Sie sind auf Seite 1von 30

Michael Schmitt

Palast Hotels
Architektur und Anspruch eines Bautyps
1870-1920

IMI
Gebr. Mann Verlag •Berlin
Schmitt, Michael:
Palast-Hotels: Architektur u. Anspruch e.
Bautyps 1870-1920/Michael Schmitt. -
Berlin: Mann, 1982.
ISBN 3-7861-1363-7

Copyright © 1982 by Gebr. Mann Verlag •Berlin


Alle Rechte Vorbehalten
Lithos: Carl Schütte & C. Behling
Satz: Druckerei Hellmich KG
Druck: Brüder Hartmann
Verarbeitung: Lüderitz & Bauer
Typographie: Hans-Hugo Rieck, alle in Berlin
Printed in Germany • ISBN 3-7861-1363-7
Inhaltsverzeichnis

VORWORT 7

EINFÜHRUNG 9

FORSCHUNGSSTAND 15

DEFINITION 23

Hotelpalast und Gesellschaft 28


Selbstdarstellung und Werbung 34
Wahl des Standortes 36

ENTWICKLUNG UND ERSCHEINUNGSFORM

Weltstädte 44
Berlin 44
Wien 50
Paris 53

Kurorte 57
Schweiz 58
Frankreich 76
Seebäder 76
Kurorte im Landesinnern 102
Deutschland 110
Österreich und Tschechoslowakei 119

Einzelbeispiele angrenzender Länder 126

A R C H IT E K T O N ISC H E GESTALTUNG 133

Lage 133
Außenbau 134
Größe des Baukörpers 134
Form des Baukörpers 136
Stil und Vorbild 146
Innenbau 155

H O T E L Ä H N L IC H E BAUTEN 169

SCHLUSSBEM ERKUNG 173

DANK 181

ANHANG 183

Literaturverzeichnis 183
Zeitschriften (Auswahl) 186
Architekten- und Objektverzeichnis 187
Standortregister 190
Bildnachweis 195
Definition

Bereits während der Entste­ tungswandel, den die Bauaufgabe


hungszeit dieses Hoteltypus hatte Schloß bzw. Palast im 19. Jahr­
sich der Begriff »Hotelpalast« im hundert erfahren hat, die Bezeich­
Sprachgebrauch eingebürgert. nung Schloß stärker auf den
Zeitgenössische Architekturbe­ repräsentativen privaten W ohn­
richte verwenden ihn ebenso, wie sitz hin, während mit Palast eher
Reisehandbücher und Fremden­ öffentliche Gebäude, zu denen in
verkehrswerbung. »Königsschlös­ gewisser Weise auch die Hotels
ser verblassen vor der Herrlichkeit zählen, gekennzeichnet werden;
der Hotelpaläste« bemerkt bereits
1894 ein kritischer Bericht über
36 Der Luxus im Hotelwesen, in: Z.IHV
den steigenden Luxus im Hotel­ Nr. 21,1894.
wesen36. 37 U.a. Lexikon der Kunst, Leipzig 1968,
Bd. 3, S. 694-698: »Die Bezeichnung
Selten wird die Bezeichnung
Palast ist im deutschen Sprachgebrauch
Schloß verwandt, es sei denn bei wahlweise mit »Schloß« üblich.«
eindeutiger stilistischer Anleh­ Ebd. unter dem Stichwort »Hotel«, Bd. 2,
S. 341: »Seine luxuriöseste Form bildete
nung an den meist wehrhaften
der sog. Palace-Typ«. Im französischen
Schloßbau. Auch im folgenden Sprachgebrauch werden die aufwen­
wird im wesentlichen vom palast­ digen Hotelbauten dieses Zeitraums
artigen Hotelbau bzw. vom Palast­ durchweg als »Palaces« bezeichnet. Zur
Definition Schloß/Palast u.a.: Michael
hotel zu sprechen sein. Zwar
Bringmann, Was heißt und zu welchem
werden Schloß und Palast weit­ Ende studiert man den Schloßbau des
gehend als Synonyma verwandt37, Historismus?, in: Historismus und

jedoch weist, bei allem Bedeu­ Schloßbau, S. 27-48.


Gebäude mit höchstem Repräsen­ saal (u. a. »Grand Hotel« Territet,
tationsanspruch, der u. a. in »Montreux Palace« Montreux) Abb. 3

monumentalen, meist symme­ oder einem eigenen Konzertsaal,


trisch gegliederten Bauformen wie ihn die Architekten Fellner
zum Ausdruck gebracht wird. und Helmer für das »Grand Hotel
ln den Handbüchern der Archi­ Pupp« in Karlsbad entworfen
tektur stellte das Palasthotel den haben (1905/06).
höchstrangigen Beherbergungs­ Das »Maloja Palace Hotel« in
betrieb dar, der sich durch beson­ Maloja/Engadin, ist ein Beispiel
dere bauliche Einrichtungen, die für den Aufwand und Luxus die­
weit über das Notwendige hinaus­ ser Hotelbauten. Der 1884 fertig­
gehen, auszeichnet. Als Kriterien gestellte Monumentalbau39 besaß
können benannt werden: eine neben zahlreichen Speisesälen
anspruchsvolle äußere und innere einen Ballsaal, einen Theater- und
architektonische Gestaltung, eine einen Konzertsaal. Ein aus Berufs­
bestimmte Größe, aufwendige musikern der Mailänder Scala
Gesellschaftsräume, bevorzugte bestehendes Orchester gab wäh­
Lage und die Organisation. Ein rend der Sommermonate täglich
Merkmal charakterisiert diese zwei Konzerte40. Acht Monate im
Bauten wesentlich: das luxuriöse Jahr blieb der aufwendige Bau
Milieu. geschlossen.
Der architektonische und orga­ Der Zusammenhang zwischen
nisatorische Aufwand rückte diese einer bestimmten Größe und
Bauten ausnahmslos in die architektonischem Aufwand trifft
Kategorie der »maisons de 1er für Kurorte fast immer zu, läßt
ordre«, »de tout 1er ordre« oder
»palatial«38 mit entsprechenden
Preisen, die nur von einer be­
38 Griebens Guide Books, Vol. 108, Berlin,
stimmten Klientel aufgebracht Berlin/London 1931, S. 22: vor die
werden konnten. Nur für große »Luxurious Hotels« ist für Berlin bei­
Häuser mit vermögendem Publi­ spielsweise noch die Kategorie »Palatial«
gesetzt.
kum lohnte sich die Einrichtung 39 Schweiz. Bauztg. 12,1888, Nr. 26. S. 167.
zahlreicher Gesellschaftsräume 40 Geschichte d. »Maloja Palace«, Masch.,
bis hin zu einem Ball- und Theater­ 3 S., Kurverwaltung Maloja, Maloja, o. J.
sich auf Großstädte, vor allem seit Häusern gerechnet werden, eine
dem ausgehenden 19. Jah rhun ­ Zahl von 250 Zimmern rückte ein
dert, jedoch nicht allgemein über­ Haus meist an die Spitze einer
tragen; hier entstehen neben den Großstadt oder eines Kurortes mit
Luxushotels große Hotelbauten starkem Fremdenverkehr. 300
für »Geschäftsreisende« oder für Zimmer wurden selten erreicht,
»bescheidenere Ansprüche«, wie 400 Räum e waren bis nach dem
sie im allgemeinen ausgewiesen zweiten Weltkrieg eine Aus­
werden. nahme.
Hotels ab ca. 150 Zimmern Eine Sonderstellung nehmen
können schon zu den großen Paris und London ein. Das 1855
eröffnete »Grand Hotel du mit jeweils ca. 300 Zimmern auf:
Louvre« in Paris soll ca. 700 Zim­ »Kurhaus & des Bains«, »Neues
mer gehabt haben41; erst 1886 Stahlbad«, »Grand Hotel Vic­
wurde es durch das »Hotel Cecil« toria«, »Grand Hotel Engadiner
in London, dem damals größten Kulm«. 300 Zimmer waren jedoch
Haus in Europa, mit rund 800 das Maximum, das auch von den
Gastzimmern übertroffen42. großen Palasthotels der Riviera
Derartige Zimmerkapazitäten kaum übertroffen wurde. Etwa
blieben auf diese beiden Städte 400 Räume erreichten dann noch
beschränkt. kurz vor dem Ersten Weltkrieg
Die Luxushotels in Berlin und das »Royal Palace« in Ostende,
Wien dagegen lagen in ihrer das »Royal« in Deauville, das
jeweiligen Zimmeranzahl sogar »Majestic Palace« in Nizza und
hinter den Kurhotels der Schweiz das »Excelsior Palace« auf dem
zurück. Das Hotel »Kurhaus & Lido von Venedig.
des Bains« in St. Moritz, das Die Anzahl der Zimmer bezieht
»Maloja Palace« in Maloja oder sich auf die teils schwankenden
das »Grand Hotel« in Territet hat­ Angaben von Reiseführern und
ten bereits vor 1900 jeweils rd. Hotels; sie können nur als unge­
300 Zimmer; sie übertrafen damit fährer Anhaltspunkt gesehen
sowohl »Kaiserhof« und »Adlon« werden. Im einzelnen ist nicht zu
in Berlin, als auch das »Imperial« ermitteln, wieweit die Zimmer für
und »Grand Hotel« in Wien. Erst eigene Dienerschaft der Gäste
das »Esplanade« erreichte 1908 in hinzugenommen und wie mehr-
Berlin mehr als 300 Zimmer43, räumige Appartements gerechnet
ebenso wie das »Grand Hotel« in
Wien durch einen Erweiterungs­
bau von 1913. Von den Hotels der 41 Peusner, Building types. S. 188.
großen deutschen Kurorte dürfte 42 H. J. Dyos, M. Wolff (Hg.), The Victorian
City, Vol. II, London 1978, S.319, 325.
um 1900 der »Nassauer Hof« in Erb. v. Perry & Reed.
Wiesbaden mit 300 Gasträumen 43 Das »Zentral Hotel« der Architekten v. d.
mit an der Spitze gelegen haben. Hude u. Hennicke, erb. 1880. hatte mit
Zur gleichen Zeit wies Nebenräumen ca. 500 Zimmer, ist jedoch
nicht in diese Kategorie einzuordnen;
St. Moritz vier luxuriöse Hotels Dtsch. Bauztg. 14,1880, Nr. 75. S. 402.
wurden. Eine hohe Zimmeranzahl nicht ableiten, wie auch eine
schien für das Prestige des betref­ genaue Abgrenzung dieses Typus
fenden Hauses von Bedeutung innerhalb des gesamten Hotel-
gewesen zu sein, ln der Eigenwer­
bung wird die Anzahl der Räume
44 Hotels mit Dependancen wurden hier
besonders hevorgehoben44.
nicht berücksichtigt, es sei denn bei direk­
Allein von der Größe und der tem architektonischen Bezug, beispiels­
Architektur läßt sich die Definition weise beim »National« in Luzern.

Abb. l .VIAN 1.ES BA1NS, Hotel Royal, 1907/09. Zustand der Dachzone vor 1958
baues verschwommen ist. Würde intendieren dennoch den Effekt
man den Bautypus »Palasthotel« des Palastartigen.
nur an der Rezeption formaler Neben den architektonischen
historischer Stilelemente definie­ Eindrücken wird der Charakter
ren, müßte man eine Reihe von dieses Bautypus auch von stim­
Bauten ausschließen, die durch­ mungsmäßigen Assoziationen
aus dem genannten Typus zuzu­ getragen. Das Element des
rechnen sind. Das Dach des Scheins und des Künstlichen ist
Abb. 4 »Hotel Royal« in Evian ist bei­ dem Palasthotel wesentlich zuge­
spielsweise ohne historisches hörig; exklusive Abgeschlossen­
Vorbild; die Dimensionen, der For­ heit ist ihm ebenso zu eigen wie
menreichtum und die Gliederung eine feudale Prestigeaura.

Hotelpalast und Gesellschaft

»Da es in München wirklich bis­ münchner Baue zu erwarten


her an einem Gasthofe gefehlt stand, zu den imposantesten, das
hat, in welchem hohe Herrschaf­ Innere verdient in jeder Bezie­
ten ein anständiges Unterkom­ hung grandios zu heißen. Das
men finden konnten, so hat eine Gebäude hat 15 Fenster Fronte
Gesellschaft von drei Personen und drei Etagen, von denen die
den Entschluß gefaßt, diesem Belle-Etage wahrhaft fürstlich ein­
Mangel auf Actien abzuhelfen, ja gerichtet ist, die anderen beiden
dem Vernehmen nach soll höch­ mindestens gräflich. Im Erdge­
sten Orts allein mit 200.000 Gul­ schosse befinden sich drei Speise­
den dazu beigesteuert worden säle, wahrscheinlich für die drei
sein«, berichtet die Zeitschrift für Kategorien der künftigen Gäste.«
praktische Baukunst 184145. Diese Deutlich zielt dieser frühe Bericht
früheste Beschreibung eines bereits auf die Verwandtschaft
Hotelbaues in Deutschland von Hotelbau und aristokrati-
(»Hotel Bayerischer Hof«, Mün­
chen) fährt fort: »Der ganze Bau 45 Zeitschr. f. praktische Baukunst 1,1841,
gehört, wie es von einem neu­ S. 219.
schem Palais. Kein Zweifel wird beiden Jahrzehnten vor dem
über den Kreis der künftigen Ersten Weltkrieg ist nur zum Teil
Gäste gelassen: Angehörige der in der Zunahme des Reisens zu
Aristokratie. sehen - hierfür hätte auch weni­
Vorweggenommen ist auch die ger Aufwand genügt; vielmehr ist
Art der Finanzierung. Zunehmen­ er in den gesellschaftlichen Zu­
der architektonischer Aufwand, sammenhängen zu suchen.
glänzende Einrichtung und exklu­ Infolge der Industrialisierung ver­
sive Standortwahl verursachten wandelte sich die Oberschicht, die
immense Kosten, die fast aus­ bis dahin ausschließlich von der
schließlich auf Aktienbasis Aristokratie gebildet wurde, zu
erbracht werden konnten. einem inhomogenen Gebilde. Das
Bis zum Ersten Weltkrieg blieb Bemühen um sozialen Aufstieg
die Aristokratie bevorzugte Ziel­ der industriell und kommerziell
gruppe, die in Werbung und führend tätigen Kreise gewann
Namengebung einbezogen wurde. mit dem industriellen Aufschwung
Sicher konnte kaum eine dieser seit etwa 1850 an Bedeutung und
»maisons de luxe« oder »maisons fand in den letzten beiden Jahr­
tres distinguees«, wie sie sich oft zehnten des 19.Jahrhunderts u.a.
selbst bezeichneten, alleine von in zahlreichen Nobilitierungen sei­
einer aristokratischen Klientel exi­ nen Niederschlag. Aristokrati­
stieren; dem Nimbus des Hauses scher Lebensstil übte auf Grup­
diente diese aber ebenso, wie die pen reich gewordener Industriel­
aufwendige palastartige Architek­ ler, Bankiers und Großhändler
tur und Ausstattung. Die Klientel eine starke Anziehungskraft aus;
selbst wurde zu einem Empfin­ er wurde nachgeahmt und häufig
dungsträger, der Palast asso­ übersteigert. Das Vermögen
ziierte. Erst die Präsenz der tonan­ diente in hohem Maße der Entfal­
gebenden Gesellschaft erfüllte tung dieses Lebensstils mit seinen
den vorgegebenen architektoni­ spezifischen Statussymbolen, wie
schen Rahmen mit den entspre­ prunkvollen Häusern und Villen.
chenden Funktionen. Die Architektur des Bauwerks
Der immense Aufschwung des diente dem Repräsentationsbe­
palastartigen Hotelbaues in den dürfnis der reich gewordenen Auf-
Abb. 5 Steiger ebenso wie dem Geltu ngs- gebracht werden. Daß die auf
Abk. o anspruch der alten Aristokratie. Wahrung ihrer adeligen Exklusivi­
Außerhalb des privaten .Ambiente tät bedachte Geburtsaristokratie
bot das palastartige Hotel die von ihre soziale Distanzhaltung mit
beiden Gruppen angestrebte dem Hotelbesuch aufgab, mag
Umgebung von traditionellen, an nicht zuletzt daran gelegen haben,
absolutistischen Vorbildern orien­ daß auch ihre höchsten Repräsen­
tierten Wohnvorstellungen. Das tanten sich zu zeitweiligen Aufent­
Palasthotel kam den Identifika­ halten in Hotels niederließen und
tionswünschen und dem Selbst­ nicht etwa ein privates Quartier
darstellungsbedürfnis einer an bevorzugten.
Luxus gewöhnten Gesellschaft Voraussetzung für den Zugang
entgegen. war hier nicht der adelige Hinter­
Kaum ein anderer »öffentlicher« grund, wie an den Höfen der
Bautypus bot dieses Höchstmaß großen Residenzstädte, sondern
an Darstellung von Reichtum und alleine die nötigen Geldmittel. Die
Lebensstil. Konnte man sich in Aristokratie begegnete also in die­
den Foyers. Treppenhäusern und sen Hotels nicht nur der neuen
Logen der Theater nur einen Hochfinanz, sondern auch einer
Abend lang zur Geltung bringen, Personengruppe, die sich den
so war das in den zahlreichen Palast nur auf Zeit leisten konnte,
Gesellschaftsräumen und Sälen für die das »Mehr-Scheinen« wich­
der Hotels über Wochen und tig war. Dieses Streben ist bereits
Monate hin möglich, unter Entfal­
tung wesentlicher Statussymbole,
46 Eine wichtige Funktion kam den Bade-
zu denen beispielsweise die
und Fremdenlisten zu, die für die Ver­
eigene Dienerschaft bis hin zum öffentlichung sorgten. »Die Kurliste wird
Leibarzt und persönlichen Kurier eifrig und täglich studiert, wir kennen
den Namen, die Heimat, den Stand eines
zählten46.
jeden Badegastes, seine Wohnung, die
Wie im privaten Schloß- und Zahl seiner mitgebrachten Diener, wir
Villenbau der Status der Bewoh­ schließen auf seinen Reichtum ...« Marie
ner architektonisch sichtbar von Ebner-Eschenbach, Aus Franzensbad,
zit. nach: Große Welt reist ins Bad, Aus­
gemacht wurde, so mußte er auch stellungskatalog, München/Wien 1980
im Hotelbau zum Ausdruck S. 116.
Abb. 5 LAUSANNE-OUCHY, Beau Rivage Palace Hotel, Speisesaal.

durch die Architektur vorgegeben.


Das Hotel zeigt sich als Palast;
d .h ., den Wünschen des Publi­
kum s entsprechend muß es sich
so zeigen.
An diesen Bedürfnissen gingen
die Anstrengungen der Schweizer
Heimatschutzbewegung beispiels­
weise vorbei, die sich gegen die
prunkvollen »Hotelkästen« rich­
teten17. Unter diesem Einfluß
erbaute N. Hartmann 1907 das

Abb. 6 BERLIN, Boarding Palast (Hotel


Cumberland), 1911/12, Frühstückshalle, nach
47 Vsl-S Guyer, in: Schweiz. Bauztg. 69,
Kriegsbeschädigung Gebäude vereinfacht wieder
1917, S. 71-74, S. 85-87, S. 94-98. aufgebaut.

31
Abb. / ST. MORITZ. Hotel La Margna. 1907, rechter Gebäudetrakt nachträglich aufgestockt.

Abb. 8 ST. MORITZ, Palace Hotel (1.) und Grand Hotel (r.) Aufnahme um 1910.
»Hotel La Margna«48 in St. Moritz, gleichzeitig Gebauten. Der Zu­
indem er ein teilweise sechsge­ sammenhang zwischen Hotelbau
schossiges Gebäude in die Form als architektonischem Ausdrucks­
eines Engadiner Steinhauses zu mittel und dem Selbstdarstel­
zwängen versuchte mit einer lungsbedürfnis der Klientel wird
kaum gegliederten, schmucklosen kaum angesprochen; selten so
Fassade, auf der zwei kleine asym­ deutlich, wie in einem Artikel über
metrisch angeordnete Erker das projektierte »Mira Monte
kurios wirken. Die kritisierte Hotel« in Marienbad, ein mit neo­
»Kastenform« ist dem Bau geblie­ barockem Dekor reich versehener
ben. Bau. »Wer sich eventuell daran
Auch S. Guyer, den Monumen­ stößt, daß das Bild des Baues
talität auch in freier Landschaft nicht in die Landschaft hineinge­
nicht störte, verkannte die Situa­ baut und ihr nicht ergänzend
tion mit Vorstellungen von ruhi­ angepaßt ist, verkennt den Zweck
ger und klarer Einfachheit, wie sie eines Kur-Hotels vollkommen und
alten Klöstern zu eigen ist. Dem mag schauen, wie er mit seiner
Repräsentationsbedürfnis einer theoretisch vielleicht richtigen,
an Luxus gewohnten Klientel hät­ aber praktisch vollkommen ver­
ten bäuerlich oder klösterlich fehlten Ansicht, in gegebenen Fäl­
anmutende Hotels wohl kaum len zurecht kommt«. Der Bau
das gewünschte Ambiente gebo­ sollte in die Ferne wirken und
ten. Das gesellschaftlich tonange­ imponieren, denn »die leblosen
bende Publikum bestimmte, wie Formen überzeugen, die lebenden
ein Hotel auszusehen hatte und Psychen täuschen und zwar sich
welcher Ort ä la mode war. Um selbst und andere«49.
diese Zeit berühmt gewordene
Orte, etwa Montreux und
St. Moritz-Dorf, wiesen denn auch
eine Konzentration großer prunk­ 48 Das Hotel »La Margna« in St. Moritz, in:
voller Hotels auf. Schweiz. Bauztg. 53,1909, S. 277-283.
49 B. Haas, Hotel-Restaurant Mira Monte in
Die im ersten Jahrzehnt des
Marienbad, in: Der Profanbau 1905,
20. Jahrhunderts zunehmende Nr. 7, S. 119-122, hier S. 122. Erb. v.
Kritik steht im Gegensatz zu dem Eduard Prandl.
Wie schon angedeutet, war sitzer-Verein diese Privilegierung
neben der spezifischen Architek­ zurück52. Ein Anzeichen der sich
tur die Präsenz der Hocharisto­ anbahnenden gesellschaftlichen
kratie ein wesentlicher Empfin­ Veränderungen.
dungsträger, der Palast assoziier­ Auch die Namengebung weist
te. Darüber hinaus war der zunehmend assoziativen Charak­
Besuch führender Kreise der Ari­ ter auf und erfährt bis 1914,
stokratie ein wichtiger Indikator ebenso wie die Architektur, eine
für die Entwicklung des betreffen­ Steigerung, die sich in Zusam­
den Hotels; besonders betont in mensetzung mehrerer klangvoller
der Werbung. Hotels empfehlen Bezeichnungen niederschlägt,
sich als »residence imperiale«, z. B. »Royal Hotel and Winter
»Absteigequartier Allerhöchster Palace« (Gstaad), oder »Grand
Herrschaften«, »patronised by Hotel Excelsior Regina« (Nizza).
Royalty«, »maison aristocratique« Während in Deutschland
oder »von der Aristokratie bevor­ Namensbildungen mit -hof
zugt«50. (Königshof, Fürstenhof etc.), die
Nach der Jahrhundertwende auf eine im Barock gebräuchliche
ist das intendierte Publikum der Bezeichnung für ein Adelspalais
»maison de tout 1er ordre« nicht verweisen, weitgehend beibehal-
mehr allein die Aristokratie. In
Charakterisierungen wie »Ren­
dezvous du High-life francais et 50 Die Beispiele, Reisehandbüchern und
Unterkunftsverzeichnissen entnommen,
etranger«51 wird eine reiche, inter­
ließen sich um viele erweitern. Selbst
nationale Gesellschaft angespro­ K. Baedeker, der in seinen Reisehand­
chen. Als bevorzugte Zielgruppe büchern keine Reklame betreibt, hebt die
sah sich bis zum Ersten Weltkrieg führenden Hotels zur besseren Charakte­
risierung mit Bezeichnungen wie »tres
die Aristokratie selbst. 1913 for­ distinguee«, »somptueuse maison«,
derte die Deutsche Adelsgesell­ »etablissement magnifique« hervor.
schaft für ihre Mitglieder Rabatte 51 Hotel de Paris, Monte Carlo, in: Guides
Joanne, Nice, Beaulieu, Monaco, Paris
bei Hotelaufenthalten - empört 1905-1906, S. 90.
wies der Internationale Hotelbe­ 52 Z. IHV 1913, Nr. 21. S. 11 u. Nr. 26, S. 19.
ten wurden, häufig dem Zeitge­ »Excelsior«, »Splendide« etc.
schmack entsprechend unter Schließlich erfuhr der Name
Zufügung von »Grand« oder »Palace« wie vorher schon das
»Park«, bezeichnen sich große »Grand« eine gewisse Entwer­
Hotels in Frankreich und der tung, indem Häuser, die weder in
Schweiz53 seit dem Ende des der Architektur noch in den übri­
19. Jahrhunderts in zunehmen­ gen Einrichtungen diesem
dem Maße als Paläste. Gab es in Anspruch genügten, sich diesen
den Rivieraorten Cannes, Nizza, Namen zulegten. So unzutreffend
Monte Carlo und Menton 1897 die Bezeichnung für diese Bauten
erst zwei »Palace«-Hotels, waren war, so kurios konnte die Namens­
es zehn Jahre später über ein kombination werden. So nannte
Dutzend, wobei bombastische sich in Monte Carlo ein Hotel
Bezeichnungen vorkamen, bis hin »Sun Palace & Rheinischer
zu einem »Riviera Majestic Palace Hof«56.
Hotel«, das Peter Behrens für San
Remo entworfen hatte. Werbepro­
spekte für dieses Unternehmen 53 Natürlich auch im übrigen Ausland,
wobei in südlichen Ländern wie Italien
waren von der Aktiengesellschaft
und Spanien Namenskombinationen
bereits verschickt worden, als der gebräuchlicher sind.
Bau durch den Ausbruch des 54 Franz Seruaes, Das Kurhotel der Zukunft.
Ersten Weltkrieges verhindert Ein Bauplan von Peter Behrens, in:
Bildende Künste, Wiener Monatshefte
wurde54. vereinigt 1,1916/1918, S. 41-57, hier
Fürstliche Residenzen signali­ S. 43.
sieren auch Benennungen wie 55 Carlton House war die Bezeichnung der
ehemaligen Londoner Residenz des
»Royal«, »Imperial«, »Balmoral«,
Prince of Wales.
»Regina«, »Carlton«55, oft in 56 Baedeker, Sud-Est de la France, 1910,
Zusammensetzung mit »Grand«, S. 473.
Wahl des Standortes

Bereits die Wahl des Stand­ umgebaute Palais Redern wei­


ortes gibt einen entscheidenden chen mußte59. Unter den Linden
Hinweis auf den Anspruch des stand das »Bristol«, am Kurfür­
betreffenden Hotels. Dies gilt stendamm das »Eden«, nahe dem
sowohl für Stadthotels, als auch Tiergarten der »Kaiserhof«. In
für die großen Hotelbauten der Paris wurden die beiden ersten
Kurorte. Bahnhofsnähe oder die großen Hotels gegenüber der
direkte Einbindung in den Bahn­ Oper, das »Grand Hotel«, und
hofskomplex spielten bei den gegenüber dem Louvre, das
erstrangigen Hotels der großen »Grand Hotel du Louvre«, errich­
Städte eine geringere Rolle als bei tet. In unmittelbarer Nähe zu
kleinen Städten und verlor zu­ den späteren Hotels »Ritz« und
sehends an Bedeutung. In den »Crillon«, beide in ehemaligen
Weltstädten Berlin, Paris und Adelspalästen installiert, steht der
Wien ist auch für die frühe Zeit dritte große Hotelbau, das »Grand
diese Tendenz nicht festzustellen. Hotel Continental«. Bevorzugt
Die führenden Hotels lagen im waren auch die Champs-Elysees
Geschäftszentrum, in vornehmen und deren nächste Umgebung.
städtischen Wohngebieten oder in Hier entstanden u. a. die Hotels
der Nähe von Regierungsgebäu­ »Elysee Palace«, »Plaza Athenee«,
den, kulturellen Einrichtungen »Astoria« und »Majestic«. In Bahn­
oder Hauptsehenswürdigkeiten. hofsnähe lag keines der führen­
»Schon durch die vornehme den Hotels in Paris.
Lage ist dem Hotel sein besonde­
In Wien wurde die Ringstraße
rer Charakter aufgeprägt«, heißt
zum attraktiven Standort; hier be­
es 1909 vom »Hotel Esplanade« finden sich das »Grand Hotel«,
im Berliner Tiergartenviertel57. das »Imperial« und bei der Oper
»Am vornehmsten Platze Berlins«
wurde das »Hotel Adlon« errich­ 57 Baugewerks-Ztg. 41,1909, S. 13
tet58. Der Bau am Pariser Platz 58 Dtsch. Bauztg. 41,1907, Nr. 99, S. 693.
löste heftige Diskussionen aus, da 59 H.Schliepmann, Palais Redern und Hotel
Adlon. Alt- und Neu-Berlin, in: Berliner
ihm das von Schinkel 1829/30 Architekturwelt 11 ,1909, S. 96-110.
das »Bristol« und das »Sacher«. lungsorten der Schweizer Seen
Abseits der Bahnhöfe wurden in waren bestimmte Quailagen am
Frankfurt der »Frankfurter Hof«, begehrtesten. Liegen in Zürich
in Düsseldorf das »Parkhotel«, in nur vereinzelt Hotels am See, dar­
Hamburg das »Atlantic« und in unter das »Baur au Lac«, so wird
München die »Vier Jahreszeiten« der Quai Mont Blanc in Genf
und der »Bayerische Hof« ange­ vornehmlich von Hotelbauten
legt60. geprägt, während das rechte See­
In den Kurorten war die Bahn­ ufer in Luzern dominierend von
hofsnähe überhaupt nicht ent­ drei monumentalen Hotelkomple­
scheidend. Begehrt war die Nähe xen bestimmt ist: dem »Schweizer­
der Kuranlagen, also das Zentrum hof«, dem »National« und dem
des Badelebens. Kurhaus, Casino »Palace«. Die palastartige M onu­
und Badehäuser bildeten den mentalität wird bei den beiden
architektonischen und gesell­ letztgenannten Gebäuden durch
schaftlichen Mittelpunkt, in deren die ringsum freie Lage besonders
unmittelbarer Nähe die großen deutlich.
Hotelbauten vorzugsweise errich­ In Montreux und Evian meiden
tet wurden, wie die Kurhotels in anfangs die großen Hotelbauten
Bad Neuenahr, Bad Ems und Bad die Seelage. Über dem See in
Kreuznach, der »Nassauer Hof« exponierter Lage oberhalb von
und das »Hotel Rose« in Wies­ Montreux entstanden das »Grand
baden oder das »Grand Hotel Hotel« und das »Palace«, in Evian
Messmer« und »Brenner’s Park
Hotel« in Baden-Baden. Die Wil­
helmstraße in Wiesbaden wurde
zu einer geschlossen bebauten 60 In Frankfurt lagen zwei führende Hotels
am Bahnhof: »Englischer Hof« (1903)
Hotelstraße, während sich in
und »Carlton« (1907). Z.IHV, Nr. 36,1903
Baden-Baden die großen Hotels u. Nr. 24,1907, S. 2. Beide waren jedoch
vorzugsweise entlang der belieb­ kleiner und optisch weniger dominierend
testen Promenade, der Lichten- als der »Frankfurter Hof«. In mittleren
Großstädten sowie in kleineren Städten
taler Allee, ansiedelten.
waren neben den Marktplätzen die Bahn­
In den stark von Fremden fre­ hofsnähe oder der Bahnhofsvorplatz
quentierten Städten und Erho­ bevorzugte Standorte.
Abb. 9 KARLSBAD, Hotel Imperial, 1910/12 nach 1945 Nutzungsänderung

das »Splendide« und das »Royal«. Lage an der Meerpromenade


1906 wird dann am Seeufer von wurde nun begehrter Standort. In
Montreux das prunkvolle »Mon­ Nizza die promenade des Anglais,
treux Palace« gebaut. an der die Hotelpaläste »Negres-
Die Rivieraorte zeigen eine co« (1912) und »Ruhl« (1913) er­
ähnliche Entwicklung. Oberhalb richtet wurden, in Cannes der
von Nizza entstand das Hotelvier­ boulevard Croisette mit dem
tel »Cimiez« mit den Palasthotels »Carlton« (1911). Bereits in den
»Excelsior Regina«, »Winter zwanziger Jahren begann der Nie­
Palace«, »Majestic Palace« und dergang der oberhalb von Nizza
»Riviera Palace«. Die Häuser gelegenen Hotels61.
waren ausschließlich für den
Winteraufenthalt gedacht; im
Sommer blieben sie geschlossen. 61 Von den genannten Bauten existiert
Nachdem die Riviera auch im keines mehr als Hotel. Als erstes Hotel
stellte 1926 das »Imperial« den Betrieb
Sommer besucht wurde, trat eine ein.
Standortverlagerung ein. Die Z. IHV, Nr. 7,1926, S. 152.
Einen anderen Verlauf nimmt Endhaltestelle hatte sie in der Vor­
die Entwicklung in den Kurorten. halle des Hotelvestibüls, nahe der
Dort setzen sich, soweit möglich, Haupttreppe und den Speise­
die palastartigen Hotelneubauten sälen.
bewußt von dem anwachsenden Die Tendenz, Neubauten eine
Fremdenzustrom ab, indem ein dominierende Höhenlage zu
isolierter Standort gesucht wird. geben, nahm in den Kurorten bis
Wie eine überdimensionale Burg zum Ersten Weltkrieg weiter zu.
beherrscht das 1910/12 erbaute Überragende Dominanzfunktion
Abb. 9 »Hotel Imperial« die Stadt Karls­ kam neben dem »Imperial« in
bad und das gesamte Tepltal. Die Karlsbad u. a. dem »Hotel Mira­
exponierte Höhenlage demon­ beau« in Aix-les-Bains, dem
striert augenfällig die Idee dieses »Palace« in Gstaad, den beiden
Hoteltypus: er ist »Höhenresi­ größten Hotels in Evian, »Splen­
denz« in exklusiver Abgeschlos­ dide« und »Royal«, beide durch
senheit. Die Verbindung zu den eine Bergbahn mit dem Zentrum
Brunnen- und Badeanlagen, bei verbunden, und dem »plus bei
früheren Bauten entscheidend für Hotel du monde«62, dem »Riviera
die Standortwahl, vermittelte Palace« in Beausoleil zu. Eine
beim »Imperial« in Karlsbad eine hoteleigene Straßenbahn führte
hoteleigene Drahtseilbahn. Die direkt zum Casino von Monte
Gäste hatten die Möglichkeit, in Carlo.
zwei Minuten in das Zentrum des Der Nimbus des Feudalen
Badelebens »herunterzusteigen« wurde nicht nur durch die archi­
bzw. ihm wieder zu »entschwe­ tektonische Gestaltung, sondern
ben«. auch durch die wachsenden
Die verkehrstechnischen Neue­ Dimensionen und die Höhenlage
rungen erlaubten nun auch Stadt­ gesteigert. Häufig die größten
hotels außerhalb, in landschaftlich Gebäude, beherrschten die Hotels
schöner Lage, zu errichten. Ein ähnlich dem absolutistischen
Beispiel ist das »Dolder Grand
Hotel« in Zürich. Hier brachte die
62 Almanach de St. Petersbourg, Cour,
hoteleigene Straßenbahn die Ver­ Monde et Ville 1910, St. Petersbourg
bindung zum Stadtzentrum. Ihre 1910, S. XIV.
Schloß den ganzen Ort. Terrassen der Architektur sind sie als Berg­
und Parks sorgten für die ge­ oder Aussichtshotels (z. B. die
wünschte Distanz. Hotels auf dem Rigi) gekennzeich­
In St. Moritz war eine Steige­ net. Meist in landschaftlich hervor­
rung kaum mehr möglich. In der ragenden Gegenden errichtet,
wohl konzentriertesten Ansamm­ streben sie nur in wenigen Fällen
lung von Hotelpalästen setzten das Image der großen Kurhotels
bereits 1897 das architektonisch an. Zu den aufwendigen Ausnah­
aufwendige »Palace« und 1905 men zählen u. a. die Bürgenstock
das schon monströs zu nennende Hotels - »Grand Hotel« (1872/73,
elfgeschossige »Grand Hotel« erweitert 1912/13)63 und »Palace
Akzente, die nicht mehr übertrof­ Hotel« (1903)64 - das »Grand
fen werden konnten; nicht zuletzt Hotel Axenstein« oberhalb des
wegen der einsetzenden heftigen Vierwaldstättersees, nach einem
Kritik. In der gedrängten An­ Brand 1901/02 von E. Vogt wie­
sammlung verloren diese Bauten der aufgebaut65, oder das kurz vor
ihren exklusiven Charakter. Die dem Ersten Weltkrieg fertigge­
zwei letzten, vor dem Ersten Welt­ stellte »Kurhotel Petersberg«66 auf
krieg noch in St. Moritz gebauten dem Petersberg bei Königswinter.
Großhotels, das »Carlton« und
das »Suvretta House« setzten sich 63 August Eckert, Die Entwicklung des
dann auch räumlich und gestalte­ modernen Reise- und Fremdenverkehrs
im Gebiet des Vierwaldstättersees,
risch von diesen Bauten ab.
Luzern 1932, S. 56-57.
Eine letzte Gruppe stellen die 64 Ankündigung der Eröffnung f. 1903,
völlig isolierten, nicht in der Z. IHV, Nr. 37,1902.
65 Z. IHV, Nr. 47,1901.
unmittelbaren Nähe eines Ortes
66 1913 im Bau. Z. IHV, Nr. 5,1913, S. 11-12.
oder einer Stadt entstandenen Ausführlicher Bericht in: Z. IHV Nr. 28,
Hotels dar. In den Handbüchern 1927, S. 467-468.
Abb. 19 MÜNCHEN, Regina Palast Hotel, Erdgeschoß-Grundriß.
Baschkis und Bahr ein Neubau Armand, Hittorf, Rohault de Abb. 24

erstellt, der zusammen mit dem Fleury und Pellechet95. 1862 folgte
Alttrakt den heutigen nicht mehr das »Grand Hotel« am boulevard Abb. 25

als Hotel genutzten Bau bildet91. des Capucines ebenfalls von


Nach den Plänen von Wilhelm Armand entworfen96. Mit je rund
Fraenkel entstand mit Baukon­ 700 Zimmern waren die beiden
sens von 1876 das »Hotel Hotels die größten Häuser der
Sacher«92. Als letztes erstrangiges damaligen Zeit in Europa. Das
Hotel eröffnete 1892 das »Bristol« dritte Großhotel, das »Grand
in einem 1861 von Ludwig Förster Hotel Continental« von Blondel
entworfenen Wohnhaus, zu dem an der rue de Castiglione, eröff­
1898 das benachbarte Palais nete zur Weltausstellung von
Hoyos und zwei weitere W ohn­ 187897.
häuser hinzugenommen wurden93. Als bevorzugtes Ziel der Frem­
Unter Einbeziehung weiterer den erlebte Paris in der Folgezeit
Grundstücke errichteten die wie keine europäische Haupt­
Architekten L. Fiedler und P Pa- stadt, London ausgenommen,
lumbo 1913 das neue »Hotel
Bristol«94. Im Gegensatz zu Berlin
und Paris verzeichnet Wien in den 91 Allg. Bauztg. 36,1871, S. 244-246;
Wiener Bauindustrie-Ztg. 6,1889, S.126;
beiden Jahrzehnten vor dem
Czeike, Wien Lexikon, S. 501;
Ersten Weltkrieg keine nennens­ Z. IHV Nr. 11,1907, S.3.
werte Hotelbautätigkeit; der 92 K. Eggert, Der Wohnbau der Wiener Ring­
straße, S. 363 f.
Schwerpunkt lag hier eindeutig in
93 Umbau durch die Architekten Bressler
den 80er Jahren. und Wittrisch. Der Bautechniker 18,
1898, S. 459-460.
94 Czeike, Wien Lexikon, S.416.
95 E. Guyer, Hotelwesen 1874;
Paris
Klasen, Grundriß-Vorbilder 1884;
Pevsner, Building types, S.188.
In Paris bewirkte bereits die 96 Unterlagen des Archivs des »Grand
Weltausstellung von 1855 die Hotel«, Paris; Innengestaltung unter Mit­
wirkung v. Charles Garnier, insbesondere
Errichtung des ersten großen
für den »Salon Opera«.
'•26 Hotelbaus, des »Grand Hotel du 97 Hdb. d. Architektur 1885, S. 215;
Louvre« durch die Architekten Peusner, Building types, S.188.
einen Hotelbauboom, auf den Der Typus des Palasthotels
hier nicht im einzelnen eingegan­ prägt sich in den Weltstädten frü­
gen werden kann. Es entstehen her als in den Kurorten aus; im
sowohl palastartige Neubauten wesentlichen betrifft dies jedoch
wie das »Majestic« (1907)98, an der die Innenarchitektur. Das Äußere
avenue Kleber, oder das 1900 dagegen unterscheidet sich häufig
eröffnete »Elysee Palace«99 und nicht von vornehmen Mietshäu­
das »Astoria« (1907)100 auf den sern, aufwendigen Verwaltungs­
Champs Elysees, die sich im bauten oder generell der umge-
Äußeren deutlich von der umge­
benden Bebauung abheben, als
auch luxuriöse Betriebe in histori­ 98 Terrainankauf 1905, Z. IHV Nr. 38,1905,
schen Adelspalästen, wie das S. 4.
99 Z. IHV Nr. 5,1912, S. 7.
»Ritz« (1898)101 an der place Ven-
100 Z. IHV Nr. 42,1907, S. 7.
döme und das »Crillon« (1909) an 101 Z. IHV Nr. 6,1912, S. 12, Umbau und
der place de la Concorde. Erweiterung auf 180 Zimmer 1912.

ldovheP I mPvRi: LOUVRE

Abb. 26 PARIS, Grand Hotel du Louvre, 1855, Fassade zur pl. du Theätre-Franipais.
Abb. 34 M ALOJA. Maloja Palace Hotel, 1882/84, Zustand 1911, Kuppel später abgetragen,
Fassaden 1981 in Renovation.

i
nenswerte Hotelbauten entstan­ einem Charakteristikum des
den nicht mehr115. palastartigen Hotelbaus.
Das Baukonzept des »National« Motive des Burgenbaues da­
in Luzern wird u. a. wieder auf­ gegen zeigt das von Chiodera und
genommen von Louis Maillard für Tschudy geplante »Palace Hotel« Abi
das »Grand Hotel« in Caux (1892/97)117 in St. Moritz, mit Zin- Ak
(1890/93)116, jedoch ohne die auf­ nenbekrönung, Echauguetten und
wendige Fassadengestaltung. Im einem fast 70 Meter hohen Turm.
Vergleich zum »National« sind die Einzelne stilistische Architektur­
Seitenrisalite zu Pavillons verselb­ elemente und ein massiver, trutzig
ständigt, die Dachaufbauten stei­ wirkender Unterbau lassen auch
ler und höher, über den Seiten­ das »Schloß Hotel Enderlin« in Ab
risaliten als Mansardkuppeln, Pontresina (1911)118 von Karl Kol­
über dem Mittelrisalit als kurvierte ler und m. E. das »Kurhaus
Kuppel. Die aufwendige pla­ Castell« (1913)119 in Zouz dieser
stische Dachgestaltung im Stil Gruppe zuordnen.
französischer Schlösser des Hotelgroßbauten, die Struk­
17./18. Jahrhunderts wird in den turelemente des Burgenbaus
folgenden zwei Jahrzehnten zu übernehmen, sind relativ selten. In
der Adaption von Attributen des
Burgenbaus wird das »Palace«
St. Moritz von dem »Palace« in
Caux übertroffen, das zudem im
Gesamteindruck wesentlich groß-
115 Das »Maloja Palace« konnte als Luxus­
hotel bis 1953 bestehen. Heute wird es
als Erholungsheim genutzt.
116 Gilles Barbey, Jaques Gubler, La »Cite
de Villas« Dubochet ä Clärens, in:
Unsere Kunstdenkmäler, 1978. S. 396.
117 Architektonische Rundschau 1897. H. 4,
Tafel 32 m. Text; Z. IHV Nr. 16.1926,
S. 381.
118 Frdl. Mitteilung von Frau R.-AGredig.
Abb. 36 CAUX, Grand Hotel (später Regina) Hotel Kronenhof Bellavista, Pontresina.
1893. 119 Z. IHV Nr. 33.1913. S.ll.
Abb. 140 MONTE CARLO, Hotel Hermitage, 1906, Wintergarten, Zustand 1980.
Abb. 148 CANNES, Hotel Gallia, 1899, vor dem Umbau.

Abb. 149 CANNES, Hotel Gallia, nach dem Umbau, Zustand 1982. Nutzung als Wohnhaus.

Das könnte Ihnen auch gefallen