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Biogas in Niedersachsen

Inventur 2014

Niedersachsen
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im Auftrag von: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz


Archivstraße 2 | 30169 Hannover

6. überarbeitete Auflage, November 2014

Alle Rechte liegen beim Herausgeber. Nachdruck nur mit Genehmigung.

Quellennachweis
Bildmaterial : 3N Kompetenzzentrum; außer Seite 12 1. B.: von Felde, 2. B.: RWG;
Seite 13 oben : Neumann, unten: Hinkamp; Seite 21: FNR; Seite 22: Börries
Layout: Margit Camille-Reichardt
Biogas in Niedersachsen
Inventur 2014

Inhaltsverzeichnis:

1. Einführung 3

2. Entwicklung und Stand der Biogaserzeugung und -verwendung 4

2.1 Entwicklung und Anzahl der Biogasanlagen 5

2.2 Regionale Verteilung der Biogasanlagen 7

2.3 Bestandsentwicklung NaWaRo- und Koferment-Anlagen 8

2.4 Installierte Leistung pro Fläche 10

2.5 Leistungsklassen 11

2.6 Wärmenutzung der Biogasanlagen 12

2.7 Biogaseinspeisung 14

3. Entwicklung der eingesetzten Substrate 15

4. Energiepflanzenanbau 16

4.1 Flächenbedarf 16

4.2 Regionale Schwerpunkte 18

4.3 Energiepflanzen in der Praxis 19

4.4 Artenvielfalt und Wildschutz 22

4.5 Nutzungskonkurrenz 22

5. Biogas als Systemdienstleister 23

5.1 »Bauernhof Niedersachsen«:


Nachhaltige Biomassenutzung in Biogasanlagen auf der Grundlage
der Wirtschaftsdüngerpotenziale in Niedersachsen 23

5.2 Rolle des Biogases bei der bedarfsgerechten Stromerzeugung 23

5.3 Klimaschutz durch Biogas 24

5.4 Wertschöpfung im ländlichen Raum 26

6. Ausblick 28

Weiterführende Literatur | Abkürzungsverzeichnis


4
1. Einführung
Biogas in Niedersachsen
Niedersachsen hat die Spitzenposition beim Ausbau Biogas hat sich für das Land Niedersachsen innerhalb
der erneuerbaren Energien aus Biogas und Wind in der letzten Jahre zu einem bedeutenden Wirtschafts-
Deutschland. Biogas entwickelt sich zunehmend zum faktor entwickelt. Der in den Veredlungsregionen kri-
»Systemdienstleister« im deutschen Energiesystem tisch zu bewertende sehr starke Zuwachs an Biogas-
und kann durch effiziente Kraft-Wärme-Kopplung und anlagen wurde bereits durch die EEG Änderungen in
bedarfsgerechte Strombereitstellung eine Schüsselrol- 2012 gebremst.
le bei der Umsetzung der Energiewende einnehmen. Die Broschüre »Biogas in Niedersachsen« stellt den
Darüber hinaus kann Biogas durch Vermeidung von aktuellen Stand der Biogaserzeugung und -nutzung in
Methanemissionen beim Wirtschaftsdüngermanage- Niedersachsen dar und erscheint nunmehr in sechster
ment oder bei der Sicherung von Nährstoffkreisläufen Auflage.
»Dienstleistungen« für die Landwirtschaft erbringen.
Die Biogasinventur 2014 bezieht sich insbesondere auf
Rund ein Viertel des erneuerbaren Stroms kann heute den Entwicklungsverlauf seit 2011 und berücksichtigt
durch die 1.546 Biogasanlagen in Niedersachsen ge- die bis Dezember 2013 in Betrieb genommenen An-
deckt werden. Die zahlreich umgesetzten Wärmenut- lagen. Ferner wurden die im Bau oder im Genehmi-
zungskonzepte von Biogasanlagen versorgen Kom- gungsverfahren befindlichen Anlagen, die noch 2014
munen, Betriebe und Privathaushalte mit weitgehend in Betrieb gehen sollen, erfasst. In den Jahren 2012
CO2-neutraler Heizenergie. Für Kommunen und Bür- und 2013 wurden zahlreiche Anträge zur Erweiterung
ger bieten sich hierdurch neue Wertschöpfungs- und von Biogasanlagen und zur Installation von Satelliten-
Gestaltungsmöglichkeiten. Die zunehmende Zahl der BHKW genehmigt. Hierdurch ist zwischen der An-
Energiegenossenschaften und Betreiberverbünde sind zahl der gelisteten Antragsverfahren und der Anzahl
ein Beleg dafür. tatsächlich neu hinzugekommener Biogasanlagen zu
Durch die Aufbereitung von Biogas und Einspeisung in unterscheiden. Kapazitätserweiterungen wurden den
das Gasnetz eröffnen sich weitere Nutzungsoptionen, bestehenden Altanlagen zugeordnet und nicht als
wie die Verwendung von Biomethan als Kraftstoff und neue Anlage gewertet. Das gleiche gilt für Satelliten-
die Speicherung des Energieträgers im Gasnetz zur be- BHKW, die mit ihrer Leistungsgröße der zentralen Bio-
darfsgerechten Bereitstellung von Strom und Wärme. gasanlage zuzurechnen sind.
In Niedersachsen speisen 26 Anlagen Biomethan ein. Die nachfolgende Auswertung basiert auf Datener-
Neue Verfahren verknüpfen die fluktuierende Wind- fassungen der Landesministerien, von Landes- und
energie mit speicherbarem Biomethan. Die weltweit Genehmigungsbehörden, eigenen Recherchen, Veröf-
erste »Power to Gas«-Pilotanlage der AUDI AG erzeugt fentlichungen von Bundesministerien, Fachbehörden,
in Werlte durch Nutzung von »überschüssiger« Wind- Fachverbänden, Energieversorgern sowie Fragebogen-
energie mittels Hydrolyse zunächst Wasserstoff. Dieser auskünften von Biogasanlagenbetreibern.
reagiert in der Methanisierungsanlage mit dem CO2 der
Biogasanlage zu Methan, das im Gasnetz gespeichert
und als regenerativer Kraftstoff von Erdgasfahrzeugen
getankt werden kann. Dabei ist es entscheidend, dass
auch die CO2-Quellen keine fossilen Brennstoffe ein-
setzen.
Die Effizienz der Biogasanlagen konnte durch verbes-
serte Anlagenführung und Substratoptimierungen
über die Jahre gesteigert werden. Das zeigt der deut-
lich reduzierte Flächenbedarf für Energiepflanzen je
MW installierter elektrischer Leistung. Die Diversifizie-
rung im Energiepflanzenanbau gilt es jedoch weiter zu
forcieren. Der Einsatz von Gülle und Mist in den Biogas-
anlagen der Ackerbauregionen unterstützt die Bemü-
hungen, Nährstoffüberschüsse in Tierhaltungsregionen
zu reduzieren und trägt zu einer nachhaltigen Nutzung
von Phosphor und Stickstoff bei.

3
2. Entwicklung und Stand der Biogaserzeugung und -verwendung
Der Biogassektor hat eine beachtliche Entwicklung senden Rohstoffen sowie zusätzlich für den Einsatz von
vollzogen. Derzeit sind in Deutschland etwa 7.850 Bio- Gülle und für die sinnvolle Nutzung der anfallenden-
gasanlagen mit einer elektrischen Leistung von rund Wärme. Hierdurch wurde die Biogasproduktion für vie-
3.500 MW in Betrieb. 2013 stellte Biogas 18 % des le landwirtschaftliche Betriebe zu einem wirtschaftlich
Stroms aus erneuerbaren Energiequellen und damit ca. interessanten Betriebszweig. Dieses spiegeln die ho-
4,7 % des bundesweiten Stromverbrauchs bereit hen Zuwachsraten von Anlagen und deren Leistungs-
(Quelle: BMUWi 2014). entwicklung wieder. Ein regelrechter »Biogasboom«
In Niedersachsen waren Ende 2013 1.546 über- führte in einigen Regionen in kurzer Zeit zu sehr hoher
wiegend landwirtschaftliche Biogasanlagen mit ei- Anlagendichte mit hohem Biomasse- und Flächenbe-
ner installierten elektrischen Leistung von insgesamt darf und zunehmender Nutzungskonkurrenz. Auch vor
877 MWel. in Betrieb. Diese Anlagen erzeugen rund diesem Hintergrund erfolgte eine weitere EEG-Neufas-
25% des erneuerbaren Stroms in Niedersachsen und sung. 2011 nutzten daher viele Betriebe noch die Mög-
leisten über Nahwärmenetze einen erheblichen Beitrag lichkeit zum Ausbau ihrer Anlagen oder entschieden
zur Bereitstellung erneuerbarer Energien im Wärme- sich für einen Einstieg in die Biogaserzeugung zu den
markt. bisherigen EEG-Konditionen.

Ermöglicht und gefördert wurde diese Entwicklung Die Politik reagierte mit dem EEG 2012 auf die ge-
durch das seit dem Jahr 2000 geltende Erneuerbare- sellschaftliche Diskussion über die Biogaserzeugung.
Energien-Gesetz (EEG). Bis zu seiner Novellierung Das EEG 2012 hatte einer deutlichen Dämpfung des
2004 waren in Niedersachsen 280 Biogasanlagen in Anlagenzubaus zur Folge. Die NaWaRo-, Gülle- und
Betrieb, die vorwiegend Abfälle und Kofermente ein- Landschaftspflegeboni wurden im EEG 2012 durch die
setzten. Durch eine erhöhte Vergütungsregelung für Bestimmungen der Einsatzstoffklassen I und II ersetzt,
Strom aus nachwachsenden Rohstoffen setzte die stellten aber in der Förderung keine starken Änderun-
EEG-Neufassung in 2004 neue Impulse. Auch das gen dar. Für die ausschließliche Vergärung von Gülle und
zu dieser Zeit sehr geringe Agrarpreisniveau und die Bioabfällen wurden zwei neue Vergütungsklassen ein-
Verpflichtung zur Stilllegung von Ackerflächen zur geführt, um diese Stoffe stärker zu nutzen. Dies konnte
Marktentlastung unterstützten die Entscheidung land- aber keinen wesentlichen Beitrag zum Erschließen des
wirtschaftlicher Betriebe für die Biogaserzeugung. So Potenzials leisten. Die Aufbereitung von Biogas auf Erd-
entstanden vermehrt NaWaRo-Anlagen auf der Basis gasqualität wurde durch die Senkung der Leistungsklas-
von Energiepflanzen, die zunächst vorwiegend auf sen zur Gewährung der Boni erleichtert und führte zu
Stilllegungsflächen erzeugt wurden. Bis 2009 wurde einer Weiterentwicklung dieser Nutzungsform.
der Anlagenbestand kontinuierlich auf 876 Biogasan- Die Novellierung des EEG 2014 wird durch den Weg-
lagen ausgebaut, wovon 786 Anlagen nachwachsende fall des Technologiebonus nur noch geringe Impulse für
Rohstoffe einsetzten. den weiteren Ausbau der Biogasaufbereitung und -ein-
Die EEG-Neuregelung von 2009 gewährte weiterhin speisung setzen. Lediglich kleine Gülleanlagen dürften
eine gestaffelte Grundvergütung für Biogasanlagen, unter guten Rahmenbedingungen Realisierungschan-
eine Bonusvergütung für den Einsatz von nachwach- cen besitzen.

Die neueste Fassung des EEG von 2014 hat die Steuerung des Anlagenzubaus und eine deutliche Senkung der Kosten
bei der Bioenergie zum Ziel. Die Stromerzeugung aus Biomasse soll nun auf Abfall- und Reststoffe beschränkt werden,
was sich in mehreren Regelungen wiederspiegelt:
• Die Einsatzstoffvergütungsklassen I und II des EEG 2012 entfallen. Strom aus Energiepflanzen, Waldholz, Landschafts-
pflegeholz, Holz aus Kurzumtrieb und Gülle erhalten nur noch die Grundvergütung.
• Für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biomasse wird der Vergütungsanspruch für jede kWh, die die sog. Höchst-
bemessungsleistung übersteigt, auf den Monatsmarktwert begrenzt. Die Höchstbemessungsleistung ist die höchste
Durchschnittsleistung innerhalb eines Kalenderjahres seit Inbetriebnahme der Anlage. Für bestehende Biogasanlagen
wird die förderfähige Leistung wahlweise auch auf 95 % der am 31.12.14 bestehenden installierten Leistung festge-
legt. Diese Regelung schränkt die Entwicklungsmöglichkeiten bestehender Anlagen deutlich ein.
• Der Technologiebonus für die Gasaufbereitung wird gestrichen. Blockheizkraftwerke, die bisher Erdgas nutzten, kön-
nen nur noch dann zu den alten, hohen Fördersätzen auf Biomethan umsteigen, wenn sie ausschließlich Biomethan
aus bestehenden Gasaufbereitungsanlagen nutzen und für jedes »neue« BHKW ein »altes« BHKW außer Betrieb geht.

4
2.1 Entwicklung und Anzahl der Biogasanlagen

Abb. 1: Anzahl und installierte Leistung der Biogasanlagen in Niedersachsen, Stand: 12/2013
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Niedersächsisches Ministerium
für Umwelt, Energie und Klimaschutz; 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe e.V.

Anzahl MWel.

2.500 1.000
877 885
864
2.000 800
743

1.500 600 600

1566
1519

1546
1405
458

1141
1.000 365 400
344
300

876
707
230
500 200 Anzahl der Biogasanlagen
37 45 95 112 600
520
435

148 180
280

Gesamtleistung MWel.
250

0 0
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014* * Prognose

Gegenüber der Biogasinventur 2011 erhöhte sich der Die Leistungsdifferenz resultiert auch aus Anlagen-
Anlagenbestand um insgesamt 141 Anlagen auf 1.546 erweiterungen (265 Anlagen mit 56 MWel.) und Ver-
Anlagen und damit um 10 %. änderungen/Korrekturen bei den Altbestandsanlagen
Von den 141 Anlagen sind 118 Anlagen mit einer Leis- (78 Anlagen mit 12 MWel.).
tung von 56 MWel. neu in Betrieb genommen worden. Im Vergleich zu 2013 fiel der Zubau im Jahr 2012
Im gleichen Zeitraum sind sechs Anlagen mit einer Leis- deutlich höher aus. Dies lässt sich damit erklären, dass
tung von 2 MWel. außer Betrieb gegangen, wodurch viele Investoren die neuen Anlagen noch nach den Be-
sich der »Netto«- Anlagenzuwachs auf 112 Anlagen dingungen des EEG 2009 in Betrieb nahmen.
reduziert. Die übrigen 29 Anlagen mit einer Leistung Die Grundlage der in dieser Studie genannten Leis-
von 13 MWel. sind Bestandsänderungen in den voran- tungsangaben bilden die von den Landkreisen und
gegangenen Jahren. Damit liegt der Anlagenneubau den Gewerbeaufsichtsämtern genehmigten elektri-
im Vergleichszeitraum 2011 bis 2013 deutlich unter schen Leistungen. Diese Genehmigung wird jedoch
den hohen Anlagenzuwächsen der Jahre 2009 bis nicht bei allen Anlagen in vollem Umfang ausge-
2011 (529 Anlagen) und 2007 bis 2009 (276 Anlagen). schöpft. Für die tatsächlich in Anspruch genommene
Die installierte elektrische Leistung der Biogasanlagen elektrische Leistung können ca. 90 % der genehmig-
stieg im Vergleichszeitraum um 134 MWel.. Dieses ent- ten Leistung angenommen werden.
spricht einem Zuwachs von 18 % gegenüber 2011.

5
Auf Basis der im Bau oder im Genehmigungsverfah- Im Bundesvergleich konnten Niedersachsen und Bayern
ren befindlichen Anlagen wird in 2014 nur noch ein weiterhin ihre Führungsrolle behaupten. Der Abstand
sehr geringer Zuwachs von Biogasanlagen erwartet. zu den übrigen Bundesländern bleibt deutlich. An der
12 neue Anlagen sind bereits in Betrieb gegangen Anlagenleistung in Deutschland (3.537 MWel.) hat
und weitere acht Anlagen sind genehmigt. Die instal- Niedersachsen nahezu unverändert einem Anteil von
lierte elektrische Leistung wird voraussichtlich auf ca. 24,8 %. Beim Anlagenbestand liegt Niedersachsen
885 MWel. ansteigen. Der künftige Neubau von An- mit 19,6 % weiterhin an zweiter Position. Die durch-
lagen umfasst vorwiegend kleine Gülleanlagen bis schnittlich installierte Leistung niedersächsischer Bio-
75 kWel. oder Erweiterungen von Altanlagen zur bes- gasanlagen liegt mit etwa 567 kWel. weiterhin über
seren Anpassung an eine flexible Stromerzeugung. Bei dem Bundesdurchschnitt von ca. 449 kWel..
den in Planung befindlichen Anlagen ist gegenwärtig
nicht abzusehen, ob diese in den kommenden Jahren
in Betrieb gehen werden.

877 = 24,8% Gesamtleistung in MW


Niedersachsen
774 = 21,9% Anzahl BGA
Bayern
305 = 8,6%
Schleswig-Holstein
296 = 8,4%
Baden-Württemberg
277 = 7,8% Quelle: Biogasfachverband
Nordrhein-Westfalen
2013 - Branchenzahlen,-
230 = 6,5%
Mecklenburg-Vorpommern verändert (Nds. eigene
192 = 6,5% Daten)
Brandenburg
183 = 5,2%
Sachsen-Anhalt
121 = 3,4%
Thüringen
118 = 3,3%
Sachsen
83 = 2,3%
Hessen
61 = 1,7%
Rheinland-Pfalz
12 = 0,3%
Hamburg Abb. 2: Verteilung der
6 = 0,2%
Saarland in Betrieb befindlichen
2 = 0,1% Biogasanlagen und instal-
Berlin
lierten Anlagenleistungen
Bremen 0
in Deutschland nach Bun-
0 500 1000 1500 2000 2500 desländern- 12/2013

6
2.2 Regionale Verteilung der Biogasanlagen

50 56

14 14
Cuxhaven
Wittmund 1
1
2
32 37 Wilhelmshaven, 27 30
Stadt
Aurich 14 18 Stade
Emden, 14 18 144
Friesland 136 19 24 24 30
Stadt 13 14 Wesermarsch
22 25 10 15 Harburg
Elb
e
Leer Lüneburg
Ammerland1 1 Osterholz
Ems

Oldenburg 79 69 76 31 33
109116 Stadt 2 2
71 Delmenhorst 16 19Rotenburg 26 28
Lüchow-Dannenberg
146155 Stadt (Wümme)
Verden Heidekreis Uelzen
Oldenburg
Cloppenburg 106111 61 64

W
es
er
40 41 41 45
s
Em

45 47 Emsland 66 73 Celle
29 31
Diepholz Nienburg Gifhorn
(Weser)
Grafschaft Vechta 30 37
Bentheim Osnabrück 2 2
10 12
Wolfsburg,
18 19 Region Hannover Peine Stadt
1 1 Braunschweig,
Osnabrück, Schaumburg Stadt 6 10
Stadt Wese
r
Helmstedt
22 25 22 23Salzgitter,
Stadt 9 9
Installierte elektrische Hameln-Pyrmont Hildesheim Wolfenbüttel
Leistung (MW)
8 8 8 9
0 Holzminden Goslar
0 bis unter 5 20 22
5 bis unter 10 0 2
Northeim Osterode
10 bis unter 20 Weser

am Harz
20 bis unter 30 13 19
30 bis unter 40 Göttingen
40 bis unter 70 Anlagen 2011
100 km
70 bis unter 100 Anlagen 2013

Abb. 3: Anzahl installierte Leistung der Biogasanlagen in Niedersachsen 2011 und 2013

Im Folgenden werden u. a. die Entwicklungen in den jahren verfügte der Heidekreis mit 76 Anlagen und ei-
Landkreisen dargestellt. Zu regionalen Schwerpunkten ner Leistung von 39 MWel. über die höchste Anzahl
haben sich in Niedersachsen die Mischregion Roten- und Leistung, gefolgt von Celle (30 MWel.), Gifhorn
burg-Bremervörde und die Tierhaltungsregion mit den (29 MWel.) und Nienburg (28 MWel.).
Landkreisen Emsland, Cloppenburg und Diepholz ent- Auf ertragreichen Ackerstandorten erfolgt wegen der
wickelt. In diesen Regionen ist auch der größte »Netto- hohen Wirtschaftlichkeit der Getreideproduktion die
Anlagenzuwachs« erfolgt. »Netto-Anlagenzuwachs« Aufnahme der Biogasproduktion erwartungsgemäß
meint an dieser Stelle die absolute Bestandsverände- verhaltener, wobei unterschiedliche Entwicklungen in
rung (Neubau plus Änderungen im Altbestand minus den Landkreisen zu beobachten sind. Ein Ausbau der
Außerbetriebnahmen). Biogasproduktion ist insbesondere in der Region Han-
40 % der niedersächsischen Anlagen werden in der nover sowie in den Landkreisen Göttingen und Helm-
Veredlungsregion betrieben. Anders als bei der Inven- stedt im Vergleichszeitraum erfolgt. In den Landkreisen
tur 2011 weist diese Region mit einer installierten Leis- Hildesheim, Hameln-Pyrmont, Northeim und Schaum-
tung von 340 MWel. eine etwas geringere Leistung als burg mit bereits etablierter Biogasproduktion fand nur
die Ackerbauregion (343 MWel.) auf. ein sehr geringer Anlagenneubau (1-3 Biogasanlagen)
In den niedersächsischen Ackerbauregionen stehen statt. In den Landkreisen Goslar, Holzminden und Os-
mittlerweile rund 36 % der Biogasanlagen. Besonders terode am Harz werden weniger als zehn Biogasanla-
in den Landkreisen Heidekreis (plus sieben Anlagen), gen betrieben. Das südliche Niedersachsen hat den ge-
Lüneburg und Harburg sind vermehrt Biogasanlagen ringsten Anteil am niedersächsischen Anlagenbestand
im Vergleichszeitraum entstanden. Wie in den Vor- (13 %) und verfügt auch über die niedrigste installierte

7
elektrische Anlagenkapazität (14 %, 122,9 MWel.) im deutlichsten Zuwachs. Im Landkreis Wittmund blieb
Bundesland. der Anlagenbestand unverändert. Die installierte Leis-
Insgesamt 373 Biogasanlagen (2011: 335), das sind tung der Milchviehregion beträgt 194 MWel..
24 % des niedersächsischen Anlagenbestandes, be- Kleine Biogasanlagen bis 75 kWel. hatten 2013 einen
finden sich in Landkreisen mit hohem Grünlandanteil. Anteil von 2,5 % am Gesamtanlagenbestand. Mit der
Hier nutzen Landwirte neben dem Einsatz von Gülle EEG Novellierung in 2014 könnte sich dieser Anlagen-
auch Synergien durch die Verwertung später Grünland- typ besonders für Milchviehbetriebe bei Bestandser-
aufwüchse und anfallender Futterreste. Die Landkrei- weiterungen und Stallneubau, zur Schaffung weiterer
se Cuxhaven (plus sechs Anlagen), Aurich, Osterholz Güllelagerkapazitäten und zur Verbesserung der Dün-
sowie Friesland und Wesermarsch verzeichneten den gewirkung der Gülle weiter etablieren.

Abb. 4: Prozentuale Verteilung der Biogasanlagen nach Regionen in Niedersachsen, Stand 12/2013

Anzahl der Biogasanlagen Installierte elektrische Leistung der Anlagen

24% Milchvieh / Grünland 22%


36% Veredlungsregion 39%

Ackerbau
40% 39%

2.3 Bestandsentwicklung NaWaRo- und Koferment-Anlagen


Von den insgesamt 1.546 Biogasanlagen wurden Der Neubau von Biogasanlagen verlief in 2012 und
1.483 Anlagen (96 %) in 2013 als NaWaRo-Anlagen 2013 bereits auf sehr niedrigem und deutlich geringe-
betrieben. Diese mit Energiepflanzen, Futteresten und rem Niveau als in den Vorjahren. Die größten Verän-
Wirtschaftsdünger (Gülle/Mist) geführten Anlagen ver- derungen für den NaWaRo-Anlagenbestand zeigten
fügen über eine elektrische Gesamtleistung von rund sich im Emsland (plus neun Anlagen), Oldenburg und
814 MWel.. Rotenburg (jeweils plus acht Anlagen) sowie Region
Insgesamt gibt es 146 NaWaRo-Anlagen mehr als zum Hannover, Heidekreis und Osnabrück (jeweils plus sie-
letzten Stichtag 2011. Den höchsten NaWaRo-Anla- ben Anlagen). In Holzminden, Schaumburg, Lüchow-
genbestand verzeichnen wie bereits 2011 die Landkrei- Dannenberg blieb die NaWaRo-Anlagenanzahl unver-
se Emsland (152), Rotenburg (133), Diepholz (109) und ändert.
Cloppenburg (106), gefolgt von Oldenburg (74) und An dieser Stelle fließen neben den neu gebauten An-
dem Heidekreis (74). In diesen Regionen erfolgte auch lagen auch Leistungserweiterungen und Korrekturen
der höchste Leistungsausbau. im Altbestand – wie z.B. der Wechsel einer Koferment-
Die installierte Leistung der NaWaRo-Anlagen hat sich Anlage zu einer NaWaRo-Anlage – ein.
landesweit um insgesamt 129 MWel. oder 19 % ge- Die regional sehr unterschiedliche Verteilung der
genüber 2011 erhöht. Im Landkreis Emsland erfolgte NaWaRo-Anlagen spiegelt sich in der Flächeninan-
die größte Steigerung um 16 MWel. auf insgesamt spruchnahme für die Biomasseproduktion und in der
80 MWel. installierter Leistung in NaWaRo-Anlagen, in Kap. 2.4. näher beschriebenen Kennzahl »Installierte
gefolgt von Diepholz mit einem Zubau von 10 MWel. Leistung pro Fläche« wieder.
auf insgesamt 69 MWel.. Die Landkreise Rotenburg und Der Rückgang der Anzahl der mit Kofermenten betrie-
Gifhorn folgen an dritter und vierter Position mit ei- benen Anlagen setzte sich im Vergleichszeitraum fort.
nem Ausbau der installierten elektrischen Leistung um
6,5 MWel. auf 74 MWel. bzw. 28 MWel..

8
63 Anlagen und damit 5 Anlagen weniger als 2011 (11 MWel.) installiert, gefolgt vom Landkreis Osnabrück
setzten in 2013 Kofermente, wie Fette, Flotate und or- (8,7 MWel.).
ganische Abfälle, ein. Diese Anlagen verfügen jedoch In den Landkreisen Rotenburg, Heidekreis, Celle, Lüne-
über eine leicht gestiegene installierte elektrische Ge- burg und Oldenburg wurden Anlagen, die bisher mit
samtleistung von 63,8 MWel. (2011: 58 MWel.). Kofermenten betrieben wurden, auf den Betrieb mit
Über die höchste Anzahl von Koferment-Anla- NaWaRo umgestellt. Auch Koferment-Anlagen haben
gen verfügt mit 11 Anlagen (8 MWel.) nach wie einen »Flächenbedarf« für die Ausbringung der Nähr-
vor der Landkreis Rotenburg. In Cloppenburg ist stoffe /Gärreste von etwa 400 - 500 ha pro MWel. je
wie in den Vorjahren die höchste Anlagenleistung nach Einsatzstoffen.

Installierte elektrische
Leistung (MW)
0
0 bis unter 5
5 bis unter 10
10 bis unter 20
20 bis unter 30
30 bis unter 40
40 bis unter 70 NaWaRo-Anlagen
70 bis unter 100 Kofermentanlagen

Abb. 5: Regionale Verteilung der NaWaRo-Anlagen, Stand 12/2013

9
2.4 Installierte Leistung pro Fläche
Die wichtigsten Zusammenhänge zwischen der Land-
nutzung und der Biogasanlagenzahl stellt die instal-
lierte elektrische Leistung je Hektar landwirtschaftlich
genutzter Fläche dar. Mit dieser Kennzahl lassen sich
die Regionen sehr genau vergleichen.
Im Landesdurchschnitt waren 2013 je Hektar LF
0,31 kWel. Motorenleistung installiert. Mit 0,58 kW/ha
weisen die Landkreise Rotenburg und Celle gefolgt von
den Landkreisen Cloppenburg mit 0,54 kW/ha, Diep- Weser

holz mit 0,53 kW/ha, Oldenburg mit 0,52 kW/ha und


Heidekreis mit 0,51 kW/ha die höchste installierte Leis- Weser

tung bezogen auf die verfügbare landwirtschaftliche 2009


Nutzfläche auf. Die Landkreise Osterode am Harz und
Leer weisen mit 0,02 kW/ha LF beziehungsweise mit
0,06 kW/ha LF die niedrigsten Werte auf.
Der Vergleich der installierten Leistung pro Fläche im
Zeitverlauf von 2009, 2011 und aktuell 2013 zeigt den
Entwicklungsverlauf in den Regionen.

Weser

Weser

0,18
Cuxhaven 2011
0,21
Wittmund 0,48
Wilhelmshaven, 0,20
0,24 Stadt
Aurich Stade
0,17
Friesland 0,09
Emden, 0,31
Stadt 0,06 Wesermarsch 0,58 Harburg 0,32
Leer 0,29 0,16 Rotenburg Lüneburg
Ammerland Osterholz (Wümme)
0,14
Oldenburg,
Stadt 0,36
Delmenhorst, Lüchow-Dannenberg
Stadt 0,51 0,21
0,52 0,22 Heidekreis Uelzen
Oldenburg Verden
0,54
Cloppenburg
0,48 0,28 0,53 0,58
Emsland Vechta Diepholz 0,31 Celle
0,35
Nienburg Gifhorn
0,35 0,25 (Weser)
Grafschaft Bentheim Osnabrück
0,16 0,31
Region Hannover 0,25 Wolfsburg,
Peine Stadt
0,23 Braunschweig,
0,07 Schaumburg
Osnabrück, Stadt 0,19
Stadt Helmstedt
0,44 Salzgitter, 0,10
0,23 Stadt
Wolfenbüttel
Hameln-Pyrmont Hildesheim

0,11 0,19
Holzminden Goslar
kWel. pro ha LF, NaWaRo
0 bis unter 0,1 0,21
Northeim 0,02
0,1 bis unter 0,2 Osterode
am Harz
0,2 bis unter 0,3
0,23
0,3 bis unter 0,4 Göttingen
0,4 bis unter 0,5
100 km
0,5 bis unter 0,6

Abb. 6: NaWaRo-Biogasanlagen – Installierte elektrische Leistung in kW pro Hektar LF in Niedersachsen, Entwicklung von 2009 bis 2013

10
2.5 Leistungsklassen
Werden die elektrischen Leistungsklassen verglichen, Vorjahren, der Leistungsbereich ab 260 bis 500 kWel..
zeigen sich deutliche Unterschiede im Anlagenbestand 42 % aller niedersächsischen Anlagen produzieren in
zwischen NaWaRo- und Koferment-Anlagen. Wie in dieser Leistungsklasse insgesamt 283 MWel. und ver-
der vorangegangen Biogasinventur 2011 werden die fügen damit über 35 % (2011: 44 %) der installierten
Anlagen vier Leistungsklassen zugeordnet. elektrischen Leistungskapazität der Biogasanlagen.
Die durchschnittliche Anlagenleistung aller in Betrieb Nahezu jede vierte NaWaRo-Anlage (23 %) in Nieder-
befindlichen Biogasanlagen lag 2011 bei 529 kWel. sachsen ist kleiner als 260 kWel. Durch die Zunahme
und erhöhte sich in 2013 auf 567 kWel.. Damit liegt der so genannten »Gülleanlagen«, in denen hofeigene
die durchschnittliche Anlagenleistung in Niedersachsen Gülle oder Festmist zum Einsatz kommen, hatte sich
wie bisher deutlich über dem Bundesdurchschnitt von die Anlagenzahl in dieser Leistungsgruppe von 2009
449 kWel. (Quelle: Fachverband Biogas u. eigene Daten). bis 2011 mit 163 zu 321 nahezu verdoppelt. In den
Die überwiegende Anzahl landwirtschaftlicher Biogas- Jahren 2012 und 2013 hat sich die Anzahl nur um
anlagen bis zu einer Leistungsgrenze von 500 kWel. 18 Anlagen weiter erhöht.
wurde in Niedersachsen im Rahmen des privilegierten Seit der EEG-Novellierung 2009 sind Biogasanlagen
Bauens (§35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) errichtet. Bei den mit mit einem Einsatz von mindestens 30 % Gülle begüns-
nachwachsenden Rohstoffen betriebenen Biogasan- tigt und wurden vermehrt von landwirtschaftlichen
lagen dominiert daher auch 2013, wie bereits in den Betrieben in den Tierhaltungs- und Grünlandregio-

NaWaRo-Anlagen NaWaRo-Anlagen
Anteile der Leistungsklassen an der installierten Gesamtleistung Anteile der Leistungsklassen an der Anlagenanzahl

MWel. 900 Anzahl 1600


800 1400
700 1200
600
1000
500
800
400
600
300
200 400

100 200

0 0
2009 2011 2013 2009 2011 2013

bis 260 kWel. 261-500 kWel. 501-1.000 kWel. > 1.000 kWel.

Abb. 7: Leistungsklassenverteilung (in kWel.) der NaWaRo-Biogasanlagen in Niedersachsen, Stand 12/2013

Koferment-Anlagen Koferment-Anlagen
Anteile der Leistungsklassen an der installierten Gesamtleistung Anteile der Leistungsklassen an der Anlagenzahl

MWel. 80 Anzahl 100


70
80
60

50 60
40

30 40

20
20
10

0 0
2009 2011 2013 2009 2011 2013

bis 260 kWel. 261-500 kWel. 501-1.000 kWel. > 1.000 kWel.

Abb. 8: Leistungsklassenverteilung (in kWel.) der Koferment-Biogasanlagen in Niedersachsen

11
nen gebaut. In der Leistungsklasse ab 500 kWel. bis klasse ab 500 kWel. bis 1.000 kWel. ist die Anlagen-
1.000 kWel. befinden sich 393 Anlagen. Ihr Anteil am zahl konstant geblieben, die Leistung verringerte
Gesamtbestand beträgt 27 % und ist damit um 8 Pro- sich allerdings um 0,4 MWel.. Der Anteil der Leis-
zentpunkte gestiegen. Mit 262 MWel. verfügt diese tungsklasse ab 260 kWel. bis 500 kWel. ging auf
Leistungsklasse fast über ein Drittel der installierten 5 % zurück. In dem Leistungsbereich bis 260 kWel.
Leistung. 9 % der NaWaRo-Anlagen gehören der Leis- sank die Anzahl der Anlagen am deutlichsten auf
tungsklasse über 1.000 kWel. an. Die Leistungskapazi- einen Anteil von 17 % am Gesamtbestand (2011:
tät dieser Größenklasse erhöhte sich im Vergleichszeit- 25 %). Es zeigt sich eine klare Tendenz zu Anlagen
raum von 145 auf 199 MWel. und entspricht ca. einem mit einer größeren installierten elektrischen Leistung.
Viertel der installierten Gesamtleistung.
Mit 38 % der Koferment-Anlagen dominiert die
Leistungsklasse über 1.000 kWel.. In der Leistungs-

2.6 Wärmenutzung der Biogasanlagen


Die gekoppelte Strom- und Wärmeerzeugung in Block- einen der Schwerpunkte ihrer Aktivitäten. Neben der
heizkraftwerken an oder in der Nähe der Biogaserzeu- Verlegung von Wärmenetzen zur direkten Erschließung
gungsanlage stellt heute die häufigste Form der Bio- von Wärmekunden wurden häufig externe BHKW in
gasnutzung dar. der Nähe der Wärmekunden installiert. Diese Satelliten-
Die Standortwahl von Biogasanlagen ist dabei von BHKW werden direkt mittels Biogasleitungen versorgt.
entscheidender Bedeutung für den Betreiber und So werden Wärmeverluste vermieden, die sonst beim
wird vor allem von den verfügbaren Flächen für die Betrieb von Wärmeleitungen entstehen würden. Daher
Errichtung der Anlage, den Anbau und die Lagerung können auch Kunden und Wohngebiete erschlossen
der Substrate sowie den geltenden Rechtsgrundlagen werden, die weiter von der Anlage entfernt sind.
(u. a. BauGB) bestimmt. Gegenüber der Verkehrsan- Das EEG unterstützt die Wärmenutzung in unterschied-
bindung, der Stromanbindung und den planerischen licher Form. Im EEG 2004 wurde ein Bonus von 2 Ct für
Belangen (Abstände zu baulichen Nutzungen, Vorbe- jede kWh Strom gezahlt, die in Kraft-Wärme-Kopplung
lastungen der Landschaft) spielte die Nähe zu Wärme- erzeugt wurde. An die Art der Wärmenutzung wurden
verbrauchern bisher häufig noch eine untergeordnete nur relativ grobe Anforderungen gestellt, dies änderte
Rolle. Die Verdrängung von fossilen Brennstoffen durch sich in der Folgefassung. Das EEG 2009 enthielt eine
die Beheizung von Gebäuden führt zu Treibhausgas- Liste der anerkannten Wärmenutzungen, die die Ver-
minderung und Erlösen aus dem Wärmeverkauf. drängung fossiler Energieträger, Maximalverbrauchs-
Daher bildete die Optimierung der Wärmenutzung werte und maximale Verluste in Wärmenetzen festleg-
für viele Anlagenbetreiber in den vergangenen Jahren te. Der Bonus wurde auf 3 Ct/kWhel. erhöht und war

12
auch für ältere Anlagen zugänglich. Die Vorgaben führ-
ten zu einem Effizienzanstieg bei der Wärmenutzung.
Sie untersagten die Holztrocknung, enthielten aber die
Trocknung von Gärresten zur Nutzung als Düngemittel.
Das EEG 2012 führte die Systematik fort, nahm aber
die Holztrocknung mit einem Effizienzkriterium und die
Nachverstromungstechnologien auf. Erstmals wurde
eine Mindestwärmenutzungsquote festgelegt: Sie be-
trägt 60 % und erkennt auch die Fermenterbeheizung
mit max. 25 % der erzeugten Wärme an. Der KWK-
Bonus wurde konsequenterweise gestrichen, statt des-
sen wurde die Grundvergütung um 3 Ct/kWhel. erhöht.
In Niedersachsen waren Ende 2013 mindestens 430
Satelliten-BHKW mit einer Leistung von 140 MWel.
in Betrieb. Damit hatten die Satelliten-BHKW ei-
nen Anteil von 16 % an der Gesamtleistung. Die
BHKW versorgen vielerorts Wohngebiete, kommu-
nale Einrichtungen, Gewerbebetriebe, Gärtnereien
oder landwirtschaftliche Betriebe. Diese Nahwär-
Dies beinhaltet alle Formen der Wärmenutzung, die
menetze werden in den meisten Fällen von den Be-
im EEG anerkannt sind. Daraus ergibt sich, dass rund
treibern der Biogasanlagen errichtet, zunehmend
3 Mio. MWh Wärme aus Biogasanlagen extern genutzt
aber auch von Gemeinschaften der Abnehmer
werden. Damit war Biogas der stärkste Treiber für die
z. B. in Genossenschaften betrieben.
Steigerung der erneuerbaren Energien im Wärme-
Laut einer Umfrage des Deutschen Biomassefor- markt.
schungszentrums haben 70 % aller niedersächsischen
Biogasanlagen eine Wärmenutzung, wobei über die
Hälfte der anfallenden Wärme bereits genutzt wird.

13
2.7 Biogaseinspeisung
Bei Biogasanlagenstandorten, bei denen die anfallende waren es 154 Anlagen. Die Einspeiseleistung der nie-
Wärme nicht vollständig genutzt werden kann, bietet dersächsischen Anlagen beträgt insgesamt 9.300 Ku-
die Aufbereitung von Biogas neue Möglichkeiten. bikmeter Biomethan pro Stunde. Bei einer konstanten
Wird das Rohbiogas zu Erdgasqualität (Biomethan) auf- Einspeisung über das gesamte Jahr könnten so rech-
bereitet und in das allgemeine Erdgasnetz eingespeist, nerisch 1,0 % des niedersächsischen Erdgasverbrau-
kann es zu einem anderen Ort geleitet werden, an dem ches ersetzt werden.
die Wärme vollständig verwertet werden kann. Diese Der Biomethanmarkt hat sich in den vergangenen Jah-
Durchleitung erfolgt bilanziell, indem die eingespeisten ren stark entwickelt. Während das praktische Wissen
und entnommenen Mengen über ein Jahr bilanziert bei vielen Marktakteuren zu Beginn der Entwicklung
werden. Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) noch recht gering war, hat sich mittlerweile ein flexibler
gilt Biomethan als Biogas, das zur Vergütung des er- Markt mit spezialisierten Akteuren gebildet – sowohl
zeugten Stroms gemäß EEG berechtigt. Während die aus der Gaswirtschaft als auch neue Marktteilnehmer
Einspeisung von Strom im EEG geregelt ist, besteht für im Bereich Handel und Bilanzierung. Die Novellierung
die Einspeisung von Biomethan in das Gasnetz keine des EEG 2014 hat zum Wegfall des größten wirtschaftli-
Vergütungsregelung. Der vorrangige Zugang zum Erd- chen Treibers der Biogasaufbereitung und -einspeisung
gasnetz ist in der Gasnetzzugangsverordnung und der geführt. Durch das Streichen des Technologiebonus
Gasnetzentgeltverordnung geregelt. Die Gasbezugs- haben neue Projekte keine wirtschaftliche Basis mehr.
kosten der Händler erhöhen sich um die Netznutzungs- Die Neufassung des Inbetriebnahmebegriffs macht es
gebühr der Gasnetzbetreiber. außerdem unmöglich, bestehende ältere Erdgas-BHKW
Der Markt für Biomethan befindet sich in der Entwick- auf Biomethan umzustellen. Die Biogasaufbereitung
lung und ist von einer wachsenden Zahl von Anbietern wird sich daher voraussichtlich auf Gas aus Abfall- und
gekennzeichnet. 2013 speisten 26 Anlagen aufbereite- Reststoffen begrenzen, das im Verkehrsbereich einge-
tes Biomethan in das Erdgasnetz ein. Deutschlandweit setzt wird.

Biomethan-Einspeisekapazität
bis 350 m3/h
100km
bis 700 m3/h

Abb. 9: Biogasanlagen mit Biomethaneinspeisung in Niedersachsen, Stand 12/2013

14
3. Entwicklung der eingesetzten Substrate
Mit der Zunahme der energetischen Biomassenutzung des EEG 2009. Durch die Koppelung des Güllebonus
ist auch ein wachsender Substratbedarf verbunden. an den sogenannten NaWaRo-Bonus ist der Maisanbau
Um die installierte elektrische Gesamtleistung der insbesondere in den Veredlungsregionen stark ausge-
1.546 Biogasanlagen zu erzeugen, wurden 2013 circa dehnt worden. Diese Fehlentwicklungen finden sich als
22,2 Mio. Tonnen Inputsubstrate benötigt. Korrektur im EEG 2012 und auch im EEG 2014 wieder.

Davon sind rund 13,2 Mio. t pflanzliche Substrate, Durch die im EEG 2014 neu geregelte Vergütung für
die etwa 82 % der Energie liefern. Neben der Anbau- kleine Gülleanlagen (bis 75 KWel.) wird ein weiterer
biomasse von Acker- und Grünlandflächen sind dieses Ausbau des Gülle- / Festmisteinsatzes zur Biogaserzeu-
pflanzliche Nebenprodukte und Futterreste. gung erwartet; insbesondere in Milchvieh- und Rinder-
betrieben, aber auch in Schweine haltenden Betrieben
Nach den Meldungen im Rahmen der Verbringungs- in Kombination mit Gülle- oder Gärrestaufbereitungs-
verordnung wurden nach Auswertung der Landwirt- verfahren zur Reduzierung von Nähstoffströmen (siehe
schaftskammer Niedersachsen im Wirtschaftsjahr auch Kap. 5.1 »Bauernhof Niedersachsen«).
2013/2014 rund 7,4 Mio. t Wirtschaftsdünger wie
Gülle, Festmiste und Gärreste in Biogasanlagen einge- Der Einsatz von Gülle und Mist in Biogasanlagen re-
setzt und energetisch genutzt. Hierdurch konnten rund duziert den Anteil an Anbaubiomasse im Substratmix
11 % der Gesamtleistung bereitgestellt werden. Vom und bietet weitere Synergien für die Betriebe, unter
Gesamtinput entfallen rund 33 % auf Gülle und Fest- anderem durch die Reduzierung von Emissionen und
mist, wodurch etwa 15 % des vorhandenen Wirt- Geruchsbelastungen bei der Ausbringung, hygienische
schaftsdüngerpotenzials energetisch genutzt werden. Vorteile, gezieltere Nährstoffverfügbarkeit und bessere
Transportfähigkeit der Gärsubstrate. Werden letztere in
Etwa 70 % aller niedersächsischen Biogasanlagen set- Biogasanlagen in Ackerbauregionen eingesetzt, tragen
zen mittlerweile Wirtschaftsdünger ein, wie auch die sie zum Nähstoffexport aus der Veredlungsregion und
Studie des Deutschen Biomasseforschungszentrums zu einer nachhaltigen Nährstoffnutzung von Phosphor
bestätigt. Ein deutlicher Anstieg des Einsatzes von und Stickstoff bei.
Gülle, Mist, Hühnertrockenkot und Gärresten ist ab
2005 zu verzeichnen und steht in direktem Zusam- Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 wurden rund 1,2 Mio. t
menhang mit der Einführung des NaWaRo-Bonus im Gärreste in Biogasanlagen zur Substratergänzung ver-
EEG 2004. Ihre Verwendung ist parallel zum Einsatz wendet. Weitere 1,6 Mio. t organische Bioabfälle und
von Energiepflanzen angestiegen. Dies zeigt den di- tierische Nebenprodukte (ohne Wirtschaftsdünger)
rekten verfahrenstechnischen Zusammenhang zwi- werden in den Koferment-Biogasanlagen verwertet.
schen den Stoffen. Somit waren 2013 rund 40 % der Inputsubstrate in
Den größten Schub erhielt die Nutzung der Wirt- niedersächsischen Biogasanlagen Nebenprodukte und
schaftsdünger in Biogasanlagen durch den Güllebonus Reststoffe.

Tab. 1: Einsatzstoffe niedersächsischer Biogasanlagen


Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 2014; Nährstoffbericht -
Landwirtschaftskammer Niedersachsen, 2014

Gärsubstrat-Input 2013 Stoffstrommengen Anteil an CO2-Vermeidung


elektrischer Leistung
(Mio. t) (%) (Mio. t)
Landwirtschaftliche
Reststoffe wie Gülle und
Festmist, Gärreste 7,4 11 0,8
Energiepflanzen sowie
pflanzliche Nebenprodukte 13,2 82 2,2
Bioabfälle (Fette, Flotate und
organische Abfälle) 1,6 7 0,3
Gesamt 22,2 100 3,3

15
4. Energiepflanzenanbau
4.1 Flächenbedarf
Niedersachsen verfügt über 2,6 Mio. ha landwirt- Kurzumtriebsgehölze mit Umtriebszeiten von weniger
schaftliche Fläche (LF), davon werden etwa 2/3 (rd. als 20 Jahren (KUP 450 ha) konnten ihren Anbauum-
1,9 Mio. ha) als Ackerland (AF) und rd. 0,7 Mio. ha als fang nur geringfügig ausweiten.
Grünland bewirtschaftet. Die Effizienz der Biogasanlagen konnte durch verbes-
Mit der Zunahme der energetischen Biomassenutzung serte Anlagenführung und Substratoptimierung über
war auch ein wachsender Substratbedarf verbunden. die Jahre gesteigert werden, wodurch auch der Flä-
Bundesweit wurden 2013 rund 2,1 Mio. ha Energie- chenbedarf pro erzeugter kWh kontinuierlich geringer
pflanzen zur Strom- und Wärmeproduktion oder für wurde. Sowohl der zunehmende Einsatz von Wirt-
die Gewinnung von Kraftstoffen genutzt. schaftsdüngern im Substratmix als auch der Einsatz von
In Niedersachsen wurde der Energiepflanzenanbau ge- Nebenprodukten und Futterresten, der Anbau im Zwei-
genüber 2011 um 30.000 ha auf 341.000 ha (12,9 % kultursystem und die Nutzung von Zwischenfrüchten
der LF) ausgeweitet. 82 % dieser Fläche wird zur Bio- haben die Flächeninanspruchnahme für die Biogaser-
gaserzeugung mit einer hohen Flächen- und Energieeffi- zeugung trotz deutlich erhöhter Biogaskapazitäten na-
zienz genutzt. Im Landesmittel wurde somit auf 10,6 % hezu konstant gehalten.
der LF (2011: 9,3 %) Biomasse für Biogas erzeugt. Insgesamt wurde 2013 auf 260.000 ha Ackerkulturen
Während die Substratproduktion für Biogas in direk- für Biogas angebaut, daran hat der Maisanbau auf-
tem Bezug zur Anzahl der Biogasanlagen gewachsen grund seiner hohen Leistungsfähigkeit mit 220.000 ha
ist, ist der Anbau von Raps für die Biodieselherstellung den Hauptanteil (85 %). Andere Energiepflanzen
mit ca. 45.000 ha und die Erzeugung von Getreide (30.000 ha), wie Getreideganzpflanzen und Zucker-
und Zuckerrüben für die Bioethanolerzeugung mit ca. rüben, aber auch Ackergras, Durchwachsene Silphie,
15.000 ha seit 2011 weitgehend konstant geblieben. Szarvasi-Gras/Riesenweizengras, Mischkulturen, Son-
Auch Festbrennstoffe wie Miscanthus (240 ha) oder nenblumen, Sida und Zwischenfrüchte gehören in vie-

Abb. 10: Energiepflanzenfläche nach Verwendungsbereichen 2013

Niedersachsen Deutschland

Bioethanol
Biodiesel
Biogas

Niedersachsen Deutschland*
LF in ha 2.639.468 16.700.000
Energiepflanzen in ha 341.000 2.114.500
Anteil an LF 12,9% 12,7%
davon Biogas 10,6% 7,0%
Produktlinie
Bioethanol 4,4% 9,5%
Biodiesel 13,2% 35,3%
Biogas 82,1% 54,7%
Festbrennstoffe (KUP, Miscanthus, etc) 0,3% 0,5%

Tab. 2: Energiepflanzenfläche nach Verwendungsbereichen, 2013 Quellen: GAP-Daten 2013; Niedersächsisches Ministerium
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz;
*FNR e.V., 2013

16
len Betrieben zum festen Bestandteil im Substratmix. aus extensiver Bewirtschaftung vermehrt in Anspruch
Insbesondere die Zuckerrübe ist mittlerweile ökono- genommen. 24 % der niedersächsischen Biogasanla-
misch und verarbeitungstechnisch dem Mais gleich- gen stehen in der Grünlandregion. Rund 20.000 ha
wertig. Darum nimmt der Anbau der Biogasrübe ge- Grünland, vorrangig späte Aufwüchse, werden zur
rade in den maisstarken Regionen wie dem Emsland, Biogassubstratgewinnung genutzt. Hier bietet auch
der Grafschaft Bentheim oder dem LK Rotenburg der Einsatz von Futterresten (Mais- und Grassilage)
kontinuierlich zu. Im Rahmen des EEG 2012 wurde hohe Synergien und optimiert die Flächeneffizienz im
auch der Landschaftspflegebonus für Inputmaterial Tierhaltungssektor.

ha 400.000

350.000 Biogas Grünland

Biogas Energiepflanzen Acker


300.000 Bioethanol

Biodiesel
250.000

200.000

150.000

100.000

0
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Abb. 11: Entwicklung des Energiepflanzenanbaus in Niedersachsen


Quellen: GAP-Daten; Landesamt für Statistik, Landwirtschaft in Zahlen, 2013; Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz, 2014

17
4.2 Regionale Schwerpunkte
In Niedersachsen zeigen sich, wie zuvor beschrieben, stallierten NaWaRo-Leistung um 129 MWel. ist die Flä-
deutliche regionale Unterschiede hinsichtlich der instal- cheninanspruchnahme gegenüber 2011 nur um 1,3 %
lierten Biogasanlagenleistung der NaWaRo-Anlagen. gestiegen. Der Flächenbedarf pro MWel. installierter
Diese steht in direktem Bezug zu regionalen Energie- Leistung ist um 5 % gesunken
pflanzenflächen. Der Flächenbedarf zur Rohstoffver- In den Landkreisen Rotenburg, Celle, Cloppenburg,
sorgung einer mit nachwachsenden Rohstoffen betrie- Oldenburg und Heidekreis sowie zusätzlich seit 2012
benen Biogasanlage mit einer Leistung von 500 kWel. in Diepholz und im Emsland liegt die Energiepflan-
variiert je nach Ertragspotential des Standortes, ein- zenfläche mit einem Anteil von 15 bis 20 % der LF
gesetztem Substratmix und Effizienz der Anlage von deutlich über dem Landesdurchschnitt. In den Land-
150 bis 230 ha. Die Effizienz der Biogasanlagen ist in kreisen Hameln-Pyrmont, Lüchow-Dannenberg, Graf-
den letzten Jahren stetig gestiegen. Ein Großteil der schaft Bentheim, Gifhorn, Lüneburg, Nienburg/Weser,
Biogasanlagen setzt neben Energiepflanzen anteilig Harburg und Ammerland liegt der Flächenbedarf der
Gülle ein, wodurch sich der Flächenbedarf weiter re- Biogasanlagen im Bereich von 10 bis 15 % der land-
duziert. wirtschaftlichen Flächen und damit ebenfalls über dem
Bei einem mittleren Flächenbedarf von 0,34 ha pro Landesmittel. In den übrigen niedersächsischen Land-
kWel. installierter Leistung wurden im Landesdurch- kreisen wird auf weniger als 10 % der landwirtschaft-
schnitt 10,6 % (2011: 9,3 %) der landwirtschaftlichen lichen Nutzfläche Biomasse für Biogasanlagen erzeugt.
genutzten Fläche (LF) als Substratgrundlage für die
Biogaserzeugung benötigt. Bei einer Zunahme der in-

Abb.12: Energiepflanzenanbau für die Biogaserzeugung in % der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF),Stand 12/2013
Quelle: GAP-Daten, 2013; Landesamt für Statistik, Landwirtschaft in Zahlen 2013; Niedersächsisches Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz 2013

Stadt BS, EMD, SZ,


Osterode
Leer
Wesermarsch
Wolfenbüttel
Holzminden
Region Hannover
Osterholz
Friesland
Mittelwert
Cuxhaven
9,7%
Helmstedt
Goslar
Stade
Northeim
Wittmund Anteil Energiepflanzen
Uelzen Biogas an LF in
Verden Niedersachsen 10,6 %
Hildesheim
Schaumburg
Göttingen
Aurich
LK+Stadt Osnabrück
Peine
Vechta
Ammerland
Harburg
Nienburg (Weser)
Wolfsburg, Stadt
Lüneburg
Gifhorn
Grafschaft Bentheim
Lüchow-Dannenberg
Hameln-Pyrmont
Delmenhorst, Stadt
Emsland
Wilhelmshaven, Stadt
Oldenburg Stadt + LK
Heidekreis
Diepholz
Cloppenburg
Celle
Rotenburg (Wümme)

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
% an der LF

18
4.3 Energiepflanzen in der Praxis
Die niedersächsische Maisanbaufläche lag in 2013 mit
% 100 5% 4%
599.687 ha um rund 29.000 ha unter dem Anbauum- 12 % 15 % 11 % 6%
22%
fang von 2012 und auf etwa vergleichbarem Niveau 80 11 % 89 % 90%
33 %
wie 2011 (603.084 ha). Der Energiemais hat hieran 60
74 % 73%
einen Anteil von 37 % (2011: 34 %). Aufgrund seiner
55 %
guten Ertragsleistung und ökonomischen Attraktivität 40

bleibt Mais als Tierfutter und Rohstoff für die Biogas- 20


produktion die führende Kulturart.
0
Emsland Celle Cuxhaven Hameln- Region
Pyrmont Hannover
ha 700.000
Energiemais Mais ohne Energiemais LF ohne Mais
600.000
Abb. 14: Landwirtschaftliche Flächennutzung und Energiemais-
500.000 anteil am Beispiel ausgewählter Regionen

400.000
an der landwirtschaftlichen Fläche wie in 2011 zwi-
300.000
schen 6 % (Goslar, Göttingen) und 11 % (Schaum-
200.000 burg). In der Region Hannover wurde die Biogaserzeu-
100.000 gung deutlich ausgeweitet, hierfür wurden 4 % der
LF mit Energiemais bestellt, bei einem Maisanteil von
0
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014*
10 % an der LF. In einigen Ackerbaugebieten wur-
*Prognose
de Biogasmais in die bis dahin zwei- bis dreigliedrige
Energiemais Silomais Körnermais
Fruchtfolge aufgenommen.
Abb 13.: Anbauflächenentwicklung Mais und Energiemais in
Niedersachsen
In der Region Lüneburger Heide/leichte Ackerstandorte
variiert der Maisanteil an der LF zwischen 19 % (2011:
11 % Uelzen) und 26 % (Heidekreis). Der Energiemais-
Die landwirtschaftliche Flächennutzung unterscheidet anteil an der Maisanbaufläche beträgt zwischen 48 %
sich regionaltypisch und weist deutliche Unterschiede (2011: 42 % Harburg) und 63 % (2011: 59 % Celle).
hinsichtlich des Fruchtfolgeanteiles von Mais auf, die Im Landkreis Verden fließen 26 % (2011: 24 %) des
zwischen 50 % Anteil an der LF in Tierhaltungsregio- Maisanbaus in die Biogaserzeugung, wobei Mais ins-
nen bis zu 3 % an der LF in Südniedersachsen variieren. gesamt unverändert rund 23 % der landwirtschaftlich
Der Energiemaisanteil wurde für die Regionen auf Ba- genutzten Fläche einnimmt.
sis der Ende 2013 installierten elektrischen Anlagen- In Gebieten mit hoher Biogas- und Viehdichte führt der
leistung der NaWaRo-Biogasanlagen ermittelt. Hierbei zunehmende Maisanbau für die Biogasproduktion und
wurden der Rohstoffanteil von Grünlandflächen und die Tierhaltung dazu, dass der Mais in einigen Gemein-
der Anteil anderer Energiepflanzen als Mais berück- den deutlich über 50 % der Ackerfläche einnimmt. In
sichtigt. Durchschnittlich decken die niedersächsischen den Veredlungsregionen liegt der Energiemaisanteil an
NaWaRo-Biogasanlagen ihren Energiepflanzenbedarf der Gesamtmaisfläche zwischen 19 % (Vechta) und
zu 85 - 87 % mit Energiemais (Quelle: Betreiberbefra- 39 % (2011: 38 % Oldenburg). Der Landkreis Diepholz
gung DBFZ 2012). hebt sich weiterhin deutlich ab. 2013 lag der Maisan-
Während der Maisanbau für Biogas in den Veredlungs- teil an der landwirtschaftlichen Fläche bei 26 %, wovon
regionen die bereits hohen aus der Tierhaltung resul- 55 % zur Biogaserzeugung eingesetzt wurde.
tierenden Maisanteile verstärkt, erweitert Mais in den In der Grünlandregion wird Mais vorwiegend als Fut-
Ackerbauregionen die Fruchtfolgen. terpflanze genutzt, im Landkreis Cuxhaven nimmt der
Abbildung 14 zeigt eine Übersicht exemplarisch aus- Biogasmaisanteil rund 19 % der Gesamtmaisfläche
gewählter Landkreise der Tierhaltungsregionen (Ems- (27 %) ein.
land, Cuxhaven), der Region leichter Ackerbaustand- In Gebieten mit hohem Maisanbau haben sich das
orte/Mischregion (Celle) und der Ackerbauregion Landschaftsbild und die Artenvielfalt verändert. Auch
(Region Hannover, Hameln-Pyrmont). das pflanzenbauliche Risiko durch Schädlingsbefall
In den südniedersächsischen Ackerbauregionen flie- (Maiszünsler, Maiswurzelbohrer) ist gestiegen. Diese
ßen zwischen 50 bis zu über 90 % der Maisbiomas- Auswirkungen führen zu Akzeptanzproblemen und er-
se in die Biogaserzeugung. Hier liegt der Maisanteil fordern Nutzungskonzepte, die auch die Anforderung

19
56
37 18

Wittmund 2 Cuxhaven
13 29
Aurich Wilhelmshaven,
Stadt 16 Stade
Emden, Friesland
133 24 28 Elb
Stadt Wesermarsch 15 e
25 Harburg Lüneburg
13 Osterholz
s
Em Leer Ammerland 1
Oldenburg Rotenburg 74
Stadt 2 (Wümme) 32
106 74 Delmenhorst, 17 26
Stadt Heidekreis Lüchow-Dannenberg
Uelzen
Oldenburg
Cloppenburg 109 Verden
152 64

W
es
er
s
Em

Diepholz 40

r
Celle 43
46 Emsland Vechta Nienburg 37
(Weser) Gifhorn
Grafschaft 30
Osnabrück
Bentheim Wolfsburg
2
Stadt
Region Hannover
17 11 10
2 64
Schaumburg Peine Braunschweig
Osnabrück W
Stadt
eser
Stadt Helmstedt
25 9
23
SalzgitterWolfenbüttel
Hameln-Pyrmont Stadt
Hildesheim
Leistung in MW 2013
0 8 9
Holzminden Goslar
0 bis unter 5
22
5 bis unter 10 2
Northeim
10 bis unter 20 Osterode
NaWaRo-Anlagen 2013 am Harz
20 bis unter 30 18
30 bis unter 40 Energiemais
Göttingen
40 bis unter 70 Mais ohne Energiemais
LF ohne Mais 100 km
70 bis unter 100

Abb.15: Anteil Maisanbau und Energiemais an der LF

von Klima-, Natur- und Artenschutz sowie des Touris- tefrische oder silierte Rübe, als Mischsilage mit Mais
mus und der Landschaftsentwicklung berücksichtigen. oder als eingelagertes Rübenmus aus Erdbecken oder
Umso wichtiger ist die Einbindung anderer Kultur- Hochsilos zur Biogaserzeugung eingesetzt. Zahlreiche
pflanzen in die Rohstoffversorgungskonzepte der Bio- Biogasanlagen setzen Zuckerrüben ein, um die Pro-
gasanlagen. Der zunehmende Einsatz von anderen zessbiologie zu optimieren und um die schnelle Verfüg-
Energiepflanzen, wie z.B. Ganzpflanzen, Zuckerrüben, barkeit der Biomasse zur gezielteren Gasproduktion zu
Mischkulturen, Gras oder auch Wildpflanzen, hat sich nutzen. Gleichzeitig wird die Rühr- und Pumpfähigkeit
in den letzten Jahren immer mehr etablieren können. der Substrate erheblich verbessert. Biogasrüben wer-
Die Steigerung der Ertragsleistung dieser Kulturen, aber den im Spätherbst und bei direkter Zufütterung auch
auch die durch den Subtratmix erreichbaren positiven bis in den März hinein geerntet. Damit erfolgt eine op-
Effekte auf die Gärbiologie und Fortschritte bei Ernte- timale Ausnutzung der Vegetationszeit, was zu hohen
und Aufbereitungstechniken, sind weitere Gründe. Erträgen (80 t FM/ha), aber auch zur einer langen Bo-
denbedeckung und sehr geringe Restnitratgehalten im
Getreide als Ganzpflanzensilage oder Grünroggen Boden nach der Ernte führt. Dieses ist besonders für
haben sich trotz höherer Erzeugungskosten in vielen Wasserschutzgebiete von hohem Wert.
Biogasanlagen zur zweit wichtigsten Rohstoffkompo-
nente etabliert. Insbesondere bei hohen Flächenkosten Im Emsland und in der Grafschaft Bentheim wurden
können Zweikultursysteme bei ausreichend verfügba- 2014 rund 1.600 ha Zuckerrüben als Biogassubst-
rem Wasserpotenzial wirtschaftliche Vorteile bringen. rat angebaut und genutzt. Gerade in Regionen mit
Neben Winterroggen, Triticale und Gräsern gewinnen hohen Maisanteilen kann so in der Fruchtfolge eine
Zuckerrüben als hochenergiereiches Biogassubstrat in Auflockerung entstehen. Zuckerrüben haben hervor-
der Praxis durch gute Ertragsleistungen und verbesser- ragende Gäreigenschaften und liefern hohe Gaserträ-
te Aufbereitungsverfahren zunehmend an Bedeutung. ge pro Hektar. Um eine kontinuierliche Fütterung zu
Rund 5.000 ha Energierüben wurden 2013 als ern- gewährleisten, ist eine ganzjährige Versorgung und

20
eine Konservierung der Rüben sicherzustellen. Die- Auf rund 640 ha Flächen werden Silphie, weitere bis-
ses erfordert technische Lösungen zur Reinigung und her in unserer Region nur wenig bekannte Kulturarten,
Konservierung, wie sie derzeit von verschiedenen Ma- wie Sida hermaphrodita, eine mehrjährige Malvenart,
schinenherstellern am Markt angeboten werden. Die Rohrglanzgras oder das ertragreiche und trocken-
Prozessketten vom Acker in den Fermenter sind er- heitsresistente Szarvasi-Energiegras angebaut. Rie-
probt und mittlerweile sehr schlagkräftig. Auch gibt es senweizengras stammt aus nordamerikanischen und
prozesstechnische und wirtschaftliche Betrachtungen osteuropäischen Steppengebieten und gilt als vielver-
verschiedener Lagerungsformen wie Erdbecken, Hoch- sprechende Alternative im Energiepflanzenbau. Positiv
silo und Fahrsilo. Dabei haben sich im EDR-Interreg- zu bewerten sind die gegenüber dem Silomais niedri-
»GroenGas-Teilprojekt Biogasrübe« Zuckerrüben als gen Produktionskosten des Riesenweizengrases. Inte-
Fütterungssubstrat gegenüber Mais als wirtschaftlich ressant ist der Anbau vor allem auf Grenzstandorten,
gleichwertig erwiesen. erosionsgefährdeten Flächen und in Wasserschutzge-
Im Rahmen des deutsch-niederländischen Verbundpro- bieten.
jektes haben die KWS SAAT AG, die Nordzucker AG,
die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, das 3N
Kompetenzzentrum sowie weitere Unternehmen, wie
die RWG Emsland Süd und landwirtschaftliche Pilotbe-
triebe im Emsland, zusammengearbeitet, um verschie-
dene Verfahrensketten zur Aufbereitung und Lagerung
zu erproben und den Anbau von Biogasrüben zu stär-
ken. Die Ergebnisse sind unter www.biogasruebe.3-n.
info veröffentlicht.
Auch Hirsearten, Sonnenblumen und Mischkulturen
oder Ackergräser erweitern das Energiepflanzenspekt-
rum. Positive Züchtungsergebnisse und die Ergebnisse
aus bundesweiten und länderspezifischen Anbau- und
Ernteversuchen bestätigen das mögliche Leistungspo-
tenzial.
Der Mischanbau Silomais und Sonnenblumen für die
Biogasverwertung wurde auf rund 5.000 ha durchge-
führt. Getreide-Leguminosengemische sind in einigen
Regionen (Rotenburg) bereits etablierter Praxisanbau.
Durchwachsene Silphie wird als Dauerkultur beson-
ders zur Ergänzung der Blühstreifen und zur ökologi-
schen Aufwertung von Fruchtfolgen kleinflächig ein-
gesetzt und ist auch zur Biogaserzeugung geeignet.

Substrat und Kosten TS oT Biogas Methangehalt Energie Gestehungskosten


Variante (€/t) (%) (%) (l/kg oT) (%) (kWh/t) (ct/kWh)
Rübenmus
Erdbecken 50,49 23 96 800 55,8 986 5,12
Maissilage
Erdbecken 61,67 32 95 650 51,6 1020 6,05
Rübenmus
Hochsilo 53,83 23 96 800 55,8 986 5,46
Maissilage
Hochsilo 58,91 32 95 650 51,6 1020 5,78

Tab. 3: Gestehungskosten der Substratvarianten Zuckerrübe aus Hochsilo bzw. Erdbecken und Varianten des Silomais aus Fahrsilo aus dem
Projekt »Biogasrübe«

21
4.4 Artenvielfalt und Wildschutz
Blühstreifen bieten Schutz und Deckung, denn 70 % die Erntefenster in sensible Brut- und Setzzeiten heimi-
der Wildtiere leben in Saumzonen. Schneisen in gro- scher Wildtierarten fallen.
ßen Maisschlägen und blühende Feldrandstreifen ent- Präventivmaßnahmen, wie das Vergrämen durch An-
lang von Wegen, Gräben oder Natursaumbereichen bringen von Hilfsmitteln, wie Knistertüten (Müllbeutel,
tragen so zur ökologischen Aufwertung der Feldflur Flatterbänder) oder Duschradios, haben sich als erfolg-
und zur Verbesserung des Landschaftsbildes bei. reich erwiesen. Zudem empfiehlt sich das Absuchen
Insgesamt wurden 2014 in Niedersachsen 24.704 ha der Flächen mit einem brauchbaren Jagdhund, beson-
(2011: 17.868 ha) Schneisen (GAP-Codierung: 176 ders der vom Wild häufig frequentierten Saumberei-
& 177) mit Blühmischungen angelegt. In vielen Re- che von Acker- und Grünlandschlägen. Während der
gionen wurden hiermit bereits gute Erfahrungen ge- Mahd sollte das Mähverfahren (von innen nach außen
macht. Darüber hinaus wurden 2014 noch im Rahmen mähen) so gewählt werden, dass in der Fläche verblie-
der Agrarumweltmaßnahmen 9.900 ha einjährige und bene Tiere Möglichkeit zur Flucht haben.
200 ha mehrjährige Blühpflanzenflächen etabliert.
Im Rahmen des Projektes »Energie aus Wildpflan-
zen« der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. (LJN)
sollen weitere Erkenntnisse und Erfahrungen gesam-
melt werden, um praxistaugliche Konzepte für einen
nutzungsintegrierten Naturschutz durch Wildpflan-
zenkulturen in Biogasfruchtfolgen voranzubringen. In
unterschiedlichen Regionen Niedersachsens wurden
2013 und 2014 25 Hektar mit standortangepassten
Wildpflanzenmischungen bestellt. Die begleitende
Forschung wird sowohl eine ökonomischen als auch
ökologische Bewertung der Blühpflanzenkulturen vor-
nehmen.
Einige Energiepflanzen wie Grünroggen können Ein-
fluss auf Wildtierarten nehmen, in dem zum Beispiel

4.5 Nutzungskonkurrenz
Die Erzeugung von hochwertigen Nahrungsmitteln derzeit notwendig sind. Beim Anbau von Energiepflan-
wird der eindeutige Schwerpunkt der niedersächsi- zen gelte es, die Aspekte der direkten und indirekten
schen Landwirtschaft bleiben. Ein Nebeneinander von Landnutzungsänderung zu berücksichtigen. Auch sind
Nahrungsmittelerzeugung, Bioenergie und auch stoff- die Nutzungsmöglichkeiten von Bioenergie von deren
licher Nutzung von Biomasse (wie z.B. Stärke für die Ökobilanzen und Nachhaltigkeitsbewertungen abhän-
chemische Industrie) ist trotz Konkurrenz um Flächen gig zu machen, damit ein hohes Maß an nachhaltiger
und um Rohstoffe aber möglich. Entwicklung erreicht wird.
Marktpreisschwankungen für Agrarrohstoffe und die Die Entwicklung von Pacht- und Kaufpreisen für land-
Bewertung von indirekten Landnutzungsänderungen wirtschaftliche Flächen zeigt deutliche regionale Unter-
führten zu kritischen Diskussionen über die Verwen- schiede in Niedersachsen und unterliegt verschiedenen
dung landwirtschaftlicher Rohstoffe in »Teller oder Einflüssen. In Regionen mit einer relativ hohen Anzahl
Tank«. In seiner Erklärung »Bioenergie – Herausfor- an Biogasanlagen kann eine erhöhte Flächennachfra-
derung und gemeinsame Verantwortung« spricht sich ge regional die Pachtpreise beeinflussen. Betroffen
der Beirat für Nachwachsende Rohstoffe am Nieder- hiervon sind die Tierhaltungsregionen, in denen das
sächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirt- Pachtpreisniveau bereits überdurchschnittlich hoch ist.
schaft und Verbraucherschutz unter der Prämisse, dass In anderen Regionen ist das Pachtpreisniveau trotz re-
der Vorrang der Ernährung und der Schutz weiterer lativ hoher Anzahl an Biogasanlagen und hohem An-
Funktionen der Landschaft für den Menschen zu ge- teil an Energiepflanzen auf der Ackerfläche deutlich
währleisten sind, für eine Nutzung von Energiepflan- niedriger geblieben.
zen aus, da diese zur Realisierung der Energiewende

22
5. Biogas als Systemdienstleister
5.1 »Bauernhof Niedersachsen«:
Nachhaltige Biomassenutzung in Biogasanlagen auf der Grundlage
der Wirtschaftsdüngerpotenziale in Niedersachsen
In Niedersachsen können verschiedene Schwerpunk- WD in unterschiedlichem Maße Investitionstätigkeiten
te der landwirtschaftlichen Produktion unterschieden voraussetzt. Mit dem Einsatz von WD gehen breit ge-
werden: leistungsstarker Ackerbau, intensive Milch- fächerte betriebswirtschaftliche Auswirkungen auf
viehhaltung und/oder hochverdichtete Veredelungs- die einzelnen Biogasanlagen einher. Als einer der aus
wirtschaft charakterisieren viele landwirtschaftliche ökonomischer Sicht zentralsten Punkte im Hinblick
Betriebe. Hinzugekommen ist in den letzten Jahren auf Verbringung und Verwertung einzelner Wirt-
die landesweite Biogasproduktion. Auftretende Nähr- schaftsdünger hat sich die Steigerung der Transport-
stoffüberhänge in Form von Wirtschaftsdüngern (WD) würdigkeit bzw. der Energiedichte des zu transpor-
verlangen mittlerweile nach einem überregionalen tierenden Gutes herauskristallisiert. Aus ökologischer
Nährstoffausgleich durch Verbringung in Bedarfsre- Betrachtungsweise zeigt die CO2-Äquivalentebilanz,
gionen. Die maßgeblichen Phosphatsalden der Kreise dass die Verbringung des WD in Biogasanlagen der
in der Veredelungsregion weisen deutliche Phosphat- Ackerbauregionen sinnvoll ist. Positive CO2-Bilanzen
überhänge von bis zu 54 kg P2O5/ha LF auf; in der für den Einsatz von WD in Biogasanlagen werden in
Ackerbauregion lassen hingegen negative Salden auf erheblichem Maße durch verringerte Lagerungsver-
einen Bedarf an Mineraldüngern schließen. Daraus luste, die Einsparung an alternativen Substraten und
ergibt sich ein großes Potenzial zum überregionalen die Reduktion von benötigtem Mineraldünger verur-
Nährstoffausgleich innerhalb Niedersachsens. sacht. Die Lagerungsverluste reduzieren sich dadurch,
Daher ist es das Ziel des Projekts »Bauernhof Nieder- dass der in die Biogasanlagen verbrachte WD gas-
sachsen«, die Potenziale und sowohl die wirtschaftli- dicht gelagert wird. Durch die energetische Nutzung
chen als auch die ökologischen Auswirkungen einer des WD können benötigte NaWaRo-Substratmengen
umfassenderen Nutzung von vorhandenen WD in Bio- reduziert werden und die frei werdenden Flächen
gasanlagen der niedersächsischen Ackerbauregionen einer Alternativnutzung zugeführt werden. Der nun
aufzuzeigen. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass zum verbrachte Wirtschaftsdünger reduziert zudem den
einen die ca. 149 Biogasanlagen der Ackerbauregion, Mineraldüngerbedarf, da in den Ackerbauregionen
die nur nachwachsende Rohstoffe einsetzen, mit aus- die Düngungseffizienz des WD im Vergleich zu den
reichend Wirtschaftsdünger beliefert werden könnten Nährstoffüberschussregionen erhöht wird. Somit zeigt
und zum anderen die ca. 337 bereits WD einsetzenden diese Studie Anknüpfungspunkte für einen überregi-
Biogasanlagen dieser Region ihren WD-Einsatzanteil onalen Nährstoffausgleich auf und trägt zur Lösung
erhöhen könnten, ohne dass es zu einem gravieren- der aktuellen Nährstoffdiskussion und der Suche nach
den Lieferengpass an Wirtschaftsdüngern käme. Wei- zukünftigen Handlungsalternativen bei.
terhin hat sich gezeigt, dass der Einsatz verschiedener

5.2 Rolle des Biogases bei der bedarfsgerechten Stromerzeugung


Bioenergieanlagen sind im Gegensatz zu Solar- und setzlichen Einspeisevergütung zu erzielen, muss ein
Windkraftanlagen in der Lage, die Stromerzeugung Anlagenbetreiber seinen Strom mindestens zum Re-
am fluktuierenden Bedarf zu orientieren. Diese Eigen- ferenzmarktwert verkaufen. Er ist dabei weder in der
schaft kann eine wichtige Rolle bei der mittelfristigen Höhe noch in der Wahl der Märkte beschränkt. Die
Umstellung der Energiewirtschaft auf 100 % erneuer- Vermarktung des Stroms erfolgt außerhalb des EEG.
bare Energien spielen. Das EEG 2012 hat deshalb In- Da er durch die Marktprämie gefördert ist, verliert er
strumente eingeführt, mit denen der Wechsel zur seine »grüne« Eigenschaft und kann nur als »Grau-
flexiblen Stromerzeugung unterstützt werden soll. strom« vertrieben werden. Jegliche Vermarktung als
Die Marktprämie senkt die vom Stromnetzbetrei- Ökostrom gilt als Doppelvermarktung und führt zum
ber gezahlte Vergütung ab und gleicht die Differenz Verlust aller Ansprüche aus dem EEG.
zwischen der EEG-Vergütung und dem Marktwert
des Stroms aus. Um einen Vorteil gegenüber der ge-

23
Die verbreiteste Form der Stromdirektvermarktung Vermarktungserlös zusammen, unterliegen jedoch
stellt die Bereitstellung von Regelenergie dar. Dabei ebenso wie die Regelenergiebereitstellung Markt-
handelt es sich um eine Systemdienstleistung der schwankungen.
vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland, um Ende 2013 nahmen bundesweit rd. 4.000 Biogasan-
kurzfristige Differenzen zwischen Stromangebot und lagen mit einer Gesamtleistung von 1.900 MWel. an
-nachfrage auszugleichen. Über diese Dienstleistung der Stromdirektvermarktung (Marktprämie) teil, was
wird die Einhaltung der Netzfrequenz und damit der 55 % der installierten Leistung entspricht. Die Wärme-
zuverlässige Betrieb des deutschen Stromnetzes garan- nutzung steht dabei nicht im Widerspruch zur bedarfs-
tiert. Übersteigt der Stromverbrauch das vorhandene gerechten Stromerzeugung. 87 % der beteiligten Bio-
Stromangebot im Netzabschnitt, wird sogenannte po- gasanlagen versorgen weiterhin ihre Wärmeabnehmer.
sitive Regelenergie abgerufen. Übersteigt das Strom- Die Flexibilitätsprämie wird noch in geringerem Maß in
angebot den Verbrauch, wird negative Regelenergie in Anspruch genommen, Ende 2013 waren 295 Anlagen
Anspruch genommen. Hierzu können z.B. Biogasan- mit einer Gesamtleistung von 150 MWel. beteiligt. Die
lagen durch eine kurzfristige Abschaltung des BHKW wichtigsten Voraussetzungen für die Stromdirektver-
beitragen. Je nach vereinbartem Modell wird diese marktung liegen in ausreichenden Speicherkapazitä-
Leistung zwischen wenigen Malen am Tag und weni- ten für Rohgas und Wärme sowie in einer ausreichen-
gen Malen im Monat für 2 bis 15 Minuten abgerufen. den Aufnahmekapazität des lokalen Stromnetzes für
Die bedarfsgerechte Stromerzeugung über einen eine höhere Einspeiseleistung. Bei Überschreitung der
längeren Zeitraum wird mit der Flexibilitätsprämie Speicherkapazitäten oder hohem Wärmebedarf kann
belohnt, deren Höhe sich an der zur Verfügung ge- überschüssige Stromleistung durch Power-to-Heat-
stellten variablen Einspeiseleistung orientiert. Weicht Verfahren in Wärme umgewandelt werden.
ein Einspeiser von der Grundlastfahrweise ab, indem Die Flexibilisierung der Biogasanlagen hat zu einem
er seine Stromerzeugung von Stunden mit niedrigem Zubau von BHKW geführt, ohne die produzierte
Marktwert in Stunden hohen Erlöses verlagert, kann er Strommenge zu erhöhen. Es wird angenommen, dass
seine Einnahmen entsprechend steigern. Biogasanla- 30 % der Leistung, die 2012 und 2013 installiert
gen haben die Möglichkeit, ihre Stromerzeugungsleis- wurde, dieser Flexibilisierung zuzuordnen ist. Im Jah-
tung maximal auf das fünffache der bisherigen Leis- resdurchschnitt werden somit nur 70 % der neu in-
tung zu erhöhen. Diese Bestimmungen können auch stallierten Leistung eingespeist. Die in Niedersachsen
von Anlagen wahrgenommen werden, die in früheren installierte Leistung von 877 MWel. reduziert sich dem-
Fassungen des EEG in Betrieb genommen wurden. Die nach um 30 % der 2012 und 2013 hinzugekommen
Erlöse setzen sich aus der Flexibilitätsprämie und dem Leistung zu 844 MWel..

5.3 Klimaschutz durch Biogas


Die Regierungskommission Klimaschutz der Nieder- Die Regierungskommission Klimaschutz führt Zahlen
sächsischen Landesregierung stellt in ihrer Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik beim Bun-
für eine niedersächsische Klimaschutzstrategie fest, desministerium für Ernährung und Landwirtschaft an,
dass die Substitution fossiler Energieträger durch Bio- die zeigen, dass die derzeit favorisierten Bioenergieli-
energie aus der Landwirtschaft nicht per se ein Beitrag nien in Deutschland bei Berücksichtigung indirekter
zum Klimaschutz ist, da auch im Zuge der Produktion Landnutzungseffekte nur einen geringen oder sogar
nachwachsender Energieträger Treibhausgasemissio- keinen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemis-
nen auftreten und wertvolle Ressourcen (z.B. Ackerflä- sionen leisten.
che, Nährstoffe, Wasser) benötigt werden. Für die Be- Beim Einsatz von Gülle zur Biogasproduktion besteht
wertung der Klimaschutzleistung von Bioenergielinien keine Flächenkonkurrenz mit der Nahrungs- und Fut-
sind daher sowohl die Netto-CO2-Äquivalente-Vermei- termittelproduktion, es treten keine Emissionen durch
dung als auch die Ressourceneffizienz der Emissions- Landnutzungsänderungen auf. Insgesamt ist bei der
minderung zu berücksichtigen. Die potenzielle Klima- Frage der Klimarelevanz, insbesondere bei den flächen-
schutzleistung der Bioenergieträger wird stark durch abhängigen Bioenergieformen, ein nicht unerheblicher
die Art der Verwertungslinie beeinflusst (WBA, 2007). Klärungsbedarf festzustellen. Durch den KWK-Bonus

24
im EEG sind die Bedingungen für die Wärmenutzung ist Strom nicht der einzige Nutzen, der entlang der
bei der Stromerzeugung aus Biogas verbessert wor- Biogaserzeugung entsteht. Gülle emittiert durch die
den. Bei Biogasanlagen, die ab dem 1.1.2012 Strom Vergärung im Fermenter weniger klimarelevante Gase.
erzeugen, besteht der Vergütungsanspruch nach dem Der Gärrest wird als Dünger auf landwirtschaftlichen
EEG nur, wenn der Strom in KWK erzeugt wird. Ver- Flächen eingesetzt und kann so energie- und ressour-
mehrt wird die verfügbare Wärmemenge (nach Abzug cenintensiv hergestellten Mineraldünger ersetzen.
des Eigenbedarfs an Prozesswärme) extern genutzt. So Die im Blockheizkraftwerk entstehende Wärme kann
sind zahlreiche Satelliten-BHKW in direkter Nähe zum zur Beheizung, Trocknung oder Desinfektion verwen-
Wärmekunden entstanden. Über moderne Nahwär- det werden. Diese bereitgestellten Zusatznutzen wer-
menetze werden kommunale Einrichtungen, Privat- den mit den Ergebnissen der untersuchten Anlagen in
haushalte oder Unternehme mit nahezu »erneuerba- Form von Gutschriften verrechnet.
rer« Wärme versorgt. In der Wirkungskategorie »Klimawandel« werden der
In Niedersachsen ersparen die Biogasanlagen nach Studie zu Folge pro kWh eingespeisten Stroms 452 bis
Berechnungen der HAWK Göttingen jährlich rund 764 g CO2-Äquivalente eingespart (siehe Abbildung
3,3 Mio. t klimaschädigendes CO2 (0,64 kg CO2,äq./ 16). Ein ergebnisrelevanter Faktor stellt insbesondere
kWhel.) und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum das regionsspezifische Substratangebot dar, wobei ein
Klimaschutz. Von der Georg-August-Universität Göt- hoher Wirtschaftsdüngerinput positiv in die Bewer-
tingen wurde in Zusammenarbeit mit dem 3N Kom- tung eingeht. Weitere Einflussgrößen sind das umge-
petenzzentrum über eine ökobilanzielle Bewertung setzte Wärmenutzungskonzept sowie die Gasdichtheit
die potenziellen Umweltwirkungen von fünf Biogas- der Gärstrecke einschließlich des Gärrestlagers. Nicht
anlagen aus typischen niedersächsischen Regionen in allen Wirkungskategorien schneiden Biogasanlagen
untersucht. Die Standorte der Biogasanlagen liegen in besser ab als das fossile Vergleichssystem. Emissionen
der Ackerbauregion Südniedersachsen, der Lünebur- von Stickstoffverbindungen (z.B. Ammoniak), die bei
ger Heide, einer Veredelungs-, einer Milchvieh- sowie der Düngung freigesetzt werden, führen zu negati-
einer Mischregion. In diesen Regionen unterscheiden ven Ergebnissen in den Wirkungskategorien »Versau-
sich die Anbaubedingungen für Biomasse sowie die erung« und »Eutrophierung«. Aus diesem Grund ist
Verfügbarkeit von Wirtschaftsdüngern zum Teil erheb- insbesondere bei der Ausbringung organischer Dünger
lich. Die Ergebnisse der Wirkungsabschätzung werden auf emissionsarme Techniken und eine zeitnahe Einar-
pro erzeugter Kilowattstunde elektrischer Energie an- beitung zu achten.
gegeben, was die Anlagen vergleichbar macht. Dabei

Abb. 16: Ergebnisse der Wirkungskategorie »Klimawandel«

CO2-Äquivalente (kg / kWhel.) Marginalstrom 789g / kWhel.


1,0 Marginalstrom
Diffuse Verluste
0,8
BHKW

0,6 Stromenergiebedarf

Radladerarbeit, Transport
0,4
Wirtschaftsdünger
Bauvorbereitung, Vorketten
0,2 Landwirtschaftliche
Produktion
0,0 Düngemittelsubstitution

0,315 0,269 0,337 0,226 0,025 Wärmegutschrift


-0,2
Netto Netto Netto Netto Netto Güllebehandlung

Netto

BGA 1 BGA 2 BGA 3 BGA 4 BGA 5


Ackerbau- Ackerbau- Veredlungs- Milchviehregion Mischregion
region region region
Südnieders. Lüneb. Heide

Quelle: Studie »Ökobilanzielle Bewertung von Biogasanlagen« Georg-August-Universität Göttingen

25
5.4 Wertschöpfung im ländlichen Raum
Für das Agrarland Niedersachsen mit seiner hochpro- der Ergebnisse basiert auf einer im Jahr 2013 auf 48
duktiven Landwirtschaft ist die Biogastechnologie von Biogasanlagen in sechs niedersächsischen Regionen
besonderer Bedeutung. Betrachtet man alle Geldflüs- durchgeführten Datenerhebung. Die durchschnittliche
se, die durch den Bau und den Betrieb einer Biogasan- Größe der befragten Biogasanlagen betrug 740 kWel..
lage entstehen, so verbleibt hiervon der überwiegende Die Mehrzahl der untersuchten Biogasanlagen steht in
Teil im ländlichen Raum. Dieses wurde im Rahmen der direkter Verbindung zu landwirtschaftlichen Betrieben.
von der Georg-August-Universität Göttingen durch- Die Ergebnisse geben Aufschluss über die getätigten
geführten Studie »Sozioökonomische Bewertung der Investitionen sowie den Umfang, die regionale Ver-
niedersächsischen Biogasproduktion« für verschiedene teilung der Wertschöpfung (Aufwendungen, Erträge)
Regionen in Niedersachsen anhand einer repräsentati- sowie die Arbeitsplatzeffekte der bis Ende 2012 errich-
ven Stichprobe untersucht. Den Schwerpunkt bilden teten Biogasanlagen in Niedersachsen.
Untersuchungen zum Beitrag der Biogasproduktion Die Investitionen, die mit der Errichtung einer Anlage
zur ländlichen Entwicklung. Im Vordergrund stand verbunden sind, werden vorwiegend im regionalen
eine Analyse der Auswirkungen der Biogasproduktion Umfeld getätigt. Auch die Aufwendungen für den
auf die Einkommen und die Arbeitsplatzsituation im laufenden Betrieb der Anlage kommen zum größten
ländlichen Raum. Teil lokalen Partnern zugute. Bei den Betriebskosten
Die Entwicklung im Bereich der Bioenergie, speziell der können jedoch saisonale Schwankungen auftreten
Biogasproduktion, ist von erheblicher Bedeutung für (Entwicklung der Preise auf dem Rohstoffsektor, Pacht-
die Struktur- und Einkommensentwicklung in der nie- preise etc.). Lediglich für spezialisierte Bereiche der An-
dersächsischen Landwirtschaft sowie die Wertschöp- lagentechnik und des Anlagenbetriebs werden auch
fung und die Kaufkraft im ländlichen Raum. Erst die überregionale Dienste in Anspruch genommen. Hierzu
Möglichkeit des Einstiegs in die Biogasproduktion hat zählen z.B. das Blockheizkraftwerk oder die Prozess-
vielen landwirtschaftlichen Betrieben eine Zukunfts- analyse. Die Rohstoffe für den Betrieb der Anlage wer-
perspektive eröffnet. Im Zuge des Ausbaus der Bio- den bei den meisten Anlagen vollständig vor Ort pro-
gaserzeugung sind zudem erhebliche Investitionsmit- duziert. Die gesamte Rohstofflogistik vom Anbau über
tel in ländliche Räume geflossen, die dort Einkommen den Transport bis hin zur Ausbringung des Gärrestes
schaffen und Arbeitsplätze sichern. Diese positiven Ef- bleibt fast ausschließlich in lokalen Händen. Die Erlöse
fekte der Biogasproduktion sind bislang allerdings nur für die Endprodukte Strom und Wärme fließen direkt
unzureichend quantifiziert worden; sie haben daher in in den ländlichen Raum. Zahlreiche Kommunen in Nie-
der öffentlichen Diskussion aktuell nicht dasselbe Ge- dersachsen haben diese Handlungschancen genutzt
wicht wie bereits quantifizierte, eher problematische und sich als Bioenergiedorf oder 100 % EE - Region
Effekte des Ausbaus der Biogasproduktion, z.B. die aufgestellt.
Wirkungen auf die Pachtpreise. Die von der Errichtung einer Biogasanlage am meisten
Die wichtigsten Untersuchungsergebnisse sind in der profitierenden Wirtschaftssektoren sind das Bauge-
nachfolgenden Tabelle 4 zusammengestellt. Ein Teil werbe, der Maschinenbau als auch textil-, holz- und

Tab. 4: Regionalökonomische Effekte durch Investitionen und Betrieb von Biogasanlagen

Bezugseinheiten Beträge je 1 MW Gesamtbeträge in Davon Davon in/aus


install. el. Leistung Niedersachsen bis 2012 in/aus übriger Bundes-
in Nds. bzw. pro Jahr* (783 MW) Niedersachsen republik u. Welt
Bereich in € in Tsd. € in Tsd. € in Tsd.€

Investitionen 3.990.473 3.124.542 2.186.040 938.502


Jährlicher Aufwand 1.382.404 1.082.422 1.023.864 58.559
Jährlicher Ertrag 1.833.901 1.435.945 1.249.041 186.904
Arbeitsplatzeffekte 2,49 Voll-AK ca. 1.944 Voll-AK auf 1 Voll-AK-Platz auf einer Biogasanlage
niedersächsischen sichert 1,25 Voll-AK-Plätze im vor-
Biogasanlagen und nachgelagerten Bereich in
Niedersachsen.**

* Gilt für die Rubriken jährlicher Aufwand / Ertrag; ** Berechnet nach der Leontief-Multiplikatorenanalyse, Quelle: Guenther-Lüebbers,
Plaas, Theuvsen: Bioenergieland-Niedersachsen, Sozioökonomische Bewertung der Biogasproduktion, April 2014

26
tion ergeben, sind im Gegensatz zu den meist einma-
% 100
ligen Investitionen jährlich wiederkehrend. Über 50 %
80 des jährlichen Aufwands einer durchschnittlichen Bio-
60
gasanlage machen die Kosten für Substrate aus (ein-
schließlich Kosten für Bergung und Ausbringung der
40 Gärreste). Größere Anteile entfallen ferner auf Repara-
20 turen (7,35 %), welche mit dem Alter der Anlage an-
steigen, sowie die benötigten Betriebsstoffe (ca. 9 %).
0
Investitionen Aufwand Erträge
72 % der Gesamtaufwendungen verbleiben im Land-
kreis, in dem die Biogasanlage errichtet worden ist.
Landkreis Niedersachsen Deutschland/Welt Biogasanlagen leisten daher einen erheblichen Beitrag
zur Wertschöpfung vor Ort und damit zur Entwicklung
Abb. 17: Regionalökonomische Effekte durch Investitionen und
Betrieb von Biogasanlagen der regionalen Wirtschaft. Empfänger der Geldströme
sind zu einem Großteil andere landwirtschaftliche Be-
triebe, ferner landwirtschaftliche Dienstleister sowie
metallverarbeitende sowie chemische Betriebe. Die der Einzelhandel und Handwerksbetriebe.
Ergebnisse zeigen, dass ein großer Teil der Investi-
Die Erträge der Biogasanlagen werden überwiegend
tionssummen der regionalen Wirtschaft, etwa örtli-
durch den Verkauf des produzierten Stroms und der
chen Handwerksbetrieben, zugutekommt. Im Mittel
Abwärme bzw. im Falle von Gasdirekteinspeisungsan-
fließen ca. 27 % der Investitionssumme in die Land-
lagen durch den Verkauf des Biogases erwirtschaftet.
kreise, in denen die Anlagen errichtet werden; weitere
Die Erträge stammen aufgrund der Möglichkeit, Strom
43 % verbleiben in Niedersachsen und nur 30 % der
aus erneuerbaren Quellen in die bestehenden Netze
Investitionssumme gehen in die übrige Bundesrepub-
einzuspeisen, zu großen Teilen von den Energieversor-
lik Deutschland oder das Ausland (Abbildung 17). Der
gern. Im Mittel stammen rund 42 % der Erträge aus
hohe Anteil von zusammen fast 70 % der Investitions-
dem Stromverkauf in dem Landkreis, in dem die Bio-
summen, der im Zuge des Baus von Biogasanlagen an
gasanlage steht, und weitere knapp 44 % aus dem
niedersächsische Unternehmen geht, ist nicht zuletzt
übrigen Niedersachsen. Die Erträge aus dem Wärme-
der Tatsache geschuldet, dass viele Anlagenkompo-
verkauf resultieren aus dem Absatz an private Haushal-
nenten aus der Stallbautechnik übernommen werden
te, Gewerbebetriebe oder öffentliche Einrichtungen in
konnten und diese Unternehmen in Niedersachsen
räumlicher Nähe zu den Biogasanlagen.
traditionell stark vertreten sind.
Die wirtschaftlichen Effekte, die sich aus den laufen-
den Aufwendungen und Erträgen der Biogasproduk-

27
6. Ausblick
Die Bioenergiebranche zählte 2013 bundesweit gut Biogasanlagen der Ackerbauregionen wird pflanzliche
126.000 Beschäftigte, wozu der Biogassektor mit etwa Biomasse ersetzt und Energie gewonnen. Gleichzeitig
50.000 Arbeitsplätzen beiträgt (Quelle: BMWi 2014). erfolgt dadurch eine Verringerung von Emissionen und
Die wirtschaftlichen Chancen für die Biogasbranche Nährstoffverlusten im Sinne von Klima- und Boden-
haben sich bereits durch das EEG 2012 deutlich ver- schutz. Mittlerweile stehen verschiedenste Verfahren
schlechtert und den Zubau von Anlagen begrenzt. zur Gärrest- und Gülleaufbereitung in der Erprobung,
Durch die Neufassung des EEG in 2014 wird die Bran- die sich unter Praxisbedingungen bewähren müssen.
che drastisch betroffen, denn neue Projekte haben Prozessoptimierungen bieten weitere Chancen für Be-
durch den Wegfall von Boni und Prämien und der Re- standsanlagen. Neue Verfahren, die auf der Grundlage
duzierung der Grundvergütung keine wirtschaftliche der »Pansenbiologie der Wiederkäuer« entwickelt wer-
Basis mehr, was sich in einem starken Arbeitsplatzab- den, eröffnen die Möglichkeit auch stark cellulosehalti-
bau entlang der gesamten Wertschöpfungskette und ge Reststoffe, wie Stroh oder Landschaftspflegemateri-
einem entsprechenden volkswirtschaftlichen Know- al effizienter als bisher zur Biogaserzeugung zu nutzen.
how-Verlust bereits jetzt niederschlägt. Durch die Neu- Bioraffinations- und Kaskadennutzungskonzepte ver-
regelungen des EEG geraten auch bestehende Bio- binden die Gewinnung spezieller Inhaltsstoffe, z.B. Pro-
gasanlagen finanziell unter Druck. Die Festlegung der teine oder Basischemikalien, mit der anschließenden
Höchstbemessungsleistung als Deckel für die Stromer- energetischen Restsubstratnutzung in Biogasanlagen.
zeugung von Bestandsanlagen verhindert Effizienzstei- Die »Power to Gas«- Technolgien und Verfahren zur
gerungen und damit auch Kostensenkung im Rahmen Methanisierung verknüpfen die Energienetze Strom
der genehmigten installierten Leistung. Insgesamt ist und Erdgas und bauen eine Brücke von der fluktuie-
deshalb nicht nur mit einer weitgehenden Stagnation, renden Windenergie zum bedarfsgerecht verfügbaren
sondern möglicherweise sogar mit einem Rückgang erneuerbarem Methan. Hier gilt es die Forschungsan-
der Biogaserzeugung zu rechnen. sätze weiterzuentwickeln und die Rahmenbedingun-
Auch Anreize zum Einsatz alternativer Energiepflan- gen für die Markteinführung dieser innovativen Ver-
zen, wie im EEG 2012 vorhanden, sind weggefallen, fahren zu öffnen.
wodurch die Wettbewerbsfähigkeit von Mais gegen- Die aktuell vereinbarten europäischen Klimaschutz-
über Alternativkulturen wieder steigen wird. Ob die ab und Energieziele sehen verbindliche Treibhausgasmin-
dem nächsten Jahr umzusetzende Greening Auflagen derungen um mindestens 40 % (gegenüber 1990),
ein Ausgleich hierfür sein werden, bleibt abzuwarten. eine Reduktion des Energieverbrauches um 27 % und
Greeningfähige Kulturen können energetisch genutzt den Ausbau der erneuerbaren Energien auf einen An-
werden, unterliegen jedoch Nutzungsbeschränkun- teil von mindestens 27 % am Energieverbrauch vor.
gen, so können z.B. Zwischenfrüchte erst im Folgejahr
der Ansaat geerntet werden. In einem zukünftig vermehrt auf erneuerbare Ener-
gieträger ausgerichteten Energiesystem kann Biogas
Chancen bieten sich lediglich für kleine Gülleanlagen zu einem »Systemdienstleister« werden und einen
mit einer Leistung bis zu 75 kWel., die es weiter zu eta- entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten, ei-
blieren gilt. Dieser Anlagentyp ist für Viehbetriebe be- nerseits durch eine bedarfsgerechte Stromproduktion
sonders bei Bestandserweiterungen und Stallneubau, andererseits durch die Option Biomethan in das vor-
zur Schaffung weiterer Güllelagerkapazitäten und zur handene Erdgasnetzt einzuspeisen und als Energie-
Verbesserung der Nährstoffausnutzung von Gülle und speicher zu nutzen.
Mist interessant. Durch Unterstützung der landwirt-
schaftlichen Betriebe bei der Schaffung der hierfür
erforderlichen Infrastruktur, z.B. zusätzlicher Güllela-
gerraum im Verbund mit einer Gülle-Hofbiogasanlage
würden vermehrt Betriebe diese Möglichkeit nutzen
können.
Biogas kann wesentlich dazu beitragen, die Nährstoff-
überschussproblematik der Tierhaltungsregionen und
den Nährstoffbedarf der Ackerbauregionen insbeson-
dere an Phosphor, einem der weltweit knappsten Gü-
ter, nachhaltig auszugleichen. Durch den Einsatz von
Gärresten, Festmist und separierter Güllefraktionen in

28
Weiterführende Literatur und Abkürzungsverzeichnis

Bioenergieland Niedersachsen: Sozioökonomische DLG-Merkblatt 368 »Stromvermarktung außerhalb


Bewertung der Biogasproduktion des EEG (2012)« Frankfurt (2011)
Guenther-Lübbers, W., Plaas, E. & Theuvsen, L. (2014): Maisanbau - Mehr Vielfalt durch Alternativen und
Georg-August-Universität Göttingen, Department für Blühstreifen
Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
Niedersächsisches Biogasforum am Niedersächsischen
Branchenzahlen 2013 und Prognose 2014 Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
Fachverband Biogas e.V. (2014) braucherschutz (2012)
Die niedersächsische Landwirtschaft in Zahlen 2011
Abkürzungsverzeichnis:
- Ergänzung
Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirt- % Prozent
schaft und Verbraucherschutz, (2013) € Euro
Erneuerbare Energien im Jahr 2013 Abs. Absatz
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) AF Ackerland
(2014) AG Aktiengesellschaft
AK Arbeitskraft
Nährstoffbericht in Bezug auf Wirtschaftsdünger BauGB Baugesetzbuch
für Niedersachsen 2012/2013 und 2013/2014 BGA Biogasanlage
Landwirtschaftskammer Niedersachsen (2013, 2014 BHKW Blockheizkraftwerk
unveröff.)
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und
Interreg IVA Groen Gas- Teilprojekt »Biogasrübe Energie
Projektbericht 2012«: Bzw. beziehungsweise
Vergleich der Bereitstellungskosten von Energierü- ca. zirka
ben- und Maissilagen als Substrate für Biogasanlagen CO2 Kohlenstoffdioxid
Autor: M. Schindler, Landwirtschaftkammer Hannover, Ct Cent
Herausgeber 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum
Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe e.V. (2012)
e. V. eingetragener Verein
Biogasrübe in der Ems-Dollart-Region EE Erneuerbare Energien
Diversifizierung der Rohstoffbasis für die Biogaspro- EEG Erneuerbare Energien Gesetz
duktion in maisstarken Anbausystemen mit besonderer etc. Et cetera
Schwerpunktsetzung auf die Erprobung, technische FM Frischmasse
Optimierung und Implementierung einer Produktions- FNR Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
technischen Prozesskette für Biogasrüben.
Autoren: Hermus, S, Pommerehne C, Jeche.U, van den GAP Gemeinsame Agrarpolitik
Berg A, Otten R, Temmen, Högemann J, R. Wijnhold K, ha Hektar
Herausgeber 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft
Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe e.V., 2012 und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen
Kap. Kapitel
Bioenergie Herausforderung und gemeinsame
kg Kilogramm
Verantwortung
KUP Kurzumtriebsplantage
Beirat für Nachwachsende Rohstoffe am Niedersächsi-
schen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und kW Kilowatt
Verbraucherschutz (2012) kWh Kilowattstunde
kWhel. Kilowattstunde elektrisch
Handlungsempfehlungen für eine natur- und KWK Kraft-Wärme-Kopplung
raumverträgliche Optimierung der Biogaserzeu- LK Landkreis
gung LF Landwirtschaftlich genutzte Fläche
Buhr N., Kanning H., Rode M., Steinkraus K., Wiehe J., LJN Landesjägerschaft Niedersachsen e.V.
Wolf U.;
Leibniz-Universität Hannover, Institut für Umweltplanung; m³/h Kubikmeter pro Stunde
(2012) max. maximal
Mio. Millionen
Ökobilanzielle Bewertung von Biogasanlagen un- MW Megawatt
ter Berücksichtigung der niedersächsischen Verhält- MWel. Megawatt elektrisch
nisse NaWaRo Nachwachsende Rohstoffe
Schmehl, M., Hesse, M. & Geldermann, J. (2012):. Re- Nds. Niedersachsen
search Paper Nr. 11 der Georg-August-Universität Göttin-
gen, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Schwerpunkt Nr. Nummer
Unternehmens-führung, Professur für Produktion und P2O5 Phosphorpentoxid
Logistik, Göttingen (2012) rd. rund
RWG Raiffeisen-Warengenossenschaft
Empfehlung für eine niedersächsische Klimaschutz- t Tonne
strategie u. a. unter anderem
Regierungskommission Klimaschutz, Niedersächsisches WBA Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik
Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
WD Wirtschaftsdünger
(2102)

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