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KfW Development Research

Entwicklungspolitik Kompakt

Neue Wege in der HIV/AIDS Bekämpfung


durch „smarte“ Kombinationsprävention

Nr. 24, 30. November 2017

Autor: Dr. Patrick Rudolph


Redaktion: Karla Henning

In den letzten Jahren hat die Weltge- Prävalenz und -Inzidenz (Neuinfektio- nehmen (Dialogformate auf Gemeinde-
meinschaft große Fortschritte in der nen), individuellen und umweltbezoge- ebene, Anpassung von Bildungscurricu-
Prävention und Behandlung von HIV/- nen HIV-Risikofaktoren sowie der Ver- la, etc.);
AIDS erzielt. Doch es bestehen noch fügbarkeit von Diensten zur Prävention Politische, juristische und ökonomi-
immer erhebliche Herausforderungen. und Behandlung von HIV/AIDS. Ein IT- sche Strategien schaffen die für eine
Rund 37 Mio. Kinder und Erwachsene gestütztes Gesundheitsinformationssys- erfolgreiche HIV/AIDS-Bekämpfung in
leben derzeit mit HIV. Etwa 1 Mio. Men- tem, das die Geocodierung dieser Daten identifizierten Hotspots erforderlichen
schen starben 2016 an AIDS-assozi- erlaubt, ist für deren Erhebung und Ana- Rahmenbedingungen und erfahren
ierten Erkrankungen. Gegenüber 2005 lyse von großem Nutzen. Betroffene Ge- daher zunehmende Beachtung. Sie
entspricht dies auf globaler Ebene ei- meinden bzw. Gruppen sollten, wo im- adressieren die oft tieferliegenden,
nem Rückgang um fast 50 % - dank des mer möglich, eng in die Generierung strukturellen und sozio-ökonomischen
verbesserten Zugangs zu HIV-Medika- und Interpretation der gewonnenen Ursachen einer HIV-Infektion. Dazu
menten. Gleichzeitig haben sich im Informationen eingebunden werden, um zählen die Perspektivlosigkeit junger
vergangenen Jahr 1,8 Mio. Personen eine (weitere) Stigmatisierung zu ver- Menschen und geschlechterspezifische
neu mit dem HI-Virus infiziert, zwei hindern. Gewalt in und außerhalb der Haushalte
Drittel von ihnen in Subsahara-Afrika. Situationsangepasste Kombinations- („Präventionsdiplomatie“ mit politischen
Die Gesamtzahl der Neuinfektionen ansätze erhöhen die Wirksamkeit und und traditionellen Führungspersönlich-
konnte gegenüber 2010 nur um 16 % Kosteneffizienz der Prävention keiten, Schulung von Polizei und Justiz
gesenkt werden. In Ländern und Regio- Erst ein klares Verständnis lokaler HIV- im Umgang mit geschlechterspezifischer
nen mit hoher HIV-Prävalenz haben Epidemien ermöglicht den wirksamen Gewalt, Verfügbarkeit von Kondomen in
insbesondere junge Frauen (15 – 24 und effizienten Einsatz etablierter und öffentlichen Einrichtungen wie Schulen
Jahre) ein erhöhtes Risiko, sich mit HIV neuer Präventionsansätze. Als beson- oder Gefängnissen, Schaffung wirt-
zu infizieren. Im östlichen und südlichen ders erfolgreich und effizient hat sich schaftlicher Chancen bspw. durch bes-
Afrika etwa entfielen zuletzt mehr als ein eine intelligente (situationsangepasste) sere Angebote der beruflichen Bildung,
Viertel der Neuinfektionen auf diese Kombination folgender Elemente erwie- etc.);
Gruppe, die dort nur 10 % der Bevölke- sen: Infrastrukturelle Maßnahmen verbes-
rung stellt. Drogenkonsumenten, Häft-
Biomedizinische Ansätze verhindern sern den Zugang zu Gesundheitsdienst-
linge und homosexuelle Männer weisen
den Kontakt bzw. die Ansteckung mit leistungen bzw. reduzieren Risikofakto-
ebenfalls eine überdurchschnittlich hohe
dem HI-Virus (Kondome, Beschneidung ren im öffentlichen Raum (Bau/Rehabili-
Rate an Neuinfektionen auf.
von Männern, Blutbankensicherheit, tation von Gesundheitseinrichtungen,
Fokus auf HIV-Hotspots richten! HIV-Medikamente zur Prävention der Verbesserung der verkehrstechnischen
Nicht nur auf globaler Ebene ist der Übertragung von Müttern auf ihre Kinder Anbindung armer Gebiete/Stadtteile,
Fortschritt in der Bekämpfung von HIV/- bzw. von Infizierten auf deren Sexual- Kriminalitätsprävention, etc.).
AIDS zwischen verschiedenen Regio- partner im Sinne eines „Treatment as Kombinationsprävention erfordert
nen bzw. Gruppen ungleich. Auch ein Prevention“, etc.); eine enge Kooperation vieler Akteure
positiver nationaler Trend kann signifi- Die Kombinationsprävention ermöglicht
Verhaltensorientierte Maßnahmen
kante negative Entwicklungen und Lü- eine wirksame und wirtschaftliche Ver-
zielen auf eine Reduzierung der indivi-
cken bei der Prävention und Behand- wendung öffentlicher Mittel für die Be-
duellen Ansteckungsgefahr (HIV-Tests
lung in bestimmten geographischen Ge- kämpfung von HIV/AIDS. In ihrem im
und Beratung, Gesundheitsaufklärung,
bieten bzw. Teilen der Bevölkerung ver- September 2017 erschienenen Bericht
Kommunikationsmaßnahmen zur Ver-
decken. Diese Hotspots gilt es aufzu- fordert die Lancet Commission on the
haltensänderung, Social Marketing von
spüren, um effiziente und effektive HIV- future of health in sub-Saharan Africa
Kondomen etc.);
Präventionsprogramme zu konzipieren. daher einen deutlichen Ausbau entspre-
Notwendig sind dafür geographisch Interventionen im sozialen und kultu-
chender Ansätze. Da die verschiedenen
(idealerweise nach Gemeinden bzw. rellen Bereich tragen zum Abbau des
Elemente der Kombinationsprävention
Stadtteilen) und soziodemographisch mit HIV/AIDS assoziierten Stigmas bei
von unterschiedlichen Akteuren umge-
(Einkommen, Beschäftigung, Bildungs- und erhöhen so die Bereitschaft Be-
setzt werden, ist eine enge Abstimmung
hintergrund) differenzierte Daten zu HIV- troffener, Unterstützung in Anspruch zu
vor Ort unabdingbar.■
Hinweis: Dieses Papier gibt die Meinung der Autoren wieder und repräsentiert nicht notwendigerweise die Position der KfW.

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