10 2023

FLUG REVUE Deutschland € 7,20 www.flugrevue.de

Das Luft- und Raumfahrt-Magazin

PILOTENNACHWUCHS
BA übernimmt
Ausbildungskosten
Triebwerke-
EXTRA LÖSCHFLUGZEUGE
Gefährlicher Einsatz
in Griechenland
 Triebwerks-
Testjets
 Spartrieb-

Tomcat-
werke bald
größer und
schwerer
 Schub
für große
Business Jets

Finale
Die letzten
F-14 des Iran DASSAULT FALCON 6X
Neues Flaggschiff vor
der Lieferung

Österreich € 7,90, Schweiz sfr 11,50, Luxemburg € 8,40,

Belgien € 8,40, Niederlande € 8,40, Italien € 9,80,
Dänemark dkr 79,95, Tschechien CZK 285,00

NASA-SONDEN
Jenseits des Sonnensystems

ANTARKTIS
Linienflüge zur südlichsten
Landebahn der Welt
10

107204

AIR INDIA
Flag Carrier plant Wachstumsschub
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 Oktober Kurs
Eurowings hat es in die
Gewinnzone geschafft. Fluggeräte im Heft
30 Canadair CL-215
38 Consolidated Catalina
26 Dassault Falcon 6X
44 Grumman F-14A Tomcat
50 Lockheed Martin F-35A
88 Messerschmitt Me 262
82 Saab J 29 „Tunnan“

Boom-Profiteure
G
Fotos: Eurowings, Patrick Holland-Moritz

ute Nachrichten für die Air-
lines, schlechte Nachrichten
für die Passagiere: Nachdem
die Corona-Pandemie gefühlt nur noch eine lästi-
ge Episode ist (auch wenn die Zahlen zuletzt er-
neut stiegen), sind die Flugzeuge wieder voll („der
Wunsch der Menschen zu reisen ist ungebro-
chen“), und die Fluggesellschaften können dank
der anhaltend hohen Nachfrage ihre Preise deut-
lich hochschrauben. Die Lufthansa Group jubelte
zum Beispiel über ein operatives Ergebnis (Adjus-
ted EBIT), das im zweiten Quartal auf 1,1 Milliar-
den Euro gesteigert und somit nahezu verdrei-
facht wurde. Dies entspricht einer operativen
Marge von 11,6 Prozent und ist ein neuer Re-
kordwert für ein zweites Quartal. Das Konzern-
ergebnis markierte mit 881 Millionen Euro eben-
falls einen neuen Höchststand. Selbst die noto-
risch defizitäre Eurowings hat bereits vor dem
traditionell verkehrsreichsten Sommerquartal (Q3)
die Gewinnschwelle überschritten.
Alles bestens also? Nicht wirklich, denn mit
Blick auf den Rest des Jahres erklärte zum Bei-
spiel die türkische Pegasus, dass das Umfeld
„immer schwieriger“ werden dürfte. Bereits im
Zeitraum April bis Juni seien die internationalen
Renditen im Vergleich zum Vorjahr leicht gesun-
ken, da die Nachfrage etwas an Dynamik einge-
büßt hat. In der Tat bringt die hohe Inflation die
Kundschaft unter Druck, und mancher muss sich
schon genau überlegen, für was er sein Geld aus-
gibt. Zudem dürften die angebotenen Sitzkilo­
meter weiter steigen und somit die Engpässe
tendenziell verschwinden. Die goldenen Zeiten
für die Airlines mit einem von der IATA auf 9,8
Milliarden Dollar weltweit taxierten Gewinn in
diesem Jahr könnten also bald wieder vorbei sein.
Karl Schwarz
Stellvertretender Chefredakteur

Zahl
des
Monats 3,5
Milliarden Dollar (3,22 Mrd. Euro) für die nun genehmigte
deutsche Beschaffung des Arrow-3-Luftverteidigungssystems ist
FLUG REVUE- Digital
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www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023 3

12 Das Air Tattoo bot wieder
spek­takuläre Flugvorführungen
und tolle Sonderlackierungen.

10/2023 INHALT
TAKE-OFF
12 Royal International Air Tattoo
In Fairford wurde einmal mehr die beste
Militär-Airshow der Welt geboten.

ZIVILLUFTFAHRT
20 Air India unter neuer Führung
Wieder in privaten Händen, setzt Indiens
Flag-Carrier mit Riesenbestellungen zur
Rückkehr in die globale Topliga an
26 Griechenlands Feuerlöschflugzeuge 26 Im Tiefflug werfen die Löschbomber der
Griechen ihre Wasserlast in die Flammen.
Eine Flotte von Löschbombern kämpft
in gefährlichen Einsätzen gegen die
zahlreichen Brände
28 Nachwuchspiloten bei BA
Wegen hohen Pilotenbedarfs kehrt
British Airways zur bezahlten Flugaus­
bildung zurück. Die Anforderungen
bleiben streng
30 Catalina als Neuauflage?
Der aktuelle US-Musterbetreuer will das
legendäre Flugboot aus dem Zweiten Welt-
krieg mit Turbopropantrieb wieder bauen
32 Antarktispiste Wolf’s Fang
Besuch auf der weltweit südlichsten
Landebahn mit Linienjetverkehr

BUSINESS AVIATION
38 Dassault Falcon 6X

82
Der neue Langstrecken-Zweistrahler aus Die J 29 von Saab aus den 1940er Jahren
Frankreich hat nach fast 1500 Flugtest­ wurde als „fliegende Tonne“ bekannt.
stunden am 22. August die Zulassung der
EASA und der FAA erhalten
Das komplette Heft gibt es auch als E-Paper.
4 FLUG REVUE OKTOBER 2023 Mehr Infos: www.flugrevue.de/epaper
 MILITÄRLUFTFAHRT
44 F-14A Tomcat im Iran
Die Ausmusterung der letzten Schwenk-
flügler aus den 1970er Jahren naht
50 Absturz einer F-35A Lightning II
Einflug in Wirbelschleppen verwirrt
Flugsteuerung
52 Power Projection Wing
AFSOC strukturiert Kräfte neu
54 Freundeskreis Luftwaffe

RAUMFAHRT
76 Interstellare Kundschafter
Fünf Raumsonden der NASA sind in die
Tiefen des Universums unterwegs, einige
schicken immer noch Daten zur Erde
80 Raumfahrt-News
EXKLUSIV
der
Abonnenten den als HISTORIE
U E fi
FLUG REV s neue
Beilage da
n 82 Saab J 29
Mit Pfeilflügeln bot die „Tunnan“
28 British Airways sucht neue
Piloten und bezahlt nun auch

ER wieder die teure Ausbildung.

HELIKOPATL hervor­ragende Leistungen

SPECI
www.flugrevue.de

Die Titelthemen

28
60 26

44 38
76
38 Dassaults neuer Business Jet hat
seine Flugerprobung abgeschlossen.
20 32

Triebwerke-EXTRA RUBRIKEN
3 Kurs im Oktober
60 Schub für große 6 News
Business Jets
Rolls-Royce dominiert den 11 VIP-Interview: Jonathan Wood, Vice
Markt, aber auch andere President Renewable Aviation bei Neste
Hersteller punkten mit 31 AIRSpot
modernen Turbofans 56 FLUG REVUE-Markt
66 Testflugzeuge 58 Briefing: Elektromagnetische Interferenz
Warum fliegende Test­ 74 Berufe: Ausbildung und Studium am BER
stände bei Entwicklung
und Zulassung neuer 74 Jobbörse
Triebwerke unerlässlich sind 87 Service:Termine, Impressum
70 Antriebe von morgen 88 Nachbrenner: Messerschmitt Me 262
Open Fan vs. Getriebefan mit 90 Vorschau
Wassereinspritzung: So weit
sind die Triebwerke für die
Fotos: British Airways, Dassault Aviation, Flygvapnet via Saab,
nächste Single-Aisle-Generation
Hellenic Air Force, Patrick Hoeveler, Rolls-Royce;
Titelfotos: Air India, NASA, White Desert, Ali Zamaini

www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023 5

 News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT

Foto: Northrop Grumman

WETTBEWERB DER USAF

Kein NGAD-Fighter von Northrop Grumman

D
ie USAF will im kommenden Jahr den Konstrukteur
für ihren Next Generation Air Dominance-Fighter
(NGAD) auswählen. Northrop Grumman wird es
nicht sein, denn Firmenchefin Kathy Warden sagte bei der
Halbjahrespressekonferenz: „Wir haben der US Air Force
mitgeteilt, dass wir nicht vorhaben, auf die NGAD [Aus-
schreibung] als Hauptauftragnehmer zu antworten“. Laut
Warden soll die NGAD-Entscheidung keine Auswirkungen
auf die Umsatz- oder Wachstumsziele des Unternehmens
haben, das „andere Möglichkeiten im Bereich Militärflug-
zeuge“ verfolgt. Als Lieferant von Missionssystemen ist das
Unternehmen aber interessiert, bei anderen Anbietern mit-
zumachen. Im Prinzip verbleiben noch Boeing und Lock-
heed Martin als Konkurrenten, obwohl beide Firmen zu dem
Thema keinen Kommentar abgeben. Die USAF hatte im Mai
die (geheime) offizielle Ausschreibung herausgegeben.

HyBird-Versuchsträger hebt ab
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat in Coch­
stedt einen hybrid-elektrischen Kleinflugzeugdemonstrator im Maßstab
1:4 zum Erstflug gebracht. HyBird soll einmal fünf bis neun Passagiere Foto: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)
700 bis 1000 Kilometer weit befördern. Die neue Flugzeugkonfiguration
– ein Hochdecker mit je einem großen Propeller an den Flügelspitzen
und an den Enden des V-Leitwerks – wurde weltweit erstmals geflogen.

Dornier 228 schließt Flugtests ab

ZeroAvia hat mit dem umgerüsteten Turboprop-Flugzeug zehn Flüge ab­
solviert und den Prototyp seines ZA600-Brennstoffzellenantriebs erprobt.
Nach Angaben des britisch-amerikanischen Start-ups haben die Kernkom­
Foto: ZeroAvia

ponenten des wasserstoff-elektrischen Antriebs den Erwartungen gemäß

oder sogar besser funktioniert. Teilweise hätten die Piloten bei den Tests
nur die Vortriebsleistung des Brennstoffzellenantriebs genutzt.

6 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de

 Kanada kauft SICHER
Airbus A330MRTT
Die kanadische Regierung hat Airbus VOM ABFLUG
Defence and Space mit der Lieferung von vier

neuen Airbus A330 Multi Role Tanker Trans-
port (MRTT) und der Umrüstung von fünf
gebrauchten A330-200 beauftragt. Die neue
Flugzeugflotte, die unter der Bezeichnung
Strategic Tanker Transport Capability (STTC)
oder CC-330 Husky bekannt ist, wird die ver­
alteten CC-150 Polaris (A310 MRTT) der Royal
Canadian Air Force (RCAF) ersetzen.
Foto: Airbus
Foto: Boeing
BIS ZUR
Verlängerte 777-8 LANDUNG
Boeing spendiert der Passagier-777-8 rund
Juristische und
1,07 Meter mehr Rumpflänge und gleicht
sie damit der Frachtversion 777-8F an. Die fachliche Kompetenz
Änderung wurde nur durch eine Anpassung für die Luftfahrt
der offiziellen Flugzeugdaten auf der Boeing-
aus einer Hand
Webseite erkennbar. Als typische Kapazität
bei Zweiklassenbestuhlung gibt der Hersteller
395 Passagiere, statt zuvor 384 Passagiere,
an. Die Reichweite steigt geringfügig auf Dörner & Partner mbB
16 190 Kilometer. Mit nur 24 Bestellungen Rechtsanwälte

ist die kleinere Variante der 777X bisher ein

„Der globale Markt für Raumfahrtlösungen
wird weiter wachsen.“
Sonderfughafen
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Christian Ollig von KKR
zum Einstieg bei OHB
M crew@air-law.de

Premiere für den letzten BelugaXL

Fast auf den Tag fünf Jahre nach dem Jungfernflug der ersten BelugaXL hob am 21. Juli in
Toulouse das sechste und letzte Exemplar der Baureihe zum Erstflug ab. Ursprünglich war Num-
mer 6 gar nicht geplant gewesen. Lediglich fünf Beluga XL wollte Airbus für den Werksverkehr
produzieren – und damit die Belugas der ersten Generation, von denen es ebenfalls fünf Exem­
plare gibt, deckungsgleich ablösen. Doch 2019 entschied der Flugzeugbauer, die Flotte um ein
sechstes Flugzeug zu erweitern. Damit wolle man möglichen Erhöhungen der Produktion vorgrei-
Foto: Eurospot

fen, begründete Beluga XL-Programmchef Bertrand George seinerzeit. Außerdem sei ein sechster
Frachter „unentbehrlich“ für den Fall, dass einer der anderen Transporter eine Panne habe.

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 News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT

Foto: Luftwaffe
RAPID VIKING 23
Luftwaffen-Eurofighter auf Island

E
rstmals seit über zehn Jahren übte die Luftwaffe wie-
der auf Island – sechs Eurofighter des Taktischen
Luftwaffengeschwaders 73 „Steinhoff“ verlegten Ende
Juli für zwei Wochen nach Keflavik. Insgesamt wurden 61
Einsätze geflogen. Das TaktLwG 73 trainierte mit „Rapid
Viking 23“ eine schnelle logistische Verlegung. Ziel war es,
mit möglichst geringen personellen und materiellen Res-
sourcen einen maximalen operationellen Footprint zu gene-
rieren. Sechs Eurofighter, 25 Tonnen Material, 30 Leute
vor Ort waren das Ziel. Nur zwei A400M, vollgepackt mit
Personal und Material (neun und fünf Paletten), reichten
aus, um das notwendige Material nach Island zu schaffen

C-130J-Großbestellung
Australien will 20 neue Lockheed Martin C-130J Hercules für die
Royal Australian Air Force im Wert von 9,8 Milliarden Dollar (9 Mrd.
Euro) kaufen. Die Neuanschaffungen werden die zwölf Hercules, die
derzeit von der RAAF betrieben werden, ersetzen und die Flotte er-
weitern, wobei die Auslieferung des ersten Flugzeugs für Ende 2027
erwartet wird. Die Hercules werden weiterhin von der No. 37 Squa-
Foto: Saab

dron auf der RAAF Base Richmond in New South Wales betrieben.
„Die Aufstockung der Zahl der Flugzeuge schafft mehr australische
Arbeitsplätze ... (für die Wartung). Es wird auch Arbeitsplätze im Zu-
Polen kauft Saab 340 AEW sammenhang mit der Sanierung der Infrastruktur ... geben“, sagte
Saab hat einen Auftrag des polnischen Verteidigungsministeriums der Minister für die Rüstungsindustrie, Pat Conroy.
für zwei Saab 340 AEW (Airborne Early Warning)-Frühwarnflug-
zeuge erhalten. Der Auftragswert beläuft sich laut Saab auf rund
600 Millionen SEK (52 Mio. Euro). Der Vertrag umfasst dabei so-
wohl die gebrauchten Flugzeuge (ehemals Vereinigte Arabische
Emirate) mit dem Erieye-Radar als auch die Bodenausrüstung so-
wie Logistik- und Unterstützungsdienstleistungen. Die Saab 340
AEW liefert ein detailliertes Situationsbild, das für militärische
Foto: Australian MoD

Luftüberwachung und die Führung von Kampfjets genutzt wer-

den kann. Verschiedene Konfigurationen (Saab 340, Saab 2000,
Embraer 145, Bombardier Global als Trägerflugzeuge) des Erieye
AEW/AEW&C-Systems wurden bisher an neun Länder verkauft.

8 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de


Neues GTF-Problem
Bis zu 1200 A320neo-Triebwerke vom Typ
PW1100G-JM von Pratt & Whitney müssen
zur vorzeitigen Inspektion, zunächst 200 Ex-
emplare ab September, der Rest im kommen-
den Jahr. Turbinenscheiben, die beim Trieb-
werkshersteller aus ME16-Metallpulver gefer-
tigt wurden, könnten wegen Einschlüssen im
Material Risse entwickeln. Von dem Problem
sind auch 63 Getriebefans von Airlines der
Lufthansa Group betroffen.
Foto: Lufthansa
Mehr Geld bei Lufthansa
Die Piloten der Vereinigung Cockpit haben die
Tarifeinigung mit der Lufthansa angenommen.
In dem langfristigen Vertrag sind „Tabellener­
höhungen“ von 7 Prozent am 1. Dezember 2023,
5 Prozent am 1. Januar 2025 und 5 Prozent am
1. Januar 2026 vereinbart. Dazu kommt eine Ein-
malzahlung in Höhe von 3,75 Prozent bezogen
auf die Jahresfixvergütung.
Mojave auf Dreckpiste
General Atomics Aeronautical Systems begann Anfang August die Erprobung ihres neuen
unbemannten Fluggeräts Mojave auf einer unbefestigten Landebahn in der Nähe von El Mirage,
Kalifornien. Diese neue Fähigkeit soll den Einsatz in Gebieten ermöglichen, die bisher als unge-
eignet für UAS-Einsätze galten. Mojave ist ein Demonstrator mit STOL-Eigenschaften, der auf die
MQ-1C Gray Eagle und die MQ-9 Reaper zurückgeht. Die vergrößerten Flügel sind mit Hochauf-
triebshilfen ausgestattet. Als Antrieb dient ein 450-PS-Propellerturbinentriebwerk Das UAV kann
bis zu 16 Hellfire- oder gleichwertige Lenkwaffen mitführen.
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UNENDLICHE WEITEN
ENTDECKEN
❱❱❱ kurz notiert
Indonesien hat den Kauf von 18 weiteren
Dassault Rafale bestätigt und bezahlt.
Die Ankündigung der zweiten Tranche Ab 24.10.
im Handel
erfolgte im Rahmen des von Indonesien im
Februar 2022 unterzeichneten Vertrags
über den Kauf von 42 Rafale.
In diesem aktualisierten und erweiterten
Google Research, Breakthrough Energy Buch präsentiert Berndt Feuerbacher
von Bill Gates und American Airlines haben ästhetisch ansprechende Bilder sowie In-
die Vorhersage von Kondensstreifen formationen zu den wegweisenden Mis-
sionen, die diese Bilder ermöglichten. Mit
untersucht. Sie stellten dabei fest, dass zahlreichen 3D-Abbildungen und -Brille.
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um 54 Prozent im Vergleich zu „normalen“
Flügen geringer war.
Bald vier Jahre nach der Übergabe der
ersten Maschine an die Bundeswehr steigt
der Sea Lion in den SAR-Dienst über See
ein. Der Sea Lion (NH90) übernimmt damit
die Hauptaufgabe seines völlig überalter-
ten Vorgängers Sea King Mk41.
Der russische Flugzeugbauer Irkut nennt
sich künftig Jakowlew. Unter der neuen
Marke wurde ab August der zivile Flug- Eugen Reichl beschreibt die Geschichte
zeugbau Russlands gebündelt – darunter der chinesischen Raumfahrt von ihren An-
auch abseits der sibirischen Unternehmens- fängen bis heute und wagt Ausblicke auf
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 News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT

NACH PANNEN MIT DEN LANDEKLAPPEN

Luftwaffe mustert A340

vorzeitig aus

N
ach peinlichen Pannen auf einer Reise von Außen-
ministerin Baerbock kündigte die Luftwaffe am 15.
August an, die beiden A340-300 der Flugbereit-
schaft „so schnell wie möglich, d.h. in den kommenden Wo-
chen vorzeitig“ außer Dienst zu stellen und ganz auf die drei
„die Flugbereitschaft ... macht einen hervorragenden Job“
und die Flugzeuge „werden so gewartet, dass sie mit jedem
neuen Flugzeug vergleichbar sind, was ihre Sicherheit an-
geht.“ In Abu Dhabi hatte die A340 (16+01) trotz Repara-
turversuch und Prüfflug zweimal hintereinander wieder lan-

Foto: Luftwaffe
neuen A350 zu setzen. Noch am Vortag hatte es geheißen, den müssen, weil sich die Klappen nicht einfahren ließen.

RUAG Aerostructures
geht an Mubea
Das deutsche Familienunternehmen
Mubea übernimmt von RUAG International
die Aerostructures-Einheit Deutschland &
Ungarn. Die RUAG-Standorte in Oberpfaf-
fenhofen und Eger sind Exklusivlieferanten
Foto: Airbus

für Teile der Airbus-A320-Familie.

Wizz Air bestellt weitere A321neo

Die ungarische Low-Cost-Airline ordert 75 weitere A321neo (auch A321XLR), wie Airbus
am 2. August mitteilte. Damit steigt die Gesamtzahl der von Wizz Air bestellten A321neo auf
434 Exemplare. Die Airline betreibt eine reine Airbus-Flotte aus derzeit 180 Jets der A320- Foto: RUAG
Familie. „Mit der heutigen Ankündigung baut Wizz Air seine Position als größter Betreiber der
A321neo-Familie in Europa und dem Mittleren Osten aus“, so József Váradi, Wizz-Air-CEO.

Polen erhält ersten AW101

Die Auslieferungen von vier Leonardo AW101 an Polen hat Anfang
August begonnen. Die Hubschrauber sind für die U-Boot-Bekämpfung
und SAR-Dienste als Ersatz der Mil Mi-14 vorgesehen. Der Vertrag
Foto: Ministry of Defence

wurde im April 2019 mit der Wytwórnia Sprzętu Komunikacyjne „PZL-

Świdnik“ SA (Tochtergesellschaft von Leonardo in Polen) geschlossen,
die für die Lieferung sowie ein Logistik- und Ausbildungspaket zustän-
dig ist. Der Vertragswert beträgt 1,65 Milliarden PLN (373 Mio. Euro).
Ursprünglich sollten Hubschrauber ab Ende 2022 geliefert werden.

10 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de

VIP-Interview
Der Brite Jonathan Wood ist seit Februar 2020 Vice President Renewable Aviation beim finnischen
Treibstoffhersteller Neste. Im Interview spricht der Ökonom und ehemalige BP-Manager darüber, wie die
Produktion von nachhaltigen Flugkraftstoffen (Sustainable Aviation Fuels, SAF) angekurbelt werden kann
und welche Rolle Wasserstoff in Zukunft spielen wird.

Herr Wood, was haben Sie
in Ihrer Zeit bei Neste bisher
bewegen können?
Die letzten dreieinhalb Jahre haben wir
enorme Fortschritte gemacht, als Neste,
aber auch als Industrie. Wir sind an
einem Punkt, an dem nicht mehr disku-
tiert wird, ob Netto-Null das Ziel ist.
Neste ist auch vorangekommen. Vor
dreieinhalb Jahren haben wir noch kein
SAF selbst hergestellt. Und jetzt ist das
ausverkauft, was wir haben, nämlich die
Kapazität von 100 000 Tonnen pro Jahr.
Und wir sind gerade dabei, in Singapur
und Rotterdam neue Kapazitäten auf­
zubauen. Das wird unsere Produktions-
kapazität auf 1,5 Millionen Tonnen brin-
gen. Das sind schon circa drei Prozent
der derzeitigen europäischen Nachfrage.
Laut Airline-Dachverband IATA
Bis 2030 wird der SAF-Löwenanteil,
rund 90 Prozent, HEFA sein, also aus
Altölen und -fetten hergestelltes Kero-
sin. Wir gehen davon aus, dass die Ver-
fügbarkeit von Abfällen und Reststoffen
bis 2030 weltweit auf 40 Mio. Tonnen
pro Jahr ansteigen wird. Neste diversi­
fiziert sein Portfolio auch weiter durch
die Erforschung und Entwicklung neuer
Arten von Rohstoffen. So können bei-
spielsweise neuartige Pflanzenöle aus
fortschrittlichen landwirtschaftlichen
Konzepten wie dem Zwischenfrucht­
anbau einen großen zusätzlichen Pool
an nachhaltig produzierten Rohstoffen
„Klima­ darstellen. Siedlungsabfälle, Algen und
Power-to-Liquid sind weitere Optionen.
freundliches Es gibt viele Möglichkeiten, das erneuer-
bare Rohstoffpotenzial zu erweitern.
Fliegen hat
seinen Preis.“ Und Wasserstoff als Flugkraftstoff?
Foto: Neste

muss die globale Produktion aber
bis 2050 auf jährlich rund 365 Mio.
Tonnen SAF hochgefahren
werden …
Die europäische ReFuelEU-Initiative
hat das Ziel von zwei Prozent SAF ab
2025. Bis 2030 soll es auf sechs Prozent
steigen und danach schrittweise weiter
angehoben werden. Allein Neste könnte
bis einschließlich 2029 die ganze Nach-
frage erfüllen. Wir brauchen aber als
Industrie höhere Zielsetzungen. Mindes-
tens zwei Drittel der gesamten Dekar­
bonisierung muss durch SAF erreicht
werden. Die weltweite Treibstoffnach-
frage lag vor Corona bei 300 Millionen
Tonnen. Das ist künftig ungefähr die
Menge an SAF, die wir benötigen, um
die besagten zwei Drittel zu erreichen.
Das zu produzieren, kostet Hunderte
Milliarden Euro. Je schneller andere
Projekte und Produzenten auf den Markt
kommen, umso besser. Dann bekommen
die Gesetzgeber auch das Vertrauen,
Was ist nötig, um den Produktions-
hochlauf von SAF zu unterstützen?
Am Ende müssen wir mehrere Hebel
ansetzen. Wenn der Preis von SAF der
gleiche wäre wie von fossilem Kerosin,
dann würden alle SAF wählen. SAF
kostet aber in der Produktion deutlich
mehr. Die zukünftigen Technologien, die
wir brauchen, um nachhaltige Rohstoff-
möglichkeiten zu erweitern, werden
noch teurer sein, vor allem wegen der
hohen Investitionskosten. Das Problem
liegt darin, dass der Preisvergleich nicht
auf gleicher Basis ist, weil die Kohlen-
stoffkosten von fossilem Kerosin nicht
adäquat abgebildet werden. Deshalb
brauchen wir politische Lösungen, um
den Preisunterschied zu überbrücken.
Gibt es genügend Rohstoffe,
um SAF in den nötigen Mengen
Auch wenn bis 2035 ein kommerzielles
Wasserstoffflugzeug in Dienst gehen
würde – bei einer Flotte aus 40 000
bestehenden Flugzeugen wird es eine
Weile dauern, bis Wasserstoff einen sig-
nifikanten Anteil am Treibstoff ausmacht.
Bis 2050 werden Wasserstoffflugzeuge
meiner Meinung nach nicht das schaf-
fen, was wir zur Dekarbonisierung brau-
chen. Auch die ganze Lieferinfrastruktur
müsste neu aufgestellt werden.
Wird Fliegen in Zukunft teurer?
Klimafreundliches Fliegen hat seinen
Preis. Aber um das ins Verhältnis zu
setzen: Ein Prozent SAF auf einem euro-
päischen Flug würde vielleicht jeden
Passagier einen Euro mehr kosten, zehn
Prozent würden zehn Euro kosten – zu-
mindest bei HEFA. SAF ist teurer, aber
fossile Treibstoffe sind keine langfristige
Lösung und ihre Auswirkungen werden
uns als Gesellschaft deutlich mehr
kosten. FR

ambi­tioniertere Ziele zu setzen. herzustellen? Die Fragen stellte Ulrike Ebner

Mehr im Eine längere Version des Interviews mit weiteren Fragen und Antworten finden Sie im Internet unter
Internet: www.flugrevue.de/zivil/jonathan-wood-von-neste-klimafreundliches-fliegen-hat-seinen-preis

www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023 11

 Take-Off
Royal International Air Tattoo 2023

Wind und
 Wetter

12 FLUG REVUE www.flugrevue.de

Oktober 2023
 Spektakuläres Farbenspiel: Das
Al-Fursan-Team hat das Display
im Vergleich zur Premiere 2012
deutlich verbessert.

Trotz teilweise starkem Regen konnten

sich die Zuschauer über ein spannendes
Programm freuen.

Die zweite Ausgabe des Airshow-Klassikers

nach der Pandemie hatte zwar mit einigen
Herausforderungen zu kämpfen, bot aber
ein weiteres Mal viele Highlights. Eins hat
sich nicht geändert: Fairford bliebt immer
eine Reise wert!
Text und Fotos: PATRICK HOEVELER

www.flugrevue.de FLUG REVUE Oktober 2023 13

 Take-Off
Royal International Air Tattoo 2023
Die Luftwaffe stellte ihre
Luftbetankungsfähigkeiten
mit einer A400M und zwei
Tornados unter Beweis.

S turmböen, Stark-
regen, Gewitter
und Sonnen-
schein: Vom Wetter her bot das Royal
International Air Tattoo in diesem Jahr
so ziemlich alles, was möglich ist. Aber
auch die Palette der in Fairford gezeigten
Flugzeuge und Hubschrauber reichte
über das gesamte Spektrum der militäri-
schen Luftfahrt. Trotz aller Widrigkeiten
– etwa operationelle Einschränkungen
oder Sparzwänge bei vielen Luftwaffen
– schafften es die Veranstalter einmal
mehr, ein besonderes Programm mit vie-
len Highlights auf die Beine zu stellen.
Mit 253 Fluggeräten aus 25 Ländern
machte das RIAT seinem Ruf als größte
militärische Airshow der Welt alle Ehre.
In diesem Jahr stand die Veranstal-
tung unter dem Motto „Skytanker“.
Schließlich war vor 100 Jahren, am 27.
Juni 1923, über Kalifornien die erste
„echte“ Luftbetankung zwischen zwei
DH-4B des US Army Air Corps erfolgt.
In Fairford hieß es zu diesem Anlass al-
lerdings Klasse statt Masse: Gab es frü-
her bei diesem Thema noch eine Vielzahl
der bewährten Boeing KC-135 Strato­

Ihre viel beachtete Premiere in Großbritannien feierte die Messerschmitt Me 262 des
Flugmuseums Messerschmitt aus Manching.

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14 FLUG REVUE Oktober 2023
Einer der vielen Stars war die Suchoi Su-22 Fitter aus Polen (oben links). Saab zeigte zum ersten Mal die neue Gripen E im Flug.
Der Testpilot André Brännström gewann sogar den Preis für das beste Solo-Jet-Display.

253 Flugzeuge und Hubschrauber aus 25 Ländern:

in Sachen Vielfalt immer noch die Nummer eins

Anlässlich ihrer Hundertjahrfeier

entsandten die italienischen Luft-
streitkräfte ein großes Kontingent
nach Fairford.

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Take-Off
Royal International Air Tattoo 2023
Immer wieder beeindruckend: die mächtige B-52H Stratofortress bei der
Landung. Zu diesem Zeitpunkt war die Landebahnbefeuerung noch intakt ...
tanker zu sehen, waren es nun nur vier
Exemplare: die US Air Force Europe aus
Mildenhall zeigte je eine Maschine am
Boden und in der Luft, während eine sel-
tene C-135R aus Frankreich am Freitag
bei strömendem Regen einige eindrucks-
volle Vorbeiflüge absolviert. Das Quar-
tett vervollständigte eine zivil zugelasse-
ne KC-135R von Metrea. Das US-Unter-
nehmen betreibt in Kalifornien vier im
Jahr 2020 von Singapur gekaufte Strato­
tanker und bietet für die US-Streitkräfte
zusätzliche Tankkapazitäten an. Seit lan-
ger Zeit beteiligte sich auch die Luftwaf-
fe wieder am Flugprogramm: ein Airbus
A400M und zwei Panavia Tornados de-
monstrierten ihre Luftbetankungsfähig-
keiten. Außerdem waren A330-Tanker
der NATO, der Royal Air Force und der
Luftstreitkräfte Saudi-Arabiens vor Ort.
Als Symbol für die künftige NATO-Mit-
gliedschaft flog am Wochenende ein Vo-
yager-Tanker der Royal Air Force mit ei-
ner schwedischen Gripen beziehungs-
weise einer finnischen F/A-18C Hornet.
Einen zweiten Schwerpunkt stellte
der runde Geburtstag der Aeronautica
Militare Italiana dar. Die Streitkraft fei-
ert 2023 ihr 100-jähriges Bestehen und
16 FLUG REVUE Oktober 2023
schickte ein großes Kontingent nach
England, darunter wohl zum letzten Mal
den leichten Jagdbomber AMX sowie
KC-130J- und KC-767-Tanker, eine
Gulfstream EA-550 und die rare SIAI-
Marchetti U-208A.
Nach längerer Abwesenheit gab sich
mit der Boeing B-52H Superfortress eine
wahre Legende die Ehre. Zum Leidwe-
sen des Flugplatzchefs räumte die Besat-
zung bei der Demonstration des für Sei-
tenwindbedingungen verstellbaren Fahr-
werks mit einem Stützrad mehrere Lam-
pen der Landebahnbefeuerung ab. Ein
weiterer, rar gewordener Klassiker ist
der Harrier, denn man gleich mit vier Ex-
emplaren aus Italien und Spanien be-
staunen konnte. Bei den Kunstflugteams
dominierte neben den Red Arrows und
der Patrulla Águila der arabische Raum
mit den Al Fursan aus den Vereinigten
Arabischen Emiraten, den Saudi Hawks
und den Royal Jordanian Falcons.
Vom Wetter unberührt und friedlich
vereint standen zwei ehemalige „Kalte
Krieger“ nebeneinander: eine Suchoi Su- Die Saudi Hawks gaben ein
22 Fitter aus Polen und eine McDonnell seltenes Gastspiel in Europa
Douglas F-4E Phantom aus Griechen- und zeigten ein eindrucks-
land. Das Static Display konnte noch mit volles Display.
www.flugrevue.de
 Die Heeresflieger demonstrierten gekonnt die Fähigkeiten des NH90-Hubschraubers. Trotz einiger Schwierigkeiten
schaffte es zur Freude der Luftfahrtenthusiasten eine F-4E Phantom der griechischen Luftstreitkräfte zum Air Tattoo.

Phantom und Fitter: Kontrahenten

von einst friedlich vereint

www.flugrevue.de FLUG REVUE Oktober 2023 17

 Take-Off
Royal International Air Tattoo 2023

Alt und neu: Die

Formation aus
EAV-8B Harrier und
F-35B wird es so wohl
nie wieder geben.

Aus Saudi-
Arabien kam
dieser A330-
Tanker nach
Fairford.

weiteren Exoten glänzen: Eine der letz-
ten Antonow An-26 in Europa kam aus
Rumänien auf die Insel, und die Slowa-
kei schickte eine Mil Mi-17 mit Sonder-
bemalung. Weitere „Rosinen“ waren
zwei Socata TB-30 Epsilon aus Portugal,
die Gloster Meteor als Schleudersitz-
ging an Capitaine Bertrand Butin von der
Armée de l’Air mit seiner Dassault Rafa-
le. Das King Hussein Memorial Sword
für die eleganteste Vorführung sicherte
sich Hauptmann Nils Schylström mit sei-
ner Saab SK 60. Das Taktische Luftwaf-
fengeschwader 73 aus Laage räumte mit
dem Eurofighter in Eagle-Star-Markie-
rung den Preis für die beste Lackierung
ab. Spektakuläre Sonderanstriche dürfte
es auch im nächsten Jahr geben, denn die
Show vom 19. bis 21. Juli 2024 steht un-
ter dem Motto „50 Jahre F-16 Fighting
Falcon“. FR

Testbed von Martin-Baker, ein Alpha Jet

von Top Aces sowie ein Eurofighter und
zwei Hawks aus Katar. Ihre RIAT-Premi- Zivil und Militär: Die KC-135R von
ere gab die F-35A aus den Niederlanden; Metra stand Seite an Seite mit
zwei Lightnings standen neben ihren F- einem Stratotanker aus Mildenhall.
16-Vorgängern, die vielleicht zum letzten
Mal nach Fairford kamen. Von der Kees-
ler AFB aus den USA flog die Lockheed
Martin WC-130J der „Hurrican Hunters“
ein. Außerdem zeigte die USAF die MC-
130J und MV-22B Osprey am Boden und
mit einer simulierten Betankung in der
Luft sowie F-15E, F-16C, F-35A und ei-
ne U-2S. Erstmals im Flugprogramm ver-
treten war die Saab Gripen E. Testpilot
André Brännström gewann sogar die
Paul Bowen Trophy für die beste Solo-
Jet-Vorführung. Die Sir Douglas Bader
Trophy für das beste individuelle Display

18 FLUG REVUE Oktober 2023 www.flugrevue.de

 Zivilluftfahrt
Air Indias Erneuerung

Kraftakt
Die privatisierte Air India will mit einer Runderneuerung und Rekordinvestitionen
vor allem in die Flotte zu den Top-Airlines der Welt aufschließen.

20 FLUG REVUE Oktober 2023 www.flugrevue.de

Die Traditionsmarke Air India ist der
Flag-Carrier von Indien, der bevölkerungs-
reichsten Nation der Erde.
C
Von ANDREAS SPAETH
ampbell Wilson versuchte
zuletzt, fast überall gleich-
zeitig zu sein. Seit Mitte
2022 ist der Neuseeländer, vorher bei
Singapore Airlines und dort Gründer
und CEO des Billigablegers Scoot, Chef
von Air India in Neu Delhi. Dort gibt es
so viele Baustellen, dass Wilson und sein
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Team kaum wissen, wo sie anfangen sol-
len. Überall ihre Geschichte der ver-
mutlich größten Transformation zu er-
zählen, die es je in der Geschichte von
Fluggesellschaften gab, gehört auch da-
zu. Auf der IATA-Generalversammlung
in Istanbul lauscht die Branche andäch-
tig, als er auf der Bühne erklärte: „Ich
habe den interessantesten und aufre-
gendsten Luftfahrtjob, den es auf der
Welt gibt. Es gibt keinen besseren Ort
als den, wo ich bin, auch wenn das nicht
Foto: AirTeamImages – Stuart Lawson
der einfachste Platz ist.“ Dann eilte der
CEO direkt nach Hamburg auf die Kabi-
nenmesse Aircraft Interiors, wo er sich
mit seinem Team um Bestellungen von
Sitzen für die neuen Flugzeuge kümmer-
te, welche die Kunden erst ab über-
nächstem Jahr erleben können. Vorzeitig
musste er nach Mumbai zurück, eilige
FLUG REVUE Oktober 2023 21
 Zivilluftfahrt
Air Indias Erneuerung
So sieht die künftige Lackierung aus,
die im August vorgestellt wurde.
„WIR WOLLEN
WIEDER ANER-
KANNT WERDEN
ALS EINE DER
BESTEN AIRLINES.“
Campbell Wilson,
Vorstandsvorsitzender, Air India
Termine. Unterdessen machte Air India
schon wieder unrühmliche Schlagzeilen
– eine Boeing 777 auf dem Weg von
Delhi nach San Francisco war nach
Triebwerksproblemen vorsorglich in Ma-
gadan gelandet, und nun saßen Passa-
giere und Besatzung plötzlich im abgele-
genen Fernen Osten Russlands fest. Die
Airline löste das Problem erstaunlich
zügig und geräuschlos – auch das ein
Zeichen, dass bei Air India schon eine
neue Firmenkultur greift. Gut eine
Woche später ist Campbell Wilson schon
wieder in Europa, diesmal auf der Luft-
fahrtschau in Paris, wo er die im Februar
2023 angekündigten Rekordorders über
insgesamt 470 Flugzeuge von Airbus
und Boeing final unterschreibt.
EINST VON TATA GEGRÜNDET
Die Schlagzeilen macht diesmal der gro-
ße Konkurrent aus Indien, denn IndiGo
ordert in Paris mit 500 Airbus-Jets sogar
noch mehr Flugzeuge auf einen Schlag.
„Wir sind hier alle jedenfalls wirklich
22 FLUG REVUE
Oktober 2023
immer sehr, sehr beschäftigt“, lacht Wil-
son, als er endlich zum lange verabrede-
ten und mehrfach verschobenen Inter-
view mit der FLUG REVUE Zeit hat.
„Durch diese Transformation liegt schon
sehr viel auf unserem Teller.“
Air India, 1932 gegründet vom Patri-
archen J.R.D. Tata als Tata Airways, war
lange eine Airline-Legende und galt in
den 1960ern und 1970ern als eine der
besten Fluggesellschaften der Welt. Schon
seit 1946, seitdem sie unter ihrem heu-
tigen Namen fliegt, nutzte Air India als
Maskottchen und Werbefigur einen Ma-
haradscha; zusammen mit den an einen
indischen Palast erinnernden eckigen
Fensterumrahmungen auf Air-India-
Flugzeugen brachte ihr das den Beina-
men „fliegender Maharadscha“ ein.
Schon 1953 übernahm die indische Re-
gierung die Mehrheit an der Gesellschaft
von Tata. Viele Jahrzehnte im Regie-
rungsbesitz ohne Investitionen, mit auf-
geblähter Bürokratie und ineffizientem
Flugbetrieb machten aus Air India einen
Sanierungsfall. Im Oktober 2021 über-
nahm im Rahmen der Privatisierung
wiederum die Tata-Gruppe, ein multi-
nationales Industriekonglomerat mit Sitz
in Mumbai. Damit wiederholte sich qua-
si die Geschichte. „Wir wollen wieder
anerkannt werden als eine der besten
Airlines der Welt. Das waren wir schon
mal, aber dass das auch heute möglich
ist, zeigen indische Marken wie die Taj
Hotels, die auch zur Tata-Gruppe gehö-
ren und als weltweit führend in ihrer
Servicequalität gelten“, sagt Campbell
Wilson. „Das wird bei Air India dauern,
aber die Tata-Gruppe stellt alle Ressour-
cen bereit, damit das passiert.“
PERSONAL-NACHHOLBEDARF
Allein die Flugzeugbestellungen haben
einen Listenwert von über 70 Milliarden
Dollar. „Auch die Erneuerung der Kabi-
nen ist ein großes Vorhaben, wir geben
400 Millionen Dollar aus für neue Pro-
dukte auf Langstrecken. Dann die Ein-
führung neuer Technologie, über 200
Millionen US-Dollar kostet allein die
neue IT als Rückgrat der Airline“, zählt
der CEO auf. „Dann sind viele Neuein-
stellungen nötig. Air India hatte zuletzt
über 15 Jahre lang keine neuen Mitarbei-
ter eingestellt, außer Flugbesatzungen.
Wir müssen dazu unsere Trainingsein-
richtungen aufbauen, um genügend
Leute auszubilden, die all diese neuen
Flugzeuge fliegen, und dafür auch unser
ganzes Ingenieurwesen und die Wartung
umbauen“, so Wilson. „Und das passiert
alles unabhängig von den beiden an-
www.flugrevue.de
Mit gesetzten Klappen rollt eine Boeing 777-200LR,
die Ultralangstreckenversion, in Mumbai zum Start.
Fotos: AirTeamImages – AirlinerSpotter/Anshul Kadam/Martin Stovey, Air India, Andreas Spaeth (3)

dauernden Fusionen.“ Airline-Fusionen
allein sind für das verantwortliche Ma-
nagement schon eine extreme Belastung.
Bei der neuen Air India werden unter
Campbell Wilsons Leitung mal eben aus
vier Gesellschaften zwei unter einem
Dach geformt. Am weitesten gediehen
ist das im Billigflugbereich. „Wir haben
im September 2022 AirAsia India er-
worben und zu einer Tochtergesellschaft
gemacht, nachdem wir dafür die Geneh-
migung der Kartellbehörde hatten, und
lassen sie im Verbund mit Air India Ex-
press jetzt von einem gemeinsamen CEO
führen. Im März haben wir die Reservie-
rung und andere Berührungspunkte für
die Kunden zusammengelegt, jetzt wird
der Rest der Fusion in den kommenden
zehn bis zwölf Monaten vollzogen, und
unser Billigflugbereich heißt dann AIX
Connect“, erklärt Campbell Wilson.
Schwieriger ist die Lage bei der
geplanten Fusion von Air India und Vis-
tara, einer erst 2015 gestarteten Vollser-

Air India Express bedient das Niedrigpreissegment von Mumbai aus. Neben Inlandszielen werden auch Südostasien und die
Arabische Halbinsel angesteuert (l.). Indien hat seine Flughäfen erneuert, wie das riesige Terminal in Delhi zeigt (r.).

Flugbegleiterinnen von Air India beim Boarding (l.). Vistara ist ein Joint Venture von Air India und Singapore Airlines, das
Air India jetzt komplett übernehmen möchte. Indiens Kartellbehörden könnten davor aber noch Bedingungen stellen (r.).

www.flugrevue.de FLUG REVUE Oktober 2023 23

 Zivilluftfahrt
Air Indias Erneuerung
Diese A320-200 der Air-India-Tochter AirAsia India
erinnert an den Tata-Firmenpatriarchen JRD Tata.
Fotos: Airbus (2), AirTeamImages – AirlinerSpotter/Anshul Kadam/Chetan Puthran
vice-Airline, einem Joint Venture der
Tata Group und Singapore Airlines, das
jetzt in der neuen Air India aufgehen
soll. Allerdings haben die indischen Kar-
tellbehörden Bedenken geäußert, die es
noch auszuräumen gilt. „Wenn wir die
schon beantragte behördliche Genehmi-
gung für den Zusammenschluss bekom-
men, haben wir beschlossen, den Namen
Air India für die Vollservice-Gesellschaf-
ten der Gruppe zu nutzen.“
NADELÖHR IST DIE FLOTTE
„Zunächst werden beide unter ihrem je-
weils eigenen Namen getrennte Flug-
betriebe behalten, bis der Name Air
India den gleichen oder einen höheren
Stellenwert als Vistara erreicht hat, um
dann der gemeinsame Name zu sein.
Sobald die kartellrechtliche Geneh-
migung da ist, wird die Fusion unter
ein gemeinsames Luftverkehrsbetreiber-
zeugnis (AOC) etwa ein Jahr dauern“,
erläutert Campbell Wilson. Um das Stre-
ckennetz, wie geplant, zügig ausweiten
Eine nagelneue A320neo startet in Toulouse zum Probeflug (l.). Die Boeing 747, seit 1971 in der Flotte, steht nicht mehr im
aktiven Linieneinsatz. Drei flugbereite 747-400 werden aber noch vorgehalten, wie die VT-ESO, am 8. Juni in Mumbai (r.).
24 FLUG REVUE Okto
zu können, vor allem international,
braucht Air India so schnell wie möglich
mehr funktionsfähige Flugzeuge mit
renovierter oder neuer Kabineneinrich-
tung. Ende Juni setzte die Gesellschaft
insgesamt 104 Jets ein, verfügte aber
über 120 Maschinen. Einige von ihnen
waren aus Geldmangel teilweise jahre-
lang nicht flugbereit und abgestellt und
wurden jetzt wieder flugtauglich ge-
macht. Zwei Boeing 787 und eine 777
bräuchten noch einige Monate, so Wil-
son, bis sie wieder einsatzbereit seien.
Insgesamt liegt der Zulauf zur Air-
India-Flotte 2023 bei etwa 55 Flugzeu-
gen. Neben den hergerichteten eigenen
Jets least die Gesellschaft kurzfristig
25 Maschinen der A320-Familie plus 11
Boeing 777-200ER und -300ER, die zu-
vor bei Delta und Etihad flogen. „Fünf
davon sind schon da, sechs kommen bis
zum Jahresende.“ Bis dahin werden auch
mindestens die ersten beiden fabrik-
neuen Flugzeuge seit Langem eintreffen:
„Zwischen Oktober/November 2023
ber 2023
Die Airbus-Produkte von Air India in
einer aktuellen Ansicht der Europäer.
und März 2024 erwarten wir die ersten
von sechs neuen Airbus A350, die ur-
sprünglich für Aeroflot gebaut und aus-
gestattet wurden,“ so der CEO, „auch
die ersten Boeing 737 MAX 8 aus der
jüngsten Order erwarten wir bis dahin.“
Die wichtigsten Flugzeuge zur Er-
neuerung der Langstreckenflotte werden
aber 34 Airbus A350-1000 sein, die ab
2025 geliefert werden, und später dann
auch 10 Boeing 777-9. Klar ist, dass die
verfügbare Flotte der limitierende Faktor
ist: „Insgesamt haben wir viel mehr
Möglichkeiten als Flugzeuge. Die Frage
ist nicht: Liegt an diesem oder jenem
Zielort eine Gelegenheit? Sondern die
Frage ist: Welche der vielen Möglich-
keiten hat die höchste Priorität?“, sagt
Campbell Wilson. Dabei spielt auch Air
India Express eine Rolle, die bisher zu-
meist unabhängig von Air India operiert.
„In Zukunft wollen wir zwischen Voll-
service- und Billiganbieter mehr Synergi-
en schaffen“, hat er sich vorgenommen.
Trotzdem ist seit Herbst 2022 schon
www.flugrevue.de

einiges geschehen bei der Expansion des
internationalen Angebots, und das ist
aus indischer Sicht dringend nötig. Denn
die einheimischen Gesellschaften müs-
sen sich mit gerade mal zwölf Prozent
Marktanteil beim Passagiertransport von
und nach Indien bescheiden.
ROUTENNETZ WIRD DICHTER
Bisher war die in Indien beheimatete
Langstreckenflotte aufgrund bürokrati-
scher Hürden extrem limitiert: Air India
verfügt aktuell über 47 Großraumflug-
zeuge (inklusive inaktiver Jets), die jetzt
dazukommende Vistara über gerade
4 Boeing 787 und IndiGo hat derzeit 2
Boeing 777 aus der Türkei geleast. Das
mutet bei der mit 1,42 Milliarden Men-
schen größten Nation der Welt beinahe
absurd wenig an. Air India macht, was
sie kann. „In Europa haben wir dieses
Jahr schon fünf neue Flughäfen ins
Streckennetz aufgenommen: Mailand-
Malpensa, Kopenhagen, Wien, London-
Gatwick und Amsterdam, alle mit der
Boeing 787. Bald starten wir Flüge von
Mumbai nach Paris-CDG und nach
Frankfurt“, kündigt Wilson an. „Wir
bauen auch die Kapazität ab London-
Heathrow nach Delhi und Mumbai aus.
Dafür verlegen wir einige Flüge zu Regi-
onalzielen wie Amritsar, Ahmedabad,
Goa und Kochi nach Gatwick. Alle un-
sere wertvollen Slots in Heathrow wer-
den jetzt für die Schlüsselmärkte Mum-
bai und Delhi genutzt. In Nordamerika
haben wir das Angebot aus Delhi und
Mumbai nach Vancouver und New York
verstärkt und die Strecke Bangalore-San
Francisco eingeführt“, zählt der CEO
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Daten und Fakten Air India
IATA-Code: AI
ICAO-Code: AIC
Eigentümer: 100 Prozent Air India
Limited (Tata Group)
Gegründet: 15. Oktober 1932
(als Tata Airlines)
Betriebsaufnahme: 29. Juli 1946
(als Air India)
Mitarbeiter: ca. 11 000
beförderte Passagiere:
2019 – 22,2 Mio., 2020 – 22,4 Mio.,
2021 – 6,2 Mio., 2022 – 11,5 Mio.
Flotte (aktiv Juni 2023): Airbus
A319: 12, Airbus A320-200: 9, Airbus
A320neo: 25, Airbus A321-200: 13,
Airbus A321neo: 2,
Boeing 787-8: 24, Boeing 777-200LR: 7,
Boeing 777-300ER: 12
Bestellungen: Airbus A320neo: 161,
Airbus A321neo: 70, Airbus A350-900:
6, Airbus A350-1000: 34,
Boeing 737 MAX 8/10: 190, Boeing
777-200LR: 1, Boeing 777-300ER: 6,
Boeing 777-9: 10, Boeing 787-9: 20
Drehkreuze: Delhi, Mumbai
Streckennetz: Im April 2023 bediente
Air India 40 internationale Ziele auf
allen Erdteilen außer Südamerika,
dazu 46 Ziele in Indien.
Verlust: 2021/22 – rund 856 Mio. Dollar,
2022/2023 – rund 292 Mio. Dollar
Im Netz www.airindia.com
auf. Und das ist noch nicht alles: „Wir
planen mehr Frequenzen in Australien
nach Sydney und Melbourne und weite-
ren Destinationen dort, auch Ostasien
wird stärker in den Fokus rücken. Und
das alles noch bevor wir überhaupt die
ersten der bestellten 470 neuen Flug-
zeuge bekommen, die Ausweitung des
Streckennetzes ist eine Hauptpriorität.“
Schon deshalb, weil Air India bisher
im Inland gegen die übermächtige Indi-
Go eher wenig zu melden hatte. Gegen
deren Marktanteil von aktuell über 60
Prozent kann sie auch zusammen mit
AirAsia India, Air India Express und
Vistara nicht einmal annähernd etwas
entgegensetzen, gemeinsam erreichen sie
gerade ein Drittel so viel.
Das muss Campbell Wilson ändern:
„Unser Fünfjahresplan zur Transformati-
on wird der ersten Phase der neuen Air
India einen Kickstart geben. Wir hoffen,
in Indien auf 30 Prozent Marktanteil, so-
wohl für Inlands- als auch internationale
Abflüge.“ Vor dem Fünfjahresprogramm
lag seine Gesellschaft bei Inlandsflügen
unter 9 Prozent, im Mai 2023 waren es
9,4 Prozent. „Mit AirAsia India als Toch-
ter und hoffentlich der Genehmigung für
die Fusion mit Vistara kämen wir heute
schon auf insgesamt 26 Prozent Markt-
anteil für Abflüge aus und innerhalb des
Landes. Wenn wir dann noch die bestell-
ten neuen Flugzeuge bekommen, führt
das hoffentlich dazu, dass wir die 30
Prozent erreichen“, erklärt der CEO.
Alles, was bei der ehemals nationalen
Fluggesellschaft passiert, steht im Fokus
der kritischen indischen Medien und der
Öffentlichkeit.
LANDESWEITE BEDEUTUNG
Auch nach Amtsantritt musste der Neu-
seeländer immer wieder mäßigend ein-
greifen, sich aber auch entschuldigen,
wenn zu sehr die alte Firmenkultur
durchkam. Etwa bei den mehreren als
„Peegate“ bekannten Zwischenfällen mit
urinierenden Passagieren an Bord oder
Piloten, die junge Frauen ins Cockpit
einluden während des Fluges. „Als Air-
line im Regierungsbesitz herrschte hier
eine andere Firmenkultur und man ist
mit solchen Fällen anders umgegangen.
Das ist ein Erziehungsprozess, den wir
durchlaufen, um die Kultur einer sol-
chen Organisation zu verändern und auf
einen internationalen Standard zu brin-
gen“, erklärt Wilson. „Wir spüren die
Erwartungshaltung der indischen Bevöl-
kerung, ihr großes Bedürfnis danach,
dass Air India mit ihrer langen Ge-
schichte das Land international würdig
repräsentiert. Alle sind ungeduldig, und
wir können uns glücklich schätzen, dass
wir von über 1,4 Milliarden Menschen
unterstützt werden, auch wenn die
wollen, dass wir unsere Ziele schneller
er-reichen.“ FR
FLUG REVUE Oktober 2023 25
 Zivilluftfahrt
Bombardier CL-215

Griechische
Wasserbomber
E
nde Juli hatte Griechenland mit fast 100 Waldbränden Schwimmer nach dem Wasserabwurf mit einem Baum kolli-
in Lagonisi, Ost-Attika, Loutraki, Korinth, Athen, Rho- dierte. Der zerbrochene Schwimmer traf das rechte Querru-
dos und Korfu zu kämpfen, die einen Schaden von über der, so dass die Piloten die Kontrolle verloren und abstürzten.
900 Millionen Euro verursachten. Die griechische Luftwaffe, Christos Moulas und Periklis Stefanidis überlebten den Unfall
die über eine der größten Flotten von Löschflug- nicht.
zeugen in Europa verfügt, führte Hunderte von Schwere Brände Dies zeigte einmal mehr, wie gefährlich
Einsätzen durch, um die Brände zu bekämpfen. die Missionen der Feuerlöschflugzeuge sind,
Speerspitze dabei waren die Bombardier CL- forderten auch in auch wenn alles versucht wird, das Risiko
215 der 355 Feuerlöschstaffel, die in Elefsis sta-
tioniert ist, sowie die CL-415 der 383 MEEA
diesem Sommer die zu minimieren. So stehen außerhalb der
Feuersaison immer zwei bis drei Flugzeuge
„Proteus“ (Spezialeinsätze und Brandbekämp- griechischen Feuer- für Trainingsflüge zur Verfügung. Natürlich
fung) in Thessaloniki. Derzeit hat die Polemikí kann die Ausbildung die Vielfalt der unvor-
Aeroporía noch zehn CL-215 und sieben CL- löschflugzeuge wie hersehbaren Situationen nicht erfassen, de-
415 im Einsatz. die CL-215 wieder nen die Piloten in einem realen Einsatz ge-
Ursprünglich waren im Laufe der Jahre 32 genüberstehen. Wichtig ist, dass sie mög-
der kanadischen Feuerlöschflugzeuge beschafft aufs Äußerste. lichst lange dabei sind, um wertvolle Erfah-
worden, doch gingen eine ganze Reihe davon rungen zu sammeln, sowohl was die
durch Unfälle verloren. Unglücklicherweise musste die 355 Möglichkeiten der Flugzeuge als auch die Taktiken der Brand-
MTM, die im vergangenen November ihr 75-jähriges Bestehen bekämpfung betrifft.
feierte, auch in dieser Feuersaison wieder einen Verlust hin- Es geht oft darum, den Einsatz mit wenigen oder gar kei-
nehmen. Am 25. Juli bekämpfte eine Maschine einen Flächen- nen Informationen über die Situation im Einsatzgebiet durch-
brand über einem Berggebiet auf der Insel Evia, als der rechte zuführen. Während der Sommermonate müssen die Crews in

26 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de


Bei den Einsätzen im Juli
stürzte eine CL-215 ab, die
Piloten kamen ums Leben.
Die CL-415 sind dank PW123-Propellerturbinen deutlich neuer und leistungsfähiger. Sie
können etwa 5450 Liter Löschwasser mitführen und erreichen im Reiseflug über 300 km/h.
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MILITÄRLUFTFAHRT
IM DETAIL
15 bis 20 Minuten starten, das reicht meist nur, um die Wetter-
daten zu erhalten, die Koordinaten des Brandgebietes und
möglicherweise einige Angaben des Koordinierungszentrums
für Operationen und Krisenmanagement (ESKEDIK).
In diesem Umfeld liegt die Hauptlast auf den Schultern des
Formationsführers, da er nicht nur sein eigenes Flugzeug flie-
gen und mit seinem Co-Piloten zusammenarbeiten muss, son-
dern gleichzeitig ein klares Verständnis der taktischen Situati-
on und der Position der Luftfahrzeuge und des Personals am
Boden gewinnen muss. Feuerwehrleute dürfen sich zum Bei-
spiel nicht im Abwurfbereich befinden, da eine Wasserladung
aus 30 Meter Höhe zu schweren Verletzungen führen kann. Über 1.000 Fotografien und eigens für
dieses Werk angefertigte Grafiken ma-
Das Fliegen in niedriger Höhe im Umfeld eines Brandes ist chen dieses Buch zum absoluten und
sehr gefährlich. Große Wärmemengen, die durch einen Wald- unangefochtenen Standardwerk zur
brand freigesetzt werden, stören die lokalen Windverhältnisse. Messerschmitt Me163, die in dieser De-
tailtiefe noch nie beschrieben wurde.
Phänomene wie starke Turbulenzen, plötzliche Auf- und Ab-
480 Seiten, 1055 Abb., 23 x 26,5 cm
winde und eine Zunahme der Windintensität, vor allem in den € 69,- | ISBN 978-3-613-04571-1
Gebirgsregionen, sind zu erwarten. In einigen Fällen wurde ei-
ne lokale Zunahme der Windstärke um drei Beaufort über dem
im weiteren Umkreis vorherrschenden Wind beobachtet.
Durch den Rauch ist die Sicht stark eingeschränkt, daher
sollte das Flugzeug nicht durch ihn hindurchfliegen. Er kann
vor allem bei der CL-415 den Betrieb der Turboprop-Triebwer-
ke stören, die für einen Strömungsabriss im Verdichter (Com-
pressor Stall) anfällig sind. Zu vermeiden sind auch Wasserab- Ab 23.09.
würfe nahe 150 000-Volt- und 380 000-Volt-Hochspannungs- im Handel
leitungen, da sonst Stromausfälle drohen.
Generell ist zu bedenken, dass die CL-215 und CL-415
nicht mehr die neuesten Flugzeuge sind. Die ersten Bombar-
diers mit Sternmotor wurden vor 50 Jahren bestellt und ab Ju- Spannende Kombination aus Typenkunde,
Technik und Geschichte. In bewährter
ni 1974 ausgeliefert. Einige wurden sogar gebraucht von Ser- Art wird jedes Flugzeugmuster mit seiner
bien übernommen. Die CL-415 mit Propellerturbine wurden Entstehungsgeschichte und Beschreibung
1997 bestellt und ab Januar 1999 geliefert. FR nebst technischen Angaben und industri-
ellen Hintergründe erläutert.
BABAK TAGHVAEE
220 Seiten, 250 Abb., 17 x 24 cm
€ 34,90 | ISBN 978-3-613-04573-6
Dieses Buch zeigt die Entwicklung des
Eurofighters von der ersten Studie bis
hin zur Serienreife und beschreibt die
Fotos: Hellenic Air Force, Stam Pittas
Einsatzgeschichte des »High-Tech-Figh-
ters«.
232 Seiten, 220 Abb., 23 x 26,5 cm
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Leseproben zu allen
Titeln auf unserer
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Überall, wo es Bücher gibt, oder unter
WWW.MOTORBUCH-VERSAND.DE
Service-Hotline: 0711 / 78 99 21 51
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 Zivilluftfahrt
British Airways bezahlt Pilotenausbildung

W
ir suchen nur die allerbesten
Talente als unsere künftigen
Piloten“, stellte Sean Doyle,
Chairman und Vorstandsvorsitzender
von British Airways (BA), am 20. Juli
klar. „Die Speedbird Pilot Academy wird
den Wunsch, British-Airways-Pilot zu

BA wirbt Piloten mit

werden, aber auch für die Leute möglich
machen, die solche Ambitionen wegen
der Kostenbarriere bisher aufgeben

mussten“, sagte der Airline-Chef.
Der „Speedbird“, ursprünglich der
Logovogel von Imperial Airways und der
in BA aufgegangenen BOAC, ist noch
heute das Funkrufzeichen aller BA-Flü-
ge. Unter diesem bei Piloten vertrauten
Namen bilden die Briten an ihrer Piloten-
akademie künftig den Nachwuchs aus
und bezahlen diesem die Ausbildung,
deren Kosten bei rund 100 000 Pfund
(116 000 Euro) liegen.
„Ob jemand frisch von der Schule
kommt oder eine zweite Karriere begin-
nen will, die er niemals für möglich ge-
halten hätte, wir ebnen den Zugang, in-
dem wir die ganz am Anfang stehende
Kostenschwelle beseitigen“, sagte Doyle.
„Das öffnet eine fliegerische Karriere für
ein breiteres Bewerberspektrum, bei
dem jeder die gleiche Chance erhält.“
MEHR VIELFALT DER BEWERBER
Mit über 200 weltweiten Linienzielen
und einer Flotte unterschiedlichster
Muster böten sich den Piloten Möglich-
keiten im Überfluss, schwärmte der Top-
manager. Eine Karriere bei BA lohne
Kostenübernahme
British Airways gründet die „Speedbird Pilot Academy“
für fliegerischen Konzernnachwuchs. Die Ausbildungs-
kosten seiner Zöglinge übernimmt das Unternehmen.
sich. Die neue Initiative sei nun die erste gangsvoraussetzungen sind, neben per-
Gelegenheit seit einer Generation, jedem fekten Englischkenntnissen (ELP ICAO
den Einstieg möglich zu machen. Bei Level 6), ein Alter zwischen 18 und 55
dieser Gelegenheit wolle die Airline Jahren, eine Größe zwischen 1,57 und
auch gleich für mehr Vielfalt in der 1,91 Metern, ein weltweit unbeschränkt
Branche sorgen. Sie suche aktiv Bewer- nutzbarer Reisepass, ein flugmedizini-
ber mit vielerlei persönlichen Hinter- sches Tauglichkeitszeugnis der briti-
gründen, mit sämtlichen Hautfarben schen Class 1 und mindestens ein Schul-
und aus allen ethnischen Gruppen sowie abschluss der britischen mittleren Reife
gezielt junge Frauen, um einen vielfälti- (GCSE) mit guten Noten.
geren Personalstamm aufzubauen. Wer diese Eingangsvoraussetzungen
Die ersten Bewerbungen für das mitbringt, wird in die BA-Zentrale Wa-
neue Programm, das 60 Piloten pro Jahr terside eingeladen, wo zunächst die typi-
generieren soll, will BA ab September schen Computertests von Konzentrati-
entgegennehmen. Die eigentliche Aus- onsfähigkeit, Mehrfachbelastbarkeit und
bildung soll 2024 bei von BA ausge- Psychomotorik stattfinden. Erfolgreiche
wählten Flugschulen beginnen. Ein- Bewerber durchlaufen danach separat

28 FLUG REVUE www.flugrevue.de

OKTOBER 2023
 Der Flughafen
London-Heathrow
bildet das Dreh-
kreuz im weltweiten
Liniennetz der Briten.
ein Auswahlverfahren mit Gruppenspie-
len und Einzelgesprächen mit Psycholo-
gen und fliegerischem Führungsperso-
nal. Erst danach entscheidet sich, ob
man zur fliegerischen Ausbildung zuge-
lassen wird. Am Ende winkt, bei erfolg-
reichem Abschluss der Ausbildung, der
ATPL nach UK Part-FCL. Seit dem Bre-
xit gibt es bekanntlich wieder eine natio-
nale, rein britische Lizenz der CAA.
Die erste Anstellung beginnt mit
34 000 Pfund Einstiegsgehalt (plus Spe-
Fotos: AirTeamImages/Alvin Man (1), British Airways
Im Londoner BA-Simulatorzentrum Global Learning Academy stehen
15 Full-Flight-Simulatoren für die Pilotenschulung bereit.
www.flugrevue.de
Startplatz im Cockpit bei BA ist der
rechte Sitz in der A320-Familie.
sen), das entspricht 39 000 Euro. Nicht
sehr viel im teuren London, aber dafür
hat man auch keine Schulden. Typi-
scherweise fliegt man zunächst mehrere
Jahre als „P32L“. In der BA-Kürzelspra-
che ist das ein Copilot auf der A320-Fa-
milie mit der Basis London-Heathrow.
Später kann man dann auf die Lang-
streckenfamilien A350 („35“), A380
(„38“), Boeing 787 („78“) und 777 („77“)
wechseln und bis hin zum „C38L“ auf-
steigen (Captain A380 mit Basis London-
Karriere im Cockpit
Neben technischen Fähigkeiten erwartet BA
von ihren Piloten vor allem die passende
Einstellung: ruhiges Vorgehen unter
Belastung, die Fähigkeit zur Problemlösung
sowie Teamfähigkeit und Kollegialität. Am
wichtigsten aber sei das Bewusstsein für die
Aufgabe, Großbritannien mit der Welt und
die Welt mit Großbritannien zu verknüpfen.
https://careers.ba.com/future-pilots
Heathrow). Das Cockpitpersonal bei BA
umfasst insgesamt 4000 Piloten. Der
BA-Konzern suchte bei Redaktions-
schluss auch Direkteinsteiger als Copilo-
ten und Kapitäne mit fertiger britischer
Lizenz, teilweise auch bei den Töchtern
Euroflyer und Cityflyer.
Auch für deutsche Bewerber mit her-
ausragend gutem Englisch (ab IELTS Le-
vel 5.5) ist ein Einstieg im Prinzip mög-
lich. Allerdings ist das Vereinigte König-
reich bei vielen Regelungen wieder deut-
lich von der EU abgerückt, die bis zum
strengen Aufenthaltsrecht reichen.
Bemerkenswert am jüngsten BA-Vor-
stoß ist, dass sich nach jahrelanger Ent-
haltsamkeit große Airlines wegen des Pi-
lotenmangels wieder zur Übernahme der
Ausbildungskosten entschließen. Statt
die Anforderungen zu senken, wird der
Bewerberpool durch die Kostenübernah-
me vergrößert. Auch die stark nach oben
erweiterte Altersgrenze wirkt in dieser
Richtung. Angesicht aktuell überwie-
gend guter Airline-Quartalszahlen und
anstehender Neuflugzeugauslieferungen
dürfte der Pilotenbedarf weltweit weiter
steigen. Vielleicht orientieren sich bald
mehr Airlines am Vorbild BA? FR
SEBASTIAN STEINKE
FLUG REVUE OKTOBER 2023 29
 Zivilluftfahrt
Retro-Amphibienkonzept
Catalina-Rückkehr
als Turboprop?
Der amerikanische Musterbetreuer der Consolidated PBY
Catalina will den legendären Amphibien-Oldie mit neuen
Turboproptriebwerken wieder neu auflegen.
E
s gibt ein außergewöhnliches Inte-
resse an einer Wiedergeburt dieses
legendären Amphibiums“, sagte
Lawrence Reece, Präsident von Catalina
Aircraft, auf dem US-Experimentalbau-
ertreffen in Oshkosh. „Mit neuen Trieb-
werken und neuer Avionik bietet es Fä-
higkeiten, die kein anderes Amphibium
hat.“ Catalina Aircraft ist seit 14 Jahren
Musterbetreuer der originalen PBY Ca-
Consolidated Catalina (PBY-5A)
Antrieb: zwei PW R-1830-92
mit 894 kW (1217 PS)
Länge: 19,47 m
Höhe: 6,15 m
Spannweite: 31,7 m
max. Startmasse: 16 067 kg
Höchstgeschwindigkeit: 282 km/h
Reichweite: 3782 km
Besatzung: 7 bis 9
30 FLUG REVUE OKTOBER 2023
Eine originale
Kolbenmotor-
Catalina im
Löscheinsatz.
talina, Erstflug am 21. März 1935. Zwi-
schen 1936 und 1945 waren 3308 Flug-
zeuge gebaut worden, vor allem als See-
fernaufklärer, U-Boot-Jäger und Ret-
tungsflugzeug. Von dieser „28-5ACF
Catalina“, so die heutige FAA-Bezeich-
nung, will Catalina Aircraft als NGAA
(Next Generation Amphibious Aircraft)
zwei Turboprop-Neubauvarianten ablei-
ten, eine zivile und eine militärische.
Für Wasserlandungen kann die robust ausgelegte Catalina zwei Stützschwimmer
unter den Flügeln herunterklappen.
Die zivile Version, Höchststartmasse
14 500 kg, könnte bis zu 34 Passagiere
befördern, die über seitliche Bordtrep-
pen oder eine Hecktreppe einsteigen
können, oder 5450 kg Fracht. Zusätzlich
könnten zwei abwerfbare Dingis unter
den Flügeln befestigt werden.
Die Militärvariante, Höchststartmas-
se 18 150 kg, könnte bis zu 30 voll aus-
gerüstete Soldaten oder 7260 kg Fracht
befördern. Außerdem wären 1130 kg
Abwurflasten an den Flügeln möglich.
Mit einem Tankvolumen von 10 260 Li-
tern Kerosin käme die neue Version auf
eine Flugausdauer von bis zu 19 Stun-
den. Die Turboproptriebwerke mit
Sechsblattpropellern (ihr Hersteller wird
noch nicht genannt) würden weiter oben
auf der Flügeloberseite des Hochdeckers
montiert. Im neuen Cockpit sollen vier
breite, nachtsichtgerätetaugliche Bild-
schirme Einhebelbedienung für die
Triebwerke für mehr Übersichtlichkeit
sorgen. Lieferbar wäre die Catalina II,
für die noch kein Preis genannt wird,
frühestens 2029.
Ob es dafür einen Markt gibt, dürfte
vor allem vom US-Militär abhängen, das
für pazifische Konfliktszenarien derzeit
sogar untersuchen lässt, ob man die
C-130 Hercules mit Schwimmern nach-
rüsten könnte. Doch diese „MC-130J
Amphibious Capability“ (MAC) im Auf-
trag des USAF Special Operations Com-
mand leidet bisher an Verzögerungen.
Präsentationsfolien von Catalina Aircraft
rücken die Catalina II als mögliche Al-
ternative mit martialischer, seitlicher
Bordkanonenbewaffnung als Erdkampf-
flugzeug ins Rampenlicht. Nach der DC-
3-Umbauversion Basler BT-67 und der
Viking Twin Otter wäre die Catalina eine
besonders spektakuläre Neuauflage, die
wohl auch bei Flugzeugsammlern und
Museen Interesse fände. FR
SEBASTIAN STEINKE
Fotos: US Marine Corps, US Navy
www.flugrevue.de
AirSpot
In unseren AirSpot-Highlights des Monats finden Sie sehenswerte Fotos
von besonderen Flugzeugen und fliegenden Raritäten aus aller Welt, die
unseren Lesern beim Aircraft Spotting vor die Kameralinse gekommen sind.

Moritz Klöckner,
Friedrichshafen
Die Boeing 727, einst weitverbreitet,
ist heute eine Rarität, erst recht als
Business Jet. Diese 41 Jahre alte 727-
200, M-STAR, ist für Starling Aviation
im Steuerparadies Cayman Islands regis­
triert. Eingesetzt wird sie durch Celestial
Airways aus Dubai. Am 7. Juli stoppte
sie auf dem Weg von Paris-Le Bourget
nach Dubai World Central am Boden-
see.

Eurospot,
Toulouse-Blagnac, Frankreich
Als letztes Flugzeug der hausinternen
Kleinserie von sechs Airbus A330-743L
Beluga XL startete am 21. Juli Beluga
XL 6, MSN2041, zum Erstflug. Für ihre
Testflüge ist die künftige F-GXLO noch
als F-WWYX registriert. Der Erstflug
führte Richtung Pyrenäen, dann süd­-
ostwärts über das Mittelmeer und
schließlich wieder nach Toulouse.

Lutz Krebs,
Flughafen Berlin Brandenburg
Seit Ende Juni trägt die A321neo,
EC-NYD von Vueling eine Sonderlackie-
rung der französischen Rugby-Liga mit
der Frage: „Wer hat behauptet, dass
Hähne nicht fliegen können?“ Sie be-
zieht sich auf den gallischen Hahn im
Logo der in Frankreich sehr populären
Liga. Die linke Rumpfseite zeigt männ­
liche Spieler, die rechte die Damen.

Ralf Plechinger,
München
Im Auftrag von Air Baltic bediente
die bulgarische Fly2Sky am 27. Juli die
Route Riga – München. Der 21 Jahre
alte Airbus A321, LZ-FSC fliegt noch mit
seinem blauen British-Airways-Bauch
und Resten der früheren britischen
Flagge am Heck.

www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023 31

 Zivilluftfahrt
Passagierflüge in die Antarktis
Das südlichste Linienziel
Effizienzgewinn beim Polartransport: HiFly hat den regelmäßigen Flugbetrieb
mit dem Airbus A340 in die Antarktis auf eine private Eispiste begonnen.
D
Von ANDREAS SPAETH
ie Antarktis ist der lebensfeindlichste Konti-
nent auf dem Globus, und der einzige, zu dem
es bisher keine regelmäßigen Flüge mit Passa-
gierflugzeugen gibt. Niemand lebt hier dauerhaft, aber im
Polarsommer arbeiten etwa 5000 Menschen, überwiegend
Forscher, auf den 70 über den ganzen Kontinent verstreuten
wissenschaftlichen Stationen. Dagegen gelangen nur wenige
Hundert Touristen ins Inland der Antarktis. Sie alle waren
bisher zumeist auf militärische Transportflugzeuge angewie-
sen, wie die C-17 der US Air Force oder die russische Iljus-
chin Il-76 von Volga-Dnepr, die noch immer ab Kapstadt
fliegt. Verbindungen mit Passagierjets waren die Ausnahme,
einzig Australien betreibt Versorgungsflüge mit der A319.
Größere Passagierjets kamen nur auf einzelnen Charterflü-
Fotos: HiFly / Marc Bow, White Desert (1)
Die Landebahn wird vor der Ankunft stundenlang von
Pistenbullys präpariert.
32 FLUG REVUE Oktober 2023
gen zum Einsatz, gerade während der Pandemie, um Stati-
onspersonal auszutauschen. Regelmäßigen Verkehr mit zivi-
len Großraumflugzeugen gab es nicht. Bis zur gerade been-
deten Polarsaison 2022/23 und seitdem Patrick Woodhead
sein großes Projekt umsetzte.
KONTINENT OHNE FESTE LANDEBAHNEN
Patrick Woodhead kennt die Antarktis wie nur wenige, der
47-jährige Brite kann bis heute einige Weltrekorde für sich
reklamieren. Er hat zum Beispiel 2015/16 das antarktische
Polarplateau auf Skiern durchquert, war dafür 4500 Kilome-
ter im weißen Nichts unterwegs. Woodhead ist Gründer und
Chef von White Desert, einem Reiseveranstalter, der jetzt
einen Meilenstein im polaren Lufttransport erreicht hat und
eine Lösung für eines der schwierigsten logistischen Proble-
me auf dem Globus bietet: Wie bekommt man Ausrüstung,
Forschende und Besatzungen der Antarktisstationen an ihre
Arbeitsplätze und wieder zurück? Viele davon befinden sich
nicht an der Küste, sondern im Hinterland des gigantischen,
lebensfeindlichen siebten Kontinents. Dafür war anderes
Fluggerät nötig. Die Il-76 ist laut und spritfressend, mit dem
Angriff auf die Ukraine war die Nutzung russischer Jets für
westliche Nationen ohnehin obsolet.
Asphaltierte Betonpisten gibt es in der Antarktis aus gu-
tem Grund nicht, erst 2021 hatte Australien dort den lange
geplanten Bau der ersten betonierten Bahn an der Davis Sta-
tion aus Umwelterwägungen aufgegeben. Bleiben nur Blau-
eisfelder, ebene Eisflächen, auf denen sich durch besondere
Bedingungen keine Schneeschicht bildet. Die bedecken al-
lerdings nur ein Prozent der riesigen antarktischen Oberflä-
che. Sie sind besonders dick und stabil und eignen sich her-
www.flugrevue.de
der Welt
Wolf’s Fang

Antarktis

vorragend als Grundlage für Flugpisten, von denen es be-
reits vier größere in der Antarktis gibt.
Im abgelaufenen Südpolarsommer hat White Desert in
Zusammenarbeit mit der portugiesisch-maltesischen Char-
tergesellschaft HiFly erstmals regelmäßige Verbindungen
mit einem vierstrahligen Passagierjet durchgeführt. „Von
November 2022 bis Februar 2023 haben wir auf 15 Flügen
insgesamt über 500 Passagiere und tonnenweise Fracht
transportiert“, verkündet Patrick Woodhead im Interview
mit der FLUG REVUE in Kapstadt. Dafür hat HiFly ihren
1997 gebauten Airbus A340-313 mit dem Kennzeichen 9H-
TQZ, der früher mal bei Emirates flog und immer noch de-
ren Kabine mit 267 Sitzen an Bord hat, über die antarkti-
sche Sommersaison in Kapstadt stationiert. Vor allem aber
hat die Firma schon seit 2015 als erster privater Betreiber
einen eigenen Flugplatz im Queen Maud Land. Er befindet
sich auf 1112 Metern Höhe über dem Meeresspiegel, ist
rund 120 Kilometer von der Küste entfernt und auf einem
Blaueisfeld angelegt. „Das darf nicht zu nahe an der Küste
sein, sonst schmilzt die Oberfläche im Sommer bei den wei-
ter steigenden Mitteltemperaturen, es darf auch nicht zu viel
Wind herrschen. Und das Feld muss mindestens drei Kilo-
meter lang und frei von Gletscherspalten sein sowie weitere
Anforderungen erfüllen“, sagt Woodhead. Einfach ist in der
Antarktis grundsätzlich nie irgendwas.
Wegen der im Hintergrund aus dem ewigen Weiß spekta-
kulär 1200 Meter hoch aufragenden Felsformation heißt der
Flugplatz Wolf’s Fang, der spitzeste Gipfel ähnelt tatsächlich
dem Eckzahn eines Wolfs. Die offizielle Zertifizierung als
antarktisches Flugfeld hat der Platz allerdings nicht, das
ging schon aus politischen Gründen nicht, denn hier erhebt
Norwegen Gebietsansprüche, für die britische Firma White
Desert ist aber das Außenministerium in London zuständig.
Und auch sonst stehen einer internationalen Flughafen-Zu-
lassung in der Antarktis Hürden im Weg, die es anderswo
auf der Welt
nicht gibt. „Wir
können nicht ein- Wolf’s Fang dient
fach die Bezeich- als Umschlagplatz
nung der Bahn, in für viele entlegene
unserem Fall die 17, Forschungsstationen.
groß auf die Pisten-
schwelle schreiben, wie es
vorgeschrieben ist für einen zertifi-
zierten Flughafen“, so Woodhead. „Die Nummer würde
durch Sonnenwärme ins Eis hineinschmelzen und wir hätten
ein großes Problem. Es sind all diese kleinen Dinge, die Pro-
bleme schaffen. Deshalb brauchen wir Behörden, die zuhö-
ren und unsere Umstände verstehen.“ Für die Flughafenfeu-
erwehr ist etwa vorgeschrieben, gewisse Mengen an Wasser
und Schaum in ihren Löschfahrzeugen zu haben. „Wir wol-
len aber kein Wasser nutzen, weil das friert. Darum müssen
wir den Behörden verständlich machen, dass in unserer Um-
gebung manche Vorschriften nicht umsetzbar sind“, sagt der
Firmengründer. Das ist manchmal denkbar schwierig: „Es
Der Airbus A340 rollt am namensgebenden
„Wolfs-Eckzahn“-Felsen vorbei.

www.flugrevue.de FLUG REVUE

Oktober 2023 33
 Zivilluftfahrt
Passagierflüge in die Antarktis
gibt sehr atypische Erscheinungen hier, zum Beispiel keine
Vereisung, weil die Antarktis sehr trocken ist. Aber erklären
Sie mal einem Beamten, dass es in einem Land voller Eis
keine Vereisung gibt.“
Die Vorbereitung des Flugverkehrs mit Großraumflug-
zeugen ins ewige Eis war daher langwierig und kompliziert:
„Allein für die Flugplatz-Infrastruktur hat das ein Jahr ge-
dauert – und dann ein weiteres für die Vorbereitung des
Flugbetriebs von HiFly.“ Der portugiesische Chef und Mit-
gründer der Gesellschaft ist auch der Chefpilot. Carlos Mi­
puri landete als Erster einen vierstrahligen, zivilen Groß-
raumjet in der Antarktis, als die A340 am 22. November
2021 in Wolf’s Fang aufsetzte, was sie danach regelmäßig in
der vergangenen Saison tat. Navigation, Wetter und vor al-
lem die Bremswirkung auf der Bahn sind die entscheidenden
Parameter für die Flugdurchführung. Ein limitierender Fak-
tor ist der Sprit, denn vor dem Start muss genügend getankt
werden für Hin- und Rückflug plus Reserve. 77 Tonnen sind
üblicherweise an Bord für beide jeweils rund fünf Stunden
und 20 Minuten dauernden Flüge über die je 4600 Kilome-
ter von und nach Kapstadt. Deshalb setzt die A340 auch mit
ihrer maximalen Landemasse von 190 Tonnen auf der Eis-
piste auf. Als Langstreckenflugzeug ist sie jederzeit in der
Lage, umzukehren und zurückzufliegen, sollten sich die
Wetterverhältnisse vor Ort verschlechtern. „Bei der Il-76
gab es einen Punkt, an dem keine Umkehr mehr möglich
war. Dass wir das jetzt nicht mehr haben, ist ein massiver
Fortschritt“, freut sich Patrick Woodhead.
PISTENBULLI KOMMT VOR JEDER LANDUNG
Vor der Ankunft jedes Fluges muss 22 Stunden lang die drei
Kilometer lange und 60 Meter breite Eispiste 1127 Meter
über dem Meeresspiegel präpariert werden. Dafür sind hier
am Ende der Welt die gleichen Pistenbullys von Kässbohrer
stationiert wie in den Skigebieten der Alpen. Nach getaner
Arbeit misst ein spezielles Fahrzeug alle 500 Meter die Rei-
bungswerte. „Die Pistenoberfläche ist dynamisch, die nötige
Friktion müssen wir aufwendig sicherstellen“, sagt Wood-
head. „Der Bremskoeffizient liegt bei 0,4, das ist vergleich-
34 FLUG REVUE Oktober 2023
Wolf’s Fang Runway
Flughafenkürzel: QAF
Flughafencode: AT98
Position: 71°32'S 08°50'O
Landebahnlänge: 3000 Meter
Landebahnbreite: 60 Meter
Höhe: 1127 Meter
Richtung: 175 Grad „true“
Vorfeld: 100 mal 100 Meter
Feuerwehr und Arzt am Platz
Informationen unter
https://white-desert.com
bar mit einer nassen Asphaltbahn, aber meist muss das Flug-
zeug nur moderat bremsen, oft stoppt es nach zwei Kilome-
tern und braucht den dritten gar nicht.“ Vor dem Start müs-
sen die Temperaturen vor Ort stimmen: „Über minus 6 Grad
Celsius fliegen wir nicht“, sagt HiFly-Pilot Carlos Mipuri,
dann würde die Oberfläche zu weich. Auch die Navigation
stellt besondere Anforderungen: „Wir fliegen in unkontrol-
liertem G-Klasse-Luftraum und bedienen uns südlich von 65
Grad Breite polarer Navigationsverfahren wie True Heading
(rechtweisender Steuerkurs),“ erklärt der Polarpilot. „Bis
250 Meilen vor Wolf’s Fang haben wir ACARS-Datenemp-
fang und bekommen den Wetterbericht von dort über unse-
re Operationszentrale in Lissabon. Direkt mit Wolf’s Fang
können wir nur per Iridium-Satellitentelefon kommunizie-
ren.“ Der Anflug ist eine weitere Herausforderung: „Die Re-
flexion ist sehr stark und so ist es schwierig, die Piste über-
Nach der Landung rollt die
A340-300 zur Entladung auf
ihr eisiges Vorfeld.
www.flugrevue.de

haupt zu entdecken“, berichtet Mipuri, auch wenn im Polar-
sommer die Sonne Tag und Nacht scheint. „Aber weil es dort
absolut keine Navigationshilfen gibt, müssen wir im Anflug
aus spätestens etwa 40 Kilometer Entfernung Sichtkontakt ha-
ben.“ Schwierig ist auch die Abschätzung der korrekten Flug-
höhe in der endlosen weißen Wüste ohne Referenzpunkt in der
Landschaft. „Es gibt keine optische Anflughilfe beim Gleitweg,
und die Höhenmesser sind wegen der Temperaturen manch-
mal fehlerhaft“, so der portugiesische Flugkapitän. „Das ist ei-
ne unglaubliche Erfahrung auf dieser Bahn zu landen, ich bin
jedes Mal überwältigt“, sagt Carlos Mipuri. Trotz aller Heraus-
forderungen lief die erste Saison der A340-Antarktisflüge bei-
nahe planmäßig: „Wir konnten den Flugplan ziemlich gut ein-
halten, manche Flüge mussten 24 Stunden verspätet starten,
aber fast alle kamen innerhalb von 24 Stunden nach der ge-
planten Zeit ans Ziel“, bilanziert Patrick Woodhead. Die Pas-
sagierzahl jedes Fluges ist auf maximal 70 begrenzt. „Das ist
nötig, um sicherzustellen, dass wir für den Fall, dass ein Flug-
zeug aus der Antarktis nicht zurückfliegen kann, genug Unter-
bringungs- und Versorgungsmöglichkeiten in unserem Camp
haben.“
Als Geschäftsmodell scheint die Kombination des Trans-
ports von Stationsbesatzungen und Edel-Touristen zu funktio-
nieren. „Das bringt sehr viel bessere Effizienz und macht es
billiger und besser für beide Gruppen“, ist Patrick Woodhead
überzeugt. Etliche staatlich finanzierte Forschungsstationen
stellen die Verbindungen jetzt über die neuen Flüge von White
Desert her, so zur deutschen Neumayer-Station. Auch Statio-
nen von Großbritannien, Südafrika, Finnland und Schweden
nutzen das neue Angebot. Für Touristen kostet ein Kurzaus-
flug in die Antarktis für eine Nacht mit drei Stunden am Boden
schon 14 000 US-Dollar. Dadurch dass die Besatzung in einer
Schicht hin- und zurückfliegt, ist ein längerer Aufenthalt auf
www.flugrevue.de
Der Anflug ist aufgrund der Reflexio-
nen und mangelnder Navigationshilfen
eine Herausforderung.
einem Umlauf nicht möglich. Wer möchte, kann aber bis zu
einer Woche bleiben und mit den beiden firmeneigenen Basler
BT-67-Propellermaschinen zu Kaiserpinguinen (ab 62 000
Dollar) oder zum Südpol fliegen – Kosten ab 98 500 Dollar.
Einwände, gerade der Kurztrip sei teuer, lässt Woodhead nicht
gelten: „Selbst in drei Stunden sieht man schon die richtige
Antarktis, in Sachen Preis/Leistung ist das ein Schnäppchen,
dafür bekommt man sonst einen Hin- und Rückflug in First
Class von London nach New York.“ Die Aktivitäten im ewigen
Eis sind klimaneutral, werden ausschließlich mit Sonnenener-
gie betrieben, alle Camps sind nur temporär errichtet, die
Emissionen der Flüge werden kompensiert. Und die Nachfrage
ist hoch. „Wir werden weiter mit HiFly arbeiten, das sind fan-
tastische Partner, die auf jedem einzelnen Flug nach Verbesse-
rungsmöglichkeiten im Flugbetrieb suchen“, freut sich der
Polar­pionier. FR
Fotos: White Desert
Die robuste Basler BT-67 pendelt auf Schneekufen mit
Fracht und Personal zu den kleineren Forschungsstationen.
FLUG REVUE Oktober 2023 35
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 Business Aviation
Dassault Falcon 6X zugelassen

Neues
Langstrecken-
Flaggschiff

Nach knapp 1500 Flugteststunden seit dem Erstflug

im März 2021 erhielt Dassaults Falcon 6X am
22. August die Musterzulassung der EASA und der
FAA. Die Lieferungen an die ersten Kunden sollten
direkt danach beginnen und damit die Falcon-Palette
um einen neuen Langstrecken-Twin erweitern.
Von KARL SCHWARZ; Fotos: DASSAULT AVIATION
W as die 6X betrifft, so
warten wir auf die
Zertifizierung. Das
ist eine Frage von ein paar Tagen“, sagte
Firmenchef Éric Trappier bei der Halb-
jahresbilanz. Am 22. August war es
dann so weit. Sowohl die EASA (Euro-
pean Union Aviation Safety Agency) als
auch die amerikanische FAA gaben ihr
OK, nachdem die Flugtests schon seit
Mai abgeschlossen waren. Zuletzt gab es

38 FLUG REVUE Oktober 2023 www.flugrevue.de

wohl noch eine Unstimmigkeit wegen des
Rumpftanks, der laut EASA in einem klei-
nen Bereich nicht genügend gegen den
Aufprall zum Beispiel von defekten
Fahrwerksrädern geschützt ist.
Die neue Falcon reiht sich in einer
langen Reihe von Geschäftsreisejets ein,
die mit der Falcon 20 (zunächst Mystère
20 genannt) im Jahr 1963 begann. Sie
glänzt vor allem mit ihrer 1,98 Meter ho-
hen und 2,58 m breiten Kabine – es ist
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„die höchste und breiteste in der Ge-
schäftsluftfahrt“ und „bietet ein Maß an
Geräumigkeit, Komfort, Produktivität
und Sicherheit, das einen neuen Maß-
stab im Langstreckensegment setzen
wird“, gab sich Trappier begeistert, der
mit der derzeit in Entwicklung stehen-
den Falcon 10X aber noch einmal nach-
legen will (2,02 Meter hoch, 2,77 Meter
breit). Diese Maße erlauben auf jeden
Fall eine flexible Einrichtung mit Sofas,
Sitzen, Tischen – und natürlich kann
auch ein Bett eingebaut werden. Als
Highlight gibt es im Bereich der Küchen-
zeile noch ein Fenster in der Kabinende-
cke. Zugelassen wird die Falcon 6X für
maximal 16 Passagiere.
Auch die Piloten dürften zufrieden
sein mit einem Cockpit, das große Farb-
displays und größere Fenster für eine
bessere Übersicht bietet. Die Lehnen der
Pilotensitze lassen sich bis zu 130 Grad
FLUG REVUE Oktober 2023 39
 Business Aviation
Dassault Falcon 6X zugelassen
verstellen, und das breitere Cockpit er-
möglicht den Ein- und Ausstieg, ohne
über die Mittelkonsole klettern zu müs-
sen. Natürlich hat die 6X auch ein fort-
schrittliches digitales Flugsteuerungssys-
tem (DFCS), das zahlreiche Schutzfunk-
tionen beinhaltet. Es kontrolliert alle
Flugsteuerungsflächen, einschließlich der
Vorflügel und Klappen, sowie die Bug-
radsteuerung. Das kombinierte Falco-
nEye-Sichtsystem (CVS) gehört bei der
6X zum Standard. FalconEye ist das ers-
te Head-up-Display (HUD), das synthe-
tische, datenbankgestützte Geländebil-
der sowie Wärme- und Schwachlichtka-
Das Cockpit ist mit einem
EASy-IV-System ausgestattet.
40 FLUG REVUE Oktober 2023
merabilder in einer einzigen Ansicht
kombiniert. FalconEye hat eine Multi-
sensorkamera, deren sechs Sensoren so-
wohl im sichtbaren als auch im infraro-
ten Spektralbereich Bilder liefern.
Das verbesserte Cockpit-Avionikpa-
ket umfasst die neueste Generation des
EASy-Systems – EASy IV, das auf der
Primus-Epic-Plattform von Honeywell
basiert. Es bietet neue Funktionen wie
RNP-Instrumentenanflüge, die Anzeige
von Verkehr in der Luft und am Boden,
bewegliche Flughafenkarten und ein
RDR 7000 IntuVue 3D-Farbwetterradar,
das eine vorausschauende Blitz- und Ha-
gelerkennung sowie eine Doppler-Tur-
bulenzerkennung mit 110 Kilometern
(60 NM) Reichweite bietet.
PRATT PW800-TRIEBWERK
Mit ihren technischen Daten reiht sich
die Falcon 6X in die erste Liga der Busi-
ness Jets ein. Die Reichweite gibt Das-
sault mit 10 185 Kilometern bei Mach
0.8 an – genug, um Städtepaare wie bei-
spielsweise Genf und Los Angeles oder
London und São Paulo miteinander zu
verbinden. 9445 Kilometer sind es bei
Mach 0.85. Bei den technischen Vorzü-
gen geht Dassault auch auf das hohe
Die Kabine bietet vielfältige
Gestaltungsmöglichkeiten.
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Landegewicht ein, das es ermöglicht, vor
einem Langstreckenflug weitere Passa-
giere an Bord zu nehmen, ohne erneut
tanken zu müssen. Anflüge auf Flughä-
fen mit kurzer Piste sind dank des effizi-
enten Flügeldesigns ebenfalls möglich.
Die Ingenieure haben sich also ins
Zeug gelegt, um die Falcon 6X zu opti-
mieren. Dass sie überhaupt entwickelt
wurde oder eher werden musste, hat sie
dem Fehlschlag der Falcon 5X zu „ver-
danken“, die nach dem Erstflug gestri-
chen wurde – bedingt durch anhaltende
Probleme mit dem Silvercrest-Trieb-
werk, die Safran aus Sicht von Dassault
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Die Falcon 6X bietet eine besonders
große Kabine mit 2,58 Metern Breite.
Technische Daten Dassault Falcon 6X
Passagiere: 12 bis 16 Kabinenhöhe: 1,98 m Reisegeschwindigkeit:
Besatzung: 2 Kabinenbreite: 2,58 m Mach 0.80 bis 0.85
Triebwerke: 2 x Pratt & Kraftstoff: 15 325 kg Dienstgipfelhöhe: 15 545 m
Whitney Canada PW812D max. Abflugmasse: 35 153 kg Startstrecke: 1670 m
Schub: 2 x 60,05 kN max. Landemasse: 30 028 kg Landestrecke: 755 m
Länge: 25,68 m max. Masse ohne Kraftstoff: Reichweite: 5500 NM
Höhe: 7,47 m 20 820 kg (10 185 km) mit acht
Spannweite: 25,94 m Höchstgeschwindigkeit: Passagieren bei Mach 0.8,
Kabinenlänge: 12,30 m Mach 0.90 9445 km bei Mach 0.85
einfach nicht in den Griff bekam. So Die Endmontage der ersten Falcon
wurde die 6X im Februar 2018 vorge- 6X begann Anfang 2020. Das Power-On
stellt, überarbeitet und mit dem fand im Juli 2020 statt. In Corona-Zei-
PW812D von Pratt & Whitney Canada ten zelebrierte Dassault Aviation dann
ausgerüstet. Der kanadische Hersteller den Roll-out Anfang Dezember 2020
wirbt mit einer Zuverlässigkeit von mit einer etwa 30-minütigen Live-Video-
99,99 Prozent. Auch bei Verbrauch, show aus dem Charles-Lindbergh-Han-
Lärm und Wartung setze das PW812D gar im Werk Bordeaux-Mérignac. Bruno
Maßstäbe, so der Hersteller. Ferry und Fabrice „Tom“ Valette absol-
Auch ein Bett darf
nicht fehlen.
FLUG REVUE Oktober 2023 41
 Business Aviation
Dassault Falcon 6X zugelassen

vierten den Erstflug mit der Seriennum-

mer 01 am 10. März 2021. In den zwei-
einhalb Stunden in der Luft testeten die
Piloten die Steuereigenschaften, erprob-
ten das Ansprechverhalten der Triebwer-
ke und checkten die wichtigsten Systeme
an Bord. Die Falcon 6X erreichte dabei
eine Flughöhe von 12 200 Metern und
eine Geschwindigkeit von Mach 0.8.

FAST 1500 FLUGSTUNDEN

Bis Mai 2023 war das 1480 Stunden und
580 Flüge umfassende Testprogramm
abgeschlossen, verkündete Dassault auf
der EBACE. Drei Flugzeuge waren betei-
ligt, wobei Nummer 2 am 30. April 2021
und die mit einer vollen Kabine ausge-
stattete Nummer 3 am 24. Juni 2021 flo-
gen. Zu den Höhepunkten der umfang-
reichen Versuchskampagne gehörten die
Kältetests in Iqaluit im Februar 2022,
bei Temperaturen von bis zu -37 Grad
Celsius. Im Sommer 22 wurde in der tu-
nesischen Wüste bei Temperaturen von
bis zu 48 Grad Celsius getestet. Im Au-
gust erhielt das PW 812D die EASA-Zu-
lassung. Ein Simulator wurde bei CAE
in Burgess Hill in Betrieb genommen.
Als Antrieb dienen
zwei PW812D.
Der härteste Test von allen war aber
eine Weltumrundung mit der ersten Seri-
enmaschine. Die Kampagne umfasste 50
Flüge über fünf Kontinente, wobei die
Flugstrecke rund 92 000 Kilometer be-
trug. Die 6X absolvierte an manchen Ta-
gen bis zu fünf Flüge. Die längste Etappe
war von Paris nach Los Angeles über
rund 9540 Kilometer (5150 NM)), die
in 11 Stunden und 25 Minuten geflogen
wurde. Geprüft wurde auch das Satcom-
System. Die Konnektivität wurde als
ausgezeichnet bezeichnet, selbst auf den
entlegensten Abschnitten der Route.
„Die Tour war ein strenger Praxistest,
um sicherzustellen, dass Dassault ein
ausgereiftes Produkt mit voller Betriebs-
bereitschaft aller Systeme vom ersten
Tag an liefern kann“, sagte Firmenchef
Éric Trappier. Ob der Hersteller erfolg-
reich war, werden die ersten Kunden
bald selbst beurteilen können. FR

Im Bug sind die Kameras des Sichtsystems

für Schlechtwetterlandungen installiert.

42 FLUG REVUE www.flugrevue.de

Oktober 2023
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 Militärluftfahrt
Iranische F-14

Die iranischen F-14 Tomcat

wurden noch zu Zeiten des
Schahs beschafft.

Abschied
von den Tomcats
Nach fast 50 Dienstjahren sollen die Grumman F-14A Tomcat-Abfang-
jäger der iranischen Luftstreitkräfte bis Mitte 2024 ausgemustert
werden – und dies, obwohl auch die MiG-29B Probleme haben und
die Lieferung von Suchoi Su-35SE sehr unsicher scheint.

44 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de

T
Von BABAK TAGHVAEE
rotz ihres Alters und ihrer
geringen Anzahl bilden die
F-14 Tomcat noch immer
das Rückgrat der Luftverteidigung des
Iran. Ein typisches Beispiel war am 4. Ju-
ni der Schutz der Führung um Staats-
chef Ali Chamenei (Oberster Führer der
Islamischen Republik Iran) und Präsi-
dent Ebrahim Raisi, die zum 34. Todes-
tag von Ruhollah Chomeini an einer Ze-
remonie an dessen Grab im Süden von
Teheran teilnahmen. Dabei waren so-
wohl die iranischen Luftstreitkräfte
(IRIAF) und die IRIADF (iranische
Luftverteidigungskräfte) als auch die
IRGCASF (Luft- und Raumfahrtkräfte
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des Korps der Islamischen Revolutions-
garden) beteiligt.
Zwei Stunden vor Beginn der Rede
Chameneis auf dem Friedhof von Be-
heshte Zahra verließ eine F-14A Tomcat,
eines der drei Exemplare im QRA-Ein-
satz, bewaffnet mit zwei AIM-9J und
zwei AIM-7E-2, die 8th TFB (Tactical
Fighter Base). Mit Unterstützung eines
Boeing 707-3J9C (KC-707) Tankflug-
zeugs, das von Teheran aus geflogen
wurde, führte sie zwei Stunden und 40
Minuten lang eine CAP-Mission (Com-
bat Air Patrol) über Süd-Teheran durch.
Vor der Rückkehr dieser Tomcat zur Ba-
sis verließ eine zweite F-14A, diesmal
bewaffnet mit zwei AIM-9J und zwei
AIM-23B Maghsoud, Isfahan und er-
reichte ihr Einsatzgebiet, um die Verant-
wortung zu übernehmen. Auch sie hatte
eine fast zweistündige CAP mit einer
Luftbetankung.
ENDE OHNE ERSATZ?
Insgesamt scheint die Zahl der noch ver-
fügbaren F-14A inzwischen verschwin-
dend gering zu sein. Jedenfalls wurden
die Tomcats von der jährlichen Parade
zum Tag der Armee im April erstmals
ausgeschlossen: Es gab nicht genügend
flugfähige Maschinen, als dass die IRIAF
Foto: via Babak Taghvaee
mindestens vier von ihnen für die Parade
hätte einsetzen können (drei für eine
Dreierformation und eine als Reserve).
Dies wird auch auf das Missmanage-
ment des Oberbefehlshabers der IRIAF,
FLUG REVUE OKTOBER 2023 45
 Militärluftfahrt
Iranische F-14
Selbst für die jährlichen
Paraden stehen nicht mehr
genügend Flugzeuge bereit.
Hamid Vahedi zurückgeführt. Am 100.
Jahrestag ihrer Gründung leidet die
IRIAF derzeit unter der niedrigsten
Kampfbereitschaft der letzten 44 Jahre.
Nicht nur eine Reihe von flugfähigen
Jagdbombern wurde ausgemustert, auch
bei der Flotte der Transportflugzeuge ist
die Verfügbarkeit von flugfähigen und
einsatzbereiten Flugzeugen gering. Der
Befehlshaber der Luftstreitkräfte will
diese Kampfflugzeuge durch Angriffs-
drohnen ersetzen, die nur leichte, intelli-
gente Bomben mit einem Gewicht von
12,5 – 30 kg einsetzen können!
Seine Bemühungen in dieser Rich-
tung haben wohl zu heftiger Kritik durch
das Personal der Luftwaffe geführt. Um
seine Position an der Spitze der Luft-
46 FLUG REVUE OKTOBER 2023
streitkräfte zu sichern, hat Vahedi – an-
statt die Kampfbereitschaft wiederher-
zustellen – Pläne zur Islamisierung ver-
folgt, indem er das Personal zwang, isla-
mische Veranstaltungen zu besuchen,
und den Bau von Moscheen auf verschie-
denen Luftwaffenstützpunkten anordne-
te.
VIEL AUFWAND
Doch zurück zur Geschichte der Tom-
cat. In den Jahren zwischen 2009 und
2019 gab die IRIAF Millionen von US-
Dollar nicht nur für die Wartung und
Überholung ihrer F-14A aus, sondern
auch, um ihre verlorenen Fähigkeiten
wiederherzustellen und sie mit einer
neuen Lenkwaffe auszustatten. Im Rah-
men eines Projekts mit der Bezeichnung
„Babaei“ rüstete die IRIAF-Organisation
„Anstrengung für die Selbstversorgung
und industrielle Forschung“ (SSJ) im
Überholungszentrum der IRIAF auf der
1st Tactical Fighter Base (TFB) in Tehe-
ran eine Tomcat mit der Seriennummer
3-6049 zur sogenannten F-14AM auf.
Die wichtigste Errungenschaft be-
stand darin, das Hughes AWG-9-Radar
des Flugzeugs wieder in die Lage zu ver-
setzen, Ziele in Bombergröße aus einer
Entfernung von etwa 280 km und Ziele
in Kampfflugzeuggröße aus einer Entfer-
nung von 210 km im Pulse-Doppler-
Suchmodus (PDS) zu erkennen. Um
dies zu erreichen, wurden viele der ver-
alteten Teile – einschließlich der Platinen
www.flugrevue.de
 Die F-14 flogen
ursprünglich in
einem Wüsten-
tarnschema.

DIE LEGENDÄRE TOMCAT STARTETE

BEREITS 1970 ZUM ERSTFLUG.

Zu Zeiten des Kriegs der Prozessoren des Radars und der zu-
gegen den Irak sorgten gehörigen Computer – durch neu ent-
die F-14A für die worfene, erheblich verbesserte Teile mit
Lufthoheit. Über 150 höherer Leistung ersetzt.
Abschüsse gehen wohl Nach dem erfolgreichen Einsatz der
auf ihr Konto. 3-6049 ab Mai 2012 bei der 81. takti-
schen Luftwaffenstaffel, insbesondere
während der Erprobung der neuen Kom-
Fotos: Ali Naderi, Babak Tagvaee, Keyvan Tavakkoli

ponenten der Shahin Havapayeh (einer

modernisierten MIM-23B I-Hawk-Luft-
abwehrrakete), beauftragte die SSJ die
am Projekt „Babaei“ beteiligten Privat-
unternehmen mit der Herstellung weite-
rer Teile für die Modernisierung mehre-
rer anderer F-14A, die sich bei der 8.
TFB Babaei (Khatami) in Isfahan in
Überholung befanden. Darüber hinaus
wurde die Iranian Aviation Industries

FLUG REVUE OKTOBER 2023 47

 Militärluftfahrt
Iranische F-14
Die F-14A sind
immer noch die
leistungsstärks-
ten Kampfjets
des Iran.
DER IRAN ERHIELT INSGESAMT 79 TOMCATS
Organization (IAIO) damit beauftragt,
einen neuen Luft-Luft-Flugkörper als Er-
satz für die AIM-7E-2 Sparrow der Tom-
cats zu entwickeln, die aufgrund ihres
Alters und ihrer Unzuverlässigkeit von
Beginn an keine ausreichenden Kampf-
fähigkeiten boten.
Im Rahmen eines 2011 gestarteten
Projekts mit der Bezeichnung „Fak-
kur-90“ baute die Babaiee Missile Indus-
tries Corporation Komponenten der mo-
dernisierten MIM-23B Shahin in die Zel-
le der Hughes AIM-54A Phoenix-Rakete
ein. Es entstand ein neuer Flugkörper
mit der Bezeichnung AIM-23B Magh-
soud. Dabei handelte es sich um einen
halbaktiven, radarsuchenden Luft-Luft-
Flugkörper mit einer maximalen Reich-
48 FLUG REVUE OKTOBER 2023
weite von 35 bis 45 km. Eine Tomcat
kann maximal sechs davon mitführen.
Insgesamt wurden im Jahr 2018 50 die-
ser Lenkwaffen bestellt, von denen 30
zwischen 2018 und 2021 ausgeliefert
werden sollten. Soweit bekannt, wurden
die Maghsoud nie an einer Tomcat im
QRA-Einsatz gesehen.
AUFRÜSTUNGSPROGRAMM
Im Laufe von zehn Jahren ließ die IRIAF
zehn weitere Tomcats auf F-14AM-Stan-
dard aufrüsten. Die Kampfbereitschaft
der 81st TFS wurde jedoch nie wesent-
lich erhöht. In Isfahan verließ man sich
auf die Kannibalisierung weiterer Flug-
zeuge, um eine kleinere Anzahl von
Tomcats bei der 81st TFS und 83rd TTS
(Tactical Training Squadron) flugfähig
zu halten. In der Folge wurde die Zahl
der flugfähigen Tomcats von 29 im Jahr
2012 auf nur noch 16 im Jahr 2021 re-
duziert.
Da die Ersatzteile für Tomcats trotz
der starken Kannibalisierung der Flotte
rar wurden, stiegen die Wartungskosten
und die Dauer der Überholung. In den
Jahren zwischen 2006 und 2012 dauerte
es durchschnittlich 18 Monate für die
Wartung einer F-14, sogar 24 Monate
bei der IACI (Iranian Aircraft Indust-
ries) Corporation in Teheran. Diese Zeit-
spanne stieg in den Jahren zwischen
2016 und 2022 auf durchschnittlich 30
Monate in Isfahan und drei bis fünf Jah-
re in Teheran.
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Stationiert sind die F-14A auf der Basis Isfahan.
Dort gab es einmal drei Staffeln mit dem Fighter.
Nur noch wenige F-14 sind momentan aktiv.
Somit ging die Zahl der flugfähigen
Tomcats im Dienst der 81st TFS und
83rd TTS erheblich zurück. An der
Übung Fadaeian-e Aseman Velayat-8 im
Januar 2019 waren noch sieben F-14A
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der 81st TFS beteiligt (3-6029, 3-6049,
3-6054, 3-6061, 3-6067, 3-6072 und 3-
6073). Im Jahr 2021 waren es noch vier.
Die Haushaltskürzungen der IRIAF er-
laubten es ihr nicht, im Jahr 2022 eine
Militärübung abzuhalten, so dass nicht
bekannt wurde, wie viele Tomcats bei
der 81st TFS noch verfügbar waren.
Der Oberbefehlshaber der IRIAF,
Brigadier Hamid Vahedi, entschied je-
denfalls im Januar 2023, die Tomcats
auszumustern – und dies, obwohl die
Beschaffung der Su-35SE sehr unsicher
ist. Dabei würde die IRIAF nicht nur die
von der Komsomolsk-on-Amur Aircraft
Production Association (KnAAPO) einst
Fotos: Ali Naderi (2), Keyvan Tavakkoli
für die ägyptischen Luftstreitkräfte ge-
bauten Flugzeuge (die jetzt in der Fabrik
eingelagert werden) benötigen, sondern
auch mehrere Jak-130 und Su-30SME,
um die 81st TFS und 83rd TTS in die
Lage zu versetzen, zukünftige Su-35SE-
Piloten im Iran auszubilden. FR
FLUG REVUE OKTOBER 2023 49
 Militärluftfahrt
USAF-Unfallbericht zu F-35A-Absturz
Die Hill AFB ist ein großer USAF-
Stützpunkt in Utah. Der 388th
Fighter Wing betreibt F-35A.
Absturz
nach Turbulenzen
Falsche Flugdatenwerte bedingt durch Wirbelschleppen
tricksten eine Lockheed Martin F-35A im Landeanflug auf
die Hill Air Force Base aus und führten zum Absturz.
N
ach dem jüngst veröffentlichten
Unfallbericht der US Air Force
kehrten am 19. Oktober letzten
Jahres vier F-35A der 421st Fighter
Squadron nach einem ereignislosen Trai-
ningsflug zur Hill AFB zurück, um auf
der Bahn 14 von Nordwesten kommend
zu landen. Das Unfallflugzeug war die
Nummer drei in der Formation und für
die herrschenden Windbedingungen
trotz Warnung mit 1000 Metern zu nahe
am Vordermann. Beim Endanflug ver-
spürte der Pilot ein leichtes Rumpeln,
das durch die Wirbelschleppen des vor-
ausfliegenden Flugzeugs verursacht wur-
de. Der Flugdatenschreiber zeichnete
zwei Zeiträume auf, in denen das Flug-
zeug offenbar in die Wirbel der voraus-
fliegenden F-35 geriet, und zwar nach
dem Ausfahren des Fahrwerks um
18:07:44 Uhr und dann wieder für drei
Sekunden um 18:08:27 Uhr.
50 FLUG REVUE
OKTOBER 2023
Der Pilot bemerkte um 18:08:29 eine
AIR-DATA-DEGD-Warnung. Visuelle
und akustische Benachrichtigungen zeig-
ten an, dass eine oder mehrere Luftda-
tenquellen beeinträchtigt waren. Dies
war der erste Hinweis für den Piloten,
dass etwas Ungewöhnliches mit dem
Flugzeug vor sich ging. Die F-35A re-
agierte nicht korrekt auf die Steuerein-
gaben. Daraufhin wählte der Pilot um
18:08:30 Uhr die volle Nachbrennerleis-
tung, um die Landung abzubrechen.
FALSCHE DATEN
Allerdings reagierte die Maschine weiter-
hin nicht wie erwartet auf die Eingaben.
Um ca. 18:08:33 Uhr, drei Sekunden
nach dem Verlassen der Wirbelschleppe,
rollte das Flugzeug scharf nach links. Um
18:08:35 setzte der Pilot den Steuerstick
voll ein, um der Rollbewegung entgegen-
zuwirken. Da weiterhin keine korrekte
Reaktion auf die Steuereingaben erfolg-
te, griff der Pilot um etwa 18:08:36 Uhr
zur Schleudersitzauslösung. Er konnte
sich somit aus einer Höhe von rund 60
Metern über Grund retten, während das
Flugzeug mit vollem Nachbrenner auf
den Boden krachte. Es entstand ein grö-
ßeres Trümmerfeld, das sich innerhalb
der Flugplatzgrenzen befand.
Zum Zeitpunkt dieses Unfalls hatte
die F-35-Flotte bereits über 600 000
Flugstunden absolviert, und es waren
keine ähnlichen Vorfälle bekannt, bei de-
nen sich Wirbelschleppen auf das Luft-
datensystem (ADS) ausgewirkt hätten.
Diesmal war es jedoch anders: Jedes
Mal, wenn das rechte Staurohr wegen
der Turbulenzen Werte außerhalb der er-
warteten Limits lieferte und somit nicht
beachtet wurde, wechselte das ADS von
der primären Quelle zur Back-up-Daten-
quelle, um seine Flugparameter zu be-
werten. Und jedes Mal wich die Bewer-
tung der eigenen Flugbedingungen wei-
ter von der tatsächlichen Fluglage ab.
Ursache dafür: Ein als „Sump“ bezeich-
neter Wert wird hinzugerechnet, um die
Flugsteuerungsbewegungen beim Wech-
www.flugrevue.de
sel zwischen Primär- und Back-up zu
glätten. Diese „Sump”-Werte klingen bei
einem einzigen Input-Wechsel normaler-
weise über vier Sekunden ab. Diesmal
war der mehrfache Wechsel aber so
schnell, dass sie sich addierten.
Im Ergebnis führte das Kontrollsys-
Der Pilot rettete sich aus 60 Metern Flughöhe
4900
Der Pilot stieg aus, als das Flugzeug
schon fast auf den Rücken gerollt
Ausschuss-
war. Entsprechend wurde er seitlich
4850 herausgeschleudert. Der Flugplatz Sequenzer

Höhe AMSL (Z-Achse) [ft]

tem falsche Bewegungen der Flugsteue- Hill liegt 1430 m (4700 ft) hoch. aktiviert
rungsflächen aus und missachtete die Sitz-Mann-Trennung
Eingaben des Piloten. Letztendlich führ-
te der Unterschied zwischen den tatsäch- 4800
lichen Flugbedingungen und den vom
System entsprechend den in der Soft-
ware programmierten Steuergesetzen Fallschirm entfaltet
veranlassten Steuereingaben zu einem 4750
Zustand, in dem das Flugzeug nicht Sitz
mehr kontrollierbar war. Dies wurde Boden- Notfallpack gelöst Besatzung
auch im Simulator bestätigt: Jeder Ver- aufprall
Ereignisse

P
such, die Pannensequenz nachzubilden, bei 4,65s

P
4700
führte dazu, dass die F-35 außer Kont- 250 200 150 100 50 0 [ft]
rolle geriet. Ein zufällig anwesender F-
35-Testpilot erklärte: „... als die Oszilla-
tionen auftraten, sah ich wirklich große Planer Sensor rechts
Bewegungen der Steuerflächen, ... die Staurohr rechts
sich alle ziemlich schnell zu bewegen
schienen, wahrscheinlich an ihren Ge-
schwindigkeitsgrenzen. … Normalerwei- Das rechte
se liegt unser Grenzwert für die Querla- Staurohr der
ge im Power Approach bei 8 Grad. F-35 lieferte
Wenn ich also 30 bis 40 Grad sehe, gibt wegen des
es keine Möglichkeit zur Kontrolle, und Einflugs
dann rollt die F-35 natürlich schnell in Wirbel-
nach links weg.“ FR Zielsystem-Verglasung P schleppen
vorn
KARL SCHWARZ falsche Daten.

Als die Schräglage nicht

mehr korrigierbar war,
stieg der Pilot aus.
Fotos: USAF

www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023 51

 Militärluftfahrt
Davis-Monthan AFB
AFSOC setzt auf
„Power Projection Wings“
Das Air Force Special Operations Command restrukturiert derzeit
viele seiner Verbände in drei sogenannten „Power Projection
Wings“, um besser für regionale Einsätze gerüstet zu sein.
as AFSOC verwendet bereits den
Begriff „Machtprojektion“, um
seine Fähigkeit zur Durchfüh-
rung von Operationen in Übersee zu be-
schreiben. Neu ist jedoch, dass das Kom-
mando seine Geschwader durch einen
Mix an Flugzeugen befähigen will, viel-
fältige Mission zu übernehmen: von der
Überwachung bis zu Angriffen auf Bo-
denziele. Jedes der Geschwader soll zu-
dem lose mit einem Kommando in Über-
see verbunden sein, wie dem US Euro-
pean Command oder dem US Central
Command. Damit soll beim Personal re-
gionales Fachwissen aufgebaut werden,
um besser auf spezielle Gegebenheiten
vorbereitet zu sein.
Betroffen sind offenbar der 1st Spe-
cial Operations Wing in Hurlburt Field
(Florida), der 27th SOW in Cannon AFB
(New Mexico) und der 492nd Special
Operations Wing. Letzterer wird nun
von Hurlburt Field nach Davis-Monthan
AFB (Arizona) verlegt. Dort wird sozu-
sagen ein neues Kapitel aufgeschlagen,
da sich die US Air Force darauf vorbe-
reitet, ihre A-10C Thunderbolt II bis
zum Ende des Jahrzehnts auszumustern.
Konkret sollen nun die 47th Fighter
Squadron (24 A-10), die 354th Fighter
Squadron (26 A-10) und die 357th Figh-
ter Squadron (28 A-10) aufgelöst und
52 FLUG REVUE Oktober 2023
Die U-28 Draco (Pilatus PC-12)
werden ausgemustert.
Zwei MC-130J-Staffeln
gehören zum neuen
Geschwader.
ihre Thunderbolts außer Dienst gestellt
werden. Die 47th FS und die 357th FS
werden die formale A-10-Ausbildung
bis zur Außerdienststellung fortsetzen,
heißt es.
Neben der Umstrukturierung sieht
das AFSOC für die Verlegung des Spe-
cial Operations Wing nach Davis-Mon-
than noch weitere Vorteile. So liegt zum
Beispiel die Barry M. Goldwater Range
für das Training ganz in der Nähe. Und
in Arizona sollte der Verband auch weni-
ger von Hurrikans und anderen Natur-
katastrophen gefährdet und somit jeder-
zeit für Missionen verfügbar sein.
Der Aufbau des neuen 492nd Power
Projection Wing erfordert eine Reihe
von Verlegungen. Die endgültige Ent-
scheidung hängt dabei noch vom Ab-
schluss der Umweltverträglichkeitsprü-
fungen ab. Betroffen sind:
 Eine Armed-Overwatch-Staffel, die
OA-1K (umgebaute Sprühflugzeuge)
erhalten und ihre U-28 Draco abgeben
wird
 Eine MC-130J-Commando-II-Staffel
Bei den OA-1K handelt es
sich um umgebaute Sprüh-
flugzeuge von Air Tractor.
Fotos: L3 Harris (1), USAF
wird von der Cannon AFB zur Davis-
Monthan AFB verlegt
 Eine zusätzliche MC-130J-Staffel wird
auf der Davis-Monthan AFB aktiviert
 Die 21st Special Tactics Squadron
wird vom Pope Army Airfield
(North Carolina) verlegt
 Die 22nd Special Tactics Squadron
wird von der Joint Base Lewis-Mc-
Chord (Washington) zur Davis-Mon-
than AFB verlegt
 Die 492nd Theater Air Operations
Squadron wird in Duke Field aktiviert
und zur Davis-Monthan AFB verlegt
 Die 34th Weapons Squadron und die
88th Test and Evaluation Squadron
werden von der Nellis AFB, Nevada,
zur Davis-Monthan AFB verlegt (fünf
HH-60W Jolly Green II)
Alle Maßnahmen sollen in den nächsten
fünf Jahren abgeschlossen sein. Davis-
Monthan wird dann auch weiterhin rund
11 000 Personen beschäftigen, also ge-
nauso viele wie heute, obwohl sich die
Missionen geändert haben. FR
KARL SCHWARZ
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 Freundeskreis Luftwaffe

Sea Lynx

Editorial
Sehr geehrte Leserinnen

Besuch in Nordholz
und Leser, verehrte Mitglieder!

Nach wie vor beschäftigt

uns das Personalkarus-
sell. Ich freue mich über
jeden aktiven Soldaten,
Ein Besuch des Freundeskreises führte zum Stützpunkt der
den wir in den Vorstand Marineflieger in Nordholz. Dort sind sowohl das MFG 3 als
aufnehmen können. Sie
bringen uns näher an die
auch das MFG 5 stationiert.
Truppe, verbessern In-
formationsflüsse und verjüngen unseren
Vorstand. Aber zugleich bringen sie auch von U-Booten im Rahmen des NATO-
ungewollt eine Unstetigkeit aufgrund der Auftrages dient, wird die bei den Piloten
Fotos: Freundeskreis Luftwaffe, Tschörtner

für Soldaten typischen Versetzungshäu- sehr beliebte Do 228 zu Ölaufklärungs-

figkeit. So mussten wir als Folge von Per- flügen an 365 Tagen im Jahr über der
sonalmaßnahmen abermals Positionen Nordsee genutzt. Ab 2025 soll die Ein-
im Vorstand neu besetzen. Herr Riedel, führung der neuen Seeaufklärer Boeing
Angehöriger der Sektion Nörvenich, hat P-8A Poseidon erfolgen.
sich dankenswerterweise zur Verfügung Beim MFG 5 liegt der Schwerpunkt
gestellt, um die Nachfolge für unseren bei den Drehflüglern mit den Mustern
ausscheidenden militärischen Vizepräsi- Westland Sea King und Sea Lynx, die zu
denten Oberstleutnant Brehmer zu über- SAR-Einsätzen und zur Nutzung auf den
nehmen. Oberstleutnant Brehmer danken
wir für sein Engagement und wünschen
ihm alles Gute und viel Erfolg auf seinem
E inführend erfolgte ein ausführlicher,
sehr informativer und kurzweilig ge-
stalteter Vortrag über die Aufträge der
Schiffen der Bundesmarine dienen. Auch
hier läuft derzeit eine Umrüstung auf die
neuen Muster Sea Lion / Sea Tiger.
weiteren Werdegang. beiden Geschwader sowie die Geschich- Im Static Display wurden uns der Be-
Ich freue mich auch sehr über die Mel- te des Standortes. Bereits im Jahre 1912 trieb und technische Details der P-3C er-
dung eines Mitglieds aus Chemnitz: Herr wurde hier ein Luftschiffhafen gebaut läutert. Dabei gab es die Möglichkeit zur
Fred Künzel hat sich bereit erklärt, die und anschließend im Ersten Weltkrieg Besichtigung der Kabine einer Übungs-
Nachfolge von Herrn Appelt in der Lei- genutzt. Weiter erfolgten Verwendungen variante. Im Anschluss konnten in der
tung der Sektion Dresden anzutreten. durch die Luftwaffe, nach Kriegsende Wartungshalle einige Sea Lynx besichtigt
Nach der Urlaubszeit werden wir die die Royal Air Force und die USAAF. Im werden. Hier gab es ebenfalls eine sehr
formalen Schritte dazu einleiten. Ich Jahre 1958 übernahm die Bundesmarine ausführliche Beschreibung der Aufgaben
hoffe, damit den Personalreigen dieses Nordholz. und technischen Einzelheiten des Sea
Jahres abschließen zu können. Das Marinefliegergeschwader 3 „Graf Lynx. Abgerundet wurde dieser Besuch
Es wird auch Zeit, dass wir uns schwer- Zeppelin“ betreibt die beiden Flugzeug- durch den Start zweier Sea Lynx. Danach
punktmäßig auf unseren eigentlichen muster Do 228 und Lockheed P-3C Ori- gab es ein Mittagessen sowie die Mög-
Vereinszweck konzentrieren und Ihnen on. Während die P-3C Orion zu Aufklä- lichkeit zum Fachsimpeln.
ein attraktives Programm, bestehend aus rungsflügen über See und zur Verfolgung ANDRE TSCHÖRTNER
Besuchen und Vorträgen, anbieten kön-
nen. Dies war Ihre Forderung bei der
Mitgliederversammlung. Hinsichtlich des Zum Geburtstag
Besuchsprogramms bitte ich um Ver- Im Namen des Vorstands gratuliert Präsident Hermann Muntz den folgenden Jubilaren,
ständnis, dass die in der letzten Ausgabe die im Oktober Geburtstag haben, ganz herzlich:
der FLUG REVUE im Bericht zu Air De- Josef Biereder (81), Lutz Braunert (80), Wilhelm Dannheim (85), Burkhard Duns (81),
fender 23 dargestellte, sehr hohe Einsatz- Wilhelm Jeschke (75), Michael Kahlert (60), Bruno Kohlenbach (60), Richard Kölling (82),
belastung der Luftwaffe die Möglich­ Peter Koste (83), Jürgen Kottwig (81), Udo Kruzel (70), Josef Hermann Kunz (85),
keiten der Verbände spürbar einschränkt. Thomas Menge (70), Heinz Mester (90), Manfred Philipp (86), Rolf-H. Portz (83),
Manfred Purucker (85), Hans Georg Schüssler (88), Harald Strobel (60), Rainer Wessler
Hermann Muntz, (81), Detlef Wibel (87), Anita Wittner (75), Haluk Taysi (82).
Brigadegeneral a. D.

54 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de

 Freundeskreis-Stand beim Präsidium
Tag der Bundeswehr Präsident
Im Juni waren Mitglieder der Sektion Wunstorf Brigadegeneral a. D. Hermann Muntz
E-Mail: praesident@fklw.de
stellvertretend für den Freundeskreis Luftwaffe
e. V. mit einem Stand beim Tag der Bundes- Vizepräsidenten
wehr auf dem Heereflugplatz Bückeburg vor Oberstleutnant Sebastian Brehmer
Ort. Die Besucher bewunderten nicht nur die Diplomingenieur Stefan Klopp
Vertriebsdirektor Clemens Teuchert
Hubschrauber und die Flugvorführungen, son-
dern nutzten gerne die Gelegenheit zu einem Generalsekretär
persönlichen Gespräch mit den Mitgliedern der Chris Scheumann

Foto: Tschörtner
Tel.: 0163/9265815
Sektion Wunstorf. Es wurden viele interes-
E-Mail: generalsekretaer@fklw.de
sante Gespräche geführt und neue Kontakte
geknüpft.  Petra Uhlherr Schatzmeister
Jürgen Jaacks
E-Mail: finanzen@fklw.de

Ein Rundgang durch die Referentin für Presse- und

Öffentlichkeitsarbeit
Militärgeschichtliche Sammlung Lechfeld Petra Uhlherr
Tel.: 0163/3418142
Die Sektion München hatte die Gelegenheit, die Militärgeschichtliche Sammlung Lechfeld zu besich­ E-Mail: presse@fklw.de
tigen. Während einer detailliert aufbereiteten, abwechslungsreichen und mit Anekdoten aufgelocker-
ten Führung wurde mittels einer Vielzahl seltener Ausstellungsstücke die Geschichte des Standortes
präsentiert. Diese erstreckte sich zunächst vom größten königlich bayerischen Truppenübungsplatz
hin zum im Ersten Weltkrieg angelegten Fliegerhorst mit Flugschule. Hier lernten die Pilotenschüler
Geschäftsstelle + Sektionen
gemäß Prüfungsordnung „ein Flugzeug so zu landen, dass es danach in startfähigem Zustand bleibt“.
Mitgliederverwaltung, Finanzver­-
Mit der Wiederaufrüstung Deutschlands nach 1933 wurde das Lechfeld wieder als Fliegerhorst waltung, allgemeine Administration:
verwendet und zum Kriegsende noch zur Erprobung und zum Einsatz der Me 262 genutzt. Nach Verwaltungsleiter: Christopher Hofmann
Übergabe des Lechfeldes von den Amerikanern an die Bundeswehr schritt das Jetzt-Zeitalter fort und Tel.: 02203/96191-28
das Jagdbombergeschwader 32 setzte hier die F-84F, die F-104G und bis zur Außerdienststellung E-Mail: verwaltung@fklw.de
des Geschwaders im Jahr 2013 den Veranstaltungen Planung/Anmeldung:
Tornado ein. Ein weiterer Teil der Veranstaltungsreferent: Matthias Hilden
in mehreren Gebäuden inklusive Tel.: 0157/36393046
E-Mail: veranstaltungen@fklw.de
Außenbereich untergebrachten
und chronologisch strukturierten Sektion Bensheim
Ausstellung befasst sich mit der Leitung: Jürgen Sanner
Technischen Schule der Luftwaffe Stellvertretung: Dr. Thomas Wagner
Tel.: 02203/96191-22
2 und deren Nachfolgerin, der
Foto: Freundeskreis Luftwaffe

Termine
Sektion Bensheim
20. September: Vortrag zum Thema Tornado,
Oberstleutnant Daniel Lipp, FLB Ausbildungs-
und Taktikgruppe, FlgGrp TaktLwG 33 (18:30
– 20:00 Uhr)
Anmeldung ausschließlich über die Sektion
Bensheim möglich, per E-Mail: bensheim@
fklw.de oder Tel: 02203/96191-22
14. Oktober: Techniktag (10 bis 16 Uhr) im
Sanner Forum mit Führungen und Shows im
Flight Champions Museum. Eine Anmeldung ist
nicht erforderlich.
Ein detaillierter Zeitplan wird auf der Homepage
des Fklw e. V. sowie auf Facebook und Instagram
noch zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.
www.flugrevue.de
E-Mail: bensheim@fklw.de
Führungsunterstützungsschule. Ein
grober Überblick über die Militärge- Sektion Berlin
schichtliche Sammlung Lechfeld ist Leitung: Günther Hoffmann
Stellvertretung: Andreas Bonstedt
über einen virtuellen Rundgang auf Tel.: 02203/96191-25
deren Homepage unter www.mgs- E-Mail: berlin@fklw.de
lechfeld.de möglich. K. J. Schmidt
Sektion Dresden
Leitung: derzeit nicht besetzt
Stellvertretung: derzeit nicht besetzt
Sektion Wunstorf Tel.: 02203/96191-24
E-Mail: dresden@fklw.de
19. Oktober 2023: Besuch des Waffensystem­
Sektion München
unterstützungszentrums 2 in Diepholz
Anmeldung ausschließlich über die Sektion Leitung: Dr. Klaus-Jürgen Schmidt
Wunstorf möglich, per E-Mail: wunstorf@
Stellvertretung: Heinz Gerrits
Tel.: 02203/96191-27
fklw.de oder Tel: 02203/96191-23 E-Mail: muenchen@fklw.de
Sektion München Sektion Nörvenich
Leitung: Marc Rosenkranz
5. Oktober: Gleitfallschirmeinsatzverfahren Stellvertretung: Petra Uhlherr
von der Stunde null bis zur Einsatzreife, ab Tel.: 02203/96191-26
18:30 Uhr vorgestellt von Herrn StabsHptm E-Mail noervenich@fklw.de
a. D. Helmut Schlecht inkl. einer Demonstration
Sektion Wunstorf
zweier Fallschirmsysteme (automatische Leitung: Esther Bruns
Zwangsauslösung u. Gleitfallschirmsystem). Stellvertretung: Andre Tschörtner
Anmeldung ausschließlich über die Sektion Tel.: 02203/96191-23
München möglich, per E-Mail: muenchen@ E-Mail: wunstorf@fklw.de
fklw.de oder Tel: 02203/96191-27
Freundeskreis Luftwaffe: Aufnahmeantrag
siehe Kleinanzeigenmarkt
 Briefing
Luft- und Raumfahrt von A bis Z
Elektromagnetische
Interferenz
Wer kennt es nicht: Schon fast auto-
matisch schaltet man sein Mobiltelefon
kurz vor dem Start in den Flugmodus.
Der Grund liegt im Kürzel EMI, das für
die elektromagnetische Interferenz steht.
So wird nämlich die Betriebsstörung ei-
nes elektrischen oder elektronischen Ge-
rätes genannt, wenn es vom elektromag-
netischen Feld eines anderen Gerätes im
selben Funkfrequenzbereich beeinflusst
wird. Einfaches Beispiel: Man hält sein
Mobiltelefon an einen Lautsprecher und
erzeugt so Töne. Solche Interferenzen
können die Funktion elektrischer Geräte
stören, zu Datenverlust führen oder im
Extremfall das Komplettversagen zur
Folge haben. Das darf natürlich an Bord
eines Flugzeuges mit seiner Vielzahl von
elektronischen Systemen nicht passie-
ren. Ob Flugsteuerung, Bildschirme oder
Autopilot, ohne Computer geht nichts in
der Luftfahrt.
Bei Breitband-Frequenzen kann das
problematisch werden: Kommunikation
Foto: USAF
Die US Air Force untersucht in Edwards den Strahlungseinfluss auf Flugzeuge.
58 FLUG REVUE OKTOBER 2023
und Navigation im Flugzeug laufen in be-
stimmten, zugewiesenen Frequenzberei-
chen, um sicherzustellen, dass sie mitein-
ander kommunizieren, ohne andere
Komponenten zu beeinflussen. In der
Flugsicherung kommen VHF-Signale
(Very High Frequency) zum Einsatz, wie
sie auch Mobilfunknetze und -geräte nut-
zen. So könnten aktiv sendende Telefone
an Bord im selben Frequenzband Überla-
gerungen und Störungen in der Kommu-
nikation entstehen lassen. Die persönli-
chen Geräte an Bord sind aber nur die
Spitze des Eisbergs, denn im Einsatz ist
ein Flugzeug einem wahren Dschungel
aus externen elektronischen Signalen
von Radarstationen, Funkmasten, Über-
tragungsstationen und Ähnlichem ausge-
setzt. Auch innerhalb des Flugzeugs darf
etwa das Bordunterhaltungssystem nicht
Einfluss auf andere Bereiche haben. Alle
Verbindungen der Systeme müssen des-
halb entsprechend abgeschirmt und gefil-
tert sein.
FOLGE 099
Zu den künstlichen Phänomenen
kommt die Naturgewalt in Form von
Blitzen hinzu. Studien gehen davon aus,
dass ein Flugzeug im Schnitt pro Jahr ein
bis zwei Mal vom Blitz getroffen wird.
Der steigende Einsatz von Kohlefaser-
verbundwerkstoffen führt außerdem da-
zu, dass die Struktur mitunter nicht
mehr als Faraday’scher Käfig wirkt und
wichtige Systeme besonders zu schützen
sind. Zur Zulassung neuer Produkte
müssen die Hersteller die entsprechende
Widerstandsfähigkeit nachweisen. Hoch-
intensive Strahlungsfelder (HIRF) und
indirekte Blitzeffekte (im Gegensatz zu
direkten Effekten, die physikalische
Schäden erzeugen) sind zwei der Berei-
che, die die Standards der Zertifizie-
rungsbehörden zu erfüllen haben.
Daher gehören EMI-Tests während
der Entwicklung eines neuen Musters
zum Standardprogramm. Hier spielen
3-D-Computersimulationen eine wichti-
ge Rolle, auch wenn die Rechenmodelle
weiterhin mit Versuchen abgeglichen
werden. Gerade in der militärischen
Luftfahrt – hier verkomplizieren mögli-
che Störsignale des Gegners die Lage zu-
sätzlich – dienen dazu unter anderem
große Spezialkammern. Auf der Ed-
wards AFB betreibt die 772nd Test
Squadron der US Air Force beispielswei-
se die größte schalltote Kammer der
Welt, in der sich die Einflüsse von Signa-
len verschiedenster Art auf komplette
Flugzeuge untersuchen lassen. Insge-
samt dürfte die Bedeutung der elektro-
magnetischen Verträglichkeit im Rah-
men der zunehmenden Elektrifizierung
der Luftfahrt in Zukunft weiter zuneh-
men. FR
PATRICK HOEVELER
www.flugrevue.de
 Triebwerke
EXTRA
Leicht, zuverlässig, sparsam: wie moderne
Turbofans technologische Grenzen ausloten

KLEINE KRAFTPAKETE
Schub und Ausdauer für die
großen Business Jets
Fotos: Bombardier Inc., CFM International, Rolls-Royce (2)

FLIEGENDE TESTSTÄNDE
Warum Flugtests für neue
Triebwerke so wichtig sind

OPEN FAN VS. GETRIEBEFAN 2.0

So sparsam sollen die Antriebe
für künftige Narrowbodies sein
Triebwerke-EXTRA
Triebwerke für Business Jets

Rolls-Royce behauptet mit seiner neuen Pearl-

Triebwerksfamilie die Führungsposition bei den
zweistrahligen Premium-Business-Jets. Doch
auch andere Hersteller haben sich mit modernen
Turbofans am Markt etabliert. Eine Übersicht.

Upper Class
D
Von ULRIKE EBNER

ie Business Aviation ist

Rolls-Royce Pearl 15
Rolls-Royce präsentierte 2018
überraschend das erste, bereits
zertifizierte Triebwerk der neuen
Familie, Pearl 15. Es ist seit Septem-
ber 2019 an den Bombardier-Jets
Global 5500 und 6500 im Dienst.
ein „heißer Markt“, sagt
Dirk Geisinger, CEO von
Rolls-Royce Deutschland. „Wir haben
uns innerhalb von sechs Monaten [nach
Beginn der Pandemie; d. Red.] erholt
und waren wieder auf dem Flugniveau
von 2019. Seitdem sind wir um 20 Pro-
zent gewachsen“, so Geisinger bei einem
Briefing im Juni in Dahlewitz, wo der
Triebwerkshersteller seine Business-Jet-
Antriebe entwickelt, testet und baut.
Für den Branchenprimus Rolls­-Royce
läuft es derzeit besonders gut. Der
Marktanteil bei Antrieben für Langstre-

Blisk-Fans, wie jener des

Pearl 10X, sind leichter
und belastbarer als
beschaufelte Bläser.

60 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de

Rolls-Royce Pearl 10X
Das jüngste und mit mehr als

Fotos: Bombardier, Dassault Aviation,

80 kN Schub stärkste Mitglied
der Pearl-Familie entwickelt
Rolls-Royce für den Dassault-
Ultralangstrecken-Jet Falcon 10X.

Rolls-Royce (2)
Das Pearl 10X verfügt über
3-D-gedruckte Brennkammer­
kacheln.
Triebwerke-EXTRA
Triebwerke für Business Jets
cken- und Ultralangstrecken-Business-
Jets liegt bei etwa 60 Prozent. Und er
wird wohl weiter steigen, wenn die von
Rolls-Royce angetriebenen Gulfstream
G700 und G800 sowie das neue Das-
sault-Flaggschiff Falcon 10X Ende 2023,
2024 und Ende 2025 in Dienst gehen.
Wichtiger Erfolgsfaktor: die neue
Pearl-Triebwerksfamilie, die seit 2018
die Nachfolge der in die Jahre gekomme-
nen BR710 und BR725 angetreten hat.
Bisher umfasst sie das Pearl 15 (Bom-
bardier Global 5500/6500), das Pearl
700 (Gulfstream G700/G800) und das
Pearl 10X (Dassault Falcon 10X). Sie
alle basieren auf dem Advance2-
Forschungsprogramm, das
seit 2014 neue Techno-
logien wie den eintei-
ligen Blisk-Fan, ei-
nen zehnstufigen,
aerodynamisch
optimierten
Hochdruckver-
dichter (mit sechs
Titanaluminid-
Blisks) sowie Ele-
mente aus kerami-
schen Faserverbund-
werkstoffen (CMC)
hervorgebracht hat. Da-
bei werden auch Erfah-
rungen aus den zivilen Groß-
triebwerken genutzt, beispielsweise
für die neue Magerbrennkammer sowie
die Schaufel- und Gehäusekühlung der
Hochdruckturbine.
Der jüngste und bisher stärkste
Spross der Triebwerksschmiede in Dah-
lewitz ist das Pearl 10X. Es liefert mehr
als 80 kN Startschub. Genaue Werte
werden auf Wunsch von Dassault nicht
verraten. Die Falcon 10X ist der erste
Business Jet des französischen Herstel-
lers, der auf Rolls-Royce-Triebwerke
setzt. Der Turbofan soll noch dieses Jahr
von Tucson, Arizona, aus Flugtests an
der firmeneigenen Boeing 747-200 be-
ginnen. Rund 1500 Teststunden hat das
Programm schon am Boden absolviert
(inklusive Advance2-Demonstrator).
Was den Durchmesser des Blisk-Fans
(1,32 m) und die Anzahl der Turbinen-
Stufen (zwei Stufen Hochdruckturbine
ohne Deckbänder, vier Stufen Nieder-
druckturbine) angeht, zieht das Pearl
10X gleich mit dem Pearl 700. Im Pearl
62 FLUG REVUE OKTOBER 2023
GE Aerospace Passport
Das neue Bombardier-Flaggschiff
Global 8000 (8000 nautische
Meilen Reichweite, Mach 0.94)
setzt auf das schubstarke
Passport 20 von GE
Aerospace.
Nach einem
dreijährigen Test-
programm wurde das
Triebwerk 2016 zugelassen.
Fotos: Bombardier, GE Aviation (2), Gulfstream
Aerospace, Pratt & Whitney Canada
10X kommen aber eine Brennkammer
mit 3-D-gedruckten Elementen sowie
ein neues Hilfsgetriebe zum Einsatz.
Das Pearl 10X liegt am oberen Ende
des Rolls-Royce-Portfolios und ist die
Antwort des deutschen Herstellers auf
die Passport-20-Reihe von GE Aero-
space, die 2018 in Dienst ging. Beim
Passport setzt GE auf ein verkleinertes
LEAP-Kerntriebwerk, das der US-Her-
steller zusammen mit Safran Aircraft
Engines entwickelt hat. Weitere Techno-
logien aus der zivilen Triebwerkssparte
fanden Eingang, zum Beispiel eine Nied-
rig-Emissions-Brennkam-
mer (wie beim GP7000
des Airbus A380)
und ein Bläsergehäu-
se aus Verbund-
werkstoffen (wie
bei GE90 und
GEnx). GE brach-
te zudem kerami-
sche Verbundwerk-
stoffe, unter anderem
im Abgasmischer, ins Spiel
und setzte früher als Rolls-Royce auf ei-
nen Blisk-Fan. Für die starken Passport-
Triebwerke gibt es bislang aber nur zwei
Anwendungen: die Bombardier Global
7500 und Global 8000.
Einen Blisk-Fan sowie Technologien
aus zivilen Triebwerken nutzt auch Pratt
& Whitney Canada für seine PW800-Fa-
www.flugrevue.de
 Pratt & Whitney Canada
PW812GA
Gulfstreams neuer Einstiegsjet G400
wird vom PW812GA angetrieben.
Das Triebwerk erhielt im September
2022 die Zulassung.

Turbofan-Triebwerke für Business Jets (30 bis 85 kN)

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GE Aerospace
Passport 20-17BB1A 78,9 kN
Bombardier Global 7500/8000
Passport 20-18BB1A 82 kN 1,32 m 3,37 m 5,6 2066 kg
3 + 10 / 2 + 4 (Zulassung für letztere für 2025 erwartet)
Passport 20-19BB1A 84,2 kN
CF34-3B1 38,8 kN 1,12 m 2,61 m 6,2 757 kg Bombardier Challenger 650
Honeywell
HTF7350B 33,5 kN 0,87 m 2,28 m 4,2 696 kg Bombardier Challenger 350/3500
HTF7250G 34,5 kN 0,87 m 2,28 m 4,2 696 kg Gulfstream G280
5 (4 axial,
HTF7500E 33,9 kN 0,87 m 2,28 m 4,2 687 kg 1 radial) / 2 + 3 Embraer Legacy 450/500 und
Praetor 500/600
HTF7700L 34 kN 0,87 m 2,28 m 4,2 696 kg Cessna Citation Longitude
Pratt & Whitney Canada
Dassault Falcon 6X
PW812D 61,6 kN 1,12 m 2,87 m k. A. 1237 kg 2+8/2+4
(Zulassung für 2023 erwartet)

Gulfstream G400
PW812GA 61 kN 1,12 m 2,87 m k. A. 1237 kg 2+8/2+4
(Zulassung für 2024 erwartet)

PW814GA 68,6 kN 1,30 m 3,31 m k. A. 1408 kg 2+8/2+5 Gulfstream G500

PW815GA 71,2 kN 1,30 m 3,31 m k. A. 1408 kg 2+8/2+5 Gulfstream G600
3 + 5 (4 axial,
PW308C 31,1 kN 0,82 m 2,18 m 4,24 624 kg Dassault Falcon 2000LXS
1 radial) / 2 + 3
Rolls-Royce
AE3007A2 42 kN 0,98 m 2,92 m 5 763 kg 14 / 2 + 3 Embraer Legacy 650E
Rolls-Royce Deutschland
BR700-710-D5-21 (Pearl 15) 67,8 kN 1,23 m 4,8 m 4,8 1829 kg 10 / 2 + 3 Bombardier Global 5500/6500
BR700-725A1-12 75,2 kN 1,27 m 3,3 m 4,4 1635 kg 10 / 2 + 3 Gulfstream G650/G650ER
Gulfstream G700/G800 (Zulassung
BR700-730B2-14 (Pearl 700) 81,2 kN 1,32 m 3,27 m 5,2 1617 kg 10 / 2 + 4
für Ende 2023 / Anfang 2024 erwartet)

Dassault Falcon 10X

Pearl 10X > 80 kN 1,32 m k. A. k. A. k. A. 10 / 2 + 4
(Zulassung für 2025 erwartet)

www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023 63

Triebwerke-EXTRA
Triebwerke für Business Jets
milie, die in der 70-Kilonewton-Klasse
angesiedelt ist. „Das Herzstück des
PW800 ist die langlebige, streng geteste-
te Kerntechnologie, die mit den GTF-
Triebwerken für Verkehrsflugzeuge von
Pratt & Whitney geteilt wird“, sagt Ced-
ric Gauthier, Director Sales and Marke-
ting Business Aviation bei Pratt & Whit-
ney Canada. Neben dem Kerntriebwerk
des PW1500G (Airbus A220) wurde
auch die TALON-X-
Brennkammer aus
dem GTF-Programm
adaptiert. Verzichtet
wurde hingegen unter
anderem aus Gewichts-
gründen auf ein Unter-
setzungetriebe.
Das erste Trieb-
werk der Familie,
das PW814GA, ging
im September 2018 an
der Gulfstream G500 in
Dienst, das PW815GA
folgte ein knappes Jahr
später an der G600. Seit-
dem hat Pratt & Whitney
Canada Aufträge für die Motorisierung
weiterer neuer Business Jets erhalten:
die Dassault Falcon 6X und die
Gulfstream G400. Dafür hat der kanadi-
sche Triebwerkshersteller die PW800-
Familie um die Varianten PW812D und
PW812GA mit je rund 61 kN Schub er-
gänzt. Sie enthalten die neuesten digita-
len Triebwerkssteuerungen (FADEC)
sowie Health-Monitoring-Systeme.
In niedrigeren Schubbereichen zwi-
schen 30 und 35 Kilonewton hat sich
Honeywell mit der HTF7000-Familie
seit fast 20 Jahren fest etabliert. Eine
Reihe von Midsize und Super Midsize
Jets wie die Cessna Citation Longitude
oder Embraer Praetor 500 und 600 flie-
64 FLUG REVUE OKTOBER 2023
Honeywell HTF7000
Vier Varianten des HTF7000
treiben fünf verschiedene
Super-Mittelklasse-Jets an,
darunter die Cessna Citation
Longitude. Die HTF7000-
Antriebe punkten mit hoher
Zuverlässigkeit und niedrigen
Wartungskosten.
gen mit HTF7000, ebenso die Bombar-
dier Challenger 3500, die überarbeitete
Version der Challenger 350. Honeywell
investiert nach eigenen Angaben in kon-
tinuierliche Verbesserungen und führt
neue Technologien ein, um die Zuverläs-
sigkeit des gesamten Systems zu erhö-
hen. Zudem würden derzeit neue Syste-
me entwickelt, um ausgereiftere Trieb-
werksdatenanalysen und Prognosefähig-
Rolls-Royce Pearl 700
Gulfstream wählte für seine neuen
Ultralangstrecken-Jets G700 und
G800 (unten) das Pearl 700. Der
Nachfolger des BR725 (G650/
G650ER) wurde im September
2022 von der EASA zugelassen.
Fotos: Gulfstream Aerospace, Honeywell Aerospace,
Rolls-Royce, Textron Aviation
keiten zu ermöglichen, so Honeywell.
Details will der Konzern nicht verraten.
Im Rahmen des CLEEN-Forschungs-
programms der US-Luftfahrtbehörde
FAA arbeitet Honeywell an einem leich-
ten, leisen und effizienten Bläsermodul,
einem Hochdruckverdichter mit höhe-
rem Gesamtdruckverhältnis, einer kom-
pakten Niedrig-Emissions-Brennkam-
mer sowie neuen Dichtungen für die
Hochdruckturbine. Die
Technologien könnten in
der nächsten Triebwerks-
generation eingesetzt
werden.
Offiziell entwi-
ckelt Honeywell
derzeit aber kein
neues Business-Jet-
Triebwerk, es gäbe
auch kein entsprechen-
des Flugzeug dafür. „Mit
unserer Philosophie der
kontinuierlichen Verbesse-
rung ist unsere aktuelle
Flaggschiff-Turbofan-Produktlinie, das
HTF7000, gut positioniert, um die An-
forderungen aktueller und zukünftiger
Nachfolgeflugzeuge zu erfüllen“, sagt
Carl Kotlarz, Senior Product Director,
Propulsion Engines bei Honeywell Aero-
space.
Honeywell prognostiziert in seinem
jährlichen Global Business Aviation
Outlook für den Zeitraum zwischen
2023 und 2032 Auslieferungen von bis
zu 8500 neuen Business Jets im Wert
von 274 Milliarden US-Dollar. Das ent-
spricht einem Plus von 15 Prozent so-
wohl bei den Auslieferungen als auch
beim Umsatz im Vergleich zur vorheri-
gen Zehnjahresprognose aus dem Jahr
2021. Sie ist in der Tat ein „heißer
Markt“, die Geschäftsreisefliegerei. FR
www.flugrevue.de
INTELLIGENTER. SAUBERER: GRÜNER
Pratt
P ratt & Whitney
Whitney engagiert
engagiert sich
sich dafür,
dafür die
die kommerzielle
kommerzielle
Luftfahrtindustrie dabei zu unterstützen, bis zum Jahr 2050 Netto-
Null-Emissionen zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind
große Ideen, Fachwissen, Erfahrung und harte Arbeit erforderlich –
Eigenschaften, die uns auszeichnen. Um Netto-Null zu erreichen,
geben wir alles – wir arbeiten heute intelligenter, sauberer und
grüner für eine nachhaltigere Zukunft.

ERFAHREN SIE MEHR UNTER PRATTWHITNEY.COM/SUSTAINABILITY

Triebwerke-EXTRA
Fliegende Prüfstände
Jumbos für
alle Fälle
W
Von PATRICK
HOEVELER
enn man es nicht besser
wüsste, könnte man die
Bilder der Boeing 747 mit dem GE9X-
Triebwerk von GE Aerospace unter der
Tragfläche glatt für eine Fotomontage
halten. Mit einem Durchmesser von 3,4
Metern ist der Antrieb fast so breit wie
der Rumpf einer Boeing 737 und liefert
annähernd doppelt so viel Schub wie das
CF6 neben ihm am Jumbo. Nicht nur die
Installation des Schubriesen an dem ehe-
maligen Airliner liefert so einige Heraus-
forderungen. Trotzdem setzen GE wie
auch die anderen Triebwerksbauer auf
den Einsatz solcher fliegenden Test-
stände.
Die Erprobung an diesen Flying Test-
beds ist nämlich nach wie vor ein unver-
zichtbarer Teil der Triebwerksentwick-
lung und des Zulassungsprogramms.
Schließlich lassen sich in der Flugerpro-
bung Bedingungen testen, die am Boden
und selbst in einem Höhenprüfstand
nicht zu erfassen sind. „Das Verhalten
unter Manöverlasten, die Wechselwir-
66 FLUG REVUE Oktober 2023
kung von Triebwerken untereinander, Mit dem Berührungslosen-Schaufel-
die Strömung in den Einlauf und die Be- schwingungs-Messsystem (BSSM) ließen
einflussung von Zellenstrukturen – das sich beim GTF in der Niederdruckturbi-
sind alles Dinge, die man im Flug unter ne wie auch im Hochdruckverdichter
realen Bedingungen sehen will“, erklärt Spalte während transienter Flugmanöver
Dr.-Ing. Frank Grauer, Leiter Testing ermitteln. „Das ist einzigartig. Wir konn-
und Validation bei der MTU Aero En- ten so sehr wichtige Daten für die
gines. Aber auch die Messung von Leis- Sicherheit des Triebwerksbetriebs gene-
tungsdaten und Wirkungsgraden oder rieren, weil das Einlaufverhalten und die
das Wiederanlassen im Flug stehen auf Spalte wiederum Einfluss auf die Pump-
dem Testplan.
HIGHTECH AN BORD
Das deutsche Unternehmen ist über sei-
ne Entwicklungsanteile auch bei den
Flugtests der jeweiligen Antriebe von
GE Aerospace und Pratt & Whitney mit
von der Partie. Ein Schwerpunkt lag in
den letzten Jahren vor allem auf dem
Getriebefan (GTF): „Wir beteiligen uns
an der Spezifizierung der erforderlichen
Entwicklungstests und instrumentieren
unsere Module – das Frontend des
Hochdruckverdichters und die Nieder-
druckturbine – entsprechend, um die
nötigen Daten für unsere Nachweise zu
erhalten.“ Dabei kommt auch die spezi-
elle Messtechnik der Firma zum Einsatz.
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 Die Triebwerkserprobung
an den sogenannten Flying
Testbeds bleibt unverzicht-
bar. Als Flugzeug der Wahl
kommt bei den großen
Antriebsherstellern fast
ausschließlich die Boeing
747 zum Einsatz.

grenze, den Wirkungsgrad und weitere
Faktoren haben. Diese unter Manöver-
bedingungen zu sehen, war für die Inge-
nieure ein Highlight.“
Die Komponenten sind dabei in der
Regel etwas weniger stark instrumen-
tiert als bei den für Bodenversuche vor-
gesehenen Triebwerken. „Am Boden las-
sen sich aufgrund des größeren Platzes
viel mehr Leitungen ausführen. In einem
Flugzeug ist das eine echte Herausforde-
rung. Man muss hier sehr genau über-
legen, wie man die Leitungen verlegt.
Außerdem sind bei einer Flugtestkampa-
gne die Verbindungen sehr lang, weil die
Aufnahmerechner nicht unmittelbar in
der Nähe des Triebwerks stehen. Unter
diesen Bedingungen eine gute Signal-
qualität sicherzustellen, ist eine weitere
Herausforderung“, sagt der Ingenieur.
Bevor ein Aggregat in die Luft gehen
kann, müssen jedoch am Boden bereits
die Nachweise für einen mechanisch si-
cheren Betrieb erbracht sein. Je nachdem
wie stark der fliegende Prüfstand auf das
zu testende Triebwerk angewiesen ist,
steigen die Hürden für die Flugfreigabe
bis hin zu einer kleinen Triebwerkszulas-
sung. Trotz weiterer Fortschritte in der
Simulationsfähigkeit bleiben die Tests

Das GE9X absolvierte seinen GE Aerospace:

Erstflug an der Boeing 747 von
GE Aerospace am 14. März 2018.
Boeing 747-446
Baujahr: 1994
(Erstkunde Japan Airlines)
Kennung: N747GF
Kauf als Testbed: 2010
Die Flugerprobung von Antrieben hat
bei GE eine lange Tradition; lange Zeit
nutzte die Firma in Mojave dazu eine
Boeing 707. Da die Triebwerke immer
größer und stärker wurden, kam
schließlich eine 747-121 zum Einsatz.
Fotos: GE Aerospace

Heute betreibt das Unternehmen

in Victorville mit der 747-446 die
neueste Variante aller aktuellen
Jumbo-Testbeds.

www.flugrevue.de FLUG REVUE Oktober 2023 67

Triebwerke-EXTRA
Fliegende Prüfstände
Kleinere Antriebe wie das PW800
befestigt das Testteam an einem
Stummelflügel an der Seite.
laut Dr.-Ing. Grauer auch in Zukunft
unverzichtbar: „Da auch die Triebwerks-
systeme immer komplexer werden,
haben wir festgestellt, dass der Bedarf
eher zunimmt.“
JUMBO IST BESTENS GEEIGNET
Das sieht auch Timothy Cormier so:
„Wir testen mehr und lernen mehr, und
auch noch zu einem früheren Zeit-
punkt“, meint der Vizepräsident des
GTF-Advantage-Programms bei Pratt &
Whitney. „Dies erfordert eine wesentlich
umfangreichere Instrumentierung und
die Erfassung von viel mehr Testparame-
tern, was die Testplanung und -durch-
führung noch komplexer macht.“
68 FLUG REVUE Oktober 2023
Die drei großen Triebwerksbauer GE
Aerospace, Pratt & Whitney und Rolls-
Royce setzen dabei alle auf den Jumbo
Jet. Pratt & Whitney betreibt im kana-
dischen Mirabel gleich zwei 747SP. „Da
sie vier Triebwerke hat, lässt sie sich bei
den Tests leichter stabil halten. Wenn die
Flugtestspezialisten den Schub am Pro-
banden ändern, können die Piloten die
Einstellungen am gegenüberliegenden
Triebwerk anpassen, was zu genaueren
Daten führt“, erläutert Marc Kirner,
Technologiebeauftragter in der Flug-
betriebsabteilung von Pratt & Whitney
Canada. „Das Flugzeug eignet sich auf-
grund seiner Größe gut als Prüfstand, da
es ausreichend Platz zur Montage von
www.flugrevue.de

Nach wie vor spielt die 747SP eine
wichtige Rolle bei der Erprobung
und Zulassung von Getriebefans.
Pratt & Whitney: Boeing
747SP-J6 und 747SP-B5
Baujahre: 1980 (Erstkunde CAAC
Airlines) und 1981 (Korean Air Lines)
Kennungen: C-FPAW und C-GTFF
Kauf als Testbed: 2001 und 2007
Aufgrund des hohen Testaufkommens
der Getriebefan-Familie kam neben
der 2001 beschafften 747SP ein
weiteres Exemplar zur Flotte, das mit
einem Pylon am Buckel ausgestattet
werden kann. Beide Jets sind bei Pratt
& Whitney Canada im kanadischen
Mirabel stationiert. Die ebenfalls
genutzte Boeing 720 ging 2010 in
den Ruhestand.
www.flugrevue.de
Testtriebwerken und zur Unterbringung
der erforderlichen Messgeräte bietet.
Außerdem verfügt es über einen großen
Flugbereich, der ideal für Tests ist. Es
kann in großen Höhen, mit hohen und
niedrigen Geschwindigkeiten fliegen.
Dies hilft uns, den Flugbereich einer gro-
ßen Anzahl von Flugzeugen zu simulie-
ren, für die unsere Triebwerke geeignet
sind.“ Als Besonderheit verfügt eine der
beiden 747SP über einen Stummelflügel
an der rechten Seite des Rumpfbuckels,
an dem sich kleinere Antriebe anbringen
lassen. „Wir können ihn mit einem verti-
kal oder horizontal ausgerichteten Pylon
ausstatten, sodass wir das Triebwerk so
testen, wie es im endgültigen Flugzeug
eingebaut sein wird“, sagt Kirner.
TEAMWORK IST ANGESAGT
Für einen typischen Einsatz erstellen die
Ingenieure eine Testkarte mit den Bedin-
gungen, die sie testen möchten. Am Tag
des geplanten Fluges prüft die Besatzung
das Wetter, entscheidet, ob (und inwie-
weit) die Testkarte durchgeführt werden
kann und bereitet den Flug entsprechend
vor. Während des Fluges koordinieren
die Piloten und das Flugtestpersonal die
jeweiligen Manöver. Wenn beispielswei-
se der Flugversuchsspezialist den Schub
am Testaggregat erhöht, ergreifen die
Piloten entsprechende Maßnahmen, um
sicherzustellen, dass das Flugzeug trotz
des asymmetrischen Schubs stabil bleibt.
Nach dem Einsatz bespricht das Team,
wie der Flug verlaufen ist, und über-
prüft, ob alle Punkte erledigt sind oder
eine weitere Mission nötig ist. Üblicher-
weise befinden sich bei einem Flug zwi-
Die 43 Jahre alte 747-267B bleibt
das Testbed von Rolls-Royce und
erprobt demnächst das Pearl 10X.
schen 12 und 15 Personen an Bord: ne-
ben der dreiköpfigen Cockpitbesatzung
vor allem Testingenieure und Messtech-
niker.
OPEN ROTOR IN DER LUFT
Auch GE Aerospace verfügte zeitweise
über zwei Jumbos, die 747-121 landete
allerdings im Jahr 2018 im Museum in
Tucson, nachdem sie an der Zulassung
von elf verschiedenen Triebwerksmodel-
len mitgewirkt hatte. In 24 Jahren absol-
vierte die ehemalige Pan-Am-Maschine
insgesamt 3916 Teststunden.
Nach ihrer Außerdienststellung fiel
der neueren 747-446 die Ehre zu, mit
dem GE9X das größte Jet-Triebwerk der
Welt in der Luft zu erproben. Die Flight
Test Organisation von GE ist im kalifor-
nischen Victorville beheimatet. Das gute
Wetter in den amerikanischen Wüsten-
regionen nutzt auch Rolls-Royce, das
seine 747 in Tucson, Arizona, stationiert
hat. Alle drei Unternehmen wollen ihren
Jumbos treu bleiben und planen für die
nähere Zukunft keinen Ersatz bezie-
hungsweise haben entsprechende Pläne
aufgegeben.
Noch eine Nummer größer als beim
Jumbo dürfte jedoch die Flugerprobung
des Open Fans von CFM International
im Rahmen des RISE-Programms (Re-
volutionary Innovation for Sustainable
Engines) an einem Airbus A380 werden,
die für Mitte dieses Jahrzehnts geplant
ist. Aber bevor der Open Rotor an dem
europäischen Airliner fliegt, geht es erst
in die USA. Dort wartet nämlich schon
die Boeing 747 von GE auf ihren nächs-
ten ungewöhnlichen Probanden. FR
Rolls-Royce:
Boeing 747-267B
Baujahr: 1980
(Erstkunde Cathay Pacific)
Kennung: N787RR
Kauf als Testbed: 2005
Rolls-Royce hatte 2019 eine 747-400
von Qantas als Ersatz erworben.
Fotos: Pratt & Whitney, Rolls-Royce (1)
Aufgrund der Covid-Pandemie und
des dadurch reduzierten Testaufkom-
mens nahm man jedoch Abstand von
der geplanten Umrüstung. Stattdes-
sen wird die 747-267B entsprechend
modifiziert, wie das Unternehmen auf
Nachfrage mitteilte. Dem neueren Jet
droht aktuell die Verschrottung.
FLUG REVUE Oktober 2023 69
Triebwerke-EXTRA
Antriebe für die nächste Narrowbody-Generation
Zwei wie
Tag und Nacht
Pratt & Whitney und CFM International treiben Forschung und
Entwicklung für ihre künftigen Triebwerke voran. Sie verfolgen dabei unter-
schiedliche Ansätze. Doch es gibt auch einige Gemeinsamkeiten.
N
Von ULRIKE EBNER
och gibt es sie nicht,
die Nachfolger der be-
währten Airbus-A320-
und Boeing-737-Fami-
lien. Doch die Triebwerkshersteller ar-
beiten bereits jetzt an Antriebskonzep-
ten, die an den Narrowbodies der
Zukunft, Mitte des kommenden Jahr-
zehnts, zum Einsatz kommen könnten.
Finanzielle Unterstützung erhalten sie in
Europa vom Luftfahrtforschungspro-
gramm Clean Aviation: in den Projekten
SWITCH und OFELIA.
ABGASWÄRME NUTZEN
SWITCH (Sustainable Water-Injecting
Turbofan Comprising Hybrid-Electrics)
beschäftigt sich mit neuen Technologien
für den Getriebefan (GTF) von Pratt &
Whitney. Zum einen geht es um eine
Wasserdampfeinspritzung, zum anderen
um eine Hybrid-Elektrifizierung. Beides
zusammen soll den Treibstoffverbrauch
und den CO2-Ausstoß um bis zu 25 Pro-
zent im Vergleich zu heutigen Antrieben
reduzieren. Gleichzeitig wird ein deutli-
ches Minus bei den Stickoxidemissionen
(-80 Prozent) und der Klimawirkung
durch Kondensstreifen anvisiert. Hyb-
rid-elektrische Antriebselemente, die
70 FLUG REVUE Oktober 2023
zum Beispiel elektrisches Rollen ermög-
lichen und zusätzliche Leistung bei Start
und Steigflug liefern, sollen auch die
Luftqualität an Flughäfen verbessern.
Geführt wird SWITCH von MTU
Aero Engines, beteiligt sind Pratt &
Whitney, Collins Aerospace, GKN Aero-
space, Airbus und weitere Luftfahrtak-
teure. 48 Millionen Euro steuert die EU
zu dem Projekt bei. MTU kümmert sich
um das WET-Konzept (Water-Enhanced
Turbofan, siehe FR 10/2022). Dabei
wandelt zunächst ein Dampferzeuger
Wasser aus dem Abgasstrahl in Dampf
um. Dieser wird in eine kleine Dampf-
turbine an der Niederdruckwelle geführt
und anschließend in die Brennkammer
eingespritzt. Der Münchner Triebwerks-
hersteller entwickelt die Dampfturbine
und den Wasserabscheider, GKN die
Dampferzeuger, Collins den Wärmetau-
scher und Pratt & Whitney die Dampf-
einspritzung. Beim hybrid-elektrischen
Part hat Pratt & Whitney die Federfüh-
rung und ist unter anderem zuständig
für das parallel-hybride Antriebssystem.
Collins Aerospace steuert zwei Elektro-
motoren für die Hoch- (500 kW) und
Niederdruckwelle (1 MW) sowie die
Leistungselektronik bei.
Seit Beginn des Projekts Anfang des
Jahres wurden bereits einige Fortschritte
gemacht. Beim WET-Konzept wird die
Konfiguration kontinuierlich optimiert.
„Wir haben sehr intensiv mit Airbus an
der Integration ins Flugzeug gearbeitet“,
sagte Dr. Claus Riegler, Senior Vice Pre-
sident Technology & Engineering Ad-
vanced Programs bei MTU, auf der Paris
Air Show im Juni. Denn ein solches
Triebwerk wäre deutlich länger und
schwerer als der bisherige GTF. Gemäß
ursprünglichen Schätzungen könnte al-
lein das WET-Konzept das Gewicht um
rund 50 Prozent erhöhen. Eine smarte
Integration unter dem Flügel sei uner-
lässlich, so Riegler.
Zudem nimmt das Konsortium be-
sondere Betriebsfälle in den Blick, zum
Beispiel Startabbrüche oder das Durch-
starten. GKN Aerospace kündigte in Pa-
ris an, für die WET-Technologien eine
Reihe von Testständen am Standort
Trollhättan in Schweden vorzubereiten,
um zu zeigen, dass das Konzept funktio-
niere. Derweil arbeiten Pratt & Whitney
und Collins an der Integration des elekt-
rischen Antriebsstrangs ins Triebwerk.
Kürzlich wurde der 1-MW-Elektromotor
an der University of Nottingham erst-
mals mit Nennleistung getestet. Ein sol-
cher Motor kommt auch im kanadischen
hybrid-elektrischen Regionalflugzeugde-
monstrator, einer modifizierten Dash
www.flugrevue.de
 OFELIA (Open Fan for Environmental
Low Impact of Aviation)
Leitung: Safran Aircraft Engines
Triebwerk mit nicht ummanteltem
Bläser mit Getriebe und hybrid-elektri-
schen Komponenten, Fan-Durchmesser
ca. 400 cm, Treibstoffverbrauch
– 20 Prozent (vgl. mit LEAP-Triebwerk)

SWITCH
(Sustainable
Water-Injecting Turbofan
Comprising Hybrid-Electrics)
Leitung: MTU Aero Engines
Getriebefan mit Wasserdampf-
Illustration: Harald Hornig

einspritzung und hybrid-elektri-

schen Komponenten, Fan-Durch-
messer ca. 205 cm, Treibstoff-
verbrauch – 25 Prozent (vgl. mit
herkömmlichem GTF)

FLUG REVUE Oktober

www.flugrevue.de
2023 71
Triebwerke-EXTRA
Antriebe für die nächste Narrowbody-Generation

OPEN FAN
Mit rund vier Metern
Fan-Durchmesser wäre ein
Nebenstromverhältnis von 70:1
möglich. Laut CFM International
ist auch bei einem Tiefdecker eine
Montage unter dem Flügel möglich.
Hybrid-elektrischer WET-GTF
Mit Wasserdampfeinspritzung (WET-Konzept) könnte der thermodynamische
Wirkungsgrad des Getriebefans erhöht werden. Zwei Elektromotoren auf der
Hoch- und Niederdruckwelle sollen die Effizienz über alle Betriebsphasen hinweg
weiter steigern. Durch neue Komponenten wie Wärmetauscher, Verdampfer,
Dampfturbine, Wasserabscheider und E-Motoren wäre ein solches Triebwerk Tests mit Modellen der riesigen Compo-
zwar schwerer und länger, würde aber immer noch unter den Flügel passen. site-Bläserschaufeln mit Titan-Vorder-
kante (Bläserdurchmesser des Open Fan:
rund vier Meter), mit dem Mechanismus
8-100, zum Einsatz. Sie soll 2024 flie- nes) ins Leben gerufen. Intern begann es zur Verstellung des Schaufelblatt-Ein-
gen. Für SWITCH müsse man einige me- schon zwei Jahre früher. Und seit No- stellwinkels, mit dem schnelllaufenden
chanische Änderungen an den jeweils vember 2022 erhält RISE auch in Euro- Booster und einer schnell­laufenden Nie-
100 Kilogramm schweren, aber sehr pa finanzielle Unterstützung vom Luft- derdruckturbine sowie hinsichtlich der
kompakten Motoren vornehmen. Um fahrtforschungsprogramm Clean Aviati- Produktionsverfahren. Zudem wurden
die Schnittstellen zum Triebwerk festzu- on, 100 Millionen Euro schießt die EU mit Supercomputern Berechnungen zum
legen, arbeite man auch mit GKN und zu. Das entsprechende Projekt heißt Kerntriebwerk durchgeführt und neue
Airbus zusammen, so Mark Holme, Se- OFELIA (Open Fan for Environmental Materialien untersucht. CFM entwickelt
nior Director, Electronic Controls and Low Impact of Aviation). derzeit auch einen hybrid-elektrischen
Motor Systems bei Collins Aerospace im Der Open Fan soll Treibstoffver- Antriebsstrang in der Megawatt-Klasse.
englischen Solihull. brauch und CO2-Emissionen um 20 Pro- Ein ins Triebwerk integrierter Motor­
In Phase 1 von SWITCH, die bis zent im Vergleich zum aktuellen LEAP generator soll zusätzlichen Schub gene-
2025 läuft, geht es neben Integrations- von CFM verringern. Technologien für rieren und beispielsweise den Steigflug
studien und Labortests von WET-Kom- das Niederdrucksystem, für ein kompak- unterstützen, aber auch Strom zur
ponenten- und -subsystemen auch um tes und effizientes Kerntriebwerk und Versorgung anderer Flugzeugsysteme er-
einen Bodendemonstrator für einen hyb- für eine Hybrid-Elektrifizierung sollen zeugen.
rid-elektrischen Getriebefan. Dafür wird bis zum Reifegrad TRL 5 entwickelt und Ein Getriebe zwischen Niederdruck-
ein PW1100G-JM dienen. Das hybrid- unter späteren Einsatzbedingungen ge- turbine und Bläser – wie beim GTF – ge-
elektrische Antriebssystem soll in dieser testet werden. Zunächst am Boden, dann hört ebenfalls zum Konzept. Dadurch
Zeit vom Technologiereifegrad 3 auf 5 an der Boeing 747-400 von GE und kann der Bläser langsamer und die Nie-
(von 9) entwickelt werden, das WET- schließlich, Mitte des Jahrzehnts, an ei- derdruckturbine schneller laufen, was
Konzept von 2,5 auf 4. In einem Nach- nem Airbus A380. Geleitet wird OFE- der Effizienz beider Komponenten zugu-
folgeprojekt könnte der hybrid-elektri- LIA von Safran Aircraft Engines, betei- tekommt. Wegen des großen Bläser-
sche GTF im Flug erprobt werden. ligt sind Airbus, die italienische GE- durchmessers beim Open Fan ist laut
Tochter Avio Aero, GKN Aerospace, die Orcel ein Übersetzungsverhältnis zwi-
NEBENSTROMVERHÄLTNIS XXL französische Luftfahrtforschungseinrich- schen 8 und 10:1 nötig (zum Vergleich:
CFM International arbeitet unterdessen tung ONERA und weitere Partner. beim GTF ist es 3:1). Avio Aero und Sa-
an einer Triebwerksarchitektur ohne „Seit Beginn des Programms [RISE; fran Transmission Systems entwickeln
ummantelte Bläser. 2021 hat das Ge- d. Red.] haben wir mehr als 100 Tests dafür ein zweistufiges Getriebe.
meinschaftsunternehmen von GE Aero- abgeschlossen“, berichtet Stéphane Or- OFELIA baut auf dem Open-Rotor-
space und Safran Aircraft Engines das cel, Direktor für Produktstrategie und Demonstrator auf, der 2017 im Clean-
Technologieprogramm RISE (Revolutio- Markt im Bereich ziviler Triebwerke bei Aviation-Vorgängerprogramm am Bo-
nary Innovation for Sustainable Engi- Safran Aircraft Engines. Dazu gehören den erprobt wurde. Der neue Entwurf

72 FLUG REVUE www.flugrevue.de

Oktober 2023
 sieht jedoch anders aus. „Wir wollten
die Architektur vereinfachen“, sagt Or­
cel. Der Open Fan wird wahrscheinlich
ein „Puller“, bei dem der Bläser vor dem
Kerntriebwerk angeordnet ist, was eine
Installation unter dem Flügel ermög­
lichen soll. Zudem erhält er nur eine
rotierende Bläserstufe, die zweite ist ein
Stator. Die Schaufeln der zweiten Fan­
stufe sind etwas kürzer als jene der ers­
ten, um Interaktionen mit den Wirbeln
der rotierenden Blattspitzen zu verhin­
dern. Auch der große Bläserdurchmes­
Ein 1:2-Modell des ser soll dazu beitragen, dass der Open
Open Fan auf der Fan modernsten Lärmstandards ent­
Paris Air Show zeigt spricht. Das Ziel: Er soll leiser werden
die Dimensionen als das LEAP-1A der A320neo. Bereits
des zweistufigen an einem Airbus-Kabinendemonstrator
Bläsers. in Hamburg durchgeführte Lärmsimula­
tionen sind nach Angaben von Safran
mehr als zufriedenstellend. In Sachen
Bläserschaufelverlust geht CFM zu­
CFM International nächst auf Nummer sicher. „Auf jeden
erprobt seit Juni in Fall werden wir in einer ersten Phase am
Evendale Turbinen- Flugzeug eine Abschirmung haben“,
schaufeln mit neuer sagt Orcel. „Wir glauben, dass wir sie
Kühlung an einem nicht brauchen. Aber für die Zulassung
F110-Triebwerk werden wir das zunächst beweisen müs­
von GE. sen.“ Bisher habe man noch keine Com­
posite-Schaufel an CFM- oder GE-Trieb­
werken verloren. Zudem sei durch die
langsamere Rotation des Bläsers beim
Open Fan die Energie beim Aufprall auf
Im Windkanal den Flugzeugrumpf geringer.
durchlief ein ver-
kleinertes Modell KEIN VORTEIL OHNE NACHTEIL
des „Pullers“ ver- Beide Konzepte sind hinsichtlich der In­
schiedene Tests. tegration ins Flugzeug herausfordernd.
Der Open Fan wegen seines großen Blä­
serdurchmessers, SWITCH wegen sei­
nes Gewichts und seiner Länge. Der
Fotos: CFM International, Ulrike Ebner (1), MTU Aero Engines (1)

Open Fan erscheint weniger komplex als

ein hybrid-elektrischer GTF mit Wasser­
dampfeinspritzung, lässt jedoch die The­
men Stickoxidemissionen und Kondens­
streifen außen vor. Solche unterschiedli­
chen Antriebskonzepte werden es den
Flugzeugherstellern schwer machen, den
Airlines künftig zwei Triebwerksoptio­
nen anzubieten. Darum geht es derzeit
aber gar nicht. „Es ist der Zeitpunkt der
Technologieentscheidung“, sagt Jean-
Baptiste Manchette, Head of Propulsion
of Tomorrow bei Airbus. FR

FLUG REVUE Oktober 2023 73

 Berufe in der Luftfahrt
BER sucht
Nachwuchskräfte
Bis zum 31. Oktober können sich junge
Menschen für eine Ausbildung oder ein
duales Studium bei der Flughafen Berlin
Brandenburg GmbH (FBB) bewerben.
D
In dieser Ausgabe ie Bewerbungsrunde für das Ausbil-
dungsjahr 2024 am BER läuft. Ange-
boten werden insgesamt 41 Plätze in
zwölf Ausbildungsberufen und sechs dualen
Studiengängen. Gesucht werden beispiels-
Ausbildung und weise Luftverkehrskaufleute, Elektroniker,
duales Studium Anlagen- und Industriemechaniker, Sicher-
am Flughafen BER heitsfachkräfte, Werkfeuerwehrleute und
Fachinformatiker. Erstmals werden auch
Rechtsanwaltsfachangestellte ausgebildet.
Bei den dualen Studiengängen gibt es zum Beispiel indust-
rielle Elektrotechnik, Bauingenieurwesen, Luftfahrttechnik
und Immobilienwirtschaft im Angebot. Je nach Studienrich-
tung erfolgt der Abschluss als Bachelor of Arts, Bachelor of
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Auf der Suche nach einer neuen
Stelle im Luftfahrtbereich?
Fotos: Anikka Bauer / Flughafen Berlin Brandenburg GmbH
Auf flugrevue.de finden Sie
aktuelle Angebote.
Am BER können sich junge Menschen
in verschiedenen Berufen, darunter
Werkfeuerwehrmann, ausbilden lassen.
Science oder Bachelor of Engineering. Partnerhochschulen
sind die Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin sowie
die TH Wildau.
Im ersten Ausbildungsjahr erhalten Azubis ein Monatsge-
halt von 1189,20 Euro brutto, bei den Dual-Studierenden im
ersten Studienjahr sind es 1297,58 Euro. Zudem garantiert die
FBB ein 13. Monatsgehalt, 27 Tage Urlaub und Urlaubsgeld,
ein jährliches Ausbildungs- und Studienförderungsbudget von
250 Euro sowie einen Zuschuss zum ÖPNV-Ticket.
Interessenten sollten ihre Bewerbungsunterlagen online im
Jobportal der FBB hochladen. Die am besten geeigneten Kan-
didaten werden zu einem Assessment-Center eingeladen. An
diesem Tag müssen sich die Bewerber bei einem Theorietest
beweisen, der je nach angepeilter Stelle die Bereiche Mathe,
Physik, Englisch, Geografie, Deutsch und Allgemeinwissen
umfasst. Es folgen noch eine Gruppenarbeit und ein persönli-
ches Gespräch. Das erste Auswahlverfahren ist für November
geplant, Ausbildungsbeginn ist der 1. August 2024.
„Sehr gut ausgebildeter und motivierter Nachwuchs ist ei-
ne hervorragende Investition in die Zukunft. Die Flughafenge-
sellschaft bietet ihren Auszubildenden und Dual-Studierenden
eine hochwertige und abwechslungsreiche Ausbildung bei
umfassender Begleitung. Darüber hinaus erhalten unsere
Berufseinsteiger nach erfolgreichem Abschluss mit dem
Angebot eines festen Dauerarbeitsverhältnisses eine ver-
lässliche Perspektive in einem faszinierenden Arbeitsum-
feld“, sagt Michael Halberstadt, Geschäftsführer Personal
der FBB.
Am 1. August begann für 39 junge Menschen im Alter
von 15 bis 26 Jahren das Berufsleben bei der FBB: 27 Aus-
zubildende in elf kaufmännischen und gewerblich-techni-
schen Berufen sowie zwölf Studierende in einem der sechs
dualen Studiengänge.
Weitere Informationen zur Ausbildung und zum dualen
Studium am BER: https://corporate.berlin-airport.de/de/
jobs-karriere.html FR
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9302
 Raumfahrt
Interstellare Raumsonden

Flüge ins
Unendliche
„Der Weltraum, unendliche Weiten“: Fünf irdische
Raumsonden dringen in Bereiche des Universums vor,
die nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Das ist aber
keine Science-Fiction. Einige von ihnen schicken auch
nach fast 50 Jahren noch Daten zur Erde.

76 FLUG REVUE Oktober 2023 www.flugrevue.de

 V
Von OLAF GÖRING

ier von Menschenhand geschaffe-

ne Raumsonden, Pioneer 10 und
11 sowie Voyager 1 und 2, haben
den interstellaren Raum außer-
halb unseres Sonnensystems erreicht. Sie flie-
gen in die unendlichen Weiten des Alls hinaus,
nachdem sie für die Erforschung der äußeren
Planeten eingesetzt wurden. Hinzu kommt die
vor 17 Jahren zum Pluto geschickte Sonde New
Horizons, die in absehbarer Zeit ebenfalls in
den Tiefen des Weltraums verschwinden wird.
Kürzlich erinnerte eine Meldung der NASA
an die Sonde Pioneer 10 (großes Bild), die am
3. März 1972 von Cape Canaveral gestartet
war. Ihre Aufgabe war damals die Durchdrin-
gung des Asteroidengürtels zwischen Mars und
Jupiter sowie die Erkundung des Jupiters als
erste irdische Raumsonde. Nach der Passage
des Zielplaneten entfernte die Sonde sich wei-
ter von der Erde und kreuzte am 13. Juni 1983,
also vor 40 Jahren, die Neptunbahn. Ihr letztes
Signal sendete sie 2003 und war damit 31 Jah-
re aktiv. Geplant waren lediglich 21 Monate.
Etwa 2016 hat Pioneer 10 die sogenannte
Heliosphäre verlassen und fliegt nun im inter-
stellaren Raum weiter. Die Heliosphäre be-
schreibt den Raum um die Sonne und ihre Pla-
neten, in dem der Sonnenwind, ein von der
Sonne ausgehender Strom geladener Teilchen,
energiereich genug ist, um die Teilchenströme
des interstellaren Mediums zu verdrängen. Pio-
neer 10 bewegt sich jetzt Richtung Aldebaran
im Sternbild Schütze. Die Experten der NASA
haben errechnet, dass die Sonde in etwa zwei
Millionen Jahren mit 4,3 Lichtjahren die größte

Voyager 1 Fünf US-Sonden sind in die Tiefen des Alls

unterwegs. Voyager 1 ist am weitesten
gekommen und mehr als 23 Mrd. Kilo­meter
von der Erde entfernt.
Pioneer 11

Pioneer 10
Illustrationen: Ames / NASA, John Hopkins / NASA

New Horizons

Umlaufbahnen
Saturn
Uranus
Voyager 2 Neptun
Pluto

www.flugrevue.de FLUG REVUE Oktober 2023 77

 Raumfahrt
Interstellare Raumsonden
Die Voyager-Sonden sind baugleich.
Die Kommunikation läuft hauptsächlich
über die Parabolantenne.
Annäherung an den Stern erfährt. Da-
von werden wir Erdlinge allerdings
nichts erfahren, selbst wenn es die
Menschheit dann noch gibt.
Pioneer 10 war der erste irdische
Raumflugkörper, der so tief in unser Pla-
netensystem vorgedrungen ist, und dien-
te als Kundschafter für nachfolgende
Tiefraummissionen. Denn bis dahin war
nicht klar, ob eine Sonde ohne Schaden
den Asteroidengürtel durchqueren kann
und so auch die nähere Erkundung der
äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Ura-
nus und Neptun möglich werde. Es stell-
te sich heraus, dass eine Gefährdung
durch Asteroiden oder kleine Teilchen
sehr unwahrscheinlich ist. Weitere Ziele
über die Jupiterumlaufbahn hinaus hatte
Pioneer 10 nicht. Die aktiven Instrumen-
te der Sonde konnten aber noch über
Jahre Teilchenströme und Magnetfelder
des interplanetaren Raums erkunden.
PLANETEN IM FOKUS
Es folgte 1973 die Schwestersonde Pio-
neer 11, deren Aufgabe neben der Ins-
pektion Jupiters auch erstmals die Annä-
herung an Saturn war, von dem sie unge-
fähr 400 Bilder zur Erde funkte. Wegen
Treibstoffmangels wurde die Mission
1995 beendet. Auch sie hatte keine wei-
teren Aufgaben nach dem Vorbeiflug an
Saturn zu erfüllen. Sie ist nun ebenso
wie ihre Schwester Schrott und bewegt
sich Richtung Sternbild Schütze zum
Zentrum unserer Galaxie.
78 FLUG REVUE Oktober 2023
New Horizons untersuchte
ursprünglich Pluto und befindet sich
mittlerweile im Kuipergürtel.
Tiefraummissionen der NASA
Während die Pioneer-Sonden als Schrott immer weiter ins
Universum vordringen, liefern Voyager 1 und 2 sowie New Horizons
weiter Daten zur Erde.
Pioneer 10 Pioneer 11 Voyager 1 Voyager 2 New Horizons
Start 3.3.1972 6.4.1973 5.9.1977 20.8.1977 19.1.2006
Missionsziele (ur- Jupiter Jupiter, Jupiter, Jupiter, Saturn Pluto, Charon
sprünglich geplant) Saturn Saturn Uranus, Neptun
Ende der Mission 23.1.2003 30.9.1995 ca. 2025 Ende 2020er z. Z. läuft erweiterte
(wissenschaftliche Sekundärmission 2
Aktivitäten) im Kuipergürtel
Letzter Kontakt 23.1.2003 24.11.1995 ca. 2036 Ende 2030er 2040er/2050er
Entfernung 134 AE 110,2 AE 160 AE 133 AE 56,5 AE
zur Erde
Erreichen des inter- 2016 2025 25.8.2012 5.11.2018 unbekannt
stellaren Raums
Erreichen der in etwa – in etwa unbekannt –
Oort’schen Wolke 800 Jahren 300 Jahren
Entfernungsangaben: Entfernungen in der Tabelle beziehen sich auf den Juli 2023
1 Astronomische Einheit (AE) = rd. 150 000 000 Kilometer; 1 Lichtjahr = 9,46 Billionen Kilometer = 9,46 x 1012 Kilometer
Kurz nach dem Erfolg der Pioneer- lieferten von ihren Zielobjekten sensati-
Kundschafter schickte die NASA 1977 onelle Aufnahmen sowie eine Fülle von
mit Voyager 1 und 2 zwei wesentlich Daten und es wurden zahlreiche neue
komplexere Raumsonden zu Jupiter und Monde entdeckt. Nun sausen sie durch
Saturn. Sie gelten als die bisher erfolg- den interstellaren Raum und senden von
reichsten interplanetaren Missionen und Zeit zu Zeit weitere Daten, aufgrund der
sind auch heute noch in Betrieb. Voya- großen Entfernung nur in homöopathi-
ger 2 machte allerdings im Sommer eine schen Dosen. Voyager 1 überholte Pio-
kurze Kommunikationspause. Die NASA neer 10 im Februar 1998 bezogen auf
hatte die Sonde versehentlich so gedreht, die Entfernung zur Erde, ist seither das
dass die Antenne von der Erde wegzeig- am weitesten entfernte irdische Objekt
te. Zum Glück gelang es nach zwei Wo- und hat gleichzeitig mit rund 61 155
chen, die Sonde zu kontaktieren und neu km/h die höchste Entweichgeschwindig-
auzurichten. keit aus dem Sonnensystem. Bei Voyager
Im Gegensatz zu ihren Vorgänger- 1 erwartet man noch bis Mitte der
sonden war im Rahmen des Programm- 2030er Jahre Kontaktmöglichkeiten. Die
teils „Voyager Interstellar Mission“ Sonde wird in rund 40 000 Jahren den
(VIM) auch die Erforschung der Rand- etwa 17 Lichtjahre entfernten Stern
bereiche des Sonnensystems und des in- Gliese 445 im Sternbild Giraffe in etwa
terstellaren Raumes vorgesehen. Wäh- 1,6 Lichtjahren Entfernung passieren.
rend sich Voyager 1 nach der Erkundung Das Sonnensystem reicht noch weit
von Jupiter und Saturn in Richtung äu- über die Bahn des äußersten Planeten
ßeres Sonnensystem und interstellaren Neptun hinaus, denn es folgt der Kuiper-
Raum bewegte, wurde Voyager 2 durch gürtel. Er wurde nach dem amerikani-
Korrekturmanöver in Richtung Uranus schen Astronomen und Planetologen
und Neptun geleitet. Die Erkundung der Gerard Peter Kuiper benannt und ver-
beiden äußeren Planeten wurde ein phä- eint in einer ringförmigen flachen Regi-
nomenaler Erfolg. Beide Raumsonden on mindestens 70 000 Objekte mit mehr
www.flugrevue.de

Pioneer 10 (unten) und 11 (Illustration
oben) waren Kundschafter für nachfol-
gende Missionen.
als 100 Kilometern Durchmesser sowie
noch weitere, viel kleinere Objekte (Kui-
per Belt Objects, KBO). Zu diesen Ob-
jekten zählen auch der Pluto und seine
Monde. Zu ihrer näheren Erkundung
wurde 2006 nach fast 30 Jahren Absti-
nenz wieder eine Tiefraumsonde, näm-
lich die US-Sonde New Horizons, gestar-
tet. 2015 bis 2016 lieferte sie atembe-
raubende Bilder und viele wissenschaft-
liche Daten von Pluto und seinen
Monden, wovon inzwischen fünf be-
kannt sind.
Danach wurde die Sonde in einer er-
weiterten Mission zum KBO Arrokoth,
vorher provisorisch Ultima Thule ge-
nannt, geleitet, dem es 2019 begegnete.
Zurzeit befindet sich New Horizons in
der „Kuiper Belt Extended Mission 2“
(KEM 2), die bis etwa 2025 durchge-
führt werden soll. Neben Beobachtun-
gen weiterer KBOs werden unter ande-
rem die Heliosphäre und die Wechsel-
wirkung von deren Teilchenströmen mit
denen des interstellaren Raumes unter-
sucht. Die NASA-Experten gehen davon
aus, dass die Sonde noch bis zu 20 Jahre
Daten liefern kann. Die NASA will je-
www.flugrevue.de
Voyager 2 (links) und 1 (rechts auf einer Titan-Centaur) starteten 1977 im Abstand
von 15 Tagen. Sie funktionieren noch heute.
doch die Aufgaben ab 2024 auf die He-
liosphäre konzentrieren und wissen-
schaftliche Untersuchungen weiterer
KBOs einstellen. Dagegen regt sich der-
zeit heftiger Widerstand bei den Wissen-
schaftlern, denn es wird über viele Jahre
keine Nachfolgemission zur Erforschung
des äußeren Sonnensystems geben.
INFOS FÜR AUSSERIRDISCHE
Aufgrund der rasch zunehmenden riesi-
gen Entfernungen ist eine Übertragung
weiterer Daten irgendwann nicht mehr
möglich. Dazu kommt, dass die Radio-
nuklidbatterien der noch aktiven Sonden
Voyager 1 und 2 sowie New Horizons
immer weniger Energie liefern. Wir wer-
den also nur noch einige Jahre Informati-
Die Voyager-Sonden tragen eine mit
Gold überzogene Datenplatte mit sich.
Fotos: NASA (2), NASA-KSC (1), NASA-JHUAPL (1), NASA-JPL
onen über das interstellare Medium er-
halten. Vielleicht finden eines Tages Au-
ßerirdische den irdischen Schrott. Ihnen
wurde mit den Raumsonden je eine Bot-
schaft von der Menschheit mitgegeben:
bei den Pioneer-Sonden eine vergoldete
Plakette und bei den Voyagers die „Gol-
den Records“. Die Pioneer-Plaketten
enthalten Abbildungen von Mann und
Frau neben der maßstabsgerechten Sil-
houette von Pioneer, die Position der
Sonne in Relation zu 14 Pulsaren und
zum Zentrum der Milchstraße sowie die
Darstellung des Sonnensystems. Die ver-
goldeten Datenplatten wurden mit Bild-
und Audio-Informationen bespielt. Ob
Außerirdische deren Bedeutung erken-
nen und damit etwas anfangen können?
Fraglich bleibt, ob wir jemals den in-
terstellaren Raum bereisen können.
Hierfür muss die Menschheit noch in ei-
nigen Hunderten oder gar Tausenden
Jahren existieren und sich technologisch
so weiterentwickelt haben, dass die heu-
te unlösbaren Fragen der Reisegeschwin-
digkeit, der dafür nötigen Energiebereit-
stellung und viele andere Probleme ge-
löst sind. Der nächste Stern ist immerhin
4,2 Lichtjahre von uns entfernt. Bleiben
in naher Zukunft also nur Raumsonden,
die die Randbereiche zum Sonnensystem
und zum Beispiel die Oort’sche Wolke
mit Gesteins-, Staub- und Eiskörpern,
über die so gut wie nichts bekannt und
deren Existenz nicht abschließend be-
wiesen ist, erforschen können. FR
FLUG REVUE Oktober 2023 79
 News RAUMFAHRT

A
KOMMERZIELLE RAUMSTATION irbus Defence and Space gründet mit dem US-

Airbus beteiligt sich

Unternehmen Voyager Space ein Joint Venture,
das sich um Entwicklung, Bau und Betrieb der

an Starlab
privaten Raumstation Starlab kümmern soll. Das Ge-
meinschaftsunternehmen soll von den USA aus geführt
werden, aber auch eine europäische Tochtergesellschaft
bekommen. Im Januar hatte Airbus bereits mitgeteilt,
technische Designunterstützung und Expertise für Star-
lab bereitzustellen. Voyager erhielt im Dezember 2021
über die Tochterfirma Nanoracks von der NASA einen
Auftrag im Wert von 160 Millionen US-Dollar zur Ent-
wicklung einer Raumstation im niedrigen Erdorbit.
Airbus hat im April Entwürfe für ein Modul für eine
solche Raumstation vorgestellt, das Platz für bis zu
acht Astronauten bietet. Starlab soll frühestens 2028
ins All gebracht werden.
Foto: Voyager Space

Nächster Super-Heavy-Booster im Test

SpaceX hat die 33 Raptor-Triebwerke von Booster 9 am 6. August auf der repa-
rierten und mit einem Wassersystem zur Schallunterdrückung nachgerüsteten
Startrampe in Boca Chica, Texas gezündet. Der Static-Fire-Test dauerte 2,74 Se-
kunden, etwa 2 Sekunden kürzer als geplant. Zudem gingen vier Triebwerke zu
früh aus. SpaceX gab dazu keine weiteren Informationen. Der Test gehört zur
Vorbereitung des zweiten Flugs einer Starship-Rakete. Wann er stattfinden wird,
hängt auch von der Genehmigung der US-Luftfahrtbehörde FAA ab.
Foto: SpaceX

Foto: Boeing

Starliner-Flug mit Crew erst 2024

Boeings Raumkapsel wird erst im kommenden Jahr einen bemannten
Testflug zur Internationalen Raumstation ISS durchführen können. Derzeit
arbeitet Boeing an der Beseitigung der jüngsten Mängel: zu schwache
Verbindungselemente an den Fallschirmen und ein Klebeband, das unter
bestimmten Bedingungen ein Brandrisiko darstellt. Der US-Konzern geht
davon aus, dass man mit der Kapsel Anfang März fertig ist.

80 FLUG REVUE
Oktober 2023
 Unterstützter Wiedereintritt ❱❱❱ kurz notiert
Die Europäische Raumfahrtagentur ESA hat erstmals
Die ESA hat den Erstflug der Ariane 6 auf 2024 verschoben.
einen Satelliten am Ende seiner Mission halb-kontrolliert in die
Grund dafür sind Verzögerungen bei Tests am europäischen
Atmosphäre gelenkt. Damit sollte das Risiko von Schäden durch
Weltraumbahnhof in Kourou und beim Deutschen Zentrum für
Weltraumschrott auf der Erde minimiert werden. Der Wind-
Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen. Das genaue
satellit Aeolus trat nach einer Reihe von Manövern am 28. Juli
Startdatum soll Ende September bekannt gegeben werden.
in der Nähe des magnetischen Südpols in die
Atmosphäre ein. Fragmente, die nicht Lockheed Martin entwickelt für die NASA und DARPA ein
verglühten, könnten nach Berechnun- experimentelles Raumfahrzeug mit einem nuklear-thermischen
gen der ESA in der Antarktis nieder- Antrieb. Der dafür nötige Kernreaktor stammt von BWX
gegangen sein. Technologies. Der Auftrag hat einen Wert von 499 Mio.
US-Dollar. Ein Demonstrationsflug ist für 2027 geplant.

Rocket Lab hat im Rahmen der „Baby Come Back“-Mission am

17. Juli die erste Stufe der Electron-Kleinrakete mit einem
Schiff aus dem Pazifik geborgen. Die Stufe soll vor einer
Fotos: ESA, ESA/ATG medialab
möglichen Wiederverwendung ausgiebig untersucht werden.

KKR wird neben OHB Kerninvestor der Rocket Factory

Augsburg. Die Investmentgesellschaft gibt dem Micro-
launcher-Start-up eine Finanzspritze von 30 Millionen Euro.

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Historie

Saab J 29 „Tunnan“

Fliegende Tonne
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte auch die schwedische Flygvapnet auf jetgetriebene
Kampfflugzeuge. Der Interimslösung Saab J 21R folgte die völlig neue J 29 mit Pfeilflügeln.
Sie startete im September 1948 zum Erstflug.

82 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de

 Links der Aufklärer S 29C. In den 1960er-
Jahren kamen Sidewinder an die J 29F.
Kurzinfo
Baujahr: 1948 bis 1956
Stückzahl: 664
Herstellungsland:
Schweden
A
VON KARL SCHWARZ
uch in Schweden war
man sich nach Ende
des Zweiten Weltkriegs
darüber im Klaren,
dass der herkömmliche Kolbenmotorjä-
ger ausgespielt hatte. Zu Kriegszeiten
war das neutrale Land von der rasanten
Entwicklung der Jets in Deutschland,
Großbritannien und den USA abge-
schnitten gewesen. Das sollte schleu-
nigst geändert werden, und so erhielt
Saab (Svenska Aeroplan AB) im Herbst
1945 von der Flygvapnet den Auftrag
zur Entwicklung eines neuen, von ei-
nem Strahltriebwerk angetriebenen
Jagdflugzeugs.
Zunächst entstand ein Entwurf mit
ungepfeilten Tragflächen, der sehr der
Lockheed P-80 Shooting Star ähnelte,
die den Schweden zu diesem Zeitpunkt
jedoch unbekannt war. Diese Entwick-
lung wurde schnell wieder aufgegeben,
denn man hatte erkannt, dass nur mit
gepfeilten Tragflächen ein wesentlicher
Fortschritt möglich war. Dies ging ganz
klar aus deutschen Dokumenten hervor,
Saab baute drei Prototypen der J 29. Ob seiner
Form erhielt das Muster den Spitznamen „Tonne“.
Fotos: Saab
www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023
die Projektmanager Frid Wänström im
November 1945 von geflohenen Mes-
serschmitt-Ingenieuren in der Schweiz
besorgte. So entschieden sich Konstruk-
teur Lars Brising und sein Team zu
einer neuen Konzeption mit 25 Grad
Flügelpfeilung, die sehr dem Messersch-
mitt-Projekt P.1101 ähnelte.
GHOST-TRIEBWERK
Während als Interimslösung die J 21R
als Ableitung des Kolbenmotorjägers
J 21A mit einem Goblin-Triebwerk (bis
zu 16,7 kN) in Serie gebaut wurde, er-
möglichte die Verfügbarkeit des stärke-
ren de Havilland Ghost (ca. 22 kN) eine
deutlich leistungsfähigere Konstrukti-
on. Man kombinierte das zentral einge-
baute Triebwerk mit einem geraden
Lufteinlauf und einem kurzem Schub-
rohr. Auch das kurze Fahrwerk wurde
im Rumpf untergebracht. Eine Druck-
kabine mit Schleudersitz hielt man bei
einem modernen Jäger für unentbehr-
lich. Wegen des relativ dünnen Flügels
konnte man auf eine extreme Pfeilform
verzichten. Messungen ergaben, dass 25
Grad auf der t/4-Linie völlig ausreich-
ten. Die mäßige Pfeilform ließ geringere
Geschwindigkeiten im Langsamflug er-
warten. Wert wurde auch auf eine gute
Wendigkeit gelegt, mit Lastvielfachen
bis 8 g. Als Bewaffnung wurden vier
20-mm-Kanonen vorgesehen.
Während der Entwurfsphase lief der
neue Jäger unter der Bezeichnung
R 1001. Eingehende Versuche in ver-
schiedenen schwedischen Windkanälen
bestätigten das Potenzial. Um die Trag-
flächen aber auch im Flug zu untersu-
chen, wurde 1947 ein Propellertrainer
des Typs Saab 91A Safir (als Saab 201)
mit einem maßstäblich verkleinerten
Flügel des neuen Jägers ausgestattet und
83
Historie

Technische Daten
Saab J 29F „Tunnan“
Besatzung: 1
Triebwerk: 1 x Svenska Flygmotor
RM 2B
Schub: 12,35 kN ohne und
27,45 kN mit Nachbrenner
Länge: 10,22 m
Höhe: 3,75 m
Spannweite: 11,00 m
Flügelfläche: 24,15 m2
Rüstmasse: 4845 kg
Kraftstoff: 2150 l
Normale Startmasse: 7720 kg
Max. Startmasse: 8375 kg
Höchstgeschwindigkeit: 1060 km/h
Marschgeschwindigkeit: 800 km/h
Landegeschwindigkeit: 220 km/h
Steigrate: 60 m/s in Bodennähe
Dienstgipfelhöhe: 15 500 m
Startstrecke: 790 m
Landestrecke: 650 m
Reichweite: 1100 km
Bewaffnung: 4 x 20-mm-Kanonen
M 47C, 2 x AIM-9B Sidewinder (Rb 24),
2 x 200-kg-Bomben
Zeichnung: Redemann

84 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de

Der Flügel hatte eine
Pfeilung von 25 Grad.
erprobt. Dabei ging es unter anderem
um die automatischen Vorflügel.
Bis Herbst 1946 waren nahezu alle
technischen Probleme zufriedenstellend
gelöst, und mit der Detailkonstruktion
konnte bald begonnen werden. Die
Flygvapnet bestellte bei Saab vier Mus­
terflugzeuge der nunmehr mit J 29 be­
zeichneten Maschine. Zu den Vorbe­
reitungsarbeiten gehörte noch eine
1:1-Konstruktionsattrappe des Rumpf­
vorderteils mit Druckkabine und ein
Versuchsstand für das komplette Quer­
rudersystem. Nach dem erfolgreichen
Abschluss aller Tests stand der erste
Prototyp im Juli 1948 bereit, doch Prob­
leme mit der Steuerung verzögerten den
Erstflug bis zum 1. September.
Im Cockpit saß Squadron Leader
Robert A. R. (Bob) Moore, den man im
Februar 1947 verpflichtet hatte, da den
schwedischen Piloten die notwendige
Erfahrung mit Jetmustern fehlte. Moore
musste die 30 Minuten mit offenen
Fahrwerksklappen absolvieren, da es
ein kleines mechanisches Problem gab
– die Geschwindigkeit war somit be­
grenzt. Während der nachfolgenden
Testflüge wurde die Leistung auf 890
km/h gesteigert, wobei sich allerdings
herausstellte, dass die Bremsklappen
Die S 29C hatte seitlich im
Rumpf statt der Kanonen
Platz für sieben Kameras.
Saab baute in Linköping bis zu ein Flugzeug am Tag.
auf den Tragflächen zu inakzeptablen
Vibrationen führten.
Insgesamt erfüllte die J 29 aber die
Erwartungen. Der zweite Prototyp flog
dann am 29. Februar 1949 zum ersten
Mal. Er hatte eine konventionellere
Klappen-/Querruderauslegung, denn
das durchgehende Querruder hatte sich
als zu wirksam erwiesen.
EINFÜHRUNG 1951
Die Nummer drei folgte am 18. August.
Am 21. Juli 1950 hob dann noch ein
Versuchsmuster im Produktionsstan­
dard ab, das zum Beispiel die Brems­
klappen vor dem Hauptfahrwerk am
Rumpf hatte. Es erreichte mit einer et­
was stärkeren Triebwerksversion locker
Das Cockpit entsprach dem Stand
der Zeit.
Fotos: Flygvapnet (1), Saab
die geforderten Mach 0.85 (950 km/h).
Die Lieferungen der J 29A begannen
dann im Mai 1951 an das Geschwader
F13 in Norrköping, das zuvor mit J 28A
(Vampire FB.1) ausgerüstet war. Die
„Tunnan“ wurden zunächst für eine
mehrmonatige Truppenerprobung ge­
nutzt, bevor im Januar 1952 die Frei­
gabe für den normalen Dienst erfolgte.
Zu Beginn gab es mangels genügend Jet­
erfahrung der Piloten eine Reihe von
Unfällen, was aber mit intensiverer
Theorieschulung dann vermieden wur­
de. Dennoch gingen etwa 245 J 29 durch
Unfälle verloren, bei denen fast 100 Pi­
loten starben. Der Flygflottilj 13 folgte
die F9 in Säve. Weitere sechs Verbände
wurden ausgerüstet, als letzte die F8 in
Barkarby. Saab baute bis 1953 in Lin­
köping 224 Maschinen. Es waren mas­
sive Investitionen in neue Werkzeuge
nötig. So wurden zum Beispiel rund 150
Montagevorrichtungen gebaut. Auch
wurden deutlich mehr Teile als bisher
gefräst.
Als nächste Baureihe kam die J 29B
mit mehr Kraftstoff in den Flügeln her­
aus (Gesamtkapazität nun 2100 statt
1400 Liter). Sie konnte auch mit unge­
lenkten Raketen und Napalmbomben
bestückt werden und wurde dann als
FLUG REVUE OKTOBER 2023 85
 Historie

Österreich war der einzige Exportkunde.

30 gebrauchte J 29F wurden 1961 geliefert. ten und des Wartungspersonals wurde
in Söderhamn und Säve in Schweden
durchgeführt.
Da war die J 29 schon kampfer-
probt, denn als einziges Saab-Flugzeug
ging die „Tunnan“ in den Kriegseinsatz,
und zwar für die Vereinten Nationen.
Die Republik Kongo (zeitweise Zaire)
wurde 1960 unabhängig, musste sich
aber gegen Rebellen in der Provinz Ka-
tanga zur Wehr setzen. Schweden, Äthi-
pu r opien und Indien stellten Flugzeuge ab,
Historie ie im
n S
finde der Luft
fahr t wobei fünf J 29B am 30. September
A 29 bezeichnet. geflogen. Sie zeichnete sich durch modi- 1960 zum 12 000 Kilometer langen
Nur die Flygflot-
ne n
mentatio e
fizierte Tragflächen mit einem Sägezahn Überführungsflug nach Léopoldville
de Doku
Spannen rische Flugzeug ik tiljs F6 in Karls- und ohne Vorflügel aus. Mit dieser Än- (jetzt Kinshasa) aufbrachen. Später wa-
über histo inierende Techn
und ihre
fasz borg und F7 in derung stieg die kritische Machzahl von ren sie auch in Luluabourg (Kananga)
02 3
be 7/2 Såtenäs erhielten 0.86 auf 0.89. Eine große Zahl von J und Kamina stationiert, um die kongo-
Ausga m Kiosk
a
jetzt ltlich den Jagdbomber. 29B und auch die S 29C wurden ent- lesischen Truppen mit Raketen zu un-
e rh ä Insgesamt verließen sprechend modifiziert. Dazu kamen terstützen und den Luftraum zu sichern.
360 J 29B/A 29B das noch 29 Neubauten. Später erhielt der F22 genannte Ver-
Werk, wobei die Produktionsrate 1954 Als letzte Version der J 29 folgte band auch zwei S 29C und vier weitere
bis zu ein Flugzeug pro Tag erreichte! schließlich die J 29F (Erstflug 20. März J 29B per Lufttransport. Anfang 1963
Mit der J 29B wurde im Mai 1954 auch 1954), die sowohl den neuen Flügel als wurden die Flugzeuge der Katanga-Re-
ein Weltrekord von 977 km/h über ei- auch das Ghost-Triebwerk mit Nach- bellen komplett zerstört, sodass die
nen 500-km-Rundkurs geflogen. Cap- brenner (RM 2B) erhielt. Bei dieser Schweden im Herbst 1963 wieder ab-
tain Anders Westerlund überbot dabei Ausführung handelte es sich allerdings ziehen konnten. Einige veraltete Flug-
die Bestmarke der F-86 Sabre um knapp nicht um Neubauten, vielmehr wurden zeuge wurden dabei vor Ort gesprengt.
30 km/h. Über einen 1000-Kilometer- 308 J 29B und J 29E bei Saab und dem In Schweden blieb die J 29 bis Mai
Kurs flog die S 29C im Januar 1955 zentralen Reparaturwerk der Flygvap- 1967 in vorderster Front im Dienst, zu-
dann einen Rekord von 900 km/h. net von Februar 1955 bis Dezember letzt bei der F4 in Östersund. Ab Ende
Die S 29C war ein taktischer Auf- 1958 entsprechend umgerüstet. 1963 waren sie dabei auch mit Sidewin-
klärer. Er flog am 3. Juni 1953 erstmals. der-Lenkwaffen (Rb 24 in Schweden)
Von ihm wurden von 1954 bis 1956 EINSATZ IM KONGO bestückt. Danach wurden sie noch bis
insgesamt 76 Maschinen gebaut. In der J 29F gingen auch an den einzigen Ex- August 1976 als Zielschlepper und für
S 39C wurden bis zu sieben Kameras portkunden. Die österreichischen Luft- das EloKa-Training eingesetzt. Der letz-
verschiedener Typen verbaut, je nach streitkräfte entschieden sich 1960 für te Flug fand bei der 50-Jahr-Feier der
Einsatz für Aufnahmen aus großer Hö- die „Tunnan“ als ihren ersten Strahljä- Flygvapnet in Malmslätt statt. In Öster-
he oder im Tiefflug. Dafür musste auf ger, nachdem man Überschallmuster reich wiederum flogen die J 29F, von de-
die Kanonenbewaffnung verzichtet ausgeschlossen hatte. Die ersten 15 ge- nen zehn durch Unfälle verloren gingen,
werden. Die Einsatzzeit betrug über brauchten Flugzeuge wurden im Juli noch bis 1972 in Schwechat, Klagen-
zwei Stunden. Als Ersatz für die Spitfi- 1961 geliefert, 15 weitere folgten im furt, Linz und Graz. Sie wurden dann
re Mk.19 erhielten die F11 in Nyköping Herbst 1961. Die Ausbildung der Pilo- durch die Saab Draken ersetzt. FR

und die F21 in Luleå diese Variante.

Parallel zur Lizenzfertigung des
Ghost-Triebwerks entwickelte die
Im Auftrag der UN waren J 29B und S 29C von
Svenska Flygmotor AB einen Nachbren-
1960 bis 1963 in der Republik Kongo im Einsatz.
ner. Er wurde ab März 1954 in einer
J 29D (modifizierte J 29B) im Flug ge-
testet und das Ghost bot damit bis zu
25 Prozent mehr Schub (27,44 kN). So-
wohl die Steigleistung (60 statt 40 m/s)
als auch die Startstrecke (790 statt
1350 Meter) verbesserten sich erheb-
lich, und auch die Höchstgeschwindig-
keit stieg auf 1060 km/h. Unterdessen
war am 3. Dezember 1953 die J 29E
Fotos: Saab
86 FLUG REVUE OKTOBER 2023 www.flugrevue.de
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Air Display Flying Festival, Brasschaat, https://pacificairshowusa.com/ tion/kdo-op/lw/flpl-mei/vorschau-axalp.
www.guernseyairdisplay.com/ Belgien html
www.mvcb.be/flying-festival-2023  29. September / 1. Oktober
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Warschau, Tel.: +48 22 6283073, E-Mail: wojciechluczak@wp.pl Russ­
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Zurzeit ist die Preisliste vom 1. Januar 2023 gültig. © by Motor Presse
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www.flugrevue.de FLUG REVUE OKTOBER 2023 87

 Nachbrenner
Messerschmitt Me 262

Zum ersten Mal seit 1946 flog wieder eine Messer-

schmitt Me 262 in England. Der Nachbau, der
in Manching stationiert ist, war mit Unterstützung
von Airbus auf dem Air Tattoo und in Coningsby.
Von KARL SCHWARZ; Foto: DARREN HARBAR
W ährend des Zweiten Weltkriegs war die Me 262
nur in der Luftverteidigung des schrumpfenden
Reichsgebiets im Einsatz. Erst nach der Kapitu-
lation testeten die Alliierten den ersten Strahl-
jäger der Welt, wie auch die Briten, die einige erbeutete Maschinen
nach Farnborough brachten. Das ist inzwischen fast 80 Jahre her,
und nun war erstmals wieder eine fliegende Me 262 über England
zu sehen. Begrüßt wurde der Nachbau, der seit 2006 bei der Mes-

88 FLUG REVUE www.flugrevue.de

Oktober 2023
 Me 262
in England
serschmitt-Stiftung in Manching stationiert ist, über den Klip-
pen von Dover von einer Spitfire des Battle of Britain Memorial
Flight der RAF. Von dort aus ging es dann nach Fairford, wo der
Jet einer der Stars des Royal International Air Tattoo war. Nach
der Show besuchte Geri Krähenbühl von Airbus Defence and
Space, der die Me derzeit normalerweise fliegt, noch Coningsby,
wo der Memorial Flight seine Basis hat. Dort stand eine beson-
dere Formation mit zwei Spitfires und einer P-51D Mustang auf
www.flugrevue.de
dem Programm. Am Boden gab es auch für den 102 Jahre alten
Colin Bell ein Wiedersehen mit der Me 262, gegen die er als
Mosquito-Pilot der 608 Squadron einst einen Luftkampf nahe
Berlin überstanden hatte. Die Me 262 der Messerschmitt-Stiftung
ist eine von fünf Maschinen, die Anfang der 2000er-Jahre in
Paine Field bei Seattle gebaut wurden. Als Antrieb dienen CJ610-
Turbojets von General Electric, denn die originalen, sehr unzu-
verlässigen Jumo 004B sind längst nicht mehr verfügbar. FR
FLUG REVUE Oktober 2023 89
 Vorschau
Nichts

11/23
verpassen!
Die neue FLUG REVUE erscheint Ab September haben
wir unsere Erscheinungs-
am 13. Oktober 2023 termine neu organisiert.
Statt wie bisher an einem
Montag erscheinen wir
künftig an jedem zweiten
Freitag des Monats.

Wir bitten um Verständnis, wenn angekündigte Beiträge aus aktuellen Gründen in eine andere Ausgabe verschoben werden.
SAAB GLOBAL EYE

Alles im Blick
Mit der Global Eye bietet Saab ein leistungs­
starkes System für Luftraumüberwachung
und Bodenaufklärung. Was kann man alles in
einen Geschäftsreisejet packen?

ELEKTROMOTOREN
Neue Power
Elektromotoren werden für die
Zukunft der Luftfahrt immer wichtiger.
Allerdings steigen die Leistungsan­
forderungen enorm. Was wird von den
Herstellern erwartet?

ANCHORAGE AIRPORT INDIEN

Frachtdrehkreuz Erfolg auf dem Mond
Im letzten Jahr war der Flughafen von Indien hat als viertes Land Ende
Anchorage vom Frachtvolumen her August mit Chandrayaan-3 eine
die Nummer drei weltweit. Aber auch Mondlandung geschafft. Wir haben
die Anbindung mit Passagierflügen ist die Details des Forschungsprojekts,
wichtig für Alaska. zu dem auch ein Rover gehört.

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Baujahr 1946 ■
Motor: Franklin 6A North-American P-51D Mustang ■
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Baujahr 1944 ■
Motor: Packard Merlin V-1650-7
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Robinson feiert
Pilot Report 50-Jähriges
Wie fliegt der
Cicare CH-8?

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Ob Schulung, Rund- oder

Arbeitsflüge – Robinson-
Muster sind in allen zivilen
Szenarien im Einsatz.

Inhalt
Revoluzzer an Bord
4 Pilot Report Cicaré 8
Ein kleiner Heli aus
Brasilien will den Markt
der UL-Hubschrauber
Alle dachten, das geht nicht, und dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s einfach aufmischen.

gemacht. Frank Robinson gehört zu den echten Revoluzzern in der Helikopterbranche. 10 Werftbesuch
Im Kasseler MRO-
Heute feiert die Robinson Helicopter Company ihr 50-Jähriges, und der aerokurier gratuliert. Center von Airbus
Helicopters dreht sich

E
in kleiner Hubschrauber, der nur über das Wesentliche verfügt – Zelle, Motor, Haupt- und alles um die Wartung.
Heckrotor, Steuerung und zwei Sitze – und dadurch kostengünstig herzustellen und zu
14 Die Heli-Profis
betreiben ist: Mit dieser Vision startete Frank Robinson 1973 in die Selbstständigkeit, nach- Ausbildung, Rundflüge,
dem er sich bei so manch großem Namen der Helikopterbranche seine Sporen verdient hatte. VIP-Shuttle: der
Und Tatsache, als die Robinson R22 ein paar Jahre später erstmals abhob, mussten seine Kritiker Operator Heli Transair
einsehen, dass die Konstruktion eines preiswerten Leichthubschraubers, die sie allesamt für im aerokurier-Porträt.
unmöglich oder zumindest wirtschaftlich unsinnig gehalten hatten, ein neues Marktsegment öff­ 18 Helikopter-News
nete. Heute ist Robinson mit mehr als 13 000 verkauften Helikoptern der weltweit führende Her-
20 50 Jahre Robinson
steller von Zivilhubschraubern, und Zehntausende Piloten haben ihre ersten Hoverversuche in
Mit kleinen, preis-
einer Robinson gemacht. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens blicken wir in die Geschichte der werten Hubschraubern
Robinson Helicopter Company und ergründen, was ihren Erfolg ausmacht. wurde die Robinson
Kaum weniger revolutionär sind moderne Ultraleichthubschrauber, die sich anschicken, als Er- Helicopter Company
ben der R22 das Helikopterfliegen erschwinglicher zu machen. Mit dem Cicaré 8 ist nun ein neues führend im Zivilmarkt.
Muster in Deutschland zugelassen, dem unsere Autorin Tashi Dolma Hinz im Pilot Report auf den 26 Branchenguide
Zahn fühlt. Vom kleinen Heli bis zum Mittelklasse-Muster kennt man sich bei Heli Transair aus. Wir
porträtieren das Unternehmen, das sich vor allem auf Ausbildung, Rundflüge und den VIP-Trans-
Titelfoto: Robinson
port spezialisiert hat. Aktuelle News und der Branchenguide runden diese Beilage ab. Foto: Tashi Dolma Hinz

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Start
Der Cicaré 8 ist das erste Muster des
argentinischen Herstellers Cicaré, das in
Deutschland eine Zulassung erhalten hat.
Beim Demoflug punktet der UL-Hubschrauber
in Bezug auf Verbrauch und Ergonomie, und
auch die Nutzlast von 220 Kilogramm ist
respektabel.

A
Text  +  Fotos Tashi Dolma Hinz

n den 30. November 2022 erinnert sich Jan Meewes

gerne zurück: An diesem Tag hat Jo Konrad vom Deut-
schen Ultraleichtverband die Musterzulassung des
Cicaré 8 unterschrieben. Sechs Jahre lang hat der
deutsche Musterbetreuer und Inhaber der Flugschule RheinMain den
argentinischen UL-Hubschrauber modifiziert, um den deutschen Luft-
tüchtigkeitsforderungen gerecht zu werden. „Wir können mit Cicaré
auf mehr als 60 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und dem Bau von
Kleinhubschraubern zurückgreifen, das hat die Zulassung erleichtert“,
erklärt Meewes. „14 verschiedene Modelle sind bereits entwickelt wor-
den, von denen neben dem Cicaré 8 noch weitere drei aktuell produ- Einspritzsystem sowie ein aerodynamisch optimiertes Ansaugsystem
ziert werden. In vielen Ländern, etwa Argentinien, Australien, Italien, verfügt und ausschließlich mit Mogas läuft. Mit einem ausfliegbaren
Frankreich und neu auch in den USA, ist Modell 8 bereits als UL Tankvolumen von 2 mal 30 Litern und einem Verbrauch von gemittel-
zugelassen.“ Er hat es sich im Briefingraum seiner Flugschule gemüt- ten 25 Litern pro Stunde hält sich der Cicaré 8 knapp zweieinhalb
lich gemacht, während die Luft über dem Vorfeld des Flugplatzes Stunden in der Luft. Bei Windstille und ohne Reserve sind im Reiseflug
Mainz-Finthen bereits flimmert – ideale Bedingungen, um die Leis- etwa 380 Kilometer nonstop möglich.
tungsfähigkeit des kompakten Doppelsitzers zu prüfen.
Das Modell Nummer 8 ist ein filigraner, formschöner Hubschrauber Kompaktes Kraftpaket
mit abgestrebtem Heckausleger, halbstarrem Zweiblattrotor und kon- Jan Meewes wird mich heute auf dem Demoflug begleiten. Zum Leer-
ventionellem Heckrotor. Angetrieben wird er von einem wasser-/luft- gewicht der D-MHCX von 305 Kilogramm kommt die Crew mit 170
gekühlten 135 PS starken Vierzylinder-Boxermotor Epa Power 917Ti, Kilogramm. Das heißt, wir dürfen volltanken – entsprechend 43,2 Ki-
welcher auf der 912er Reihe von Rotax basiert, über ein elektronisches logramm Mogas, ohne das maximale Abfluggewicht von 525 Kilogramm

Helikopter Special 4

auszureizen. „Cicaré hat das Modell 8 bewusst nicht für 600 Kilo
zugelassen, da sonst sämtliche Berechnungen und Belastungstests
neu hätten durchgeführt werden müssen“, erläutert Meewes. Aufgrund
der Tankpositionierung wandert der Schwerpunkt im Verlauf des Flugs
nach vorne, weshalb ich nebst dem Abfluggewicht auch das Gewicht
ohne ausfliegbaren Treibstoff ermittle. Um den lateralen Schwerpunkt
in der Envelope zu halten, bringt Meewes ein Ausgleichsgewicht an
der rechten Kufe an. Unser Abfluggewicht beträgt damit rund 515
Kilogramm, welches den 1,4-Liter-Motor zusammen mit der Dichte-
höhe von 2350 Fuß (EDFZ: 760 ft, QNH: 1015 hPa, Temperatur: ISA
+12 °C) und einem Südwestwind von 7 bis 10 Knoten, insbesondere
im Schwebeflug auf die Probe stellen dürfte. Gemäß Handbuch kann
Seit November 2022 ist der Cicaré 8
in Deutschland zugelassen. Die
Zulassung dauerte sechs Jahre und
erfolgte über den DULV.
der ultraleichte Drehflügler außerhalb des Bodeneffekts auf circa 2800
Fuß schweben, innerhalb des Bodeneffekts noch auf knapp 3800 Fuß.
Bei der Vorflugkontrolle überprüfe ich den Gesamtzustand des
Hubschraubers zunächst aus einer gewissen Distanz, um mich dann
den Details zu widmen. Zum Öffnen der Motorhaube dienen zwei
Spannverschlüsse, dann ist der Motorblock hervorragend einzusehen.
Ein massiv isoliertes Brandschott trennt die Kabine vom Motorraum,
und auch die Treibstoffleitungen sind dick ummantelt. „Dies war eines
der Kriterien, welches für die Zulassung in Deutschland notwendig
war“, klärt Meewes auf. Die Taumelscheibe befindet sich unterhalb
des Hauptgetriebes und überträgt die Steuerimpulse im Innern der
Welle auf die Pitch-Links. „So sind die Pitch-Links weniger exponiert“,
Helikopter Special 5
Übersichtliches Instrumentenbrett,
justierbare T-Bar und Pedale
sowie eine relativ geräumige Kabine
schaffen unerwarteten Komfort.
erläutert Meewes. Zwei Lüfter im unteren Bereich sorgen für Kühlung
des Wasser- und Ölkreislaufs. Das System fasst 4,3 Liter Öl, das im
Öltank für die Trockensumpfschmierung gesammelt wird. Nachdem
alle Steckverbindungen auf festen Sitz geprüft und keine Lecks er-
kennbar sind, schließe ich die Motorhaube. Die Haupt- und Heckro-
torblätter sind aus Faserverbundwerkstoffen, deren Eintrittskante durch
ein Tape zudem gegen Abrasion geschützt ist.
Durchdachtes Design
Nachdem im Außenbereich alles geprüft ist, klettere ich ins Cockpit.
Der Zustieg gestaltet sich dank der aus den Robinson-Modellen be-
kannten T-Bar unkompliziert. Die Kabine misst in der Breite 1,20 Me-
Helikopter Special 6
ter sowie in der Länge und der Höhe jeweils 1,50 Meter, sodass auch
ein großer Mann wie Meewes ausreichend Platz findet. Die Pedale
sind manuell über drei Stufen justierbar. Im oberen Bereich des In-
strumentenpanels befinden sich die Warn- und Hinweisleuchten. Fünf
von sechs Instrumenten – Fahrtmesser, Höhenmesser, Variometer,
Rotor- und Motordrehzahl-Messer sowie Treibstoffreserven – sind
analog. Digital ist lediglich das „Mini Engine Information System“ von
Flybox. Obwohl dieses eher unscheinbar wirkt, liefert es dem Piloten
wichtige Daten wie Motordrehzahl, Ladedruck, Öl-, Wasser-, Zylinder-
kopf- und Abgastemperatur sowie Ladestrom. Zwischen den Menüs
kann der Pilot per Knopfdruck am Stick wechseln. In dieser Konfigu-
ration wirkt das Cockpit aufgeräumt und bietet zudem Platz für ein
 Ein konventioneller Zweiblatt-
Heckrotor sorgt für den Dreh-
momentausgleich. Ab 60 KIAS
ist die Anströmung an der Flos-
se stark genug, um die Richtung
zu halten.
Die Taumelscheibe befindet
sich unter dem Hauptgetriebe,
sodass diese und die Pitch-
Links weniger exponiert sind.
iPad, das so weder auf dem Knie stört noch eine zusätzliche Halterung
erforderlich macht. Im unteren Bereich der Mittelkonsole befinden sich
Zündschloss, Treibstoffhahn und die Reibungskontrolle des Cyclics.
Im Overhead-Panel sind die Sicherungen, der Betriebsstundenzähler,
der Masterswitch und die Kippschalter für den Lüfter, den zweiten
Generator, die zweite Treibstoffpumpe sowie Navigations- und Lan-
delicht untergebracht. Die Headsets werden neben den Kopfstützen
über Klinkenschalter angeschlossen. Belüftet wird die Kabine über je
ein in die Seitentüre eingebrachtes Kippfenster. Unter den Sitzen gibt
es je ein Gepäckfach, das mit bis zu zwei Kilogramm beladen werden
darf – ideal für die Borddokumente und eine Ausgabe des aerokuriers
für unterwegs.
Ich schließe den Vierpunktgurt, verriegele die Tür und überprüfe
die Freigängigkeit der Steuerelemente. Die sogenannte T-Bar ist eine
Erfindung von Frank Robinson, der durch diese Konstruktion nicht nur
Gewicht einsparte, sondern auch den lateralen Steuerweg vergrößer-
te, der sonst durch die Schenkel des Piloten beschränkt wäre. Aufgrund
des längeren Hebels reagiert der Hubschrauber weniger empfindlich
auf laterale Inputs, was der Handhabung zuträglich ist. Im Gegensatz
zur T-Bar von Robinson lässt sich die Höhe des T-Balkens im Cicaré 8
über ein Gelenk justieren; das macht das Fliegen für den Fluglehrer auf
der linken Seite ergonomischer. Es folgen ein Blick zu den Sicherungen,
ein Test der Warn- und Hinweislampen und eine Inspektion der Treib-
stoffreserven. Dann schalte ich die beiden Treibstoffpumpen zu, und
der Zeiger wandert in den grünen Bereich. Ich drehe den Gasgriff ein
Stück weit im Uhrzeigersinn, schalte beide Zündkreise zu und werfe
einen prüfenden Blick zurück zum Heck. Nun entsichere ich den An-
lasser, der sich rechts exponiert am Cyclic befindet, und drücke den
roten Knopf, woraufhin die vier Zylinder zum Leben erwachen und bei
etwa 2000 Umdrehungen pro Minute auf Betriebstemperatur kommen.
Die Zentrifugalkupplung greift kurz darauf automatisch. Nachdem das
Öl eine Temperatur von 50 Grad Celsius erreicht hat, erhöhe ich die
Motordrehzahl auf 4000 Umdrehungen pro Minute und prüfe die beiden
Zündkreise, wobei der Drehzahlabfall nicht mehr als 300 und der Un-
terschied zwischen den Zündkreisen nicht mehr als 120 Umdrehungen
pro Minute betragen darf. Danach kontrolliere ich Freilauf und Leer-
laufdrehzahl und schalte den Drehzahlregler zu, der Motor- und Rotor-
drehzahl im Einklang hält. Der Warnton, der bei einer zu tiefen Rotor-
drehzahl warnt, erklingt bei 97 Prozent. Wir sind abflugbereit.
Hohe Touren – hohe Leistung
Behutsam ermittle ich über den Cyclic den Schwerpunkt, sodass sich
zunächst die rechte und dann die linke Kufe vom Boden hebt, während
ich über das linke Pedal sanft das Drehmoment ausgleiche. Beim
Schweben zeigt die Ladedruckanzeige 39 inHg an. Für die maximale
Dauerbelastung darf der Pilot laut Handbuch am Kollektiv bis 36 inHg
ziehen, fünf Minuten lang ist jedoch ein Ladedruck von bis zu 42 inHg
erlaubt. Der Hubschrauber schwebt artig an Ort und Stelle und lässt
sich präzise manövrieren. Lediglich der Heckrotor spricht nicht glei-
chermaßen direkt an wie in der Robinson. Ich schwebe zum Rollweg
und starte in Richtung Westen, um zunächst einige reguläre Platzrun-
den zu fliegen. Das Height-Velocity Diagram empfiehlt, bis zu einer
Geschwindigkeit von 50 Knoten in Bodennähe zu bleiben. Die VY be-
trägt beim Cicaré 8 48 Knoten Indicated Air Speed, allerdings rät mir
Meewes, die Geschwindigkeit sicherheitshalber auf rund 60 KIAS zu
erhöhen, wobei die Steigrate etwa 400 Fuß/Minute beträgt. Im Reise-
flug macht sich die nicht vorhandene Trimmung bemerkbar, daher
muss der Druck am Cyclic stets manuell ausgeglichen werden, und
auch die relativ geringe Masse ist spürbar. Die filigrane Bauweise ge-
reicht dem UL-Heli aber zum Vorteil und bietet dem Wind nur wenig
Angriffsfläche. Die VNE liegt bei 85 KIAS.
Nachdem ich mich mit dem Hubschrauber vertraut gemacht habe
und die obligatorischen 30 Minuten verstrichen sind, wird es ernst:
Die erste Autorotation steht an. Gemäß Handbuch wird der Drehzahl-
regler dafür deaktiviert. Meewes zieht es jedoch vor, ihn aktiv zu lassen
Helikopter Special 7
 Jan Meewes, Inhaber der
Flugschule RheinMain, war die
treibende Kraft hinter der deut-
schen UL-Zulassung des Cicaré 8.

Der Cicaré 8 kostet mit

einer Basisausrüstung rund
240 000 Euro netto, wobei
mit einer Lieferfrist von sechs
Monaten gerechnet werden
darf. Der Stundenpreis in der
Schulung beträgt 450 Euro
inklusive Lehrer.

Daten Cicaré 8
Antrieb Höhe 2,54 m Flugdauer ca. 2,4 h
Hersteller EPA Power Massen und Mengen Reichweite ca. 380 km
Artwasser-/luftgekühlter Leermasse 305 kg HOGE (525 kg / ISA) 2000 ft AMSL
 Vierzylinder-Boxermotor Nutzlast 220 kg
Modell SA-R917Ti HIGE (525 kg / ISA) 4000 ft AMSL
maximale Abflugmasse 525 kg
maximale Leistung99 kW / 135 PS minimales Pilotengewicht 77 kg max. Einsatzhöhe 8000 ft AMSL
Rotor maximales Pilotengewicht 110 kg Allgemeines
Konstruktionhalbstarres Zweiblattsystem Tankinhalt 2 x 32 l
Hersteller Cicaré, Argentinien
Durchmesser 6,46 m Treibstoff Mogas
Website www.cicare-europe.com
Abmessungen Flugleistung
Länge 7,56 m Geschwindigk. f. bestes Steigen, VY 48 KIAS Kontakt info@cicare-europe.com
Breite 1,79 m max. Höchstgeschwindigkeit, VNE 85 KIAS Preis 240 000 Euro zzgl. Steuer

und den Ladedruck mit 11 bis 13 inHg knapp über dem Leerlauf zu
halten. „Wir wollen aus der Übung keinen Ernstfall machen“, mahnt
er zur Vorsicht. „So können wir die Leistung nötigenfalls sofort abrufen
und erleben trotzdem eine annährungsweise reelle Autorotation.“
So weit, so gut. „Außerdem möchte ich ein Schwingen des Governor-
Regelkreises verhindern, sollte die Rotordrehzahl über 103 Prozent
kommen und der Motor lastfrei laufen, was sich in einem unkontrol-
lierten Hoch- und Runterregeln äußert“, fügt er hinzu. Grundsätzlich
empfiehlt es sich, den EPA-Motor auf Touren zu halten. „Die Leistung
erhält er durch die hohe Drehzahl. Sobald diese zu niedrig wird, erfolgt
ein markanter Leistungseinbruch. Das bedeutet für uns als Piloten,
den Einstellwinkel am Kollektiv reduzieren zu müssen. Der optimale
Drehzahlbereich liegt zwischen 5350 bis 5600 Umdrehungen pro
Minute.“ Nun zähle ich von drei zurück und leite die Autorotation ein,
während Meewes das Gas über den Drehgriff regelt. Die Rotordrehzahl-
Problematik von leichten Zweiblattsystemen wird durch die Compo-
site-Blätter noch verschärft, daher ist eine schnelle Reduktion des
Einstellwinkels unbedingt erforderlich. Dann autorotiere ich mit gut 60
KIAS und knapp 100 Prozent Rotordrehzahl der Piste entgegen, ehe
ich in circa drei Metern über Grund mit dem Ausschweben beginne.
Kurz vor dem Aufsetzen richte ich den Hubschrauber gerade und
ziehe Leistung. Der CH-8 kommt etwa einen halben Meter über Grund
zum Schweben, auch wenn kurzzeitig die Warnung für geringe Rotor-
drehzahl erklingt. Auf einen simulierten Motorausfall im Schwebeflug

Helikopter Special 8
 verzichte ich den Kufen des derzeit deutschlandweit einzigen Demo-
modells zuliebe. Bei den abschließenden Schwebeübungen auf dem
Vorfeld schlägt sich der CH-8 trotz der hohen Sommertemperaturen
tapfer und zeigt sich erwartungsgemäß agil, allerdings kommt das
linke Pedal bei ungünstigen Windverhältnissen durchaus an seinen
Anschlag. Um den Hubschrauber nicht zu malträtieren, schweben wir
zum Hangar zurück, als die Temperaturen den gelben Bereich erreichen.

Fazit: Komfortabel, sparsem, aber nicht bärenstark

Der Cicaré 8 ist ein durchdachter Hubschrauber, der trotz seiner fili-
granen Bauweise erstaunlich belastbar ist. Dass der 135 PS starke
EPA-Motor im Sommer an seine Leistungsgrenzen kommt, ist nach-
vollziehbar, dafür punktet er in ökonomischer Hinsicht: Der Verbrauch
von 20 bis 30 Litern unverbleitem Mogas pro Stunde schont nicht nur
das Portemonnaie, sondern auch die Umwelt. Über die Lärmemission
von nur 65 Dezibel dürften sich indes die Anrainer freuen. Details wie
die höhenverstellbare T-Bar, die justierbaren Pedale und das relativ
geräumige Cockpit sorgen für Komfort im Flug. Geschult werden kann
in naher Zukunft bei der Flugschule RheinMain, die zugleich die War-
tung für den Cicaré 8 anbietet und „den besten Service der Welt“, wie
Meewes mit einem Grinsen behauptet. Der Verkaufspreis liegt beim
Basismodell bei 240 000 Euro zuzüglich Steuer, wobei die Lieferfrist
aktuell rund sechs Monate beträgt. Der Stundenpreis für die Schulung
liegt in Mainz bei 450 Euro inklusive Lehrer.

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Helikopter
Diese EC135 wird einer großen
Inspektion unterzogen und erhält
noch ein Avionik-Retrofit.

Die Hub-Schrauber
Vom Ölwechsel bis zum kompletten Retrofit: Im MRO-Center
von Airbus Helicopters in Kassel-Calden werden die verschiedensten
Airbus-Hubschraubermuster betreut. Ein Werftbesuch.

Helikopter Special 10
 N
Text Ulrike Ebner

ormaler Flugbetrieb herrscht auf

dem alten Caldener Flugplatz
schon seit fast zehn Jahren nicht
mehr. Auf der Asphaltpiste 04/22
parken Tausende Autos, Leasing-Rückläufer
auf dem Weg zum Händler. Auf dem Vorfeld
hält die hessische Landespolizei Fahrsicher-
heitstrainings ab.
Fliegerisch ausgestorben ist der Flugplatz
trotzdem nicht. Regelmäßig starten und landen
hier Hubschrauber: H120, H135, H145, H155
und H225. Denn in Calden befindet sich einer
von vier MRO-Standorten von Airbus Helicop-
ters Deutschland. Weitere Dependancen hat
Airbus in Baden-Baden, Bückeburg und Augs-
burg. Angeboten wird die ganze Bandbreite
der Line- und Base-Maintenance bis hin zur
Generalüberholung inklusive Lackierung. Zum
MRO-Center mit seinen insgesamt rund 80
Mitarbeitern gehören auch ein Part-21-Ent-
wicklungsbetrieb und eine CAMO, die die
Lufttüchtigkeit der Hubschrauber überwacht.
Bevor es in eine der sechs Hallen geht,
werden die Hubschrauber in der Regel zunächst
während eines Eingangsflugs begutachtet.
Nach Abschluss der Arbeiten testen der Werks-
pilot sowie Elektrik- und Mechanikprüfer den
Heli ausgiebig in der Luft, bevor er zurück an
den Betreiber geht. Privatleute, Geschäfts-
kunden und öffentliche Auftraggeber aus ganz
Europa setzen auf die Instandhaltung ihrer
In jeder der sechs Hallen gibt es zwei
Docks, in denen die Hubschrauber
eingerüstet und gut zugänglich sind.
Hubschrauber bei Airbus Helicopters in Calden.
Rund 40 Mitarbeiter sind in der Werft tätig,
zwölf Docks stehen für die Arbeiten zur Ver-
fügung. Bei unserem Besuch sind fast alle
belegt, hauptsächlich mit EC135 und H135.
Aber auch eine H155 und eine Super Puma
sind zu Gast.
Sicherheit im Blick
Checkflüge finden an diesem Tag nicht statt.
Eine EC135 wird aber nach einem mehrmo-
natigen Aufenthalt in Calden auf ihren ersten
Flug am nächsten Tag vorbereitet. „Die An-
spannung davor ist groß“, sagt Matthias Nag-
ler, Fluggerätmechaniker und Luftfahrtprüfer.
Mehr als 1000 Mannstunden stecken in dem
Hubschrauber.
Nagler gibt als C-Prüfer das gesamte Flug-
gerät nach Base-Maintenance-Tätigkeiten
wieder frei für den Flugbetrieb – oder schickt
es zurück ins Dock für Nacharbeiten. Sicher-
heit hat in der Instandhaltung höchste Priori-
tät, egal ob bei Flugzeugen oder Hubschrau-
bern. Bei Airbus Helicopters in Calden gilt
deshalb sogar das Sechsaugenprinzip: Ein-
zelne Tätigkeiten an Mechanik und Elektrik
werden von sogenannten B1- und B2-Prüfern
bestätigt. Zusätzlich schaut ein Prüfer, der nicht
an dem Hubschrauber beteiligt war, über die
Arbeiten und die Dokumentation, bevor am
Ende die Freigabe durch den C-Prüfer erfolgt.
Vertrauen in die Fähigkeiten und Gewissen-
haftigkeit der Mitarbeiter ist aber unerlässlich.
„Das Team ist das Wichtigste“, sagt Nagler.

Den Mitarbeitern wird bei allen

Arbeiten an den teuren Fluggeräten
höchste Konzentration abverlangt.
Fotos: Ulrike Ebner

Helikopter Special 11
 So sieht das Cockpit der
orangefarbenen EC135 nach
dem Retrofit aus.
Die EC135 ist einer der 18 orangefarbenen
Zivilschutzhubschrauber des Bundesinnen-
ministeriums, die seit Herbst 2019 und noch
bis Herbst 2023 bei Airbus Helicopters in
Calden sukzessive aufgemotzt werden. Neben
einem großen Check, der nach 1000 Flugstun-
den oder alle drei Jahre fällig ist, erhalten sie
ein umfassendes Retrofit: moderne Garmin-
GTN-650-Navigationsgeräte mit farbigen
Touchscreens, neue Transponder sowie digi-
tale Handfunkgeräte. Das verlängert die Le-
bensdauer der hoch belasteten Rettungshub-
schrauber, die 2007 und 2008 in Dienst gestellt
wurden, noch einmal um mehrere Jahre.
Ihr knalliges Orange dominiert in der süd-
westlichsten Halle des MRO-Centers. Zwei
EC135 stehen in den Docks, ausgeweidet. Die
Die Rückseite eines Overhead-
Panels. Hier sind neben Schaltern
auch Sicherungen untergebracht.
Helikopter Special 12
Rotorblätter sind abmontiert, ein Heckaus-
leger ist quer hinter der zugehörigen Zelle
aufgebockt. Die Cowlings wurden entfernt. Ein
Arrius-Triebwerk steht noch auf einem Tisch,
nachdem Module ausgetauscht wurden. Türen,
Sitze und Kabinenverkleidungen haben die
Mitarbeiter ausgebaut, auch vom Cockpit ist
nur noch das leere Instrumentenpanel übrig.
Empfindliche Elektrik
Unter dem Bug liegt ein Mitarbeiter mit Stirn-
lampe in einem Liegesitz, über ihm ein Gewirr
aus Kabeln. Er bündelt den vermeintlichen
Kabelsalat mithilfe von Wachsband zu ordent-
lichen Strängen. Das Gleiche macht der Aus-
zubildende in der Kabine. Die Kabel führen
vom Avionikdeck im Heck bis vorn in die Na-
Nach Instandhaltungs- und
Umrüstungsarbeiten werden die
Hubschrauber im Flug getestet.
senspitze des Hubschraubers, wo später die
neuen Cockpitgeräte angeschlossen werden.
Die Elektrik muss dabei besonders geschützt
werden: Kabelstränge erhalten ein Kleid aus
robustem Gewebe, damit sie durch die Vi-
brationen im Betrieb nicht aufscheuern, Steck-
verbindungen und Anschlüsse werden mit
Verriegelungsbügeln oder Schrauben vor dem
Rausrutschen gesichert.
Drei bis fünf Monate verbringt jeder der
orangefarbenen Helis in der Werft. „Ein Drittel
aller Arbeiten ist geplant, zwei Drittel sind un-
geplante Beanstandungen“, sagt Nagler. Wenn
zum Beispiel die Spänewarnanzeige des Haupt-
getriebes Alarm schlägt, muss es ausgetauscht
werden, auch wenn dies nicht Teil des ursprüng-
lich geplanten Arbeitspakets war.
Fotos: Airbus Helicopters (2), Ulrike Ebner, FR-Dokumentation (1)
Pinseln gehört zum
Geschäft, zu­mindest vor
dem Scheibentausch.

Die EC135 bzw. heute H135 ist das derzeit
am häufigsten im MRO-Center in Calden zu
findende Hubschraubermodell. Langweilig wird
die Arbeit daran trotzdem nicht. „Es gibt Un-
terschiede zwischen den Serialnummern, bei
Bauteilen, Metallarbeiten, Klappen, Verschlüs-
sen, in der Kabelverlegung“, zählt der Flug-
gerätelektroniker und Prüfer Daniel Barwe auf.
Selbst bei den orangefarbenen Zivilschutz-
hubschraubern sei keiner wie der andere.
Hinzu kommen je nach Betreiber unterschied-
liche Ausstattungen. Barwe genießt die Ab-
wechslung. Er hat zuvor bei der Bundeswehr
in Fritzlar am Tiger gearbeitet sowie bei einem
Hubschrauber-Wartungsunternehmen in Mit-
telhessen.
In der Halle nebenan sind die Mitarbeiter
des Bereichs Instandhaltung ebenfalls mit
einer umfangreichen Avioniknachrüstung und
der 1000-Stunden-Kontrolle von insgesamt 24
EC135 eines weiteren Kunden beschäftigt. Die
dunkelblauen Hubschrauber der Bundespoli-
zei erhalten unter anderem neue Downlink-
Antennen, Navigationsgeräte, Transponder
sowie einen neuen Arbeitsplatz für den Kame-
ra-Operator. Gleichzeitig werden sie um nicht
mehr benötigte Geräte und Kabel entschlackt.
Fehlersuche mit viel Geduld
„Am Ende eines Retrofits werden sämtliche
Leitungen ‚durchgeklingelt‘“, erklärt Barwe.
Auch wenn die Technik moderner wird: Ge-
messen wird immer noch von Hand. Manch-
mal fördern die Elektroniker so auch Fehler
zutage. Die Suche nach der Ursache, zum
Beispiel einer losen Verbindung, ist eine Ge-
duldsprobe. Neben der Avionik wird auch die
Mechanik überprüft. Rotorblätter und Heck-
rotor werden, nachdem sie wieder montiert
Vorgänger mit Tradition: Henschel Flugzeugwerke
Das MRO-Center von Airbus Helicopters
Deutschland hat seine Wurzeln in den Hen-
schel Flugzeugwerken. Das Henschel-
Tochterunternehmen wurde 1956 in Kassel
gegründet, um die Bundeswehrhubschrauber
SE 3130 Alouette II und Sikorsky S-58 in-
stand zu halten. Später kamen noch die
Helikopter von Grenzschutz und Polizei, die
Piper-Generalvertretung sowie die Be-
treuung von Getrieben und Rotorköpfen der
Sikorsky CH-53 der Bundeswehr hinzu. Das
Unternehmen hatte zunächst seinen Sitz in
Kassel-Mittelfeld, zog aber in den 1970er
Jahren an den Caldener Flugplatz um. 1970
erwarben die Vereinigten Flugtechni-
schen Werke (VFW) aus Bremen eine
Mehrheit an den Henschel Flugzeugwerken.
Als Messer­schmitt-Bölkow-Blohm die
Das Archivbild zeigt den Flug-
platz Calden in den 1970er Jahren
Als Luftfahrzeugprüfer fliegt Daniel
Barwe regelmäßig bei Testflügen mit.
sind, ausbalanciert und der Blattspurlauf ein-
gestellt. Bei einem Ground Run werden an-
schließend die Vibrationen mittels Sensoren
und der Spurlauf optisch gemessen. Es folgen
Tests im Schwebeflug, bevor es in größere
Höhen geht.
VFW 1981 übernahm, verloren die Henschel
Flugzeugwerke die Hubschrauberinstandhal-
tung an das MBB-Helikoptersegment; da-
raus entstand später Airbus Helicopters
Deutschland. Die Getriebebetreuung ver-
kaufte Henschel an ZF Friedrichshafen; sie
wurde zur heute ebenfalls noch am alten
Flugplatz Calden ansässigen ZF Luftfahrt-
technik. Die deutsche Piper-Generalvertre-
tung wurde von Henschel-Mitarbeitern über-
nommen und befindet sich mittlerweile am
Regionalflughafen Kassel. Im Juni 2021
haben Airbus Helicopters und ZF Friedrichs­
hafen die Übernahme der ZF Luftfahrttech-
nik vereinbart, das Geschäft wurde im Janu-
ar 2023 abgeschlossen. Das Unternehmen
firmiert nun unter dem Namen Airbus Heli-
copters Technik als Tochtergesellschaft.
Im Flug werden beispielsweise die Trieb-
werke, das Drehmoment sowie die N1- und
N2-Drehzahlen genauer unter die Lupe
genommen und richtig eingestellt, ebenso die
neu eingebaute und programmierte Avionik.
Insgesamt kommen, je nach Heli und Art der
zuvor durchgeführten Arbeiten, 50 bis 100
Stunden an Tests zusammen, davon fallen
rund zehn auf Flugtests. Luftfahrtprüfer wie
Matthias Nagler und Daniel Barwe sitzen da-
bei links neben dem Piloten und arbeiten das
Testprotokoll ab.
„Fliegen ist das Geschenk für die eigene
Arbeit“, sagt Barwe. Und es sorgt dafür, dass
doch noch ein bisschen Flugbetrieb auf dem
alten Caldener Flugplatz herrscht.
Helikopter Special 13
Helikopter

Heiße
Heli-Träume Text Samuel Pichlmaier

Helikopter Special 14
 E
ine Gluthitze liegt über dem Flugplatz
Egelsbach bei Frankfurt. Der Rasen
zwischen Piste und Taxiway hat sich
bräunlich-gelb verfärbt. Fast könnte
man meinen, man sei nicht im südlichen Hes-
sen, sondern in der mongolischen Steppe ge-
landet. In den klimatisierten Räumen der Fir-
ma Heli Transair ist es deulich angenehmer.
Vor der Halle stehen mehrere blitzblank po-
lierte Hubschrauber in der Juli-Sonne. Der 1
ganze Stolz des traditionsreichen Luftfahrt-
unternehmens aus Südhessen: Guimbal Cabri
G2, Robinson R44 Raven II und die Agusta
A109. Heli Transair bietet mit seinen Flugge-
räten von der Pilotenausbildung über Monta-
geflüge mit Außenlast oder Reparaturen an
Hochspannungsleitungen bis hin zu Passa-
gierflügen mit individuellem Service fast alles
an, was Hubschrauber besonders gut können.
„Wir nennen unsere Helis gerne auch Zeitma-
schinen. Denn für viele unserer Kunden geht
es schlicht darum, Zeit zu sparen“, erklärt He-
li-Transair-Geschäftsführer und Gesellschafter
Dirk Herr. Wenn man zum Beispiel einen Kun- 2
den von Egelsbach ins rheinland-pfälzische
Speyer bringe – ein häufig angeflogenes Ziel
in der Region, das mit dem Hubschrauber
schnell erreichbar ist –, spart sich dieser mit-
unter eine quälend lange Fahrt mit zahlreichen
Staus über die Autobahnen des Rhein-Main-
Gebiets.

Alles beginnt mit HASI

Firmenchef Dirk Herr führt mich in Egelsbach
durch den Hauptsitz des Unternehmens, das
er inzwischen seit über 16 Jahren leitet. Die
Firmengeschichte reicht bis in die 1980er Jah-
re zurück: Bereits 1988 gründet Eberhard Herr,
Bruder des heutigen Geschäftsführers, die
Helikopter-Service-Mittel GmbH für Rettungs-
Das Luftfahrtunternehmen flüge, Personen- und Frachttransport sowie
für die Hubschrauberpilotenausbildung. Das
Heli Transair aus Egels-
erste Muster ist eine Enstrom 280-FX Shark
bach bietet seit über 30 mit dem putzigen Kennzeichen D-HASI. Die
Jahren Dienstleistungen Firma expandiert schnell und erweitert die
aller Art rund um den Flotte nach und nach. 1998 wird der Bereich
3
1 Der Zweisitzer Cabri G2 ist der kleinste
Drehflügler der Flotte. 2011 hat Heli Transair die
Deutschlandvertretung für ihn übernommen.
2 Geschäftsführer Dirk Herr leitet das Unter-
nehmen seit über 16 Jahren.
3 Zur praktischen Pilotenausbildung gehört
auch ein moderner Hubschraubersimulator.
4 Flaggschiff der Egelsbacher Firma ist der
Turbinenhubschrauber Agusta A109.
4
Fotos: Heli Transair, Samuel Pichlmaier (3)

Rettungsflüge an die ADAC Luftrettung verkauft.

Hubschrauber an. Beson-
Rund acht Jahre später bringt ein Spezial-
ders die Ausbildung und auftrag für das Forschungsschiff Polarstern
der exklusive Service für des Alfred-Wegener-Instituts Firmengründer
die mitunter promi­nente Eberhard Herr auf neue unternehmerische
Pfade: 2006 verlegt er seine Basis von Egels-
Kundschaft stehen heute
bach nach Bremerhaven, um Offshore-Ver-
im Zentrum der Firmen- sorgungsflüge an der Nordsee anzubieten.
philosophie. Windkraftanlagen werden nun zum Dreh- und

Helikopter Special 15

1 Ausbildungsprogramm des Unternehmens.
2 Doppelausbildung zum Bachelor of Enginee-
1 Das Tochterunternehmen Rotorflug erledigt
häufig Spezialaufträge an Stromtrassen.
2 Die Reparatur und Kontrolle sensibler In-
frastruktur gehört zum Portfolio der Firma.
3 Im Gästebuch haben sich Promis wie der
Pilot und Rennfahrer Niki Lauda verewigt.
4 Die firmeneigene Hubschrauberwerft
macht Heli Transair bei der Wartung
der Fluggeräte flexibler und unabhängiger.
3 Oberbayern bis Kiel in Schleswig-Holstein, 15
4 davon sind Piloten. Hinzu kommen zahlreiche
Fotos: Heli Transair, Samuel Pichlmaier (3)
Angelpunkt des neuen Geschäftsbereichs.
2007 gründet Herr die Heli Service Interna-
tional GmbH, die später ins ostfriesische
Emden übersiedelt.
In Egelsbach übernimmt derweil Dirk Herr
die Heli Transair als Geschäftsführer und Ge-
sellschafter. Er entwickelt das Portfolio für
Charterkunden und Spezialaufträge im Bereich
Infrastruktur weiter und fördert vor allem das
„Die Flugschule ist ein ganz wichtiges Stand-
bein für uns“, betont Herr. Heli Transair gehört
heute zu nur drei Unternehmen in Europa, die
eine komplette Ausbildung vom Fußgänger
bis zum Verkehrshubschrauberpiloten anbie-
ten, die sogenannte Integrated ATPL(H)/IR.
„Mehr an Hubschrauberlizenz geht nicht“, sagt
der Unternehmer, der selbst seit 35 Jahren
Hubschrauber fliegt und fast ebenso lange
Nachwuchs ausbildet. In seinem Flugbuch
stehen mehr als 13 000 Flugstunden in Hub-
schraubercockpits aller Art.
Eine Besonderheit ist bei Heli Transair die
Wie die Orgelpfeifen:
ring in Kooperation mit der Hochschule Aachen. der Zweisitzer Cabri G2
Absolventen der Ausbildung haben nach der (vorne) neben Robinson
Prüfung die Wahl zwischen einem Arbeitsplatz R44, Eurocopter AS350
im Cockpit oder an anderer Stelle in der sehr und Airbus H125 B3E.
vielfältigen Branche. Auch für die Zukunft
sieht Herr viele Chancen für die Absolventen.
„Ich halte den Bedarf gerade an Hubschrau- Herstellers Guimbal übernommen. Die mit
berpiloten für groß.“ Die hohen Qualitätsan- Glascockpit ausgestattete G2 kommt vor allem
sprüche zeigt unter anderem eine Koopera- bei der Schulung zum Einsatz. Der Zweisitzer
tion mit der Polizei Baden-Württemberg im gilt als besonders sicher bei Autorotations-
Jahr 2019. Das Egelsbacher Unternehmen landungen.
hatte die Ausschreibung der Landespolizei
gewonnen und den Pilotennachwuchs für den Promis und TV-Action
Südwesten ausgebildet. Eine weitere Koope- Glamourös geht’s in Egelsbach manchmal
ration könnte mit der Polizei Niedersachsen beim Passagierbetrieb zu. Internationale und
folgen, bei deren Ausschreibung man sich nationale Promis wie Franz Beckenbauer
ebenfalls beworben hat. oder Elton John haben schon in einem Hub-
Heute hat die Heli Transair zusammen mit schrauber der Transair-Flotte Platz genommen.
dem Tochterunternehmen Rotorflug 45 Mit- Dabei wird der Hubschrauberflug auch gerne
arbeiter an sechs Standorten von Mauern in mal zur Showeinlage: Bei der Reality-TV-Serie
„Celebrity Hunted“ versteckte sich 2021 Ex-
Boxer Wladimir Klitschko vor seinen Verfolgern

Freelancer-Piloten, die mit der Firma zusam-
menarbeiten. Durchschnittlich fallen rund 6000
Flugstunden pro Jahr an. Zur Flotte gehören
17 Hubschrauber, darunter mehrere Turbinen-
helikopter wie Leonardo A109, Airbus EC120
oder Bell 206-B3 Jet Ranger.
Darüber hinaus hat Heli Transair 2011 auch
die Deutschland-Vertretung für den Kolben-
motor-Hubschrauber Cabri G2 des französischen
auf einem Golfplatz. Ein Helikopter aus Egels-
bach verhalf ihm schließlich zur Flucht. Bei
dem Action-TV-Format gehören solche Einla-
gen zum Entertainment wie die Kirsche auf
die Sahne­torte.
Ob solche Showeinlagen angesichts der
sich zuspitzenden Klimakrise in der Zukunft
vielleicht mit einem elektrischen Drehflügler
wie dem Volocopter über die Bildschirme flim-

Helikopter Special 16
mern, ist nicht absehbar. „Wenn ich ehrlich
bin, weiß ich nicht, wo die Reise hingeht“, sagt
Dirk Herr. Volocopter sei ein interessantes
Projekt, aber wie sich die Elektrifizierung in
der Branche umsetzen lässt, sei noch nicht
klar. Auch Drohnen hält der Unternehmer in
bestimmten Bereichen für eine wichtige
Entwicklung. „Wir sehen das aber nicht als
Konkurrenz“, so Herr. Derzeit würden die Luft-
raumstrukturen einen kommerziellen Einsatz
ohnehin noch nicht hergeben. Sorgen um die
Zukunft muss sich der Transair-Chef derzeit
wohl kaum machen. Die Nachfrage beim Pas-
sagiertransport hat zuletzt sogar angezogen,
auch bei der Ausbildung sieht er eine positive
Entwicklung. Einzig der Expresstransport von
Industrieteilen sei rückläufig. Andere Bereiche
können den Verlust dieses Standbeins derzeit
aber gut ausgleichen. Die vielseitige Aufstellung
der Dienstleistungen zahlt sich hier aus.
Auf dem Vorfeld sind die Temperaturen
inzwischen nochmals angestiegen. Die Sonne
verbrennt die letzten Grashalme. Klar ist: Um
dem Ziel einer klimafreundlichen Luftfahrt nä-
her zu kommen, müssen sich auch die Dreh-
flügler verändern. Damit sie in Zukunft noch
auf grünen Flugplätzen landen können.
 Helikopter

Als Igor Sikorsky 1923 sein

Unternehmen gründet, spielen
Drehflügler in der Luftfahrt
noch keine Rolle. Erst Ende
der 1930er Jahre beginnt der
Ingenieur mit der Konstruktion
von Hubschraubern in Haupt-
Heckrotor-Konfiguration,
was 1942 zum ersten Serien­
hubschrauber der Welt führt:
der Sikorsky R4. Heute ist
Sikorsky mit verschiedenen
Mustern für das Militär und
zivile Nutzer am Markt, darun­
Jubiläum
Foto: Lockheed Martin

ter die legendäre UH-60 Black

100 Jahre Sikorsky

Hawk und die CH-53 King
Stallion, die aktuell beim US
Marine Corps eingeführt wird.

Seenotrettung
NH90 löst Sea King ab
Generationswechsel im Search-and-Rescue-Dienst der Bundeswehr:
Mit dem Beginn des operativen SAR-Dienstes durch den NH90 Sea

Foto: Bundeswehr / Nico Theska

Lion sind die Tage der Sikorsky S-61 Sea King langsam, aber sicher
gezählt. Die Sea King, die bereits 1959 ihren Erstflug hatte, wird nun
sukzessive von dem modernen Mehrzweckhubschrauber abgelöst
werden, der ihr in nahezu allen Bereichen überlegen ist. So liegt die
Nutzlast des NH90 fast eine Tonne höher, zudem ist er bis zu 30 Kilo­
meter pro Stunde schneller. Wann die S-61 zu ihrem letzten SAR-Flug
startet, gab die Bundeswehr noch nicht bekannt.
Foto: Airbus Helicopters / Tom Van Oossanen

edm aerotec

CoAX 600 erhält

Musterzulassung

Airbus-Meilenstein
H175 reif für China
Airbus hat für seine H175 jüngst die Zulassung der chine­
sischen Luftfahrtbehörde CAAC erhalten. Damit ist neun
Jahre nach der EASA-Zulassung für Airbus der Weg frei,
den Hubschrauber der Sieben-Tonnen-Klasse auch auf
dem wachsenden Markt in China anzubieten. Vor allem im
Offshore-Bereich verspricht man sich gute Verkäufe.

Helikopter Special 18
 European Rotors
Branchentreff in Madrid
Technische Neuheiten, Operator-Talk und jede Menge
Konferenzen rund um das Thema Drehflügler: Auch in REINVENTED HELICOPTER SEATING
diesem Jahr lädt die European Helicopter Association in
Kooperation mit der EASA und der Helicopter Association
International zum Branchentreff European Rotors ein.
Dieses Mal findet die Messe, die sich vor allem als Plattform
FLYWEIGHT®
für den Austausch zwischen Herstellern und Betreibern von Make AUTOFLUG FLYWEIGHT® part of your
Hubschraubern versteht, in Madrid statt. Vom 27. bis 30. team and tackle the next mission!
November kommt hier zusammen, was in der Heli-Branche
Rang und Namen hat.

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HIGHLY ROBUST DESIGN
Foto: Patrick Holland-Moritz

EXTREMELY FLEXIBLE
8.8 KG IN BASE VARIANT

500 000
Flugstunden haben
die jüngsten Versionen
des Transporthub-
schraubers Bell UH-1Y Venom und der darauf basierende Kampf-
hubschrauber Bell AH-1Z Viper bis heute absolviert. Rund 400
der Hubschrauber sind inzwischen ausgeliefert.

Mit dem CoAX 2D etablierte der Helikopter-

hersteller edm aerotec aus Thüringen das
Koaxialrotorsystem im Markt der UL-Hub-
schrauber. Jetzt erhielt mit dem CoAX 600
dessen großer Bruder seine DULV-Muster-
zulassung. Er schöpft die maximale Ab-
flugmasse der aktuellen LTF-ULH voll aus.
JOIN THE
Das heißt konkret: mehr Leistung, mehr
Zuladung, bessere Performance. So bietet
der CoAX 600 eine Payload von stattlichen
260 Kilogramm, und mit einem Sechs­-
­zy­linder-Boxer von UL Power mit 160 PS
TEAM!
Startleistung dürfte kaum der Eindruck
aufkommen, untermotorisiert unterwegs
Foto: edm aerotec

zu sein.

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Helikopter

Mr. Robinsons
Revolution
Kaum ein anderer hat die zivile Helikopterfliegerei in den vergangenen Jahrzehnten derart ge-
prägt wie Frank Robinson. Dem Ingenieur gelang, was viele für nicht möglich hielten: die Kon-
struktion eines Helikopters, der in Anschaffung und Betrieb erschwinglich ist. Diesem Konzept
bleibt die von ihm gegründete Robinson Helicopter Company auch nach 50 Jahren treu.

Text Tashi Dolma Hinz Fotos Robinson

D
as Geheimnis des Erfolgs liegt darin, alles so einfach wie
möglich zu halten“, fasste Gründer Franklin Davis „Frank“
Robinson seine Firmenphilosophie 2004 in einem Inter-
view in Worte. Geboren am 14. Januar 1930 in einer Klein-
stadt unweit von Seattle wird Robinsons Kindheit von der Weltwirt-
schaftskrise geprägt. Um sich das College und die Universität
finanzieren zu können, heuert er zunächst bei der Handelsmarine
an, ehe er der US Army beitritt und im Koreakrieg dient. 1957 schließt
er sein Maschinenbaustudium an der Universität in Washington ab
und vertieft seine Studien als Luftfahrtingenieuer an der Graduate
School in Wichita. Zeitgleich engagiert ihn die Cessna Aircraft Com-
pany, um an der Entwicklung der CH-1 Skyhook mitzuwirken, des
einzigen von Cessna gebauten Helikopters. Es folgen Anstellungen
bei Umbaugh Aircraft Corporation, McCulloch Motor Company, Kaman
Aircraft, Bell Helicopter und der Hughes Helicopters Company, wo
er sich umfangreiches Fachwissen aneignet und zum Experten für
Heckrotorsysteme wird.
Robinson aber hat größere Pläne: Sein Ziel ist es, einen doppel-
sitzigen Helikopter zu konstruieren, so kostengünstig in Anschaffung
und Betrieb, dass er für viele erschwinglich ist. Von seinem Arbeit-

Helikopter Special 20
geber wird die Idee als illusorisch abgestempelt, doch gewinnt der
Visionär seinen Freund Cecil LeFiell als Investor und gründet 1973 die
Robinson Helicopter Company. Die Entwicklung beginnt in Wohnzim-
mer und Garage seines Wohnsitzes im kalifornischen Rancho Palos
Verdes. Nachdem die sich in ihrer Ruhe gestörten Nachbarn die Raum-
ordnungsbehörde einschalten, zieht das Unternehmen 1975 in einen
Hangar am Torrance Municipal Airport und vollendet dort den Proto-
typ der R22. Am 28. August 1975 ist es schließlich so weit: Frank
Robinson absolviert mit der N67010 den Jungfernflug. „Die ersten
Testflüge verliefen so reibungslos, es war schon fast unheimlich“,
erzählt er einem Journalisten der „Daily Breeze“ später. Aufgrund
zweier Vorfälle während der Erprobungsphase – der erste ist auf eine
zu geringe Rotordrehzahl während einer Autorotation zurückzuführen
und der zweite auf eine strukturelle Schwachstelle zwischen Finne
und Heckausleger – erhält die R22 aber erst am 16. März 1979 die
Zulassung von der US-amerikanischen Luftfahrtbehörde.
Keep it as simple as possible
Das simple, zugleich aber äußerst durchdachte Konzept der R22 legt
die Basis für den späteren Erfolg der Robinson-Modelle. Die Zelle
lässt sich in drei Sektionen unterteilen: die Kabine, den Motorraum
und den Heckausleger. Die Grundstruktur gibt ein Gitterrohrrahmen,
welcher von einer Glasfaserverschalung ummantelt wird. Der Heckaus-
leger ist als Monocoque konzipiert, bei welchem die Aluminium-
Außenhaut tragende Funktion übernimmt. Angetrieben wird der He-
likopter von einem luftgekühlten Lycoming-Vierzylinder-Kolbenmotor
mit Vergaser, der mit neun US-Gallonen pro Stunde verglichen mit
einer Turbine relativ wenig Treibstoff verbraucht. Während der Proto-
Im März 1979 erhält
Robinson von der FAA die
Zulassung für die R22 ...
... nachdem der Prototyp
bereits im August 1975
erstmals geflogen war.
Das Nötigste muss reichen: Wo im-
mer es geht, spart Robinson Gewicht;
so gibt es nur eine Steuersäule.
Selbst ist der Mann: Frank Robinson
absolviert viele Testflüge mit der R22
selbst, um seine Konstruktion zu prüfen.
typ noch mit dem 150 PS starken O-320-A2B fliegt, werden die spä-
teren Modelle Alpha und Beta mit dem 160 PS leistenden O-320-B2C
ausgestattet, und der Beta II erhält sogar den O-360-J2A mit 180 PS.
Gemäß Handbuch steht in niedrigen Höhen aber nur ein Teil dieser
Leistung zur Verfügung. Hinweise darauf gibt eine Plakette im Cock-
pit, auf der vermerkt ist, wie viel Leistung gemessen in Ladedruck der
Pilot bei einem bestimmten Temperatur-Höhen-Verhältnis am Kollek-
tiv abrufen darf. Dieses Derating dient in erster Linie dazu, die im
Handbuch definierte Leistung bis in größere Höhenlagen zu gewähr-
leisten – beim Beta II etwa 6500 Fuß – und den Strömungsabriss am
Rotorblatt durch ungewolltes Überziehen zu verhindern. Außerdem
werden Komponenten wie Motor und Getriebe geschont, weshalb
Lycoming die TBO des Triebwerks auf 2000 Stunden festlegt. Grund-
überholt werden muss der gesamte Hubschrauber nach spätestens
zwölf Jahren oder 2200 Betriebsstunden.
Die Kraftübertragung erfolgt mittels einer Riemenkupplung auf das
Spiralkegelrad-Untersetzungsgetriebe, welches das Drehmoment über
eine Welle auf den Rotorkopf leitet. Frank Robinson entscheidet sich
für einen halbstarren Zweiblattrotor, ein relativ einfaches System, bei
dem das gegenüberliegende Blatt die Schlag- und Schwenkbewe-
gungen aerodynamisch dämpft. Da das Blatt im Ruhezustand und bei
geringen Drehzahlen relativ weit ausschlagen kann, wird zum Schutz
der Zelle ein hoher Mast erforderlich, was zugleich die Bodenfreiheit
und damit auch die Sicherheit erhöht. Um Rotorkopf und Blattwurzel
zu schonen und entsprechend leichter bauen zu können, konstruiert
er den „tri-hinge underslung rotor hub“ und lässt ihn patentieren. Ein
Helikopter Special 21
starker Zweiblatt-Heckrotor sorgt für den Drehmomentausgleich. Auf
eine Hydraulik verzichtet er gänzlich.

Erste Schulflüge mit Hindernissen

Die erste R22 wird im Oktober 1979 an Timothy „Tim“ Tucker verkauft,
den Geschäftsführer von Pacific Wing & Rotor Inc., der den Hub-
schrauber für Schulungszwecke einsetzt. Viele Flugschulen folgen
seinem Beispiel. „Ich habe den Ausbildungsmarkt unterschätzt“, er-
innert sich Frank Robinson in einem Interview aus dem Jahr 2010.
Zahlreiche Flugschüler lernen nun mit auf dem Muster noch relativ
unerfahrenen Fluglehrern, was zu einer Serie von Unfällen führt. Der
R22 ist ein zuverlässiger Helikopter, der jedoch konstruktionsbedingt
mit Bedacht geflogen werden will. Das halbstarre Zweiblattsystem
ist nicht für Flugzustände mit weniger als +1 g ausgelegt. Piloten, die
sich dieser Thematik nicht bewusst sind, riskieren durch falsche Steu-
erimpulse eine Beschädigung des Mastes durch die Schlaggelenke,
was im schlimmsten Fall zu dessen Abriss führt. Aufgrund der gerin-
gen Masse verliert das Rotorsystem bei einem Triebwerksausfall zu-
dem rasch an Drehzahl. Reagiert der Pilot nicht schnell genug am
Kollektiv, droht ein Strömungsabriss am Rotorblatt. Um für die Pro-
blematik zu sensibilisieren, veröffentlicht Robinson im Januar 1981
die erste „Safety Notice“ und lanciert 1982 den „Flight Instructor
Safety Course“. Die Maßnahmen zeigen Wirkung, und die Unfallzah-
len gehen zurück.
In der Arbeitsfliegerei zeigt sich, wie vielseitig die R22 einsetzbar
ist: Flying Cowboys treiben mit ihr das Vieh zusammen, Pipeline-
Kontrolleure prüfen Leitungsnetze, Fotografen schießen Luftaufnahmen,
Polizisten führen Überwachungsflüge durch und Thunfisch-Spotter
spüren Schwärme im Ozean auf. Der Hersteller reagiert auf die Be-
dürfnisse der Industrie, indem er die Reichweite mittels Zusatztank Dass Robinsons auch bei
erhöht und im Oktober 1985 die R22 Mariner mit fest installierten Extrembedingungen fliegen, zeig-
Schwimmern einführt. Außerdem forschen die Ingenieure an einem te eine Nordpol-Expedition.
Drehzahlregler, um die Arbeitsbelastung im Cockpit zu reduzieren, und
bringen den Governor im Februar 1990 auf den Markt.

Präsident und Terminator: George

W. Bush und Arnold Schwarzen-
egger zu Besuch bei Robinson.

Jennifer Murray (l.) umrundete

in ihrer R44 insgesamt drei Mal
die Erde.

Helikopter Special 22
 Hätten Sie investiert? Robinsons
erster Firmensitz jenseits der
Privaträume des Gründers.

Frank Robinson bei einem Heute produziert Robinson am

der ersten Flüge mit dem Torrance Municipal Airport auf einer
Prototyp der Robinson R44. Fläche von gut 57 000 Quadratmetern.

Eroberung des zivilen Marktes Avgas für die verbauten Lycoming-Motoren vielerorts ein rares Gut.
Nachdem sich das Konzept der R22 so gut bewährt, entwickelt Ro- Daher soll ein Hubschrauber mit Jet-Fuel-Antrieb das Portfolio kom-
binson einen viersitzigen Drehflügler, die R44 Astro, dessen Prototyp plettieren. Nachdem kein geeigneter Kolbenmotor am Markt erhältlich
N44RH am 31. März 1990 zum Erstflug startet. Die FAA-Zulassung ist, trifft Robinson 2005 eine Vereinbarung mit Rolls-Royce über die
folgt am 10. Dezember 1992. Angetrieben wird die Astro von einem Entwicklung des Turbinentriebwerks RR300, das auf der RR250-Serie
260 PS starken Lycoming O-540 FIB5. Die Nachfrage nach dem Mo- basiert. Am 7. November 2007 startet die fünfsitzige R66 zum Erstflug
dell ist groß, woraufhin Robinson
weitere Varianten auf den Markt bringt:
1996 den Clipper mit Schwimmern
und verbessertem Korrosionsschutz
für Einsätze auf See, 2000 den Raven
I mit hydraulischer Ansteuerung des
Hauptrotors, 2002 den neu motori-
sierten Raven II mit Einspritzung und
28-Volt-Bordnetz. Für die besonderen
Bedürfnisse von Presse und Polizei
lässt Robinson Ende der 1990er Jah-
re den „Police Helicopter“ und den
„Newscopter“ zertifizieren. Die R44
entwickelt sich zum Verkaufsschlager
im In- und Ausland.
Zu Beginn der Jahrtausendwende
exportiert der Hersteller bereits eine
erhebliche Anzahl seiner Helikopter
ins Ausland, allerdings ist verbleites
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Foto: Tashi Dolma Hinz
Robinson ist bis
heute Marktführer bei
kleinen Zivilhubschraubern.
Herausforderungen sind
Wachstumschancen
Herr Robinson, als Geschäftsführer haben Sie die Robinson
Helicopter Company bereits mehrfach erfolgreich durch
globale Krisen gebracht. Wie gelingt es Ihnen, das Unter-
nehmen in turbulenten Zeiten auf Kurs zu halten?
Kurt Robinson: Ich achte auf
konstruktiven Austausch mit
Zulieferern, Händlern und Ser-
vice Centern, was mir hilft,
Probleme frühzeitig zu erken-
nen und gute Lösungen zu er-
arbeiten. Außerdem habe ich
ein kompetentes Team, auf das
ich mich verlassen kann und
das ich in die Entscheidungs-
prozesse mit einbeziehe.
Mit welchen Herausfor-
derungen sehen Sie sich
aktuell konfrontiert?
Die technologische Entwick-
Helikopter Special 24
Die Nachfrage nach R44
und R66 ist ungebrochen,
die Produktion ausgelastet.
Ob an Land oder auf See –
die Robinson-Muster sind
überall im Einsatz.
Kurt Robinson im Interview
lung schreitet rasant voran, worin ich jedoch keine Herausforde-
rung, sondern vielmehr eine Wachstumschance sehe. So reduzieren
beispielsweise ausgereifte Stability Augmentation Systems (SAS)
und Autopiloten die Arbeitsbelastung im Cockpit und öffnen die Tür
für die IFR-Zulassung einmotoriger Helikopter.
Kommen solche Systeme bei Robinson bereits zum Einsatz?
Ja, aktuell verfügbar ist der Genesys HeliSAS Autopilot in R44 und
R66, der durch korrigierende Eingaben am Cyclic die Stabilität er-
höht. Außerdem kann das System Kurs und Höhe halten sowie mit-
tels VOR- oder GPS-Signalen navigieren.
Angesichts der zunehmenden Automatisierung scheint der
Schritt zum selbstfliegenden Helikopter nicht mehr weit.
Der UAV-Sektor ist sicherlich nicht zu unterschätzen, die Kernkom-
petenz von Robinson liegt jedoch bei bemannten Luftfahrzeugen,
welche unter viel strengere Sicherheitsvorschriften fallen.
Technologische Fortschritte wurden in den vergangenen
Jahren nicht nur in der Avionik, sondern insbesondere auch
 aerokurier-Autorin Tashi
Dolma Hinz (r.) ist selbst
Robinson-Pilotin mit CPL(H).

und erhält am 25. Oktober 2010 die Zulassung der FAA. Die Ent-
wicklung der R66 ist der krönende Abschluss von Frank Robinsons
Karriere. Im August 2010 gibt er seinen Rücktritt bekannt, sein
Sohn Kurt tritt die Nachfolge an.

Robinson schreibt Geschichte

Im November 2011 verlässt der 10 000. Helikopter die Produktions-
halle. Kurt Robinson widmet sich indes der Modellpflege. Im Feb-

CELEBRATE
ruar 2014 führt der Hersteller erste Glascockpits ein, und im August
2015 sind R44 und R66 mit Autopilot und Aspen Primary Flight
Displays erhältlich. 2016 kommt der doppelsitzige Cadet mit erwei-
tertem Cargo-Compartment auf den Markt, Im April 2021 rollt die

TH
13 000. Robinson aus dem Werk. All das erlebt Frank Robinson noch
mit, bevor er im November 2022 im Alter von 92 Jahren verstirbt.
Mit ihm verliert die Luftfahrt einen Vordenker, der die zivile Helikop-
terfliegerei der vergangenen 50 Jahre geprägt hat wie niemand zu-
OUR 30
vor und dem es allen Vorbehalten zum Trotz gelang, einen kleinen,
preiswerten Helikopter zu entwickeln, der noch heute vielen Piloten
den Traum vom Hubschrauberflug möglich macht.
ANNIVERSARY
bei alternativen Antriebssystemen erzielt. Das Unterneh-
men Tier 1 Engineering arbeitet seit 2006 an der Elektri-
SHOW WITH US
fizierung der R44 und konnte am 13. September 2016 April 17 – 20, 2024
den erfolgreichen Erstflug durchführen. Wie stehen Sie
zu grünen Antriebstechnologien? Friedrichshafen | Germany
Tier 1 Engineering verfolgt einen spannenden Ansatz und kann
dabei auf die Unterstützung der Robinson Helicopter Company
zählen. Mein Ingenieursteam und ich möchten uns jedoch nicht
In cooperation with
auf ein bestimmtes Antriebskonzept festlegen, sondern uns die
Freiheit lassen, die für das jeweilige Muster und den jeweiligen
Einsatzbereich ideale Motorisierung auszuwählen. Bei R22 und
R44 waren das bislang Vier- respektive Sechszylinder-Lycoming-
Motoren. Bei der R66 erwies sich die Rolls-Royce-Turbine als
beste Wahl. Sollte sich ein anderer Antrieb, etwa ein Diesel- HELICOPTER
oder Elektromotor, als praktikabler herausstellen, würden wir HANGAR
den Einbau in Betracht ziehen.
HALL B5
Das klingt ganz nach der pragmatischen Robinson-Philo-
sophie. Sie sind selbst Hubschrauberpilot. Was schätzen
Sie an Ihren Mustern, und wie hilft Ihnen die Anwender-
perspektive bei Entscheidungen?
Als Pilot gefällt mir die relativ einfache Handhabung und die
übersichtliche, musterübergreifende Konfiguration, was die Um- #weareGA
schulung von der R22 zur R44 und R66 intuitiv gestaltet. Es fällt #aerofriedrichshafen
mir leichter, konstruktive Entscheidungen nachzuvollziehen und
die Bedürfnisse der Kundschaft zu verstehen. Und darüber hi-
naus macht es natürlich einfach Spaß, einen Robinson-Helikop-
ter zu fliegen.
Das Interview führte Tashi Dolma Hinz
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und VIP-Flüge. Am Flugplatz, 61203 Reichelsheim, Tel.: +49 (0)6035 91000,
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77836 Rheinmünster, Tel.: +49 (0)7229 3050, www.becker-avionics.com
OO Reibel Air Service GmbH
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Tel.: +49 (0)7229 699000, www.reibelair.de

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dung, Maintenance, CAMO. Peter-Geibel-Straße 24, 61381 Friedrichsdorf,
Tel.: +49 (0)6007 91410, www.rotorflug.com
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Tel.: +49 (0)176 22372348, www.schwarzwald-helikopter.de
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Hans-Fleissner-Straße 50, 63329 Egelsbach, Tel.: +49 (0)6103 94150, OO ADAC Luftrettung gGmbH
www.helitransair.com Luftrettung. Hansastr. 19, 80686 München, Tel.: +49 (0)89 76760,
www.luftrettung.adac.de
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82024 Taufkirchen, Tel.: +49 (0)89 64955500, www.htm.de

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OO ViaHeli GmbH Tel.:+49 (0)89 649555700, www.intercopter.de
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Tel.: +49 (0)6391 4094717, www.viaheli.aero Flugausbildung. Ludwig-Bölkow-Allee 1, 82084 Taufkirchen,
Tel.: +49 (0)89 45244 55914, www.eurofly-aviation.de
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www.transavia.cc Luftarbeit, Maintenance, CAMO. Claude-Dornier-Str. 1, 82131 Weßling,
Tel.: +49 (0)4921 36801-330, www.heliservice.de
OO Civil Aviation Training Europe
Theoretische Flugausbildung. Am Flugplatz 6, 67547 Worms, OO Heliteam Süd
Tel.: +49 (0)6241 4000 40, www.cat-europe.com Geschäftsflüge, Reiseflüge, Rundflüge, VIP-Flüge, Überwachungsflüge, Cargoflüge,
Fotoflüge, Flugausbildung. Bürgermeister-Graf-Ring 10, 82538 Geretsried,
OO Heli Seven GmbH Tel.: +49 (0)8171 41990, www.heliteam.online
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Pipelineflüge, Waldbrandbekämpfung. Seckenheimer Landstraße 172,
68163 Mannheim, Tel.: +49 (0)621 79944698, www.heliseven.de

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Tel.: +49 (0)8685 37799-0, www.global-helicopter-service.com
Tel.: +49 (0)711 933060, www.dc-aviation.com

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Luftrettung, Maintenance, Flugschule/ATO, Ambulanzflüge. Rita-Maiburg-Straße 2, Flugausbildung. Flughafenstraße 6, 86169 Augsburg, Tel.: +49 (0)821 705075,
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OO Meravo-Luftreederei GmbH OO ViaHeli GmbH

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Tel.: +43 (0)4265 20900, www.ara-flugrettung.at Brunnmatt 6a, 6264 Pfaffnau, Tel.: +41 (0)62 7540101,
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Impressum
Das Helikopter Special ist eine Sonderpublikation von aerokurier und
FLUG REVUE. Es liegt der aerokurier-Gesamtauflage 9/2023 sowie
der Abo-Auflage der FLUG REVUE 10/2023 bei.
REDAKTION: Leuschnerstr. 1, 70174 Stuttgart, Telefon: +49 711 182-
2800, Fax: +49 711 182-1781, E-Mail: redaktion@aerokurier.de, Inter-
net: www.aerokurier.de
Redak­t ionsleitung: Lars Reinhold (verantw. i. S. d. Presserechts)
Redaktion: Patrick Holland-Moritz, Samuel Pichlmaier
Produktionsleitung: Marion Hyna Schluss­redaktion: Jutta Clever
Grafik und Layout: Harald Hornig (Leitung), Marion Hyna, Katrin Sdun
Repro: Otterbach Medien KG GmbH & Co., 76437 Rastatt Sekreta-
riat: Iris Heer
VERLAG: Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG Geschäftsfüh-
rung: Dr. Andreas Geiger, Jörg Mannsperger Publisher Luft- und
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