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Doktor-Ingenieur
vorgelegt von
Philipp Puls
Mein besonderer Dank geht an Herrn Prof. Dr. Lothar Frey, welcher das Projekt initiierte
und mir damit die Möglichkeit für diese Arbeit gab. Er unterstützte die Nutzung des In-
stitutsgebäudes als Demonstrationsplattform für die Integration innovativer Energie-
konzepte und sprach sich dabei auch für tiefgreifende strukturelle Veränderungen der
Infrastruktur aus.
Leider konnte Prof. Frey meine Arbeit nicht bis zum Abschluss betreuen. An dieser Stelle
hat sich PD Dr. techn. Peter Pichler bereiterklärt, die Betreuung der Arbeit zu überneh-
men. Für diesen anstrengenden Akt, aber auch für seine vielen wertvollen Anmerkun-
gen, möchte ich ihm meinen großen Dank aussprechen. Ebenso möchte ich PD Dr.-Ing.
Karsten Müller sowie Prof. Dr.-Ing. Marco Pruckner danken, welche kurzfristig die Rol-
len des Zweit- und Drittgutachters für diese Arbeit übernommen haben.
Darüber hinaus bedanke ich mich bei meinen derzeitigen und ehemaligen Kollegen und
Studenten für ihre stete Diskussionsbereitschaft sowie das ausgezeichnete Arbeitsklima.
Dies hat mich bei der Anfertigung dieser Arbeit stets unterstützt und motiviert.
Meiner Frau Anne und meinen beiden Söhnen Leonhardt und Kilian danke ich für ihre
liebevolle Fürsorge, aber auch für ihr Verständnis und die Gewährung des nötigen Frei-
raums, welcher die Anfertigung dieser Arbeit erst möglich gemacht hat.
Um eine Basis für die Bewertung unterschiedlicher Maßnahmen herzustellen, wurde das
Referenzsystem analysiert. Hierbei wurde eine relativ geringe Auslastung der vorhan-
denen Kältemaschinen festgestellt, welche zusammen mit einem hohen Kaltwasser-
Volumenstrom und einer geringen Temperaturspreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf
des Kältesystems eine niedrige Gesamteffizienz der Kälteanlage verursachte. Auf Basis
dieser Erkenntnisse wurde eine Methodik zur Erhöhung der Anlageneffizienz abgeleitet.
Diese beinhaltet die Absenkung des Kaltwasser-Volumenstroms, den Einsatz eines Käl-
tespeichers zur Erhöhung der Auslastung der Kältemaschine sowie den Einsatz von frei-
er Kühlung in Zeiträumen mit niedriger Kältelast. Um das Einsparpotenzial des Kälte-
speichers und der freien Kühlung zu quantifizieren, wurden Modelle für die wichtigsten
Komponenten des Kältesystems entwickelt und in ein Systemmodell integriert. Die Effi-
zienz- und Einsparpotenziale der beiden im Modell betrachteten Technologien wurden
anschließend denen der umgesetzten, konventionellen Maßnahmen gegenübergestellt.
Die Ergebnisse der Simulationen implizieren, dass der Einsatz eines Kältespeichers und
der freien Kühlung signifikante Einsparpotenziale aufweist. Mit Hilfe eines Kaltwasser-
speichers mit 80 m³ Volumen lassen sich etwa 10 % der jährlichen, betriebsgebunden
Kosten des Referenzsystems einsparen. Die Kosteneinsparung durch Nutzung von freier
Kühlung liegt bei etwa 12 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass freie Kühlung in den
Sommermonaten aufgrund hoher Umgebungstemperaturen nicht betrieben werden
kann. Das Einsparpotenzial ergibt sich somit allein aus der Winterperiode, in welcher
die Einsparungen höher liegen als der Jahresdurchschnittswert von 12 %. Die konventi-
onellen Effizienzmaßnahmen wiesen dagegen ein Einsparpotenzial von etwa 20 % auf,
setzten sich jedoch aus zahlreichen, individuellen Optimierungsmaßnahmen im Kälte-
system zusammen. Der geplante Kältespeicher konnte aufgrund eines Bauverzuges nicht
im Rahmen der vorliegenden Arbeit umgesetzt werden. Die Implementierung der freien
Kühlung wurde hingegen erfolgreich abgeschlossen und das Einsparpotenzial unter-
sucht. Die experimentellen Ergebnisse stehen dabei in guter Übereinstimmung mit den
Prognosen des Simulationsmodells. Während des Betriebs der freien Kühlung wurde ein
Einsparpotenzial von etwa 47 % gegenüber der Kältemaschine vorausgesagt, welches
mit einem Wert von 50 % der umgesetzten Anlage leicht übertroffen wurde.
ABSTRACT
In this work, different options for improving the energy efficiency of cold water systems
are investigated and compared. The cold water system at the Fraunhofer-Institute for
Integrated Systems and Device Technology IISB in Erlangen is used as a reference sys-
tem as well as a platform for the implementation of derived efficiency measures. An im-
portant subgoal of this work is the comparison of energy saving potentials of conven-
tional efficiency measures and innovative concepts, such as the utilization of cold stor-
age and free cooling. An implementation of innovative concepts is usually associated
with higher technical efforts. Further, energy savings are dependent on various systemic
boundary conditions. Therefore, prior to the implementation of efficiency measures, a
simulation tool was developed, that was used to investigate efficiencies of the consid-
ered reference system in dependence of various system impacts.
In order to establish a basis for the evaluation of different efficiency measures, the initial
state of the cold water system at the IISB was analyzed. As a result, a significant partial
load operation of the chillers was identified. This caused low system efficiencies along
with high flow rates and a low temperature difference between the feed line and the
return line of the cold water system. Based on those findings, a methodology for enhanc-
ing the system efficiency was developed. This comprised the reduction of flow rates and
the elevation of the temperature spread in the cold water system, the usage of cold stor-
age for improving the chiller load as well as free cooling at times where cooling demand
is low. In order to quantify the energy savings of cold storage and free cooling, models
for the relevant components of the cold water system were developed and integrated
into a system simulation tool. The efficiency potentials and energy savings where then
compared to those of conventional efficiency measures.
The simulation results imply that the use of cold storage and free cooling bears signifi-
cant energy saving potentials. With 80 m³ of cold water storage, 10 % of the operation
costs of the reference system can be saved. In the case of free cooling about 12 % can be
saved. It should be noted that, due to higher outside temperatures, free cooling cannot
be used in the summer period. The stated number arises solely from the winter period,
where the saving potential is actually higher than the given average annual value of
12 %. The conventional efficiency measures resulted in total energy savings of about
20 % of the operating costs but comprised several individual actions. The cold storage
could not be completed during the course of this work. However, the free cooling system
was successfully integrated and its saving potential was examined. The experimental
results showed a very good agreement with the model forecasts: Simulation results im-
plied that free cooling would save 47 % of the overall energy demand for cooling in
comparison to the chiller while it is operated. The implemented system showed actual
energy savings of 50 % and therefore exceeded the expectations from the simulation.
INHALTSVERZEICHNIS
ANHANG 197
A. Daten zum Referenzsystem 197
B. Modell Rückkühler 199
C. Modell thermischer Speicher 206
D. Zustandsmaschine 216
E. Validierung des Simulationsansatzes 218
F. Simulationsergebnisse 222
G. Effizienzmaßnahmen 225
LITERATURVERZEICHNIS 229
ABBILDUNGSVERZEICHNIS 239
TABELLENVERZEICHNIS 243
SYMBOLVERZEICHNIS 245
STICHWORTVERZEICHNIS 249
II
1. MOTIVATION UND ZIELSTELLUNG
Eine kontinuierliche Verfügbarkeit von Kälte ist die Basis unserer modernen Lebenskul-
tur, die Frischhaltung von Nahrungsmitteln durch Kühlung ist nur ein anschauliches
Beispiel hierfür. In der Industrie werden Kälteprozesse für die Kühlung von energiein-
tensiven Prozess- und Fertigungsmaschinen eingesetzt. Die stetige Versorgung mit
Kaltwasser stellt eine Voraussetzung für kontrollierte Prozessbedingungen bei der Fer-
tigung von hochqualitativen, technischen Bauteilen und der Herstellung komplexer me-
dizinisch-pharmazeutischer Produkte dar. Der Betrieb von hochreinen Fertigungsumge-
bungen wie Reinräumen ist ebenso mit einem hohen Aufwand für die Filterung und Auf-
bereitung wie mit der Konditionierung und Klimatisierung der Luft mit Kälte verbunden.
Auch im Gebäudebereich spielt Kälte eine immer größere Rolle, da die Komfortansprü-
che von Nutzern steigen und Architekten und Planer immer häufiger verglaste Gebäude-
fassaden einsetzen, welche im Sommer hohe Wärmelasten1 verursachen.
Der Energiebedarf für Kältesysteme machte in Deutschland im Jahr 2009 etwa 14 % des
gesamten Strombedarfes2 aus. Etwa 30 % des gesamten Kältebedarfs entstammte dabei
Klima-Kältesystemen und industriellen Anwendungen, welche vor allem Kaltwasser für
die Versorgung der Anlagen verwenden. In der Praxis wird ein Großteil der Klima- und
Kälteanlagen dezentral betrieben. Kältesysteme sind dabei üblicherweise auf die indivi-
duellen Anforderungen des Standorts zugeschnitten und wachsen mit dem Bestandssys-
tem. Durch gewachsene Strukturen und eine hohe Komplexität der verschiedenen Teil-
komponenten werden Kälteanlagen häufig nicht optimal betrieben. Die Einsparpotenzia-
le für den Betrieb der Anlagen werden daher auf 40 bis 56 % des elektrischen Energie-
bedarfes der Kälteanlagen geschätzt3,4. Davon können bereits zwischen 8 und 17 %
durch eine Optimierung der Betriebsführung der Anlagen erreicht werden5,6. Konventi-
onelle Maßnahmen stellen dabei insbesondere die Anpassung der Temperaturen im
Kältesystem sowie die Optimierung der Hydraulik und der Regelungstechnik dar. Die
konkreten Handlungsoptionen sind jedoch sehr individuell und können erst durch eine
aufwändige Analyse des vorliegenden Systems sowie der einzelnen Komponenten iden-
tifiziert werden.
1
1 Motivation und Zielstellung
ren anstelle der Kältemaschine für die Kälteversorgung eingesetzt werden kann, ist
hierzulande wenig gebräuchlich. Solche Komponenten können den elektrischen Ener-
giebedarf eines Kältesystems reduzieren7,8, müssen jedoch für die Anforderungen der
jeweiligen Infrastruktur ausgelegt werden. Hierfür werden konkrete Dimensionen sowie
Betriebsanweisungen benötigt, anhand derer die Anlagen gesteuert werden. Die Defini-
tion von Betriebsstrategien ist in der Praxis nicht trivial, da die Freiheitsgrade eines Käl-
tesystems mit der Anzahl von möglichen Kälteversorgern zunehmen. Insbesondere die
Betriebsstrategie des Kältespeichers wird aufgrund der großen Vielzahl an Hand-
lungsoptionen in der wissenschaftlichen Literatur häufig als Optimierungsproblem auf-
gefasst. Daneben sind die Topologien und Lastprofile in Kältesystemen sehr individuell,
was einen hohen Aufwand für die Identifikation entsprechend geeigneter Nutzungskon-
zepte bedeutet.
Parallel zur Untersuchung des Einsatzes der oben genannten Komponenten wird eine
Analyse des Effizienzpotenzials konventioneller Maßnahmen im betrachteten Referenz-
system durchgeführt. Auf Basis dieser Analyse werden Handlungsoptionen abgeleitet,
welche die Effizienz des betrachteten Kältesystems erhöhen. Durch Umsetzung dieser
Maßnahmen können die vorgeschlagenen Effizienzpotenziale und die methodische Her-
angehensweise in dieser Arbeit verifiziert werden. Auf Basis der Analyse des Referenz-
systems werden außerdem Effizienzkennzahlen gebildet, welche zur Identifikation von
Effizienzpotenzialen und als Referenz zur Priorisierung unterschiedlicher Maßnahmen
in anderen Kältesystemen herangezogen werden können. Als ein Hauptergebnis dieser
Arbeit werden die Einsparpotenziale aller betrachteten Maßnahmen gegenübergestellt
2
1 Motivation und Zielstellung
und anhand ihres Potenzials zur Reduktion der elektrischen Energieaufnahme des Käl-
tesystems bewertet.
Die Kapitel dieser Arbeit bauen aufeinander auf und vermitteln sukzessiv die wesentli-
chen Informationen für das Verständnis der gewählten Herangehensweise und Metho-
dik. Im Kapitel 2 dieser Arbeit wird ein Überblick über die Grundlagen von Wärmeüber-
tragungsprozessen anhand von Anwendungsbeispielen gegeben. Dabei werden Modelle
und mathematische Zusammenhänge vorgestellt, welche im Rahmen der weiteren Be-
trachtungen benötigt werden. Im Kapitel 3 wird ein allgemeiner Überblick über die Ar-
chitektur von Kältesystemen gegeben. Aufbauend auf einer Beschreibung typischer Sys-
temtopologien und verwendeter Komponenten werden relevante Einflussfaktoren defi-
niert, welche den Betrieb und die Effizienz eines Kältesystems beeinflussen. Darüber
hinaus wird eine Einordnung der Rolle des Kaltwasserspeichers in Kältesystemen vor-
genommen und aufgezeigt, wie der Speichereinsatz die Effizienz des Systems beein-
flusst. Das Kapitel 4 enthält eine Vorstellung des Referenzsystems und nutzt die Infor-
mationen aus den Kapiteln 2 und 3, um mögliche Ansätze für Effizienzmaßnahmen fest-
zulegen. Am Ende des vierten Kapitels wird eine Vorgehensweise abgeleitet, welche die
notwendigen Schritte zur Erreichung der oben genannten Zielstellungen definiert. Zu
diesen gehören insbesondere die Entwicklung einer Simulationsumgebung für Kältesys-
teme und die Quantifizierung des Einsparpotenzials der experimentellen und simulier-
ten Effizienzmaßnahmen. Im Kapitel 5 werden die Ablaufstruktur der Simulation sowie
die Modelle und Betriebsstrategien der Komponenten vorgestellt. Die in dieser Arbeit
entwickelten Modelle umfassen die Kältemaschine, die Rückkühlwerke, den Kaltwasser-
speicher und die Förderaggregate des Referenzsystems. Zur Umsetzung der Betriebs-
strategie wird eine Zustandsmaschine entworfen, welche am Ende des fünften Kapitels
vorgestellt wird. Im Kapitel 6 werden die Effizienzpotenziale des Kältespeichers und der
freien Kühlung unter verschiedenen Randbedingungen im Rahmen von Simulationen
untersucht. Im Anschluss werden die parallel verfolgten Maßnahmen im Referenzsys-
tem beschrieben und die entsprechenden Effizienzpotenziale aufgezeigt. Das Kapitel
schließt mit einer Gegenüberstellung der betrachteten Maßnahmen und einer Diskussi-
on der jeweiligen Relevanz für den praktischen Einsatz. Eine Zusammenfassung der Er-
gebnisse dieser Arbeit erfolgt im Kapitel 7. Im anschließenden Ausblick werden mögli-
che Ansatzpunkte für die Fortführung der vorgestellten Arbeiten adressiert.
3
1 Motivation und Zielstellung
4
2. GRUNDLAGEN DER WÄRMEÜBERTRAGUNG
Der Transport von Wärmeenergie erfordert in der Regel eine Überwindung unterschied-
licher Medien- und Materialgrenzen. Dies trifft insbesondere auf Kältesysteme zu, bei
welchen die Wärmeenergie von Kältenutzern über mehrere Teilsysteme an die umge-
bende Luft abgegeben wird. Für den Wärmetransport zwischen verschiedenen Wärme-
trägermedien werden Wärmeübertrager eingesetzt, welche grundsätzlich nach direkter
und indirekter Arbeitsweise9 klassifiziert werden. Direkte Wärmeübertrager bringen die
beteiligten Fluide miteinander in Berührung, sodass ein Wärme- und Stoffaustausch
zwischen beiden stattfinden kann. Bei einem indirekten Wärmeübertrager sind die
Wärmeträgermedien dagegen durch eine Wand getrennt, um einen Stoffaustausch zu
vermeiden10. Eine solche Trennung ist bei Kältesystemen notwendig, da die beteiligten
Medien aufgrund einer resultierenden Degradation gewünschter thermo-physikalischer
Eigenschaften nicht miteinander gemischt werden dürfen. Im Vergleich zur direkten
Wärmeübertragung schränkt das indirekte Prinzip den Kontakt zwischen den Medien
sowie den Wärmetransport ein. Dieser potentielle Nachteil wird mit Hilfe einer mög-
lichst großen Oberfläche zwischen den Wärmeträgermedien kompensiert. In der Praxis
werden häufig Wärmeübertragungsaufgaben in Rohrleitungen und Kanälen betrachtet.
Abbildung 1 zeigt den Wärmestrom 𝑑𝑄̇ durch den Wandabschnitt 𝑑𝐴 eines Rohrseg-
ments auf ein strömendes Fluid mit dem Enthalpiestrom 𝐻̇ , der Dichte 𝜌, der Strö-
mungsgeschwindigkeit 𝑤 und der spezifischen Enthalpie ℎ.11
𝑑𝑄̇
𝑑𝐴
𝐻̇ 𝐻̇ + 𝐻̇
𝜌 𝑤 ℎ 𝑑𝐴 𝑑𝐴
Abbildung 1: Änderung der Enthalpie eines strömenden Fluids im Kanal durch Zufuhr von
Wärme über die Rohrwand12
Unter Vernachlässigung einer Änderung der kinetischen Energie verursacht der zuge-
führte Wärmestrom 𝑄̇ nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik eine Erhöhung
der Enthalpie des strömenden Fluids. Damit lässt sich der Wärmestrom in dem betrach-
teten Abschnitt nach Gleichung 1 formulieren.13
5
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
Für eine Verknüpfung des Wärmestroms mit der Temperatur 𝑇 des strömenden Fluids
wird zunächst der Enthalpiestrom 𝐻̇ durch das Produkt aus dem Massenstrom 𝑚̇ und
der spezifischen Enthalpie ℎ(𝑇𝑓𝑙 ) des Fluids ausgedrückt.14
𝐻̇ = ∫ 𝜌 ∙ 𝑤 ∙ ℎ(𝑇) ∙ 𝑑𝐴 = 𝑚̇ ∙ ℎ(𝑇𝑓𝑙 ) 2
Aus Gleichung 2 ergibt sich die Definition der sogenannten adiabaten Mischtempera-
tur 𝑇𝑓𝑙 . Diese würde sich durch Vermischung aller Fluidelemente eines Quer-
schnittssegments ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung einstellen. Um die prakti-
sche Berechnung zu vereinfachen, wird die spezifische Enthalpie ℎ(𝑇𝑓𝑙 ) durch das Pro-
dukt der isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝 und der adiabaten Mischtemperatur 𝑇𝑓𝑙 des Fluids
ersetzt. Da die Strömungsgeschwindigkeit durch Wandhaftungseffekte nicht über den
Querschnitt 𝐴 gleichverteilt ist, können lokale Temperaturgradienten auftreten, welche
durch die Verwendung der adiabaten Mischtemperatur 𝑇𝑓𝑙 berücksichtigt werden. Unter
Vernachlässigung der Druckabhängigkeit der spezifischen Enthalpie und Annahme einer
konstanten isobaren Wärmekapazität lässt sich für den Wärmestrom die folgende Ab-
hängigkeit formulieren.15
Bei einer Kanalströmung kann der Wärmestrom mit den oben beschriebenen Annahmen
somit über den einfachen Zusammenhang16
𝑄̇ = 𝑚̇ ∙ 𝑐𝑝 ∙ (𝑇𝑓𝑙,𝐴 − 𝑇𝑓𝑙,𝐸 ) 4
berechnet werden. Dabei stellen 𝑇𝑓𝑙,𝐸 und 𝑇𝑓𝑙,𝐴 die Temperaturen des Wärmeträgerme-
diums am Eintritt und am Austritt eines beheizten oder gekühlten Rohres dar. In prakti-
schen Anwendungen erfahren Wärmeträgermedien zum Teil signifikante Temperatur-
unterschiede, weshalb die Annahme einer konstanten Wärmekapazität nicht immer zu-
lässig ist. Dann wird die isobare Wärmekapazität auf den arithmetischen Mittelwert der
Temperaturen zwischen Eintritt und Austritt des Fluids bezogen. Dies erfolgt gleicher-
maßen für alle temperaturabhängigen Stoffeigenschaften, welche bei der Tempera-
turänderung eines Fluids in dieser Arbeit benötigt werden.
6
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
Durch Substitution der Enthalpiedifferenzen am Eintritt und Austritt der Fluide mit dem
Produkt der dazugehörigen Temperaturdifferenz und der isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝,𝑖
kann die folgende Formulierung für den übertragenen Wärmestrom abgeleitet werden.
Die Gleichung gilt bei Strömungen ohne Phasenübergang der beteiligten Fluide.19
Der Transport von Wärmeenergie zwischen zwei Fluiden über eine trennende Wand
wird als Wärmedurchgang bezeichnet. Zu den daran beteiligten Transportmechanismen
gehören Wärmeleitung, konvektiver Wärmeübergang und Wärmestrahlung. Bei strö-
menden Flüssigkeiten spielt die Wärmestrahlung nur eine untergeordnete Rolle und
wird daher häufig vernachlässigt. Die Wärmeleitung ist dagegen bestimmend für den
Wärmetransport durch das Wandmaterial. Sie beschreibt den Wärmeenergietransport
zwischen benachbarten Molekülen aufgrund eines vorhandenen Temperaturgradienten.
Abbildung 3 zeigt schematisch den Transport eines Wärmestroms 𝑄̇ durch eine Wand
mit der Dicke 𝛿𝑊 und den Wandtemperaturen 𝑇𝑤,1 und 𝑇𝑤,2 .20
𝑇 𝛿𝑊
𝑇𝑤,1
𝐴 𝑇𝑤,2
𝑄̇
Wand
Abbildung 3: Wärmeleitung durch eine ebene Wand21
7
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
Die gegebene Gleichung setzt eine konstante Durchtrittsfläche für den Wärmestrom vo-
raus. Bei der Betrachtung von Rohrleitungen ist diese nicht gegeben, da sich die Quer-
schnittsfläche mit abnehmendem Radius von der Rohraußenseite zur -innenseite hin
reduziert. Durch Bildung eines mittleren Flächenmaßes 𝐴𝑚 können Querschnittsverän-
derung bei Rohren berücksichtigt werden. Hierfür werden die Länge L des Rohres sowie
die Rohrdurchmesser 𝑑1 und 𝑑2 auf der Außen- und Innenseite benötigt.26
𝑑1 −𝑑2
𝐴𝑚 = 𝑑 ∙𝜋∙𝐿 8
𝑙𝑛 1
𝑑2
Mit Hilfe des mittleren Flächenmaßes 𝐴𝑚 kann Gleichung 7 für die Betrachtung von
Wärmeübertragungsprozessen an Rohrwänden umgeformt werden.27
𝐴 ∙𝜆∙(𝑇 −𝑇 ) 2∙𝜋∙𝐿∙𝜆∙(𝑇𝑤,1 −𝑇𝑤,2 )
𝑄̇ = 𝑚 𝛿𝑤,1 𝑤,2 = 𝑑1 9
𝑊 𝑙𝑛 ⁄𝑑
2
8
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
Wand auch von der Strömungsgeschwindigkeit des Fluids und der Geometrie und Ober-
flächenbeschaffenheit der Wand ab.
𝜆⁄
𝑇 𝛼
𝐴
𝑇𝑓𝑙
𝑇𝑤
𝑄̇
Fluid Wand
Abbildung 4: Konvektive Wärmeübertragung eines strömenden Fluids auf eine Wand29
Um den Wärmestrom 𝑄̇ zwischen einem Fluid mit der Temperatur 𝑇𝑓𝑙 und einer Wand
mit der Temperatur 𝑇𝑤 zu berechnen, wird der sogenannte Wärmeübergangskoeffi-
zient 𝛼 verwendet. Dieser enthält Informationen zu den Strömungsbedingungen, den
temperaturabhängigen Stoffwerten des Fluids sowie der Geometrie und den Oberflä-
cheneigenschaften der Wand30. In der Praxis wird häufig der mittlere Wärmeübergangs-
koeffizient 𝛼𝑚 nach Gleichung 10 verwendet, welcher lokale Änderungen des Wärme-
übergangskoeffizienten entlang der wärmeübertragenden Fläche durch den Mittelwert
berücksichtigt.31
𝑄̇ = 𝛼𝑚 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇𝑓𝑙 − 𝑇𝑤 ) 10
Diese Arbeit beschränkt sich auf die makroskopische Betrachtung von Wärmeüber-
gangsprozessen. Anstelle des lokalen Wärmeübergangskoeffizienten α wird daher stets
der mittlere Wärmeübergangskoeffizient 𝛼𝑚 verwendet. Zur Vereinfachung wird im
Folgenden auf die Angabe des Index 𝑚 verzichtet. Im Gegensatz zum Wärmeleitkoeffi-
zienten stellt der Wärmeübergangskoeffizient keine Stoffgröße dar. Seine Bestimmung
erfolgt jedoch analog zum Wärmeleitkoeffizienten meist empirisch, was sich in der Pra-
xis aufgrund von komplexen Strömungsgeometrien nicht als trivial darstellt. Grundsätz-
lich nimmt der Wärmeübergangskoeffizient mit steigender Dichte des Wärmeträgerme-
diums und höherer Geschwindigkeit der Strömung zu.32
9
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
dung 4). Der Wärmeübertragungskoeffizient 𝛼 kann in diesem Bereich daher nach dem
Gesetz von Fourier in Abhängigkeit des Wärmeleitkoeffizienten 𝜆 angegeben werden.33
𝜕𝑇
𝑄̇ = −𝜆 ∙ 𝐴 ∙ (𝜕𝑥 ) 11
𝑤
Aus dem Verhältnis 𝜆⁄𝛼 leitet sich eine charakteristische Strecke 𝐿 ab, welche in der
Größenordnung der thermischen Grenzschichtdicke des Wärmeübertragungsproblems
liegt. Eine dünne Grenzschicht ist charakteristisch für eine vorteilhafte Strömung und
hohe Wärmeübertragungskoeffizienten, während eine dickere Grenzschicht niedrige
Wärmeübertragungskoeffizienten zur Folge hat35. Erst durch den Abtransport der er-
wärmten Fluidelemente von der Wand, z. B. durch freie Konvektionsprozesse, können
diese von der Strömung erfasst werden. Dadurch erhöht sich das Temperaturgefälle in
Wandnähe und der Wärmestrom wird begünstigt. In turbulenten Strömungen, welche in
Kühl- und Heizsystemen von Gebäuden üblicherweise zu finden sind, wird der Wär-
metransport vor allem durch erzwungene Konvektion dominiert36.
In einem Wärmeübertrager wird Wärmeenergie indirekt von einem Fluid auf ein ande-
res übertragen. In diesem Fall liegt ein sogenannter Wärmedurchgang vor, welcher sich
aus den zwei Wärmeübergangsprozessen an den beiden Seiten der Wand sowie dem
Wärmeleitungsprozess über die Wand zusammensetzt. Abbildung 5 enthält die schema-
tische Darstellung des Wärmetransportes von einem Fluid 1 mit der Temperatur 𝑇𝑓𝑙,1
auf das Fluid 2 mit der niedrigeren Temperatur 𝑇𝑓𝑙,2 < 𝑇𝑓𝑙,1 über eine trennende Wand.
𝛿𝑤
𝑇 𝛼1 𝛼2
𝑇𝑓𝑙,1
𝐴2
𝑇𝑤,1
𝑇𝑤,2
𝐴1
𝑇𝑓𝑙,2
𝑄̇
10
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
𝐴∙(𝑇𝑓𝑙,1 −𝑇𝑓𝑙,2 )
𝑄̇ = 1 𝛿𝑤 1 13
( + + )
𝛼1 𝜆 𝛼2
𝑄̇ = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇𝑓𝑙,1 − 𝑇𝑓𝑙,2 ) 14
11
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
In der Praxis werden für die indirekte Wärmeübertragung zwischen zwei Medien häufig
Gegenstrom-Wärmeübertrager eingesetzt. Bei dieser Bauform werden die Medien in
entgegengesetzter Richtung entlang einer wärmeübertragenden Struktur vorbeigeführt.
Im Gegensatz zu Gleichstrom-Wärmeübertragern, bei denen die Strömungsrichtung der
Medien gleich ist, kann die Austrittstemperatur des warmen Stroms beim Gegenstrom-
Prinzip unterhalb der des kalten liegen. Dadurch ist die notwendige Fläche zur Übertra-
gung eines Wärmestroms stets kleiner als bei Gleichstrom-Wärmeübertragern. Die
Temperaturverläufe zweier Fluide in einem Gegenstrom-Wärmeübertrager sind auf
Abbildung 6 exemplarisch dargestellt.47
12
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
𝑇1,
𝑇1 𝑇1 + 𝑑𝑇1
𝑇2,, 𝑇1,,
𝑇2 + 𝑑𝑇2
𝑇2 𝑇2,
𝑑x
+𝑑 L x
Abbildung 6: Schematische Darstellung des Temperaturverlaufs der Fluide in einem Gegen-
strom-Wärmeübertrager48
Mit der Kenntnis der isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝 des Fluids und der Annahme, dass der
Wärmedurchgangskoeffizient 𝑘 an jeder Stelle des Wärmeübertragers gleich groß ist,
ergibt sich für das Fluid 1 unter Berücksichtigung der Gleichung 14 eine gekoppelte Be-
dingung für den Wärmestrom.50
𝑑𝑥
𝑑𝑄̇ = −𝑚̇ ∙ 𝑐𝑝,1 ∙ 𝑑𝑇1 = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇1 − 𝑇2 ) ∙ 𝐿 19
Diese Bedingung kann entsprechend Gleichung 19 auch für das Fluid 2 aufgestellt wer-
den. Durch Integration der ortsabhängigen Differenz (𝑇1 − 𝑇2 ) der beiden Fluidtempera-
turen über die gesamte Übertragungsfläche eines Gegenstrom-Wärmeübertragers lässt
sich die mittlere, logarithmische Temperaturdifferenz herleiten.51
(𝑇1, −𝑇2,, )−(𝑇1,, −𝑇2, )
∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 = (𝑇 −𝑇 )
, ,, 20
𝑙𝑛 1,, 2,
(𝑇1 −𝑇2 )
13
2 Grundlagen der Wärmeübertragung
renz lässt sich mit Hilfe von Gleichung 14 eine Formulierung für den übertragenen
Wärmestrom zweier Medien in einem Gegenstrom-Wärmeübertrager ableiten.53
𝑄̇ = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ ∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 21
Liegt ein latenter Phasenübergang eines Fluids vor, kann Wärmeenergie ohne eine
messbare Änderung der Temperatur im Stoffstrom transportiert werden. Die Aufnahme
oder Abgabe von Wärmeenergie äußert sich dann im Fortschritt des Phasenübergangs-
prozesses. Dadurch wird der Wärmekapazitätsstrom 𝑚̇𝑖 ∙ 𝑐𝑝,𝑖 des Fluids im Abschnitt mit
dem Phasenübergang theoretisch unendlich groß. Eine einfache Berechnung des Gegen-
strom-Wärmeübertragers mit den Ein- und Austrittstemperaturen nach Gleichung 21 ist
in diesem Fall nicht zulässig. Hierfür muss der Wärmeübertrager gedanklich in einzelne
Teilstücke mit festgelegter sensibler oder latenter Wärmeübertragung unterteilt wer-
den. Für jedes dieser Teilstücke des Wärmeübertragers ist eine Verwendung von Glei-
chung 21 zur Berechnung des übertragenen Wärmestroms zulässig54.55,56
14
3. ARCHITEKTUR VON KÄLTESYSTEMEN UND
ROLLE DES KÄLTESPEICHERS
Kältesysteme besitzen eine Vielzahl möglicher Topologien und Komponenten, die je
nach Anforderung an die gewünschte Kühlanwendung, räumliche Voraussetzung und
Nutzerpräferenz stark variieren können. Eine wichtige Randbedingung für die Sys-
temauswahl stellt das Temperaturniveau der Kühlanwendung dar. Dieses bestimmt die
Auswahl möglicher Komponenten und Kälteträgermedien und somit auch der Technolo-
gie und Nutzungsstrategie eines potenziellen Kältespeichers. Im Querschnitt über alle
Technologien und Komponenten lassen sich jedoch Gemeinsamkeiten aufzeigen, welche
für die meisten Kältesysteme gültig sind. Diese Gemeinsamkeiten dienen hier als Grund-
lage für eine allgemeine Beschreibung der Funktionen und Komponenten eines Kälte-
systems, ohne im Detail auf spezifische Technologien oder Kühlanwendungen einzuge-
hen.
Im Abschnitt 3.1 wird ein allgemeiner Überblick über den Aufbau von Kaltwassersyste-
men gegeben. Dabei werden auch die Funktionsprinzipien der Kältemaschine und des
Rückkühlwerks beschrieben, welche den Wärmetransport gewährleisten und somit die
Kernkomponenten der Kälteversorgung darstellen. Im anschließenden Abschnitt 3.2
wird aufgezeigt, wie sich die Effizienz einer Kältemaschine quantifizieren lässt und wel-
che Betriebsparameter dabei betrachtet werden müssen. Diese Informationen sind rele-
vant, um Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz des betrachteten Referenzsystems
zu identifizieren. Darauf aufbauend werden im Abschnitt 3.3 Möglichkeiten vorgestellt,
wie sich Kältespeicher zur Senkung des Energiebedarfs und der Kosten eines Kältesys-
tems einsetzen lassen. Daneben werden Potenziale und technische Hürden der Nutzung
aufgeführt. Der Abschnitt 3.4 gibt eine Übersicht zu verschiedenen thermischen Energie-
speichertechnologien und ihrem Anwendungspotenzial für die vorliegende Arbeit. Auf
Basis der aufgezeigten Informationen wird eine Entscheidung über die hier ausgewählte
Speichertechnologie getroffen. Im Abschnitt 3.5 wird auf die Möglichkeiten der Sys-
temintegration von Energiespeichern in thermische Versorgungssysteme eingegangen.
Mit dem Betrieb von Energiespeichern sind energetische Verluste verbunden, deren
Ursachen im anschließenden Abschnitt 3.6 vorgestellt werden.
15
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
versteht sich er Begriff „Kälteenergie“ als Wärmeenergie, ie von einem System aufge-
nommen werden kann. In Bezug auf den Begriff Energiespeicher stellt der Kältespeicher
einem „Kälteverbraucher“ somit ein Reservoir zur Verfügung, welches einen Wär-
mestrom über eine bekannte Zeitspanne hinweg aufnehmen kann. Die von einem Kälte-
versorger bereitgestellte Kälteenergie pro Zeitintervall wird in dieser Arbeit als Kälte-
leistung bezeichnet. Der zeitbezogene Kälteenergiebedarf der Nutzer stellt dagegen die
sogenannte Kältelast dar. Um den Bedarf der Kältenutzer zu bedienen, müssen diese
beiden Größen deckungsgleich sein.
Der Wärmeübertrager auf der Kaltwasserseite der Kältemaschine ist der sogenannte
Verdampfer. Dieser überträgt die überschüssige Wärmeenergie des Kälteträgermediums
auf den Kältemittelkreislauf in der Kältemaschine. Auf der sogenannten Kondensatorsei-
te der Kältemaschine wird der am Verdampfer aufgenommene Wärmestrom aus dem
Kältemittelkreislauf an die Umgebung abgeführt. Hierfür wird der Kondensator durch
externe Komponenten rückgekühlt. Neben der Abwärmeenergie aus den Verbraucher-
kreisen muss bei Einsatz einer elektrisch angetriebenen Kältemaschine auch die An-
triebsenergie 𝑃𝑒𝑙 in Form von Wärmeenergie abgeführt werden. Die Rückkühl-
leistung 𝑄̇𝑅𝐾 ist somit immer höher als die Kältelast 𝑄̇𝐾 der Verbraucher und definiert
als Summe der Kälteleistung und der elektrischen Antriebsenergie.57
16
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen
Energiefluss Rückkühlwerk
Kondensator Kälteanlage
Kältemaschine
Pel
𝑃𝑒𝑙 (Kältemittel)
Verdampfer
Die an der Kälteversorgung beteiligten Komponenten werden in dieser Arbeit unter dem
Begriff „Kälteanlage“ subsummiert. Hierzu gehören ie Kältemaschine, as Rückkühl-
werk sowie die zentralen Förderaggregate für den Kaltwasser- und Rückkühlkreislauf.
Üblicherweise sind das Rückkühlwerk und die Kältemaschine, wie auf Abbildung 7 dar-
gestellt, räumlich voneinander getrennt. In diesem Fall wird ein separater Kühlkreislauf
inklusive Förderaggregat benötigt, welcher die Wärmeenergie vom Kondensator der
Kältemaschine stoffgebunden zum Rückkühler transportiert. Neben externen Rück-
kühlwerken können auch andere Technologien eingesetzt werden, um die Abwärme aus
der Kältemaschine abzuführen. Bei Außenaufstellung des Kältemittel-Kondensators
kann die Rückkühlung beispielsweise direkt an der Umgebungsluft erfolgen. In dieser
Ausführung ist auf eine kurze Distanz zur Kältemaschine zu achten, da ansonsten lange
Rohrwege und große Mengen an Kältemittel benötigt werden. Dieses ist teuer und stellt
aufgrund seiner klimaschädigenden Wirkung59 hohe Anforderungen an die Dichtheit der
Transportleitungen. Sind Heizungssysteme verfügbar, welche mit einem niedrigen Tem-
peraturniveau zurechtkommen, kann die Abwärmeenergie der Kältemaschine auch zu
Heizzwecken eingesetzt werden. Diese Nutzung wird als Wärmerückgewinnung (WRG)
bezeichnet.
17
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
nenten: den Kältemittelverdichter sowie das Expansionsventil. Diese stellen die regeln-
den Einrichtungen der Maschine dar und passen die Kälteleistung an die Kältelast an.
Kühlmedium
̇
verflüssigtes überhitzter
Kältemittel Kondensator Kältemittel-
dampf
Expansions-
Kältemittel
ventil
Verdichter
nasser trockener,
Kältemittel-
Verdampfer gesättigter
dampf Kältemittel-
̇ dampf
Kälteträgermedium
Abbildung 8: Schematische Darstellung des Kältekreisprozesses mit exemplarischen Tempera-
turniveaus für das Kälteträger- und Kühlmedium eines Kaltwassersystems60
18
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen
Die Kälteleistung der Kältemaschine wird vor allem durch den Massenstrom des Käl-
temittels beeinflusst. Zur Leistungsadaption der Maschine muss daher die dem Ver-
dampfer zugeführte Kältemittelmenge pro Zeiteinheit angepasst werden. In der techni-
schen Praxis gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese Anpassung vorzunehmen. Bei
Kältemaschinen mit einem Schraubenverdichter kann der Massenstrom des Kältemittels
entweder direkt über die Drehzahl der Verdichterwelle oder indirekt über einen soge-
nannten Leistungsschieber eingestellt werden. Zur Regelung der Drehzahl wird typi-
scherweise ein sogenannter Frequenzumformer eingesetzt. Frequenzumformer finden
erst seit kurzer Zeit Verbreitung in der Kältetechnik, u. a. da sich die europäischen Vor-
gaben für die Effizienz von an Fertigungsprozessen beteiligten Maschinen verändern64.
Insbesondere im Teillastbereich der Kältemaschine kann die Effizienz der Kältebereit-
stellung durch die Drehzahlregelung deutlich erhöht werden.
Zur Regelung der Kälteleistung eines Schraubenverdichters wird häufig ein sogenannter
Leistungsschieber eingesetzt (siehe Abbildung 9). Dieses Bauteil reduziert die Menge
des transportierten Kältemittels, indem es durch Verschiebung entlang der Rotorachse
des Schraubenläufers einen Weg aus dem Verdichtungsraum zur Saugseite öffnet.
Dadurch wird ein Teil des Kältemittels zurück zur Saugseite geführt, während der übrige
Teil des Kältemittels durch die Austrittsöffnung des Verdichters auf die Druckseite ent-
weicht65. Durch die Öffnung aus dem Verdichtungsraum treten Strömungsverluste hin
zur Saugseite des Verdichters auf. Aufgrund des so verringerten Kältemittelvolumens
reduziert sich das Verdichtungsverhältnis (Druckdifferenz zwischen Verdampfung und
Kondensation des Kältemittels)66. Diese Technologie führt daher zu einer charakteristi-
schen Degradation der Maschineneffizienz im Teillastbereich.
Saugseite Druckseite Saugseite Druckseite
100 % 10 %
Schraubenläufer Leistungsschieber 90 %
19
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
20
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen
Rückkühlung dar. Um dieses Niveau annähernd zu erreichen, ist jedoch eine unwirt-
schaftlich große Übertragungsfläche notwendig. Trockenkühler werden daher häufig auf
eine Temperaturdifferenz von etwa vier bis sieben Grad Celsius gegenüber der Umge-
bung ausgelegt. Diese Differenz wird auch als Kühlgrenze bezeichnet76. Aufgrund der
Abhängigkeit von der Außentemperatur kann die Temperatur im Kühlkreislauf der Käl-
temaschine bei Trockenkühlung in den Sommermonaten stark ansteigen. Dies reduziert
die Effizienz des Kälteprozesses, da höhere Drücke und Temperaturen notwendig sind,
um das Kältemittel zu kondensieren. Trockenkühler finden häufig Einsatz bei außenauf-
gestellten Kältemaschinen, bei denen eine einfache Handhabung und ein geringer War-
tungsbedarf gewünscht sind. Bei hybriden Rückkühlern kann der Wärmeübertrager des
Kühlmediums zusätzlich mit Wasser besprüht werden, um die Rückkühlleistung anzu-
heben. Als Kühlmedium wird häufig ein Wasser-Glykol-Gemisch eingesetzt, um die Ge-
fahr eines Einfrierens der Kühlmittel-Leitungen zu reduzieren. In den Wintermonaten
werden aus diesem Grund auch hybride Kühltürme trocken betrieben.
21
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
𝐿𝑢 𝑢 𝑟𝑖 Sprühpumpe
Kondensator
Sprühdüsen Kältemaschine
Kühl-
mittel
Pumpe
𝐿𝑢 𝑒𝑖 𝑟𝑖
Rohrbündel-Wärmeübertrager
Auffangbecken Nachspeisung
Lüfter
Abbildung 10: Darstellung eines Hybridkühlturms
Unabhängig von der Bauform des Rückkühlers nimmt der Aufwand für die Rückkühlung
mit steigenden Umgebungstemperaturen zu. Durch eine Erhöhung der Temperatur des
kühlenden Mediums (𝑇𝑓𝑙,2) verringert sich nach Gleichung 14 bei ansonsten konstanten
Bedingungen der Wärmestrom. Um diesen Effekt zu kompensieren, werden die Lüfter
und Sprühpumpen bei steigenden Umgebungstemperaturen zunehmend ausgelastet.
Dies bedeutet eine höhere Antriebsleistung für die Lüftermotoren des Kühlturms sowie
einen größeren Bedarf von aufbereitetem Wasser für die Verdunstungskühlung und
somit eine Zunahme der Betriebskosten. Ebenso steigt die Leistungsaufnahme des Kühl-
turms bei höheren Kühllasten an. Eine Erhöhung der Temperaturdifferenz oder des
Massenstroms im Kühlmedium erfordert nach Gleichung 6 eine Erhöhung des Luftmas-
senstroms, da das Temperaturniveau der umgebenden Luft nicht variabel angepasst
werden kann.
22
3.1 Aufbau und Funktion von Kältesystemen
schine durch das Rückkühlwerk ist daher ein hohes Einsparpotenzial verbunden. Freie
Kühlung ist einsetzbar, wenn das Temperaturniveau der Außenluft unterhalb der Nutz-
temperatur des Kältesystems liegt. Aufgrund der Frostgefahr bei niedrigen Außentem-
peraturen werden die Rückkühler für diesen Zweck trocken betrieben.
Rückkühlkreislauf Rückkühlkreislauf
Vorlauf Rücklauf
Vorlauf Rücklauf
Kondensator
Pel
Kältemaschine Wärmeübertrager
Verdampfer
Vorlauf Rücklauf
Vorlauf Rücklauf
Kaltwasserkreislauf Kaltwasserkreislauf
Kältenutzer Kältenutzer
Abbildung 11: Schema der regulären Kälteanlage (l.) im Vergleich zur freien Kühlung (r.)
Unter Annahme einer typischen Dimensionierung für einen Trockenkühler liegt die
Kühlgrenze etwa vier bis sieben Grad Celsius oberhalb der Außentemperatur (s. o.). Für
eine Abschätzung der möglichen Einsatzdauer von freier Kühlung muss das Kaltwasser-
temperaturniveau des Kältesystems mit der individuellen Jahrestemperaturverteilung
des Standorts verglichen werden. Auf Abbildung 12 ist die Unterschreitungsdauer auf-
tretender Umgebungstemperaturen für die Region Nürnberg aufgetragen (Temperatur-
auflösung 0,1 °C). Wird von einem Kaltwassertemperaturniveau von 12 °C ausgegangen,
so lassen sich bei einer Außentemperatur von 5 °C und einer Differenz von 7 °C zur
Kühlanwendung (Kühlgrenze) etwa 2.000 bis 3.000 Betriebsstunden mit freier Kühlung
im Jahr erreichen. Aus Abbildung 12 wird ersichtlich, dass der Einsatz von freier Küh-
lung vor allem bei Kältesystemen mit Vorlauftemperaturen oberhalb von 10 °C attraktiv
ist. Klima-Kaltwassersysteme mit Luftentfeuchtungsfunktion benötigen dagegen meist
ein Temperaturniveau zwischen 6 bis 9 °C81. Bei einer angenommenen Kühlgrenze von
7 °C erreicht die freie Kühlung in diesen Anwendungen deutlich weniger Betriebsstun-
den und die hydraulische Integration in das Kältesystem ist weniger rentabel.
23
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
4 2011
3
2012
2013
2 2014
1 2015
2016
0
-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35
Temperatur in °C
Abbildung 12: Darstellung der Jahrestemperatur-Dauerlinien 2011 bis 2016 für den Standort
Nürnberg82
Freie Kühlung stellt nach aktuellem Stand der Technik keine Standardlösung für Kühl-
anwendungen dar. Über den Einsatz in industriellen Kaltwassersystemen gibt es kaum
Referenzen, während sich neue Ansätze für den Einsatz der freien Kühlung in Rechen-
zentren gerade erst in der Entwicklung befinden83,84,85. Dies ist auf eine geringe Be-
kanntheit des Potenzials und auf einen Mangel von Leitfäden86 für die technische Im-
plementierung zurückzuführen. Sowohl die hydraulische, als auch die steuerungsseitige
Integration der Komponenten setzen ein gutes Verständnis der vorhandenen Anlagen
und des Kältesystems voraus87. Zudem ist die Vorhersage der Effizienz und Rentabilität
insbesondere in Bestandssystemen schwierig, weshalb Betreiber selten das Risiko einer
technischen Umsetzung eingehen. Moderne Rückkühler werden zwar häufig mit Infor-
mationen über die Kühlleistung für den Betrieb in freier Kühlung bei einer Referenz-
temperatur ausgeliefert, die Wirtschaftlichkeit der Umsetzung hängt jedoch von vielen
weiteren Einflüssen ab. Zu diesen gehören u. a. der geforderte Leistungsbereich, die
Technologie der ersetzten Kältemaschine, die Art und Konfiguration der Umwälzpum-
pen sowie die Einzelkomponenten am Rückkühler selbst (z. B. drehzahlgeregelte Lüf-
termotoren, trockene Kühlung oder Verdunstung).
Bislang gibt es keine Standardisierung oder Reglementierung zur Nutzung von freier
Kühlung. Einige Studien untersuchten den Einfluss des Standorts auf die Eignung von
freier Kühlung (z. B. Kühlung von Wasser oder Luft, Einsatz von Verdunstungskühlung)
bei Rechenzentren88,89. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass Regionen mit einem
warm- bis kalt-feuchten Klima die höchsten Einsparpotenziale versprechen. Dies ist da-
rauf zurückzuführen, dass es auch in wärmeren Regionen nachts kalt genug ist, um das
24
3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen
25
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
Diese Kennzahl liefert ein Mittel, mit dem sich die Effizienz eines Kälteprozesses bewer-
ten lässt. Bei Schraubenverdichter-Kältemaschinen kann die Leistungszahl-Kennlinie in
guter Näherung mit einem Polynom zweiten Grades approximiert werden95,96. Abbil-
dung 13 zeigt den Verlauf der Leistungszahl in Abhängigkeit der Maschinenauslastung
für die Kältemaschinen des Referenzsystems. Die Maschinenauslastung ergibt sich aus
dem Verhältnis der Kälteleistung und der maximalen Kälteleistung der Kältemaschine.
Durch den Einsatz des unter Abschnitt 3.1.1 beschriebenen Leistungsschiebers nimmt
die Leistungszahl im Teillastbereich der Kältemaschine ab.
4,5
4
Leistungszahl
Arbeitspunkt mit
höchster Leistungszahl
3,5
2,5
2
Leistungszahl-Kennlinie
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Auslastung der Kältemaschine in %
Abbildung 13: Leistungszahl der Schraubenverdichter-Kältemaschinen des Referenzsystems in
Abhängigkeit der Maschinenauslastung (zugrundeliegende Messdaten siehe Anhang A.1)
Um den Wärmestrom des Kälteträgermediums auf das Kältemittel und anschließend auf
26
3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen
𝑇𝑒𝑚 𝑒𝑟 𝑢𝑟
𝑇𝐾𝑜
∆𝑇𝐾𝑜
𝑇𝑈
Verdampfer Verdichter Kondensator
𝑇𝑁
𝑇𝑉𝑒 ∆𝑇𝑉𝑒
ä 𝑒𝑚𝑖 𝑒 𝑘𝑟𝑒𝑖 𝑢
Abbildung 14: Schematische Darstellung der Vergrößerung des Temperaturhubs einer Kälte-
maschine durch Wärmeübertrager auf der Kalt- und Kühlwasserseite98
27
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
Energie (Exergie) und den nicht umwandelbaren Anteil der Energie (Anergie) repräsen-
tieren. Energieformen besitzen somit unterschiedliche Qualitäten. Höherwertige Ener-
gieformen, wie z. B. elektrische oder mechanische Arbeit, bestehen vollständig aus Exer-
gie und gelten als entropiefrei. Niederwertige Energieformen, wie die Wärmeenergie
oder innere Energie, gelten als entropiebehaftet. Ihre Umwandlung in Exergie erfordert
ie Abgabe ieser „Restentropie“ an ie Umgebung zusammen mit Abwärme101. Da sol-
che Umwandlungsprozesse nur unter Mitwirkung der Umgebung möglich sind, kommt
dieser eine übergeordnete Bedeutung in der Thermodynamik zu. Im Gleichgewicht mit
dem Umgebungszustand hat der Energieinhalt eines Systems seine Umwandlungsfähig-
keit in Exergie verloren. Er besteht somit nur noch aus Anergie, welche nicht in Exergie
umgewandelt werden kann102. Nach dem zweiten Hauptsatz wandelt sich bei allen irre-
versiblen Prozessen Exergie in Anergie um, ausschließlich bei reversiblen Prozessen
bleibt die Exergie konstant. Die Übertragung von Wärmeenergie stellt grundsätzlich
einen irreversiblen Prozess dar, welcher mit sogenannten Exergieverlusten 𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 ver-
bunden ist. Kühlanwendungen erfordern üblicherweise einen Übertrag von Wärme-
energie und weisen daher Exergieverluste auf. Diese Verluste nehmen mit steigender
Temperaturdifferenz zwischen den wärmeübertragenden Medien zu und führen zu ei-
nem zusätzlichen Primärenergieaufwand103.
Ohne weitere Exergieverluste zu betrachten lässt sich mit Hilfe der Gleichung 26 bereits
ein Wirkungsgrad ableiten, welcher die Qualität der Wärmequelle einer Kälteanlage mit
der Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 und der Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 in Relation
zum reversiblen Carnot-Kreisprozess zwischen der Nutztemperatur des Kaltwasservor-
laufs 𝑇𝑁 und der Umgebungstemperatur 𝑇𝑈 bewertet. Die so definierte Kennzahl setzt
die Nutzexergie 𝐸̇𝑄 und die aufgewendete Exergie zueinander ins Verhältnis und wird
hier als exergetischer Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü bezeichnet.106
𝑇
𝑁𝑢𝑡𝑧𝑒𝑥𝑒𝑟𝑔𝑖𝑒 𝐸̇𝑄 ( 𝑈 −1)∙|𝑄̇𝐾 | 𝐿𝑍𝐶,𝑊Ü
𝑇𝑁
𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü = 𝑎𝑢𝑓𝑔𝑒𝑤. = 𝑃𝑟𝑒𝑣 = 𝑇 = 27
𝐸𝑥𝑒𝑟𝑔𝑖𝑒 𝑒𝑙,𝐾𝑀,𝑊Ü ( 𝐾𝑜 −1)∙|𝑄̇𝐾 | 𝐿𝑍𝐶,𝑖𝑑
𝑇𝑉𝑒
𝑟𝑒𝑣
Die aufzuwendende Exergie 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀,𝑊Ü bezeichnet den Energiebedarf der Kältemaschine,
welcher sich aus dem verlustfreien Carnot-Prozess nach Gleichung 25 ableitet. In realen
28
3.2 Bewertung der Effizienz von Kältesystemen
Liegt die Kondensatortemperatur der Kältemaschine aus technischen Gründen höher als
notwendig, kann dieser Faktor im exergetischen Wirkungsgrad der Kältemaschine be-
rücksichtigt werden. Ein solcher Fall tritt beispielsweise bei der Nutzung von Wärme-
rückgewinnung am Kondensator der Kältemaschine auf. Durch Multiplikation der bei-
den exergetischen Wirkungsgrade 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü und 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 mit der idealen, reversiblen Leis-
tungszahl 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 nach Carnot ergibt sich die reale Leistungszahl der Kältemaschine nach
Gleichung 23.
Weiterhin lässt sich auch die Güte der Dämmung des Verteilungsnetzes mit Hilfe einer
Kennzahl beschreiben. Unter der Kältenutzungseffizienz 𝜂𝑁 werden alle Wärmeeinträge
berücksichtigt, die neben der regulären Kühlaufgabe im Kältesystem auftreten. Hierzu
zählen vor allem Isolationsverluste im Kältesystem und dem Kältemittelkreislauf der
Kältemaschine sowie Wärmeeinträge durch elektrisch angetriebene Peripherieaggrega-
te wie Pumpen und Abtauheizungen. Zur Bestimmung der Kältenutzungseffizienz 𝜂𝑁
29
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
wird die tatsächlich für die Anwendung nutzbare Kälteleistung 𝑄̇𝐾,𝑁 auf die gesamte
Kälteleistung 𝑄̇𝐾 bezogen.111
𝑄̇𝐾,𝑁
𝜂𝑁 = 𝑄̇𝐾
30
̇
𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 = 𝑇𝑈 ∙ 𝑆𝑖𝑟𝑟 32
Hierbei wird 𝑇𝑈 benötigt, da die Änderung der Exergie eines Stoffstroms nur durch Be-
zug auf seine Umgebung angegeben werden kann114. Die Herleitung des Entropiepro-
̇ erfolgt anhand der Entropiebilanz für zwei Fluide 1 und 2 mit den
duktionsstroms 𝑆𝑖𝑟𝑟
Querschnittsmitteltemperaturen 𝑇𝑓𝑙,1 und 𝑇𝑓𝑙,2, welche den Wärmestrom 𝑄̇ über eine
diatherme Wand übertragen.115
̇ ̇
̇ = 𝑑𝑆 = 𝑄 − 𝑄 = 𝑇𝑓𝑙,2 −𝑇𝑓𝑙,1 ∙ 𝑄̇
𝑆𝑖𝑟𝑟 33
𝑑𝑡 𝑇 𝑇 𝑇
𝑓𝑙,1 ∙𝑇 𝑓𝑙,2 𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2
Der Wärmetransport erfolgt dabei vom wärmeren Fluid 2 auf das kältere Fluid 1. Mit
Hilfe von Gleichung 14 lässt sich der Wärmestrom durch die Wand auch über den Wär-
medurchgangskoeffizienten 𝑘 ausdrücken.
̇ = 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ (𝑇𝑓𝑙,2 −𝑇𝑓𝑙,1 )²
𝑆𝑖𝑟𝑟 34
𝑇 ∙𝑇𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2
Durch Einsetzen in Gleichung 32 ergibt sich der Exergieverluststrom 𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 eines Wär-
meübertragers.
(𝑇 −𝑇 )² 𝑇 −𝑇
𝐸̇𝑉𝑒𝑟𝑙 = 𝑇𝑈 ∙ 𝑘 ∙ 𝐴 ∙ 𝑇𝑓𝑙,2 ∙𝑇𝑓𝑙,1 = 𝑇𝑈 ∙ 𝑇𝑓𝑙,2 ∙𝑇 𝑓𝑙,1 ∙ 𝑄̇ 35
𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2 𝑓𝑙,1 𝑓𝑙,2
30
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen
Aus der dargestellten Formulierung lassen sich zwei Aussagen über die Güte eines
Wärmeübertragungsprozesses ableiten: Das Ausmaß des Exergieverlustes bei irrever-
siblen Wärmeübertragungsprozessen hängt maßgeblich von der Temperaturdifferenz
der beiden Fluide 1 und 2 ab. Je kleiner diese Temperaturdifferenz wird, desto geringer
fällt der Exergieverlust aus. Geringere Temperaturdifferenzen können z. B. durch eine
Vergrößerung der Wärmeübertragungsflächen erreicht werden, was jedoch die Investi-
tionskosten für die Anlagen erhöht116. Als zweite Konsequenz kann abgeleitet werden,
dass eine konstante Temperaturdifferenz bei niedrigen Temperaturen einen größeren
Exergieverlust bedeutet als bei hohen Temperaturen117. Exergieverluste der Wärme-
übertragung sind bei Kältemaschinen besonders relevant, da die Verluste im Verdamp-
fer zusammen mit dem Abwärmestrom im Kondensator abgeführt werden müssen. Die
elektrische Leistungsaufnahme der Kältemaschine steigt gegenüber dem reversiblen
Kälteprozess um diese Exergieverluste an118. Für eine Berücksichtigung der Verluste von
Wärmeübertragungsprozessen können die Exergieverluste des Verdampfers und des
Kondensators der Kältemaschine nach Gleichung 35 im exergetischen Wirkungs-
grad 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 ausgedrückt werden. Wellig et al. geben ein Beispiel für die Formulierung
der auftretenden Exergieverluste119. In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt jedoch auf
einer quantitativen Betrachtung des Einflusses von Optimierungsmaßnahmen anhand
von Messwerten. Die Herleitung der exergetischen Verluste dient hier als Grundlage zur
Diskussion der beobachteten Auswirkungen auf die Effizienz der Kälteanlage. Im Fokus
stehen dabei die Kennzahlen 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 , 𝜂𝐹𝑇 und 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü . In der vorhandenen Literatur wer-
den Kältesysteme häufig auf Basis der Angabe eines Wirkungsgrades oder des elektri-
schen Energiebedarfes bewertet. Dieses Vorgehen lässt keinen zufriedenstellenden Ver-
gleich unterschiedlicher Versorgungsstrategien zu, da wesentliche Einflussfaktoren, wie
z. B. die Kosten für Betriebsmittel, nicht im elektrischen Energiebedarf berücksichtigt
werden. Ein Beispiel hierfür stellt die Aufbereitung des Sprühwassers für einen feucht
betriebenen Kühlturm dar. Werden diese Kosten nicht bilanziert, so erscheinen feuchte
Rückkühler gegenüber trockenen Rückkühlsystemen in jedem Fall effizienter, obwohl
diese Aussage nicht pauschal zutreffend ist.
31
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
32
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen
20
15
10
0
0 50 100 150 200 250 300 350
Kalendertage
Abbildung 15: Höchste Tagestemperaturdifferenzen des Jahres 2016 am Standort Nürnberg122
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für Lastverschiebung stellt die Erhöhung der Nut-
zung von freier Kühlung mit einem Kältespeicher dar. Der Einsatz von freier Kühlung
(ohne Verdunstungskühlung) ist aufgrund der mitteleuropäischen Temperaturprofile
vor allem auf die Wintermonate und die Nachtstunden der Übergangsperioden be-
schränkt. Gerade in den Nächten sind Kältelasten aber üblicherweise niedriger, da meist
nur Serversysteme eine kontinuierliche Kühlung benötigen und der Bedarf an Klimati-
sierung geringer ist. Durch die niedrigen Kälteanforderungen in den Nachtstunden re-
duziert sich das Nutzungspotenzial der freien Kühlung. In Kombination mit einem Kälte-
speicher lässt sich Kälteenergie aus freier Kühlung dagegen nachts speichern und tags-
über nutzen, wenn höhere Umgebungstemperaturen keine freie Kühlung mehr zulassen.
Dadurch wird der Anteil der freien Kühlung an der Kälteversorgung angehoben und die
Energiekosten der Kälteinfrastruktur können reduziert werden (siehe Abschnitt 3.1.2).
33
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
wartende Kältelast ausgelegt werden. Die Kälteleistung der Maschine ist somit höher als
erforderlich, um genug Reservekapazität für eine zukünftige Erweiterung der Kältenut-
zer vorzuhalten. Diese Gründe führen zu einer substantiellen Überdimensionierung der
Kältemaschine und einer überwiegenden Betriebszeit im Teillastbereich mit niedriger
Effizienz123. Durch die Nutzung eines Kältespeichers zur Deckung von Kältelastspitzen
kann eine kleinere Kältemaschine ausgewählt werden, was die Investitionskosten für
die Maschine verringert124,125. Daneben können kleinere Kältemaschinen aufgrund der
höheren Auslastung näher am optimalen Arbeitspunkt betrieben werden. Dies hebt die
mittlere Leitungszahl der Maschine an. Die mittlere Auslastung einer Kältemaschine
kann ebenso erhöht werden, indem die Maschine während der Speicherentladung abge-
schaltet wird. Dadurch muss die Kältemaschine den gesamten Kälteenergiebedarf eines
Tages in einer kürzeren Zeit im Voraus bereitstellen. Die Differenz zur Kältelast der Ver-
braucher wird dabei zur Beladung des Kältespeichers eingesetzt, welcher z. B. im Zeit-
raum mit den höchsten Umgebungstemperaturen entladen wird. Um dieses Konzept
sinnvoll anzuwenden sind große Speichervolumina erforderlich, welche den Kältebedarf
der Nutzer über einen Zeitraum von mehreren Stunden bedienen können.
34
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen
In Unternehmen mit Kältesystemen tragen die Kälteanlagen häufig selbst einen wesent-
lichen Anteil an der Erhöhung der elektrischen Lasten zur Mittagszeit bei, da die Kälte-
last je nach Kühlanwendung mit dem Sonnenstand und der Nutzeranwesenheit korre-
liert. Diese Beobachtung legt die Idee nahe, die ungleiche Verteilung des Kältebedarfs
zwischen Tag und Nacht bereits im Kältesystem über einen Kältespeicher zu kompen-
sieren. Bei einer entsprechenden Dimensionierung des Speichers können die Kältema-
schine und die dazugehörige Rückkühleinheit über mehrere Stunden abgeschaltet wer-
den, was eine elektrische Lastreduktion von mehreren hundert Kilowatt bedeuten kann.
Da die Kältenutzer durch den Kältespeicher versorgt werden, müssen keine prozessre-
levanten Anlagen abgeschaltet werden. Ein Lastabwurf wird somit vermieden. Die er-
folgreiche Reduktion elektrischer Lastspitzen kann hohe Einsparungen für das betref-
fende Unternehmen bedeuten, wodurch sich ein Kältespeichersystem in kurzer Zeit
amortisieren lässt. DeForest et al. untersuchten den Einsatz von Kaltwasserspeichern
zur Reduktion elektrischer Lastspitzen, welche durch Klima-Kälteanlagen verursacht
werden131. Für die betrachteten Systeme wurden in Abhängigkeit der jeweiligen Klima-
zonen Amortisationszeiten zwischen 3,7 und 8,5 Jahren vorausgesagt. Kälteanlagen mit
reiner Klimatisierungsfunktion werden jedoch nur in der heißen Jahreszeit kontinuier-
lich betrieben. Im übrigen Zeitraum laufen die Anlagen diskontinuierlich oder werden
abgeschaltet. In Kältesystemen mit ganzjährigem Kältebedarf ist das Einsparpotenzial
eines Kältespeichers höher, da die Kälteanlage jederzeit für eine Abschaltung zur Verfü-
gung steht, während die Nutzer durch den Kältespeicher versorgt werden. Durch die
vorübergehende Reduktion der elektrischen Leistungsaufnahme der abgeschalteten
Kälteanlage lassen sich Lastspitzen von Anlagen reduzieren, die keinen Teil der Kälteinf-
rastruktur darstellen. Die Amortisationszeit eines Kaltwasserspeichers kann bei ganz-
jährig betriebenen Kältesystemen daher auch niedriger ausfallen.
35
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
liegt der Fokus auf der Minimierung des Energiebedarfs der Kälteinfrastruktur durch
Nutzung günstiger Randbedingungen, wie z. B. einer niedrigen Umgebungstemperatur
oder einer höheren Auslastung der Kältemaschine. Elektrische Lastspitzen werden bei
diesem Szenario nicht betrachtet. Im dritten Fall wird der Versuch unternommen, die
Energiekosten der Kälteanlagen zu senken und gleichzeitig auftretende elektrische Last-
spitzen zu reduzieren. Häufig muss bei diesem Ansatz ein Kompromiss zwischen einer
Erhöhung der Anlageneffizienz und einer Senkung der Spitzenlastkosten getroffen wer-
den.132,133
Lastverschiebungsverfahren für
thermische Energiespeicher
Heuristische Optimierte
Verfahren Betriebsstrategien
Abbildung 16: Verfahren zur Steuerung von thermischen Speichern für Lastverschiebungs-
zwecke135
36
3.3 Kältespeicher in industriellen Kühlanwendungen
37
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
bedienen. Ein solches Konzept reduziert die elektrischen Spitzenlasten der Kälteanlagen
um etwa 40 bis 60 %147.
Die Nutzung von Kältespeichern ist in Deutschland dagegen noch wenig verbreitet und
beschränkt sich auf geringe Speichervolumina148. Seit 2010 wurden jedoch einzelne
Großprojekte umgesetzt, zu denen z. B. der Kaltwasserspeicher im „Fernkältesystem“
der Stadt Chemnitz gehört149. In diesem Pilotprojekt wurde weniger die Steigerung der
Effizienz des Kälteversorgungssystems als vielmehr eine bessere Ausnutzung von ther-
misch betriebenen Kältemaschinen gegenüber elektrischen fokussiert. Die Autoren be-
werteten den Einsatz des Speichers vor dem Hintergrund einer höheren Auslastung von
Kälteenergie aus Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung positiv150. In den Vereinigten Staaten
sind Kältespeicher dagegen weiter verbreitet. Eine statistische Analyse durch Potter
et al. bezifferte die Anzahl der existierenden Kältespeichersysteme in den USA zu Beginn
der 1990er Jahre auf 1.500 bis 2.000 Stück151. Etwa 10 % dieser Kältespeicher waren
Kaltwasserspeicher, den Großteil machten mit 86,7 % Eisspeicher aus. Aufgrund der
dort üblichen Stromtarifmodelle ist der Preis für elektrische Energie in den Nachtstun-
den deutlich geringer als zur Mittagszeit, weshalb die Nutzung eines Speichers vor allem
ökonomisch motiviert ist152. Demnach konnte eine stärkere Verbreitung von Kältespei-
chern in Regionen festgestellt werden, in denen größere Differenzen zwischen den
Stromtarifen zur Tages- und Nachtzeit auftreten153. Der Einsatz von Kältespeichern ist
dann sowohl aus energetischer, als auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll.
Es hat sich jedoch gezeigt, dass die hydraulische Einbindung und der Betrieb eines Käl-
tespeichers nicht trivial sind. In der Praxis erreichen die aufgebauten Kältespeichersys-
teme die vorhergesagte Abschreibungszeit oft nicht154. Dieses Phänomen wird vor allem
auf Mängel bei der Systemplanung und der Anlagensteuerung zurückgeführt. Als Haupt-
gründe für Probleme mit Kaltwasserspeichern wurden unter anderem mangelnde Kon-
trolle des Durchflusses, fehlerhafte Dimensionierung und Kontrolle der Pumpen und
Ventile sowie Probleme bei der Aufrechterhaltung der Temperaturdifferenz im Speicher
angeführt155. Weitere Faktoren stellen die fehlerhafte Dimensionierung des Speichersys-
tems sowie die mangelnde Qualifikation und Erfahrung des Personals dar, welches die
Anlage nicht effizient betreibt156. Dincer et al. halten eine mangelnde Systemplanung
sowie eine unzureichende Ausnutzung der möglichen Effizienzpotenziale für die Haupt-
gründe minderattraktiver Amortisationszeiten157. Viele Autoren sind sich jedoch einig,
38
3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie
dass die technischen Hürden überwunden werden können und Kältespeicher ein großes
Potenzial für Energieeinsparung besitzen158,159.
Neben den unter Abschnitt 3.3.1 bis 3.3.3 vorgestellten Szenarien gibt es weitere An-
wendungsfälle für Kältespeicher, die je nach Region und Randbedingung für Betreiber
attraktiv sein können. Hierzu zählen beispielsweise die Erhöhung der Nutzung von er-
neuerbaren Energien durch Speicherung in Form von Kälteenergie160 oder die saisonale
Nutzung von gespeichertem Eis aus der Winterperiode161. Bislang gibt es nur wenige
Referenzen, in denen eine Mehrzahl von Anwendungsszenarien mit einem einzigen
Speichersystem umgesetzt wurde. Die oben vorgestellten Konzepte zur Erhöhung der
Auslastung der Kältemaschine, Speicherung von Kälteenergie aus freier Kühlung sowie
zur Verschiebung von elektrischen Lastspitzen lassen sich mit Hilfe einer vorausschau-
enden Steuerung unter geringen Einschränkungen kombinieren. Allen Szenarien ist ge-
mein, dass der Speicher nachts beladen und während der Mittagszeit entladen wird.
Durch die Kombination multipler Nutzungsstrategien kann das wirtschaftliche Potenzial
von Kältespeichern optimiert werden. Obwohl Kältespeicher weltweit Einsatz finden,
gibt es nur wenige Untersuchungen über die Auswirkungen verschiedener Nutzungs-
strategien auf die Effizienz der Kälteversorgung. Diese Kenntnis ist jedoch von entschei-
dender Bedeutung, um eine geeignete Dimensionierung für die individuellen Anforde-
rungen und Rahmenbedingungen eines Standorts zu definieren. Hierbei muss das Au-
genmerk vor allem auf den Einsatzzweck und die Betriebsstrategie des Speichers gelegt
werden. Letztere wird in wissenschaftlichen Veröffentlichungen bislang noch nicht aus-
reichend thematisiert.
Bei der Speicherung von thermischer Energie werden drei Verfahren unterschieden: die
sensible, die latente sowie die thermochemische Energiespeicherung162. Die sensible
und die latente Speichermethode nutzen temperaturabhängige Stoffeigenschaften des
Speichermaterials aus, um Energie zu speichern. Thermochemische Energiespeicher
beruhen dagegen auf einer reversiblen, physikalischen oder chemischen Interaktion
zwischen unterschiedlichen Speicherkomponenten. Diese Interaktion kann zu einer
Aufnahme oder Abgabe von thermischer Energie führen. Thermochemische Energie-
speicher besitzen theoretisch die höchsten Energiedichten, können in der Handhabung
aber sehr komplex sein163 und befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadi-
39
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
Sensible Kältespeicher
Bei sensiblen Kältespeichern wird thermische Energie durch einen messbaren Tempera-
turunterschied zweier Speicherzustände gespeichert. Die Energiedichte wird vor allem
von der temperaturabhängigen isobaren Wärmekapazität 𝑐𝑝 des Speichermaterials be-
stimmt, welche die speicherbare Wärmeenergie pro Grad Celsius Temperaturunter-
schied ∆𝑇1→2 zweier Speicherzustände 1 und 2 vorgibt. Hierbei wird vorausgesetzt, dass
die Masse 𝑚 des Speichermaterials während des Speicherprozesses konstant bleibt. In
Anlehnung an Gleichung 4 ergibt sich eine Formulierung für die Änderung des Energie-
inhalts ∆𝑄𝑆𝑃 eines sensiblen Speichers bei einer Temperaturänderung ∆𝑇1→2 . Im Start-
und Endzustand werden jeweils uniforme Speichertemperaturen angenommen.
∆𝑄𝑆𝑃 = 𝑐𝑝 ∙ 𝑚 ∙ ∆𝑇1→2
Wasser besitzt zwischen 0 und 100 °C sowie bei Atmosphärendruck die höchste volu-
menbezogene Wärmekapazität aller Stoffe167. Es speichert daher im Vergleich zu ande-
ren sensiblen Speichermaterialien die größtmögliche Wärmeenergie pro Grad Celsius
Temperaturunterschied. In thermischen Versorgungssystemen mit Temperaturen zwi-
schen 4 und 95 °C wird es daher häufig als Speichermedium eingesetzt. Bei Anwendun-
gen oberhalb von 100 °C kommen meist Feststoffe als Speichermaterial zum Einsatz.
Diese besitzen gegenüber Wasser etwa die Hälfte der Wärmekapazität, erlauben dafür
aber höhere Temperaturdifferenzen. Die Energiedichte eines sensiblen Energiespeichers
wird neben der Wärmekapazität auch vom Temperaturniveau der Anwendung be-
stimmt. Der Speicher kann nach obiger Gleichung umso mehr Energie speichern, je grö-
ßer die Temperaturdifferenz der Anwendung ist. Bei normalen, wassergebundenen
Heiz- und Kältesystemen ist diese durch die sogenannte Temperaturspreizung zwischen
Vorlauf- und Rücklauf des Wärmeträgermediums im Verteilsystem definiert. Heizungs-
systeme besitzen Temperaturspreizungen zwischen 10 und 30 °C, während Kältesyste-
me Werte zwischen vier und acht Grad Celsius aufweisen168. Sensible Kältespeicher be-
nötigen daher ein Vielfaches des Volumens von Warmwasserspeichern, um die gleiche
thermische Kapazität zu erreichen. Wasser besitzt als Wärmeträger und Speichermate-
rial in Warm- und Kaltwasserverteilsystemen aufgrund seiner hohen Verfügbarkeit,
niedrigen Kosten und einfachen Handhabung wenig Konkurrenz169. Ein großer Vorteil
von sensiblen Speichern ist außerdem die Möglichkeit der direkten Nutzung des Wär-
meträgers als Speichermedium. Da die Wärmeenergie in diesem Fall zusammen mit dem
40
3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie
Latente Energiespeicher
Da die erforderlichen Größen von Kaltwasserspeichern im urbanen Umfeld häufig
schwer zu realisieren sind, werden alternative Speichermethoden benötigt. Ein Konzept,
die Energiedichte gegenüber sensiblen Speichern zu steigern, stellt die Nutzung latenter
Speichermaterialien dar. Diese vollziehen während des Speicherprozesses einen Pha-
senwechsel, weshalb sie auch als Phasenwechselmaterialien (engl. „phase change mate-
rials“, P M) bezeichnet wer en. Der Wechsel des Aggregatzustands eines Materials ist
üblicherweise mit einer signifikanten Energieaufnahme oder -abgabe verbunden, wel-
che auch als spezifische Enthalpie des Phasenübergangs bezeichnet wird. Im Gegensatz
zu sensiblen Speichermaterialien ist die Energiezufuhr bei Phasenwechselmaterialien
zunächst nicht mit einer Veränderung der Temperatur assoziiert171. Diese bleibt wäh-
rend des gesamten Phasenwechsels annähernd konstant und verleiht den latenten Ma-
terialien so ihren Namen. Latente Energiespeicher besitzen eine volumetrische Energie-
speicherdichte von 180 bis maximal 2500 MJ/m³, wobei Materialien im Anwendungsbe-
reich für die Gebäudeheizung und -kühlung zwischen 180 und 300 MJ/m³ aufweisen172.
Mit entsprechender Auswahl des Stoffes können Temperaturbereiche zwischen -40 °C
bis 1000 °C abgedeckt werden173. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Phasenübergän-
gen, welche für eine Speicheranwendung genutzt werden können: der fest-flüssig sowie
der flüssig-gasförmig Phasenübergang. Beim Phasenübergang vom Feststoff zur Flüssig-
keit ergibt sich eine Volumenausdehnung von bis zu 10 %174. Diese ist technisch gut be-
herrschbar, aber mit geringeren Phasenübergangsenthalpien verbunden als Phasen-
übergänge zwischen dem flüssigen und dem gasförmigen Aggregatzustand. Letztere
bieten hohe Verdampfungs- und Kondensationsenthalpien, sind jedoch aufgrund der
hohen Volumenausdehnung beim Verdampfen der Flüssigphase technisch schwierig zu
beherrschen175. Die hohe Verdampfungsenthalpie von Wasser wird beispielsweise in
Rückkühlanlagen genutzt, bei denen die Leistungsdichte durch Besprühung und Sätti-
gung der Luft mit Wasserdampf auf engem Bauraum deutlich gesteigert werden kann.
Hier stellt die hohe Volumenausdehnung kein Problem dar, da das Rückkühlwerk als
offenes System mit ökologisch unbedenklichem Wasser betrieben wird.
Bei latenten Energiespeichern beschränkt sich der Phasenübergang zwischen zwei Ag-
gregatzuständen üblicherweise auf einen engen Temperaturbereich. Diese Eigenschaft
macht sie attraktiv für die Anwendung in Kaltwasserversorgungsystemen, welche einen
vergleichbar niedrigen Temperaturhub zwischen Vorlauf und Rücklauf aufweisen. Ab-
41
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
Temperatur
sensibel
latent
Temperaturbereich
des Phasenübergangs
Gespeicherte Energie
Abbildung 17: Darstellung der Temperaturänderung sensibler und latenter Energiespeicher
mit Zunahme der gespeicherten Energie176
Im Bereich von stationären Anwendungen gibt es technische Hürden, welche den Ein-
satz von Phasenwechselmaterialen in industriellen Anwendungen einschränken. In vie-
len Kältesystemen für die Prozesskühlung und Gebäudeklimatisierung ist Wasser das
Kälteträgermedium. Da das Phasenwechselmaterial üblicherweise nicht mit Wasser
vermischt werden kann, müssen beide Stoffe im Betrieb voneinander getrennt wer-
42
3.4 Möglichkeiten der Speicherung von Kälteenergie
den178. Für den Transport von Wärmeenergie zwischen beiden Medien ist somit ein
Wärmeübertrager erforderlich, welcher zusätzliche Verluste und Kosten verursacht. Je
nach Anwendung und Funktion des latenten Speichermaterials reicht eine Verkapselung
des Speichermaterials aus, um eine Stofftrennung herzustellen. Hierbei werden Mikro-
und Makroverkapselungen unterschieden179. Das Kapselmaterial ist häufig Kunststoff,
da viele anorganische Phasenwechselmaterialien korrosiv gegenüber Metallen wir-
ken180. Einige organische Stoffe, wie z. B. Paraffine, können dagegen auch mit Metallen
kombiniert werden. Eine weitere Hürde für den Einsatz von Phasenwechselmaterialien
in stationären Anwendungen stellt ihre niedrige Wärmeleitfähigkeit dar, welche insbe-
sondere im kristallinen Zustand eine Herausforderung für Wärmeübertragungsprozesse
bedeutet. Durch eine geringe Wärmeleitfähigkeit benötigen Volumenelemente in weite-
rer Entfernung zur wärmeübertragenden Fläche mehr Zeit, um die Temperatur der La-
deanwendung zu erreichen. Im Beispiel der Beladung eines Kältespeichers kristallisiert
das Phasenwechselmaterial im Wandbereich und verringert somit die Leitfähigkeit hin
zum Kern des Speichermaterials181. Dies kann zu einer sensiblen Unterkühlung der kris-
tallinen Phase im Wandbereich führen, während das PCM in weiterer Entfernung zur
Wand annähernd ungenutzt bleibt. Die potenziell hohe Speicherdichte des PCM wird
somit nicht ausgeschöpft. In der Literatur wurde versucht, wärmeleitende Strukturen
mit großer Oberfläche in das PCM zu integrieren, um eine bessere thermische Leitfähig-
keit zu erzielen. Beispiele hierfür sind Pulver und Strukturen aus Metall182 oder Gra-
phit183, die unter das PCM gemischt oder als feste Trägerstruktur installiert werden.
Während sich Pulver aufgrund der höheren Dichte im Vergleich zum PCM absetzen kön-
nen184, bietet der Einsatz von Metallstrukturen eine hohe Langzeitstabilität. Durch den
Einsatz von Metallschäumen mit einer Porosität von über 90 % lässt sich der Wärme-
leitwert des reinen PCM auf den 70-fachen Wert steigern185. Die Integration solcher
wärmeleitenden Strukturen in PCM-Behälter ist jedoch aufwändig186 und noch ein Ge-
genstand der Forschung187.
In Anwendungen mit Temperaturen um null Grad Celsius kann auch Eis als latenter Käl-
tespeicher eingesetzt werden. Es existieren jedoch nur wenige Kühlanwendungen in
diesem Temperaturbereich. Ein Einsatz von Eisspeichern für die Nutzung in klassischen
Klimaanwendungen bei 6 bis 9 °C ist energetisch nicht sinnvoll, da die Kältemaschine
tiefere Verdampfungstemperaturen bis -6 °C bereitstellen muss188,189. Studien zeigten,
dass Eisspeichersysteme in solchen Anwendungen im Vergleich zu Wasserspeichern
43
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
Thermochemische Speicher
Unter dem Begriff der thermochemischen Energiespeicher werden häufig sowohl rever-
sible chemische Reaktionen, als auch physikalische Sorptionsprozesse verstanden. Zur
Definition im eigentlichen Sinn gehören jedoch nur die chemischen Reaktionssyste-
me193. Bei diesen werden endotherme Reaktionen herangezogen, um Wärmeenergie
aufzunehmen und diese reversibel in den Reaktionspartnern zu speichern. Dadurch
wird der Wärmespeicher beladen. Bei einer Umkehr der Reaktion unter passenden Be-
dingungen wird die Wärmeenergie wieder freigesetzt. Diese exotherme Rückreaktion
stellt die Entladung des Wärmespeichers dar. Thermochemische Energiespeicher auf
Basis chemischer Reaktionssysteme besitzen mit 2.600 bis 4.400 MJ/m³ die höchsten
theoretischen Energiedichten der bekannten thermischen Energiespeicher194. Das Prin-
zip kann grundsätzlich auch auf physikalische Sorptionsprozesse übertragen werden,
bei denen Wärmeenergie durch die Adsorption einer gasförmigen Substanz an einen
Feststoff mit großer Oberfläche frei wird. Um diesen zu regenerieren, wird er ausgeheizt
und die adsorbierte Substanz von der Oberfläche desorbiert. Bei einer getrennten Auf-
bewahrung der Reaktionspartner besitzen thermochemische Energiespeicher nahezu
keine Speicherverluste, was sie besonders attraktiv für saisonale Speicheranwendungen
macht195. Derzeit bestehen im Umgang mit thermochemischen Speichern noch zahlrei-
che technische Hürden. Zu diesen gehören niedrige Wärmeleitfähigkeiten der eingesetz-
ten Komponenten, geringer Wärmeübertrag auf die Wärmeübertrager-Wände sowie das
Aufquellen des Adsorbens und Agglomerationsphänomene bei der Nutzung von Adsorp-
tionsspeichern mit Wasser196. Im Gegensatz zu latenten Energiespeichern muss neben
dem Wärmeaustausch auch ein Stoffaustausch gewährleistet werden, was die technische
Umsetzung komplexer macht197. Für den Temperaturbereich von Kältespeicheranwen-
dungen gibt es keine chemischen Reaktionssysteme, es kommen daher nur Sorptions-
speicher in Frage. Da die Technologie für solche Speicher noch nicht kommerzialisiert
ist, müssen hohe System- und Wartungskosten eingeplant werden198. Aus den genann-
ten Gründen wurden thermochemische Speicher als mögliche Demonstrator-
Technologie in dieser Arbeit ausgeschlossen.
Auf Basis der vorgestellten technischen Hürden wird Wasser als sensibles Speicherma-
terial gegenüber Phasenwechselmaterialien und thermochemischen Speichern für den
Einsatz in industriellen Kaltwassersystemen bevorzugt. Phasenwechselmaterialien kön-
44
3.5 Systemintegration von Kältespeichern
nen jedoch eine Alternative darstellen, wenn der vorhandene Bauraum eine sensible
Speicheranwendung einschränkt.
Übergangszone
Übergangszone
𝑉̇ , 𝑇𝑉𝐿
𝑇 𝑇
𝐴𝑢 𝑟𝑖 𝐸𝑖 𝑟𝑖
Abbildung 18: Temperaturprofil im Verdrängungsspeicher zu verschiedenen Zeitpunkten
während eines Be- und Entladeprozesses in Abhängigkeit der Tankhöhe H
Verdrängungsspeicher sind stets mit dem Speichermedium befüllt und verändern ihren
Füllstand während eines Ladeprozesses nicht. Beim Beladen des Verdrängungsspeichers
wird der kühlere Vorlauf des Kältesystems am Boden des Speichers eingeströmt, wo er
aufgrund der höheren Dichte verweilt. Die wärmere Phase im oberen Bereich des Spei-
chers wird zeitgleich aus dem Tank in den Rücklauf des Kältesystems verdrängt. Bei der
Entladung wird der wärmere Rücklauf mit der geringeren Dichte oben im Speicher ein-
geströmt. Die kalte Phase am Boden des Speichers wird dabei in den Vorlauf des Kälte-
systems geschoben. An der Phasengrenze zwischen den beiden unterschiedlich tempe-
199 vgl. Zurigat (1988) S.101
200 vgl. Urbaneck (2008) S.130f
201 vgl. Han (2009) S.1016
202 vgl. Ghaddar (1994) S.919
203 vgl. Zurigat (1988) S.101
204 vgl. Gretarsson (1994) S.1213
45
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
𝑃𝑢𝑚 𝑒 °C
Strömungssrichtung
Kälte- Nutzer
maschine
°C 𝑃𝑢𝑚 𝑒
orlauf, 𝑇𝑉𝐿
Abbildung 19: Einbindung eines Kältespeichers als thermischer Puffer207
Das Konzept besitzt den Nachteil einer kontinuierlichen Durchströmung des Speichers
über die vier Tankanschlüsse, wodurch hohe thermische Verluste auftreten können.
Außerdem ist eine unabhängige Nutzersteuerung nicht ohne weiteres möglich, da der
46
3.5 Systemintegration von Kältespeichern
Speicher keine eigene hydraulische Antriebsgruppe besitzt und somit nicht aktiv gela-
den werden kann. Durch Erweiterung der auf Abbildung 19 dargestellten Einbindung
um eine entsprechende Ladehydraulik, kann der Speicher als aktive Systemkomponente
genutzt werden. Somit ist der Speicher in der Lage, auf Nutzeranforderungen zu reagie-
ren. Dies kann beispielweise ein Beladeprozess sein, wenn viel elektrische Energie aus
Photovoltaik verfügbar ist oder die Außentemperaturen niedrig sind und freie Kühlung
möglich ist. Dagegen kann eine Entladung z. B. im Rahmen einer Reduktion von elektri-
schen oder thermischen Lastspitzen sinnvoll sein. Abbildung 20 zeigt beispielhaft eine
aktive Ladehydraulik, welche für große drucklose Speicher geeignet ist.
𝑇𝑅𝐿 °C
M
M
Kälte-
Nutzer
maschine
Ladepumpe
M
M
°C
𝑇𝑉𝐿 M
M
M
Motorklappe Stellventil Rückschlagklappe
Abbildung 20: Kältespeichersystem mit aktiver Ladehydraulik208
Drucklose Speichertanks dürfen nicht mit dem Netzdruck des Kältesystems belastet
werden und benötigen zusätzlich Komponenten für die Druckerhöhung und Druckmin-
derung209. Bei druckbehafteten, oberirdischen Tankspeichern bis etwa 100 m³ Volumen
entfallen die beiden Stellventile und die Ladehydraulik vereinfacht sich dementspre-
chend.
Eine bei Wärmespeichern verbreitete Form der Speicheranbindung stellt der Wärme-
übertrager dar. Dieser lässt sich je nach Bauform des Speichers im Inneren des Spei-
chers unterbringen oder als externe Komponente außerhalb des Speichers aufbauen.
Letztere Lösung besitzt den Nachteil, dass eine weitere elektrisch angetriebene Pumpe
benötigt wird, um den Sekundärkreis des Speichers anzutreiben. Externe Wärmeüber-
trager können notwendig sein, wenn der Speicher aufgrund seiner Größe oder einer
speziellen Bauform keine internen Wärmeübertrager zulässt. Im Bereich der sensiblen
Kältespeicher werden Wärmeübertrager üblicherweise nicht eingesetzt, da sie das
Temperaturniveau des Primärkreises (Vorlauf Kaltwasser) nicht vollständig auf den
Sekundärkreis (hier Speicher) übertragen. Dieses Phänomen wird als Grädigkeit eines
47
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
Wärmeübertragers bezeichnet. Die Grädigkeit ist als Differenz der Temperaturen des
eintretenden Vorlaufs 𝑇1, auf der Primärseite und der des austretenden Fluidstroms 𝑇2,,
auf der Sekundärseite nach Abbildung 6 definiert210. Bei Kühlanwendungen liegt sie üb-
licherweise zwischen ein und zwei Grad Celsius211,212. Bei einer Speicheranwendung mit
Wärmeübertrager muss die Grädigkeit sowohl beim Lade-, als auch beim Entladevor-
gang berücksichtigt werden213. Dies bedeutet etwa zwei bis vier Grad Celsius Tempera-
turunterschied gegenüber der Vorlauftemperatur im Kältesystem, was eine Anwendung
aus energetischer Sicht nicht sinnvoll macht. Beim Einsatz von latenten oder thermo-
chemischen Energiespeichern sind Wärmeübertrager jedoch erforderlich, da sich das
Speichermaterial vom Kälteträgermedium unterscheidet. Hier wird versucht, die Grä-
digkeit des Wärmeübertragers durch eine besonders hohe Austauschfläche zwischen
den Medien zu kompensieren.
Externe Speicherverluste
Externe Verluste sind auf eine nicht-ideale Dämmung der Speicherhülle zurückzuführen.
Sie bedeuten einen Energieverlust des Speichers durch Wärmeaustausch mit der Umge-
bung. Dieser Wärmeaustausch erfordert einen Temperaturgradienten, wobei thermi-
sche Energie vom Ort mit höherer Temperatur zum Ort niedrigerer Temperatur über-
tragen wird. Bei Wärmespeichern stellt dies einen Wärmetransport aus dem Speicher-
48
3.6 Verlustmechanismen in thermischen Speichern
inneren an die Umgebung dar, bei Kältespeichern dringt dagegen vorrangig Wärme-
energie aus der Umgebung in den Speicher ein. Das Ausmaß der energetischen Verluste
hängt in hohem Maße vom Temperaturniveau der Speicheranwendung215 sowie der
Dämmungsgüte der Speicherhülle216 und der Umgebungstemperatur217 ab. Der Wär-
metransport erfolgt durch drei verschiedene Teilmechanismen: die Wärmeleitung, die
Wärmestrahlung sowie die Konvektion. Diese sind zu unterschiedlichen Teilen am
Wärmetransportprozess beteiligt. Durch die Dämmung der Speicherhülle sollen mög-
lichst alle dieser Mechanismen effektiv eingeschränkt werden.
𝑇 𝛿𝑖𝑠𝑜 𝛿𝑤
𝛼𝑎𝑢 𝛼𝑖𝑛
𝑇𝐿𝑢𝑓𝑡
𝜆𝑖𝑠𝑜 𝜆𝑤
𝑇𝑖𝑠𝑜,𝑎𝑢
𝑇𝑤,𝑖𝑛
𝑇𝑊𝑎𝑠𝑠𝑒𝑟
𝑄̇
Zusätzlich zur Speicherwand mit der Leitfähigkeit 𝜆𝑤 muss der Wärmestrom die Dämm-
schicht überwinden, welche sich durch eine besonders geringe thermische Leitfähig-
keit 𝜆𝑖𝑠𝑜 auszeichnet. Die konvektive Wärmeübertragung der Speicherinnenwand auf
das Speichermedium wird über den Wärmeübergangskoeffizienten 𝛼𝑖𝑛 beschrieben.
Den konvektiven Wärmeaustausch mit der umgebenden Luft beschreibt dagegen der
Wärmeübergangskoeffizient 𝛼𝑎𝑢 auf der Außenseite der Speicherdämmung. Mit diesen
Kennzahlen lässt sich der Wärmedurchgangskoeffizient der Speicheranwendung bilden,
dessen Kehrwert den Widerstand für den Wärmeübergang darstellt (siehe Glei-
chung 15). Nach Kapitel 2 sind die Wärmeübergangskoeffizienten auf der Innen- und
Außenseite des Speichers vor allem vom Strömungsfeld, der Strömungsgeometrie sowie
49
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
den Temperaturen der beteiligten Medien abhängig. Daneben können auch Leckagen am
Speicher zu den externen Verlusten beitragen219. Hierbei wird Kälte- oder Wärmeener-
gie stoffgebunden aus dem Speichersystem transportiert.
Interne Speicherverluste
Als interne Speicherverluste werden in dieser Arbeit alle Verluste bezeichnet, die im
Inneren des Speichers auftreten und nicht direkt zu einer Verringerung des Energiein-
halts führen müssen. Interne Verluste sind mit einer Entropiezunahme verbunden und
ergeben sich u. a. infolge thermodynamischer Ausgleichseffekte im Speicher. Die Trieb-
kraft für solche Ausgleichsvorgänge stellt vor allem die Wärmeleitung dar, welche einen
Wärmestrom von Orten mit höherer Temperatur zu Orten mit niedrigerer Temperatur
verursacht. Im Gegensatz zu konvektiven Wärmetransportvorgängen ist hierfür kein
Stofftransport erforderlich, sodass auch ruhende Medien betroffen sind. Durch Wärme-
leitung von der wärmeren zur kühleren Phase gleichen sich die Temperaturniveaus an
und das Volumen der Übergangszone nimmt auf Kosten des Nutzvolumens zu. Bei Kälte-
speichern ist dieser Ausgleicheffekt besonders kritisch, da bereits eine geringe Tempe-
raturerhöhung von ein bis zwei Grad Celsius gegenüber der Vorlauftemperatur des Käl-
tesystems dazu führt, dass das gespeicherte Kaltwasser nicht mehr nutzbar für die An-
wendung ist. In der Übergangszone tritt ein wesentlicher Anteil der internen Speicher-
verluste auf, da der enge Kontakt zwischen den beiden unterschiedlich temperierten
Wasserkörpern einen Wärmetransport begünstigt220.
50
3.6 Verlustmechanismen in thermischen Speichern
Innere Verluste werden auch durch die träge, thermische Masse der Speicherwand her-
vorgerufen. Wenn das Speichermedium längere Zeit im Speicher ruht, gleichen sich die
Temperaturniveaus der Speicherwand und des Speichermediums an. Findet bei einem
vollständig entladenen Kältespeicher eine Beladung statt, so verdrängt der eintretende
Kaltwasserstrom das wärmere Wasser nach oben im Speicher. Der Wärmeübergangs-
prozess von der noch warmen Speicherwand auf das einströmende Kaltwasser ist übli-
cherweise langsamer als der Stofftransport durch den Tank. Die Wand des Spei-
chertanks ist daher auch nach Abschluss des Beladevorgangs wärmer als das Speicher-
medium und gibt Wärmeenergie an dieses ab. Dadurch nimmt die Temperatur des Spei-
chermediums zu und das nutzbare Volumen verringert sich. Analog wird die wärmere
Phase bei der Entladung des Kältespeichers durch die kalte Speicherwand abgekühlt.
Hierdurch entsteht kein Nutzen für die Anwendung, da das Temperaturniveau nicht die
benötigte Vorlauftemperatur erreicht. Es wird jedoch das Rücklauftemperaturniveau
herabgesetzt, wodurch sich die mittlere Temperaturdifferenz über das Speichervolumen
reduziert. Im Vergleich zum Speichervolumen ist die thermische Kapazität der Spei-
cherwand normalerweise gering227. Die an der Wand aufgewärmten Fluidelemente stei-
gen jedoch aufgrund der niedrigeren Dichte im Speicher empor und verursachen somit
makroskopische Strömungseffekte. Diese können die Verluste im Speicher zusätzlich
vergrößern.
Liegt ein halb-beladener Kältespeicher vor, so befindet sich die warme Phase oberhalb
der kalten (siehe mittleres Bild auf Abbildung 22). Da Wasser nur eine geringe Wärme-
leitfähigkeit von etwa 0,6 W⁄(m K) (20 °C)228 besitzt, ist der Wärmetransport zwischen
den beiden Phasen gering. Die Speicherwand besitzt normalerweise eine höhere Wär-
meleitfähigkeit und agiert in diesem Fall als thermische Brücke, welche kontinuierlich
Wärmeenergie aus der warmen Phase in die kalte transportiert. Auch dieser Effekt ist
unerwünscht, da er die Temperatur des Nutzvolumens im Kältespeicher anhebt und
gleichzeitig die warme Phase mit Rücklauftemperaturniveau abkühlt. Kommerzielle
Speichertanks bestehen oft aus Stahl, dessen Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu Wasser
besonders hoch ist. Stahltanks sind aufgrund der geringen Fertigungskosten weit ver-
breitet. Bei großen Speichervolumina werden neben Stahltanks auch Betonspeicher ein-
gesetzt. Diese besitzen eine relativ geringe Wärmeleitfähigkeit, sind aber aufwändig im
Bau. Um thermische Verluste durch Wärmeleitung über die Speicherwand zu reduzie-
ren, kann eine Innenauskleidung mit geringer Wärmeleitfähigkeit eingesetzt werden.
51
3 Architektur von Kältesystemen und Rolle des Kältespeichers
Obwohl diese Option bereits wissenschaftlich untersucht wurde229, hat sie bislang keine
substantielle Kommerzialisierung gefunden.
Die Effizienz eines Verdrängungsspeichers kann anhand der Höhe der Übergangszone
bewertet werden. Bei einem idealen Verdrängungsspeicher existiert keine Übergangs-
zone. Zwischen der kalten und warmen Phase liegt somit ein Temperatursprung vor
(siehe Abbildung 22 l.)230.
𝑇ℎ𝑒𝑟𝑚 𝑘 𝑖 𝑒
𝑇ℎ𝑒𝑟𝑚 𝑘 𝑖 𝑒
T T T
Abbildung 22: Darstellung der Thermoklinen eines idealen Speichers (l.), eines realen Spei-
chers (m.) und eines realen Speichers mit hohen Verlusten (r.)
52
4. VORSTELLUNG UND ANALYSE DES
REFERENZSYSTEMS
Im Gegensatz zu rein theoretischen Ansätzen, wird in dieser Arbeit ein reales Referenz-
system herangezogen, um die Untersuchungen sowie die gewonnenen Erkenntnisse zu
stützen. Dieses Referenzsystem stellt die Kälteversorgungs-Infrastruktur des Fraunho-
fer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB) in Erlangen dar.
Im Rahmen der Untersuchungen wurde das vorliegende Referenzsystem mit Messgerä-
ten zur Erfassung von thermischen und elektrischen Energieströmen versehen. Durch
die Verwendung von realen Systemdaten zur Verifizierung der Herangehensweise, kann
den Ergebnissen dieser Arbeit eine höhere Übertragbarkeit und Praxisrelevanz zuge-
ordnet werden, als bei rein simulativen Ansätzen.
Im folgenden Abschnitt 4.1 werden der Aufbau und die Komponenten des Referenzsys-
tems vorgestellt. Es erfolgt eine Analyse des Urzustands anhand von Messwerten des
Jahres 2014. Auf Basis dieser Messwerte wird im Abschnitt 4.2 eine Untersuchung von
Effizienzpotenzialen vorgenommen. Hieraus ergeben sich konkrete Maßnahmen, aus
denen im anschließenden Abschnitt 4.3 eine strukturierte Vorgehensweise für die weite-
ren Arbeiten abgeleitet wird.
Wärmeübertrager
Vorlauf
P4 Rücklauf
Wasser-
Anbau A Prozesse Labore Umluft Umkleide Aufb.
P3
Kältemaschinen P1
P2
Verteiler Verteiler
Kältezentrale Reinraum
53
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
Die Kühlaufgaben des Systems sind umfassend: Neben der Kühlung von Prozessmaschi-
nen und Servern sind auch Klimatisierungsfunktionen für die Umluft des Reinraums und
der Laborbereiche des Institutes vorhanden. Das Temperaturniveau des Sekundärkälte-
systems beträgt gemäß der Planung 12 °C im Vorlauf und 17 °C im Rücklauf. Im tatsäch-
lichen Betrieb lag die Vorlauftemperatur im Referenzzustand des Jahres 2014 jedoch bei
etwa 13 °C, während die Rücklauftemperatur mit 13,9 °C nur geringfügig darüber lag.
Die beiden Kältemaschinen besitzen jeweils einen Schraubenverdichter mit Leistungs-
schiebertechnologie232, um veränderliche Kältelasten zwischen 80 bis maximal 469 kW
zu bedienen. Der Betrieb der Maschinen erfolgt dabei normalerweise abwechselnd. Bei
Spitzenlasten oberhalb von 450 kW werden beide Aggregate parallel betrieben,
wodurch sich Kälteleistungen bis maximal 940 kW erreichen lassen. Da im Regelfall nur
eine der baugleichen Kältemaschinen aktiv ist, wird eine Unterscheidung des jeweils
laufenden Aggregates für die folgenden Betrachtungen vernachlässigt. Die Rückkühlung
der Kältemaschinen erfolgt über einen zentralen Hybridkühlturm, welcher eine angege-
bene, maximale Rückkühlleistung von etwa einem Megawatt besitzt.
Das Kaltwasser für die Prozessanlagen („Prozesse“) wird mit Hilfe eines Wärmeübertra-
gers auf ein Temperaturniveau von etwa 19 °C angehoben. Abgesehen von diesem Un-
tersystem werden alle Nutzer auf Abbildung 23 mit dem gleichen Vorlauftemperaturni-
veau von etwa 13 °C versorgt. Die Kaltwasserversorgung wird von zwei ungeregelten
Doppelpumpen P1 und P2 gewährleistet, welche je eine Kältemaschine mit Kaltwasser
versorgen und so das Hauptsystem antreiben. Die Pumpen P3 und P4 treiben den Rück-
kühlkreislauf der Kältemaschine sowie einen Niedertemperatur-Heizkreislauf zur Wär-
merückgewinnung an. Letzterer besitzt für die folgenden Untersuchungen nur eine ge-
ringe Bedeutung, daher wird der zugehörige Wärmeübertrager nicht auf Abbildung 23
gezeigt. Auf Abbildung 24 sind die elektrischen Leistungsaufnahmen aller Hauptkompo-
nenten des Sekundärkältesystems dargestellt. Die minimale und maximale Leistungs-
aufnahme der Kältemaschine wurden dem Typenschild entnommen, da die beiden
Punkte im Betrieb nur selten angefahren werden. Alle anderen gezeigten Leistungsauf-
nahmen wurden messtechnisch ermittelt. Die elektrischen Leistungsaufnahmen der Käl-
temaschine und des Rückkühlers variieren abhängig von der Kältelast der Verbraucher.
Dagegen sind die aufgeführten Pumpen ungeregelt und weisen einen relativ konstanten
Strombedarf auf. Mit dem Einschaltbefehl der Kältemaschine (KM) werden auch das
Rückkühlwerk (RK) sowie die Pumpen P1 bis P4 eingeschaltet. Um den Wärmestrom
der Kältenutzer mit der Kältemaschine aufzunehmen und an den Rückkühlkreislauf ab-
zuführen, ist eine kontinuierliche Umwälzung des Kaltwassers sowie des Kühlmediums
erforderlich.
54
4.1 Beschreibung des Referenzsystems
40 kW
40
30,9 kW
20 16,6 kW
6,5 kW
3,9 kW 3,5 kW 3,5 kW
4,4 kW
0
KM RK P4 P3 P1 P2
Komponente
Abbildung 24: Elektrische Leistungsaufnahmen der Hauptkomponenten des Sekundärkälte-
systems
Die elektrische Grundlast der Kälteanlage beträgt 67,5 kW, solange das Rückkühlwerk
nicht angefordert wird. Dieses besitzt ungeregelte Lüfter, welche in Abhängigkeit der
Kühllast zu- oder abschalten. Dadurch ergibt sich ein diskontinuierliches Lastprofil, wel-
ches nicht zur Grundlast gezählt werden soll. Mit einer elektrischen Leistungsaufnahme
von mindestens 40 kW besitzt die Kältemaschine den größten jährlichen Energiebedarf
der Kälteinfrastruktur. Den zweithöchsten Energiebedarf weist die Pumpe P4 für den
Rückkühlkreislauf mit einer kontinuierlichen Leistungsaufnahme von etwa 16,6 kW auf.
Das Rückkühlwerk besitzt den dritthöchsten Energiebedarf der auf Abbildung 24 darge-
stellten Komponenten und kann grundsätzlich in drei Stufen betrieben werden: Auf der
Stufe eins ist nur die erste Lüfterstufe des Rückkühlwerks aktiv, welche eine Leistungs-
aufnahme von 4,4 kW besitzt. Reicht die Kühlleistung dieser Stufe nicht aus, wird die
Sprühpumpe mit einer Leistungsaufnahme von 2,1 kW aktiviert. Diese besprüht den
Wärmeübertrager des Kühlturms mit Wasser und erhöht die Kühlleistung durch zusätz-
liche Verdunstungskühlung. Der Betrieb der ersten Lüfterstufe in Kombination mit der
Sprühpumpe stellt die zweite Stufe des Rückkühlwerks dar. Bei sehr hohen Kühlleistun-
gen wird die zweite Lüfterstufe aktiviert. Für den Kühlturm stellt dies die dritte Stufe
dar. Der Lüfter wird auf dieser Stufe grundsätzlich zusammen mit der Sprühpumpe be-
trieben.
55
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
Die Analyse des vorgestellten Sekundärkältesystems erfolgte auf Basis der Daten eines
institutseigenen Energie-Monitoringsystems. Dieses vereint eine Vielzahl von unter-
schiedlichen Messgeräten, wie z. B. Wärmemengenzähler und elektrische Energiezähler,
welche die thermischen und elektrischen Energieströme am Institut dokumentieren. Zur
Charakterisierung des Sekundärkältesystems wurden insgesamt sechs stationäre Wär-
memengenzähler installiert, welche die Kälteleistungen an den zentralen Verteilern so-
wie an allen Verteilerabgängen aufzeichnen. Für die elektrische Energiemessung wur-
den stationäre Messgeräte an den Kältemaschinen sowie den relevanten Peripherie-
komponenten installiert und in das Monitoringsystem eingebunden. Neben den genann-
ten Energiemessgeräten ist auch eine Wetterstation vorhanden, welche die Witterungs-
bedingungen erfasst und somit eine Korrelation mit dem Kältebedarf erlaubt. Die zeitli-
che Auflösung der Exportdaten beträgt eine Minute. Im Gegensatz zu sogenannten Stan-
dardlastprofilen, bei denen durchschnittliche Profile von Verbrauchergruppen als Last-
56
4.1 Beschreibung des Referenzsystems
prognosen herangezogen werden, können mit Hilfe der vorhandenen Datenbank exakte
Lastverläufe erhalten und mit entsprechenden Randbedingungen (z. B. Witterungsbe-
dingungen) korreliert werden. Dadurch steigt die Aussagefähigkeit der hier gefundenen
Ergebnisse im Vergleich zu Standardlastprofilen.
Ein Jahreslastprofil lässt sich zweckmäßig mit Hilfe eines Rasterdiagramms veranschau-
lichen. Auf Abbildung 25 wurde für die Darstellung der Kältelasten im Sekundärkältesys-
tem eine Auftragung der Kältelast in Abhängigkeit der Tagesuhrzeit und des Kalender-
tags gewählt.
Zur weiteren Analyse des Kältesystems werden die Volumenstrom- und Temperaturver-
teilungen im Kaltwasserkreislauf betrachtet, welche auf Abbildung 26 dargestellt sind.
57
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
Kaltwassertemperaturverteilungen
20
Temperatur in °C
Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur
15
10
150
Volumenstrom
100
50
Ein weiteres Kriterium für die Charakterisierung des Betriebs einer Kälteanlage stellt
die Auslastung der Kältemaschine dar. Die Kältelast der Nutzer besitzt nach Abbil-
58
4.1 Beschreibung des Referenzsystems
dung 13 einen wesentlichen Einfluss auf die Leistungszahl der Kältemaschine und muss
daher als Bezugsgröße bei der Effizienzuntersuchung berücksichtigt werden. In beste-
henden Kältesystemen kann die Information über die Auslastung der Kältemaschine
auch zur Bestimmung von Lastreserven herangezogen werden. Diese lassen sich z. B. für
weitere Verbraucher oder die Beladung eines Kältespeichers einsetzen. Abbildung 27
zeigt die Verteilung des Kältebedarfs im Sekundärkältesystem in Abhängigkeit der Ma-
schinenauslastung für das Jahr 2014 (Auflösung 1 %).
60
Mittlere Auslastung der
Kältemaschine (22,7 %)
Kältebedarf in MW h
50
40
30
20
10
0
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Maschinenauslastung in %
Abbildung 27: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung
Zur Bewertung des Einflusses von Witterungsbedingungen auf den Kältebedarf werden
auf Abbildung 28 die Verteilung des Kältebedarfs sowie die Auftrittshäufigkeit der Um-
gebungstemperaturen des Jahres 2014 in Abhängigkeit der Temperatur (Auflösung
0,1 °C) dargestellt. Beide Kurven weisen eine hohe Korrelation auf, was einen Einfluss
der Umgebungstemperatur auf den Kältebedarf impliziert. Im Bereich oberhalb von
10 °C setzt sich der Kältebedarf jedoch etwas von der Auftrittshäufigkeit der einzelnen
Umgebungstemperaturen ab, während die Kältebedarfsverteilung der Nutzer unterhalb
von 10 °C nahezu deckungsgleich mit der Auftrittshäufigkeit verschiedener Umgebungs-
temperaturen ist. Dies ist durch die Aufgabe des Sekundärkältesystems zu erklären, wel-
che vorrangig in der Kühlung von Prozessanlagen und Servern besteht. Bei solchen An-
lagen ist ein erhöhter Einfluss der Umgebungstemperatur nur dann zu erwarten, wenn
die Gebäudemasse durch langanhaltende Hochtemperaturperioden aufgeheizt wird. Im
Referenzsystem sind erhöhte Kältelasten in der Sommersaison vor allem auf Umluft-
kühlgeräte zurückzuführen, welche bei höheren Außentemperaturen angefordert wer-
59
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
Temperatur-Auftrittsdauer in 10 h
5 5
-1
geringe Abweichungen größere Abweichungen
Kältebedarf in MW h
4 4
3 3
2 2
1 1
-10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40
Temperatur in °C
Abbildung 28: Darstellung der Häufigkeitsverteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der
Umgebungstemperatur für das Jahr 2014
Für die Analyse der Effizienz des vorliegenden Kältesystems wird eine Auswertung der
elektrischen und thermischen Energiedaten vorgenommen. Zu diesen gehören der Jah-
resbedarf der Kälteenergie, die elektrischen Energieaufnahmen der Kältemaschine und
der Kälteanlage sowie die daraus berechneten, mittleren Leistungszahlen der Kältever-
sorgung. Der elektrische Energiebedarf der gesamten Kälteanlage bezieht sich auf alle
Komponenten der Kälteanlage inklusive der Rückkühler und Förderaggregate nach Ab-
bildung 7. Tabelle 2 enthält die Jahresmittelwerte der relevanten Energiekennzahlen
und Betriebsparameter der Sekundärkälteversorgung für das Jahr 2014 ab der Kalen-
derwoche neun.
60
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale
61
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
𝑤 𝑒𝑟 𝑇1, − 𝑇1,,
𝑇1,
𝑇1,, 𝑇1,,
∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 ∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔
𝑇2,, ä 𝑒𝑚𝑖 𝑒 𝑇2,
𝑇2,, ä 𝑒𝑚𝑖 𝑒 𝑇2,
L x L x
Abbildung 29: Absenkung der Verdampfungstemperatur des Kältemittels durch Verringerung
der Temperaturspreizung des Kaltwasserstroms (schematisch)
Dieser Zusammenhang wird auch durch die Betrachtung der mittleren logarithmischen
Temperaturdifferenz zwischen dem Kaltwasser- und dem Kältemittelkreis veranschau-
licht: Mit einer Abnahme der mittleren logarithmischen Temperaturdifferenz ∆𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔
zwischen den Medien würde sich die übertragene Wärmeleistung nach Gleichung 21
62
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale
reduzieren. In der Praxis wird der Druck im Verdampfer über das Expansionsventil ab-
gesenkt, um eine Verdampfung des Kältemittels bei niedrigeren mittleren Kaltwasser-
temperaturen zu erreichen. Durch die niedrigere Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 vergrö-
ßert sich der Temperaturhub (𝑇𝐾𝑜 − 𝑇𝑉𝑒 ) der Kältemaschine, wo urch ie arnot‘sche
Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑊Ü und der exergetische Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü der Kälteanwendung
reduziert werden (siehe Gleichung 25 und 27). Abbildung 29 zeigt außerdem, dass das
absolute Temperaturniveau der Wärmeübertragung sinkt, wenn die Verdampfungstem-
peratur abnimmt. Dadurch nehmen die Exergieverluste im Verdampfer zu (siehe Ab-
schnitt 3.2). Eine Reduktion des Kaltwasservolumenstroms führt somit zu einer Anhe-
bung der Temperaturspreizung im Kältesystem und erhöht die Effizienz der Kältema-
schine sowie der Wärmeübertragungsprozesse.
Dabei stellen 𝑔 die Erdbeschleunigung und 𝜉 den Druckverlustbeiwert dar. Die Abmes-
sung 𝐿 repräsentiert die Länge und 𝑑𝑖𝑛 den Innendurchmesser des durchströmten Roh-
res. Der Druckverlust nimmt nach Gleichung 36 quadratisch mit der Strömungsge-
schwindigkeit zu. Hohe Druckverluste infolge unnötig hoher Volumenströme sind in
Verteilungssystemen grundsätzlich unerwünscht, da sie mit einer Dissipation der kineti-
schen Energie des Wärmeträgermediums in Reibung einhergehen. Eine Ausnahme von
dieser Regel besteht, sofern durch den höheren Volumenstrom eine signifikante Ände-
rung des Turbulenzgrades einer Wärmeübertragungsaufgabe erreicht wird. In diesem
Fall kann der betreffende Wärmeübergangskoeffizient erhöht und der Wärmeübertrag
verbessert werden. Ist ein zu hoher Volumenstrom vorhanden, so ergibt sich eine nied-
rige Fluidtransporteffizienz 𝜂𝐹𝑇 , da die Leistungsaufnahmen der Peripherieaggregate im
Vergleich zur Leistungsaufnahme der Kältemaschine hoch ausfallen (siehe Glei-
chung 29). Der Volumenstrom sollte daher auf ein für die Wärmeübertragung notwendi-
ges Maß an Turbulenz reduziert werden. In Kältesystemen ist ein ausreichender Grad an
Turbulenz üblicherweise durch die Einhaltung der geplanten Temperaturspreizung im
Kaltwassersystem erfüllt, da die Wärmeübertrager und das Leitungssystem mit diesem
Wert ausgelegt werden. Im vorliegenden Sekundärkältesystem liegt die Temperatur-
spreizung nach Planung bei fünf Grad Celsius (siehe Bezeichnung 12/17 °C). Der gemes-
sene Wert der Temperaturspreizung besitzt mit etwa einem Grad Celsius somit eine
signifikante Abweichung zum Auslegungszustand.
Zuletzt wird auch die Effizienz der Kältenutzung 𝜂𝑁 durch zu hohe Volumenströme ver-
ringert, da die elektrischen und mechanischen Verluste des Antriebsstrangs einer Pum-
pe mit höherer Förderleistung zunehmen. Diese Verluste werden neben der Luft auch an
63
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
Zusammenfassend wirkt sich ein zu hoher Volumenstrom negativ auf alle vorgestellten
Effizienzkennzahlen einer Kälteanlage aus. Zur Bestimmung eines adäquaten Durchflus-
ses kann bei Kaltwassersystemen eine Temperaturspreizung von fünf bis sechs Grad
Celsius angenommen werden. Meist ist dieser Wert optimal, da kommerzielle Wärme-
übertrager einen ausreichenden Temperaturgradienten für den Wärmetransport erhal-
ten und gleichzeitig ein ausreichendes Maß an Turbulenz in den Strömungskanälen der
Wärmeübertrager vorliegt. Bei einer mittleren Kälteleistung von 106,4 kW des Jahres
2014 (siehe Tabelle 2) und einer Temperaturspreizung von fünf Grad Celsius ergibt sich
nach Gleichung 4 ein erforderlicher Volumenstrom von etwa 18 m³/h. Dieser theore-
tisch bestimmte Wert beträgt weniger als ein Fünftel des gemessenen Volumenstroms
von etwa 100 m³/h.
Mit Hilfe des exergetischen Wirkungsgrades soll der Einfluss der Verdampfungstempe-
ratur auf die Effizienz der Kältemaschine anhand eines Rechenbeispiels betrachtet wer-
den. Abbildung 30 zeigt den exergetischen Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü und die ideale Car-
not‘sche Leistungszahl 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 des Kälteprozesses in Abhängigkeit variierender Verdamp-
fungstemperaturen 𝑇𝑉𝑒 . Die dargestellten Verläufe wurden anhand der Gleichungen 24,
25 und 27 berechnet. Hierfür wurde die Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 mit einem Wert
von 46 °C angenommen, die Rückkühltemperatur 𝑇𝑈 soll 33 °C betragen. Für die Kalt-
wassertemperatur 𝑇𝑁 werden zwei getrennte Szenarien betrachtet: Im ersten Szenario
wird die Kaltwassertemperatur 𝑇𝑁 mit einem konstanten Wert von 12 °C eingesetzt. In
einem zweiten Szenario besitzt die Kaltwassertemperatur eine konstante Differenz von
drei Grad Celsius (𝑇𝑁 = 𝑇𝑉𝑒 + ) gegenüber der Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 des Käl-
temittels.
64
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale
Exergetischer Wirkungsgrad
LZC,id bei TN = TVe + 3°C (Szen. 2)
18 0,6
Carnot-Leistungszahl
LZC,WÜ
16 0,55
14 0,5
12 0,45
10 0,4
8 0,35
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Verdampfungstemperatur TVe in °C
Abbildung 30: arnot’sche Leistungszahl un exergetischer Wirkungsgrad in Abhängigkeit
steigender Verdampfungstemperaturen
Das erste Beispiel zeigt, dass der exergetische Wirkungsgrad 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü bei konstanter Kalt-
wassertemperatur und steigender Verdampfungstemperatur zunimmt. Da die ideale
Leistungszahl nach Carnot in diesem Szenario konstant bleibt, lässt sich aus der Zunah-
me des exergetischen Wirkungsgrades direkt eine Reduktion des elektrischen Energie-
bedarfs der Kältemaschine bestimmen. Diese Reduktion beläuft sich auf etwa 1,7 % des
Energiebedarfs pro Grad Celsius Temperaturunterschied. Für den Praxisfall kann daher
abgeleitet werden, dass sich die elektrische Leistungsaufnahme der Kältemaschine um
etwa 1,7 % verringert, wenn die Verdampfungstemperatur unter ansonsten unverän-
derlichen Bedingungen um einen Grad Celsius erhöht wird. Dies kann nach Abbildung 29
z. B. durch eine Anhebung der Temperaturspreizung im Kaltwassersystem erreicht wer-
den.
65
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
Analog zum ersten Szenario lässt sich auch auf der Kondensatorseite der Kältemaschine
eine Energieeinsparung erzielen, wenn die Kondensationstemperatur 𝑇𝐾𝑜 bei konstanter
Rückkühltemperatur 𝑇𝑈 abgesenkt wird. Der exergetische Wirkungsgrad nimmt dann
zu, da 𝐿 𝐶,𝑖𝑑 konstant bleibt, während 𝐿 𝐶,𝑊Ü ansteigt (siehe Gleichung 27). Die vorlie-
gende Arbeit beschränkt sich jedoch auf die Analyse des Effizienzpotenzials einer Volu-
menstromabsenkung auf der Kaltwasserseite der Kältemaschine. Diese kann nach Ab-
bildung 29 eine Anhebung der erforderlichen Verdampfungstemperatur des Kältemittels
bewirken und somit den Energiebedarf der Kältemaschine reduzieren.
66
4.2 Analyse der Effizienzpotenziale
67
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
verbunden. Dies wirkt sich auch auf die Effizienz der Rückkühlwerke aus, da bei niedri-
gen Auslastungen ein verhältnismäßig hoher Anteil der Verdichtungsarbeit des Käl-
temittelverdichters zusammen mit der Kälteleistung an die Umgebung abgeführt wer-
den muss. Auf Abbildung 31 sind die gemessenen Leistungszahlen der Kältemaschine
und der gesamten Kälteanlage auf Basis der Daten des Jahres 2014 gegenübergestellt.
1
Leistungszahl-Verteilung der Kältemaschine
Leistungszahl-Verteilung der Kälteanlage
Ausgleichsfunktion der Kältemaschine
Ausgleichsfunktion der Kälteanlage
50 100 150 200 250
Kältelast in kW
Abbildung 31: Vergleich der gemessenen Leistungszahlen der Kältemaschine und der Kältean-
lage des Referenzsystems
Die Leistungszahl der Kälteanlage 𝐿 𝐾𝐴 ergibt sich unter Berücksichtigung der Kompo-
nenten auf Abbildung 24 sowie der Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ des Schaltschranks für die
elektrische Infrastruktur des Sekundärkältesystems nach Gleichung 23 zu:
𝑄̇𝐾
𝐿 𝐾𝐴 =
𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 + 𝑃𝑒𝑙,𝑅𝐾 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃1 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃2 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃3 + 𝑃𝑒𝑙,𝑃4 + 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ
Mit zunehmender Kältelast steigen die beiden auf Abbildung 31 dargestellten Leistungs-
zahl-Kennlinien an, die der Kälteanlage jedoch in geringerem Maße. Die Leistungsauf-
nahmen der beteiligten Pumpen und des Schaltschranks können als konstant angenom-
men werden. Daher muss die Leistungsaufnahme des Rückkühlers mit steigender Kälte-
last signifikant zunehmen, damit sich die Steigung der Leistungszahl-Kennlinie der Käl-
teanlage gegenüber jener der Kältemaschine verringert. Dies kann auf den erforderli-
chen Lufttransport der Rückkühlwerke zurückgeführt werden, welcher bei steigenden
Kühlanforderungen höher ist und mehr elektrische Energie benötigt (siehe Ab-
schnitt 3.1.2). Da die Kältelast des Referenzsystems nach Abbildung 25 vor allem wäh-
rend der Tageszeit ansteigt, führen die Rückkühlwerke einen hohen Anteil der Abwärme
des Kältesystems bei erhöhten Umgebungstemperaturen zur Mittagszeit ab. In diesen
Zeiträumen ist die Effizienz der Rückkühlung durch das erhöhte Temperaturniveau ge-
genüber den Nachtstunden eingeschränkt (siehe Abbildung 15).
Um die Effizienz des Gesamtsystems anzuheben, wird der Einsatz eines Kältespeichers
vorgeschlagen. Dieser kann zum einen dazu beitragen, die Kältemaschine stärker auszu-
68
4.3 Ableitung der Vorgehensweise
lasten, indem er die Kälteanforderung während des Beladeprozesses erhöht und die
Kältemaschine während der Entladung abschaltet (siehe Abschnitt 3.3.2). Zum anderen
lässt sich die Kältebereitstellung zeitlich vom Kältebedarf entkoppeln. Dadurch kann ein
Teil der Kältebereitstellung in die Nachtstunden verlagert werden, in denen die Rück-
kühlwerke effizienter arbeiten (siehe Abschnitt 3.1.2). Dieses Konzept besitzt einen um-
fangreichen Einfluss auf das vorliegende Kältesystem. Zur Untersuchung des Effizienz-
potenzials und der Auswirkungen auf das Systemverhalten werden daher Simulationen
durchgeführt, mit denen sich das Konzept nicht-invasiv untersuchen lässt.
Während die Reduktion des Volumenstroms und die hierfür erforderlichen Anpassun-
gen der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (MSR-Technik) beherrschte Methoden
darstellen, gibt es für die Integration und das Betriebskonzept des Kältespeichers sowie
der freien Kühlung keine Standardlösungen. Das Effizienzpotenzial dieser Maßnahmen
hängt in hohem Maße von Rahmenbedingungen ab, die für jedes Kältesystem individuell
betrachtet werden müssen. Zu diesen zählen unter anderem die Betriebsdynamik der
Kältemaschine und der angebundenen Verbraucher, die Kaltwassertemperaturen, der
saisonale Kälteenergiebedarf sowie die Rückkühlertechnologie und die Witterungsbe-
dingungen.
69
4 Vorstellung und Analyse des Referenzsystems
grund der Stofftransportabhängigkeit sehr komplex sein239. In dieser Arbeit wird daher
ein Modell entwickelt, welches den Energietransport im Rückkühler ausreichend genau
beschreibt und sich ebenso für die Simulation von Energiesystemen über längere Be-
trachtungsintervalle eignet. Die Idee einer Simulation zur Untersuchung des Einsparpo-
tenzials eines betrachteten Energiesystems ist grundsätzlich nicht neu240,241,242. In dieser
Arbeit werden jedoch neue Modelle entwickelt, die auf Basis eines umfangreichen Moni-
toringsystems angepasst und validiert werden können. Dieser Ansatz ermöglicht eine
genaue Darstellung des vorliegenden Kältesystems und eine hohe Praxisrelevanz der
erhaltenen Simulationsergebnisse. Die modellierten Komponenten werden anschlie-
ßend auf einer virtuellen Systemebene zusammengeführt.
Parallel zur Systemsimulation werden die unter Abschnitt 4.2 beschriebenen Effizienz-
maßnahmen im Kältesystem umgesetzt. Die Auswirkungen auf den Betrieb der Kompo-
nenten können über das Monitoring analysiert und zur Adaption der Simulationsmodel-
le sowie der Betriebsalgorithmen herangezogen werden. Als übergeordnetes Ziel dieser
Arbeit sollen im Anschluss an diese Untersuchungen Demonstratoren für den Kältespei-
cher und die freie Kühlung aufgebaut werden, welche eine Gegenüberstellung aller Effi-
zienzmaßnahmen und eine Validierung der entwickelten Modelle erlauben.
70
5. MODELLBILDUNG DER BETRACHTETEN
KOMPONENTEN
Für die Vorhersage des Potenzials aufwändiger Effizienzmaßnahmen in Kältesystemen
wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Simulationswerkzeug entwickelt. Die Simulation
ermöglicht eine nicht-invasive Untersuchung von Optimierungspotenzialen einer Kälte-
infrastruktur. Dies ist insbesondere bei der Planung von Betriebsstrategien wichtig, da
ungünstige Nutzungskonzepte oder eine Fehldimensionierung von Komponenten die
Effizienz der Kälteversorgung kompromittieren können.
Im Abschnitt 5.1 wird die Ablaufstruktur der Simulation beschrieben. Diese legt die Rei-
henfolge des Aufrufs der unterschiedlichen Modelle und Funktionen der Simulations-
umgebung fest und definiert den Informationsfluss. Neben der Ablaufstruktur werden
auch die Eingangsdaten der Simulation vorgestellt, welche notwendige Parameter der
Anlagen und Randbedingungen des Kältesystems umfassen. In den Abschnitten 5.2 bis
5.5 werden die Modelle der Einzelkomponenten beschrieben. Zu diesen gehören die
Kältemaschine, der Kaltwasserspeicher, die Kühltürme und die Förderaggregate des
vorliegenden Referenzsystems. Im Fall des Kältespeichers und des Kühlturms schließt
sich jeweils eine Validierung des Modells an, da diese Komponenten für die vorgestellten
Konzepte eine zentrale Bedeutung besitzen. Die Modelle liefern zunächst nur eine Re-
präsentation des Verhaltens der jeweiligen Anlagen, daher wird eine Betriebsstrategie
benötigt, welche die Art und den Umfang des Einsatzes der einzelnen Komponenten in
Abhängigkeit verschiedener Randbedingungen des Kältesystems umsetzt. Abschnitt 5.6
enthält eine Beschreibung des Aufbaus und der grundlegenden Funktionalitäten der in
dieser Arbeit verwendeten Betriebsstrategie.
71
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
72
5.1 Ablaufstruktur der Simulation
gestellt sind. Abbildung 33 zeigt das Aufrufschema der Anlagen im Block „Komponen-
tenmodelle“ nach Abbildung 32.
Neben den Technologien der vorgestellten Komponenten trägt auch die Betriebsstrate-
gie einen wesentlichen Anteil zur Optimierung des Kältesystems bei. Während ein Kälte-
system mit einer einzelnen Kältemaschine keine Freiheitsgrade besitzt, müssen bei Ein-
satz multipler Kälteversorger oder eines Kältespeichers Betriebsanweisungen und Prio-
ritäten definiert werden. Die Nutzung der Komponenten wird hierfür in Abhängigkeit
von zahlreichen Randbedingungen vorgeben. Solche Randbedingungen können z. B. der
Kältebedarf, die Witterungsbedingungen oder auch die Leistungszahl-Kennlinien von
Einzelkomponenten darstellen. Das Ziel der Betriebsstrategie ist es, einen möglichst
effizienten Anlagenbetrieb auf Basis der verfügbaren Informationen aus dem Kältesys-
tem zu gewährleisten. Tabelle 4 gibt eine Zusammenfassung aller Eingangsparameter
und relevanter Randbedingungen für die Simulation des Kältesystems.
Im vorliegenden Fall wird die Betriebsstrategie mit Hilfe einer Zustandsmaschine reali-
siert. Die Entscheidung für die Zustandsmaschine wurde vor dem Hintergrund der Um-
setzbarkeit auf der Steuerung des Kältespeichers getroffen, da sich Software auf dieser
Basis üblicherweise gut auf einer zeitdiskreten Steuerung (z. B. SPS) implementieren
lässt. Der Betrieb des Speichers basiert auf einem Fahrplan, welcher für jeden Tag im
Voraus erstellt wird. Dies erfolgt durch eine dedizierte Funktion, welche die Zeiträume
der Speichernutzung sowie die Beladeleistung des Speichers in Abhängigkeit der Kälte-
last- und Umgebungstemperaturprognose sowie des Ladezustands der vorangegange-
nen Betriebsperiode festlegt. Der Fahrplan orientiert sich dabei am Prinzip der vollen
Deckung des Kältebedarfs durch den Kältespeicher (siehe Abbildung 16). Bei diesem
wird die Kältemaschine während der Speicherentladung abgeschaltet, um eine mög-
lichst hohe Senkung der Betriebskosten zu erreichen. Die Kältenutzer werden während
73
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
dieser Zeit vollständig durch den Kältespeicher versorgt, eine Vorgabe der Entladeleis-
tung des Speichers durch den Fahrplan ist somit nicht notwendig.
Eingangsgröße Einheit
Gemessene Kälteleistung 𝑄̇𝐾 kW
Umgebungstemperatur TU °C
Relative Feuchte der Umgebungsluft 𝜑 %
Druck der Umgebungsluft p Pa
Temperaturen Kühlmittelvor- und -rücklauf für reguläre Rückkühlung und
°C
für freie Kühlung 𝑇𝑊𝐺,𝑉𝐿 , 𝑇𝑊𝐺,𝑅𝐿
Volumenströme Kaltwasser und Kühlmittel (Wasser-Glykol) 𝑉𝐾𝑎̇ , 𝑉𝑊𝐺
̇ m³/h
Luftmassenströme Rückkühler 𝑚̇𝑆𝑡𝑢𝑓𝑒 kg/s
Starttemperaturverteilung Kältespeicher 𝑇0,𝑆𝑃 °C
Tankvolumen Kältespeicher V m³
Sollwerte Kaltwasservorlauf- und Kaltwasserrücklauftemperatur 𝑇𝑉𝐿 , 𝑇𝑅𝐿 °C
Elektrische Nennleistungen der Förderaggregate und der Peripherie 𝑃𝑒𝑙,𝑧 kW
Temperaturabhängige Stoffwerte (Wasser, Luft, Wasser-Glykol, Baumaterialien) divers
Geometrische Abmessungen (Rückkühler, Kältespeicher) divers
Sonstige Anlagendaten (z. B. Kältemaschine, Pumpen, etc.) divers
Elektrische Energiekosten 𝑒𝑙 €/(kW h)
Kosten aufbereitetes Wasser 𝑊 €/m³
lässt sich die Leistungszahl 𝐿 𝐾𝑀 der Kältemaschine bei einer geforderten Kältelast 𝑄̇𝐾
berechnen. Die elektrische Leistungsaufnahme wird aus dem Verhältnis der Kältelast
und der Leistungszahl nach Gleichung 23 erhalten.
74
5.2 Simulation der Kältemaschine
Obwohl die Leistungszahl der Kältemaschine nach Abschnitt 3.2 von zahlreichen Sys-
temparametern abhängt, liefert die vorgestellte Methode üblicherweise eine gute Über-
einstimmung mit den Messergebnissen. Als Voraussetzung für diesen Ansatz müssen die
Verdampfungs- und die Kondensationstemperatur der Kältemaschine konstant bleiben,
da diese nach Abschnitt 3.2 einen signifikanten Einfluss auf die Effizienz der Kältema-
schine besitzen. Dies bestätigt sich durch einen Vergleich der Leistungszahl-Kennlinien
auf den Abbildungen 34 und 13: Beiden Diagrammen liegen Messdaten derselben Kälte-
maschine zugrunde, die Leistungszahlen unterscheiden sich jedoch, da die Effizienz der
Kältemaschine durch Erhöhung der Verdampfungstemperatur angehoben wurde. Die
Verdampfungs- und Kondensationstemperaturen von Kältesystemen bleiben in der Re-
gel annähernd konstant, da die Vorlauftemperaturen des Kaltwasser- und Kühlwasser-
kreislaufs auf einen Festwert eingestellt werden. Liegen dagegen gleitende Temperatu-
ren im Kaltwasser- und Rückkühlkreis vor, können diese mit einer biquadratischen Aus-
gleichsfunktion berücksichtigt werden243. Diese Vorgehensweise widerspricht jedoch
dem hier gewählten Simulationsansatz, welcher das Kältesystem abstrahiert und mög-
lichst wenige Eingangsparameter benötigt. Die Notwendigkeit der Verwendung gemes-
sener Temperaturverläufe des Kühlmediums und des Kaltwasserkreislaufs würde die
Übertragbarkeit des Ansatzes reduzieren, da die Temperaturverläufe der Kälteträger-
medien nicht wie Standardlastgänge angenommen werden können, sondern an ein spe-
zifisches Lastprofil in einem individuellen Kältesystem gebunden sind. Der Vorteil der
hier vorgestellten Methodik liegt darin, dass die Kältemaschine unabhängig von der To-
pologie des Kältemittelkreislaufs und der Technologie des Verdichters nachgebildet
werden kann. Für eine ausreichend genaue Abbildung ist ein Datensatz mit Messdaten
der Kältelast in Minuten-Auflösung über einen Zeitraum von wenigen Wochen ausrei-
chend.
75
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
76
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
Die Berechnung der beiden Wärmeübergangskoeffizienten 𝛼𝑖𝑛 und 𝛼𝑎𝑢 erfolgt auf Basis
empirischer Modelle. Hierfür wird die Wärmeübertragungsproblematik mit Hilfe der
Nußelt-Zahl, der Reynolds-Zahl sowie der Prandtl-Zahl beschrieben. Letztere stellt eine
temperaturabhängige Stoffgröße dar, welche aus Literaturangaben interpoliert wird. Die
Reynolds-Zahl muss dagegen in Abhängigkeit der Strömungsgeometrie und der Strö-
mungsgeschwindigkeit berechnet werden (siehe Gleichung 16). Dabei hängt die Strö-
mungsform maßgeblich von den Massenströmen 𝑚̇𝐿 und 𝑚̇𝑊𝐺 der beiden Medien ab.
Diese wurden messtechnisch oder auf Basis der Datenblätter des Rückkühlers sowie der
Pumpen für den Wasser-Glykol-Kreislauf bestimmt (siehe Anhang B.1). Da die Geomet-
rien und Medienströme innerhalb und außerhalb des Wärmeübertragers unterschied-
lich sind, wird das Berechnungsverfahren für beide Seiten durchgeführt. Die Abkürzung
𝑊𝐺 wird im Folgenden für das Wasser-Glykol-Gemisch im Inneren der Rohrleitungen
verwendet, während 𝐿 den Luftstrom auf der Rohraußenseite bezeichnet. Für das Ver-
fahren werden außerdem temperaturabhängige Stoffwerte für Luft, Wasser und Wasser-
Glykol benötigt, welche aus Nachschlagetabellen247,248,249 interpoliert werden. Bei Stoff-
werten, welche für die Berechnung der Wärmeübergangskoeffizienten und des Wärme-
durchgangskoeffizienten benötigt werden, wird dabei stets der arithmetische Mittelwert
der Temperaturen am Eintritt und Austritt des Wärmeübertragers herangezogen. Zu
den hier verwendeten, temperaturabhängigen Stoffgrößen gehören die kinematische
Viskosität, die Dichte, die Prandtl-Zahl, der Wärmeleitkoeffizient sowie die Wärmekapa-
zität. Daneben werden zahlreiche Abmessungen des Rückkühlers benötigt, welche im
Anhang B.1 zusammengefasst sind.
77
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Dabei bezeichnet 𝐿𝑅𝑜ℎ𝑟𝑏ü𝑛𝑑𝑒𝑙 die kumulierte Gesamtlänge aller Glattrohre des Wärme-
übertragers. Bei Flüssigkeiten wird die Richtung des Wärmestroms (Heizen oder Küh-
len) über das Verhältnis der Prandtl-Zahlen der Strömung im Volumen 𝑃𝑟𝑊𝐺,𝑏 und in
Wandnähe 𝑃𝑟𝑊𝐺,𝑤 beschrieben. Durch diese Korrektur wird der Einfluss temperaturab-
hängiger Stoffwerte auf die Wärmeübertragung berücksichtigt.251
0,11
𝑃𝑟
𝑁𝑢 = 𝑁𝑢𝑚,𝑡𝑢𝑟𝑏 ∙ (𝑃𝑟 𝑊𝐺,𝑏 ) 39
𝑊𝐺,𝑤
Mit Kenntnis der Nußelt-Zahl lässt sich der Wärmeübergangskoeffizient 𝛼𝑖𝑛 auf der In-
nenseite des kühlmittelführenden Glattrohres nach Gleichung 17 berechnen. Als charak-
teristische Länge 𝐿 wird der Innendurchmesser 𝑑𝑖𝑛 des Rohres eingesetzt. Das vorge-
stellte Verfahren besitzt Gültigkeit für Reynolds-Zahlen zwischen 04 ≤ 𝑅𝑒 ≤ 06 und
Prandtl-Zahlen zwischen 0, ≤ 𝑃𝑟𝑊𝐺 ≤ 000.252
78
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
2 2
𝑁𝑢1, = 0, + √𝑁𝑢1,𝑙𝑎𝑚 + 𝑁𝑢1,𝑡𝑢𝑟𝑏 40
Hierfür werden der laminare und der turbulente Anteil der Nußelt-Zahl benötigt, welche
folgendermaßen definiert sind.254
Der Hohlraumanteil 𝛹 wird mit Hilfe des Querteilungsverhältnisses und des Längstei-
lungsverhältnisses 𝑏 der Rohrbündel berechnet. Hierfür wird der vertikale Abstand 𝑣𝑡
sowie der horizontale Abstand ℎ𝑟 der Einzelrohr-Mittelpunkte im Rohrbündel benö-
tigt.256
𝜋
𝛹= − 4∙𝑎 für 𝑏≥ 44
𝜋
𝛹= − 4∙𝑎∙𝑏 für 𝑏< 45
𝑠
mit = 𝑑ℎ𝑟 Querteilungsverhältnis
𝑎𝑢
𝑠𝑣𝑡
𝑏=𝑑 Längsteilungsverhältnis
𝑎𝑢
79
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
ℎ𝑟 𝑑𝑎𝑢
Rohrbündel
𝑣𝑡
Einzelrohrreihe
𝑤𝐿
Abbildung 35: Darstellung der versetzten Rohrbündelanordnung257 (l.) und Nahaufnahme des
Wärmeübertragers im vorhandenen Rückkühler (r.)258
Mit der Kenntnis des Anordnungsfaktors 𝐴 lässt sich aus der Nußelt-Zahl 𝑁𝑢1, einer
querangeströmten Einzelrohrreihe und der Anzahl der Rohrreihen 𝑅𝑟 die Nußelt-
Zahl 𝑁𝑢𝐴,𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 für das gesamte Rohrbündel ableiten.260
1+(𝑛𝑅𝑟 −1)∙𝑓𝐴
𝑁𝑢𝐴,𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 = 𝑛𝑅𝑟
∙ 𝑁𝑢1, 47
Das vorgestellte Verfahren gilt für Reynolds-Zahlen zwischen 0 < 𝑅𝑒𝛹,𝑙 < 06 im Hohl-
raum der Rohrbündel und Prandtl-Zahlen zwischen 0,6 < 𝑃𝑟𝐿 < 000261. Analog zur
Strömung von Flüssigkeiten muss auch bei Gasen die Temperaturabhängigkeit der
Stoffwerte bei der Wärmeübertragung berücksichtigt werden. Da die Prandtl-Zahlen von
Gasen aber nur eine geringe Temperaturabhängigkeit aufweisen262, wird im Gegensatz
zu Gleichung 39 der Quotient der mittleren Temperatur des Luftstroms 𝑇𝐿,𝑏 mit der Luft-
temperatur in Wandnähe 𝑇𝐿,𝑤 verwendet. Die Nußelt-Zahl des Rohrbündels wird an-
schließend mit diesem Faktor korrigiert (siehe Gleichung 48).263
0,121
𝑇
𝑁𝑢𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 = 𝑁𝑢𝐴,𝐵ü𝑛𝑑𝑒𝑙 ∙ (𝑇 𝐿,𝑏 ) 48
𝐿,𝑤
Für die mittlere Temperatur 𝑇𝐿,𝑏 im Kern des Luftstroms wird der arithmetische Mittel-
wert der Eintritts- und Austrittstemperaturen der Luft am Wärmeübertrager eingesetzt.
Die Temperatur 𝑇𝐿,𝑤 der Luft in Wandnähe wird vereinfachend durch den arithmeti-
80
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
Die Berechnung der trockenen Kühlleistung nach Gleichung 14 erfordert neben dem
Wärmedurchgangskoeffizienten 𝑘 und der Bezugsfläche 𝐴𝑅,𝑎𝑢 noch eine treibende Tem-
peraturdifferenz. Unter Annahme eines reinen Gegenstromprinzips kann hierfür die
mittlere, logarithmische Temperaturdifferenz Δ𝑇𝑚,𝑙𝑜𝑔 über den Wärmeübertrager nach
Gleichung 20 eingesetzt werden Die Berechnung der trockenen Kühlleistung erfolgt ent-
sprechend anhand von Gleichung 21.
Der sogenannte Wassergehalt 𝑋 der feuchten Luft ergibt sich aus dem Massenverhältnis
des Wasserdampfs 𝑚𝐷 und der Luft 𝑚𝐿 . Bei Kenntnis des atmosphärischen Drucks
sowie des Teildrucks 𝐷 des Wasserdampfes kann der Wassergehalt auch unter Zuhilfe-
nahme der spezifischen Gaskonstanten der Luft 𝑅𝐿 und des Wasserdampfes 𝑅𝐷 berech-
net werden.264
𝑚𝐷 𝑅 𝑝
𝑋= = 𝑅 𝐿 ∙ 𝑝−𝑝𝐷 50
𝑚𝐿 𝐷 𝐷
Der Partialdruck 𝐷 des Wasserdampfes in der Luft wird aus der gemessenen, relativen
Luftfeuchte 𝜑 und dem temperaturabhängigen Sättigungsdampfdruck 𝐷,𝑠 berechnet.265
𝐷 =𝜑∙ 𝐷,𝑠 51
81
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Start
ja
i > N?
nein
i=i+1
Berechnung: dimensionslose
Kennzahlen Nu und Re
Berechnung: TL,Ai
ja
Ende
Abbildung 36: Programmablaufplan des verwendeten Verfahrens zur Berechnung der trocke-
nen Rückkühlung269
82
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
Im ersten Schritt ist eine Schätzung der Luftaustrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐴 aus dem Kühlturm
notwendig. Die Austrittstemperatur 𝑇𝑊𝐺,𝐴 = des Wasser-Glykol-Gemischs aus dem
Rückkühler ist als Sollwert für die Kühlung der Kältemaschine festgelegt und geht als
Eingangsparameter in das Modell ein. Mit Kenntnis der Austrittstemperatur 𝑇𝑊𝐺,𝐴 wird
die Eintrittstemperatur 𝑇𝑊𝐺,𝐸 auf Basis der geforderten Rückkühlleistung der Kältema-
schine anhand von Gleichung 4 und Gleichung 22 berechnet. Auf dieser Basis ist eine
erste Berechnung der verfügbaren Rückkühlleistung 𝑄̇𝑅𝐾 nach dem oben vorgestellten
Verfahren möglich. Dieser Wert stellt zunächst nur eine Abschätzung dar, da alle tempe-
raturabhängigen Stoffwerte mit Hilfe der Schätztemperatur 𝑇𝐿,𝐴 bestimmt wurden. Das
Iterationsverfahren zieht anschließend Gleichung 4 heran, um die Austrittstemperatur
der Luft mit Hilfe der berechneten Rückkühlleistung rückwärts zu bestimmen. Ist der
Betrag der Differenz der geschätzten und berechneten Luftaustrittstemperatur auf Ab-
bildung 36 größer als ein definierter Fehler 𝐹, so wird das Verfahren wiederholt. Durch
wiederholte Rücksubstitution der berechneten Luftaustrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐴𝑖 als Start-
wert des Verfahrens wird der Fehler minimiert und die berechnete Rückkühlleistung
genauer. Das Verfahren ist konvergent und nähert sich der korrekten Luftaustrittstem-
peratur mit jedem Iterationsschritt weiter an. Die übliche Anzahl von Iterationsschritten
liegt zwischen 5 und 20. Bei ungünstigen Parameterkonfigurationen können auch bis zu
hundert Schritte benötigt werden. Liegt nach 𝑁 = 000 Schritten keine Lösung nach
dem Kriterium |𝑇𝐿,𝐴𝑖 − 𝑇𝐿,𝐴 | < 𝐹 vor, so wird das Verfahren abgebrochen und eine Feh-
lermeldung ausgegeben.
Für die Untersuchung des Einflusses der Witterungsbedingungen wird das vorgestellte
Modell bei Umgebungstemperaturen von -15 bis 28 °C sowie relativen Luftfeuchten von
1 bis 100 % simuliert. Die Umgebungstemperatur 𝑇𝑈 entspricht dabei der Lufteintritts-
temperatur 𝑇𝐿,𝐸 des Kühlturms. Der Luftmassenstrom 𝑚̇𝐿 ist für eine gewählte Lüfterstu-
fe konstant und wird für die erste Stufe L1 und die zweite Stufe L2 separat betrachtet.
Der Massenstrom 𝑚̇𝑊𝐺 des Kühlmediums ist aufgrund der ungeregelten Pumpe für den
Rückkühlkreislauf ebenfalls konstant. Die geforderte Temperatur im Vorlauf des Rück-
kühlkreislaufs beträgt im dargestellten Beispiel 32 °C. Das Modell gibt für jede Kombina-
tion von Temperaturen und Luftfeuchten die entsprechende Rückkühlleistung 𝑄̇𝑅𝐾 aus.
Die Abmessungen der wärmeübertragenden Flächen sowie die Materialwerte des Kühl-
turms wurden von den Angaben des Herstellers übernommen. Die Luftströme der ein-
zelnen Lüfterstufen wurden im Bereich der Toleranz der Messdaten variiert und
schließlich als feste Werte eingesetzt. Alle verwendeten Parameter sind im Anhang B.1
zusammengefasst. Abbildung 37 zeigt die berechnete, trockene Rückkühlleistung der
ersten Lüfterstufe (L1). Bei konstanter Temperatur des Kühlmediums und konstantem
Luftmassenstrom hängt die Kühlleistung des Rückkühlers im trockenen Betrieb vor al-
lem von der Umgebungstemperatur ab. Der Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit be-
schränkt sich dabei auf die Wärmekapazität der mit Wasserdampf beladenen Luft. Diese
erhöht die Rückkühlleistung bei einer Luftfeuchte von 100 % um weniger als 0,5 kW
gegenüber einer Luftfeuchte von 1 % (𝑇𝑈 = 8 ) und kann somit vernachlässigt wer-
den. Bei niedrigen Außentemperaturen von -15 °C lassen sich mit der ersten Lüfterstufe
83
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
maximal 400 kW Kühlleistung erbringen. Die Leistung nimmt mit steigender Umge-
bungstemperatur auf 25 kW bei 28 °C ab.
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L1 (trocken)
Maximale Rückkühlleistung in kW
350
400
300
300
250
200
200
100
0 150
0
20
-15 100
40 -10
-5
60 0
5
10 50
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 37: Trockene Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Ab-
hängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit
Höhere Kühlleistungen lassen sich mit der zweiten Lüfterstufe realisieren, welche einen
deutlich größeren Luftmassenstrom erzeugt (siehe Tabelle 1). Abbildung 38 zeigt die
trockene Rückkühlleistung bei Nutzung der zweiten Lüfterstufe (L2) in Abhängigkeit
der Umgebungstemperatur und der relativen Luftfeuchte. Die Luftgeschwindigkeit der
zweiten Lüfterstufe ist etwa zwei Mal höher als jene der Lüfterstufe eins. Das Rückkühl-
werk erbringt daher nahezu die doppelte Rückkühlleistung. Die elektrische Leistungs-
aufnahme des Lüftermotors liegt hierfür jedoch viermal höher als bei Lüfterstufe eins
(siehe Tabelle 1).
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L2 (trocken)
600
Maximale Rückkühlleistung in kW
800 500
600
400
400
200
300
0
0
200
20
-15
40 -10
-5
60 0
5 100
10
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 38: Trockene Rückkühlleistung der zweiten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in
Abhängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit
84
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
Für die Integration des vorgestellten Modells in die Systemsimulation werden den ein-
zelnen Lüfterstufen die messtechnisch ermittelten, elektrischen Leistungsaufnahmen
zugeordnet. Dadurch lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Rückkühlleistung und
dem Energiebedarf des Kühlturms herstellen. Mögliche Faktoren, welche die Genauig-
keit des vorgestellten Modells beeinträchtigen, sind die zugrundeliegenden, empirischen
Gleichungen, die Messgenauigkeit des Luftvolumenstroms durch den Kühlturm sowie
die Messgenauigkeit der elektrischen Leistungsaufnahme des Rückkühlers.
Das oben vorgestellte Verfahren zur iterativen Berechnung der trockenen Kühlleistung
anhand der Luftaustrittstemperatur ist bei natürlicher Konvektion nicht stabil, da die
Berechnung der mittleren, logarithmischen Temperaturdifferenz nach Gleichung 20 bei
sehr geringen Massenströmen im ersten Schritt zu einer substantiellen Überschätzung
der Luftaustrittstemperatur führt. Hierdurch können die Eingangsbedingungen für die
Berechnung der logarithmischen Temperaturdifferenz im nachfolgenden Iterations-
85
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
schritt zum Teil nicht eingehalten werden, was zum Abbruch der Berechnung führt. Es
gibt jedoch einfachere Verfahren, um den Wärmestrom eines Gegenstrom-Wärme-
übertragers zu berechnen, wenn sich die Temperatur eines der wärmeübertragenden
Fluide über den Wärmeübertrager nicht wesentlich ändert271. Durch Bildung einer
Kennzahl 𝑊Ü für die Übertragungsfähigkeit272
𝑘∙𝐴𝑅,𝑎𝑢 ∙𝜌𝐿
𝑊Ü = 𝑚̇𝐿 ∙𝑐𝑝,𝐿
52
kann der Wirkungsgrad 𝜂𝑊Ü des Wärmeübertragers anhand der unter Abschnitt 5.3.1
eingeführten Größen formuliert werden.273
𝜂𝑊Ü = − 𝑒 (−𝐶𝑊Ü ) 53
Aus diesem lässt sich in Anlehnung an Gleichung 18 die übertragene Wärmeleistung in
Abhängigkeit der Lufteintrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐸 berechnen.274
86
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
Kühlmediums wird hierfür in abwechselnde Abschnitte mit trockener und feuchter Küh-
lung unterteilt. Das Verfahren wird mit einer trockenen Stufe abgeschlossen. Dadurch
wird die Annahme einer vollständigen Sättigung der Luft mit Wasser in den feuchten
Segmenten kompensiert, da die Erwärmung der Luft in einem trockenen Abschnitt die
relative Luftfeuchte absenkt. Dies ist sinnvoll, da Rückkühler am Luftaustritt nicht
zwangsläufig den Sättigungspunkt erreichen.
Die Verdampfungsenthalpie von Wasser ist unter Gleichung 55 beispielhaft für einen
Wert von null Grad Celsius angegeben. Im vorliegenden Referenzsystem wird das
Sprühwasser für die Verdunstungskühlung jedoch mit einer Temperatur von mindes-
tens 15 °C in den Kühlturm geleitet. Da die Sprühwassertemperatur zusätzlich auch von
der Häufigkeit der Kühlturmberieselung sowie den Witterungsbedingungen abhängt,
werden folgende Annahmen für die Bestimmung getroffen: Bei niedrigen Außentempe-
raturen wird die Besprühung des Kühlturms seltener initiiert, da durch eine hohe Diffe-
renz zwischen Rückkühlungs- und Umgebungstemperatur bereits hohe Trockenkühl-
leistungen erreicht werden. In diesem Fall kann der Wärmeübertrager nach einer Be-
sprühung vollständig abtrocknen, bevor eine erneute Aktivierung angefordert wird. Es
wird daher angenommen, dass der überwiegende Anteil des Sprühwassers bei niedrigen
Umgebungstemperaturen sofort verdunstet. Die Verdampfungsenthalpie wird daher für
den Wert der Eintrittstemperatur des Sprühwassers von 15 °C angenommen. Bei höhe-
ren Außentemperaturen tritt eine vermehrte Nutzung der feuchten Stufe auf. Dabei
kann es vorkommen, dass der Wärmeübertrager nicht abtrocknet, bevor die Besprü-
hung ein weiteres Mal aktiviert wird. Das nicht-verdunstete Sprühwasser rieselt daher
am Wärmeübertrager herab, erwärmt sich und wird im Auffangbecken gesammelt (sie-
he Abbildung 10). Durch eine erneute Aktivierung der Besprühung wird es anschließend
wieder aus dem Becken entnommen und über die Sprühpumpen verteilt. Da die Rück-
lauftemperatur des Kühlmediums im Wärmeübertrager bei Spitzenlasten maximal etwa
35 °C beträgt, kann die Temperatur des Sprühwassers auch bei mehrfacher Rückführung
des Sprühwassers nicht über diesen Grenzwert ansteigen. Für die Bestimmung der Ver-
87
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Hierbei wird die Wärmekapazität 𝑐𝑝,𝑊 von Wasser bei der Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾
benötigt. Durch Einsetzen der spezifischen Enthalpien der Luft im Eintrittszustand und
an der Kühlgrenze nach Gleichung 55 lässt sich eine Formulierung für die Feuchtkugel-
temperatur finden (Herleitung siehe Anhang B.3). Die Feuchtkugeltemperatur wird über
ein Iterationsverfahren berechnet. Hierfür wird zunächst ein Schätzwert eingesetzt und
anschließend der Sättigungsdampfdruck von Wasserdampf bei dieser Temperatur be-
stimmt. Der Wassergehalt 𝑋𝑓𝐾 des gesuchten Sättigungspunktes berechnet sich aus Glei-
chung 50 und 51. Die relative Luftfeuchtigkeit 𝜑 besitzt am Sättigungspunkt den Wert
eins.
88
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
dingung am Austritt nicht mehr erfüllt wird. Insgesamt werden + Segmente mit tro-
ckener Kühlung sowie - Abschnitte mit feuchter Kühlung wie auf Abbildung 39 darge-
stellt betrachtet. Den ersten und letzten Abschnitt des Prozesses stellen jeweils trockene
Kühlstufen dar.
...
Trockene Stufe
Feuchte Stufe
Trockene Stufe
Abbildung 39: Schema der Diskretisierung des Kühlturm-Wärmeübertragers für die Berech-
nung der feuchten Rückkühlung
In jedem Abschnitt des Berechnungsverfahrens werden alle Stoffwerte der Luft berech-
net und an den nachfolgenden Abschnitt übergeben. Hierbei ist vor allem die Tempera-
tur des Luftstroms wichtig, welche in den trockenen Stufen angehoben wird, während
sie bei den feuchten Stufen jeweils von der Austrittstemperatur der vorherigen Stufe auf
die Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾 abgesenkt wird. Im Falle der ersten trockenen Stufe
steigt die Temperatur des Luftstroms von der Eintrittstemperatur 𝑇𝐿,𝐸 auf die Austritts-
temperatur 𝑇𝐿,𝐴1 an. Bei allen weiteren trockenen Stufen ist die Eintrittstemperatur die
Feuchtkugeltemperatur 𝑇𝑓𝐾 der vorangegangenen feuchten Stufe. Die Austrittstempera-
tur 𝑇𝐿,𝐴𝑗 einer beliebigen trockenen Stufe 𝑗 stellt gleichzeitig die Eintrittstemperatur der
sich anschließenden feuchten Stufe dar. Es wird angenommen, dass der Partial-
druck 𝐷,𝐴1 = 𝐷,𝐸 des Wasserdampfes beim Durchtritt durch eine trockene Stufe un-
verändert bleibt, da kein Wasser aufgenommen wird. Nach einer feuchten Stufe wird
dagegen eine vollständige Sättigung angenommen, daher beträgt die relative Luftfeuchte
100 % und der Partialdruck des Wasserdampfs entspricht dem Sättigungsdampf-
druck 𝐷,𝑠 . Dieser stellt den Eintrittspartialdruck des Wasserdampfes für die nächste
trockene Stufe dar. Die Wassergehalte 𝑋 der einzelnen Abschnitte ergeben sich entspre-
chend Gleichung 50.
89
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
ein Drittel. Der Programmablaufplan für das beschriebene Verfahren ist auf Abbil-
dung 40 dargestellt.
Start
ja
i > N?
nein
Berechnung: Trockene Stufe
TL,Ai, Qtrocken,1
ja
Berechnung: j, pD,s(TL,Ai)
Berechnung:
Feuchtkugeltemperatur T fK
n
ja
Fehlerausgabe i > N?
nein
Berechnung: Trockene Stufe
TL,Ai, Qtrocken,n
ja
Ausgabe: QRK=SQtrocken
SQfeucht, SVW, TL,A=TL,Ai
Ende
Abbildung 40: Programmablaufplan des verwendeten Verfahrens zur Berechnung der feuch-
ten Rückkühlleistung eines Hybridkühlers
Durch das beschriebene Vorgehen erhöht sich mit jedem feuchten Segment der Anteil
der Verdunstungskühlung. Um den Einfluss der Diskretisierung auf die reine, trockene
90
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
Durch die Abwechslung der unterschiedlichen Segmente soll die hohe Interaktion zwi-
schen trockener und feuchter Kühlung abgebildet werden. Ein potenzieller Nachteil die-
ser Vorgehensweise besteht in der Annahme, dass die Luft bereits im ersten, feuchten
Segment vollständig mit Wasser gesättigt wird. Die Sättigung der Luft ist ein transienter
Prozess, welcher sich über die gesamte, vertikale Ausdehnung des Wärmeübertragers
erstreckt. Die Annahme einer Sättigung in der ersten Stufe ist je nach Diskretisierung
des Wärmeübertragers daher erst bei höheren Luftfeuchtigkeiten physikalisch legiti-
miert. Bei einer groben Diskretisierung ( < ) wird der hohe Einfluss einer Sättigung
der Luft im ersten feuchten Segment zum Teil durch die anschließende Erwärmung in
einem trockenen Segment kompensiert, da dieses Segment einen verhältnismäßig hohen
Anteil an der gesamten Rückkühlfläche besitzt. Außerdem findet im ersten Segment,
welches im Beispiel = immerhin ein Viertel der Gesamtfläche ausmacht, keine Ver-
dunstungskühlung statt. Mit steigender Diskretisierung wird der Hauptanteil der
feuchten Kühlung zunehmend in den Eintrittsbereich des Wärmeübertragers verlagert.
Dies kann sich nachteilig auf die Genauigkeit des Verfahrens auswirken, da in diesem
Bereich bei niedrigen Luftfeuchten üblicherweise noch keine Sättigung erreicht wird.
Für den vorgestellten Einsatz in der Systemsimulation wird das vorgestellte Modell bei
grober Diskretisierung zunächst als zweckmäßig angesehen. Ein potenzieller Ansatz für
eine Optimierung des Berechnungsverfahrens stellt jedoch die Untersuchung des Ein-
flusses unterschiedlicher Abfolgen von trockenen und feuchten Segmenten in Abhängig-
keit der Eintritts-Luftfeuchte dar.
Für die nachfolgenden Darstellungen wurde eine Diskretisierung von = für den
Rückkühler vorgegeben (Bestimmung des Parameters siehe Anhang B.4). Dieser Wert
liefert die höchste Übereinstimmung mit den Hybridkühlern des Referenzsystems. Ana-
log zum Abschnitt 5.3.1 lässt sich die Rückkühlleistung der beiden Lüfterstufen im feuch-
ten Betrieb für die geforderte Temperatur des Kühlmediums von 32 °C berechnen. Der
Luftdruck = ,0 bar wurde hierfür als konstant angenommen. Abbildung 41 zeigt
die Abhängigkeit der Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe (L1) von der Umgebungs-
temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit der eintretenden Luft. Im Vergleich zum
trockenen Betrieb auf Abbildung 37 ist die Kühlleistung bei Verdunstungskühlung deut-
lich höher und nimmt bei niedrigen relativen Luftfeuchten mit steigender Umgebungs-
temperatur kaum ab. Auch beim Eintritt von gesättigter Luft ist die Kühlleistung bei
Verdunstungskühlung höher als beim trockenen Betrieb, da sich die Luft beim Passieren
der Kühlmittelrohre erwärmt. Dadurch steigt der temperaturabhängige Sättigungs-
dampfdruck an und die Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Der Hybridkühler stellt bei
Umgebungstemperaturen bis knapp unterhalb der Temperatur des Kühlmediums noch
Leistung durch Verdunstung bereit, selbst wenn die Luft gesättigt eintritt. Ist die Umge-
bungstemperatur der gesättigten Luft größer oder gleich der Kühlmitteltemperatur, so
91
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
ist keine Kühlung mehr möglich. Die Verdunstungskühlung wird bei Lufttemperaturen
oberhalb von 5 °C durch den Einfluss der Luftfeuchte dominiert. Unterhalb von 5 °C
nimmt dagegen der Einfluss der Umgebungstemperatur zu, da der Sättigungsdampf-
druck von Wasser in der Luft mit sinkender Temperatur abnimmt und die Luft weniger
Wasserdampf aufnehmen kann.
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L1 (feucht)
Maximale Rückkühlleistung in kW
600
800
500
600
400
400
200
300
0
0
20
-15 200
40 -10
-5
60 0
5
10 100
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 41: Feuchte Rückkühlleistung der ersten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Ab-
hängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit
Abbildung 42 zeigt die Rückkühlleistung des feuchten Kühlturmbetriebs mit der zweiten
Lüfterstufe (L2). Analog zur trockenen Rückkühlung wird auch hier etwa die doppelte
Kühlleistung erreicht. Dies ist auf den Luftvolumenstrom zurückzuführen, welcher sich
bei der Umschaltung auf die zweite Lüfterstufe annähernd um den Faktor zwei erhöht.
Rückkühlleistung der Lüfterstufe L2 (feucht)
1100
Maximale Rückkühlleistung in kW
1000
1500 900
800
1000
700
500 600
500
0
0
400
20
-15 300
40 -10
-5
60 0
5 200
10
80 15
20
25 100
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 42: Feuchte Rückkühlleistung der zweiten Lüfterstufe des Hybridkühlturms in Ab-
hängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit
ge miteinander verglichen werden. Im einfachsten Fall wird so lange variiert, bis der
Betrag der Differenzen der beiden Energiebedarfe minimal wird. Bei der Bestimmung
von wurde im vorliegenden Fall außerdem die Laufzeit der Sprühpumpe berücksich-
tigt, da auch der Wasserverbrauch einen wesentlichen Einfluss auf die Betriebskosten
der Rückkühlung ausübt (siehe Anhang B.4). Zur Untersuchung des Einflusses der Dis-
kretisierung auf die Verdunstungskühlung wird das Modell für Wetterdaten einer ge-
samten Kalenderwoche simuliert. Abbildung 43 zeigt die über den Simulationszeitraum
gemittelte Leistung durch Verdunstungskühlung in Abhängigkeit der Diskretisierungs-
stufe . Durch Erhöhung der Anzahl der betrachteten Wärmeübertrager-Segmente nä-
hert sich die Verdunstungsleistung einem Grenzwert an. Dieses Ergebnis stellt jedoch
nicht den gesuchten Wert der Diskretisierung dar, da der Sättigungsprozess der Luft mit
Wasserdampf entlang der Höhe des Wärmeübertragers bei jeder Rohrbündelgestalt
individuell ausfällt. Die Intensität der Abkühlung und Erwärmung der Luft in den einzel-
nen Stufen wird durch die Diskretisierung beeinflusst und muss auf den entsprechenden
Kühlturm angepasst werden. Daneben wird die Sättigung der Luft im Modell durch die
Annahme des Erreichens der Feuchtkugeltemperatur wie oben beschrieben vereinfacht:
Während das Modell bereits in der ersten feuchten Stufe den Sättigungspunkt erreicht,
kann eine vollständige Sättigung der Luft mit Wasser in der realen Anlage z. B. erst kurz
vor dem Luftaustritt oder auch gar nicht eintreten. Ein Vergleich der Messwerte mit den
Simulationsergebnissen unterschiedlicher Diskretisierungsstufen zeigt, dass bei =
eine hohe Übereinstimmung des Modells mit der Referenzanlage erreicht wird.
165
160
Leistung der
155
150
Gewählt für das vorhandene Rückkühlwerk
145
140
135
Verdunstungsleistung
130
0 2 4 6 8 10 12 14 16
Diskretisierung n des Wärmeübertragers
Abbildung 43: Verdunstungskühlleistung in Abhängigkeit des Diskretisierungsparameters
Somit wurde ein Parameter gefunden, mit welchem sich der Einfluss der Verdunstungs-
kühlung bei unbekannter Befeuchtungskennlinie beschreiben lässt. Es stellt sich jedoch
die Frage, inwiefern die Diskretisierungsstufe des Rückkühlers für den gesamten Pa-
rameterraum (z. B. Rückkühlbedarf, Lüfterstufen, Wetterbedingungen) als konstant an-
genommen werden darf. Diese Frage soll durch die Validierung des hier entwickelten
Modells beantwortet werden. Als Grundlage für die Bewertung des Modells wird die
Übereinstimmung der Simulation mit der gemessenen, elektrischen Leistungsaufnahme
des Kühlturms sowie der Schalthäufigkeit der einzelnen Lüfterstufen herangezogen.
93
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Das Modell zur Berechnung der Rückkühlleistung des Hybridkühlturms wird anhand der
gemessenen Daten des Rückkühlers für das Sekundärkältesystem validiert. Hierzu wer-
den die in Tabelle 5 dargestellten Schaltbefehle und die Leistungsaufnahme des Kühl-
turms den Simulationsergebnissen gegenübergestellt. Die Daten beruhen auf Messinter-
vallen von einer Minute und entstammen der Gebäudetechnik sowie dem Energie-
Monitoringsystem des IISB.
Tabelle 5: Übersicht der zusammengestellten Messdaten für die Validierung des Kühlturmmo-
dells
Für die Validierung des Kühlturmmodells werden Messdaten von Kalenderwochen mit
hoher, mittlerer und niedriger Umgebungstemperatur ausgewählt. Die Wärmerückge-
winnungsanlagen des Sekundärkältesystems wurden bei der Betrachtung niedriger Um-
gebungstemperaturen dediziert abgeschaltet, da sie die Rückkühlung beeinflussen kön-
nen. Die Abschaltung erfolgte in den Kalenderwochen 46 bis 48 des Jahres 2017. Für den
Zeitraum mit den höheren Umgebungstemperaturen wurden die Kalenderwochen 22 bis
26 des Jahres 2015 ausgewählt. Ein Einfluss der Wärmerückgewinnung kann in diesem
Zeitraum nicht ausgeschlossen werden, da die Temperaturen in den Nächten teilweise
niedrig ausfallen und die entsprechenden Steuerungsbefehle nicht im Datensystem der
Gebäudetechnik dokumentiert werden. Aufgrund der relativ hohen Tagesmitteltempera-
94
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
turen in diesen Zeiträumen wird ein potenzieller Einfluss jedoch als sehr gering einge-
schätzt. Tabelle 6 enthält die vom Rückkühler abgeführten Wärmemengen sowie die
Temperaturen und relativen Feuchten der Umgebungsluft der betrachteten Zeiträume.
Tabelle 6: Wetterdaten und abgeführte Wärmemengen des Kühlturms in den betrachteten Ka-
lenderwochen
Der betrachtete Kühlturm des Sekundärkältesystems wird, wie unter Abschnitt 4.1 be-
schrieben, in drei Stufen geschaltet und besitzt keine Möglichkeit einer kontinuierlichen
Leistungsanpassung. Die Rückkühlleistung einer Kühlturmstufe liegt somit über oder
unter dem tatsächlichen Kühlbedarf eines Zeitschrittes. Der Kühlturm wird von einem
zentralen PID-Regler angefordert, welcher einen Sollwert von 0 bis 100 % auf Basis der
Rücklauftemperatur im Kühlwasserkreis bildet. Die Zuschaltung der Lüfterstufen erfolgt
mit einer Hysterese anhand dieses Regler-Signals. Neben der Hysterese existiert eine
Mindestlaufzeit für die Schaltung der Lüftermotoren, diese beträgt etwa fünf Minuten.
Da das vorgestellte Kühlturmmodell einfach auf andere Kältesysteme übertragbar sein
soll, wird die beschriebene Ansteuerung des Kühlturms in der Simulation vereinfacht:
Zur Identifikation der passenden Kühlturmstufe werden die berechneten Rückkühlleis-
tungen der einzelnen Kühlturmstufen des Modells in jedem Zeitschritt der Simulation
mit der Rückkühllast (Summe aus Kältelast und Leistungsaufnahme der Kältemaschine)
95
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
verglichen und die Differenzen gebildet. Im ersten Simulationszeitschritt wird eine Kühl-
turmstufe ausgewählt, deren Kühlleistung oberhalb der Rückkühllast liegt. Die Differenz
der zur Verfügung gestellten und benötigten Kühlenergie eines jeden Zeitschritts wird
anschließend in einer Variablen aufsummiert. Solange diese Variable positiv bleibt, darf
der Kühlturm im nachfolgenden Zeitschritt auf eine niedrigere Stufe schalten. Die Diffe-
renz zwischen der Kühlleistung und der Kühllast ist in diesem Fall negativ und reduziert
die Kühlenergie in der aufsummierten Variablen. Diese Vorgehensweise spiegelt die
tatsächliche Regelung auf die Rücklauftemperatur wider, welche je nach Kühlturmstufe
entweder zu hoch oder zu niedrig ausfällt. Da die Förderaggregate im Rückkühlkreislauf
der Referenzanlage mit konstanter Drehzahl betrieben werden, äußert sich eine Erhö-
hung der Rückkühlleistung in einem Anstieg der Rücklauftemperatur im Kühlmedium
(siehe Gleichung 4). Die beiden Größen der Rückkühlleistung und der Rücklauftempera-
tur des Kühlmediums sind daher für die Ansteuerung der Kühlturmstufen als gleichwer-
tig zu betrachten.
Neben der Leistungsaufnahme des Kühlturms werden auch die elektrischen Leistungs-
aufnahmen der Peripherieaggregate berücksichtigt. Hierzu gehören die Pumpe für den
Kühlwasserkreislauf, die Pumpe für den Kreislauf der Wärmerückgewinnung sowie
sonstige hydraulische Komponenten und die erforderliche Mess-, Steuer- und Rege-
lungstechnik (MSR-Technik). Diese Werte sind nicht konstant, sondern unterliegen ex-
ternen Einflüssen, welche im Rahmen dieser Arbeit nicht untersucht werden. Abbil-
dung 44 zeigt die Leistungsaufnahme des Rückkühlsystems in der Kalenderwoche 46
des Jahres 2017.
Analyse der elektrischen Leistungsaufnahme des Rückkühlsystems
35 35
Leistungsaufnahme Umgebungstemperatur
Unbekannter Einfluss
Leistungsaufnahme in kW
30 25
Temperatur in °C
Sprühpumpe
25 15
Lüfterstufe 1
20 5
Der Verlauf der Leistungsaufnahme der Rückkühlanlage auf Abbildung 44 zeigt einen
geringen Anstieg der elektrischen Grundlast vom ersten bis hin zum siebten Tag. Dieser
Anstieg scheint mit der Zunahme der mittleren Umgebungstemperatur korreliert. Da die
96
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
vorhandenen elektrischen Motoren der Lüfter und Pumpen für den Kühlwasserkreislauf
luftgekühlt sind, liegt diese Erklärung nahe: Eine Zunahme der Außentemperatur führt
zu einer abnehmenden Kühlwirkung der umgebenden Luft und somit zu höheren
elektrischen Widerständen in den Motoren. Es treten jedoch auch Schwankungen der
elektrischen Grundlast auf der Tagesebene auf, welche zum Teil entgegen den Erwar-
tungen des Temperatureinflusses verlaufen. Da diese Schwankungen in der Simulation
nicht nachgestellt werden können, wird ein mittlerer Wert der Leistungsaufnahme von
etwa 20,5 kW angenommen, welcher die Grundlast der Peripherieaggregate berücksich-
tigt. Daneben treten in unregelmäßigen Zeitabständen Lastspitzen von über 30 kW auf,
die keinem archivierten Signal der Gebäudeleittechnik zugeordnet werden konnten.
Diese machen über den gesamten Zeitraum jedoch nur einen elektrischen Energiebedarf
von etwa 2 kW h aus und können daher vernachlässigt werden.
35
Simulation Messwerte
aufnahme in kW
30
25
20
15
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
150
=4h
simuliert
Betriebsdauer
gemessen
in Stunden
100
50
= 0,62 h =0h
0
Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3
Abbildung 45: Gegenüberstellung der Leistungsaufnahmen der simulierten und gemessenen
Rückkühlanlage (o.) und Vergleich der Nutzungsdauern der einzelnen Kühlturmstufen (u.)
Zwischen dem simulierten und dem gemessenen Verlauf der Leistungsaufnahme auf
Abbildung 45 (Bild oben) wird eine Differenz festgestellt, welche auf die Zeitabhängig-
keit der Stufenschaltung des Kühlturms zurückgeführt werden kann. Die Simulation
besitzt eine zeitliche Abtastung von einer Minute, wobei die erforderliche Kühlturmstufe
97
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
in jedem Zeitschritt neu ausgegeben wird. Der Lüftermotor der Referenzanlage besitzt
dagegen eine Mindestlaufzeit von etwa fünf Minuten und schaltet nach zu hoher Kühl-
leistung für einen längeren Zeitraum ab. Dadurch treten häufigere Wechsel der Be-
triebszustände des modellierten Kühlturms im Vergleich zur realen Anlage auf. Das un-
tere Diagramm auf Abbildung 45 stellt die Nutzungsdauern der einzelnen Kühlturmstu-
fen in der betrachteten Kalenderwoche dar. Zur Deckung des Kühlbedarfes wird die Stu-
fe 1 (trocken) des simulierten Kühlturms etwa vier Stunden länger angefordert, als bei
der realen Anlage. Da durch die längere Betriebsdauer auch mehr Kühlleistung mit der
ersten Stufe bereitgestellt wird, reduziert sich die Betriebsdauer der Kühlturmbesprü-
hung (Stufe 2) des Modells entsprechend. Diese wird etwa 37 Minuten kürzer angefor-
dert, als jene der Referenzanlage.
Abbildung 46 stellt die Güte der Vorhersage für alle betrachteten Kalenderwochen dar.
Die Abweichungen des Modells betragen zwischen – 3 % und + 1 % der gesamten
elektrischen Energieaufnahme für die Rückkühlanlage.
Vergleich der gemessenen und simulierten Energieaufnahme des Kühlturms
97 % simuliert gemessen
98,9 % 98,2 %
4,8 98,3 %
elektrische Energie in MW h
4,6
Aufgenommene
4,4
4,2 99,4 % 98 %
101 %
4
3,8
3,6
3,4
3,2
Es fällt auf, dass die Energieaufnahme bis auf die Kalenderwoche 48 des Jahres 2017 zu
hoch eingeschätzt wird. Dies kann auf die Außenaufstellung der Referenzanlage zurück-
zuführen sein, welche gegenüber dem Simulationsmodell einen intensiveren Wärmeaus-
tausch mit seiner Umgebung erfährt: Während in der Simulation lediglich der Wärme-
übertrager des Kühlturms betrachtet wird, steht die Referenzanlage auf einem Beton-
fundament, an welches ein Teil der abzuführenden Wärmeenergie mittels Wärmeleitung
übertragen wird. Hinzu kommt das Metallgehäuse, welches die Oberfläche des Kühl-
turms zur Umgebung hin vergrößert. Neben der Wärmeleitung tritt ein zusätzlicher
Wärmetransport durch Konvektion und Strahlung auf. In Abhängigkeit der Rückkühllast
sowie der Umgebungsbedingungen kann das Gehäuse somit einen geringen Anteil der
Kühlleistung direkt an die Umgebung abführen. In der Literatur wurde beobachtet, dass
98
5.3 Simulation der Rückkühlwerke
Ein weiterer Grund für eine mögliche Abweichung stellt die auf Abbildung 44 gezeigte,
schwankende Grundlast der Peripherieaggregate dar, welche mit einem angenommenen
Mittelwert von 20,5 kW kompensiert wird. Die Datensätze zur Bestimmung der Schalt-
stufen des Rückkühlers aus der Gebäudetechnik sind lückenhaft und nur für die auf Ab-
bildung 45 dargestellte Kalenderwoche zuverlässig. Sie lassen sich daher nicht automa-
tisch nach der Auftrittshäufigkeit der Schaltstufen filtern, weshalb die mittleren Leis-
tungsaufnahmen der Kühlturmstufen und der Peripherieaggregate nur abgeschätzt
werden können. Durch die Annahme eines Mittelwertes können Abweichungen im Be-
reich weniger Prozent der gemessenen elektrischen Leistungsaufnahme der gesamten
Rückkühlanlage entstehen.
Die Validierung des Modells zeigt, dass die elektrische Energieaufnahme der gesamten
Rückkühlanlage im betrachteten Zeitraum bis auf eine Abweichung von maximal 3 %
vorhergesagt werden kann. Dabei wurde der Einfluss veränderlicher Witterungsbedin-
gungen im oben angegebenen Parameterbereich berücksichtigt (siehe Tabelle 6). Der
eingeführte Diskretisierungsparameter wurde mit dem Wert drei eingesetzt. Die ge-
ringen Abweichungen zwischen den Simulationsergebnissen und den Messwerten in
den betrachteten Zeiträumen implizieren eine hohe Übertragbarkeit der gewählten
Kühlturm-Diskretisierung auf unterschiedliche Witterungsbedingungen und Lüfterstu-
fen. Im vorgestellten Zeitraum wurde die dritte Lüfterstufe des Kühlturms jedoch nicht
abgerufen, weshalb diese Aussage nur für den Betrieb mit natürlicher Konvektion sowie
den Kühlturmstufen eins und zwei Gültigkeit besitzt. Insbesondere die Berechnung der
feuchten Rückkühlung ist wichtig, da der Einsatz von aufbereitetem Wasser für die Be-
sprühung des Kühlturms mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, welche nicht in der
elektrischen Leistungsaufnahme des Rückkühlers enthalten sind. Auf Basis der hohen
Übereinstimmung der Nutzung der zweiten Kühlturmstufe auf Abbildung 45 wird das
hier entwickelte Modell als geeignet für die Beschreibung der Verdunstungskühlung
eingeschätzt.
99
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
100
5.4 Modell des Kältespeichers
(1982) sowie Zurigat et al. (1988) die höchsten Übereinstimmungen der gemessenen
und simulierten Temperaturverteilung im Speicher nach einzelnen Be- und Entladezyk-
len289. Die Modelle waren jedoch sehr heterogen bezüglich der betrachteten physikali-
schen Einflussgrößen und vernachlässigten den Austausch von Wärmeenergie mit der
Umgebung in der obersten und untersten Speicherschicht, den Einfluss der Speicherge-
ometrie auf die thermische Schichtung oder nutzten empirische Faktoren, um die Simu-
lationsergebnisse mit den Messwerten abzugleichen290. Zuletzt schlugen Nelson et al. ein
allgemeingütiges und übertragbares Modell vor. Hierfür wurden vorhandene Ansätze
aufgenommen und mit eigenen Verfahren, z. B. für die Berücksichtigung von Vermi-
schungseffekten im Speichermedium, erweitert. Das Modell umfasst die folgenden Ein-
flussparameter und Randbedingungen:291
Das Modell nach Nelson et al. besitzt Gültigkeit unter Vernachlässigung von viskosen
Reibungseffekten sowie einem Ausschluss von Strömungseffekten, die nicht mit der
Speicherladerichtung übereinstimmen292. Es stellt bislang das umfangreichste Modell
unter den eindimensionalen Ansätzen dar.
Eindimensionale Ansätze auf Basis der Energieerhaltungsgleichung wurden für den Ein-
satz in Energiesystemsimulationen mit großen Zeiträumen und Datensätzen entwickelt.
Da solche Modelle keine Konvektion berücksichtigen, versuchten verschiedene Autoren
empirische Ansätze zur Beschreibung von Mischungseffekten zu entwickeln293,294,295.
Solche Ansätze sind jedoch an individuelle Speichertanks angepasst und besitzen auf-
grund der Abhängigkeit von der Speicher- und Ladesystemgeometrie sowie der tempe-
raturabhängigen Stoffwerte des Speichermediums nur eine geringe Übertragbarkeit auf
andere Speichersysteme. Für den Einsatz in Energiesystemsimulationen ist diese Heran-
gehensweise problematisch, da die zu untersuchenden Speichersysteme meist noch
101
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
nicht existent sind und somit nicht für eine Analyse herangezogen werden können. Die-
sem Nachteil des eindimensionalen Ansatzes wurde mit der Entwicklung mehr-
dimensionaler Speichermodelle begegnet. Im Gegensatz zum eindimensionalen Fall
werden bei diesen auch die Erhaltungsgleichungen für Masse und Impuls berücksichtigt,
wodurch Informationen über Strömungseffekte im Speichertank erhalten werden kön-
nen. Mehrdimensionale Modelle sind jedoch mit einem hohen Rechenaufwand verbun-
den und eignen sich nicht für den Einsatz in Systemsimulationen296,297. Die Auswahl ei-
nes geeigneten Verfahrens für die Modellierung des thermischen Speichers hängt somit
in hohem Maße von den Zielgrößen und den Randbedingungen der Simulation ab. Der
Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Simulation eines Energiesystems, bei welchem
auch große Zeiträume mit adäquater Rechendauer abgebildet werden sollen. Aus diesen
Gründen wurde ein eindimensionaler Ansatz gewählt. Die Grundlage hierfür stellt das
Modell nach Nelson et al.298 dar, welches im Rahmen der Anforderungen an die Genauig-
keit und die gewünschten Zielgrößen modifiziert wird. Das Modell wird anhand eines
experimentellen Aufbaus validiert und seine Eignung für die vorliegende Simulations-
aufgabe bewertet.
Temperaturfühler Interpolierter T
Temperaturverlauf
T
Wärmepufferspeicher T
mit Dämmung
T
Abbildung 47: Bestimmung des Temperaturprofils in einem sensiblen Verdrängungsspeicher
Beim Modell des Speichers wird ein analoger Ansatz verfolgt. Hier wird der Speicher-
tank in virtuelle Segmente 𝑖 mit den Temperaturen 𝑇𝑖 unterteilt, welche gleichzeitig als
102
5.4 Modell des Kältespeichers
Für die Nutzung des Speichers wird eine Grenztemperatur von 1,5 °C oberhalb der Vor-
lauftemperatur des Kältesystems definiert. Überschreitet ein Speichersegment diese
Temperatur, so kann es nicht mehr für die Entladung verwendet werden und der Spei-
cherladezustand 𝑆 reduziert sich entsprechend.
Das Modell für den Kältespeicher ist wie auf Abbildung 32 dargestellt in den Ablauf der
Systemsimulation integriert. Um einen Ladeprozess zu initiieren, wird dem Modell eine
Ladeleistung 𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 übergeben. Zusammen mit der Ladeleistung gehen auch die Kaltwas-
sertemperaturen im Vor- und Rücklauf (𝑇𝑉𝐿 , 𝑇𝑅𝐿 ) des Kältesystems als Parameter in das
Speichermodell ein. Aus diesen Größen wird anhand von Gleichung 4 der erforderliche
Ladevolumenstrom 𝑉𝑆𝑃 ̇ bestimmt. Dieser kann aus dem Quotienten des Massen-
stroms 𝑚̇𝑆𝑃 und der Dichte 𝜌𝑆𝑃 des Speichermediums berechnet werden. Das Speicher-
modell berechnet das Temperaturprofil eines Zeitschrittes ausgehend von der Tempera-
turverteilung 𝑇𝑡𝑘−1 ,𝑆𝑃 des letzten Zeitschritts 𝑘−1 (siehe Abbildung 48). Der „ elay“-
Block ( t. „Verzögerung“) weist auf diese Verzögerung hin. Zu Beginn der Simulation ist
eine Start-Temperaturverteilung im Speicher für den Zeitschritt 0 vorgeben.
Anforderung Ausgabe
𝑇𝑡𝑘−1,𝑆𝑃
𝑑𝑒
𝑇𝑡𝑘 ,𝑆𝑃 ∑ 𝑄𝑖 𝑆
𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 , 𝑇𝑉𝐿 , 𝑇𝑅𝐿 Speichermodell 𝑄𝑚𝑎𝑥
+
𝑄̇𝑡𝑘−1,𝐷𝑖𝑓𝑓 𝑄̇𝑆𝑃
𝑄̇𝐷𝑖𝑓𝑓
𝑑𝑒 𝑄̇𝑆𝑜𝑙𝑙 − 𝑄̇𝑆𝑃
bei Entladung bei Beladung
Abbildung 48: Schematische Darstellung des Speichermodells mit den relevanten Ein- und
Ausgangsgrößen
103
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
104
5.4 Modell des Kältespeichers
Das hier vorgestellte Modell beruht auf einer eindimensionalen Lösung der Energieer-
haltungsgleichung. Der thermische Speicher wird dabei in eine definierte Anzahl von
virtuellen Segmenten 𝑖 mit uniformer Temperatur zerlegt, welche untereinander und
mit der Umgebung Wärmeenergie übertragen303.
105
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
rens bezeichnet305. Abbildung 49 stellt schematisch das Rechengitter für eine einfache,
explizite Diskretisierung dar.306
t
𝑇𝑖𝑘+1
𝑘+1
𝑘
𝑘
𝑇𝑖−1 𝑇𝑖𝑘 𝑘
𝑇𝑖+1
𝑘−1
1
∆t
0
∆x
0 1 𝑖−1 𝑖 𝑖+1 𝑛
x
Abbildung 49: Schematische Darstellung des Rechengitters eines expliziten Differenzenverfah-
rens307
Bei expliziten Lösungsverfahren wird die erste Ableitung nach der Zeit durch den vorde-
ren Differenzenquotienten ersetzt. Dieses Verfahren erster Ordnung ist im Vergleich
zum zentralen Differenzenquotienten und Verfahren höherer Ordnung ungenauer308, da
sein Diskretisierungsfehler proportional zur Maschenweite ∆ des Gitters ist.309
𝜕𝑇 𝑘 𝑇𝑖𝑘+1 −𝑇𝑖𝑘
( 𝜕𝑡 ) = ∆𝑡
60
𝑖
Der Advektionsterm wird im einfachsten Fall mit dem Vorwärts- oder Rückwärtsdiffe-
renzenverfahren diskretisiert. Diese Methode ist ebenfalls ungenauer als Verfahren hö-
herer Ordnung, aber dafür numerisch stabiler310. Die gewünschte Information über die
Temperatur im Speicher wird bei Advektion mit der Strömung in der jeweiligen Rich-
tung der Speicherladung transportiert. Um die Temperatur des einströmenden Wassers
in den Speichertank zu berücksichtigen, muss die Diskretisierung des Advektionsterms
in Richtung des Strömungsursprungs erfolgen. Da sich die Einströmseite eines Verdrän-
gungsspeichers nach Abbildung 18 bei der Be- und Entladung verändert, muss auch die
Diskretisierung des Advektionsterms für diese beiden Fälle angepasst werden.311
𝜕𝑇 𝑘 𝑇𝑖𝑘 −𝑇𝑖−1
𝑘
(𝜕𝑥 ) = ∆𝑥
Rückwärtsdifferenzenquotient 61
𝑖
𝜕𝑇 𝑘 𝑘
𝑇𝑖+1 −𝑇𝑖𝑘
(𝜕𝑥 ) = ∆𝑥
Vorwärtsdifferenzenquotient 62
𝑖
106
5.4 Modell des Kältespeichers
Die Courant-Zahl ist eine dimensionslose Größe, welche zur Abschätzung der Lösungs-
genauigkeit des Advektionsterms bei expliziten Differenzenverfahren herangezogen
werden kann.312
𝑤∙∆𝑡
𝑟= ∆𝑥
63
Auch für die erste und zweite Ableitung des Ortes lassen sich die Differenzenquotienten
zum Zeitpunkt 𝑘 + Δ / bilden. Wird der Wichtungsfaktor 𝛩 = ⁄ eingesetzt, so ergibt
sich das arithmetische Mittel der Differenzenquotienten zu den Zeiten 𝑘 und 𝑘+1 . Bei
𝛩 = 0 liegt dagegen ein vollständig explizites Verfahren vor, während bei 𝛩 = ein voll-
ständig implizites Verfahren (ohne die Werte der Zeitebene 𝑘 ) genutzt wird. Durch die
Verwendung der variablen Form 𝛩 kann später in der Simulation fließend zwischen dem
expliziten und impliziten Verfahren gewichtet werden.317
107
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
𝑘+𝛩 𝑘
𝜕2 𝑇 𝑇𝑖−1 −2∙𝑇𝑖𝑘 +𝑇𝑖+1
𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖−1 −2∙𝑇𝑖𝑘+1 +𝑇𝑖+1
𝑘+1
(𝜕𝑥 2 ) = ( − 𝛩) ∙ ∆𝑥 2
+𝛩∙ ∆𝑥 2
67
𝑖
Gleichung 68 stellt die Diskretisierung der Gleichung 59 für eine Speicherbeladung dar.
Die isobare Wärmekapazität 𝑐𝑝𝑘+1 und die Temperaturleitfähigkeit 𝜐 𝑘+1 des Zeit-
schritts 𝑘+1 werden dabei gleich den Werten des Zeitschritts 𝑘 gesetzt. Diese Vereinfa-
chung kann getroffen werden, da sich die temperaturabhängigen Stoffwerte des Spei-
chermediums bei kleinen Zeitschritten Δ nur unwesentlich verändern. Auch der Wär-
medurchgangskoeffizient 𝑘 besitzt eine geringe Temperaturabhängigkeit. Diese wird
durch Verwendung eines mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten für die erwarteten
Temperaturdifferenzen zwischen Speichermedium und Umgebung berücksichtigt. Der
Verweis auf den Zeitschritt wird für die genannten Variablen in den folgenden Betrach-
tungen vernachlässigt.
∆𝑡
+ ( − 𝛩) ∙ 𝑤 ∙ ∆𝑥
+𝛩∙𝑤∙ ∆𝑥
= 68
𝑘
𝑇𝑖−1 − ∙ 𝑇𝑖𝑘 + 𝑇𝑖+1
𝑘 𝑘+1
𝑇𝑖−1 − ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 + 𝑇𝑖+1
𝑘+1
( − 𝛩) ∙ 𝜐 ∙ +𝛩∙𝜐∙ +
∆ 2 ∆ 2
𝑘∙𝑈
𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝
∙ (𝛩 ∙ 𝑇𝑈𝑘+1 + ( − 𝛩) ∙ 𝑇𝑈𝑘 − 𝛩 ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 − ( − 𝛩) ∙ 𝑇𝑖𝑘 )
Die Temperatur 𝑇𝑖𝑘+1 kann beim impliziten Crank-Nicolson-Verfahren nicht einfach zum
𝑘+1 𝑘+1
Zeitpunkt 𝑘+1 berechnet werden, da die Größen 𝑇𝑖+1 und 𝑇𝑖−1 noch unbekannt sind
(siehe Abbildung 50).
t
𝑘+1
𝑇𝑖−1 𝑇𝑖𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑖+1
𝑘+1
𝑘+1⁄2
𝑘+1⁄2 𝑇𝑖
𝑘
𝑘
𝑇𝑖−1 𝑇𝑖𝑘 𝑘
𝑇𝑖+1
∆t/2
∆x
𝑖−1 𝑖 𝑖+1 𝑛
x
Abbildung 50: Schematische Darstellung des Rechengitters beim Crank-Nicolson Verfahren
Erst nach Aufstellung der Gleichungen für alle Gitterpunkte und anschließender Lösung
des gesamten Gleichungssystems kann die Temperatur 𝑇𝑖𝑘+1 bestimmt werden. In der
Regel ergeben implizite Differenzverfahren bei zentraler, räumlicher Diskretisierung ein
sogenanntes tridiagonales Gleichungssystem, bei welchem nur die Hauptdiagonale so-
wie die links und rechts angrenzende Diagonale der Matrix besetzt sind. Alle weiteren
108
5.4 Modell des Kältespeichers
Einträge der Matrix besitzen den Wert Null. Die Lösung dieses Gleichungssystems ist
häufig aufwändiger als bei expliziten Verfahren. Dafür sind implizite Verfahren stabiler
und ermöglichen größere Zeitschritte ∆ . Hierdurch kann die Rechenzeit trotz der auf-
wändigeren Lösungsverfahren gegenüber expliziten Verfahren reduziert werden318.
Während die in Gleichung 63 vorgestellte Courant-Zahl bei expliziten Differenzenverfah-
ren stets kleiner als eins sein muss, darf sie bei impliziten Verfahren sehr viel größer
werden und erzielt immer noch eine konvergente Lösung319.
= 𝑘 ∆x
𝑇𝑈
𝑘
𝑇𝑖+1 𝑖+1
𝑇𝑖𝑘 𝑖
𝑖−1
𝑘
𝑘 𝑈 ∆ (𝑇𝑖−1 − 𝑇𝑈 )
1 2
𝑇1𝑘 1 =0
0 (unterer Ran )
𝛼⁄𝜆 (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈 ) 𝑤𝑏𝑒𝑙 , 𝑇𝑉𝐿
Abbildung 51: Diskretisierung des Speichertanks für die Integration der Randbedingungen
109
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
wird mit dem zentralen Differenzenverfahren diskretisiert, sodass 𝑇0 und 𝑇𝑛+1 über den
Rand des Rechengitters hinausragen. Beide Ränder fallen an den Stellen 1 und 𝑛 mit
einer Gitterlinie zusammen, dadurch kann die Randtemperatur 𝑇 in Gleichung 69 unmit-
telbar im Differenzenverfahren genutzt werden. Nach der Diskretisierung ergeben sich
die Wärmeübergangsbedingungen am unteren und oberen Rand. Die Vorzeichenände-
rung entsteht durch die Bildung der Ableitung in Richtung der äußeren Flächennormale.
Durch das Einsetzen der Randbedingungen werden die außerhalb des Rechengitters
liegenden Temperaturen 𝑇0𝑘 und 𝑇𝑛+1
𝑘
aus dem Gleichungssystem eliminiert.321
𝛼∙∆𝑥
𝑇0𝑘 = 𝑇2𝑘 − ∙ ∙ (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) 70
𝜆
𝑘 𝑘 𝛼∙∆𝑥
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) 71
𝜆
In den dargestellten Gleichungen tritt der Term 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆 auf, welcher auch als Biot-
Zahl 𝐵𝑖 des Verfahrens bezeichnet wird. Da bei der betrachteten Speicherwand ein
Wärmedurchgang und kein Wärmeübergang vorliegt, wird der Wärmeübergangskoeffi-
zient 𝛼 durch den gemessenen Wärmedurchgangskoeffizienten 𝑘 ersetzt. Die Stabilität
des expliziten Differenzenverfahrens nimmt durch die Berücksichtigung der Randbedin-
gungen ab. Liegt die Stabilitätsgrenze des expliziten Verfahrens noch bei
2
𝑀 = 𝜐 ∙ ∆ ⁄∆ ≤ /
so muss bei Verwendung der vorgestellten Randbedingungen
𝑀 ≤ /[ ∙ ( + 𝐵𝑖)]
erfüllt werden322. Durch das Crank-Nicolson-Verfahren ist die Berechnung dagegen für
alle 𝑀 stabil. Die Auswahl des Zeitschritts ∆ erfolgt nur in Abhängigkeit der Genauig-
keitsanforderung. Mit steigenden Werten für die Stabilitätsgrenze 𝑀 können endliche
Schwingungen in der numerischen Lösung auftreten, die nur allmählich und mit fort-
schreitendem Zeitschritt 𝑘 abklingen.323
𝐴 ∙ 𝑇𝑖𝑘+1 = 𝐵 ∙ 𝑇𝑖𝑘 + 72
110
5.4 Modell des Kältespeichers
Der Wichtungsfaktor 𝛩 wird für eine bessere Übersicht im Folgenden mit den Variablen
𝛩1 = 𝛩 und 𝛩2 = − 𝛩 substituiert. Außerdem werden die Faktoren der einzelnen
Differenzenquotienten mit den Buchstaben , 𝐷 und 𝑆 substituiert.
𝑤∙∆𝑡
= − 2∆𝑥 73
𝜐∙∆𝑡
𝐷= ∆𝑥²
74
𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝑆 = − 𝐴∙𝜌∙𝑐 75
𝑝
Damit sind die Tridiagonalmatrizen für 𝐴 und 𝐵 festgelegt. Nach Gleichung 72 ergibt sich
das zu lösende Gleichungssystem für die Beladung des Speichers zu.
+ ∙ 𝐷 ∙ 𝛩1 + 𝑆 ∙ 𝛩1 − ∙ 𝛩1 −𝐷 ∙ 𝛩1 … 𝑇1𝑘+1
( ∙ 𝛩1 − 𝐷 ∙ 𝛩1 ⋮ −𝐷 ∙ 𝛩1 )∙( ⋮ ) = 76
… ∙ 𝛩1 − 𝐷 ∙ 𝛩1 + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩1 + 𝑆 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩1 𝑇𝑛𝑘+1
− ∙ 𝐷 ∙ 𝛩2 − 𝑆 ∙ 𝛩2 + ∙ 𝛩2 𝐷 ∙ 𝛩2 … 𝑇1𝑘
( 𝐷 ∙ 𝛩2 − ∙ 𝛩2 ⋮ 𝐷 ∙ 𝛩2 )∙( ⋮ )
… 𝐷 ∙ 𝛩2 − ∙ 𝛩2 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩2 − 𝑆 ∙ 𝛩2 + ∙ 𝛩2 𝑇𝑛𝑘
+(𝑆 ∙ 𝛩1 + 𝑆 ∙ 𝛩2 ) ∙ 𝑇𝑈
Am unteren und oberen Rand werden anschließend die Randbedingungen nach Glei-
chung 70 und Gleichung 71 eingesetzt. Durch Annahme einer konstanten Umgebungs-
temperatur 𝑇𝑈 für die Zeitschritte 𝑘 und 𝑘+1 können die Gleichungen für die erste und
letzte Schicht des Speichers wie folgt vereinfacht werden.
Unterer Rand: 77
𝑇1𝑘+1 ∙ ( + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 + 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖 − ∙ ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑇2𝑘+1 ∙ ( ∙ 𝛩 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ) =
𝑇1𝑘 ∙ ( − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝛩 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖 + ∙ ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑇2𝑘 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 ) + 𝑇𝑈 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝐵𝑖 − ∙ ∙ 𝐵𝑖 + 𝑆)
Oberer Rand: 78
𝑇𝑛𝑘+1 ∙ ( + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 + 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑘+1 (
𝑇𝑛−1 ∙ ∙𝛩 − ∙𝐷∙𝛩 )=
𝑇𝑛𝑘 ∙ ( − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − 𝑆 ∙ 𝛩 + ∙ 𝛩 − ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 ∙ 𝐵𝑖) +
𝑘
𝑇𝑛−1 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝛩 − ∙ 𝛩 ) + 𝑇𝑈 ∙ ( ∙ 𝐷 ∙ 𝐵𝑖 + 𝑆)
Die Umkehr der Strömungsrichtung bei der Entladung des Speichers erfordert eine se-
parate Herleitung der Lösungsmatrizen. Bei Stillstand des Speichers findet dagegen kei-
ne Advektion statt, hierfür wird die Gleichung 59 ohne den Advektionsterm diskretisiert.
Die Herleitung des Gleichungssystems für diese beiden Betriebsfälle ist im Anhang C.1
beschrieben.
111
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Im Referenzmodell nach Nelson et al. wird außerdem die Wärmeleitung entlang der
Speicherwand berücksichtigt, welche nach Abschnitt 3.6 eine thermische Brücke zwi-
schen der kalten und der warmen Phase des Verdrängungsspeichers darstellt. Hierfür
stellen die Autoren ein zweites Differentialgleichungssystem nach Gleichung 59 auf (oh-
ne Advektionsterm), welches die Temperaturverteilung in der Speicherwand berech-
net326. Die beiden Gleichungssysteme werden anschließend über eine Wärmeüber-
gangsbedingung gekoppelt, welche den Wärmetransport zwischen Speicherfluid und
Speicherwand der einzelnen Segmente 𝑖 berücksichtigt. Das von Nelson et al. vorge-
schlagene Verfahren ist aufwändig und verdoppelt die Rechenzeit des Speichermodells.
Aufgrund der geringen Abmessungen üblicher Wandstärken wurde der Einfluss der
Speicherwand von mehreren Autoren als vernachlässigbar eingeschätzt327,328, da das
Verhältnis der thermischen Kapazität der Speicherwand und des Speicherbehälters ge-
ring ist und der Wärmetransport über die Speicherwand hin zur Umgebung überwiegt.
Gretarsson et al. 329 untersuchten den Einfluss der Speicherwand auf den Energieinhalt
des Speichers mit Hilfe zweier Modelle, von denen nur eines die Wärmeleitung in der
Wand berücksichtigte. Sie gaben an, dass die Abweichung zwischen beiden Modellen
nach einem Ladeprozess kleiner als 3 % war, wenn das Verhältnis der Wärmekapazitä-
ten der Wand und des Speichermediums unter einem Wert von 0,2 lag. Diese Bedingung
ist aus Sicht der Autoren für alle gebräuchlichen Speicher erfüllt. Aus diesen Gründen
werden in auch in der vorliegenden Arbeit die axiale Wärmeleitung in der Speicherwand
sowie die Wärmekapazität des Tankzylinders vernachlässigt und das Modell entspre-
chend vereinfacht.
112
5.4 Modell des Kältespeichers
113
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Speichers ebenfalls nur marginal. Der Algorithmus zur Korrektur der Dichteinversion
transportiert sie daher nicht quer durch das Speichermedium, sondern (analog zum
realen Tank) lediglich zum nächsten Segment mit dem passenden Temperaturniveau.
Die Genauigkeit dieses künstlichen Verfahrens steigt mit höherer räumlicher und zeitli-
cher Diskretisierung des Speichers. Im Rahmen der Energiesystemsimulation wird der
Speicher in = 00 Segmente aufgeteilt. Das Speichermodell wird mindestens einmal
pro Minute aufgerufen und ausgeführt. Bei dieser räumlichen und zeitlichen Diskretisie-
rung wird von einer adäquaten Repräsentation der natürlichen Konvektionsprozesse
ausgegangen.
1
Randbedingungen:
Speichervolumen: 1m³
0,8 Tank-Geometrie: Zylinder
Tank-Aspektverhältnis: 1,49
0,6 Speichermedium: Wasser
Dämmung: 2,5cm Armaflex
Umgebungstemperatur: 20°C
0,4
0h 50h 100h
0,2
9 10 11 12 13 14 15
Temperatur in °C
Abbildung 52: Vergleich der experimentellen Messdaten mit den Simulationsergebnissen
zweier Modelle mit Dichtekompensation und ohne Dichtekompensation
Nelson et al. geben keinen Aufschluss über die Verwendung von Algorithmen zur Kom-
pensation natürlicher Konvektionseffekte. Nach der Beschreibung der Autoren334 wird
angenommen, dass das Modell keine Berücksichtigung von Dichteeffekten umfasst. Die
auf Abbildung 52 dargestellte Aufwärmung der Tanksegmente in Bodennähe wird ver-
mutlich durch eine adiabate Randbedingung im Bodenbereich verhindert, welche auch
in der Herleitung des Modells beschrieben wird335. Durch diese Umsetzung würde je-
doch der Wärmeeintrag im Bodenbereich des Speichertanks nach Gleichung 70 redu-
114
5.4 Modell des Kältespeichers
ziert, was die Genauigkeit des Modells insbesondere bei längeren Betrachtungszeiträu-
men kompromittiert. Das in dieser Arbeit verwendete Modell unterscheidet sich in die-
sem Punkt von dem Referenzmodell und nutzt einen künstlichen Algorithmus, um dich-
tegetriebene Ausgleichseffekte durch den Wärmeeintrag über die Speicherhülle zu be-
rücksichtigen.
Nelson et al. setzten das oben vorgestellte Modell nach Gleichung 59 für eine parametri-
sche Untersuchung verschiedener Einflüsse auf die Güte der thermischen Schichtung
ein. Dabei wurde auch der Einfluss unterschiedlicher Ladevolumenströme auf die Ther-
mokline betrachtet. Als Bewertungsgrundlage diente dabei die Veränderung der Über-
gangszone zwischen Start- und Endzustand einzelner Ladeprozesse. Das Modell ergab
mit den eingesetzten Mischungsalgorithmen eine hohe Degradation der Thermokline bei
niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten341. Mit steigenden Volumenströmen reduzierte
sich der Einfluss degradierender Effekte auf die thermische Schichtung gegenüber La-
deprozessen mit geringerer Strömungsgeschwindigkeit. Ab einem Grenzwert blieb der
Einfluss der Degradation konstant342. Die Autoren führten dieses Verhalten auf zeitab-
hängige Verlustmechanismen (thermische Diffusion, Wärmeleitung in der Speicher-
115
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
wand, Wärmetransport über Speicherhülle) zurück, welche bei einer längeren Ladedau-
er einen größeren Einfluss auf die Übergangszone ausüben. Das Ergebnis einer besseren
Schichtung bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten widerspricht den in dieser Arbeit
durchgeführten Experimenten. Dies zeigt, dass die Anwendung künstlicher Verfahren
zur Beschreibung von erzwungenen Konvektionseffekten nur in einem vorher validier-
ten Parameterraum zulässig ist. Aus den genannten Gründen wird in dieser Arbeit von
einer künstlichen Beschreibung der Vermischungseffekte abgesehen. Die Validierung
des hier vorgestellten Modells soll die Zulässigkeit der oben getroffenen Annahme über-
prüfen.
Bei der Validierung des hier beschriebenen Modells wird eine Testanlage eingesetzt,
welche auf die praktischen Anforderungen eines Kältespeichers angepasst ist. Hierzu
gehört insbesondere ein ausreichend großes Speichervolumen, da mit steigendem Vo-
lumen eine Abnahme des Einflusses von konvektiven Effekten beobachtet wurde 349.
Tabelle 7 enthält die relevanten Abmessungen der Speicheranlage sowie die Positionen
der eingesetzten Temperatursensoren zur Messung des Temperaturverlaufs im Spei-
cher. Der vorgestellte Aufbau ermöglicht die Untersuchung der Schichtungsgüte von
Speicherladesystemen bei unterschiedlichen Volumenströmen sowie der thermischen
Verluste des Speichers in Abhängigkeit der äußeren Dämmung. Die Testanlage besitzt
116
5.4 Modell des Kältespeichers
einen Tank aus Acrylglas, welcher etwa einen Kubikmeter Wasser aufnehmen kann. Im
Inneren des Speichers sind Pt-100 Temperatursensoren angebracht. Diese messen die
Temperaturverteilung im Speichertank auf 18 verschiedenen Höhen und werden im
Sekundentakt von einem Messsystem aufgezeichnet.
Abbildung 53 stellt den experimentellen Aufbau der Versuchsanlage dar. Der Testspei-
cher kann mit verschiedenen Temperaturen und Volumenströmen betrieben werden.
Die Temperaturen der Be- und Entladeströme werden über zwei Auslagebehälter kon-
trolliert, welche mit Hilfe einer externen Kältemaschine auf definierte Temperaturni-
veaus eingestellt werden (siehe Anhang C.2). Zwei baugleiche Pumpen setzen die Anfor-
derung einer Speicherbeladung oder -entladung aus den genannten Auslagebehältern
um und können über eine Drehzahlregelung auf den gewünschten Volumenstrom einge-
stellt werden.
Abbildung 53: Testanlage zur Validierung des Kältespeichermodells (l.: Anlage mit Auslagebe-
hälter; m.: Radialdiffusoren; r.: Acrylglaszylinder mit Bodenplatte)
117
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
An der Kopf- und Bodenplatte des Speichers sind zwei Radialdiffusoren angebracht, mit
denen das vertikale Strömungsprofil der angeschlossenen Rohrleitungen in ein horizon-
tales Strömungsprofil umgelenkt wird. Der Abstand der beiden Diffusorplatten (sog.
Diffusorhöhe) sowie ihr Radius besitzen einen großen Einfluss auf die Güte der Tempe-
raturschichtung innerhalb des Speichers. Die Dimensionierung des Radialdiffusors er-
folgte auf Basis von dedizierten Studien350,351,352. Weitere Details zur Anlage können der
Masterarbeit von Torben Knoop entnommen werden353.
Für die Validierung des Speichermodells werden sowohl Ruhephasen des Speichers
(statischer Betrieb) als auch Be- und Entladeprozesse (dynamischer Betrieb) betrachtet.
Das Ziel ist die getrennte Untersuchung der Qualität des Modells bezüglich der Be-
schreibung von äußeren Verlusten über die Speicherhülle und inneren Verlusten durch
Mischungseffekte. Als Bezugsgrößen zur Bewertung dieser Einflüsse werden die Tempe-
raturverteilung im Speicher sowie der Ladezustand 𝑆 (siehe Gleichung 58) zu defi-
nierten Zeitschritten gewählt. Im Gegensatz zum Einsatz in der Systemsimulation wird
der Ladezustand des Speichers für die Validierung nicht durch eine Temperaturgrenze
von 1,5 °C oberhalb der Vorlauftemperatur beschränkt. Für die folgende Betrachtung ist
eine exakte Angabe des Energieinhalts notwendig. Aus praktischen Gründen besitzt die
in diesem Versuch eingesetzte Dämmung eine geringere Wandstärke als übliche Spei-
cherdämmstoffe, daher ist der Wärmeeintrag aus der Umgebung im Vergleich höher.
Das verwendete Dämmmaterial Armaflex besitzt eine Wandstärke 𝛿𝑖𝑠𝑜 von 2,5 cm und
eine Wärmeleitfähigkeit 𝜆𝑖𝑠𝑜 von 0,0 W/(m K)354. Der temperaturabhängige Wärme-
durchgangskoeffizient 𝑘 wurde im Vorfeld messtechnisch ermittelt355 und liegt dem
Simulationsmodell für die Validierung zugrunde. Im gedämmten Zustand beträgt der
mittlere Wärmedurchgangskoeffizient 𝑘 1,1 W⁄(m2 K), während die Messung ohne
Dämmung einen Wert von 4,2 W⁄(m2 K) ergab. Das vorliegende Speichermodell wird
sowohl für den gedämmten, als auch für den ungedämmten Fall des Speichers validiert.
Statischer Speicherbetrieb
Für die Berechnung des Ladezustands im ruhenden Speicher werden eine Vorlauftem-
peratur von acht Grad Celsius und eine Rücklauftemperatur von zwanzig Grad Celsius
definiert. Als Startbedingung für das Speichermodell wird die gemessene Temperatur-
verteilung der Testanlage zum Zeitpunkt = 0 h herangezogen. Für die Simulation des
Speichertanks wird eine höhere Anzahl an Temperaturstützstellen = 50 benötigt, als
Temperatursensoren in der Testanlage vorhanden sind. Die Start-Temperaturverteilung
des simulierten Speichers wird daher durch Interpolation aus der gemessenen Tempe-
raturverteilung im Testspeicher berechnet. Durch diese Interpolation können sehr ge-
ringe Abweichungen auftreten, welche für die nachfolgenden Betrachtungen vernachläs-
sigt werden. Alle Ventile des Speichers bleiben während des Versuchs geschlossen, so-
118
5.4 Modell des Kältespeichers
dass der Einfluss von erzwungenen Strömungseffekten auf die thermische Schichtung im
Speicher ausgeschlossen werden kann. Die zeitliche Progression des simulierten und des
gemessenen Temperaturverlaufs im gedämmten Speicher ist auf Abbildung 54 darge-
stellt.
Speichererwärmung mit Dämmung
1,5 1,5
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 93,55 % SOC gemessen = 93,63 % SOC simuliert = 79,3 % SOC gemessen = 79,86 %
t=0h t = 32,3 h
1 1
0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
0 0
8 10 12 14 16 8 10 12 14 16
Temperatur in °C Temperatur in °C
1,5 1,5
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 66,65 % SOC gemessen = 67,31 % SOC simuliert = 47,06 % SOC gemessen = 47,77 %
t = 64,8 h t = 129,8 h
1 1
0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
0 0
8 10 12 14 16 8 10 12 14 16
Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung 54: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank
bei Aufwärmung mit Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten
In einem zweiten Versuch wurde die Dämmung um den Speicherzylinder entfernt und
erneut die zeitliche Progression der Temperaturverteilung im Speichertank aufgezeich-
net. Die Versuchszeit wurde für dieses Szenario etwas reduziert. Abbildung 55 enthält
den Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturverteilung zu vier verschie-
denen Zeitpunkten.
119
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 65,92 % SOC gemessen = 66,1 % SOC simuliert = 44,8 % SOC gemessen = 43,9 %
t=0h t = 22,3 h
1 1
0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
10 12 14 16 18 20 10 12 14 16 18 20
Temperatur in °C Temperatur in °C
1,5 1,5
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
SOC simuliert = 29,64 % SOC gemessen = 28,89 % SOC simuliert = 18,06 % SOC gemessen = 17,71 %
t = 44,8 h t = 68,2 h
1 1
0,5 0,5
simuliert simuliert
gemessen gemessen
10 12 14 16 18 20 10 12 14 16 18 20
Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung 55: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank
bei Aufwärmung ohne Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten
Als Fazit der Untersuchung mit ruhendem Speichermedium wird festgestellt, dass eine
Verwendung des hier vorgestellten Speichermodells bei gedämmten Speicherbehältern
120
5.4 Modell des Kältespeichers
eine hohe Genauigkeit bezüglich der Vorhersagen des Ladezustands sowie der Tempera-
turverteilung im Speicher bietet. Da die meisten thermischen Energiespeicher zur Re-
duktion von Energieverlusten eine Dämmung besitzen, kann die Beschreibung von na-
türlichen Konvektionserscheinungen in einem ruhenden Speichermedium mit einem
einfachen Algorithmus erfolgen (siehe Abschnitt 5.4.1). Ist der Speicher dagegen unzu-
reichend oder gar nicht gedämmt, so kann der Wärmeeintrag aus der Umgebung den
vertikalen Stofftransport dominieren, was zu einer Mischform aus vertikaler Schichtung
und Quervermischung in den einzelnen Speichersegmenten führt. Hierdurch weicht die
gemessene Temperaturverteilung erheblich von der simulierten Temperaturverteilung
ab. Eine Verwendung des berechneten Temperaturprofils als Eingang für anschließende
Lade- und Entladeprozesse erscheint bei ungedämmten Speichern daher nicht sinnvoll.
Weitere Untersuchungen hierzu können aufzeigen, wie sich unterschiedlich hohe Wär-
meströme aus der Umgebung auf Quervermischungseffekte im Speichermedium aus-
wirken.
In dem Versuch mit einem gedämmten Speicher konnte außerdem kein Einfluss durch
vertikale Wärmeleitung über die Speicherwand festgestellt werden. Auf Abbildung 54
bildet sich bereits nach kurzer Zeit eine thermische Übergangszone aus, welche durch
eine Ansammlung von warmem Wasser oberhalb der kalten Phase charakterisiert ist.
Ein signifikanter Wärmetransport durch vertikale Wärmeleitung in der Speicherwand
würde die Temperatur der warmen Phase absenken und die der kalten Phase anheben.
Gegenüber dem Modell, welches keine vertikalen Wärmeleitungseffekte in der Spei-
cherwand berücksichtigt, müssten sich somit Unterschiede in der Temperaturverteilung
ergeben. Da das Temperaturprofil im Speichertank auch nach etwa 130 h noch sehr ge-
nau vorhergesagt werden kann, ist von einem vernachlässigbaren Einfluss der vertika-
len Wandleitung auszugehen. Hierbei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass die
Wärmeleitfähigkeit von Acrylglas geringer ist als die von Stahl für kommerzielle Spei-
cherbehälter. Die Wandstärke des vorliegenden Testbehälters ist dabei etwa zwei-356 bis
dreimal größer, als jene von kommerziellen Tanks aus Stahl.
Dynamischer Speicherbetrieb
Bei einem dynamischen Speicherbetrieb ist das Speichermedium nicht in Ruhe, sondern
wird im Rahmen eines Ladeprozesses in vertikaler Richtung durch den Speicher trans-
portiert. Die Bewegung des Speichermediums verstärkt Verlustmechanismen an der
Innenseite der Speicherwand sowie in der Übergangszone (siehe Abschnitt 3.6). Dane-
ben können durch den Ladeprozess unerwünschte Vermischungseffekte auftreten. Diese
hängen maßgeblich von den eingesetzten Ladesystemen ab, welche in der vorliegenden
Testanlage Radialdiffusoren darstellen. Die folgenden Untersuchungen wurden mit einer
äußeren Dämmung am Speicherbehälter (vgl. Abbildung 54) durchgeführt.
Die Grundlage zur Bewertung des Modells bei dynamischem Speicherbetrieb bilden
Messdaten von abwechselnden Be- und Entladeprozessen. In der Literatur ist die Be-
trachtung des dynamischen Speicherbetriebs auf einzelne Lade- oder Entladeprozesse
121
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
18 T2
T3
16 T4
T5
14 T6
T7
12 T8
T9
10 T10
T11
Nachschwingphase T12
8
Entladung T13
T14
6
T15
Beladung T16
4
T17
T18
2 •
V
0
0 100 200 300 400 500
Versuchszeit in Minuten
Abbildung 56: Temperaturverläufe und Volumenstrom einer Versuchsreihe mit multiplen La-
de- und Entladeprozessen
Auf der y-Achse sind die Temperaturen im Speichertank sowie der Betrag des Volumen-
stroms 𝑉̇ in der Speicherzuleitung aufgetragen. Jede Temperaturkurve repräsentiert die
zeitliche Progression des Messwerts eines fest-installierten Temperaturfühlers im Spei-
chertank. Der Volumenstrom wird in der Zuleitung zum Speicher von einem Flügel-
radzähler gemessen, welcher beide Strömungsrichtungen für die Be- und Entladung
aufzeichnet. Die Höhe des Volumenstroms wurde über die Dauer der Versuchsreihe va-
riiert. In der vorliegenden Arbeit wird eine Unterscheidung von hohen, mittleren und
geringen Volumenströmen vorgenommen. Hierfür werden entsprechende Zeiträume
definiert, welche für einen vollständigen Austausch des Speichermaterials benötigt wer-
den: Hohe Volumenströmen liegen dann vor, wenn der gesamte Tankinhalt in weniger
als 15 Minuten umgesetzt wird. Bei mittleren Volumenströmen beträgt die Ladedauer
dagegen zwischen 15 und 30 Minuten und bei geringen Volumenströmen länger als
30 Minuten. Im Beispiel auf Abbildung 56 sind die Ladeprozesse bei 180, 250, 400 und
460 Minuten auf der Zeitachse als Prozesse mit hohen Volumenströmen zu werten. Die
anderen dargestellten Ladeprozesse weisen nach dieser Nomenklatur einen mittleren
Volumenstrom auf.
Beginnend mit einer Entladung nach einer Referenzzeit von fünf Minuten folgen acht
aufeinanderfolgende Be- und Entladeprozesse. Zwischen den einzelnen Ladeabschnitten
befindet sich der Speichertank in Ruhe und die Ventile sind geschlossen, sodass kein
Massetransport über die Speicherzuleitungen stattfindet. Die Temperaturfühler im Spei-
chertank zeichnen auch nach dem Abschluss eines Ladeprozesses noch Schwankungen
auf, welche erst nach einiger Zeit abklingen (siehe z. B. bei 250 min). In Abhängigkeit
122
5.4 Modell des Kältespeichers
123
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
1 1 1
Die leicht erhöhte Abweichung bezüglich der Vorhersage des Ladezustands im mittleren
Bild ist nicht auf die Beschreibung der thermischen Verluste, sondern auf die Genauig-
keit der messtechnischen Bestimmung des Volumenstroms zurückzuführen. Die Mess-
werte des eingesetzten Volumenstromsensor wurden durch Auslitern des Speicherbe-
hälters verifiziert. Als Ergebnis wurde eine geringe, nichtlineare Messabweichung des
Volumenstromsensors festgestellt, welche in allen Versuchsreihen mit einem Aus-
gleichsfaktor von 1,042 kompensiert wird. Im dargestellten Versuch ist dieser Faktor
etwas zu hoch. Dadurch liegt der simulierte Volumenstrom über dem gemessenen Vo-
lumenstrom, weshalb die simulierte Übergangszone auf dem mittleren Bild etwas zu
weit in Richtung der Strömung transportiert wird. Bei der Beladung wird der entstande-
ne Versatz wieder eingeholt. Im Anhang C.4 ist ein Versuch mit angepasstem Faktor für
den Volumenstrom dargestellt. Die Ungenauigkeit bezüglich der Messung des Volumen-
stroms wird unter Zuhilfenahme des Ausgleichsfaktors als sehr gering eingestuft und ist
unkritisch für die Validierung des Modells. Die Ergebnisse auf Abbildung 57 zeigen, dass
die Progression der thermischen Übergangszone mit dem vorgestellten Modell ausrei-
chend genau beschrieben werden kann. Das Verfahren wird daher als geeignet für die
Abbildung niedriger Volumenströme eingeschätzt.
124
5.4 Modell des Kältespeichers
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
1 1 1
Ein Vergleich zwischen den simulierten und den gemessenen Temperaturverläufen auf
den Abbildungen 57 und 58 zeigt, dass bei hohen Volumenströmen eine geringere Über-
einstimmung vorliegt. Auffällig sind vor allem die großen Abweichungen der Tempera-
turen im Bereich der Übergangszone im mittleren und im rechten Bild der Abbildung 58.
Nach Abschluss der letzten Beladung ist die Temperatur der kalten Phase zwischen Bo-
den und Übergangszone (0 - 0,75 m Speicherhöhe) höher als die der Simulation. Das
Temperaturniveau nimmt vom Boden des Speichers in Richtung der Übergangszone zu
und weicht um 0,5 bis 1 °C von der simulierten Temperatur ab. Neben den Abweichun-
gen zwischen den Temperaturverläufen treten auch signifikante Abweichungen zwi-
schen den gemessenen und simulierten Ladezuständen auf. Außerdem ist die Steigung
der Thermokline im realen Tank flacher als im simulierten Fall. Die Übergangszone des
experimentellen Speichersystems scheint somit weniger thermische Verluste aufzu-
nehmen als die der Simulation.
125
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Strömungsrichtung
1,25
Speicherhöhe in m
0,75
0s
0,5
79 s
144 s
154 s
0,25 179 s
229 s
Wirbelbildung 279 s
579 s
0
10 11 12 13 14 15 16 17 18
Temperatur in °C
Abbildung 59: Progression der Thermokline im Speicherbehälter zu unterschiedlichen Zeit-
punkten bei Entladung mit hohem Volumenstrom
Die Messergebnisse zeigen, dass sich durch das einströmende Wasser am Kopfende des
Speicherbehälters im Anfangsstadium der Entladung eine große Wirbelströmung aus-
bildet. Diese durchdringt trotz geringerer Dichte die Übergangszone und mischt sich
zunächst unter eine Schicht kälteren Wassers. Mit Beendigung des Entladeprozesses
klingt die erzwungene Strömung im Tank ab und das Wasser ordnet sich durch Auf-
triebskräfte in den Schichten mit der passenden Temperatur ein. Die Wirbelbildung lie-
fert eine Erklärung für die scheinbare Verkleinerung der Übergangszone: Ein Teil der
Übergangszone wird im darüber liegenden Wasserkörper vermischt und lässt die Ther-
mokline flacher erscheinen. Dadurch wird das Temperaturniveau der warmen Phase
oberhalb der Thermokline etwas herabgesetzt. Diese Beobachtung ist auch auf den Be-
ladeprozess der Abbildung 58 übertragbar (Bild rechts): Am Ende des Beladevorgangs
liegen die gemessenen Temperaturen der kalten Phase unterhalb der Thermokline deut-
lich höher als die simulierten Temperaturen. Daher wird darauf geschlossen, dass sich
der untere Teil der Thermokline durch die Einströmung von unten mit dem kalten Was-
serkörper vermischt hat und diesen etwas erwärmt. Aus den Beobachtungen folgt, dass
die flachere Steigung der Thermokline aus Vermischungseffekten resultiert. Durch die
intensive Wirbelbildung ist die Steigung der Übergangszone nach dem Ladeprozess so-
gar geringer, als zum Startpunkt der Entladung (siehe Abbildung 59). Dies führt zu ei-
nem scheinbar weiteren Transport der Thermokline in Entladerichtung im Vergleich
zum simulierten Fall, da der obere Teil der Übergangszone im darüberliegenden Was-
serkörper vermischt wird (siehe Abbildung 58 mittleres Bild).
Die scheinbar kleinere Übergangszone des gemessenen Speichers kann somit auf mak-
roskopische Durchmischungseffekte zurückgeführt werden. Diese liefern auch eine Er-
klärung für die signifikanten Abweichungen zwischen den gemessenen und simulierten
Ladezuständen bei hohen Volumenströmen: Da der Speicher während eines Ladepro-
126
5.4 Modell des Kältespeichers
zesses kein geschlossenes System darstellt (Einlass und Auslass des Speichers sind of-
fen) kann sich der Ladestrom im Speicher vermischen und noch während des Ladevor-
gangs auf der gegenüberliegenden Seite des Speichers ausgetragen werden. Die Wahr-
scheinlichkeit dieses Phänomens steigt, je weiter sich die Übergangszone durch den La-
deprozess auf die gegenüberliegende Ausstromseite zubewegt. Mit einer reinen Durch-
mischung des Speichermediums lässt sich der festgestellte Unterschied der Ladezustän-
de nicht erklären, da der Energieinhalt des Speichers bei Vermischung annähernd kon-
stant bleibt. Ein Einfluss zeitabhängiger Verlustmechanismen (wie z. B. einem Wärme-
eintrag aus der Umgebung) wird ebenfalls ausgeschlossen, da diese im vorliegenden
Modell berücksichtigt werden und eine hohe Übereinstimmung mit den vorangegange-
nen Untersuchungen aufweisen.
In normalen Kältespeichern sind hohe Volumenströme nach der oben gegebenen Defini-
tion unrealistisch. Der im Bau befindliche Kältespeicher am IISB enthält 80 m³ Kaltwas-
ser. Selbst bei einer Deckung der gesamten Kältelast über den Kältespeicher wird das
Volumen erst nach eineinhalb bis zwei Stunden umgesetzt. Nach der oben vorgestellten
Nomenklatur für das Verhältnis von Tankvolumen und Volumenstrom fällt das System
daher unter die Klasse des geringen Volumenstroms. In industriellen Anwendungen
würde der Kältespeicher außerdem unter anderen Rahmenbedingungen ausgelegt: die
Ziele der Versorgungssicherheit, zukünftigen Erweiterbarkeit und maximalen Wirt-
127
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
128
5.5 Modellierung der Förderaggregate
Für eine ausreichend genaue Abbildung des Energiebedarfs der betrachteten Kälteinfra-
struktur werden zwei wesentliche Informationen über die Förderaggregate benötigt:
129
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Das Handbuch der vorhandenen, ungeregelten Pumpen führt für den Parallelbetrieb
Gesamtwirkungsgrade von etwa 40 bis 50 % bei einer Förderhöhe von 8 m an365. Eine
Kontrollmessung an den Kaltwasser-Förderaggregaten zeigte eine Degradation der hyd-
raulischen Leistung auf etwa 65 % des Ursprungswertes nach 20 Betriebsjahren (siehe
Anhang G.1). Nach Möglichkeit werden für die Validierung des Simulationsmodells daher
gemessene Leistungsaufnahmen für die Förderaggregate eingesetzt.
Für die Simulation des Einsatzes eines Kältespeichers und der freien Kühlung werden
dagegen geregelte Pumpen angenommen. Das Ziel der Simulation ist die Darstellung von
Effizienzpotenzialen, welche sich durch den optimierten Betrieb aller Komponenten des
Kältesystems ergeben. Dies setzt eine Anpassung des Volumenstroms in Abhängigkeit
des Kältebedarfs und der Temperaturspreizung voraus. Unter Vernachlässigung der
elektrischen Verluste beim Einsatz eines Frequenzumformers verändert sich die elektri-
sche Leistungsaufnahme 𝑃𝑒𝑙 eines Pumpenmotors mit der dritten Potenz der Motor-
drehzahl 𝑁.366
𝑃𝑒𝑙,1 𝑁 3
= (𝑁1 ) 80
𝑃𝑒𝑙,2 2
Die Abhängigkeit zwischen dem Fördervolumen und der Drehzahl ist hingegen linear,
weshalb sich die elektrische Leistungsaufnahme der Pumpe bei Halbierung des Volu-
menstroms auf ein Achtel reduziert.367
𝑉̇1 𝑁
= 𝑁1 81
𝑉̇2 2
Nach Gleichungen 80 und 81 hängt die elektrische Leistungsaufnahme der Pumpen von
der dritten Potenz des Volumenstroms ab. Für die Simulationen wird der erforderliche
Volumenstrom im Kaltwassersystem nach Gleichung 4 bestimmt und anschließend die
elektrische Leistungsaufnahme berechnet.
130
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie
tegration des Kältespeichers und der freien Kühlung besitzt das virtuelle Kältesystem
mehr Betriebsoptionen als die betrachtete Infrastruktur und benötigt daher umfassen-
dere Handlungsvorgaben. Das hier vorgestellte Simulationsprogramm setzt die Be-
triebsstrategie der Komponenten mit Hilfe einer Zustandsmaschine um. Dieses Vorge-
hen gewährleistet eine hohe Kompatibilität mit Standardkomponenten für die Steue-
rung von Energieanlagen und bietet ausreichende Möglichkeiten zur Berücksichtigung
verschiedener Abhängigkeiten. Der Programmablauf lässt sich grob in einen Initialisie-
rungsteil und einen Umsetzungsteil untergliedern. Im Initialisierungsteil werden die
erforderlichen Simulationsdaten aufbereitet und eingelesen. Es erfolgt eine erste Analy-
se der Messdaten, um den sogenannten Fahrplan für den Kältespeicher abzuleiten. Die-
ser wird auf Basis von Prognosen für jeden betrachteten Tag im Voraus erstellt und legt
die Be- und Entladezeiträume unter Berücksichtigung der in Frage kommenden Kälte-
versorger fest. Das Ziel des Fahrplans stellt die bestmögliche Nutzung des Kältespei-
chers in Abhängigkeit der prognostizierten Kältelasten und Wetterbedingungen dar.
Solche Prognosen können mitunter komplexe Algorithmen umfassen, welche nicht im
Fokus dieser Arbeit stehen. Zur Vereinfachung werden daher gemittelte und geglättete
Profile der originalen Messwerte als Prognose-Ersatz verwendet. Den Eingang für die
Simulation bilden gleitende Drei-Stunden-Mittelwerte der Umgebungstemperatur und
Ein-Stunden-Mittelwerte der Kälteleistung. Die Prognosen der Wetter- und Lastbedin-
gungen sind in dieser Arbeit daher annähernd ideal.
131
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
infolge der Analyse des Wetter- und Lastprofils. Zur Bestimmung des Beladezeitraums
wird der gemessene Verlauf der Kältelast zunächst in Stundenintervalle unterteilt. Für
jedes dieser Intervalle 𝑖 wird eine mittlere Kältelast 𝑄̇𝑖 berechnet. Die so ermittelten
Stundenmittelwerte dienen der Fahrplanfunktion als Lastprognose. Diese vergleicht den
Stundenmittelwert jedes Intervalls 𝑖 mit dem Wert des vorangegangenen Intervalls 𝑖 - 1.
Ist die Differenz zweier Intervalle größer als ein definierter Grenzwert 𝑄̇𝐺𝑟 , so wird ein
sogenannter Lastsprung detektiert. Das Auftreten solcher Lastsprünge ist relevant für
die weitere Planung der Speichernutzung. Mit Hilfe dieser Vorgehensweise werden in-
tensive Kältelastspitzen in den vorhandenen Messdaten zuverlässig identifiziert. Für das
Referenzsystem stellte sich ein Sprung um 15 kW als adäquater Grenzwert heraus.369
132
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie
200
100
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Tagesuhrzeit
Temperatur in °C
20
Umgebungstemperatur Gleitender Mittelwert (3 h)
15
10
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 60: Darstellung einer Analyse des Lastverhaltens am 22.07.2015
Neben dem Zeitraum der Speicherbeladung muss auch der Wert der Speicherbeladeleis-
tung vorgegeben werden. Hierfür ist vorab eine Entscheidung zu treffen, ob der Kälte-
speicher mit geringer Beladeleistung über große Zeiträume oder über möglichst kurze
Zeiträume mit hoher Leistung geladen werden soll. Da hohe Ladeströme nach Ab-
schnitt 5.4.2 die Güte der thermischen Schichtung innerhalb des Speichers negativ beein-
flussen und kurze Ladeperioden zu einem häufigen Wechsel der Schaltzustände im Käl-
tesystem führen, wird eine Ladung mit geringer Leistung über möglichst große Zeiträu-
me gewählt. Ein potenzieller Nachteil dieser Strategie stellt die Gefahr einer ineffizien-
ten Auslastung der Kältemaschine dar, denn bei geringen Ladeleistungen ist auch die
Effizienz der Kältemaschine geringer (siehe Abbildung 13) und der Kältespeicher wird
mit einer niedrigeren Leistungszahl beladen. Die Beladeleistung 𝑄̇𝑏𝑒 des Fahrplans
ergibt sich aus dem Quotienten der freien Kapazität des Kältespeichers mit der Zeit-
spanne 𝑟 , welche zum Beladen des Speichers verbleibt. Letztere wird durch den Zeit-
raum derjenigen Niedriglastperiode bestimmt, in welcher die zeitlich gemittelte Umge-
bungstemperatur am geringsten ist. Beim Auftreten von Lastsprüngen wird dagegen der
Zeitraum bis zur nächsten Hochlastperiode eingesetzt. In Gleichung 84 stellen 𝑄𝑆𝑃,𝑚𝑎𝑥
die maximale und 𝑄𝑆𝑃,𝑘 die aktuelle Kapazität des Kältespeichers zum Zeitpunkt 𝑘
dar.371
𝑄 ,𝑚𝑎𝑥 −𝑄
𝑄̇𝑏𝑒 = ,𝑘
84
𝑡𝑟
Für die Entladung des Speichers ist im vorliegenden Konzept keine Sollwertvorgabe
notwendig. Sie richtet sich nach der aktuellen Kälteanforderung des Systems, da die Käl-
temaschinen während der Speicherentladung abgeschaltet werden. Dies ist bei den
meisten Kältemaschinen mit elektrischen Antrieben sinnvoll, da die Leistungszahl mit
sinkender Last abnimmt. Erst wenn die Kälteanforderung den Arbeitspunkt mit maxi-
maler Energieeffizienz überschreitet kann durch eine Reduktion der Kältemaschinen-
133
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
auslastung eine höhere Effizienz erreicht werden (siehe Abbildung 13). In diesem Fall
wird die Kältemaschine am besten Arbeitspunkt betrieben, während der Kältespeicher
die Differenz zum Kältelastgang bedient. Der Zeitraum der Speicherentladung wird
durch die Fahrplanfunktion festgelegt. Zur Bestimmung des Startzeitpunkts wird der
prognostizierte Temperaturverlauf herangezogen (siehe Abbildung 60 unten). Die Spei-
cherentladung findet in jenem Intervall statt, in dem die mittlere Umgebungstemperatur
den höchsten Wert erreicht. Der beispielhafte Fahrplan für die Speichernutzung auf Ab-
bildung 61 zeigt das Ergebnis der beschriebenen Last- und Temperaturanalysen.
Erstellung des Fahrplans für den Kältespeicher
400 20
300
Temperatur in °C
Kältelast in kW
200 15
100
0 10
-100
Eine initiale Speicherbeladung wird im vorliegenden Fall zwischen null und zehn Uhr
gestattet. Es schließt sich eine Ruhephase zwischen 10 und 14 Uhr an, welche mit der
Spitzenlastperiode eines Kälteverbrauchers korreliert. In diesem Zeitraum wird trotz
Hochlastperiode keine Speicherentladung eingeplant, da die Umgebungstemperatur
noch nicht das höchste Niveau des Tages erreicht. Eine zweite Spitzenlastperiode um
17 Uhr fällt dagegen mit den Tageshöchsttemperaturen zusammen, weshalb in diesem
Zeitraum eine Speicherentladung festgelegt wird. Im Anschluss an die Speicherentla-
dung darf ein neuer Beladezyklus stattfinden, da der Speicher während der zweiten
Hochlastperiode vollständig entladen werden kann.
134
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie
𝑀𝑒 𝑑 𝑒
Verarbeitung der Aufruf der
𝑃𝑟𝑜𝑔 Zustandsmaschine
Anforderung Komponenten
𝐹𝑝 𝑆,𝑡𝑘 𝑀𝐴
Die Zustandsmaschine erhält neben den aktuellen Last- und Wetterdaten des Zeit-
punkts 𝑘 auch die Vektoren der Prognosedaten 𝑃𝑟𝑜𝑔 sowie der geplanten Nutzung des
Kältespeichers 𝐹𝑝 als Eingangsdaten. Der Vektor 𝑃𝑟𝑜𝑔 enthält gleitende Mittelwerte
der Kältelast 𝑄̇𝑃𝑟𝑜𝑔 , der Außentemperatur 𝑇𝑈,𝑃𝑟𝑜𝑔 sowie der relativen Luftfeuch-
te 𝜑𝑃𝑟𝑜𝑔 .373
𝑄̇𝑃𝑟𝑜𝑔
𝑃𝑟𝑜𝑔 = (𝑇𝑈,𝑃𝑟𝑜𝑔 ) 85
𝜑𝑃𝑟𝑜𝑔
Der Fahrplan 𝐹𝑃 für die Speichernutzung enthält die Anweisungen über den Zeitraum
und die Leistung der Speicherbeladung sowie den Zeitraum der Speicherentladung in
Form eines Vektors.374
𝐹𝑝 = (𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 ) 86
𝛬 = ( 𝑀, 𝐹 , 𝑆𝑃) 87
Diese Ausgabe beschreibt den Betriebszustand der Kältekomponenten anhand von drei
übergeordneten Kennzahlen. Tabelle 8 gibt eine Übersicht über alle möglichen Betriebs-
zustände.375
135
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
Bei dieser Umsetzung ist eine Zustandsmaschine sinnvoll, bei der die Ausgaben nicht
von den Zustandsübergängen selbst, sondern nur von den Zuständen abhängig sind.
Diese Bedingung wird von der Zustandsmaschine nach Moore ( 𝑀) erfüllt, welche sich
durch das Eingabealphabet 𝛴, das Ausgabealphabet ∆, die endliche Zustandsmenge 𝑆𝑍𝑀 ,
die Zustandsüberführungsfunktion 𝜙, die Ausgabefunktion 𝜎 sowie den Startzustand 0
beschreiben lässt.376
𝑀 = (𝛴, 𝛥, 𝑆𝑍𝑀 , 𝜙, 𝜎, 0) 88
Zu Beginn der Simulation liegt der Startzustand 0 vor. Er wechselt infolge einer Zu-
standsüberführungsfunktion 𝜙 = ( , 𝜒) in den Zustand 1 𝜖 𝑆𝑍𝑀 377. Die Übergangsbe-
dingung 𝜒 stellt dabei einen Wert aus dem Eingabealphabet 𝛴 dar. Dieses setzt sich aus
insgesamt 18 Übergangsbedingungen für das vorgestellte Modell zusammen, welche im
Anhang D zusammengefasst sind.
Die Zustandsmenge 𝑆𝑍𝑀 beinhaltet die Anzahl der möglichen Systemzustände 𝑖 378.
Durch Kombination aller möglichen Betriebszustände der drei vorgestellten Kältever-
sorger in Tabelle 8, ergibt sich eine maximale Anzahl von 80 Zuständen. Die Rahmenbe-
dingungen der Nutzung des Kältesystems lassen jedoch nur 14 Zustände zu, da nicht alle
Kombinationsmöglichkeiten der Anlagen effizient oder technisch sinnvoll sind. Ein Bei-
spiel hierfür ist der regelnde Parallelbetrieb von mehreren Kälteerzeugern. Der Ausga-
bevektor 𝛬 eines Zustands wird über die Ausgabefunktion 𝜎 zugeordnet und ist unab-
hängig vom Eingabealphabet379. Eine Zusammenfassung der möglichen Systemzustände
sowie der zugehörigen Ausgabevektoren ist im Anhang D beschrieben.
136
5.6 Umsetzung der Betriebsstrategie
Block auf Abbildung 62 zwar eine bestimmte Speicherleistung an, bekommt aber zu-
nächst einen geringeren Wert zurückgegeben. Im Beispiel eines Umschaltvorgangs auf
den Kältespeicher führt dies zu einem kurzen Parallelbetrieb des Speichers und des ak-
tiven Kälteversorgers, bis der Speicher die Kältelast eigenständig aufnehmen kann. Der
Volumenstrom kann pro Zeitschritt nur um 5 m³/h vom vorherigen Wert abweichen.
Dieser Grenzwert wurde durch Parametervariation anhand des simulierten Kältesys-
tems definiert und ermöglicht eine dynamische Speichernutzung ohne die Stabilität des
Kältesystems durch große Volumenstromänderungen zu kompromittieren.
Der Einsatz der freien Kühlung 𝑄̇𝐹𝐾 ist möglich, sobald die Außentemperatur unter ei-
nem definierten Grenzwert von vier Grad Celsius liegt. Ist die Leistungszahl der freien
Kühlung höher als die der Kältemaschine, so wird die freie Kühlung bevorzugt einge-
setzt. Bei sehr hohen Kälteanforderungen kann es sinnvoll sein, die freie Kühlung paral-
lel zur Kältemaschine zu betreiben. Hierbei wird der Kühlturm auf seine erste Lüfterstu-
fe fixiert, um die Kälteleistung zu begrenzen und die Kältemaschine weiterhin gut auszu-
lasten. In Abhängigkeit des Speicherfahrplans oder anderer Randbedingungen können
auch weitere Betriebsoptionen eingesetzt werden.381
0 FK nicht aktiv
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 ± 𝑄̇𝑆𝑃 orrang er Speichernutzung
𝑄̇𝐹𝐾 = 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 FK im Regelbetrieb 90
𝑄̇𝐹𝐾,𝑆𝑡𝑢𝑓𝑒 1 wenn KM parallel betrieben
{𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 maximale Auslastung er FK
Die Lastanforderung an die Kältemaschine ergibt sich in Abhängigkeit der anderen Käl-
teerzeuger zu:382
0 KM nicht aktiv
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 ± 𝑄̇𝑆𝑃 orrang er Speichernutzung
𝑄̇𝐾𝑀 = 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 KM im Regelbetrieb 91
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 − 𝑄̇𝐹𝐾 wenn FK parallel betrieben
{𝑄̇𝐾𝑀,𝑚𝑎𝑥 maximale Auslastung er KM
𝑄̇𝐾𝑀,𝑆𝑜𝑙𝑙
𝑆,𝑡𝑘 = ( 𝑄̇𝐹𝐾,𝑆𝑜𝑙𝑙 ) 92
𝑄̇𝑆𝑃,𝑆𝑜𝑙𝑙
137
5 Modellbildung der betrachteten Komponenten
leistung 𝑄̇𝐾,𝑧 und die aufgenommene elektrische Leistung 𝑃𝑒𝑙,𝑧 zur Bilanzierung der Be-
triebskosten 𝑧 enthält. Hierbei werden auch die elektrischen Leistungsaufnahmen der
eingesetzten Förderaggregate und die Kosten für das aufbereitete Wasser der Rückküh-
ler berücksichtigt (siehe Abbildung 33). Die bereitgestellte Kälteleistung und der Lade-
zustand 𝑆 des Kältespeichers werden an die Zustandsmaschine zurückgeführt.384
𝑄̇𝐾,𝑧
𝑀𝐴 = ( 𝑃𝑒𝑙,𝑧 ) 93
𝑆
𝑧
138
6. DISKUSSION DER SIMULIERTEN UND
EXPERIMENTELLEN EFFIZIENZMAßNAHMEN
Im Abschnitt 6.1 wird das in Kapitel 5 vorgestellte Gesamtmodell für das Referenzsystem
validiert. Hierbei wird die Eignung des vorgestellten Simulationsansatzes für die spätere
Untersuchung des Potenzials des Kältespeichers sowie der freien Kühlung diskutiert
und bewertet. In den anschließenden Abschnitten 6.2 und 6.3 wird das Einsparpotenzial
der beiden Anlagen unter Berücksichtigung verschiedener Randbedingungen simuliert.
Im Fall der freien Kühlung erfolgt zusätzlich eine Gegenüberstellung der Simulationser-
gebnisse mit den Messwerten der aufgebauten Anlage. Um einen Vergleich mit konven-
tionellen Effizienzmaßnahmen herzustellen, werden die Betriebs- und Regelungspara-
meter des vorliegenden Referenzsystems optimiert und Anpassungen im Rohrleitungs-
system sowie an den hydraulischen Komponenten vorgenommen. Die Effizienzpotenzia-
le dieser Maßnahmen werden im Abschnitt 6.4 beschrieben und schließlich den Ergeb-
nissen des Kältespeichers und der freien Kühlung gegenübergestellt. Abschnitt 6.5 ent-
hält die Zusammenfassung und Bewertung aller untersuchten Effizienzmaßnahmen die-
ser Arbeit.
139
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
500
Abweichung der
Energie: 1,9 %
Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
400
Elektrische
300
Kältelast in kW
200
100
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
80
60
40
20
140
6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes
Der größere Anteil der Abweichung ist somit auf Ungenauigkeiten bei der Bestimmung
der elektrischen Leistungsaufnahmen der Kältemaschine sowie der Peripherieaggregate
zurückzuführen. Die oben vorgestellte Annahme einer konstanten elektrischen Lei-
tungsaufnahme der Peripherieaggregate von 3,9 kW erfolgte auf Basis von Jahresmit-
telwerten der Messwerte. In isolierten Zeiträumen kann die gemessene elektrische Leis-
tungsaufnahme abweichen und damit größere Differenzen zur Annahme in der Simula-
tion hervorrufen. Eine Absenkung der angenommenen Leistungsaufnahme der Peri-
pherieaggregate um einen Kilowatt reduziert die oben aufgeführte Abweichung bereits
um 1,3 %.
141
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Für die Bewertung des Modells in einem Zeitraum mit hohem Kältebedarf werden die
Kalenderwochen 24 und 25 des Jahres 2017 herangezogen. Abbildung 64 enthält die
berechnete und die gemessene elektrische Leistungsaufnahme der Kälteinfrastruktur
sowie die gemessene Kältelast der Verbraucher. Der Kältebedarf beläuft sich auf insge-
samt 73,5 MW h, was einer kontinuierlichen Kälteleistung von etwa 219 kW entspricht.
Die Abweichung zwischen der simulierten und gemessenen elektrischen Energieauf-
nahme beträgt etwa 5 %. Die dargestellten Kalenderwochen besitzen damit die höchste
Abweichung aller untersuchten Zeiträume dieser Arbeit. Es wird vermutet, dass die ho-
he Diskrepanz zum Teil auf Vorbereitungen für Umbaumaßnahmen in der Kältezentrale
zurückzuführen ist, bei denen im Vorfeld einige Peripherieaggregate abgeschaltet wur-
den. Aufgrund der hohen Anzahl an Kältelastspitzen ist auch der Fehler des Rückküh-
lermodells höher, welches häufiger die maximale Kühlturmstufe anfordert, als die reale
Anlage.
142
6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes
300
Elektrische
200
100
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
80
60
40
20
Abbildung 65 zeigt die Ergebnisse eines Zeitraums mit einem geringeren Kältebedarf
von 54,6 MW h. Dies entspricht einer kontinuierlichen Kälteleistung von 169 kW, welche
um etwa 50 kW niedriger ausfällt als jene des betrachteten Zeitraums im Jahr 2017.
Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme (KW20-21 2015)
Leistungsaufnahme in kW,
400
Abweichung der Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
Energie: 3,7 %
300
Kältelast in kW
200
Elektrische
100
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
Luftfeuchte in %
80
60
40
20
0
Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung 65: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen
des Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 20 und 21 des Jahres 2015
143
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
200
180
160
140
120
Kältelast in kW
100
Abweichung der Energie: 1,8 %
80
60
40
20
Kältelast Gemessene Leistungsaufnahme Simulierte Leistungsaufnahme
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung 66: Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme der Kältema-
schine im Zeitraum der Kalenderwochen 40 und 41 des Jahres 2015
Abbildung 66 zeigt, dass bereits ein signifikanter Anteil des oben vorgestellten Fehlers
auf das Modell der Kältemaschine zurückzuführen ist. Die Abweichung der elektrischen
Leistungsaufnahme der Kältemaschine beträgt mit 1,8 % etwa die Hälfte der oben vor-
gestellten Fehler. Da das Modell auf einer quadratischen Ausgleichsfunktion der Mess-
werte des gesamten Jahres 2015 beruht, können isolierte Betrachtungszeiträume von
der Vorhersage abweichen. Ein Grund hierfür stellt die Veränderung von Betriebspara-
metern im Kältesystem dar, welche die Effizienz der Kältemaschine beeinflussen. Hierzu
gehört z. B. die parallel verfolgte Volumenstromabsenkung, welche sich durch Anhebung
der Verdampfungstemperatur der Kältemaschine auf den exergetischen Wirkungsgrad
der Kältemaschine auswirkt (siehe Abschnitt 4.2). Dieser Einfluss wird durch die Leis-
tungszahl-Kennlinie der Kältemaschine für das Jahr 2015 bestätigt, welche infolge einer
Effizienzmaßnahme an einem Unterverteiler des Kältesystems eine Unstetigkeit im Ver-
lauf aufweist (siehe Anhang F.2). Eine mögliche Option zur Verbesserung der Vorhersa-
gegenauigkeit des Kältemaschinen-Modells besteht z. B. in der Erstellung der Leistungs-
zahl-Kennlinie für einen isolierten Zeitraum kurz vor dem der Simulation. Dies stellt
sicher, dass sich die Betriebsparameter der Kältemaschine ab dem Zeitraum der Erstel-
lung der Polynomfunktion bis hin zur Simulation möglichst wenig verändern. Eine wei-
144
6.1 Bewertung des vorgestellten Simulationsansatzes
Zuletzt wird die Kältelast des auf Abbildung 66 dargestellten Zeitraums um den Faktor
1,15 erhöht. Durch diese Maßnahme nehmen die Auslastung und somit auch die Leis-
tungszahl der Kältemaschine zu. Abbildung 67 stellt die Maschinenauslastung gegenüber
der Leistungszahl der originalen Messwerte sowie der künstlich erhöhten Datenreihen
dar.
Leistungszahl
20 2
10 1
0 0
original erhöht original erhöht
Abbildung 67: Auslastung und Leistungszahl für den originalen Lastverlauf und das Szenario
mit erhöhter Kältelast.
145
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
lastung um etwa 5 % um 0,3 zunimmt. Dieses Ergebnis wird im Abschnitt 6.4.4 mit expe-
rimentellen Daten der Effizienzmaßnahmen verglichen, um die Vorhersagegenauigkeit
des Modells für die Kältemaschine bezüglich schwankender Auslastungen zu bewerten.
In einem ersten Schritt wird der Einfluss der Kältemaschine auf die Effizienz der beste-
henden Kälteinfrastruktur untersucht. Hierzu wurden acht Tage ausgewählt, an denen
die Kältelast ein für das IISB typisches Verlaufsprofil aufweist. Die Rahmenbedingungen
dieser acht Tage sind in der Tabelle 10 aufgeführt, eine Darstellung der individuellen
Kältelastverläufe findet sich im Anhang E.3. Der Kältebedarf der Verbraucher war in den
Nächten durchweg geringer und stieg über den Tag an. Dieser Einfluss wird durch die
Angabe der minimalen und maximalen mittleren Kältelasten in Tabelle 10 dargestellt.
Für die Berechnung dieser Werte wurde zunächst eine zeitlich gemittelte Kältelast ge-
bildet. Aus den Kältelasten oberhalb dieser Mittellast wurde anschließend eine zeitlich
gemittelte Maximallast bestimmt. Die minimale mittlere Kältelast wurde dagegen aus
dem zeitlichen Mittelwert aller Kältelasten unterhalb der Mittellast berechnet. Durch
diese Maßnahme wird der Einfluss von Lastspitzen zugunsten einer übersichtlichen
Darstellung gedämpft.
146
6.2 Einfluss des Kältespeichers auf die Systemeffizienz
Abbildung 68 zeigt die Verläufe der Kälteleistung und der Außentemperatur am Tag 5
der Tabelle 10. Die Korrelation mit der Außentemperatur lässt zunächst eine hohe Tem-
peraturabhängigkeit des Kältebedarfs vermuten, welche sich bei genauer Analyse nicht
bestätigt. Hierfür ist der Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Kältelast um 8 Uhr
gegenüber 22 Uhr zu gering. Das Bedarfsprofil eines Wochenendes ist exemplarisch im
Anhang E.3 dargestellt. Es zeigt eine kontinuierliche Kälteleistung, obwohl eine signifi-
kante Änderung der Außentemperatur von der Tages- zur Nachtzeit vorliegt. Ein Ein-
fluss der Umgebungstemperatur auf den Kältebedarf ist auf der Tagesebene somit als
gering einzuschätzen. Über das Jahr hinweg wird jedoch ein hoher Einfluss erwartet.
Dieses Ergebnis steht in guter Übereinstimmung mit der Systemanalyse im Ab-
schnitt 4.1.
Umgebungstemperatur in °C
175 25
150 20
Kältelast in kW
125 15
100 10
75 5
50 0
Umgebungstemperatur Kältelast
25 -5
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Zeit in Stunden
Abbildung 68: Temperatur- und Kältebedarfsverlauf am Tag 5 (08.04.2015)
Abbildung 68 zeigt, dass die vorhandene Kältemaschine mit einer maximalen Kälteleis-
tung von 469 kW für den dargestellten Zeitraum überdimensioniert ist. Da der beste
Arbeitspunkt nach Abbildung 13 bei etwa 350 kW liegt, führt die niedrige Auslastung zu
einer geringen Gesamteffizienz der Kälteversorgung. Um den Einfluss der Kältemaschine
hinsichtlich der Auslastung zu untersuchen, wird der folgende Ansatz gewählt: Aus dem
vorhandenen Modell der Kältemaschine werden in 5 kW-Schritten kleinere, virtuelle
Maschinen erzeugt. Dabei wird die maximale Kälteleistung der Kältemaschine jeweils
um 5 kW reduziert, während die minimale Kälteleistung nur geringfügig herabgesetzt
wird. Der Leistungsbereich der Aggregate reduziert sich dadurch wie auf Abbildung 69
exemplarisch für vier Kennlinien dargestellt. Es wird vereinfachend angenommen, dass
die maximale Leistungszahl der Kältemaschinen bei Reduzierung der Anlagendimension
nicht wesentlich abnimmt. Mit Hilfe der abgestuften Kältemaschinen wird die Effizienz
der Kälteversorgung für die in Tabelle 9 dargestellten Referenztage zunächst ohne Be-
rücksichtigung eines Kältespeichers untersucht.
147
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
4,5
4
Leistungszahl
3,5
2,5
1,5
470 kW 400 kW 300 kW 200 kW
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450
Maximale Kälteleistung der Kältemaschine in kW
Abbildung 69: Kennlinien der virtuellen Kältemaschinen anhand von vier Beispielen
2,3
Leistungszahl der Kälteanlage
2,1
1,9
1,7
1,5
Kältemaschinendimensionen
mit höchsten Leistungszahlen höchste Leistungszahlen
1,3
Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8
200 250 300 350 400 450
Maximale Kälteleistung der Kältemaschine in kW
Abbildung 70: Leistungszahl der Kälteanlage in Abhängigkeit der Dimension der Kältemaschi-
ne
175
Temperatur in °C
150 25
125
100 20
75
50 15
25
Ladezustand in %
0 10
100
75
50
25
0
0 3 6 9 12 15 18 21 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 71: Vergleich des simulierten Systemverhaltens einer Kältemaschine mit Kältespei-
cher gegenüber den gemessenen Kältelastdaten
149
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
aus dem Speicher in das Kältesystem zu verschieben. Während des Zeitintervalls von 7
bis 16 Uhr nimmt der Ladezustand langsam ab, da neben den kurzfristigen Entladevor-
gängen auch Wärmeenergie aus der Umgebung in den Speicher eindringt.
Die auf Abbildung 71 vorgestellte Simulation wurde für alle der betrachteten Referenz-
tage der Tabelle 10 durchgeführt. Dabei wurden die Größen der Kältemaschine und des
Kältespeichers variiert, um den Einfluss auf die Gesamteffizienz der Kälteversorgung zu
untersuchen. Aus den Simulationsergebnissen wurde eine über alle Tage gemittelte Effi-
zienzkennlinie für drei untersuchte Speicheroptionen (kein Speicher, 80 m³ Speicher,
160 m³ Speicher) gebildet. Da die vorgestellte Untersuchung unter anderem auch zur
Dimensionierung eines Kältespeichers für das IISB diente, wurde eine maximale Spei-
chergröße von 160 m³ definiert. Ein größeres Speichervolumen ist aufgrund des be-
grenzten Bauraums nicht umsetzbar. Die Ergebnisse sind auf Abbildung 72 dargestellt.
2,2
2,1
1,9
1,8
1,7
Die Simulationsergebnisse zeigen, dass die Effizienz der Kälteanlage durch den Einsatz
eines Kältespeichers trotz Eintrag von Wärmeenergie aus der Umgebung signifikant
angehoben wird. Bei der vorhandenen Kältemaschine mit 469 kW erhöht sich die Leis-
tungszahl des Kältesystems durch Einsatz eines Kältespeichers mit 160 m³ von etwa
1,69 auf 1,91. Dies entspricht einer Einsparung der gesamten eingesetzten elektrischen
Energie für die Kälteversorgung von etwa 11,5 %. Bei einem Kältespeicher mit 80 m³
Volumen können durch Erhöhung der Leistungszahl auf 1,8 noch etwa 6 % des Energie-
bedarfs eingespart werden.
Wird dagegen eine kleinere Kältemaschine mit einer Spitzenleistung von 250 kW einge-
setzt, so lässt sich die Arbeitszahl des Kältesystems in der vorgestellten Untersuchung
von 1,69 auf maximal 2,18 erhöhen. Gegenüber dem Referenzszenario ohne Speicher
kann eine Einsparung der elektrischen Leistungsaufnahme von 22,1 % erreicht werden.
Davon sind nach Abbildung 72 etwa 15 % auf den effizienteren Betrieb einer kleineren
Maschine und 7 % auf die Lastverschiebung in Zeiträume mit niedrigeren Umgebungs-
150
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz
temperaturen zurückzuführen. Das vorgestellte Szenario wird dabei erst durch den Käl-
tespeicher ermöglicht, welcher auftretende Spitzenlasten bei unterdimensionierten Käl-
temaschinen bedient. Im Gegensatz zum bevorzugten Szenario einer vollen Deckung
durch den Kältespeicher (siehe Abbildung 16), wird bei kleineren Kältemaschinen zu-
sätzlich eine partielle Deckung mit Vorrang des Speichers verfolgt. Die unter Ab-
schnitt 5.6.2 vorgestellte Betriebsstrategie verwendet automatisch diesen Modus, wenn
die Kältemaschine nicht zur Deckung der Spitzenlasten ausreicht (siehe Abbildung 71).
151
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
verdoppelt sich die Anzahl der nutzbaren Lüfterstufen. Für die Untersuchung wird an-
genommen, dass beide Kühltürme identisch arbeiten und auf den jeweiligen Stufen die
gleichen Kälteleistungen erbringen. Bei freier Kühlung reduziert sich die Kälteleistung
gegenüber der Rückkühlung der Kältemaschinen signifikant, da die Temperatur des
Kühlmediums und somit die Differenz zur Umgebungstemperatur, abnimmt. Die Soll-
temperatur des Kältesystems beträgt etwa zwölf Grad Celsius. Der Rückkühler muss
jedoch ein niedrigeres Temperaturniveau bereitstellen, da der Kaltwasserkreislauf
durch einen Wärmeübertrager vom Wasser-Glykol-Kreislauf (Kühlmedium) getrennt ist.
Die Temperaturdifferenz zwischen Eingang des kalten Wasser-Glykol-Gemischs und
Austritt des abgekühlten Kaltwassersstroms (Grädigkeit) liegt bei Plattenwärmeüber-
tragern üblicherweise in der Größenordnung von ein bis zwei Grad Celsius (siehe Ab-
schnitt 3.5). Die Austrittstemperatur des Rückkühlers muss daher etwa zehn Grad Celsi-
us betragen, damit die Solltemperatur des vorliegenden Kältesystems erreicht werden
kann. Statt der unter Abschnitt 3.1.2 genannten Temperaturgrenze von fünf Grad Celsius
wird daher ein neuer Wert von vier Grad Celsius definiert. Die freie Kühlung wird erst
eingeschaltet, wenn die Umgebungstemperatur darunter liegt. In Analogie zur Rückküh-
lung der Kältemaschine lässt sich auch für die freie Kühlung eine Darstellung der Kälte-
leistung in Abhängigkeit der Außentemperatur ableiten. Da die freie Kühlung aus-
schließlich trocken betrieben wird, kann der Einfluss der Luftfeuchtigkeit vernachlässigt
werden (siehe Abschnitt 5.3.1). Abbildung 73 zeigt die Kälteleistung der einzelnen Lüf-
terstufen 𝐿0 − 𝐿 sowie die Leistungszahl der freien Kühlung in Abhängigkeit der Um-
gebungstemperatur. Da das Rückkühlwerk des Primärkältesystems aus zwei identischen
Kühltürmen besteht, existieren zwei Lüfter, denen jeweils die Stufen L0, L1 oder L2 zu-
geordneten werden können.
200
100
0
-15 -14 -13 -12 -11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5
Umgebungstemperatur in °C
Effizienz der freien Kühlung
Gesamtleistungszahl
10
L0L0 L0L1 L1L1 L2L0 L1L2 L2L2
8
6
4
2
0
-15 -14 -13 -12 -11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5
Umgebungstemperatur in °C
Abbildung 73: Kälteleistung und Effizienz der freien Kühlung in Abhängigkeit der Außentem-
peratur
der Kälteversorgung bei freier Kühlung ab. Durch die sechs Kombinationen der Lüfter-
stufen können unterschiedliche Kälteleistungen bereitgestellt werden. Eine Korrelation
mit der Außentemperatur zeigt, dass die Kühltürme des Primärkältesystems bei null
Grad Celsius eine Leistungszahl von vier erreichen, solange beide Kühltürme mit der
ersten Lüfterstufe betrieben werden (L1L1). Mit dieser Lüfterstufe wird die höchste
Effizienz erreicht, die Kälteleistung bleibt bei der genannten Temperatur jedoch auf et-
wa 90 kW beschränkt. Bei sinkender Umgebungstemperatur nehmen die Kälteleistung
und die Effizienz der freien Kühlung zu, sodass die Kühltürme unterhalb von zwei Grad
Celsius uneingeschränkt effizienter arbeiten, als die reguläre Kälteanlage. Mit der höchs-
ten Lüfterstufe L2L2 des Rückkühlsystems wird bei zwei Grad Celsius eine Kälteleistung
von etwa 140 kW bereitgestellt. Die hier dargestellten Ergebnisse liegen der Betriebs-
strategie für die freie Kühlung zugrunde. Solange die Leistungszahl der Rückkühler im
Vergleich zur regulären Kälteversorgung höher liegt, bevorzugt die unter Abschnitt 5.6
vorgestellte Betriebsweise die freie Kühlung. Ebenso wird die freie Kühlung durch den
Kältespeicher unterstützt, wenn sie die Kältelast aufgrund zu geringer Kälteleistung
nicht bedienen kann, aber effizienter als die reguläre Kälteanlage ist.
Für die Untersuchung der Energieeinsparungen durch freie Kühlung werden vier unter-
schiedliche Szenarien betrachtet. Zunächst wird das Referenzszenario definiert, welches
durch den eigenständigen Betrieb der vorhandenen Kältemaschinen (KM) nach Ab-
schnitt 6.1 charakterisiert ist. In diesem Fall werden der Kältespeicher (SP) und die freie
Kühlung (FK) vernachlässigt. Das zweite Szenario berücksichtigt die Integration eines
Kältespeichers mit 80 m³ Volumen, welcher eine Verschiebung der Kaltwassererzeu-
gung von den Tages- in die Nachtstunden ermöglicht. Im dritten Szenario liegt mit der
Integration der freien Kühlung die maximale Konfiguration des Kältesystems vor. Die
Kälteversorgung wird – wenn möglich – über freie Kühlung bedient. Im letzten Szenario
liegt kein Kältespeicher vor. Dieses Szenario dient dem Vergleich des Effizienzpotenzials
der freien Kühlung mit den anderen Szenarien.
Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich über 24 Wochen, in denen freie Kühlung auf-
grund von niedrigen Umgebungstemperaturen möglich ist. Die Messdaten der Kältelas-
ten und Wetterprofile entstammen den in der Tabelle 11 aufgeführten Zeiträumen.
Tabelle 11: Übersicht der gewählten Zeiträume für die Untersuchung der Szenarien
Da sich die Winterperiode über den Jahreswechsel erstreckt, werden die Eingangsdaten
der Simulation aus den Messwerten der Jahre 2015 und 2016 gebildet. Zu Beginn des
Jahres 2015 gab es eine längere Außerbetriebnahme der Kälteanlagen, weshalb die Da-
ten für die Simulation ungeeignet sind. Der Betrachtungszeitraum Januar/Februar 2015
153
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
wird daher durch das Folgejahr 2016 ersetzt. Die Temperaturdauerlinie des betrachte-
ten Zeitraums ist im Anhang F.1 dargestellt.
300 295.03
295,03
264.44
264,44
239.1
239,1
220,11
220.11
228.12
228,12
200 172.7
172,7 177.3
177,3
190.0
190,0
100
44.69
44,69 40.11
40,11 34.82
34,82
33.49
33,49
0
KM KM+SP KM+SP+FK KM+FK
KM = Kältemaschine SP = Kältespeicher FK = Freie Kühlung
Abbildung 74: Vergleich der Effizienz- und Einsparpotenziale unterschiedlicher Ausbauszena-
rien der vorliegenden Kälteinfrastruktur
154
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz
Der Wasserbedarf steigt im Vergleich zum Referenzszenario marginal an, da das Rück-
kühlwerk im Kältemaschinebetrieb durch die Anhebung der mittleren Kälteleistung
während der Speicherbeladung größere Rückkühlleistungen abführen muss und häufi-
ger eine Besprühung initiiert. Die zusätzlichen Kosten für das aufbereitete Wasser redu-
zieren die Einsparungen insgesamt jedoch nur marginal. In der Literatur wird der mitt-
lere Wasserverbrauch geschlossener Verdunstungskühler mit 2,5 bis 4,5 l/(kW h) ange-
geben389. Bei einem sich aus der Simulation ergebenden Rückkühlbedarf von
692,7 MW h im Referenzszenario ergäbe sich somit ein minimaler Bedarf von etwa
1.700 m³ Wasser. Da der hier vorgestellte Simulationszeitraum nur die kalte Jahreszeit
betrachtet, in welcher die Ausnutzung der Verdunstungskühlung durch niedrige Umge-
bungstemperaturen gering ist, erscheinen die berechneten 172,7 m³ des Referenzszena-
rios auf Abbildung 74 dennoch als realistisch. Häufig wird die Kühlturmbesprühung auf-
grund der Frostgefahr in der Winterperiode außer Betrieb genommen und der Wasser-
Kreislauf abgelassen390. Dies ist im vorliegenden Referenzsystem am IISB nicht jedes
Jahr der Fall, da eine elektrische Beheizung für den Frostschutz existiert.
155
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
strategie verfolgt. Abbildung 75 zeigt ein Beispiel, in dem die freie Kühlung durch eine
unterstützende Speicherentladung den gesamten Tag über betrieben werden kann.
Unterstützung der freien Kühlung durch den Kältespeicher
200 4
Umgebungstemperatur in °C
Kältelast FK SP entladen SP beladen Temperatur
175 3
Kälteleistung in kW
150 2
125 1
100 0
75 -1
50 -2
25 -3
Ladezustand in %
0 -4
100
75
50
25
0
0 6 12 18 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 75: Betrieb der freien Kühlung bei Unterstützung durch den Kältespeicher
Die Schwankungen der Kälteleistung der freien Kühlung zwischen 12 und 18 Uhr wer-
den durch die großen Leistungsunterschiede beim Schalten der Lüfterstufen hervorge-
rufen. In einem realen Kältesystem würden solche Spitzen durch die große thermische
Kapazität des Leitungssystems etwas gepuffert. Modernere Rückkühlwerke besitzen
außerdem drehzahlgeregelte Lüfter, welche eine kontinuierliche Leistungsanpassung
ermöglichen. Für die vorliegende Simulation wurde angenommen, dass der Kältespei-
cher die auftretenden Leistungsspitzen des Rückkühlers ausgleicht. Diese übertragen
sich daher auf das Entladeprofil des Kältespeichers. Abgesehen von einer geringen Bela-
dung um 6 Uhr ist der stetige Anstieg des Speicherladezustands zwischen null und zwölf
Uhr auf einen Wärmeverlust des Speichers an die Umgebung zurückzuführen. Der Lade-
zustand erhöht sich in dieser Zeitspanne von zwölf Stunden um etwa 32 kW h. Dies ent-
spricht einer Dauerladeleistung von 2,6 kW, welche über die Oberfläche des Speichers
übertragen wird. In Anbetracht der hohen Temperaturdifferenz zur Umgebung er-
scheint dieser Wert realistisch. Der Ladezustand nimmt durch die Unterstützung der
freien Kühlung ab zwölf Uhr kontinuierlich ab. In dieser Zeitspanne unterstützt der Käl-
tespeicher die freie Kühlung, da diese Betriebsstrategie effizienter als die Nutzung der
Kältemaschine ist.
Abbildung 76 zeigt einen Tag, an welchem alle zur Verfügung stehenden Komponenten
(KM, FK, SP) eingesetzt werden. Die Umgebungstemperatur steigt im dargestellten Si-
mulationszeitraum deutlich über vier Grad Celsius, weshalb die freie Kühlung im Ver-
gleich zu Abbildung 75 nicht durchgängig betrieben werden kann. Die Betriebsstrategie
setzt die unterschiedlichen Anlagen in Abhängigkeit der Kältelast und der Umgebungs-
bedingungen möglichst effizient ein.
156
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz
Umgebungstemperatur in °C
Kältelast FK KM SP entladen SP beladen Temperatur
Kälteleistung in kW
200 10
150 5
100 0
50 -5
Ladezustand in %
0 -10
100
75
50
25
0
0 6 12 18 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 76: Einsatz aller zur Verfügung stehenden Kältekomponenten an einem Tag
Da der Kältespeicher zu Beginn noch nicht voll beladen ist, kann eine kontinuierliche
Beladung mit geringer Leistung durch die freie Kühlung stattfinden. Ab etwa 9 Uhr tritt
ein Anstieg der Umgebungstemperatur auf. Dieser unterbricht eine weitere Nutzung der
freien Kühlung, welche aufgrund der begrenzten Kälteleistung nur bis etwa vier Grad
Celsius eingesetzt werden kann. Es folgt eine Umschaltung auf die Kältemaschine, wel-
che den Kältespeicher kurzfristig belädt. Zwischen 15 und 18 Uhr liegen die höchsten
Tagestemperaturen vor. In diesem Zeitraum wird die Kältemaschine abgeschaltet und
der Kältespeicher entladen. Nach der vollständigen Entladung des Kältespeichers um
etwa 18 Uhr wird erneut die Kältemaschine benötigt, um den Kältebedarf zu decken.
Aufgrund der abnehmenden Umgebungstemperatur stellt eine erhöhte Auslastung der
Kältemaschine im Rahmen einer Speicherbeladung zunächst die effizienteste Versor-
gungsoption dar. Erst ab etwa 22 Uhr ist die Umgebungstemperatur entsprechend nied-
rig und die freie Kühlung wird wieder aufgenommen. Das Szenario mit Kältespeicher
und freier Kühlung weist insgesamt die höchste Effizienz sowie die geringsten Betriebs-
kosten auf. Die mittlere Leistungszahl der Komponenten beträgt etwa 2,31, was eine
Energieeinsparung von 25,5 % gegenüber dem Referenzszenario mit 1,72 bedeutet (sie-
he Abbildung 74). Lediglich der Wasserbedarf ist im Vergleich zur Referenzanlage er-
höht, da die wiederholende Beladung des Kältespeichers und die damit einhergehende
Erhöhung der Kältemaschinen-Auslastung zu einer intensiveren Nutzung der Rück-
kühlwerke führen. Die Anhebung der Betriebskosten durch den erhöhten Wasserbedarf
ist aufgrund der niedrigen Umgebungstemperaturen als gering einzustufen.
nahe der Leistungsgrenze der freien Kühlung entsteht. Letztere wird im vorliegenden
Fall wiederholt abgeschaltet, sobald die Kältelast die maximale Kälteleistung überschrei-
tet. Aufgrund einer vorgesehenen Anfahrverzögerung391 der Kältemaschine von einer
halben Stunde, wärmt sich der Kaltwasserkreis auf, wenn kein Kälteversorger aktiv ist.
Beim Einschalten der Kältemaschine entstehen dann hohe Leistungsspitzen, da die Käl-
temaschine neben der aktuellen Kältelast der Nutzer auch den aufsummierten Käl-
teenergiebedarf der vorhergehenden Zeitschritte bedienen muss. Dieses Verhalten kann
entsprechend in einem realen Kältesystem beobachtet werden, bei welchem sich die
Vorlauftemperatur bei Abschaltung der Kältemaschine erhöht (siehe Anhang F.1). Bei
einem verzögerten Wiedereinschalten der Kältemaschine werden hohe Kälteleistungen
angefordert, um die zwischenzeitlich angestiegene Temperatur des Kältesystems wieder
auf den Sollwert zurückzuführen. Diese Spitzenleistungen übertragen sich nach Glei-
chung 22 auch auf die Rückkühlseite der Kältemaschine. Abbildung 77 zeigt exempla-
risch eine Umschaltung zwischen der freien Kühlung und der Kältemaschine bei einem
langsamen Anstieg der Umgebungstemperatur und einer annähernd konstanten Kälte-
last. Das beschriebene Anfahrverhalten wiederholt sich im vorliegenden Fall, da die freie
Kühlung eingeschaltet wird, sobald die Kältelast wieder kurzzeitig unterhalb der Leis-
tungsgrenze liegt.
Wiederholendes Anfahrverhalten der Kältemaschine
300 5
Kältelast FK KM Temperatur
Umgebungstemperatur in °C
250 4
Kälteleistung in kW
200 3
150 2
100 1
50 0
0 -1
0 6 12 18 24
Tagesuhrzeit
Abbildung 77: Betrieb der Kälteanlage nahe der Leistungsgrenze der freien Kühlung
Das wiederholende Ein- und Abschalten der freien Kühlung führt somit zu sprunghaften
Anforderungen der Kältemaschine mit hohen geforderten Kälteleistungen. Dadurch ent-
stehen wiederum hohe Rückkühlleistungen am Rückkühler der Kältemaschine, welcher
in Konsequenz eine Kühlturmstufe mit Verdunstungskühlung anfordert. Dieses Simula-
tionsergebnis ist relevant für die praktische Umsetzung des Konzeptes, bei welcher ein
häufiges Umschalten zwischen den Anlagen steuerungsseitig vermieden werden muss.
Die freie Kühlung besitzt im Vergleich zu den anderen Maßnahmen eine sehr hohe Effi-
zienz. Durch die Substitution der Kältemaschine wird über den gesamten Betrachtungs-
zeitraum eine Energieeinsparung von 22,9 % im Vergleich zum Referenzszenario er-
reicht (siehe Abbildung 74). Das Einsparpotenzial der freien Kühlung liegt im Gegensatz
158
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz
zu den anderen Maßnahmen jedoch nicht ganzjährig vor. Der in Tabelle 11 angegebene
Zeitraum mit einer Dauer t(𝑇𝑈 < 4 °C) = 2.134 h ist repräsentativ für den jährlich zu
erwartenden Nutzungszeitraum der freien Kühlung nach Abbildung 12. In der restlichen
Jahreshälfte können aufgrund höherer Temperaturen keine Energieeinsparungen mehr
erwartet werden, sodass die jahresbezogene Effizienzsteigerung insgesamt niedriger
liegt. Bei Annahme einer ganzjährig konstanten Kältelast von 126 kW (mittlere Kältelast
nach Tabelle 11) ergibt sich unter Berücksichtigung der freien Kühlung in einem Zeit-
raum von 24 Wochen eine Jahres-Leistungszahl von 1,96. Dies bedeutet eine Energieein-
sparung von 12,2 % bezogen auf das Referenzszenario mit einer Leistungszahl von 1,72.
In den Sommermonaten ist jedoch von einer Erhöhung des Kältebedarfs und somit von
einer besseren Auslastung der Kältemaschine sowie einer höheren Leistungszahl auszu-
gehen. Die jährliche Leistungszahl der regulären Kälteanlage liegt damit tendenziell hö-
her als 1,72, weshalb das Einsparpotenzial durch freie Kühlung etwas geringer ausfällt.
2000
Leistungszahl
2,5
1815
2 1,87 1,90
1509 1,5
1500
1
0,5
1000
KM+FK KM+SP+FK KM+FK KM+SP+FK
KM = Kältemaschine SP = Kältespeicher FK = Freie Kühlung
Abbildung 78: Darstellung der Laufzeiten und Leistungszahlen der freien Kühlung in Kombina-
tion mit der Kältemaschine und einem Kältespeicher
Die Abweichung von der theoretisch möglichen Laufzeit ist auf hohe Kältelasten zurück-
zuführen, welche nicht von der freien Kühlung bedient werden können. Für diese Kälte-
lasten wird die Kältemaschine benötigt. Beim Szenario mit Kältespeicher weist die freie
Kühlung eine deutlich reduzierte Laufzeit von 1.509 Stunden auf. Auch der Zeitraum für
die Nutzung der Kältemaschine ist kürzer, da die Kälteversorger während einer Spei-
cherentladung aus Effizienzgründen abgeschaltet werden. Die Betriebsstrategie wählt
dabei grundsätzlich den effizienteren Kälteversorger aus. Wenn die Systemeffizienz bei
der Beladung des Kältespeichers durch die Kältemaschine höher liegt als jene der freien
Kühlung, wird die Kältemaschine bevorzugt. Längere Laufzeiten der freien Kühlung wä-
159
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
ren realisierbar, indem die Temperaturgrenze für die Nutzung der freien Kühlung dy-
namisch berechnet würde. Durch die Unterstützung mit dem Kältespeicher ließe sich
dann auch bei Temperaturen oberhalb von vier Grad Celsius noch freie Kühlung nutzen.
Es ist zu beachten, dass die geringere Nutzungsdauer der freien Kühlung nicht zwangs-
läufig eine geringere Auslastung bedeutet. Wird der Kältespeicher durch die freie Küh-
lung beladen und am Tag wieder entladen, so entstammt diese Kälteenergie der freien
Kühlung, wird aber im oberen Diagramm nicht zur Laufzeit der freien Kühlung hinzuge-
rechnet.
Die Untersuchung der Leistungszahlen zeigt, dass die Effizienz der freien Kühlung durch
den Einsatz eines Kältespeichers leicht erhöht wird (siehe Abbildung 78 r.). Dies ist zum
Teil auf die Substitution mit der Kältemaschine zurückzuführen, wenn die Effizienz der
freien Kühlung aufgrund von hohen Umgebungstemperaturen geringer ist. Dadurch re-
duziert sich die Laufzeit der freien Kühlung und die mittlere Leistungszahl steigt. Dane-
ben kann die freie Kühlung nach Abbildung 75 auch durch den Kältespeicher unterstützt
werden, sodass die Anlage geringer ausgelastet wird. Hierdurch können die Kühltürme
mit einer effizienteren Lüfterstufe betrieben werden. Die Effizienz der Kältemaschine
nimmt bei Einsatz des Kältespeichers ebenso zu, da die Leistungszahl während der Spei-
cherbeladung aufgrund der erhöhten Auslastung ansteigt (siehe Abschnitt 3.1.1). Das
Verhältnis der mittleren Leistungszahlen der regulären Kälteanlage (1,72) und der
freien Kühlung des Szenarios ohne Kältespeicher (3,24) gibt Aufschluss darüber, wieviel
elektrische Energie während des Betriebs der freien Kühlung eingespart wird. Dieser
Wert liegt im betrachteten Zeitraum bei etwa 0,532. Die freie Kühlung spart in den Be-
triebszeiträumen damit etwa 46,9 % der elektrischen Energiekosten gegenüber der re-
gulären Kälteversorgung ein. Dabei wurde mit der mittleren Leistungszahl der regulären
Kälteanlage über den gesamten simulierten Zeitraum nach Abbildung 74 gerechnet. In
den Nachtstunden ist die Kältelast jedoch etwas niedriger, wodurch die Leistungszahl
der Kältemaschine abnimmt. Das Einsparpotenzial durch die freie Kühlung wird daher
etwas höher erwartet.
160
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz
Abbildung 79: Plattenwärmeübertrager für die freie Kühlung mit neuen Rohrleitungen für den
angebundenen Kalt- und Kühlwasserkreislauf (schwarze Dämmung)
Zur Steuerung und Regelung der Anlage wurden Temperaturfühler installiert, welche
die Temperaturniveaus im Vor- und Rücklauf des Wasser-Glykol-Kreislaufs sowie des
Kaltwasserkreislaufs und der Umgebung erfassen. Die Steuerung ist im Gebäudeleitsys-
tem des Institutes eingebettet, da der Umschaltvorgang auf die freie Kühlung eine fest-
gelegte Sequenz zur Abschaltung der aktiven Kältemaschine sowie des dazugehörigen
Kühlturms inklusive aller beteiligten Förderaggregate erfordert. Zur Festlegung der Be-
triebsgrenzen der freien Kühlung wurden die Ergebnisse der vorangegangenen Simula-
tionen herangezogen. Nach Abbildung 73 können erst ab einer Umgebungstemperatur
unterhalb von vier Grad Celsius relevante Kälteleistungen erwartet werden. Die Gesamt-
leistungszahl der höchsten Lüfterstufe liegt bei dieser Temperatur etwa bei dem Wert
zwei. Für den Einsatz der freien Kühlung wird in Anlehnung an die Simulationsergebnis-
se daher ein maximales Umgebungstemperaturniveau von vier Grad Celsius definiert.
Erste Testversuche während der Inbetriebnahme zeigten, dass die auf dieser Basis ge-
wählten Betriebsgrenzen eine sehr gute Übereinstimmung mit der realen Anlage besit-
zen. Der automatische Betrieb der Anlage wurde in der Wintersaison 2016/17 noch
durch eine Zeitschaltuhr eingeschränkt, welche die freie Kühlung in einem Zeitfenster
zwischen null und sechs Uhr freigibt. Da der Anlagenbetrieb zunächst eine Optimierung
der Reglerparameter des Kühlturms sowie der Kaltwasserpumpen erforderte, konnte in
der ersten Saison insgesamt nur eine Betriebszeit von etwa 111 Stunden erreicht wer-
den.
Abbildung 80 zeigt exemplarisch den Einsatz der freien Kühlung am 11.03.2017 von
0 Uhr bis 6 Uhr. Der Verlauf der Kälteleistung auf Abbildung 80 zeigt auffällige Leis-
tungsschwankungen zum Einschalt-Zeitpunkt der freien Kühlung (null Uhr) sowie zur
Rückschaltung auf die regulären Kältemaschinen (sechs Uhr). Das erste Phänomen kurz
nach dem Start der freien Kühlung hängt mit der Anpassung des Kühlturms an die Leis-
161
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
200
150
100
50
03/10 18:00 03/10 20:00 03/10 22:00 03/11 00:00 03/11 02:00 03/11 04:00 03/11 06:00 03/11 08:00
Datum und Uhrzeit
Abbildung 80: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie
der regulären Kälteanlage am 11.03.2017
Der Verlauf der Leistungsaufnahme der freien Kühlung zeigt, dass beide Lüftermotoren
der Kühltürme zunächst kontinuierlich auf Stufe eins betrieben werden, bevor einer der
beiden Motoren kurz vor ein Uhr in die zweite Stufe wechselt. Die Lüftermotoren der
beiden Kühltürme erfordern auf der ersten Stufe zusammen mit den Förderaggregaten
eine elektrische Leistungsaufnahme von etwa 25 kW. Bei der Umschaltung eines Lüf-
termotors auf die zweite Stufe steigt die elektrische Leistungsaufnahme auf 40 kW an.
Der Lüfter des betreffenden Kühlturms schaltet während der Dauer der freien Kühlung
noch ein weiteres Mal auf die erste Stufe und anschließend wieder auf die zweite Stufe
zurück. Die Schaltstufen der Lüfter sind auch im Profil der Kälteleistung zu erkennen, die
Temperaturen im Kaltwasserkreislauf werden dadurch nur marginal beeinflusst. Bei der
Rückschaltung auf die Kältemaschine entsteht die zweite auffällige Leistungsschwan-
kung im Kältesystem. Diese ergibt sich aufgrund der Anfahrverzögerung der Kältema-
schine nach dem Einschaltbefehl. Das beschriebene Phänomen ist ebenfalls unkritisch
für den Betrieb des Kältesystems und tritt auch beim wöchentlichen Wechsel der Kälte-
maschinen auf. Kurz vor und nach dem Betrieb der freien Kühlung sowie um etwa
2.30 Uhr und 4 Uhr sind geringe Leistungsspitzen im elektrischen Lastgang der freien
Kühlung zu erkennen. Diese entstammen kleineren Peripherieaggregaten der Kältezent-
rale, welche nicht zum Rückkühlsystem gehören.
162
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz
Die mögliche Betriebsdauer der freien Kühlung ist vor allem an die Außentemperatur
gebunden. Nach Abschnitt 6.3 treten in einer Wintersaison etwa 2100 Stunden auf, in
denen die Umgebungstemperatur unterhalb von vier Grad Celsius liegt. Abbildung 81
zeigt, dass die freie Kühlung je nach Wetterlage bis in den April hinein genutzt werden
kann. Am 21.04.2017 wurde sie zwischen zwei und sechs Uhr nachts für insgesamt vier
Stunden betrieben.
Freie Kühlung am 21.04.2017
250
Kälteleistung
Leistungsaufnahme reguläre Kälteanlage
elektrische Leistungsaufnahme in kW
150
100
50
04/20 22:00 04/21 00:00 04/21 02:00 04/21 04:00 04/21 06:00 04/21 08:00
Datum und Uhrzeit
Abbildung 81: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie
der regulären Kälteanlage am 21.04.2017
163
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
gestellte Kennlinie der Kälteanlage wurde die Leistungszahl 𝐿 𝐾𝐴 aus der Kältelast 𝑄̇𝐾
sowie den elektrischen Leistungsaufnahmen der Kältemaschine 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑀 , des sekundären
Rückkühlers 𝑃𝑒𝑙,𝑠𝑒𝑘,𝑅𝐾 , des Schaltschranks 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ und der Förderaggregate für den Kalt-
und Kühlwasserkreislauf 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 und 𝑃𝑒𝑙,𝐾ü berechnet.
𝑄̇𝐾
𝐿 𝐾𝐴 =𝑃 94
𝑒𝑙,𝐾𝑀 +𝑃𝑒𝑙,𝑠𝑒𝑘,𝑅𝐾 +𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 +𝑃𝑒𝑙,𝐾ü +𝑃𝑒𝑙, 𝑐ℎ
Da die Kältemaschine und der zugehörige Kühlturm bei Aktivierung der freien Kühlung
abgeschaltet werden, kann die Berechnung der Leistungszahl 𝐿 𝐾𝐴 für den betrachteten
Zeitraum nicht aus den gemessenen Leistungsaufnahmen der aufgeführten Komponen-
ten erfolgen. Um die Leistungszahl dennoch bestimmen zu können, werden historische
Datensätze herangezogen und eine Polynomfunktion zweiter Ordnung für die Kälteanla-
ge gebildet (vgl. Abbildung 31). Diese berücksichtigt die Summe der Leistungsaufnah-
men der in Gleichung 94 genannten Komponenten und macht sie bei Kenntnis der Kälte-
last berechenbar. Die gemessenen Leistungsaufnahmen der Komponenten und die Kälte-
last, welche für die Erstellung der Polynomfunktionen benötigt werden, entstammen
jeweils den gleichen Wochen, in denen auch die freie Kühlung aktiv war (ohne die Zeit-
räume mit freier Kühlung).
Für die Berechnung der Leistungszahl 𝐿 𝐹𝐾 der freien Kühlung wird der Quotient aus
der Kälteleistung und den gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des primären
Rückkühlers 𝑃𝑒𝑙,𝑝𝑟𝑖𝑚,𝑅𝐾 sowie der Kalt- und Kühlwasseraggregate 𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 und 𝑃𝑒𝑙,𝐾ü gebil-
det. Das hierfür verwendete Messgerät erfasst die Leistungsaufnahmen aller Komponen-
ten der primären Kälteanlage inklusive des Schaltschrankes 𝑃𝑒𝑙,𝑆𝑐ℎ .
𝑄̇𝐾
𝐿 𝐹𝐾 =𝑃 95
𝑒𝑙,𝑝𝑟𝑖𝑚,𝑅𝐾 +𝑃𝑒𝑙,𝐾𝑎 +𝑃𝑒𝑙,𝐾ü +𝑃𝑒𝑙, 𝑐ℎ
164
6.3 Einsatz von freier Kühlung zur Erhöhung der Systemeffizienz
3,48
3,5 3,29 3,38
3,22
3,06
3 2,93
2,8
2,62 2,61
2,5
2 1,96 1,96
1,87
1,73 1,7 1,76
1,63 1,6 1,65 1,63 1,66 1,66
1,55
1,5 1,46
0,5
09.01. 10.01. 11.01. 12.01. 13.01. 16.01. 17.01. 18.01. 19.01. 20.01. 07.03. 11.03. 12.03. 05.04. 21.04.
Abbildung 82: Gegenüberstellung der Leistungszahlen der freien Kühlung und der regulären
Kälteversorgung mit Angabe des Datums der jeweiligen Feldversuche im Jahr 2017
In den Jahren 2011 bis 2016 traten Temperaturen unterhalb von vier Grad Celsius im
Durchschnitt etwa 2.283 h/a auf. Durch Annahme einer Betriebsdauer von
2.300 Stunden sowie einer elektrischen Energieeinsparung der Kälteanlage von 50 %
ließen sich durch den Betrieb der freien Kühlung auf Basis der Verbrauchsdaten des
Jahres 2016 überschlägig etwa 110 MW h elektrische Energie einsparen. Bei Berücksich-
tigung von hohen Kältelasten, welche die maximale Kälteleistung der freien Kühlung
überschreiten, können jedoch nur etwa 1.800 Betriebsstunden erreicht werden (siehe
Abbildung 78). Damit reduziert sich das Einsparpotenzial auf etwa 87 MW h elektrischer
Energie im Jahr. Die zeitlich gemittelte Kältelast des Referenzsystems betrug im Jahr
2016 etwa 149 kW. Zur Deckung des Kältebedarfs benötigte die Kälteanlage eine mittle-
re elektrische Leistung von 96,4 kW. Daraus ergibt sich eine mittlere Leistungszahl von
1,46 für das Referenzsystem.
Ein Vergleich der Einsparpotenziale zeigt, dass die Simulation mit einer vorhergesagten
Reduktion von 46,9 % des elektrischen Energiebedarfs (siehe Abschnitt 6.3.1) während
freier Kühlung etwas niedriger liegt, als die reale Anlage mit 50 %. Für eine Erklärung
dieser Abweichung müssen die Randbedingungen der untersuchten Zeiträume analy-
siert werden. Der Betrachtungszeitraum der umgesetzten Anlage besitzt mit einer
durchschnittlichen Umgebungstemperatur von etwa -0,24 °C einen niedrigeren Wert als
der Zeitraum in der Simulation mit -0,06 °C. Die Randbedingungen der beiden Betrach-
tungszeiträume weichen somit geringfügig voneinander ab. Eine niedrigere Außentem-
peratur bewirkt nach Abbildung 73 eine höhere Effizienz der freien Kühlung, da eine
hohe Sensitivität bezüglich der Temperatur besteht. Die mittlere Kälteleistung ist mit
112 kW im Fall der Simulation im Vergleich zu 115 kW bei der realen Umsetzung etwa
gleich. Den Hauptgrund für die Differenz des vorhergesagten Energiebedarfs stellt je-
doch die verwendete Leistungszahl der regulären Kälteanlage dar: Als Bezugsgröße für
die Berechnung der Einsparung wurde im Fall der Simulation die mittlere Leistungszahl
der Kälteanlage herangezogen. In den Nächten ist die Leistungszahl der Kältemaschine
165
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
aufgrund der niedrigeren Auslastung jedoch geringer als der Jahresmittelwert. Durch
die Berücksichtigung der mittleren Leistungszahl liegt die Effizienz der Referenzanlage
daher etwas höher als jene der Simulation.
Mögliche Abweichungen können auch durch die in der Simulation hinterlegten Leis-
tungsaufnahmen der verschiedenen Komponenten entstehen. Diese werden als konstant
angenommen, während die tatsächlichen Leistungsaufnahmen nach Abbildung 44 im
Betrieb schwanken. Durch diese Abweichung können Fehler im Bereich mehrerer Pro-
zent des elektrischen Energiebedarfes entstehen. Um diesen Einfluss zu untersuchen,
wurden auf Abbildung 83 die Leistungszahlen der freien Kühlung in Abhängigkeit der
Kälteleistung für den simulierten und den gemessenen Fall gegenübergestellt.
10
Stufe L1L2
Stufe L2L0
Stufe L2L2
8 Messwerte 2016/17
Messwerte 2017/18
0
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220
Kälteleistung in kW
Abbildung 83: Leistungszahlen der simulierten und der umgesetzten freien Kühlung in Abhän-
gigkeit der Kälteleistung
Im simulierten Fall stellen sich die Leistungszahlen der einzelnen Lüfterstufen in Ab-
hängigkeit der Kälteleistung als Geraden dar, weil die elektrischen Leistungsaufnahmen
als konstant angenommen werden. Die Messwerte der realen Anlage weisen dagegen
eine Streuung auf. Diese ist zum einen durch variierende Leistungsaufnahmen der betei-
ligten Komponenten zu erklären (siehe auch Abbildung 44). Zum anderen ist die Mes-
sung der Kälteleistung aufgrund der hohen thermischen Kapazität der Anlagen im Ver-
gleich zur elektrischen Messung träge. Diese Trägheit verzögert das Messergebnis ge-
genüber dem elektrischen Messwert um mehrere Minuten. Dadurch entstehen charakte-
ristische Ansammlungen von Messpunkten, welche den einzelnen Lüfterstufen zugeord-
net werden können.
166
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
eine lineare Verlängerung der simulierten Kennlinie vor, welche sich über einen großen
Bereich der aufgetragenen Kälteleistung erstreckt. Die Messwerte entlang dieser Kenn-
linie stellen Messungenauigkeiten dar, da sie durch die Trägheit der thermischen Leis-
tungsmessung gegenüber der elektrischen entstehen. So wird aufgrund der thermischen
Kapazität des Wärmeträgers sowie der Anlagen und Rohrleitungen noch kurzzeitig eine
Kälteleistung gemessen, obwohl die Lüfter der Motoren bereits abgeschaltet sind. Die
Berechnung der Leistungszahl fällt dann zu hoch aus. Da die gemessenen Leistungszah-
len der natürlichen Konvektion auf der linear extrapolierten Ausgleichsfunktion für die
simulierten Lüfterstufe L0L0 liegen, kann auf eine hohe Übereinstimmung der realen
Leistungsaufnahme der Kühlturmperipherie mit dem in der Simulation angenommenen
Wert geschlossen werden. Bei der Lüfterstufe L0L1 liegen aufgrund der geringen Kälte-
leistung nur wenige Messpunkte vor, welche außerdem eine relativ große Streuung
aufweisen. Dies ist auf den Übergangscharakter dieser Stufe zurückzuführen, welche vor
allem bei den Einschaltvorgängen kurzzeitig angefahren wird. Die simulierte Kennlinie
bildet annähernd eine lineare Ausgleichsfunktion der Messwerte nach. Bei der Lüfter-
stufe L1L1 liegt die Leistungszahl-Kennlinie dagegen etwas oberhalb der Messwerte, da
die elektrische Leistungsaufnahme beider Lüftermotoren in diesem Fall etwas zu gering
angenommen wurde. Die Kennlinie der Stufe L2L2 liegt ebenso am oberen Rand der
Messwerte, bildet die Messwerte aber noch adäquat ab. Vor allem im Bereich der Stu-
fen L1L2 und L2L0 treten in den Messwerten große Streuungen auf. Dies ist auf den
oben beschriebenen Defekt des Keilriemens der zweiten Lüfterstufe zurückzuführen,
welche durch diesen Einfluss eine variable elektrische Leistungsaufnahme aufwies. Nach
einer Instandsetzung des Keilriemens in der Winterperiode 2017/18 konnten Messwer-
te für die Stufe L2L2 aufgenommen werden, welche in die obige Abbildung 83 integriert
sind. Die simulierten Leistungszahlen der Stufen L1L2 und L2L0 liegen tendenziell etwas
unterhalb der Messwerte, weshalb die elektrische Leistungsaufnahme der beteiligten
Motoren etwas zu hoch angesetzt wurde. Die Agglomeration von Messpunkten im Be-
reich zwischen 100 und 120 kW zwischen den Stufen L1L2 und L2L2 repräsentiert die
Leistungszahlen bei Einsatz des defekten Lüfters.
167
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Neben der Integration der freien Kühlung wurden ausgehend vom Referenzzustand des
Kältesystems im Rahmen dieser Arbeit weitere Effizienzmaßnahmen umgesetzt und
untersucht. Die damit einhergehenden, baulichen Veränderungen der Kälteinfrastruktur
berücksichtigen die perspektivische Integration des Kältespeichers sowie das Anforde-
rungsprofil des Anbaus B, welcher sich zur Zeit der Anfertigung dieser Arbeit in der
Bauphase befindet. Im Vergleich zum Urzustand des Bestandssystems wurden fünf Effi-
zienzmaßnahmen umgesetzt, welche der Tabelle 12 entnommen werden können.
168
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
P1
Verteiler Verteiler
P2
Kältezentrale Reinraum
Abbildung 84: Aktueller Aufbau des Sekundärkältesystems inkl. aller Maßnahmen, die im
Rahmen dieser Arbeit durchgeführt wurden
zentrale
KT2.2 Pumpengruppe
KT2.1 zentrale
AN AN
Pumpengruppe
M
12°C 14°C
12°C
Motor- 14°C
klappen
Rücklauf
Vorlauf
AUS AUS
Rücklauf
Vorlauf
M
14°C 14°C
Druck- Saug-
KT2.1 verteiler verteiler
KT2.1
Kältemaschinen Kältemaschinen
169
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Neben einem erhöhten Eintrag von Wärmeenergie durch die Durchströmung der inakti-
ven Maschine führte dies zu einer Mischung des Vorlaufs mit dem Rücklauf am Kaltwas-
seraustritt der aktiven Maschine. Dadurch ergab sich, wie auf Abbildung 85 links darge-
stellt, eine Anhebung des Vorlauftemperaturniveaus gegenüber der Solltemperatur. Bei
steigendem Kältebedarf wurde die Vorlauftemperatur des Kaltwasservorlaufs proporti-
onal zur Rücklauftemperatur angehoben, da diese bei höheren Kältelasten ansteigt (sie-
he Abbildung 26), während die Vorlauftemperatur am Austritt der Kältemaschine kon-
stant bleibt. Durch die parallele Durchströmung der Kältemaschinen musste somit ein
niedrigeres Temperaturniveau an den Maschinen eingestellt werden, als den Verbrau-
chern durch die vorhandene Topologie zur Verfügung gestellt werden konnte.
170
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
380 19
Kälteleistung in kW,
Temperatur in °C
340 Kälteleistung Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur 18
300 17
260 16
220 15
180 14
140 13
100 12
60 11
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Betriebsverhalten der Kälteversorgung nach Anpassung der Systemhydraulik
Volumenstrom in m³/h
380 19
Kälteleistung in kW,
Temperatur in °C
340 Kälteleistung Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur 18
300 17
260 16
220 15
180 14
140 13
100 12
60 11
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 86: Betriebsverhalten der Kälteanlage vor und nach dem Umbau der hydraulischen
Einbindung (oben: ursprüngliche Installation; unten: optimierte Installation)
Der Volumenstrom im Kaltwasserkreis reduziert sich durch die Maßnahme von etwa
93 m³/h auf 69 m³/h. Durch die Absperrung der hydraulischen Überbrückung an den
Kältemaschinen wird die Vorlauftemperatur auf einem konstanten Wert von etwa
12,5 °C gehalten. Bei der ursprünglichen Installation erhöhte sich die Vorlauftemperatur
in Abhängigkeit der Kältelast um bis zu 1,7 °C. Dieses Phänomen trat, wie auf der linken
Seite der Abbildung 87 dargestellt, insbesondere bei höheren Kältelasten auf.
171
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Temperatur in °C
Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur
16 16
14 14
12 12
0 50 100 150 200 250 300 350 0 50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW Kältelast in kW
Volumenstrom in m³/h
Volumenstrom in m³/h
120 120
Volumenstrom Volumenstrom
100 100
80 80
60 60
40 40
0 50 100 150 200 250 300 350 0 50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW Kältelast in kW
Abbildung 87: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms
im Kältesystem in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) dem Umbau
172
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
Für eine Angabe des optimalen Wertes der Temperaturspreizung in einem Kältesystem
müssten lokale Wärmeübertragungskoeffizienten in allen wärmeübertragenden Kom-
ponenten sowie Temperatureinflüsse auf den Kälteprozess und die Kältenutzer berück-
sichtigt werden. Die Umsetzung der Effizienzmaßnahmen orientiert sich daher am Wert
der Planung. Dem Kältesystem 12/17 °C liegt die Annahme einer Temperaturspreizung
von fünf Grad Celsius zugrunde. In der folgenden Untersuchung wurde versucht, diesen
Wert durch Adaption der Förderaggregate im gesamten Kältesystem herzustellen. Da
das betrachtete Kältesystem historisch gewachsen ist und um zahlreiche Verbraucher
sowie einen bereits vorhandenen Anbau erweitert wurde, muss eine Erhöhung der
Temperaturspreizung in kleinen Schritten umgesetzt werden. Zu große Veränderungen
führen zu einer Unterversorgung von Einzelanlagen mit Kaltwasser, was einen Ausfall
laufender Prozesse sowie den Verwurf der eingesetzten Prozessmaterialien bedeuten
kann. Hierfür wurde der Volumenstrom an den Hauptumwälzpumpen mehrfach in klei-
nen Schritten reduziert. Die folgenden Versuche erforderten einen stetigen hydrauli-
schen Abgleich der Abgänge an den Kaltwasserverteilern, da sich die lokalen Druckver-
hältnisse an den Verteilerabgängen durch Reduktion des Volumenstroms stark verän-
derten. Während der Arbeiten wurden mehrere Pumpen identifiziert, welche im Rah-
men des hydraulischen Abgleichs abgeschaltet werden konnten. Die betroffenen För-
deraggregate erhöhten den Volumenstrom unnötig und verhinderten eine bedarfsge-
rechte Regelung benachbarter Verbraucher. Zu den abgeschalteten Aggregaten gehören
die Pumpe des Anbaus A sowie die Verteilerpumpe der Reinraumkühlung. Die Maßnah-
men zur Volumenstromabsenkung wurden zum Teil bereits im Jahr 2015 begonnen.
Eine kontinuierliche Verfolgung konnte jedoch erst nach dem oben beschriebenen, hyd-
raulischen Umbau im November 2016 starten, bei welchem die vorhandenen Hauptum-
wälzpumpen durch drehzahlgeregelte Modelle ersetzt wurden.
173
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Temperatur in °C
erste Volumenstromreduktion Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur
80 16
70 15
60 14
50 13
40 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Volumenstrom und Kaltwassertemperaturen nach zweiter Volumenstromreduktion
Volumenstrom in m³/h
90 17
Temperatur in °C
zweite Volumenstromreduktion Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur
80 16
70 15
60 14
50 13
40 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 88: Zeitliche Verläufe der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumen-
stroms im Sekundärkältesystem
80
75
vor Absenkung
nach erster Absenkung
70
nach zweiter Absenkung
65
60
55
50
1,5
100 120 140 160 180 200 220 240
Kältelast in kW
Abbildung 89: Verteilungen des Volumenstroms sowie der Differenz zwischen Vorlauf- und
Rücklauftemperatur im Sekundärkältesystem
174
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
auf dem Wert von fünf Grad Celsius zu halten (siehe Gleichung 4). Abbildung 89 zeigt,
dass die Anpassung des Volumenstroms in Abhängigkeit der Kälteleistung noch nicht
ausreichend ist, um die geplante Temperaturspreizung von fünf Grad Celsius herzustel-
len. Die Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kaltwassersystems
weist auch nach der Anpassung der Fördermenge noch eine signifikante Abhängigkeit
zur Kältelast auf. Eine Analyse der Temperaturdifferenzen zwischen Vorlauf und Rück-
lauf des Kaltwassersystems vor und nach der Reduktion des Volumenstroms ergab eine
Erhöhung um etwa 0,24 °C am 09.10. und um 0,32 °C am 23.11.2017. Die elektrische
Leistungsaufnahme der Förderaggregate reduzierte sich im ersten Schritt um etwa
0,84 kW und im zweiten noch einmal um 0,96 kW. Insgesamt wurde eine Reduktion des
Volumenstroms um etwa 15 m³/h erreicht, die Temperaturspreizung stieg in den unter-
suchten Zeiträumen um ca. 0,57 °C. Durch die niedrigere Auslastung der Förderaggrega-
te verringerte sich die elektrische Leistungsaufnahme um 1,7 kW. Aufgrund des ganz-
jährigen Betriebs der Hauptumwälzpumpen ergibt sich eine jährliche, elektrische Ener-
gieeinsparung von 15,8 MW h. Bezogen auf die ursprüngliche Leistungsaufnahme der
Förderaggregate von 3,2 kW reduziert sich der elektrische Energiebedarf um 53,1 %.
175
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
serverteiler neben dem Hauptverteiler und besitzt ganzjährig einen relevanten Anteil
am Kältebedarf. Im Urzustand bestand die Regelstrategie der Reinraumabgänge in einer
Druckregelung der Pumpen, welche angefordert wurden, sobald ein Temperatur-
Grenzwert im Reinraum überschritten wurde. Eine Temperaturhysterese schaltete die
Pumpen ab, wenn das gewünschte Temperaturniveau um einen definierten Wert unter-
schritten wurde. Die Regelung sorgte für eine sichere Einhaltung der Temperatur- und
Feuchtigkeitsgrenzwerte im Reinraum. Aufgrund der geringen Temperaturspreizung auf
dem Verteiler, dem hohen Volumenstrom und den taktenden Pumpen, wurde jedoch ein
hohes Potenzial zur Verbesserung der Energieeffizienz vermutet. Die Betriebsdaten des
Verteilers sind auf Abbildung 90 für die letzte Woche im März des Jahres 2014 darge-
stellt.
Betriebsverhalten Reinraumverteiler vor Optimierung
120 18
Kältelast Volumenstrom Vorlauftemperatur Rücklauftemperatur
100 17
Volumenstrom in m³/h
Temperatur in °C
80 16
Kältelast in kW,
60 15
40 14
20 13
0 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 90: Betriebsdaten des Reinraumverteilers vom 24. bis 31.03.2014
Eine Analyse der Kältelast des Verteilers auf Abbildung 90 zeigt ein häufiges Auftreten
von Lastspitzen zur Tageszeit. Die vorhandenen Pumpen der Abgänge für die Reinraum-
bereiche wurden während einer Anforderung durch externe Frequenzumformer auf
einen niedrigen Differenzdruck geregelt. Insbesondere die Abgangspumpen für die Um-
luftkühlung waren jedoch überdimensioniert. Bei einer Anforderung dieser Pumpen
wurde ein großes Kaltwasservolumen bewegt, was zum Auftreten hoher Lastspitzen
und bereits nach kurzer Zeit zur Abschaltung der Pumpen führte. Die Messdaten weisen
zudem auf einen signifikanten Unterschied zwischen dem Kältebedarf am Tag im Ver-
gleich zur Nacht hin. Diese Differenz der Auslastung spiegelt sich nicht im Verlauf des
Volumenstroms wider, daher wird auf einen geringen Einfluss der vorhandenen, regeln-
den Komponenten geschlossen. Daneben besitzt die Temperaturdifferenz zwischen Vor-
lauf und Rücklauf des Verteilers in den Nächten auffällig geringe Werte, was auf eine
signifikante Reduktion der Kältelast in diesem Zeitraum schließen lässt. Der Abgang für
die Klimatisierung der Umkleiden besaß keine Einrichtungen zur Regelung des Volu-
menstroms. Dadurch floss das Kaltwasser mit konstanter Geschwindigkeit durch die
Wärmeübertrager der Verbraucher. Bei abnehmender Kältelast und konstantem Volu-
menstrom reduziert sich nach Gleichung 4 die Austrittstemperatur des Kaltwassers aus
den Wärmeübertragern der Kältenutzer. Daraus resultiert eine niedrige Temperatur-
spreizung zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kaltwassersystems, welche einen unnötig
176
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
hohen Volumenstrom sowie eine niedrige Effizienz der Kälteversorgung bedeutet. Hohe
Schwankungen der Kältelast erfordern eine dynamische Regelung der Förderaggregate,
um eine niedrige Systemeffizienz zu vermeiden. Im betrachteten Kältesystem liegt je-
doch eine Überdimensionierung vieler Förderaggregate vor, was eine hohe Durchströ-
mung der Verbraucherabgänge selbst bei Abschaltung der Verbraucherpumpen zur Fol-
ge hat. Die vorhandene Regelung auf dem Verteiler konnte somit nicht wirksam eingrei-
fen.
177
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
80 20
Volumenstrom in m³/h
Temperatur in °C
Kältelast in kW,
60 18
40 16
20 14
0 12
0 1 2 3 4 5 6 7
Zeit in Tagen
Abbildung 91: Betriebsdaten des Reinraumverteilers in der Woche vom 26.01. bis 02.02.2015
Der Verlauf der Kältelast zeigt, dass Lastspitzen mit der optimierten Regelungsstrategie
nahezu vollständig vermieden werden können. Daneben führen die Reduktion und be-
darfsgerechte Regelung des Volumenstroms zu einer relativ konstanten Temperatur-
spreizung über den gesamten Zeitraum. Auf der Abbildung 92 sind die Verteilungen des
Volumenstroms sowie der Vor- und Rücklauftemperatur in Abhängigkeit der Kältelast
dargestellt.
Temperatur in °C
18 18
16 16
14 14
12 12
0 40 80 120 160 0 25 50 75 100
Kältelast in kW Kältelast in kW
Volumenstrom in m³/h
Volumenstrom in m³/h
40 40
30 30
20 20
10 10
Volumenstrom Volumenstrom
0 0
0 40 80 120 160 0 25 50 75 100
Kältelast in kW Kältelast in kW
Abbildung 92: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms
über den Reinraum-Verteiler in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) der Opti-
mierung
Durch die automatisierte Absperrung des Abgangs für die Klimatisierung der Umkleiden
in den Nachtstunden wurde der unnötig hohe Volumenstrom bei niedrigem Kältebedarf
der Nutzer behoben. Im Vergleich zum ursprünglichen Zustand wird die Temperatur-
spreizung über einen großen Arbeitsbereich bei etwa 6,5 °C gehalten. Der Volumen-
strom konnte um etwa 28 m³/h reduziert werden und weist nun die gewünschte Ab-
178
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
hängigkeit von der geforderten Kälteleistung auf. Eine messdatenbasierte Angabe der
Effizienz der Steuer- und Regelungsoptimierung ist in diesem Fall nicht möglich, da die
Pumpen im aktuellen Status gedrosselt betrieben werden. Dies erzeugt einen künstli-
chen Druckverlust, welcher den Volumenstrom reduziert und eine höhere elektrische
Leistungsaufnahme der Pumpen bewirkt. Eine konservative Berechnung des Einsparpo-
tenzials ist im Anhang G.2 aufgeführt. Danach ergibt sich die Reduktion des jährlichen
Energiebedarfs der Förderaggregate zu etwa 7 MW h, was eine Effizienzsteigerung von
80 % bedeutet.
80
60
40
20
0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Maschinenauslastung in %
Abbildung 93: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung der Jahre
2014 bis 2017
Insbesondere der Verlauf des Jahres 2015 weist mehrere abgesetzte Lastregionen auf,
welche einen häufig wechselnden Betrieb zwischen unterschiedlichen Betriebspunkten
indizieren. Dieses Lastverhalten ist typisch für den nutzerdominierten Kältebedarf eines
Forschungsbetriebes, bei welchem die Kühllast von diskontinuierlich betriebenen Anla-
gen angefordert wird. In den übrigen Jahren sind solche abgesetzten Lastregime jedoch
weniger ausgeprägt vorhanden, da die Anzahl der Anlagen und die Häufigkeit kühlinten-
siver Prozesse zugenommen haben.
179
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Um den Einfluss der Maschinenauslastung auf die Effizienz der Kältemaschine zu unter-
suchen, werden die relevanten Betriebsparameter als Mittelwerte über die Jahre 2014
bis 2017 gebildet. Zu diesen gehören die Maschinenauslastung, der Volumenstrom so-
wie die Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und Rücklauf des Kaltwassersystems.
Aus dem aufsummierten, elektrischen Energiebedarf der Kältemaschine und der bereit-
gestellten Kälteenergie wird außerdem die über das Jahr gemittelte Leistungszahl gebil-
det, welche als Grundlage für die Bewertung der Effizienz herangezogen wird. Die Kenn-
zahlen des gesamten betrachteten Zeitraums sind auf Abbildung 94 gegenübergestellt.
Vergleich der Betriebsparameter in den Jahren 2014 bis 2017
120 4,5
2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017
100,7
4
3,74
100 94,3 92,8
3,5
3,14
3,01
80 3
68,4
2,5
Wert
Wert
2,28
60 2,20
23,1 1 0,92
20
0,5
0 0
Auslastung in % Volumenstrom in m³/h Temp.-differenz in K Leistungszahl
Abbildung 94: Vergleich der Leistungszahlen der Kältemaschine sowie der Haupteinflussfakto-
ren auf die Effizienz der Kälteversorgung in den Jahren 2014 bis 2017
Das Balkendiagramm zeigt, dass die Auslastung und die Leistungszahl der Kältemaschi-
ne im dargestellten Zeitraum zunehmen. Die Leistungszahlen der Jahre 2015 bis 2017
lassen sich nicht mit der auf Basis der Abbildung 34 abgeleiteten Polynomfunktion des
Jahres 2014 nachbilden. Dies ist auf die Umsetzung der unter Abschnitt 6.4 beschriebe-
nen Effizienzmaßnahmen zurückzuführen, welche die Leistungszahl der Kältemaschine
beeinflussen. Die Veränderung des Volumenstroms besitzt dabei nur einen geringen
Einfluss auf den Kältebedarf der Verbraucher sowie die damit verbundene Maschinen-
auslastung. Sie wirkt sich jedoch direkt auf die Temperaturspreizung im Kältesystem
aus, da das Kaltwasser bei geringerer Strömungsgeschwindigkeit eine höhere Verweil-
zeit in den Wärmeübertragern der Verbraucher besitzt und sich dadurch stärker er-
wärmt. Wie unter Abschnitt 4.2 beschrieben, führt dies zu einer Anhebung der Verdamp-
fungstemperatur der Kältemaschine und somit zu einer Steigerung der Effizienz des
Kälteprozesses.
180
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
Anhebung der Leistungszahl-Kennlinien der Jahre 2014 bis 2017 stützt die These, dass
die Effizienz der Kältemaschine durch eine Erhöhung der Temperaturspreizung im
Kaltwassersystem zunimmt. Im dargestellten Zeitraum wurden abgesehen von den Effi-
zienzmaßnahmen keine weiteren Veränderungen an den Kältemaschinen vorgenom-
men. Auch die Rückkühltemperatur der Kältemaschine blieb über den betrachteten Zeit-
raum konstant, sodass der Einfluss der Temperaturerhöhung am Verdampfer isoliert
untersucht werden kann.
Einfluss der Temperaturspreizung auf die Effizienz der Kältemaschine
5
4,5
Leistungszahl der Kältemaschine
3,5
2,5
2014: T = 0,92 °C
2
2015: T = 1,31 °C
2016: T = 1,39 °C
1,5 2017: T = 2,20 °C
Quadratische Ausgleichsfunktion 2014
Quadratische Ausgleichsfunktion 2017
50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW
Abbildung 95: Vergleich der Leistungszahlverläufe der ausgewählten Jahre in Abhängigkeit
der geforderten Kälteleistung sowie der mittleren Temperaturspreizung T zwischen Vor- und
Rücklauf des Kältesystems
Die Messwerte implizieren, dass die Leistungszahl der Kältemaschine mit steigender
Temperaturdifferenz auf der Kaltwasserseite des Verdampfers der Kältemaschine zu-
nimmt. Der Anstieg scheint dabei proportional zum Anstieg der Temperaturdifferenz zu
erfolgen. Das Jahr 2015 lässt sich nur bedingt in diesen Trend einordnen, da große Än-
derungen des Volumenstroms sowie der Temperaturspreizung eine Unstetigkeit im Ver-
lauf der Leistungszahl verursachten (siehe Anhang F.2). Die Messdaten der Leistungs-
zahl-Kennlinie lassen sich daher nicht mit einer Polynomfunktion abbilden. In den ande-
ren Jahren ist der Einfluss der Volumenstromreduktion auf die Leistungszahl-Kennlinie
weniger ausgeprägt. Bei den Folgejahren 2016 und 2017 wurden die Effizienzmaßnah-
men kurz vor oder nach Abschluss eines Jahreswechsels durchgeführt. Dadurch werden
weniger Datenpunkte mit abweichenden Leistungszahlen in dem abgeschlossenen Zeit-
raum eines Jahres berücksichtigt und der Einfluss auf den Verlauf der Leistungszahl-
Kennlinie ist geringer.
181
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
trachtet. Unter diesen Randbedingungen liegt die Leistungszahl der Kältemaschine des
Jahres 2017 im Mittel um den Wert 0,5 höher als jene des Jahres 2014. Die Energieein-
sparung bei der gemessenen, mittleren Kälteleistung von 176,3 kW des Jahres 2017 liegt
bei 13,4 %. In diesem Arbeitspunkt erhöht sich die Leistungszahl der Kältemaschine um
0,51 gegenüber dem Referenzjahr 2014. Durch die Bestimmung der Differenzen zwi-
schen den Leistungszahl-Kennlinien der betrachteten Jahre lässt sich der Einfluss der
Rücklauftemperaturerhöhung im Kaltwassersystem auf die Effizienz der Kältemaschine
quantifizieren. Auf Abbildung 96 werden die Auslastungen sowie die jährlich gemittelten
Leistungszahlen der Kältemaschine dargestellt. Hierbei sind die gemessenen Leistungs-
zahlen der einzelnen Jahre im Vergleich zu den berechneten Leistungszahlen auf Basis
der Polynomfunktion des Jahres 2014 aufgetragen. Unter der Annahme, dass die Erhö-
hung der Leistungszahl (abgesehen von der Maschinenauslastung) nur von der Tempe-
raturdifferenz im Kaltwassersystem beeinflusst wird, ergibt sich eine „temperaturberei-
nigte“ Leistungszahl. Die Differenzen der gemessenen und temperaturbereinigten Leis-
tungszahlen quantifizieren das Effizienzpotenzial der Rücklauftemperaturerhöhung im
Kaltwassersystem.
Auslastung der Kältemaschine Temperaturbereinigte Leistungszahl
40 38,33 4
gemessen 3,74
35 3,5 temperaturbereinigt
32,42
31,41 3,14
3,01 3,22
30 3
2,92
2,83
Auslastung in %
Leistungszahl
25 23,13 2,5
2,28
20 2
15 1,5
10 1
5 0,5
0 0
2014 2015 2016 2017 2014 2015 2016 2017
Abbildung 96: Auslastung (l.) und Leistungszahlen (r.) der Kältemaschine in den Jahren 2014
bis 2017
Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass die Auslastung der Kältemaschine ei-
nen großen Einfluss auf die Effizienz der Kälteversorgung besitzt: Auf Abbildung 96 be-
wirkt ein Anstieg der Maschinenauslastung um 15,2 % zwischen den Jahren 2014 und
2017 eine Erhöhung der Leistungszahl um 41,2 % (temperaturbereinigte Leistungszah-
len der Jahre 2014 und 2017). Dadurch wird für die Deckung des Kältebedarfs im Ver-
hältnis etwa 29 % weniger elektrische Energie benötigt. Die Untersuchung zeigt außer-
dem, dass der Einfluss der Temperaturspreizung auf die Gesamteffizienz des Kältesys-
tems im Vergleich mit den anderen vorgestellten Maßnahmen im Abschnitt 6.4 hoch ist.
Eine Steigerung um 1,3 °C bewirkt im dargestellten Zeitraum eine signifikante Erhöhung
der Leistungszahl der Kältemaschine von 3,22 auf 3,74. Bei der mittleren, gemessenen
182
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
Kälteleistung des Jahres 2017 von 176,3 kW wird folglich eine Reduktion der elektri-
schen Leistungsaufnahme der Kältemaschine von etwa 7,2 kW erreicht. Dieser Wert
wird in der anschließenden Diskussion der Einsparpotenziale anteilig auf die an der
Temperaturspreizung beteiligten Maßnahmen aufgeteilt.
183
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Tabelle 13: Einsparung der elektrischen Leistungsaufnahme der Kältemaschine durch Einsatz
eines Kältespeichers mit einer Netzstützdauer von drei Stunden
184
6.4 Implementierung weiterer Effizienzmaßnahmen
80
40 3h
4h
70 5h
6h
60 7h
8h
50
40
20
30
20
10
0
0 50 100 150 200 250 300
Kontinuierliche Kältelast in kW
Abbildung 97: Jährliche Energieeinsparung durch unterschiedliche Speicher-Netzstützdauern
für die Kältemaschine am IISB.
Da die Kältelast des Institutes seit 2014 zunimmt, verringert sich nach Abbildung 97 die
Energieeinsparung durch Auslastung der Kältemaschine mit dem Kältespeicher. Wäh-
rend das theoretische Einsparpotenzial des am IISB vorhandenen 80 m³ Kältespeichers
im Jahr 2014 (100 kW Dauerlast, Netzstützdauer 4,8 h) noch bei 48 MW h/a liegt, kann
im Jahr 2016 (150 kW Dauerlast, Netzstützdauer 3,2 h) nur eine Energieeinsparung von
185
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
186
6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und Ausblick
Die Absenkung des Volumenstroms ist bei Einsatz von regelbaren Förderaggregaten mit
einem geringen technischen Aufwand verbunden. Gleichzeitig bietet die Maßnahme ein
hohes Energieeinsparpotenzial, da eine Reduktion der hydraulischen Leistung die elekt-
rische Leistungsaufnahme der beteiligten Pumpen verringert, während die resultieren-
de Erhöhung der Temperaturdifferenz im Kaltwasserkreislauf den Wärmeübertrag auf
das Kältemittel im Verdampfer der Kältemaschine verbessert. Dadurch wird die Ver-
dampfungstemperatur im Kälteprozess angehoben und die Effizienz der Kältemaschine
erhöht. Unter Vernachlässigung des hydraulischen Umbaus unter Abschnitt 6.4.1, bei
welchem sich die Aufteilung des Volumenstroms durch die Kältemaschinen verändert
hat, konnte durch die Reduktion des Volumenstroms sowie die Optimierung der Steue-
rung und Regelung von Einzelkomponenten eine Einsparung von etwa 9,4 % des Ener-
giebedarfs der Kälteanlage erreicht werden. Aufgrund der einfachen technischen Umset-
zung und dem hohen Einsparpotenzial ist diese Maßnahme gegenüber anderen zu prio-
risieren. Sie stellt gleichzeitig eine Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Dimen-
sionierung und Nutzung eines Kältespeichers dar. Die Notwendigkeit der Herstellung
einer adäquaten Temperaturspreizung im Kältesystem ist mit hohen Energieeinsparun-
gen verbunden und sollte daher nicht aufgrund des Aufwands im Vorfeld als potenzieller
Nachteil einer Speicheranwendung betrachtet werden.
187
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Der in dieser Arbeit untersuchte Einsatz eines Kältespeichers verspricht hohe Energie-
einsparungen, sofern entsprechende Betriebsstrategien definiert werden. Zu den hier
verwendeten Strategien zählen die Verschiebung der Kälteerzeugung in Zeiträume mit
niedrigen Umgebungstemperaturen, die höhere Auslastung der Kältemaschine sowie
der effizientere Einsatz von freier Kühlung. Der Energiebedarf des betrachteten Refe-
renzsystems lässt sich durch Einsatz eines Kältespeichers mit 80 m³ Volumen ohne Be-
rücksichtigung von freier Kühlung witterungsabhängig um 6 bis 10,4 % reduzieren. Be-
steht die Möglichkeit der Nutzung von freier Kühlung, kann die Leistungszahl des Kälte-
systems durch den Einsatz eines Kältespeichers zusätzlich erhöht werden. Für dieses
Szenario wurde unter Abschnitt 6.3.1 eine Senkung des elektrischen Energiebedarfs um
weitere 3 % vorhergesagt. Somit wird im vorhandenen Referenzsystem eine Reduktion
des jährlichen elektrischen Energiebedarfs der Kälteinfrastruktur durch einen Kälte-
speicher mit einem Volumen von 80 m³ von mindestens 10 % erreicht. Durch eine Ver-
größerung des Speichervolumens könnte das Effizienzpotenzial weiter erhöht werden
(siehe Abbildungen 72 und 97) und läge damit oberhalb der Werte der konventionellen
Maßnahmen. Die Demonstration der genannten Energieeinsparungen mit dem im Rah-
men dieser Arbeit vorgestellten Speichersystem konnte aufgrund von Bauverzögerun-
gen nicht erfolgen. Eine technische Implementierung der vorgestellten Konzepte wird
im Anschluss an diese Arbeit weiterverfolgt. Die vorangegangenen Untersuchungen zei-
gen, dass die elektrische Energieeinsparung zunimmt, je mehr Nutzungsstrategien durch
den Kältespeicher vereint werden können (vgl. Abbildung 74). Mit der Anzahl an poten-
ziellen Betriebsstrategien steigt dabei auch die Komplexität der ausführenden Steue-
rung. Finanzielle Einsparungen im Rahmen einer Reduktion von elektrischen Spitzenlas-
ten können einen zusätzlichen Anreiz für die Integration eines Kältespeichers bedeuten.
Solche Konzepte wurden in dieser Arbeit nicht betrachtet.
Die freie Kühlung kann unabhängig von der Nutzung eines Kältespeichers auch eigen-
ständig betrieben werden. In der Simulation reduzierte sich der jährliche Energiebedarf
der Kälteversorgung bei diesem Szenario ausgehend von der Annahme einer konstanten
Kältelast von 126 kW um etwa 12 %. Der Anteil an der jährlich bereitgestellten Käl-
teenergie betrug dabei etwa 18,3 %. Dieser Wert steht in guter Übereinstimmung mit
einer Studie, in welcher die freie Kühlung in einer Klimatisierungsanwendung mit 9 °C
Vorlauftemperatur etwa 25 % des Kälteenergiebedarfs über in einem Zeitraum von
fünf Jahren lieferte392. Hierbei wurde eine Absorptionskältemaschine eingesetzt, welche
aufgrund des weniger effizienten thermischen Verdichters mehr Abwärme an die Um-
gebung abführen muss393. Dadurch sind Rückkühlwerke mit größeren Übertragungsflä-
chen erforderlich, welche auch bei niedrigeren Kaltwasservorlauftemperaturen eine
hohe Ausnutzung von freier Kühlung ermöglichen. Eine simulative Bestimmung der
Energieeinsparung während des Betriebes der freien Kühlung am IISB ergab einen Wert
von 46,9 %, welcher durch die umgesetzte Anlage mit etwa 50 % übertroffen wurde. Der
Unterschied zwischen der berechneten und der experimentell ermittelten Einsparung
wird vor allem dem Bezug auf die mittlere Leistungszahl der Kälteanlage zugeschrieben.
188
6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und Ausblick
In den Nächten ist aufgrund der niedrigeren Kältelast mit einer niedrigeren Leistungs-
zahl der Kälteanlage zu rechnen (siehe Abbildung 25). Unter Annahme einer Betriebszeit
von 1.800 Stunden im Jahr ergibt sich nach obiger Betrachtung eine Einsparung von
etwa 87 MW h/a elektrischer Energie. Das experimentell ermittelte Einsparpotenzial
beweist, dass freie Kühlung auch in industriellen Kaltwassersystemen mit vergleichbar
geringen Vorlauftemperaturen von 12 °C eine hohe Relevanz besitzt. Im vorliegenden
Fall wurde ein separates Rückkühlwerk mit einer vergleichbaren Nennleistung wie das
der Kältemaschine für die freie Kühlung eingesetzt. Auf Basis der Ergebnisse kann ge-
schlussfolgert werden, dass eine Überdimensionierung des Rückkühlwerkes weitere
Einsparungen ermöglicht, wenn es in der kalten Jahreszeit zusätzlich für freie Kühlung
genutzt wird. Dadurch ließen sich die Betriebskosten der regulären Rückkühlung der
Kältemaschine reduzieren, während eine längere Nutzung der freien Kühlung in den
Übergangszeiten erreicht werden kann. Im vorliegenden Bestandssystem ließe sich das
Potenzial der freien Kühlung weiter steigern, wenn statt dem separaten Rückkühlwerk
des Primärkältekreiskaufs alle vorhandenen Rückkühlwerke eingesetzt würden. Durch
die größere Wärmeübertragungsfläche wären höhere Kälteleistungen verfügbar und die
Grenztemperatur der freien Kühlung könnte angehoben werden. Als weitere Maßnahme
zur Erhöhung der Nutzung von Kälteenergie aus freier Kühlung ließe sich der Platten-
wärmeübertrager für die Übergabe der Kälteenergie an den Kaltwasserkreislauf opti-
mieren. Dieser verursacht eine hohe Differenz von etwa zwei bis drei Grad Celsius zwi-
schen den getrennten Kreisläufen. Die freie Kühlung muss daher ein niedrigeres Tempe-
raturniveau bereitstellen, als jenes des Kaltwasservorlaufs. Durch eine Vergrößerung
der Wärmeübertragungsfläche kann die Temperaturdifferenz zwischen beiden Kreisläu-
fen verringert und die Kühlwasservorlauftemperatur angehoben werden. Nach Glei-
chung 35 werden dadurch auch die Exergieverluste der Wärmeübertragung reduziert.
Das hier vorgestellte Konzept der freien Kühlung steht grundsätzlich im Widerspruch
zur Wärmerückgewinnung an den Kältemaschinen, da die freie Kühlung in der kalten
Jahreszeit eingesetzt wird, in welcher auch der Wärmebedarf des Referenzsystems an-
steigt. Aufgrund der Abschaltung der Kältemaschine während der freien Kühlung ist
keine Rückgewinnung der Abwärme aus dem Kältesystem möglich. Eine Analyse des
Referenzsystems impliziert jedoch, dass die Wärmerückgewinnung nur bei niedrigen
Heißwasser-Vorlauftemperaturen genutzt wird (siehe Anhang E.2). Dies geschieht vor-
rangig, wenn kühlintensive Prozesse am Institut betrieben werden, welche die Konden-
satortemperatur der Kältemaschine vorübergehend anheben. Der Einsatz beschränkt
sich damit vor allem auf Spitzenlastzeiträume, in denen die freie Kühlung aufgrund der
hohen Kälteleistungen ohnehin nicht betrieben werden kann. Um die Wärmerückgewin-
nung sinnvoll einzusetzen, müsste das Vorlauftemperaturniveau im Heizungssystem
abgesenkt werden. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse erscheint die freie Kühlung
jedoch als die effizientere Alternative, da die Wärmerückgewinnung eine erhöhte Kon-
densatortemperatur der Kältemaschine voraussetzt und somit eine niedrige Effizienz
des Kälteprozesses verursacht (siehe Abschnitt 4.2). Ein effizienterer Betrieb der Refe-
renzanlage wird daher bei einer Außerbetriebnahme der Wärmerückgewinnung und
einer Optimierung der Kondensatortemperatur der Kältemaschine erwartet. Eine dedi-
189
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
Abbildung 99 stellt die unter Abschnitt 3.2 beschriebenen Effizienzkennzahlen des be-
trachteten Kälteversorgungssystems der Jahre 2014 bis 2017 gegenüber. Die Kältenut-
zungseffizienz 𝜂𝑁 wurde vernachlässigt, da im Rahmen dieser Arbeit keine Untersu-
chung der Dämmungsgüte der Referenzanlagen erfolgte.
Entwicklung der Energieeffizienzkennzahlen der Jahre 2014 bis 2017
80
FT ex,KM ex,WÜ
70
Effizienz in %, Wirkungsgrad in %
65.7
62.3 63.7 63.5
60 56.2 56.5
57.9
54.5
50
40
31.2
30
25.1 26.0
20 19.2
10
0.62 0.19 0.54 0.64 0.25 0.56 0.64 0.26 0.57 0.66 0.31 0.58
0
2014 2015 2016 2017
Abbildung 99: Effizienzkennzahlen des Referenzsystems im gesamten Betrachtungszeitraum
190
6.5 Zusammenfassung der betrachteten Effizienzmaßnahmen und Ausblick
turanzeige am Gehäuse der Kältemaschine. Aufgrund der groben Auflösung der vorhan-
denen Messtechnik (siehe Anhang G.6) ist die oben dargestellte Analyse der Entwicklung
des exergetischen Wirkungsgrades nicht exakt. Insgesamt fallen die Zunahmen der Flu-
idtransporteffizienz sowie des idealen exergetischen Wirkungsgrades 𝜂𝑒𝑥,𝑊Ü deutlich
geringer aus, als jene des realen exergetischen Wirkungsgrades 𝜂𝑒𝑥,𝐾𝑀 der Kältemaschi-
ne. Letzterer berücksichtigt nach Gleichung 28 bereits das Temperaturniveau der Ver-
dampfung, daher kann die ermittelte Effizienzsteigerung auf die höhere Auslastung der
Kältemaschine sowie die Verringerung von Exergieverlusten der Wärmeübertragungs-
prozesse zurückgeführt werden. Dies veranschaulicht den großen Einfluss der Betriebs-
bedingungen auf die Effizienz der Kälteanlage. Eine herausragende Bedeutung kommt
dabei insbesondere dem Volumenstrom zu, welcher durch die direkte Beeinflussung der
Systemtemperaturen einen wesentlichen Ansatzpunkt für die Umsetzung von Effizienz-
maßnahmen in industriellen Kaltwassersystemen darstellt.
191
6 Diskussion der simulierten und experimentellen Effizienzmaßnahmen
192
7. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE UND
AUSBLICK
In der vorliegenden Arbeit erfolgte eine Untersuchung und Bewertung von Möglichkei-
ten zur Erhöhung der Energieeffizienz in Kaltwassersystemen. Als Referenzobjekt und
Demonstrationsplattform diente die Kälteinfrastruktur des Fraunhofer-Instituts für In-
tegrierte Systeme und Bauelementetechnologie in Erlangen, welche aufgrund ihrer Grö-
ßenordnung und Funktionen vergleichbar mit industriellen Kaltwassersystemen ist. Für
die Auswahl möglicher Effizienzmaßnahmen wurde das vorliegende Referenzsystem
analysiert. Hierbei wurden drei Hauptfaktoren identifiziert, welche die Effizienz des
Systems einschränken. Diese sind
Die Ursachen dieser Faktoren konnten zum einen auf die hydraulische Installation sowie
die Steuerungs- und Regelungstechnik der Kälteanlage zurückgeführt werden. Zum an-
deren sind die existierenden Förderaggregate und Kältemaschinen überdimensioniert,
was zu einer niedrigen Auslastung der Kältemaschine und einem hohen Energiebedarf
der Kälteanlage führt. Um den Kaltwasservolumenstrom zu reduzieren und die Tempe-
raturspreizung anzuheben, wurden die hydraulischen Komponenten (z. B. Pumpen, Lei-
tungssystem, etc.) angepasst und die Steuerungs- und Regelungstechnik optimiert. Die
elektrischen Energieeinsparungen durch die umgesetzten Maßnahmen belaufen sich auf
123,6 MW h/a. Dies entspricht etwa 20 % der elektrischen Energieaufnahme des be-
trachteten Kältesystems im Jahr 2016.
Die Überdimensionierung von Kältemaschinen stellt ein verbreitetes Problem dar, wel-
ches nicht mit einfachen Maßnahmen behoben werden kann. Eine Untersuchung der
Kältemaschinen-Leistungszahl unterschiedlicher Zeiträume zeigt, dass die Auslastung
der Kältemaschine einen signifikanten Einfluss auf die Effizienz des gesamten Kältesys-
tems besitzt. Eine Erhöhung der Auslastung um 15,2 % ergab im betrachteten Referenz-
system eine Steigerung der Leistungszahl um 41,2 %. Um dieses Potenzial trotz Überdi-
mensionierung der Kältemaschinen zu nutzen, wurde in der vorliegenden Arbeit der
Einsatz eines Kältespeichers untersucht. Aufgrund des relativ hohen Kaltwassertempe-
raturniveaus von zwölf Grad Celsius sowie der geringen Auslastung der Kältemaschine,
wurde außerdem ein hohes Potenzial für freie Kühlung identifiziert. Beide Anlagen sind
mit einer Veränderung der Infrastruktur verbunden und benötigen umfassende Be-
triebsstrategien, um zusammen mit der Kältemaschine einen möglichst effizienten Be-
trieb des Kältesystems in Abhängigkeit der Last- und Witterungsbedingungen sicherzu-
stellen. Daher wurde ein Simulationswerkzeug für Kaltwassersysteme entwickelt, mit
welchem sich Komponenten und Betriebsstrategien nicht-invasiv untersuchen lassen.
193
7 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
Das Werkzeug beruht auf einem modellbasierten Ansatz, bei welchem die Komponen-
tenmodelle von einer übergeordneten Simulationsstruktur aufgerufen werden. Dadurch
können die Modelle unabhängig von den Betriebsalgorithmen implementiert werden
und lassen sich einfach erweitern und anpassen. Die Simulationsablaufstruktur basiert
auf einer Zustandsmaschine, welche die Komponentenmodelle in Abhängigkeit definier-
ter Randbedingungen aufruft. Der Einsatz einer Zustandsmaschine ermöglicht die einfa-
che Übertragung der Betriebsalgorithmen auf kommerzielle Steuerungssysteme. In der
Simulation werden die Komponenten des Kältesystems durch numerische und analyti-
sche Modelle der realen Anlagen repräsentiert.
Im Rahmen der Validierung der Modelle für die Einzelkomponenten wurden die Simula-
tionsergebnisse mit Messwerten der vorhandenen und aufgebauten Anlagen verglichen.
Das in dieser Arbeit entwickelte Verfahren zur Berechnung eines Kühlturms mit Ver-
dunstungskühlung liefert eine hohe Übereinstimmung mit den Messergebnissen der
Referenzanlage. Für den Rückkühler und die an der Rückkühlung beteiligten Nebenag-
gregate wurde eine maximale Abweichung der vorhergesagten, elektrischen Energie-
aufnahme von 3 % bestimmt. Die über den gesamten Zeitraum der Validierung gemittel-
te Abweichung des Modells liegt bei etwa 1,6 %. Für die Untersuchung der freien Küh-
lung wurde das Kühlturm-Modell für das Sekundärkältesystem auf die beiden Kühltür-
me des Primkältesystems übertragen. Hierbei wurde der Einsatz von Verdunstungsküh-
lung aufgrund von Frostgefahr in der kalten Jahreszeit vernachlässigt. Die Vorhersage
des Modells lieferte eine elektrische Energieeinsparung von 46,9 % gegenüber der regu-
lären Kälteanlage. Bei der Umsetzung der Anlage wurde hingegen eine Energieeinspa-
rung von 50 % festgestellt, welche um 3,1 % höher liegt als die Vorhersage der Simulati-
on.
Das Modell des Kältespeichers orientiert sich an bestehenden Modellen aus der Litera-
tur. Im Rahmen der Integration des Modells in eine Systemsimulation wurden jedoch
verschiedene Anpassungen vorgenommen: Für die Reduktion der Rechenzeiten wurde
die axiale Wärmeleitung in der Tankwand vernachlässigt. Aufgrund der Anforderung
einer möglichst hohen Übertragbarkeit auf andere Speichersysteme, wurde zudem von
einer Nutzung empirischer Modelle zur Beschreibung erzwungener Strömungseffekte
im Speichertank abgesehen. Für die Berücksichtigung dichtegetriebener Ausgleichsef-
fekte im Speichermedium wurde hingegen ein Algorithmus hinzugefügt, welcher dichte-
invertierte Fluidelemente den passenden Schichten zuordnet. Natürliche Ausgleichsef-
fekte treten vor allem aufgrund des erhöhten Wärmeeintrags im Kopf- und Bodenbe-
reich des Speichertanks auf. Der Wärmeeintrag in diesen beiden Regionen wurde mit
Hilfe entsprechender Randbedingungen berücksichtigt. Die Validierung des Speicher-
modells erfolgte anhand eines Testbehälters mit einem Kubikmeter Volumen. Die Er-
gebnisse zeigen eine hohe Vorhersagegenauigkeit des Speichermodells bezüglich der
Temperaturverteilung im Speichermedium bei für Kältespeicher üblichen Volumen-
strömen. Unter dieser Randbedingung wird das hier entwickelte Speichermodell als gut
geeignet für den Einsatz in der Systemsimulation bewertet.
194
7 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
Bei der Validierung des Gesamtsystemmodells wurden die Modelle des Rückkühlwerks
und der Kältemaschine bewertet. Die Leistungsaufnahmen der Förderaggregate und der
sonstigen elektrischen Geräte wurden mit Jahresmittelwerten berücksichtigt, welche
von einem Leistungsmessgerät für die Kälteanlage erfasst werden. Die Abweichungen
des Modells liegen zwischen 0,7 und 5 %. Der Zeitraum mit der höchsten Abweichung
von 5 % beschränkt sich auf zwei Wochen, in denen umfangreiche Umbaumaßnahmen
in der Kältezentrale vorbereitet wurden. Dabei wird von einer Beeinflussung der elekt-
rische Leistungsaufnahme der Kälteanlage ausgegangen, welche in der Simulation nicht
nachgestellt wurde. Die mittlere Abweichung des Systemmodells liegt bei etwa 2,1 %.
Als Fehlerursachen wurden vor allem die angenommenen Leistungsaufnahmen der Pe-
ripherieaggregate sowie die Genauigkeit des Kältemaschinenmodells identifiziert. Das
Modell der Kältemaschine verursacht Fehler von bis zu zwei Prozent der elektrischen
Energieaufnahme. Solche Abweichungen können auftreten, da das Modell keine Berück-
sichtigung der Temperaturen im Kältemittelkreislauf enthält. Diese wurden durch die
umgesetzten Effizienzmaßnahmen beeinflusst, wodurch die Genauigkeit des Modells der
Kältemaschine in einigen der untersuchten Zeiträume reduziert wird. Ein vergleichbarer
Fehler wird bei der Annahme der Leistungsaufnahme der Peripherieaggregate gemacht.
Dieser ist für die hier verfolgte Darstellung der last- und wetterabhängigen Leistungs-
zahl der Kälteanlage jedoch nicht von Bedeutung und kann somit vernachlässigt werden.
Die hohe Übereinstimmung der simulierten Energiebedarfe der regulären Kälteanlage
sowie der freien Kühlung mit den gemessenen Daten zeigt, dass die vorgeschlagene Vor-
gehensweise, Modellbildung und die entwickelten Betriebsstrategien die geforderte
Zielstellung der Untersuchung von Effizienzpotenzialen in Kaltwassersystemen erfüllen.
Daher wird das in dieser Arbeit entwickelte Werkzeug zur Simulation von Kaltwasser-
systemen sowohl auf Ebene der Komponenten, als auch auf Systemebene als geeignet
eingeschätzt.
Durch den Einsatz von freier Kühlung konnte im Inbetriebnahme-Zeitraum (ca. 110 h)
nur eine vergleichbar geringe elektrische Energieeinsparung von etwa 3,54 MW h um-
gesetzt werden. In der Folgesaison hat ein Umbau des Primärkältesystems die Nutzung
der Kühltürme für die freie Kühlung stark eingeschränkt. Für eine Vorhersage des Ein-
sparpotenzials wurde in dieser Arbeit daher eine Abschätzung vorgenommen. Nach die-
ser können durch die freie Kühlung bei 1.800 Betriebsstunden im Jahr etwa 87 MW h
elektrische Energie eingespart werden. Der Einsatz eines Kältespeichers führt im Ver-
gleich zu einer Energieeinsparung von etwa 62 MW h/a auf Basis der Verbrauchsdaten
der Jahre 2015 und 2016. Das tatsächliche Einsparpotenzial des Kältespeichers hängt
dabei maßgeblich von der Kältelast der Nutzer ab, lässt sich jedoch über das Speichervo-
lumen und die Nutzungsstrategie anpassen. Der Einsatz von Kältespeichern und freier
Kühlung bietet somit ein höheres Einsparpotenzial als konventionelle Effizienzmaß-
nahmen im hydraulischen System. Insbesondere die Planung und Umsetzung eines Käl-
tespeichersystems ist jedoch mit einem hohen Aufwand verbunden, da die Randbedin-
gungen und Betriebsstrategien für jedes Kältesystem individuell erarbeitet werden
müssen.
195
7 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
In der vorliegenden Arbeit konnte die Untersuchung des Kältespeichers aufgrund von
Bauverzögerungen nicht mit einer Umsetzung der Anlage sowie einem Vergleich der
simulierten und experimentellen Ergebnisse abgeschlossen werden. Die Demonstration
der vorgestellten Nutzungsstrategien im Rahmen eines kontinuierlichen Betriebs bleibt
jedoch ein fester Bestandteil der weiteren Arbeiten an der Speicheranlage. Auf Basis der
Betriebserfahrungen können die verwendeten Modelle und Betriebsstrategien optimiert
und Handlungsempfehlung für die Effizienzoptimierung von Kaltwassersystemen abge-
leitet werden.
Das hier entwickelte Modell für Hybridkühltürme wurde als gut geeignet für die be-
trachtete Systemsimulation eingeschätzt. Trotz der hohen Übereinstimmung mit der
Referenzanlage bleiben Punkte offen, die in weiteren Untersuchungen adressiert wer-
den sollten. Hierzu gehört eine Charakterisierung des Einflusses der relativen Luftfeuch-
te auf den Sättigungsprozess im Kühlturm. Mit Hilfe einer Variation der Abfolge von tro-
ckenen und feuchten Segmenten in Abhängigkeit des eingeführten Diskretisierungspa-
rameters kann die Modellierung des Verdunstungsprozesses maßgeblich beeinflusst
werden. Ein Vergleich zwischen gemessenen und simulierten Temperaturverläufen über
den Wärmeübertrager würde dazu beitragen das hier entwickelte Verfahren zu optimie-
ren und eine Übertragbarkeit auf andere Kühlturmtechnologien zu erreichen.
196
ANHANG
5
Leistungszahl
1
100 150 200 250 300 350 400 450
Kältelast in kW
Abbildung A-a: Leistungszahl der Kältemaschine in Abhängigkeit der Kältelast des Jahres 2017
Bei Kältelasten oberhalb von 250 kW ist die Repräsentation der Messdaten durch die
quadratische Ausgleichsfunktion mit auffälligen Abweichungen verbunden. Die biquad-
ratische Funktion394 nach Jaramillo et al. liefert bei hohen Lasten eine bessere Repräsen-
tation der Messdaten. Bei diesem Ansatz werden neben der elektrischen Leistungsauf-
nahme der Kältemaschine auch die Temperaturen im Kalt- und Kühlwasserkreislauf
berücksichtigt. Dieses Vorgehen widerspricht jedoch dem abstrahierten Ansatz dieser
Arbeit (siehe Abschnitt 5.2). Da ie mittleren absoluten prozentualen Fehler (engl. „me-
an absolute percentage error“, MAP ) er bei en Ausgleichsfunktionen vergleichbar
sind und Spitzenlasten durch den Einsatz eines Kältespeichers vermieden werden, wur-
de in dieser Arbeit die quadratische Ausgleichsfunktion für die Repräsentation der Käl-
temaschine gewählt. In der Fachliteratur wird zudem berichtet, dass die Leistungszahl
im oberen Lastbereich aufgrund von Reibungsverlusten395 abnimmt. Die von der quad-
ratischen Funktion vorhergesagte Abnahme der Leistungszahl oberhalb von 350 kW
197
Anhang
würde dieses Verhalten gut abbilden. Eine entsprechende Abnahme konnte durch die
Messungen jedoch nicht bestätigt werden. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass
die Spitzenlasten im betrachteten System nur kurzfristig auftreten und keine kontinuier-
lichen Betriebspunkte der Kältemaschine darstellen.
Tabelle A-a: Eingesetzte Temperaturniveaus für die Berechnung der Leistungs- und Effizienz-
kennzahlen der Kältemaschine
Messwert Temperaturniveau in K
Verdampfungstemperatur 𝑇𝑉𝑒 282,15
Kaltwasser-Nutztemperatur 𝑇𝑁 285,15
Kondensatortemperatur 𝑇𝐾𝑜 319,15
Rückkühltemperatur 𝑇𝑈 305,15
Tabelle A-b: Verwendete Werte zur Berechnung des exergetischen Wirkungsgrades der vor-
handenen Kältemaschine
𝑻𝑼 in 𝐊 𝑻 𝒐 in 𝐊 𝑻𝑽 in 𝐊 𝑻𝑵 in 𝐊 ̇ in 𝐤𝐖 𝜼 𝒙,𝑾Ü
306,15 319,15 282,15 292,15 100 0,37
306,15 319,15 285,15 292,15 100 0,40
306,15 319,15 288,15 292,15 100 0,45
𝑻 𝒐 in 𝐊 𝑻𝑽 in 𝐊 𝑳𝒁𝑪,𝑾Ü
319,15 282,15 7,63
319,15 289,15 9,64
198
Anhang B
B. Modell Rückkühler
B.1 Abmessungen und Parameter der Rückkühlwerke
Die Tabellen B-a und B-b enthalten die Abmessungen und Parameter der Kühltürme für
das Primär- und das Sekundärkältesystem des Institutes. Die angegebenen Daten wer-
den für die Berechnung des Rückkühlwerks benötigt (siehe Abschnitt 5.3).
Tabelle B-a: Übersicht der Parameter für das Rückkühlwerk des Sekundärkältesystems
199
Anhang
Massenströme der Luft bestimmt. Weitere Informationen sind der Arbeit von Michael
Kropp zu entnehmen397. Die Luftgeschwindigkeiten wurden mehrfach messtechnisch
überprüft und etwas korrigiert398. Für die Berechnung des Wärmeübergangskoeffizien-
ten 𝛼𝑖𝑛 auf der Innenseite des Rohrbündelwärmeübertragers wurden die temperatur-
und konzentrationsabhängigen Stoffdaten von Glykosol N der Firma „pro Kühlsole“ her-
angezogen399. Im Modell wurden die Stoffdaten bei einer Konzentration von 44 Vol.-%
hinterlegt.
Tabelle B-b: Übersicht der Parameter für das Rückkühlwerk des Primärkältesystems
Abbildung B-a zeigt die Typenschilder der Kühltürme für das Primär- (l.) und das Se-
kundärkältesystem (r.) des Institutes. Die gemessenen Luftmassenströme der höchsten
200
Anhang B
Lüfterstufen (siehe Tabellen B-a und B-b) stehen bei einer Umgebungstemperatur von
20 °C in guter Übereinstimmung mit den Angaben auf dem Typenschild.
Abbildung B-a: Typenschilder der Rückkühlwerke des Primär- und des Sekundärkältesystems
am IISB
70
Maximale Rückkühlleistung in kW
80 60
60
50
40
40
20
0 30
0
20
-15 20
40 -10
-5
60 0
5
10 10
80 15
20
25
100 30
Relative Luftfeuchtigkeit in % Umgebungstemperatur in °C
Abbildung B-b: Darstellung der Rückkühlleistung des Kühlturms im Sekundärkältesystem bei
natürlicher Konvektion
201
Anhang
ℎ𝐿,𝐸 − ℎ𝐿,𝐾
𝑐𝑊 ∙ 𝑇𝑓𝐾 =
𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾
Durch Einsetzen der Enthalpie ℎ𝐿,𝐸 des eintretenden Luftstroms sowie der Enthal-
pie ℎ𝐿,𝑓𝐾 der Luft am Sättigungspunkt in Gleichung 56 ergibt sich:
ℎ𝐿,𝐸 − ℎ𝐿,𝑓𝐾
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )
𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 ) − [𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝑓𝐾 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝑓𝐾 )]
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )
𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 ) − 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝑓𝐾 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ (∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝑓𝐾 )
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )
𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒 + 𝑋𝐿,𝐸 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝐿,𝐸 − 𝑐𝑝,𝐿 ∙ 𝑇𝑓𝐾 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒 − 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 ∙ 𝑇𝑓𝐾
𝑇𝑓𝐾 =
𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )
= −𝑋𝑓𝐾 ∙ ∆ℎ𝑉𝑒
𝑊 = 𝑐𝑊 ∙ (𝑋𝐸 − 𝑋𝑓𝐾 )
𝑌+
𝑇𝑓𝐾 =
(𝑊 + 𝑐𝑝,𝐿 + 𝑋𝑓𝐾 ∙ 𝑐𝑝,𝐷 )
202
Anhang B
Durch Rücksubstitution von 𝑌, und 𝑊 ergibt sich die Gleichung für die Berechnung der
Feuchtkugeltemperatur.
4,1
Simulation Messwert
bedarf in MW h
4,05
3,95
1 3 5 7 9
Diskretisierungsstufe
Zeitdifferenz der Kühl-
turmstufen in Stunden
6 Lüfterstufe 1 Sprühpumpe
4
-2
1 3 5 7 9
Diskretisierungsstufe
Abbildung B-c: Elektrischer Energiebedarf und Zeitdifferenzen der gemessenen und simulier-
ten Kühlturmstufen in Abhängigkeit der Diskretisierungsstufe des Kühlturmmodells
Auf dem oberen Bild der Abbildung B-c ist der elektrische Energiebedarf des Rückküh-
lermodells in Abhängigkeit der Diskretisierungsstufe für die Kalenderwoche 46 des Jah-
res 2017 aufgetragen. Vergleichend ist der elektrische Energiebedarf der Referenzanla-
ge dargestellt, welcher durchgängig unterhalb der Werte der Simulation liegt. Der Ener-
giebedarf des Kühlturmmodells nimmt mit steigender Diskretisierung des Wärmeüber-
tragers zu.
Dies ist maßgeblich auf die Annahme einer vollständigen Luftsättigung mit Wasser in
den feuchten Stufen zurückzuführen, welche die Berechnung der Verdunstungskühlung
im vorliegenden Model vereinfacht. Durch diese Annahme kommt dem ersten feuchten
Segment eine besondere Bedeutung zu, wenn die Umgebungsluft trocken ist (z. B. 50 %
203
Anhang
Luftfeuchte). In diesem Fall wird der Luftstrom im ersten Segment mit Wasserdampf
gesättigt, was zu einer signifikanten Absenkung der Lufttemperatur führt (Feuchtkugel-
temperatur). Dieser Luftstrom besitzt aufgrund seiner niedrigen Temperatur eine be-
sonders hohe Kühlwirkung und erhöht somit die Rückkühlleistung des darauffolgenden
trockenen Segments. Dort wird die Luft zwar wieder erwärmt, die relative Luftfeuchte
wird jedoch nur noch durch Verschiebung des temperaturabhängigen Sättigungsdampf-
drucks beeinflusst. Die ursprüngliche Luftfeuchte der eintretenden Luft kann nicht wie-
derhergestellt werden, da als Triebkraft für den Wärmeübertrag nur das Temperaturni-
veau des Kühlmittelkreises von etwa 33 °C zur Verfügung steht. Das natürliche Potenzial
der Wasseraufnahme durch die eintretende, trockene Luft wird dadurch bereits im ers-
ten feuchten Segment ausgeschöpft. Bei einer niedrigen Kühlturm-Diskretisierung be-
sitzt die feuchte Kühlung im Modell somit einen hohen Einfluss, da ein großer Anteil der
trockenen Kühlfläche mit einem besonders geringen Temperaturniveau beschickt wird.
Bei = macht diese Fläche beispielsweise 50 % des gesamten Wärmeübertragers aus,
bei = wird dagegen nur noch ein Drittel des Wärmeübertragers mit diesem Tempe-
raturniveau beschickt (siehe Abschnitt 5.3.3: die feuchten Segmente besitzen im vorlie-
genden Modell keine Höhenabhängigkeit und nehmen daher keinen Anteil an der Fläche
des Wärmeübertragers ein). Mit zunehmender Diskretisierung des Modells verringert
sich der Einfluss dieses Effekts, da der Flächenanteil der auf die erste feuchte Stufe fol-
genden trockenen Stufe abnimmt. Hinzu kommt, dass Wärmeübertrager einen Wär-
mestrom nicht vollständig von einem Medium auf ein anderes übertragen können. Aus
diesem Grund nimmt der Einfluss der Verdunstungskühlung auf die trockene Kühlung
mit steigender Diskretisierung des Wärmeübertragers im vorgestellten Modell ab.
Im dargestellten Fall wird der Energiebedarf des Rückkühlers unabhängig von der Dis-
kretisierung als zu hoch angenommen. Dies ist nach Abschnitt 5.3.4 vor allem auf den
Einfluss von Förderaggregaten zurückzuführen, deren schwankende Leistungsaufnah-
men im Rahmen dieser Arbeit nicht separat quantifiziert wurden. Die Förderaggregate
des Rückkühlers beziehen im Modell etwas zu viel elektrische Leistung und führen zu
einer Überschätzung des elektrischen Energiebedarfs gegenüber der Referenzanlage.
Zur Bestimmung der Diskretisierungsstufe wird daher zusätzlich die Differenz der
Nutzungsdauern der unterschiedlichen Lüfterstufen herangezogen. Bei = ist die
Differenz der Nutzungsdauern der ersten Lüfterstufe des Kühlturms am geringsten. Die
Trockenkühlleistung fällt hier am höchsten aus (siehe Einfluss Verdunstungskühlung
oben), daher wird die Nutzungsdauer der Sprühpumpe reduziert und liegt deutlich ge-
ringer als bei der Referenzanlage. Mit steigender Diskretisierung des Wärmeübertragers
nimmt die Kühlleistung der trockenen Stufen ab, während die der Verdunstungskühlung
zunimmt. Bei = liegt die Nutzungsdauer der feuchten Stufe nur unwesentlich unter-
halb der Nutzungsdauer der Referenzanlage und wird daher sehr gut abgebildet. Die
trockene Stufe (L1) des Modells wird mit etwa vier Stunden Differenz zur Referenzanla-
ge noch adäquat vorhergesagt. Die Diskretisierung mit = bildet somit einen guten
Kompromiss bezüglich der Vorhersage der feuchten und trockenen Kühlturmstufen und
wird als Parameter für den vorhandenen Kühlturm eingesetzt. Die Vorhersage des
elektrischen Energiebedarfs fällt damit zwar höher aus als bei = , dies kann jedoch
204
Anhang B
auch auf eine zu hoch angesetzte Leistungsaufnahme der Kühlturmpumpen sowie auf
eine größere Wärmeübertragungsfläche bei Berücksichtigung des gesamten Kühlturm-
gehäuses zurückzuführen sein. Um die Schalthäufigkeit der ersten Lüfterstufe des Mo-
dells unabhängig von der Diskretisierungsstufe zu reduzieren, könnte auch der einge-
setzte Luftmassenstrom angehoben werden. Dadurch würde neben der Nutzungsdauer
der ersten Lüfterstufe auch der durchschnittliche elektrische Energiebedarf des Kühl-
turms gesenkt werden. Für die vorgestellte Betrachtung wurden die Messwerte der
Luftgeschwindigkeit jedoch bewusst beibehalten, um die Genauigkeit der angewandten
Methodik zu quantifizieren.
Durch die stetige Erhöhung des Diskretisierungsparameters wird die trockene Kühlleis-
tung weiter reduziert, weshalb die Differenz zwischen simulierter und gemessener Nut-
zungsdauer zunimmt. Im Gegensatz dazu wird die Kühlleistung aus Verdunstungsküh-
lung erhöht, sodass die Nutzungsdauer gegenüber der Referenzanlage abnimmt. Von der
Wahl einer höheren Diskretisierungsstufe wird im vorliegenden Fall daher abgesehen.
Angenommene Verdampfungsenthalpie
2470
2460
2450
2440
2430
2420
2410
2400
0 5 10 15 20 25 30 35
Umgebungstemperatur in °C
Abbildung B-d: Kennlinie zur Interpolation der Verdampfungsenthalpie in Abhängigkeit der
Umgebungstemperatur
205
Anhang
Substitution:
𝜐∙∆𝑡 𝑤∙∆𝑡 𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝐷= ; =− ; 𝑆=−
∆𝑥 2 ∆𝑥 𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝
𝑇𝑈𝑘 = 𝑇𝑈𝑘+1 = 𝑇𝑈
Die Temperaturen der unterschiedlichen Zeitschritte 𝑇𝑖𝑘 und 𝑇𝑖𝑘+1 werden auf beide
Seiten des Gleichungssystems gebracht und als Tridiagonalmatrix formuliert.
+ 𝐷 − +𝑆 −𝐷 0 𝑇1𝑘+1
( −𝐷 + ⋱ ⋱ )∙( ⋮ )=
0 ⋱ + 𝐷 − +𝑆 𝑇𝑛𝑘+1
− 𝐷 + −𝑆 𝐷 0 𝑇1𝑘
( 𝐷 − ⋱ ⋱ ) ∙ ( ⋮ ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝑆 )
0 ⋱ − 𝐷 + −𝑆 𝑇𝑛𝑘
206
Anhang C
Randbedingungen:
Einsetzen in Gleichungssystem:
(𝐷 𝑇2 − 𝑇2 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇1𝑘 +
𝑘 𝑘
𝐵𝑖𝑇1𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 )
Randbedingungen:
𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ) ; 𝑘
𝑇𝑛+1 𝑘
= 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ) ; 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆
Einsetzen in Gleichungssystem:
𝑘+1 ( 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 ) =
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 − ) + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘
𝑘+1 ( 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) + (−𝐷 𝑇𝑛−1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) =
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 + − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 − ) + (𝐷 𝑇𝑛−1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘
𝑘+1 (
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) =
𝑘 (
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 + − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 − ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘+1 (
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 − + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) =
𝑘 𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 + − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 ( 𝐷 − ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖)
207
Anhang
Substitution:
𝜐∙∆𝑡 𝑤∙∆𝑡 𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝐷= ; = ; 𝑆=−
∆𝑥 2 ∆𝑥 𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝
+ 𝐷 + +𝑆 −𝐷 − 0 𝑇1𝑘+1
( −𝐷 ⋱ ⋱ )∙( ⋮ )=
0 ⋱ + 𝐷 + +𝑆 𝑇𝑛𝑘+1
− 𝐷 − −𝑆 𝐷 + 0 𝑇1𝑘
( 𝐷 ⋱ ⋱ ) ∙ ( ⋮ ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝑆 )
0 ⋱ − 𝐷 − −𝑆 𝑇𝑛𝑘
Randbedingungen:
Einsetzen in Gleichungssystem:
208
Anhang C
Randbedingungen:
𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ); 𝑘
𝑇𝑛+1 𝑘
= 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ); 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆
Einsetzen in Gleichungssystem:
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 − ) =
𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − − 𝑆 ) + 𝐷 𝑇𝑛−1 + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 + ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘 𝑘
𝑘+1 (−𝐷 )
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 +
𝑘+1 𝑘+1
(−𝐷 𝑇𝑛−1 − 𝑇𝑛−1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) =
𝑘 𝑘 𝑘+1 𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈 + 𝑆 𝑇𝑈 +
𝑘 𝑘
(𝐷 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 )
𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖 + 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) −
𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 − 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 =
𝑘 ( ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 +
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖 − 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 +
𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖 + 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 − 𝐷 ) =
𝑘 (
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖 − 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 + ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖 + 𝐵𝑖)
209
Anhang
Substitution:
𝜐∙∆𝑡 𝑘∙𝑈∙∆𝑡
𝐷= ; 𝑆=−
∆𝑥 2 𝐴∙𝜌∙𝑐𝑝
𝑇𝑖𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑖−1
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1 (−𝐷 )
+ 𝑇𝑖+1 =
𝑇𝑖𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑖−1
𝑘 (𝐷 ) 𝑘 (𝐷 )
+ 𝑇𝑖+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
+ 𝐷 +𝑆 −𝐷 0 𝑇1𝑘+1
( −𝐷 ⋱ ⋱ )∙( ⋮ )=
0 ⋱ + 𝐷 +𝑆 𝑇𝑛𝑘+1
− 𝐷 −𝑆 𝐷 0 𝑇1𝑘
( 𝐷 ⋱ ⋱ ) ∙ ( ⋮ ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝑆 )
0 ⋱ − 𝐷 −𝑆 𝑇𝑛𝑘
Randbedingungen:
𝑇0𝑘+1 = 𝑇2𝑘+1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ); 𝑇0𝑘 = 𝑇2𝑘 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇1𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ); 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆
Einsetzen in Gleichungssystem:
210
Anhang C
Randbedingungen:
𝑘+1 𝑘+1
𝑇𝑛+1 = 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘+1 − 𝑇𝑈𝑘+1 ); 𝑘
𝑇𝑛+1 𝑘
= 𝑇𝑛−1 − ∙ 𝐵𝑖 ∙ (𝑇𝑛𝑘 − 𝑇𝑈𝑘 ); 𝐵𝑖 = 𝛼 ∙ ∆ ⁄𝜆
Einsetzen in Gleichungssystem:
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1 (−𝐷 )
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛+1 =
𝑘 (𝐷 ) 𝑘 (𝐷 )
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + 𝑇𝑛+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘+1 (−𝐷 ) 𝑘+1
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘+1 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 ) ∙ (−𝐷 ) =
𝑇𝑛 − 𝐷 − 𝑆 ) + 𝑇𝑛−1 (𝐷 ) + (𝑇𝑛−1 − 𝐵𝑖𝑇𝑛𝑘 + 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 ) ∙ (𝐷 ) + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘( 𝑘 𝑘
𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 ) =
𝑘 (
𝑇𝑛𝑘 ( − 𝐷 − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 ) + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘+1 + 𝐷 𝐵𝑖𝑇𝑈𝑘 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘+1 + 𝑆 𝑇𝑈𝑘
𝑘+1 (−
𝑇𝑛𝑘+1 ( + 𝐷 + 𝑆 + 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 𝐷 ) =
𝑘 𝑘
𝑇𝑛 ( − 𝐷 − 𝑆 − 𝐷 𝐵𝑖) + 𝑇𝑛−1 ( 𝐷 ) + 𝑇𝑈 (𝑆 + 𝐷𝐵𝑖)
211
Anhang
M
MSR F
T
L T
D
Rücklauf
Kältespeicher Auslage-
T
behälter
T
Wärmeübertrager
T
1 m³
T
T
L
18 Temp.-
T
sensoren Vorlauf
kalt
T
warm
Auslage-
behälter F Volumenstrom
T (kalt) D Druck
F
Füllstand
M M
F T L
T Temperatur
Abbildung C-a: Schema der verwendeten Versuchsanlage zur Untersuchung der thermischen
Schichtung in Verdrängungsspeichern
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
LZ simuliert = 67.74 % LZ simuliert = 31.17 % LZ simuliert = 73.88 %
LZ gemessen = 67.74 % LZ
. gemessen = 31.25 % LZ
. gemessen = 72.93 %
V = 4,82 m³/h V = 4,86 m³/h
1 1 1
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
LZ simuliert = 28.40 % LZ simuliert = 82.36 % LZ simuliert = 21.81 %
LZ
. gemessen = 26.50 % LZ
. gemessen = 82.35 % LZ
. gemessen = 18.49 %
V = 4,74 m³/h V = 6,70 m³/h V = 7,39 m³/h
1 1 1
213
Anhang
Speicherhöhe in m
Speicherhöhe in m
1 1 1
Speicherhöhe in m
1 1
0,5 0,5
Simulation Start Simulation Start
Simulation Ende Simulation Ende
Messung Start Messung Start
Messung Ende Messung Ende
0 0
8 10 12 14 16 18 8 10 12 14 16 18
Temperatur in °C Temperatur in °C
Abbildung C-d: Aufeinanderfolgende Ladeprozesse mit geringem Volumenstrom
Der Faktor für die Kompensation des Volumenstroms wurde für diese Versuche ange-
passt und beträgt etwa 0,962. Der Unterschied zum Faktor 1,042 unter Abschnitt 5.4.2
ist auf einen Umbau an der Anlage zurückzuführen, bei welchem die Rohrleitungsquer-
schnitte reduziert und der Volumenstromsensor neu platziert wurden. Ein Vergleich des
Entlade- und Beladeprozesses zeigt, dass die Progression der Thermokline mit dem ge-
wählten Faktor sehr gut nachgebildet werden kann. Die beschriebene Ungenauigkeit
bezüglich der Bestimmung des Volumenstroms ist daher sowohl bei der Betrachtung
214
Anhang C
Auftretende Abweichungen bei höheren Volumenströmen sind infolge der auf Abbil-
dung C-b gezeigten Durchmischungseffekte nicht quantifizierbar. Hohe Volumenströme
besitzen jedoch keine Relevanz für den Betrieb von Kältespeichern. Das vorgestellte
Modell besitzt bei diesen Volumenströmen keine Gültigkeit.
215
Anhang
D. Zustandsmaschine
Das Eingabealphabet 𝛴 der Zustandsmaschine unter Abschnitt 5.6.2 besteht aus 18
Übergangsbedingungen 𝜒, welche in der Tabelle D-a zusammengefasst sind.
Übergangsbedingung Beschreibung
𝜒1 𝑇𝑈 > 𝑇𝐺𝑟
𝜒2 𝑇𝑈 <= 𝑇𝐺𝑟
𝜒3 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝑧,𝑚𝑎𝑥
𝜒4 𝑆 <= 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒5 𝑆 > 𝑆 𝑚𝑎𝑥 & 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛
𝜒6 𝑆 >= 𝑆 𝑚𝑎𝑥,𝑒𝑛𝑑
𝜒7 ̇
𝑄𝑆𝑃,𝐹𝑝 > 0 & 𝑆 > 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒8 ̇ ̇
𝑄𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄𝑧,𝑚𝑎𝑥
𝜒9 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 − 𝑄̇𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥
𝜒10 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 >= 𝑄̇𝑧_𝑚𝑎𝑥
𝜒11 𝑆 < 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒12 𝑄̇𝐾 <= 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛
𝜒13 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 − 𝑄̇𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥
𝜒14 𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 < 0 & 𝑆 > 𝑆 𝑚𝑖𝑛
𝜒15 𝑄𝑆𝑃,𝐹𝑝 >= 0 & 𝑄𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛
̇ ̇
𝜒16 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄̇𝐾,𝑚𝑎𝑥
𝜒17 𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 <= 0 & 𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 > 𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛 & 𝑆 < 𝑆 𝑚𝑎𝑥
𝜒18 𝑆 ̇ ̇ ̇
< 𝑆 𝑚𝑎𝑥 & 𝑄𝑙𝑎𝑠𝑡 < 𝑄𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 − 𝑄𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥
Variable Bedeutung
𝑇𝑈 Umgebungstemperatur des aktuellen Zeitschritts
𝑇𝐺𝑟 Grenztemperatur für freie Kühlung (4 °C)
𝑄̇𝑙𝑎𝑠𝑡 Kältelast des aktuellen Zeitschrittes
𝑄̇𝑧,𝑚𝑎𝑥 Maximale Kälteleistung aller verfügbaren Kältekomponenten
𝑆 Speicherladezustand des aktuellen Zeitschritts
𝑆 𝑚𝑖𝑛 Minimaler Ladezustand des Kältespeichers (15 %)
𝑆 𝑚𝑎𝑥 Maximaler Ladezustand des Kältespeichers (85 %)
𝑆 𝑚𝑎𝑥,𝑒𝑛𝑑 Obergrenze für die Speicherbeladung (Reserve – 90 %)
𝑄̇𝐾,𝑚𝑖𝑛 Minimale Kälteleistung des aktuellen Kälteversorgers
𝑄̇𝐾,𝑚𝑎𝑥 Maximale Kälteleistung des aktuellen Kälteversorgers
𝑄̇𝐾 Kälteleistung des aktuellen Kälteversorgers
𝑄̇𝑆𝑃,𝐹𝑝 Geplante Kälteleistung des Speichers bei Einsatz der Kältemaschine
𝑄̇𝑆𝑃,𝐵𝑒𝑙,𝑚𝑎𝑥 Maximale Speicherbeladeleistung (50 kW)
𝑄̇𝐹𝐾,𝑚𝑎𝑥 Maximale Kälteleistung der freien Kühlung
216
Anhang D
Durch die Erfüllung einer Übergansbedingung in Tabelle D-a erfolgt ein Wechsel des
Zustands im Kältesystem. Tabelle D-d zeigt alle möglichen Kombinationen von Zu-
standswechseln mit den dafür notwendigen Übergangsbedingungen. Der aktuelle Zu-
stand (oberste Zeile) kann nur durch Erfüllung der entsprechenden Übergangsbedin-
gung (linke Spalte) in den Folgezustand wechseln, welcher im Zahlenfeld angegeben ist.
Tabelle D-d: Zustandstabelle mit den definierten Zuständen S und dem Eingabealphabet S
217
Anhang
600
Abweichung der Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
500 Energie: 3,2 %
400
Kältelast in kW
300
Elektrische
200
100
0
0 5 10 15 20 25
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
80
60
40
20
500
Abweichung der Simulierte Leistungsaufnahme Gemessene Leistungsaufnahme Kältelast
400 Energie: 0.7 %
Kältelast in kW
300
Elektrische
200
100
0
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
Luftfeuchte in %
80
60
40
Umgebungstemperatur Relative Luftfeuchte
20
0
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Zeit in Tagen
Abbildung E-b: Simulierte und gemessene elektrische Leistungsaufnahme des Referenzsys-
tems im Zeitraum der Kalenderwochen 5 bis 11 des Jahres 2017
218
Anhang E
200
Elektrische
100
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
100
Temperatur in °C,
Luftfeuchte in %
80
60
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung E-c: Simulierte und gemessene elektrische Leistungsaufnahme des Referenzsystems
im Zeitraum der Kalenderwochen 18 bis 19 des Jahres 2017
200
180
160
140
120
Kältelast in kW
100
Abweichung der Energie: 0,7 %
80
60
40
20
Kältelast Gemessene Leistungsaufnahme Simulierte Leistungsaufnahme
0
0 2 4 6 8 10 12 14
Zeit in Tagen
Abbildung E-d: Simulierte und gemessene elektrische Leistungsaufnahme der Kältemaschine
im Zeitraum der Kalenderwochen 40 bis 41 des Jahres 2017
219
Anhang
250
200
150
100
50
0
Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5 Tag 6 Tag 7 Tag 8
-50
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
Zeit in Stunden
Abbildung E-f: Typische Last- und Umgebungstemperaturprofile
220
Anhang E
Abbildung E-g zeigt das Lastprofil des Referenzsystems an einem Wochenende. Wie un-
ter Abschnitt 6.2 erläutert, ist ein Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Kältelast
der Nutzer auf Tagesebene vernachlässigbar.
Referenztag Wochenende
180
Umgebungstemperatur
160
Kältelast
Kältelast in kW, Temperatur in °C
140
120
100
80
60
40
20
0
0 5 10 15 20 25
Zeit in Stunden
Abbildung E-g: Darstellung des Einflusses der Umgebungstemperatur auf die Kältelast des Re-
ferenzsystems an einem Wochenendtag
221
Anhang
F. Simulationsergebnisse
F.1 Zusätzliche Informationen zur Systemsimulation
Im Abschnitt 6.3.1 wurde das Einsparpotenzial der freien Kühlung untersucht. Abbil-
dung F-a zeigt die Unterschreitungsdauer der auftretenden Umgebungstemperaturen für
den Simulationszeitraum aus Tabelle 11. Die Grenztemperatur von vier Grad Celsius für
den Einsatz der freien Kühlung wurde für einen Zeitraum von etwa 2134 h unterschrit-
ten.
3,5
2,5
1,5
0,5
0
-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30
Umgebungstemperatur in °C
Abbildung F-a: Unterschreitungsdauer der Umgebungstemperatur
Auf Abbildung 77 konnte ein taktendes Verhalten der Kältemaschine in der Simulation
beobachtet werden. Abbildung F-b zeigt, dass ein solches Verhalten auch im Referenz-
system auftreten kann, wenn die durchschnittliche Kältelast sehr gering ist.
280 19
Kälteleistung in kW
Temperatur in °C
220 17
160 15
Kälte-
100 maschine 13
AUS
Kälte-
maschine
40 AN 11
-20 9
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
Zeit in Minuten
Abbildung F-b: Bereitgestellte Kälteleistung und Temperaturen im Kältesystem während eines
mehrfachen An- und Abschaltens der Kältemaschine
222
Anhang F
4 Leistungszahl ab April
Ausgleichsfunktion
3
1
50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW
Differenz der Vor- und Rücklauftemperatur des Jahres 2015
3
Temperaturdifferenz bis April
differenz in °C
Temperatur-
1,5
1,5
1
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000
Zeit in Stunden
Abbildung F-c: Gemessene Leistungszahlen des Jahres 2015 in Abhängigkeit der Kälteleistung
223
Anhang
3,5
2,5
1,5
Betrachtungsbereich für die Bildung der
Differenz zwischen den Leistungszahl-Kennlinien
1
0,5
0
50 100 150 200 250 300 350
Kältelast in kW
Abbildung F-d: Differenz der Leistungszahl-Kennlinien der Jahre 2014 und 2017
224
Anhang G
G. Effizienzmaßnahmen
G.1 Bestimmung der Effizienz der Förderaggregate des Referenzsystems
Im Referenzzustand des Kältesystems waren zwei zentrale Doppelpumpen P1 und P2
für den Antrieb des Kaltwasserkreislaufs vorhanden. Von jeder Doppelpumpe war eine
Pumpe kontinuierlich aktiv. Die elektrischen Leistungsaufnahmen der einzelnen Pum-
pen wurden mit einem Messgerät erfasst und beliefen sich auf jeweils etwa 3,5 kW. Der
Quotient aus der gelieferten hydraulischen Leistung 𝑃ℎ und der elektrischen Leistungs-
aufnahme 𝑃𝑒𝑙 ergibt den Gesamtwirkungsgrad 𝜂𝑃 einer Pumpe401.
𝑃ℎ
𝜂𝑃 =
𝑃𝑒𝑙
𝑘𝑔 𝑚 56,6 𝑚³
𝜌∙𝑔∙𝑉1̇ ∙∆𝑝1 1000 ∙9,81 ∙ ∙ ∙7𝑚
𝑚³ 𝑠² 3600 𝑠
mit 𝜂𝑃1 = = = 0,
𝑃𝑒𝑙,1 3452,7𝑊
𝑘𝑔 𝑚 39,6 𝑚³
𝜌∙𝑔∙𝑉2̇ ∙∆𝑝2 1000 ∙9,81 ∙ ∙ ∙10𝑚
𝑚³ 𝑠² 3600 𝑠
𝜂𝑃2 = = = 0, 09
𝑃𝑒𝑙,2 3495,4𝑊
Zur Berechnung werden neben dem Volumenstrom 𝑉̇ auch die Dichte 𝜌, die Erdbe-
schleunigung g sowie der Druckverlust ∆ (in Meter Förderhöhe) benötigt. Der berech-
nete Wirkungsgrad der beiden Pumpen beträgt etwa 31 %. Die abweichenden Volumen-
ströme der Pumpen sind auf die unterschiedlichen Druckverluste der zugeordneten Käl-
temaschinen zurückzuführen.
𝑘𝑔 𝑚 𝑚3 ∙ ℎ
𝑃ℎ = 𝜌 ∙ 𝑔 ∙ 𝑉̇ ∙ ∆ = 000 ∙ 9,8 ∙ 8,8 ∙ 5𝑚 = 9 𝑊
𝑚3 ² ℎ ∙ 600
Mit der Annahme eines elektromechanischen Wirkungsgrades der Strömungsmaschinen
von 40 % ergibt sich die elektrische Leistungsaufnahme des imaginären Förderaggrega-
tes zu etwa einem Kilowatt.
225
Anhang
Das betrachtete Förderaggregat transportiert nach der Optimierung nur noch einen
mittleren Volumenstrom von etwa 5,4 m³/h. Unter Annahme desselben Druckverlustes
von 0.5 bar in den Verbrauchern ergäbe sich eine notwendige, hydraulische Leistung
von 75,5 W. Bei einem elektromechanischen Wirkungsgrad von 40 % würde somit noch
eine elektrische Leistung von 0,19 kW benötigt. Dies entspricht einer elektrischen Ener-
gieeinsparung von 80 % bezogen auf den Ausgangswert. Da die imaginäre Pumpe konti-
nuierlich betrieben wird, reduziert sich der jährliche elektrische Energiebedarf des Ver-
teilers um etwa 7 MW h. Diese Beispielrechnung erfolgt unter der Annahme, dass der
Druckverlust über die Verbraucher 0,5 bar beträgt. Mit der Absenkung des Volumen-
stroms sinkt der Druckverlust jedoch annähernd quadratisch, somit sind theoretisch
höhere Einsparpotenziale als im angeführten Rechenbeispiel erreichbar.
Tabelle G-a: Übersicht der Feldtests zur freien Kühlung in der ersten Wintersaison 2016/17
226
Anhang G
3h
4h
0,3 5h
(LZSP - LZRef) / LZRef
6h
7h
0,25
8h
0,2
0,15
0,1
0,05
0
0 50 100 150 200 250
Mittlere geforderte Kälteleistung in kW
Abbildung G-a: Normierte Leistungszahlerhöhung in Abhängigkeit der mittleren geforderten
Kälteleistung
227
Anhang
tion des Volumenstroms aufaddiert. Tabelle G-b zeigt die elektrischen Einsparungen der
einzelnen Effizienzmaßnahmen mit den jeweiligen Anteilen der Temperaturerhöhung.
Tabelle G-b: Verteilung der Energieeinsparung durch Anhebung der Temperaturspreizung auf
die Einzelmaßnahmen
228
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238
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Änderung der Enthalpie eines strömenden Fluids im Kanal durch Zufuhr von Wärme über
die Rohrwand .....................................................................................................................................................................................5
Abbildung 2: Schematische Darstellung des Wärmeübertrags zwischen zwei Wärmeträgermedien 1 und 2
in einem Wärmeübertrager .........................................................................................................................................................7
Abbildung 3: Wärmeleitung durch eine ebene Wand ..............................................................................................................7
Abbildung 4: Konvektive Wärmeübertragung eines strömenden Fluids auf eine Wand .........................................9
Abbildung 5: Wärmetransport zwischen zwei Fluiden über eine trennende Wand (Wärmedurchgang) .... 10
Abbildung 6: Schematische Darstellung des Temperaturverlaufs der Fluide in einem Gegenstrom-
Wärmeübertrager ......................................................................................................................................................................... 13
Abbildung 7: Darstellung des Energiestroms und der Hauptkomponenten in einem
Kälteversorgungssystem ............................................................................................................................................................ 17
Abbildung 8: Schematische Darstellung des Kältekreisprozesses mit exemplarischen Temperaturniveaus
für das Kälteträger- und Kühlmedium eines Kaltwassersystems ............................................................................ 18
Abbildung 9: Leistungsregelung eines Schraubenverdichters mittels eines Leistungsschiebers ..................... 19
Abbildung 10: Darstellung eines Hybridkühlturms ............................................................................................................... 22
Abbildung 11: Schema der regulären Kälteanlage (l.) im Vergleich zur freien Kühlung (r.) .............................. 23
Abbildung 12: Darstellung der Jahrestemperatur-Dauerlinien 2011 bis 2016 für den Standort Nürnberg 24
Abbildung 13: Leistungszahl der Schraubenverdichter-Kältemaschinen des Referenzsystems in
Abhängigkeit der Maschinenauslastung (zugrundeliegende Messdaten siehe Anhang A.1) ...................... 26
Abbildung 14: Schematische Darstellung der Vergrößerung des Temperaturhubs einer Kältemaschine
durch Wärmeübertrager auf der Kalt- und Kühlwasserseite .................................................................................... 27
Abbildung 15: Höchste Tagestemperaturdifferenzen des Jahres 2016 am Standort Nürnberg ........................ 33
Abbildung 16: Verfahren zur Steuerung von thermischen Speichern für Lastverschiebungszwecke ............ 36
Abbildung 17: Darstellung der Temperaturänderung sensibler und latenter Energiespeicher mit Zunahme
der gespeicherten Energie......................................................................................................................................................... 42
Abbildung 18: Temperaturprofil im Verdrängungsspeicher zu verschiedenen Zeitpunkten während eines
Be- und Entladeprozesses in Abhängigkeit der Tankhöhe H..................................................................................... 45
Abbildung 19: Einbindung eines Kältespeichers als thermischer Puffer ..................................................................... 46
Abbildung 20: Kältespeichersystem mit aktiver Ladehydraulik ...................................................................................... 47
Abbildung 21: Wärmedurchgang durch die Speicherhülle eines Kaltwasserspeichers ........................................ 49
Abbildung 22: Darstellung der Thermoklinen eines idealen Speichers (l.), eines realen Speichers (m.) und
eines realen Speichers mit hohen Verlusten (r.) ............................................................................................................. 52
Abbildung 23: Schematische Darstellung des Referenz-Kältesystems (Sekundärkältesystem) am
Fraunhofer IISB im Urzustand ................................................................................................................................................. 53
Abbildung 24: Elektrische Leistungsaufnahmen der Hauptkomponenten des Sekundärkältesystems ......... 55
Abbildung 25: Rasterdiagramm der Kältelast im Sekundärkältesystem im Jahr 2014.......................................... 57
Abbildung 26: Darstellung der Vorlauf- und Rücklauftemperaturverteilung sowie der
Volumenstromverteilung des Sekundärkältesystems in Abhängigkeit der Kältelast .................................... 58
Abbildung 27: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung ....................................... 59
239
Abbildungsverzeichnis
240
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 54: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank bei
Aufwärmung mit Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ........................................................................... 119
Abbildung 55: Vergleich der simulierten und gemessenen Temperaturprofile im Speichertank bei
Aufwärmung ohne Dämmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ....................................................................... 120
Abbildung 56: Temperaturverläufe und Volumenstrom einer Versuchsreihe mit multiplen Lade- und
Entladeprozessen ....................................................................................................................................................................... 122
Abbildung 57: Vergleich von simulierter und gemessener Temperaturverteilung bei einem
aufeinanderfolgenden Entlade- und Beladevorgang mit niedrigem Volumenstrom ................................... 124
Abbildung 58: Vergleich von simulierter und gemessener Temperaturverteilung bei einem
aufeinanderfolgenden Entlade- und Beladevorgang mit hohem Volumenstrom .......................................... 125
Abbildung 59: Progression der Thermokline im Speicherbehälter zu unterschiedlichen Zeitpunkten bei
Entladung mit hohem Volumenstrom ............................................................................................................................... 126
Abbildung 60: Darstellung einer Analyse des Lastverhaltens am 22.07.2015 ........................................................ 133
Abbildung 61: Beispiel eines Speicherfahrplans auf Basis der Last- und Temperaturanalyse vom
22.07.2015 ..................................................................................................................................................................................... 134
Abbildung 62: Darstellung des Konzeptes der Komponentensteuerung .................................................................. 135
Abbildung 63: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des
Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 35 und 36 des Jahres 2016 .................................................. 140
Abbildung 64: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des
Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 24 und 25 des Jahres 2017 .................................................. 143
Abbildung 65: Darstellung der simulierten und gemessenen elektrischen Leistungsaufnahmen des
Sekundärkältesystems in den Kalenderwochen 20 und 21 des Jahres 2015 .................................................. 143
Abbildung 66: Vergleich von simulierter und gemessener Leistungsaufnahme der Kältemaschine im
Zeitraum der Kalenderwochen 40 und 41 des Jahres 2015 .................................................................................... 144
Abbildung 67: Auslastung und Leistungszahl für den originalen Lastverlauf und das Szenario mit erhöhter
Kältelast. ......................................................................................................................................................................................... 145
Abbildung 68: Temperatur- und Kältebedarfsverlauf am Tag 5 (08.04.2015) ...................................................... 147
Abbildung 69: Kennlinien der virtuellen Kältemaschinen anhand von vier Beispielen ..................................... 148
Abbildung 70: Leistungszahl der Kälteanlage in Abhängigkeit der Dimension der Kältemaschine .............. 148
Abbildung 71: Vergleich des simulierten Systemverhaltens einer Kältemaschine mit Kältespeicher
gegenüber den gemessenen Kältelastdaten ................................................................................................................... 149
Abbildung 72: Zusammenfassung des Einflusses der maximalen Kältemaschinenleistung und der
Speichergröße auf die Effizienz der Kälteanlage .......................................................................................................... 150
Abbildung 73: Kälteleistung und Effizienz der freien Kühlung in Abhängigkeit der Außentemperatur..... 152
Abbildung 74: Vergleich der Effizienz- und Einsparpotenziale unterschiedlicher Ausbauszenarien der
vorliegenden Kälteinfrastruktur.......................................................................................................................................... 154
Abbildung 75: Betrieb der freien Kühlung bei Unterstützung durch den Kältespeicher ................................... 156
Abbildung 76: Einsatz aller zur Verfügung stehenden Kältekomponenten an einem Tag ................................ 157
Abbildung 77: Betrieb der Kälteanlage nahe der Leistungsgrenze der freien Kühlung...................................... 158
Abbildung 78: Darstellung der Laufzeiten und Leistungszahlen der freien Kühlung in Kombination mit der
Kältemaschine und einem Kältespeicher ......................................................................................................................... 159
Abbildung 79: Plattenwärmeübertrager für die freie Kühlung mit neuen Rohrleitungen für den
angebundenen Kalt- und Kühlwasserkreislauf (schwarze Dämmung) ............................................................. 161
Abbildung 80: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie der regulären
Kälteanlage am 11.03.2017 .................................................................................................................................................... 162
241
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 81: Kälteleistung und elektrische Leistungsaufnahmen der freien Kühlung sowie der regulären
Kälteanlage am 21.04.2017 .................................................................................................................................................... 163
Abbildung 82: Gegenüberstellung der Leistungszahlen der freien Kühlung und der regulären
Kälteversorgung mit Angabe des Datums der jeweiligen Feldversuche im Jahr 2017 ............................... 165
Abbildung 83: Leistungszahlen der simulierten und der umgesetzten freien Kühlung in Abhängigkeit der
Kälteleistung ................................................................................................................................................................................. 166
Abbildung 84: Aktueller Aufbau des Sekundärkältesystems inkl. aller Maßnahmen, die im Rahmen dieser
Arbeit durchgeführt wurden ................................................................................................................................................. 169
Abbildung 85: Optimierung der hydraulischen Einbindung der Kältemaschinen (originaler Zustand l.,
überarbeiteter Zustand r.) ..................................................................................................................................................... 169
Abbildung 86: Betriebsverhalten der Kälteanlage vor und nach dem Umbau der hydraulischen Einbindung
(oben: ursprüngliche Installation; unten: optimierte Installation) ..................................................................... 171
Abbildung 87: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms im
Kältesystem in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) dem Umbau ..................................... 172
Abbildung 88: Zeitliche Verläufe der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms im
Sekundärkältesystem ............................................................................................................................................................... 174
Abbildung 89: Verteilungen des Volumenstroms sowie der Differenz zwischen Vorlauf- und
Rücklauftemperatur im Sekundärkältesystem ............................................................................................................. 174
Abbildung 90: Betriebsdaten des Reinraumverteilers vom 24. bis 31.03.2014 ..................................................... 176
Abbildung 91: Betriebsdaten des Reinraumverteilers in der Woche vom 26.01. bis 02.02.2015 ................. 178
Abbildung 92: Verteilungen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur sowie des Volumenstroms über den
Reinraum-Verteiler in Abhängigkeit der Kälteleistung vor (l.) und nach (r.) der Optimierung............. 178
Abbildung 93: Verteilung des Kältebedarfs in Abhängigkeit der Maschinenauslastung der Jahre 2014 bis
2017.................................................................................................................................................................................................. 179
Abbildung 94: Vergleich der Leistungszahlen der Kältemaschine sowie der Haupteinflussfaktoren auf die
Effizienz der Kälteversorgung in den Jahren 2014 bis 2017 .................................................................................. 180
Abbildung 95: Vergleich der Leistungszahlverläufe der ausgewählten Jahre in Abhängigkeit der
geforderten Kälteleistung sowie der mittleren Temperaturspreizung T zwischen Vor- und Rücklauf
des Kältesystems ........................................................................................................................................................................ 181
Abbildung 96: Auslastung (l.) und Leistungszahlen (r.) der Kältemaschine in den Jahren 2014 bis 2017 182
Abbildung 97: Jährliche Energieeinsparung durch unterschiedliche Speicher-Netzstützdauern für die
Kältemaschine am IISB. ........................................................................................................................................................... 185
Abbildung 98: Energieeinsparungspotenziale der betrachten Maßnahmen ........................................................... 187
Abbildung 99: Effizienzkennzahlen des Referenzsystems im gesamten Betrachtungszeitraum ................... 190
242
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Zusammenfassung der Daten zu den eingesetzten Rückkühlwerken ...................................................... 56
Tabelle 2: Energiekennzahlen für das Sekundärkältesystem im Jahr 2014 ................................................................ 60
Tabelle 3: Effizienzkennzahlen des Referenzsystems für das Jahr 2014 ...................................................................... 61
Tabelle 4: Eingangsparameter für die Simulation des Kältesystems ............................................................................. 74
Tabelle 5: Übersicht der zusammengestellten Messdaten für die Validierung des Kühlturmmodells ........... 94
Tabelle 6: Wetterdaten und abgeführte Wärmemengen des Kühlturms in den betrachteten
Kalenderwochen ............................................................................................................................................................................ 95
Tabelle 7: Übersicht zu der Konstruktion, den Abmessungen und der Temperaturmesstechnik der
verwendeten Testanlage ......................................................................................................................................................... 117
Tabelle 8: Zusammenfassung der möglichen Betriebszustände der Komponenten des betrachteten
Kältesystems. ................................................................................................................................................................................ 135
Tabelle 9: Zeiträume und Ergebnisse der Validierung Kältesystem-Modells .......................................................... 142
Tabelle 10: Zusammenfassung der Messdaten der ausgewählten Zeiträume......................................................... 146
Tabelle 11: Übersicht der gewählten Zeiträume für die Untersuchung der Szenarien ....................................... 153
Tabelle 12: Übersicht zu den umgesetzten Effizienzmaßnahmen ................................................................................ 168
Tabelle 13: Einsparung der elektrischen Leistungsaufnahme der Kältemaschine durch Einsatz eines
Kältespeichers mit einer Netzstützdauer von drei Stunden ................................................................................... 184
243
Tabellenverzeichnis
244
SYMBOLVERZEICHNIS
Lateinische Buchstaben
𝐴 Fläche m2
Querteilungsverhältnis −
𝐴𝑉 Aspektverhältnis −
𝑏 Längsteilungsverhältnis −
𝐵𝑖 Biot-Zahl −
𝑐𝑝 Isobare Wärmekapazität J/(kg K)
Kennzahl
𝑟 Courant-Zahl −
𝑑 Durchmesser m
𝐸̇ Exergiestrom W
𝐴 Anordnungsfaktor −
𝑔 Erdbeschleunigung m/s²
ℎ spezifische Enthalpie J/kg
𝐻 Höhe m
𝐻̇ Enthalpiestrom W
𝑘 Wärmedurchgangskoeffizient W/(m2 K)
𝐿 Länge m
𝐿0 − 𝐿 Lüfterstufe eines Kühlturms −
𝐿 Leistungszahl −
𝑀 Stabilitätsgrenze −
𝑚 Masse kg
𝑚̇ Massenstrom kg/s
𝑀𝐴 Ausgabematrix ivers
Anzahl −
𝑁 Drehzahl /s
𝑁𝑢 Nußelt-Zahl −
𝑃 Leistungsaufnahme W
Druck (Umgebungsluft) Pa
𝑃𝑟 Prandtl-Zahl −
𝑄 Wärmeenergie J
𝑄̇ Wärmestrom W
𝑅 Wärmeleitwiderstand K/W
𝑟 Radius m
𝑅𝑒 Reynolds-Zahl −
𝑆 Entropie J/K
𝑆̇ Entropieproduktionsstrom W/K
Abstand m
245
Symbolverzeichnis
246
Symbolverzeichnis
Indizes
0 Startbedingungen 𝐿𝑢 Luft
−9 Indizierung des Elementes 1-9 𝑚 gemitteltes Maß
𝐴 Austritt 𝑚 Maximum
𝑢 außen 𝑚𝑖 Minimum
𝑏 bulk (Volumen) 𝑁 Bezug auf Nutzung
𝑏𝑒 Beladung Anzahl
𝐵ü 𝑑𝑒 Rohrbündel oben
Carnot isobar
∆ Zeitdifferenz 𝑃 Pumpe
𝐷 Dampf 𝑟𝑖𝑚 Primärkältesystem
𝑑 Tag 𝑃𝑟 𝑔 Prognose
𝐷 Diffusor 𝛹 bezogen auf Hohlraumanteil
𝐷𝑖 Differenz 𝑞 Querschnittsfläche
𝐸 Eintritt 𝑄 Wärmeanwendung
𝑒 elektrisch 𝑞 querangeströmt
𝑒 exergetisch 𝑅 Rohr
Kühlgrenze 𝑟 Rest
𝐹 Freie Kühlung 𝑟𝑒 reversibel
Fluid 𝑅 Rückkühler
𝐿 feuchte Luft 𝑅𝐿 Rücklauf
𝐹 Fahrplan 𝑅𝑟 Rohrreihe
𝐹𝑇 Fluidtransport Sättigungspunkt
𝑔𝑒 Gesamt 𝑆 Bezug auf Steuerung
𝐺𝑟 Grenzwert 𝑆𝑐ℎ Schaltschrank
ℎ hydraulisch 𝑆𝐷 Schalldämpfer
ℎ𝑟 horizontal 𝑒𝑘 Sekundärkältesystem
𝑖 Indizierung Element/Ort 𝑆 Sollwert/Vorgabe
𝑖𝑑 ideal 𝑆𝑃 Speicher
𝑖 innen 𝑢𝑟𝑏 turbulent
𝑖𝑟𝑟 irreversibel 𝑈 Umgebung
𝑖 Dämm- bzw. Isolierschicht 𝑢 unten
𝑗 Indizierung Element Ü Bezug auf Überstromlänge
Bezug auf Kälte 𝑉𝑒 Verdampfung
𝑘 Zeitpunkt 𝑉𝑒𝑟 Verlust
𝐴 Kälteanlage 𝑉𝐿 Vorlauf
Kaltwasser vertikal
𝑀 Kältemaschine 𝑤 Wand
Kondensation 𝑊 Wasser
ü Kühlmittel 𝑤 Wand
𝐿 Luft 𝑊𝐺 Wasser-Glykol-Gemisch
𝑚 laminar 𝑊Ü Wärmeübertrager
Bezug auf Kältelast Komponenten
𝑔 Logarithmisch
247
Symbolverzeichnis
248
STICHWORTVERZEICHNIS
𝑨 H
Anergie 27-28 Häufigkeitsverteilung 60
Ausgabealphabet 136, 217 Hybridkühlturm 21-22
Ausgabefunktion 136 Hydraulischer Umbau 169-172
Ausgleichsfunktion 68, 75, 181 Heuristische Verfahren 36-37, 70
Auslagebehälter 117, 212
𝑰
𝑩
Implizites Verfahren 107-109
Betriebsstrategie 35-37, 39, 72-74, Iterative Verfahren
130-138 Trockene Rückkühlung 82
Berechnungszeit 100 Feuchte Rückkühlung 90
𝑪 Feuchtkugeltemperatur 88
𝑭 Ladezustand 103
Längsteilungsverhältnis 79, 199-200
Fahrplan (Speicher) 71-74, 130-134 Lastprognose 36-37, 131
Feuchtkugeltemperatur 21, 86-89, Latente Speicher 39-40, 41-44
202-203 Leistungsschieber 19, 54
Freie Kühlung 22-25, 33, 66-67, Lastverschiebung 32-33, 36
151-153,
Leistungszahl
155-167
reale 25-26
G ideale nach Carnot 26
Gegenstromprinzip 12-13 ideale der Nutzung 27
Grädigkeit 47-48, 67, 152
249
Stichwortverzeichnis
𝑴
Temperaturspreizung 40, 58, 60,
Monitoringsystem 56-57 62-64, 170-179,
Maschinenauslastung 59, 179 180-183
Thermochemische Speicher 39-40, 44
𝑵 Thermokline 46, 52
Natürliche Konvektion 56, 85-86 Tridiagonalmatrix 108, 110-111
(Kühlturm) 𝑼
Nutztemperatur 26-28
Übergangsbedingung 135-136,
𝑶 216-217
Optimierte 36-37 Übergangszone 45-46, 52
Betriebsstrategien Unterschreitungsdauer 23-24, 222
𝑽
Primärkältesystem 55-56 Verdampfer 16-18
Peripherieaggregate 29, 96-97, 140 Verdichter 18-20
Programmablaufplan Verdrängungsspeicher 45
Trockene Rückkühlung 82 Verdunstungskühlung 21-22, 86-93
Feuchte Rückkühlung 90 Vorlauftemperatur 16
𝑾
Querteilungsverhältnis 79, 199-200 Wärmestrom 5-6
Quervermischung 120 Wärmeleitung 7-8
Wärmedurchgang 7, 10-11
Wärmeübergang 7, 8-10
Radialdiffusor 117-118, 121 Wasserbedarf 154-155
Randbedingungen 109-110 Wassergehalt der Luft 81
(Speichermodell)
Rasterdiagramm 57 𝒁
Referenzsystem 53-60, 168-169 Zustand 72-73, 135-136,
Rohrbündel-Wärme- 22, 76-81 217
übertrager Zustandsmaschine 131, 134-138,
Rückkühlkreislauf 17, 23 216-217,
Rückkühlwerk 16-17, 20-22, Zustandsmenge 136, 217
54-56 Zustandsüberführungs- 136
Rücklauftemperatur 16 funktion
𝑺
Sättigungspunkt 87
Sekundärkältesystem 53
Sensible Speicher 39-41
Simulationsablaufstruktur 71-74
Speicherverluste
externe 48-50
interne 50-52
Spitzenlastreduktion 34-35
𝑻
Tagestemperaturdifferenzen 32-33
250
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Fachmedien Wiesbaden.
Puls P, Öchsner R (2016) Potential savings via use of free cooling and cold energy stor-
age. Integration of Sustainable Energy Conference (iSEneC), 10. - 11. Jul. 2016, Nürn-
berg.
Puls P (2016) Einsatz von Kältespeichern zur Steigerung der Effizienz von Kälteversor-
gungssystemen. 5. Fachforum Thermische Energiespeicher, Anwendungen im Gebäude
und in der Industrie sowie angewandte Forschung, 30. Jun. – 01. Jul. 2016, Neumarkt.
Puls P (2016) Effizienter Einsatz von Kältespeichern zur Reduktion der Kältegeste-
hungskosten. In OTTI e.V. (Editor) Effiziente Kältetechnik in der Anwendung. Brenn-
punkt, neue Entwicklungen, Lösungen aus der Praxis, 02. - 03. Mär. 2016, Regensburg.
251