung eines Käl-
tespeichersystems ist jedoch mit einem hohen Aufwand verbunden, da die Randbedin-
gungen und Betriebsstrategien für jedes Kältesystem individuell erarbeitet werden
müssen.

195
7 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

In der vorliegenden Arbeit konnte die Untersuchung des Kältespeichers aufgrund von
Bauverzögerungen nicht mit einer Umsetzung der Anlage sowie einem Vergleich der
simulierten und experimentellen Ergebnisse abgeschlossen werden. Die Demonstration
der vorgestellten Nutzungsstrategien im Rahmen eines kontinuierlichen Betriebs bleibt
jedoch ein fester Bestandteil der weiteren Arbeiten an der Speicheranlage. Auf Basis der
Betriebserfahrungen können die verwendeten Modelle und Betriebsstrategien optimiert
und Handlungsempfehlung für die Effizienzoptimierung von Kaltwassersystemen abge-
leitet werden.

Neben der Integration des Kältespeichers werden weitere Effizienzmaßnahmen am


Institut verfolgt. Hierzu zählen z. B. ein Ausbau der freien Kühlung sowie eine Fortfüh-
rung der Reduktion des Volumenstroms im Kaltwassersystem. Im Rahmen der freien
Kühlung ist eine Erweiterung der vorhandenen Rückkühlfläche geplant. Hierbei wird
auch die Möglichkeit betrachtet, die vorhandenen Rückkühlwerke der beiden Kältesys-
teme hydraulisch zu koppeln und somit etwa eine Verdoppelung der Kühlleistung für
freie Kühlung zu erreichen. Mit dieser Maßnahme ließen sich höhere Leistungszahlen
und längere Nutzungszeiträume erreichen. Im Kaltwassersystem ist eine weitere Anhe-
bung der Temperaturspreizung bereits erfolgt: Bis April 2018 konnte die Temperatur-
differenz zwischen Vorlauf und Rücklauf von 2,2 °C auf über 3 °C angehoben werden,
wodurch weitere elektrische Energieeinsparungen erreicht wurden. Ein bislang unbe-
achtetes Effizienzpotenzial liegt zudem in der Optimierung der Temperaturniveaus und
Volumenströme im Kühlmedium. Dieses wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit
nicht betrachtet, um eine Abgrenzung vom Einfluss der Maßnahmen auf der Kaltwasser-
seite der Kältemaschine zu erreichen. Durch Absenkung der Rückkühltemperatur und
Erhöhung der Temperaturspreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kühlmediums
sind weitere, signifikante Energieeinsparungen zu erwarten.

Das hier entwickelte Modell für Hybridkühltürme wurde als gut geeignet für die be-
trachtete Systemsimulation eingeschätzt. Trotz der hohen Übereinstimmung mit der
Referenzanlage bleiben Punkte offen, die in weiteren Untersuchungen adressiert wer-
den sollten. Hierzu gehört eine Charakterisierung des Einflusses der relativen Luftfeuch-
te auf den Sättigungsprozess im Kühlturm. Mit Hilfe einer Variation der Abfolge von tro-
ckenen und feuchten Segmenten in Abhängigkeit des eingeführten Diskretisierungspa-
rameters kann die Modellierung des Verdunstungsprozesses maßgeblich beeinflusst
werden. Ein Vergleich zwischen gemessenen und simulierten Temperaturverläufen über
den Wärmeübertrager würde dazu beitragen das hier entwickelte Verfahren zu optimie-
ren und eine Übertragbarkeit auf andere Kühlturmtechnologien zu erreichen.

196
ANHANG

A. Daten zum Referenzsystem


A.1 Leistungszahl-Kennlinie des Jahres 2017
Abbildung A-a enthält die Messdaten für die Bestimmung der Leistungszahl-Kennlinie
der Kältemaschine auf Abbildung 13. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Effizienzmaß-
nahmen im Kältesystem durchgeführt, bei denen die Leistungszahl der Kältemaschine
angehoben wurde. Im Vergleich zum Jahr 2014 auf Abbildung 34 weist die Kennlinie des
Jahres 2017 daher deutlich höhere Leistungszahlen auf (vgl. auch Abbildung 95).

Leistungszahlen der Kälteversorgung im Jahr 2017


7
Messdaten
Quadratische Ausgleichsfunktion (MAPE: 1,4 %)
6 Biquadratische Ausgleichsfunktion (MAPE: 1,3 %)

5
Leistungszahl

1
100 150 200 250 300 350 400 450
Kältelast in kW
Abbildung A-a: Leistungszahl der Kältemaschine in Abhängigkeit der Kältelast des Jahres 2017

Bei Kältelasten oberhalb von 250 kW ist die Repräsentation der Messdaten durch die
quadratische Ausgleichsfunktion mit auffälligen Abweichungen verbunden. Die biquad-
ratische Funktion394 nach Jaramillo et al. liefert bei hohen Lasten eine bessere Repräsen-
tation der Messdaten. Bei diesem Ansatz werden neben der elektrischen Leistungsauf-
nahme der Kältemaschine auch die Temperaturen im Kalt- und Kühlwasserkreislauf
berücksichtigt. Dieses Vorgehen widerspricht jedoch dem abstrahierten Ansatz dieser
Arbeit (siehe Abschnitt 5.2). Da ie mittleren absoluten prozentualen Fehler (engl. „me-
an absolute percentage error“, MAP ) er bei en Ausgleichsfunktionen vergleichbar
sind und Spitzenlasten durch den Einsatz eines Kältespeichers vermieden werden, wur-
de in dieser Arbeit die quadratische Ausgleichsfunktion für die Repräsentation der Käl-
temaschine gewählt. In der Fachliteratur wird zudem berichtet, dass die Leistungszahl
im oberen Lastbereich aufgrund von Reibungsverlusten395 abnimmt. Die von der quad-
ratischen Funktion vorhergesagte Abnahme der Leistungszahl oberhalb von 350 kW

394 vgl. Jaramillo (2014) S.4


395 vgl. Schmidt (2013) S.149

197
Anhang

würde dieses Verhalten gut abbilden. Eine entsprechende Abnahme konnte durch die
Messungen jedoch nicht bestätigt werden. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass
die Spitzenlasten im betrachteten System nur kurzfristig auftreten und keine kontinuier-
lichen Betriebspunkte der Kältemaschine darstellen.

A.2 Analyse der Effizienzkennzahlen des Referenzsystems


Tabelle A-a enthält die Temperaturwerte, welche für die Berechnung der Kennzahlen
der Kältemaschine in Tabelle 2 und 3 herangezogen wurden.

Tabelle A-a: Eingesetzte Temperaturniveaus für die Berechnung der Leistungs- und Effizienz-
kennzahlen der Kältemaschine

Messwert Temperaturniveau in K
Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 282,15
Kaltwasser-Nutztemperatur 𝑇𝑁 285,15
Kondensatortemperatur 𝑇𝐾𝑜 319,15
Rückkühltemperatur 𝑇𝑈 305,15

A.3 Berechnung des exergetischen Wirkungsgrades


Tabelle A-b enthält exemplarisch die Eingangsdaten für die Berechnung des exergeti-
schen Wirkungsgrades 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü bei unterschiedlichen Verdampfungstemperaturen 𝑇𝑉𝑒
und einer angenommenen Kälteleistung 𝑄̇𝐾 von 100 kW nach der Gleichung 27.

Tabelle A-b: Verwendete Werte zur Berechnung des exergetischen Wirkungsgrades der vor-
handenen Kältemaschine

𝑻𝑼 in 𝐊 𝑻 𝒐 in 𝐊 𝑻𝑽 in 𝐊 𝑻𝑵 in 𝐊 ̇ in 𝐤𝐖 𝜼 𝒙,𝑾Ü
306,15 319,15 282,15 292,15 100 0,37
306,15 319,15 285,15 292,15 100 0,40
306,15 319,15 288,15 292,15 100 0,45

Tabelle A-c enthält ie ingangs aten für ie Berechnung er arnotsch’schen Leis-


tungszahl 𝐿 𝐶,𝑊Ü bei unterschiedlichen Verdampfungs- und Kondensationstemperatu-
ren nach der Gleichung 25.

Tabelle A- c: erwen ete Temperaturen zur Berechnung er arnot’schen Leistungszahl er


vorhandenen Kältemaschine

𝑻 𝒐 in 𝐊 𝑻𝑽 in 𝐊 𝑳𝒁𝑪,𝑾Ü
319,15 282,15 7,63
319,15 289,15 9,64

198
Anhang B

B. Modell Rückkühler
B.1 Abmessungen und Parameter der Rückkühlwerke
Die Tabellen B-a und B-b enthalten die Abmessungen und Parameter der Kühltürme für
das Primär- und das Sekundärkältesystem des Institutes. Die angegebenen Daten wer-
den für die Berechnung des Rückkühlwerks benötigt (siehe Abschnitt 5.3).

Tabelle B-a: Übersicht der Parameter für das Rückkühlwerk des Sekundärkältesystems

Kennzahl Wert Einheit


Wandstärke der Rohre im Glattrohrbündel 𝛿𝑅 0,0018 m
Außendurchmesser der Rohre im Glattrohrbündel 𝑑𝑅,𝑎𝑢 0,0267 m
Innendurchmesser der Rohre im Glattrohrbündel 𝑑𝑅,𝑖𝑛 0,0231 m
Hohlraumanteil im Glattrohrbündel 𝛹 0,68 -
Außenfläche Glattrohrbündel 𝐴𝑎𝑢 244 m²
Innenfläche Glattrohrbündel 𝐴𝑖𝑛 230 m²
Gesamtlänge der Glattrohre 𝐿 2900 m
Wärmeleitfähigkeit der Glattrohre396 𝜆𝑅 40 W⁄(m2 K)
Anordnungsfaktor der Rohrbündel (versetzt) 𝐴 1,36 -
Querschnittsfläche des Kühlturms 𝐴𝑅𝐾 8,1 m²
Horizontaler Abstand der Glattrohre ℎ𝑟 0,065 m
Vertikaler Abstand der Glattrohre 𝑣𝑡 0,05 m
Querteilungsverhältnis 2,43 -
Längsteilungsverhältnis 𝑏 1,87 -
Überstromlänge 𝐿Ü 0,042 m
Luftmassenstrom bei natürlicher Konvektion 𝑚̇𝐿,0 1,86 kg/s
Luftmassenstrom der ersten Lüfterstufe 𝑚̇𝐿,1 16 kg/s
Luftmassenstrom der zweiten Lüfterstufe 𝑚̇𝐿,2 32,5 kg/s
̇
Volumenstrom Kühlmittel 𝑉𝑊𝐺 0,0311 m³/s
Massenstrom Kühlmittel 𝑚̇𝑊𝐺 33,9 kg/s
Lufteintrittsfläche Schalldämpfer 𝐴𝑆𝐷 2,55 m²
Elektrische Leistungsaufnahme Pumpe Kühlwasser 16,62 kW
Elektrische Leistungsaufnahme Sprühpumpe Kühlturm 2,1 kW
Elektrische Leistungsaufnahme der ersten Lüfterstufe 4,4 kW
Elektrische Leistungsaufnahme der zweiten Lüfterstufe 30,9 kW

Die Luftmassenströme der beiden Rückkühlwerke des Primär- und Sekundärkälte-


kreislaufs wurden mehrfach mit Hilfe eines Hitzedrahtanemometers bestimmt. Die ge-
messenen Windgeschwindigkeiten der einzelnen Lüfterstufen wurden mit Hilfe der Ein-
trittsfläche des Kühlturms in einen Volumenstrom umgerechnet und anschließend die

396 vgl. Breidenbach (2012) S.450

199
Anhang

Massenströme der Luft bestimmt. Weitere Informationen sind der Arbeit von Michael
Kropp zu entnehmen397. Die Luftgeschwindigkeiten wurden mehrfach messtechnisch
überprüft und etwas korrigiert398. Für die Berechnung des Wärmeübergangskoeffizien-
ten 𝛼𝑖𝑛 auf der Innenseite des Rohrbündelwärmeübertragers wurden die temperatur-
und konzentrationsabhängigen Stoffdaten von Glykosol N der Firma „pro Kühlsole“ her-
angezogen399. Im Modell wurden die Stoffdaten bei einer Konzentration von 44 Vol.-%
hinterlegt.

Tabelle B-b: Übersicht der Parameter für das Rückkühlwerk des Primärkältesystems

Kennzahl Wert Einheit


Wandstärke der Rohre im Glattrohrbündel 𝛿𝑅 0,0018 m
Außendurchmesser der Rohre im Glattrohrbündel 𝑑𝑅,𝑎𝑢 0,0267 m
Innendurchmesser der Rohre im Glattrohrbündel 𝑑𝑅,𝑖𝑛 0,0231 m
Hohlraumanteil im Glattrohrbündel 𝛹 0,68 -
Außenfläche Glattrohrbündel 𝐴𝑎𝑢 150 m²
Innenfläche Glattrohrbündel 𝐴𝑖𝑛 145 m²
Gesamtlänge der Glattrohre 𝐿𝑅 1892 m
Wärmeleitfähigkeit der Glattrohre400 𝜆𝑅 40 W⁄(m2 K)
Anordnungsfaktor der Rohrbündel (versetzt) 𝐴 1,36 -
Querschnittsfläche des Kühlturms 𝐴𝑅𝐾 8,1 m²
Horizontaler Abstand der Glattrohre ℎ𝑟 0,065 m
Vertikaler Abstand der Glattrohre 𝑣𝑡 0,05 m
Querteilungsverhältnis 2,43 -
Längsteilungsverhältnis 𝑏 1,87 -
Überstromlänge 𝐿Ü 0,042 m
Luftmassenstrom der ersten Lüfterstufe 𝑚̇𝐿,1 15,64 kg/s
Luftmassenstrom der ersten Lüfterstufe 𝑚̇𝐿,2 32 kg/s
̇
Volumenstrom Kühlmittel 𝑉𝑊𝐺 0,0222 m³/s
Massenstrom Kühlmittel 𝑚̇𝑊𝐺 24,2 kg/s
Lufteintrittsfläche Schalldämpfer 𝐴𝑆𝐷 2,55 m²
Elektrische Leistungsaufnahme Pumpe Kühlwasser 12,5 kW
Elektrische Leistungsaufnahme Sprühpumpe Kühlturm 2 kW
Elektrische Leistungsaufnahme der ersten Lüfterstufe 4,1 kW
Elektrische Leistungsaufnahme der zweiten Lüfterstufe 22,25 kW

Abbildung B-a zeigt die Typenschilder der Kühltürme für das Primär- (l.) und das Se-
kundärkältesystem (r.) des Institutes. Die gemessenen Luftmassenströme der höchsten

397 vgl. Kropp (2014)


398 vgl. Kropp (2014) S.28
399 vgl. Kühlsole (2016) S.4
400 vgl. Breidenbach (2012) S.450

200
Anhang B

Lüfterstufen (siehe Tabellen B-a und B-b) stehen bei einer Umgebungstemperatur von
20 °C in guter Übereinstimmung mit den Angaben auf dem Typenschild.

Typenschilder der Rückkühlwerke

Abbildung B-a: Typenschilder der Rückkühlwerke des Primär- und des Sekundärkältesystems
am IISB

B.2 Berechnung der natürlichen Konvektion


Im Abschnitt 5.3.2 wurde eine Methode zur Berechnung der Rückkühlleistung bei natür-
licher Konvektion vorgestellt. Abbildung B-b zeigt die maximale Rückkühlleistung des
Kühlturms für das Sekundärkältesystem in Abhängigkeit der relativen Luftfeuchte sowie
der Umgebungstemperatur (𝑇𝐿,𝐸 ). Im vorliegenden Fall wurde ein Temperaturniveau
von 32 °C für die Rückkühlung der Kältemaschine angenommen.
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L0 (trocken)

70
Maximale Rückkühlleistung in kW

80 60

60
50

40
40
20

0 30
0
20
-15 20
40 -10
-5
60 0
5
10 10
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung B-b: Darstellung der Rückkühlleistung des Kühlturms im Sekundärkältesystem bei
natürlicher Konvektion

201
Anhang

B.3 Herleitung der Feuchtkugeltemperatur


Im Abschnitt 5.3.3 wird die Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾 zur Berechnung der feuchten
Rückkühlung in einem Hybridkühler verwendet. Den Ausgangspunkt für die Berechnung
der Feuchtkugeltemperatur stellen die beiden Gleichungen 55 und 56 dar.

ℎ = 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇 + 𝑋 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇)

ℎ𝐿,𝐸 − ℎ𝐿,𝐾
𝑐𝑊 ∙ 𝑇𝑓𝐾 =
𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾

Durch Einsetzen der Enthalpie ℎ𝐿,𝐸 des eintretenden Luftstroms sowie der Enthal-
pie ℎ𝐿,𝑓𝐾 der Luft am Sättigungspunkt in Gleichung 56 ergibt sich:

ℎ𝐿,𝐸 − ℎ𝐿,𝑓𝐾
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )

𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 ) − [𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝑓𝐾 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝑓𝐾 )]
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )

𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 ) − 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝑓𝐾 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝑓𝐾 )
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )

𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 − 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝑓𝐾 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝑓𝐾
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )

Folgende Terme werden substituiert:

𝑌 = 𝑋𝐿,𝐸 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿𝐸 ) + 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸

= −𝑋𝑓𝐾 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒

𝑊 = 𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )

Durch Umstellung der Gleichung und Erweiterung mit 𝑊 ergibt sich:


𝑌 𝑇𝑓𝐾 ∙ (−𝑐𝑝,𝐿 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 )
𝑇𝑓𝐾 = + +
𝑊 𝑊 𝑊
𝑇𝑓𝐾 ∙ (−𝑐𝑝,𝐿 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ) 𝑌
𝑇𝑓𝐾 − = +
𝑊 𝑊 𝑊
𝑇𝑓𝐾 ∙ 𝑊 𝑇𝑓𝐾 ∙ (−𝑐𝑝,𝐿 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ) 𝑌
− = +
𝑊 𝑊 𝑊 𝑊
𝑇𝑓𝐾 ∙ 𝑊 − 𝑇𝑓𝐾 ∙ (−𝑐𝑝,𝐿 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ) 𝑌
= +
𝑊 𝑊 𝑊

𝑇𝑓𝐾 ∙ 𝑊 − 𝑇𝑓𝐾 ∙ (−𝑐𝑝,𝐿 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ) = 𝑌 +

𝑇𝑓𝐾 ∙ (𝑊 + 𝑐𝑝,𝐿 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ) = 𝑌 +

𝑌+
𝑇𝑓𝐾 =
(𝑊 + 𝑐𝑝,𝐿 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 )

202
Anhang B

Durch Rücksubstitution von 𝑌, und 𝑊 ergibt sich die Gleichung für die Berechnung der
Feuchtkugeltemperatur.

𝑋𝐿,𝐸 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 ) + 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒


𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 ) + 𝑐𝑝,𝐿 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷

𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒


𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 ) + 𝑐𝑝,𝐿 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷

𝑇𝐿,𝐸 ∙ (𝑐𝑝,𝐿 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ) − ∆ℎ𝑉𝑒 ∙ (𝑋𝑓𝐾 − 𝑋𝐿,𝐸 )


𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 ) + 𝑐𝑝,𝐿 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷

B.4 Bestimmung der Diskretisierungsstufe des Rückkühlermodells


Abbildung B-c stellt die simulierten und gemessenen Betriebsdaten des Rückkühlers für
das Sekundärkältesystem in Abhängigkeit der Diskretisierungsstufe gegenüber.

Auswahl der Diskretisierungsstufe n


Elektrischer Energie-

4,1
Simulation Messwert
bedarf in MW h

4,05

3,95
1 3 5 7 9
Diskretisierungsstufe
Zeitdifferenz der Kühl-
turmstufen in Stunden

6 Lüfterstufe 1 Sprühpumpe
4

-2
1 3 5 7 9
Diskretisierungsstufe
Abbildung B-c: Elektrischer Energiebedarf und Zeitdifferenzen der gemessenen und simulier-
ten Kühlturmstufen in Abhängigkeit der Diskretisierungsstufe des Kühlturmmodells

Auf dem oberen Bild der Abbildung B-c ist der elektrische Energiebedarf des Rückküh-
lermodells in Abhängigkeit der Diskretisierungsstufe für die Kalenderwoche 46 des Jah-
res 2017 aufgetragen. Vergleichend ist der elektrische Energiebedarf der Referenzanla-
ge dargestellt, welcher durchgängig unterhalb der Werte der Simulation liegt. Der Ener-
giebedarf des Kühlturmmodells nimmt mit steigender Diskretisierung des Wärmeüber-
tragers zu.

Dies ist maßgeblich auf die Annahme einer vollständigen Luftsättigung mit Wasser in
den feuchten Stufen zurückzuführen, welche die Berechnung der Verdunstungskühlung
im vorliegenden Model vereinfacht. Durch diese Annahme kommt dem ersten feuchten
Segment eine besondere Bedeutung zu, wenn die Umgebungsluft trocken ist (z. B. 50 %

203
Anhang

Luftfeuchte). In diesem Fall wird der Luftstrom im ersten Segment mit Wasserdampf
gesättigt, was zu einer signifikanten Absenkung der Lufttemperatur führt (Feuchtkugel-
temperatur). Dieser Luftstrom besitzt aufgrund seiner niedrigen Temperatur eine be-
sonders hohe Kühlwirkung und erhöht somit die Rückkühlleistung des darauffolgenden
trockenen Segments. Dort wird die Luft zwar wieder erwärmt, die relative Luftfeuchte
wird jedoch nur noch durch Verschiebung des temperaturabhängigen Sättigungsdampf-
drucks beeinflusst. Die ursprüngliche Luftfeuchte der eintretenden Luft kann nicht wie-
derhergestellt werden, da als Triebkraft für den Wärmeübertrag nur das Temperaturni-
veau des Kühlmittelkreises von etwa 33 °C zur Verfügung steht. Das natürliche Potenzial
der Wasseraufnahme durch die eintretende, trockene Luft wird dadurch bereits im ers-
ten feuchten Segment ausgeschöpft. Bei einer niedrigen Kühlturm-Diskretisierung be-
sitzt die feuchte Kühlung im Modell somit einen hohen Einfluss, da ein großer Anteil der
trockenen Kühlfläche mit einem besonders geringen Temperaturniveau beschickt wird.
Bei = macht diese Fläche beispielsweise 50 % des gesamten Wärmeübertragers aus,
bei = wird dagegen nur noch ein Drittel des Wärmeübertragers mit diesem Tempe-
raturniveau beschickt (siehe Abschnitt 5.3.3: die feuchten Segmente besitzen im vorlie-
genden Modell keine Höhenabhängigkeit und nehmen daher keinen Anteil an der Fläche
des Wärmeübertragers ein). Mit zunehmender Diskretisierung des Modells verringert
sich der Einfluss dieses Effekts, da der Flächenanteil der auf die erste feuchte Stufe fol-
genden trockenen Stufe abnimmt. Hinzu kommt, dass Wärmeübertrager einen Wär-
mestrom nicht vollständig von einem Medium auf ein anderes übertragen können. Aus
diesem Grund nimmt der Einfluss der Verdunstungskühlung auf die trockene Kühlung
mit steigender Diskretisierung des Wärmeübertragers im vorgestellten Modell ab.

Im dargestellten Fall wird der Energiebedarf des Rückkühlers unabhängig von der Dis-
kretisierung als zu hoch angenommen. Dies ist nach Abschnitt 5.3.4 vor allem auf den
Einfluss von Förderaggregaten zurückzuführen, deren schwankende Leistungsaufnah-
men im Rahmen dieser Arbeit nicht separat quantifiziert wurden. Die Förderaggregate
des Rückkühlers beziehen im Modell etwas zu viel elektrische Leistung und führen zu
einer Überschätzung des elektrischen Energiebedarfs gegenüber der Referenzanlage.
Zur Bestimmung der Diskretisierungsstufe wird daher zusätzlich die Differenz der
Nutzungsdauern der unterschiedlichen Lüfterstufen herangezogen. Bei = ist die
Differenz der Nutzungsdauern der ersten Lüfterstufe des Kühlturms am geringsten. Die
Trockenkühlleistung fällt hier am höchsten aus (siehe Einfluss Verdunstungskühlung
oben), daher wird die Nutzungsdauer der Sprühpumpe reduziert und liegt deutlich ge-
ringer als bei der Referenzanlage. Mit steigender Diskretisierung des Wärmeübertragers
nimmt die Kühlleistung der trockenen Stufen ab, während die der Verdunstungskühlung
zunimmt. Bei = liegt die Nutzungsdauer der feuchten Stufe nur unwesentlich unter-
halb der Nutzungsdauer der Referenzanlage und wird daher sehr gut abgebildet. Die
trockene Stufe (L1) des Modells wird mit etwa vier Stunden Differenz zur Referenzanla-
ge noch adäquat vorhergesagt. Die Diskretisierung mit = bildet somit einen guten
Kompromiss bezüglich der Vorhersage der feuchten und trockenen Kühlturmstufen und
wird als Parameter für den vorhandenen Kühlturm eingesetzt. Die Vorhersage des
elektrischen Energiebedarfs fällt damit zwar höher aus als bei = , dies kann jedoch

204
Anhang B

auch auf eine zu hoch angesetzte Leistungsaufnahme der Kühlturmpumpen sowie auf
eine größere Wärmeübertragungsfläche bei Berücksichtigung des gesamten Kühlturm-
gehäuses zurückzuführen sein. Um die Schalthäufigkeit der ersten Lüfterstufe des Mo-
dells unabhängig von der Diskretisierungsstufe zu reduzieren, könnte auch der einge-
setzte Luftmassenstrom angehoben werden. Dadurch würde neben der Nutzungsdauer
der ersten Lüfterstufe auch der durchschnittliche elektrische Energiebedarf des Kühl-
turms gesenkt werden. Für die vorgestellte Betrachtung wurden die Messwerte der
Luftgeschwindigkeit jedoch bewusst beibehalten, um die Genauigkeit der angewandten
Methodik zu quantifizieren.

Durch die stetige Erhöhung des Diskretisierungsparameters wird die trockene Kühlleis-
tung weiter reduziert, weshalb die Differenz zwischen simulierter und gemessener Nut-
zungsdauer zunimmt. Im Gegensatz dazu wird die Kühlleistung aus Verdunstungsküh-
lung erhöht, sodass die Nutzungsdauer gegenüber der Referenzanlage abnimmt. Von der
Wahl einer höheren Diskretisierungsstufe wird im vorliegenden Fall daher abgesehen.

B.5 Verdampfungsenthalpie des Sprühwassers bei Verdunstungskühlung


Im Abschnitt 5.3.3 wurde ein Verfahren für die Bestimmung der Verdampfungsenthalpie
des Sprühwassers in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur vorgestellt. Abbildung B-d
zeigt die zugrundeliegende Kennlinie, welche auf Basis der Betriebsparameter des Refe-
renzsystems erstellt wurde.

Anpassung der Verdampfungsenthalpie bei der Verdunstungskühlung


2480
Verdampfungsenthalpie in kJ/kg

Angenommene Verdampfungsenthalpie
2470

2460

2450

2440

2430

2420

2410

2400
0 5 10 15 20 25 30 35
Umgebungstemperatur in °C
Abbildung B-d: Kennlinie zur Interpolation der Verdampfungsenthalpie in Abhängigkeit der
Umgebungstemperatur

205
Anhang

C. Modell thermischer Speicher


C.1 Herleitung des Speichermodells
In Anknüpfung an die Herleitung des Speichermodells unter Abschnitt 5.4.1 erfolgt in
diesem Abschnitt eine Beschreibung der Gleichungssysteme für alle Betriebsfälle des
Kältespeichers. Der Wichtungsfaktor 𝛩 wird im Folgenden durch die beiden Variablen
= 𝛩 und = − 𝛩 ersetzt. Das Malpunktzeichen zwischen den Variablen wird zu-
gunsten einer besseren Übersicht des Gleichungssystems vernachlässigt, mit der Notati-
on 𝐷 𝑇 ist daher z. B. das Produkt der Variablen 𝐷, , und 𝑇 gemeint.

Herleitung des Speichermodells für die Beladung


𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘
=𝜐∙ + 𝜐 ∙ +
∆ ∆ 2 ∆ 2
𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖−1
𝑘+1
𝑇𝑖𝑘 − 𝑇𝑖−1
𝑘
𝑘∙𝑈
∙𝑤 + ∙𝑤 − ( ∙ 𝑇𝑈𝑘+1 + ∙ 𝑇𝑈𝑘 − ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 − ∙ 𝑇𝑖𝑘 )
∆ ∆ 𝐴 ∙ 𝜌 ∙ 𝑐𝑝

Substitution:
𝜐∙∆𝑡 𝑤∙∆𝑡 𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝐷= ; =− ; 𝑆=−
∆𝑥 2 ∆𝑥 𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝

Es erfolgt die Annahme, dass die Veränderung der Umgebungstemperatur innerhalb


eines Zeitschrittes (≤ 60 s) vernachlässigt werden kann:

𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈

Damit ergibt sich:

𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 = 𝐷 (𝑇𝑖−1


𝑘+1
− 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
) + 𝐷 (𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘
)
𝑘+1 𝑘+1 𝑘 𝑘 𝑘+1
+ (𝑇𝑖 − 𝑇𝑖−1 ) + (𝑇𝑖 − 𝑇𝑖−1 ) + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈 − 𝑆 𝑇𝑖 − 𝑆 𝑇𝑖𝑘

𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 = 𝐷 𝑇𝑖−1


𝑘+1
− 𝐷 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝐷 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
+ 𝐷 𝑇𝑖−1 − 𝐷 𝑇𝑖𝑘 + 𝐷 𝑇𝑖+1
𝑘
𝑘+1 𝑘+1 𝑘 𝑘 𝑘+1
+ 𝑇𝑖 − 𝑇𝑖−1 + 𝑇𝑖 − 𝑇𝑖−1 + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈 − 𝑆 𝑇𝑖 − 𝑆 𝑇𝑖𝑘

Die Temperaturen der unterschiedlichen Zeitschritte 𝑇𝑖𝑘 und 𝑇𝑖𝑘+1 werden auf beide
Seiten des Gleichungssystems gebracht und als Tridiagonalmatrix formuliert.

𝑇𝑖𝑘+1 ( + 𝐷 − 𝑘+1 (−𝐷


+ 𝑆 ) + 𝑇𝑖−1 𝑘+1 (−𝐷 )
+ ) + 𝑇𝑖+1 =
𝑘( 𝑘 𝑘
𝑇𝑖 − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝑇𝑖−1 (𝐷 − ) + 𝑇𝑖+1 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈

Tridiagonalmatrizen und Gleichungssystem der Beladung:

+ 𝐷 − +𝑆 −𝐷 0 𝑇1𝑘+1
( −𝐷 + ⋱ ⋱ )∙( ⋮ )=
0 ⋱ + 𝐷 − +𝑆 𝑇𝑛𝑘+1
− 𝐷 + −𝑆 𝐷 0 𝑇1𝑘
( 𝐷 − ⋱ ⋱ ) ∙ ( ⋮ ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝑆 )
0 ⋱ − 𝐷 + −𝑆 𝑇𝑛𝑘

Integration der Randbedingung (unterer Speicherrand - Ausgangsgleichung):


𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + 𝑇0𝑘+1 (−𝐷 + ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 ) =
𝑇1𝑘 ( − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝑇0𝑘 (𝐷 − ) + 𝑇2𝑘 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈

206
Anhang C

Randbedingungen:

𝑇0𝑘+1 = 𝑇2𝑘+1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ) ; 𝑇0𝑘 = 𝑇2𝑘 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) ; 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆

Einsetzen in Gleichungssystem:

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + (𝑇2𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇1𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 + ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 ) =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 + − 𝑆 ) + (𝑇2𝑘 − 𝐵𝑖𝑇1𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 − ) + 𝐷 𝑇2𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 ) +


(−𝐷 𝑇2 + 𝑇2 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇1𝑘+1 −
𝑘+1 𝑘+1
𝐵𝑖𝑇1𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) =
𝑘(
𝑇1 − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝐷 𝑇2 + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘 +
𝑘 𝑘+1

(𝐷 𝑇2 − 𝑇2 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇1𝑘 +
𝑘 𝑘
𝐵𝑖𝑇1𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 )

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖 − 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 ( −𝐷 −𝐷 )−


𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 =
𝑇1𝑘 ( − 𝐷 + − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖 + 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 (𝐷 − + 𝐷 ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘
+𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖 − 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 ( − 𝐷 ) =


𝑘(
𝑇1 − 𝐷 + − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖 + 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 ( 𝐷 − ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1
+ 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Mit: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈 ; + =

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖 − 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 ( − 𝐷 ) =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 + − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖 + 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 ( 𝐷 − ) + 𝑇𝑈 ( 𝐷𝐵𝑖 − 𝐵𝑖 + 𝑆)

Integration der Randbedingung (oberer Speicherrand - Ausgangsgleichung):


𝑘+1 ( 𝑘+1 (−𝐷 )
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) + 𝑇𝑛+1 =
𝑘 𝑘
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 − ) + 𝐷 𝑇𝑛+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Randbedingungen:
𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ) ; 𝑘
𝑇𝑛+1 𝑘
= 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) ; 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆

Einsetzen in Gleichungssystem:
𝑘+1 ( 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 ) =
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 − ) + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘

𝑘+1 ( 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) + (−𝐷 𝑇𝑛−1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) =
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 − ) + (𝐷 𝑇𝑛−1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘

𝑘+1 (
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) =
𝑘 (
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 + − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 − ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Mit: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈 ; + =

𝑘+1 (
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) =
𝑘 𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 + − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 ( 𝐷 − ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖)

207
Anhang

Herleitung des Speichermodells für die Entladung


𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘
=𝜐∙ + 𝜐 ∙
∆ ∆ 2 ∆ 2
𝑘+1
𝑇𝑖+1 − 𝑇𝑖𝑘+1 𝑘
𝑇𝑖+1 − 𝑇𝑖𝑘 𝑘∙𝑈
+ ∙𝑤 + ∙𝑤 − ( ∙ 𝑇𝑈𝑘+1 + ∙ 𝑇𝑈𝑘 − ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 − ∙ 𝑇𝑖𝑘 )
∆ ∆ 𝐴 ∙ 𝜌 ∙ 𝑐𝑝

Substitution:
𝜐∙∆𝑡 𝑤∙∆𝑡 𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝐷= ; = ; 𝑆=−
∆𝑥 2 ∆𝑥 𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝

𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 = 𝐷 (𝑇𝑖−1


𝑘+1
− 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
) + 𝐷 (𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘
)+
𝑘+1 𝑘+1 𝑘 𝑘 𝑘+1
𝑘+1
(𝑇𝑖+1 − 𝑇𝑖 ) + (𝑇𝑖+1 − 𝑇𝑖 ) + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈 − 𝑆 𝑇𝑖𝑘
− 𝑆 𝑇𝑖𝑘

𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 = 𝐷 𝑇𝑖−1


𝑘+1
− 𝐷 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝐷 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
+ 𝐷 𝑇𝑖−1 − 𝐷 𝑇𝑖𝑘 + 𝐷 𝑇𝑖+1
𝑘
+
𝑘+1 𝑘+1 𝑘 𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖+1 − 𝑇𝑖 + 𝑇𝑖+1 − 𝑘+1 𝑘
𝑇𝑖 + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈 − 𝑆 𝑇𝑖 − 𝑆 𝑇𝑖𝑘

𝑇𝑖𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑘+1 (−𝐷 )


+ 𝑆 ) + 𝑇𝑖−1 𝑘+1 (−𝐷
+ 𝑇𝑖+1 − )=
𝑘( 𝑘 𝑘
𝑇𝑖 − 𝐷 − − 𝑆 ) + 𝐷 𝑇𝑖−1 + 𝑇𝑖+1 (𝐷 + ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Annahme: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈

Tridiagonalmatrizen und Gleichungssystem für die Entladung:

+ 𝐷 + +𝑆 −𝐷 − 0 𝑇1𝑘+1
( −𝐷 ⋱ ⋱ )∙( ⋮ )=
0 ⋱ + 𝐷 + +𝑆 𝑇𝑛𝑘+1
− 𝐷 − −𝑆 𝐷 + 0 𝑇1𝑘
( 𝐷 ⋱ ⋱ ) ∙ ( ⋮ ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝑆 )
0 ⋱ − 𝐷 − −𝑆 𝑇𝑛𝑘

Integration der Randbedingung (unterer Speicherrand - Ausgangsgleichung):

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + 𝑇0𝑘+1 (−𝐷 ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 − ) =


𝑘(
𝑇1 − 𝐷 − − 𝑆 ) + 𝐷 𝑇0𝑘 + 𝑇2𝑘 (𝐷 + ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Randbedingungen:

𝑇0𝑘+1 = 𝑇2𝑘+1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ) ; 𝑇0𝑘 = 𝑇2𝑘 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) ; 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆

Einsetzen in Gleichungssystem:

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + (𝑇2𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇1𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 − ) =


𝑘(
𝑇1 − 𝐷 − − 𝑆 ) + (𝑇2𝑘 − 𝐵𝑖𝑇1𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 ) + 𝑇2𝑘 (𝐷 + ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + ( 𝐷 𝐵𝑖𝑇1𝑘+1 − 𝐷 𝑇2𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 − ) =


𝑘(
𝑇1 − 𝐷 − − 𝑆 ) + (𝐷 𝑇2𝑘 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇1𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) + 𝑇2𝑘 (𝐷 + ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 (− − 𝐷 − 𝐷 ) − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 (𝐷 + + 𝐷 ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 (− − 𝐷 ) =


𝑘(
𝑇1 − 𝐷 − − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 ( 𝐷 + ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Mit: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈 ; + =

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 (− − 𝐷 ) =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 ( 𝐷 + ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖)

208
Anhang C

Integration der Randbedingung (oberer Speicherrand - Ausgangsgleichung):


𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1 (−𝐷
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛+1 − )=
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 ) + 𝑇𝑛+1 (𝐷 + ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘

Randbedingungen:
𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ); 𝑘
𝑇𝑛+1 𝑘
= 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ); 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆

Einsetzen in Gleichungssystem:
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 − ) =
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − − 𝑆 ) + 𝐷 𝑇𝑛−1 + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 + ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘

𝑘+1 (−𝐷 )
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 +
𝑘+1 𝑘+1
(−𝐷 𝑇𝑛−1 − 𝑇𝑛−1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) =
𝑘 𝑘 𝑘+1 𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈 +
𝑘 𝑘
(𝐷 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 )

𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖 + 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) −
𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 =
𝑘 ( ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 +
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖 − 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 +
𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Mit: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈 ; + =

𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖 + 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) =
𝑘 (
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖 − 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 + ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖 + 𝐵𝑖)

209
Anhang

Herleitung des Speichermodells für den statischen Betrieb


𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘
=𝜐∙ + 𝜐 ∙
∆ ∆ 2 ∆ 2
𝑘∙𝑈 𝑘+1 𝑘 𝑘+1 𝑘
− ( ∙ 𝑇𝑈 + ∙ 𝑇𝑈 − ∙ 𝑇𝑖 − ∙ 𝑇𝑖 )
𝐴 ∙ 𝜌 ∙ 𝑐𝑝

Substitution:
𝜐∙∆𝑡 𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝐷= ; 𝑆=−
∆𝑥 2 𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝

𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 = 𝐷 (𝑇𝑖−1


𝑘+1
− 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1 𝑘
) + 𝐷 (𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘
)
𝑘+1 𝑘 𝑘+1 𝑘
+𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈 − 𝑆 𝑇𝑖 − 𝑆 𝑇𝑖

𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑇𝑖𝑘 = 𝐷 𝑇𝑖−1


𝑘+1
− 𝐷 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝐷 𝑇𝑖+1
𝑘+1
+
𝐷 𝑇𝑖−1 − 𝐷 𝑇𝑖 + 𝐷 𝑇𝑖+1 + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘 − 𝑆 𝑇𝑖𝑘+1 − 𝑆 𝑇𝑖𝑘
𝑘 𝑘 𝑘 𝑘+1

𝑇𝑖𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑖−1
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1 (−𝐷 )
+ 𝑇𝑖+1 =
𝑇𝑖𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑖−1
𝑘 (𝐷 ) 𝑘 (𝐷 )
+ 𝑇𝑖+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Mit: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈

Tridiagonalmatrizen und Gleichungssystem für den statischen Betrieb:

+ 𝐷 +𝑆 −𝐷 0 𝑇1𝑘+1
( −𝐷 ⋱ ⋱ )∙( ⋮ )=
0 ⋱ + 𝐷 +𝑆 𝑇𝑛𝑘+1
− 𝐷 −𝑆 𝐷 0 𝑇1𝑘
( 𝐷 ⋱ ⋱ ) ∙ ( ⋮ ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝑆 )
0 ⋱ − 𝐷 −𝑆 𝑇𝑛𝑘

Integration der Randbedingung (unterer Speicherrand - Ausgangsgleichung):


𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇0𝑘+1 (−𝐷 ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 ) =
𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇0𝑘 (𝐷 ) + 𝑇2𝑘 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Randbedingungen:
𝑇0𝑘+1 = 𝑇2𝑘+1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ); 𝑇0𝑘 = 𝑇2𝑘 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ); 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆

Einsetzen in Gleichungssystem:

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + (𝑇2𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇1𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 ) =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + (𝑇2𝑘 − 𝐵𝑖𝑇1𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 ) + 𝑇2𝑘 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + (−𝐷 𝑇2𝑘+1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇1𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) + 𝑇2𝑘+1 (−𝐷 ) =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + (𝐷 𝑇2𝑘 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇1𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) + 𝑇2𝑘 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 (− 𝐷 ) − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 ( 𝐷 ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 (− 𝐷 ) =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 ( 𝐷 ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Mit: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈 ; + =

𝑇1𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘+1 (− 𝐷 ) =


𝑇1𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇2𝑘 ( 𝐷 ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖)

210
Anhang C

Integration der Randbedingung (oberer Speicherrand - Ausgangsgleichung):


𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1 (−𝐷 )
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛+1 =
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 ) + 𝑇𝑛+1 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘 𝑘

Randbedingungen:
𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ); 𝑘
𝑇𝑛+1 𝑘
= 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ); 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆

Einsetzen in Gleichungssystem:
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1 (−𝐷 )
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛+1 =
𝑘 (𝐷 ) 𝑘 (𝐷 )
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 ) =
𝑇𝑛 − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 ) + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘( 𝑘 𝑘

𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1


𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + (−𝐷 𝑇𝑛−1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) =
𝑇𝑛 − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 ) + (𝐷 𝑇𝑛−1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘( 𝑘 𝑘

𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 ) =
𝑘 (
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘

Mit: 𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈 ; + =

𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 ) =
𝑘 𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 ( 𝐷 ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖)

211
Anhang

C.2 Schema der Testanlage für Kältespeicher


Abbildung C-a zeigt das Schema der Anlage, welches für die Validierung des Speicher-
modells im Abschnitt 5.4.2 verwendet wurde. Zwei Auslagebehälter mit je einem Kubik-
meter Volumen dienen der Simulation des Vor- und Rücklaufs eines Kältesystems und
können mit Hilfe der Kältemaschine auf variable Temperaturniveaus eingestellt werden.
Die Erfassung der Messdaten sowie die Steuerung der Pumpen und Ventile erfolgt über
die Systementwicklungssoftware LabVIEW.
Kältemaschine

M
MSR F

T
L T
D
Rücklauf

Kältespeicher Auslage-
T

behälter
T

Tank aus (warm)


Acrylglas
T

Wärmeübertrager
T

1 m³
T

T
L
18 Temp.-
T

sensoren Vorlauf
kalt
T

warm
Auslage-
behälter F Volumenstrom
T (kalt) D Druck
F
Füllstand
M M
F T L

T Temperatur

Abbildung C-a: Schema der verwendeten Versuchsanlage zur Untersuchung der thermischen
Schichtung in Verdrängungsspeichern

C.3 Auswirkungen des Volumenstroms auf die Genauigkeit des Speichermodells


Abbildung C-b enthält die Temperaturprofile im Kaltwasserspeicher nach Abschluss
mehrerer, aufeinanderfolgender Be- und Entladeversuche. Bereits bei mittleren Volu-
menströmen (Definition siehe Abschnitt 5.4.2) von etwa 5 m³/h treten Durchmi-
schungseffekte im Speichertank auf. Während der Ladezustand noch mit guter Genauig-
keit vorhergesagt werden kann, liegen zwischen den simulierten und gemessenen Über-
gangszonen im Speichertank bereist qualitative Unterschiede vor, welche sich mit zu-
nehmender Anzahl von Ladeprozessen langsam ausprägen. Das Modell wird aufgrund
der adäquaten Vorhersage des Ladezustands bei mittleren Strömungsgeschwindigkeiten
jedoch noch als geeignet eingeschätzt, da die Thermokline in einer realen Anwendung
nicht aus dem Speicher verdrängt wird. Bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten
nimmt die Vorhersagegenauigkeit des Speichermodells dagegen signifikant ab. Die stetig
kumulierte Abweichung des Ladezustands aus den vorangegangenen Ladeprozessen
wird durch eine einzige Beladung aufgehoben (Bild unten m.) und bei der darauffolgen-
den Entladung wieder eingeholt (Bild unten r.). Bei einer Durchmischung in einem abge-
schlossenen Speichertank bleibt der energetische Ladezustand nach Gleichung 58 zu-
212
Anhang C

nächst unverändert (die Temperaturverteilung ändert sich dagegen). Da der Ladezu-


stand im vorliegenden Beispiel jedoch signifikant vom erwarteten Wert der idealen Si-
mulation abweicht, muss sich ein Teil des eingeströmten Wassers (Be- und Entladevor-
gang) mit der gegenüberliegenden Phase vermischen und anschließend auf der Aus-
strömseite des Speichers ausgetragen werden.
Aufeinanderfolgende Be- und Entladevorgänge
1,5 1,5 1,5
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
LZ simuliert = 67.74 % LZ simuliert = 31.17 % LZ simuliert = 73.88 %
LZ gemessen = 67.74 % LZ
. gemessen = 31.25 % LZ
. gemessen = 72.93 %
V = 4,82 m³/h V = 4,86 m³/h

1 1 1

0,5 0,5 0,5


simuliert simuliert simuliert
gemessen gemessen gemessen
0 0 0
8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18
Temperatur in °C Temperatur in °C Temperatur in °C
1,5 1,5 1,5
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
LZ simuliert = 28.40 % LZ simuliert = 82.36 % LZ simuliert = 21.81 %
LZ
. gemessen = 26.50 % LZ
. gemessen = 82.35 % LZ
. gemessen = 18.49 %
V = 4,74 m³/h V = 6,70 m³/h V = 7,39 m³/h

1 1 1

0,5 0,5 0,5


simuliert simuliert simuliert
gemessen gemessen gemessen
0 0 0
8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18
Temperatur in °C Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung C-b: Aufeinanderfolgende Be- und Entladevorgänge im Kältespeicher mit mittleren
bis hohen Volumenströmen

C.4 Genauigkeit des Volumenstroms der Ladeversuche


Abbildung C-c zeigt aufeinanderfolgende Be- und Entladevorgänge mit mittleren Volu-
menströmen (Definition siehe Abschnitt 5.4.2). Bei der Entladung (mittleres Bild) wird
die simulierte Übergangszone im Vergleich zur Messung etwas weiter in Strömungsrich-
tung transportiert. Dies ist auf die Genauigkeit des eingesetzten Volumenstromsensors
zurückzuführen, welcher bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten größere Abwei-
chungen zum verwendeten Kompensationswert (siehe Abschnitt 5.4.2) aufzeigt. Auch
beim anschließenden Beladevorgang liegt der gemessene Volumenstrom etwas unter-
halb des realen Wertes. Der entstandene Versatz während der Entladung (mittleres
Bild) wird jedoch bei der Beladung wieder eingeholt (rechtes Bild). Bei mittleren und
hohen Volumenströmen werden diese Effekte von einer Durchmischung im Kaltwasser-
speicher überlagert, weshalb die Progression der Übergangszone nicht exakt von der
Ungenauigkeit, welche durch Verwendung des gemessenen Volumenstroms innerhalb
der Simulation entsteht, abgegrenzt werden kann (siehe auch Abbildung C-b).

213
Anhang

Aufeinanderfolgende Entladung und Beladung


1,5 1,5 1,5
LZ simuliert = 60.46 % LZ simuliert = 43.16 % LZ simuliert = 85.52 %

LZ gemessen = 60.46 % LZ gemessen = 43.93 % LZ gemessen = 85.90 %


. .
V = 2.54 m³/h V = 4.79 m³/h
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m
1 1 1

0,5 0,5 0,5

Simulation Simulation Simulation


Messung Messung Messung
0 0 0
8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18
Temperatur in °C Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung C-c: Aufeinanderfolgende Be- und Entladevorgänge im Kältespeicher mit mittlerem
Volumenstrom

Abbildung C-d zeigt zwei aufeinanderfolgende Ladeprozesse mit geringem Volumen-


strom.

Entladung des Kältespeichers Beladung des Kältespeichers


1,5 1,5
LZ simuliert (Ende) = 31,81 % LZ simuliert (Ende) = 68,18 %
LZ gemessen (Ende) = 31,00 % LZ gemessen (Ende) = 67,42 %
. .
Speicherhöhe in m

Speicherhöhe in m

V = 1,74 m³/h V = 1,71 m³/h

1 1

0,5 0,5
Simulation Start Simulation Start
Simulation Ende Simulation Ende
Messung Start Messung Start
Messung Ende Messung Ende
0 0
8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18
Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung C-d: Aufeinanderfolgende Ladeprozesse mit geringem Volumenstrom

Der Faktor für die Kompensation des Volumenstroms wurde für diese Versuche ange-
passt und beträgt etwa 0,962. Der Unterschied zum Faktor 1,042 unter Abschnitt 5.4.2
ist auf einen Umbau an der Anlage zurückzuführen, bei welchem die Rohrleitungsquer-
schnitte reduziert und der Volumenstromsensor neu platziert wurden. Ein Vergleich des
Entlade- und Beladeprozesses zeigt, dass die Progression der Thermokline mit dem ge-
wählten Faktor sehr gut nachgebildet werden kann. Die beschriebene Ungenauigkeit
bezüglich der Bestimmung des Volumenstroms ist daher sowohl bei der Betrachtung

214
Anhang C

von aufeinanderfolgenden Be- und Entladezyklen sowie von Einzelversuchen vernach-


lässigbar.

Auftretende Abweichungen bei höheren Volumenströmen sind infolge der auf Abbil-
dung C-b gezeigten Durchmischungseffekte nicht quantifizierbar. Hohe Volumenströme
besitzen jedoch keine Relevanz für den Betrieb von Kältespeichern. Das vorgestellte
Modell besitzt bei diesen Volumenströmen keine Gültigkeit.

215
Anhang

D. Zustandsmaschine
Das Eingabealphabet 𝛴 der Zustandsmaschine unter Abschnitt 5.6.2 besteht aus 18
Übergangsbedingungen 𝜒, welche in der Tabelle D-a zusammengefasst sind.

Tabelle D-a: Übergangsbedingungen

Übergangsbedingung Beschreibung
𝜒1 𝑇𝑈 > 𝑇𝐺𝑟
𝜒2 𝑇𝑈 <= 𝑇𝐺𝑟
𝜒3 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝑧,𝑚𝑎𝑥
𝜒4 𝑆 <= 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒5 𝑆 > 𝑆 𝑚𝑎𝑥 & 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛
𝜒6 𝑆 >= 𝑆 𝑚𝑎𝑥,𝑒𝑛𝑑
𝜒7 ̇
𝑄𝑆𝑃,𝐹𝑝 > 0 & 𝑆 > 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒8 ̇ ̇
𝑄𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄𝑧,𝑚𝑎𝑥
𝜒9 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 − 𝑄̇𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥
𝜒10 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 >= 𝑄̇𝑧_𝑚𝑎𝑥
𝜒11 𝑆 < 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒12 𝑄̇𝐾 <= 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛
𝜒13 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 − 𝑄̇𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥
𝜒14 𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 < 0 & 𝑆 > 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒15 𝑄𝑆𝑃,𝐹𝑝 >= 0 & 𝑄𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛
̇ ̇
𝜒16 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄̇𝐾,𝑚𝑎𝑥
𝜒17 𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 <= 0 & 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛 & 𝑆 < 𝑆 𝑚𝑎𝑥
𝜒18 𝑆 ̇ ̇ ̇
< 𝑆 𝑚𝑎𝑥 & 𝑄𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 − 𝑄𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥

Tabelle D-b enthält eine Erklärung der verwendeten Variablen.

Tabelle D-b: Erläuterung der eingesetzten Variablen

Variable Bedeutung
𝑇𝑈 Umgebungstemperatur des aktuellen Zeitschritts
𝑇𝐺𝑟 Grenztemperatur für freie Kühlung (4 °C)
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 Kältelast des aktuellen Zeitschrittes
𝑄̇𝑧,𝑚𝑎𝑥 Maximale Kälteleistung aller verfügbaren Kältekomponenten
𝑆 Speicherladezustand des aktuellen Zeitschritts
𝑆 𝑚𝑖𝑛 Minimaler Ladezustand des Kältespeichers (15 %)
𝑆 𝑚𝑎𝑥 Maximaler Ladezustand des Kältespeichers (85 %)
𝑆 𝑚𝑎𝑥,𝑒𝑛𝑑 Obergrenze für die Speicherbeladung (Reserve – 90 %)
𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛 Minimale Kälteleistung des aktuellen Kälteversorgers
𝑄̇𝐾,𝑚𝑎𝑥 Maximale Kälteleistung des aktuellen Kälteversorgers
𝑄̇𝐾 Kälteleistung des aktuellen Kälteversorgers
𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 Geplante Kälteleistung des Speichers bei Einsatz der Kältemaschine
𝑄̇𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥 Maximale Speicherbeladeleistung (50 kW)
𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 Maximale Kälteleistung der freien Kühlung

216
Anhang D

Tabelle D-c zeigt die möglichen Zustände des simulierten Kältesystems.

Tabelle D-c: Zustände und Ausgabealphabet

Zustand Name Ausgabealphabet


Z1 SP im Regelbetrieb 002
Z2 FK im Regelbetrieb 020
Z3 FK im Regelbetrieb und SP im Belademodus 021
Z4 FK im Regelbetrieb und SP im Entlademodus 023
Z5 KM im Regelbetrieb 200
Z6 KM im Regelbetrieb und SP im Belademodus 201
Z7 KM im Regelbetrieb und SP im Entlademodus 203
Z8 Kältebedarf größer als maximale Leistung der KM 300
Z9 Kältebedarf größer als maximale Leistungen der KM + SP 303
Z10 KM und FK im Regelbetrieb 220
Z11 KM und FK im Regelbetrieb und SP im Belademodus 221
Z12 KM und FK im Regelbetrieb und SP im Entlademodus 223
Z13 Kältebedarf größer als maximale Leistungen der KM + FK 330
Z14 Kältebedarf größer als maximale Leistungen der KM + FK + SP 333

Durch die Erfüllung einer Übergansbedingung in Tabelle D-a erfolgt ein Wechsel des
Zustands im Kältesystem. Tabelle D-d zeigt alle möglichen Kombinationen von Zu-
standswechseln mit den dafür notwendigen Übergangsbedingungen. Der aktuelle Zu-
stand (oberste Zeile) kann nur durch Erfüllung der entsprechenden Übergangsbedin-
gung (linke Spalte) in den Folgezustand wechseln, welcher im Zahlenfeld angegeben ist.

Tabelle D-d: Zustandstabelle mit den definierten Zuständen S und dem Eingabealphabet S

S\𝑺𝒁𝑴 Z1 Z2 Z3 Z4 Z5 Z6 Z7 Z8 Z9 Z10 Z11 Z12 Z13 Z14


𝝌1 1 1 1 1 5 6 7 8 9 5 5 5 8 9
𝝌2 2 2 3 4 10 10 10 10 10 10 11 12 13 14
𝝌3 5 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
𝝌4 5 2 3 10 5 6 5 8 8 10 11 10 13 13
𝝌5 1 2 3 4 5 5 7 8 9 10 11 12 13 14
𝝌6 1 2 2 4 5 1 7 8 9 10 10 12 13 14
𝝌7 1 2 3 4 1 6 7 8 9 10 11 12 13 14
𝝌8 1 2 3 4 5 6 7 5 7 10 11 12 10 12
𝝌9 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 3 12 13 14
𝝌10 2 4 3 6 7 6 9 8 9 12 10 14 13 14
𝝌11 1 2 3 4 5 6 7 8 9 11 11 12 13 14
𝝌12 1 2 3 4 6 6 7 8 9 2 2 12 13 14
𝝌13 1 2 2 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
𝝌14 1 2 3 4 6 6 7 8 9 10 11 12 13 14
𝝌15 1 2 3 4 5 5 7 8 9 10 11 12 13 14
𝝌16 1 2 3 2 5 6 5 8 9 10 11 10 13 14
𝝌17 5 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
𝝌18 1 3 3 3 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

217
Anhang

E. Validierung des Simulationsansatzes


E.1 Ergebnisse der Validierung weiterer Simulationszeiträume
Ergänzend zum Abschnitt 6.1 zeigen die nachfolgenden Abbildungen E-a bis E-d die Ab-
weichungen zwischen der Energieaufnahme des Systemmodells und der Referenzanlage
für die in Tabelle 9 genannten Zeiträume.
Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme (KW22-26 2016)
Luftfeuchte in % Leistungsaufnahme in kW,

600
Abweichung der Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
500 Energie: 3,2 %
400
Kältelast in kW

300
Elektrische

200
100
0
0 5 10 15 20 25
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,

80

60

40

20

0 Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte


0 5 10 15 20 25
Zeit in Tagen
Abbildung E-a: Simulierte und gemessene elektrische Leistungsaufnahme des Referenzsys-
tems im Zeitraum der Kalenderwochen 22 bis 26 des Jahres 2016

Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme (KW5-11 2017)


Leistungsaufnahme in kW,

500
Abweichung der Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
400 Energie: 0.7 %
Kältelast in kW

300
Elektrische

200

100

0
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
Luftfeuchte in %

80

60

40
Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte
20

0
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Zeit in Tagen
Abbildung E-b: Simulierte und gemessene elektrische Leistungsaufnahme des Referenzsys-
tems im Zeitraum der Kalenderwochen 5 bis 11 des Jahres 2017

218
Anhang E

Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme (KW18-19 2017)


Leistungsaufnahme in kW, 400
Abweichung der Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
Energie: 0,7 %
300
Kältelast in kW

200
Elektrische

100

0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
Luftfeuchte in %

80

60

40 Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte


20

0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung E-c: Simulierte und gemessene elektrische Leistungsaufnahme des Referenzsystems
im Zeitraum der Kalenderwochen 18 bis 19 des Jahres 2017

Simulierter und gemessene Leistungsaufnahme der Kältemaschine (KW40-41 2017)


Elektrische Leistungsaufnahme in kW,

200

180

160

140

120
Kältelast in kW

100
Abweichung der Energie: 0,7 %
80

60

40

20
Kältelast Gemessene Leistungsaufnahme Simulierte Leistungsaufnahme
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung E-d: Simulierte und gemessene elektrische Leistungsaufnahme der Kältemaschine
im Zeitraum der Kalenderwochen 40 bis 41 des Jahres 2017

E.2 Nutzung der Wärmerückgewinnung im Referenzsystem


Unter Abschnitt 6.1 wurde die Vermutung aufgestellt, dass die Wärmerückgewinnungs-
anlagen des Referenzsystems häufig bei plötzlichen Kältelastspitzen (und nicht zwangs-
läufig bei niedrigen Umgebungstemperaturen) zugeschaltet werden. Abbildung E-e be-
stätigt diese Vermutung anhand des Beispiels eines leistungsintensiven Verbrauchers,
der zweimal kurz hintereinander eingeschaltet wird. Die Zumischung der Wärmerück-
gewinnung in den Heizungsverteiler erfolgt vermehrt in den Zeiträumen, in denen auch
die Lastspitzen auftreten. Das Temperaturniveau im Heizungssystem ist mit etwa 40 °C

219
Anhang

relativ niedrig, da die Umgebungstemperatur im dargestellten Zeitraum oberhalb von


20 °C liegt (Vorgabe erfolgt anhand der Außentemperatur, siehe Abschnitt 6.1).

Abbildung E-e: Untersuchung der Wärmerückgewinnung bei Auftreten von Kältespitzenlasten

E.3 Charakteristische Lastprofile für die Simulation des Kältespeichers


Im Abschnitt 6.2 wurden acht charakteristische Lastprofile des vorliegenden Referenz-
systems betrachtet. Abbildung E-f gibt eine Übersicht der Last- und Temperaturprofile.

Übersicht der simulierten Referenztage


350
Kältelast
Umgebungstemperatur
300
Kältelast in kW, Temperatur in °C

250

200

150

100

50

0
Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8
-50
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
Zeit in Stunden
Abbildung E-f: Typische Last- und Umgebungstemperaturprofile

220
Anhang E

Abbildung E-g zeigt das Lastprofil des Referenzsystems an einem Wochenende. Wie un-
ter Abschnitt 6.2 erläutert, ist ein Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Kältelast
der Nutzer auf Tagesebene vernachlässigbar.

Referenztag Wochenende
180
Umgebungstemperatur
160
Kältelast
Kältelast in kW, Temperatur in °C

140

120

100

80

60

40

20

0
0 5 10 15 20 25
Zeit in Stunden
Abbildung E-g: Darstellung des Einflusses der Umgebungstemperatur auf die Kältelast des Re-
ferenzsystems an einem Wochenendtag

221
Anhang

F. Simulationsergebnisse
F.1 Zusätzliche Informationen zur Systemsimulation
Im Abschnitt 6.3.1 wurde das Einsparpotenzial der freien Kühlung untersucht. Abbil-
dung F-a zeigt die Unterschreitungsdauer der auftretenden Umgebungstemperaturen für
den Simulationszeitraum aus Tabelle 11. Die Grenztemperatur von vier Grad Celsius für
den Einsatz der freien Kühlung wurde für einen Zeitraum von etwa 2134 h unterschrit-
ten.

Temperaturdauerlinie des Simulationszeitraums für die freie Kühlung


4,5
Unterschreitungsdauer in 10³ h

3,5

2,5

1,5

0,5

0
-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30
Umgebungstemperatur in °C
Abbildung F-a: Unterschreitungsdauer der Umgebungstemperatur

Auf Abbildung 77 konnte ein taktendes Verhalten der Kältemaschine in der Simulation
beobachtet werden. Abbildung F-b zeigt, dass ein solches Verhalten auch im Referenz-
system auftreten kann, wenn die durchschnittliche Kältelast sehr gering ist.

Taktungsverhalten der Kältemaschine


400 23
Kälteleistung
Vorlauftemperatur
340 Rücklauftemperatur 21

280 19
Kälteleistung in kW

Temperatur in °C

220 17

160 15

Kälte-
100 maschine 13
AUS
Kälte-
maschine
40 AN 11

-20 9
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
Zeit in Minuten
Abbildung F-b: Bereitgestellte Kälteleistung und Temperaturen im Kältesystem während eines
mehrfachen An- und Abschaltens der Kältemaschine

222
Anhang F

Aufgrund der Einschaltverzögerung der Kältemaschine kommt es vorübergehend zu


einer Aufwärmung des Kaltwasserkreislaufs. Beim Einschalten der Kältemaschine ent-
stehen dann große Leistungsspitzen, da die Vorlauftemperatur des Kältesystems plötz-
lich abgesenkt wird, während der Rücklauf noch ein höheres Temperaturniveau besitzt.
Die Spitze dauert so lange an, bis das gesamte Volumen im Kaltwassersystem einmal
durch die Kältemaschine transportiert und auf die Vorlauftemperatur herabgekühlt
wurde.

F.2 Unstetigkeit in der Leistungszahl-Kennlinie


Abbildung F-c zeigt die Leistungszahl-Kennlinie der betrachteten Kältemaschine für das
Jahr 2015. Der Sprung zwischen den beiden stetigen Verläufen im Bereich zwischen 100
und 150 kW ist auf eine Anhebung der Leistungszahl durch Erhöhung der Verdamp-
fungstemperatur (Reduktion des Volumenstroms im Kältesystem) der Kältemaschine
zurückzuführen. In der Systemsimulation wird die im oberen Diagramm abgebildete,
quadratische Ausgleichsfunktion zur Berechnung der elektrischen Leistungsaufnahme
der Kältemaschine herangezogen. Dadurch entstehen Abweichungen zwischen Modell
und Messwert, welche im Abschnitt 6.1 quantifiziert werden. Der dargestellte Einfluss
auf die Effizienz der Kältemaschine wird als Indikator für die Einsparung aufgrund der
Erhöhung der Temperaturdifferenz herangezogen (siehe Abschnitt 6.4.4).
Leistungszahl-Kennlinie der Kältemaschine im Jahr 2015
5
Leistungszahl der

Leistungszahl bis April


Kältemaschine

4 Leistungszahl ab April
Ausgleichsfunktion
3

1
50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW
Differenz der Vor- und Rücklauftemperatur des Jahres 2015
3
Temperaturdifferenz bis April
differenz in °C
Temperatur-

2,5 Temperaturdifferenz ab April


2

1,5

1,5

1
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000
Zeit in Stunden
Abbildung F-c: Gemessene Leistungszahlen des Jahres 2015 in Abhängigkeit der Kälteleistung

223
Anhang

F.3 Bestimmung der Differenz der Leistungszahl-Kennlinien unterschiedlicher Jahre


Abbildung F-d zeigt die Leistungszahl-Kennlinien der Jahre 2014 und 2017. Die mittlere
Differenz der Leistungszahl-Kennlinien wird als Indikator für die Veränderung der Ma-
schineneffizienz herangezogen. Dabei wird nur der Bereich zwischen 50 und 200 kW
betrachtet, da im Jahre 2014 wenige Messpunkte oberhalb von 200 kW existieren.

Differenz der Leistungszahl-Kennlinien der Jahre 2014 und 2017


5
Ausgleichsfunktion 2014
Leistungszahl der Kältemaschine

4,5 Ausgleichsfunktion 2017


Differenz der Leistungszahl-Kennlinien
4

3,5

2,5

1,5
Betrachtungsbereich für die Bildung der
Differenz zwischen den Leistungszahl-Kennlinien
1

0,5

0
50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW
Abbildung F-d: Differenz der Leistungszahl-Kennlinien der Jahre 2014 und 2017

224
Anhang G

G. Effizienzmaßnahmen
G.1 Bestimmung der Effizienz der Förderaggregate des Referenzsystems
Im Referenzzustand des Kältesystems waren zwei zentrale Doppelpumpen P1 und P2
für den Antrieb des Kaltwasserkreislaufs vorhanden. Von jeder Doppelpumpe war eine
Pumpe kontinuierlich aktiv. Die elektrischen Leistungsaufnahmen der einzelnen Pum-
pen wurden mit einem Messgerät erfasst und beliefen sich auf jeweils etwa 3,5 kW. Der
Quotient aus der gelieferten hydraulischen Leistung 𝑃ℎ und der elektrischen Leistungs-
aufnahme 𝑃𝑒𝑙 ergibt den Gesamtwirkungsgrad 𝜂𝑃 einer Pumpe401.

𝑃ℎ
𝜂𝑃 =
𝑃𝑒𝑙
𝑘𝑔 𝑚 56,6 𝑚³
𝜌∙𝑔∙𝑉1̇ ∙∆𝑝1 1000 ∙9,81 ∙ ∙ ∙7𝑚
𝑚³ 𝑠² 3600 𝑠
mit 𝜂𝑃1 = = = 0,
𝑃𝑒𝑙,1 3452,7𝑊

𝑘𝑔 𝑚 39,6 𝑚³
𝜌∙𝑔∙𝑉2̇ ∙∆𝑝2 1000 ∙9,81 ∙ ∙ ∙10𝑚
𝑚³ 𝑠² 3600 𝑠
𝜂𝑃2 = = = 0, 09
𝑃𝑒𝑙,2 3495,4𝑊

Zur Berechnung werden neben dem Volumenstrom 𝑉̇ auch die Dichte 𝜌, die Erdbe-
schleunigung g sowie der Druckverlust ∆ (in Meter Förderhöhe) benötigt. Der berech-
nete Wirkungsgrad der beiden Pumpen beträgt etwa 31 %. Die abweichenden Volumen-
ströme der Pumpen sind auf die unterschiedlichen Druckverluste der zugeordneten Käl-
temaschinen zurückzuführen.

G.2 Optimierung der Steuerungs- und Regelungstechnik


In Abschnitt 6.4.3 wurde das Effizienzpotenzial einer hydraulisch gedrosselten Pumpe
benötigt. Gleichung 79 bietet eine Möglichkeit zur Abschätzung des Effizienzpotenzials.
Für die Berechnung der erforderlichen, hydraulischen Leistung wird ein imaginäres
Förderaggregat angenommen, welches alle Abgänge des Verteilers versorgt. Ist der
Druckverlust der Verbraucher bekannt, so ergibt sich die erforderliche, hydraulische
Leistung für den Stofftransport aus dem Produkt des Volumenstroms mit dem Druckver-
lust. Der mittlere Volumenstrom beträgt im Referenzzustand nach Abbildung 82 etwa
28,8 m³/h, als Druckverlust wird der für die Druckregelung der Abgangspumpen ur-
sprünglich verwendete Wert von 0,5 bar (5 m) in guter Näherung eingesetzt. Die hyd-
raulische Leistung 𝑃ℎ ergibt sich demnach zu:

𝑘𝑔 𝑚 𝑚3 ∙ ℎ
𝑃ℎ = 𝜌 ∙ 𝑔 ∙ 𝑉̇ ∙ ∆ = 000 ∙ 9,8 ∙ 8,8 ∙ 5𝑚 = 9 𝑊
𝑚3 ² ℎ ∙ 600
Mit der Annahme eines elektromechanischen Wirkungsgrades der Strömungsmaschinen
von 40 % ergibt sich die elektrische Leistungsaufnahme des imaginären Förderaggrega-
tes zu etwa einem Kilowatt.

401 vgl. Scholz (2013) S.131

225
Anhang

Das betrachtete Förderaggregat transportiert nach der Optimierung nur noch einen
mittleren Volumenstrom von etwa 5,4 m³/h. Unter Annahme desselben Druckverlustes
von 0.5 bar in den Verbrauchern ergäbe sich eine notwendige, hydraulische Leistung
von 75,5 W. Bei einem elektromechanischen Wirkungsgrad von 40 % würde somit noch
eine elektrische Leistung von 0,19 kW benötigt. Dies entspricht einer elektrischen Ener-
gieeinsparung von 80 % bezogen auf den Ausgangswert. Da die imaginäre Pumpe konti-
nuierlich betrieben wird, reduziert sich der jährliche elektrische Energiebedarf des Ver-
teilers um etwa 7 MW h. Diese Beispielrechnung erfolgt unter der Annahme, dass der
Druckverlust über die Verbraucher 0,5 bar beträgt. Mit der Absenkung des Volumen-
stroms sinkt der Druckverlust jedoch annähernd quadratisch, somit sind theoretisch
höhere Einsparpotenziale als im angeführten Rechenbeispiel erreichbar.

G.3 Ergebnisse der freien Kühlung in der Wintersaison 2016/17


In Tabelle G-a sind die Ergebnisse der Feldversuche mit freier Kühlung für die erste Win-
tersaison 2016/17 aufgeführt. Die Leistungszahl in der Zeile „Ergebnis“ wurde nicht aus
dem Mittelwert der einzelnen Leistungszahlen der Feldversuche ermittelt, da hierdurch
der Bezug zur gelieferten Kälteenergie vernachlässigt wird. Die angegebenen Leistungs-
zahlen werden in der vorliegenden Arbeit stets aus den Summen der gelieferten Käl-
teenergie sowie der dafür eingesetzten elektrischen Energieaufnahme bestimmt.

Tabelle G-a: Übersicht der Feldtests zur freien Kühlung in der ersten Wintersaison 2016/17

Feld- Versuchs- Versuchs- LZ der Kälte- Rückkühl- LZ der Käl- LZ


test tage dauer in freien energie energie in teanlage Verhältnis
min Kühlung in kW h kW h (berechnet)
1 09.01.2017 305 3,29 515,5 156,5 1,46 0,44
2 10.01.2017 279 3,95 556,4 140,8 1,87 0,47
3 11.01.2017 888 3,06 1665,2 543,6 1,73 0,56
4 12.01.2017 1197 2,62 2087,1 796,4 1,55 0,59
5 13.01.2017 918 2,80 1650,6 588,9 1,63 0,58
6 16.01.2017 173 4,02 319,6 79,2 1,60 0,40
7 17.01.2017 462 4,24 1068,2 251,6 2,61 0,61
8 18.01.2017 515 3,48 992,1 283,5 1,70 0,49
9 19.01.2017 493 4,54 925,0 205,4 1,65 0,37
10 20.01.2017 480 3,93 894,5 227,2 1,63 0,41
11 07.03.2017 119 2,93 214,6 73,2 1,66 0,57
12 11.03.2017 357 4,09 788,6 193,7 1,96 0,48
13 12.03.2017 139 3,22 274,0 84,0 1,66 0,51
14 05.04.2017 85 3,38 172,6 51,1 1,76 0,52
15 21.04.2017 238 4,03 556,5 138,9 1,96 0,49
Ergebnis 6648 12680,45 3814,07 0,50

226
Anhang G

G.4 Untersuchung der Leistungszahlerhöhung der Kältemaschine durch einen Kältespei-


cher
In Abbildung G-a ist die normierte Leistungszahlerhöhung aufgetragen, welche sich aus
der Leistungszahl des Referenzszenarios ohne Speicher 𝐿 𝑅𝑒𝑓 und der Leistungszahl bei
Speichernutzung 𝐿 𝑆𝑃 berechnet. Die Auftragung zeigt, dass die Erhöhung der Leis-
tungszahl der Kältemaschine durch den Speicher im Niedriglastbereich am höchsten ist.
Mit zunehmender, mittlerer Auslastung der Kältemaschine nimmt der Einfluss des Spei-
chers ab. Bei der elektrischen Energieeinsparung auf Abbildung 97 liegt das Optimum
trotzdem bei einer mittleren Auslastung von etwa 110 kW, da die Kältemaschine bei
geringerer Auslastung insgesamt weniger elektrische Energie benötigt und somit nicht
viel Energie eingespart werden kann. Auch für die Abbildung G-a gilt, dass die Werte
unterhalb von 80 kW Kälteleistung wenig praxisrelevant sind, da die vorhandene Kälte-
maschine solche Niedriglasten im Regelfall nur kurzfristig bei An- und Abschaltvorgän-
gen erreicht.

Erhöhung der Kältemaschineneffizienz in Abhängigkeit der Netzstützdauer


0,4
1h
2h
0,35
Normierte Leistungszahlerhöhung

3h
4h
0,3 5h
(LZSP - LZRef) / LZRef

6h
7h
0,25
8h

0,2

0,15

0,1

0,05

0
0 50 100 150 200 250
Mittlere geforderte Kälteleistung in kW
Abbildung G-a: Normierte Leistungszahlerhöhung in Abhängigkeit der mittleren geforderten
Kälteleistung

G.5 Anteil an der Effizienz durch Temperaturerhöhung


Ein Großteil der im Abschnitt 6.4 beschriebenen Effizienzmaßnahmen besitzt einen Ein-
fluss auf die Temperaturspreizung im Kaltwassersystem. Um diesen Anteil zu bestim-
men, wurde die Erhöhung der Temperaturspreizung der jeweiligen Maßnahme auf die
gesamte Erhöhung der Temperaturspreizung (1,28 °C) bezogen. Damit wird ein prozen-
tualer Anteil erhalten, welcher den einzelnen Maßnahmen als Energieeinsparung zuge-
schrieben werden kann. Für die Darstellung der Einsparpotenziale auf Abbildung 98
wurden diese Anteile auf die jeweiligen elektrischen Energieeinsparungen durch Reduk-

227
Anhang

tion des Volumenstroms aufaddiert. Tabelle G-b zeigt die elektrischen Einsparungen der
einzelnen Effizienzmaßnahmen mit den jeweiligen Anteilen der Temperaturerhöhung.

Tabelle G-b: Verteilung der Energieeinsparung durch Anhebung der Temperaturspreizung auf
die Einzelmaßnahmen

Maßnahme Einsparung Eingestellte Anteil an der Gesamte


durch Reduktion Temperatur- gesamten Energieein-
des Volumen- erhöhung Temperatur- sparung
stroms in MW h in °C erhöhung in %
Optimierung
35 0,59 46,6 65,3
Systemhydraulik
Reduktion des
15,8 0,57 44,5 45,1
Volumenstroms
Optimierung
Steuer- und
7 0,12 9,3 13,2
Regelungstech-
nik

G.6 Anzeige der Verdampfungstemperatur an der vorhandenen Kältemaschine


Abbildung G-b stellt die Temperaturanzeige auf der Niederdruckseite (Verdampfer) der
Kältemaschine des Referenzsystems dar. Mit Hilfe dieser Anzeige kann die Verdamp-
fungstemperatur für das eingesetzte Kältemittel R134a abgelesen werden. Die Verände-
rung der Verdampfungstemperatur wurde im Abschnitt 6.5 für eine Quantifizierung des
Einflusses der Temperaturspreizung auf die Effizienz der Kältemaschine benötigt.

Abbildung G-b: Mechanische Anzeige für die Verdampfungstemperatur des Kältemittels


(R134a) in der Kältemaschine des Referenzsystems

228
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238
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Änderung der Enthalpie eines strömenden Fluids im Kanal durch Zufuhr von Wärme über
die Rohrwand .....................................................................................................................................................................................5
Abbildung 2: Schematische Darstellung des Wärmeübertrags zwischen zwei Wärmeträgermedien 1 und 2
in einem Wärmeübertrager .........................................................................................................................................................7
Abbildung 3: Wärmeleitung durch eine ebene Wand ..............................................................................................................7
Abbildung 4: Konvektive Wärmeübertragung eines strömenden Fluids auf eine Wand .........................................9
Abbildung 5: Wärmetransport zwischen zwei Fluiden über eine trennende Wand (Wärmedurchgang) .... 10
Abbildung 6: Schematische Darstellung des Temperaturverlaufs der Fluide in einem Gegenstrom-
Wärmeübertrager ......................................................................................................................................................................... 13
Abbildung 7: Darstellung des Energiestroms und der Hauptkomponenten in einem
Kälteversorgungssystem ............................................................................................................................................................ 17
Abbildung 8: Schematische Darstellung des Kältekreisprozesses mit exemplarischen Temperaturniveaus
für das Kälteträger- und Kühlmedium eines Kaltwassersystems ............................................................................ 18
Abbildung 9: Leistungsregelung eines Schraubenverdichters mittels eines Leistungsschiebers ..................... 19
Abbildung 10: Darstellung eines Hybridkühlturms ............................................................................................................... 22
Abbildung 11: Schema der regulären Kälteanlage (l.) im Vergleich zur freien Kühlung (r.) .............................. 23
Abbildung 12: Darstellung der Jahrestemperatur-Dauerlinien 2011 bis 2016 für den Standort Nürnberg 24
Abbildung 13: Leistungszahl der Schraubenverdichter-Kältemaschinen des Referenzsystems in
Abhängigkeit der Maschinenauslastung (zugrundeliegende Messdaten siehe Anhang A.1) ...................... 26
Abbildung 14: Schematische Darstellung der Vergrößerung des Temperaturhubs einer Kältemaschine
durch Wärmeübertrager auf der Kalt- und Kühlwasserseite .................................................................................... 27
Abbildung 15: Höchste Tagestemperaturdifferenzen des Jahres 2016 am Standort Nürnberg ........................ 33
Abbildung 16: Verfahren zur Steuerung von thermischen Speichern für Lastverschiebungszwecke ............ 36
Abbildung 17: Darstellung der Temperaturänderung sensibler und latenter Energiespeicher mit Zunahme
der gespeicherten Energie......................................................................................................................................................... 42
Abbildung 18: Temperaturprofil im Verdrängungsspeicher zu verschiedenen Zeitpunkten während eines
Be- und Entladeprozesses in Abhängigkeit der Tankhöhe H..................................................................................... 45
Abbildung 19: Einbindung eines Kältespeichers als thermischer Puffer ..................................................................... 46
Abbildung 20: Kältespeichersystem mit aktiver Ladehydraulik ...................................................................................... 47
Abbildung 21: Wärmedurchgang durch die Speicherhülle eines Kaltwasserspeichers ........................................ 49
Abbildung 22: Darstellung der Thermoklinen eines idealen Speichers (l.), eines realen Speichers (m.) und
eines realen Speichers mit hohen Verlusten (r.) ............................................................................................................. 52
Abbildung 23: Schematische Darstellung des Referenz-Kältesystems (Sekundärkältesystem) am
Fraunhofer IISB im Urzustand ................................................................................................................................................. 53
Abbildung 24: Elektrische Leistungsaufnahmen der Hauptkomponenten des Sekundärkältesystems ......... 55
Abbildung 25: Rasterdiagramm der Kältelast im Sekundärkältesystem im Jahr 2014.......................................... 57
Abbildung 26: Darstellung der Vorlauf- und Rücklauftemperaturverteilung sowie der
Volumenstromverteilung des Sekundärkältesystems in Abhängigkeit der Kältelast .................................... 58
Abbildung 27: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung ....................................... 59

239
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 28: Darstellung der Häufigkeitsverteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der


Umgebungstemperatur für das Jahr 2014 ......................................................................................................................... 60
Abbildung 29: Absenkung der Verdampfungstemperatur des Kältemittels durch Verringerung der
Temperaturspreizung des Kaltwasserstroms (schematisch) ................................................................................... 62
Abbildung 0: arnot’sche Leistungszahl un exergetischer Wirkungsgra in Abhängigkeit steigen er
Verdampfungstemperaturen.................................................................................................................................................... 65
Abbildung 31: Vergleich der gemessenen Leistungszahlen der Kältemaschine und der Kälteanlage des
Referenzsystems ............................................................................................................................................................................ 68
Abbildung 32: Schaubild der übergeordneten Simulationsablaufstruktur ................................................................. 72
Abbildung : Aufruf er inzelmo elle im Block „Komponentenmo elle“ .............................................................. 73
Abbildung 34: Leistungszahl-Kennlinie der Kältemaschine für das Jahr 2014 ......................................................... 75
Abbildung 35: Darstellung der versetzten Rohrbündelanordnung (l.) und Nahaufnahme des
Wärmeübertragers im vorhandenen Rückkühler (r.) .................................................................................................. 80
Abbildung 36: Programmablaufplan des verwendeten Verfahrens zur Berechnung der trockenen
Rückkühlung .................................................................................................................................................................................... 82
Abbildung 37: Trockene Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Abhängigkeit
der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit ...................................................................................................... 84
Abbildung 38: Trockene Rückkühlleistung der zweiten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Abhängigkeit
der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit ...................................................................................................... 84
Abbildung 39: Schema der Diskretisierung des Kühlturm-Wärmeübertragers für die Berechnung der
feuchten Rückkühlung ................................................................................................................................................................ 89
Abbildung 40: Programmablaufplan des verwendeten Verfahrens zur Berechnung der feuchten
Rückkühlleistung eines Hybridkühlers ............................................................................................................................... 90
Abbildung 41: Feuchte Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Abhängigkeit der
Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit .............................................................................................................. 92
Abbildung 42: Feuchte Rückkühlleistung der zweiten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Abhängigkeit
der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit ...................................................................................................... 92
Abbildung 43: Verdunstungskühlleistung in Abhängigkeit des Diskretisierungsparameters ............................ 93
Abbildung 44: Temperaturverlauf und Leistungsaufnahme der Komponenten für den Rückkühlkreislauf
des Sekundärkältesystems in der Kalenderwoche 46 2017 ...................................................................................... 96
Abbildung 45: Gegenüberstellung der Leistungsaufnahmen der simulierten und gemessenen
Rückkühlanlage (o.) und Vergleich der Nutzungsdauern der einzelnen Kühlturmstufen (u.) .................. 97
Abbildung 46: Darstellung der Vorhersagegenauigkeit des verwendeten Kühlturmmodells bezüglich der
elektrischen Energieaufnahme der Rückkühlanlage ..................................................................................................... 98
Abbildung 47: Bestimmung des Temperaturprofils in einem sensiblen Verdrängungsspeicher ................... 102
Abbildung 48: Schematische Darstellung des Speichermodells mit den relevanten Ein- und
Ausgangsgrößen ......................................................................................................................................................................... 103
Abbildung 49: Schematische Darstellung des Rechengitters eines expliziten Differenzenverfahrens ........ 106
Abbildung 50: Schematische Darstellung des Rechengitters beim Crank-Nicolson Verfahren ....................... 108
Abbildung 51: Diskretisierung des Speichertanks für die Integration der Randbedingungen ........................ 109
Abbildung 52: Vergleich der experimentellen Messdaten mit den Simulationsergebnissen zweier Modelle
mit Dichtekompensation und ohne Dichtekompensation ....................................................................................... 114
Abbildung 53: Testanlage zur Validierung des Kältespeichermodells (l.: Anlage mit Auslagebehälter; m.:
Radialdiffusoren; r.: Acrylglaszylinder mit Bodenplatte) ........................................................................................ 117

240
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 54: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank bei
Aufwärmung mit Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ........................................................................... 119
Abbildung 55: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank bei
Aufwärmung ohne Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ....................................................................... 120
Abbildung 56: Temperaturverläufe und Volumenstrom einer Versuchsreihe mit multiplen Lade- und
Entladeprozessen ....................................................................................................................................................................... 122
Abbildung 57: Vergleich von simulierter und gemessener Temperaturverteilung bei einem
aufeinanderfolgenden Entlade- und Beladevorgang mit niedrigem Volumenstrom ................................... 124
Abbildung 58: Vergleich von simulierter und gemessener Temperaturverteilung bei einem
aufeinanderfolgenden Entlade- und Beladevorgang mit hohem Volumenstrom .......................................... 125
Abbildung 59: Progression der Thermokline im Speicherbehälter zu unterschiedlichen Zeitpunkten bei
Entladung mit hohem Volumenstrom ............................................................................................................................... 126
Abbildung 60: Darstellung einer Analyse des Lastverhaltens am 22.07.2015 ........................................................ 133
Abbildung 61: Beispiel eines Speicherfahrplans auf Basis der Last- und Temperaturanalyse vom
22.07.2015 ..................................................................................................................................................................................... 134
Abbildung 62: Darstellung des Konzeptes der Komponentensteuerung .................................................................. 135
Abbildung 63: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des
Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 35 und 36 des Jahres 2016 .................................................. 140
Abbildung 64: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des
Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 24 und 25 des Jahres 2017 .................................................. 143
Abbildung 65: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des
Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 20 und 21 des Jahres 2015 .................................................. 143
Abbildung 66: Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme der Kältemaschine im
Zeitraum der Kalenderwochen 40 und 41 des Jahres 2015 .................................................................................... 144
Abbildung 67: Auslastung und Leistungszahl für den originalen Lastverlauf und das Szenario mit erhöhter
Kältelast. ......................................................................................................................................................................................... 145
Abbildung 68: Temperatur- und Kältebedarfsverlauf am Tag 5 (08.04.2015) ...................................................... 147
Abbildung 69: Kennlinien der virtuellen Kältemaschinen anhand von vier Beispielen ..................................... 148
Abbildung 70: Leistungszahl der Kälteanlage in Abhängigkeit der Dimension der Kältemaschine .............. 148
Abbildung 71: Vergleich des simulierten Systemverhaltens einer Kältemaschine mit Kältespeicher
gegenüber den gemessenen Kältelastdaten ................................................................................................................... 149
Abbildung 72: Zusammenfassung des Einflusses der maximalen Kältemaschinenleistung und der
Speichergröße auf die Effizienz der Kälteanlage .......................................................................................................... 150
Abbildung 73: Kälteleistung und Effizienz der freien Kühlung in Abhängigkeit der Außentemperatur..... 152
Abbildung 74: Vergleich der Effizienz- und Einsparpotenziale unterschiedlicher Ausbauszenarien der
vorliegenden Kälteinfrastruktur.......................................................................................................................................... 154
Abbildung 75: Betrieb der freien Kühlung bei Unterstützung durch den Kältespeicher ................................... 156
Abbildung 76: Einsatz aller zur Verfügung stehenden Kältekomponenten an einem Tag ................................ 157
Abbildung 77: Betrieb der Kälteanlage nahe der Leistungsgrenze der freien Kühlung...................................... 158
Abbildung 78: Darstellung der Laufzeiten und Leistungszahlen der freien Kühlung in Kombination mit der
Kältemaschine und einem Kältespeicher ......................................................................................................................... 159
Abbildung 79: Plattenwärmeübertrager für die freie Kühlung mit neuen Rohrleitungen für den
angebundenen Kalt- und Kühlwasserkreislauf (schwarze Dämmung) ............................................................. 161
Abbildung 80: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie der regulären
Kälteanlage am 11.03.2017 .................................................................................................................................................... 162

241
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 81: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie der regulären
Kälteanlage am 21.04.2017 .................................................................................................................................................... 163
Abbildung 82: Gegenüberstellung der Leistungszahlen der freien Kühlung und der regulären
Kälteversorgung mit Angabe des Datums der jeweiligen Feldversuche im Jahr 2017 ............................... 165
Abbildung 83: Leistungszahlen der simulierten und der umgesetzten freien Kühlung in Abhängigkeit der
Kälteleistung ................................................................................................................................................................................. 166
Abbildung 84: Aktueller Aufbau des Sekundärkältesystems inkl. aller Maßnahmen, die im Rahmen dieser
Arbeit durchgeführt wurden ................................................................................................................................................. 169
Abbildung 85: Optimierung der hydraulischen Einbindung der Kältemaschinen (originaler Zustand l.,
überarbeiteter Zustand r.) ..................................................................................................................................................... 169
Abbildung 86: Betriebsverhalten der Kälteanlage vor und nach dem Umbau der hydraulischen Einbindung
(oben: ursprüngliche Installation; unten: optimierte Installation) ..................................................................... 171
Abbildung 87: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms im
Kältesystem in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) dem Umbau ..................................... 172
Abbildung 88: Zeitliche Verläufe der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms im
Sekundärkältesystem ............................................................................................................................................................... 174
Abbildung 89: Verteilungen des Volumenstroms sowie der Differenz zwischen Vorlauf- und
Rücklauftemperatur im Sekundärkältesystem ............................................................................................................. 174
Abbildung 90: Betriebsdaten des Reinraumverteilers vom 24. bis 31.03.2014 ..................................................... 176
Abbildung 91: Betriebsdaten des Reinraumverteilers in der Woche vom 26.01. bis 02.02.2015 ................. 178
Abbildung 92: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms über den
Reinraum-Verteiler in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) der Optimierung............. 178
Abbildung 93: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung der Jahre 2014 bis
2017.................................................................................................................................................................................................. 179
Abbildung 94: Vergleich der Leistungszahlen der Kältemaschine sowie der Haupteinflussfaktoren auf die
Effizienz der Kälteversorgung in den Jahren 2014 bis 2017 .................................................................................. 180
Abbildung 95: Vergleich der Leistungszahlverläufe der ausgewählten Jahre in Abhängigkeit der
geforderten Kälteleistung sowie der mittleren Temperaturspreizung T zwischen Vor- und Rücklauf
des Kältesystems ........................................................................................................................................................................ 181
Abbildung 96: Auslastung (l.) und Leistungszahlen (r.) der Kältemaschine in den Jahren 2014 bis 2017 182
Abbildung 97: Jährliche Energieeinsparung durch unterschiedliche Speicher-Netzstützdauern für die
Kältemaschine am IISB. ........................................................................................................................................................... 185
Abbildung 98: Energieeinsparungspotenziale der betrachten Maßnahmen ........................................................... 187
Abbildung 99: Effizienzkennzahlen des Referenzsystems im gesamten Betrachtungszeitraum ................... 190

242
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Zusammenfassung der Daten zu den eingesetzten Rückkühlwerken ...................................................... 56
Tabelle 2: Energiekennzahlen für das Sekundärkältesystem im Jahr 2014 ................................................................ 60
Tabelle 3: Effizienzkennzahlen des Referenzsystems für das Jahr 2014 ...................................................................... 61
Tabelle 4: Eingangsparameter für die Simulation des Kältesystems ............................................................................. 74
Tabelle 5: Übersicht der zusammengestellten Messdaten für die Validierung des Kühlturmmodells ........... 94
Tabelle 6: Wetterdaten und abgeführte Wärmemengen des Kühlturms in den betrachteten
Kalenderwochen ............................................................................................................................................................................ 95
Tabelle 7: Übersicht zu der Konstruktion, den Abmessungen und der Temperaturmesstechnik der
verwendeten Testanlage ......................................................................................................................................................... 117
Tabelle 8: Zusammenfassung der möglichen Betriebszustände der Komponenten des betrachteten
Kältesystems. ................................................................................................................................................................................ 135
Tabelle 9: Zeiträume und Ergebnisse der Validierung Kältesystem-Modells .......................................................... 142
Tabelle 10: Zusammenfassung der Messdaten der ausgewählten Zeiträume......................................................... 146
Tabelle 11: Übersicht der gewählten Zeiträume für die Untersuchung der Szenarien ....................................... 153
Tabelle 12: Übersicht zu den umgesetzten Effizienzmaßnahmen ................................................................................ 168
Tabelle 13: Einsparung der elektrischen Leistungsaufnahme der Kältemaschine durch Einsatz eines
Kältespeichers mit einer Netzstützdauer von drei Stunden ................................................................................... 184

243
Tabellenverzeichnis

244
SYMBOLVERZEICHNIS

Symbol Bedeutung Einheit

Lateinische Buchstaben
𝐴 Fläche m2
Querteilungsverhältnis −
𝐴𝑉 Aspektverhältnis −
𝑏 Längsteilungsverhältnis −
𝐵𝑖 Biot-Zahl −
𝑐𝑝 Isobare Wärmekapazität J/(kg K)
Kennzahl
𝑟 Courant-Zahl −
𝑑 Durchmesser m
𝐸̇ Exergiestrom W
𝐴 Anordnungsfaktor −
𝑔 Erdbeschleunigung m/s²
ℎ spezifische Enthalpie J/kg
𝐻 Höhe m
𝐻̇ Enthalpiestrom W
𝑘 Wärmedurchgangskoeffizient W/(m2 K)
𝐿 Länge m
𝐿0 − 𝐿 Lüfterstufe eines Kühlturms −
𝐿 Leistungszahl −
𝑀 Stabilitätsgrenze −
𝑚 Masse kg
𝑚̇ Massenstrom kg/s
𝑀𝐴 Ausgabematrix ivers
Anzahl −
𝑁 Drehzahl /s
𝑁𝑢 Nußelt-Zahl −
𝑃 Leistungsaufnahme W
Druck (Umgebungsluft) Pa
𝑃𝑟 Prandtl-Zahl −
𝑄 Wärmeenergie J
𝑄̇ Wärmestrom W
𝑅 Wärmeleitwiderstand K/W
𝑟 Radius m
𝑅𝑒 Reynolds-Zahl −
𝑆 Entropie J/K
𝑆̇ Entropieproduktionsstrom W/K
Abstand m

245
Symbolverzeichnis

Symbol Bedeutung Einheit


𝑆𝑍𝑀 Zustandsmenge der Zustandsmaschine −
𝑆 Ladezustand −
𝑇 Temperatur K
Zeit s
𝑈 Umfang m
𝑉 Volumen m³
𝑉̇ Volumenstrom m³/s
Datenvektor ivers
𝑤 Strömungsgeschwindigkeit m/s
Strecke m
𝑋 Wassergehalt −
Zustand −
Griechische Buchstaben
𝛼 Wärmeübergangskoeffizient W/(m2 K)
𝜒 Übergangsbedingung −
Δ Differenz −
𝛿 Wanddicke m
𝜙 Zustandsüberführungsfunktion −
𝜂 Wirkungsgrad −
𝜑 relative Luftfeuchte −
𝛬 Ausgabealphabet −
𝜆 Wärmeleitkoeffizient W/(m K)
𝜈 kinematische Viskosität kg/(m s)
Θ Wichtungsfaktor −
𝜚 Dichte kg/m³
𝛴 Eingabealphabet −
𝜎 Ausgabefunktion −
𝜐 Temperaturleitfähigkeit m²/s
𝛹 Hohlraumanteil −
𝜉 Druckverlustbeiwert −

246
Symbolverzeichnis

Indizes

0 Startbedingungen 𝐿𝑢 Luft
−9 Indizierung des Elementes 1-9 𝑚 gemitteltes Maß
𝐴 Austritt 𝑚 Maximum
𝑢 außen 𝑚𝑖 Minimum
𝑏 bulk (Volumen) 𝑁 Bezug auf Nutzung
𝑏𝑒 Beladung Anzahl
𝐵ü 𝑑𝑒 Rohrbündel oben
Carnot isobar
∆ Zeitdifferenz 𝑃 Pumpe
𝐷 Dampf 𝑟𝑖𝑚 Primärkältesystem
𝑑 Tag 𝑃𝑟 𝑔 Prognose
𝐷 Diffusor 𝛹 bezogen auf Hohlraumanteil
𝐷𝑖 Differenz 𝑞 Querschnittsfläche
𝐸 Eintritt 𝑄 Wärmeanwendung
𝑒 elektrisch 𝑞 querangeströmt
𝑒 exergetisch 𝑅 Rohr
Kühlgrenze 𝑟 Rest
𝐹 Freie Kühlung 𝑟𝑒 reversibel
Fluid 𝑅 Rückkühler
𝐿 feuchte Luft 𝑅𝐿 Rücklauf
𝐹 Fahrplan 𝑅𝑟 Rohrreihe
𝐹𝑇 Fluidtransport Sättigungspunkt
𝑔𝑒 Gesamt 𝑆 Bezug auf Steuerung
𝐺𝑟 Grenzwert 𝑆𝑐ℎ Schaltschrank
ℎ hydraulisch 𝑆𝐷 Schalldämpfer
ℎ𝑟 horizontal 𝑒𝑘 Sekundärkältesystem
𝑖 Indizierung Element/Ort 𝑆 Sollwert/Vorgabe
𝑖𝑑 ideal 𝑆𝑃 Speicher
𝑖 innen 𝑢𝑟𝑏 turbulent
𝑖𝑟𝑟 irreversibel 𝑈 Umgebung
𝑖 Dämm- bzw. Isolierschicht 𝑢 unten
𝑗 Indizierung Element Ü Bezug auf Überstromlänge
Bezug auf Kälte 𝑉𝑒 Verdampfung
𝑘 Zeitpunkt 𝑉𝑒𝑟 Verlust
𝐴 Kälteanlage 𝑉𝐿 Vorlauf
Kaltwasser vertikal
𝑀 Kältemaschine 𝑤 Wand
Kondensation 𝑊 Wasser
ü Kühlmittel 𝑤 Wand
𝐿 Luft 𝑊𝐺 Wasser-Glykol-Gemisch
𝑚 laminar 𝑊Ü Wärmeübertrager
Bezug auf Kältelast Komponenten
𝑔 Logarithmisch

247
Symbolverzeichnis

248
STICHWORTVERZEICHNIS

𝑨 H
Anergie 27-28 Häufigkeitsverteilung 60
Ausgabealphabet 136, 217 Hybridkühlturm 21-22
Ausgabefunktion 136 Hydraulischer Umbau 169-172
Ausgleichsfunktion 68, 75, 181 Heuristische Verfahren 36-37, 70
Auslagebehälter 117, 212
𝑰
𝑩
Implizites Verfahren 107-109
Betriebsstrategie 35-37, 39, 72-74, Iterative Verfahren
130-138 Trockene Rückkühlung 82
Berechnungszeit 100 Feuchte Rückkühlung 90
𝑪 Feuchtkugeltemperatur 88

Crank-Nicolson-Verfahren 105, 107-109 𝑱

𝑫 Jährliche Auslastung 59, 179

Dichteinversion 113-114, 129


Differenzenquotient 105-108 Kälteanlage 17
Diskretisierungsstufe 93, 203-205 Kälteenergie 16
Druckverlust 63 Kältelast 16
𝑬 Kälteleistung 15
Kältemaschine 17-18
Effizienzkennzahlen 61, 190-191 Kältemittel 18
Effizienzmaßnahmen 167-168 Kaltwasser 16
Eingabealphabet 136, 216 Kühlmedium 17-18, 20-22
Enthalpie 5-6 Komponentenmodelle 72-73, 135
Entropie 28, 30 Kondensator 16-18
Exergetischer Wirkungsgrad 28-29, 61, Konvektions-Diffusions- 105
64-65, 190 Gleichung
Expansionsventil 18
Explizites Verfahren 106-107 𝑳

𝑭 Ladezustand 103
Längsteilungsverhältnis 79, 199-200
Fahrplan (Speicher) 71-74, 130-134 Lastprognose 36-37, 131
Feuchtkugeltemperatur 21, 86-89, Latente Speicher 39-40, 41-44
202-203 Leistungsschieber 19, 54
Freie Kühlung 22-25, 33, 66-67, Lastverschiebung 32-33, 36
151-153,
Leistungszahl
155-167
reale 25-26
G ideale nach Carnot 26
Gegenstromprinzip 12-13 ideale der Nutzung 27
Grädigkeit 47-48, 67, 152

249
Stichwortverzeichnis

𝑴
Temperaturspreizung 40, 58, 60,
Monitoringsystem 56-57 62-64, 170-179,
Maschinenauslastung 59, 179 180-183
Thermochemische Speicher 39-40, 44
𝑵 Thermokline 46, 52
Natürliche Konvektion 56, 85-86 Tridiagonalmatrix 108, 110-111
(Kühlturm) 𝑼
Nutztemperatur 26-28
Übergangsbedingung 135-136,
𝑶 216-217
Optimierte 36-37 Übergangszone 45-46, 52
Betriebsstrategien Unterschreitungsdauer 23-24, 222
𝑽
Primärkältesystem 55-56 Verdampfer 16-18
Peripherieaggregate 29, 96-97, 140 Verdichter 18-20
Programmablaufplan Verdrängungsspeicher 45
Trockene Rückkühlung 82 Verdunstungskühlung 21-22, 86-93
Feuchte Rückkühlung 90 Vorlauftemperatur 16
𝑾
Querteilungsverhältnis 79, 199-200 Wärmestrom 5-6
Quervermischung 120 Wärmeleitung 7-8
Wärmedurchgang 7, 10-11
Wärmeübergang 7, 8-10
Radialdiffusor 117-118, 121 Wasserbedarf 154-155
Randbedingungen 109-110 Wassergehalt der Luft 81
(Speichermodell)
Rasterdiagramm 57 𝒁
Referenzsystem 53-60, 168-169 Zustand 72-73, 135-136,
Rohrbündel-Wärme- 22, 76-81 217
übertrager Zustandsmaschine 131, 134-138,
Rückkühlkreislauf 17, 23 216-217,
Rückkühlwerk 16-17, 20-22, Zustandsmenge 136, 217
54-56 Zustandsüberführungs- 136
Rücklauftemperatur 16 funktion
𝑺
Sättigungspunkt 87
Sekundärkältesystem 53
Sensible Speicher 39-41
Simulationsablaufstruktur 71-74
Speicherverluste
externe 48-50
interne 50-52
Spitzenlastreduktion 34-35
𝑻
Tagestemperaturdifferenzen 32-33

250
LISTE DER EIGENEN VERÖFFENTLICHUNGEN

Puls P (2018) Free cooling reduces energy consumption of cold water systems. Integra-
tion of Sustainable Energy Expo & Conference (iSEnEC), 17. - 18. Juli 2018, Nürnberg.

Puls P, Linhardt S, Öchsner R (2016) Enhancing chiller efficiencies via use of cold energy
storage. In Schulz, D. (Editor) Nachhaltige Energieversorgung und Integration von Spei-
chern. Tagungsband zur NEIS Conference 2016, S. 123-129. Springer Vieweg, Springer
Fachmedien Wiesbaden.

Puls P, Öchsner R (2016) Potential savings via use of free cooling and cold energy stor-
age. Integration of Sustainable Energy Conference (iSEneC), 10. - 11. Jul. 2016, Nürn-
berg.

Puls P (2016) Einsatz von Kältespeichern zur Steigerung der Effizienz von Kälteversor-
gungssystemen. 5. Fachforum Thermische Energiespeicher, Anwendungen im Gebäude
und in der Industrie sowie angewandte Forschung, 30. Jun. – 01. Jul. 2016, Neumarkt.

Puls P (2016) Effizienter Einsatz von Kältespeichern zur Reduktion der Kältegeste-
hungskosten. In OTTI e.V. (Editor) Effiziente Kältetechnik in der Anwendung. Brenn-
punkt, neue Entwicklungen, Lösungen aus der Praxis, 02. - 03. Mär. 2016, Regensburg.

Puls P, Linhardt S, Öchsner R (2015) Entwicklung von Betriebsstrategien zur Verbesse-


rung der Effizienz von Kälteversorgungssystemen mit thermischen Speichern. In Schulz,
D. (Editor) Nachhaltige Energieversorgung und Integration von Speichern. Tagungsband
zur NEIS Konferenz Hamburg 2015, S. 166-171. Springer Vieweg, Springer Fachmedien
Wiesbaden.

Puls P (2014) Effizienzsteigerung in Kälteversorgungssystemen. Produzieren für mor-


gen. Kosten und Energie sparen durch effiziente Kältetechnik. IHK Fachforum Nürnberg
für Mittelfranken, 06. Nov. 2014, Nürnberg.

251

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