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Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen

und Perspektiven

Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

1 Private Wealth Banking in Deutschland – Potenziale und Wettbewerber


1.1 Einleitung und Begriffsabgrenzung
1.2 Wettbewerbssituation im Private-Wealth-Banking-Markt

2 Attraktivität des Marktes und Marktentwicklung


2.1 Entwicklung von Kundenanzahl und Vermögen im Private Wealth Banking
2.2 Vermögensstrukturen nach Kundensegmenten
2.3 Ertragspotenziale für Banken und Finanzdienstleister
2.4 Exkurs: Wachstumstrends im Private Banking – Potenziale im Firmenkunden-
geschäft und Verbundinitiativen im öffentlichen Bereich
2.4.1 Integrierte Wachstumsstrategie über Kooperation mit dem Firmenkunden-
geschäft
2.4.2 Wachstumsansatz Private Banking in Verbundorganisationen
2.5 Herausforderungen und Trends für den deutschen Private-Wealth-Banking-Markt
2.5.1 Umsetzung regulatorischer Auflagen und deren Berücksichtigung im
Beratungsprozess
2.5.2 Veränderung der Kundenanforderungen infolge der Finanzmarktkrise
2.5.3 Veränderung des Kundenverhaltens durch Digitalisierung
2.5.4 Kultur und Werte im Private Banking
2.5.5 Anforderungen an den Berater im Private Banking

3 Fazit und Ausblick

Literatur

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
H. Brost et al. (Hrsg.), Private Banking und Wealth Management, Edition
25
Frankfurt School, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23779-0_2
1 Private Wealth Banking in Deutschland – Potenziale und
Wettbewerber

1.1 Einleitung und Begriffsabgrenzung


Eine signifikante Präsenz im deutschen Private-Wealth-Banking-Markt wird für eine
Vielzahl von Anbietern in diesem Marktsegment seit einigen Jahren immer bedeutsamer.
Banken in diesem Marktsegment suchen nach neuen Ertragsquellen, um Alternativen zu
sinkenden Erträgen in klassischen Geschäftsfeldern, wie z.B. im Retail-Geschäft bei
Sparkassen und Volksbanken oder im Investment Banking bei Großbanken, zu erschlie-
ßen. Zudem möchten sich die Banken den positiven Eigenkapitaleffekt aus diesem Ge-
schäftsfeld im Hinblick auf die künftigen Anforderungen gemäß Basel III sichern. Neben
den etablierten Anbietern aus dem In- und Ausland entdecken verstärkt auch Volks-
banken und Sparkassen den Private-Wealth-Banking-Markt in Deutschland als lohnens-
wertes Marktsegment. Trotz der Auswirkungen der Finanzmarktkrise hat sich dieser
Trend auf dem deutschen Markt weiter fortgesetzt: Denn Deutschland ist aufgrund sei-
ner hohen Anzahl vermögender und sehr vermögender Privatpersonen weiterhin einer
der attraktivsten Märkte für Private Wealth Banking in Europa. So lebten in Deutschland
2010 ca. 8,5% aller vermögenden Privatpersonen der Welt (Personen mit einem liquiden
Vermögen von mehr als 1 Mio. USD) – bei gleichzeitig prognostiziertem positiven
Wachstum der Anzahl vermögender Privatpersonen in den kommenden Jahren; damit ist
Deutschland nach den USA und Japan das Land mit der höchsten Anzahl an vermögen-
den Privatpersonen auf der Welt. Dieser Trend verstärkt sich weiter u.a. durch den Trend
zur Repatriierung von Vermögen aus dem Ausland nach Deutschland, da deutsche Kun-
den bisher über deutliche Vermögenswerte im Ausland verfügt haben und diese infolge
der Steuerabkommen nun zurückholen.

Ist dieses Kundensegment bei aller Attraktivität der Kunden auch ein profitables Ge-
schäftsfeld für Finanzdienstleister und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Folgende Fragen werden dazu in diesem Beitrag beantwortet:


• Wie attraktiv ist das Private Wealth Banking in Deutschland aus heutiger Sicht und in
welchen Kundensegmenten liegen die Ertragspotenziale? Wie wird es sich weiter-
entwickeln?
• Welche Wachstumsmöglichkeiten lassen sich u.a. im Markt beobachten?
• Mit welchen Herausforderungen sehen sich die Anbieter im Private Wealth Banking
konfrontiert und mit welchen Trends müssen sie sich beschäftigen?

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Primäres Merkmal der Kundensegmentierung im Private Wealth Banking ist bei der Viel-
zahl der Wettbewerber noch immer das liquide Vermögen der Kunden (Barvermögen,
Wertpapiervermögen und Bankeinlagen), auch wenn eine stärkere Differenzierung der
Kundensegmente nach weiteren Faktoren zunehmend bedeutsamer wird. Hinsichtlich
der Einstiegsgrenzen zeigt ein Marktüberblick ein deutlich heterogenes Bild des Kunden-
segmentes Private Wealth Banking.

Eine Vielzahl der Privat- und Großbanken ordnet Kunden ab einem liquiden Vermögen
von mehr als 500.000 EUR dem Private-Wealth-Banking-Segment zu. Im Volksbanken-
und Sparkassensektor hingegen beginnt die Segmentgrenze des Private-Wealth-Banking-
Angebots oftmals bereits ab 250.000 EUR. Der Trend einer deutlichen Reduzierung der
Einstiegsgrenzen hat sich nach einer zunehmenden Retailisierung des Segmentes in den
letzten Jahren entscheidend umgekehrt, denn ein nachhaltig rentables Private-Wealth-
Banking-Segment mit entsprechendem Dienstleistungs- und Service-Portfolio ist nur für
Kunden, die über ein entsprechendes liquides Vermögen verfügen, dauerhaft darstellbar.
Daher betonen Anbieter wieder stärker die Exklusivität des Segmentes und analysieren
ihren Kundenbestand hinsichtlich der notwendigen Mindesteinstiegsvolumen.

Abbildung 1: Segmentierungsgrenzen im Private Banking

Segmentgrenzen und Betreuungspannen einzelner Wettbewerber


In TEUR liquides Vermögen Proklamierte Einstiegsgrenze Top-Segment
Tatsächliche Einstiegsgrenze Top-Segment

5.000 Anzahl Kunden je Berater

20
2.000
30-50

1.000
30-60

500 ~50

60-80

250
80-100

Quelle: Elite Report 2012, Fuchs Report 2012, zeb/research

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Projekterfahrungen der Managementberatung zeb/ zeigen, dass sich ab einem liquiden


Vermögen von 500.000 EUR der Kundenbedarf signifikant vom Affluent-Geschäft zu
unterscheiden beginnt und ein anderes Leistungsangebot und eine umfassendere Beratung
zu unterschiedlichen Fragestellungen (bspw. unternehmerische Beteiligungen, Vermö-
gensverwaltung, Immobilienmanagement etc.) von der Bank gefordert wird, um in der
Gesamtvermögensbetrachtung auch die übrigen Asset-Klassen des Kunden umfassend
bedienen zu können. Dementsprechend wird diese Größenordnung als kritische Min-
desteinstiegsgröße für einen Private-Wealth-Banking-Antritt gesehen.

1.2 Wettbewerbssituation im Private-Wealth-Banking-Markt


Der Markt für Private Wealth Banking (PWB) in Deutschland ist stark fragmentiert.
Bezogen auf die Assets under Management (AuM) wird der Markt in Deutschland pri-
mär von Groß- und Privatbanken dominiert. Ca. 24% des betreuten Vermögens entfallen
auf integrierte Groß- und Universalbanken wie Deutsche Bank, Commerzbank, Hypo-
Vereinsbank oder namhafte ausländische Anbieter wie UBS oder Credit Suisse – sie
konnten Marktanteile durch die Integration von Privatbanken, aber auch durch ihre for-
cierten Aktivitäten im Private Wealth Banking steigern.

Rund 35% des Private-Wealth-Banking-Vermögens wird von klassischen Privatbanken


verwaltet. Hier ist ein leichtes Absinken der Marktanteile zu verzeichnen, im Wesent-
lichen bedingt durch das Verschwinden selbstständiger Privatbanken.

Ebenfalls ca. 35% liegen bei Sparkassen, deren Landesbanken und Genossenschafts-
banken, die durch ihre Private-Wealth-Banking-Initiativen und durch die Marktverände-
rungen im Zuge der Finanzmarktkrise an Marktanteilen gewonnen haben.

Auf Family Offices und freie Vermögensverwalter entfallen ca. 6% der AuM im deut-
schen Markt, diese Zielgruppe gewinnt v.a. bei hochvermögenden Privatkunden immer
stärker an Bedeutung.

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Abbildung 2: Marktanteile im Private Wealth Banking

Marktanteile1) Anbieter PWB-Segment nach Geschäftsmodellkategorien in 2011


D und CH Sparkassen und
Großbanken Privatbanken VR-Banken Family Offices

u. v. a. u. v. a.

Marktanteil
24% 35% 35% 6%
nach AuM

Markttrends // Erfolgreicher
Erfolgreicher Markteintritt
Markteintritt und
und -ausbau
-ausbau der
der regionalen
regionalen Anbieter
Anbieter (Sparkassen,
(Sparkassen, DZ
DZ Privatbank)
Privatbank)
// Stärkung
Stärkung ausländischer
ausländischer Anbieter:
Anbieter: HSBC
HSBC Trinkaus
Trinkaus und
und Bethmann
Bethmann Bank
Bank mit
mit Marktanteil
Marktanteil 6%
6% (2010:
(2010: 5%)
5%)
// Weiterhin
Weiterhin hohe
hohe Bedeutung
Bedeutung unabhängiger
unabhängiger (Multi)
(Multi) Family
Family Offices:
Offices: 6%
6% Gesamtmarktanteil
Gesamtmarktanteil

1) Relevant Set zur Marktanteilsbetrachtung in Deutschland besteht aus den genannten Instituten und: Bankhaus Lampe, Bethmann Bank,
Donner & Reuschel, Fürst Fugger Privatbank und Merck, Finck & Co

Quelle: Geschäftsberichte, Elitereport, Presse, Fuchsbriefe, Statista, Investors Marketing, zeb/


research

Insgesamt beobachten wir gegenläufige Trends im Markt, deren Auswirkungen in den


nächsten Jahren zu bewerten sein werden:
• Klassische unabhängige Privatbanken sind im deutschen Private-Wealth-Banking-
Markt eine zurückgehende Spezies. So sank die Anzahl der Privatbanken seit 1998 von
56 auf ca. 16 im Jahr 2010. Zumeist wurde die Eigenständigkeit durch Verkauf in einen
Konzern hinein aufgegeben.
• Verstärkte Private-Banking-Aktivitäten seitens der Sparkassen und Genossenschafts-
banken – regional initiiert und zentral unterstützt.
• Rückzugstendenz des Schweizer Anbieters.
• Weitere Markteintritte kleiner Vermögensverwalter.
• Ein intensiver Wettbewerb mit steigender Tendenz: Der Markt befindet sich durch die
hohe Wettbewerbsintensität im Umbruch, verstärkt durch die gestiegene Wechsel-
bereitschaft der Kunden, v.a. ausgelöst durch die Finanzmarktkrise.

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Wie attraktiv ist der Private-Wealth-Banking-Markt in Deutschland tatsächlich und


welche Erträge können hier erreicht werden? Auf die Beantwortung dieser Frage wird im
Folgenden vor dem Hintergrund der Wettbewerbsintensität ein besonderer Fokus gelegt.

2 Attraktivität des Marktes und Marktentwicklung

2.1 Entwicklung von Kundenanzahl und Vermögen im Private


Wealth Banking
Der Markt für Private Wealth Banking in Deutschland umfasst mehr als 400.000 Haus-
halte in den Segmenten Private Banking und Wealth Management mit einem Gesamt-
vermögen von ca. 2,5 Bio. EUR und einem Ertragspotenzial über alle Bedarfsfelder von
ca. 8,9 Mrd. EUR in 2012. Diese mehr als 400.000 Haushalte des Private Wealth Banking
entsprechen zwar nur ca. 1% aller Haushalte in Deutschland. Sie halten jedoch etwa 20%
des liquiden Vermögens bei gleichzeitig im Vergleich der unterschiedlichen Privatkun-
densegmente höheren Wachstumsraten. Ebenso findet sich eine starke räumliche Kon-
zentration, die eine Marktbearbeitung vereinfacht: Gut 20% der vermögenden Haushalte
wohnen konzentriert in zehn Großstädten; v.a. Städte wie München, Frankfurt am Main,
Hamburg und der Ballungsraum im Ruhrgebiet sind hervorzuheben.

Abbildung 3: Private-Wealth-Banking-Kunden in Deutschland

Private-Wealth-Banking-Kunden (PWB-Kunden) in Deutschland

Regionale Kundenverteilung
Liquides Haushalts- Anteil am
Vermögen verbünde Gesamtprivat- CAGR
in TEUR in Tsd. kundenmarkt 2011-2015

Wealth
Manage- > 3.000 0,08% 4 bis 6%
ment 30
PWB

Private
Banking 500-3.000 382 1,0% 2 bis 4%

Affluent
Banking 300-500 622 1,6% 4 bis 6%

Retail < 300 38.000 97,4% ~ 0%

Schwerpunkt Großstadt: In den zehn größten dt. Städten leben


ca. 20% aller PWB-Kunden, aber „nur“ ca. 13% aller Einwohner

< 250 Kunden 250-500 Kunden 500-1.000 Kunden


1.000-2.500 Kunden > 2.500 Kunden

Quelle: zeb/-Private-Banking-Studie 2012

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Neben der reinen Haushaltsanzahl von Private-Wealth-Banking-Kunden ist auch die


Vermögensentwicklung der Kunden für die Marktbetrachtung heranzuziehen. Private-
Wealth-Banking-Kunden verfügten in 2011 über ein Gesamtvermögen von 2,5 Bio. EUR.
Nach den Einbrüchen durch die Finanzmarktkrise hat sich das Gesamtvermögen der Haus-
halte wieder erholt. Für die Zukunft ist ebenfalls mit einem wiedereintretenden Wachs-
tum zwischen 3 und 5% zu rechnen.

Abbildung 4: Vermögensentwicklung im deutschen Private-Wealth-Banking-Markt

Vermögensentwicklung PWM Performance Asset-Klassen1


in Billionen EUR x% CAGR in %
250

+4% 3,0
200
2,7 2,7 14%
2,6 2,5
14% 2,5 14% 8%
2,3 12%
13% 14%
7% 7% 150
16% 8% 7%
8%
1,8 6% 39%
19% 39% 39%
40% 39% 39% 100
4% 38%

37%
50
35% 34% 35%
34% 34% 34%
35%
34%

5% 5% 5% 6% 6% 6% 6% 6% 0
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
2000 2005 2008 2009 2010 2011 2012e 2015e
Wertpapiere Immobilien Versicherungen Aken Rohstoffe Immobilien
Einlagen Beteiligungen Hedge-Fonds Anleihen

1) Referenzindizes: Aktien: MSCI WORLD, Rohstoffe: S&P GSCI Commodity Spot, Immobilien: MSCI ACWI REAL ESTATE, Hedgefonds: HFRX GLOBAL
HEDGE FUND, Anleihen: JPM GLOBAL GOVT BOND

Quelle: Capgemini/Merril Lynch World Wealth Report; Datastream; zeb/research

2.2 Vermögensstrukturen nach Kundensegmenten


Von erheblicher Bedeutung für die strategische Positionierung und Ausgestaltung von
Geschäftsmodellen im Private Wealth Banking ist die genaue Kenntnis der Kunden-
bedürfnisse und Erwartungen sowie daraus abgeleitet die Identifikation von nachhaltigen
Ertragspotenzialen. Die Analyse der Vermögensstruktur der Private-Wealth-Banking-
Kunden liefert hierfür zentrale Erkenntnisse.

Vergleicht man die Vermögensstrukturen von Private-Wealth-Banking-Kunden, zeigen


sich je nach Gesamtvermögenshöhe deutliche Unterschiede hinsichtlich der Gesamt-
Asset-Allocation und des prozentualen Anteils der einzelnen Vermögenskategorien: Je grö-
ßer die Vermögen, desto bedeutsamer aktive Beteiligungen und Immobilien als Geldanlage.

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Abbildung 5: Vermögensstruktur Private Banking

Gesamtvermögensstruktur

Vermögensallokation nach
Asset-Klassen Gesamtvermögen in Mio. EUR

4% 1% / Kernklientel im Private Wealth


Beteiligungen aktiv 21%
12% Banking mit liquidem Vermögen
37% > 3 Mio. EUR mit Gesamtver-
Beteiligungen passiv 3%
8% mögen von ca. 10-15 Mio. EUR
25%
Absicherung und Vorsorge 5% / Anteil unternehmerisch ge-
21% 4% prägtes Vermögen nimmt
20% mit zunehmendem Gesamt-
Liquides Vermögen 20% vermögen deutlich zu
25%
Immobilien vermietet / Anforderung an Banken,
Beratungsangebot für alle Asset-
38% 29% Klassen anbieten zu können
Immobilien selbst genutzt 22%
5%

1-2,5 2,5-7,5 7,5-15

Quelle: zeb/research

Der Vergleich der Asset Allocation zeigt verschiedene Implikationen für das Beratungs-
modell der einzelnen Anbieter: So sollte z.B. das Beratungsangebot der Tatsache Rech-
nung tragen, dass die relative Bedeutung des liquiden Vermögens mit wachsendem Ge-
samtvermögen signifikant abnimmt – ganzheitliche Beratung in allen Asset-Klassen wird
zunehmend zum Erfolgsfaktor der Potenzialerschließung.

2.3 Ertragspotenziale für Banken und Finanzdienstleister


Betrachtet man die aktuelle Ertragssituation im Private Wealth Banking, wird der Ein-
fluss der Finanzmarktkrise auf die Ertragssituation der einzelnen Wettbewerber deutlich.
Das Gesamtertragspotenzial p.a. im Private Wealth Banking ist von 8,9 Mrd. EUR im
Jahr 2000 auf 11,1 Mrd. EUR im Jahr 2008 gestiegen. Die Finanzmarktkrise führte zu
einer signifikanten Reduktion des Potenzials auf ca. 8,2 Mrd. EUR im Jahr 2009. Bis 2011
hat sich das Ertragspotenzial wieder auf 8,9 Mrd. EUR erholt. Bis 2015 rechnen wir mit
einer Zunahme des Gesamtertragspotenzials auf ca. 10,2 Mrd. EUR.

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Das Ertragspotenzial von 8,9 Mrd. EUR in 2011 verteilt sich zu 6,4 Mrd. EUR auf das
Private-Banking-Segment (500.000 EUR bis 3 Mio. EUR liquides Vermögen) sowie zu
2,5 Mrd. EUR auf das Wealth-Management-Segment (ab 3 Mio. EUR). Bezogen auf den
einzelnen Haushaltsverbund (oftmals bestehend aus mehreren Kunden) stellt dies ein
Ertragspotenzial von ca. 17.000 EUR im Private Banking und ca. 84.000 EUR im Wealth
Management dar.

Abbildung 6: Ertragspotenziale im Private Banking

Split nach Segmenten (in Mrd. EUR) Split nach Bedarfsfeldern (in Mrd. EUR)

Gesamt 8,9 Gesamt 8,9

Wealth 2,5 4,1


Vermögen
Management 28% 46% (53%)

Private 6,4 Finanzierung/ 2,9


Banking 72% Immobilien 33% (29%)

Vorsorge 1,0 12% (11%) 54%

Sonstiges 0,9 10% (7%)

X% Werte 2011
(X%) Werte 2008

Quelle: zeb/-Private-Banking-Studie 2012

Ergänzend ist die Aufteilung dieses Potenzials auf die einzelnen Bedarfsfelder der Kun-
den zu betrachten. Es zeigt sich ein deutlicher Unterschied des Ertragspotenzials über die
einzelnen Kundengruppen, wie Abbildung 7 veranschaulicht.

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Abbildung 7: Vergleich der Ertragspotenziale über alle Bedarfsfelder

Wealth
Wealth Management
Management Private
Private Banking
Banking

84 Gesamtertragspotenzial 16,8
(100%) pro Haushalt (100%)

36 8,0
-7% Vermögensanlage -7%
(42%) (48%)

29 +2% Finanzierung & Immobilien +4% 5,4


(35%) (32%)

10 +1% Vorsorge 0% 1,9


(12%) (11%)

9 +3% Sonstiges1 +3% 1,5


(11%) (9%)

1) Unter anderem Beteiligungen, Transaktionsmanagement, Honorare für Stiftungsberatung

Quelle: zeb/research

Entgegen der marktüblichen Fokussierung auf die Vermögensanlage als zentrale Ertrags-
quelle zeigt sich eine deutliche Verteilung der Erträge über die verschiedenen Bedarfe von
der Vermögensanlage über Vorsorge und Finanzierung bis hin zu sonstigen Erträgen, wie
z.B. Stiftungen, Beteiligungen oder Transaktionsmanagement. Im Wealth Management
ist diese Streuung der Erträge noch stärker als im Private Banking: Der Anteil der klassi-
schen Vermögensanlage reduziert sich von 49% auf 42%, wohingegen sich der Anteil aus
Finanzierungen und Immobilien von 33% auf 35% erhöht. Dieser Trend spiegelt sich
analog in der Entwicklung der Gesamtvermögensstruktur mit zunehmenden Vermögen
wider, wie in Abbildung 5 dargestellt.

Zentral für die Schrumpfung des Marktpotenzials im Segment Vermögensanlage ist neben
dem beschriebenen Rückgang der AuM die Verminderung der Margen im Geschäftsfeld.
Bedingt durch Verlusterfahrungen im Rahmen der Finanzmarktkrise sowie verloren
gegangenes Vertrauen in ihre Berater verlagern vermögende Privatpersonen verstärkt
Volumen in risikoärmere und damit einhergehend margenschwächere Produktkatego-
rien. So hat sich der Anteil von Geldmarktpapieren, Tagesgeldern und festverzinslichen
Wertpapieren an der Gesamt-Asset-Allocation gegenüber 2007 um insgesamt 11% erhöht.
Darüber hinaus bestätigen Umfragen, dass die Transaktionshäufigkeit in den einzelnen
Portfolios signifikant zurückgegangen ist. In Summe ist dies ein hoher negativer Preis-
effekt, der zum Absinken des Marktertragspotenzials geführt hat.

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Wie beschrieben, nimmt mit wachsendem liquidem Vermögen die Komplexität der
Gesamtvermögenssituation deutlich zu. Die Herausforderung für die einzelnen Anbieter
im Private Wealth Banking besteht darin, ein Beratungsangebot für den Kunden zu
schaffen, das die Ganzheitlichkeit seiner Asset Allocation abdeckt und gleichzeitig der
Bank neue Ertragspotenziale eröffnet. Gerade die zusätzlichen Ertragsquellen wie Finan-
zierung, Immobilienmanagement oder auch Vorsorgefragen sind nicht nur im Sinne hoher
Ertragspotenziale attraktiv, sondern ermöglichen es auch, sich unabhängiger von der jewei-
ligen Finanzmarktsituation zu machen als dies im reinen Asset Management der Fall ist.

Denn auch wenn der Risikoappetit der Anleger auf mittlere Sicht wieder zunimmt, wird
es nicht zuletzt durch den intensiven Wettbewerb und die verstärkten Verbraucherschutz-
auflagen schwierig sein, margenstarke Produkte oder hohe Transaktionshäufigkeiten in
der Breite der Kundschaft durchzusetzen. Neue Ertragsquellen und eine Forcierung des
Geschäfts auf Bereiche mit Recurring-Erträgen sind zwingend erforderlich, soll das
Geschäftsfeld nachhaltig rentabel bleiben.

2.4 Exkurs: Wachstumstrends im Private Banking – Potenziale im


Firmenkundengeschäft und Verbundinitiativen im öffentlichen
Bereich
Wie bereits erörtert befinden sich die Anbieter im deutschen Private-Wealth-Banking-
Markt unter vielschichtigem Druck. Kritische Größen zu erreichen und neue Volumen
und Kundenverbindungen zu akquirieren, stellt die einzelnen Player vor große Heraus-
forderungen.
Ein Blick auf den Markt zeigt hier unterschiedliche Stoßrichtungen, mit denen die einzel-
nen Wettbewerbsgruppen zusätzliche Marktanteile gewinnen möchten. Wie forcieren
Institute eine integrierte Wachstumsstrategie über die Kooperation mit dem Firmenkun-
dengeschäft oder wie möchten Verbundgruppen über eigene Private-Banking-Ansätze
Marktanteile gewinnen?

2.4.1 Integrierte Wachstumsstrategie über Kooperation mit dem Firmen-


kundengeschäft

Groß- und Privatbanken mit integriertem Firmenkundengeschäft haben verstärkt die


Zielgruppe der Unternehmer als relevante Kundengruppe für sich entdeckt und ver-
suchen, diese auf der Unternehmer- und Unternehmensseite zu gewinnen. Im Fokus der
Akquisitionsbemühungen stehen Unternehmer im engeren Sinne, die i.d.R. über erheb-
liches betriebliches Vermögen verfügen und als Eigentümer aktiv unternehmerische
Entscheidungen treffen. In Deutschland gibt es ca. 350.000 Unternehmer im engeren
Sinne, dies entspricht ca. 8% aller in Deutschland lebenden Unternehmer.

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Was diese Zielgruppe insbesondere aus dem Blickwinkel von Private-Wealth-Banking-


Anbietern interessant macht, ist deren Vermögenssituation. Ein erheblicher Teil dieser
Unternehmer verfügt über ein durchschnittliches Gesamtvermögen von ca. 6-8 Mio. EUR,
wobei mit steigendem Gesamtvermögen eine relative Zunahme des Anteils unternehme-
rischen Vermögens (entspricht aktiven Beteiligungen an Unternehmen) zu beobachten
ist: Bei Unternehmerhaushalten im engeren Sinne mit einem Gesamtvermögen von 3-
5 Mio. EUR (entspricht ca. 70% aller Unternehmerhaushalte im engeren Sinne) beträgt
der durchschnittliche Anteil des unternehmerischen Vermögens ca. 20%; dieser Anteil
steigt bei Gesamtvermögen über 15 Mio. EUR auf ca. 40% (siehe Abbildung 5).

Damit wird die besondere Bedeutung dieser Asset-Klasse für Unternehmer z.B. durch
die starke ökonomische Abhängigkeit vom Wohl des Unternehmens deutlich. Bera-
tungs- und Betreuungsangebote sollten auf damit verbundene besondere Fragestellungen
Antworten geben können, wie bspw. Liquiditätsplanung zwischen unternehmerischer
und privater Sphäre, Beachtung familiärer Beziehungsgeflechte sowie für Unternehmer
in unterschiedlichen privaten wie unternehmerischen Lebenszyklussituationen (Grün-
dung/Wachstum/Übergabe vs. Vermögensaufbau/Vermögenssicherung/Vermögensüber-
tragung).

Dass ein sphärenübergreifender Beratungs- und Betreuungsansatz für einen Private-


Wealth-Banking-Anbieter aus Ertragsperspektive attraktiv sein kann, zeigen Projekt-
erfahrungen von zeb/ bei unterschiedlichen Private-Wealth-Banking-Anbietern. Beim
Vergleich von ausschließlich auf der Firmenkundenseite betreuten Kundenengagements
mit sphärenübergreifend betreuten Kundenengagements sind signifikante Ertragsdiffe-
renzen im Vergleich zum isolierten Ertrag des reinen Firmenkundenengagements fest-
zustellen; dies entspricht durchschnittlichen Ertragspotenzialen durch sphärenübergrei-
fende Kundenerschließung von mehreren 10.000 EUR pro Kunde.

Betrachtet man typische Private-Wealth-Banking-Anbieter auf dem deutschen Markt, dann


ist festzustellen, dass eine sphärenübergreifende Erschließung des Unternehmers als Ziel-
kunde bei einer Vielzahl von Marktteilnehmern durch fehlende Kooperation des Private-
Wealth-Banking- und Firmenkundengeschäfts bisher nur unzureichend umgesetzt ist.

Am Markt sind einige gute Ansätze bei der Beratung von Unternehmern zu beobachten.
Trotzdem ist branchenübergreifend aktuell zu konstatieren, dass ein tiefgreifendes Ver-
ständnis der Bedürfnisstruktur von Unternehmern im Wechselspiel zwischen Firmen-
und Privatvermögen noch zu entwickeln ist. Bisher umgesetzte Ansätze zielen eher auf
selektive Beratungsthemen ab. Eine ganzheitliche Betrachtung entlang des Lebenszyklus
des Unternehmers und seines Unternehmens ist marktübergreifend nur selten vorzufinden.

Für den Aufbau eines Angebotes zur Betreuung von Unternehmern sind neben der
bereits aufgeworfenen Fragestellung einer klaren Nutzenargumentation gegenüber den

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Zielkunden aus Sicht von zeb/ fünf weitere Herausforderungen zu erörtern, deren Aus-
gestaltung erfolgskritisch ist.
1. Systematisches Erkennen von Zielkundenpotenzialen:
• Zur systematischen Erkennung von Zielkundenpotenzialen sind die Segmentie-
rungskriterien im Private Wealth Banking um weitere Kriterien zu ergänzen, die
speziell auf die Unternehmereigenschaft ausgerichtet sind.
• Um bei bestehenden Kunden Potenziale zu identifizieren, ist neben der Etablierung
gemeinsamer Portfolio-Gespräche zwischen Firmenkunden- und Private-Wealth-
Banking-Beratern zur systematischen Potenzialanalyse und Zielkundenplanung
ein laufender Informationsaustausch erforderlich.
• Darüber hinaus muss ein systematischer Akquisitionsprozess zur Gewinnung von
Neukunden am Markt etabliert werden, wofür unterschiedliche Ansätze zur Ver-
fügung stehen.
2. Implementierung von Beratungsmodellen zur sphärenübergreifenden Beratung:
• Beratungsmodelle für eine Unternehmerberatung müssen sämtliche Vermögens-
positionen sowohl privater als auch unternehmerischer Natur berücksichtigen.
• Ziel der Beratungsmodelle ist die Erstellung der Unternehmerstrategie aus Unter-
nehmens-, Familien-, persönlicher und Vermögensstrategie des Zielkunden.
• Die Beratungsmodelle müssen neben einer gesamthaften Vermögensbilanz die Wech-
selwirkungen zwischen Privat- und Unternehmensvermögen aufzeigen und die
Handlungsfelder entlang des Lebenszyklus des Unternehmers und des Unterneh-
mens darstellen, was ein entsprechendes Produkt- und Leistungsangebot erfordert.

Abbildung 8: Wechselwirkungen zwischen geschäftlicher und privater Bilanz

Geschäftliche
Geschäftliche Bilanz
Bilanz Schnittmenge
Schnittmenge Private
Private Bilanz
Bilanz

Anlagevermögen
Anlagevermögen Eigenkapital
Eigenkapital Marktwert
Marktwert der
der Nettovermögen
Nettovermögen
// Betriebsimmobilien
Betriebsimmobilien Unternehmens-
Unternehmens-
// Kapitalmarkt-
Kapitalmarkt- anteile
anteile
risiken
risiken
// Gesellschafterdarlehen
Gesellschafterdarlehen
// Zinsrisiken
Zinsrisiken Mezzanine-Kapital/ Private
Mezzanine-Kapital/ Private Immobilie(n)
Immobilie(n) Diverse
Diverse Vorsorge-
Vorsorge-
// Sachrisiken
Sachrisiken Gesellschafter-
Gesellschafter- verpflichtungen
verpflichtungen
darlehen // Pensionsrückstellungen
Pensionsrückstellungen
darlehen

Umlaufvermögen
Umlaufvermögen Rückstellungen
Rückstellungen // Rücklagen
Rücklagen vs.
vs. Entnahmen/
Entnahmen/ Sonstige
Sonstige Immobilien,
Immobilien,
Kapitalanlagen,
Immobilien,
// Forderungs-
Forderungs- // z.B.
z.B. vAV
vAV Dividenden
Dividenden Kapitalanlagen,
Versicherungen
Kapitalanlagen, Private
Private Verbindlich-
Verbindlich-
risiken
risiken Versicherungen
Versicherungen keiten
keiten
// Rohstoffpreis-
Rohstoffpreis- Verbindlichkeiten // Eigenkapital
Eigenkapital Liquidität
Verbindlichkeiten Liquidität
risiken
risiken //Privatkredite
/Privatkredite
Privatkredite
// Währungsrisiken
Währungsrisiken // Firmenkredite
Firmenkredite

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3. Anforderungen an Kompetenzen der Berater:


• Die Betreuung von Unternehmern erfordert einen zentralen Ansprechpartner für
den Kunden, der ihm sowohl im privaten als auch im unternehmerischen Bereich
auf Augenhöhe begegnen kann und beide Bedarfsbereiche antizipiert.
• Ein existierendes Betreuungsmodell „Firmenkundengeschäft und Private Wealth
Banking“ ist für die Betreuung von Unternehmern übertragbar, jedoch ist eine Er-
weiterung der Detailkenntnisse bezüglich der jeweils anderen Seite erforderlich.
• Relationship Manager sollten auf die Unterstützung von zusätzlichen Spezialisten
zurückgreifen können, da das umfassende Leistungsspektrum ein tiefes Fachwissen
in allen Fachfragen nahezu unmöglich macht.
4. Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen Firmenkundengeschäft und Private
Wealth Banking:
• Bei der Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen Firmenkundengeschäft und
Private Wealth Banking ist der Grad der Verflechtung beider Bereiche zu definie-
ren.
• Grundsätzlich sind vier unterschiedliche Modelle denkbar, deren Vor- und Nach-
teile abzuwägen sind. Das könnte zum einen die aus separaten Bereichen beste-
hende Zusammenarbeit sein, aber auch die Integration von Beratern in die jeweili-
gen Teams.
5. Steuerungsprozess zur Unterstützung der Zusammenarbeit:
• Losgelöst von der Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen Firmenkundenge-
schäft und Private Wealth Banking muss die Zusammenarbeit zwischen den beiden
Vertriebsformaten integraler Bestandteil des Vertriebssteuerungsprozesses beider
Formate sein.
• Neben einer Vereinbarung von gemeinsamen Zielen für beide Formate, z.B. An-
zahl der übergeleiteten Kunden, Nettoneugeschäft etc., sind klare Regelungen
bezüglich der Zuordnung von Erträgen aus den akquirierten Kundenbeziehungen
erforderlich.
• Hinsichtlich der Verteilung von Überleitungs- und Ertragszielen sind am Markt
unterschiedliche Ausgestaltungen vorzufinden. Im Regelfall ist ein Revenue Sharing
oder eine Dopplung der Erträge aus übergeleiteten Kunden anzutreffen.

2.4.2 Wachstumsansatz Private Banking in Verbundorganisationen

Die verstärkten Initiativen im Private-Wealth-Banking-Segment im öffentlichen Sektor


belegen eine zusätzliche Marktangriffsstrategie. Sparkassen und Genossenschaftsbanken
positionieren sich aktiv im Private-Wealth-Banking-Markt und bieten über die Spitzen-

39
Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

institute ihre Private-Banking-Dienstleistungen den regionalen Instituten sowie den


direkten Endkunden an. Zielsegment dieser Angriffsstrategie bilden primär die Kunden
im Segment zwischen 0,3-3 Mio. EUR liquidem Vermögen. Dieses Segment ist durch den
weiter wachsenden Revue Pool sowie die möglichen Synergien zur institutionellen und
Retail-Plattform der Verbundinstitute attraktiv.

Um die kundenseitigen Anforderungen im Zielsegment zu erfüllen, ist es für die Institute


erforderlich, neben dem ganzheitlichen Beratungsansatz im Private Banking über ein
entsprechend breites Dienstleistungsangebot, Produkte mit entsprechend nachweisbarer
Performance – auch Kapitalerhalt –, ein transparentes Preismodell, die notwendigen qua-
lifizierten Berater und Spezialisten, eine entsprechende Vertriebsorganisation sowie die
notwendige Marktpositionierung zu verfügen.

An dieser Stelle greift das Angebot der Spitzeninstitute wie DZ Privatbank oder Deka-
Bank im Private Banking. Das Leistungsversprechen zielt auf ein subsidiäres Betreuungs-
angebot für Volksbanken und Sparkassen sowie deren direkte Endkunden ab und ermög-
licht dabei den risikoarmen Aufbau eines attraktiven Private-Banking-Angebotes vor
Ort – mit eigenständiger Proposition, jedoch mit einem starken Partner als Unterstüt-
zung.

Je nach Wertschöpfungstiefe des eigenen Private-Banking-Angebotes können die Insti-


tute unterschiedliche Dienstleistungen der Spitzeninstitute in Anspruch nehmen. Aus-
gehend von einer reinen Produktlieferantenfunktion können die Institute zusätzlich auf
aktive Unterstützung bei der Kundenansprache/Beratung vor Ort zurückgreifen. Die
Unterstützung reicht dabei von einer Spezialistenrolle bis hin zu einer direkten Betreu-
ung von Spezialfällen durch die Spitzeninstitute. Als Full-Service-Dienstleistungsanbieter
bieten die Spitzeninstitute eine komplette Abdeckung des Wealth-Management-Ange-
bots des Kooperationspartners (Produkte, Services, Kundenberatung, Prozesse, Marke-
ting etc.) und stellen darüber hinaus den Primärbanken Beratungsangebote zur Verfügung,
die die Institute bei der Bewertung sowie beim Aufbau eines eigenen Private-Banking-
Angebotes unterstützen. Die Übernahme der kompletten Betreuungsfunktion für die
Endkunden der Sparkassen und Volksbanken sichert den Spitzeninstituten trotz not-
wendiger Incentive- und Verrechnungsmodelle attraktive Wachstumsoptionen in der
Fläche sowie ein entsprechendes Ertragspotenzial durch ganzheitlichen Markt- und
Kundenzugang. Darüber hinaus gewährleistet das gruppenübergreifende Konzept den
Aufbau einer einheitlichen Leistungsmarke der jeweiligen Verbundorganisation und
sichert das entsprechend einheitliche Leistungsversprechen gegenüber den Zielkunden
und damit die Grundlage der Beratungsqualität im Verbund.

40
Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen und Perspektiven

Für die Sparkassen und Volksbanken besteht so die Möglichkeit, ein hochwertiges Pro-
duktangebot über einen qualitativ hochwertigen Beratungsprozess anzubieten, ohne
dabei selbst über die notwendige kritische Masse, z.B. für die Entwicklung einer eigenen
Vermögensverwaltung oder einer komplexen Anlageproduktpalette, verfügen zu müssen
und ohne dabei selbst eine regionale Private-Banking-Marke aufbauen zu müssen.

2.5 Herausforderungen und Trends für den deutschen Private-


Wealth-Banking-Markt
Nicht nur die Marktpotenzialentwicklung ist unsicher, weitere zentrale Entwicklungen
forcieren die Notwendigkeit zur Veränderung der heutigen Private-Banking-Geschäfts-
modelle:
• Umsetzung von zusätzlichen regulatorischen Auflagen und neuen Regelungen zum
Verbraucherschutz im Beratungsprozess;
• Veränderung der Kundenanforderungen infolge der Finanzmarktkrise;
• Veränderung des Kundenverhaltens durch Digitalisierung;
• Kultur und Werte (zunehmend Gedanke der Nachhaltigkeit) im Private Banking;
• Veränderung der Anforderungen an Berater.

2.5.1 Umsetzung regulatorischer Auflagen und deren Berücksichtigung im


Beratungsprozess

Die Anlageberatung im Private Wealth Banking wird massiv durch sich verschärfende
regulatorische Anforderungen beeinflusst. Neben Transparenz- und Organisationspflich-
ten, Informationspflichten, Dokumentationspflichten, Eignungs- und Angemessenheits-
test für Kunden sehen sich auch die Anlageberater mit umfangreichen neuen Anforde-
rungen konfrontiert. Neben den negativen Implikationen auf die Ertrags- und Kostenbasis
durch die Erhöhung der Transparenzanforderungen sowie des notwendigen Dokumen-
tations- und Schulungsumfangs werden die Banken über die Regulierung stärker in Haf-
tung genommen (z.B. Beratungsfehler) – mit entsprechendem Impact auf die Reputation
als Private-Banking-Anbieter.

Die Regulierung hat mit Einführung von MiFID II (Markets in Financial Instruments
Directive) einen neuen Charakter erhalten; die Implikationen bedeuten für die Institute
einen direkten Eingriff in das Geschäftsmodell im Wertpapierbereich.

41
Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

Abbildung 9: Erschwerung des Wertpapiergeschäfts durch regulatorische Anforderungen

Tendenzen der Wertpapierregulatorik

Erkennbare Tendenzen – zeb/-Verständnis


1993:
Bond-Urteil 2004:
MiFID I 2011: Transparenzanforderungen (inkl. Preise) an Wertpapier-
AnsFug 2011:
geschäfte steigen: Margen- und Ertragsrückgang
Überarbeitung
MaComp
2012:
MiFID II1 Komplexität im WP-Geschäft durch Gesetzgeber erhöht
(Schulung, Dokumentationsumfang): Kostensteigerungen
CIR
Bank wird über Regulierung stärker in Haftung genommen
Wertpapiergeschäft: (z.B. Beratungsfehler): Haftungs- und Reputationsrisiken
Risikolose Margen in
intransparentem Markt
Regulierung hat mit MiFID II einen neuen Charakter:
Marge direkter Eingriff in das Geschäftsmodell Wertpapier
2013:
Richtlinie zu
2012:
PRIPs1
VermAnlG
2011:
Eckpunkte Ertrag Kosten Risiken
2009: Papier Honorar-
WpHG- beratung 
1994:
Novelle
WpHG
1) Regulierungsvorhaben im Diskussions- bzw. Entwurfsstatus

Quelle: zeb/

Durch die Forcierung der Transparenz- und Organisationspflichten sind Banken auf-
gefordert, Zuwendungen Dritter offenzulegen und den Kunden über die in der Beratung
zugrunde gelegten Produkt-Portfolios zu informieren. Damit sollen aus Sicht des Regu-
lators interessenskonfliktfreie Vorgaben für die Berater in den Häusern möglich sein.
Aus Sicht des Kunden führt dies zu einer deutlich umfangreicheren Information über das
Produkt-Portfolio der Häuser sowie der zugrunde liegenden Gebühren. Die einheitliche
Bereitstellung von Produktinformationsblättern zu jedem zum Kauf empfohlenen Finanz-
instrument sowie die Vorgabe der formalen und inhaltlichen Gestaltung der Informa-
tionsblätter erleichtern dem Kunden die ausführliche und detaillierte Information über
das durch den Private-Banking-Anbieter präsentierte Produkt-Portfolio, führen aus
Sicht der Banken jedoch zu deutlich erhöhten Aufwendungen in der Produktion des
Angebots-Portfolios.

Die Anforderung hinsichtlich umfangreicher Eignungs- und Angemessenheitstests der


Kunden und die damit verbundene Einstufung der Kunden in Privatkunden oder profes-
sionelle Kunden zielen auf eine umfassende Analyse der Kenntnisse und Erfahrungen der
Kunden. Über diese Analyse erfolgt eine systematische Identifikation der Anlageziele
des Kunden als Basis für eine kundenindividuelle Beratung unter Berücksichtigung der
individuellen Ausgangssituation und Zielsetzungen des Private-Banking-Kunden. Aus

42
Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen und Perspektiven

Institutssicht bietet sich hier neben einem Ansatzpunkt zur Diversifizierung vom Wett-
bewerb durch qualitativ hochwertige Beratungsprozesse ein Ansatz, die Risiken aus
Falschberatungen der Zielkunden durch korrekte Einstufung der Kunden und durch eine
umfassende Analyse der Kunden zu reduzieren.

Durch die Einführung der Protokollierungspflicht jedes Kundengesprächs und die um-
fassenden inhaltlichen Anforderungen an das Beratungsprotokoll wird aus Kundensicht
die Nachvollziehbarkeit des Beratungsgesprächs und dessen Inhalte nachhaltig gestei-
gert; sie führt aus Banksicht jedoch zu erheblichem zeitlichen Mehraufwand für die Kun-
denberater.

Die umfangreichen Anforderungen, mit denen die Kundenberater hinsichtlich ihrer per-
sönlichen und fachlichen Kompetenzanforderungen konfrontiert sind, erhöhen zusätz-
lich das Ambitionsniveau zur Erfüllung der Rolle als Relationship Manager im Private
Banking. Mit der Registrierungspflicht aller Vertriebsmitarbeiter bei der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sowie der Meldepflicht von Kundenbeschwer-
den erhält der Kunde zwar einerseits mehr Durchschlagskraft bei Beschwerden, aus
Banksicht führen dieser Prozess und die Erfüllungserfordernis der Anforderungsfaktoren
andererseits zu einem deutlichen administrativen Mehraufwand. Banken sind gefordert,
mit klaren Rollen- und Anforderungsprofilen und hinterlegten Kompetenzentwick-
lungsplänen ihre Mitarbeiter laufend weiterzuentwickeln und die notwendigen Anforde-
rungen der Aufsicht entsprechend zu erfüllen.

Somit ergeben sich für alle Beteiligten im Beratungsprozess signifikante Implikationen


aus der Umsetzung der Anforderungen an die Anlageberatung. Zusammenfassend lässt
sich konstatieren, dass die Effekte für Banken, Kunden und Mitarbeiter sowohl negative
als auch positive Implikationen mit sich bringen. Aus Sicht der Banken führt die Regu-
latorik einerseits zu erhöhtem konzeptionellen Aufwand in den Funktionen Vertriebs-
koordination, operativer Vertrieb und Produktherstellung. Andererseits führt die konse-
quente Umsetzung zu reduzierten Prozessrisiken und zur qualitativen Weiterentwicklung
der Institute und birgt damit die Chance einer Differenzierung vom Wettbewerb. Aus
Sicht der Kunden führt der Prozess zu deutlich gesteigerter Nachvollziehbarkeit und
Transparenz, aber auch zum Information-Overload durch die Vielzahl an gesetzlich ge-
forderten Informations- und Protokollierungsdokumenten. Aus Mitarbeitersicht führt
die Einführung der Richtlinien einerseits zu einer starken Verunsicherung der Mitarbei-
ter/Führungskräfte aufgrund der Menge an Anforderungen und möglicher persönlicher
Konsequenzen, andererseits – bei notwendiger Unterstützung durch die Häuser – zu
einer laufenden persönlichen Weiterqualifizierung im Private Banking.

43
Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

Um die regulatorischen Anforderungen im Beratungsprozess umzusetzen, müssen die


Banken mögliche Interessenskonflikte zwischen Compliance und Vertrieb im Beratungs-
prozess ausgleichen. So fordert Compliance möglichst hohe Hürden für die Schlupf-
löcher wie Execution-Only-Geschäft mit dem Wunsch der Vertriebseinheiten nach mög-
lichst pragmatischen Lösungen, die dem geschäftlichen Erfolg zuträglich sind.

Abbildung 10: Herausforderungen im Beratungsprozess

Perspektive
Compliance Detaillierte
Detaillierte Hohe
Hohe Hürden
Hürden für
für Hohe
Hohe Sicherheit
Sicherheit Unterschrift
Unterschrift des
des // Hohe
Hohe Detaillierte
Detaillierte und
und
Aufnahme
Aufnahme „Schlupfloch“
„Schlupfloch“ und
und dadurch
dadurch Beraters
Beraters auf
auf dem
dem Individualität
Individualität individuelle
individuelle
finanzielle
finanzielle intensive,
intensive, Beratungs-
Beratungs- bei
bei Produkt-
Produkt- Dokumentation
Dokumentation
//Beratungs-
Beratungs-
Situation
Situation papierhafte
papierhafte protokoll
protokoll auswahl
auswahl der
der Beratung
Beratung
freiesGeschäft
freies Geschäft
Information
Information (Bsp.
(Bsp. // Angemessen-
Angemessen-
//Execution
Execution Only
Only des
des Kunden:
Kunden: Deutschland,
Deutschland, heit
heit
-- Aufklärung
Aufklärung für
für Österreich
Österreich
-- Kosten
Kosten // Geeignetheit
Geeignetheit
wünschenswert)
wünschenswert)
-- PIB,
PIB, KID
KID
-- etc.
etc.

Perspektive
Vertrieb // Grobe
Grobe Vermeiden
Vermeiden // Starke
Starke Unterschrift
Unterschrift des
des Vorgedachte
Vorgedachte Nutzung
Nutzung von
von
Aufnahme
Aufnahme von
von unnötigen
unnötigen Reduktion
Reduktion der
der Kunden
Kunden aufauf dem
dem Produkt-
Produkt- Textbausteinen
Textbausteinen
Einnahmen-/
Einnahmen-/ Hürden
Hürden papierhaften
papierhaften Beratungs-
Beratungs- lösungen
lösungen
Ausgaben-
Ausgaben- Information
Information protokoll
protokoll
überschuss
überschuss // Suche
Suche nach
nach
// Grobe
Grobe elektronischen
elektronischen
Aufnahme
Aufnahme Alternativen
Alternativen
Vormögens-
Vormögens-
überschuss
überschuss

Die operative Umsetzung im Beratungsprozess erfordert den Spagat zwischen einer IT-
basierten Unterstützung des Beratungsprozesses und der gleichzeitig kundenindividuel-
len Umsetzung der Beratung – ohne dem Kunden das Gefühl zu vermitteln, bei der
Beratung technisch gestützt in ein Raster gepresst zu werden. Dabei sollte die Unterstüt-
zung in allen Schritten des Beratungsprozesses erfolgen, von der Kundenansprache über
eine systematische Analyse bis hin zur Generierung des kundenindividuellen Anlage-
konzeptes und des Abschlusses.

44
Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen und Perspektiven

Abbildung 11: Unterstützung des Beratungsprozesses im Private Banking

// Unsicherheiten
Unsicherheiten bei
bei der
der // Online-Tool
Online-Tool und
und nicht
nicht // Auswahl
AuswahlProdukt-
Produkt- // Doppeleingaben
Doppeleingaben
Begründung
Begründung desdes der
der Berater
Berater bestimmt
bestimmt vorschläge
vorschlägedes
desTools bei
bei Nutzung
Nutzung Folge-
Folge-
Tool-Tinsatzes
Tool-Tinsatzes ggü.
ggü. den
den Ablauf
Ablauf des
des sind nicht
Tools sindnachvoll-
nicht anwendungen
anwendungen
dem
dem Kunden
Kunden Gesprächs
Gesprächs ziehbar (Kunden +
nachvoll-ziehbar
Berater) // Folgeanwendungen
Folgeanwendungen
Typische // Angst (Kunden + Berater)
Angst vor
vor Image-
Image- // Starke
Starke Verhör-
Verhör- mit
mit eigenen
eigenen Bedarfs-
Bedarfs-
Heraus- verlust
verlust situation
situation für
für den
den // Berater
Beraterkann
kanndiesbe-
dies- erhebungsfunktionen
erhebungsfunktione
forderungen Kunden
Kunden bezügliche
zügliche Rück-
Rückfragen n
/ Unterschiedliche
fragen
nicht nicht
beantworten
/ Begriffsdefinitionen
Unterschiedliche
beantworten
(z. B.: LHK etc.)
Begriffsdefinitionen
/ Angst vor Kompetenz-
/ Angst vor (z. B.: LHK etc.)
/ etc.
verlust
Kompetenz-

Ansprache Analyse Auswertung Angebot Abschluss


WP-
Beratungs-
prozess

// „Drehbuch“
„Drehbuch“ fürfür den
den // Intuitive
Intuitive Bedien-
Bedien- // Zweistufiger
Zweistufiger Aus-
Aus- // Programmierung
Programmierung von
von
Gesprächseinstieg
Gesprächseinstieg barkeit
barkeit des
des Tools
Tools wertungsprozess
wertungsprozess Schnittstellen
Schnittstellen
in
in das
das Online-Tool
Online-Tool // Intelligente
Intelligente // Grafische
Grafische Unter-
Unter- // Angleichen
Angleichen von
von
// Startseite
Startseite im
im Tool
Tool Gestaltung
Gestaltung der
der stützungen
stützungen Begriffen
Begriffen
Bewährte mit
mit guten
guten Nutzen-
Nutzen- Eingabefelder
Eingabefelder // Interessenwecker
Interessenwecker als
als // Integration
Integration von
von
argumenten
argumenten für für den
den um
um Eingabezeiten
Eingabezeiten
Lösungsansätze Kunden stark
Verstärker
Verstärker Folgeanwendungen
Folgeanwendungen inin
Kunden stark zu
zu verkürzen
verkürzen das
// Individuell das Beratungs-Tool
Beratungs-Tool
// „Drehbuch“ Individuell auswähl-
auswähl-
„Drehbuch“ für
für den
den und
Analyseteil und ausdruckbare
ausdruckbare // etc.
etc.
Analyseteil Hintergrundinfos
Hintergrundinfos

Gerade bei sehr vermögenden Privatkunden müssen sich die Banken im Rahmen des
Beratungsprozesses der Herausforderung stellen, dass die Kunden ihre Vermögenswerte
nicht aktiv distribuieren wollen, sondern vielmehr die Assets bei ihrer Kernbank belassen
und über die Vergabe von externen Mandaten einzelne Vermögensbestandteile durch
unterschiedliche und über einen dezidierten Due-Dilligence-Prozess ausgewählte Anbie-
ter managen lassen. Auch für dieses hochattraktive Geschäftsfeld müssen die Banken die
notwendige Infrastruktur sowie die erforderlichen regulatorischen Prozesse zur Ver-
fügung stellen.

Neben den nationalen Initiativen im Bereich Regulatorik sehen sich gerade Anbieter mit
internationalem Kunden-Portfolio oder auch internationalen Standorten mit internatio-
nalen regulatorischen Auflagen konfrontiert, die ihr Private-Banking-Geschäft nachhal-
tig erschweren (v.a. Fragen bzgl. der Lockerung des Bankgeheimnisses oder der Diskus-
sion bzgl. der Repatriierung von internationalem Vermögen sowie die FATCA-Regelung
(Foreign Account Tax Compliance Act)). Diese Prozesse führen bei den Häusern zu
einer stärkeren Fokussierung auf Onshore-Geschäft. Alternativ wird verstärkt Geschäft
mit Ländern in niedrigen Risikokategorien im Sinne von Reputational Risk getätigt, in
Summe werden die Anforderungen an die Anti-Money-Laundry- und Compliance-Pro-
zesse der Häuser deutlich erhöht. Die Repatriierung bisher nicht deklarierten Vermögens
und die aktive Begleitung der Kunden durch den Prozess der Legalisierung der Vermö-
genswerte ist ein Prozess, dem sich aktuell eine Vielzahl von Anbietern im Private-Ban-
king-Markt aktiv stellt. Die Ansprache der Kunden und die professionelle Begleitung
durch die Selbstanzeige zur Legalisierung der Vermögenswerte auch bei den übrigen

45
Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

Instituten des Kunden betrachten die Anbieter dabei – neben dem steuerlich indizierten
Vermögensabfluss – als aktive Chance, die Vertrauensposition gegenüber dem Kunden
auszubauen und damit Neugelder des Kunden bei anderen Häusern zu gewinnen.

2.5.2 Veränderung der Kundenanforderungen infolge der Finanzmarktkrise

Vertrauen der Kunden gegenüber Banken wurde bereits immer diskutiert, aber durch die
Finanzmarktkrise wurde Grundsätzliches, wie die Sicherheit von Spareinlagen bei Ban-
ken und Anleihen von Eurostaaten, in Frage gestellt. Bekannt gewordene Betrugsfälle
durch Schneeballsysteme und die anhaltenden Diskussionen um Gehälter bei Banken
taten ihr Übriges zum weiteren Verlust von Kundenvertrauen und zur Erzeugung von
Unsicherheit auf Kundenseite.

Die Kundenanforderungen und Erwartungen haben sich in den vergangenen Jahren ver-
ändert, insbesondere hinsichtlich
• der Sicherheit und des Vermögenserhalts – die Risikoaversion ist gestiegen und der
Inflationsausgleich wurde zum Renditemaßstab;
• transparenter und nachvollziehbarer Beratung – auf emotionaler Ebene sind „Kunden-
bedürfnisse verstehen“ und „Vertrauen“ die wichtigsten positiven Treiber der Kun-
denbindung;
• aktiver und umfassender Betreuung v.a. in negativen Marktphasen;
• der Kundenbetreuung – „Kopf und Herz“ der Zielkunden müssen gleichzeitig er-
reicht werden;
• der Unabhängigkeit des Beraters – sie unterstreicht die Vertrauenswürdigkeit aus
Kundensicht. Aktuell ist v.a. bei unabhängigen Beratern im Markt ein Kundenzulauf
zu beobachten. Der Erfolg einerseits von Beratern, die keine eigenen Produkte ver-
kaufen, sowie andererseits der bezahlten Beratung ohne jede Vermögensverwaltungs-
und Verkaufstätigkeit sind zwei Folgen des Vertrauensverlustes der Banken im Bera-
tungssektor.

Diese Kundenerwartungen werden heute in der Praxis nur bedingt erfüllt: Typische Kri-
tikpunkte sind:
• mangelnde Beratungskompetenz hinsichtlich Gesamtkonzept und Anlagevorschlag;
• fehlende Neutralität des Beraters – Groß- und Privatbanken können im Vergleich zu
unabhängigen Vermögensverwaltern Neutralität nur bedingt gewähren, hier verkehrt
sich der Cross-Selling-Gedanke ins Gegenteil und der Nutzen wird zweifelhaft;

46
Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen und Perspektiven

• fehlende Transparenz bei Gebühren und zu umfangreiche und unübersichtliche Infor-


mationsunterlagen; unverändert vermeiden es die Banken, klar, einfach und ohne Um-
schweife Offenheit zu praktizieren.

2.5.3 Veränderung des Kundenverhaltens durch Digitalisierung

Neben den sich durch die Krise eher kurzfristig verändernden Kundenanforderungen
wandelt sich das Kundenverhalten durch die zunehmende Digitalisierung. Die Wucht,
mit der die Digitalisierung die Bankenwelt erreicht, wird deutlich am Markteintritt von
neuen, bisher branchenfremden Wettbewerbern, die teilweise mit großem Erfolg Teile
des Kerngeschäfts von Banken übernehmen. PayPal verzeichnet bspw. große Erfolge bei
der Gewinnung von Marktanteilen im Zahlungsverkehr.

Wenn Banken auch künftig die tatsächlichen Bedürfnisse ihrer Kunden adressieren, den
direkten Kundenkontakt nicht verlieren und neuen Wettbewerbern den Markteintritt er-
schweren wollen, müssen sie die neuen technischen Möglichkeiten zügig in ihr Produkt-
angebot und ihren Beratungsprozess integrieren. Dies betrifft insbesondere den Vertrieb,
aber auch die gesamte IT einer Bank. Der Kunde entscheidet künftig individuell darüber,
wann und über welchen Kanal er mit der Bank in Kontakt tritt. Haben Private-Wealth-
Banking-Kunden Rückfragen zu Internet- oder Mobile-Banking-Angeboten, möchten
sie künftig auch in diesen Fällen direkt mit ihrem Berater sprechen. Idealerweise kann der
Berater technisch unterstützt die Rückfrage seines Kunden nachvollziehen und somit
zielgerichtet aufgreifen. Über interaktive Medien werden die Berater mit ihren Kunden
in Kontakt treten und den Kunden, z. B. direkt online über seinen Tablet-Computer,
bzgl. seiner Gesamtvermögensstruktur oder einzelnen Investments beraten können.
Individuelle Reports, z.B. zur Vermögensentwicklung oder Detailanalysen zu einzelnen
Asset-Klassen oder Einzelinvestments, können die Private-Wealth-Banking-Kunden über
ihr mobiles Endgerät, z.B. über eine App, abrufen. Die Dynamik der Digitalisierung
wird bis 2020 hoch bleiben, zentrale Treiber hierfür sind:
• anhaltend dynamische technologische Entwicklungen – Rechnerleistungen und Über-
tragungskapazitäten vervielfachen sich, Benutzeroberflächen werden einfach und in-
tuitiv zu bedienen;
• hohe Internetpenetration in der Gesamtbevölkerung – die Generation 60+ erobert das
Internet und lässt die Internetpenetration auf über 90% steigen, die Nutzungsdauer
steigt auf über 105 Minuten pro Tag und die e-Commerce-Bereitschaft erhöht sich auf
ca. 80% in der Gesamtbevölkerung;

47
Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

• inhaltliche Weiterentwicklung des Internets – die Nutzung von sozialen Netzwerken


steigt weiter an und Nutzer werden zu Prosumern (Nutzer produziert und konsu-
miert), Personalisierung durch Evolution zu intelligentem Web 3.0 (kontextual, auto-
matisiert, antizipierend);
• mobile Endgeräte – die Verbreitung von Smartphones und Tablet-Computern sowie
die mobile Internetnutzung steigen rasant.

Das Kundenverhalten verändert sich durch die Digitalisierung in vielen Facetten.

Abbildung 12: Wesentliche Veränderungen des Kundenverhaltens durch die Digitalisierung

61% der Online-


78% der
Käufer erwarten im
Smartphone-
4 Internet das
Besitzer nutzen es
81% der günstigste Angebot 63% der e-Commerce-
zur Info vor Kauf Multikanales Infor-
e-Commerce- Kunden glauben, der
Kunden kaufen im mationsverhalten – Konsument hat durch
Internet, weil dort bessere Information durch Features des Web 2.0
24/7 geöffnet ist 2 intensive Suche 6 mehr Einfluss-
möglichkeit
„Convenience“ aber Höhere Kundener-
auch Kauferlebnis als wartung bei Preis und
Argumente für digitalen Reaktionsgeschwindigkeit
1 Kaufprozess 8
Integration digitaler Stärkere Steuerung
A B C
Medien/Geräte in den des Kaufprozesses
Veränderung des
Tagesablauf – Nutzung durch den Kunden
3 Kundenverhaltens 7
unproduktiver Zeit
durch Digitalisierung Marke als
Kommunikation und
Kaufkriterium von
Beratung von Kunden
wachsender Bedeutung
untereinander
5
Intensive Nutzung
87% der
von lokalen Angeboten
Smartphone-Besitzer 60% der
surfen unterwegs (location-based
Internetnutzer
services) orientieren
64% der Online-Käufer sich an Marke
31% der
beziehen andere
Deutschen
Kundenmeinungen in
nutzen sie
Kaufentscheidung ein

Quelle: DHL, Allianz, Telefonica, Statista, zeb/research

Die Verbreitung von mobilen Endgeräten führt dazu, dass der Kunde überall und jeder-
zeit Bankdienstleistungen wahrnehmen kann. Beispielsweise werden Überweisungen
nicht mehr am Multifunktionsterminal oder heimischen Rechner, sondern unterwegs ge-
tätigt. Teilweise verschwinden Bankleistungen auch aus der Wahrnehmung des Kunden,
wenn z.B. das Taxi per App gefunden, gerufen und bezahlt wird. Schon heute ist es für
Banken eine Herausforderung, mit ihren Kunden in Kontakt zu treten. Künftig wird aus
Kundensicht die Notwendigkeit, mit ihrer Bank in direkten persönlichen Kontakt zu tre-
ten, weiter abnehmen; gerade im Private Wealth Banking wird daher die Anforderung,
dem Kunden alternative Zugangswege zu seinem Berater zu ermöglichen, elementarer
Bestandteil der künftigen Betreuungspräposition sein. Immer mehr Kunden informieren
sich im Internet, auch in Interaktion mit anderen Interessierten, über Bankleistungen,
bevor sie das Beratungsgespräch suchen. Dies führt zu immer mehr besser informierten

48
Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen und Perspektiven

Kunden und damit einhergehend höheren Ansprüchen an die Berater. Zwar steigt der
Anteil der Produktkäufe im Internet, aber viele Kunden wollen nicht auf das persönliche
Beratungsgespräch vor einer Entscheidung verzichten. Dies zeigt, dass der RoPo-Effekt
(Research online, Purchase offline) auch bei Finanzthemen existiert. Heute informieren
sich knapp 50% der Kunden online, bevor sie offline einen Abschluss tätigen.

Gerade in einer digitalen Welt gewinnen die Marke oder das Image an Bedeutung. Die
Marke einer Bank schafft Differenzierung und ist ein sehr wichtiger Loyalitätsfaktor, da
sich nur in einer Marke Vertrauen verankern lässt. Gerade im Zuge der Finanzmarktkrise,
in der viele Kunden ihr Vertrauen in Banken verloren haben, gewinnt der Aufbau bzw.
der Erhalt einer positiv aufgeladenen Marke an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist
gerade im Private-Wealth-Management-Markt eine starke Marke, idealerweise mit His-
torie, ein Kernerfolgsfaktor.

Digitalisierung verändert das Kundenverhalten massiv, jedoch bleiben die wesentlichen


Kundenbedürfnisse in Bezug auf Finanzdienstleistungen unverändert. Basierend auf
einer Befragung von 1.010 Verbrauchern über 16 Jahren durch puls Marktforschung für
die Spiegel-Dokumentation „Soll und Haben 6“ zeigt Abbildung 13, dass der Anteil der
Kunden, denen Grundbedürfnisse wie eine kompetente und persönliche Beratung wich-
tig sind, zwischen 2004 und 2012 stabil geblieben ist.

Abbildung 13: Entwicklung der Kundenbedürfnisse in Bezug auf Finanzdienstleistungen

FDL-Kunden wollen bei vertrauensvoller … Wichtigkeit


Beratung ~90%
1 / Kompetent
/ Persönlich ~90%
ohne…
Sorgen ~90%
2 / Sicherheit/Vertrauen
/ Service ~91%

zu einem fairen … Digitalisierung verändert


Preis ~88% keine Grundbedürfnisse
3 / Bei Basisprodukten elementar des Kunden bezüglich
/ Transparenz entscheidend ~82%
Finanzdienstleistungen
mit …
gutem Gefühl ~76%
4 / Image
/ Bequemlichkeit ~79%

ein breites …
Produktangebot! ~74% 2012
5 / Geld anlegen
/ Geld ausgeben/übertragen ~75% 2004

Quelle: Spiegel-Dokumentation „Soll und Haben 6“, puls Marktforschung, zeb/

49
Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

Betrachtet man die Reaktionen deutscher Banken auf den Trend der Digitalisierung, so
sind aktuell echte innovative Anpassungsmaßnahmen nicht klar erkennbar bzw. noch
nicht umgesetzt. Aktuelle Initiativen fokussieren sich auf die Optimierung des Online-
Auftritts, die partielle Integration von Online- und Offline-Vertriebskanälen sowie den
Aufbau von Mobile-Banking-Angeboten.

2.5.4 Kultur und Werte im Private Banking

Die Bankenvertrauenskrise hat sozial-ökologisch ausgerichteten Kreditinstituten, die auf


den allgemeinen gesellschaftlichen Wertewandel hin zu Nachhaltigkeit und Transparenz
setzen, weiteren Rückenwind gegeben. Diese Banken (z.B. Ethik-Bank, GLS Bank und
Triodos Bank Deutschland) investieren ihnen anvertraute Spargelder nur in ökologisch
und/oder sozial nachhaltig ausgerichtete Branchen und Projekte. Darüber hinaus redu-
zieren sie durch den Verzicht auf Finanzmarktspekulation ökonomische Risiken, erfüllen
über die Offenlegung von Kredit-Portfolio und Kapitalanlagen den Transparenzanspruch
ihrer Kunden und erlangen so hinsichtlich der Einhaltung des selbst formulierten An-
spruchs Glaubwürdigkeit.

Eine Marktstudie zum Social Banking in Deutschland, die zeb/ in Zusammenarbeit mit
der Alanus Hochschule (Alfter) und puls Marktforschung durchgeführt hat, ergab fol-
gende zentrale Ergebnisse:
• Zwar ist der Anteil sozial-ökologischer Banken im deutschen Privatkundenmarkt mit
0,2% noch sehr klein, jedoch gehören sie mit einem jährlichen Wachstum von 20-30%
des Kredit- und Einlagevolumens von 2006-2011 zu den am stärksten wachsenden
Bankengruppen.
• Affin für ein sozial-ökologisches Bankangebot sind über 16 Mio. Menschen, die mehr-
heitlich hochgebildet und einkommensstark sind.
• Die sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Verwendung ihrer Spargelder
verschafft ihnen eine soziale Rendite, die in ihrer Wertigkeit dem bisher üblichen
Bewertungsmaßstab, der Verzinsung ihres Guthabens, nahe kommt.

Ein wesentlicher Anteil der Zielkunden sozial-ökologisch ausgerichteter Banken sind


auch potenzielle Private-Wealth-Banking-Kunden, die gerade beim derzeitig niedrigen
Zinsumfeld die soziale Rendite und die höhere Transparenz dieser Institute schätzen.
Vor dem Hintergrund dieses Potenzials ist davon auszugehen, dass das sozial-ökolo-
gische Bankgeschäft weiter über die Sphäre von Spezialanbietern hinaus wachsen wird,
mit deutlichen Auswirkungen auch auf konventionell arbeitende Banken. Aktuell bremst
die mangelnde Bekanntheit des Social Banking den tatsächlichen Bankwechsel der Ziel-
gruppenmitglieder hin zu sozial-ökologisch arbeitenden Instituten.

50
Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen und Perspektiven

2.5.5 Anforderungen an den Berater im Private Banking

Die vielschichtigen Trends, regulatorischen Einflüsse und die Veränderung der Kunden-
anforderungen führen zu deutlich geänderten Anforderungen an den Berater im Private-
Banking-Markt. Für den künftig erfolgreich im Markt positionierten Relationship Mana-
ger wird es unerlässlich sein, in allen Punkten front runner zu bleiben und die geänderten
Kundenerwartungen und Zielsetzungen zu antizipieren. Es wird deutlich, dass der Bera-
ter als Finanz-Coach des Kunden eine besondere Rolle im Leben des Kunden spielen
muss. Darüber hinaus muss er die Gesamtvermögenssituation des Kunden kennen.

Dies ist eine Holschuld des Beraters. Dieser Weg kann – gerade nach den bankmäßigen
Verwerfungen der letzten Jahre – nur über einen mehrjährigen Vertrauensaufbau gesche-
hen. Dazu gehören auch Gespräche über bankfremde Themen wie Reisen, Sport oder die
Hochzeit der Tochter des Kunden; es wird weniger um den entscheidenden Aktientipp
gehen. Es gilt, langsam und behutsam eine vertrauensvolle Partnerschaft zum Kunden
aufzubauen. In der Sphäre des Kunden ist der Ansprechpartner der Bank in einer ähnlich
gewichtigen Position wie der Anwalt oder Steuerberater – nur eben in allen Finanzfragen.

Die Beratereigenschaft der fachlichen Integrität ist für den Vermögensinhaber im Private
Wealth Banking eine Selbstverständlichkeit. Dies gilt für ein leistungsfähiges Gesamt-
servicepaket genauso wie für Online-Zugangskanäle im Private Wealth Banking auf allen
Endgeräten. Dieses allein erzeugt also nicht den Mehrwert. Interaktion zwischen zwei
Menschen funktioniert nur, wenn sie auf Augenhöhe miteinander reden und sich dabei
auch verstehen. In Zeiten von Tablet-Computer und Internet hat sich dies nicht geän-
dert. Häufig ist bei Beratern vor lauter Zielstrebigkeit das Zwischenmenschliche zu kurz
gekommen. Der Kunde will nicht nur als spezifischer Lösungsnachfrager, sondern in
seiner ganzheitlichen finanziellen Lebenssituation verstanden werden. Dies bedeutet z.B.
für einen Kunden unter 45 Jahren, der schon zu Lebzeiten Vermögensübertragungen der
Eltern oder Großeltern erhalten hat, etwas deutlich anderes als für den 70-jährigen Kun-
den, der über eine Übertragung nachdenkt. Das ist bereits ein Ergebnis der Bemühungen,
Mehrwerte für Vermögen im Rahmen der ganzheitlichen Vermögensnachfolge zu bieten,
damit die Erbengeneration langfristig an das Haus zu binden und eine Basis für mittel-
fristige Cross-Selling-Ansätze zu legen.

Aber versteht der Berater Lebensrhythmen und relevante Themen dieser Klientel? Weiß
er, wie diese zu thematisieren sind? Ist der Bankansprechpartner für solche plötzlichen
Vermögenszuwächse in seiner Kommunikation vorbereitet? Wird er die richtigen Fragen
an einen Menschen in einer für ihn vollkommen neuen Lebenssituation stellen können?

51
Katrin Lumma/Wolfgang Knoke/Ilmhart-Wolfram Kühn

Werden die Gesprächserwartungen des Interessenten in einem Erstgespräch konkreti-


siert? Für Berater, die auch langfristig erfolgreich sein wollen, werden zwischenmensch-
liche Fähigkeiten und kommunikative Elemente weiterzuentwickeln sein. Der reine Ver-
mögensberater ist ein Auslaufmodell. Sich lebenslang fortzubilden mag vielleicht nichts
Neues sein, es wird in der Zukunft aber noch an Bedeutung gewinnen, insbesondere über
die fachliche Ausprägung hinaus.

Berater der alten Schule verfügen zweifelsohne über tiefe Expertise, bspw. in der Anlage-
beratung. Sie haben aber oft kein internes oder externes Netzwerk zu anderen fachlichen
Themen. Für einen Berater, der noch länger in diesem Umfeld arbeiten möchte, wird es
zwingend erforderlich sein, über ein fachliches Netzwerk anderer Disziplinen sowie eine
gewisse Neugier für das Kundenleben mit Inhalten jenseits der Finanzwelt zu verfügen.
Nur damit können langfristig andere Finanzthemen erobert werden.

Abbildung 14: Anforderung an Kundenberater

Bisher Neu

/ Gewinnende / Ausbildung
Persönlichkeit
/ Qualifizierung/
/ Diskretion Zertifizierung
/ Beratungswissen/ / Anpassung
prozess Advisory-/Client-
Coverage-Modell
/ Tiefes Investment-
(Spezialisten)
Know-how
/ Ggf. Trennung in
/ Fundiertes Wissen über
Farmer vs. Hunter
steuerliche/rechtliche
Rahmenbedingungen / Fokussierung auf
wenige Zielmärkte
/ Teamplayer (mit
und Kunden-
Spezialisten)
segmente (Wissen)
/ Unternehmerische
/ Etablierung
Kompetenz
Führungs-
/ Soziale Kompetenz ( ) kompetenz

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Private Banking in Deutschland – Status quo, Entwicklungen und Perspektiven

3 Fazit und Ausblick


Private Wealth Banking in Deutschland ist trotz der Einschnitte der Finanzmarktkrise und
der sich ändernden regulatorischen Rahmenbedingungen ein attraktiver Markt – es be-
stehen erhebliche Potenziale, wobei die einzelnen Marktteilnehmer sich mit den verändern-
den Anforderungen der Kunden und den gestiegenen Anforderungen an die Beratung
auseinandersetzen müssen. Gleiches gilt für das attraktive Spezialsegment Family Office.

Auf der Kundenseite ist für die Zukunft nur mit einer langsamen Rückkehr des Ver-
trauens zu rechnen. Es gilt für die Banken, neben der klassischen Vermögensanlage, den
Kunden künftig transparent, ganzheitlich und nachhaltig zu beraten, um sich von den
Wettbewerbern zu differenzieren und die sich bietenden Ertragspotenziale auszuschöp-
fen. Nur so können die angestrebten Renditeziele erreicht werden.

Ganzheitlichkeit gilt insbesondere für die umfassende Beratung der Kunden in allen
Asset-Klassen, denn gerade die Wechselwirkung des Privatvermögens mit dem oftmals
unternehmerisch geprägten Hintergrund der Vermögensinhaber sowie der hohe Anteil
an Immobilienvermögen sollten künftig ebenfalls zentrale Punkte in der Beratung dar-
stellen.

Des Weiteren sind die Banken gefordert, sich aktiv um die Erbengeneration der vermö-
genden Privatkunden zu kümmern, denn wie die Altersstruktur verdeutlicht, werden in
den kommenden Jahren Vermögenswerte in hohem Volumen an die nachfolgende Gene-
ration weitergegeben.

Die beschriebene Entwicklung zeigt: Das strategische Fenster im Private Wealth Banking
ist noch immer geöffnet – es bleibt abzuwarten, welche Institute die aktuellen Heraus-
forderungen als Gewinner meistern.

Literatur
Datamonitor, Wealth Management in Germany 2010.

Elite Report 2012.

Fuchs Report 2012.

zeb/ Social Banking Study 2012.

zeb/-Private-Wealth-Banking-Studie 201.

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