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SkyHeli.

ch Ausgabe 8, 2022

CHF 14.–

■ RUAG als Super-Puma-Kompetenzzentrum


■ 25 Jahre Rotex - Interview mit Besitzer Urs Riebli
■ Helipilot der Pioniergeneration: Adolf Litzler
■ «Klopfer» in der Schweiz zurück: Heli-TV setzt Bell 205 ein
SINGLE [R]EVOLUTION

Leonardo bietet den Betreibern weltweit die größte Auswahl an Hubschrauberfähigkeiten.


Der AW09 ist ein einmotoriger Hochleistungshubschrauber der nächsten Generation und bietet die nötige
Vielseitigkeit, um mehrere Missionen erfüllen zu können.
Der AW09 kann bis zu acht Passagiere befördern, verfügt über die neusten Technologien und
Sicherheitsmerkmale, welche den Betreibern ermöglichen, weiter zu gehen und mehr zu tun.

leonardo.com
skyheli.ch Nr. 8, Ausgabe 2022

Inhalt

4 RUAG als Super-Puma-Kompetenzzentrum


Editorial

8 Heli-TV setzt neu einen Bell 205 A1++ ein Geschätzte Leserinnen und Leser
Gerne hören wir Piloten, Mechanikern und Flughelfern zu, wenn sie
ihre «Räubergeschichten» aus den Pionierjahren der Helikopterfliegerei
erzählen. Die Batterie des Helis nach dem Starten der Turbine ausbau-
13 25 Jahre Rotex: Interview mit Besitzer Urs Riebli en, um noch ein paar Kilogramm Nutzlast zu gewinnen oder Flughelfer
unter dem Heli im Betonkübel zur nächsten Baustelle transportieren
– die Pioniergeneration ist in vielen Bereichen an die Grenzen gegan-
gen. Immer hatten sie das Ziel vor Augen, Aufträge in der Arbeitsflie-
18 Russische Helis im Dienst der Balkan-Luftwaffen gerei oder Rettungsmissionen noch besser erfüllen zu können. So ist die
Schweizer Helikopterbranche weltweit zu einer Referenz geworden.
Auf das Erreichte darf die Schweizer «Helikopterfamilie» stolz sein.
Auf Bewährtem aufbauen und Neues wagen, das war das Erfolgs-
23 Rolf Heuberger – neuer CEO von Swiss Helicopter rezept. Neues zu wagen wird der Branche heute nicht einfach ge-
macht. Jede kleinste Änderung muss teuer zertifiziert und zugelassen
werden. Aber die gesamte Fliegerei steht wohl an der Schwelle eines
neuen Zeitalters.
28 Adolf Litzler, Helipilot der Pionierzeit, erzählt Heli-Besatzungen sehen besser als andere, wie schnell unsere Glet-
scher zurückschmelzen. Dass etwas passieren muss, darf nicht länger
nur als «grüne Spinnerei» abgetan werden. Klar, die Helikopterindust-
rie weist einen verschwindend kleinen Anteil am Gesamtausstoss von
35 Die Ära des SA315 Lama geht zu Ende Schadstoffen auf und es ist beim Helikopter besonders schwierig, die
fossilen Treibstoffe zu ersetzen. Doch das werden weder die Gesell-
schaft noch das Klima als Ausrede fürs Nichtstun akzeptieren.
Was heisst das konkret? Heute wissen wir es noch nicht. Alternative
Treibstoffe (Sustainable Aviation Fuels – SAF) sind ein Lösungsansatz.
43 Wie Mountainflyers mit VR-Simulatoren trainiert
Sicher scheint schon heute, dass die Branche ihre Wichtigkeit bes-
ser erklären muss, damit akzeptiert wird, dass Helikopter noch eine
ganze Weile auf konventionelle Treibstoffe angewiesen sind. Aber
es wird Veränderungen geben, neue Technologien werden kommen,
46 VRM Switzerland bietet bald H145 Simulator an wahrscheinlich lassen sich auch gewisse Einschränkungen nicht ver-
hindern. Zu hoffen, dass alles bleibt wie es ist, ist keine Option. Es ist
sicher kein Fehler, sich heute zu fragen, wie ein gesunder Helikopter-
betrieb unter veränderten Bedingungen morgen aussehen könnte. Es
49 Vierter Kopter-Prototyp soll bald fliegen wartet die spannende Perspektive, einen fundamentalen Wandel der
Luftfahrt erleben und mitgestalten zu können – so wie es die Pioniere
damals gemacht haben, so wie es Tüftler und Ingenieure bei Dufour
Aerospace, Kopter, VRM Switzerland und vielen anderen heute tun.
50 SHA kritisiert Alp-Wasser-Flüge der Armee Eugen Bürgler

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E-Mail: info@skynews.ch
Druck ISBN 978-3-9525568-1-8
Redaktion AVD Goldach, 9403 Goldach
Eugen Bürgler, Hansjörg Bürgi Auflage Titelbild: Ein AS332L1 Super Puma der Deutschen Bundes-
Druckvorstufe 10‘000 Exemplare, einmal pro Jahr polizei startet nach einem Wartungsaufenthalt bei RUAG in
Team media GmbH, 6482 Gurtnellen Alpnach. Foto RUAG

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Foto Eugen Bürgler

Die Super Pumas der deutschen Bundespolizei kommen auch für den Transport von Staatsoberhäuptern zum Einsatz. Auch Bundeskanzlerin
Angela Merkel flog jeweils direkt aus Deutschland ans World Economic Forum in Davos.

RUAG ist ein europaweites Super-Puma-Kompetenzzentrum

Deutsche Polizeihelis bleiben fit


Unterhaltsarbeiten an Super Pumas können in Europa etwa ein Dutzend Betriebe leisten. Aber die-
selbe Kompetenz wie RUAG haben nur gerade drei Firmen, der Hersteller Airbus eingeschlossen.
Deshalb erstaunt es nicht, dass in Emmen und Alpnach immer wieder ausländische Super Pumas
gewartet werden, so auch jene der deutschen Bundespolizei.

Text Hansjörg Bürgi Hilfe bei schweren Unglücks- und Katastro- nehmen nach an ein kleineres Modell, ver-
phenfällen im In- und Ausland oder für den gleichbar mit dem Airbus H135/145, sowie
Neben zivilen Kunden betreuen die RU- Luftrettungsdienst. Für die Spezialeinheit der ein Heli in der Zehn-Tonnen-Klasse. Für letzte-
AG-Helikopterspezialisten auch Super Pumas Bundespolizei ist der Super Puma eine leis- ren wurde eine Ausschreibung von rund 40 bis
verschiedener europäischer Streitkräfte. So tungsfähige Einsatzplattform. Für jedes Szena- 44 Exemplaren durchgeführt, welche sich nun
waren in Alpnach und Emmen schon mittel- rio müssen die Hubschrauber binnen kürzester in der Evaluierungsphase befindet. Das finan-
schwere Transporthelis aus diversen europäi- Zeit umgerüstet werden, was eine hohe Ver- zielle Volumen dürfte bei über einer Milliarde
schen Ländern, aber auch mehrere Maschi- fügbarkeit für den Erfolg der Einsätze voraus- Euro liegen. Beobachter rechnen damit, dass
nen der Bundespolizei zu sehen. «Zufriedene setzt. Mit RUAG hat die Bundespolizei einen neben den US-Anbietern Bell und Sikorsky
Kunden kommen wieder. Erneut konnten wir zuverlässigen Partner gefunden, der ihre Zeit- auch die europäischen Hersteller Airbus und
eine Ausschreibung des Bundesministeriums und Budgetvorgaben einhalten kann. Leonardo um den Auftrag kämpfen werden.
des Innern für die geplante Inspektion für den Die Bundespolizei Fliegergruppe betreibt
uns bereits bekannten Super Puma AS332L1 eigenen Angaben zufolge 94 Hubschrauber, Hol- und Bringservice von RUAG
der deutschen Bundespolizei gewinnen. wobei vier unterschiedliche Airbus-Typen ge- Die 2021 von RUAG gewonnene Ausschrei-
Schon 2020 hatten wir einen dieser Heli- nutzt werden: der Schulungshubschrauber bung der deutschen Bundespolizei beinhaltet
kopter bei uns im Hangar», freut sich Claudio EC120 Colibri, der Verbindungs- und Be- die Wartung gemäss den Inspektionsinterval-
Zeiter, Abteilungsleiter Verkauf bei RUAG. obachtungshubschrauber EC135T2i/+, der len nach 750 und 1500 Flugstunden sowie
leichte Transporthubschrauber EC155B so- drei und sechs Jahren nach den kalendari-
Freund und Helfer aus der Luft wie der mittelschwere Transporthubschrauber schen Fälligkeiten. «Die Wartung entspricht
Die 23 Super Pumas der deutschen Bundes- AS332L1 Super Puma. unserem MRO-Kerngeschäft und umfasst Heli-
polizei stehen täglich im Einsatz, sei es zur In Zukunft soll die Flotte jedoch wirtschaft- kopterzelle, Triebwerke, dynamische Kom-
Überwachung der Grenzen, für den Transport licher und die Typenvielfalt auf zwei Muster ponenten, Avionik sowie das kundenspezifi-
von Polizeikräften bei Grosseinsätzen, für die reduziert werden. Gedacht wird dem Ver- sche Mission-Equipment. Das Einmalige bei

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diesem Auftrag ist, dass der Helikopter von
zwei RUAG-Werkspiloten und einem Mecha-
niker von Bonn, dem Hauptsitz der Bundes-
polizei-Fliegergruppe, nach Emmen und nach
erfolgter Wartung wieder nach Deutschland
überflogen wird», erwähnt RUAG-Sales Ma-
nager Saber Aich. Die gute Zusammenarbeit,
welche RUAG in den letzten Jahren mit der
deutschen Bundespolizei aufgebaut habe,
werde nun weiter vertieft und man arbeite be-
reits an Folgeaufträgen. Claudio Zeiter: «Es
wird nicht der letzte Helikopter sein, welchen
wir für die deutsche Bundespolizei warten
dürfen.»

«Es wird nicht der letzte Helikopter

Foto Hansjörg Bürgi


sein, welchen wir für die deutsche
Bundespolizei warten dürfen.»
Claudio Zeiter

In den vergangenen Jahren konnte RUAG ne- Claudio Zeiter (links), Abteilungsleiter Verkauf bei RUAG, und Sales Manager Saber Aich auf
ben dem Unterhalt zahlreicher dynamischer einem Super Puma, der in Alpnach totalrevidiert wird.
Komponenten wie Hauptrotorkopf, Haupt-
getriebe, Heckgetriebe und Autopiloten auch
mehrere Airframe-Kontrollen in Alpnach und trotz der erschwerten Ersatzteilverfügbarkeit, pilot-Hydraulikblock. Die Makila-Triebwerke
Emmen ausführen. RUAG Sales Manager pünktlich ausgeliefert werden. «Der Kunde werden in Stans revidiert und in Lodrino die
Markus Mauke hält dazu fest: «In Emmen war mit dem Engagement und der Leistung Treibstoffkomponenten. «Gesamtrevisionen von
wurde zusätzlich zu Alpnach eine Halle für des gesamten RUAG-Teams sehr zufrieden. Super Pumas bringen in fünf Kantonen Arbeit,
die Wartung der AS332 und der AS532 Diese Kundenzufriedenheit macht sich nun in Luzern, in Ob- und Nidwalden und in den
nach EASA Part 145 für zivile Luftfahrzeuge auch durch den Anstieg des Bestellvolumens Kantonen Tessin und Bern. Und auch externe
zertifiziert. RUAG ist somit in der Lage, bei bemerkbar», so Markus Mauke. Zulieferfirmen profitieren von diesen Aufträ-
Kundenbedarf die Standfläche für die War- gen», freut sich Claudio Zeiter.
tungsdocks nahezu zu verdoppeln.» Arbeit in fünf Kantonen Die Auftragserteilung an RUAG erfolge
Bei der letzten 750-Flugstunden-Kontrolle Die Super Pumas bescheren RUAG nicht nur auch, weil so viele Fähigkeiten an einem Ort
eines AS332L1 der Bundespolizei wurde der in Emmen und Alpnach viel Arbeit, sondern vereint seien. Dazu komme die hohe Qua-
Helikopter zum vereinbarten Termin wieder in auch an den Standorten Interlaken, Stans und lität der Arbeit, erwähnt Saber Aich. «Der
St. Augustin abgegeben. Auch bei den Kom- Lodrino. In Interlaken werden etwa die Fahr- grosse Vorteil ist, dass wir über 90 Prozent
ponenten konnten alle gewonnenen Aufträge, werkskomponenten überholt sowie der Auto- einer Totalrevision hier in der Schweiz ausfüh-

Foto RUAG

Neben einem Super Puma der Bundespolizei stehen im Alpnacher RUAG-Hangar einer der slowenischen und schweizerischen Luftwaffe.

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Foto RUAG

Dieselbe Kompetenz wie RUAG, speziell für Arbeiten am Rotorkopf eines Super Pumas, haben in Europa nur gerade drei Firmen, der Hersteller
Airbus eingeschlossen.

Saber Aich

ren können, damit bleibt auch die gesamte Das Team von RUAG stellt den Anspruch an
Wertschöpfung in der Schweiz», ergänzt der Durch die detaillierten Erfahrungswerte mit sich selbst, dass nach einer Totalrevision der
Sales-Verantwortliche. Des Weiteren sei auch der Schweizer Luftwaffe und dem technischen Helikopter besser als neu, und problemlos
eine professionelle und effiziente Kundenkom- Know-how von RUAG konnten auch eigene weitere 15 Jahre bis zur nächsten grossen
munikation zwischen dem Kunden und den Reparaturverfahren entwickelt und durch den Kontrolle, dem sogenannten G-Check, auf
verantwortlichen RUAG-Mitarbeitenden ein Hersteller qualifiziert werden, welche nun Französisch ‚grande visite‘, fliegen kann. «Die
wichtiger Bestandteil der erfolgreichen Zu- die Sicherheit und Einsatzbereitschaft der umfangreichen Testflüge vor und nach jeder
sammenarbeit. Super-Puma-Flotten garantieren. Eine Total- Wartung führen auch unsere eigenen Werks-
revision eines bestehenden Super Pumas ist piloten durch. Auch dieser Service gehört zu
«Der grosse Vorteil ist, dass wir über wesentlich wirtschaftlicher, im Vergleich zu unserem Rundum-Sorglos-Paket», sagt Claudio
einer Neubeschaffung eines gleichwertigen Zeiter.
90 Prozent einer Totalrevision hier
Helikopters, zum Preis von derzeit rund 26
in der Schweiz ausführen können, Millionen US-Dollar. Zudem wäre auch die VBS profitiert von RUAG-Know-how
damit bleibt auch die gesamte Wartezeit, bis ein neuer Helikopter ausgelie- Dieselbe Kompetenz wie RUAG haben in
Wertschöpfung in der Schweiz.» fert werden könnte, länger als die Standzeit Europa nur gerade drei Firmen, der Hersteller
der Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten. Airbus eingeschlossen. Neben RUAG ist es
Heli One in Norwegen. Nur diese drei Fir-
men erfüllen die notwendigen Qualifikationen
und Fähigkeiten, um solch komplexe Projek-
te erfolgreich umsetzen zu können, erwähnt
Claudio Zeiter. So hat RUAG bereits einen
Super Puma der slowenischen Luftwaffe to-
talüberholt, darauf folgte einer aus Albanien
und weitere.
RUAG suche auch explizit nach neuen
Geschäftsmöglichkeiten, welche die kürzlich
erst vergrösserte Infrastruktur erfordern, fährt
Claudio Zeiter fort. Mit der Ausserbetriebnah-
me diverser Flotten der Schweizer Luftwaffe
seien neue Aufträge enorm wichtig für den
schweizerischen Unterhaltsbetrieb. Deshalb
unterstütze auch der Bund als Eigner diese
Strategie, um solche Fremdaufträge anzu-
Foto RUAG

nehmen. Somit kann auch die Schweizer Luft-


waffe indirekt vom Erhalt und der Steigerung
Einer der 23 AS332L1 Super Pumas der deutschen Bundespolizei in Alpnach. des hohen RUAG-Leistungsniveaus profitieren.

6 skyheli.ch 08/2022
Foto RUAG
Im Winter 2021 schloss RUAG auch die Wartungsarbeiten an einem Cougar der Luftwaffe Albaniens ab.

Über all diesen Aufträgen stehe natürlich die


Verfügbarkeit der VBS-Flotte an erster Stelle. Fachkräfte in den Bereichen Helikopterme- und zweiten Bildungsjahr ebenfalls im Aus-
chanik, Ingenieurwesen und Planung gesucht. bildungscenter in Alpnach (je zwei Lernende
Zudem wird sehr darauf geachtet, dass man pro Lehrjahr). Im dritten und vierten Bildungs-
Mit der Ausserbetriebnahme diverser die eigenen Mechanik-, Avionik- und Speng- jahr erfolgt die Schwerpunktausbildung dann
Flotten der Schweizer Luftwaffe sind ler-Lernenden weiterbeschäftigen kann. auf dem Helikopter oder im Komponenten-
neue Aufträge enorm wichtig für den Derzeit werden über 20 Lernende am oder Triebwerkbereich. Ein guter Beweis für
RUAG-Helikopter-Standort in Alpnach in den den Erfolg nach, aber auch während einer
schweizerischen Unterhaltsbetrieb.
Bereichen Polymechanik, Automatik, Anlage- Berufsausbildung bei RUAG, sind immer
und Apparatebau sowie Logistik ausgebildet. wieder die erreichten Siegerplätze an den
Gespannt blickt man bei RUAG auch in die Die Basisausbildung der technischen Berufe World Skills, an denen die RUAG-Lernenden
Zukunft, da wohl auch die Schweizer Super dauert zwei Jahre und findet im Alpnacher regelmässig teilnehmen. Derzeit beschäftigt
Pumas und Cougars in den 2030er-Jahren Ausbildungscenter statt. Die Polymechanik-Ler- RUAG allein in Alpnach 95 Mitarbeitende,
ersetzt werden. Sie sind zwar aktuell alle auf nenden der Luftwaffe und von RUAG in Stans weitere rund 170 sind bei der Luftwaffe, LBA
dem neuesten Stand, der letzte modernisierte absolvieren ihre Basisausbildung im ersten und Skyguide angestellt. Damit ist der Flug-
Cougar ist ja erst im Frühsommer 2022 an platz Alpnach auch einer der grössten Arbeit-
die Luftwaffe übergeben worden. Deshalb geber im Kanton Obwalden. ■
will sich RUAG für Super-Puma-Überholun-
gen in ganz Europa anbieten und für die
Komponentenüberholung wird gar der welt-
weite Markt angepeilt. «Wir werden unsere
Ressourcen und Fachkompetenzen auf dem
Super Puma weiter ausbauen, damit unsere
Kunden von den enormen Erfahrungen profi-
tieren können. Und am meisten profitiert da-
bei unser Hauptkunde im VBS», so Claudio
Zeiter. Auch für den Werterhalt der EC635
der Schweizer Luftwaffe hat RUAG eine
Machbarkeitsstudie erstellt. Der EC635 ist
mittlerweile auch schon 14 Jahre alt.

Lernende werden weiterbeschäftigt


Vom akuten Fachkräftemangel bleibt auch
RUAG nicht verschont. Trotz vielen Anstren-
Foto RUAG

gungen hat es bei der Rekrutierung von


mehreren Festanstellungen als Triebwerkme-
chaniker länger gedauert. Weiterhin werden Auch die slowenische Luftwaffe vertraut ihre Cougars der RUAG für eine «grande visite» an.

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Nach einem Logging-Einsatz in der Leventina startet der Bell 205 A1++ zum Rückflug auf die Heli-TV-Homebase Lodrino.

Heli-TV setzt neu einen Bell 205 A1++ für Transportflüge ein

Noch stärker: «Klopfer» ist zurück


Bis vor rund 20 Jahren waren sie die Flaggschiffe mehrerer Schweizer Helifirmen, die Bell 205 und
Bell 214, die mit ihren zwei breiten Rotorblättern für ein charakteristisches Klopfen am Himmel sorg-
ten. Jetzt ist einer dieser «Klopfer» zurückgekehrt: Die Tessiner Heli-TV setzt einen Bell 205, der ein
Upgrade zur Version A1++ durchlaufen hat, für Aussenlasttransporte und zur Feuerbekämpfung ein.

Text und Fotos Eugen Bürgler

Hinter dem Heli-TV-Projekt, einen grösseren


Transporthelikopter zu beschaffen, steht der
Chef persönlich: Giovanni Frapolli, Direktor
der Heli-TV und selber Pilot, hat die Idee seit
zehn Jahren verfolgt. Im letzten Jahr hat er
sich entschlossen, einen Bell 205 in Kanada
zu kaufen. «Heute bin ich überzeugt, dass
dieser Helikopter für uns ein Erfolg werden
wird. Er eignet sich hervorragend für die ver-
schiedensten Materialtransporte. Er ist einer
der ganz wenigen einmotorigen Helikopter,
die Lasten bis 2000 Kilogramm heben kön-
nen», sagt Giovanni Frapolli. Für ihn fehlt
zwischen dem H125 Ecureuil mit einer durch-
schnittlichen Aussenlastkapazität von 1000
Kilogramm und dem zweimotorigen Super Der Bell 205 HB-XXU hat das Rotorsystem des Bell 212++ und eine stärkere T53-Turbine er-
Puma mit 4,5 Tonnen Kapazität am Lasthaken halten, was ihm deutlich mehr Leistung verschafft.

8 skyheli.ch 08/2022
ein Helikopter im mittleren Segment. Tat-
sächlich ist der K-Max in diesem Segment mit
seiner Aussenlastkapazität von bis zu 2720
Kilogramm ziemlich alleine. Giovanni Frapol-
li schätzt im Vergleich zum einsitzigen K-Max
allerdings das konventionelle Rotorsystem des
Bell 205 und die Kabine, welche die Mitnah-
me von Material und Bodencrew ermöglicht.

«Es ist einer der ganz wenigen


einmotorigen Helikopter,
die Lasten bis 2000 Kilogramm
heben können.»
Giovanni Frapolli

Ehemaliger Heliswiss-Heli
Im März 2022 konnte Heli-TV stolz verkün-
den, dass ihr Bell 205 A1++ HB-XXU nach
monatelanger Vorbereitungsarbeiten im Han-
gar in Lodrino nun für den Flugbetrieb be-
reitsteht. Der aus Kanada importierte Heliko- Die Kabine des Bell 205 wird zumindest vorläufig nicht für Personentransporte genutzt.
pter wurde bereits im September 2021 im
Schweizer Luftfahrzeugregister eingetragen
doch Giovanni Frapolli räumt ein: «Es war
ein sehr anspruchsvolles, komplexes Projekt,
den Bell 205 A1++ für den Flugbetrieb bei
uns vorzubereiten». Optimal sei dabei die Zu-
sammenarbeit mit dem Bundesamt für Zivilluft-
fahrt verlaufen.
Der 1979 als Bell 205 A1 gebaute HB-
XXU ist in der Schweiz ein alter Bekannter.
Der Heli wurde bereits 1991 von der Helis-
wiss in die Schweiz geholt und kam in den
folgenden Jahren, dann mit der EXO Services
als Eigentümer, hauptsächlich in Frankreich
als Feuerlöschhelikopter zum Einsatz. Nach
einer Registrierung in Luxembourg wurde er
an die kanadische Heli-Inter verkauft, wo der
Bell 205 ebenfalls oft zur Feuerbekämpfung
genutzt wurde, bis ihn Heli-TV 2021 zurück
in die Schweiz holte.

Upgrade zur Version A1++


Zwar ist der Bell 205 wieder als HB-XXU re-
gistriert, doch Giovanni Frapolli unterstreicht,
dass nicht viel mehr als die Registration mit
der damaligen Heliswiss-Maschine identisch
ist: «Gebaut wurde der Heli als Bell 205 A1,
doch ist die Maschine mit verbesserten und
sichereren Komponenten ausgerüstet worden,
die Bell in den letzten zehn Jahren entwickelt
hat. Darüber hinaus sind verschiedene, mo-
derne Sonderausstattungen vorhanden, die
vom Bell 412 abgeleitet wurden». Als Kern-
elemente des Upgrades, die den HB-XXU zu
einem Bell 205 A1++ machen, wurden die
dynamischen Komponenten inklusive Haupt-
rotorkopf und Rotorblätter vom Bell 212
übernommen und auf der Zelle des Bell 205
montiert. Mit dem Upgrade auf den A1++
Standard ist das maximale Startgewicht ge- Im Cockpit des Heli-Klassikers geht es noch konventionell zu und her.

9
Heli-TV-Chefpilot Ferruccio Pozzi hat sich bereits sehr gut an den Bell 205 A1++ gewöhnt. Mit weit über 100‘000 Landungen verfügt er über
eine Erfahrung wie nicht viele andere.

genüber der Basisversion um rund 500 Kilo- solut wohl im Bell-Cockpit und er zeigt sich rations» genannten Einsatzfelder zu nutzen.
gramm auf rund 4850 Kilogramm gestiegen. heute glücklich über den Helikopter. Laut He- Heli-TV sieht im Bell 205 A1++ ein effi-
Damit das grössere Gewicht in die Luft li-TV sind auch die Kunden begeistert von der zientes Mittel für die Feuerbekämpfung. Ge-
kommt, hat auch die Turbine mehr Power. Der Maschine. mäss den Berechnungen von Heli-TV ist der
Bell 205 A1++ verfügt über die bewährte Weil in der Schweiz keine Experten mit Bell dabei bezüglich Kosten absolut konkur-
T53-17B Turbine mit 1700 Wellen-PS, die den entsprechenden Berechtigungen mehr renzfähig. Ausgerüstet mit einem Löschbehäl-
auch den K-Max oder den AH-1 Cobra vorhanden sind, kommen für die nötigen ter mit einem Fassungsvermögen von bis zu
Kampfhelikopter antreibt. Damit leistet die Checkflüge österreichische Experten zum 2000 Litern kann er deutlich mehr Wasser
Turbine satte 600 Wellen-PS mehr als die in Einsatz. Für die Wartung hat der Mainte- zu einem Brandherd transportieren als ein
der Ursprungsversion verwendete T53-13-Tur- nance-Betrieb der Heli-TV vom BAZL die Zu- H125/AS350B3-Ecureuil mit maximal 1200
bine. Der Treibstoffverbrauch der T53-Turbi- lassung für Wartungsarbeiten am Bell 205 Litern Wasser im Bambi Bucket.
ne liegt um 325 Liter pro Flugstunde. Neu erhalten. Damit relativieren sich gemäss den Be-
ist beim A1++ auch der Heckausleger, vom rechnungen von Heli-TV auch die Kosten, die
Ursprungsmodell wurde nicht viel mehr über- «Heli-TV geht davon aus, im Feuerlöscheinsatz 52 Franken pro Flug-
nommen als Kufen und Kabine. minute für das Ecureuil und 87 Franken pro
dass der Bell 205 A1++ in
Minute für den Bell 205 betragen. In einer
Profi mit 25‘000 Flugstunden im Cockpit der Brandbekämpfung im Beispielrechnung geht Heli-TV von einem ein-
Geflogen wird der Bell 205 aktuell in ers- Vergleich mit dem Ecureuil bei stündigen Löscheinsatz mit einer Rotationszeit
ter Linie von Ferruccio Pozzi. Er ist mit über vergleichbaren Kosten ein von drei Minuten aus. Dabei könnte der Bell
25‘000 Flugstunden ein enorm erfahre- 205 bei einem Flugstundenpreis von 5220
effizienteres und effektiveres
ner Pilot und zeigt sich begeistert von der Franken (ohne Mehrwertsteuer) 40‘000 Liter
Bell-Maschine. Es habe zwar einen Moment Einsatzmittel darstellt.» Wasser zu einem Brandherd transportieren.
gedauert, sich an die neue Maschine zu ge- Ein AS350B3 (ausgegangen wird von glei-
wöhnen. Das dürfte nicht zuletzt daran lie- Neue Grösse für die Brandbekämpfung cher Fluggeschwindigkeit und Manövrier-
gen, dass der Bell 205 A1++ zumindest für Für Personentransporte ist der Bell 205 zu- fähigkeit) könnte in der gleichen Zeit bei Flug-
Aussenlasteinsätze vom linken Sitz aus geflo- mindest vorläufig nicht vorgesehen, dafür will stundenkosten von 3120 Franken 24‘000
gen wird. Zwar kann der HB-XXU auch vom Heli-TV den Bell 205 A1++ für alle mögli- Liter Wasser transportieren. Das ergebe
rechten Cockpit-Sitz aus geflogen werden, chen Aussenlasttransporte, Logging, Spezial- einen praktisch identischen Preis pro Hundert
doch in Nordamerika ist es teilweise üblich, transporte und Montagen oder das Austau- Liter Wasser (13,05 Franken beim Bell 205
dass Helikopterpiloten auf dem linken Sitz schen von Rollenbatterien bei Skiliften nutzen. und 13 Franken beim Ecureuil), rechnet die
fliegen. So hat auch der HB-XXU, sozusagen Heli-TV verfügt über die Zulassung, den Bell Tessiner Helifirma vor.
als «Souvenir» aus Kanada, das Bubble Door 205 A1++, gleich wie die anderen Mehr- Heli-TV folgert daraus, dass der Bell 205
auf der linken Seite montiert. Schon nach kur- zweckhelikopter in der Flotte, für diese amt- A1++ nicht nur im Transportbereich neue Op-
zer Zeit fühlte sich Ferruccio Pozzi aber ab- lich «high risk commercial specialised ope- tionen eröffnet, sondern in der Brandbekämp-

10 skyheli.ch 08/2022
Musik für Helifans: Das klopfende Geräusch des Bell 205 A1++, hier bei einem Logging-Einsatz hoch über dem Misox.

fung im Vergleich mit den heute im Tessin vor teren Heli-Klassiker ein. Mit dem SA315B
allem eingesetzten H125 / AS350B3 Ecureuil Lama HB-XRD operiert Heli-TV das letzte ak-
bei absolut vergleichbaren Kosten ein deut- tuell noch fliegende Lama der Schweiz (sie-
lich effizienteres und effektiveres Einsatzmittel he ab Seite 35 in diesem Heft). Das Lama
darstellt. sei «eine der besten Maschinen», heisst es
bei Heli-TV zum Thema Lama. Man habe
Lama könnte noch einige Jahre fliegen immer viel in dieses Arbeitspferd investiert,
Heli-TV setzt neben dem Bell 205 einen wei- so dass das Lama noch einige Jahre weiter-
fliegen könne. ■

Neben den vier H125 / AS350B3e Ecureuil und dem Lama eröffnet der Bell 205 der Heli-TV Beim imposanten Biaschina-Viadukt der
das Gewichtssegment bis zwei Tonnen. Nach wie vor ist Heli-TV auch Halter des Super Puma Gotthardautobahn hebt der Bell 205 A1++
HB-ZKN, der für SAF France fliegt. einen 1,5 Tonnen schweren Dumper.

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beyond horizons

Skyguide führt Sie auch in Zukunft


effizient und sicher durch die Lüfte

Da für
alle.
Weil einer von zwölf
einmal in seinem Leben
auf die Hilfe der Rega
angewiesen ist.

Jetzt Gönner werden:


rega.ch/goenner
Rotex betreibt die drei einzigen K-Max in Europa. Dieser Heli ist für den Erfolg der Unternehmung mitverantwortlich. Foto Rotex

Interview mit Urs Riebli, Besitzer der 25-jährigen Rotex Helicopter AG

«Sind bodenständig geblieben»


Der heute 49-jährige Urs Riebli war vor 25 Jahren einer der Mitgründer der Rotex Helicopter AG.
Heute besitzt er die Firma allein und beschäftigt rund 60 Mitarbeitende. Weshalb der einzigartige
K-Max mit für den Erfolg dieses schweizerischen, aber zunehmend auch in Europa aktiven, boden-
ständigen Heliunternehmens ausschlaggebend ist, erklärt Urs Riebli im Interview.

Die Fragen stellten Hansjörg Bürgi und aussergewöhnlichen beruflichen Laufbahn mals elf Aktionäre, fünf davon haben aktiv
Eugen Bürgler gekommen? mitgearbeitet. Alle mussten sich finanziell be-
Ich bin sicher zur richtigen Zeit am richtigen teiligen. Ich hatte das Glück, dass ich bereits
Gestartet als Forstwart, sind Sie heute Ort gewesen und von Personen umgeben, während meiner Schulzeit durch Arbeiten auf
Inhaber und Geschäftsführer einer europa- die an mich geglaubt haben. Mit 23 Jah- dem Bauernhof Geld verdiente, so um die 50
weit tätigen Helikopterunternehmung mit ren war ich mit Abstand der Jüngste, als wir Franken pro Monat. Später half ich im Wald
60 Mitarbeitenden – wie ist es zu dieser 1997 die Rotex gründeten. Wir waren da- mit und bekam für Forstarbeiten einen Lohn

13
Foto Rotex

Nicht nur für den Abtransport von Holz kommt der Kaman K-Max häufig zum Einsatz, dank seines geringen Abwindes eignet er sich auch sehr
gut für Montagen.

von 50 Franken pro Tag. Die Ersparnisse aus nen diesen Rückgang durch die Spezialhol-
diesen Freizeit- und Ferienarbeiten sowie der Unser Konzept hat sich bewährt. zerei teilweise kompensieren. Dieser Bereich
spätere Lohn halfen mir, den nötigen Betrag Wir sind ein geschätzter boomt, interessanterweise kommen wir auch
zusammenzubringen, damit ich mich an der Partner, sei es im Forstbereich, in linksgrün regierten Städten regelmässig
Gründung der Rotex beteiligten konnte. Mei- zum Einsatz. Wir fliegen dann die Bäume
in Skigebieten oder bei
ne Eltern hätten mir wohl nicht helfen können auf unsere sehr speditive Art und Weise aus,
– ich hätte mich auch nicht getraut zu fragen. anderen Transportaufträgen. damit eben die Beeinträchtigung der Umwelt
möglichst klein ist und nach kurzer Zeit das
Rotex feiert in diesem Jahr ihr 25-jähri- Sie haben Anfang der 1990er-Jahre in öffentliche Leben am entsprechenden Ort
ges Bestehen. Worauf sind Sie stolz, wenn der Helikopterbranche Fuss gefasst. Was wieder voll funktioniert. Ohne, dass Strassen
Sie auf die 25 Jahre zurückblicken? war damals wesentlich anders als heute? oder Wege lange gesperrt werden müssen.
Als ich meine Karriere bei der damaligen Die administrativen Wege sind um einiges Ringsherum bleibt alles intakt und das wird
Helog startete, war ich beeindruckt von die- länger geworden. Ich meine damit nicht nur eben auch in Städten sehr geschätzt. Zudem
ser Firma. Wenn ich heute auf die 25 Jahre die luftfahrttechnischen Auflagen der Behör- sind wir vielseitiger geworden. Sicher auch
der Rotex zurückblicke, die nun genauso alt den. Wurde man früher in der Praxis wei- dank des dritten K-Max. Wir haben mehr
ist, wie Helog wurde, erfüllt mich das schon tergebildet und spielte das Papier eher eine Kapazität und können so beispielsweise ver-
mit Stolz. Auch weil es uns heute noch gibt! untergeordnete Rolle, wird heute der Theorie mehrt Aufträge im Ausland ausführen.
Unser Konzept hat sich bewährt. Wir sind ein und der Dokumentation viel mehr Aufmerk-
geschätzter Partner, sei es im Forstbereich, in samkeit geschenkt. Bis man heute einen Mit- Ist der Preis ein Thema bei Auslandsein-
Skigebieten oder bei anderen Transportauf- arbeitenden selbstständig einsetzen kann, sätzen?
trägen. Stolz bin ich auf unser 60-köpfiges dauert es viel, viel länger als früher und ist Der Preis ist fast immer ein Thema. Über den
Team und auch, dass ich als Arbeitgeber natürlich auch entsprechend teurer. Preis können wir uns nicht verkaufen. Wir
diesen Leuten zuverlässig jeden Monat den müssen immer mit anderen Argumenten über-
Lohn bezahlen kann. Wir haben ein breit auf- Wie hat sich bei der Rotex in den letz- zeugen, so in erster Linie mit der Schweizer
gestelltes Führungsteam von sieben Personen, ten 25 Jahren die Auftragslage in den ver- Qualität, der Zuverlässigkeit und unserer
ohne grosse personelle Wechsel, auch das schiedenen Einsatzfeldern entwickelt oder Leistung. Wenn wir beispielsweise an einem
stärkt uns. Zudem ist der Antrieb da, um mit verschoben? Gleis der Deutschen Bahn entlang arbeiten,
neuen Ideen weiterzumachen und die Belas- Der Anteil beim herkömmlichen Logging, bei ist die Arbeit in der vereinbarten Zeit von ein-
tung für mich hält sich in einem guten Rah- dem man gefälltes Holz ausfliegt, ist sicher- einhalb Tagen zu erledigen und nicht spä-
men, in dem ich mich wohlfühle. lich etwas zurückgegangen. Aber wir kön- ter. Dabei müssen wir mit so vielen Leuten im

14 skyheli.ch 08/2022
Einsatz stehen, dass der Hubschrauber non- Wir haben in den letzten Jahren den Anteil dass alle in unserem Betrieb top ausgebildet
stop fliegen kann, aber das können wir. So unseres Auslandsgeschäfts auf rund 15 Pro- sind und nicht etwas tun müssen, für das sie
kann die Bahn schneller wieder fahren, diese zent gesteigert. Feuerlöschen im In- und Aus- gar nicht ausgebildet sind. Ziel ist natürlich
Punkte sprechen dann für uns. Bei einem Aus- land ist für uns ein Thema. Aktuell sind wir auch, dass wir aus Fehlern lernen.
landseinsatz versuchen wir meistens, irgend- jedoch eher defensiv, was fixe Verträge anbe-
wo «einen Nagel einzuschlagen». Ist mal ein langt. Bei einer Flotte von drei K-Max können
Job fixiert, schauen wir weitere Aufträge auf wir es uns aktuell noch nicht leisten, eine oder Die Messlatte muss nicht jedes
dem Hin- oder Rückflug dazuzunehmen. Wir zwei Maschinen für mehrere Monate wegzu- Jahr noch höher gelegt werden.
stellen oft fest, viele Kunden sagen schneller geben. Das würde heissen, dass wir dadurch Zufriedenheit und Dankbarkeit
zu, wenn sie wissen, dass der Heli sowieso unseren vorhandenen Kundenstamm nicht
sind mir ebenso wichtig.
in ihre Region kommt. Mit unserem heutigen mehr zuverlässig bedienen könnten. Das wol-
Beziehungsnetz finden wir oft gute Kombina- len wir nicht.
tionen, auch wenn wir mal bis nach Nord- Zudem möchten wir die bestehende Auf-
deutschland fliegen. Welche Ziele verfolgt Rotex Helicopter tragslage halten und mit dem, was wir er-
für die kommenden Jahre? reicht haben, auch einmal zufrieden sein. Die
Oberste Priorität hat die Sicherheit in der Luft Messlatte muss nicht jedes Jahr noch höher
Wir müssen immer mit anderen und natürlich auch am Boden. Unfälle belas- gelegt werden. Zufriedenheit und Dankbar-
Argumenten überzeugen, so ten jede Firma, sei es emotional oder auch keit sind mir ebenso wichtig. Es ist immer
in erster Linie mit der Schweizer finanziell. Daneben stellen wir auch fest, dass eine Gratwanderung. Einerseits will man
bereits ein kleiner Zwischenfall eine grosse weiterkommen und sich entwickeln, ande-
Qualität, der Zuverlässigkeit
Papierflut (Meldewesen, Schulung, Nachbe- rerseits soll der Druck nicht immer grösser
und unserer Leistung. arbeitung) auslöst. Mir ist sehr wichtig, dass werden. Irgendwann könnte der Motor auch
wir uns alle bei einem Zwischenfall in die bersten oder die Leute sind ausgelaugt. Wir
Wie hoch ist der Anteil der Auslandsein- Augen schauen können. Fehler können leider versuchen hier jeweils das richtige Mass zu
sätze heute? passieren. Wir müssen jedoch sicherstellen, finden.

ZUR PERSON
Urs Riebli

Geboren am 18. Mai 1973 in Sarnen, besuchte Urs Riebli die


Schulen in Giswil. Danach absolvierte er eine Lehre als Forstwart.
Gleich nach der Lehre startete er im Juli 1992 als Flughelfer bei der
Helog. 1994 offerierte ihm die Helog die Chance, in den Verkauf
einzusteigen. In dieser Zeit stiess der erste K-Max zur Helog und Urs
Riebli lernte die Vorzüge dieses einzigartigen Helikopters kennen
und verkaufte sie auch den Kunden. Der K-Max hatte ihn und eine
Handvoll anderer Investoren derart überzeugt, dass sie 1997 die
Firma Rotex gründeten. Dies zwar in Konkurrenz zur Helog, aber
man habe sich sehr schnell wiedergefunden und zusammengearbei-
tet, erinnert sich Urs Riebli. Als sich Helog von der K-Max-Operation
gänzlich trennte, übernahm Rotex 2006 ihren K-Max. Damals besas-
sen nur noch drei Aktionäre die Rotex: Robi Hurschler, Willy Gantner
und Urs Riebli. Als sich die beiden anderen Aktionäre sukzessive zu-
rückziehen wollten, kam es, dass Urs Riebli 2014 die gesamte Rotex
übernahm. Seither ist er Alleinaktionär und Verwaltungsratspräsident.

Er ist verheiratet und Vater von zwei Mädchen und einem Buben, die
zwischen 13 und 18 Jahren alt sind. Sein Junior absolviert derzeit
eine Lehre als Forstwart. Zu den Hobbys von Urs Riebli zählt nach
wie vor das Schwingen. In jungen Jahren war er selbst im Sägemehl
aktiv. Auch Fotografieren zählt zu seinen Freizeitbeschäftigungen.
Und in seinem Privatwald gibt es immer etwas zu tun. Im Sommer
Foto Rotex

geniesst er die Natur oder die Wälder in der näheren Umgebung.


Im Winter unternimmt er ab und zu Skitouren. Zudem beschäftigt ihn
sein Hund täglich und er wohnt mit seiner Familie nach wie vor in Urs Riebli war vor 1997 einer der Gründer der Rotex Helicopter AG
Giswil. und ist heute alleiniger Besitzer der Firma.

15
Ist Fachkräftemangel auch ein Thema? an. Bis heute wurden nur 60 dieser Helikop- In der Helikopterbranche wird oft hart
Im Vergleich zu anderen Branchen haben wir ter gebaut, wir betreiben fünf Prozent davon. um jeden Auftrag gekämpft – sehen Sie da-
aktuell noch genügend Fachleute. Vor zwei, Wir legen auch sehr viel Wert auf einen gu- rin gesunden Wettbewerb oder eher ruinö-
drei Jahren konnten wir Flughelfer und ande- ten Unterhalt und gepflegte Helikopter, auch sen Verdrängungskampf?
res Bodenpersonal noch einfacher rekrutie- deshalb dürfte Kaman Freude an uns haben. Wohl von beidem ein wenig. Wir bewegen
ren. Bei den Piloten schaut es wesentlich bes- Die Schweizer Qualität spielt dabei sicher uns in einer Nische, sind so beispielsweise
ser aus, seitdem der K-Max wieder produziert auch eine Rolle. zwischen dem Ecureuil und Super Puma posi-
wird. Diese Perspektive brachte uns sehr viel tioniert. Natürlich verlieren wir auch Arbeit
Aufwind. Heute sind wir wieder in der guten Sie stehen auch als Geschäftsführer nach «unten und oben», an kleinere und grös-
Lage, dass zahlreiche Piloten Interesse haben manchmal noch als Flughelfer im Flugbe- sere Helikopter. Ich darf aber sagen, dass
den K-Max zu fliegen. trieb im Einsatz. Was macht den Reiz dieser wir mit vielen Helikopteroperatoren ein fai-
Arbeit aus? res und gutes Einvernehmen haben und dies
Rotex Helicopter setzt seit der Gründung Ab und zu leiste ich einen solchen Einsatz, auch pflegen.
auf den K-Max. Gibt es zu diesem Heli- etwa bei einem Kleinjob oder auch mal an
kopter keine Alternativen? einem Samstag. So kann ich auch jene Arbeit Einschränkungen durch Regulationen
Ich sehe wirklich keine Alternative. Der K-Max hautnah miterleben, von der ich am weitesten von staatlicher Seite waren in den letzten
ist eigentlich auch unser Erfolgsrezept. Er hat entfernt bin. Auf der anderen Seite ist es je- Jahren in der Helibranche omnipräsente
sehr viele Vorteile, auch wenn es vielleicht ner Job, mit dem ich meine Karriere gestartet Themen. Wie geht Rotex damit um und
ein Nachteil ist, dass die Crew nie mitfliegen habe. Ich sehe und spüre auch die Kunden welche Entwicklung wünschen Sie sich in
kann. Die Logistik ist ein gewaltiges Thema. auf diese Weise und habe mehr Verständnis diesem Bereich?
Ich bin überzeugt, wenn wir mehrere Heli- für Anliegen unserer Mitarbeitenden. Ich liebe Ich habe das Gefühl, in vielen Bereichen
koptertypen im gleichen Unternehmen einset- es auch, einfach unter dem Heli zu stehen, müssen wir damit leben. Es ist jedoch auch
zen würden, wäre das schwierig. Deshalb das Kerosin zu riechen, den Abwind zu spü- wichtig, dass wir uns wehren und nicht zu
bleiben wir auf jener Linie, auf der wir stark ren und in der freien Natur tätig zu sein. Es ist allem sofort «Ja und Amen» sagen. Da wir
sind. Hier wissen wir wovon wir, sprechen auch ein ausgezeichneter Ausgleich zu mei- ein reiner Aerial-Work-Betrieb sind, fällt der
und der Fokus liegt zu 100 Prozent auf dem ner sonstigen Schreibtischarbeit und es wird gesamte Bereich des Personentransports bei
K-Max. von den Mitarbeitern sehr geschätzt, wenn uns weg. Aber es bleibt dennoch ein gros-
der Chef mal mit ins Feld kommt. ser Berg von Vorschriften, die wir einhalten
müssen. Wir hatten letztes Jahr ein Audit und
Der K-Max ist eigentlich haben alle Findings behoben. Der nächste
auch unser Erfolgsrezept. Es wird von den Mitarbeitern Schritt ist nun, das Geschriebene laufend zu
sehr geschätzt, wenn der verfeinern und auf unsere gesamte Opera-
Wie wichtig ist es für die Rotex, dass der Chef mal mit ins Feld kommt. tion und eigenen Bedürfnisse anzupassen. So
Helikopter weitergebaut wird? holen wir das Beste für den Betrieb, unsere
Als ich die Firma Ende 2013 übernommen Mitarbeitenden und Kunden heraus.
hatte, war dies schon ein Gedanke, der mir Der K-Max bietet bekanntlich nur für
gewisse Sorgen bereitete: Was ist, wenn der den Piloten Platz. Hat es Sie nie gereizt, ei- Helikopter leisten wichtige Beiträge im
Hersteller nicht mehr existiert? Was, wenn nen ihrer K-Max selber fliegen zu können? Interesse der gesamten Bevölkerung, ste-
die Ersatzteile zu teuer werden? Deshalb gab Nein, eigentlich nicht. Ich stamme von der hen aber auch immer wieder in der Kritik.
mir der Entscheid von Kaman, diesen Heli- «holzigen Seite» ab. Mich interessierte der Welchen Support erwünschen Sie sich auf
kopter weiterzubauen, enorm Zuversicht und Job als Flughelfer, aber nicht als Pilot. Zudem politischer Ebene?
Perspektive. Wir sind stolz, in Europa der habe ich eine leichte Farbschwäche, was Einerseits haben wir mit dem Präsidenten
einzige K-Max-Betreiber zu sein. Kaman, der sicherlich keine gute Voraussetzung wäre, des Helikopterverbandes (SHA), Martin Can-
Hersteller, gibt uns auch gerne als Referenz um einen Helikopter zu fliegen. dinas, einen Mann, der sich sehr gut für die
Schweizer Helikopterfliegerei einsetzt. Er ist
politisch in der Mitte positioniert und kann
dadurch sicherlich die Anliegen von links und
rechts etwas bündeln. Heute reden in der
Politik viele Leute mit, bei denen man schnell
merkt, dass sie eigentlich keine grosse Ah-
nung von unserem Geschäft haben. Aber sie
positionieren sich gerne zu Themen, von de-
nen sie weit weg sind. Andererseits wird der
Helikopter viel zu oft als umweltschädlich und
teure Lösung bezeichnet. Häufig wird das
Gesamtbild nicht berücksichtigt. In unserem
Einsatzspektrum ist der Helikopter beispiels-
weise bei Einsätzen entlang von Bahnlinien
oder entlang von wichtigen Verkehrsträgern
Foto Rotex

eine sehr effiziente Lösung. Sie können


schnell wieder freigegeben werden, weil die
Insgesamt sechs K-Max hat die Rotex Helikopter AG in ihren ersten 25 Jahren übernommen. Arbeit rasch erledigt wird. Der Aufwand oder

16 skyheli.ch 08/2022
Foto Rotex

Der Entscheid von Kaman, diesen einzigartigen Helikopter weiterzubauen, hat auch Rotex enorm viel Zuversicht und eine Perspektive gegeben.

die «Störung» auf die ganze Umgebung kann ganze Schweiz gesehen, ist dies wohl ein Branchenintern ist es wichtig, dass sich die
dadurch oft auf ein absolutes Minimum redu- relativ kleiner Teil der Gesellschaft. Die Heli- Helikopterbetriebe dem schweizerischen Heli-
ziert werden. Wir hatten beim Astra, dem kopterfirmen sitzen alle im gleichen Boot und kopterverband SHA anschliessen. Wenn der
Bundesamt für Strassen, schon Situationen, müssen die Bedeutung der Helikopter für die Verband geeint ist, hat er viel Gewicht und
bei denen ein Einsatz mit dem Helikopter Schweiz noch besser vermitteln können. Ich kann politisch am meisten bewegen. Es nützt
zum halben Preis der nächstbesten Lösung finde es wichtig, dass die Leute verstehen, nichts zu kritisieren, wenn man selbst nicht
ausgeführt werden konnte. Da wünsche ich dass der Helikopter ein fundamentales und aktiv ist. Es ist wichtig, sich einzubringen und
mir manchmal schon, dass man das Ganze unabdingbares Arbeitsgerät ist. Und zwar gemeinsam Lösungen zu finden. Ich selbst bin
von aussen ein bisschen objektiver betrachtet nicht nur für einen Rettungseinsatz, sondern nicht im Vorstand, probiere mich aber bei-
und den Entscheidungsträgern vertraut. auch beim Transport von Lebensmitteln in die spielsweise an Arbeitsgruppen zu beteiligen,
Berghütte oder bei der Pflege eines Schutz- wie aktuell zu Themen mit der Suva.
waldes. Es benötigt heute vielerorts Heli-
Heute reden in der Politik viele kopter. Damit die Piloten ihren Job sicher und Welche freut Sie in Ihrer Firma?
Leute mit, bei denen man seriös ausführen können, braucht es Training. Wenn beispielsweise rund 20 Leute bei ei-
schnell merkt, dass sie eigentlich Dafür braucht es den Schulungsflug genauso nem Job im Einsatz stehen und jeder im Team
wie den Passagierflug. Diese Flüge stärken zusammen mit dem Kunden seinen Teil zum
keine grosse Ahnung
das Fundament jedes Piloten und machen guten Gelingen beiträgt. So zum Beispiel
von unserem Geschäft haben. den Jungpiloten zum Profi. Dieser Weg ist im schwierigen Gelände. Da staunen Aus-
eigentlich immer der Einstieg für den Lasten- senstehende immer sehr, wie dieses Zusam-
Wenn Sie die gesamte Schweizer Heli- transport und den Rettungsflug. menspiel funktioniert und bis ins letzte Detail
kopterbranche betrachten, ist ihr Image abgesprochen sein muss. Es ist immer sehr
gut? Wünschen Sie sich irgendeine Verän- schön, diese hochprofessionelle Teamarbeit
derung? Branchenintern ist es wichtig, dass zu verfolgen. Wir haben es auch nach 25
Im Alpengebiet gehört der Helikopter zum sich die Helikopterbetriebe dem Jahren nach wie vor geschafft, bodenständig
täglichen Brot. In diesen Gebieten sind vie- schweizerischen Helikopterverband zu bleiben. Obwohl viel Hightech dahinter
le Leute direkt oder indirekt in irgendeiner ist, bleibt unser Handwerk anspruchsvoll und
SHA anschliessen.
Art mit dem Helikopter verbunden. Über die körperlich anstrengend. ■

17
Kroatien erhielt von den USA im Juni 2022 die ersten UH-60M Blackhawk, damit dürften die Tage der altgedienten Mi-8 gezählt sein.

Die Mil-Helikopter der Luftwaffen der Länder von Ex-Jugoslawien

Ost-Helis werden im Westen rar


Auch heute finden Helikopter der russischen Konstruktionsfirma Mil weite Verwendung bei den Luft-
waffen der Länder von Ex-Jugoslawien. Obschon einige dieser Staaten auf westliche Helikopter
umrüsten, fliegen Mil-Maschinen nach wie vor bei den Streitkräften von Serbien, Mazedonien,
Bosnien-Herzegowina und Kroatien. Dies verdanken sie ihrer extremen Robustheit und den war-
tungsfreundlichen Systemen, welche weniger kostenintensiv sind, als jene der von komplexer Avionik
geprägten westlichen Muster.

Text und Fotos von Martin Michel Helis überlebten Jugoslawienkriege die Flotte der russischstämmigen Mil-Heli-
Die Luftwaffe konnte sich dadurch mit damals kopter, die sich unter anderem auf Lufttrans-
Die Geschichte der Mil-Helikopter in den Luft- zeitgemässem Fluggerät wie Mil Mi-8 Hip, port-Stützpunkten im heutigen Kroatien (Split/
waffen des ehemaligen Jugoslawiens geht Mi-14 Haze sowie einigen Kamov Ka-28 Zagreb), Bosnien-Herzegowina (Mostar) und
auf die Herrschaft des jugoslawischen Prä- Helix und Kamov Ka-25 Hormone ausrüsten. Mazedonien (Skopje) befanden.
sidenten Josip Broz Tito zurück. Unter Tito, Zusätzlich baute die lokale Firma Soko rund Der grösste Wandel ging mit der Auflö-
welcher die Ämter als Präsident und Kom- 190 SA341/342L Gazelle in Lizenz in ver- sung des Staates Jugoslawiens vonstatten. Mit
mandant der jugoslawischen Streitkräfte inne- schiedenen Versionen unter den Bezeichnun- den Unabhängigkeitserklärungen von Slowe-
hatte, unterhielt der Staat, mit Unterbrüchen, gen HN-42 Gama, HN-42 Hera und HS-4 nien und Kroatien und den darauf entfach-
enge Handelsbeziehungen zur Sowjetunion. Gasela. Die Luftstreitkräfte waren nach sowje- ten Jugoslawienkriegen verschoben sich die
Diese kommunistische Prägung widerspiegel- tischem Vorbild aufgebaut und verfügten über Machtverhältnisse und führten zur Auflösung
te sich auch in der Materialbeschaffung der drei Luftkorps mit Stützpunkten, verteilt auf der multiethnischen jugoslawischen Volks-
jugoslawischen Volksarmee. mehrere Teilgebiete der Republik. So auch armee. Ein Grossteil der Mil-Helikopter ge-

18 skyheli.ch 08/2022
langte von der Volksarmee direkt in die neu-
geschaffenen Streitkräfte von Serbien (damals
noch als Jugoslawien bezeichnet) und einzel-
ne Exemplare nach Bosnien-Herzegowina,
Kroatien und Mazedonien. Dagegen blieben
die Streitkräfte Sloweniens und Montenegros
nach der Loslösung ohne Mil-Helikopter zu-
rück.

Ein Grossteil der Mil-Helikopter


gelangte von der Volksarmee direkt
in die neugeschaffenen Streitkräfte
von Serbien und einzelne Exemplare
nach Bosnien-Herzegowina,
Kroatien und Mazedonien.

Ukrainische Mi-24 für Kroatien und Mazedonien


Den Luftwaffen Kroatiens wie Mazedoniens Aus finanziellen Gründen kann sich Bosnien und Herzegowina keine neuen Helikopter leisten,
gelang es noch während den Kriegshand- die Mi-8 werden also noch eine Weile im Dienst bleiben.
lungen, Mi-24 Hind Kampfhelikopter aus Be-
ständen der Ukraine zu beschaffen, um die
Schlagkraft im Kriegsgeschehen zu verstärken.
Macht man einen Zeitsprung in die Gegen-
wart, so finden sich noch heute viele Spuren
und sogar aktive Mil-Helikopter aus jener Zeit
im Einsatz bei den jeweiligen Nationen.
Obschon die robusten und wartungs-
freundlichen russischen Helikopter nach wie
vor aktiv betrieben werden, steht vor allem in
Kroatien seit dem NATO-Beitritt 2009 eine
Zeitenwende an. Während die Mi-24 Hind
bereits 2004 ausser Dienst gestellt wurden,
steht auch den altgedienten Mi-8(MTV) und
Mi-17 die Ausmusterung bevor. Aktuell ver-
fügt die Luftwaffe über zwei Stützpunkte mit
Mi-8MTV/17/171Sh in Zagreb Pleso und
Split-Divulje. Beide Geschwader dienen in
der Rolle des taktischen Lufttransports, für
Such- und Rettungsflüge sowie zur Unterstüt-
zung der Feuerwehr bei Waldbränden mit
temporären Pikettstandorten während der Sechs Mi-8/17 fliegen heute bei der Luftwaffe von Bosnien und Herzegowina, hier ein Blick
Sommersaison. ins Cockpit eines Mi-17.

Die mazedonischen Mil Mi-24 haben ein umfassendes Upgrade-Programm durchlaufen, womit sie auch für NATO-Einsätze tauglich sind.

19
Neben sechs Mil Mi-8 und vier Bell UH-1 setzt Bosnien und Herzegowina auch noch acht Aérospatiale SA341 Gazelles ein.

Kroatien erhielt von den USA ab 2015


total 16 OH-58 Kiowa und im Juni 2022
die ersten UH-60M Blackhawk, welche die
Mil-Helikopterflotte sukzessive ersetzen sollen.
Einzig die 2006 im Rahmen einer Schulden-
tilgung von Russland neu erworbenen Mi-
171Sh dürften noch für weitere Jahre im Ein-
satz bleiben.

Kein Geld für einen Ersatz


Die Luftwaffe von Bosnien und Herzegowi-
na ist inzwischen eine reine Helikopteran-
gelegenheit. Zur Ausrüstung gehören neben
einigen Soko Gama/Hera und durch Spen-
den erhaltene UH-1, eine kleine Flotte von
Mi-8MTV und Mi-17. Aufgeteilt auf drei Stütz-
punkte in Sarajewo, Mostar und Banja Luka
stehen diese Veteranen immer noch im täg-
lichen Flugdienst. Fehlende finanzielle Mittel
haben bisher anstehende Modifikationspro-
gramme verhindert.
Die mazedonischen Mi-24V wurden von Elbit Systems unter anderem mit Nachtsichtgeräten Die Gründung und Aufrüstung der ma-
nachgerüstet. zedonischen Luftwaffe begann 1992 ohne

Zwei mazedonische Mi-17 und drei Mi-8 in Skopje, auch sie haben teilweise bereits ein Upgrade erhalten, womit sie NATO-tauglich werden.

20 skyheli.ch 08/2022
einsatzbereites Flugmaterial. 1994 gelang
es der Regierung, vier Mi-17 Hip aus der
Ukraine zu erwerben, welche erst nach dem
UN-Embargo zwei Jahre später in den mili-
tärischen Flugdienst gelangten. Weitere Heli-
kopter aus der Ukraine konnten in Form von
vier Mi-8MT und acht Mi-24V/ Mi-24K be-
schafft werden. Nachdem aufgrund fehlender
Finanzen und anstehender Wartungen sowie
notwendiger Modifikationen nahezu die gan-
ze Mil-Helikopter Flotte 2008 gegroundet
war, startete die Regierung ein mehrphasiges
Modernisierungs- und Wartungsprogramm,
so dass heute sechs Mi-8/17 und vier Mi-24
das Rückgrat der Luftwaffe bilden. Ein Ende
der Mil-Helikopter ist nicht in Sicht. Dieser Mi-8T Hip der serbischen Luftwaffe dient auch als Ambulanzheli.

Elbit macht sie NATO-kompatibel


2015 kamen je zwei Mi-17 und Mi-24V gegründet und konzentrierte sich nach der
aus dem Upgrade-Programm der israelischen Abspaltung von Montenegro 2006 auf Die aktuelle Beschaffung von
Firma Elbit Systems zur Luftwaffe zurück. Die drei Luftwaffenstützpunkte. Montenegros neun Airbus H145M deutet
Hubschrauber wurden neu mit dem Nacht- neu geschaffene Luftwaffe setzte von Soko auch in Serbien auf das
sichtgerät ANVIS/HUD (Aviators Night Vision in Lizenz gefertigten Gama- und Hera-Heli-
Head-Up Display) aufgerüstet, um einen kopter ein und überliess das restliche Flug-
Bedürfnis nach Partnern und
NATO-kompatiblen Nachtflugbetrieb zu er- material grösstenteils den serbischen Streit- Systemen aus dem Westen hin.
möglichen. Zusätzlich wurden die Helikopter kräften. Diese musste sich 1999, nach den
mit neuen Kommunikations-, Identifizierungs- NATO-Bombardierungen im Rahmen der Die aktuelle Beschaffung von neun Airbus
und Navigationssystemen sowie Multifunk- Operation «Allied Force», als ein Grossteil H145M deutet auch in Serbien auf das Be-
tions-Displays und Digital Map ausgerüstet. der militärischen Infrastruktur zerstört wurde, dürfnis nach Partnern und Systemen aus dem
Mazedonien kündigte an, dass sie der neu formieren. Westen hin. Es handelt sich hierbei wohl
NATO zwei CSAR-Hubschrauber (Combat Die Sondereinheiten des Innenministe- eher um einen Spagat zwischen Ost und
Search and Rescue) zur Verfügung stellt. Die riums wurden in der Folge aufgelöst und so West als um eine Zeitenwende. Denn erst
Planung sieht Upgrades an weiteren vier Mi- gelangten zwei Mi-24V Hind-E zur neu ge- im Juni dieses Jahres zeigten die Streitkräfte
24 sowie zwei Mi-17 vor und soll dann auch schaffenen Luftwaffe. Neben einer grossen reges Interesse am Kauf von elf Mi-35P aus
Selbstschutz- und neue Radarwarnsysteme so- Anzahl Soko Gama und Hera konnten rund Beständen der griechisch-zypriotischen Luft-
wie eine kreiselstabilisierte Multisensor-Nutz- ein Dutzend Mi-8 in verschiedenen Versionen waffe. Ein initialer Kaufvertrag einer ersten
last der dritten Generation (TV-Kamera, FLIR, flugfähig gemacht werden. Dank den guten Tranche von sechs Mi-35P soll bald finali-
Auto-Tracker und Laser-Entfernungsmesser/ Beziehungen zu Russland gelang es den Ser- siert werden. Die Geschichte der Mil-Heli-
Laser-Zielsuchgerät) enthalten. Die Luftwaffe ben 2019 fünf Mi-17V-5 und vier Mi-35 zu kopter im ehemaligen Jugoslawien dürfte
ist auf dem militärischen Teil des internationa- beschaffen und damit die alten und teilweise also noch weiter andauern. Doch nach dem
len Flughafens in Skopje stationiert. seit Jahren stillgelegten Mi-8 und Mi-24 zu Angriff Russlands auf die Ukraine werden
ersetzen. Beide Typen sind mit russischer Be- sich auch die Balkanstaaten verstärkt dazu
Serbischer Spagat zwischen Ost und West waffnung ausgerüstet und dienen neben Trup- gedrängt sehen, ihre Streitkräfte entweder
Die serbische Luftwaffe wurde auf der Basis pentransporten der Gefechtsunterstützung für mit russischem oder westlichem Material auf-
der Reste der jugoslawischen Volksarmee die Bodentruppen. zurüsten. ■

Dank den guten Beziehungen zu Russland gelang es den Serben 2019, fünf Mi-17V-5 zu beschaffen und damit die alten und teilweise seit
Jahren stillgelegten Mi-8 zu ersetzen.

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Interview mit Rolf Heuberger, dem neuen Swiss Helicopter CEO

«Wir sind auf dem richtigen Weg»


Vor zehn Jahren haben sich regional verankerte Helikopterfirmen unter dem Dach der Swiss Heli-
copter AG zusammengeschlossen. Heute ist Swiss Helicopter mit über 30 Helikoptern und 15 über
das ganze Land verteilten Basen die grösste kommerzielle Helikopterunternehmung der Schweiz. Rolf
Heuberger, seit diesem Jahr neuer Swiss Helicopter CEO, spricht im Interview über die Herausforde-
rungen der nächsten Jahre.

Interview Eugen Bürgler

Welche Bilanz ziehen Sie nach zehn Jah-


ren Swiss Helicopter? Hat der Zusammen-
schluss unterschiedlicher Firmen die erhoff-
ten Effekte gebracht?
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass
wir auf dem absolut richtigen Weg sind. Die
Anforderungen seitens Regulation und Auf-
sicht steigen jährlich. Durch unsere Aufstel-
lung sind wir in der Lage, darauf zu reagie-
ren. Dennoch ist es auch für uns eine riesige
Herausforderung, genügend Ressourcen für
Bereiche wie Compliance Monitoring und so
weiter bereitzustellen. Grundsätzlich können
wir die Synergien, die durch den Zusammen-
schluss entstanden sind, immer besser nutzen
und die Vorteile unseren Kunden zugänglich
machen.

Foto Swiss Helicopter


Sie stehen seit dem 1. März 2022 als
Geschäftsführer an der Spitze der Swiss
Helicopter AG. Wie sieht Ihr beruflicher
Werdegang vor der Übernahme dieser Rolf Heuberger steht seit dem 1. März 2022 als Geschäftsführer an der Spitze der Swiss Heli-
Aufgabe aus? copter AG.
Von Haus aus bin ich Informatiker und stieg
über einen Simulatorhersteller in die Fliege-
rei ein. Ich habe mein CPL(H) 2008 erlangt Die Swiss Helicopter AG ist als Tochter der verändert. Welche Veränderungen sehen
und danach als Fluglehrer gearbeitet. Einige Swiss Helicopter Group ideal aufgestellt. Zu- Sie positiv, in welchen Bereichen leidet die
Zeit nach meinem Einstieg bei der damals sammen mit unseren Schwestergesellschaf- Helikopterfliegerei in der Schweiz darunter?
noch sehr jungen Swiss Helicopter AG durfte ten Heliswiss International, Tuag, Europavia Dass wir als EASA-Mitglied die europäischen
ich als Head of Training die Flugschule leiten und Swiss Helicopter Maintenance bieten Regeln anwenden, ist für die Schweizer Luft-
und mitaufbauen, wurde Examiner und flog wir unseren Kunden eine unvergleichlich fahrt unter dem Strich der richtige Weg. Die
diverse kommerzielle Aufträge. Im Anschluss breite Dienstleistungspalette an. Wir sind in Häufigkeit von Anpassungen der bestehen-
wechselte ich zur Rega als Einsatzpilot auf der Lage, effizient und professionell Dienst- den Regeln ist aber ein grosses Problem. Wir
dem H145 und lernte operationell weitere leistungen in verschiedensten Bereichen zu kommen kaum dazu, Regeln im Betrieb zu
spannende Bereiche kennen. Im März dieses erbringen. Ob die Branche sich weiter kon- etablieren – und schon gibt es eine Revision.
Jahres bin ich nun sozusagen in meine fliege- solidiert, hängt in meinen Augen stark davon Ausserdem ist die Detailtiefe der Regeln sehr
rische Heimat, zu Swiss Helicopter, zurück- ab, inwiefern die Behörden künftig erlauben, ausgeprägt und nimmt in meinen Augen da
gekehrt. dass sich mehrere Firmen unter einer Betriebs- und dort absurde Züge an. Zu erwähnen ist
bewilligung zusammenschliessen und damit darüber hinaus die politische Gestaltung von
Auch in Europa entstehen vermehrt gros- den Aufwand für Zulassung oder etwa Com- SIL-Prozessen. Entgegen der Idee, dass die
se, international tätige Helikoptergruppen. pliance gemeinsam tragen können. Luftfahrt sich primär über die Luftfahrtinfrastruk-
Wird es in der Schweiz zu weiteren Konso- tur abspielen soll, drängen die Vorgaben und
lidierungen kommen? Wie ist Swiss Heli- Die Auflagen haben das Umfeld für die Einschränkungen Helikopterbetriebe dazu,
copter vor diesem Hintergrund aufgestellt? Helikopterbranche in den letzten Jahren von Wiesen und anderen Aussenlandestellen

23
Foto Swiss Helicopter / Patrick Aegerter

Auch in dicht besiedelten Gebieten, wie hier über der Stadt Bern, ist Swiss Helicopter regelmässig tätig.

aus zu operieren. Ein Beispiel hierzu sind die Flottenstrategie von Swiss Helicopter aus- der Treibstoff produziert und wie viel kostet
Einschränkungen bei den Flugbewegungen: wirken? er? Es ist heute klar, dass die Industrie allein
Es ist eigentlich schon eine sonderbare Sa- Ein grosses Thema sind sicher alternative die Mehrkosten nicht wird tragen können.
che, dass der Staat einem Eigentümer vor- Treibstoffe. Das Ei des Kolumbus ist hier noch An Helikopter, die mit Batterien angetrieben
schreibt, wie oft dieser seine eigene Infra- nicht gefunden. Weitere Themen sind auto- werden, glaube ich heute nicht. Dazu ist die
struktur benutzen darf. Beim Transport von nom fliegende Systeme für Standardflüge von Energiedichte von Batterien gemessen am
Strassengütern beispielsweise käme es wohl A nach B. Ich sehe allerdings heute und mor- Eigengewicht schlicht zu tief. Ein ähnliches
niemandem in den Sinn, einem Spediteur gen keine Technologien, die unsere Transport- Bild zeigt sich beim reinen Wasserstoff.
vorzuschreiben, wie oft pro Jahr er von sei- piloten beispielsweise für Montageflüge oder
nem Areal auf die Kantonsstrasse einbiegen komplexe Transportaufträge ersetzen könnten. Sie waren Head of Training der Swiss
darf. Das wäre absurd – doch genau das Was wir sehen werden, sind effizientere An- Helicopter Flugschule. Ist das Ausbildungs-
passiert mit Bewegungseinschränkungen auf triebe auf der bestehenden Technologiebasis system für Helikopterpiloten in der Schweiz
Heliports. sowie zusätzliche Automation im Cockpit. gut aufgestellt, um die benötigten Piloten
auszubilden?
Dem Thema Nachhaltigkeit kann sich Wie erwähnt, werden wir in den nächsten
«Es käme wohl niemandem
auch die Helikopterindustrie nicht verschlies- Jahren und Jahrzehnten weiterhin gut ausge-
in den Sinn, einem Spediteur sen. Wie reagiert Swiss Helicopter darauf? bildete Pilotinnen und Piloten brauchen, auch
vorzuschreiben, wie oft pro Jahr Sie haben Recht, die Helikopterindustrie darf wenn sich deren Berufsbild ändert. Es ist heute
er von seinem Areal auf die und wird sich dieser wichtigen Thematik nicht schon eine Herausforderung, gut qualifiziertes
verschliessen. Wie angetönt, sehe ich ein Personal zu finden. Gerade im Flugschul- oder
Kantonsstrasse einbiegen darf.»
grosses Potenzial für nachhaltigen Treibstoff. Unterlastbereich bilden wir oft selber Piloten
Dieser kann auf der bestehenden Triebwerks- aus und weiter. Für die Zukunft wäre sicher
Welche technologischen Entwicklungen flotte und mit der heutigen Tankinfrastruktur über alternative Modelle zu diskutieren – ich
erwarten Sie in der Helikopterindustrie? benutzt werden. Es gibt dabei zwei Heraus- denke dabei beispielsweise an Academies
Wird sich das in absehbarer Zeit auf die forderungen: Aus welchen Rohstoffen wird und Modelle, bei denen der Operator sich

24 skyheli.ch 08/2022
aktiver an den Ausbildungskosten beteiligt und essen miteinbeziehen und mit einer gewissen
dafür geeignete Kandidaten selektioniert. Toleranz Lösungen suchen. Man vergisst ab «Man vergisst ab und zu,
und zu, dass die allermeisten Helikopterflüge dass die allermeisten
Was raten Sie jungen Frauen und Män- in der Schweiz nicht zum Spass stattfinden. Helikopterflüge in der Schweiz
nern, die sich für eine Ausbildung als Heli- Es muss uns als Branche gelingen, der Öf-
nicht zum Spass stattfinden.»
kopterpilot interessieren? fentlichkeit noch besser aufzuzeigen, was wir
Wichtig ist, dass man sich nicht nur auf Such- leisten und leisten können. Vielen ist beispiels-
maschinen und Webrecherche beschränkt, weise nicht bewusst, dass in den Alpen kaum Was mag Rolf Heuberger besonders an
sondern frühzeitig mit einer professionellen ein Skigebiet ohne Helikopter funktioniert, seinem Beruf?
Flugschule spricht. Dort sitzen die Profis, die beispielsweise in Bezug auf Bau- oder Unter- Die Breite der Themen gefällt mir. Ich mag
gerne Auskunft geben. Eine seriöse Flugschu- haltsarbeiten einer Seilbahn. Oder denken es, mich im Tagesverlauf mit verschiedenen
le berät unverbindlich und zeigt verschiedene wir an Hochspannungsleitungen, Hangsiche- Bereichen zu beschäftigen, mich in Heraus-
Wege zum Ziel transparent auf. Und noch rungen, Lawinenverbauungen, Waldbrän- forderungen hineinzudenken und mit meinen
ein Tipp: Der Minutenpreis des Schulungsheli- de, Tierrettungen, die Versorgung von SAC Kolleginnen und Kollegen Lösungen für die
kopters alleine zeigt keine Kostenwahrheit. Es Hütten und Baustellen im Hochgebirge. Am Zukunft unserer Unternehmung zu finden.
lohnt sich ein vertiefter Vergleich. Swiss Helicopter Day, nächstes Jahr am 13.
Mai 2023, werden wir genau dies tun und Welche Interessen und Hobbies beschäf-
Wo liegen die grössten Herausforderun- der breiten Öffentlichkeit zeigen, wozu die tigen Sie neben dem Beruf?
gen, damit Helikopter als Teil der Schwei- Helikopter in der Schweiz eingesetzt werden. Ich schaue gerne Eishockey, spiele ab und
zer Infrastruktur ihre Aufgaben auch zu- Unser Ziel ist es, die Swiss Helicopter AG als zu Unihockey und bin sehr gerne draussen
künftig übernehmen können? Teil dieses privat finanzierten Service public oder auch im Wasser als Taucher. Alles, was
In der Schweiz ist Raum und Platz begrenzt. weiterzuentwickeln. Als attraktiver Arbeitge- wächst und sich bewegt, interessiert mich
Auf engstem Raum stossen verschiedenste In- ber in einer faszinierenden Branche werden – sei es am Wegesrand, in fernen Ländern
teressen aufeinander. Wir müssen diese Inter- wir auch neue Tätigkeitsfelder ausloten. oder unter Wasser. ■

Foto Swiss Helicopter / Patrick Aegerter

Die Guimbal Cabri G2 werden bei Swiss Helicopter für die Pilotenausbildung eingesetzt.

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26 skyheli.ch 08/2022
Ab Ende Januar 2022 haben die Tessiner Helifirmen rund zwei Wochen lang einen Wald-
brand am Monte Gambarogno mit Tausenden von Wasserabwürfen bekämpft. Die Luftwaffe
unterstützte die Löscharbeiten mit 849 Super-Puma-Rotationen zwischen dem Lago Maggiore
und dem Brandgebiet. Foto Eugen Bürgler

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Foto Eugen Bürgler

Der heute 77-jährige Schweizer Helikopterpionier Adolf Litzler freute sich im vergangenen Juni über das 50-jährige Bestehen der Air-Glaciers-Ba-
sis Lauterbrunnen, welche er als «Einmannbetrieb» als erster geleitet hat.

Geschichten aus dem Fliegerleben von Adolf Litzler

Helipilot der Pioniergeneration


Er gehört zur Generation von Piloten, welche die Möglichkeiten des Helikopters als Arbeitsgerät bis
an die Grenzen ausloteten und dabei für die Helikopterfliegerei Neuland erschlossen haben: Adolf
Litzler. Der langjährige Leiter der Air-Glaciers-Basis Lauterbrunnen blickt auf Episoden seiner Piloten-
karriere zurück.

Text Eugen Bürgler ich, etwa von der Seriennummer 3 bis 23, zufliegen, wenn sie ab Bern Volllastflüge ma-
Hydraulikleitungen und Hydraulikgeräte ein- chen mussten. «Er hat das wohl nicht ohne
Wie viele andere Schulbuben seiner Gene- gebaut. Das war eine Geduldsarbeit, denn Hintergedanken gemacht. Tatsächlich hat es
ration hat der 1945 geborene Adolf Litzler die Leitungen mussten absolut spannungsfrei mir den Ärmel komplett reingenommen und
fasziniert zum Himmel geschaut, sobald das in den runden Rumpf passen.» ich habe das Flächenflugbrevet auf einer
Triebwerksheulen von Venom- und Vampi- Piper PA-28 gemacht», erzählt Adolf Litz-
re-Kampfflugzeugen zu hören war. Aus die- Fast ein Monatslohn für eine Flugstunde ler. 1966/67 startete für die Heliswiss ein
ser Faszination ist der Wunsch gewachsen, Ab und zu in einem Helikopter mitfliegen zu mehrjähriger Grossauftrag in Grönland, wo
auf dem Militärflugplatz Interlaken eine Lehre können, erachtete Adolf Litzler als reizvollere geologische Untersuchungen mit Lufttranspor-
durchlaufen zu können. Tatsächlich konnte er Aussicht, als nur in der Werkstatt oder engen ten unterstützt wurden. Adolf Litzler gehörte
dort 1961 eine Mechanikerlehre beginnen Mirage-Rümpfen zu arbeiten. So meldete er 1967 als Mechaniker zur ersten Equipe, die
und im Verlauf der Ausbildung sogar Trieb- sich nach einem Jahr wieder bei der Heli- mit zwei Bell 47J nach Grönland geschickt
werkswechsel und Standläufe mit dem Hunter swiss und wurde 1966 eingestellt. Eigentliche wurde.
durchführen, «Etwas Grösseres konnte man Helikoptermechaniker gab es dazumal noch «Dölf, willst du nicht Helifliegen lernen»,
kaum haben», sagt er noch heute, wenn er nicht, doch Adolf Litzler konnte dank seiner habe ihn dann zurück in der Schweiz ein
an diese Zeit zurückdenkt. Nach der Rekru- Erfahrung im Flugzeugbau einen der ersten Verkäufer der Heliswiss gefragt. Er würde
tenschule 1965 als Flugzeugwart auf Venom, Techniker-Kurse besuchen, den die Heliswiss ja gerne, aber die teure Ausbildung könne
meldete er sich bei der Heliswiss, die aller- und das Luftamt gemeinsam durchführten, und er nicht bezahlen, habe Adolf Litzler geant-
dings keine freie Stelle hatte. Aber die Pilatus sich danach Helikoptermechaniker nennen. wortet. Sein Monatslohn habe damals 850
Flugzeugwerke, die mit dem Lizenzbau der 1967 hat ihn Franz Gribi, «ein alter Franken betragen, eine Flugstunde in der Ge-
Mirage III für die Schweizer Fliegertruppe Haudegen», wie ihn Adolf Litzler mit einem birgsausbildung mit dem Bell 47 habe 780
beschäftigt waren, stellten den jungen Me- Schmunzeln nennt, eingeladen, ab und zu Franken gekostet. Chefpilot Walter Demuth
chaniker ein. «In der Mirage-Produktion habe mit Flugschülern in ihren Kleinflugzeugen mit- habe aber versichert, dass er schon schau-

28 skyheli.ch 08/2022
en würde, dass es vom Luftamt einen Ausbil-
dungsbeitrag geben würde. Bedingung sei
einzig die Verpflichtung bei einer Schweizer
Helikopterunternehmung für fünf Jahre.

Soloflug mit acht Flugstunden


Für den fliegereibegeisterten Adolf Litzler
hiess es dann von einem Tag auf den an-
deren Koffer packen für die Helikopterpilo-
tenausbildung in Locarno, denn das Luftamt
hatte gegen Ende Jahr noch einen Ausbil-
dungskredit zu vergeben. Wie es damit im

Foto Archiv Adolf Litzler


nächsten Jahr aussehe, sei unsicher. Im Tes-
sin arbeitete Adolf Litzler bei den Transport-
einsätzen als Flughelfer von Jean Seydoux,
der zwischendurch und auf den Überflügen
dem jungen Mechaniker und Flughelfer das
Helifliegen beibrachte. «Da ich das Flächen- «Der Rausch der Höhe begeistert mich. Wenn ich über eine Felswand hinausfliege, die Ma-
flugbrevet schon hatte, brauchte ich nur 20 schine auf den Kopf stelle und mich fallen lasse...», sagte Adolf Litzler, der aber auch seine
Flugstunden für die Helikopterlizenz. Den Grenzen als Pilot gut kannte.
ersten Soloflug machte ich nach etwa acht
Flugstunden», erinnert sich Adolf Litzler und
merkt an: «Da hatte man nicht viel Zeit, um bis 1700 Meter über Meer, oft die letzten
vorher Autorotationen zu üben, man musste Reserven. Das hat mir ein Spitzengefühl fürs
einfach wissen, wie es geht – ob es im Ernst- Fliegen gegeben. Mit Geologen und ihren
fall bis am Schluss gut gekommen wäre, ist Gesteinsproben an Bord musste man fein ein-
eine andere Frage.» teilen, nicht wie beim Lama, wo man ein-
Im folgenden Jahr nahm der Jungpilot die fach ziehen kann und es geht rauf wie im Lift.
Berufspilotenausbildung in Angriff, für die 80 Beim Start begann die Drehzahl oft schon zu
weitere Flugstunden nötig waren. «Da hat sinken, da musste man schauen, dass man
man dann 20 bis 25 Stunden nur Autorotatio- bergabwärts rasch in den Vorwärtsflug, in
nen gemacht, auch bis zum Boden», erzählt die Translation, kommt», so Adolf Litzler.
Adolf Litzler von den Erlebnissen mit seinem Dank der Erfahrung aus den Grönland-Ein-
Fluglehrer, der durchaus auch risikobereit ge- sätzen, stolze 240 bis 250 Flugstunden pro
wesen sei. 1968 konnte er die Berufspilo- Grönland-Saison, hatte Adolf Litzler bald die
tenausbildung inklusive Gebirgsausbildung nötige Erfahrung beisammen, um auch ab
abschliessen. den Heliswiss-Basen Erstfeld und Samedan
Transportaufträge durchzuführen. «Das waren
«Da ich das Flächenflugbrevet Einmannbetriebe, da war ich fast immer ohne
Flughelfer und Mechaniker unterwegs. Man
schon hatte, brauchte
hat zusammen mit den Kunden das Material
ich nur 20 Flugstunden für vorbereitet und ihnen gezeigt, wie sie es am
die Helikopterlizenz.» Heli einhängen müssen, da musste man allei-
ne für alles schauen. Nur bei grösseren Trans-
Fliegerisches Gefühl aus Grönland porten kam vielleicht mal einer mit dem VW-
Im gleichen Jahr wurde Adolf Litzler erneut Bus mit Treibstoff nach und hat mitgeholfen»,
nach Grönland geschickt, wo er als Mechani- erinnert sich Adolf Litzler an die Pionierzeit
ker auf einem Schiff mit zwei Helikopterplatt- der Arbeitsfliegerei mit Helikoptern. Mit der Alouette III HB-XCM wurde die Dach-
formen stationiert war. 1969 durfte er dann konstruktion für den neuen Hangar in Lauter-
erstmals als Pilot nach Grönland, seine Auf- Ölfässer als erste Betonkübel brunnen montiert. Foto Archiv Adolf Litzler
sichtsperson war Markus Burkhard, der dabei Rudimentär ist auch die Aussenlastausbil-
den Bell 47J HB-XAU geflogen hatte, jene dung verlaufen, wie sich der Berner Ober- noch ein paar solo – dann wurde ich alleine
Maschine, die 1957 dank einer Sammlung länder erinnert: «Das waren nicht viele Flü- losgeschickt.
des Verbands der Schweizer Konsumvereine ge. In Grönland wurde ab und zu schon Das Flugbetriebsmaterial musste erst ent-
(der Vorgängerorganisation des Coop) an mal ein Fass unten drangehängt. Dann sollte wickelt werden, Betonkübel zum Beispiel gab
Hermann Geiger übergeben werden konnte. mir das Walter Tschumi in Bern beibringen. es noch nicht. Adolf Litzler: «Bei Betontrans-
Adolf Litzler flog einen dänischen Bell Ein Netz wurde mit ein paar alten Pneus porten mit dem Bell 47 hat man eine Plane
47J mit Schwimmern und wurde von Markus und sonstigem Gerümpel beladen und das auf einem Netz ausgelegt, dann haben die
Burkhard in die Besonderheiten des Fliegens musste ich dann, natürlich ohne Sicht auf die Arbeiter drei bis vier Schubkarren mit Beton
auf Grönland eingewiesen. «Bei diesen Helis Last, in einem Kreis von vielleicht fünf Metern da draufgekippt, das ergab die mögliche
ohne Turbolader brauchte es bei Start und Durchmesser absetzen. So machte ich mit Last von etwa 320 Kilo für den Bell 47.»
Landung mit Beladung, manchmal in Höhen Walter Tschumi ein paar Anflüge und dann Später habe Jean Seydoux mit Experimentie-

29
ren begonnen: Alte Ölfässer wurden oben an das Fliegen mit Spiegeln gewöhnt und vor
aufgeschnitten, mit Stahlseilen an der Klinke allem konnte ich dabei aufrecht sitzen – das
eingehängt und ein weiteres Seil fix am Heli- hat der Rücken am Abend gedankt.»
kopter befestigt. So konnten die Fässer mit Häufig wurde das zu transportierende
Beton abgesetzt und am fixen Seil wieder Material auf den Querrohren, an denen die
aufgezogen werden – die erste Version des Kufen befestigt sind, neben der Kabine auf-
Betonkübels war geboren. gebunden. Adolf Litzler: «Ich war zum Bei-
spiel in Samedan, um Ueli Bärfuss zu vertre-
Notizzettel statt Funkverbindung ten, weil er mit dem ersten Jet Ranger in Flims
In jener Zeit gab es am Helikopter keine unten flog. Da haben wir die Fässer mit dem
Spiegel, kein Bubble Door und schon gar kei- Veltliner und das andere Material neben der
ne Funkverbindung mit dem Bodenpersonal. Kabine aufgebunden, weil man so auf den
Zu helfen wusste man sich mit Handzeichen langen Strecken schneller fliegen konnte als
oder Notizzetteln, die an den Lasten befes- mit Unterlast. Diese Methode hatte aber den
tigt wurden. Wenn Beton in eine Schalung Nachteil, dass man zum Entladen landen
geleert oder eine Stange in ein vorbereite- musste und die Last nicht ausklinken konnte,
tes Loch gestellt werden musste, brauchte es wenn es einmal kritisch wurde.»
jemanden zum Einweisen mit Handzeichen. Bei Flügen im Kanton Uri für den Bau ei-
Das Aussenlastfliegen mit Spiegeln hat Adolf ner Scheune im Gitschental hatte man lange
Litzler bis zuletzt dem Fliegen mit Bubble Door Balken links und rechts der Kabine aufgebun-
und vertikaler Referenz vorgezogen: «Zum den, vorne haben die zwei, drei Meter über
Adolf Litzler ist auch der Vater der Rettungs- Beispiel beim Einfädeln der Klinke zwischen den Heli hinausgeragt und hinten kamen sie
gondel «Jules Verne», hier eine frühe Version Bäumen beim Logging war das Bubble Door fast bis zum Heck. «Als da der Föhn aufkam
an der Alouette III. Foto Archiv Adolf Litzler schon praktisch, aber ich habe mich so lange im Gitschental, wurde es schon ungemütlich»,
so eine der unzähligen Erinnerungen des
Helipiloten. Das grosse Problem seien die
Bewegungen der Lasten unter dem Heli ge-
wesen, die man als Pilot nicht sehen konnte.
Mit der Zeit habe man herausgefunden, dass
man die Lasten, zum Beispiel mit einem nach
hinten herausragenden Brett, etwas stabilisie-
ren konnte.

«Man hat zusammen mit den


Kunden das Material vorbereitet
und ihnen gezeigt, wie sie es
Foto Archiv Adolf Litzler

am Heli einhängen müssen.»

Für Air-Glaciers nach Lauterbrunnen


Währenddessen reifte im Lauterbrunnental
Das 1,5 Tonnen schwere Hangartor für die Basis Lauterbrunnen wurde per Sikorsky S-58T der die Idee, vor Ort einen Helikopter zu statio-
Heliswiss eingeflogen. nieren. Das Bedürfnis dafür stammte nicht zu-
letzt von den lokalen Bergführern, die sich
bessere Möglichkeiten in der Bergrettung er-
hofften. Adolf Litzler packte die Gelegenheit,
in sein Heimattal zurückzukehren und arbei-
tete nach rund 1000 Bell-47-Flugstunden bei
der Heliswiss ab 1. Dezember 1971 bei
Air-Glaciers. Nach der Umschulung auf die
Alouette III durfte er an Weihnachten 1971
eine Alouette III nach Lauterbrunnen überflie-
gen. Einen Hangar gab es noch nicht, die
«Einsatzleitung» des Einmannbetriebes war
Foto Archiv Adolf Litzler

als Untermieter mit einem Tisch und einem


Telefon bei einer Baufirma einquartiert.
Mit «seiner» Alouette III kam Adolf Litzler
für Hüttenversorgungen, Bauprojekte und vie-
les mehr zum Einsatz, das auch weit über
Adolf Litzler war auch an der Gründung der Air-Jungfrau beteiligt, die Bell Jet Ranger einsetzte. das Lauterbrunnental hinaus und öfters auch
Der Zusammenstoss des zweiten Jet Rangers mit einem Super Puma der Luftwaffe am Mön- noch für die Heliswiss, weil diese wegen
chsjoch 1994 beendete die Geschichte der Air-Jungfrau. ihrer Engagements in Surinam und Grönland

30 skyheli.ch 08/2022
oft zu wenig Helikopter für den heimischen
Markt hatte. Immer wieder erhielt Adolf Litzler
auch VIP-Flugaufträge. Dabei kam es auch
mal zu Missverständnissen, wie er sich er-
innert: «Einmal hat es geheissen, ich müsse
mit der Alouette III nach München fliegen,
um dort Friedrich Jahn abzuholen und ihn
nach Zürich zu fliegen. Als «Brathähndl-Kö-
nig» war dieser Name damals ein Begriff,
seine Wienerwald-Restaurantkette wuchs auf
weltweit gegen 1600 Lokale an. Nach der
Landung in München kam Friedrich Jahn nicht
alleine, sondern in Begleitung des langjäh-
rigen Ministers in der Bundesregierung und

Foto Archiv Adolf Litzler


damaligen bayrischen Ministerpräsidenten,
Franz Josef Strauss. Nein, nein, sie wollten
nicht nach Zürich, sondern zur Jagd nach
Österreich, sagten sie. Er habe weder eine
Fluganmeldung noch Karten für Österreich
organisiert gehabt und es sei ihm höchst un- Die meisten seiner rund 15‘000 Flugstunden verbrachte Adolf Litzler in den Cockpits von Lamas.
angenehm gewesen, derart unvorbereitet vor
der Prominenz zu stehen.
Seinen Einwand, dass es für so einen Flug
eine vorgängige Fluganmeldung brauche, Gelernt, nein zu sagen
liessen die berühmten Herren nicht gelten und
Adolf Litzler fertigte im C-Büro des Flughafens Adolf Litzler ist in seiner Pilotenlaufbahn nicht Höhe sackte das Lama durch, denn obwohl
eine Skizze des Flugwegs an, berechnete un- ganz vor Unfällen verschont geblieben. So die Turbine gelaufen ist, Leistung kam vom be-
gefähre Flugzeiten und Kompasskurse, denn hatte er zum Beispiel am Jungfraujoch einmal schädigten Triebwerk keine mehr.» Zum Glück
Karten gab es keine zu kaufen. Wie erwartet, Pech. Im Triebwerk hatte sich eine Schraube hat nur einer der vier Passagiere bei der Not-
wurde ihm beim Anruf beim österreichischen gelöst, später hat sich herausgestellt, dass landung leichte Verletzungen davongetragen.
Luftamt beschieden, dass die Anmeldung für die Triebwerksschaufeln als Folge dieses
eine Aussenlandung einen Monat im Voraus Defekts fast ganz weggeschmolzen waren. Die Piloten dieser Pionierära hatten oft keine
erfolgen müsse. «Ich habe Franz Josef Strauss Zwar habe es einen Knall gegeben und grossen Sicherheitsreserven, das brachte in
gesagt, dass ich die Bewilligung nicht be- Augenzeugen berichteten später von einer den Anfangsjahren alleine schon die schwa-
komme und ihn deshalb gebeten, bei diesem meterlangen Stichflamme aus der Turbine, che Motorisierung der Helikopter mit sich.
Telefonat neben mir zu stehen. Tatsächlich aber sie ist weitergelaufen. «Nach dem Knall «Die Fliegerei mit dem Helikopter ist eine fas-
hatte er das nach kurzer Zeit geregelt, nach- habe ich sofort die Steuerung überprüft, die zinierende, aber nicht ungefährliche Sache»,
dem er den Hörer in die Hand genommen Drehzahl der Turbine war normal – ich wuss- sagt Adolf Litzler nachdenklich: «Das habe
hat, und wir sind für drei Tage zur Gemsjagd te nicht recht, was los war. Mit der Kabine ich schon oft schmerzlich erfahren müssen,
ins Tennengebirge geflogen.» voller Passagiere habe ich natürlich sofort denn ich habe über 20 Berufskollegen verlo-
eine Autorotationslandung beim Jungfraujoch ren, die mit dem Heli tödlich abgestürzt sind.
«Die langen Balken links und eingeleitet. Ich hatte keine Anzeichen, dass Übertriebener Ehrgeiz oder Übermut sind in
etwas mit der Turbine nicht stimmte und woll- diesem Beruf lebensgefährlich. Es ist enorm
rechts der Kabine haben vorne
te deshalb den Schluss der Autorotation mit wichtig, seine Grenzen zu kennen und nein
zwei, drei Meter über den Heli Leistung abfangen. Aber in gut zwei Metern sagen zu können.»
hinausgeragt und hinten kamen
sie fast bis zum Heck. Als
da der Föhn aufkam, wurde es
schon ungemütlich.»

Short of Fuel mit der Toyota-Familie


Das waren bei weitem nicht die einzigen be-
kannten Persönlichkeiten, die Adolf Litzler an
Bord hatte. Er prahlt nicht damit, aber bei
einem längeren Gespräch fallen Namen wie
Foto Archiv Adolf Litzler

Robert de Niro oder Roger Federer fast bei-


läufig. Oder: Er wisse nicht mehr, ob es beim
Flug zur Hochzeit der berühmten US-Schau-
spielerin Liz Taylor gewesen sei, als in der
Kabine der Alouette III der Korken einer
Champagnerflasche an die Verglasung knall- Eine Alouette III im Einsatz für eine aufwendige Spaltenrettung.

31
te. Auf dem Weg zur Scheidung habe er sie zum Dolder. Im «Blick» war über den Vorfall
jedenfalls auch nach Genf geflogen. allerdings zu lesen: «Drei Farbige hätten den
Ein bleibendes Erlebnis hatter er auch mit Heli fluchtartig verlassen und seien mit dem
der Toyota-Gründerfamilie an Bord, welche Taxi weitergefahren. Die Stadtpolizei Zürich
bei der Emil Frey AG zu Besuch war und ei- rückte mit der Terroristeneinheit an.» Adolf Litz-
nen Rundflug in die Alpen unternehmen woll- ler machte sich auf den Weg, um mit leeren
te. Adolf Litzler flog ins Berner Oberland und Plastikkanistern Treibstoff zu holen und entging
landete auf dem Männlichen, damit die japa- bei seiner Rückkehr zum Heli nur knapp einer
nischen Gäste dort kurz aussteigen und er in Verhaftung. Nachdem er den Sachverhalt dar-
Lauterbrunnen nachtanken konnte. Eine Ne- gelegt hatte und die Polizei mit Doppelmeter
beldecke hatte sich aber inzwischen geschlos- nachprüfte, ob der Tank der Alouette tatsäch-
sen, Nachtanken war unmöglich und der Pilot lich fast leer war, durfte er wieder starten.
musste seine Gäste schnell wieder abholen,
denn es dämmerte bereits und Restaurant «Manchmal hat man nach
gab es auf dem Männlichen noch keines.
dem Anlassen auch die
Die Passagiere hätten Verständnis gezeigt,
als er ihnen erklärte, dass er sie wohl nicht Batterie ausgebaut, um noch
bis zum Hotel Dolder in Zürich fliegen könne, ein paar Kilo einzusparen.»
weil das Nachtanken nicht möglich war. «Ich
vermutete, dass etwas nicht stimmte, weil die Lawinensprengen mit «Stumpen»
Treibstoff-Reststandwarnung nicht aufleuchtete. Die Erlebnisse mit weltbekannten Persönlich-
Ich wollte so nicht mehr über den See flie- keiten dürfen nicht darüber hinwegtäuschen,
Manches in den Bergen gestrandete Flug- gen, bin vorsichtshalber in Zürich-Wollishofen dass die Arbeit auf der jungen Basis Lauter-
zeug wurde von Adolf Litzler mit seiner Crew gelandet und bat die Schaulustigen, ein Taxi brunnen zu 70 bis 80 Prozent aus Material-
geborgen. Foto Archiv Adolf Litzler zu rufen. So kam die Familie Toyota per Taxi flügen bestanden hat – daran hat sich auch
bis heute nicht viel geändert. Das Einsatz-
spektrum der Alouette III hat neben Rettungen
Transportflüge aller Art umfasst, Beton für den
Bau von Elektrizitätswerken oder Bahnen,
Heu für Wildtiere in strengen Wintern, Kisten
in der Kabine mit Schweinen für Bergbauern
oder bald auch kranke oder verletzte Kühe
als Aussenlast – nach und nach wurde so
ziemlich alles geflogen, was die Alouette
III zu heben vermochte. Von Lauterbrunnen
hoch nach Wengen zum Lauberhornziel wa-
ren das maximal etwa 600 Kilogramm sagt
Foto Archiv Adolf Litzler

Adolf Litzler, und fügt an: «Wenn es schwer


wurde, hat man die Rettungswinde und die
Türen abgenommen, manchmal nach dem
Anlassen auch die Batterie ausgebaut, um
noch ein paar Kilo einzusparen.» Um aber
Mit Abstand am meisten Flugstunden hat Adolf Litzler bei Arbeitsflügen auf dem Lama absolviert. nicht ständig nachtanken zu müssen, sei-
en etwa 500 bis 550 Kilo Aussenlast der
Massstab gewesen.
Besonders am Schilthorn habe es viele
Einsätze zum Sprengen von Lawinen ge-
geben. Die Sprengkörper hatten noch kei-
ne Reisszünder, doch beim Anzünden der
Zündschnur mit Zündhölzern habe es immer
Probleme gegeben. Bewährt habe sich die
Praxis, dass ein Besatzungsmitglied auf der
Rückbank einen dicken «Stumpen», eine Zi-
garre, geraucht habe, mit dieser habe man
die Zündschnüre problemlos zum Brennen ge-
Foto Archiv Adolf Litzler

bracht. Heute sicher genauso undenkbar und


verboten wie die damals öfters angewandte
Praxis, dass Flughelfer nach Betonflügen in
unwegsamem Gelände kurzerhand in den
leeren Betonkübel gestiegen sind, um sich
Kühe, Schweine, Schafe, Ziegen oder Pferde – nicht selten waren Tiere die Passagiere von anstelle eines langen Fussmarsches so zum
Adolf Litzler (rechts im Bild). nächsten Landeplatz fliegen zu lassen.

32 skyheli.ch 08/2022
Erfahrungen weitergegeben gesehen und einfach gemacht, was sie sag-
Adolf Litzler hat mit dem Helikopter nicht nur ten. Nachdem sie den Hund bergen konn-
Tausende Tonnen Holz und Beton geflogen, ten, musste ich wieder zehn Meter horizontal
er hat auch den Samichlaus im Wald ab- zurück aus der Schlucht «ausfädeln». Später
geholt, Baukräne montiert, Personen von hat auch Theo von Atzigen einen Koreaner,
Sesselbahnen evakuiert, für Bergbauern Heu leider nur noch tot, mit einer Longline aus die-
ins Tal und Schweine auf die Alp gebracht ser Schlucht geholt.»
oder Tiere aus der Jauchegrube gerettet, Se- Fluglehrer war Adolf Litzler nicht, «Wir hat-
gelflugzeuge zum Jungfraujoch und Flugzeug- ten in Lauterbrunnen nie die kleinen, günstigen
wracks vom Gletscher transportiert. Beim Maschinen, die es für die Schulung gebraucht
Löschen des Brandes der Tela-Papierfabrik hätte», sagt er dazu. Trotzdem konnten viele
in Niederbipp 1996, einer der schlimmsten Nachwuchspiloten von seinem Erfahrungs-
Feuerkatastrophen der jüngeren Schweizer schatz profitieren: «Wir haben immer viele
Geschichte, war er mit dem Helikopter eben- Jungpiloten nachgenommen. Sie waren zu-
so beteiligt wie bei Hilfsflügen nach Über- erst Flughelfer oder Mechaniker, aber weil
schwemmungen in Italien. Und, er hat nicht wir viele Rundflüge und Fallschirmabsetzflüge
nur Bundesrat Gnägi nach einem Beinbruch hatten, konnten wir sie dort einsetzen und sie
ins Spital geflogen, sondern zusammen mit sind so rasch vorwärtsgekommen.»
seinem Team bei unzähligen Rettungsaktionen
vielen Menschen das Leben gerettet. «Übertriebener Ehrgeiz oder
Der Waffensystemoffizier eines deut-
Übermut sind in diesem
schen Tornado-Kampfflugzeuges, der sich
kurz vor dem Aufprall des Jets am Mittags- Beruf lebensgefährlich.» Mit der Alouette III HB-XNZ wird ein Monteur
horn mit dem Schleudersitz rettete, dann aber zur Sendeanlage auf dem Jungfraujoch ge-
schwer verletzt mit dem Fallschirm an einem 850 bis 950 Flugstunden – in einem Monat bracht. Foto Archiv Adolf Litzler

überhängenden Felsen hing, war nur einer In den besten Jahren ist er, wie seine Piloten-
davon. Er konnte in rund 3500 Metern mit kollegen, sehr viel geflogen: «Zum Beispiel
einer 85-Meter-Longline geborgen werden. nach den schweren Stürmen waren wir stark Helikoptern eingebaut, doch dafür habe die
Der Generalleutnant Klaus-Peter Stieglitz, mit der Holzfliegerei beschäftigt. Ich kann Geschäftsleitung in Sion nie Gehör gehabt
Inspekteur der Deutschen Luftwaffe, dankte mich erinnern, dass Daniel Brunner, einer und der Pionierpilot sagt: «Ich bin zwar das
dem Piloten und der Air-Glaciers-Crew sowie der späteren Rotex-Gründer, in einem Monat AS350B2 Ecureuil geflogen, doch die ein-
den beteiligten Bergführern mit einem persön- 950 Stunden gemacht hat, ich 850 Stunden gemietete Maschine hatte keine Spiegel und
lichen Schreiben für die Rettung «mit hohem – heute muss eine Firma bald froh sein, wenn keinen Lasthaken. Das erste B3-Ecureuil kam
Risiko für das eigene Leben», doch Adolf es im Jahr so viele Stunden werden.» Bei erst kurz nach meiner Pensionierung. Es hat
Litzler macht keine grosse Sache daraus: «Es einem Logging-Einsatz auf der Axalp habe mich schon schade gedünkt, dass ich mit dem
gehörte zur Arbeit.» er am Abend 240 Rotationen aufschreiben B3 nicht noch etwas ‘transpörtlen’ konnte.»
können. 2009 hat Adolf Litzler nach 37 Jahren
Aus der Schlucht «ausfädeln» Adolf Litzler war offen für neue Technolo- und rund 15‘000 Flugstunden die Basislei-
Selbst für einen Hund flog Adolf Litzler in der gien und Verfahren, er selbst ist zum Beispiel tung in Lauterbrunnen seinem Nachfolger
85 Meter tiefen Trümmelbachschlucht eine der Vater der Rettungsgondel «Jules Verne» übergeben. «Ich habe mich aber bereit er-
spektakuläre Rettungsaktion: «Vorne ist die zur Evakuierung von Personen aus blockier- klärt, für Ablösungen einzuspringen und so
Schlucht vielleicht fünf Meter breit, an der ten Luftseilbahnen – heute steht ein Exemplar konnte ich 2010 als Rentner noch 240 Stun-
engsten Stelle vielleicht noch zwei Meter. Ich davon im Verkehrshaus Luzern. Gerne hätte den fliegen – das war ein guter Abgang»,
habe die Bergführer unten am Seil nicht mehr er auch moderne Navigationsanlagen in den sagt der leidenschaftliche Pilot zufrieden. ■ Foto Archiv Adolf Litzler
Foto Archiv Adolf Litzler

Air-Glaciers kaufte 1984 diese Alouette III der dänischen Armee mit Unzählige aussergewöhnliche Transporte hat Adolf Litzler ausgeführt,
Schwimmern. Adolf Litzler hat sie mit einer luxemburgischen Über- 1985 flog er zum Beispiel Segelflugzeuge zum Jungfraujoch, wo die-
gangsregistration in die Schweiz überflogen. se im Rahmen eines Segelfluglagers starteten.

33
SAVING THE
DAY SINCE
1968.

www.air-zermatt.ch
Air-Glaciers war mit bis zu 16 SA315B Lama in der Flotte der weltweit grösste zivile Betreiber dieses Helis. Foto Eugen Bürgler

Die Ära des SA315B Lama neigt sich ihrem Ende entgegen

Kleiner Heli mit grosser Karriere


Über 80 verschiedene SA315B Lama haben in der Schweiz mehrere Hunderttausend Flugstunden
geleistet. Damit wurden Infrastrukturen gebaut, Siedlungen versorgt, Pflanzen gesprüht und Men-
schen gerettet. Mit diesem Helikopter ist die Transportfliegerei in der Schweiz erwachsen gewor-
den. Heute fliegt nur noch ein Schweizer Lama im kommerziellen Einsatz. Zeit, dem legendären
Heli langsam Adieu zu sagen.

Text Eugen Bürgler dem Lama das Gefühl, sorglos fliegen zu werden da nur 550 PS – alles darüber ist
können. Man musste nicht wie vorher beim Leistungsreserve.»
König der Berge oder Lastesel – dem Aéro- Bell 47 ständig Parameter beobachten, die
spatiale SA315B Lama wird vieles zuge- sich einer kritischen Marke näherten. Die
«Die Turbomeca Artouste-Turbine des
schrieben, doch Adolf Litzler, der ehemalige Drehzahl war immer konstant, die Tempe-
Air-Glaciers-Pilot mit über 10‘000 Flugstun- ratur in der Turbine war nie ein Problem, Lamas hat eine Leistung von 870
den Lama-Erfahrung, bringt es anders auf man konnte sich voll auf das Fliegen kon- Wellen-PS, aber rausgenommen
den Punkt: «Das Lama war einfach prak- zentrieren, auf die Last, auf den Ablade- werden da nur 550 PS – alles
tisch.» Wenn der langjährige Leiter der platz, auf das Montieren. Die Turbomeca
darüber ist Leistungsreserve.»
Basis Lauterbrunnen auf den Lama-Einsatz Artouste-Turbine des Lamas hat eine Leistung
Adolf Litzler
zurückblickt, resümiert er: «Man hatte mit von 870 Wellen-PS, aber rausgenommen

35
Foto Phil Rey

Air-Glaciers setzte das Lama noch lange als idalen Heli zum Besprühen der Westschweizer Rebberge ein.

Das Leben in den Bergen unterstützt die Leistung des Lamas in grossen Höhen: In der Schweiz hat sich das Lama aber
Diese Qualitäten des Lamas, das als erfolg- 1972 ist Jean Boulet mit einem Lama, dessen nicht mit Weltrekorden, sondern mit solider
reiche «Kreuzung» zwischen Alouette II und Leergewicht von rund 1100 Kilogramm auf Arbeit einen Namen gemacht. Air-Gla-
Alouette III 1969 den Erstflug absolvierte, 790 Kilo reduziert wurde, auf die Höhe von ciers-Flugbetriebsleiter Patrick Fauchère mit
wurden besonders in den Alpenländern in- 12‘442 Metern gestiegen – der Höhenwelt- mehr als 6500 Lama-Flugstunden hat am 11.
tensiv genutzt. Der Hersteller Aérospatiale rekord für Helikopter, der rund 30 Jahre Be- Mai 2021 in Sion den allerletzten Flug eines
machte mit einem Weltrekord Werbung für stand haben sollte. Air-Glaciers-Lamas durchgeführt und danach
gesagt: «In der Landwirtschaft, beim Bau neu-
er Infrastruktur, beim Errichten von Schutzbau-
ten, aber auch mit Rettungsflügen und Hilfe in
Notsituationen konnte der Bevölkerung in den
Bergtälern gezeigt werden, dass sie dort in ih-
rem angestammten Lebensraum Unterstützung
erhalten. Das Lama hat diese Unterstützung
ermöglicht und ich bin überzeugt, dass dieser
Helikopter einen wichtigen Beitrag dazu ge-
leistet hat, dass die Menschen dort geblieben
und nicht abgewandert sind.» Gleichzeitig
hat das Lama einen wesentlichen Beitrag zur
Entwicklung der Arbeitsfliegerei mit Helikop-
tern geleistet und damit ermöglicht, dass sich,
besonders in Berggebieten, Helikopterunter-
Foto Archiv Adolf Litzler

nehmungen als Teil der Infrastruktur etabliert


haben. Air-Glaciers war weltweit wohl der
grösste zivile Lama-Betreiber. 28 verschiede-
ne Lamas gehörten zur Flotte, 2005 hat die
Walliser Helifirma nicht weniger als 16 dieser
Das Lama – lange Zeit der perfekte Gebirgsheli. leistungsstarken Helikopter betrieben.

36 skyheli.ch 08/2022
«Das Lama hat einen
wesentlichen Beitrag zur
Entwicklung der Arbeitsfliegerei
geleistet und ermöglicht, dass
sich, besonders in Berggebieten,
Helikopterunternehmungen
als Teil der Infrastruktur
etabliert haben.»
Patrick Fauchère

Rettungen bei schlechtem Wetter


Dass sich das Lama «sorglos» fliegen liess,
hat Adolf Litzler nicht zuletzt bei schwierigen
Rettungen geschätzt: «Das Lama war ideal,
wenn wir bei schlechtem Wetter vermisste
Bergsteiger an der Jungfrau suchen mussten.
Wenn man Spuren gefunden hat, konnte
man vier bis fünf Meter nah an die Felsen flie-
gen und so – auch im Nebel – einfach der
Spur folgen, wenn es sein musste 100 Meter
hoch wie im Lift. Da brauchte man sich nicht
um den Heli zu kümmern. Die hervorragende
Sicht hat es auch erleichtert, einen Bergführer
am Fixtau abzusetzen und die Verletzten aus-
zufliegen.»
Problematisch konnte es allerdings gerade
bei Rettungsflügen werden, wenn Retter und
Gerettete bei kalten Temperaturen verschwitzt
und mit feuchten Jacken in die Kabine ka-
men: «Dann haben die Scheiben ab und
zu beschlagen, es gab keine Luftzirkulation
und man hat kaum noch etwas gesehen. Da
musste ich die Passagiere manchmal instruie-
ren, dass sie die Tür im Flug ein wenig öff-
nen, wenn ich rufe.» Vereisung dagegen sei
beim Lama kaum je ein Problem gewesen:
«Bei Alouette und Lama musste man da kei-

Foto Eugen Bürgler


ne Angst haben. Ich bin bei ziemlich jeder
Schneesituation geflogen. Wenn man lang-
sam fliegen musste, hat sich zwar manchmal
ziemlich viel Schnee auf der Frontscheibe an-
gesammelt, aber dann musste man halt seit- Auch im Cockpit ist das Lama auf das Wesentliche reduziert.
wärts fliegen oder bei der Alouette das kleine
Schiebefenster an der Pilotentür öffnen und
da rausschauen. Beim Lama war die Heizung und Lama ausgerückt werden konnte: «Wenn machen. Das war unglücklich – im Winter
so stark, da konnte man sich die Schuhsohlen es leistungsmässig ging, war die Alouette auf den Skipisten, da brauchte man manch-
fast abschmelzen. Das reichte meist, um vor- zwar praktischer, aber bei schlechter Sicht, mal fast den Schuhlöffel, um die Patienten in
ne ein Stück aufzumachen.» Einmal jedoch, Wind und grossen Höhen hat man die kleine die Kabine zu bringen.»
beim Rückflug von der Mutthornhütte, sei er in Kabine gerne in Kauf genommen. Das Lama Aber als Transportheli sei das Lama ganz
eine Inversionslage geraten. Aus Regen und hatte einfach mehr Leistungsreserven und das einfach «1A» gewesen, fasst Adolf Litzler
Nebel habe sich rasch Eis auf der ganzen bedeutet Sicherheit. Das Beste war, mit dem prägnant zusammen. «Da gab es schon an-
Kanzel gebildet. «Ich dachte schon, dass ich Lama zu den Verletzten vorzurücken, sie zu spruchsvolle Aufträge, zum Beispiel das Ver-
die Türe abwerfen und auf der Seite raus- bergen und dann neben der Alouette abzu- legen von Rohren für Elektroleitungen. Vor Ort
schauen muss, aber da begann sich dank setzen, die sie ins Spital flog. Mit dem Lama wurden die Kunststoffrohre auf bis zu 100
der Heizung das Eis ein wenig zu lösen.» konnte man unterdessen Material und Retter Meter Länge zusammengeschweisst. Das hat
abtransportieren.» Doch anfänglich musste dann unten am Heli in alle Richtungen ge-
Alouette und Lama – im Team perfekt die Basis Lauterbrunnen nach dem Eintreffen schwungen und das war manchmal eine Sa-
Besonders bei komplexeren Rettungen hat es des ersten Lamas ihre Alouette nach Sion ab- che, die präzise in den vorgesehenen Gra-
Adolf Litzler geschätzt, wenn mit Alouette III geben. «Da mussten wir mit dem Lama alles ben zu legen.»

37
Lasten bis an den Anschlag
Wenn schon immer die Rede ist vom Lama
als Lastesel, wie schwere Lasten hat Adolf
Litzler damit gehoben? «Es war sicher nicht so
viel, wie sie heute mit den Ecureuils heben»,
und sagt weiter: «1000 Kilogramm waren
ab und zu am Haken. 1000 Kilogramm von
Lauterbrunnen hoch nach Wengen, das war
kein Problem.» Dass es manchmal auch ein
bisschen mehr war, räumt der Pilot auf Nach-
fragen ein: «Ich hatte manchmal überladen.
Wenn halt etwas schwer war und man es
nicht auseinandernehmen konnte… In Gim-
melwald hatte ich einmal einen Bagger am
Haken – kaum hatte ich den angehoben,
war ich damit schon raus über die Felswand
und die Waage hat 1100 Kilogramm an-
gezeigt. Ehrlich gesagt habe ich da geflucht
und befürchtet, dass ich den fallen lassen
muss, wenn der Heli zu stark zu schlagen
beginnt. Ich hatte vorher erwähnt, dass sie
die Gummiraupen abnehmen sollen, damit er
nicht zu schwer ist.»
Bei solch schweren Lasten sei dann sehr
feines Fliegen ohne brüske Leistungsverände-
rungen gefragt gewesen. «Mit 1000 Kilo-
gramm am Haken musste man nicht meinen,
einen schnellen Anflug mit abruptem Abbrem-
sen machen zu können. Bei der eingebau-
ten Waage hat man gesehen, dass aus den
1000 Kilogramm schnell 1100 geworden
sind, sobald man zum Abbremsen nur leicht
am Pitch gezogen hat. Da dachte ich mir
schon das eine oder andere Mal – weiter
sollte es nicht gehen, sonst könnte etwas am
Heli zu stark beansprucht werden.» Man
habe auch gehört, dass bei der Konkurrenz
1200 bis 1300 Kilo angehängt worden sei-
en. Ob das stimme, wisse er nicht. Gesehen
habe man aber, dass bei der nächsten Revi-
sion am Rotorkopf viel ausgewechselt werden
musste. Das habe sich sicher nicht gelohnt.
Zur Mönchsjochhütte auf 3650 Metern
habe er Lasten bis 700 Kilo transportiert, er-
zählt Adolf Litzler. «Dafür mussten Anflug und
Wetter stimmen. Manchmal ist dann nicht
mehr viel passiert, wenn man die Pedale
drückte, dann musste man halt den Heli dre-
hen. 650 Kilogramm waren gut da oben, um
auch noch eine gewisse Manövrierfähigkeit
und nicht einfach den Pitch am Anschlag zu
haben», und Adolf Litzler fügt noch an: «Es ist
mir auch passiert, dass ich mit dem Pitch am
mechanischen Anschlag war. Aber das ist na-
türlich nicht so gut, dort ist einfach Ende und
man kann nicht mehr viel machen.»

Verbesserungspotenzial beim Komfort


Das Lama hat seinen Piloten viele Vorzüge
geboten, doch auf Komfort mussten sie ver-
Der Einsatz der Helisäge zum Freischneiden von Leitungen oder Verkehrswegen gehörte zu den zichten. «Ich habe über 10‘000 Stunden im
spektakulären Einsatzvarianten des Lamas. Foto Eugen Bürgler Lama gesessen und das hat man am Abend

38 skyheli.ch 08/2022
dann schon manchmal gespürt», sagt Adolf
Litzler, der den Sitzen keine guten Noten gibt:
«Die ‚geringsten‘ Stühle, die ich als Pilot ge-
sehen habe, waren schon im Lama. Da hat
man alles versucht mit Kissen und Polstern,
aber eine gute Lösung gab es nie.» Auch auf
eine Klimaanlage mussten die Piloten verzich-
ten: «Es konnte bis 40 Grad warm werden
in der Kabine, das wurde manchmal schon
mühsam», so der erfahrene Pilot.
Gab es spürbare Unterschiede zwischen
den verschiedenen Lamas und Alouettes?
«Oh ja», sagt der ehemalige Basisleiter in
Lauterbrunnen, «es gibt gute Rotorblätter, die
gut ziehen und ruhig fliegen und andere. Wir
waren oft die Leidtragenden in Lauterbrunnen
und haben Rotorblätter bekommen, die das
Militär ausgesondert hat, weil sie ständig
geschlagen haben. Die hat Bruno Bagnoud
irgendwie bekommen und wir mussten oft da-
mit fliegen.»

Die Ecureuils haben übernommen


Bei aller Liebe zum Lama, dass der Heliko-
pter an den allermeisten Orten in Rente ge-
schickt wurde, hat auch seine Gründe: Der Auch nach dem Auftauchen modernerer Helikopter wurde das Lama, wie hier bei der Air Zer-
H125 (AS350B3 Ecureuil) ist aktuell der matt, vielerorts noch lange eingesetzt. Foto Eugen Bürgler
weitgehend unbestrittene Nachfolger als
Mehrzweckhelikopter. Mit moderner Ausrüs-
tung, komfortabler Kabine und zusätzlichem Zahlen und Fakten zum SA315B Lama
Passagiersitz fliegt er deutlich schneller, ist
dabei erst noch leiser und braucht rund 25 • Der entscheidende Input für die Konstruktion des Lamas stammt wohl aus einer Ausschrei-
Prozent weniger Treibstoff. Beim Lama wur- bung der indischen Armee. Diese suchte einen Helikopter, der mit einer zweiköpfigen
de, grob gerechnet, mit drei Litern Treibstoff- Crew und einer Last von mindestens 200 Kilogramm im Himalaya in 6000 Metern Höhe
verbrauch pro Minute kalkuliert, beim H125 starten und landen konnte.
sind es je nach Einsatzprofil knapp über zwei
Liter. Nicht zu vergessen, das Lama ist war- • Entstanden ist das SA315B Lama aus dem modifizierten Rumpf der Alouette II, der mit der
tungsintensiv und hat tägliches Schmieren Turbine und den dynamischen Komponenten der Alouette III kombiniert wurde.
und Fetten verlangt. Drei bis vier Wartungs-
stunden pro Flugstunde stehen rund doppelt • 1971 hat der Listenpreis für ein neues Lama mit Standardausrüstung rund 870‘000
so vielen Wartungsstunden beim Lama ge- Schweizer Franken betragen.
genüber, so Ralf Tonezzer, technischer Leiter
bei der Air-Glaciers. • 1971 konnte Aérospatiale in einer Werbebroschüre für das Lama bereits mit Superlativen
aufwarten und schrieb: «Es ist der einzige Helikopter, der mit zwei Personen an Bord und
Treibstoff für eine Stunde je auf einer Höhe von 7500 Metern gelandet ist.»

• Laut Zahlen von Eurocopter wurden zwischen 1969 und 1985 knapp 447 Lamas produ-
ziert, etwa 50 davon waren konvertierte Alouette II. Gegen ein Fünftel aller Lamas, über
80 Exemplare, flogen mindestens zeitweise in der Schweiz. Zusätzlich kommen die in
Indien unter Lizenz gebauten Maschinen hinzu. HAL hat gemäss eigenen Angaben über
275 Cheetah, so der Name der indischen Lizenzversion, gebaut.

• Air Zermatt war die erste Schweizer Helifirma, die 1971 mit der HB-XDI ein erstes Lama
beschaffte.

• Als «Gebirgsspezialist» konnte das Lama auf der Höhe des Jungfraujochs etwa gleich
schwere Lasten heben wie der viel grössere Bell 204.
Rotor und Turbine von der Alouette III, eine
Glaskabine und ein 575-Liter-Tank in der Mit- • Kaum ein Lama hat mehr Flugstunden geleistet als der erste Helikopter der Alpinlift Heli-
te, die Reduktion auf das Wesentliche war kopter AG. Das SA315B Lama HB-ZGP ist seit 2017 im Verkehrshaus Luzern ausgestellt
das Erfolgsrezept des Lamas, hier jenes von und hat bis zu seinem Ruhestand 24‘021 Flugstunden geleistet.
Alpinlift. Foto Eugen Bürgler

39
ZUR PERSON
Stefan Bucheli zum Lama: «Du musst noch fliegen, den Heli spüren.»

Stefan Bucheli ist einer der wenigen verbliebenen Piloten in der Was die Flugleistungen betrifft, hat das SA315B Lama heute noch
Schweiz mit einer Fluglehrer- und Examiner-Berechtigung für das Qualitäten, mit denen sich der Heli-Klassiker auch vor modernen
Lama, der momentan einzige sogar mit diesen Berechtigungen für Helikoptern nicht verstecken muss, findet Stefan Bucheli: «Mit seiner
die Alouette III. Als Rega-Pilot auf der Basis Erstfeld fliegt er den mo- Turbine ist das Lama eigentlich übermotorisiert. Damit kann man auch
dernen Leonardo AW109SP DaVinci, doch das Lama mit seinen be- in Höhen von 3000 bis 4000 Metern über Meer noch sehr gut ar-
sonderen Qualitäten schätzt er nach wie vor: «Das Lama ist wirklich beiten. Das Lama hat ein System aus den 1960er-Jahren, das damals
schön zu fliegen. Es reagiert sehr direkt und vor allem: Das Elemen- schon Computer genannt wurde: Der Pilot stellt an einer Drehscheibe
tare steht im Vordergrund. Du musst noch fliegen, den Heli spüren Höhe und Temperatur ein und sieht, wieviel Leistung gezogen werden
und selbst navigieren, da helfen keine Bildschirme und Instrumente.» kann. Das Lama fliegt sich dann praktisch temperaturunabhängig,
Als gelernter Maschinenmechaniker hat Stefan Bucheli auch aus dank dem Gitterrumpf weitgehend windunabhängig und mit dem
technischer Perspektive eine besondere Beziehung zum Lama. Die Einwellentriebwerk ist auch die Drehzahl praktisch nie ein Problem.
Alouette III war neben den Super Pumas in Alpnach der erste Heliko- So viel man am Kollektiv ziehen kann, das bringt das Lama. Grenzen
pter, auf denen er als Helikoptermechaniker gearbeitet hat. «Heute gibt es natürlich auch für das Lama, aber das ist dann effektiv fast der
darf ich diesen Helikopter auch fliegen, aber im Herz bin ich immer mechanische Anschlag des kollektiven Blattverstellhebels.»
noch Mechaniker und ich mag den Geruch von Öl und Fett an den
Händen nach einem Flug mit dem Lama oder der Alouette III.» Stefan Bucheli glaubt, dass das Lama, wo es noch im Einsatz steht,
aus diesen Gründen neben den modernen H125 Ecureuils weiter
geschätzt wird. Besonders wenn das Einsatzspektrum in der Verti-
kalen liegt, sei man mit einem Lama noch heute gut bedient. Aber
dass die Tage der zuverlässigen Lamas an den allermeisten Orten
gezählt sind, hat auch seine Gründe: «Der Treibstoffverbrauch ist
hoch, die Wartung wird immer aufwendiger und teurer und das
Lama ist nicht nur ziemlich laut, sondern auch langsam», zählt Stefan
Bucheli einige der Gründe auf, weshalb moderne Nachfolger die
Rolle der Lamas übernommen haben und ergänzt: «Das Lama hat
die Höhenrettung oder viele Transporte im Gebirge überhaupt erst
möglich gemacht. Das wird heute kompensiert mit stärkeren Helis:
Mit AW109SP, Bell 429, H145 oder H125 Ecureuil kann man das
alles auch machen und hat, was den Rettungsbereich betrifft, viel
moderneres medizinisches Equipment mit dabei. Patienten konnten
im Lama ja nur mit Mühe und Not liegend transportiert werden.»

Trotzdem freut sich Stefan Bucheli nach wie vor, wenn er Piloten auf
dem Lama ausbilden darf. Was müssen sie beachten, bevor sie zum
ersten Mal mit dem Lama starten? «Einfach fliegen!», sagt der Flug-
lehrer, «Aufs Fliegen konzentrieren, denn da ist keine Anzeige, die
verrät, woher der Wind kommt. Bei der Alouette III und dem Lama
heisst es vor dem Start Batterie, Generator und Treibstoffpumpe ein-
schalten, einen Schalter betätigen, um das Einwellen-Triebwerk zu
starten und den Rotor einkuppeln, mehr ist da nicht. Dann aufs pure
Fliegen konzentrieren – das ist für Piloten, die sich moderne Glas-
Stefan Bucheli im Lama. cockpits gewohnt sind, oft fast die grösste Herausforderung.»

Dass das Lama weitgehend windunemp- In der Schweiz steht nur noch ein einziges
findlich war, war nicht zuletzt bei vielen der Lama im kommerziellen Einsatz. Die Tessiner Bei der Tessiner Heli-TV
mehr als 70‘000 Rettungsflüge ein grosser Heli-TV setzt das SA315B Lama HB-XRD als kommt das SA315B Lama
Vorteil, die Air-Glaciers mit dem Lama ge- Back-up-Helikopter ein und fliegt regelmässig HB-XRD nicht zuletzt
flogen hat. Mit den Ecureuils hätten die Pi- Transporteinsätze. Auch die Air Zermatt hätte
loten zuerst lernen müssen, stärker auf den die HB-XII als ihr letztes Lama gerne noch
als Back-up-Helikopter
Wind zu achten, sagt Patrick Fauchère, ist etwas länger geflogen. Aber am 18. Dezem- zum Einsatz und fliegt
aber überzeugt: «Das B3-Ecureuil fliegt, was ber 2021 beendete ein Landeunfall eines Pri- als solcher regelmässig
ein Lama fliegt, in vielen Bereichen sogar vatpiloten, der das Lama gemietet hatte, die Transporteinsätze.
besser.» Karriere der «India India» abrupt.

40 skyheli.ch 08/2022
Drohender Einzug des Typenzertifikats
Heute ist Airbus Helicopters der Halter der
Typenzertifikate für Lama und Alouette III.
Im Frühling 2022 haben sich die Zeichen
verdichtet, dass Airbus die Typenzertifikate
suspendieren will. Die Bedingungen für den
technischen Support der Typen würden Jahr
für Jahr schwieriger, Revisionen der Turbinen
seien nicht mehr möglich und Haupt- und
Heckrotorblätter würden nicht mehr herge-
stellt, argumentierte der Hersteller. Airbus geht
davon aus, dass von den ursprünglich 3245
gebauten Alouettes und Lamas 2021 noch
gegen 200 Exemplare im Einsatz standen
und zusammen rund 18‘500 Stunden in der
Luft waren.
Die Firma Essential Flight Operations im
US-Bundesstaat Washington gehört zu den
Operators, die sich gegen das Ende der
Lama-Ära stemmen. Die Firma beschreibt sich
so: «Unser Business-Fokus ist einfach: Wir
fliegen, warten und unterstützen den besten
Mehrzweckhelikopter, der je gebaut wurde,
das SA315B Lama.» Essential Flight Opera-
tions hat auch das letzte Air-Glaciers Lama
HB-XRE übernommen und will den Heli, der
bei seiner Pensionierung in der Schweiz be-
reits 17‘922 Stunden auf dem Zähler hatte,
als Sprühheli weiterfliegen. Die Firma zeigt
sich auch gewillt, das Lama-Typenzertifikat zu
übernehmen, doch bisher zeigte Airbus we-
nig Interesse an einer solchen Lösung.

«Ohne Lama und Alouette III wäre


die Schweizer Helikopterbranche

Foto Bruno Siegfried


kaum dort, wo sie heute ist.»
Roland Triet

Roland Triet: Lama und Alouette erhalten


Nicht nur jenseits des Atlantiks, auch in der Lama transportiert Lama. Die Nutzlast des Lamas entspricht etwa dem Leergewicht des Heli-
Schweiz gibt es entsprechende Bestrebun- kopters.
gen: Wenn es nach den Plänen von Roland
Triet geht, dem Geschäftsführer von Helikop-
ter-Service Triet, werden Alouette III und Lama
in der Schweiz noch lange am Himmel zu
sehen sein. Helikopter-Service Triet ist seit
einem Jahr stolzer Besitzer der Alouette III HB-
XXM, der ehemaligen V-208 der Schweizer
Luftwaffe. Mit dieser Alouette möchte Roland
Triet im Rahmen eines Fanclubs Rundflüge
anbieten. Seine Pläne gehen aber noch
weiter und er zieht in Betracht, im nächsten
Jahr wieder ein Lama in Betrieb zu nehmen
– wenn möglich mit kommerzieller Zulassung.
«Es wird noch spannend», so Roland Triet,
Foto Martin Dällenbach

«wir möchten die Lama- und Alouette-Familie


in der Schweiz erhalten und ein Kompetenz-
zentrum inklusive Wartungsangebot für diese
legendären Helikopter aufbauen. Denn ohne
diese Helikopter wäre die Schweizer Heliko-
pterbranche kaum dort, wo sie heute ist.» ■ Das derzeit einzige noch fliegende Lama in der Schweiz, die HB-XRD von Heli-TV.

41
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42 skyheli.ch 08/2022
Pionierleistung von Mountainflyers und VRM Switzerland

«Game-Changer» für Heli-Training


Mountainflyers und VRM Switzerland haben in enger Zusammenarbeit für eine Pionierleistung ge-
sorgt: Seit diesem Sommer ist Mountainflyers die weltweit erste Approved Training Organisation
(ATO), die Trainings mit Virtual Reality Simulatoren für Robinson R22 und H125 mit dem Segen der
Behörden anbieten kann. Die neuen Simulatoren haben das Potenzial, Ausbildung, Training und
Checks für Helikopterpiloten zu revolutionieren.

Text Eugen Bürgler

Simulatoren gehören für Airline-Piloten längst


zum Alltag, in der Helikopterfliegerei da-
gegen sind sie noch weit weniger verbreitet.
In ihrer «Rotorcraft Safety Roadmap», welche
die Reduktion der Unfallzahlen von Helikop-
tern zum Ziel hat, formulierte die EASA bereits
2018 den Grundsatz, dass auch Helikopter-
piloten vermehrt im Simulator trainieren sollen.
Im «European Plan for Aviation Safety 2022
– 2026» ermutigt die EASA ausdrücklich zur
Nutzung neuer Technologien wie Virtual Rea-
lity, um die Nutzung erschwinglicher Simula-
toren, insbesondere auch für Leichthelikopter,
zu ermöglichen. Denn die heutigen Full Flight
Simulatoren (FFS) sind sehr teuer in Beschaf-
fung und Betrieb und werden daher oft nur
für zweimotorige Maschinen und vor allem
bei staatlichen Betreibern oder grossen Off- Im H125-Simulator im Anflug auf die Mountainflyers-Homebase auf dem Flughafen Bern. Foto VRM
shore- und HEMS-Firmen genutzt. In der brei-
ten Nutzung erschwinglicher Simulatoren sieht
die EASA das grösste Potenzial zur Unfallver- stellung und die Auflösung der Brille sowie Mountainflyers bietet die Simulatoren aktuell
meidung und nennt unter anderen die Typen die praktisch unendlichen Möglichkeiten zur zu 40 Prozent der Kosten einer realen Heli-
Robinson R22/R44, H125/AS350, für wel- Simulation verschiedener Szenarien haben kopterflugstunde an, doch der erfahrene Pilot
che der grösste Trainingsbedarf bestehe. mich beeindruckt.» Gleichzeitig bewegen sich Christoph Graf unterstreicht: «Man darf nicht
die Simulatoren von VRM Switzerland bezüg- vergessen, dass es nicht nur um den Preis
Schweizer Pioniertechnologie lich Kosten und Platzbedarf in einer neuen, geht, sondern primär um den Sicherheits-
Genau dieses Potenzial für Simulatoren hat bescheideneren Dimension: Christoph Graf gewinn. Piloten können so trainiert werden,
auch Mountainflyers gesehen und in ein Trai- rechnet mit einem Bruchteil der Kosten im wie es bis anhin nicht möglich war – und
ningszentrum mit Virtual Reality (VR) Simulato- Vergleich mit einem herkömmlichen FFS und das erst noch zu jeder Tageszeit, emissions-
ren für den Robinson R22 und Airbus H125 ergänzt: «Wenn ich den Platzbedarf für den frei und bei jedem Wetter.»
Ecureuil investiert. Die Simulatoren stammen AW109-Simulator der Rega betrachte, würde
von der Schweizer Firma VRM Switzerland, dieser allein unsere gesamte neue Infrastruktur Mehr Sim-Stunden anrechnen
einem Pionier dieser Technologie. «Vor vier in Bern beanspruchen. Wir betreiben in Bern- Dank den innovativen EASA qualifizier-
Jahren bin ich mit Fabi Riesen, dem CEO von Belp aber zwei Simulatoren von VRM Switzer- ten Trainingsgeräten von VRM Switzerland
VRM Switzerland, in Zürich zum ersten Mal land auf 36 Quadratmetern unseres Neubaus. können in der Grundschulung für die Privat-
zusammengesessen», erzählt der Mountain- Auch der Personalbedarf ist viel geringer.» pilotenlizenz PPL(H) aktuell fünf der vorge-
flyers-CEO Christoph Graf und fährt fort: «Er schriebenen 45 Flugstunden im Simulator an-
hatte noch keine Angestellten für sein Projekt gerechnet werden. Für die Berufspilotenlizenz
und den Prototyp seines Simulators bei sich «Wir betreiben in Bern-Belp CPL(H), für die minimal 185 Flugstunden ver-
zu Hause aufgestellt. Heute ist daraus ein zwei Simulatoren von langt sind, können zehn Simulatorstunden kre-
weltweit tätiges Unternehmen mit über 30 VRM Switzerland auf 36 ditiert werden. Grosses Potenzial bieten die
Mitarbeitenden geworden.» Simulatoren für License Proficiency Checks
Quadratmetern unseres Neubaus.»
Christoph Graf war rasch vom Potenzial (LPC) und Operator Proficiency Checks
Christoph Graf
der VR-Simulatoren überzeugt: «Die 3D Dar- (OPC), die neu auf dem VRM Simulator

43
Mit dem Airbus H125-Simulator bietet Hydraulikausfall und andere) vorzugsweise
Mountainflyers auch OPCs für Drittkunden im Simulator durchgeführt werden sollen.
an. «Wir erarbeiten bei Bedarf ein auf die Selbst Aussenlasttraining (Helicopter Exter-
Einsatzbereiche der jeweiligen Firma zuge- nal Sling Load Operation – Heslo) lässt sich
schnittenes OPC-Programm», so Christoph mit dem Simulator trainieren. Ein verstellbarer
Graf. Weiter bestehe die Möglichkeit, dass Spiegel und verschiedene Seillängen können
eine Drittfirma den VR-Simulator zu einem simuliert werden. Diverse Türvarianten stehen
Dry-Lease-Preis mit eigenen Instruktoren ein- zur Verfügung, wie Bubble Window oder der
mieten könne. Und, was nicht ohne Brisanz Maximum Pilot View Kit, um nach Vertical
ist: Den LPC, ein Checkflug, den jeder Heli- Reference zu fliegen und sind implementiert.
pilot jährlich für den Erhalt seiner Lizenz ab- Einen Test mit einem strukturierten Heslo-Trai-
solvieren muss, müsste gemäss geltendem ning auf dem Simulator mit anschliessender
Recht auf dem Simulator absolviert wer- Adaption auf den richtigen Helikopter wurde
den, wenn ein solcher verfügbar ist – das bis anhin noch nicht mit einem Flugschüler
bestätigt auch ein entsprechender Auszug ohne vorherige Heslo-Kenntnisse durch-
im «Examiner Newsletter» des BAZL vom geführt. Aber Christoph Graf ist überzeugt:
Mai 2022. «Ob das BAZL diese Regelung «Sollte eine Heslo-Ausbildung im Simulator
durchsetzen wird oder andere Policy anwen- zukünftig vollumfänglich adaptierbar auf den
det, werden wir in naher Zukunft sehen. Wir Heli sein, wäre das ein Game-Changer in
sind jedenfalls bereit, LPCs für Drittkunden der Heslo-Ausbildung.»
sowie Type Ratings auf unserem Simulator Im Vergleich zu Full Flight Simulatoren
von VRM Switzerland anzubieten», so der (FFS) ist die Auflösung der Landschaft mit VR
Mountainflyers CEO. viel besser, was das Fliegen in Bodennähe
im Vergleich viel realistischer macht. Dies
Realistisch wie noch nie ermöglicht auch das Trainieren von Slope
Die Simulatoren bieten nicht nur für Flugschü- Landings (Landungen an einem Hang). Dank
ler, sondern auch für erfahrene Piloten einen der Darstellung des Körpers des Piloten in
Mountainflyers-CEO Christoph Graf im Mehrwert. Christoph Graf: «Mit dem R22-Si- der virtuellen Welt, kann das 1:1 nachge-
H125-Simulator. Foto mulator können die Fluglehrer sehr gut Ver- baute Cockpit intuitiv bedient werden. Gar
Mountainflyers fahren für Fortgeschrittene wie Fulldown-Au- ein virtuelles Tablet ist vorhanden. Mit diesem
torotationen und vieles mehr trainieren. Für kann der Pilot, wie mit einem iPad, Karten und
H125 durchgeführt werden können. Chris- Berufspiloten können wir operationsbasierte Checklisten nutzen», unterstreicht Christoph
toph Graf hält fest: «Wir wünschen uns von Szenarien vorbereiten. Das ermöglicht auch, Graf.
der EASA, 15 Simulator Stunden an die PPL jede Mission identisch zu fliegen und so kön-
Ausbildung anrechnen zu können. Wenn ein nen die Entscheidungen und die Leistung von Neuen Level erreicht
Drittel der PPL-Ausbildung, zum Beispiel auf Piloten verglichen werden.» In den gesetz- Einen interessanten Praxistest hat der (damals
dem R22-Simulator, mit einem Kostenvorteil lichen Grundlagen der EASA ist auch fest- noch nicht qualifizierte) R22-Simulator von
von 40 Prozent angerechnet werden könn- gehalten, dass das Training verschiedener VRM Switzerland während des Corona-Lock-
ten, wäre das ein wesentlicher Mehrwert für Notverfahren mit erhöhtem Risiko (Leistungs- downs 2020 erlebt. Zwei Flugschüler, die
unsere Flugschüler.» verluste in kritischen Flugphasen, Vereisung, genau vor dem Lockdown mit der praktischen
Flugausbildung starten wollten, starteten ihre
Ausbildung gezwungenermassen auf dem
Simulator. «Wir haben mit ihnen gemäss
unserem Ausbildungsprogramm wöchentlich
Simulatorflüge durchgeführt und konnten, als
Schulungsflüge auf dem Helikopter wieder
erlaubt waren, genau dort weiterfahren, wo
wir im Simulator aufgehört hatten und auf die-
sem Niveau aufbauen. Dies war der erste
Beweis, dass das Simulator-Training in der
Grundschulung zu 100 Prozent funktioniert»,
sagt Christoph Graf, der selbst Fluglehrer ist.
«Ich bin überzeugt, dass die beiden mit dem
heute verfügbaren qualifizierten VRM-Swit-
zerland-Simulator, ihre PPL(H)-Ausbildung mit
weniger als den gesetzlich vorgeschriebenen
45 Flugstunden hätten abschliessen können.»
Foto Mountainflyers

Trotz diesen Erfahrungen bei den ersten


Betreibern der Simulatoren von VRM Switzer-
land und den positiven Feedbacks unzähliger
erfahrener Piloten, habe sich das BAZL mit
Die Instruktorstation des H125-Simulators von Mountainflyers am Flughafen Bern. der Zulassung etwas schwergetan, bedauert

44 skyheli.ch 08/2022
Christoph Graf: «Für die Zulassung unseres
R22-Simulators haben wir mehr als sechs
Monate benötigt. Nur dank Unterstützung
der EASA konnten wir die R22-Integration in
unsere ATO vorantreiben. Für mich ein nicht
nachvollziehbares Verhalten, weil das Simu-
lator-Training nachweislich der Sicherheit zu-
gutekommt!»

Es macht einen Unterschied, wenn


Notverfahren trainiert werden
können, die im richtigen Heli gar
nie simuliert werden können.»
Christoph Graf

Trotz all der Vorzüge der Simulatoren, sagt


auch Christoph Graf, dass es immer not-
wendig sein wird, den grösseren Teil der
Ausbildung auf dem richtigen Helikopter zu
absolvieren. «Ein Drittel Ausbildung auf dem
Simulator und zwei Drittel auf dem Heli, das
wäre in meinen Augen genau richtig.» Viele Die Mountainflyers haben mit ihren Bell 505 bereits über 2500 Stunden geflogen, hier präsen-
kritische Übungen könnten so spezifisch ge- tiert sich einer ihrer drei vor dem Schilthorn. Foto Mountainflyers

übt und damit die Flugsicherheit wesentlich


erhöht werden – und das erst noch zu günsti-
geren Konditionen. Für den Fluglehrer ist aber – Geschwindigkeitsdiagramm, das helikop- Heslo-Stufen eins bis vier erhalten und bietet
klar: «Die Ausbildung wird mit den Simulato- terspezifisch den unsicheren Flugbereich im nun neben der Heslo-Ausbildung auch Aus-
ren komplett verändert. Etliche Manöver, die Fall eines Leistungsverlustes zeigt) eingeleitet senlasttransporte an. «Wir durften Mitte Juni
bisher auf dem Helikopter gar nicht geflogen wird, die im richtigen Heli nie bis an den bereits erste Aufträge fliegen und freuen uns
werden konnten, lassen sich nun spezifisch Boden geflogen würde.» darüber, mit dem Ecureuil ab Bern und dem
üben. Damit ergeben sich für Flugschüler und Bell 407 ab Grenchen im Transportbereich
erfahrene Piloten automatisch verbesserte Neu im Aussenlasttransport aktiv Fuss zu fassen», kommentiert Christoph Graf.
Kenntnisse und Fähigkeiten. Es macht einen Selbstverständlich ist Mountainflyers nicht nur Insbesondere in den Regionen Jurasüdfuss
Unterschied, wenn Notverfahren trainiert wer- im Simulatorbereich aktiv, im Zentrum stehen und Agglomeration Bern, die nach kurzen
den können, die im richtigen Heli gar nie die richtigen Helikopter und auch da entwi- Überflugzeiten erreicht werden können, sei
simuliert werden können oder eine Autorota- ckelt sich das Unternehmen weiter. Anfang bereits jetzt und ohne Marketing eine grosse
tion genau an der HV-Diagrammkurve (Höhe Juni hat Mountainflyers die Zulassung für die Nachfrage verzeichnet worden. ■

Mountainflyers im europäischen Flugschulverbund LHA

Mountainflyers gehört zu den Gründungs- bekommen, wie andere Länder mit den EASA- hende Möglichkeit für Aussenlandetrainings
mitgliedern des im Juni 2022 neu lancierten Regulationen umgehen und diese umsetzen. von Interesse. «Es sollte eigentlich nicht mög-
Netzwerks der Leading Helicopter Acade- Mittelfristig hoffen wir, dass wir als ATO-Ver- lich sein, eine Helikopterpilotenausbildung
mies (LHA), einem Verbund von zehn renom- tretung einen direkten Zugang zur EASA be- nur auf Flugplätzen absolvieren zu können,
mierten Flugschulen aus Europa. Diese Flug- kommen werden, um auf zukünftige gesetzli- denn das ist auch eine Frage der Sicherheit»,
schulen wollen Synergien nutzen, um Piloten che Änderungen Einfluss nehmen zu können.» findet Christoph Graf.
aller Erfahrungsstufen eine Vielfalt an Aus-
und Weiterbildungsoptionen zu bieten. Die Aber auch für den Ausbildungsbetrieb sieht Ins LHA-Netzwerk will Mountainflyers auch
LHA-Flugschulen umfassen europaweit eine der Mountainflyers-CEO Vorteile: «Alle Mit- die Erfahrung bezüglich der Integration der
Flotte von 150 Helikoptern und absolvieren glieder haben länderspezifische Spezialaus- Virtual-Reality-Simulatoren und das Know-how
mit mehr als 80 Fluglehrern an 22 Standorten bildungen oder Möglichkeiten im Portfolio, bei der Gebirgsausbildung von Privat- und
jährlich rund 16‘000 Ausbildungsstunden. welche die anderen nicht bieten können. Berufspiloten einbringen. Ebenfalls gross ist
Selbst haben wir das grosse Privileg, eine na- die Erfahrung bei Mountainflyers mit bereits
Christoph Graf zeigt sich überzeugt, dass tionale Gebirgsausbildung anbieten zu kön- über 2500 geflogenen Stunden mit dem
Mountainflyers in vielen Bereichen vom euro- nen, was in keinem anderen Land möglich Bell 505. Christoph Graf ist überzeugt, dass
paweiten ATO-Netzwerk (Approved Training ist.» Weil im Ausland auch etliche Flugschu- sich der Bell 505 in Europa mittelfristig im
Organisation) profitieren wird. «Wir hoffen, len von einem Aussenlandeverbot betroffen Segment der leichten, einmotorigen Turbinen-
dass wir zukünftig besser verstehen und mit- sind, ist sicher auch die in der Schweiz beste- helikopter durchsetzen wird.

45
VRM Switzerland – eine Schweizer Erfolgsgeschichte

H145-Simulator am Horizont
Alles hatte im Sommer 2018 zusammengepasst: Die EASA publizierte ihre Rotorcraft Safety Road-
map mit dem Ziel, die Flugsicherheit zu verbessern. Gleichzeitig hatten die VR-Brillen und die Com-
puter-Hardware einen Stand erreicht, mit dem die Technologie genutzt werden konnte, um einen
VR- Helikopter-Simulator mit Bewegungsplattform zu bauen. VRM Switzerland nutzte die Chancen.
Demnächst folgt auf den R22- und H125 der H145-Simulator.

Als Fabi Riesen, CEO und Co-Founder von Operator Proficiency Trainings und Checks konnten. Nun sind die Simulatorenbauer aus
VRM Switzerland, damals einen kurzen Trailer kostengünstig durchzuführen. «Ein riesiger Dübendorf noch weiter gegangen, um die
vom ersten Robinson R22 Virtual-Reality-Simu- Schritt in Richtung mehr Flugsicherheit durch Wirksamkeit ihres Simulators wissenschaftlich
lator publizierte, wusste er nicht, was dies für besser trainierte Piloten», betont Fabi Riesen. nachzuweisen. In einer Studie wurden 39
Folgen haben würde. Ein Testpilot der EASA «Ein Traum ist für uns in Erfüllung gegangen, Probanden nach einem gängigen PPL-Sylla-
hatte diesen gesehen und das Potenzial er- hier einen wichtigen Impuls setzen zu können bus auf dem Simulator trainiert. Zum Schluss
kannt. Dies war der Anfang einer innovativen für qualitativ besseres, kostengünstigeres und gab es eine Evaluation des Könnens auf dem
Zusammenarbeit mit der europäischen Agen- erst noch umweltfreundliches Training», dop- Simulator. Dann folgte am selben Tag der Ver-
tur für Flugsicherheit, die zur EASA- Qualifika- pelt der Innovator nach. gleichsflug im richtigen Helikopter.
tion des weltweit ersten VR Helikopter Simula-
tors, ein Robinson R22 FNPT II, geführt hat, Auf dem Prüfstand «Nun sind die Behörden gefordert, in
hält VRM Switzerland fest. Es war die Vor- Innovative Helikopterfirmen, die Mountainfly-
den Regulationen Anpassungen der
lage, um in eine höhere Liga aufzusteigen. In ers, die Heli Academy und die Air Zermatt
Zusammenarbeit mit Airbus Helicopters konn- hatten das Potenzial dieser Lösung früh er- Ausbildungskredite vorzunehmen.»
te im Frühling 2022 der Airbus H125 FTD kannt. Sie haben sich entschieden, sich als Fabi Riesen
Level 3 qualifiziert werden. Auch dies eine Launching Customer oder als Entwicklungs-
Weltneuheit, die nun erlaubt, lizenzrelevante partner am Projekt zu beteiligen und konn- «Es ist beeindruckend, wie kongruent die Leis-
Prüfungen (Licence Proficiency Checks) und ten durch ihre Inputs die Qualität optimieren. tungen der Kandidaten im Vergleich Simulator
«Unzählige Spezialisten aus der Branche zu Helikopter sind. Nun sind die Behörden
haben uns unterstützt und mit ihrem Wissen gefordert, in den Regulationen Anpassungen
beraten», sagt Fabi Riesen dankbar. der Ausbildungskredite vorzunehmen», sagt
Weiter erzählt er: «Die EASA hat immer Fabi Riesen. Doch Flugschüler und ausgebil-
wieder sehr gefordert. Uns allen war klar, dete Piloten können schon heute durch den
dass die Geräte höchsten Ansprüchen ge- Kostenvorteil kombiniert mit höherer Effizienz
nügen müssen. So wurden unzählige interne im Training ihre Ausbildungsqualität steigern
und von der EASA überwachte Training-Eva- und damit ihre Flugsicherheit positiv beein-
luationen durchgeführt. Beanstandungen be- flussen.
züglich Bildqualität der Brille haben unser Pro-
jekt verzögert und wir mussten einen anderen Vom Helikopter auf den Simulator
Hersteller finden. Varjo war am Entwickeln «Ein Qualitätsmerkmal für Simulatoren ist,
einer neuen Brille. Wir hatten die Gelegen- wenn Piloten, ohne diesen jemals geflogen
heit, bereits mit der ersten Serie zu arbeiten. zu sein, gleich in engen Toleranzen fliegen
Dies alles hat das Team immer wieder sehr können. Dies haben wir mit unserem H125
herausgefordert, doch die Resultate konnten erreicht. Man denkt vielleicht, dass dies
sich dann immer zeigen lassen. Mir ist nicht selbstverständlich ist. Dies stimmt jedoch
bekannt, dass ein FFS (Full Flight Simulator) nicht, wenn man den Simulator-Markt be-
jemals so kritisch auf die Qualität und mögli- trachtet. Wir sind stolz, mit unserem ausgeklü-
ches Negativ-Training bei der Ausführung von gelten System, die anspruchsvollsten Piloten
Manövern geprüft wurde.» zufriedenstellen zu können. Dies haben wir
nur erreicht, weil wir alle Komponenten in-
Im Simulator lernen, im Heli anwenden house entwickeln und zusammenbauen», er-
Schon früh hatte VRM Switzerland einen Ver- klärt Fabi Riesen
such publiziert, in dem vier Personen ohne Auch wenn es real ist, habe das Training
jegliche Flugerfahrung auf dem Simulator auf dem richtigen Helikopter grosse Nachtei-
Fabi Riesen, CEO und Co-Founder von VRM starten, schweben und landen lernten und le, sagt Fabi Riesen. Notsituationen können
Switzerland, im R22-Simulator. Foto Hansjörg Bürgi dies auf dem richtigen R22 direkt anwenden nur sehr beschränkt trainiert werden. So ist

46 skyheli.ch 08/2022
es teilweise nur möglich, bestimmte Verfahren
im Flug theoretisch zu besprechen. Situationen
werden somit nicht wirklichkeitsgetreu geübt,
doppelt er nach. Anders im Simulator, hier hat
der Pilot die Möglichkeit, alles so zu erleben,
wie es in einem Notfall stattfinden würde und
kann sein Handeln entsprechend trainieren.
Gerold Biner, CEO, Fluglehrer und Pilot bei
Air Zermatt, sagt: «Wir können nun unseren
Jungpiloten bekannte kritische Situationen
hautnah zeigen und mit ihnen schwierige
Bedingungen in szenariobasierten Trainings
gezielt, effizient und gefahrlos üben. Dabei
dürfen auch Fehler passieren, aus denen der
Pilot sehr viel lernt. So können unsere Piloten
schneller Kompetenzen aufbauen, was die

Foto Air Zermatt


Flugsicherheit nochmal erhöht und Trainings-
kosten spart.»

«Unsere Piloten konnen schneller Seit Ende Juli 2022 betreibt Air Zermatt ihren H125-Simulator von VRM Switzerland, rechts im
Bild Air-Zermatt-CEO Gerold Biner.
Kompetenzen aufbauen, was
die Flugsicherheit nochmal erhöht
und Trainingskosten spart.» klar zu sehen. Soeben haben wir die neuste nun Richtung Implementierung von Evidence
Gerold Biner Version des Trainingsgerätes erhalten. Nun Based Training Konzepten. Solche haben
können unsere Piloten damit noch realistischer sich in der Airline-Branche schon etabliert.
Sorglos-Paket für Simulator Operators trainieren.» Die Richtung, in die die Behörden arbeiten,
VRM Switzerland betreibt unter Aufsicht der Die Air Zermatt hat auf ihrer Basis im ‘More training, less checking’ wird für die Pi-
EASA ihre eigene FSTDO (Flight Simulation Mattertal einen modernen Trainingsraum ge- loten signifikante Vorteile bringen. Da wollen
Training Device Organisation). Dies bringt für baut. Auch der Air-Zermatt-Simulator ist von wir auch dabei sein», sagt Fabi Riesen.
die Kunden den grossen Vorteil, sich nicht um der EASA qualifiziert und erlaubt somit kre-
die Belange für den Betrieb des Simulators ditierbares Training und Proficiency Checks Die Helikopter-Palette wächst
kümmern zu müssen. «Wir beraten und be- durchzuführen. «Trotz einiger Zurückhaltung VRM Switzerland hat im Sommer 2022 be-
treuen unsere Kunden durchgehend. Von der unserer Piloten gegenüber Simulatoren, wird kannt gegeben, dass der nächste nachgebau-
Beschaffung, Auslegung des Simulatorraums dieses Gerät dank der hohen Qualität sehr te Helikopter der Fünfblatt-Airbus H145 sein
bis zur Qualifizierung des Gerätes. Auch gut akzeptiert. Bereits konnten wir Trainings- wird. «Ich freue mich darauf, mit Airbus Heli-
im Betrieb übernehmen unsere Spezialisten szenarien entwickeln, die mit dem richtigen copters zusammen einen Simulator zu entwi-
Wartung, Softwareupdates und bieten einen Helikopter nicht geübt werden können. Dies ckeln, der den H145 Operators einen echten
eingehenden technischen Support. Alle unse- ist ein grosser Mehrwert für unsere Opera- Mehrwert generiert, um lokaler, günstiger und
re Simulatoren werden stetig auf den letzten tion», sagt Gerold Biner offen. realistisch trainieren zu können. Wir haben
technischen Stand gebracht. Somit profitieren bereits erste Interessenten», sagt Fabi Riesen
die Piloten immer von Latest and Greatest. Die Technologie hat noch viel Potenzial über sein neues Projekt. «Weitere Typen wer-
Wir unterstützen auch bei der Umsetzung Helitrans, die grösste Festland Helikopter Fir- den folgen», doppelt er nach. pd ■
von Trainingskonzepten sowie der Eingabe ma in Norwegen, operiert gleich zwei EASA
bei den lokalen Behörden», beschreibt Fabi qualifizierte H125 Simulatoren. Einer davon
Riesen den Service. ist als Mobiles Training Center in einem Last-
wagen eingebaut, eine Weltneuheit. «Das
Zufriedene Simulator-Betreiber gesamte Helitrans-Team ist stolz darauf, eines
Die Mountainflyers in Bern ist die weltweit der ersten Unternehmen der Welt zu sein,
erste Flugschule, die ein Simulator Center das einen zugelassenen VR- FTD Level 3 Air-
mit den qualifizierten R22 und H125 Simu- bus H125-Simulator betreibt. Die Zulassung
latoren betreibt (siehe Seiten 43-45). «Wir der EASA und der norwegischen Luftfahrt-
bieten damit moderne Trainingskonzepte von behörde, rechtfertigt unsere Entscheidung, in
PPL über CPL zu Type Rating inklusive Licence diese neue Technologie zu investieren. Dies
und Operator Proficiency Checks an», sagt ist entscheidend für die zusätzliche Erhöhung
Christoph Graf, CEO und Inhaber der Moun- des Sicherheitsniveaus in der Operation»,
tainflyers Ltd. Die in der Region Zürich und sagt der CEO von Helitrans, Ole Christian
Ostschweiz tätige Heli Academy betreibt in Melhus. Simulatoren für weitere Kunden sind
Dübendorf einen Simulator. Max Sartory, Ge- bereits gebaut und werden in den nächsten Der nächste nachgebaute Helikopter von
schäftsführer der Heli Academy, sagt: «Von Monaten ausgeliefert. VRM Switzerland wird der Airbus H145 mit
unseren Schülern erhalten wir viele positive «Wir haben die Grenzen unserer Techno- dem Fünfblattrotor sein, der in der Schweiz
Feedbacks zum Simulator. Der Nutzen ist logie noch lange nicht erreicht. Wir gehen bereits bei der Rega fliegt. Foto Rega

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Der dritte Prototyp des in der Schweiz entwickelten einmotorigen Helikopters AW09 ist hier erstmals mit den neuen Rotorblättern und den jüngs-
ten Design-Anpassungen wie den neuen Verkleidungen im Bereich des Rotorkopfs bei einem Testflug ab Mollis zu sehen. Foto Kopter

Der AW09, der einmotorige Helikopter der nächsten Generation

Vierter Prototyp soll 2022 fliegen


Der erste in der Schweiz entwickelte Helikopter, der AW09, macht gemäss Angaben der Leonardo-
Tochter Kopter weitere Fortschritte auf dem Weg zur Zertifizierung. Im Juli zeigte sich der dritte Proto-
typ bei Testflügen in Mollis mit den jüngsten Design-Anpassungen.

Text Hansjörg Bürgi helikopter neue Märkte für Leonardo zu er- vom Markt erwarteten Leistungen erbringe,
schliessen. teilte Kopter mit.
Die Übernahme von Kopter ermöglichte im Der AW09 hat im Laufe der Jahre zahlrei-
Jahr 2020 dem grossen italienischen Aero- Entwicklung bleibt in der Schweiz che Verbesserungen erfahren. Im März 2022
space-, Verteidigungs- und Security-Konzern Leonardo hat sich entschieden, die Entwick- wurde er mit dem neuen Satz von Rotorblät-
Leonardo, seine bestehende Hubschrauber- lung des AW09 in der Schweiz fortzuführen. tern in der finalen Form in Betrieb genommen,
Produktpalette mit dem völlig neuen AW09 Denn mit der Übernahme von Kopter hat Leo- die von Kopter-Ingenieuren in der Schweiz
perfekt zu ergänzen. Leonardo ist mit den nardo in der Schweiz nicht nur eine ideale entworfen und in Anagni, Italien, dem Kom-
erfolgreichen Modellen AW109, AW169, Ergänzung für seine Produktepalette gefunden, petenzzentrum für Rotorblätter von Leonardo,
AW139 und AW189 auf dem Markt der sondern auch hochqualifizierte, international hergestellt wurden. Diese Zusammenarbeit sei
zweimotorigen Helikopter gut aufgestellt. zusammengesetzte Ingenieurteams. Leonardo ein perfektes Beispiel für den Grad an Sy-
Der einzige einmotorige Helikopter im Leo- gewähre Kopter eine gewisse Autonomie, um nergie und Komplementarität zwischen den
nardo-Portfolio war bislang der AW119. Die seine Agilität zu bewahren, unterstütze aber beiden Unternehmen, so Kopter weiter.
Neuentwicklung AW09 hat das Potenzial, auch, wo und wann immer es nötig sei, um
im Segment der Single-Engine-Mehrzweck- sicherzustellen, dass der Hubschrauber die Vierter Prototyp bald in der Luft
Der nächste Prototyp des AW09, der PS4,
wird derzeit in Mollis zusammengebaut und
soll noch in diesem Jahr seinen Erstflug ab-
solvieren. Wie auf der «Rotors Switzerland
2022» im Februar Payerne bestätigt (siehe
SkyNews.ch 03/2022), arbeitet Kopter an
einem Hybrid-Antriebssystem, das noch in
diesem Jahrzehnt verfügbar sein soll. Leonardo
hat sich zwar dafür entschieden, die Serienfer-
tigung des AW09 nicht in der Schweiz durch-
zuführen, doch Kopter und Leonardo haben
Foto Kopter

gemeinsam bekräftigt, dass für die Schweizer


Standorte innerhalb des Leonardo-Konzerns
Wie Leonardo bestätigt, bleibt die Entwicklung des neuen Helikopters in der Schweiz, dem- die Rolle als Kompetenzzentrum für neue
nach werden auch künftig Testflüge im Glarnerland starten. Leichthelikopter vorgesehen ist. ■

49
Swiss Helicopter Association kritisiert Alp-Wasser-Flüge der Armee

Bärendienst für den Alpenraum


Die Sommertrockenheit im Alpenraum bringt Alpbetriebe in Bedrängnis, die keine nachhaltige Was-
serversorgung aufgebaut haben. Die Armee springt in die Bresche und fliegt Wasser gratis in die
Berge. Was nach sinnvoller Bergbauernhilfe aussieht, erweise dem Alpenraum in Wahrheit einen
Bärendienst, hält die Swiss Helicopter Associaton (SHA) fest.

die Helikopterbetriebe genau wie andere Infrastruktur genauso auf den Service Public
Branchen darauf zählen können, dass der der privaten Helikopter angewiesen sind,
Staat sie nicht mit Steuergeldern aus dem Ver- wie für Rettungs- und Versorgungseinsätze,
teidigungsbudget konkurrenziere. bei Bränden, Hochwasser, Lawinenunglü-
Der Einsatz der Armee zugunsten der Be- cken, Murgängen oder Bergstürzen, so die
völkerung oder der Betriebe des Landes darf SHA weiter. Bei Trockenheit lassen sie des-
nach der Einsatzverordnung des Bundes nur halb nicht die Armee anrücken, sondern die
dann erfolgen, wenn keine anderen Mittel privaten Helikopter.
verfügbar sind. Eine Ausnahme ist dann mög-
lich, wenn ein Kanton diese Hilfe als «mili- Im Interesse der Allgemeinheit
tärische Katastrophenhilfe» anfordert. Die Lange Trockenperioden treten auch im Alpen-
allermeisten Kantone tun das nicht, denn sie raum immer häufiger auf und in einigen Regio-
haben erkannt, dass die Wasserversorgung nen sind Wasserflüge mittlerweile fast jeden
von Alpbetrieben eine Infrastrukturaufgabe Sommer nötig. Viele der betroffenen Alpbe-
und keine Katastrophenhilfe ist. triebe könnten sich nach Ansicht der SHA mit
Investitionen in nachhaltige Wasserversorgun-
Privater Service Public gen vor der Wasserknappheit schützen. Aber
Kritiker mögen argumentieren, es sei egois- diese seien nicht gratis zu haben. Hier könn-
tisch, wenn jemand in einer Notlage auf ten kantonale Investitionsbeiträge wichtige
Der neue Airbus H125 Ecureuil HB-ZQA von seinen Umsatz schielt, wenn den Betroffenen Hilfe leisten. Der Kanton St. Gallen zeige, wie
Heli Linth im Sommer 2022 bei der Versor- doch eine Gratisleistung der Armee helfen das geht: Er unterstützt im Sinne einer «Hilfe
gung einer Alp im Glarnerland. Foto Heli Linth könnte, fährt die SHA fort. Dieses Argument zur Selbsthilfe» die Alpbewirtschafter beim Bau
greife aber zu kurz. Für die Helikopterbetrie- von Infrastrukturen für die Wasserversorgung.
be der Schweiz gehören Einsätze in Not- und Auch die Berghilfe unterstützt solche Projekte.
Bald jeden Hochsommer verkünden irgend- Katastrophenlagen zum Kerngeschäft. Sie hal- Die Bewirtschaftung der Alpbetriebe ist im
wann Medien in grossen Lettern, dass die ten dafür Gerätschaften und Personal bereit Interesse der Allgemeinheit. Werden Alpen
Luftwaffe mit ihren Helikoptern Wasser zu und bilden ihre Teams für solche Einsätze aus, nicht bestossen, verganden sie, überwuchern
Alpbetrieben fliegt. Die positive PR tue der ohne dafür speziell entschädigt zu werden. und verschwinden innert weniger Jahre in
Armee gut, die Flüge selbst seien aber ein Dieser privat finanzierte Service Public ist nur einem Dickicht aus Büschen und Bäumen.
zweischneidiges Schwert, so die SHA. Denn solange möglich, wie auch Einsätze erfolgen, Der Landwirtschaft fehlen dann die nötigen
die Konkurrenzierung durch die Armee bringe die die Unternehmen verrechnen können. Flächen, um ihr Vieh im Sommer in die Ber-
private Helikopterunternehmen um wichtige Auch der Trainingsaspekt ist wichtig: Für ge zu bringen. Bleiben die Herden in den
Aufträge und gefährde damit zahlreiche an- die Wassertransporte zu Alpbetrieben wer- heimischen Ställen, verbrauchen sie dort das
dere Dienste, welche die Helikopterbranche den dieselben «Bambi Buckets» eingesetzt, Futter, das für den Winter gebraucht würde.
für den Alpenraum bereitstellt. die auch für das Löschen von Wald- und Ein Teufelskreis.
Flächenbränden verwendet werden. Piloten Kantone, die in trockenen Sommern nach
Keine Katastrophenhilfe und Flughelfer sind darauf angewiesen, den der Luftwaffe rufen, tun ihrer Berglandwirt-
Wenn Alpbetrieben im Hochsommer das Einsatz mit diesem speziellen Gerät üben zu schaft und ihrer Bevölkerung damit nur schein-
Wasser fehlt, kann das zu einer ernsten Lage können. Das hilft, im Ernstfall Feuerlöschein- bar einen Gefallen. Mit der Konkurrenzierung
führen, in der man sie nicht einfach allein sätze prompt, sicher und effizient durchführen der privaten Helikopterbetriebe leisteten sie
lassen darf. Deshalb sind Lufttransporte von zu können. ihnen in Wahrheit einen Bärendienst, ist die
Wasser für das Vieh und den Betrieb manch- Zahlreiche Kantone im Berggebiet realisie- SHA überzeugt. Wenn diese ihren privaten
mal unumgänglich. Solche Transporte gehör- ren und honorieren die wichtige Rolle, wel- Service Public nicht mehr finanzieren könn-
ten aber in die Hände privater Helikopter- che die privaten Helikopterunternehmen für ten, fehlt er im Ernstfall. Die Kantone selbst
betriebe, denn diese könnten sie effizienter die Allgemeinheit übernehmen. Sie seien sich könnten ihn genauso wenig bieten wie die
und umweltverträglicher erledigen als die Luft- bewusst, dass sie zur Sicherung von Verkehrs- Armee: Sie haben weder das Fluggerät noch
waffe, argumentiert die SHA. Zudem müssten wegen, Siedlungsgebieten und touristischer die Spezialisten dazu. pd ■

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