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65 | Sommer 2022
DOMSPATZEN
Der älteste Knabenchor der Welt MAGAZIN
EDITORIAL INHALT
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reinklatschen sollte. Aber wenn es pflegen.
eben dann doch passiert, finde ich Tage alter Musik: Mit Oktoberfestplakat: Das
Mozarts Perlen ins Regensburger offizielle Plakat 2022 stammt von
Festival 2022 Leo Höfter, ehemaliger Domspatz.
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„Die Mädchen bekommen Zahl erwarten können. Von daher ja auch, unabhängig davon, ob nun
absolute Chancengleich- sind wir sehr zuversichtlich, dass Mädchen oder Jungen kommen.
die Mädchen sehr schnell Erfolge Pädagogisch sollte man im Blick ha-
heit“
haben werden. Da helfen die tägli- ben, dass es bei uns Jungen gibt, die
Trotz der Zweigleisigkeit von Mäd- chen Proben vom ersten Tag an und bislang in ihrer Kindheit vielleicht
chen- und Knabenchor sollen auch auch die Tatsache, dass es bereits kaum oder nicht selbstverständlich
die Mädchen vom breiten musika- einige Mädchen unter ihnen gibt, Kontakt mit Mädchen hatten, zum
lischen Angebot des Hauses profi- die als Quereinsteigerinnen schon Beispiel Buben, die keine Schwes-
tieren und sich mit den Traditionen Singerfahrung und gut ausgebildete tern zuhause haben. Diese müssen
eines katholischen Kirchenchors Stimmen haben. Ich bin zuver- wir sicher begleiten, weil Mädchen
identifizieren. Was bedeutet das sichtlich, dass die Mädchen bald zu sich in bestimmten Situationen
für die Chorarbeit im engeren Sinn, hören sein werden. Es ist auch ganz möglicherweise anders verhalten
aber auch für Stimmbildung und wesentlich für das Selbstverständ- oder auch anders behandelt werden
Instrumentalunterricht? nis dieses Mädchenchors und für wollen.
das Selbstbewusstsein der Mäd-
Christian Heiß: Die Mädchen chen an sich, bei täglichen Proben Und Buben, die Schwestern haben?
werden vom ersten Tag an so wie dann auch schnell präsent sein zu
die Buben täglich proben. Das ist wollen. Christine Lohse: Die sind den
unser chorisches Gepräge, unser Kontakt mit Mädchen gewohnt.
Tagesgeschäft. Sie werden auch Zwischenfrage: Über die Chorlei- Die Mädchen selbst kommen meist
aufgrund der Prägung eines Chors tung ist ja mittlerweile entschieden. aus einem gemischten Umfeld. Für
der Dommusik in der Hauptsache Wer hat das Rennen gemacht? sie ist es normal, in eine gemischte
geistliche Chorliteratur erarbeiten Schule zu gehen. Wir müssen aller-
– gleichstimmige Literatur. Da gibt Christian Heiß: Unter gut einem dings schon immer im Blick haben,
es eine ganze Menge zu entde- Dutzend Bewerberinnen hat sich wie die Überzahl der Jungen an
cken. Wie die Buben werden auch die 28-jährige Düsseldorferin Elena dieser Bubenschule im ersten Jahr
die Mädchen wöchentlich einmal Szuczies durchgesetzt. Sie verfügt wahrgenommen wird. Aber ehrlich
Stimmbildungs- und Instrumental- über eine hohe musikalische Quali- gesagt: Erfahrungen aus anderen
unterricht genießen können. Damit tät und hat trotz ihres noch jungen Schulen, die diesen Prozess auch
lösen wir das Versprechen ein, das Alters schon viel Erfahrung in der durchgemacht haben, zeigen, dass
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DIE ZUKUNFT DER DOMSPATZEN DIE ZUKUNFT DER DOMSPATZEN
Mädchen am Herzen liegen. Die „Ich weiß, dass die Jungs Wie viele von den erwarteten 30 ihnen machen, wie wir miteinander Rainer Schinko: Ich habe viele ge- Rainer Schinko: Auf der anderen
Kollegin wird Ansprechpartnerin für sich schon freuen“ Mädchen werden das Internat in Freizeit gestalten. Viele Dinge sind mischte Internate angerufen und Seite haben wir aber auch viele
alle Mädchen sein; so lange, bis es Anspruch nehmen? ja geschlechtsneutral. Ob man jetzt mit deren Leitern oder Pädagogen schulisch hervorragend begabte
nichts mehr zu besprechen gibt und Herr Schinko: Weil Sie im Herbst miteinander ins Theater geht, eine gesprochen, und das Erste, das mir Jungs. Auch das sind Leuchttürme –
die Mädchen keine Begleitung mehr eine neue Aufgabe als Priester Rainer Schinko: Das ist aktuell noch Nachtwanderung oder Schnee- aufgefallen ist: Da war die Verwun- da kann sich so manches Mädchen
brauchen. Und: So eine eigene übernehmen, ist es sozusagen Ihr schwierig zu sagen. Aber gemessen schuhwanderung macht, zum derung über die Frage groß, wie das strecken müssen, wenn sie dem
Ansprechpartnerin wird es auch am letztes großes Projekt als Internats- an der Nachfrage könnten es schon Skifahren fährt oder miteinander Miteinander von Jungen und Mäd- nacheifern möchte.
Nachmittag in Tagesbetreuung und direktor, das Internat der Domspat- auf Anhieb 20 Mädchen werden, kocht: Da gibt es vieles, was die chen funktionieren kann. Für die
Internat geben. Die Mädchen sollen zen für die Aufnahme von Mädchen die bei uns im Internat wohnen Jungs gerne machen und sicher war das eine Selbstverständlichkeit. Es kann also eine klassische Win-
wissen: In ihrem Ankommen hier an vorzubereiten. Welche Anforderun- werden. auch Mädchen gerne machen. Ein Für uns ist das aber nun definitiv win-Situation werden …
einer bisherigen Jungenschule ist gen räumlicher, aber auch pädago- Mädchen hat mich gefragt: „Kann etwas Neues. Die haben mit der
immer jemand da, der sich ihrer Sor- gischer Art sind dabei zu beachten? Wie stellt sich die Wohnsituation für man bei Ihnen auch Fußballspie- Frage also zunächst wenig anfangen Christine Lohse: Wird es!
gen und Themen annimmt, Themen, die neuen Internatsschülerinnen dar? len?“ Ja, selbstverständlich! Ein können, haben mich dann aber ger-
die wir vielleicht noch gar nicht im Rainer Schinko: Das Wichtigste anderes Mädchen hat angeregt, ne auf bestimmte Dinge hingewie- Eine Zukunft für „dieses
Blick haben. ist, dass die Mädchen sich bei uns Rainer Schinko: Die Mädchen ob man nicht eine Ballettgruppe sen. Dass man eben beispielsweise besondere Biotop“
wohlfühlen, und zwar genauso wie werden einen abgeschlossenen aufmachen könnte. Ich kann mir in der Wohnsituation bei Mädchen
Sie selbst, Frau Wohnbereich für durchaus vorstellen, dass in dieser einen separaten Bereich schaffen Herr Schinko, wenn Sie demnächst
Lohse, sind als sich erhalten. Sie Ballettgruppe, so sie denn ge- muss. Ansonsten ist es wie an einer das Haus verlassen: Was geben Sie
allererste Frau sind tagsüber, am gründet wird, auch ein paar Jungs normalen Schule: Für die Mädchen der Gemeinschaft der Domspatzen
an der Spitze des Vormittag in der mitmachen würden. Die Mädchen gibt es keinen eigenen Lehrplan, mit auf den Weg?
Domspatzen- Schule, am Nach- werden eine eigene Farbe in unser und insofern wird es auch im Mit-
Gymnasiums so mittag in der Stu- Internats- und Tagesschulleben einander, glaube ich, eine sehr gute Rainer Schinko: Die Domspatzen
etwas wie eine dierzeit, mit den bringen. Ich bin sicher, es wird für und vielleicht in der Vielfalt noch sind in der deutschen Bildungs- und
weibliche Vorhut. Jungs zusammen alle eine schöne Bereicherung und ein bisschen größere Möglichkeit Musiklandschaft etwas ganz Einzig-
Freut es Sie, dass – im Chor sind sie tut allen gut. geben, miteinander Freizeit und das artiges. Dieses besondere Biotop
das weibliche wieder separiert Leben im Internat zu gestalten. in die Zukunft zu führen, das ist
Element mit dem –, und am Abend Wird dann bei Präfektinnen im ein großes Gut – nicht nur für die
Mädchenchor wei- kommen sie dann Mädchenbereich berücksichtigt, „Da werden sich manche Diözese Regensburg, sondern auch
ter gestärkt wird? in ihren eigenen dass es vielleicht andere Grundbe- schon strecken müssen“ für die Gesellschaft insgesamt, hier
Wohnbereich. Soll- dürfnisse gibt, als Jungs sie haben? in Regensburg und bayernweit. Bei
Christine Lohse: te die Nachfrage Eine Zwischenfrage an Sie beide, uns arbeiten über 140 Menschen
Ja, das freut mich auch im kom- Rainer Schinko: Die Hälfte unserer Frau Lohse und Herrn Schinko. zum Wohl der Kinder; daran, dass
sehr, in erster Linie menden Jahr gut Präfekten ist schon jetzt weiblich, Es ist ja bekannt, dass Mädchen sie musikalisch zu Höchstleistungen
für die Mädchen, sein, wie sie sich insofern also auch prädestiniert für oftmals besser in der Schule sind als befähigt werden, dass sie schulisch
weil die nun auch aktuell abzeichnet, die Aufgabe im Umgang mit den Buben: Schafft das eine vielleicht ein gutes Fortkommen haben, dass
diese tolle Ausbil- gehen wir davon Mädchen. Wir haben vor einem heilsame Konkurrenzsituation? sie als Menschen einen Weg ins
dung bekommen. aus, dass nach halben Jahr eine Arbeitsgruppe Leben hineinfinden, der für jeden
Das war ja bislang zwei Jahren dieser eingerichtet, die das Kommen der Christine Lohse: Das ist sicher be- Domspatzen individuell, aber doch
für Mädchen gar nicht erreichbar. die Jungs, die bei uns hier schon zu- Wohnbereich in unserem soge- Mädchen inhaltlich vorbereitet. lebend, und mir kommt auch schon auch geprägt aus dieser Zeit ist.
Ich glaube, diese Institution bleibt hause sind. Das heißt, sie sollen ein nannten Rundbau zu klein wird. Die wird auch weiter bestehen, zu Ohren, dass Buben sagen: „Wow, Ich glaube, die Ehemaligen wissen
auch deshalb einzigartig für ganz Zuhause finden, sowohl im Internat, Dann wird es einen zweiten eige- wenn irgendwelche Dinge zu regeln die Mädchen machen ja immer ihre davon ein Lied zu singen.
Deutschland. Für die Buben freut aber auch am Nachmittag in der nen Wohnbereich für Mädchen im sind. Auch im Internat wird es eine Hausaufgaben, dann müssen wir das
mich, dass sie ein Stück Normali- Tagesschule. Die große Herausfor- Mittel- und Oberstufentrakt geben. Mädchenbeauftragte geben, die als auch.“ Darauf antworte ich: „Ja, wun- Welche Bedingungen braucht es,
tät in ihr Leben bekommen, die sie derung ist, dass jetzt Mädchen in direkte Ansprechpartnerin für die derbar!“ Da ist also möglicherweise damit dieser Weg fortgesetzt wer-
bislang nicht haben konnten, weil bestehende Klassengemeinschaften Mädchen-Fußball und Mädchen fungiert, so dass man da ein kleiner pädagogischer Schub den kann?
das Gymnasium eben die Schule hineinkommen als Quereinsteiger. Jungen-Ballett relativ frühzeitig wie ein Seismo- zu erwarten, den Lehrerinnen oder
für den Knabenchor war. Ich selber Es kommen nicht nur Mädchen graph schon erkennen kann, wenn Lehrer vielleicht nicht so hinkriegen, Rainer Schinko: Wichtig ist, dass
finde diese neue „Normalität“ gut, in die fünfte Klasse, sondern bis Wie wird die pädagogische Betreu- irgendwelche Bedürfnisse da sind, sondern die Mädchen durch ihre man nie das Ziel aus dem Auge
was aber wenig damit zu tun hat, zur elften Klasse in fast alle Jahr- ung der Mädchen im Internat sein? die wir nicht im Blick hatten. Arbeitshaltung. Freilich ist das auch verliert: Es geht nicht um die
dass ich eine Frau bin, denn mein gangsstufen. Das ist eine Heraus- ein wenig Klischee-Denken, aber ich Institution, sondern um die Kinder,
männlicher Vorgänger als Schullei- forderung, aber auch eine schöne Rainer Schinko: Nicht anders Haben Sie sich bei anderen ge- glaube schon, dass es etwas bewirkt. die hier singen, leben und lernen.
ter wollte das ja auch schon. Da war Aufgabe, diesen jungen Damen den als bei den Jungs, aber natürlich mischtgeschlechtlichen kirchlichen Aus eigener Erfahrung weiß ich auch, Wichtig ist auch, dass man jeden
die Zeit vielleicht noch nicht reif Einstieg zu erleichtern. Ich weiß, sensibel für die je eignen Bedürf- Internaten darüber erkundigt, wie dass Mädchen, die Musik machen, Beitrag, den jeder Bereich in unse-
dafür. Unabhängig davon, ob man dass die Jungs sich schon vielfach nisse und Wünsche von Jungen gut das Miteinander weiblicher und noch einmal eine ganz spezielle rem Haus leistet, wertschätzt, und
Mann oder Frau ist, freuen wir uns darauf freuen, dass die Mädchen und Mädchen. Da binden wir die männlicher Schüler funktioniert? Klientel sind. Da werden sich manche dass die Kommunikation zwischen
alle auf die ersten Mädchen nach kommen. Insofern wird dieser Ein- Kinder schon immer mit ein in die Buben schon ein bisschen strecken Chor, Gymnasium und Internat gut
1047 Jahren. stieg sicher ein guter werden. Konzeption dessen, was wir mit müssen, und das ist gut so. funktionieren und immer neu nach-
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DIE ZUKUNFT DER DOMSPATZEN MÄDCHENCHORLEITERIN
justiert werden muss. Die Wert- - für das Internat, Herr Schinko? melden, weil die Mädchen kommen
schätzung, die man den Kindern dürfen, weil die Schwester kommen
entgegenbringt, muss sich auch Rainer Schinko: Auch das Internat kann, die sonst gar nicht bei uns
in der kollegialen Wertschätzung wird von den Mädchen profitieren. aufgeschlagen wäre, das ist einfach
untereinander widerspiegeln. In Wir haben heuer mehr Interessen- toll. Insofern profitieren auch die
dieser Vielfalt der Bemühungen um tinnen, als wir in der Vergangenheit Knabenchöre. Wunderbar.
Kinder und Jugendliche, so glaube Aufnahmen an Internatsschülern
ich, haben die Domspatzen durch- in der fünften Klasse hatten. Das Christian Heiß: Wunderbar, so ist
aus eine gute Zukunft, und jetzt mit heißt: Auch der Fortbestand des es.
den Mädchen erst recht. Internats wird in seiner Zukunft
durch die Aufnahme von Mädchen „Die Mädchen werden
Anfragen bis aus Wil- gesichert sein. ihren eigenen Sound
helmshaven und Stuttgart finden“
- und für den chorischen Bereich,
Zurück zu Domkapellmeister Heiß: Herr Heiß? Zum Schluss noch ein Blick mit
Können Sie etwas darüber sagen, dem Domkapellmeister in die Zu-
wie die regionale Zusammenset- Christian Heiß: Wenn das Haus kunft: Wo wird der Mädchenchor
zung der künftigen Mädchengrup- voll wird, und das ist unsere große der Domspatzen in einigen Jahren
pe ist? Kommen die Sängerinnen Hoffnung, haben wir die Chance, stehen? Wie werden die Mädchen
überwiegend aus dem Großraum alle Chorgruppen in diesem Haus dann in den musikalischen Betrieb
Regensburg, aus Niederbayern und bestens aufstellen zu können. Wir vom Domdienst über Konzerte bis
der Oberpfalz oder auch aus ande- werden dann weiterhin da mit dabei zu Platten- und Fernsehaufnahmen
ren Teilen Deutschlands? sein, wo wir gern sind: in der Cham- integriert sein?
pions League der Chöre.
Christian Heiß: Es stellt sich zu- Christian Heiß: Die Mädchen wer-
mindest im Moment so dar, dass es „Ja, wir werden richtig den selbstverständlich eigenständig
ähnlich wie bei den Jungen ist: Ein aufblühen“ Gottesdienste im Dom musikalisch
großer Teil der Mädchen kommt aus gestalten. Sie werden in unseren
Regensburg und Umgebung, aber Christine Lohse: Ich bin optimis- Jahresplan der Chöre integriert sein
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OSTERN MIT DEN DOMSPATZEN OSTERN MIT DEN DOMSPATZEN
PALMSONNTAG
Missa in G.............................................Giuseppe Antonio Bernabei
Hosanna filio David ...........................Tomas Luis de Victoria
Christus factus est..............................Felice Anerio
KARMITTWOCH Trauermette
Incipit lamentatio...............................Giovanni Pierluigi da Palestrina
In monte Oliveti..................................Orlando di Lasso
Tristis est anima mea.........................Orlando di Lasso
Ecce vidimus eum...............................Marc´Antonio Ingegneri
GRÜNDONNERSTAG
Missa prima sexti toni.......................Giovanni Croce
Ubi caritas............................................Michael J. Trotta
Dextera Domini...................................Josef Gabriel Rheinberger
Also hat Gott die Welt geliebt.........Melchior Franck
In monte Oliveti..................................Jouzas Naujalis
KARFREITAG Trauermette
Aleph. Ego vir videns ........................Tomás Luis de Victoria
Caligaverunt ........................................Tomás Luis de Victoria
Tenebrae factae sunt ........................Marc´Antonio Ingegneri
Miserere mei, Deus............................Gregorio Allegri
KARFREITAG 15 Uhr
OSTERN MIT DEN Johannespassion ................................Wolfram Menschick
Popule meus........................................Tomás Luis de Victoria
REGENSBURGER DOMSPATZEN Crux fidelis...........................................Giovanni Pierluigi da Palestrina
Ave verum............................................Wolfgang Amadeus Mozart
O Domine.............................................Tomás Luis de Victoria
Endlich wieder „Ewige Gesänge“ Crucifixus .............................................Antonio Lotti
OSTERNACHT
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UKRAINE UKRAINE
„ICH HÄTTE MIR NIE VERZIEHEN, WENN schon für alle gekocht. „Aber er
will so schnell wie möglich wieder
gelistet. Für sechs Familien aus der
Ukraine hat er in der Stadt und im
aktuell bei Autohäusern nach, ob
sie ihm ein Fahrzeug zur Verfügung
richtet, um seinen Opa abzuholen, er und seine Mutter angespannt die Auto von Schnee und Eis befreit
sorgt für Gänsehaut. Der 18-jähri- Entwicklungen des Krieges. „Meine hatten, konnten sie weiterfahren.
ge Abiturient ist die 3700 Kilometer Mama hat viel geweint“, berichtet Sein Opa wurde in der Zwischenzeit
lange Tour fast alleine gefahren. „Ich er. Sie kam bereits vor seiner Ge- zusammen mit seinem Hund und
habe unterwegs kaum geschlafen“, burt nach Deutschland, hat aber ein wenig Gepäck in einem Auto bis
sagt er. Von Regensburg aus ging es bis heute noch viele Freunde in an die Grenze gebracht. Die Oma
der Ukraine, so dass von Adrian ist bereits 2017 gestor-
die Familie viele ben, so dass der Opa allein zurück-
Informationen aus blieb. Zwischen dem ukrainischen
erster Hand be- und den moldawischen Grenzpos-
kommt. So erfuhren ten liegen etwa ein Kilometer, be-
sie auch, dass ganz richtet Adrian. „Die Strecke musste
in der Nähe vom Opa zu Fuß zurücklegen.“ Endlich
Haus ihres Vaters konnten sie den Opa in die Arme
Luftangriffe geflogen schließen. Zurück ging die Fahrt.
wurden. „Ich habe An der Grenze zwischen Rumänien
gesagt, jetzt reicht und Ungarn mussten sie sieben
es, wir holen ihn Stunden warten. Es gab unter-
ab“, erklärt Adrian. schiedliche Spuren für die Reisen-
„Ich hätte mir nie den. „Ich war der Einzige mit einem
verziehen, wenn ihm deutschen Pass im Auto“, erklärt
etwas passiert wäre.“ Adrian. Seine Mutter, der Mitfahrer
Gemeinsam mit und der Opa hatten jeweils einen
seiner Mutter und
einem ukrainischen
ukrainischen Pass dabei und daher
wurden sie besonders kontrolliert. MUSIK UND GEBET FÜR FRIEDEN
Bekannten machte Bei Wien verließen Adrian die Kräf-
er sich mit dem Auto te und er überließ dem Mitfahrer Domkapitel und Domspatzen luden zum „Musikalischen Friedensgebet“
auf den Weg. das Steuer. Doch schon nach 100
mit Bischof Rudolf in den Dom St. Peter.
Die Fahrt wird Ad- Kilometern übernahm er wieder.
rian nie vergessen. „Ich wollte es allein schaffen“, sagt
„In den Karpaten
begann ein starker
Schneesturm“, be-
er. „Ich habe mich für alle verant-
wortlich gefühlt.“
Kaum in Regensburg angekommen,
I m gemeinsamen Gebet und in der
Sprache der Musik drückt sich
der Wunsch nach Frieden in der
die aktuelle Situation in der Ukrai-
ne. Sie wollten unbedingt mit ihrer
Kunst ein musikalisches Zeichen
ter und Dozent Ruslan Denysiuk
sang eine orthodoxe Fürbittenreihe
in Kirchenslawisch. Adrian Schmidt,
richtet er. „An einem musste der Opa ins Krankenhaus. Ukraine und in der Welt besonders setzen“ sagt Domkapellmeister ein Abiturient, dessen Mutter und
über Österreich, Ungarn, Rumänien Kreisverkehr riss es mir das Auto Er ist gesundheitlich angeschlagen, emotional aus. Die Domspatzen Christian Heiß. Bischof Rudolf Vo- Familie aus Odessa stammt, las die
nach Moldawien. „Wir konnten mei- weg.“ Es sei stockdunkel gewesen, wurde aber schnell wieder entlas- treten mit ihrem Gesang ein in derholzer stand diesem besonderen Fürbitten.
nen Opa nur noch an der südlichen gab an den Straßen keine Leitplan- sen und wohnt nun mit der Familie die Gebetsgemeinschaft mit allen Gebetsgottesdienst vor und erteilte
Grenze holen.“ Sein Opa lebte bis- ken und keine Lichter. „Es war rich- zusammen. Da Adrian nur wenig Gläubigen. Sie möchten der Hoff- den Segen. Die Domspatzen sangen 2000 Euro wurden von den Dom-
her etwa 40 Kilometer von Odessa tig unheimlich.“ Sie konnten nicht Ukrainisch spricht, unterhalten sich nung auf ein Ende des Leids durch unter der Leitung von Domkapell- spatzen als Kollekte für die Ukraine-
entfernt. Einen anderen Fluchtweg weiterfahren und haben an einer die beiden auf Russisch. „Es geht Krieg und Vertreibung eine Stimme meister Christian Heiß. Der mit Flüchtlingshilfe der Caritas Regens-
gab es nicht mehr. Tankstelle bei eisiger Kälte im Auto ihm gut und er fühlt sich wohl“, geben. „Selbstverständlich blicken seiner Familie aus der Ukraine ge- burg eingeworben.
Zunächst wollte der Großvater un- zwei Stunden geschlafen. „Es hatte sagt Adrian. Er gehe viel mit dem auch unsere Sänger mit Sorge auf flohene ukrainisch-orthodoxe Pries-
bedingt in der Ukraine bleiben. „Er minus 10 Grad und nach kurzer Zeit Hund nach draußen und habe auch
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TAGE ALTER MUSIK TAGE ALTER MUSIK
Programm:
Wolfgang Amadeus Mozart
(1756-1791)
Missa in C „Große Credomesse“
(KV 257)
Vesperae solennes de confessore
(KV 339)
Aufführende:
Chor
Regensburg Domspatzen
Orchester Nach gut eineinhalb Jahren tion beinhaltet ein umfangreiches
Hofkapelle München
intensiver Archivarbeiten liegt Fotoarchiv, das die unverwech-
Rüdiger Lotter, Konzertmeister
eine umfangreiche zweiteilige selbare Atmosphäre der ca. 300
Solisten Dokumentation der TAGE ALTER Konzerte in den historischen
Katja Stuber, Sopran MUSIK Regensburg vor. Das inter- Stätten in eindrucksvoller Weise
Dorothée Rabsch, Alt aktive Archiv umfasst die Jahre widerspiegelt.
Michael Mogl, Tenor
1984 bis 2021 und steht ab sofort Die Festival-Macher Ludwig
Joachim Höchbauer, Bass
frei zugänglich auf der Website Hartmann, Stefan Schmid und
Gesamtleitung des Festivals bereit. Paul Holzgartner bedanken sich
Domkapellmeister Christian Heiß Der erste Teil der Dokumentation herzlich für die Unterstützung
präsentiert sämtliche Druck- bei: Kerstin Radler, Mitglied des
erzeugnisse des genannten Zeit- Regensburger Stadtrats und Mit-
raums wie Prospekte, Programm- glied des Bayerischen Landtags
hefte und Presse-Almanache, die (Kulturpolitische Sprecherin der
alljährlich anlässlich des Festivals Landtagsfraktion FREIE WÄHLER),
veröffentlicht wurden. Auch der Achim Denzl vom DTP-Studio
Bildband 20 Jahre TAGE ALTER DENZL, und bei allen Fotografen
D ie Regensburger Domspatzen
brachten am 2. und 3. Juni ge-
meinsam mit der Hofkapelle Mün-
vor Pfingsten stattfinden konnte.
„Missa und Vesperae“, so lautete der
Titel des Programms in der Regens-
Nr. 67 in G-Dur. Die Solistenrol-
len sind besetzt mit Katja Stuber
(Sopran), Dorothée Rabsch (Alt),
MUSIK (1984 bis 2003) und die
Jubiläumsschrift 25 Jahre TAGE
ALTER MUSIK sind in dieser Do-
wie beispielsweise Florian Ebner,
Horst Hanske, Ralph Heilmann,
Tino Lex, Uwe Moosburger, Dieter
chen Mozarts große Credo-Messe burger Dreieinigkeitskirche. Dom- Michael Mogl (Tenor) und Joachim kumentation enthalten. Sämtliche Nübler und Hanno Meier.
(KV 257) und die „Vesperae solen- kapellmeister Christian Heiß hat Höchbauer (Bass). Die beiden Dokumente stehen zur benutzer-
nes de Confessore“ (KV 339) zu für den Abend musikalische Perlen Letztgenannten begannen ihre freundlichen Navigation als inter- Info und Dokumentation:
Gehör. Das Konzert am Freitag war von Wolfgang Amadeus Mozart Gesangskarriere bei den Regens- aktive E-Paper zur Verfügung. www.tagealtermusik-regensburg.de
die offizielle Eröffnung des Festivals ausgesucht. Die Hofkapelle bestritt burger Domspatzen. Der zweite Teil der Dokumenta-
„Tage alter Musik“ in Regensburg, einen Teil des Konzertprogramms
das wieder in gewohnter Form kurz mit Christian Cannabichs Sinfonie
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ABGESANG BAUMANN ABGESANG BAUMANN
ABGESANG FÜR DIE LEBERKAS-SEMMEL men. Um die tut es mir sehr leid.
Besonders die Domspatzen haben
und Essiggurkenstreifen belegte
Semmel. „Der Baumann gehörte
Öffnungstag versammelten sich
deshalb alle Schüler der Klas-
wir immer gemocht und sie uns“, für uns irgendwie fast zum Haus. sen zehn bis zwölf, um unter der
Der Baumann hat zu. Eigentlich unvorstellbar. Der direkt neben dem Campus der sagt Peter Baumann. „Die Domspat- Momentan können wir uns noch Leitung des Domkapellmeisters ein
zen werden auch mir fehlen“, sagt nicht vorstellen, dass die Türen dort Ständchen zu singen. Ein Mitarbei-
Domspatzen gelegene Supermarkt war seit Jahrzehnten die bequeme Einkaufs
Martin Baumann, freut sich aber für immer zu sind“, so Judenmann. ter-Quartett steuerte passender-
möglichkeit für Schüler und Mitarbeitende. Mit einem Ständchen und dem berühmten genauso auf die Zeit danach: „60 Er dankte der Familie und den Mit- weise das bei früheren Domspat-
„Leberkas-Quartett“ verabschiedeten sich die Domspatzen für immer von Stunden in der Woche Arbeit, auch arbeitenden des Supermarkts für zen-Generationen zum Standard
„ihrem“ Supermarkt. bei Krankheit und fast nie Urlaub – die wunderbare Nachbarschaft. gehörende „Leberkas-Lied“ bei.
es muss ja noch was anderes geben Es war eine Ehrensache, dass sich Im Wortsinn ein ganz besonderer
im Leben.“ Was aus der Ladenfläche die Domspatzen in besonderer Schlussakkord für alle. Der Abge-
werden soll, die wie das gesamte Weise von der Familie Baumann sang für den „Baumann-Leberkas“.
Haus der Familie gehört, weiß er verabschieden wollten: Am letzten
noch nicht. Vermieten? Zur Woh-
nung umbauen? „Mal schauen, das
lassen wir jetzt auf uns zukommen.“
„Gemma zum Baumann!“, wie oft
war das aus Domspatzen-Mund zu
hören? Generationen von Schülern
genossen es, für die berühmte „Ein-
Euro-Leberkassemmel“ einfach mal
schnell über die Theobald-Schrems-
Straße zu laufen. Es soll auch vorge-
kommen sein, dass sich die Dom-
spatzen eher mit ungesunder Ware
wie Kartoffelchips, Schokolade oder
Cola eingedeckt haben. Wolfgang
Judenmann, stellvertretender
Schulleiter des Domspatzen-Gym-
nasiums überblickt viele Jahrgänge
und war auch selber regelmäßig
Kunde im Laden der Baumanns. Er
bevorzugte die mit kaltem Leberkäs
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LOSLASSEN · NACHRUF
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Sonstiges Nachruf
Geburtsdatum Beruf Rosa-Maria Oswald
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MONTEVERDI MOZARTEUM HartmannLudwig@aol.com MÄDCHENINTERNAT
KONZERT-KRITIK
Paukenwirbel
und Jubelstürme DOMSPATZEN ÖFFNEN AUCH
REGENSBURG. Welch spektakulärer
Beginn! Kräftige Paukenwirbel ertö-
nen von der Empore der „Alten Kapel-
le“ herab, gefolgt von Fanfarenstößen
INTERNAT FÜR MÄDCHEN
der Cornetti. Die berühmte Toccata aus
I
wa mit dem Einschub einer stilistisch
bruchlos sich einfügenden Flötensona-
te Dario Castellos, gestattet sich die m Juni des vergangenen Jahres freut sich Domkapellmeister Chris-
Aufführung von Monteverdis ausla-
dender Vesper-Vertonung, und warum gaben die Regensburger Domspat- tian Heiß über diese Entscheidung.
auch nicht: lässt Monteverdis Partitur
doch Varianten zu und erhebt noch zen bekannt, dass zukünftig zusätz- Die Domspatzen müssten wieder zu
Kulturreferent Wolfgang Dersch, Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, Andreas Kissenbeck vom Jazz Institut der Hochschule für Musik und
Theater München und der Künstlerische Leiter Christian Sommerer (von links) trommeln für das 41. Jazzweekend von 14. bis 17. Juli. FOTOS: KATHARINA KELLNER
nicht den Anspruch, ein unantastbar
lich zu den Jungen auch Mädchen eine der besten Adressen des Lan-
gen, ebenso begeistert wie niveauvoll gestern auf der Bühne des sondern
Thon-Ditt- sen auch im
strickte der Internat
neue künstlerischeaufge-
Lei- aus Aberdeen an, die Gymnasiums einsteigen.
Pilsner Jazz Band Amateurfestival Voraus-
gewesen. Mittlerweile
E
per-Interpretation feierlich-gravitä- glücklich, dass das kommende Jazz- Wolfgang Dersch (links), hier mit Uli markt soll den Künstlern den Aus- sang und verschiedene Instrumente
nde Mai war die berühmte Ma- Domspatzen sei für ihn eine große studierende der Oratorienklasse tisch zu, sondern manchmal geradezu weekend in Präsenz und mit internati- Zrenner-Wolkenstein am Bass, hat tausch untereinander erleichtern. kennenlernen. Das ganze Programm
tänzerisch, was durch den Einsatz von onalem Publikum stattfinden könne, einst Jazzposaune studiert. ist unter www.jazzwe.de zu finden.
rienvesper von Claudio Monte- Freude und Ehre gewesen. Es sei und Studierende des Departments Schellentrommel oder Glockenklän-
gen unterstrichen wird.
verdi in einer besonderen Fassung in Regensburg alles hervorragend für Alte Musik am Mozarteum und Als das letzte „Amen“ von Monte-
bereits zu Lebzeiten bezeichnet wurde. auch Fred Flassig (Cello) und Stefan
kapellmeister Christian Heiß und den Domspatzen ein. Damit wurde der In ihrer norditalienischen Heimatstadt
war Isabella als Sechzehnjährige in
leben, darunter eine Messe, ein Magni-
ficat und Psalmvertonungen.
In klangprächtiger Homophonie er-
tönten dabei die Stimmen des „Kleinen
Baier (Orgel) über ihre sonstige Conti-
nuo-Rolle hinaus eigenständige Beiträ-
seinem tollen Knabenchor war in Regensburg und liturgische Charakter den Ursulinen-Orden eingetreten, wo
sie ihrer musikalischen Berufung
Für die klangliche Realisation sorg-
ten, unter der ebenso klaren wie ener-
Vocalconsorts“, gelegentlich auch ein-
mal von polyphonen Abschnitten
ge leisteten. Reichen Beifall zollte das
Publikum allen Ausführenden am
grandios“, sagte Andresen. Das dem Mozarteum in der Marienvesper Voll belegt sind die Sitzreihen in der
„Alten Kapelle“, denn nicht nur Mon-
nachgehen und zahlreiche meist geist-
liche Werke publizieren konnte.
gischen Leitung von Hans Pritschet
das „Kleine Vocalconsort Regensburg“
durchsetzt oder von Passagen abgelöst,
in denen die Stimmen von Marina Szu-
Schluss und wurde dafür noch mit der
Wiederholung eines hochvirtuosen
Mitwirken der Regensburger Salzburg. Gesangs- besonders betont. teverdis selten zu hörende Musik hat
angelockt. FOTO: DIETEL
Eine repräsentative Auswahl aus
Isabella Leonardas Schaffen war zu er-
und das mit zwei Violinen und Conti-
nuopart besetzte Ensemble „La Sfera“.
dra (Sopran), Christopher Zehrer (Al-
tus), Gustavo Sanchez (Tenor) und Do-
„Amen“ aus der Psalmvertonung „Do-
mine ad Adiuvandum“ belohnt. (mdg)
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INTERVIEW MIT RAINER SCHINKO INTERVIEW MIT RAINER SCHINKO
so etwas überhaupt bei den Dom- war für die Kinder und Jugendlichen Wie Menschen hier gelitten haben,
DIE DOMSPATZEN INS HEUTE HOLEN spatzen gegeben hat. Ich bin als
Externer hier ins Haus gekommen,
eine Katastrophe. Ich weiß noch,
was der Koch damals berichtet hat,
wie ihre Persönlichkeit teilwei-
se verbogen worden ist, das hat
und für mich waren die Domspat- in diesem schlimmen Vierteljahr durchaus Auswirkungen auf unsere
Der scheidende Internatsdirektor Rainer Schinko blickt im Interview auf die zen zunächst einmal ein hervor- 2010: Dass die Essensmenge um 20 pädagogische Arbeit gehabt. So
21 Jahre seiner Amtszeit zurück ragender, weltberühmter Chor. Prozent gestiegen ist… gibt es etwa ein institutionelles
Das Renommee der Domspatzen
und die Freude, wenn sie irgend- Frustessen also …
Als Internatsdirektor der Regensburger Domspatzen hatte Domvikar Rainer Schinko mit vielen Baustellen zu tun: Mit wo aufgetreten sind, das hat mich
der Sanierung und dem Neubau von Gebäuden, mit dem Aus- und Umbau bei der Personalentwicklung, vor allem aber einfach begeistert. Und dann wurde Schinko: Ja, das typische
mit dem Wiederaufbau des angeschlagenen Vertrauens, das die Missbrauchsdebatte zu einem Überlebensthema für 2010, im Januar, Februar, bekannt, Frustessen. Da merkt man,
die Domspatzen gemacht hatte. Nach 21 Jahren im Amt verlässt der 1970 in Gangkofen geborene Niederbayer nun dass es Missbrauch auch bei den was das mit den Kindern
seine bisherige Wirkungsstätte, um eine Pfarrei zu übernehmen. Im Interview spricht er über die wichtigsten Stationen Domspatzen gegeben hat, was für gemacht hat. Es war
und die einschneidendsten Erlebnisse aus einer bewegten und fordernden Zeit. mich etwas völlig Neues war. Das ein großer emotionaler
hat mein Bild der Domspatzen nach- Zwiespalt: auf der einen
haltig verändert. Von da an war der Seite gab es das unheim-
und tätig sind. Ich habe aber auch irgendwann möchte man dann eben Blick auf diese Institution, der man liche Mitleid mit den
viele Tragödien erlebt. in einer Pfarrgemeinde tätig sein, selber vorsteht, nicht mehr ganz so Opfern und das Gespür
um mit Menschen zusammen das zu ungetrübt. Andererseits habe ich dafür, dass hier wirklich
Können Sie dafür ein Beispiel tun, was andere Pfarrer auch immer die Möglichkeit erhalten, nicht nur menschliche Katastrophen
nennen? schon gemacht haben. darunter zu leiden, sondern durch stattgefunden haben, und
die Aufarbeitung auch wirklich aktiv auf der anderen Seite war
Schinko: Etwa wenn ein Elternteil Warum wird es jetzt speziell Meng- etwas zu verändern. zu sehen, dass man das
eines Schülers stirbt. Einmal – das kofen? selber ganz anders erlebt. Schutzkonzept, es gibt verbindliche
war ziemlich am Anfang meiner Wie schockiert haben Ihre Inter- Verhaltensrichtlinien für Mitarbeite-
Amtszeit – ist nach dem Tod des Schinko: Mengkofen war von der natsschüler auf die ersten großen „Man ist selber Teil einer rinnen und Mitarbeiter, eine Selbst-
Vaters einer unserer Schüler ohne Diözese ausgeschrieben als Pfarrei, Missbrauchsberichte im Jahr 2010 Geschichte, die nicht ma- verpflichtungserklärung und einige
Eltern, nur mit dem Internat als die frei geworden ist. Ich habe sie reagiert? Dinge mehr. Es ist klar festgelegt,
seiner Heimat, aufgewachsen. Das mir schon angeschaut – es ist eine
kellos ist“ was im pädagogischen Alltag mög-
kord Ihres Vor-Vorgängers Herbert ten, von Konzertreisen etwa, die weitere Pfarrei gehören. Die Ge- nächst versucht, so wie ich auch, es tionen sind, dass sie mit in Haftung Auf der Homepage der Domspat-
Winterholler ein. Wie wehmütig man mitgemacht hat, und vielen meinde muss erst noch ein bisschen einfach wegzuschieben – nach dem genommen werden für etwas, das zen kann man das institutionelle
stimmt Sie der Abschied? Erlebnissen, die einfach das weitere zusammenwachsen, und das ist Motto: Das ist irgendwann in der Jahrzehnte vor ihnen passiert ist, Schutzkonzept nachlesen. Wie ist es
Leben prägen. Auf der anderen eine Aufgabe, die ich durchaus gern Vergangenheit geschehen. Als es aber in derselben Institution? entstanden?
Rainer Schinko: 21 Jahre hier bei Seite ist es nach 21 Jahren halt an annehme. Auf der anderen Seite dann aber immer drängender wurde,
den Domspatzen gewesen zu sein, der Zeit, auch mal wieder eine neue ist Mengkofen stark von ländlichen als die Übertragungswagen der Schinko: Zu diesem Gefühl hat es Schinko: Ab 2010 war klar: Wir
das ist schon eine Hausnummer. Herausforderung anzugehen. Strukturen und von einem traditio- verschiedensten Sender draußen tatsächlich eine Entwicklung ge- müssen ein schriftliches Prä-
Aber die Zeit ist unheimlich schnell nellen Christentum geprägt. vor der Tür standen, als Kinder nicht braucht. Das gilt für die Vorstände ventionskonzept entwickeln. Wir
verflogen. Es war der bisher größte Sie wechseln von der Seelsorge im mehr hinausgehen konnten, ohne im Haus, das gilt für die Kinder: haben das groß angelegt, ich habe
Teil meines beruflichen Lebens, und Internat in die Gemeindeseelsorge „Das hat mein Bild der dass sie ein Mikrofon unter die Nase Dass man irgendwann erkennt, man Präfekten, Schüler, Lehrer und
das prägt natürlich. Es prägt die als neuer Pfarrer im niederbaye- Domspatzen nachhaltig gehalten bekamen, als dann Miss- ist selber Teil einer Geschichte, die Eltern mit in das Entwicklungsteam
Sicht auf junge Menschen, auf sich rischen Mengkofen. Geht damit brauchsberichte im Fernsehen mit nicht makellos ist. genommen und ein institutionelles
wandelnde gesellschaftliche Kon- für Sie als Geistlicher ein Herzens-
verändert“ aktuellen Chorbildern aufgetaucht Schutzkonzept entwickelt, das wir
stellationen, auch auf die Kirche. wunsch in Erfüllung? Ihre Jahre bei den Domspatzen sind, da war auf einmal eine große Was waren darüber hinaus die wich- seither immer wieder im regelmäßi-
Und es bewegt sich vieles, weil die hatten ein großes Leitmotiv: Bau- Stille im Haus, aber auch eine große tigsten Lehren aus der Missbrauchs- gen Turnus aktualisieren. Das The-
jungen Menschen immer wieder Schinko: Wenn man Priester wird, stellen. Das gilt architektonisch, innere Wut. affäre, was waren die wichtigsten ma Missbrauch ist bei uns ständig
ganz andere Fragen haben. Das wird dann möchte man für eine Ge- organisatorisch und auf dem Feld Maßnahmen bei Aufarbeitung und präsent, damit es im Bewusstsein
sicher anders werden in einer länd- meinde da sein. Ich habe das Fehlen der Krisenbewältigung … Um mit Warum Wut? Prävention? bleibt, dass die alltägliche pädagogi-
lichen Pfarrgemeinde, wo noch viel einer „normalen“ Gemeinde nie als dem Letztgenannten zu beginnen: sche Arbeit von Prävention geprägt
Traditionelles stattfindet. Ich habe Defizit empfunden, so lange ich bei Wie stark war Ihre Amtszeit von der Schinko: Weil die Schüler ihr eige- Schinko: Die größte Lehre, die aus sein muss.
unendlich viele interessante Men- den Domspatzen war, denn auch Missbrauchsdebatte geprägt? nes Domspatzen-Dasein ja ganz der Missbrauchsdebatte insgesamt,
schen bei den Domspatzen ken- hier ist die Seelsorge eine große anders erlebt haben. Die Berichte gesellschaftlich, kirchlich und auch Themenwechsel: Umbau-Maß-
nengelernt – Kinder, Jugendliche, Herausforderung, wenngleich bei Schinko: Gut die Hälfte meiner über das zu sehen, was gewesen ist, speziell bei den Domspatzen daraus nahmen im architektonischen Sinn
aber auch Erwachsene, die sich im meinen Aufgaben hier die Verwal- Amtszeit. Am Anfang stand für mich und ihr aktuelles Erleben – das ha- gezogen wurde, ist die, dass solche betrafen von 2001 bis heute die
Umfeld der Domspatzen bewegen tungsdinge überwogen haben. Aber erst einmal die Erkenntnis, dass es ben sie nicht zusammengebracht. Es Zeiten sich nie wiederholen dürfen. Dompräbende, das Mittelstufen-
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INTERVIEW MIT RAINER SCHINKO INTERVIEW MIT RAINER SCHINKO
Internat, die neue Grundschule und wagen angefahren, liefen die Kräne auf den Weg gebracht, das es bei War es die Missbrauchsdebatte, Vorständen zusammen angezettelt der Strukturierung eines pädagogi-
die fünfjährige Phase der General- – und das bis in den späten Abend den Domspatzen immer schon gab, oder gab es auch andere Gründe? habe, das hätte ich gerne noch ge- schen Betriebs, dass ich mit einem
sanierung. Wie gefordert waren Sie hinein. Wir mussten über Jahre nämlich die offene Ganztagsbetreu- macht, das gebe ich ganz offen zu. einzelnen Motto oder auch mit
da, und wie haben Ihre Zöglinge das sommers wie winters bei jedem ung. Als der Staat sagte „Okay, das Schinko: Missbrauch spielt eine Doch wie gesagt: Nach 21 Jahren mehreren Mottos vermutlich den
erlebt? Wetter, wenn man in die Schule bezuschussen wir auch“, waren die Rolle, aber sicher nicht die ent- ist es Zeit, Abschied zu nehmen und ganz unterschiedlichen Ansprüchen
oder zum Chor ging oder wieder Domspatzen die ersten, die einen scheidende. Der damals noch Neues zu wagen, denn irgendwann nicht gerecht geworden wäre. Ich
Schinko: Für mich war es tatsäch- zurück in die Studierzeit oder in den Antrag stellten. Mit den Zuschüssen wirklich sehr desolate Gebäude-Be- macht man so etwas dann nicht habe immer versucht, hinzuhören,
lich so, dass diese Umbau-Themen, Wohnbereich, außen rum über die konnte ich tatsächlich den Perso- stand, eine Schule, die man nicht mehr. wo der Schuh drückt, zu fragen, wo
diese vielen Sitzungen, die Ver- Straße gehen. Unter diesen Dingen nalschlüssel, der schon wegen der so wirklich präsentieren konnte, ist der Bedarf, was fordert die Zeit,
handlungen mit Handwerkern und haben unsere Schüler schon sehr Missbrauchs-Prävention für mich ein Internat, das in weiten Teilen Frustrierende Corona-Zeit, was brauchen junge Menschen,
Architekten teilweise wirklich den gelitten, aber ich hatte auch, so oft essentiell ist, um vier Präfekten im noch den Charme der 60er Jahre beglückende Weihe der
größten Teil meiner Zeit hier in An- sie darüber geschimpft haben, den Internatsdienst anheben. atmete, taten ein Übriges. Dann war
spruch genommen haben. Gerade Eindruck, dass ihnen klar war, da natürlich auch die demographische
Hauskapelle
die letzte Umbau-Phase, die ja sehr passiert etwas Wichtiges für die Und als die Zahl der Internatsschü- Entwicklung in der Gesellschaft ein Wenn Sie auf Ihre Zeit als Internats-
umfangreich war, hat mich sehr viel nächste Generation. ler abnahm: Musste da Personal Grund: Ein Einzelkind geben Eltern direktor zurückblicken: Was war
von meiner Arbeit als Internats- wieder abgebaut werden? weniger leicht in ein Internat, als Ihr frustrierendstes und was Ihr
direktor und Seelsorger abgehalten. Auch organisatorische Umbau-Maß- wenn drei oder vier Geschwister da beglückendstes Erlebnis?
Aber es war natürlich notwendig, nahmen standen in Ihrer Amtszeit Schinko: Wenn man pädagogische sind. Ein großes Problem war und
die Domspatzen auch baulich ins an: in der Personalentwicklung Standards einführt und weiter hal- ist, dass Kirche insgesamt einen Schinko: Das frustrierendste Erleb-
Heute zu holen und damit Voraus- ebenso wie bei der kontinuierlich ten will, ist das schwierig. Schon aus Imageverlust hinnehmen musste nis war definitiv die Corona-Zeit.
setzungen zu schaffen, dass junge abnehmenden Zahl an Internats- arbeitsrechtlichen Gründen konnte und kirchennahe Institutionen wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Menschen sich hier wohlfühlen schülern. Wie nervenaufreibend war die Personal-Rückführung bei ab- die Domspatzen plötzlich nicht in Kurzarbeit schicken zu müssen,
das für Sie? schmelzenden Internatsschüler-Zah- mehr so attraktiv sind. In der Zeit ein leeres Domspatzen-Internat
len nicht in gleicher Weise passie- von 2001 bis 2010 war Kirche in mit stillen Gängen zu erleben, wo
Schinko: Da muss ich etwas präzi- ren, wie ich den Personalschlüssel der Erziehung tatsächlich noch „eine keine Musik gemacht wird, wo kein
sieren. In den ersten zehn Jahren vorher aufgebaut hatte. Ein Beispiel: große Nummer“ gewesen, da waren fröhliches Jungen-Gejohle zu hören was brauchen die Mitarbeiterinnen
meiner Amtszeit habe ich eine Am Nachmittag sind ja alle Schüler Eltern stolz, eine kirchliche Schule, ist, wo keiner mehr spielt und keiner und Mitarbeiter, was braucht die
kontinuierliche Zunahme bei der des Gymnasiums in den Studier- ein kirchliches Internat für ihr Kind an die Tür klopft, das war furchtbar. Institution, und dann darauf zu re-
Zahl der Internatsschüler erlebt. Der sälen, nicht nur die Internatsschüler. zu wählen. Das hat sich mit der Schönste Augenblicke habe ich sehr agieren. Vielleicht war das ja schon
Höchststand war 2010/2011, also Es müssen also genügend Präfekten Missbrauchs-Debatte geändert. Was viele gehabt, etwa wenn Ehema- das Motto.
kurz bevor das G9 ausgelaufen ist da sein, damit in jeder Studiersaal- noch hinzukam, war der flächende- lige wieder zurückkommen, wenn
und zwei Abitur-Jahrgänge in einem klasse ein Präfekt sein kann. Dann ckende Ausbau der Ganztagsschu- sie sich an eine gute Zeit bei den Werden Sie die musikalische
Jahr abgegangen sind. Damals hat- ging es auch um Wochenend- und len, wodurch Internate nicht mehr Domspatzen erinnern. Ein schönes Atmosphäre bei den Domspatzen
ten wir knapp 220 Internatsschüler Nachtdienste im Internat: Diese in dem Maß logistisch notwendig Erlebnis war natürlich die Weihe der vermissen?
– eine Zahl, die man sich heute gar Zeiten mussten nach wie vor ab- waren wie zuvor. neuen Hauskapelle 2020, zwei Wo-
nicht mehr vorstellen kann. Von da gedeckt werden, egal ob jetzt zehn chen vor dem ersten Lockdown. Sie Schinko: Ich werde es definitiv ver-
und dass sie gut singen, lernen und an ging es mit den Zahlen bergab, Schüler da waren oder 35. Sie haben vor kurzem im Interview ist seitdem ein Raum der Ruhe für missen, dass schon beim Aufwachen
leben können. Ich meine, das ist ge- auch wegen der Missbrauchsdebat- von der großen Chance gesprochen, die Schüler geworden, wo sie sich irgendwo ein Klavier klingt, weil
lungen mit den Baumaßnahmen in te, aber für das nun folgende Schul- Im kommenden Jahr wie- die mit der Aufnahme von Mädchen zurückziehen können, wenn ihnen einer am Vortag seine Übungszeit
den letzten 15, 20 Jahren. jahr kann ich meinem Nachfolger der deutlich mehr Inter- bei den Domspatzen verbunden ist. der Trubel zu viel wird, wo Dom- vergessen hat, dass vom Nachmittag
Gott sei Dank in Aussicht stellen: Es Hätte es Sie nicht gereizt, dieses spatzen miteinander beten, mit- bis zum späten Abend das Singen
natsschüler
Abiturienten-Jahrgang: geht wieder aufwärts! neue Kapitel noch eine Zeit lang einander singen und ihre Schüler- der Chöre zu hören ist, dass viele
Schulzeit als permanente Was war die niedrigste Zahl an In- mitzugestalten? gottesdienste feiern. Insofern ist die einfach nur so musizieren, nicht weil
Bei der Personalentwicklung gab ternatsschülern in Ihrer Amtszeit? Kapelle ein wichtiger Ort im Haus. sie es müssen, sondern aus Freude
Baustelle es ebenfalls viel Bewegung in 21 Schinko: Ja, das hätte mich schon Mich freut es, wenn das als kleine an der Musik. Das alles wird mir feh-
Wie haben die Domspatzen selbst Jahren … Schinko: Die niedrigste Zahl gab gereizt. Zum einen, weil in der Ver- Hinterlassenschaft empfunden wird, len. Von meiner zukünftigen Pfarrei
das erlebt? es im letzten Schuljahr 2020/2021 bindung mit Mädchen ein komplett wenn ich nun weggehe. weiß ich, dass sie bisher noch
Schinko: Ich habe den Personal- mit 68 Internatsschülern. Das war neuer Farbton in die Domspat- keinen Kirchenchor hat. Ich werde
Schinko: Es hat einen Jahrgang von stand an Präfekten ausbauen eine Zahl, bei der ich dann auch mit zen-Landschaft kommt, ohne die Gibt es ein Motto, dem Sie im Um- versuchen, mein kleines musikali-
Abiturienten gegeben, die sich in können, weil es zu Beginn meiner den Präfekten reagiert habe. Jetzt Knabenchöre zu verwässern. Zum gang mit den jungen Menschen sches Erbe aus der Domspatzenzeit
ihrer Absolvia, ihrer Abitur-Zeit- Amtszeit die Möglichkeit gab, dass muss ich im Gegenzug wieder nach- anderen, weil gerade die Öffnung besonders gefolgt sind? dort als Pflänzlein zu hegen und
schrift, mit Baukleidung und Helmen der Freistaat Bayern neben den neu steuern, weil wir im kommenden eines reinen Knabeninternats für die Menschen, die Freude an der Musik
auf dem Gerüst präsentiert haben, eingeführten staatlichen Ganztags- Jahr deutlich mehr Internatsschüler Mädchen eine interessante Aufgabe Schinko: Meine Tätigkeit bei den haben, zum Singen zu animieren,
weil sie ihre Schulzeit als perma- schulen auch Privatschulen für die haben werden – wohl über 80. ist. Mein „letzter Wurf“ heuer war Domspatzen war so vielfältig und damit es mir nicht zu sehr fehlt.
nente Baustelle erlebt hatten. Da Ganztagsbetreuung gefördert und es ja, hier Wege zu ebnen. Und das bunt, von der Personalführung
gingen morgens um halb sieben die bezuschusst hat. Das heißt, die Was waren für Sie die Hauptgründe, in die Zukunft zu begleiten, auch pä- über arbeitsrechtliche Themen und
Presslufthämmer los, kamen Last- staatlichen Schulen haben etwas dass die Zahlen so zurückgingen? dagogisch, was ich mit den übrigen Seelsorge bis hin zur Pädagogik und Interview: Karl Birkenseer
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CANTABILE RÄTSELAUFLÖSUNG OKTOBERFESTPLAKAT
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KNABENCHORFESTIVAL KNABENCHORFESTIVAL
MEHR KNABENCHOR GEHT NICHT Das zweite Konzert teilen sich die
Regensburger Domspatzen unter
Mit der von Llorenc Casteló i Garri-
ga dirigierten Escolania de Mont-
eintauchen. Für wohlige Gänsehaut-
momente sorgen die Windsbacher
der Leitung von Domkapellmeis- serrat erlebt man eine faszinierende mit Josef Rheinbergers „Abendlied“,
Um ihr 75-jähriges Bestehen zu feiern, hatten die Windsbacher jetzt fünf Gastchöre aus ter Christian Heiß, früher selbst Überraschung: In diesem mehr als neue Facetten zeigen die Gäste aus
Mitglied dieses weltweit ältesten 700 Jahre alten Knabenchor singen Posen mit „Ameno“ der französi-
Deutschland, Spanien, Polen und Norwegen nach Nürnberg eingeladen. In gemeinsamen
Knabenchors, in St. Lorenz mit dem keine Männer, man hört nur Sop- schen New-Age-Popgruppe Era und
Konzerten präsentierten sie das Kulturgut Knabenchor in seiner ganzen Klangfülle. Nidarosdomens Guttekor, dirigiert ran- und Altstimmen. Das klingt an- „Imbakwa moyo“ auf Swahili.
von Bjørn Moe und an der Orgel fangs etwas ungewohnt, entpuppt Dann wird es eng im Chorraum,
Es war ein Festival der Superlative: Weit über sechs Stunden Konzert mit insgesamt 300 Sängern aus vier verschiedenen begleitet von Marilyn Brattskar. Der sich jedoch als wundervoll meditati- denn alle Sänger treten gemeinsam
Ländern, die zusammen über 2.800 Jahre Chorgeschichte dokumentieren und das bei einer Rekordhitze von über 35 Grad Traditionschor aus der Oberpfalz ver und schlichter Gegenpol
Celsius – besser als in den beiden großen Nürnberger Innenstadtkirchen St. Lorenz und St. Sebald konnte man diesen Tag stellt Motetten aus verschiedenen zur gewohnten Polyphonie.
einfach nicht verbringen. Jahrhunderten vor und wirft mit Auch hier gibt es zum Teil
dem „Vaterunser“ von Aleksandar Orgelbegleitung, gespielt
S. Vujić sowie dem „Ave Maria“ von von Mercè Sanchis. Was
Rihards Dubra auch einen Blick in besonders beeindruckt, sind
die Gegenwart. Die Gäste aus dem die talentierten Solisten.
norwegischen Trondheim, in dem Man hört Werke spanischer
ebenfalls ältere Männerstimmen Komponisten und das „Ave
mitsingen, beeindrucken durch Maria“ von Bernat Vivancos
einen frischen, kraftvollen Ton. kommt einem bekannt vor,
Fielen die polnischen Knabenstim- lehnt es sich doch an das
men durch fesche Hosenträger auf, bekannte Stück von Charles
tragen die Choristen hier purpurro- Gounod an, das wiederum
te Chorgewänder. Noten sucht man auf Bachs C-Dur-Präludium
bei den Knaben übrigens vergebens basiert. Das gemeinsame
– hier wird alles auswendig gesun- „Denn er hat seinen Engeln“
gen, selbst die drei Stücke aus Knut von Mendelssohn Bartholdy
Nystedts „Prayers of Kirkegaard“ beschließt das Konzert.
und Jon Laukviks „Discipline“ aus Kurzes Durchschnaufen und
dem Jahr 2013 – nomen est omen. dann geht es zum Finale
Auch dieses Konzert endet mit wieder nach St. Lorenz. Das
einem gemeinsamen Stück beider Konzert ist per Livestream
Chöre: Deutsche und Norweger weltweit im Internet zu se-
singen den „Sommarpsalm“ des hen und wird von BR-Spre-
Schweden Gustav Waldemar Åhlén cher Clemens Nicol, einem
– mehr Europa geht nicht. ehemaligen Windsbacher Sänger, auf und singen Marcel Duruflés
moderiert. Zuvor gibt es noch Gruß- „Ubi caritas“ und Bruckners „Locus
D er Windsbacher Knabenchor
feierte 2021 sein 75-jähriges
Bestehen. Das Knabenchorfesti-
dem Klang. War da eine Pandemie,
die den Chor zwei Jahre lang daran
hinderte zu singen? Davon ist –
sich die Jungs da – für den Moment
ist die Antwort klar.
Zurück in St. Sebald hört das Publikum
den offenbar auch recht gut durch die
Pandemie gekommenen Knabenchor
worte: Dr. Kerstin Engelhardt-Blum
überbringt als Regierungsvizepräsi-
dentin von Mittelfranken die Grüße
iste“: Kraftvolle Harmonien aus
über 300 Kehlen strömen in das
Gotteshaus, in dem die Windsba-
val sollte daher eigentlich schon zum Glück! – nichts zu merken. Da- Zeitgenössisch geht es auch mit Hannover unter Jörg Breiding, der der bayerischen Staatsregierung cher schon mehr als 500-mal die
im vergangenen Jahr stattfinden, für kann man gleich vier anlässlich dem Poznański Chór Chłopięcy nicht nur mit Sergej Rachmaninows und dokumentiert die Wertschät- traditionelle Motette gestalteten
doch Corona verhinderte auch des Jubiläums in Auftrag gegebene unter der Leitung von Jacek Sy- „Borogoditse Devo“ und „Beati mor- zung der Politik für die (nicht nur) – ein ergreifender Augenblick, den
das. Darum war man nun doppelt Kompositionen hören: „Musik“ von kulski weiter. Die Gäste aus dem tui“ für Männerchor von Felix Men- in Windsbach geleistete kulturelle man fast unkommentiert lassen
froh, endlich miteinander musizie- Wolfgang Eggert und „Kinder des polnischen Posen gefallen mit vol- delssohn Bartholdy gefällt, sondern Arbeit; Diakoniepräsident Michael möchte, würde einem da nicht das
ren zu dürfen: Jeweils zwei Chöre Lichts“ von Jan Sandström, wo der lem, sattem Klang, der an Kirchen- sich sogar an zwei Bachmotetten („Ich Bammessel spricht für das Kurato- Lied auf die Freundschaft einfallen,
teilten sich sozusagen attacca drei Klang wie eine Kerze anmutet, die glocken erinnert. Anders als bei den lasse dich nicht“ und „Der Geist hilft“) rium des Windsbacher Knabencho- das kurz zuvor noch die Norweger
Konzerte, bis man dann zum großen nach und nach den Raum erhellt; Windsbachern singen hier auch ein wagt. Sagt das Sprichwort, dass res, freut sich einfach über dieses angestimmt hatten. Und darin heißt
Abschlusskonzert in St. Lorenz noch das „Laudes Creaturarum“ von paar Männerstimmen mit, die die auch andere Mütter schöne Töchter „wunderbare Geburtstagsgeschenk“ es: „Vivat, crescat, floreat“ – „Sie
einmal alle sechs Ensembles er- Javier Busto ist mitreißend und die Schule schon etwas länger hinter haben, kann man das musikalisch und betont, wie intensiv man in möge leben, wachsen und blühen!“
leben durfte – zu guter Letzt dann Motette „Ich lebe mein Leben“ von sich haben. Der Blick über den umdeuten: Nicht nur in Windsbach Windsbach seine Persönlichkeit Diesen Wünschen ist nichts mehr
auch noch gemeinsam. Vytautas Miskinis könnte nicht nur nationalen Tellerrand zeigt, dass die wird mit Leidenschaft gesungen – entwickeln, sich selbst und dabei hinzuzufügen – außer vielleicht
durch ihr tonales Kreisen, sondern Tradition des Knabenchors auch in die Hannoveraner sind nur vier Jah- die Geheimnisse der Musik und des ein „Da capo“: Dankbarer Applaus
Die Eröffnung gestalten die Winds- auch ihre Botschaft so etwas wie Polen begeistert gepflegt wird. Den re jünger als ihre Gastgeber. Auch Glaubens entdecken könne. beendet das Festival zu Ehren des
bacher als Gastgeber in St. Sebald die „Hymne“ der Windsbacher wer- Abschluss macht das von Sykulski hier endet die Chor- nicht zwingend Nun singen alle Chöre noch einmal Jubilars aus Windsbach.
und beeindruckten einmal mehr mit den: „Bin ich ein Falke, ein Sturm dirigierte gemeinsame „Locus iste“ mit der Schulzeit, doch spätestens hintereinander und lassen das Pub-
Akkuratesse, Präzision und packen- oder ein großer Gesang?“, fragen von Anton Bruckner. mit 40 Jahren ist dann Schluss. likum in den „Kosmos Knabenchor“ Von Jan-Geert Wolff
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SCHÜLERTHEATER LESEORT MAGAZIN
Redaktion:
Marcus Weigl (Domspatzen)
presse@domspatzen.de
Druck:
STOLZ DRUCK GmbH
Unterholzener Straße 25
94360 Mitterfels
Fotos:
Christian Beirowski: S. 17
Eckart Ellermeier: S. 34
Hanno Meier: S. 18, 19
Christina & Wanja Ostrower: S. 24
Bernhard Spoettel: S. 26
Christian Vieracker: S. 28, 27
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TERMINE
KONZERTE 2022
So, 14.08., 12:30 Weihnachtskonzerte 2022
München, Olympiapark im Audimax Regensburg
GOTTESDIENSTE Sa, 17.09., 19:00
Essen, Philharmonie Di, 06.12., 19:30
IM DOM ST. PETER Do, 08.12.,19:30
Fr, 30.09., 19:00 Di, 13.12., 19:30
Ried (Österreich) Do, 15.12., 19:30
(Auswahl)
So, 02.10., 16:00 So, 18.12., 16:00
So, 18.09., 10:00 Budapest, Saint Stephen‘s Basilica Di, 20.12., 19:00
Kapitelsmesse Sa, 08.10., 20:00
So, 25.09.,10:00 Hamburg, Elbphilharmonie Alpenländische
Kapitelsmesse So, 09.10., 17:00 Weihnacht
Sa, 01.10., 15:00 Weiden, Kirche Herz Jesu
Sa, 03.12., 18:00
Investiturgottesdienst Ulm, Münster
So, 02.10., 10:00 Herbstkonzertreise Sa, 10.12., 19:00
Pontifikalmesse Fulda, Orangerie
Do, 20.10., 19:00
So, 09.10., 10:00 Regensburg, Dom St. Peter So, 11.12. 16:00
Kapitelsmesse Altötting, Basilika St. Anna
Fr, 21.10., 20:00
So, 16.10., 10:00 Chemnitz, Markus-Kirche Fr, 16.12., 19:30
Kapitelsmesse Heilbronn
Sa, 22.10., 19:00
So, 13.11., 10:00 Marienfeld, Abteikirche Sa, 17.12., 19:30
Kapitelsmesse (Ehemaligentreffen) Germering, Stadthalle
So, 23.10., 15:30
So, 20.11., 10:00 Paderborn, Dom Mi, 21.12., 19:30
Kapitelsmesse Bad Wörishofen, Kurhaus
Mo, 24.10. 20:00
Sa, 26.11., 15:00 Mühlhausen, Kornmarktkirche Fr, 23.12, 19:00
Vesper (Erster Advent) Bad Kissingen, Regentenbau
Di, 25.10. 20:00
So, 27.11., 10:00 Bad Neustadt, Stadthalle
Kapitelsmesse
Do, 27.10. 20:00 Tage Alter Musik 2023
So, 04.12., 10:00 Würzburg, Dom
Kapitelsmesse Do, 25.05., 20:00
Fr, 28.10., 19:00 Regensburg, Dreieinigkeitskirche
So, 11.12., 10:00 Stuttgart, Stiftskirche
Kapitelsmesse Fr, 26.05., 20:00
Sa, 29.10. 19:00 Regensburg, Dreieinigkeitskirche
So, 18.12., 10:00 Illertissen, Kollegskirche
Kapitelsmesse
So, 30.10., 16:00
Sa, 24.12., 15:00 Nürnberg, Allerheiligenkirche
Erste Vesper (Heilig Abend)
Kartenvorverkauf:
Sa, 24.12., 22:00
Christmette Advent www.okticket.de
kartenvorverkauf@domspatzen.de
So, 25.12., 10:00 Sa, 03.12., 18:00
Telefon: 0941 / 796 20
Pontifikalmesse (Weihnachten) Augsburg
So, 25.12., 15:00 So, 04.12., 16:00
Zweite Vesper Lappersdorf, Aurelium
Mo, 26.12., 10:00 So, 04.12., 17:00
Kapitelsmesse Passau, Dom
Sa, 31.12., 17:00 Fr, 09.12., 20:00 EHEMALIGEN-
Pontifikalmesse (Jahresschluss) Monheim-Baumberg, Friedenskirche
WOCHENENDE
Sa, 10.12., 19:00
Wilnsdorf-Niederdielfen,
12./13. November 2022
Herz-Jesu-Kirche
So, 11.12., 15:00
Genauere Infos zu den Terminen Neutraubling, St. Michael Informationen zum Ehemaligenwo-
(Gottesdienste und Konzerte) immer chenende gibt es rechtzeitig unter
So, 11.12., 18:00
aktuell: www.domspatzen.de „Alumni“ auf www.domspatzen.de.
Coesfeld, KonzertTheater
Sa, 17.12., 18:00
Wörth/Do., St. Petrus
So, 18.12., 17:00
München