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DAS ER

DAS KENNTNISPROBLEM,
ERKENNTNISPROBLEM,
in der Philosophie und
der Philosophie und Wissenschaft
Wissenschaft
neueren Zeit
der neueren

VON
VON

DR. ERNST
Dr. ERNST CASSIRER .
>
32,1I,
ZWEITER BAND
ZWEITER BAND

VERLAG
VERLAG VON BRUNO CASSIRER
VON BRUNO CASSIRER
BERLIN
BERLIN,,1907,.
1907.

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Phil 333.5 (2.),

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Dumalndfl Google
Google
Digilized fl
Inhalts-Verzeichnis.
Inhalts-Verzeichnis.
V Buch.
i e r t e s Buch.
Viertes
Fortbildung
Fortbildung und Vollendung des Rationalismus.
und Vollendung Rationalismus.
Seite
Erstes Kapitel:
Erstes Spinoza.
Kapitel: Spinoza.
I.I. Die Erkenntnislehre des
D i e Erkenntnislehre des „Kurzen
„Kurzen Tr Traktats"
a k t a t s “ . .. • . .
. 8
3
Das Erkennen
Das Erkennen als als L e i d e n .‐ • Der Naturbegriff
Leiden. Naturbegriff des „Kurzen
des „Kurzen
Traktats“. -‐ Spinozas
Traktats". Spinozas Naturbegriff
Naturbegriff und Renaissance.
und die Renaissance.
II. D
1. e r „Tractatus
Der de intellectus
, Tr a c t a t u s de emendatione*
intellectus emendatione® ... . 10
10
Das ethische Ziel von Spinozas Erkenntnislehre. ‐ Der Begriff
Das ethische Ziel von Spinozas Erkenntnisleberintioer Begriff
der Wahrheit.
Wabrheit. . ‐ • D Bedingungen der Definition.
i e Bedingungen
Die Definition. ‐ Die
geometrische Methode
geometrische Methode und und ihre Bedeu nme _-
ihre metaphysische Bedeutung.
„festen und
Die „festen und ewigen Dinge“. ‐ Die
ewigen Dinge". Die geometrische
geometrische Methode Methode
und ddie
und Geisteswissenschaften. -- Verhältnis
i e Geisteswissenschaften. z u Hobbes.
Ve r h ä l t n i s zu H o b b e s . ‑-
Geometrie und
Geometrie und Analysis.
Analysis.
IN. Der
I. Der B Begriff
e g r i f f der Substanz. ‐- D
d e r Substanz. i e Metaphysik
Die Metaphysik . . . . 26
26
Die
Die Antinomien
Antinomien des Pantheismus. -- -- DieSubstanz
des Pantheismus. Substanz als Ordnung Ordnung
des Geschehens.
des Geschehens. -‐ VerhältnisVerhältnis zum Aristotelischen Substanz-
zum Aristotelischen Substanz‑
begriff. ‐- Die
begriff. Substanz alsmathematische
Die Substanz mathematische Ordnung
Ordnungdes des Seins.
Seins.
‐ DDie Attributenlebre. ‐- Die
i e Attributenlehre. Die Unendlichkeit
Unendlichkeit der Attribute.
Attribute. ‑-
Der
Der Spinozismus
Spinozismus und
und die exakte
exakteWissenschaft. Das Sein
Wissenschaft. ‐- Das Sein
des Gesetzes
des Gesetzes und
und das
das Sein
Sein der Dinge. Die Stellung
Dinge. •- Die Stellung des
des
im System
Intellekts im
Intellekts System Spinozas.
Spinozas.

Zweites Kapitel:
Zweites Kapitel: Leidniz.
Leibniz.
Verhältnis zu
Verhältnis Spinoza. ‐
zu Spinoza. Die Analyse der Begriffe
Die Analyse Begriffe und
und
Wahrheiten.
Wabrheiten . . - » 2 2222n e n n
47
Der Begriff
.I.I Der Wahrheit. --
Begriff der Wahrheit. - DDie
i e rationalen
rationalen G r u n d l a g e n der
Grundlagen der
Induktion. -‐ Die
Induktion. Die Sinne
Sinne und
und der Intellekt. ‐ Die
der Intellekt. D i e Stufenfolge
Stufenfolge
Erkenntnis
der Erkenntnis
der en a En ee 52
52
II. Das
IL Alphabet der
Das Alphabet der Gedanken. Logik und
Gedanken. -‐- Logik Algebra. ‐ Die
und Algebra. Die
e o m e t r i s c h e Charakteristik.
ggeometrische Charakteristik. ‐ Anschauung uund
Anschauung Begriff. ‑
n dBegriff.
Das Problem
Das Problem der Stetigkeit. - Die
der Stetigkeit. Die Analysis des Unendlichen.
Analysisdes Unendlichen.

Drilardth Google
Google
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vI
VI Inhalts- Verzeichnis.
Inhalts- Verseichnis.

‐- Der Infinitesimalbegriff. ‐- Das


Der Infinitesimalbegriff. DDer Prinzip der
as Prinzip, Konfinuilat; _
der Kontinuitat.
Die Analyse
Die Werdens. ‐ Der
Analyse des Werdens. Begriff Kraft. ‐- Die
Begriff der Kraft. Die
Erhaltung
Erhaltung der lebendigen Kraft
der lebendigen Kraft . . .60
U. Symbolbegriff. -‐ Die
Der Symbolbegriff.
III. Der symbolische Erkenntnis.
Die symbolische Erkenntnis in in der
Mathematik. ‐ -Symbolbegriff
Mathematik. Symbolbegriff und Massbegriff. ‐- Der
und Massbegriff. Der Begriff
Begriff
der Erscheinung. ‐ Die Erscheinung und die „ewigen Wahr‑
heiten“. ‐ Der Begriff der Tatsachenwahrheit . . 8
81
IIV.
V. Das Postulat des
Das Postulat „absoluten Verstandes*.
des „absoluten Die Monadologie.
Verstandes". -‐ Die Monadologie.
-‐ Die Harmonie
Die H a r m o n i eals Kdeelle Eiriheit.
als ideelle Einheit. _ ‚Funktionsbegriff
Funktionsbegriff undu
und
Harmoniebegriff
Harmoniebegriff . . . . 94

Drittes
Drittes Kapitel: 7schirnhaus
Kapitel: Tschirnhaus 102
102
Die Grundlegung der
Die Grundlegung der Methodenlehre.
Methodenlehre. ‐ Die Die begriffliche
begriffliche 1
E
Er-r‑
zeugung
z e u g u n g der Einzeldinge.
der E i n z e l d i n g e . ‐- Die d r e i Klassen
D i e drei d e s Denkbaren.
K l a s s e n des Denkbaren.
‐- Erfahrung
Erfahrung und und Denken,
Denken, Logik und Physik.
Logik und Physik.

Fünftes
F ü n f t e s B u cc hh::

Das Erkenntnisproblem
Das System des Empirismus.
Erkenntnisproblem im System Empirismus.
Erstes Kapitel: Bacon.
Erstes Kapitel: Bacon.
I.1. D ie K
Die Kritik des Verstandes
r i t i k des Verstandes . . . os 115
11 6
Natur
Natur und Begriff. -‐ D
und Begriff. Die
i eKritik der Erfahrung.
Kritik der Erfahrung. ‐ Die Die
methodische Redeutung
methodische Bedeutung des Experimenıs.
des Experiments.
I.
Il. DDii ee FFormenlebre
ormenlebre 121
121
Bacon
Bacon und Descartes,
Descartes, Beziehungebegrifteund
es, Beziehungsbegriffe und absolute: Qualitäten.
absolute Qualitäten.
-‐ Die Form der
Die Form Wärme.-‐ Formbegrift
der Wärme. Formbegrift und Gesetzesbegriff.
u n dGesetzesbegriff.
‐ Der Charakter dder
D e r Charakter e r Baconischen Induktion.
Induktion. ‐- DieD i e EEr‑
r-
mittlung
mittlung der Grundbegriffe. -‐ Die
d e r Grundbegriffe. „Philosophia prima".
Die „Philosophia prima" ‑
Physik
Physik und Astronomie.
und Astronomie.

Kapitel: Gassendi
Zweites Kapitel:
Zweites und Hobbes.
Gassendi und Hobbes.
LI. Gassendi.
Gassendi.
Verstand
Verstand und Sinnlichkeit. ‐- Die
und Sinnlichkeit. Idolenlehre. -‐ Das
Die Idolenlehre. Das Problem
Problem
des
d e s Selbsibewusstseins.
S e l b s t b e w n s s t s e i n s , ‐_ Das Ich
Das und der Gegenstand
Ich und Gegenstand 135
135
1. Hobbes.
Il. Hobbes. j
Verhältnis zu
Verhältnis Bacon und
zu Bacon Galilei. ‐- Hobbes’
und Galilei. Hobbes' Methodenlehre:
Methodenlehre:
ddie Definition.
i e gs eenneettii sscchhee D e fi n i t i o n . ‐- Das
D a s Erkenntnisideal d e r Deduktion.
E r k e n n t n i s i d e a l der Deduktion.
-‐ Verhältnis
Verhältnis zur Mathematik .
zur Mathematik 143
143
1.
IlI. Begriff und und Wort. Wort. ‐ Die Die Möglichkeit allgemeingültiger Er‑
Möglichkeit Allgemeingaltiger Er.
kkeennn n
t nt ins i s . . 151
151
IV., Die Naturphilosophie. ‐ Raum
Die Naturphilosophie. Zeit. ‐_
Raum undZeit. - Die
Die Substantialitkt
Substantialität
des Körpers.
des Körpers. --'Die Theorie der Wahrnehmung
‐ Die Theorie Wahrnehmung . . : 155
155

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Digilized hy
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Inhalts- Verzeichnis. VI

Drittes Kapitel: Locke.


Die Grenzbestimmung des Verstandes. ‐ Verhältnis zu
Descartes. ‐ Der Kampf gegen das BADEEDATERET u . o - 163
l. Sensation u n d R e fl e x i o n . . . 168
Der empirische Ursprung der Erkenntnis. _ DieVieldeutigkeit
des Reflexionsbegriifs. ‐ Die Kritik des Unendlichkeitsbegriffs.
‐ Ps jchöloglsche und logische Analyse der Unendlichkeits‑
vorstellung. ‐ Das R a u m p r o b l e m . ‐ Verhä'tnis von Raum
und Körper. ‐ Der Begriff der Zeit. ‐ Der Begriff der Zahl.
‐ Empfindung und Wirklichkeit. j
I. D e r B e g r i f f d e r Wahrheit... . . 185
Die Intuition als Grundmittel der Erkenntnis. ._ "Intuition und
Erfahrung. ‐ Der logische Charakter von Lockes „Empirismus*.
‐ Die Umformung des psychologischen Grundschemas.
I l l . D e r B e g r i f f des S e i n s . . . . 198
Die Kritik des Substanzbegriffs. ‐ Die positive Bedeutung
der Substanzfunktion. ‐ Der Begriff des „Einfachen“,

Viertes Kapitel: Berkeley.


1 .Die Theorie der W a h r n e h m u n g . . . 200
Die Objektivierung der Sinneseindrücke. ‐ Die ıneue "Theorie
des Sehens. ‐ Psychologische und mathematisch-physikalische
Methode. ‐ Die symbolische Funktion der Empfindung.
i l . D i e Begründung des Idealismus . . . 208
Ding und Vorstellung. ‐ Die Polemik gegen die abstrakten
Begriffe. ‐ Die Umformung des Seinsbegriffs. ‐ Der Begriff
der Perception. ‐ Die Aufbebung der absoluten Materie. ‑
I I . K r i t i k d e r Berkeleyschen B e g r i ff s t h e o r i e . . . 219
Die Rolle der Association im Prozess der Begriffsbildung. _
Die Polemik gegen die mathematischen Begriffe. ‐ Stetigkeit
und Unendlichkeit. ‐ Die Identität des Gegenstandes. ‐ Die
metaphysische Begründung des Objektbegriffs.
I V . D e r B e g r i f f d e r S u b s t a n .z A 229
Idee und Begriff. ‐ Der Geist als tätiges Prinzip.
V. D i e U m g e s t a l t u n g derBerkeleyschenErkenntnislehre 23
Vernunft und Erfahrung. ‐ Begriff und Zeichen. ‐ Die
Ueberwindung der sensualistischen Erkenntnisiehre. ‐ Mathe‑
matik und „transzendentale“ Philosophie. ‐ Berkeley und Kant.
‐ Die ethischen Grundprobleme.

Fünftes Kapitel: Hume. .. . . . 0. 244


Das Postulat der Gleichförmigkeit des Naturlaufs bei: Berkeley
u n d Hume. ‐ Impression und Begriff.
I. D i e K r i t i k d e r mathematischen E r k e n n t n i s . . 2 4 8
Die psychologische Kritik der mathematischen Begriffe. _

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via
VIII Inhalts-- Verzeichnis.
Inhalts Verseichnis.

Sinnliche
Sinnliche und mathematische „„Ideen".
und mathematische I d e e n -“‐ . Reine und angewandte
Reine und angewandte
Maıhematik. ‐ RRaum
Mathematik. u n d Zeit.
a u m und Zeit. ‐ Die mathematischen und
Die mathematischen und
die sinnlichen „Punkte“.
die sinnlichen „Punkte". -‐ Der
Der Begriff
Begriff der der Zahl.
Zahl.
u.
II. D ie K
Die r i t i k des
Kritik des K a u s a l b e g r i ff s
Kausalbegriffs . . Er u r 259
259
Das Problem
Das Problemder „notwendigen Verknäpfun
der „notwendigen Verknapfung: ‐ Verhältnis
zur antiken
zur Skepsis. - ‐ Der
antiken Skepsis. Begriff der
Der Begriff ahrscheinlichkeit.
d e r Wahrscheinlichkeit.
--- - Die Schranken der(psychologischen
Die Schranken Peychologischen Erklärung.
Erklärung. ‐ - D Der Wert‑
e rWert-
unterschied
unterschied in ahrungsurteilen. ‐ Der
den Erfahrungsurteilen.
in den D e r Begriff
Begriff des
Wunder
unders. s.
m. D e r
III. Der Begriff B e griff d e r Existenz...
der Existenz.. n e • .e 273
273
Bewusstsein
Bewusstsein und Wirklichkeit. ‐ Die
u n d Wirklichkeit. Konstanz der Wahr‑
Die Konstanz Wahr-
nehmungsinbalte.
nehmungsinhalte. ‐ DDie i e Ueberwindung
Ueberwindung des Gewohnheits‑
Gewohnheits-
prinzips.
p r i n z i p s . -‐ Die idealisierende Leistung
Dieidealisierende Leistung der der Einbildungskraft.
Einbildungskraft.
--‐ Anfang
Anfang und Ende von
und Ende Humes Kritik.
v o n Humes Kritik.

Anhang: Hauptströmungen der


Anhang: Hauptströmungen englischen Philosophie
d e renglischen Philosophie ausser‑
ausser-
halb
halb des
des Empirismus.
Empirismus.
II.. Das
Das „Apriori®
„Apriori® und
und das „Angeborene" ‐ •Herbert
das „Angeborene“. Herbertvvon Cherbury's
o n Cherbury’s
Lehre
Lehre vom Instinkt. ‐- Der Instinkt
vom Instinkt. Instinkt als Antizipation
Antizipation der Er‑
d e r Er-
fahrung. -‐ Fortführung
fabrung. Fortfahrung derder Lehre Herberts in
Lehre Herberts in der sehöltisehen
schottischen
Thomas Reid.
Schule: Thomas Reid. ‐- Ideen
Ideen und
und Urteile
Urteile 285
1 D i e Analyse
Il. Die des Dingbegriffe
Analyse des Dingbegriffs.
KenelmDigby
Digby ... 292
29%
Wahrheit. ‐ - Das Das „Sein“ als Grundbegriff der
DerBBegri
Seeie.
S
e g r i ff dder
e e l e ‐ Die
e s Urteils.
ddes Urteils.
e r Wahrheit.
Die Synthesen
Synthesen des Seine asl Grundasie eile der
des Bewusstseins.
Bewusstseins. ‐ Die Theorie

IIE
III. PPlatonismus
l a t o n i s m u s u nn dd Idealismus.
Idealismas.
Die Schule von
Die Schule von Cambridge.
Cambridge.-‐ Ralph Ralph Cudworth
Cudworth.. 299
299
Idee und
Idee Wirklichkeit. ‐- D
und Wirklichkeit. ie logische
Die logischeRangordnung
Rangordnung zwischen
den Dingen
den Dingen und und derder Erkenntnis.
Erkenntnis.
JJohn
o h n Norris
Norris 302
302
Diesinnliche
sinnliche und unddiedie intelligible
intelligible Welt.Welt. _ Sein der,
Das Sein
- Das der „ewigen
,ewigen
Wahrheiten«. ‐- Sinnlichkeit
Wahrheiten“. Sinnlichkeit und und Urteilsfunktion.
Urteilsfunktion.
Arthur Collier
Arthur C o l l i e.r. . . . . . 306
Die Unmöglichkeit
Die Unmöglichkeit einer „äusseren* Welt. _ Die
einer ‚Ausseren“ Die Antinomien
Antinomien
des Weltbegriffs. -‐ Raumbegriff
des Welibegriffs. Raumbegriff und und Gottesbegriff.
Gottesbegriff.
IIVV.
. Die Kritik des Naturbegriffs.
D i e K r i t i k des N a t u r b e g r i ff s .
RRobert B o y l e . ..
o b e r t Boyle .... 312
Schrift „de
DieSchrift Natura". ‐- "Materialer
ipsa Natura“.
„de ipsa Materialer und.
und formaler
formaler Be‑ Be-
griff e r Natur.
g r i f f dder N a t u r.
Joseph
Joseph GlanvillGlanvill en 314
914
Aristotelische und
Aristotelische und moderne
moderne Naturansicht,
Naturansicht. ‐ Das neue Ideal
Das neue Ideal
des Wissens:
des Wissens: der der „Begriffsweg“
„Begriffsweg" und und diedie Erfahrung.
Erfahrung.

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e
Inhalts-Verzeichnis. IX

Sechstes B u c h : »
Von Newton zu Kant.
Wissenschaft und Philosophie im achtzehnten Jahrhundert.
Erstes Kapitel: Das Problem der Methode.
1. Newions Grundlegung der Induktion. ‐ Die Forderung der
Beschreibung der Tatsachen.
Die Schule Newtons: Keill und Freind . . . : 2 2 2 . . . 8%
d’Alembet . . » > 2 2 2 2 886.
Tatsachen und Definitionen. ‐ Der Doppelcharakter von
d’Alemberts Erfahrungsiehre. ‐ Locke u n d Newton. ‐ Die
Analyse der mathematischen Begriffe. ‐ Die Metaphysik der
exakten Wissenschaften.
I. D e r Begriff der Kraft.
Der Kausalbegriff und das Problem der Fernkraft.
Maupertuis . FRE" u aea Baa u ea Baa u a Bu
Maupertuis und Hume. ‐ Der psychologische Ursprung der
mathematischen Begriffe. ‐ Die „Wiederholbarkeit“ a!s Merk‑
mal der mathematischen Ideen. ‐ Die Kritik des Kraftbegriffs.
‐ Die teleologische Naturerklärung und das Prinzip des
kleinsıen Kraftmasses, ‐ Die „absoluten Ursachen“ der Er‑
scheinungswelt.

Zweites Kapitel: Raum und Zeit.


1. Das Raum- und Zeitproblem in der Naturwissenschaft.
a ) Newton u n d seine K r i t i k e r . . . . . 2 2 2 2 . 0 . 339
Newtons Begriffe des absoluten Raumes und der absoluten
Zeit. ‐ Berkeleys Kritik der Newtonischen Grundbegriffe. ‑
Leibniz und Newton: der absolute und der intelligible Raum.
‐ Der Briefwechsel zwischen Leibniz und Clarke.
b) D i e F o r t b i l d u n g der Newtonischen Lehre.
Leonhard Euler . . . » : >: 2 2 2 2 e r . 346
Das methodische Postulat des reinen Raumes. (Die „Mechanik*
von 1736) ‐ Die Refiexions sur l’espace et le temps. ‐ Die
Analyse der mechanischen Grundsätze: der absolute Raum
und das Trägheitsprinzipr. - Zuler und Maclaurin. ‐ Die
Kriterien der „Realität“. ‐ Der neue Begriff der Realität. ‑
Recht und Besonderheit der naturwissenschaftlichen „Ab‑
straktion“. ‐ Raum und Zeit keine „Gattungsbegriffe*.
D i e „Theoria motus" vom Jahre 1765. ‐ Die sinnliche Auf‑
fassung des Raumes und der Zeit. ‐ Verhältnss zu den
hänomenalistischen Raumiehren. ‐ Der Raum als „Verstandes‑
egriff* und als absolute Realität. ‐ Der Raum und das
pbilosophische System der Kategorien.

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<
X Inhalts - Verzeichnis.
Inhalts- Verseichris.

2. Raum- und
Das Raum-
2. Das und Zeitproblem
Zeitproblem in der Metaphysik
Metaphysik und
und
spekulativen Theologie.
spekulativen Theologie.
Raumbegriff und
l.1. Raumbegriff Gottesbegriff: Newton
und Gottesbegriff: Newton und und Clarke.
Clarke. ‐~ Die
Die
Raum- und Zeitiehre als G r u n d l a g e der Gottesbeweise. ‑
Raum und Zeit als Attribute des U r w e s e n s : Jacob Raphson.
Henry
Henry More's More’s Enchiridium Metaphysicum. ‐ - Die geistige
Enchiridium Metaphysicum. Natur
geistige Natur
d e s reinen
•des Raumes. -‐ Der
reinen Raumes. sinnliche und
Der sinnliche und der intelligible
intelligible Raum
Raum 367
357
I.I. IsaacIsaac Watts’
Watts' „Enquiry
„Enquiry concerning
concerning Space". Space“. ‐- Das Raum- und
Das Raum- und
in der P sPsychologie:
Z e i t p r o b l e m in.der
Zeitproblem d m u n d Law.
y c h o l o g i e :EEdmund Law. ‐- Die Die Kritik
Kritik
e r L Locke’schen
dder Raumlehre. ‐
o c k es c h e n Raumlehre. Die „Idee*
Die und iibr
„ I d e e und b r Gegen‑
Gegen-
stand. -‐
stand. Das
D a s Sein des Gegenstandes und das Sein der
Sein des Gegenstandes und das Sein der
Relationen ‐ Raum
Relationen. und Zeit als
Raum und Gebilde der Einbildungs‑
a l sGebilde Einbildungs-
k r a f t . ‐- Idealität
kraft. und Objektivisät
Idealität und Objektivität des des Raumes
Raumes und und der Zeit
Zeit 366

3. Die
3. Die Idealität des Raumes
Idealität des und der Zeit.
Raumes und Zeit. ‑
Die Antinomien des
Die Antinomien des Unendlichen.
Unendlichen.
Die
Die Lehre
Lehre von der Idealität
von der des Raumes
Idealität des Maupertuis* Briefen.
Raumes in Maupertuis’ Briefen.
‐- Maupertuis und Kant;
Maupertuis und Schopenhauers Urteil .
Kant; Schopenhauers ar 875
875
Die Lehre
Die Lehre von
von der
der Phaenomenalität
Phaenomenalitat der Körperwelt.
Körperwelt. ‐ Die Die
Entwicklung
Entwicklung des Leibnizischen
Leibnizischen Phaenomenalismus:
Phaenomenalismus: Joh. Joh. Aug.Aug.
Eberhard
Eberhard uund Kasimir von
n d Kasimir Maupertuís' Theorie
Creuz. -‐ Maupertuis’
von Creuz. Theorie der
Existentialurteile.
Existentialurteile. -‐ Die
Die zwei
zwei Grundformen
Grundformen des des „Idealismus“
„Idealismus" 877
877
Gottfried Ploucquet
Gottfried Plouequet.. . >> n n . 881
S8 1
Ploucquet
Ploucquet und Malebranche. ‐ Raum
und Malebranche. und Zeit
R a u m und Zeit als Ideen des
als Ideen
„eutlichen Verstandes“. ‐ Die Antinomie der unendlichen
fäulchen Verstandes".
eilung.
D i c A n u n o m i c d e r u n e n d u c h e n

Die Prinzipien der


Die Prinzipien Infinitesimalrechnung
'der Infinitesimalrechnung 386
886
Die „Unbegreiflichkeiten
Die „Unbegreiflichkeiten derder Mathematik“
Mathematik"((De matheseos in-
D e matheseos in‑
comprehensibilibus): Grandi
comprehensibilibus): und Sturm.
Grandi und Das Unendlichkleine
Sturm. ‐- Das Unendlichkleine
bei Leibniz
bei und Maclaurin.
Leibniz und Maclaurin.
Fontenelles „Elements
Fontenelles „Elements dede la Géométrie I'Infini‘“ ‐- Mathema-
de l'Infini"
Geometrie de Mathema‑
tische und
tische metaphysische Deutung
undmetaphysische Deutung des Unendlichkeitsbegriffs.
Unendlichkeitsbegriffs.
Kritik des
Eulers Kritik
Eulers des Unendlichkeitsbegriffs.
Unendlichkeitsbegriffs. ‐ - D Der Kampf gegen
e rKampf gegen
„Chicanen“ der Metaphysik.
die „Chicanen" Metaphysik. -‐ Das Problem der
Das Problem der objektiven
objektiven
Gültigkeit der Mathematik.
Galtigkeit der Maihematik.

4.
4. Das Raum- und
Das Raum- und Zeitproblem in der Naturphilosophie.
Naturphilosophie.
Boscovich
Boscovich . . . . . . ‑ 892
Die Analyse
Die Analyse des Stossvorganges. ‐- Das
des Stossvorganges. Postulat der Continuität.
Das Postulat Continuität.
Maupertuis' Kritik
- Maupertuis’ des Continuitätsgesetzes.
Kritik des Continuitätsgesetzes. ‐ -D i eContinuität
Die Continuität
m Sein
iim und im Geschehen.
Sein und Geschehen. - Der D e r„imaginäre"
„imaginäre“ und und der physi‑
physi-
Raum. ‐- Kritik
kalische Raum.
kalische d e r Boscovich’schen
K r i t i k der Raumlebre. ‑
B o s c o v i c h ' s c h e n Raumlehre.
Idealität und
Idealität und Realität,
Realitat.

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Digilized hy
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Inhalts»Verseichnis. xl

Drittes Kapitel: Die Ontologie. ‐ Der Satz des Widergpruchs


und der Satz vom zureichenden Grunde.
I. Denken und Sein. ‐ Der Wahrheitsbegriff bei Leibniz und Wolff 404
Die Kritik der Wolffschen Lehre: Andreas Rüdiger. ‐ Die
sinnliche Grundlage der mathematischen Gewissheit. ‐ Formale
u n d materiale Kriterien des Seins . . . - 2 2 . 2 . 2 . 2 . 2 . 0 . 4 0 8
Chr. Aug. Crusius. ‚ ‘
Die.Kritik der Ontologie. ‐ Begriff und Existenz. ‐ Die ein‑
fachen Begriffe und dıe „Deutlichkeit des Abstraktionsweges“.
‐ Das Problem der Notwendigkeit. ‐ Die neue „Methode“
v o n Crusius’ Philosophie und ihre geschichtliche Wırkung:
Lambert und Mendelssohn -. . . . .» : 2 2 0 0 0 0 .

Joh. Heinr. Lambert...» : 2 . 2 2 0 0 .. Alb


Das „Solide und die Kräfte“, ‐ Wirklichkeit und „Gedenkbar‑
keit“. ‐ A p r i o r i und a posteriori: Leibniz und Locke. ‐ Die
„einfachen Möglichkeiten“ und ihre Verknüpfung, ‐ Das „Reich
der Wahrheit“. ‐ Der Gesichtspunkt der „Gegenstandstheorie*,
‐ Die mathemarische und die philosophische Abstraktion. ‑
Logische und metaphysische Wahrheit bei Lambert und bei
Mendelssohn.
I I . Der Satz des Widerspruchs und der Satz vom zureichenden
Grunde. ‐ Wolff und seine Schule: der syllogistische Beweis
dos Satzes vom Grunde. (Darjes, Carpow, Meier) . . . . 4%
Crusius’ Kritik des Satzes vom Grunde, ‐ Das Prinzip der
Einteilung: Crusius und Schopenhauer. ‐ Grund und Ursache,
Realgrund und Erkenntnisgrund . . » . 2 2 2 2 2 47 0 .

Die Kritik des Causalbegriff:: Nik. Beguelin.


Die „Unerweislichkeit“ der metaphysischen Grundsätze. ‐ Der
Begriff der Ursache und die Erfahrung. ‐ Beguelin und Hume 430
Der Satz des Widerspruchs und die „Realprinzipien der Er‑
kenntnis“. (Thüammig und Crusius) . 432

Viertes Kapitel: Das Problem des Bewusstseins. ‐ Subjektive


und objektive Begründung der Erkenntnis.
I. Fortbildung und Kritik von Lockes Psychologie.
Peter Boowne . > >: 2 2 2 e r 485.
Die Aufhebung der „Ideen“ der Reflexion. ‐ Die „symbolische*
Erkenntnis des geistigen Seins.
Die Associationspsychologie. ‐ Hartley und Priestiey . . . 437
Die Anknüpfung an die Newtonische Wahrnehmungstheorie,
‐ Die physiologische Deutung der Association.
Condilae. . > >: 22 e e n 489.
Der Begriff der Metaphysik und die Methode der Analysis. ‑
Denken und Sprechen. ‐ Das Denken als Rechnen: Analyse
und Erfindung.

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XII
Xu Inhalts- Verzeichnis.
Inhalts -Verzeichnis.

n e i Begriff
Der neue
Der Begriff des Bewusstseins
des Bewussts des
die Autonomie des
und die
einsund
Geistes. ”‐
Geistes. Der Begriff
- Der d e r„Dichtkraft*
Begriff der „Dichtkraft* bei den S.hweizern
bei den Schweizern
und in
und in der deutschen Psychologie.
der deutschen Psychologie.
Baumgarten und
Baumgarten Georg Friedr.
und Georg Friedr. M e i e r. . . .
Meier » . . 2 . . . Mi
441
Te e n s . » > : 2 E
Tetens e n 4
443
Die
Die Kritik der Associationspsychologie.
Kritik der Associationspsychologie. ‐ DieDie Selbsttätigkeit
Selbsttätigkeit
des Verstandes. ‐- Die
des Verstandes. exakten Wissenschaften
Die exakten Wissenschaften und die „Denk‑
und die Denk-
kraft". -‐ Psychologische
kraft“. u n d„transzendentale“
Psychologische und „transzendentale" Fragestellung.
Fragestellung.
1L Das
Il. Das psychologische
psychologische und und das logische Wahrheitskriterium
das logische Wahrheitskriterium . . 448
448
Lossius’„Physische
Lossius' Ursachen des
„Physische Ursachen des Wahren“.
Wahren", ‐- Die Wahrheit
Die Wahrheit
als Produkt
als Produkt derder „Organisation“. „Subjektivische" oder „ob‑
„Organisation". -‐ „Subjektivische“ „ob-
Natur der
jektivische* Natur
jektivische* Wahrheit.
der Wahrheit.
DerKampf
Kampf derlogischen
logischen uund
n dder „psychologistischen" Auf-
der „psychologistischen“ Auf‑
fassung. ‐
fassung. Der
Der Satz des Widerspruchs bei
Satz des bei Zossius
Lossius und
und bei
bei
Tetens. -‐ Tetens'
Tetens. Abweisung der Common-Sense-Philosophie.
Tetens’ Abweisung Common-Sense-Philosophie. ‑-
Notwendigkeit uund
Notwendigkeit n d Allgemeingültigkeit logischen „Verhältnis‑
Allgemeıingültigkeit der logischen ,,Verhältnis-
gedanken. Metaphysischer und
gedanken“. -‐ Metaphysischer und erkenntnistheoretischer
erkenntnistheoretischer Sinn
Sinn
der Objektivität. ‐ Subjektive und objektive
Subjektive und objektive Begründung
Begründung der der
Erkenntnis.
Erkenntnis.

S i e b e n t e s Buch:
Siebentes Buch:

Die kritische Philosophie.


Die kritische Philosophie.
Erstes Kapitel: Die
Erstes Kapitel: Die Entstehung kritischen Philosophie
Entstehung der kritischen Philosophie 459
459

I.I. Die
D i e Schriften des Jahres
S c h r i f t e n des Jahres 1763.
1768. ‐ - Mathematik
Mathematik und
und Meta‑
Meta-
physik. ‐
physik. Analytische
Analytische und synthetische Methode.
und synthetische Methode. ‐ • Die
D i e an‑
an-
schauliche Evidenz
schauliche Evidenz der Mathematik. -‐ Der
der Mathematik. Der Begriff des Daseins.
Begriffdes Daseins.
- ‐ Logischer
Logischerundund realer Widerstreit. -‐ - Die
realer Widersıreit. Die „materialen
„materialen Grund‑
Grund-
s ä t z eund
sätze* ihr Prinzip
und ibr Prinzip (Verhältnis
(Verhältnis zu Crusius).. ‐ Kant
z uCrusius). Kant undund
die Erfahrungslehre
Erfahrungslehreder mathematischen Physik
der mathematischen Physik (d’Alembert
(d'Alembert
Maupertuis) » » > > 2 En rn r
und Maupertuis)
und n . 460
I.
II. D i e „Träume
Die „Träume eines eines G Geistersehers“ (1765).-‐ Die
e i s t e r s e h e r s "(1766). Begriffe
Die Begriffe
„Wirklichkeit“ und
der „Wirklichkeit* und des „Traumes“ in
d e s„Traumes" in dder e r Wolffischen
Wolffischen
Philosophie. -‐ Materiale
Philosophie. Materiale und formale Kriterien
und formale Kriterien der d e rWirklichkeit.
Wirklichkeit.
‐- Die Grundprobleme derEthik:
Die Grundprobleme Ethik: Ethik und Metaphysik.
Ethik und Metaphysik. ‐- Ver‑ Ver-
hältnis zu
hältnis zu Rousseau.
Rousseau. ‐- -•DDie Metaphysik als
i eMetaphysik Grenzwissenschaft.
als Grenzwissenschaft.
‐ • Kant
Kant und und Hume.
Hume. ‐- Die Die Erfahrung
Erfahrung und die „Vernunftgründe* 473
und die
I I . V oo nn dden
III. e n "„ -Tr
r aä uu m n ee i n ee ss G ee i s t e r s ee hheerrss"“ bis
m ee n bis z ur
„Dissertation“ (1765-69).
„Dissertation' (1765-69).
Die
Die Logik
Logik der der Wirklichkeit.
Wirklichkeit, -‐ Das Problem der synthetischen
Das Problem synthetischen
G r u n d s ä t z e -‐
Grundsätze Notwendigkeit und
Notwendigkeit und Al'gemeinheit
Al'gemeinheit der syn‑ S Y L •
tthetischen
hetischen G Grundsätze
r u n d s ä t z e . . » 2. 2 2 2 2 en n e e Bl
481
IIV. Vo
V. rbereitung u
Vorbereitung und A b s c h l u s sd
n d Abschluss e r D i s s e r t a t(1769
derDissertation i o n - 70).
(1769 70).
Der absolute Raum
Der absolute Raum und u n ddie Geometrie. ‐- Die
die Geometrie. Die Idealrtät
Idealtät des
Raumes
Raumes und und der Zeit. ‐- Das
der Zeit. Problem der Antinomien.
Das Problem Antinomien ‑
Raum
Raum und Zeit als
und Zeit Verstandesbegriffe. ‐- Anschauung
als Verstandesbegriffee Anschauung und und

Oarltndhy Google
Google
Digilized hy
<
Inhalts - Verseichnis.
Inhakts-Verseichnis. X II
XIII

Begriff. ‐ - Die
Begriff. Die Scheidung
Scheidung dder e r sinnlichen und der intelligiblen intelligiblen
Welt. ‐ Die
Welt, Di e Grundlegungder
Grundlegung der Mathematik
Mathematik und die
und die „reine Sing-
reine Sinn‑
llichkeit“. Kant
i c h k e i t. ‐ -- K a n t uund E u l e r. --
n d Euler. D i e intelligiple
- Die i n t e l l i g i b l e Welt
W e l t als
a l sR„Reich
eich
der Z
der w e c k e . ‐- Die
Zwecke“. Autonomie des
Die Autonomie des Verstandes
Verstandes und und des Wıllens
des'Willens 487
V D
Der e r F o r t sscchhrriitttt zzur Ve r n u n f t k r i t i k (1772-81).
u r Vernunftkritik (1772--81).
Der Gegenstand der
D e r Gegenstand Erkenntnis. -‐ Die
der Erkenntnis. Die Problemstellung
Problemstellung im
Brief aann Markus
Brief Markus Herz. Herz. ‐ VersucheVersuche eines eines Kategoriensystems;
Kategoriensystems;
Substanzbegriff und
Substanzbegriff Relationsbegriff -. -. » » 2
und Relationsbegriff 2 . 2 . 2 . 0 .
504

Zweites Kapitel: Die


Zweites Kapitel: Die Vernunftkritik.
Vernunftkritik.
.1.
I D e r metaphysische
Der metaphysische G G e g e n s a ttzzvvoo nn S ubjekt u
Subjekt nd O
und b‑
Ob-
jjekt
ekt u n d seine
und geschichtliche E
seine geschichtliche ntwicklung . . . .
Entwicklung 509
609
Der Idealismus e r Inder.
Idealismusdder Inder. - ‐ Die griechische Philosophie.
Die griechische Philosophie. ‑
Platon
Platon und die doppelteRichtung
und die Platonismus,-‐ Platonismus
doppelte Richtung desPlatonismus. Platonismus
und Augustinismus. -‐ Descartes
und Augustinismus. Descartes und Leibniz. -‐ Subjekt
und Leibniz. Subjekt und und
Objekt in
Objekt in der Erfabrungsphilosophie.
Erfabrungsphilosophie.
IIl.I . Das P r o b l e m dder
D a s Problem er O Obbijcekkttiivvii tt äätt.. ‐ Analytisch
A n a l y t i s c h u nn dd
ssy n t hye t i s cnh t. » h . 2 2e 2 2:t n i e s n e c h . n 828
Wahrnehmungsurteil und
Wahrnehmungsurteil Erfahrungsurteil. -‐ Die Notwendig-
und Erfabrungsarteil. Notwendig‑
keitder
keit der Verknüpfung und und der der Gegenstand.
Gegenstand. -‐ Die Die Kriterien
Kriterien
empirischen Wahrheit.
der empirischen
der Wahrheit. ‐ Die Die Natur Natur in formaler formaler und und
materialer Bedeutung.
materialer Bedeutung. ‐ -Der Der Verstand
Verstand als als „Urheber der Natur". Natur*.
-‐ Die Die Einheitdder Synthesis und der
e r Synthesis Begriff. -‐ Analyıische
der Begriff. Analytische
und synthetische Urteile (Die Beispiele). ‐ Der empirische empirische
undraucthetiercheMorsichetisvheispiele).Dieforderuirische
Gebrauch der apriorischen Synthesis. ‐ Die Forderung des
Gilaratya eter, spriortschen Synthesis,
„Natursystems*,
O I . Raum
III. Raum und a n d ZZeit eit FE ea ar ee 542
Die TrTrennung
e n n u n gvon v o n Verstand
Verstand und und Sinnlichkeit.
Sinnlichkeit. ‐ DDer e rs syn‑
yn-
thetische Charakter des
thetische des Raumes
Raumes uund n dder Zeit. ‐ Der
der Zeit. D e r Raum
Raum
als Erkenntnisgegenstand
als Erkenntnisgegenstand und und als als Erkenntnismitte.
Erkenntnismittel. ‐ Die Die
transzendentale
transzendentale Erörterung Erörterung des des Raumes.
Raumes. •‐ - Das „Gegebene"
Das „Gegebene“
Anschauung. ‐ D
der Anschauung.
der Die Synthesis des
i eSynthesis Verstandes und
des Verstandes und die die
Anschauungsformen. ‐- Ursprung
Anschauungsformen. Ursprung und und Ziel Ziel derreinen Synthesis.
reinenSynthesis.
“‐ Anschauung und
Die Anschauung
Die u n d dder e r „diskursive“
,dishursive"BBegriff. e g r i f f .-‐ Die Die
Probleme
Probleme des absoluten Raumes
des absoluten Raumes und und der absoluten Zeit.
der absoluten Zeit. ‑
Der
Der RaumRaum als als „unendlich-gegebene*
„unendlich-gegebene* Grösse. Grösse. ‐ Subjektivität
Subjektivität
und Idealität.
und Idealität.
IIVV.. D Der er B Begriff
e g r i f f desdes Selbstbewusstseins
Selbstbewusstseins . . . . 568
663
D i e Kritik
Die Kritik dder e r Associationspsychologie.
A s s o c i a t i o n s p s v c h o l o g i e . ‐- - Die „transzendentale
Die „transzenden tale
Affinität“
Affinität® der der Erscheinungen. -‐ Die Die drei Stufen der
drei Stufen der Synthesis,
Syntbesis.
Der Schematismus, ‐
D e r Schematismus. Das Problem der
D a s Problem Begriffsbildung. -‑
d e rBegriffsbildung.
Subjektive und
Subjektive objektive Einheit
und objektive Einheit des des Selbsıbewusstseins,
Selbstbewusstseios. ‑
S a y
S u b j e k t i v e und b j e k t i v e Zeit.
u n d oobjektive Zeit. .‐. - Der D e r Gegenstand d a s Ich.
u n d das
G e g e n s t a n d und Ich.
- D asseempirische
m p i r i s c h e Ich
Ich als als Erscheinung.
Die Widerlegung des Idealismus. ‐ Die Paralogismen der
D i eParalogismen
BecienicherlegunBie innere Dirrourung und der salbstanzbegrir:.
Seelenlebre.
Seelenlebre. ‐ Die innere Erf.hrung und der Substanzbegriff.
Das Ich
‐- Das Ich als Funktion und
als Funktion und als Gegenstand.
als Gegenstand.

Drailrdhty Google
Google
Digilized hy
<
xIV Inhalts- Verzeichnis.

V . „Ding
D a nas i c h
s“... 2. 2 2 2 2 2 2 2 . 8589
Der Begriff der „Erscheinung* und die’ Naturwissenschaft. ‑
Das „Innere der Natur“. ‐ Der Begriff des Unbedisgten. ‑
Der Grenzbegriff des „Ding an sich“,
Affektion u n d Punktion. ‐ Sinnenwelt und Verstandeswelt. .
‐ Phaenomena und Noumena. ‐ Der „transzendentale Gegen‑
stand“. ‐ Das Ganze der möglichen Erfahrung. Welıbegriff
und Erfahrungsbegriff. ‐ Die Vernunft und ihre regulativen
Prinzipien. ‐ Das „Ding an sich* und die Relativität der Er‑
kenntnis. ‐ Die Grundlegung der Ethik. ‐ Die Idee der Freiheit.

Belegstellen und Anmerkungen . . . . 2 2 2 0 . 2 .2..68

Digilized hy Google
<
Dilsanth Google
Siebentes Buch:
Siebentes Buch:

Die kritische
Die kritische Philosophie.
Philosophie.

Drilardth Google
Google
Digilized hy
<
Erstes Kapitel.

Die Entstehung der kritischen Philosophie.


Weniger als jedes andere philosophische System scheint die
kritische Lehre des Rückgangs auf ibre Entstehungsbedingungen
zu bedürfen. Die Vernunftkritik bildet ein vollendetes und abge‑
schlossenes Ganze, das auf sich selber steht und aus sich selbst
erklärt sein will. Wie sie der gesamten philosophischen Ver‑
gangenheit als ein Neues und Eigenes gegenüberftritt, so hat sie
auch mit der vorangehenden Gedankenentwicklung in Kants
vorkritischen Schriften gebrochen. Der zentrale methodische
Grundgedanke besitzt daher seinem wesentlichen Inhalt nach
keine Geschichte; n u r seine allmähliche Ausführnng und seine.
immer weitergreifende Anwendung ist es, die sich in verschiedene
zeitliche Phasen auseinanderlegen lässt.
Und dennoch ist es nicht n u r das Interesse an der persön‑
lichen Entwicklung des philosophischen Genius, sondern der
Zwang der Sache selbst, der den Blick immer wieder auf Kants
vorkritische Schriften zurückwendet. Der Einblick in den sach‑
lichen Gehalt und in die sachliche Struktur des Systems wird
immer aufs neue durch die komplizierten geschichtlichen Pro‑
blembedingungen, in welche es eintritt, erschwert. Schon der
S t i l Kants ist hierfür charakteristisch: ist es doch bisweilen, als
werde die Periode durch die Fülle der kritischen und polemischen
Beziehungen, die sich sogleich an jeden neuen Gedanken knüpfen,
aus ihrem rubigen Ebenmaass gedrängt; als vermöchte sie nicht
den ganzen Inhalt zu fassen, den sie gleichzeitig zum Ausdruck
bringen soll. Ein Schlag schlägt bier tausend Verbindungen; ein
einziger Satz genügt, uns mitten in weltgeschichtliche Kämpfe

Digilized hy Google
<
460
460 Die
Die Entstehung
Entstehung der kritischen Philosophie.
der kritischen Philosophie.

und Gegensätze zu stellen.


u n d Gegensätze stellen. An diesem Punkte kann
diesem Punkte kann diedie Rücksicht
Rücksicht
die vorkritischen
auf die
auf Schriften das
vorkritischen Schriften das Verständnis ergänzen und
Verständnis ergänzen und för‑ för-
dern. Denn
dern. ihnen tritt
Denn in ihnen tritt Kant inzeln m
Kant eeinzeln den geistigen
miti t den geistigen Mächten
Mächten
in Beziehung,
Beziehung, die die er er in der Vernunftkritik auf
der Vernunfikritik a u f einmal
einmal zu zu über‑
über-
blicken
blicken undund zuzu meistern sucht. Das
meistern sucht. Das Verhältnis,
Verhältnis, in welchem
welchem er er zu
zu
den verschiedenen Richtungen
den verschiedenen zeitgenössischen Philosophie
Richtungen der zeitgenössischen Philosophie
steht, tritt daher
steht, daher hier hier in helles Licht. Und
helles Licht. Und diese Isolierung der
diese Isolierung
Einzelfäden, die
Einzelfäden, sich in Kants
die sich Lehre zusammenknüpfen,
Kants Lehre zusammenknüpfen, dient
nunmehr mittelbar der Erkenntnis
wenigstens mittelbar
nunmehr wenigstens Erkenntnis des logischen
logischen Baus Baus
des Systems.
des Systems. Gedanken,
Gedanken, die die im Zusammenhang
Zusammenhang der der Vernunft‑
Vernunft-
kritik
kr schwierig und
itik schwierig fremdartig erscheinen,
u n d fremdartig erscheinen, finden ihre Erklärung,
finden ihre Erklärung,
wenn man sie als
wenn man sie als NachwirkungNachwirkung früherer Problemstellungen be‑
Problemstellungen be-
greift; Gegensätze
greift; Gegensätze der Darstellung
Darstellung versöhnen und
versöhnen und lösen
lösen sich,sich,
wenn
wenn man man siesie nicht unmittelbar aneinanderhält,
nicht unmittelbar aneinanderhält, sondernsondern sie sie ver‑
ver-
schiedenen zeitlichen
schiedenen zuweist. Denn
Schichten zuweist.
zeitlichen Schichten Denn so so sehr es es in der der
Tendenz
Te des kritischen
n d e n z des kritischen Gedankens
Gedankens liegt,
liegt, einen
einen völlig
völlig neuen
neuen
Aufbau zu
Aufbau zu beginnen,
beginnen, so so ist doch der
ist doch der Zusammenhang
Zusammenhang m miti t der
der
eigenen vorangehenden Entwicklung
eigenen vorangehenden Entwicklung Kants Kants nirgends
nirgends gänzlich
gänzlich auf‑ auf-
gehoben. Die
gehoben. Motive und
Die Motive und Fragestellungen
Fragestellungen der früherenfrüheren Epoche
Epoche
spielen noch
spielen immer in die
noch immer Darlegung der
die Darlegung reifen Ergebnisse
der reifen Ergebnisse
hinein und
hinein und bilden
bilden oft oft eine latente Gegeninstanz
eine latente Gegeninstanz gegen gegen die freie
Gedankenentwicklung. Es
Gedankenentwicklung. Es gibtgibt keinen anderen Weg,
keinen anderen Weg, dieser
‚Schwierigkeitzu
Schwierigkeit zu begegnen,
begegnen, als als diese Motive selbst
diese Motive selbst klar
klar abzugrenzen
abzugrenzen
und gesondert
und gesondert zu verfolgen. Die
zu verfolgen. Einsicht in die Bedingungen,
Die Einsicht Bedingungen,
denen die
aus denen
aus die Vernunftkritik
Vernunftkritik heraus heraus undund über über die
die sie empor‑
empor-
gewachsen ist, lehrt erst völlig, was sie,
gewachsen ist, lehrt erst völlig, was sie, unabhängig von unabhängig von diesen
diesen
Bedingungen, sachlich bedeutet.!)
Bedingungen, sachlich bedeutet.')

1.
1.

Die früheste Epoche


Die frübeste Epoche vvon Kants gedanklicher
o n Kants gedanklicher Entwicklung
Entwicklung
gebt durchaus
geht durchaus in in der Rezeption des
der Rezeption Stoffes auf,
des Stoffes auf, der ihm
ihm durch
durch
die Naturwissenschaft
die Naturwissenschaft der der Zeit dargeboten
dargeboten wird.
wird. Zwar treten
Zwar treten
auch hier
auch sogleich neue
hier sogleich neue und
und fruchtbare Gesichtspunkte auf;
fruchtbare Gesichtspunkte auf; zwar
wird das Verfahren
wird das der physikalischen
Verfahren der physikalischen Induktion über die
Induktion über die Grenzen
Grenzen
hinaus, in denen
hinaus, denen eses bei
bei N e w t o n verblieben
Newton war, zu
verblieben war, zu erweitern
erweitern
und unbeschränkten Anwendbarkeit
und in seiner unbeschränkten Anwendbarkeit zu zu erweisen
erweisengesucht.
gesucht.

Dairlndhty Google
Google
Digilized hy
<
Mathematik
Mathematik uund
n d Metaphysik.
Metaphysik. 461
461

Betrachtungsweise aber,
Diese Betrachtungsweise
Diese aber, die „Allgemeinen Natur‑
die in der „Allgemeinen Natur-
und Theorie
geschichte und
geschichte des Himmels*
Theorie des i h r eAusprägung
Himmels“ ihre Ausprägung und und ihren
ihren
Abschluss findet,
Abschluss findet, übt
übt zunächst auf die
zunächst auf die philosophische
p h i l o s o p h i s c h e Grund‑
Grund-
anschauung keine
anschauung entscheidende Rückwirkung.
keine entscheidende Rückwirkung. Die erste meta‑
Die erste meta-
physische Kants: die
Schrift Kants:
physische Schrift die „Nova dilucidatio“ vom
„Nova dilucidatio" vom JahreJahre 1755
1755
sucht n uurr einige
sucht formale Aenderungen
einige formale a n dem
Aenderungen an dem herkömmlichen
herkömmlichen
Schema Ontologie vorzunehmen,
Schema der Ontologie vorzunehmen, tritt tritt aber im ganzen ganzen aus aus
der allgemeinen
der Grundanschauung des
allgemeinen Grundanschauung des Wolffischen
Wolffischen Schulsystems
Schulsystems
nicht heraus.
nicht heraus. Der Gegensatz, der zwischen
Der Gegensatz, zwischen den den Voraussetzungen
Voraussetzungen
dieses Systems und
dieses Systems und dem Verfahren dem Verfahren der empirischen
empirischen For‑ For-
besteht, wird
schung besteht,
schung wird zwar bemerkt; aber
zwar bemerkt; aber er er wird
wird nochnoch nicht
nicht
iinn seiner
seiner eigentlichen p r i n z i p i e l l e n Bedeutung
eigentlichen prinzipiellen Bedeutung erfasst.erfasst. DieDie
Vermittlung
Vermittlung wird wird auf dem Gebiete
auf dem Gebiete der der Naturphilosophie
Naturphilosophie selbst selbst
gesucht: eine
gesucht: eine neue konstruktive Synthese
neue konstruktive Synthese und Deutung der Tat‑
und Deutung Tat-
sachen soll
sachen soll sie den Forderungen
sie den Forderungen der Metaphysik versöhnen. So
Metaphysik versöhnen. So
sucht die
sucht die „Physische
„Physische Monadologie“*
Monadologie" den den mathematischen
mathematischen Satz Satz der
unendlichen Teilbarkeit der Materie
unendlichen Materie m miti t der Behauptung
Behauptung letzterletzter
"einfacher" Elemente
„einfacher“ Elemente der der Dinge,
Dinge, so sucht sie
so sucht sie den
den Newtonischen
Newtonischen
und
und den den Leibnizischen
Leibnizischen Begriff Begriff der K Kraft mit einander zu
r a f t mit zu ver‑
ver-
einbaren. In allen
einbaren. allen diesen Versuchen ‐- so
diesen Versuchen so bedeutend
bedeutend sie sie unter
unter
anderen Gesichtspunkten
anderen Gesichtspunkten sind sind ‐-o f offenbart
f e n b a r t sich noch kein
sich noch kein neuer
neuer
methodischer
m e t h o d i s c h e r Grundgedanke:
Grundgedanke: dieser dieser tritt erst erst heraus,
heraus, wenn es es
nicht sowohl
sich nicht sowohl um um diedie Verschmelzung,
Verschmelzung, wie wie um um die kritische
kritische
Sonderung der
Sonderung einzelnen Gebiete
der einzelnen Gebiete des des Wissens handelt.handelt. ‑-
Die Schriften
Die Schriften des des Jahres 1763,
1768, in denen Kant es
denen Kant es unternimmt,
unternimmt,
die Grenze
die zwischen M
Grenze zwischen Mathematik und Metaphysik zuu ziehen,
a t h e m a t i k und Metaphysik ziehen,
bilden daher den
bilden selbständigen Aufang
ersten selbständigen
den ersten Anfang seiner Philosophie.
Philosophie.
Zwar
Zwar heisstheisst es es diedie Bedeutung
Bedeutung dieser Schriften überschätzen,
dieser Schriften überschätzen,
wenn
w m a n iinn iihnen
e n n ınan h n e n bereits die wesentlichen
bereits die wesentlichen Züge Züge der d e r allgemeinen
allgemeinen
Problemstellung der
Problemstellung der Vernunftkritik
Vernunftkritik finden finden will.will. DennDenn so so frei
frei
Kant
Kant hier hier bereits
bereits der der Wolffischen
Wolffischen Lehre Lehre gegenübersteht,
gegenübersteht, so so fügt
fügt
doch den
er doch den Einwänden,
Einwänden, die bereits innerhalb
die bereits innerhalb der zeitgenössischen
zeitgenössischen
Philosophie
Philosophie selbst allenthalben gegen
selbst allenthalben gegen sie geworden waren,
laut geworden
sie laut waren,
sachlich noch
sachlich noch keinekeine neue Bestimmung hinzu:
neue Bestimmung hinzu: seine
seine Leistung
Leistung
besteht lediglich
besteht darin, sie
lediglich darin, sie zuzu vereinigen
vereinigen und und durch
durch die die Ricktung
Richtung
auf ein
auf gemeinsames Ziel
ein gemeinsames Ziel zuzu verstärken.
verstärken. W W iirrerinnern
erinnern uns,uns, dass.
dass
die erste
die erste entschiedene Opposition gegen
entschiedene Opposition gegen das das Wolffische System System
in demdem Kreise
Kreise von Newtons Schülern
von Newtons Schülern und und Anhängern
Anhängern erwachsen
erwachsen

Dalindhy Google
Google
Dinilizec by
c
462
462 Die
D i e Entstehung der kritischen
Entstehung der kritischen Philosophie.
Philosophie.

war. Hier
war. Hier war der Gegensatz
Gegensatz zwischen
zwischen Ontologie und Empirie
Ontologie und Empirie
bereits klarer Aussprache
zu klarer
bereits zu gelangt: statt
Aussprache gelangt: willkürlichen all‑
von willkürlichen
statt von all-
gemeinen Begriffsbestimmungen
gemeinen auszugehen und
Begriffsbestimmungen auszugehen ihnen die be‑
aus ihnen
und aus be-
sonderen
sonderen Fälle syllogistisch herzuleiten,
Fälle syllogistisch herzuleiten, sollen
sollen w i r umgekehrt
wir umgekehrt m miti t
der Betrachtung der konkreten
der Erscheinungen beginnen
konkreten Erscheinungen beginnen und und von von
ihnen aus
ihnen aus ddurch fortschreitende Zergliederung
u r c h fortschreitende Zergliederung die die PP r i n zz i pp i e
e nn
zu entdecken
zu suchen, auf
entdecken suchen, auf denen
denen sie Solche Prinzipien
ruhen. Solche
sie ruhen. Prinzipien
aber haben
aber haben lediglich
lediglich bypothetischen
hypothetischen Wert:Wert: sie reichen reichen nicht
nicht
weiter und
weiter und können
können nnur u r insoweit Bedeutung beauspruchen,
insoweit Bedeutung beanspruchen, als sie sie
sich unmittelbar
sich unmittelbar in der der Deutung
Deutung und Voraussage der Phänomene
und Voraussage Phänomene
bewähren. Die
bewähren. Die T Tatsachen, nicht die
a t s a c h e n , nicht die D e e fi n i t iioonn ee n bilden
bilden den
den
gültigen Anfang aller Forschung:
gültigen Anfang aller Forschung: sinddoch sind doch die Definitionen
Definitionen selbst,selbst,
einen wirklichen
sie einen
sofern sie
sofern wirklichen Gehalt Gehalt in sich
sich bergen,
bergen, nichts nichts anderes
anderes
eine Beschreibung
als eine
als Beschreibung einfachster einfachster psychischer
psychischer Tatsachen.
Tatsachen. (S. (S. ob.
ob.
S.
S. 325, 327.) Innerhalb
325, 327.) Inmerhalb der deutschen Philosophie
der deutschen Philosophie war war diese
Anschauung
Anschauung sodann sodann von aufgenommen und
von C r u s i u s aufgenommen und ener‑
ener-
gisch
gisch verfolgt
verfolgt worden.worden. Man Man versteht
verstekt es, dass Kant,
es, dass Kant, der von von
dder
e r Naturwissenschaft herkommt und
N a t u r w i s s e n s c h a f t herkommt und um um ihre ihre prinzipielle
prinzipielle
Grundlegung wesentlich
Grundlegung wesentlich bemüht bemüht ist,
ist, sich
sich von Crusius' Lehre
von Crusius’ Lehre
lebhaft angezogen fühlen
lebhaft angezogen fühlen musstemusste und dass er in iihr
und dass h r die erste An‑
die erste An-
knüpfung
knüpfung für seine eigenen
für seine findet. Als die
Gedanken findet.
eigenen Gedanken die eigentliche
Methode der Philosophie
Methode Philosophie war bier, hier, im Gegensatz
Gegensatz zum zum Verfahren
Verfahren
der Mathematik,
Mathematik, der „analytische We
der „analytische Wegg des Nachdenkens“
Nachdenkens
bestimmt worden.
bestimmt worden. W Wii r können
können nichtnicht m miti t der Erklärung
Erklärung undund
Festsetzung
Festsetzung derder einfachen Begriffe beginnen,
einfachen Begriffe beginnen, sondern müssen sie
sondern müssen sie
durch Zergliederung
durch Zergliederung eines eines gegebenen
gegebenen Tatbestandes erst erst heraus‑
heraus-
stellen und
stellen entdecken, ehe
und entdecken, ehe wir sie zu
wir sie neuen Verbindungen
zu neuen Verbindungen zu‑ zu-
sammenfügen können.
sammenfügen können. Die „Deutlichkeit“, die
Die „Deutlichkeit", den ontologischen
die den ontologischen
Begriffen eignet,
Begriffen eignet, ist
ist daher lediglich die
daber lediglich „Deutlichkeit des
die „Deutlichkeit des Ab‑
Ab.
straktionsweges"; w
siraktionsweges“; wir können sie,
i r können sie, ohne
ohne sie aufzulösen und
sie weiter aufzulösen und
dnrch eine Mehrheit
dnrch eine Mehrheit von von Merkmalen
Merkmalen zu zu erklären,
erklären, nnur u r in den
den
komplexen
komplexen Tatsachen
Tatsachen selbstselbst als deren Bestandteile
als deren Bestandteile nachweisen
nachweisen
und die Art
und die angeben, wie
Art angeben, wie w i r allmählich
wir allmählich zu zu ihrer Isolierung und
ihrer Isolierung und
bewussten Absonderung
bewussten Absonderung gelangen.
gelangen. (S. ob. S.
(S. ob. S. 412 f.)f.)
Beschreibung der
Die Beschreibung
Die metaphysischen Methode,
der metaphysischen Methode, diedie Kant
Kant in
der Schrift
der über die
Schrift über „Deutlichkeit der Grundsätze
die „Deutlichkeit Grundsätze der der natürlichen
natürlichen
Theologie und
Theologie und Moral"
Moral“ gibt, stimmt hiermit
gibt, stimmt hiermit bis bis ins Einzelne über‑
ins Einzelne über-
ein. Das Vorrecht der Mathematik, von willkürlich
ein. Das Vorrecht der Mathematik, von willkürlich festgesetzten festgesetzten

Dealindhy Google
Google
Digilized hy
<
Analytische und
Analytische synthetischeMethode.
und synthetische Methode. 463
468

Begriffen deduktiv
Begriffen weiterzuschreiten, bleibt
deduktiv weiterzuschreiten, bleibt der Philosophie ver‑
der Philosophie ver-
sagt. Denn
sagt. Denn das das Ziel Ziel und und die Grundabsicht der Philosophie
die Grundabsicht Philosophie istist
auf die
auf Bestimmung der
die Bestimmung der E x i s t e n z gerichtet,
Existenz gerichtet, von von der
der die
die mathe‑
mathe-
matischen Diziplinen
matischen Diziplinen kraft ihrer Eigenart
kraft ihrer Eigenart absehenabsehen dürfen.
dürfen. Das
Das
Sein, m
Sein, dem sie
miti t dem sie eses zuzu tun haben, besteht
tun haben, besteht nichtnicht ausserhalb
ausserhalb des
Begrifis, sondern es
Begriffs, sondern es entsteht
entsteht erst erst in und und m diesem. „Ein
miti t diesem. „Ein Kegel
Kegel
mag sonst bedeuten,
mag sonst bedeuten, was er wolle; wolle; in der Mathematik Mathematik entsteht
entsteht
er aus
er aus der w i l l k ü r l i c h e n Vo
willkürlichen eines rechtwinklichten
r s t e l l u n g eines
Vorstellung rechtwinklichten
Triangels, der
Triangels, der sich sich um um eine Seite dreht.
eine Seite dreht. Die Die Erklärung
Erklärung ent‑
ent-
springt hier
springt bier und und in allen allen andern
andern Fällen offenbar durch
Fällen offenbar durch die
die
Synthesin.«
Synthesin.“ Mit Mit den Definitionen der
den Definitionen der Weltweisheit dagegen dagegen ist
ist
es ganz
es anders bewandt.
ganz anders bewandt. Denn Denn hier liegt ein
hier liegt ein fertiges Material
Material
vor, das es
vor, das es zu
zu meistern
meistern gilt; gilt; hier
hier ist ist daher von Anfang an
von Anfang an ein
ein
festes V o r b i l d vorhanden, nach
festes Vorbild vorhanden, nach welchem die Erklärung welchem die Erklärung der Be‑
Be-
griffe sich zu
griffe sich zu richtenrichten hat. hat. Die Die Metaphysik kann kann keine
keine neue
neue
Wirklichkeit erzeugen; erzeugen; sondern sondern ihre ihre ganze Aufgabe Aufgabe be‑ be-
stebt darin,
steht darin, das das was was uuns in dder
n s in Wi r k l i c h k e i t der inneren
e r Wirklichkeit inneren Er‑
Er-
fahrung
fahrung als als einein zunächst unübersehbares Ganze
zunächst unübersehbares gegeben ist,
Ganze gegeben ist,
zu
zu verdeutlichen
v e r d e u t l i c h e n und aufzuhellen. Das
und aufzuhellen. Das Ziel,Ziel, das sie sichsich
setzt, ist
setzt, somit mit
ist somit demjenigen des
mit demjenigen empirischen Forschers
des empirischen Forschers aufs
nächste verwandt: nicht
nächste verwandt: nicht darumdarum handelt handelt es es sich,
sich, die
die Realität
Realität
Begriffen herauszuspinnen,
aus Begriffen
aus herauszuspinnen, sondern sondern ein ein Dasein,
Dasein, das als
ein sicheres
ein sicheres und unbezweifelbares Faktum
und unbezweifelbares Faktum feststeht,
feststeht, auf Be‑
Be-
griffe zu bringen,
griffe zu die uns
bringen, die uns seine Einzelnen durch‑
seine Struktur im Einzelnen durch-
sichtig machen. „Die
sichtig machen. „Die ächte Methode der
ächte Methode der Metaphysik
Metaphysik istist mmiti t der‑
der-
jenigen im Grunde
jenigen einerlei, die
Grunde einerlei, die N ew wttoonn in die Naturwissenschaft
Naturwissenschaft
einführte und
einfübrte und die daselbst von
die daselbst von soso nutzbaren
nutzbaren Folgen war. Man
Folgen war. Man
soll, heisst es daselbst,
soll, heisst es daselbst, durch sichere Erfahrungen, allenfalls m
durch sichere Erfahrungen, allenfalls miti t
Hülfe der Geometrie die Regeln aufsuchen, nach
Hülfe der Geometrie die Regeln aufsuchen, nach welchen gewisse welchen gewisse
Erscheinungen
Erscheinungen in der der Natur vorgehen. Wenn
Natur vorgehen. We n n mman gleich den
a n gleich den
ersten Grund
ersten Grund davondavon in den Körpern nicht einsieht, so ist
den Körpern nicht einsieht, so ist gleich• gleich‑
wol gewiss,
wol dass sie
gewiss, dass sie nach
nach diesem Gesetze wirken,
diesem Gesetze wirken, und
und man
man er‑ er-
klärt die verwickelten Naturbegebenheiten,
klärt die verwickelten Naturbegebenheiten, wenn man deutlichwenn man deutlich
zeigt,
zeigt, wie
wie sie u n t e r diesen
sie unter wohlerwiesenen Regeln
diesen wohlerwiesenen Regeln enthalten
enthalten seien.
seien.
Ebenso
Ebenso in derder Metaphysik:
Metaphysik: suchet durch sichere innere
suchet durch innere Erfahrung
Erfahrung
ein unmittelbares
d. i.i. ein
d. unmittelbares augenscheinliches Bewusstsein diejenigen
augenscheinliches Bewusstsein diejenigen
Merkmale
Merkmale auf,auf, die gewiss im
die gewiss im Begriffe von irgend
Begriffe von irgend einer allgemeinen
allgemeinen
Beschaffenheit
Beschaffenheit liegen,
liegen, und und obob iihr gleich das
h r gleich das ganze
ganze Wesen
Wesen der

Digilized hy Google
<
4464
64 Die Entstehung
Die Entstehung der kritischen
kritischen Philosophie.
Philosophie.

nicht kennt,
Sache nicht
Sache könnt iihr
so könnt
kennt, so h r euch doch derselben
euch doch be-
sicher be‑
derselben sicher
dienen, um Vieles
dienen, dem Dinge
Vieles in dem Dinge daraus
daraus herzuleiten.“)‘%)
herzuleiten.*)")
So wichtig indess
Sowichtig indess dieser Vergleich
Vergleich m Methode der Expe‑
miti t der Methode Expe-
rimentalphysik
rimentalphysik ist, ist, so
so ist doch hier
ist doch hier die Unter-
die k r ii tt ii ss c h ee Unter‑
scheidung der
scheidung der Analysis und Synthesis noch
und Syuthesis noch keineswegs
keineswegs eer-r ‑
reicht. Man
reicht. Man muss
muss denden Gedanken
Gedanken an diese Unterscheidung
an diese Unterscheidung völlig völlig
fernhalten,
fernhalten, um den den bestimmten geschichtlichen Sinn,
bestimmten geschichtlichen Sinn, den den die
Sätze der
Sätze Preisschrift haben,
der Preisschrift nicht zu
haben, nicht zu verdunkeln.
verdunkeln. FFür ü r das
das aus‑
aus-
gebildete heissen alle
System heissen
gebildete System alle diejenigen Urteile synthetisch,
diejenigew Urteile synthetisch, deren deren
eigentliche Aufgabe die
eigentliche Aufgabe Bestimmung des Erfahrungsgegen‑
die Bestimmung Erfahrungsgegen-
standes ist,
standes ist, die sich also,
die sich mittelbar oder unmittelbar,
also, mittelbar unmittelbar, auf auf die
die
Erkenntnis der
Erkenntnis Wirklichkeit beziehen;
der Wirklichkeit analytisch dagegen
beziehen; analytisch dagegen sind sind
Urteile, die das
Urteile, die das Verhältnis
Verhältnis zwischen
zwischen blossen B e g r i f f e n explizieren.
blossen Begriffen explizieren.
Hier dagegen gilt
Hier dagegen Umgekehrte. Die
gilt vielmehr das Umgekehrte. Die Mathematik
Mathematik
synthetisch sein,
kann synthetisch
kann sie kann
sein, sie ihre Grundlagen
kann ihre Grundlagen frei frei erschaffen,
erschaffen,
weil
weil sie von allem
sie von allem wirklichen Sein gänzlich
wirklichen Sein absieht und
gänzlich absieht u n d sich
sich auf
auf
die Welt
die ihrer willkürlichen
Welt ihrer Begriffe einschränkt,
willkürlichen Begriffe einschränkt, während während die die
Metaphysik,
Metaphysik, die konkrete Tatsachen
die konkrete Tatsachen zu ihrem Vorwurf hat,
zu ihrem hat, diese
diese
lediglich
lediglich hinzunehmen
hinzunehmen und und analytisch
analytisch aufzulösen
aufzulösen hat.) Die E
h a t .) Die in‑
Ein-
h e i t von
heit Philosophie und
von Philosophie Experimentalphysik, die hier
und Experimentalphysik, bier verkündet.
verkündet.
wird,
wird, kann
kann also n u r dadurch
also nur hergestellt werden,
dadurch hergestellt werden, dass dass die die Physik
Physik
zugleich von
zugleich von der Mathematik getrennt,
der Mathematik damit aber
g e t r e n n t , damit aber von von ihrem
ibrem
eigentlichen Nährboden
eigentlichen losgelöst wird.
Nährboden losgelöst wird. Man begreift daher so‑
Man begreift so-
gleich, dass
gleich, dass sich bei diesen
sich bei Bestimmungen nicht
diesen Bestimmungen stehen bleiben
nicht stehen bleiben

**)) Wie genau Kant


Wie genau Kant hier die Anschauungen
hier die Anschauungen und und Forderungen
Forderungen der der
Newtonischen Schale
Newtonischen Schule der Naturforschung wiedergibt,
der Naturforschung wiedergibt, mag magdie Gegenüber‑
Gegenüber-
stellung
stellung der der folgenden
folgenden Sätze ergeben:„How
Sätze F r e i n d ss ergeben: ,How far far different
different and and un‑ an-
like to
like to thisthis is
is the trae Method
the true cultivating philosophical
Method of cultivating knowledge! In
philosophical knowledge! In
supposed bat
nothing iiss supposed
this nothing butwhat
what m most
ost e evident
vident o b s e r v a t i o n pronounces
observation pronounces
to_be the
to_be constitution of things;
the constitation things; aand h o u g h the Cause
n d tthough Cause aand nd O r i g i n of
Origin
h e principle
tthe principle we make uuse
we make of is concealed
s e of concealed ffrom us, yg e t ffrom
r o m us, r o m tthishis
m eannyy t h i n g s may m a y fl o w, whichwhich dayly use w
dayly use i l l inform
will inform uass ooff and and may may
depend
depend upon Therefore it is the
apon iit.t . Therefore business of an
the business an ingenuous
ingenaous philosopher,
phtlosopher,
first to deduce
first to deduce the powers ooff bodies
the powers bodies byby experiments;
experiments; and and afterwards,
afterwards, when when
they
they are carefully examined
are carefully examined and and established,
established, to show
show distinctly and and plainiy
plainly
other effects
what other effects w will necessery follow from
i l l necessary them."
from them.“
( F r e i n d , Philosophical
(Freind, Philosophical Transactions
Transactions abridged
abridged and and disposed
disposed under ander
General Heads,
General Heads, Vol.
Vol. VV,, Part
Part I, S. London 1749.)
435. London
S. 435. 1749.) Vgl. Vgl. a. a. oben
oben S. 325.
S .825.

Danaitndhiy Google
Digilized hyGoogle
<
Die anschauliche Evidens
Die anschauliche der Mathematik.
E v i d e n sder Mathematik. 465
485

liess, dass
liess, sie vielmehr in sich
dass sie bereits den
sich selbst bereits Anstoss zu
den Anstoss zu
neuen Fragen
neuen enthielten. ‑
Fragen enthielten.
Auch der
Auch Gedanke, die
der Gedanke, die Mathematik
Mathematik auf auf die
die reine
reine A n -‑
schauung
schauung zu zu gründen, liegt hier
gründen, liegt ü r Kant
hier ffür noch durchaus
Kant noch durchaus fern.
fern.
Zwar wird es
Zwar wird es als
als iihr Vorzug betrachtet,
h r wesentlicher Vorzug betrachtet, dass sie
sie in
all ihren
all Beweisen und
ihren Beweisen und Folgerungen
Folgerungen das das Allgemeine
Allgemeine unter
unter
concreto betrachte,
Zeichen in concreto
Zeichen betrachte, während
während die die Philosophie
Philosophie dieses
Mittel entbehrt. Der
Mittel entbehrt. Der Metaphysiker
Metaphysiker besitzt besitzt weder weder Figuren
Figuren noch noch
sichtbare Zeichen,
sichtbare Zeichen, um um die Gedanken und
die Gedanken und derenderen Verbältnisse
Verhältnisse aus‑ aus-
zudrücken.
zudrücken. IIhm h m istist es daher versagt
es daher versagt „eine Versetzung der Zeichen
„eine Versetzung Zeichen
nach Regeln
nach Regeln an an diedie Stelle
Stelle derder abstrakten
abstrakten Betrachtungen
Betrachtungen zu zu setzen,
setzen,
sodass m
sodass man a n diedie Vorstellung
Vorstellung der Sachen Sachen selbst selbst in diesem diesem Ver‑ Ver-
fahren
fahren m m iitt der kläreren und
der kläreren leichteren der
u n d leichteren Zeichen vertauschte,
der Zeichen vertauschte,
ssondern
o n d e r n das d a s Allgemeine m u s s in
A l l g e m e i n e muss a b s t r a c t o erwogen
i n abstracto e r w o g e n werden.“
werden."
(II,
(II, 278278 f.)f.) Indessen
Indessen bildet auch für die
bildet auch die Geometrie,
Geometrie, wie wie manman sieht,
sieht
die „Anschauung"
die „Anschauung“ hier hier n nur ein technisches Hilfsmittel,
u r ein Hilfsmittel, dessen dessen
sie sich
sie sich bedient,
bedient, nnicht i c h t aaber den Rechtsgrund,
b e r den R e c h t s g r u n d , auf a u f dem
d e m ihre
ihre
Wahrheiten
Wahrheiten beruhen.*) beruhen.') Was anfänglich anfänglich eine eine pprinzipielle
r i n z i p i e l l e Unter‑
Unter-
scheidung schien,
scheidung schien, das das löst daher zuletzt
sich daher
löst sich zuletzt in eine bloss quanti‑
eine bloss quanti-
tative
tative Differenz
Differenz auf: auf: die die Metaphysik
Metaphysik ist ist ebensowohl
ebensowohl wie wie diedie Mathe‑
Mathe-
matik
matik einer einer Gewissheit,
Gewissheit, die die zur Ueberzeugung hinreicht,
zur Ueberzeugung hinreicht, fähig; fähig;
nur
nur ist ist diedie Anschauung
Anschauung „grösser „grösser in der Mathematik, Mathematik, als als in der
Weltweisheit“.
Weltweisheit*. In In dieser Fassung aber
dieser Fassung aber besitzt
besitzt der der Gedanke
Gedanke noch noch
keine originale und
keine originale prägnante Bedeutung;
und prägnante Bedeutung; wie wie er sich denn
er sich denn
bezeichnenderweise
b e z e i c h n e n d e r w e i s e in i n dden
en S Schriften
c h r i f t e n von M e n d e l s s o h n und
v o n Mendelssohn und
Tetens, die
Tetens, die das gleiche Thema
dasgleiche Thema der „Evidenz „Evidenz in den den metaphysischen
metaphysischen
Wissenschaften" behandeln,
Wissenschaften“ behandeln, völlig gleichartig wiederfindet.®)
völlig gleichartig wiederfindet.%)
Auch die
Auch die K r i t i k der
Kritik spekulativen Gottesbeweise,
der spekulativen Gottesbeweise, die die
jetzt
jetzt ihren
ihren Anfang nimmt, führt
Anfang nimmt, zunächstüberdieGrundanschauung,
führt zunächst über dieGrundanschauung,
die
die C Crusius entwickelt hatte,
r u s i u s entwickelt hatte, in rein
rein erkenntnistheoretischem
erkenntnistheoretischem
Sinne nicht
Sinne nicht wesentlich hinaus. Dass
wesentlich hinaus. Dass sich „die Existenzen
sich „die Existenzen nicht
nicht
wie
wie diedie Lehrsätze
Lehrsätze der der Geometrie
Geometrie aus aus m ö g l i c h e n Wesen
möglichen Wesen demon‑
demon-
strieren lassen’,
sirieren lassen", warwar schonschon bei h m klar
bei iihm klar ausgesprochen.
ausgesprochen. „Die _Die
Begriffe, ddarinnen
Begriffe, arinnen w wiri r uns das Wesen
uns das Wesen r e aal e Dinge vorstellen,
e rr Dinge vorstellen,
müssen erst
müssen selbst aus
erst selbst Sätzen, darinnen
aus Sätzen, darinnen man Existenzen erkennet,
man Existenzen erkennet,
erwiesen werden,
erwiesen werden, wennwenn es es nicht
nicht amam Ende
Ende aufauf willkührliche Sätze
willkürliche Sätze
und
und auf eine Wo
auf eine r t k r ä m e r e i hinaus
Wortkrämerei hinaus laufen
laufen soll.soll. Der
Der Weg,
Weg,
Existenzen
Existenzen zu erkennen ist
zu erkennen also vielmehr dieser,
ist also dieser, dass m a n Em
man m-‑
80
30

Drilandth Google
Google
Digilized hy
<
466
466 Die
Die Entstehung
Entstehung der kritischen Philosophie.
der kritischen Philosophie.

ppfindungen z u m Grunde
fi n d u n g e n zum legt und
Grunde legt denselben zur Erkenntnis
aus denselben
und aus Erkenntnis
der
der Causalverknüpfungen fortgehet." Von
Causalverknüpfungen fortgehet.* diesem Gesichtspunkt
Von diesem Gesichtspunkt
aus hatte
aus hatte Crusius insbesondere den
Crusius insbesondere Zirkel im Cartesischen
den Zirkel Cartesischen Gottes‑
Gottes-
bbeweis
e w e i s aufgedeckt, welchem das Dasein
aufgedeckt, in welchem Dasein des
des allervollkommensten
allervollkommensten
Wesens
Wesens aus seinem Begriffe
aus seinem gefolgert werden
Begriffe gefolgert soll. Legt
werden soll. Legt m a n als
man als
Prämissen
Prâmissen blosseblosse Idealsätze
Idealsätze zu nichts anderes,
Grunde, die nichts
zu Grunde, anderes, denn
denn
ein Sein
ein Sein und Verknüpfung im Verstande
eine Verknüpfung
und eine Verstande besagen,
besagen, so ist es
so ist es
unmöglich,
unmöglich, im Schlusssatze
Schlusssatze auf einen Realsatz,
auf einen Realsatz, auf eine W
auf eine irk‑
Wirk•
lichkeit ausserhalb
lichkeit des Gedankens
ausserhalb des Gedankens zu zu kkommen.®) Ueber die
o m m e n . ° Ueber die
Tragweite dieser
Tragweite dieser Entscheidung
Entscheidung w a r es
war freilich bei
es freilich bei Crusius nirgends
nirgends
zu klarer
zu klarer Einsicht gekommen: denn
Einsicht gekommen: denn wennwenn er dem dem ontologischen
ontologischen
Beweis
Beweis den den Boden entzog, so
Boden entzog, glaubte er
so glaubte kosmologischen und
er im kosmologischen und
physikotheologischen
physikotheologischen Beweis Beweis genügende und gesicherte Grund‑
und gesicherte Grund-
lagen
lagen zu zu besitzen, die jenen
besitzen, die entbehrlich machen
jenen entbehrlich machen konnten.
konnten. F Fürür
indessen, der
Kant indessen,
Kant insbesondere der gewöhnlichen
der insbesondere gewöhnlichen teleologischen
teleologischen
Betrachtungsweise entwachsen ist,
Betrachtungsweise entwachsen ist, entsteht hier ein ein tieferes und
und
schwierigeres Problem.
schwierigeres Ist die
Problem. Ist die E r ffaahhrruunnggdas alleinige
alleinige Kriterium
Kriterium
der Existenz,
der so scheint
E x i s t e n z , so unser Wissen
scheint unser von Wirklichkeit
Wissen von Wirklichkeit nicht
nicht
weiter, als
weiter, als die sinnliche Beobachtung
die sinnliche Beobachtung selbst
selbst führen zu können,
führen zu können,
sso somit ein
wäre somit
o wäre unendliches Sein,
ein unendliches gänzlich ausserhalb
Sein, das gänzlich ausserbalb
aller Erfahrbarkeit
aller Erfahrbarkeit liegen liegen müsste,
müsste, eine contradictio in adjecto.
eine contradictio adjecto.
An
An diesem Punkte setzt
diesem Punkte setzt der „Einzig
„Einzig mögliche
mögliche Beweisgrund
Beweisgrund
zu einer Demonstration
zu Demonstration des des Daseins Gottes“ ein.
Daseins Gottes ein. Nur ein streng
Nur ein streng
Beweis kann
aapprrii o r i ss c h eerr Beweis kann dem dem Problem genügen; ‐-
Problem genügen; das
das
schlechthin notwendige Wesen kann aus
schlechthin notwendige Wesen kann aus einzelnen und zufälligen einzelnen und zufälligen
Wahrheiten von
Wahrheiten von Tatsachen
Tatsachen niemalsniemals m miti t Grund gefolgert werden.
Grund gefolgert werden
So scheint
So scheint hier das Unmögliche
h i e r das gefordert: w i r sollen
Unmögliche gefordert: sollen u n ss nicht
nicht
n u r über
nur über den den Umkreis
Umkreis der bloss logischen Begriffe, sondern
logischen Begriffe, auch
sondern auch
über alles
über alles Wissen
Wissen von empirischen Objekten
v o n empirischen Objekten erheben.
erheben. Aber
noch
noch unternimmt
unternimmt es Kant, das
es Kant, das Unmögliche
Unmögliche zu zu leisten.
leisten. Die
Die For‑
For-
derung,
derung, die die hier gestellt ist,
hier gestellt ist, lässt sich erfüllen,
lässt sich wenn w
erfüllen, wenn i r nur,
wir nur,
statt uns auf
statt uns auf die Denkens und
T a t s a c h e n des Denkens
die Tatsachen und der
der Wirklichkeit
einzuschränken,
einzuschränken, auf auf diedie Bedingung zurückgehen, die
B e d i n g u n g zurückgehen, die ihnen
ihnen
gemeinsam zugrunde
gemeinsam zugrunde liegt. liegt. Die Die „innere Möglichkeit" der Ge‑
„innere Möglichkeit“ Ge
danken, wie
danken, der Dinge
wie der Dinge setzt
setzt i rrgg e nndd e Dasein jedenfalls voraus.
i n Dasein
ein voraus.
Denn diese
Denn Möglichkeit ist
diese Möglichkeit keineswegs durch
noch keineswegs
ist noch durch diedie blosse
blosse
formale Widerspruchslosigkeit
formale Widerspruchslosigkeit als solche solche verbürgt,
verbürgt, sondern
sondern sie sie
fordert vor allem,
fordert allem, dass irgendwelche Einzelelemente,
dass irgendwelche Einzelelemente, dassdass be‑be-

Depalnhty Google
Google
Digilized hy
<
Der
D Begriff
er B e sDaseins.
e g r i f fddes Daseins. 487
467

stimmte Daten
stimmte ursprünglich vorhanden
Daten ursprünglich vorhanden sind, sind, die die m miti t einander
Verhältnisse und Beziehungen eingehen können. Dieses M
Verhältnisse und Beziehungen eingehen können. Dieses Material
aterial
d e s De
des e nnkkll i c h eenn selbst
selbst wärewäre u n s geraubt,
uns geraubt, die Logik selbst wäre
die Logik wäre
somit um ihren
somit ihren Stoff
Stoff undund Inhalt
Inhalt gebracht,
gebracht, wenn wenn w wiri r jedwedes
Sein
Sein überhaupt wollten. „Wodurch
aufheben wollten.
ü b e r h a u p t aufheben »Wodurch das das Materiale
Materiale und und
die Data zu
die Data allem Möglichen
zu allem aufgehoben werden,
Möglichen aufgehoben werden, dadurch
dadurch wird wird
auch
auch alle alle Möglichkeit verneint. Nun
Möglichkeit verneint. Nun geschieht
geschieht dieses dieses durchdurch die die
Aufhebung
Aufhebung alles alles Daseins;
Daseins; also also wennwenn alles Dasein Dasein verneint wird, wird,
so wird
so wird auchauch allealle Möglichkeit aufgehoben. Mithin
Möglichkeit aufgehoben. Mithin ist ist schlechter‑
schlechter-
dings unmöglich,
dings unmöglich, dass dass gar nichts nichts existire.“
existire." (II, (II, 79.)
79.) Ist Ist aberaber auf auf
diese Weise einmal
diese Weise einmal der der Zusammenhang
Zusammenhang zwischen zwischen MöglichemMöglichem und und
Wirklichem
Wirklichem geknüpft, geknüpft, so so steht
steht nunmehr der weitere Weg Weg offen: offen:
es handelt
es handelt sich sich nnur u r noch darum, dass
noch darum, dass w wir von der
i r von der Existenz,
Existenz, die die
w
wiri r als notwendig erkannt
als notwendig erkannt haben, haben, die die Prädikate
Prädikate der Einheit, Einheit,
der Ewigkeit
der Ewigkeit und und Unveränderlichkeit
Unveränderlichkeit aufzeigen aufzeigen und dass w
und dass wir i r sie
sie
somit
somit als identisch m
als identisch derjenigen Wesenheit erweisen,
miti t derjenigen erweisen, die die w wirir
ddurch den Begriff
u r c h den Gottes zu
Begriff Gottes zu bezeichnen
bezeichnen pflegen. pflegen. ‑
Somit w
Somit wird h i e r nicht
i r d hier die Existenz
n i c h t die Existenz als ein Prädikat
als ein Gottes,
P r ä d i k a t Gottes,
sondern umgekehrt
sondern umgekehrt die die Göttlichkeit
Göttlichkeit als als ein ein Prädikat
Prädikat der Existenz Existenz
bewiesen.’)
bewiesen.") Aber diese eigenartige
Aber diese eigenartige UmkehrungU m k e h r u n g in der Form F o r m des des
Beweises
Beweises lässt lässt seinen
seinen eigentlichen
eigentlichen logischen
logischen Inhalt
Inhalt unberührt.
unberührt.
Das ontologische Motiv
Das ontologische Motiv des Gedankenganges ist
des Gedankenganges ist verhüllt,
verbüllt, aber aber
nicht
nicht überwunden.
überwunden. Den Fortschritt aber,
Den Fortschritt aber, den den KantKant in der der Kritik
Kritik
des S e i n s b e g r i ff s nicht
des Seinsbegriffs nicht rein rein und und unzweideutig
unzweideutig zzuu vollziehen vollziehen
vermochte, hat
vermochte, hat er alsbald
alsbald in der der Kritik
Kritik des des Kausalbegriffs
Kausalbegriffs erreicht. erreicht.
Es
Es istist charakteristisch,
charakteristisch, dass dass er,er, derder die Ontologie im Gebiet
die Ontologie Gebiet der der
metaphysischen
metaphysischen Fragen Fragen noch noch nichtnicht völlig bemeistert hat,
völlig bemeistert hat, ihr ihr im im
Gebiete
Gebiete der der Naturforschung,
Naturforschung, das das nochnoch immer immer das eigentliche pro‑ pro-
duktive
duktive F Feld
e l d sseiner
einer G Gedankenarbeit b i l d e t , klar
e d a n k e n a r b e i t bildet, k l a r und
u n d sicher
s i c h e r ent‑
ent-
gegentritt. Hier
gegentritt. Hier aber handelte es
aber handelte sich um
es sich um eine neue und
eine neue und schwie‑
schwie-
rigere
rigere Aufgabe:
Aufgabe: denn innerhalb der
denn innerhalb der Physik
Physik liegen liegen die die ontologischen
ontologischen
Momente nicht
Momente nicht unmittelbar
unmittelbar zutage, zutage, sondern sondern es es gilt,
gilt, sie sie erst
erst zu zu
entdecken und
entdecken und ans ans Licht
Licht zu zu ziehen.
ziehen. In der S Scheidung
c h e i d u n g des
llogischen
o g i s c h e n Grundes
Grundes vvom om R Realgrund,
e a l g r u n d , die iinn der Schrift Schrift über über
die „negativen
die „negativen Grössen“ durchgeführt wird,
Grössen" durchgeführt wird, ist ist dieser Schritt Schritt
getan. Schon
getan. Schon die die „Physische
„Physische Monadologie“
Monadologie" hatte hatte versucht,
versucht, das das
körperliche Dasein in ein Spiel
körperliche Dasein ein Spiel von Kräften, in die Anziehung
v o n Kräften, in die Anziehung
und
und Abstossung
Abstossung zwischen zwischen den einfachen Elementen
den einfachen Elementen aufzulösen.aufzulösen.
80*
80*

Digilized hy Google
<
468
468 Die
Die Entstehung
Entstehung der kritischenPhilosophie.
der kritischen Philosophie.

Die Materie ist


Die Materie nichts anderes,
ist nichts anderes, alsals das Ergebnis und
das Ergebnis und die
d i e Resultante
Resultante
verschiedenarliger
verschiedenartiger dynamischer Wirkungsarten, die
dynamischer Wirkungsarten, die einander das
Gleichgewicht halten.
Gleichgewicht halten. F ü r diese
Für diese neue Konzeption des
neue Konzeption des pphysika-
hysika‑
lischen
lischen Seins Seins aber
aber bietet die herkömmliche
bietet die herkömmliche L o g i
gik k k e
e i nn aaus-
i us‑
reichendes Mittel dar. Denn kennt
reichendes Mittel dar. Denn sie kennt den Gegensatz n r als
sie den Gegensatz n u r
einen Gegensatz
einen Gegensatz der der Begriffe;
Begriffe; sie muss iihn
sie muss h n also
also notgedrungen
notgedrungen
zuletzt immer
zuletzt i m m e r wieder auf auf diedie einzige
einzige Form des W i dd ee r ss p r u c h s
F o r m des s
zurückführen. Der
zurückführen. Der Unterschied
Unterschied von von der naturwissenschaftlichen
naturwissenschaftlichen
Betrachtungsweise aber
Betrachtungsweise aber tritt
tritt hierin klar hervor;
hierin klar hervor; denndenn wwenn e n n diedie
logische Opposition von
logische Opposition von Merkmalen
Merkmalen ein ein völliges
völliges N iicc h t ss z u r üü cckk-‑
lässt,
lässt, so so handelt
handelt es sich hier
es sich umgekehrt darum,
hier umgekehrt darum, aus aus W irkung
Wirkung
und
und Gegenwirkung
Gegenwirkung das das reale
reale E t w a s zu
Etwas zu konstruieren
konstruieren und und aufzu‑
aufzu-
bauen.
bauen. Der logische Widerstreit
Der logische Widerstreit der Begriffe Begriffe kommtkommt der der
Ve r n i c h t u n g des
Vernichtung des Inhalts
Inhalts gleich, während der
gleich, während der reale
reale Widerstreit
Widerstreit
der
der Kräfte
Kräfte eineneinen eindeutig
eindeutig bestimmten
bestimmten ZustandZustand der Wirklichkeit
Wirklichkeit
von festem
von Grössenwerte erzeugt.
festem Grössenwerte erzeugt.
So einleuchtend und
So einleuchtend und zweifellos diese diese Unterscheidung
Unterscheidung u n ss
heute erscheinen mag,
heute erscheinen mag, so wenig konnte
so wenig konnte sie zu Kants Zeiten
zu Kants Zeiten bereits
bereits
als anerkanntes
als anerkanntes wissenschaftliches Gemeingut gelten. Dass
Gemeingut gelten. Dass der
Einfluss der
Einfluss der Ontologie
Ontologie an an der Grenze der
der Grenze der Physik
Physik nichtn i c h t endet:
endet:
dafür gibt gibt es es in der Geschichte der Philosophie
der Geschichte Philosophie ein ein klassisches
klassisches
Beispiel.
Beispiel. In der Begründung Begründung der StossgesetzeStossgesetze geht geht Descartes
Descartes
von der Annahme
von Annahme aus, aus, dass ein bestimmter Teil
ein bestimmter des Stoffes durch
Teil des durch
seine
seine blosse
blosse Lage Lage in einem gegebenen Raumpunkte
einem gegebenen Raumpunkte zugleichzugleich eine eine
Kraft besitze,
Kraft vermöge deren
besitze, vermöge deren er an seinem Orte
an seinem Orte zu beharren strebe,
zu beharren strebe,
‐- dass
dass also also ein ruhender Körper,
ein ruhender Körper, dem lediglich die geometrische
dem lediglich geometrische
Bestimmung der
Bestimmung Ausdehnung zukommt,
der Ausdehnung zukommt, bereits bereits einen
einen Wider‑Wider-
stand
stand gegen andere Massen,
gegen andere Massen, die die aufauf iihn eindringen, betätige.
h n eindringen, betätige.
Die
Die Wahrheit
Wahrheit dieser Grundanschauung
Grundanschauung gilt schon durch
gilt schon durch die die
Logik für
Logik für verbürgt:
verbürgt: kann kann es es doch nichts geben,
doch nichts geben, was was der der Be‑Be-
wegung mehr
wegung entgegengesetzt ist,
mehr entgegengesetzt ist, als die R
als die u h e und
Ruhe und was daher
mehr
m e h r alsals diese geeignet wäre,
diese geeignet wäre, sie zu hemmen hemmen und und aufzuheben.
aufzuheben.
Hier sehen wir,
Hier sehen wie die
wir, wie die rein o g i s c h e Opposition
rein llogische Opposition unvermerkt
unvermerkt
eine reale
in eine übergeht: der Gegensatz
reale übergeht: Gegensatz der BegriffeBegriffe istist zur Kraft‑Kraft-
wirkung
wirkung in in den Objekten hypostasiert.
den Objekten hypostasiert. Dieser Begriffsrealismus,
Dieser Begriffsrealismus,
der
der schon
schon von von LLeibniz
e i b n i z erkannt
erkannt und kritisiert war,
und scharf kritisiert war, hatte
hatte
dennoch
dennoch in der Philosophie Philosophie des achtzehnten Jahrhunderts noch
des achtzehnten noch |
nichts
nichts von von seiner Kraft eingebüsst.
seiner Kraft eingebüsst. Das Das vorherrschende Streben Streben

Ordiaths Google
Google
Digilized hy
< ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ ]
_ ‐ _ ‑
nn nd
Logischer
Logischer und realer Widerstreit.
und realer Widerstreit. 469
469

Wolffischen Methode
d ee rr Wolffischen Methode ist ist darauf gerichtet,gerichtet, alle alle Grundbe‑
Grundbe-
st i m m m u n g eenn des Seins aus
des Seins dem Satze
a u s dem Satze des des Widerspruchs
Widerspruchs abzuleiten. abzuleiten.
W i rr sahen, sahen, wie selbst der R
wie selbst aum a
Raum auf diese Art
u f diese Art „deduziert“
„deduziert"
werden solite; die logische
w e r d e n sollte; die logische Kategorie Kategorie der Verschiedenheit
Ve r s c h i e d e n h e i t
s ooll ll t ee hinreichen,
hinreichen, um um die die Form
Form des empirischen Neben-
des empirischen Neben- und und
A u s e i n a n d e r der Körper
Auseinander Körper zu zu erklären.
erklären. (S. (S. ob.
ob. S. S. 432.) Hier bildet
432.) Hier bildet
Kaa nn tt ss »„Versuch,
K Versuch, den Begriff der
den Begriff negativen Grössen
der negativen Grössen in in die Welt‑
Welt-
weisheit einzuführen“ die
w e i s h e i t einzuführen" charakteristische Grenzscheide.
die charakteristische Grenzscheide. An
d i ee Stelle
Stelle des blossen Identitätsprinzips
des blossen Identitätsprinzips tritt nunmehr als
tritt nunmehr als oberste
oberste
Regel
R e g e l desdes Naturgeschehens
Naturgeschehens das das Gesetz
Gesetz der E r h b aall t u nn gg des
des Realen:
Realen:
„ i n allen
„in Veränderungen der
natürlichen Veränderungen
allen natürlichen der WeltWelt wird wird die die Summe
Summe
des Positiven,
des insoferne sie
Positiven, insoferne sie dadurch
dadurch geschätztgeschätzt wird, wird, dass ein‑ ein-
sstimmige,
t i m m i g e , nicht entgegengesetzte Positionen
nicht entgegengesetzte Positionen addiert addiert und u n d real
real
entgegengesetzte vvon
entgegengesetzte einander abgezogen
o n einander abgezogen werden, werden, weder vermehrt
noch
n o c h vermindert.«
vermindert.“ (II, 194.)
(II, 194.)
Aber
Aber freilich
freilich birgt diese Lösung
birgt diese Lösung zugleich
zugleich einen neuen Zwie‑
einen neuen Zwie.
spalt.
spalt. Die durchgehende mathematische
Die durchgehende mathematische Gesetzlichkeit
Gesetzlichkeit des Ge‑ Ge-
schehens steht
schehens durch Erfahrung
steht durch Erfahrung und Beobachtung fest; aber w
und Beobachtung wir ir
finden im gesamten gesamten Umkreis
Umkreis unseres Denkens nichts,
unseres Denkens nichts, was was dieses
Grundverhältnis
Grundverhältnis des Seins zum
des Seins zum Ausdruck bringen bringen könnte. könnte. Wie Wie
„etwas aus etwas
„etwas aus etwas Anderem, Anderem, aber nicht nach
nicht nach der Regel
Regel der Identität
Identität
fliessen könne“:
fliessen könne": dies dies ist
ist es,
es, was sich sich Kant
Kant auf auf dieser Stufe Stufe der
Behandlung in keiner
Bebandlung Weise „deutlich machen“
keiner Weise machen" kann. kann. „Was „Was
den Realgrund
den Realgrund und und dessen Beziehung auf
dessen Beziehung auf diedie FolgeFolge anlangt,
anlangt, so so '
stellt sich
stellt sich meine Frage in dieser
meine Frage dieser einfachen Gestalt dar:
einfachen Gestalt dar: w w i e soollll
c h esverstehen,
iich es verstehen, dass dass w e i l Etwasist,
weil Etwas ist, etwas etwas Anderes Anderes sei?“ sei?"
„ M a n versuche,
«Man versuche, ob m mana n die Realentgegensetzung überhaupt
die Realentgegensetzung überhaupt er‑ er-
klären und
klären deutlich könne
und deutlich könne zu zu erkennen
erkennen geben, geben, w wie i e darum,
darum, w eil
weil
t w a s iist,
eetwas s t , etwas
etwas Anderes aufgehoben werde,
Anderes aufgehoben werde, und und ob ob mmanan
etwas
etwas mehr mehr sagensagen könne,
könne, als als was was iich c h davon
davon sagte, sagte, nämlich
nämlich
lediglich,
lediglich, dass dass eses nicht durch den
nicht durch den Satz desWiderspruchs geschehe.
Satz des geschehe.
Ich
I c h hhabe b e r ddie
a b e üüber i e Natur u n s e r e s Erkenntnisses
N a t u r unseres E r k e n n t n i s s e s in
i n Ansehung
Ansehung
unserer Urtbeile
unserer Urteile von von Gründen
Gründen und und Folgen nachgedacht, und
Folgen nachgedacht, ich
und ich
werde das
werde Resultat dieser
das Resultat dieser Betrachtungen
Betrachtungen dereinst ausführlich ausführlich dar‑dar-
legen.
legen. Aus demselben findet
Aus demselben findet sich,sich, dass Beziehung eines
dass die Beziehung eines Real‑
Real
grundes auf etwas, das dadurch gesetzt oder aufgehoben wird,
grundes auf etwas, das dadurch gesetzt oder aufgehoben wird,
gar nicht
gar durch ein
nicht durch ein Urtheil,
Urtheil, sondern
sondern bloss bloss durchdurch einen einen B egriff
Begriff
könne ausgedrückt
könne ausgedrückt werden, werden, den den m man wohl durch
a n wohl Auflösung zu
durch Auflösung zu

Google
Google
Depalnt hy
Digilized hy
<
470
470 Die Entstehung
Die kritischen Philosophie.
Entstehung der kritischen Philosophie.

einfacheren Begriffen
einfacheren Begriffen von von Realgründen
Realgründen bringen bringen kann, kann, so so doch,
doch, dass
dass
zuletzt
zuletzt alle unsere Erkenntniss
alle unsere Erkenntniss von von dieser Beziehung
Beziehung sich sich in ein‑ein-
fachen
fachen und unauflöslichen Begriffen
und unauflöslichen Begriffen der der Realgründe
Realgründe endigt, endigt, deren
deren
Verhältniss
Verhaltniss zur zur Folge
Folge gar gar nicht
nicht kannkann deutlich gemacht werden.
deutlich gemacht werden.
Bis ddahin
Bis a h i n werden diejenigen, deren
werden diejenigen, angemasste Einsicht
deren angemasste Einsicht keinekeine
Schranken kennt,
Schranken kennt, die die Methoden
Methoden ihrer Philosophie versuchen,
ibrer Philosophie versuchen, bis
wie weit
wie weit sie dergleichen Frage
sie in dergleichen Frage gelangen
gelangen können.“können." (II, (II, 203f.)
203f.)
Dass die
Dass die Beziehung des Realgrundes zur Folge sich durch kein
Beziehung des Realgrundes zur Folge sich durch kein
U r t e i l bezeichnen
Urteil bezeichnen und ausdrücken lasse,
und ausdrücken lasse, klingt freilich paradox:
klingt freilich paradox:
denn
denn kannkann uns diese Beziehung
uns diese Beziehung jemals anders anders als als in U rteilen,
Urteilen,
die wir über
die über dasdas Geschehen
Geschehen und und seine Verknüpfung fällen,
seine Verknüpfung fällen, zzum um
Bewusstsein
Bewusstsein kommen? kommen? Aber Aber diese Schwierigkeit schwindet,
diese Schwierigkeit schwindet, wenn wenn
man
man die die Besonderheit
Besonderheit des Standpunkts und
des Standpunkts und der Te Te r mm i n oo l o gg i e
e
Kants zu
Kants zu dieser Zeit schärfer ins
Zeit schärfer Auge fasst.
ins Auge fasst. Der Begriff des
Der Begriff
synthetischen Urteils,
synthetischen Urteils, in seinem seinem späteren kritischen Sinne,
späteren kritischen Sinne, ist ist
Kant hier
Kant hier nochnoch völlig
völlig fremd.
fremd. (Vgl. (Vgl. ob.
ob.S. S. 464.) „Urteilen" bedeutet
464.) „Urteilen“ bedeutet
ihm nichts anderes,
ihm nichts anderes, als als einem Subjekt ein
einem Subjekt Prädikat zuschreiben,
ein Prädikat zuschreiben,
das in seinem
das seinem B Begriff bereits völlig
e g r i f f bereits völlig enthalten
entbalten ist, wenngleichwenngleich es es
in ihm
ihm nnur u r verworren
verworren gedacht gedacht wird. wird. Alle Alle bejahenden
bejahenden Urteile Urteile
stehen daher ‐- wie
stehen wie die die gleichzeitige
gleichzeitige Schrift
Schrift über über die die Spitzfindig‑
Spitzfindig-
keit
keit derder vier syllogistischen Figuren
vier syllogistischen Figuren (1762) (1762) ausspricht
ausspricht -‐ unter unter
gemeinschaftlichen Formel,
einer gemeinschaftlichen
einer Formel, dem dem Satze der der Einstimmung:
Einstimmung:
subjecto competit
cuilibet subjecto
cuilibet competit praedicatum
praedicatum ipsi ipsi identicum;
i d e n t i c u m ; alle
alle
verneinenden
verneinenden unter unter dem dem Satze
Satze des des Widerspruchs: nulli nulli subjecto
subjecto
competit praedicatum
competit praedicatum ipsi ipsi oppositum.“
oppositum. (II, 60.) Im Verhältnis
(II, 60.) Verhaltnis
des Realgrundes
des Realgrundes zur zur Folge dagegen handelt
Folge dagegen handelt es sich um
es sich eine völlig
um eine völlig
andersartige Beziehung:
andersartige Beziehung: hier hier wirdwird nicht
nicht von einem bestehenden
von einem bestehenden
Subjekt irgend
Subjekt irgend eine Eigenschaft analytisch
eine Eigenschaft abgesondert, sondern
analytisch abgesondert, sondern
es wird
es w i r d eine A b h ä n g i g k e i t zweier verschiedener Subjekte
eine Abhängigkeit Subjekte oder
zweier verschiedener Zustände Zustände des des Seins
Seins von einandere i n a n d e rbehauptet.
behauptet.
Dass für L e
Dass das Problem
e ii bbnniizz das Problem sich sich nichtnicht iin n dieser Form Form
stellen konnte:
stellen konnte: das das hängthängt m miti t seinen tiefsten spekulativen
seinen tiefsten spekulativen Ueber‑ Ueber-
zeugungen innerlich
zeugungen innerlich zusammen.zusammen. Das System der Monadologie
Das System Monadologie
kennt
kennt keinen keinen realenrealen Uebergang
Uebergang zwischen Bestimmungen, die
zwischen Bestimmungen,
verschiedenen
v e r s c h i e d e n e n Subjekten
Subjekten angehören;
angehören; vielmehr beschränkt sich
vielmehr beschränkt sich
ih
hmm aalle w a h r h a f t e Wirksamkeit
l l e wahrhafte a u f den
W i r k s a m k e i t auf d e n Bereich d e r Einzel‑
B e r e i c h der Einzel-
substanz und
substanz und aufauf die Art, in der diese
die Art, diese diedie Mannigfaltigkeit
Mannigfaltigkeit ihrer ihrer
Phänomene
Phänomene lediglich lediglich aus ihrem eigenen
aus ihrem eigenen Grunde Grunde erzeugt.erzeugt. F Für ür

Dgiatinhty Google
Google
Digilized hy
<
Die „malerialen Grundsätse”
Die „materialen Grundsätse" und
und iihr Prinsip.
h r Prinsip. 471
471

Kant indessen,
Kant indessen, derder an die metaphysischen
an die metaphysischen Voraussetzungen
Voraussetzungen
dieser Lehre
dieser Lebre nicht gebunden ist
nicht gebunden und der bereits
ist und bereits in der „Nova
„Nova
dilucidatio" das
dilucidatio“ das System prästabilierten Harmonie
System der prästabilierten Harmonie bekämpft
bekämpft
hatte, nunmehr die
sich nunmehr
muss sich
hatte, muss die Lücke
Lücke des logischen
logischen Schematismus
deutlich fühlbar machen.
deutlich machen. Die Ergänzung freilich,
Die Ergänzung die er
freilich, auf die
selbst hindeutet,
selbst hindeutet, ist zunächst nicht minder problematisch: denn
ist zunächst nicht minder problematisch: denn
Begriff, auf
der Begriff, den er
auf den er hinweist,
hinweist, istist jener Begriff Daseins
Begriff des Daseins
aals
l s eeiner
i n e r „absoluten Position*, der,
„absoluten Position“, der, wie w i r sahen,
wir sahen, gleichfalls
noch
noch im UmkreisUmkreis der ontologischen Denkweise
der ontologischen verharrt. -‑
Denkweise verharrt.
Lösungsversuch allein
Dieser Lösungsversuch
Dieser allein müsste
müsste es es daher
d a b e r deutlich
deutlich
machen,
machen, dass dass hier einer entscheidenden
von einer
hier von entscheidenden Einwirkung Einwirkung der
H u m e s c h e n L e hh r ee noch
Humeschen nicht die
noch nicht die Rede
Rede ist.ist. W Willill mman Kants
a n Kants
Sätze hier
Sätze auf eine
hier auf eine äussere Anregung zurückführen,
äussere Anregung zurückführen, so so könnte
könnte
sie nnur
sie u r in demjenigen
demjenigen Kreise Kreise gesucht werden, in dem
gesucht werden, dem sichsich die
die
Gedanken dieser
Gedanken dieser Zeit Zeit allgemein
allgemein bewegen. bewegen. In der Tat berührt berührt
sich die
sich die Art seiner Problemstellung
Art seiner Problemstellung auch auch an diesem Punkte
an diesem Punkte am am
nächsten
nächsten m miti t Crusius' Philosophie. In dieser
Crusius’ Philosophie. dieser war war es es bereits
bereits
m
miti t voller Energie
Energie und und Bestimmtheit ausgesprochen, dass der
Bestimmtheit ausgesprochen,
Satz
Satz des des Widerspruchs zur Erklärung und
zur Erklärung und Begründung
Begründung unserer unserer
k a u s a l e n Schlussfolgerungen untauglich sei. Denn
kausalen Schlussfolgerungen untauglich sei. Denn die die Wirkung
Wirkung
ist m
ist miti t der Ursache
Ursache nicht nicht identisch,
identisch, sondern sondern ein von iihr
ein von h r völlig
völlig
vverschiedener
e r s c h i e d e n e r undund zzeitlich
e i t l i c h g e t r e n n t eerr Zustand
Zustand des Seins.
des Seins.
Und für
Und für diedie neueneue Verknüpfungsart,
Verknüpfungsart, die die sich
sich damit
damit ergab,
ergab, war
war
auch hier
auch bereits ein
hier bereits neues P r i n zziipp gefordert,
ein neues gefordert, das das zwar völlig
gewiss, dennoch
gewiss, dennoch aber nicht im syllogistischen
aber nicht syllogistischen Sinne Sinne beweisbar
beweisbar
sein sollte.
sein sollte. (S. ob. S
(S. ob. S. 428, 432.)
. 428, 432.)°) In In der näheren Bestimmung
näheren Bestimmung
dieses Prinzips
dieses Prinzips geht geht freilich
freilich Kant Kant alsbald
alsbald über über Crusius
Crusius hinaus.
hinaus.
DiePreisschrif
Die Preisschriftt rühmt rühmt es es als
als einen Vorzug von
einen Vorzug von Crusius’
Crusius' Lehre,
Lehre,
dass sie
dass sie zuerst
zuerst den den bloss
bloss formalen
formalen Sätzen Sätzen dder e r Einstimmung
Einstimmung und und
des Widerspruchs
des Widerspruchs die „materialen Grundsätze*
die „materialen Grundsätze" der der Erkenntnis
Erkenntnis
gegenübergestellthabe,
gegenübergestellt habe, die,
die, wie sie mit
wie sie Recht beione,
m i t Recht betone, „die„die Grund‑
Grund-
lage
lage und und Festigkeit
Festigkeit der menschlichen Vernunft“
der menschlichen Vernunft" . . ausmachen.
ausmachen.
„Was
•Was aberaber die oberste Regel
die oberste Regel aller Gewissheit, die
aller Gewissheit, die dieser berühmte
berühmte
Mann
Mann aller aller Erkenntniss,
Erkenntniss,und und also also auch
auch der metaphysischen
metaphysischen vor‑ vor-
zusetzen gedenkt, anlangt:
zusetzen gedenkt, anlangt: was was iich c h nicht anders als wahr denken
nicht anders denken
kanu,
kann, das das ist wahr u.
ist wahr u.s.s. w.,
w., so so ist leicht einzusehen,
ist leicht einzusehen, dass dass dieser
dieser
Satz niemals
Satz niemals ein Grund der Wahrheit
ein Grund Wahrheit vvon o n irgend einer Erkenntnis
irgend einer Erkenntnis
sein könne
sein könne. Denn
Denn wenn wenn man gesteht, dass kein
man gesteht, anderer
kein anderer

Dgiatinhty Google
Google
Digilized hy
<
472
472 Die
Die Entstehung
Entstehung der kritischen Philosophie.
der kritischen Philosophie.

Grund
Grund der
der Wahrheit
Wahrheit könne angegeben werden,
könne angegeben werden, als weil
weil man
man
es unmöglich anders,
es unmöglich anders, alsals für für wahr halten halten könne, könne, so so giebt
giebt
zu verstehen, dass gar kein Grund
man zu verstehen, dass gar kein Grund der Wabrheit weiter
man der Wahrheit weiter
angeblich sei
angeblich sei und dass die
u n d dass die Erkenntniss unerweislich sei.
E r k e n n t n i s s unerweislich sei.
Nun ggiebt
Nun es freilich
i b t es wohl viele
freilich wohl unerweisliche Erkenntnisse,
viele unerweisliche Erkenntnisse,
allein das
allein das Gefühl
Gefühl der der Ueberzeugung
Ueberzeugung in in Ansehung
Ansehung derselben derselben istist
ein Geständnis, sber
ein Geständnis, aber nicht
nicht ein Beweisgrund davon,
ein Beweisgrund davon, dass dass sie
sie wahr
wahr
sind.“ (II,
sind.« 295.) Die
(II, 295.) Richtung, die die
Die Richtung, Frage Kants
die Frage Kants künftig
künftig ein‑
ein-
schlagen sollte,
schlagen sollte, ist
ist hier bezeichnet. Die
bereits bezeichnet.
hier bereits Die materialen
materialen Grund‑
Grund-
sätze sind
sätze „unerweislich*, wenn
sind „unerweislich", wenn man man unter unter dem dem Beweis
Beweis nichts
nichts
anderes als
anderes als die
die Herleitung
Herleitung aus aus dem dem SatzSatz des des Widerspruchs ver‑ ver-
steht; und
steht; und dennoch dürfen sie
dennoch dürfen nicht auf
sie nicht auf ihre blosse psychologische
ihre blosse psychologische
„Evidenz“
„Evidenz" hin angenommen werden,
bin angeuommen werden, sondern sondern bedürfen bedürfen einer
anderen und
anderen tieferen oo bbjj eekktt i v e nn B e
und tieferen e gg rr üü nn dd uunngg..

Ueberblickt
Ueberblickt manman nunmehr
nunmehr das das Ganze Kantischen Lehre,
Ganze der Kantischen Lehre,
wie
wie eses die Schriftengruppe des
die Schriftengruppe des Jahres 1763 1763 darbietet,
darbietet, so so treten
treten
hier die
uns hier
uns Grundzüge eines,
die Grundzüge eines, wenn wenn nicht nicht originalen,
originalen, so so doch
doch
völlig bestimmten
völlig bestimmten und und in sich einheitlichen Systems entgegen.
sich einheitlichen entgegen.
Man hat diese
Man hat diese einheitliche Grundansicht verdunkelt,
einheitliche Grundansicht verdunkelt, indem indem man man
von vornherein
von vornherein mit den fertigen
mit den fertigen Gegensätzen
Gegensätzen des des „Rationalismus*
„Rationalismus*
und „Empirismus“ an
und „Empirismus* an die Beurteilung der
die Beurteilung Kantischen Hauptsätze
der Kantischen Hauptsätze
heranging.
heranging. WennWenn die Lehre Kants,
die Lehre Kants, unter unter diesem
diesem Gesichtspunkt
Gesichtspunkt
betrachtet, schwankend und
betrachtet, schwankend und zweideutig erscheint, so
zweideutig erscheint, so liegt
liegt die
die
Schuld
Schuld nicht
nicht an ihr,ihr, sondern
sondern an dem dem falschen Maassstab, der
falschen Maassstab,
hier au sie
hier an sie angelegt wird. Kant
angelegt wird. nunmehr ausserhalb des
steht nunmehr
Kant steht
rationalistischen Schulsystems; zugleich
rationalistischen Schulsystems; zugleich aber ist er vvon
ist er o n der Er- r‑
fahrungslehre Lockes und
fahrungslehre Lockes und Humes Humes noch unberührt. Der
noch unberührt. Der E Er-r ‑
fahrungsbegriff
fabrungsbegriff der der m a t h e m m aatt i s cc hh eenn PP hhyyssiikk ist
ist es,
es, vvon o n dem
dem
er seinen
er nimmt und
Ausgang nimmt
seinen Ausgang und von von dem
dem aus aus erer die philosophischen
philosophischen
Theorien seiner Zeit
Theorien seiner Zeit m (Vgl. ob.
u s t e r t , (Vgl.
mustert. ob. S. 462.) W
S. 462.) Willi l l man
man seine
seine
Anschauung gleichsam in ihrer
Anschauung gleichsam ihrer natürlichen
natürlichen Genealogie
Genealogie erkennen,
erkennen,
so
so muss
muss mmana n sie daher nicht
sie daher nicht den Lehren der
den Lehren der Engländer,
Engländer, sondern sondern
den
den Lehren solcher Denker vergleichen, die, gleich
Lehren solcher Denker vergleichen, die, gleich ihm, ihm, diedie
Wissenschaft
Wissenschaft Newtons
Newtons zzum u m Mittelpunkt
Mittelpunkt der erkenntnistheoretischen
erkenntnistheoretischen
Betrachtung
Betrachtung machen.
machen. So erinnern die
So erinnern Bestimmungen der Preis‑
die Bestimmungen Preis-
schrift
schrift bis ins Einzelne
bis ins Einzelne aann die die Fassung,
Fassung, die ’ A l e m b e r t der
die dd'Alembert
logischen Lehre
logischen Lehre von der Definition
von der Definition gegeben gegeben hatte.hatte. HierHier wie dort dort

Dgiatinhty Google
Google
Digilized hy
<
Die
Die Erfahrungslehre der mathematischen
Erfahrungsichre der mathematischen Physik,
Physik. 478
478

w i r die
finden wir
finden die Forderung,
Forderung, dass die Philosophie
dass die Philosophie nicht Begriffs-
m i t Begriffs‑
nicht mit
erklärungen,
erklärungen, sondernsondern m anerkannten Tatsachen,
miti t sicher anerkannten Tatsachen, wie sie sie
die
die äussere
äussere oder innere innere Erfahrung darbietet, darbietet, den Anfang zu
den Anfang zu machen
machen
habe; hier wie
habe; hier dort die
wie dort die Bestimmung,
Bestimmung, dass der der Mathematiker
Mathematiker sich sich
nicht
nicht m miti t der analytischen Zergliederung
der analytischen Zergliederung seiner seiner Grundbegriffe
Grundbegriffe
aufzuhalten brauche,
aufzuhalten brauche, sondern sondern sie sie „nach seiner klaren.
„nach seiner klaren und und ge‑ge-
meinen Vorstellung“ hinnehmen
meinen Vorstellung* hinnehmen dürfe. dürfe. Und nicht mindere
Und nicht mindere Ueber‑ Ueber-
einstimmung
einstimmung herrscht herrscht darüber, darüber, dass dass die Aufgabe der Definition Definition
nicht darin besteht,
nicht darin besteht, die die We s eennhheeiitt der Dinge Dinge zu zu enthüllen,
enthüllen,
sondern
sondern n nuru r ihre anschaulich gegebenen
ihre anschaulich gegebenen MarkmaleMarkmale zu zu beschreiben
beschreiben
und auszudrücken. (Vgl.
und auszudrücken. (Vgl. ob. ob. S S. 327.) Ja
. 327.) selbst in der Stellung,
Ja selbst Stellung,
die e
die er
r zzu u denden Fragen
Fragen der Theologie" einnimmt,
„natürlichen Theologie“
der „natürlichen einnimmt,
steht
steht K a n t bbezeichnenderweise
Kant h i e r den
e z e i c h n e n d e r w e i s e hier m a t h e m a t i s c h e n Em‑
d e n mathematischen Em-
pirikern ebenso nahe,
pirikern ebenso nahe, als als erer auf auf der andern audern Seite vvon on H ume
Hume
bleibt. Wie er die
entfernt bleibt.
entfernt die Methode
Methode lehren lehren will, „vermittelst der
will, „vermittelst
Naturwissenschaft zur Erkenntnis
Naturwissenschaft Erkenntnis Gottes Gottes aufzusteigen“,
aufzusteigen", so sehen
so sehen
auch dd’Alembert
auch ' A l e m b e r t und und Maupertuis
M a u p e r t u i s in den primitiven
in den primitiven Gesetzen Gesetzen
der Bewegung den
der Bewegung Ausgangspunkt ffür
den Ausgangspunkt ü r jeden Goltesbeweis; wie
jeden Gottesbeweis; wie er,
er,
betonen beide, dass
betonen beide, dassdie unverbrüchliche Gesetzlichkeit
die unverbrüchliche Gesetzlichkeit des Mecha‑ Mecha-
nismus
nismus die die zweckmässige
zweckmässige Ordnung O r d n u n g des Universums nicht
des Universums nicht aus‑
aus-
schliesse,
schliesse, sondern
sondern erst wahrhaft bestätige
erst wahrhaft bestätige und erweise.?) Man
und erweise?) Man
kann
kann aan diesem Punkte
n diesem gleichmässig die
P u n k t e gleichmässig die Fruchtbarkeit
F r u c h t b a r k e i t und
u n d die
die
Grenzen
Grenzen der Kantischen Philosophie,
der Kantischen Philosophie, wie sie sich bisher ent‑
sie sich ent-
wickelt
wickelt hat, übersehen; die
hat, übersehen; die mathematische
mathematische Naturwissenschaft
Naturwissenschaft
bildet das
bildet Fundament, auf
das Fundament, auf demdem sie sie ruht,
ruht, aber sie sie ist ist dennoch
dennoch
n u r die
nur Stufe und
erste Stufe
die erste Staffel, vvon
und Staffel, o n derder er zzur spekulativen Er‑
u r spekulativen Er-
kenntnis
kenntnis des des Absoluten aufzusteigen strebt.
Absoluten aufzusteigen strebt.

2.
Wenn
We n n man von den
m a n von Schriften des
den Schriften des Jahres 1763 zu
J a h r e s 1763 z u den
den
„„Träumen
Tr ä u m e n eines
eines Geistersehers" gelangt, so fühlt man m
Geistersehers* gelangt, so fühlt m a n miti t
der veränderten literarischen Atmosphäre,
der veränderten literarischen Atmosphäre, in die m a n
die man hier hier
«intritt, auch die
eintritt, auch logische Atmosphäre
die logische Atmosphäre geändert.
geändert. Fast muss es
Fast muss es
daher
d a h e r ein Beginnen scheinen,
vergebliches Beginnen
ein vergebliches diese Schrift,
scheinen, diese die so
Schrift, die so
ersichtlich
ersichtlich derder freien
freien Laune des Augenblicks
Laune des Augenblicks ihre ihre Entstehung
Entstehung
verdankt,
verdankt, dem strengen Gange
dem strengen Gange der Kantischen Gedankenentwick‑
der Kantischen Gedankenentwick-
lung einfügen zu
lung einfügen zu wollen.
wollen. Besteht doch gerade iihr
Besteht doch Reiz in der
h r Reiz der

liahty Google
DrL Google
Digilized hy
<
474 Die Entstehung der kritischen Philosophie.

Leichtigkeit und Ungebundenheit, m i t der die einzelnen Pro‑


bleme entstehen und sich zu mannigfachen phantastischen Bil‑
dern verknüpfen. Es scheint pedantisch, die freie Beweglichkeit
der Phantasie, die sich hier betätigt, z u m Stehen zu bringen und
die Ergebnisse der Schrift in ein festes logisches Schema zu
zwängen. Und doch ist der neue Stil, der uns hier entgegentritt,
zugleich das lebendige und unmittelbare Zeugnis einer neuen
Denkart. Was sich der F o r m nach als eine Eingebung des
Augenblicks gibt, das bedeutet seinem Gehalt nach den letzten,
folgerechten Abschluss einer schwierigen theoretischen Gedanken‑
entwicklung. Diese Verbindung erst prägt der Schrift die Eigen‑
art auf, die i h r nicht n u r im literarischen, sondern v o r allem
im philosophischen Sinne zukommt. Die ästhetische Unbe‑
fangenheit des Humors ist kein Geschenk, das Kant von aussen
mühelos zugefallen wäre; sie ist die Frucht der strengen logi‑
schen Selbstprüfung, die er nunmehr an seinen eigenen Grund‑
gedanken vollzogen hat. ‑
Die Schrift über die „negativen Grössen“ hat mit einer
Scheidung des Reichs der B e g r i ff e vom Reich des Seins ge‑
endet. Der Satz des Widerspruchs ist unvermögend, die
Probleme, die das empirische Dasein darbietet, zu bezeichnen
und zu beherrschen. Wenn die Wolffische Philosophie das Kri‑
terium der Realität i n der O r d n u n g und Ve r k n ü p f u n g des
Einzelnen gesucht hatte, so zeigte sich jetzt, dass diese logischen
Kennzeichen unzureichend bleiben, solange nicht andere „mate‑
riale“ Faktoren und Bestimmungsgründe hinzutreten. Der Unter‑
schied der Wirklichkeit vom Tr a u m e liegt nach der bekannten
Lehre der Wolffischen Ontologie, die allgemein anerkannt und
in die Lehrbücher der Metaphysik aufgenommen ist, in dem
durchgängigen Zusammenhang, den sie aufweist: in der Tatsache,
dass jedes folgende Element im vorhergehenden vollständig ge‑
gründet ist und aus ihm gefolgert werden kann. Die Kenn‑
zeichen der W i r k l i c h k e i t fallen somit m i t denen der logischen
W a h r h e i t ip Eins zusammen. Unter diesen letzteren aber ver‑
l o r der Satz v o m Grunde immer mehr v o n seinem selbständigen
Kriterienwerl; er wurde zu einem blossen Corollar und Anhang
des Identitätsprinzips. (Vgl. ob. S. 426 u. 431.) An diesem Punkte
setzt nunmehr Kants neuer Gedanke ein. Ist es wirklich lediglich

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<
Die „Träume
Die „Träume eines
tires Geisierschers“.
Geisterschers". 475
475

d i e fformale
die Ordnung und
o r m a l e Ordnung Widerspruchslosigkeit der Vorstel‑
und Widerspruchslosigkeit Vorstel-
lungen,
lungen, die die das das wache
wache DaseinDasein vvom Tr a u m e scheidet?
o m Traume scheidet? O Oder
d e r kann
kann
n i c h t der
nicht Traum selbst
der Traum selbst eineeine innere Zusammenstimmung, kann
innere Zusammenstimmung, kann
er nicht
nicht gleichfalls
gleichfalls ein ein festes systematisches Gefüge
festes systematisches Gefüge aufweisen?
aufweisen?
G i b t es
Gibt es nicht
nicht ebensowohl
ebensowohl Tr T r ä u m ee d e r Vernunft,
der Vernunft, als der der Ein‑
Ein-
bildungskraft? Die.
bildungskraft? D i e rationalistischen
rationalistischen Systeme Systeme der Metaphysik Metaphysik
enthalten in sich
enthalten selbst die
sich selbst die unmittelbare
unmittelbare Antwort Antwort auf auf diese Fragen;
Fragen;
sie zeigen,
sie zeigen, was was Widerspruchslosigkeit
Widerspruchslosigkeit allein allein ohneohne jegliche andere andere
Gewähr
Gewähr der Gewissheit bedeutet.
der Gewissheit bedeutet. Die „Vernünftigkeit“, auf
Die „Vernünftigkeit", auf die
die
sie pochen,
sie pochen, hat hat m miti t wissenschaftlicher Wahrheit Wahrheit nichts nichts zu zu tun:
tun:
kom mm mtt sies i e ddoch
o c h in
i n nicht
nicht m minderem l l e n in
M a a s s e aallen
i n d e r e m Maasse i c h eeinstim‑
i n ssich instim-
migen
migen Erdichtungen,
Erdichtungen, allen luftigen und
allen luftigen abenteuerlichen Speku‑
und abenteuerlichen Speku-
lationen
lationen zu, solange diese
zu, solange diese nnur u r den einmal festgesetzten willkürlichen
den einmal willkürlichen
Grundannahmen getreu
Grundannahmen getreu bleiben.
bleiben. In dieser Gegenüberstellung
Gegenüberstellung
tritt die
tritt die Krisis
K r i s i s der
der Ontologie
O n t o l o g i e offen zutage. Die
offen zutage Philosophie
Die Philosophie
der Aufklärung
der Aufklärung rühmte rühmte sich, sich, kraft
kraft der rationalen Prinzipien,
der rationalen Prinzipien, auf auf
die sie
die stützt, das
sich stützt,
sie sich „Schattenreich" der Phantasten
das „Schattenreich* Phantasten für immer immer
gehannt
gebannt zu zu haben;
haben; jetzt zeigt zeigt ees sich, dass sie
s sich, sie inin Wahrheit die die
Schranke niedergerissen hat,
Schranke niedergerissen hat, diedie die
die wissenschaftliche
wissenschaftliche E E r ffa h r u nngg
v o n willkürlicher Erdichtung
von Erdichtung scheidet. scheidet. Auch Auch die die „Luftbaumeister
„Luftbaumeister
der Gedankenwelten*,
der Gedankenwelten", so sorgsam sie
so sorgsam sie ihre Gebäude zusammen‑
ihre Gebäude zusammen-
fügen
fügen und und derenderen einzelne
einzelne Teile Teile aneinander anpassen anpassen mögen, mögen, ar‑ ar-
beiten
beiten mit m i t keinem
keinem anderenanderen Stoff, Stoff, alsals m Träumen. ‑
miti t Träumen.
Dies ist
. Dies die letzte
ist die letzte folgerechte
folgerechte Entscheidung,
Entscheidung, die die aller
aller Meta‑
Meta-
physik
physik aus aus willkürlich
willkürlich festgestellten Begriffen das Urteil
festgestellten Begriffen Urteil spricht.
spricht.
Und es
Und gibt jetzt für
es gibt zeitgenössischen Philosophie
Kant in der zeitgenössischen
f ü r Kant Philosophie
keine Unterschiede
keine Unterschiede mehr: mehr: sein Verdikt trifft,
sein Verdikt nicht minder
trifft, nicht minder als als
WWolff, auch Crusius,
o l f f , auch Crusius, der der „durch
„durch die die magische
magische Kraft Kraft einiger
Sprüche
Sprüche vvom Denklichen und
o m Denklichen und Undenklichen“
Undenklichen" die Ordnung der
die Ordnung
Dinge
Dinge wie wie aus aus demdem Nichts
Nichts zu zu erschaffen gesucht habe.
erschaffen gesucht habe. (Il.(II. 342.)
842.)
Man erkennt sogleich, dass nunmehr
Man erkennt sogleich, dass nunmehr ein völlig neuer Standpunkt ein völlig neuer Standpunkt
Betrachtung und
der Betrachtung
der und Beurteilung
Beurteilung erreicht erreicht ist. ist. Und Und schonschon der der
Ton und
Ton und die die Schreibart
Schreibart der „Träume eines
der „Träume Geistersehers" zeugen
eines Geistersehers“ zeugen
dafür,
dafür, dass dass ebeneben derder Verzicht,
Verzicht, der sich jetzt
der sich jetzt so klar und
so klar und bewusst
bewusst
ausspricht,
ausspricht, einen tieferen positiven
einen tieferen positiven GewinnG e w i n n in sich sich birgt.
birgt. Was Was
e r Metaphysik
• dder Metaphysik bbisher i s h e r immer
i m m e r wieder
wieder von von neuemneuem ihren Halt gab,
ihren Halt gab,
waren nicht
das waren
das nicht logische
logische Beweisgründe,
Beweisgründe, sondern sondern die die ethischen
ethischen
Fragen und
Fragen und Interessen,
Interessen, m miti t denen
denen sie unlöslich verbunden
sie unlöslich verbunden schien.schien.

Drailrdhty Google
Google
Digilized hy
<
476 Die Entstehung der kritischen Philosophie.

„Die Verstandeswage ist doch nicht ganz unparteiisch, und ein


A r m derselben, der die Aufschrift führt: H o ff n u n g der Z u k u n f t ,
hat einen mechanischen Vorteil, welcher macht, dass auch leichte
Gründe, welche in die ihm angehörige Schale fallen, die Specu‑
lationen von an sich grösserem Gewichte auf der andern Seite
in die Höhe ziehen. Dieses ist die einzige Unrichtigkeit, die i c h
nicht wohl heben kann und die i c h in der That niemals heben
will.“ (II. 349.) Und dennoch bat auch dieses Motiv für Kant
nunmehr seine unausweichliche und zwingende Macht verloren.
Welchen A u s b l i c k uns auch die sittlichen Probleme zuletzt
gewähren mögen: für die Begründung der sittiichen: Gesetze
sind wir einzig auf uns selbst. gewiesen, ohne den Hebel einer
jenseitigen Welt zu bedürfen. „Die wahre Weisheit ist die Be‑
gleiterin der Einfalt und da bei i h r das Herz dem Verstande die
Vorschrift giebt, so macht sie gemeiniglich die grossen Zurüstun‑
gen der Gelehrsamkeit entbehrlich und ihre Zwecke bedürfen
nicht solcher Mittel, die nimmermehr in aller Menschen Gewalt
sein können. Wie? ist es denn n u r darum gut, tugendhaft zu
sein, weil es eine andere Welt giebt, oder werden die Hand‑
lungen nicht vielmehr dereinst belohnt werden, weil sie an s i c h
selbst gut und tugendhaft waren? Enthält das Herz des Menschen
nicht unmittelbare sittliche Vorschriften, und muss man, um
i h n allbier seiner Bestimmung gemäss zu bewegen, durchaus
die Maschinen an eine andere Welt ansetzen“? Der sittliche
Vernunftglaube braucht, um seiner selbst sicher zu sein, keine
metaphysischen Stützen. „Lasst uns demnach alle lärmen‑
den Lehrverfassungen von so entfernten Gegenständen der Speku‑
lation und der Sorge müssiger Köpfe überlassen. Sie sind uns
in der That gleichgültig und der augenblickliche Schein der
Gründe für oder dawider mag vielleicht über den Beifall der
Schulen, schwerlich aber etwas über das künftige Schicksal der
Redlichen entscheiden. . . . Da aber unser Schicksal in der
künftigen Welt vermuthlich sehr darauf ankommen mag, wie
w i r unsern Posten in der gegenwärtigen verwaltet haben, so
schliesse i c h m i t demjenigen, was Vo l t a i r e seinen ehrlichen
Candide, nach so viel unnützen Schulstreitigkeiten, z u m Beschlusse
sagen lässt: lasst uns unser Glück besorgen, in den Garten gehen,
und arbeiten.“ ( I I , 372 £.)

Digilized hy Google
<
Ethik n d Metaphysik.
Ethik uund Metaphysik. ‐- Verhältnis szu
Verhältnis u Rousseau.
Rousseau. 477
477

Das Motiv,
Das Motiv, das das die innere Umwandlung
die innere Umwandlung in Kant Kant bewirkt
bewirkt
hat,
hat, tritt hier in voller
tritt hier voller Deutlichkeit
Deutlichkeit hervor. hervor. Die Die Grundfragen
Grundfragen
dder
er EEthik a b e n i h nn seit
t h i k hhaben seit den Anfängen seiner Philosophie
ersten Anfängen
den ersten Philosophie
dauernd beschäftigt
dauernd beschäftigt und festgehalten; aber erst
und festgehalten; erst jetzt
jetzt sind
sind siesie zum
zum
alles beherrschenden Mittelpunkt
alles beherrschenden Mittelpunkt seines Denkens geworden.
seines Denkens geworden. Der Der
Schwerpunkt des
Schwerpunkt des Systems
Systems ist verschoben: die
ist verschoben: die Stelle,
Stelle, die
die zuvor
vvon
o n denden Problemen
Problemen der exakten exakten Wissenschaft
Wissenschaft eingenommen
eingenommen
wurde,
wurde, nehmennehmen jetzt die die sittlichen Probleme ein.
sittlichen Probleme ein. Den Den reinsten
reinsten
und
und tiefsten Gehalt der
tiefsten Gehalt der moralischen Aufklärung des
moralischen Aufklärung des achtzehnten
achtzehnten
Jahrhundert hat
Jabrhundert Kant nunmehr
hat Kant aufgenommen und
nunmehr aufgenommen und in sich
sich nach‑
nach-
erschaffen.
erschaffen. Es Es ist der Schüler
ist der Schüler und und Verehrer Rousseaus,
Rousseaus, der in
den „Träumen eines
den „Träumen eines Geistersehers“
Geistersehers" zu zu uns spricht.1%) Die
uns sprichti0) Die Wir‑Wir
kung,
kung, die die Rousseau
Rousseau auf auf Kant geübt hat,
Kant geübt hat, ist von diesem
ist von selbst in
diesem selbst
allgemein bekannten
allgemein bekannten Sätzen Sätzen bezeugt.
bezeugt. „Ich „Ich bbini n selbst aus Neigung
selbst aus Neigung
ein Forscher.
ein Forscher. Ich fühle den
Ich fühle ganzen Durst
den ganzen Durst nachnach Erkenntnis
Erkenntnis und und
begierige Unruhe,
die begierige Unruhe, darin weiter zu kommen, oder auch die
die darin, weiter zu kommen, oder auch
Zufriedenheit
Zufriedenbeit bei bei jedem Fortschritte. Es w
jedem Fortschritte. war eine Zeit,
a r eine Zeit, da da
iich glaubte, dieses alles
c h glaubte, ö n n t e die E
alles kkönnte Ehre der Menschheit
h r e der Menschheit
machen,
machen, und und ich ich verachtete
verachtete den den Pöbel
Pöbel der von nichts weiss.
von nichts weiss.
Rousseau
Rousseau h at m
hat i c h z u r eecchhtt gebracht.
mich gebracht. Dieser Dieser verblendete
Vorzug verschwindet;
Vorzug verschwindet; ich ich lerne
lerne die die Menschen
Menschen ehren, ehren, und
und würde
würde
mich
mich viel unnützer finden,
viel unnützer finden, als die gemeinen
als die gemeinen Arbeiter,
Arbeiter, wenn wenn ich ich
nicht glaubte, dass
nicht glaubte, dass diese
diese Betrachtung
Betrachtung allen allen übrigen
übrigen eineneinen Werth
geben könne,
geben könne, die Rechte der Menschheit
die Rechte Menschheit herzustellen.“
herzustellen." Die Die Auf‑
Auf-
gabe der
gabe der Philosophie
Philosophie besteht besteht nnun nicht länger darin,
u n nicht darin, den Men-
den Men‑
schen mit
schen m i t einem
einem trügerischen
trügerischen SchatzeSchatze spekulativen
spekulativen Wissens Wissens zu zu
bereichern, sondern
bereichern, sondern iihn h n auf den Bezirk seiner notwendigen
Bezirk seiner notwendigen
sittlichen Bestimmung
sittlichen Bestimmung einzuschränken.
einzuschränken. „Gesetzt „Gesetzt er er hätte
hätte überüber
sich oder
sich oder unter sich täuschende
unter sich täuschende A Anlockungen kennen gelernt,
n l o c k u n g e n kennen gelernt,
die iihn
die unvermerkt aus
b n unvermerkt seiner eigentümlichen
aus seiner eigentümlichen Stellung Stellung gebracht
gebracht
haben, so
haben, so wird
wird ihn i h n diese Unterweisung wiederum
diese Unterweisung wiederum zum Stande
zum Stande
des
des Menschen zurückführen, er
Menschen zurückführen, und er mag sich alsdaun auch
und mag sich alsdaun auch
noch
noch so so klein
klein oder mangelhaft finden,
oder mangelhaft finden, so so wird doch für
wird eerrdoch für seinen
seinen
angewiesenen Punkt
angewiesenen Punkt rechtrecht gutgut sein,
sein, weil
weil er gerade das
er gerade das ist,
ist, was
was
eerr sein soll.“1l)
s e i n soll.«11)
Damit ist
Damit ist in in der Entwicklung der Kantischen
der Entwicklung Kantischen Lehre Lehre ein ein
entscheidender
entscheidender Schritt getan. Das
Schritt getan. Das „Reich
„Reich der der Geister“
Geister" hat seinen
hat seinen
lockenden
lockenden Reiz Reiz verloren;
verloren; an seine Stelle
an seine Stelle aber aber ist ist das
das ethische
ethische

Dairlndhty Google
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Digilized hy
<
478
478 Die kritischer Philosophie.
Enistehung der kritischen‘
Die Entstehung Philosophie.

„Reich
„Reich der Zwecke" getreten.
der Zwecke“ getreten. Um Um sich
sich desdes Bürgerrechts
Bürgerrechts in i ndiesem
diesem
letzteren zu versichern,
letzteren zu versichern, um sich
sich des des Zusammenhangs miti t der
m der
„Gemeinschaft Vernunftwesen“
„Gemeinschaft der Vernunftwesen" bewusst zu werden, dazu be‑
der bewusst zu werden, dazu be-
darf
darf das Individuum keiner
das Individuum keiner metaphysischen
metaphysischen B Bilder mehr, die,
i l d e r mehr, die,
so erhaben und
so erhaben und „geistig“
„geistig" sie sie erscheinen
erscheinen mögen, mögen, im letzten Grunde
im letzten Grunde
doch immer
doch immer eine eine intelligible Aufgabe in sinnliche
intelligible Aufgabe sinnliche Gegebenheiten
Gegebenheiten
verwandeln.
verwandeln. So sicher und
So sicher unangreifbar die Realität
und unangreifbar Realität übersinn‑ übersinn-
licher sittlicher
licher sittlicher W e r t ee uns uns feststeht,
feststeht, so so sehr müssen w
sehr müssen wir i r darauf
darauf
verzichten lernen,
verzichten lernen, sie sie in ein mythisches jenseitiges Sein
ein mythisches S e i n umzu‑
umzu-
deuten. 18) Der
deuten.12) Der Zweifel,
Zweifel, der der sich
sich gegen Metaphysik kehrt,
gegen die Metaphysik kehrt, ist ist
somit der
somit Ausdruck einer
der Ausdruck tieferen ethischen
einer tieferen ethischen Seibstgewissheit
Selbstgewissheit;;
‘und diese
und innere Befreiung
diese innere Befreiung ist es, die
ist es, die demdem Stil Stil der „Träume„Träume eines eines
Geistersehers“
Geistersehers" seinen Schwung und
seinen Schwung seine Heiterkeit
und seine Heiterkeit gibt. gibt.
Auch in
Auch in der Stellung,
Stellung, die Kant zu
die Kant zu denden philosophischen
philosophischen Vor‑ Vor-
gängern einnimmt,
gängern einnimmt, ist ist jetzt eine
eine bedeutsame
bedeutsame Wandlung Wandlung eingetreten: eingetreten:
die Lebre Humes
die Lehre Humes ist ist nunmehr in iihm wirksam geworden.
h m wirksam geworden. Es Es
ist kein Zweifel, dass
ist kein Zweifel, dass auch sie zunächst nicht nach ihrem
auch sie zunächst nicht nach ihrem rein rein
erkenntnistheoretischen
erkenntnistheoretischen Gehalt, Gehalt, sondern
sondern nach nach dem, dem, was sie für
die allgemeine moralische
die allgemeine Aufklärung bedeutet,
moralische Aufklärung bedeutet, von von iihm h m ergriffen
ergriffen
wird: nicht
wird: nicht als als Verfasser
Verfasser des des „Enquiry“,
„Enquiry", sondern sondern als als Autor der der
D i a l o g e über
„Dialoge über die die natürliche Religion" hat
natürliche Religion“ h a t Hume
Hume zuerst zuerst auf auf Kant
Kant
gewirkt.
gewirkt. Aber von von hier musste der Weg
aus musste
hier aus Weg notwendig
notwendig weiter
führen: und
führen: und die die „Träume“
„Träume" zeigen zeigen uns uns KantKant in einer einer Epoche,Epoche, in
welcher
welcher er er m miti t Hume
Hume in nichts nichts Geringerem,
Geringerem, als als in der der Gesamt‑
Gesamt-
konzeption
konzeption der der Metaphysik
Metaphysik und und in in der Schätzung ihres
der Schätzung ihres mög‑ mög-
lichen Ertrags
lichen Ertrags einig einig ist.ist. DieDie Metaphysik
Metaphysik ist ist iihm nunmehr die
h m nunmehr die
Wissenschaft o n den Grenzen der menschlichen Ve rr -‑
W i s s e n s c h a f t v o n d e n G r e n z e n d e r m e n s c h l i c h e n V e
n u n f t ; ihre
munft; ibre Aufgabe
Aufgabe ist ist es, Reich der E
es, das Reich r f a h r u n g von
Erfahrung von dem dem
der transzendenten Erdichtung
der transzendenten Erdichtung zu scheiden. (II, 367). zu scheiden. (Il, 367). Im gleichen
gleicher
Sinne hatte
Sinne hatte auchauch Hume Hume die die Philosophie
Philosophie zum zum Kampfe
Kampfe gegen gegen die die
spekulative M y
spekulative Mystik aufgerufen.s t i k aufgerufen. „Verjagt v o m offenen
vom offenen Lande Lande
fliehen diese
fliehen diese Räuber
Räuber in in das Dickicht und
das Dickicht und liegen
liegen auf auf der der Lauer,
Lauer,
um
um in jeden jeden unbewachten
unbewachten Zugang Zugang des Geistes einzubrechen
des Geistes einzubrechen und und
iihn
h n mitm i t religiösen Schreckbildern und
religiösen Schreckbildern und Vorurteilen zu zu erdrücken.
erdrücken.
Der stärkste Gegner
Der stärkste Gegner wird wird übermannt,
übermannt, wenn wenn er er nnur u r einen
einen Augen‑ Augen-
blick in seiner
blick Wachsamkeit nachlässt.
seiner Wachsamkeit nachlässt. Und Und viele viele öffnen öffnen aus aus
Feigheit oder
Feigheit Unverstand den
oder Unverstand den Feinden
Feinden die die ToreTore und und empfangen
empfangen
sie m
sie miti t demütiger
demütiger Unterwerfung
Unterwerfung als ihre rechtmässigen
als ihre rechtmässigen Herren.“ Herren."

Dealindhy Google
Google
Digilized hy
<
Die Metaphysik als Grenswissenschaft. ‐ Verhältnis su Hume. 419

U n d die einzige wirksame Schutzwehr liegt auch i h m in der


kritischen Analyse der Vermögen des Verstandes: w i r müssen
d i e w a h r e M e t a p h y s i k ausbilden, u m die falsche und verderbte
zu zerstören“.13) Dass es diese Tendenz, dass es diese subjek‑
t i v e G r u n d s t i m m u n g der Humeschen Philosophie ist, die
K a n t jetzt vor allem wert hält, ‐ dies hat er selbst unzweideutig
ausgesprochen. „Bei der frühen Auswickelung Ihrer Talente ‑
schreibt er im Jahre 1767 an Herder ‐ sehe ich m i t mehrerem
Vergnügen auf den Zeitpunkt hinaus, wo der fruchtbare Geist
n i c h t mehr so sehr getrieben durch die warme Bewegung des
jugendlichen Gefühls diejenige Ruhe erwirbt, welche sanft und
empfindungsvoll ist und gleichsam das b e s c h a u l i c h e Leben
des Philosophen ist, gerade das Gegenteil v o n demjeni‑
g e n , w o v o n M y s t i k e r t r ä u m e n . I c h hoffe diese Epoche Ihres
Genies aus demjenigen, was ich von Ihnen kenne m i t Zuversicht:
eine Gemütsverfassung, die dem so sie besitzt und der Welt
unter allem am nützlichsten ist, worin Montaigne den untersten
und H u m e so v i e l i c h weiss den obersten Platzeinnehme.“
(X, 70).
Aber auch wichtige und fundamentale Bestimmungen von
Humes E r k e n n t n i s l e h r e finden wir jetzt bei Kant wieder. Die
Kenntnis der kausalen Verknüpfungen kann niemals durch lo‑
gische Schlussfolgerung gewonnen, sondern lediglich der E r f a h ‑
r u n g verdankt werden, die somit f ü r alle unsere Urteile über
Existenz die einzige Instanz bildet. Was uns aber hier gegeben
wird, ist immer n u r ein tatsächliches regelmässiges Beisammen
von- Vorstellungen, ohne dass uns zwischen ihnen ein notwendi‑
ger Zusammenhang erkennbar und b e g r e i fl i c h würde. Auch
die Berufung auf die „innere Erfahrung“ vermag u n s nicht weiter
zu führen: die Phänomene des W i l l e n s bleiben, gleich denen
der äusseren Beobachtung, stumm. In der vorangehenden Epoche
seines Denkens hatte Kant hier für einen Moment die Lösung
gesucht: „das Verhältnis der Ursache ziehen w i r aus unsern
eigenen Handlungen und applicieren es auf das, was beständig
in den Erscheinungen äusserer Handlungen ist.“14) Jetzt wird
auch diese Auskunft m i t den gleichen Gründen wie bei Hume
bekämpft. Der Einfluss, den mein Denken und Wollen auf
meinen Körper ausüben, lässt sich zwar als eine „einfache Er‑

Digilized hy Google
<
4480
80 Die
D i e Entstehung der kritischen
Entstehung der kritischen Philosophie.
Philosophie.

fahrung" erkennen, nicht


fahrung“ erkennen, nicht aber
aber aus Gründen einsehen.
aus Gründen einsehen. DassDass mein mein
Wille meinen Arm
Wille meinen Arm bewegt, ist m
bewegt, ist i r um
mir nichts verständlicher,
um nichts verständlicher, als als
wenn jemand sagte,
wenn jemand dass er auch
sagte, dass auch den Mond in seinem
den Mond seinem KreiseKreise
zurückhalten könne:
zurückhalten könne: derder Unterschied besteht n uurr darin,
Unterschied bestebt darin, dass iich ch
jenes erfahre, dieses
jenes erfahre, dieses aber niemals in meine
aber niemals meine Sinne
Sinne gekommen
gekommen ist ist
(II, 370). So
(II, 370). So bleibt
bleibt allgemein,
allgemein, wo es es sich
sich um die die Feststellung
Feststellung
ursprünglichen kausalen
der ursprünglichen
der Grundverhältnisse handelt,
kausalen Grundverhältnisse handelt, den den Er‑Er-
fahrungen allein
fahrungen allein das Recht der
das Recht der Entscheidung,
Entscheidung, während während „die „die VeVer-r ‑
n u n f t g r ü n ddee iinn dergleichen
dergleichen Fällen
Fällen wederw e d e r zzuru r E r fifinndd u n g ,
nnoch
o c h zur Bestätigung der
z u r Bestätigung der MMöglichkeit oder U
ö g l i c h k e i t oder Unmöglich-
nmöglich‑
e i t vv oonnd'der
kkeit mindes ten E r h eebbll i c hhkkeeiitt sind.“
e r mindesten sind.« (IH, 371.)15)
(II, 371.)!6)
Die Gesamtansicht
Die Gesamtansicht über über dasdas Verfahren
Verfahren der der mathematischen
mathematischen Natur‑ Natur-
wissenschaft hat
wissenschaft hat daber jetzt, daher jetzt, im Vergleich m i t der „Preisschrift“,
Vergleich mit der „Preisschrift",
eine deutliche Ablenkung
eine deutliche Ablenkung erfahren. erfahren. Dort galten ‐- getreu
Dort galten getreu der der
Weisung, die
Weisung, die Newton
Newton selbst gegeben hatte
selbst gegeben hatte und und die die z. z. B. Roger
B. Roger
C o t e s in der
Cotes der Vorrede
Vorrede zur zur zweiten
zweiten Auflage
Auflage der der matlıematischen
mathematischen
Prinzipien der Naturlehre
Prinzipien ausführlich entwickelt hatte
Naturlebre ausführlich hatte ‐- A na‑
Ana-
lysis
lysis und und Synthesis
Synthesis noch wesentlich als
noch wesentlich als kkorrelative
o r r e l a t i v e Metho‑
Metho-
den: nachdem
den: nachdem die die I n d uukkttii oonn zu zu den allgemeinen Prinzipien
den allgemeinen Prinzipien
hingeführt hatte,
bingeführt hatte, durfte und musste die
und musste die D e d u k t i o n einsetzen,
Deduktion einsetzen,
um aus
um wiederum in strenger
ihnen wiederum
aus ihnen Verknüpfung die besonderen
strenger Verknüpfung besonderen
a t s a c h e n abzuleiten
Tatsachen
T a b z u l e i t e n uundn d im v o r a u s zu
i m voraus b e s t i m m e n . Jetzt
z u bestimmen. J e t z t aber
aber
bedeuten
bedeuten die die empirischen
empirischen Daten Daten nicht
nicht nnur u r den
den A Ann ffaa n gg undund den den
Grundstoff der
Grundstoff philosophischen Reflexion,
der philosophischen sondern auch
Reflexion, sondern auch deren deren
Ende. Aber freilich
Ende. freilich handelthandelt es hierbei n u rr um
sich bierbei
es sich u m eine eine kurzekurze
Durchgangsphase
Durchgangsphase des Kantischen Denkens,
des Kantischen Denkens, die die in ihrenihren MotivenMotiven
durchaus verständlich ist.
durchaus verständlich Das Ziel,
ist. Das Ziel, das Kant der Philosophie
das Kant Philosophie
nunmehr
nunmehr stellt, die Begrenzung
stellt, die Begrenzungdes Wissens auf den
des Wissens den Umkreis
Umkreis der der
Erfahrung, schien
Erfahrung, schien nicht anders nicht anders erreicht werden zu können,
zu können, als als
indem
indem aauch der G
u c h der G rr uu nn dd des lediglich in den
Wissens lediglich
des Wissens den Tatsachen
Tatsachen
der
der Beobachtung
Beobachtung gesucht gesucht wurde. Dennoch bleibt
wurde. Dennoch bleibt der Ausspruch
Ausspruch
Kants,
Kants, dass dass er weit weit davon gewesen sei,
entfernt gewesen
davon entfernt Hume in An‑
sei, Hume An-
sehung
sehung seiner seiner Folgerungen
Folgerungen Gehör zu geben, auch
zu geben, auch ffür ü r diese
Epoche zu
Epoche Recht bestehen.
zu Recht bestehen. Denn Denn wenn wenn er m h m die
miti t iihm die Aufgabe
Aufgabe
der Metaphysik
der Metaphysik iinn eine eine T h e e oo r i e des
d e s E r ffaa hh rruu nn gg ss w iiss ss e nn ss
setzt, so
setzt, so hat
hat iihmh m doch doch die die psychologische
psychologische AbleitungAbleitung der der Erfah‑
Erfah-
rungsbegriffe
rungsbegriffe aus aus dem dem Spiel Spiel der Assoziation
Assoziation und und der Gewohnheit
Gewohnbeit
niemals als
niemals eine „ernstliche
als eine „ernstliche Meinung“ gegolten.')
Meinung" gegolten. 1) Hier entsteht
Hier entsteht

Degailnhty Google
Google
Digilized hy
<
Die Erfahrung und die „Vernunfigründe“. 481

daher ein neues und tieferes Problem. Der Wert der Erfahrung
musste bis zur Einseitigkeit betont und hervorgehoben werden,
solange es sich gegenüber den Uebergriffen der spekulativen
Mystik darum handelte, das echte Gebiet philosophischer
Forschung zu sichern und abzustecken.") Ist dieses Ziel ein‑
mal erreicht, so kann die Untersuchung weiter dringen, so
muss von neuem die Frage nach den logischen P r i n z i p i e n
entstehen, denen die Erfahrung selbst ihren Halt und ihre Ge‑
wissheit verdankt.

II.
Die Schriften des Jahres 1763, v o r allem die Abhandlung
über die „negativen Grössen“, enden m i t einer scharfen Sonde‑
rung zwischen logischen und realen Sätzen, zwischen Be‑
g r i f f s - und Tatsachenwahrheiten. Nicht n u r ist es unmög‑
lich, das Dasein der Dinge aus blossen Begriffen zu konstruieren,
sondern wir besitzen im ganzen Umkreis der Logik nicht einmal
ein Mittel, um die empirisch gegebene Verknüpfung der Objekte
auszudrücken und nachzubilden. Jedes U r t e i l beschränkt
sich darauf, einen gegebenen Begriff durch Zergliederung zu ver‑
deutlichen; von i b m führt daher kein Weg zum Dasein, das
niemals als blosses Prädikat oder als Determination in einem
Subjekt eingeschlossen liegt. Es g i b t k e i n e L o g i k d e r W i r k ‑
l i c h k e i t . (Vgl. ob. S . 470.)
Diese Folgerung ist notwendig und unausweichlich, solange
m a n ‐ wie Kant es zunächst noch tut ‐ die Wolffische Kon‑
zeption der Logik und seine Erklärung des Urteils zu Grunde
legt: ‐ aber bleibt sie es, wenn man die eigene Auffassung, die
Kant jetzt erreicht hat, zum alleinigen Maassstab macht? Gilt
dasjenige, was von der traditionellen Logik der Schule erwiesen
ist, von jeder Form der Logik überhaupt? Oder solite nicht
hier der umgekehrte Weg einzuschlagen sein: -‐ sollten nicht
die neuen Beziehungs- und Verknüpfungsarten, die w i r im em‑
pirisch Realen kennen gelernt haben, zur Entdeckung einer
n e u e n U r t e i l s f o r m hinleiten, die ihnen entspricht? Fragen
dieser Art mussten um so dringender werden, je mehr sich Kant
von der überlieferten Lehre innerlich loslöste.e So werden wir
8

Digilized hy Google
<
4482
82 Die Entstehung
Die kritischen Philosophie.
Entstehung der kritischen Philosophie.

nunmehr zu
nunmehr zu der Unterscheidung analytischer
der Unterscheidung a n a l y t i s c h e r uundn d ssyn-yn‑
thetischer geführt, die
t h e t i s c h e r U r t eeiill ee geführt, die in der Preisschrift
Preisschrift noch noch nicht
nicht
vollzogen
vollzogen w a r . ) Unsere
war.18) Unsere Aussagen
Aussagen gehören gehören zu zu verschiedenen
verschiedenen
logischen Grundklassen
logischen Grundklassen und und besitzen
besitzen verschiedenen
verschiedenen logischenlogischen
Charakter
Charakter und Geltungswert, je nachdem
u n d Geltungswert, n a c h d e m sie ein Merkmal,
sie ein Merkmal, das
im Subjekt bereits
im Subjekt enthalten war,
bereits enthalten war, nnur u r gesondert
gesondert herausheben
herausheben
oder aber aber dem dem Inhalt
Inhalt des des Subjektbegriffs
Subjektbegriffs eine eine völlig neue Be-
neue Be‑
stimmung hinzufügen.
stimmung hinzufügen. -‑
Der Quell und
Der Quell und Urgrund
Urgrund dieser ErweiterungErweiterung aber aber kann
kann aaufuf
dem Standpunkt,
dem Standpunkt, auf auf demdem w wir jetzt stehen,
i r jetzt stehen, nirgends
nirgends anders
anders als
iinn der gesucht werden.
der E r f a h rruunngg gesucht werden. Sie Sie allein vermag zzuu leisten,
allein vermag leisten,
was für die
was die formale
formale Logik Logik einein Rätsel,
Rätsel, wo wo nicht
nicht einein Widerspruch,
Widerspruch,
bleibt.
bleibt. In ihr ist das
i h r ist das Unbegreifliche
Unbegreifliche getan: getan: die die Verknüpfung
Verknüpfung des
begrifflich Verschiedenartigen
begrifflich Ve r s c h i e d e n a r t i g e n tritt
tritt unsuns hier als als anschaulich
anschaulich
gewisses FaktumFaktum entgegen.
entgegen. Somit Somit sind sind alle synthetischen Urteile,
alle synthetischen Urteile,
ihrer Art
ihrer Art und ihrer Abkunft nach,
und ihrer nach, zugleich empirische. Auch
zugleich empirische. Auch
bei dieser
bei Gleichsetzung können
dieser Gleichsetzung können wir indessen indessen nichtstehen stehen bleiben,
bleiben,
ohne dass
ohne alsbald ein
dass alsbald neues Problem
ein neues Problem sich sich geltend machte. Die
geltend machte. Die
Preisschrift hat
Preisschrift hat die Synthesis als
die Synthesis Verfahren der
allgemeine Verfahren
als das allgemeine
m a t h e m a t i s c h e n Begriffsbildung
mathematischen Begriffsbildung gekennzeichnet;gekennzeichnet; während während
sie
sie die mathematischen Urteile,
die mathematischen Urteile, die die lediglich
lediglich den den in der Defi‑ Defi-
nition gegebenen Inhalt
nition zuvor gegebenen Inhalt entwickeln,
entwickeln, unmittelbar dem Satz
dem Satz
der Identität unterstellte.
der Identität unterstellte. (II, 294) Reflektiert
(II, 294) Reflektiert man indessen -‐ wie
man indessen
es dem
es dem Sinne
Sinne der der nneuen Unterscheidung analytischer und
e u e n Unterscheidung syn-
und syn‑
thetischer Urteile
thetischer gemass ist
Urteile gemäss ist ‐- nichtnicht sowohl
sowohl auf die die äussere
aussere
F o r m des
Form Urteils, als
des Urteils, als aufauf den
den Ursprung
Ursprung der Erkenntnis, Erkenntnis, so so
zeigt alsbald, dass,
sich alsbald,
zeigt sich dass, unter Gesichtspunkt betrachtet,
diesem Gesichtspunkt
unter diesem betrachtet,
das
das mathematische
mathematische Urteil Urteil gleichfalls als ein ein synthetisches
gelten muss: ist
gelten muss: ist es doch keine
es doch Zergliederung, sondern
blosse Zergliederung,
keine blosse sondern eine
eine
echte Neuschöpfung,
echte Neuschöpfung, worauf sein sein eigentlicher
eigentlicher Wahrheitsgehalt
Wahrbeitsgehalt
beruht.
beruht. Wenn Wenn früher der Schnitt, Schnitt, der die mathematische Me‑
die mathematische Me-
thode
thode von von derder metaphysischen
metaphysischen trennen trennen sollte, auch das Verfahren
sollte, auch Verfahren
der P
der h y s i k von
Physik demjenigen der Mathematik
von demjenigen Mathematik absonderte
absonderte (vgl.(vgl. ob.
ob.
S.
S. 464),
464), so sind jetzt
so sind jetzt beide
beide wiederum
wiederum unter unter einemeinem gemeinsamen
gemeinsamen
Titel vereinigt. Die
Titel vereinigt. Die beiden Grundfaktoren, auf denen
beiden Grundfaktoren, denen der der Bestand
Bestand
der Naturwissenschaft
der Naturwissenschaft ruht: „Beobachtung" und
ruht: „Beobachtung* und „Geomeirie“
„Geometrie*
stehen nun
stehen nun nichtnicht mehr einander entgegen,
mehr einander entgegen, sondern sondern besitzen,
besitzen,
synthetische Erkenntnisquellen,
als synthetische
als Erkenntnisquellen, einen einen gemeinsamen
gemeinsamen prin‑ prin-

Degalnghy Google
Google
Digitizecd by
<
Die
Die Logik
Logik der
der Wirklichkeit,
Wirklichkeit. 483
483

zipiellen Boden.
zipiellen Boden. Aber freilich erschwert eben
freilich erschwert eben diese
diese Gemeinsam‑
Gemeinsam-
keit, dieser Gegensatz,
keit, Gegensatz, in welchem nunmehr gleichmässig
sie nunmehr
welchem sie gleichmässig zu
zu
den abstrakt logischen
den abstrakt logischen und und metaphysischen Erkenntnissen steben,
metaphysischen Erkenntnissen stehen,
zugleich die
zugleich die schärfere methodische Abgrenzung
schärfere methodische Abgrenzung zwischen zwischen ihnen ihnen
selber und
selber und ihrem Geltungsanspruch. Sollten
ihrem Geltungsanspruch. Sollten die beiden Momente,
die beiden Momente,
die sich
die sich zum Aufbau der
zum Aufbau der Physik
Physik vereinigen, lediglich einander
vereinigen, lediglich einander
nebengeordnet
nehengeordnet sein oder besteht
sein oder zwischen ihnen
besteht zwischen ihnen ein ein charakteristi‑
charakteristi-
scher Wertunterschied?
scher Wertunterschied? Gibt Gibt es neben den
es neben den synthetischen
synthetischen Aus‑ Aus-
sagen,
sagen, die die lediglich
lediglich eineeine einzelne Tatsache der Beobachtung
einzelne Tatsache Beobachtung
wiedergeben,
wiedergeben, auch auch solche
solche vonvon allgemeiner und und notwendiger
notwendiger Gel‑ Gel-
tung? Wenn
tung? Wenn diese Fragen bejaht
diese Fragen bejaht werden
werden solltensollten ‐- und u n d sie
sie
müssen
müssen es, wenn es, wenn wir nicht an der objektiven
nicht an der objektiven Gewissheit Gewissheit der
obersten Grundsätze
obersten Grundsätze der Erfahrungswissenschaft irre
der Erfahrungswissenschaft irre werden
werden
sollen ‐ so würde sich damit eine neue
sollen - so würde sich damit eine neue Perspektive eröffnen; Perspektive eröffnen;
so wäre damit
so wäre damit eineeine Art der Notwendigkeit
Art der Notwendigkeit entdeckt, entdeckt, die ihre ihre
Gewähr und und Rechtfertigung
Rechtfertigung nicht nicht von formalen Logik
von der formalen Logik zu zu
empfangen, sondern
empfangen, sondern sie sie in einer
einer anderen Instanz zu
anderen Instanz zu suchen
suchen
hätte.
hätte. ‑
Damit aber
Damit wären wir bis
aber wären unmittelbar an
bis unmittelbar an die die Schwelle
Schwelle der
k r i ttiiss cc h eenn Philosophie
Philosophie hingeleitet.
hingeleitet. So folgerecht und
So folgerecht und zwingend
zwingend
scheint der Gedankenzusammenhang
scheint Gedankenzusammenhang zu zu sein,
sein, denden wir hier hier kurz
kurz
zu skizzieren
zu skizzieren gesucht gesucht haben,
haben, dass man eben
dass man eben darum
darum gegen gegen ihn ihn
misstrauisch werden,
misstrauisch werden, dass man in iihm
dass man b m eher
eher eine eine begriffliche
Konstruktion,
Konstruktion, denn eine Beschreibung
denn eine geschichtlichen Tat‑
Beschreibung der geschichtlichen Tat-
sachen vermuten
sachen vermuten könnte.
könnte. Gerade
Gerade an diesem Punkte
an diesem Punkte bietet in‑ in-
dessen das
dessen philosophische Tagebuch
das philosophische Tagebuch Kants Kants ‐- das das vonvon Benno
Benno
E r d m a n n unter
Erdmann unter demdem Titel
Titel der „Reflexionen zur Kritik
der „Reflexionen Kritik der
reinen Vernunft herausgegeben
reinen Vernunft“ herausgegeben worden worden ist ist ‐- die die unmittelbare
unmittelbare
Bestätigung
Bestätigung der der Ergebnisse
Ergebnisse der sachlichen Analyse
der sachlichen Analyse und und Rekon‑
Rekon-
struktion.
struktio n. Schritt Schritt für Schritt lassen
für Schritt lassen sich
sich bierbier die die einzelnen
einzelnen
Pbasen
Phasen und und Durchgangsstadien
Durchgangsstadien des KantischenKantischen Denkens
Denkens aufweisen
aufweisen
und belegen.
und belegen. Schon Schon in der Periode,
der Periode, die den Träumen
den Träumen eines
Geistersehers vorangeht,
Geistersehers vorangeht, ist der neue
ist der Begriff des synthetischen
neue Begriff synthetischen
Urteils gewonnen.12) Die
U r t e i l s gewonnen.18) „Möglichkeit" derartiger Urteile
Die „Möglichkeit“ Urteile aber
aber
ist zunächst nicht
ist zunächst nicht anders,
anders, denn durch die E
denn durch r f a h r u n g zzuu er‑
Erfahrung er-
weisen, während
weisen, während jede jede rationale Begründung, die
rationale Begründung, sich als
die sich als solche
solche
lediglich
lediglich auf auf denden logischen
logischen SatzSatz der Identität
Identität stützenstützen müsste,
müsste,
ihnen versagt bleibt.
ihnen bleibt. „Möglichkeit
„Möglichkeit der der B Begriffe beruht bloss
e g r i ff e beruht bloss
81•
81°

Depalnhty Google
Google
Digilized hy
<
484
484 Die Entstehung
Die kritischen Philosophie.
Entstehung der kritischen Philosophie.

auf
auf dem dem Satze
Satze des des Widerspruchs,
Widerspruchs, die die der Synthesis
S y n t h e s i s auf Erfah‑
Erfah-
(Reflexionen No.
rung." (Reflexionen
rung.“ No. 296).
296). Somit Somit entsteht
entsteht hier hier eine klare und
eine klare und
eindeutige Wechselbeziehung:
eindeutige Wechselbeziehung: „alle „alle analytischen
analytischen Urteile Urteile sindsind
umgekehrt; alle
und umgekehrt;
r a ttii onnaall und alle synthetischen
s y n t h e t i s c h e n Urteile
Urteile sind sind
e m p i r i s c h und
empirisch und umgekehrt.“
umgekehrt.« (Refl. (Refl. 500500 und 292.) Die
und 292.) Die Kluft
Kluft
zwischen Erfahrung
zwischen E r f a h r u n g und Denken droht
u n d Denken n u n m e h r unüberbrück‑
d r o h t nunmehr unüberbrück-
bar
bar zu zu werden:
werden: denn denn der ausschliessende
ausschliessende Gegensatz,Gegensatz, der jetzt
geprägt ist,
geprägt scheint keinerlei
ist, scheint Vermischung und
keinerlei Vermischung und Vermittlung
Vermittlung mehr mehr
zu dulden. Es
zu dulden. Es ist die Anschauung,
ist die Anschauung, wie wie sie uns in den
sie uns den „Träumen
„Träumen
eines entgegentritt: die
Geistersehers* entgegentritt:
eines Geistersehers" die VeVe r n u n f t g r ü n d ee sind,
sind,
wo
wo es es sich
sich umum die die Feststellung
Feststellung der der Realprinzipien
Realprinzipien des des Geschehens
Geschehens
handelt,
handelt, weder weder zur zur Erfindung, noch noch zur nachträglichen Bestäti‑
zur nachträglichen Bestäti-
gung „von
gung mindesten Erheblichkeit“.
„von der mindesten Erheblichkeit. Wiederum Wiederum dient die die
kausale
kausale Verknüpfung
Verknüpfung der Erscheinungen, Erstheinungen, dient somit der Satz
dient somit Satz
des zureichenden
des zureichenden Grundes Grundes als Musterbeispiel dieses Verhältnisses.
als Musterbeispiel Verhältnisses.
Die „Allgemeinheit“,
Die „Allgemeinheit", die die w wiri r diesem
diesem Satze Satze herkömmlich
herkömmlich zuge‑ zuge-
stehen, ist
stehen, nicht die
ist nicht die unbedingte
unbedingte logische logische Allgemeingültigkeit,
Allgemeingültigkeit,
sondern berubt
sondern beruht lediglich
lediglich auf einer unbestimmten
auf einer unbestimmten Generalisierung
Generalisierung
von Beobachtungsdaten.
von Beobachtungsdaten. „„In dem Verstandesbegriffe
I n dem Verstandesbegriffe bedeutet bedeutet
der Grund dasjenige, woraus
Grund dasjenige, woraus allgemein
allgemein auf etwas Anderes der
auf etwas
Schluss gilt.
Schluss gilt. D i ee M öö ggll i c hhkkeeiitt davon lässt s
d a v o n lässt s i c hh z w a a r iinn
logischen, aber
logische n, aber nicht realen n i c h t r e a l e n Gründen
Gründen einsehen
einsehen. . Die
Die Er-
Er‑
fahrung
fahrung gibt gibt aber keine wahre
aber keine wa hr e Allgemeinheit,
Allgemeinheit, weil sie sie keine
keine Not‑
Not-
wendigkeit
wendigkeit gibt. gibt. Nun nehmen w i r doch
Nun nehmen wir doch die Anwendung des die A n w e n d u n g
Begriffs vom
Begriffs vom realen Grunde bloss
realen Grunde bloss aus Erfahrung. D
aus der Erfahrung. aher
Daher
k ö n nn eenn ddi ee G r u n d s ä t z e n u rr empirisch
Grundsätze e m p i r i s c h a l l gg ee m eei n ee s eeiinn
und
und haben haben auchauch n nur eine empirische
u r eine Bedeutung, nämlich
empirische Bedeutung, nämlich dass dass
m i t Etwas
mit Etwas etwasetwas Anderes
Anderes als Grund jederzeit
als Grund iederzeit verbunden
verbunden sei.“ sei.«
726.) Was
(Refl. 726.)
(Refl. Wa s Kant Kant ffür ü r die
die Grundkräfte ausgeführt hatte:
G r u n d k r ä f t e ausgeführt hatte:
dass
dass sie nicht ersinnen,
sich nicht
sie sich ersinnen, sondern sondern lediglich
lediglich aus aus der Einzel‑
Einzel-
beobachtung
beobachtung ablesen a b l e s e n lassen,
lassen, das wird ssomit
das wird o m i tjetzt
jetzt auf
auf diedie Grund‑
Grund-
sätze der
sätze der Forschung ausgedehnt. Die
Forschung ausgedehnt. Die empirische G e l t u n g dieser
Geltung
Sätze wird
Sätze wird aus aus ihrer bloss empirischen
ihrer bloss empirischen AnwendungAnwendung ‚yamittel‑ yamittel-
bar
bar gefolgert.2)
gefolgert.20)
Hier aber, wo Kant
Hier aber, Kant der Lehre Humes
der Lehre Humes am am nächsten
nächsten zu zu stehen
stehen
scheint, setzt
scheint, setzt zugleich
zugleich auch auch die die Reaktion
Reaktion gegen gegen iihr endgültiges
b r endgültiges
Ergebnis ein.
Ergebnis ein. Er selbst bezeugt, dass,
selbst bezeugt, nachdem er
dass, nachdem sich einmal
er sich einmal
Humeschen Problems
des Humeschen
des versichert hatte,
Problems versichert erste weitere Schritt
hatte, der erste Schritt

Deailndht Google
.r
Google
Digilized hy
<
D a s Problem
Das synthetischen Grundsätze.
Problem der synthetischen Grundsätse. 485
485

darin bestanden habe,


darin bestanden habe, sich die Aufgabe
sich die Aufgabe „„im i m Ganzen
Ganzen vvorzu-orzu‑
stellen“. „Ich
stellen". „Ich versuchte
versuchte also zuerst, ob
also zuerst, sich nicht
ob sich nicht HumesHumes Einwurf
Einwurf
allgemein vorstellen liesse,
allgemein vorstellen liesse, und fand bald,
und fand bald, dass der Begriff Begriff der
Verknüpfung von Ursache und Wirkung bei weitem n i c hhtt der
Verknüpfung v o n Ursache und Wirkung b e i w e i t e m der
eeinzige durch den
sei, durch
i n z i g e sei, den der Verstand a priori
der Verstand priori sich
sich Verknüpfungen
Verknüpfungen
der Dinge denkt,
der Dinge denkt, vielmehr, dass Metaphysik
vielmehr, dass Metaphysik ganz
ganz und und gargar daraus
bestehe.“
bestehe.« Wiederum erlauben die
Wiederum erlauben die Reflexionen,
Reflexionen, den Weg, den
den Weg, den
Kant hier eingeschlagen,
Kant bier eingeschlagen, in all seinen Einzelschritten zu verfolgen.
all seinen Einzelschritten zu verfolgen.
Der Satz
Der vom Grunde
Satz vom dient zunächst
Grunde dient noch als
zunächst noch als dasdas erschöp‑
erschöp-
fende Prinzip,
fende das alle
Prinzip, das Verhältnisse des
alle Verhältnisse des Realen
Realen unter sich befasst.
unter sich befasst.
Bald
Bald aberaber regt sich der
regt sich der Zweifel
Zweifel gegen
gegen die
die Richtigkeit
Richtigkeit dieser Be‑ Be-
sstimmung.
timmung. „Warum
„ Wa r u m -‐ so so w i r d gefragt ‐- w
wird warum wird das
a r u m wird
p r i n ccii ppiiuumm rrationis
a t i o n i s ssufficientis
u f fi c i e n t i s nächst dem p r i n c ii p ii o
nachst dem
c o nnttr aaddiiccttii o nnii ss als das einzige
als das einzige GesetzGesetz bestimmt?
bestimmt? Das Das Prinzip
Prinzip
Ableitung und
der Ableitung und Einteilung?“
Einteilung?" (Refl. 505.) Und
(Refl. 505.) Und es es ist
ist nunmehr
eine M
eine Mehrheit synthetischer Grundsätze,
e h r h e i t synthetischer Grundsätze, die die dem bloss lo‑
dem bloss lo-
gischen
gischen Satz Satz der Identität entgegengesetzt wird.
Identität entgegengesetzt wird. „Es müssen
müssen
ausser dem
ausser dem principium
principium identitatis
identitatis et contradictionis noch
et contradictionis andere
noch andere
principia des
principia nexus und
des nexus und derder oppositio sein. Denn durch
sein. Denn durch jene
jene
lässt
lässt sich
sich nur n u r der nexus und
der nexus oppositio logica,
und oppositio logica, nicht
nicht aber aber realis
realis
einsehen. We
einsehen. Welche s i n d nnun
l c h e sind diese p r i n c i p i aa synthetica?“
u n diese synthetica?*
(Refl. 488.)21)
(Refl. 488.)21)
Hier nun
Hier n u n tritt
tritt zunächst
zunächst eine wichtige und
eine wichtige und folgenreiche Un‑ Un-
terscheidung
terscheidung ein: ein: von den empirischen Grundsätzen
von den empirischen Grundsätzen sondern sich sondern sich
die m a t h e m aatt i s c h eenn ab.
die ab. „Einige„Einige Grundsätze
Grundsätze sind sind analytisch
analytisch
uund a s Formale
b e t r e ff e n ddas
n d betreffen F o r m a l e derd e r Deutlichkeit
D e u t l i c h k e i t in u n s e r e r Erkennt‑
i n unserer Erkennt-
nis; einige sind
nis; einige synthetisch und
sind synthetisch und betreffen
betreffen das das Materiale,
Materiale, als als dada
die aarithmetischen,
sind die
sind r i t h m e t i s c h e n , ggeometrischen
e o m e t r i s c h e n und und c hhrroonnool ol og g
i -i ‑
imgleichen die
schen, imgleichen
schen, empirischen.* (Refl.
die empirischen.“ (Refl. 504) 504.) Was dieser
Was dieser
Fortschritt
Fortschritt für das Ganze des Problems
das Ganze Problems bedeutet,bedeutet, das hat hat wiede‑
wiede-
r uumm Kant
Kant selbst selbst in in seiner späteren Erörterung
seiner späteren E r ö r t e r u n g undu n d Kritik
Kritik der
Humeschen Fragestellung klar
Humeschen Fragestellung klar bezeichnet.
bezeichnet. Es Es w wara -‐r wiewie er
er hier
ausführt -‐ der
ausführt G r u n d i r r t u m Humes,
der Grundirrtum Humes, dass eerr „unbedachtsamer
Weise
Weise eineeine ganze ganze und zwar die
und zwar erheblichste Provinz
die erheblichste Provinz der apriori‑apriori-
schen Erkenntnis,, nämlich
schen Erkenntnis nämlich rreine eine M a t h e m atik
Mathema davon abschnitt,
t i k davon abschnitt,
in der Einbildung, ihre
der Einbildung, Natur und
ihre Natur und sozusagen ibre Staatsverfassung
sozusagen ihre Staatsverfassung
beruhe auf ganz
beruhe auf anderen Principien,
ganz anderen nämlich lediglich
Principien, nämlich lediglich auf dem
dem
Satze des
Satze Widerspruchs...
des Widerspruchs . . Nun irrte er
Nun irrte er hierin und dieser
hierin gar sehr und

Oarltndhy Google
Google
Digilized hy
<
486 Die Entstehung der kritischen Philosophie.

Irrthum hatte auf seinen ganzen Begriff entscheidend nachtheilige


Folgen .. Denn wäre das v o n i h m nicht geschehen, so hälle er
seine Frage wegen des Ursprungs unserer synthetischen Urteile
weit über seinen metaphysischen Begriff der Causalität erweitert
und sie auch auf die Möglichkeit der Mathematik a priori aus‑
gedehnt, denn diese musste er ebensowohl für synthetisch an‑
nehmen .. Die g u i e Gesellschaft, worin Metaphysik alsdann zu
stehen gekommen wäre, hätte sie wider die Gefahr einer schnö‑
den Misshandlung gesichert, denn die Streiche, welche der letz‑
teren zugedacht waren, hätten die erstere auch treffen müssen,
welches aber seine Meinung nicht war, noch sein konnte“ (Pro‑
legomena $ 4). Waren somit, wie es jetzt geschehen ist, die Grund‑
urteile der Mathematik einmal als synthetisch erkannt,2?2) so war
damit über die Richtung der gesamten Untersuchung entschieden.
Zwar wird zunächst noch behauptet, dass esallgemeingültige f o r ‑
m a l e Prinzipien nur f ü r die rein logischen und rationalen,
nicht aber f ü r die empirischen und mathematischen Urteile geben
könne. „Die M ö g l i c h k e i t analytischer Ve r b i n d u n g lässt
s i c h a p r i o r i einsehen, n i c h t aber der synthetischen.“
(Refl. 291 vgl. 497.) Aber es ist zugleich klar, dass sich auf die‑
sem Standpunkt nicht verharren liess, ohne die Sicherheit der
mathematischen Erkenntnis selbst anzutasten.®2) Und so ergibt
sich hier der umgekehrte Schluss: sollen wir die Wahrheit der
Mathematik, die als unangreifbares F a k t u m feststeht, begrifflich
verstehen, so müssen wir ein Prinzip fordern, das uns der
Möglichkeit der Synthesis a priori versichert. Damit aber stehen
wir nunmehr vor der entscheidenden kritischen Grundfrage.
„ W i e werden e m p i r i s c h e u n d synthetische U r t e i l e a l l ‑
gemein? Haben w i r n i c h t e t w a ausser den p r i n c i p i i s
f o r m a l i b u s der r a t i o n a l e n Sätze n o c h f o r m a l i a d e r syn‑
t h e t i s c h e n u n d empirischen? Imgleichen hat man nicht
ebenso p r i n c i p i a f o r m a l i a der Realverknüpfung als d e r
logischen?“ (Refl. 4%.) An die Stelle der „materialen Grund‑
sätze“, die in der Preisschrift dem Satz der Identität und des Wi‑
derspruchs gegenübergestellt wurden, sind jetzt reine F o r m ‑
p r i n z i p i e n der Erfahrung und der mathematischen Erkenntnis
getreten: und sie sind es nunmehr, die die „Grundlage und Festig‑
keit der menschlichen Vernunft“ ausmachen. (Vgl. ob. S. 471.)

Digilized hy Google
<
D
Die Allgemeinheis der synthetischen
i e Allgemeinheit Grundsätze.
synshetischen Grundsätze. 487
487

Der Angriff Humes


Der ist abgewehrt,
Humes ist sofern jetzt die
abgewehrt, sofern die „Vernunft“
„Vernunft"
einen positiven
einen positiven Inhalt gewonnen hat:
Inhalt gewonnen neben der L o ggii kk beginnt
hat: neben beginnt
eine allgemeine synthetische
eine allgemeine o r m e n l e h r e der E
synthetische FFormenlehre rkenntnis
Erkenntnis
zu
z u eerstehen.
rstehen. ‑

V.
I V.
Die „Träume
Die „Träume eines Geistersehers" haben,
eines Geistersehers“ haben, indem sie scheinbar
indem sie
nur den Gedankengängen
n u r den Swedenborgs und
Gedankengängen Swedenborgs und der spekulativen
spekulativen
Mystik folgten,
Mystik ein Problem
folgten, ein berührt, das
Problem berührt, das auch innerhalb der
auch innerhalb der
exakten Naturwissenschaft
exakten Naturwissenschaft selbst selbst noch
noch nicht zur endgültigen‑
nicht zur endgültigen
Entscheidung gelangt
Entscheidung war. Um
gelangt war. Um die Möglichkeit der F e r n k r ääff t ee
die Möglichkeit
zu
zu erweisen,
erweisen, hatten sich Newton
hatten sich wie C
Newton wie auf die
l a r k e auf
Clarke die Vermittlung
Vermittlung
eines unstofflichen „spirituellen"
eines unstofflichen Mediums berufen,
„spirituellen“ Mediums berufen, das
das den Welt-
d e nWelt‑
raum allseitig
raum durchdringen und
allseitig durchdringen hierdurch die
und hierdurch die Fortpflanzung
Fortpflanzung
jeder Wirkung Wirkung auf auf entfernte Stellen erklären
entfernte Stellen erklären sollte.
sollte. Und Und diese diese
Annahme,
Annabme, die die innerhalb
innerhalb der PhysikPhysik nnur zögernd und
u r zögernd und hypothetisch
hypothetisch
auftrat, gewann
auftrat, gewann in der der Psychologie
Psychologie und und Theologie,
Theologie, in der Seelen‑ Seelen-
uund
nd G Gottesiehre
o t t e s l e h r e festere Gestalt. Um
festere Gestalt. U m died i e Gemeinschaft
G e m e i n s c h a f t Gottes
Gottes
miti t der Welt,
m Welt, sowie sowie der Seele Seele m miti t dem Körper zu
dem Körper zu verstehen,
verstehen,
müssen w
znüssen wir i rdie
die beiden Glieder in ein
beiden Glieder ein Verhältnis
Verhältnis der r ä uu m mll i c h e e nn
Gegen wart zu
Gegenwart einander setzen.
zu einander setzen. Wie Wie die die Seele
Seele vermöge
vermöge ihres ihres
Sitzes im Gehirn
Sitzes Gehirn die Bilder der
die Bilder Dinge, die
der Dinge, hier erzeugt werden,
die hier werden,
unmittelbar wahrnimmt,
unmittelbar wahrnimmt, so soll die
so soll die göttliche Substanz Substanz durch durch
das
das gesamtegesamte Universum gleichmässig verbreitet
Universum gleichmässig verbreitet seinsein undund kraftkraft
dieser ihrer
dieser ihrer Allgegenwart
Allgegenwart die die Wesenheit aller Dinge Dinge in sich sich be‑ be-
ffassen u n d eerkennen.
a s s e n und rkennen. (S.
(S. ob.
ob. S S.
. 361 ff. u.
361ff. u. 437.)
437.)
So
So vereinen
vereinen sich nunmehr Physik
sich nunmehr Physik und und Metaphysik,
Metaphysik, so so be‑ be-
gegnen sich die empirische Forschung, wie die Monadenlehre in
gegnen sich die empirische Forschung, wie die Monadenlehre
der
der E i n eenn Frage Frage nach dem Ve r hh äälltt nnii ss der
nach dem d e r imm m aatt eerrii eell l e
e nn
Substanzen
Substanzen zzum Raume. Und
u m Raume. dass diese
Und dass diese Frage
Frage es es ist,
ist, die die
auch
auch den theoretischen Mittelpunkt
den theoretischen Mittelpunkt der „Träume eines
der „Träume Geister‑
eines Geister-
sehers“
s e h e r s aausmacht: dies spricht
u s m a c h t : dies spricht Kant selbst in einem
Kant selbst einem Briefe
Briefe an an
Mendelssohn
Mendelssohn aus. „Meiner Meinung
aus. „Meiner Meinung nach nach kommt kommt alles alles darauf
an,
an, die die data
data zu zu dem Problem aufzusuchen:
dem Problem aufzusuchen: w wiei e iist
st d die Seele
i e Seele
iinn dder e r We
Welt l t ggegenwärtig,
e g e n w ä r t i g , ssoo wohl
wohl den materiellen Naturen,
den materiellen Naturen, als als
denen anderen
denen anderen von von ihrer Art." (X,
ihrer Art.* 68.) Diese
(X, 68) Untersuchung
Diese Untersuchung
“ aber
aber muss muss nach nach der der Wandlung,
Wandlung, die die nunmehr
nunmehr Begriff Begriff undund Aufgabe
Aufgabe

Drailrdhty Google
Google
Digilized hy
<
488 Die Entstehung der kritischen Philosophie.

der Metaphysik erfahren haben, eine völlig neue Richtung nehmen.


Die Metaphysik handelt nicht mehr von den absoluten Dingen,
sondern sie ist die Lehre v o n der Beschaffenheit und von den
Grenzen der m e n s c h l i c h e n Vernunft. Die Frage wird somit,
wenn wir sie in der Tat bis in ibre letzten „ D a t a “ auflösen und
zurückverfolgen, nicht mehr lauten können, wie die für sich be‑
stehenden Substanzen sich im Raume vereinigen und auf einander
wirken können; sondern sie wird darauf gerichtet sein müssen,
wie unsere E r k e n n t n i s der Substanzen sich z u unserer r ä u m ‑
l i c h e n E r k e n n t n i s verhält. E s ist müssig, nach dem inneren
Wesenszusammenhang der Geisterwelt und Körperwelt zu forschen;
aber das Problem ist nicht abzuweisen, wie unsere sinnliche A n ‑
schauung, die uns über die empirische Verknüpfung der Natur
belehrt, sich z u den reinen Ve r n u n f t b e g r i f f e n verhält, kraft
deren wir, über die empirische Wirklichkeit hinausgehend, eine
„intelligible* Ordnung der Zwecke erdenken. ‑
Der erste Schritt in dieser Untersuchung muss in einer k r i ‑
tischen Zergliederung des R a u m b e g r i ff s bestehen. In der Tat
ist es diese Aufgabe, die von Kant in der Epoche, die den „Träu‑
men eines Geistersehers“ folgt, von allen Seiten her in Angrift
genommen wird. Es ist bezeichnend für die Weite des h i s t o ‑
r i s c h e n Blickes, die er nunmehr erlangt hat, dass in der einge‑
henden sachlichen Prüfung, die jetzt einsetzt, keine einzige der
mannigfachen geschichtlichen Tendenzen, die sich in der Deu‑
tung des Raumbegriffs entgegenstanden, unberücksichtigt bleibt.
Die „Reflexionen“ liefern den bündigen Beweis, dass alle die ver‑
schiedenen Argumente, dass alle Gründe und Gegengründe, die
in dieser Frage gewechselt werden waren, von Kant gekannt
und erwogen werden. Sein Blick bleibt vornehmlich auf die
prinzipielle Grundlegung der Geometrie und Mechanik gerichtet;
aber er umfasst zugleich all die andern grossen Gedankenkreise,
die wir gesondert in ihrer Entstehung und Ausbildung verfolgt
haben. (S. ob. Buch VI, Kap. 2) Neben den Fragen der empi‑
rischen Forschung werden die der Naturphilosophie, neben denen
der erkenntnistheoretischen Analyse die der spekulativen Theologie
der Betrachtung unterworfen. Keine geschichtliche Anregung
wird verschmäht; aber keiner gibt sich Kant ganz gefangen.
Wo eine feste und endgültige Entscheidung getroffen zu sein

Digilized hy Google
<
Der absolute Raum
D e r absolute und die
Raum und die Geometrie.
Geometrie. 489
489

scheint, da
scheint, tritt iihr
da tritt alsbald die
h r alsbald die Gegenansicht
Gegenansicht von neuem gegen‑
von neuem gegen-
über
über und macht iihr
und macht h r das Recht streitig.
das Recht streitig. Es ist jene
Es ist Epoche, die
jene Epoche, die
Kant selbst charakterisiert
Kant selbst charakterisiert hat. hat. „Ich „Ich sah anfänglich diesen
s a h anfänglich diesen Lehr‑
Lehr-
begriff
begriff nnur u r in einer Dämmerung.
Dämmerung. IIch c h versuchte es es ganz ernstlich,
ernstlich,
Sätze
Sätze zu zu beweisen
beweisen und und ihr i h r Gegenteil,
Gegenleil, nicht nicht um eine Zweifellebre
eine Zweifellehre
zu errichten, sondern
zu errichten, sondern weil weil ich ich eine
eine Illusion
Illusion des Verstandes
Verstandes ver‑ ver-
mutete,
mutete, zu zu entdecken,
entdecken, worin worin sie stäcke. Das
sie stäcke. Das Jahr 69 69 gab m mirir
grosses Licht.»
grosses Licht.“ (Refl.(Refl. 4.)4.)
Einen ersten
Einen ersten H a l t p u n k t innerhalb
Haltpunkt i n n e r h a l b dieser gedanklichen
gedanklichen Be‑ Be-
wegung scheint
wegung scheint wiederum
wiederum die Methode und
die Methode und das Ergebnis der
das Ergebnis
Newtonischen
N e w t o n i s c h e n Wissenschaft
W i s s e n s c h a f t zu gewähren. IIhr
zu gewähren. h r wendet sich sich
daher Kant Kant nunmehr
nunmehr von von neuemneuem zu; zu; aber er tritt tritt iihr
h r nicht
nicht mehr
mehr
Schüler, sondern
als Schüler,
als sondern als als selbständiger philosophischer Denker
selbständiger philosophischer Denker
gegenüber, der die
gegenüber, gewonnenen Resultate
die gewonnenen Resultate m miti t neuen Gründen zu
neuen Gründen zu
sucht. Wenn
stützen sucht.
stützen Wenn E uu ll eerr den den Begriff
Begriff des des absoluten
a b s o l u t e n Raumes
Raumes
dadurch als
dadurch gültig zu
als gültig erweisen suchte,
zu erweisen suchte, dass dass er ihn ihn als als latente
latente
und unentbehrliche Bedingung
und unentbebrliche Bedingung für für den den Bestand
Bestand der obersten obersten
Bewegungsgesetze nachwies,
Bewegungsgesetze nachwies, so soll jetzt
so soll jetzt das gleiche Verfahren
das gleiche Verfahren
um einen Schritt
um einen Schritt weiter zurückverfolgt werden.
weiter zurückverfolgt werden. Nicht Nicht nnur u r das
Faktum
Faktum der der Mechanik,
Mechanik, 'sondern sondern bereits bereits das der Geometrie Geometrie
enthält
enthält -‐ wie wie diedie Schrift
Schrift „von „von dem dem ersten ersten Grunde
Grunde des des Unter‑
Unter-
schiedes der
schiedes der Gegenden
Gegenden im Raume™ Raume“ (1768) (1768) ausspricht ‐- den zwin-
den zwin‑
genden Beweis
genden Beweis für für die Wahrheit der Newtonischen
die Wahrheit Newtonischen Voraussetz‑
Voraussetz-
uungen.
n g e n . .In
„ I n den anschauenden Urteilen
den anschauenden Urteilen der Ausdehnung,Ausdehnung, der‑ der-
gleichen die
gleichen Messkunst enthält“
die Messkunst enthält liegt liegt die GewährGewähr dafür, dafür, „dass der
absolute Raum
absolute Raum unabhängig
u n a b h ä n g i g vvon dem Dasein
o n dem Dasein a l l e r MaterieMaterie
u nndd selbst
selbst als als der der erste e r s t e Grund
G r u n d der M Möglichkeit
ö g l i c h k e i t iihrer
hrer
Zusammensetzung eeine
Zusammensetzung i n e eigene Realität habe.“
eigene Realität habe" Denn Denn die die
Geometrie liefert
Geometrie liefert uns bestimmte räumliche
uns bestimmte Verhältnisse und
räumliche Verhältnisse und gibt
gibt
uns
uns das das Beispiel bestimmter räumlicher
Beispiel bestimmter räumlicher Unterscheidungen,
Unterscheidungen,
sich in keiner
die sich
die keiner Weise
Weise als blosse Unterschiede
als blosse Unterschiede in der wechsel‑ wechsel-
seitigen
seitigen Lage Lage der der Teile
Teile eines eines Körpers auffassen und
Körpers auffassen und deutlich
deutlich
machen
machen lassen. lassen. Zwei Zwei GebildeGebilde können vollkommen ähnlich,
können vollkommen ähnlich,
können
können also also in der der A n o r d n u n g , die
Anordnung, die ihreihre Teile
Teile untereinander
untereinander
aufweisen, identisch sein,
aufweisen, identisch sein, ohne ohne dochdoch jemals
jemals zur DeckungDeckung gebracht
gebracht
werden zu
werden zu können; ohne also
k ö n n e n ; ohne also als als „Räume“
„Räume" dasselbedasselbe zu zu bedeuten.
bedeuten.
Die Art,
Die Art, in der Kant diesen Gedanken
Kant diesen Gedanken am am Beispiel
Beispiel der „inkon‑ „inkon-
gruenten Gegenstücke“ durchführt,
gruenten Gegenstücke" durchführt, ist ist bekannt.
bekannt. Das Das eigentüm‑
eigentüm-

Drilandth Google
Google
Digilized hy
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490 Die Entstehung der kritischen Philosophie.

liche und spezifische Merkmal, das die Differenz der rechten und
der linken Hand ausmacht, liegt nicht in irgend einer Beschaffen‑
heit der beiden Hände selbst, noch im Verhältnis ihrer einzelnen
Teile; vielmehr müssen w i r zu seiner Feststellung die beiden
Körper gegen das Ganze des Raumes halten, so wie i h n sich
die Messkünstler denken. „Es ist hieraus klar, dass nicht die
Bestimmungen des Raumes Folgen von den Lagen der Theile der
Materie gegen einander, sondern diese Folgen von jenen sein, und
dass also in der Beschaffenheit der Körper Unterschiede ange‑
troffen werden können, und zwar wahre Unterschiede, die sich
lediglich auf den absoluten und u r s p r ü n g l i c h e n R a u m be‑
ziehen, weil n u r durch i h n das Verhältniss körperlicher Dinge
möglich ist.“ (II, 383.)
Aber welche. „Evidenz“ diese Lösung, die sich lediglich auf
die Grundtatsachen der Geometrie selber stützt, auch zu besitzen
scheint: sie ist und bleibt darum nicht minder paradox. Wie
E u l e r vermag Kant „den Begriff des Raumes, so wie ihn der
Messkünstler denkt und auch scharfsinnige Philosophen ihn in
den Lehrbegriff der Naturwissenschaften aufgenommen haben“
nicht als ein „blosses Gedankending“ anzusehen; aber wie dieser
muss er zugleich zugestehen, „dass es nicht an Schwierigkeiten fehlt,
die diesen Begriff umgeben, wenn man seine Realität, welche dem
innern Sinn anschauend genug ist, durch Vernunftideen fassen
will.“ (Vgl. ob.S 357.) Der absolute Raum ist kein Gegenstand
der Erfahrung oder der „äusseren Empfindung‘; er entzieht sich
somit den Erkenntnismitteln, über die die empirische Wissen‑
schaft sonst allein verfügt. So stehen wir hier vor dem gleichen
Widerstreit, der in Newions und Eulers Lehre bereits unauf‑
haltsam zutage trat: was zur Bedingung aller unserer Erkenntnis
gemacht wird, das ist seinem eigentlichen Wesen nach selbst ‑
unerkennbar. Und noch andere schwierigere Probleme drängen
sich nunmehr hervor. Wenn R a u m und Z e i t ein gesondertes
dingliches Dasein besitzen, das dem Sein der Dinge voraufgeht,
so ist die Frage nicht abzuweisen, auf welche Weise diese leeren .
Schemen m i t realem Gehalt erfüllt wurden, auf welche Art die
O b j e k t e nachträglich zu ihnen hinzugebracht und in ihnen ge‑
ordnet worden sind. Es ist nichts Geringeres als eine wirkliche
Schöpfung, die hierzu erfordert zu werden scheint. Geben wir

Digilized hy Google
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Idealität des
Die Idealität
Die Raumes und
des Raumes und der Zeit. ‐- Die
der Zeit. Die Antinomien.
Antinomien. 491
491

aber einmal
aber einmal dem dem Gedanken
Gedanken der Schöpfung Raum,
der Schöpfung Raum, so sehen w
so sehen wirir
uns damit in unlösliche
uns Schwierigkeiten verstrickt.
unlösliche Schwierigkeiten verstrickt. Alle Alle jenejene
Zweifel, die
Zweifel, die im Streite Streite zwischen
zwischen Leibniz Leibniz und Newton so
und Newton so aus‑
aus-
führlich
führlich erörterterörtert wordenworden waren, waren, tretentreten jetzt von von neuem
neuem vor vor unsuns
hin.
hin. Wir W i r müssen
müssen einen ‚bestimmten Z e i t p u n k t für die
einen bestimmten die Ent‑Ent-
stehung der Dinge
stehung annehmen und
Dinge annehmen können doch,
und können doch, da da die leereleere ZeitZeit
als keine bestimmenden
solche keine
als solche bestimmenden und und unterscheidenden
unterscheidenden Gründe Gründe in
enthält, keinem
sich enthält,
sich keinem Moment Moment den den Vorzug
Vorzug vor einem einem beliebigen
beliebigen
einräumen; wir müssen
anderen einräumen;
anderen müssen dem dem körperlichen
körperlichen Universum Universum
i n e n ffesten
eeinen esten O O rr tt iinnerhalb d e s uunendlichen
n n e r b a l b des R a u m e s zuschreiben
n e n d l i c h e n Raumes zuschreiben
und andererseits dennoch
und andererseits dennoch zugestehen,
zugestehen, dass dass Beziehungen
Beziehungen des des Ortes
Ortes
und
und des des Abstandes
Abstandes zwischen zwischen den den Teilen
Te i l e n des des Alls,Alls, nicht
nicht aber für für
das Weltganze
das stattfinden können.%)
We l t g a n z e stattfinden können.24) Das Das Problem
Problem des des Raumes
Raumes
und
und der der Zeit wandelt sich,
Zeit wandelt sich, bei bei schärferer Betrachtung Betrachtung und und Zer‑Zer-
gliederung, in das P
gliederung, r o b l e m der Antinomien.
Problem Antinomien.
Mit
Mit der Erkenntnis der
der Erkenntnis der neuen Frage aber war zugleich
neuen Frage zugleich deren deren
kritische
kritische Lösung Lösung gegeben: gegeben: die die Antinomien
Antinomien finden ihre ihre Auf‑ Auf-
hellung und ihre
hellung und ihre Bewältigung Bewältigung in der Lehre v o n der
Lehre von d e r Idealität I d e a l ität
des
des RaumesRaumes und u n d der der Z Zeit2)
e i t . ) Die
Die Schwierigkeiten
Schwierigkeiten schwinden, schwinden,
wenn wir
wenn wir Raum
Raum und und Zeit nicht nicht mehr mehr als als gegebene
gegebene äussere äussere Ob‑ Ob-
jekte betrachten,
betrachten, sondern sondern sie sie als reine FFormen
als reine o r m e n und und M i t t e l der
Mittel
Erkenntnis begreifen, kraft
Erkenntnis begreifen, deren wir
kraft deren wir die unbestimmte Mannig‑
die unbestimmte. Mannig-
faltigkeit
faltigkeit der der Empfindungen
Empfindungen ordnen ordnen und und zu systematischer Ein‑
zu systematischer Ein-
heit verknüpfen.
heit verknüpfen. So So widerspruchsvoll
widerspruchsvoll beide beide erscheinen,
erscheinen, solange solange
m aann ssie
m i e aals s i c h bestehende
l s f ü rr sich b e s t e h e n d e ssubstantielle We s e n h e i t e n oder
u b s t a n t i e l l e Wesenheiten oder
als Beschaffenheiten
als Beschaffenheiten der der Dinge ansieht, so
Dinge ansieht, so klarklar und und durchsichtig
durchsichtig
werden sie,
werden sobald man
sie, sobald man in ihnen Begriffe und
ihnen Begriffe und Erzeugnisse
Erzeugnisse des
rr e
e i ne e nn Verstandes
V e r s t a n d e s eerkennt. Denn in
r k e n n t . Denn d i e s e r Bedeutung,
in dieser Bedeutung, nicht nicht
aber als
aber als Formen S i n n l i c h k e i t , treten
Formen der Sinnlichkeit, treten uns uns Raum
Raum und und Zeit Zeit
nunmehr entgegen.
nunmehr entgegen. „Einige „Einige BegriffeBegriffe sindsind von von den den Empfindungen
Empfindungen
abstrahiert;
abstrahiert; andere andere bloss von v o n dem
dem GesetzeGesetze des Verstandes, Verstandes,
die abstrahierten
die abstrahierten Begriffe Begriffe zu zu vergleichen,
vergleichen, zu zu verbinden
verbinden und und zu zu
trennen. Der
trennen. Der letzteren
letzteren UrsprungUrsprung ist ist im Verstande;
Verstande; der ersteren ersteren
in den Sinnen. Alle
den Sinnen. Alle Begriffe
Begriffe von solcher Art
von solcher heissen r e i n ee Ver‑
Art heissen Ve r -
sstandesbegriffe: o n c e p t u s i nn t e l l ee c t u ss p uurrii.. Zwar können
t a n d e s b e g r i f f e : cconceptus können
w
wir i r nur b e i Gelegenbeit
n u r bei Gelegenheit dder s i n n l i c h e n Empfindungen
e r sinnlichen
diese Tätigkeiten
diese Tätigkeiten des Verstandesdes Verstandes in Bewegung setzen,
Bewegung setzen, und und uns uns
gewisser BegriffeBegriffe von von den den allgemeinen Verhältnissen abstrahierter
allgemeinen Verhältnissen

Oarltndhy Google
Google
Digilized hy
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492 Die Entstehung der kritischen Philosophie.

Ideen nach Gesetzen des Verstandes bewusst werden; und so gilt


auch hier L o c k e s Regel, dass ohne sinnliche Empfindung keine
Idee in uns klar wird; aber die notiones rationales entspringen
wohl v e r m i t t e l s t der Empfindungen, und können n u r in Appli‑
cation auf die von ihven abstrahierten Ideen gedacht werden,
aber sie liegen n i c h t in i h n e n u n d s i n d n i c h t v o n i h n e n
abstrabiert; so wie wir in der Geometrie die Idee vom Raume
nicht von der Empfindung ausgedehnter Wesen entlehnen, ob
w i r diesen Begriff n u r b e i Gelegenheit der Empfindungen
körperlicher Dinge k l a r machen können. Daher ist d i e Idee
des Raumes n o t i o i n t e l l e c t u s p u r i , welche auf die abstra‑
hierte Idee der Berge und der Fässer kann angewandt werden.“
(Refl. 513.)%)
So ist der Raum ‐ und m i t i h m die Zeit, die i h m alsbald
in gleicher Bedeutung an die Seite gestellt wird (vergl. Refl. 1238)
‐ ein reines Gebilde des „intellectus ipse“, der hier durchaus
im Leibnizischen Sinne verstanden und erläutert wird. Man
sieht, dass Kant das Grundproblem der „Nouveaux Essais“, die
im Jahre 1765 erschienen waren, nunmehr ergriffen und für sich
selbst entschieden hat. In dem Streit zwischen Locke und Leib‑
niz steht er bewusst und ohne Einschränkung auf seiten des
Letzteren.) Aber es handelt sich hier um keine passive An‑
lehnung an ihn, noch um einen bloss äusseren „Anstoss“, den
er von Leibniz’ erkenntnistheoretischem Grundwerk erhalten
hätte. Der Weg, der i h n zu seiner Entscheidung hinführen
musste, war i h m vielmehr in der eigenen vorangehenden Problem‑
stellung klar vorgezeichnet. Die Frage: w i e werden empi‑
r i s c h e u n d synthetische U r t e i l e allgemein? hatte sich i h m
bereits in aller Bestimmitheit gestellt; der Plan einer rationalen
Wissenschaft, die die synthetischen Grundformen aller unserer
Erkenntnis aussondern und zu systematischer Ordnung ver‑
knüpfen sollte, war bereits im allgemeinsten Umriss konzipiert.
(s.$S. 486 f.) Dieser Plan w a r es, der nunmehr durch Leibniz’
Werk der Erfüllung unmittelbar nahe gerückt schien.®) Die
Art, in der Kant jetzt den Begriff und die Gesamtaufgabe der Me‑
taphysik bestimmt, erinnert bis ins Einzelne an die Darstellung,
die in den „Nouveaux Essais“ gegeben war. „ D i e Philosophie
ü b e r d i e Begriffe des intellectus p u r i i s t die Meta‑

Digilized hy Google
<
Raum
Raum und als Verstandesbegriffe.
und Zeit als Verstandesbegriffe. 498
498

pphysik;
h y s i k ; sie sie verhält übrigen Philosophie,
sich zur übrigen
verhält sich Philosophie, wie die ma‑ ma-
thesis
thesis purapura zur mathesis applicata. Die
mathesis applicata. Begriffedes
Die Begriffe des Daseins
Daseins (Re‑(Re-
alität), der
alität), der Möglichkeit,
Möglichkeit, dder’ Notwendigkeit, des Grundes,
e r ' Notwendigkeit, Grundes, der
Einheit und
Einheit und Vielheit,
Vielheit, derder Teile,
Teile, Alles,
Alles, Keines,
Keines, des Zusammenge‑
Zusammenge-
setzten und
setzten und Einfachen,
Einfachen, des des Raumes,
Raumes, der d e r Zeit,
Zeit, der Veränderung,
Veränderung,
der Bewegung,
der Bewegung, der Substanz und
der Substanz und desdes Accidens,
Accidens, der Kraft Kraft undund derder
Handlung
Handlung und und alles was zur
alles was eigentlichen Ontologie
zur eigentlichen Ontologie gehört,gehört, ist ist
im Verhältnis
Verhältnis auf die übrige
auf die Metaphysik, w
übrige Metaphysik, wieie d i e aallgemeine
die llgemeine
A r i t h m e t i k in
Arithmetik in d e r mathesi
der mathesi ppura." (ibid., Refl.
u r a . “ (ibid., 513.)2) FFür
Refl. 513.)%) ür
die neue
die Stellung, die
neue Stellung, die Raum
Raum und und Zeit gewonnen haben,
Zeit jetzt gewonnen haben,
kann
kann nichtsnichts charakteristischer
charakteristischer sein, sein, als als die Umgebung, in der
die Umgebung, der
sie
sie uns begegnen. Jetzt handelt
hier begegnen.
uns hier handelt es sich nicht
es sich m e h r in erster
nicht mehr
Linie darum, iibr
Linie darum, h r Verhältnis
Verhältnis zu den empirischen
zu den empirischen D i n g e n zu
Dingen zu be‑
be-
stimmen,
stimmen, sondern sondern ihnenihnen in dem dem allgemeinen
allgemeinen System System der B Be-e‑
dingungen
dingungen der der Erkenntnis
Erkenntnis ihren ihren logischen
logischen Ort zuzuweisen. Sie
Ort zuzuweisen. Sie
sind ihrer
sind ihrer allgemeinen Funktion und
allgemeinen Funktion Bedeutung nach
und Bedeutung nach „objek‑
„objek-
tive e G Grundsätze
r u n d s ä t z e der
der S Synthesis“; wobei sie
y n t h e s i s " ; wobei sie sich
sich vonvon den den
übrigen
übrigen reinen
reinen Begriffen
Begriffen nur
n u r dadurch
dadurch unterscheiden,
unterscheiden, dass sie
sie ledig-
ledig‑
lich
lich die die Verknüpfung
Verknüpfung im Beisammen Beisammen und Nacheinander betreffen,
und Nacheinander betreffen,
während
während jene sich auf das „qualitative" Verhältnis der Ueber- und
sich auf das „qualitative“ Verhältnis der Ueber- und
Unterordnung und
Unterordnung und derder wechselseitigen Abhängigkeit der Er‑
wechselseitigen Abhängigkeit Er-
scheinungen beziehen.
scheinungen beziehen.%) 8) Raum
Raum und und Zeit Zeit sind
sind somit
somit -‐ um um es es
in der
der Sprache
Sprache der der vollendeten krilischen Lehre
vollendeten kritischen Lehre zu zu bezeichnen
bezeichnen
‐ demdem System
System der der synthetischen
synthetischen Grundsätze eingereiht; aber sie
Grundsätze eingereiht; sie
nehmen
nebmen insoferninsofern eine Sonderstellung ein,
eine Sonderstellung ein, als sie den
als sie den Inbegriff
Inbegrift
der mathematischen
der Grundsätze, im
m a t h e m a t i s c h e n Grundsätze, im Unterschied
Unterschied von von denden
„dynamischen“ Grundsätzen
„dynamischen" Grundsätzen der Substanz und
der Substanz und Kausalität,
Kausalität, aus‑ aus-
machen.®!)
m a c h e n . 81)
Erst allmählich tritt
Erst allmählich sodann die
tritt sodann Loslösung der
die Loslösung „Formen der
d e r „Formen
Anschauung“
Anschauung" von von dem gemeinsamen Grund
d e r gemeinsamen Grund und Boden der
und Boden der In‑
In-
tellektualbegriffe ein.
tellektualbegriffe ein. Dass
Dass es es ihm
ihm erst erst „nach langem Nachden‑
„nach langem Nachden-
ken gelang,
ken gelang, die die sinnlichen
sinnlichen Elementarbegriffe
Elementarbegriffe von von den
den intellektu‑
intellektu-
ellen zu scheiden*, hat
ellen zu scheiden", hat Kant selber Kant selber in den Prolegomenen erklärt.
den Prolegomenen erklärt.
- Ein
Ein M o t i v dieser
Motiv dieser Trennung
Trennung n nun lässt sich
u n lässt bereits in den
sich bereits den frühe‑
frühe-
ren Versuchen
ren Versuchen und und Ansätzen
Ansätzen deutlich erkennen. Es
deutlich erkennen. Es istist unmög‑
unmög-
lich, Raum
lich, Raum und und Zeit, die die
Zeit, die die ersten
ersten und ursprünglichen Grund‑
und ursprünglichen Grund-
formen
formen sind, sind, in in denen
denen sich
sich uns
uns diedie konkreten empirischen Gegen-
konkreten empirischen Gegen‑
stände ordnen, mit
stände ordnen, Begriffen, wie
mit Begriffen, Möglichkeit und
wie Möglichkeit und Notwendigkeit,
Notwendigkeit,

Dairlndhty Google
Google
Digilized hy
<
4494
94 Die
Die Entstehung kritischen Philosophie.
Entstehung der kritischen Philosophie.

die lediglich
die lediglich ein
ein logisches Verhältnis zum
logisches Verhältnis urteilenden Subjekt
zum urteilenden Subjekt
aussagen, unmittelbar auf eine Stufe zu stellen.
aussagen, unmittelbar auf eine Stufe zu stellen. So
S o treten
t r e t e n z uu-‑
nächst den allgemeinen
nächst den allgemeinen Vernunftbegriffen
Vernunftbegriffen die
die E inzelbegriffe
Einzelbegriffe
(conceptus gegenüber. Zu diesen
singulares) gegenüber.
(conceptus singulares) diesen letzteren
letzteren sind sind Raum
Raum
und
und Zeit zu zu zählen,
zählen, da da es es n uurr EEini n einheitliches
einheitliches Ganze Ganze des des Raumes
Raumes
und
und der Zeit Zeit gibt, welchem jede begrenzte
gibt, in welchem Ausdehnung und
begrenzte Ausdehnung und
jede n d l i c h e Dauer
j e d e eendliche D a u e r als Te iill enthalten
a l s Te i s t . & Und
e n t h a l t e n ist.%) d i e s e ihre
U n d diese i h r e aus‑
aus-
zeichnende
zeichnende Eigentümlichkeit
Eigentümlichkeit ist ist es denn auch,
es denn auch, kraft deren beide
kraft deren beide
nunmehr
nunmehr als „Anschauungen" bezeichnet
als „Anschauungen“ bezeichnet und und vonvon den
den aabstrak-
bstrak‑
ten
t e n Gattungsbegriffen
Gattungsbegriffen abgesondert abgesondert werden. werden. Aber Aber die Beson‑
die Beson-
derheit
derheit des des IInhalts,
n h a l t s , der
der in ihnen vorgestellt wird,
ihnen vorgestellt wird, bleibt
bleibt zu‑ zu-
nächst auf
nächst auf die Charakteristik dessen,
die Charakteristik dessen, was was sie sie als
als Erkenntnisart
Erkenntnisart
bedeuten,
bedeuten, ohne bestimmenden Einfluss.
ohne bestimmenden Einfluss. Raum Raum und und ZeitZeit unter‑
unter-
scheiden
scheiden sich ihrem Gegenstand,
sich ihrem Gegenstand, nicht nicht aber dem dem eigentümlichen
eigentümlichen
Prinzip der Gewissheit
Prinzip Gewissheit nach nach von von den übrigen Verstandesbe‑
den übrigen Verstandesbe-
griffen:
griffen: sie sind, wie
sie sind, wie es einem bezeichnenden
es in einem bezeichnenden zusammenfassen‑
zusammenfassen-
Ausdruck heisst,
den Ausdruck
den „reine B
heisst, „reine e g r i ff e der Anschauungen.“.
Begriffe Anschauungen.".
(Refl. 275.)
(Refl. „Alle menschlichen
275.) „Alle menschlichen Erkenntnisse
Erkenntnisse lassen lassen sichsich in zwei zwei
Hauptgattungen
Hauptgattungen einteilen: einteilen: 1) 1) die,
die, so aus den
so aus Sinnen entspringen
den Sinnen entspringen
und
und empirisch genannt werden,
empirisch genannt werden, 2) die gar nicht
2) die nicht durchdurch die Sinne Sinne
erworben werden, sondern
erworben werden, sondern ihren Grund ihren Grund in der beständigen
beständigen
N aattuurr dder e r Denkungskraft
D e n k u n g s k r a f t der Seele haben
d e r Seele und können
h a b e n und können reine reine
Vorstellungen genannt
Vorstellungen genannt werden ...
werden . . . Die Form der Erscheinungen
Die Form Erscheinungen
beruht lediglich
beruht lediglich auf Raum und
auf Raum und Zeit,
Zeit, undund diese Begriffe
Begriffe entsprin‑
entsprin-
gen
gen durch durch keine Sinne oder
keine Sinne oder Empfindung,
Empfindung, sondern sondern beruben
beruhen auf auf
der N a t u r des
Natur Gemüts, nach
des Gemüts, welcher die
nach welcher die verschiedenen
verschiedenen Em‑ Em-
pfindungen
pfindungen unter unter solchen vorgestellt werden
Relationen vorgestellt
solchen Relationen werden können.
können.
Daher
Daher wenn wenn allealle Empfindung
Empfindung der Sinne Sinne beiseite gesetzt ist,
beiseite gesetzt ist, so
so ist
ist
der des Raumes
der Raumes und (der) Zeit
und (der) Zeit eein einer B
i n rreiner e g r i f f der A
Begriff n‑
An-
s c hhaauuuunngg und h m alles
weil iinn iihm
und weil alles liegt, Verstand iinn E
liegt, was n u rr der Verstand Er-r ‑
fahrung erkennen
fahrung kann, so
erkennen kann, ist er
so ist ein rreiner
er ein e i n e r Verstandesbegriff;
Verstandesbegriff;
und obgleich
und obgleichdie die Erscheinungen
Erscheinungen empirisch empirisch sind, sind, so so ist
ist er doch
doch iinn -‑
tellectual. Ebenso sind
t e l l e c t u a ] . Ebenso sind allgemein gemachte Empfindungen
allgemein gemachte Empfindungen und und
Erscheinungen nicht
Erscheinungen nicht reine, sondern empirische
reine, sondern empirische Vernunftbegriffe.
Vernunftbegriffe.
Wenn
Wenn man man aber alle Wirkung
aber alle Wirkung der Sinne Sinne weglässt,
weglässt, so sind die
so sind
Begriffe der
Begriffe Begriffe
Begriffe reinen Vernunft,
der reinen Vernunft, als: als: möglich,
möglich, Substanz u.s.w.
Substanz u.s.w.
Daber
Daber sind sind alle reinen Begriffe
alle reinen Begriffe iintellectual und iintuitiv,
n t e l l e c t u a l und n t u i t i v, oder
oder
r aatt i o
o nnaall uund
n d reflectierende Begriffe. Ferner
r e fl e c t i e r e n d e Begriffe. F e r n e r sind
sind allealle Er‑
Er-

Dealindhy Google
Google
Digilized hy
<
Anschauung und Begriff.
Anschauung und Begrif. 495
495

kenntnisse entweder
kenntnisse entweder gegeben
gegeben oder oder gedichtet.
gedichtet. Die Materie der
Die Materie der
Erkenntnis
Erkenntnis kann kann nicht gedichtet werden,
nicht gedichtet werden, also also nnur die Form
u r die Form und und
in derder Form
Form nnur u r die
die Wiederholung.
Wiederholung. Also Also gebt geht aalle l l e E r d i cchh•‑
tung d e r Ve
t u n g der a u f die
r n u n f t auf
Vernunft d i e Mathematik;
Mathematik; dagegen dagegen ist ist diedie
Form, welche in der Geometrie
Form, welche in der Geometrie gegeben ist, gegeben ist, der Raum.“
Raum." (Refl. (Refl.
278.) Die
278.) beiden Momente,
Die beiden Momente, die die in der der Kritik
Kritikder reinen reinen Vernunft
einander entgegenstehen, sind somit hier noch reine Wechselbe‑
einander entgegenstehen, sind somit hier noch reine Wechselbe-
griffe; das
griffe; „Intuitive“ bildet
das „Intuitive" bildet nicht nicht den Gegensatz, sondern
den Gegensatz, sondern eine eine
nähere Bestimmung
nähere Bestimmung des des „Intellektualen“.
„Intellektualen". Und Und so so sehr betont betont
Kant hier
Kant den produktiven
hier den p r o d u k t i v e n SinnSinn der der Anschauungsformen,
Anschauungsformen, dass dass
dafür auf
er dafür
er den Begriff
auf den Begriff der der D Dichtkraft zurückgreift, der,
i c h t k r a f t zurückgreift, der, wiewie
w
wiri r sahen,
sahen, von Aesthetik her
von der Aesthetik her in die allgemeine Erkenntnis‑
die allgemeine Erkenntnis-
lehre eingedrungen war.®)
lehre eingedrungen war.#) Aber Aber freilich
freilich macht m a c h t innerhalb
in ner halb der
Mathematik selbst
Mathematik selbst sich bereits ein
sich bereits Unterschied bemerkbar.
ein Unterschied bemerkbar. Das Das
synthetische Verfahren
freie synthetische
freie Verfahren kommt k o m m t n uurr in der der A r i tthh m eettii kk zu zu
vollkommener Entfaltung
vollkommener Entfaltung und und Ausprägung:
Ausprägung: „dichten „dichten können können wir
keine Verhältnisse,
keine Verhältnisse, von von deren Möglichkeit wir überzeugt
deren Möglichkeit überzeugt sein sein
können,
können, als als der Grösse
Grösse nachnach durch durch Wiederholung
Wiederholung in der Zabl‑ Zahl-
wissenschaft.*%)
wissenschaft,"8) In In die Geometrie dagegen
die Geometrie dagegen spielt bereits bereits ein ein
fremdes Moment
fremdes hinein: die
Moment hinein: die „Anschauung“
„Anschauung" hat hat hier nicht ledig‑
hier nicht ledig-
lich den
lich den Charakter
Charakter des spontanen Entwerfens
des spontanen Entwerfens der Raumgebilde, Raumgebilde,
sondern sie
sondern sie steht steht als
als etwas „Gegebenes“ dem
etwas „Gegebenes" dem Geiste gegenüber. ‑
Geiste gegenüber.
Trotz allen
Trotz allen diesen Ansätzen aber bliebe
diesen Ansätzen bliebe die scharfe und
die scharfe und uun- n‑
aufhebliche Scheidung
aufhebliche Scheidung zwischen
z w i s c h e n den
d e n sinnlichen
s i n n l i c h e n und
u n d imtellektu‑
intellektu-
ellen „Elementarbegriffen“
ellen „Elementarbegriffen" zuletzt zuletzt unverständlich,
unverständlich, wenn wenn man man ihre
ihre
Gründe lediglich iim
Gründe lediglich Problemgebiet der wissenschaftlichen
m Problemgebiet wissenschaftlichen
Erkenntnis
E r k e n n t n i s suchen
suchen wollte.
wollte Hier Hier hättehatte in in der Tat Tat dasdas Ergebnis,
Ergebnis,
zu dem
zu Kant nunmehr
dem Kant nunmehr vorgedrungen
vorgedrungen ist, ist, allen
allen Schwierigkeiten
Schwierigkeiten
genügt: die
genügt: die Begriffe
Begriffe der Anschauung konnten
der Anschauung konnten von von den den allge‑
allge-
meinen unterschieden werden,
Vernunftbegriffen unterschieden
meinen Vernunftbegriffen werden, ohne o h n edarum
darum auf‑auf-
zuhören, derselben
zubören, derselben übergeordneten
übergeordneten Gattung Gattung der der „synthetischen
„synthetischen
Grundbegriffe“ anzugehören.
Grundbegriffe" anzugehören. Es Es ist ist nicht sowohl die
nicht sowohl die Kritik
Kritik der
Wissenschaft,
Wissenschaft, wie wie die Kritik der Metaphysik,
die Kritik Metaphysik, die die an an diesem
diesem
Punkte weiter
Punkte weiter drängt.
drängt. W erinnern uns
Wiri r erinnern uns an an das Problem, Problem, von von
dem Kant
•-dem seinen Ausgang
Kant seinen genommen hatte.
Ausgang genommen hatte. Die Die „Träume
„Träume eines eines
Geistersehers“ hatten
Geistersehers" hatten die die strenge
strenge Grenze zwischen Körperwelt
Grenze zwischen Körperwelt und und
Geisterwelt, zwischen
Geisterwelt, zwischen der der Welt
Welt der wissenschaftlichen Wahrheit
der wissenschaftlichen Wahrbeit
und
und der spekulativen Dichtung
der spekulativen
der der Dichtung gezogen. gezogen. Die Die E rrffaah hr urnugn-‑ g

Digilized hy Google
<
496
496 Die
Die Entstehung
Entstehung der kritischen Philosophie.
der kritischen Philosophie.

so hatten sie
sohatten gelehrt ‐- ist
sie gelehrt das einzige
ist das Kriterium der Gewissheit;
einzige Kriterium Gewissheit;
jede Hypotbese,
Hypothese, die über iihr
die über h r Gebiet hinausgreift, stellt
Gebiet hinausgreift, stellt sichsich da‑ da-
her
her von ausserhalb des
von selber ausserhalb des Gegensatzes
Gegensatzes von von „Wahr“ „Wahr" und und
„Falsch" und
„Falsch“ und kann kann keinen Anspruch mehr erheben,
keinen Anspruch erheben, m miti t logi‑
logi-
schem und
schem philosophischem Maasse
und philosophischem gemessen zu
Maasse gemessen zu werden.
werden. Jetzt Jetzt
dagegen scheint
dagegen scheint diesediese Folgerung aufgehoben; denn
Folgerung aufgehoben; denn besitzenbesitzen w ir
wir
nicht wiederum
nicht wiederum ein ein System
System r e i n eerr Ve r n u nnff t bbeeggrriiff ff ee,, deren
deren
Gültigkeit von
Gültigkeit von der Erfahrung unabhängig
der Erfahrung unabhängig ist ist und
und iihr h r vorausliegt?
Somit wäre
Somit wäre also
also diedie Geisterwelt
Geisterwelt nicht nicht verschlossen; somit somit könn‑ könn-
ten wir,
ten wir, mmiti t dem
dem neuen Hilfsmittel ausgerüstet,
neuen Hilfsmittel ausgerüstet, von von neuemneuem daran daran
gehen, uns
gehen, uns die Verfassung des
die Verfassung Reiches der absoluten
des Reiches absoluten Substanzen
Substanzen
zu enträtseln.
zu enträtseln. Die zwischen dem
Schranke zwischen
Die Schranke dem „Sinnlichen“
„Sinnlichen" und und „In‑„In-
telligiblen“ scheint
telligiblen" scheint nunmehr
nunmehr gefallen
gefallen zu zu sein. Solange die
sein. Solange die Be‑ Be-
g r i f f e des Raumes
griffe des Raumes und und der Zeit m i t dem
Zeit mit dem Begriff B e g r i f f der Substanz
Substanz
logisch noch
logisch noch völligvöllig aufauf einer Stufe Stufe stehen:
stehen: solangesolange kann, kann, wie
es scheint,
es scheint, nichts
nichts uns uns hindern,
hindern, die die Verhältnisse,
Verhältnisse, die die wir zwischenzwischen
räumlichen und
den räumlichen
den und zeitlichen
zeitlichen O b i e k t e n vorfinden,
Objekten unmittelbar
vorfinden, unmittelbar
auf die Welt der
die Welt Substanzen zu
einfachen Substanzen
der einfachen zu überlragen.
übertragen.
Und es
Und es handelt
handelt sich sich hier nicht um eine
hier nicht eine blosse, abstrakt
blosse, abstrakt
erwogene Möglichkeit, sondern
erwogene Möglichkeit, sondern die die Gefahr
Gefahr einer einer derartigen
derartigen Ver‑ Ver-
mischung, die
mischung, die das das „Geistige“
„Geistige" in die die Formen
Formen des Sinnlichen Sinnlichen
zwängt, steht
zwängt, steht Kant deutlich und
Kant deutlich greifbar vor Augen.
und greifbar Augen. Die Die Disser‑
Disser-
tation
tation vom Jahre 1770
vom Jahre zeigt, nebst
1770 zeigt, nebst den den verwandten
verwandten zugehörigen zugehörigen
Reflexionen, die
Reflexionen, die eingehende
eingehende kritische
kritische Beschäfligung
Beschäftigung Kants Kants m miti t
der Raum-
der Raum- und und Gottesiehre
Gotteslehre Newtons und Henry
N e w t o n s und Mores.8) Hier
Henry Mores.®) Hier
aber hatte
aber eben jene
hatte eben jene Umdeutung sinulicher Bestimmungen in ab‑
sinnlicher Bestimmungen ab.
solute und
solute transzendente ihre
und transzendente ihre, typische AusprägungAusprägung gefunden. gefunden.
„Die notwendige Einheit
„Die notwendige Einheit der Zeit Zeit und
und des Raumes ‐- so
des Raumes so schildert
schildert
Kant
Kant selbst selbst in einer späteren Aufzeichnung diesen Prozess ‑
einer späteren Aufzeichnung diesen Prozess
verwandelt
verwandelt sich sich in die die notwendige
notwendige Einheit Einheit eines eines Urwesens,
Urwesens, die die
Unermesslichkeit
Unermesslichkeit der ersteren der ersteren in die Allgenügsamkeit
die Allgenügsamkeit des andern. andern.
Der
Der Anfang
Anfang der Welt in der
der Welt Zeit in den
der Zeit Ursprung derselben,
den Ursprung derselben, die die
Theilbarkeit der
Theilbarkeit der Erscheinungen
Erscheinungen in dasEEinfache.“3) i n f a c h e ,"8) Dieser
Dieser „Ueber‑
„Ueber-
gang“ der
gang" Prinzipien in einander
der Prinzipien einander muss verhindert werden,
muss verbindert werden, wenn wenn
die beiden
die beiden ReicheReiche des des Wissens
Wissens in ihrer ihrer Reinheit
Reinheit bestehen bestehen
bleiben sollen; wenn
bleiben sollen; wenn einerseits
einerseits die Naturwissenschaft vor jedem
die Naturwissenschaft jedem
Eingriff der
Eingriff der Metaphysik
Metaphysik geschützt
geschützt und und auf der anderen anderen Seite Seite der
sittliche
sittliche Vernunftglaube
Vernunftglaube davor davor behütet
behütet werdenwerden soll, soll, sichsich in spiri‑
spiri-

Dgiatinhty Google
Google
Digilized hy
<
Die Scheidung der sinnlichen
Die Scheidung sinnlichen und
und der intelligiblen Welt.
der intelligiblen Welt. 497

tualistische M
tualistische y s t i k aufzulösen.
Mystik aufzulösen. Denn Denn MystikMystik entsteht,
entsteht, nicht nicht wo wo
eine „intelligiblee Welt moralischer
eine „intelligible Welt moralischer Wesen überhaupt ange‑ Wesen überhaupt ange-
o m m e n uund
nnommen n d behauptet
behauptet w o n d e r n wo
i r d , ssondern
wird, i h r e Grenzen
w o ihre Grenzen m m i t tdenen
denen
der empirischen Wirklichkeit
der empirischen Wirklichkeit zusammenfliessen ; wo zusammenfliessen ; wo der Versuch
Versuch
gemacht wird,
gemacht wird, reinereine Vernunftbegriffe
Vernunftbegriffe in Bildern Bildern der der Anschauung
Anschauung
vorstellig zu
vorstellig machen. „Wenn
zu machen. , Wenn ich ich den den mundum
mundum sensibilemsensibilem nach nach
Begriffen des
Begriffen intelligibilis denke,
des intelligibilis denke, so so istist ees mundus mysticus.“
s mundus mysticus."
- (Refl. 1152.) Das
(Refl. 1152.) Das wesentliche
wesentliche Ziel Ziel der der Schrift
Schrift „De „De mundi
mundi sensi‑ sensi-
bilis atque intelligibilis forma
atque intelligibilis forma et et principiis“
principiis« ist daher nicht
ist daher nicht aufauf
die Erschliessung
die E r s c h l i e s s u n g der reinen reinen Gedankenwelt,
Gedankenwelt, sondern sondern auf auf ihre
ihre
Absonderung
Absonderung und und Unterscheidung
Unterscheidung gerichtet. gerichtet. Sie Sie ist ist eine
eine
Probe nicht
Probe sowohl der Metaphysik,
nicht sowobl Metaphysik, wie wie der Propaedeutik
Propaedeutik
zur Metaphysik,
zur Metaphysik, die den Umfang
die den Umfang und Bereich der beiden
und Bereich beiden funda‑ funda-
mentalen E
mentalen r k e n n t n i s q u e l l e n gegen
Erkenntnisquellen gegen einander abzugrenzen abzugrenzen
hat.8r)
hat.?”) „Wenn,Wenn die die Lehre
Lehre von von RaumRaum und Zeit dabei
und Zeit stehen bliebe,
dabei stehen bliebe,
dass es
dass es bloss
bloss Affektionen
Affektionen des Gemüts, keine
des Gemüts, keine objektiven
objektiven Bedin‑ Bedin-
gungen
gungen sind, sind, so so wäre
wäre sie* sie" - ‐ wie wie Kant Kant selbst
selbst gelegentlich
gelegentlich er‑ er-
l ä r t -‐ meine
kklärt „eine subtile, aber w
s u b t i l e , aber e n i g erhebliche Betrach‑
wenig Betrach-
tung.
tung. Dass Dass man man aberaber diese Begriffe darum
diese Begriffe darum nicht nicht über über die die
Grenzen der Sinnlichkeit
Grenzen ausdehnen müsse,
Sinnlichkeit ausdehnen müsse, ist wichtig." (Refl. ist wichtig.“ (Refl.
417.) Noch
417.) N o c h eeinmal
i n m a l hat
h a t Kant s i c h dden
K a n t sich S t r e i t zwischen
e n Streit z w i s c h e n Leibniz
Leibniz
und Newton,
und zwischen Metaphysik
Newton, zwischen Metaphysik und Mathematik und Mathematik in allen
allen seinen
seinen
einzelnen Phasen vor Augen
einzelnen Phasen vor Augen gestellt; aber er ist gestellt; aber er ist jetzt in diesem
diesem
Streit nicht
Streit' nicht mehrmehr Partei, sondern -‐ der Forderung
Partei, sondern Forderung gemäss, gemäss, die die
selbst an
er selbst an sich gestellt hatte
sich gestellt hatte -‐ der „unbestochene Sachwalter,
der „unbestochene Sachwalter,
der
der von von zwei
zwei strittigen
strittigen Teilen
Teilen die die Gründe
Gründe so so abwiegt,
abwiegt, dass dass er er
-sich
•sich in Gedanken
Gedanken in die Stelle derer,
die Stelle derer, die sie vorbringen,
die sie vorbringen, selbst selbst
versetzt.« (II,
versetzt.“ (II, 67f.) Beide Teile,
67f.) Beide Teile, so so sehr sie sonst auseinander‑ auseinander-
gehen mögen,
gehen mögen, sind sind der gleichen „Vermengung
der gleichen „Vermengung der der Arten
Arten des In‑ In-
telligiblen und
telligiblen Sinnlichen* schuldig:
und Sinnlichen" schuldig: der der eine, sofern er
eine, sofern er Raum
Raum
und Zeit,
und Zeit, die
die nichts
nichts anderes
anderes als die Funktionen
als die Funktionen und und Bedingungen
Bedingungen
unserer Erkenntnis der
unserer Erkenntnis der empirischen
empirischen Objekte Objekte sind, sind, zu zu Attri‑
Attri-
buten
buten der der Gottheit
Gottheit macht,®)
macht,8) der der andere,
andere, indem indem er er den den Begriff
Begriff
des „Einfachen“,
des „Einfachen", der einer einer völlig anderen Sphäre
völlig anderen Sphäre des des Denkens
Denkens
angehört,
angehört, als Prinzip für die
als Prinzip Erklärung der Naturerscheinungen
die Erklärung Naturerscheinungen
braucht.®)
braucht.%) Die Die beiden Gegner verfallen,
beiden Gegner wenngleich in verschie‑
verfallen, wenngleich verschie-
denem Sinne,
denem Sinne, einer einer petitio
petitio principii;
principii; denn denn „wenn „wenn man man von von einem
einem
Dinge überhaupt aa priori
Dinge überhaupt Prädikate des Raumes
priori Prädikate Raumes und und der Zeit

Dairlndhty Google
Google
Digilized hy
<
498
49 8 Die
Die Entstehung
Entstehung der kritischen Philosophie.
der kritischen Philosophie.

braucht, ssoo ist


braucht, ist dieses
dieses eine
eine p petitio
etitio p phaenomenorum;
h a e n o m e n o r u m ; wenn
m von Dingen,
a n von
man Dingen, diedie man
man nwur unter den
u r unter den Erscheinungen
Erscheinungen des
Raumes kennt,
Raumes kennt, allgemeine Realbegriffe des
allgemeine Realbegriffe Verstandes braucht,
des Verstandes braucht,
so man eine
begeht man
so begeht p e t i t i o nnoumeni.
eine petitio o u m e n i . Jenes
Jenes ist
ist synthesis
synthesis sub‑sub.
reptiva, dieses analysis subreptiva.“ (Refl.
reptiva, dieses analysis subreptiva." (Refl. 1222.)1°) 1222.)10)
Aber
Aber auch jetzt noch,
auch jetzt noch, nachdem
nachdem das Ziel erreicht,
das Ziel erreicht, nachdem
nachdem
die exakte Wissenschaft
die exakte zugleich begründet
Wissenschaft zugleich b e g r ü n d e t und
und das iihr h r eigene
eigene
Gebiet begrenzt
Gebiet scheint, bietet
begrenzt scheint, sich eine
bietet sich neue Schwierigkeit Jar,
eine neueSchwierigkeit dar,
die früheren Ergebnisse
alle früheren
die alle Ergebnisse von neuem in Frage
von neuem stellt. Raum
Frage stell. Raum
und Zeit besitzen
und Zeit besitzen kein unbedingtes Sein
kein unbedingtes Sein mehr;
mehr; sie sie sind,
sind, wenn
wenn
sie für sich
m a n sie
man betrachtet und
sich betrachtet und sie
sie von allen Bedingungen
von allen Bedingungen der
Erkenntnis loslöst,
Erkenntnis loslöst, blosse
blosse „imaginäre Wesenheiten." Damit
„imaginäre Wesenheiten.“ Damit aber
aber
Kant wiederum
scheint Kant
scheint wiederum der Auffassung der Wolffischen Schul‑
der Auffassung Schul-
philosophie zugelrieben zu
philosophie zugelrieben zu werden: der „reine
werden: der „reine Raum“ und die
Raum" und die
„reine
„reine Zeil“ drohen von
Zeit" drohen neuem zu
von neuem zu einein Ieeren „Beirug
einem Iceren „Betrug der
Einbildungskraft*
Einbildungskraft“ zu zu werden.*)
werden.«) Gerade diese Ansicht aber
Gerade diese aber war
war
es, die
es, Kant zuvor,
die Kant als der Sicherheit
zuvor, als Sicherheit und Evidenz der matbe‑
und Evidenz mathe-
matischen Erkenntnis widersprechend,
matischen Erkenntnis beständig bekämpft
widersprechend, beständig hatte.
bekämpft hatte.
Was
Was erer der Metaphysik zum
der Metaphysik zum Vorwurf machte, machte, war eben dies,
war eben dies,
sie „anstatt
dass sie
dass einige von
sich einige
„anstatt sich von den Begriffen oder Lehren
den Begriffen Lehren der
Mathematik zu
Mathematik zu Nutze
Nutze zuzu machen, vielmehr sich
machen, vielmehr sich öfters wider sie
sie
bewaffne
bewaffne und sich bemüht
und sich bemüht zeige,
zeige, aus aus den Begriffen des Mathe‑
den Begriffen Mathe-
matikers
matikers nichts
nichts a l s feine
als feine Erdichtungen zu machen,
E r d i c h t u n g e n zu machen, die
die ausser
seinem
seinem Felde Felde wenigwenig Wahres
Wahres an haben." Gegen
sich haben.“
an sich Gegen dieses Ver‑ Ver-
fahren ruft
fahren ruft er schoner schon in der Schrift über die negativen
Schrift über die negativen Grössen Grössen
vvom Jahre 1763
o m Jahre 1763diedie Aulorität E u l e r s an,
Eulers die er
an, die seitdem beständig
er seitdem beständig
zitiert,
zitiert, wo wo ees s sich darum bandelt,
sich darum handelt, die Geometrie und
die Geometrie und Mechanik
Mechanik
Uebergriffen der
vor Uebergriffen der Metaphysik
Metaphysik zu zu schützen.
schützen. (Il, 167ff, 378.)
(II, 167ff, 378.)
WWir i r erinnern
erinnern uns uns in, der Tat,
in, der dass Eulers
Tat, dass unablässiger Kampf
Eulers unablässiger Kampf
gegen die
gegen Monadologie lediglich
die Monadologie lediglich aus aus dem Gesichtspunkt der
dem Gesichtspunkt der
SSii cchheerruunngg der d e r mathematischen
mathematischen P P r i n z i p iiee n l e h r ee geführt
geführt
worden
worden war. war. Es vergeblich -‐ so
ist vergeblich
Es ist so hatte
hatte er er derder Philosophie
Philosophie
seiner Zeit
seiner entgegengehalten -‐ die
Zeit entgegengehalten die Grundsätze der der Mathematik
Matbematik
einer niederen
einer sinnlichen Sphäre
niederen sinnlichen zuweisen zu
Sphäre zuweisen wollen: bilden
zu wollen: bilden siesie
doch vielmehr
doch einzige Kriterium,
das einzige
v i e l m e h r das Kriterium, um Wa h r b e i t und
um Wahrheit und Irrtum,
Irrtum,
uumm die die Welt
Welt des Scheins von
des Scheins von der Welt der Wirklichkeit
Wirklichkeit zu zu un‑
un-
terscheiden. Wer
terscheiden. Wer daher irgend irgend ein ein sicheres maihematisches
mathematisches
Prinzip, wie
Prinzip, wie dasdas der unendlichen
unendlichen Teilbarkeit,
Teilbarkeit, in in seiner Geltung
Geltung

Oarltndhy Google
Google
Digilized hy
<
und Mathematik.
Sinnlichkeit und
Sinnlichkeit Mathematik. ‐ - Verhältnis zu Euler.
Verhältnis su Euler. 499
499

zu
zu beschränken
beschränken sucht, sucht, wer sich weigert, eine
sich weigert, eine mathematisch
mathematisch not‑ not-
wendige Folgerung
wendige Folgerung auf auf das Sein der
das Sein der Dinge auszudehnen:: der
Dinge auszudehnen
macht
macht damit damit nnur u r seine eigene philosophische
seine eigene philosophische These verdächtig. verdächtig.
(S.
(S. ob.
ob. S S. 390ff.) Die
. 390ff.) Die „Briefe
„Briefe an an eine deutsche Prinzessin“,
eine deutsche Prinzessin", in denen denen
Euler
Euler diese diese Sätze
Sätze am nachdrücklichsten behauptet
am nachdrücklichsten behauptet und und verteidigt
verteidigt
hat,
bat, sindsind im im Jahre
Jahre 17681768 erschienen
erschienen;; sie sie werden
werden von Kant in der
von Kant der
Dissertation mehrfach
Dissertation mehrfach und und mitm i t voilster Zustimmung erwähnt.#)
vollster Zustimmung erwähnt.43)
Die gewöhnliche
Die philosophische Lehre
gewöhnliche philosophische Lehre von von der „Sinnlichkeit“,
„Sinnlichkeit
nach der sie
nach sie eine
eine „verworrene Vorstellung der Dinge“
„verworrene Vorstellung Dinge" ist, ist, würde
würde
die Geometrie,
die Geometrie, die doch „die
die doch „die treueste
treueste Auslegerin
Auslegerin aller Phäno‑ Phâno-
mene
mene der Natur ist,
der Natur“ ist, zur
zur blossen
blossen Scheinwissenschaft
Scheinwissenschaft herabsetzen.herabsetzen.
„Es
„Es ist ist soso weit gefehlt, dass
weit gefeblt, die sinnlichen
dass die sinnlichen Anschauungen
Anschauungen von von
Raum
Raum und Zeit sollten
und Zeit sollten verworrene Vorstellungen sein,
verworrene Vorstellungen sein, dass sie sie
vielmehr die die deutlichsten
deutlichsten Erkenntnisse
Erkenntnisse unter allen, näm‑
unter allen, näm-
lich
lich die die mathematischen
mathematischen verschaffen."
verschaffen.“ (Refl. (Refl. 414).
414). So So entsteht
hier eine
hier doppelte Aufgabe;
eine doppelte Aufgabe; es es gilt Begriff zu
einen Begriff
gilt einen zu schaffen,
schaffen, der
die mathematischen
die mathematischen Sätze Sätze auf auf die empirischen Objekte
die empirischen O b j e k t e als ein‑
ein-
ziges und
ziges wahrhaftes Erkenntnisziel
und wahrhaftes Erkenntnisziel hinweist hinweist und und der sie ander‑ ander-
erseits nicht
erseits minder bestimmt
nicht minder bestimmt von von allen bloss empirischen
allen bloss empirischen E Er-r ‑
kenntnissen unterscheidet. Im Begriff
kenntnissen unterscheidet. Begriff der der rreinen
einen S Sinnlich-
innlich‑
kkeit
e i t ist
ist diese zwiefache Forderung
diese zwiefache Forderung erfüllt:erfüllt: er verbürgtverbürgt die die ab‑
ab-
solute Gewissheit der
solute Gewissheit Matbematik,
der Mathematik, indem
i n d e m er
e r i h r
r das
d a s absolute
a bsolute
Sein verschliesst.
Sein verschliesst. Die Dissertation hebt
Die Dissertation hebt in ihrer ihrer Charakteristik
Charakteristik
des Raum- und Zeitbegriffs noch deutlich diesen doppelten
des Raum- und Zeitbegriffs noch deutlich diesen doppelten Ge‑ Ge-
sichtspunkt hervor: hervor: beide sind als
beide sind betrachtet
als We s eennhheeiit eenn betrachtet
imaginär,
imaginär, während während sie sie als
als Wahrheiten unumstösslich sind.*)
Wa h r h e i t e n unumstösslich sind.18)
Ist somit das
Ist somit das intelligible
intelligible Sein Sein vom sinnlichen klar
vom sinnlichen klar undund
geschieden, so
sicher geschieden,
sicher so rückt nunmehr auch
rückt nunmehr auch die FrageFrage nach seiner
nach seiner
Er ke e nn nnbbaarrkkeeiitt in
i n ein
ein neues Licht. Der
neues Licht. Gedanke, dass wir von
Der Gedanke, von
den besonderen
den besonderen sensitiven Bedingungen unseres
sensitiven Bedingungen unseres Wissens absehen absehen
und
und den Gegenstand so,
den Gegenstand wie er sich
so, wie sich alsals Objekt des reinen reinen Ver‑Ver-
standes darstellt, erwägen
standes darstellt, können, birgt
erwägen können, birgt zum zum mindesten
mindesten keinen keinen
inneren Widerspruch
inneren Widerspruch mehr: mehr: erer ist ein in sich
ist ein möglicher Gedanke.
sich möglicher Gedanke.
Nur
Nur die die Ve r m i s c h u n g intellektueller
Vermischung intellektueller und und anschaulicher Be‑ Be-
stimmungen war
stimmungen es, die
w a r es, die Metaphysik
die die antinomische Be‑
Metaphysik in antinomische Be.
hauptungen auflöste;
hauptungen dagegen scheint
auflöste; dagegen scheint jede jede der Betrachtungsweisen,
der Betrachtungsweisen,
für sich genommen,
für sich genommen, der Erkenntnis
Erkenntnis einen gleich positiven
einen gleich positiven Ertrag
Ertrag
zu versprechen.
zu versprechen. So So entsteht nunmehr der Gegensatz
entsteht nunmehr Gegensatz zwischenzwischen
820

Oarltndhy Google
Google
Digilized hy
<
500
‑ Die Entstehung der kritischen Philosophie.

„Erscheinung“ und „Ding an sich“, zwischen dem Objekt der


sinnlichen und der nicht-sinnlichen Erkenntnis. Schon in diesem
Ursprung des Problems aber liegt eine wichtige systematische
Lehre. Das „Ding an sich“ bedeutet kein Sein, das ausserhalb
jeglicher Beziehung zur Erkenntnis stünde; sondern es bezeichnet
vielmehr den Gegenstand einer besonderen, spezifisch bestimmten
und gerichteten Erkenntnisart. Die Abstraktion, die zu i h m
hinführt, sieht nicht von den Bedingungen des Wissens ü b e r ‑
h a u p t ab; sondern sie trennt n u r die reinen Gedankenformen
von den Formen der Anschauung ab und spricht ihnen eine
. eigene und unabhängige Gewissheit zu. Der Begriff des „Dinges
a n sich“ erhält seinen Sinn einzig durch diese K o r r e l a t i o n z u
den reinen Verstandesbegriffen: die Grenzlinie verläuft schon hier
nicht zwischen den absoluten Objekten einerseits und dem Ge‑
samtgebiet des Wissens auf der anderen Seite, sondern sie zerlegt
dieses Gebiet selbst in zwei ungleichartige Bereiche, die u n t e r
verschiedenen E r k e n n t n i s b e d i n g u n g e n stehen. ‑
Welcher positive Grund aber kann uns zu einem derartigen
Ueberschreiten aller sinnlichen Bedingungen hindrängen, kann
die Konzeption eines Gegenstands rechtfertigen, für den die em‑
pirische Anschauung uns keinerlei Data zu liefern vermag? Die
Dissertation enthält hierauf die klare Antwort, die durch die
zugehörigen „Reflexionen“ noch wesentlich ergänzt wird. Was
wir im tbeoretischen Gebiet vergeblich suchen, das ist im Gebiet
der E t h i k der unmittelbar gewisse Ausgangspunkt. Der unbe‑
dingte Anspruch, den das sittliche Gesetz an das einzelne Sub‑
jekt stellt, ist klar und unzweideutig gegeben. Dieser Anspruch
lässt sich weder bestreiten, noch m i t bloss empirischen Maassen
messen und ausdrücken. Unser moralisch bestimmter W i l l e ist
„selbst ein Beispiel einer Idee von Freiheit, von intelligibler
Substanz und zwar dadurch, dass er Folgen, die sich in der Erfah‑
rung geben lassen, an Bestimmungsgründe ü b e r E r f a h r u n g
hinaus knüpft.“ Der Standpunkt, den die „Träume eines Geister‑
sehers“ erreicht hatten, ist somit nicht verlassen: das „Reich der
Geister“ geht auch hier rein und vollkommen in das Reich der
Zwecke auf. Nicht Objekte einer übersinnlichen Anschauung,
sondern ethische Gesetze von überempirischer Geltung sind es,
deren w i r gewiss sind: nicht eine neue Welt des Seins, sondern

Digilized „Google
C
Die inielligible
Die intelligible Welt als „Reich
Welt als „Reich der Zwecke.
Zwecke 501
601

eine
eine Weit unbedingter und
Welt unbedingter und schlechthin allgemeingültiger Werte
schlechthin allgemeingültiger Werte
ist es,
ist die sich
es, die sich unsuns bier erschliesst. „Die
hier erschliesst. „Die Erkenntnis
Erkenntnis ist ist entweder
entweder
sensitiv oder
sensitiv oder intellectual;
intellectual; die die Objekte entweder entweder sensibel sensibel oder
intelligibel.
intelligibel. Es Es kann
kann uns uns keinekeine andereandere Welt Welt als als die die sensible
gegeben
gegeben werden. werden. Also Also istist jeder mundus mundus physicus physicus (materialiter)
(materialiter)
sensibilis; nnur
sensibilis; d e r mundus
u r der mundus m (formaliter) iist
o r a l i s (formaliter)
moralis s t iintel-
ntel‑
ll ii g i b i l i ss darum,
darum, w Jie F
e i l die
weil r e i h e i t das
Freiheit das E i n z i g e iist,
Einzige st, w wasas
a p r i o r i gegeben
a priori gegeben wird, und w i r d , u n d in diesem
diesem Geben
Geben a p r i
priorio ri
besteht.
besteht. D Diei e Regel
Regel d der e r F r eeii hheeiitt a p r ii oorrii in eeiner iner W Weltelt
üüberhaupt
berhaupt m a c h t fformam
macht ormam m u n d i iintelligibilis
mundi n t e l l i g i b i l i s a u s .. ....
intelligible Welt
Die intelligible
Die ist, deren
Welt ist, deren Begriff
Begriff ffür ü r jede
jede Welt gilt, gilt, folglich
folglich
enthält sie
enthält sie nicht physische Gesetze,
nicht physische Gesetze, sondernsondern objektive o b j e k t i v e u nn dd
m o r a l i s c h e . Der
moralische. Intellectualbegriff der Welt
Der Intellectuaibegriff Welt ist ist also der Begriff Begriff
dder er V Vollkommenheit.
o l l k o m m e n h e i t . Die Ve r s t a n d e s w e l t ist
D i e Verstandeswelt a l s o die
i s t also d i e moralische
moralische
und die
und die Gesetze derselben gelten
Gesetze derselben gelten für für jede Welt Welt als objektive objektive
Gesetze
G e s e t z e dder e r Vo l l kkoo m m eennhbeei itt..«“ (Refl.(Refl. 11561156 u u.. 11 5 7 . ) Und
1157.)4) Und
auch Gottesbegriff ist
auch der Gottesbegriff nunmehr, gemäss
ist nunmehr, gemäss der GrundtendenzGrundtendenz
des Leibnizischen
Leibnizischen Zeitalters, Zeitalters, rein rein in in diese
diese Idee Idee des „Gottesstaates“
„Gottesstaates"
aufgelöst. „Der
aufgelöst. mundus intelligibilis
»Der mundus intelligibilis als als ein Gegenstand der An‑
ein Gegenstand An-
schauung ist
schauung eine blosse
ist eine unbestimmte Idee;
blosse unbestimmte Idee; aber als als ein ein Gegen‑
Gegen-
stand des
stand des praktischen
praktischen Verhältnisses
Verhältnisses unserer unserer Intelligenz
Intelligenz zu zu Intel‑
Intel-
ligenzen der Welt überhaupt
ligenzen der Welt überhaupt und Gott als und Gott als das praktische
praktische Ur‑ Ur-
wesen derselben, ist
wesen derselben, ist er
er einein wahrer Begriff Begriff und bestimmte Idee:
und bestimmte Idee:
cc i v i t aa ss D e i . “ (Refl.
Dei.« 1162.) ‑
(Refl. 1162.)
indessen hier
We n n indessen
Wenn hier unserer theoretischen Erkenntnis
unserer theoretischen Erkenntnis kein kein
neuer
neuer kkonkreter Gegenstand zufliesst,
o n k r e t e r Gegenstand zufliesst, so so wirken
wirken die die ethischen
ethischen
Probleme
Probleme doch doch mittelbar
mittelbar auf auf die Grundansicht über
die Grundansicht über die die Methode
Methode
des Wissens zurück.
des Wissens zurück. Im GedankenGedanken der F r eeii hh eeiitt sind sind wir nicht nicht
von
von aussenaussen durch durch die Naturbedingungen bestimmt,
die Naturbedingungen bestimmt, sondern sondern wir wir
sind die
sind Gesetzgeber der
die Gesetzgeber der Natur;
Natur; hier hier bilden
bilden w i r nicht
wir nicht gegebene
gegebene
Tatsachen nach,
Tatsachen sondern halten
nach, sondern halten eine eine selbstgeschaffene Forderung Forderung
aller empirischen Wirklichkeit
aller empirischen Wi r k l i c h k e i t entgegen.
entgegen. Damit Damit aber entdeckt entdeckt
sich uns,
sich uns, im Gegensatz zur
im Gegensatz zur sinnlichen Anschauung, die nnur
sinnlichen Anschauung, u r die
die
„Rezeptivität
„Rezeptivität des Gemüts" Gemüts‘“ bedeutet,
bedeutet, eine ursprüngliche und
eine ursprüngliche und
schöpferische Spontaneität
schöpferische Spontaneität des Geistes; ein
des Geistes; ein Vermögen
Vermögen der der Vernunft,
Vernunft,
den Gegenstand
den Gegenstand nicht n u r zu
nicht nur empfangen, sondern
zu empfangen, sondern ihn ihn a priori
priori zu zu
bestimmen und
bestimmen und hervorzubringen.
hervorzubringen. Gilt Gilt diesediese Selbsttätigkeit
Selbsttätigkeit nnur ur
im Gebiete des
im Gebiete des Willens,
Wi l l e n s , oder müssen wir sie
oder müssen nicht in
sie nicht in gleicher
gleicher

Depalnhty Google
Google
Digilized hy
<
5502
02 Die
Die Entstehung kritischen Philosophie.
Entstehung der kritischen Philosophie.

Weise
Weise im Gebiete Gebiete des des Verstandes anerkennen? In dieser
Ve r s t a n d e s anerkennen? dieser Frage
Frage
konzentriert sich
konzentriert nunmehr das
sich nunmebr das Interesse
Interesse der Untersuchung.
Untersuchung. Der Der
Begriff
Begriff der der A u t o n o m i e greift
Autonomie greift von von der sittlichen
sittlichen Sphäre Sphäre in die die
h e o r e t i s c h e üüber.
ttheoretische b e r. „Alle
„Alle durch Erfahrung erkannten
durch Erfahrung erkannten Gesetze Gesetze
‐- so so lautet
lautet eine charakteristische Reflexion
eine charakteristische Reflexion -‐ gehören gehören zur Hete‑ Hete-
ronomie; die aber, durch welche
ronomie; die aber, durch welche Erfahrung überhaupt möglich Erfahrung überhaupt möglich
wird, zur
wird, zur Autonomie.“
Autonomie" (Refl. 951.) Betrachten
(Refl. 951.) Betrachten w wir i r lediglich
lediglich die die
zeitliche Abfolge des Denkgeschehens,
zeitliche Abfolge des Denkgeschehens, so müssen wir jeden so müssen wir jeden
Denkakt dem
Denkakt Kausalgesetz unterstellen
dem Kausalgesetz unterstellen und und ihn ihn somit durch durch
den vorangehenden Zustand
den vorangehenden Zustand unserer Vorstellungen Vorstellungen und und ihreribrer
assoziativen Zusammenbänge
assoziativen Zusammenbange vollständig vollständig determiniert
determiniert denken. denken.
Nach dem
Nach dem Recht Recht oder Unrecht Unrecht einer einer Vorstellungsverknüpfung
Vorstellungsverknüpfung
können
können wir diesem Standpunkt
w i r auf diesem Standpunkt nicht nicht fragen; jeder Gedanke Gedanke
ist gleich „notwendig“,
ist gleich „notwendig", weil weil gleich
gleich sehr durch zureichende
sehr durch zureichende psy‑ psy-
chologische
chologische Ursachen bestimmt. Aber bei
Ursachen bestimmt. bei dieser Betrachtungs‑
Betrachtungs-
weise lässt
weise lässt sichsich nicht stehen bleiben.
nicht stehen bleiben. Es Es gibtgibt Sätze,
Sätze, die,die, ohne
nach
nach den subjektiven Bedingungen
den subjektiven Bedingungen des Denkaktes zu
des Denkaktes zu fragen,
fragen,
lediglich
lediglich den den I n hh aalltt des des Denkens
Denkens ins Auge fassen und
ins Auge und somitsomit
eine objektiv notwendige
eine objektiv notwendige Verknüpfung
Verknüpfung des Gedachten behaupten.
desGedachten behaupten.
Und
Und sie sie ersterst sind
sind es, kraft deren
es, kraft deren wir, Gleichmaass des psy‑
wir, im Gleichmaass psy-
chischen Geschehens, bestimmte
chischen Geschehens, bestimmte logische Unterscheidungen logische Unterscheidungen
treffen;
treffen; kraft deren w
kraft deren wir bestimmten Urteilen,
i r bestimmten Urteilen, obne ohne dass ihnen in
dass ihnen
der Reihe
der Reihe der der eempirischen
m p i r i s c h e n Verursachung
V e r u r s a c h u n g eineeine Ausnahme‑
Ausnahme
stellung zukäme,
stellung zukäme, allgemeine
allgemeine und und unbedingte
unbedingte G e l t u n g verleihen.
Geltung verleiben.
So
So istist in den Erkenntnissen sowohl,
den Erkenntnissen sowohl, wie wie in den den Handlungen
Handlungen die die
We r t b e t r a c h t u n g vvon
Wertbetrachtung o n derkausalen B e t r a c
der kausalen Betrachtung zu scheiden;h t u n gz u scheiden;
so gehört
so gehört hier hier wiewie dort
dort ein ein undund derselbe
derselbe InhaltInhalt gleichsam
gleichsam ver‑ ver-
schiedenen Dimensionen
schiedenen Dimensionen an, an, je nach dem
je nach dem intellektuellen
intellektuellen Maass‑ Maass-
stab, den
stab, den wir wir anan iihnb n anlegen.
anlegen. Es Kant selbst,
ist Kant
Es ist selbst, der diese Analogie
d e r diese Analogie
zwischen dem
zwischen dem ethischen
ethischen und und theoretischen GrundproblemGrundproblem hervor‑ hervor-
hebt,
hebt, indem indem er er beide
beide auf auf den centralen Begriff
den ceniralen Begriff der F reiheit
Freiheit
bezieht. „Alle
bezieht. unsere und
„Alle unsere und anderer
anderer Wesen Wesen Handlungen
Handlungen sind sind
necessitiert,
necessitiert, nnur allein der
u r allein der Verstand
Verstand (und (und der der Wille
Wille sofernsofern er er
durch Verstand
durch Verstand bestimmt
bestimmt werden kann) kann) ist ist frei und und eine eine reine
reine
Selbsttätigkeit,
Selbsttätigkeit, die die durch
durch nichtsnichts anderes
anderes als sich selbst bestimmt
sich selbst bestimmt
ist.
ist. O Ohhnnee ddiese i e s e u r sspprrüünngglli c hh ee uu nn dd unwandelbare
u n w a n d e l b a r e Spon‑Spon-
taa nn eeii t äätt w würden
ü r d e n w i r n i c h s a r i oorrii erkennen,
h t s a p r e r k e n n e n , denn
denn wir
wären
wären zu allem bestimmt
zu allem bestimmt und Gedanken selbst ständen
unsere Gedanken
und unsere ständen

Degailnhty Google
Google
Digilized hy
<
Die Antonomie
Die des Verstandes und
Antonomie des des Willens.
und des Willens. 503
508

unter empirischen Gesetzen.


unter empirischen Gesetzen. Das Vermögen a priori
Das Vermögen priori zu zu denken
denken
und
und zu zu handeln
handeln ist die einzige
ist die einzige Bedingung
Bedingung der Möglichkeit Möglichkeit des
Ursprungs
Ursprungs aller anderen Erscheinungen.
aller anderen Erscheinungen. Das Sollen würde
Das Sollen würde auch auch
gar
gar keinekeine Bedeutung
Bedeutung haben.“haben." (Refl. (Refl. 286;
286; vgl. bes. Refl.
vgl. bes. Refl. 948.)
948.)
So
So hat hat sich hier eine
sich hier eine letzte und diesmal
letzte und entscheidende
diesmal entscheidende
endgültige der Problemstellung
und endgültige Umformung der Problemstellung vollzogen. Die
und Umformung vollzogen. Die
Ethik
Ethik war war es, die uns
es, die uns den
den letzten
letzten HortHort und und diedie letzte
letzte Gewähr des
„Absoluten" darzubieten
„Absoluten* darzubieten schien; schien; aber aber gerade
gerade sie sie führt zu zu einer
einer
tieferen
tieferen kritischen Ergründung des
kritischen Ergründung des allgemeinen
allgemeinen Begriffs Begriffs der der O Ob-b ‑
jee kk tt i v i t ä t zurück.
zurück. Der bekannte Brief
Der bekannte Brief a annMarkus
Markus Herz H e r zvvom o m Jahre
Jahre
1772 schildert deutlich
1772 schildert deutlich diesediese innere Wandlung. „„In
innere Wandlung. I n derder Unter‑
Unter-
scheidung
scheidung des Sinnlichen vom
des Sinnlichen Intellektualen in der M
vom Intellektualen o r a l -‑
Moral
so
so heisst
heisst es es bier
hier -‐ und denen daraus
und denen daraus entspringenden
entspringenden Grundsätzen Grundsätzen
hatte iich
hatte c h es es schon
schon vorher
vorher ziemlich
ziemlich weit gebracht.gebracht. Die Die Principien
Principien
des Gefühls, des
des Gefühls, Geschmacks und
des Geschmacks und der Beurtheilungskraft,
Beurteilungskraft, mit mit
ihren Wirkungen,
ihren Wirkungen, dem dem Angenehmen,
Angenehmen, Schönen Schönen und und GutenGuten hatte hatte
ich
ich auchauch schon schon vorlängst
vorlängst zu zu meiner ziemlichen Befriedigung
meiner ziemlichen Befriedigung ent‑ ent-
worfen und
worfen und nun nun machte
machte ich ich mir mir den
den Plan Plan zu zu einemeinem Werke,Werke,
welches
welches etwa etwa den den Titel haben könnte:
Titel haben G r e n z e n der
könnte: D i ee Grenzen der S S i nn nn-‑
llichkeit
i c h k e i t und u n d der
der Vernunft.
Vernunft. Ich Ich dachte
dachte m miri r darinn
darinn zwey zwey Theile,
Theile,
theorelischen und
einen theoretischen
einen und praktischen.
praktischen. .. . . Indem
Indem ich ich den den theo-theo‑
retischen Theil
retischen Theil in seinem
seinem ganzen Umfange und
ganzen Umfange und m den wechsel‑
miti t den wechsel-
Beziehungen aller
seitigen Beziehungen
seitigen Theile durchdachte,
aller Theile durchdachte, so so bemerkte
bemerkte ich: ich:
dass m i r
dass mir noch etwas noch etwas wesentliches mangele, welches
mangele, welches ich ich bei bei
meinen
meinen langen langen meiaphysischen Untersuchungen, sowie andere
metaphysischen Untersuchungen, andere
aus
aus der der AchtAcht gelassen hatte und
gelassen hatte u n d welches in der d e r Thal den Schlüssel
T h a t den Schlüssel
zu dem
zu dem ganzen ganzen Geheimnisse
Geheimnisse der der bisbis dahin
dahin sich sich selbst noch noch ver‑ ver-
borgenen
borgenen Metaphysik Metaphysik ausmacht.%)
ausmacht.1) Ich Ich frugfrug mich nemlich selbst,
mich nemlich selbst,
auf w
auf welchem Grunde b e r u h eett ddie
e l c h e m Grunde ie B e z i e h u n g desjenigen
Beziehung desjenigen
was m
was mana n in n s Vo
i n uuns r s t e l l u n g n e n nnt , a uuff den
Vorstellung den G e g e n s t a n”d*
Gegenstand?"
(X, 124.)
(X, 124.) Diese Diese Beziehung
Beziehung ist ist nnur dann erklärlich,
u r dann erklärlich, wenn wenn entweder
entweder
die Vorstellung
die Vorstellung die die Wirkung
Wi r k u n g ddes Gegenstandes oder umgekehrt
e s Gegenstandes umgekehrt
dieser die
dieser die Wirkung
Wirkung der der Vorstellung
Vorstellung ist. ist. So So lässt
lässt sichsich die die allge‑
allge-
meine
meine und apodiktische Gültigkeit
und apodiktische Gültigkeit der der Mathematik
Mathematik begreifen; begreifen;
denn die
denn Objekte, von
die Objekte, denen sie
von denen sie handelt, entstehen erst
handelt, entstehen erst kraftkraft
Definition und
der Definition haben kein
und haben kein Sein ausserhalb dieses ihres
Sein ausserhalb ihres
begrifflichen Ursprungs.
begrifflichen Ursprungs. Bei Bei dden e n realen
realen G r u n d s ä t z e n der
Grundsätzen d e r Meta‑
Meta-
physik aber ist schon seit den ersten
physik aber ist schon seit den ersten methodischen Festsetzungenmethodischen Festsetzungen

Degailnhty Google
Google
Digilized hy
<
604 . Die Entstehung der kritischen Philosophie.

der Preisschrift v o m Jahre 1763 dieser Ausweg verschlossen.


Hier soll ein Wirkliches und „Aeusseres“ ergriffen werden; den‑
noch aber soll es nicht successiv und stückweise durch die
Wahrnehmung in uns gelangen, was immer n u r zu Urteilen von
empirischer Geltung führen könnte, sondern seinem ganzen Gehalt
nach a priori bestimmt und umgrenzt werden. Damit stehen
wir vor einem offenen Widerspruch zwischen dem Begriff des
Seins und dem Begriff der E r k e n n t n i s : w i r müssen uns ent‑
schliessen, den einen oder den andern dieser beiden Begriffe
aufzugeben.
V.
„Wie können in uns Erkenntnisse erzeugt werden, wovon
sich uns die Gegenstände noch nicht dargestellt haben? Da sich
die Objekte nicht nach unseren Erkenntnissen, sondern diese
nach den Objekten richten ‚müssen, so scheint es, sie müssen
uns wenigstens ihren Grundstücken nach vorher gegeben .sein,
ehe sie können gedacht werden. E s ist also die M ö g l i c h k e i t
einer jeden E r k e n n t n i s a p r i o r i , welche für sich beständig
ist, ohne v o n den Gegenständen geschöpft zu sein, welche
unsere erste und wichtigste Frage ausmacht, eine Frage, welche
auch n u r aufgeworfen und wohl verstanden zu haben schon
einiges Verdienst an sich hat, nämlich in einem Teile der Philo‑
sophie, welche der Erfahrung und den Sinnen nichts zu danken
hat.“ (Refl. 282.) In dieser Formulierung zeigt sich eine neue
dialektische Zuspitzung des Problems. „Gegenständlich“, im kri‑
tischen Sinne des Wortes, heisst dasjenige, was in unserer Er‑
kenntnis „beständig“ ist: beständig aber ist nur, was durch die
Gesetze der E r k e n n t n i s ein für allemal vorgeschrieben ist und
somit nicht von den ‐ Gegenständen entlehnt zu werden braucht.
Der traditionelle Begriff des Objekts als Etwas, was dem Denken
fremd und äusserlich ist, vernichtet die Objektivität des Wissens.
Jeder metaphysische Ausgleich, der bier versucht wird, muss
scheitern. Denn alle metaphysischen Theorien setzen gerade das‑
jenige voraus, wonach hier gefragt wird: sie gehen von einer für
sich bestehenden W e l t aus, die aüf irgendwelche Weise dem I c h ,
das gleichfalls als eine selbstgenügsame substantielle Wesenheit
gefasst wird, zum Bewusstsein gebracht werden soll. Wie ist es

Digilized hy Google
<
D e r Gegenstand der Erkenntnis. 505

möglich ‐ so fragen sie ‐, dass die (Qualitäten der Dinge, dass


Ausdehnung und Bewegung sich in Empfindung und Vorstellung
wandeln, dass das Sein in das Denken übergeht und sich in
i h m nach allen seinen Verhältnissen widerspiegelt? Und sie
beantworten diese Frage, indem sie wiederum auf eine höchste
und ursprüngliche W e l t e i n r i c h t u n g verweisen, die den Geist
und die Objekte einander angepasst und harmonisch verbunden
habe. So enden sie bei einem Deus ex machina, der ‐ wie
Kant ausspricht ‐ „ i n der Bestimmung des Ursprungs und der
Gültigkeit unserer Erkenntnisse das Ungereimteste ist, was m a n
n u r wählen kann“ und der „ausser dem betrüglichen Zirkel in
der Schlussreihe noch das Nachteilige hat, dass er jeder Grille
oder andächtigem oder grüblerischem Hirngespinst Vorschub
giebt.“ (X, 126.) „Zu sagen, dass ein höheres Wesen in uns
schon solche Begriffe und Grundsätze weislich gelegt habe, heisst
a l l e Philosophie zu Grunde richten. Es muss in der
N a t u r d e r Erkenntnisse überhaupt gesucht werden, w i e
eine Beziehung u n d Verknüpfung m ö g l i c h sei, wo doch
n u r eines v o n der R e l a t i o n gegeben ist.“ (Refl. 925.)4%)
Jetzt erst setzt die eigentliche Aufgabe der kritischen Philo‑
sophie ein: es gilt innerhalb des Umkreises der Erkenntnis selbst
diejenigen Synthesen und Verknüpfungsformen aufzuweisen, denen
die Vorstellung ihre Objektivität verdankt. Aber noch bedarf es
der immer wieder erneuten Gedankenarbeit eines Jahrzehnts,
um diese Aufgabe zum Abschluss zu bringen. Die mannig‑
fachsten Einteilungen der Kategorien werden versucht, um als‑
bald wieder verworfen zu werden; denn noch fehlt es an einem
einheitlichen Prinzip, um das Ganze der Verstandesbegriffe zu
überschauen und zu gliedern. Es scheint zunächst, als solle der
B e g r i f f d e r Substanz an die Spitze treten und z u m leitenden
Gesichtspunkte der Ableitung gemacht werden. „Ein Gegenstand
der Sinne“ ‐ so bemerkt eine Aufzeichnung der 70er Jahre ‑
ist n u r das, was auf meine Sinne wirkt, mithin handelt und also
Substanz ist. Daher ist die Kategorie der Substanz prineipial,“+?)
Aber sie ist e s auch nur, sofern sie rein a l s K a t e g o r i e gedacht
wird, sofern sie also nicht ein absolutes Ding bezeichnen, sondern
lediglich einen „ B e g r i f f der Apperception“ darstellen will
(vgl. Refl. 1047). Damit aber ändert sich ihre Funktion und der

Digilized hy Google
<
5506
06 Die Entstehung der
Die Entstehung kritischen Philosophie.
der kritischen Philosophie.

Bereich
Bereich ihrer ihrer Anwendung.
Anwendung. „Es „Es ist ist gar die die Frage
Frage" ‐ heisst h e i s s t es
es
zunächst noch
zunächst noch zögerndzögernd -‐ „ob nicht der Begriff
„ob nicht Begriff der Substanz,Substanz,
welcher die die Beständigkeit
Beständigkeit von von Etwas
Etwas bei bei dem Wechsel der Be‑
dem Wechsel Be-
stimmungen anzeigt,
stimmungen anzeigt, nnur u r ein Begriff sei,
ein Begriff sei, der n u rr u n t eerr phae‑ phae-
n o m eennii ss gelte“
gelte" (Refl. (Refl. 1164).1164). Die Vermutung aber
Die Vermutung aber wirdwird alsbald
alsbald
zur
zur G Gewissheit:
ewissheit. „Alle Wahrheit
„Alle Wahrheit besteht besteht in der der U eberein‑
Ueberein-
sstimmung
t i m m u n g aller a l l e r Gedanken
Gedanken m m
i iitt den Gesetzen des Denkens,
den Gesetzen Denkens,
und also
und also unterunter einander.
einander. Das Das ist ist dasdas Objekt
Obiekt ffür uns, was
ü r uns, was und und
wiefern
wiefern es es unsuns mittelbar
mittelbar oder oder unmittelbar
unmittelbar durch Erfahrung ge‑
durch Erfahrung ge-
geben ist.
geben ist. Unabhängig
Unabhängig von von aller Erfahrung
Erfahrung gibt gibt es es keine
keine Gegen‑
Gegen-
t ä n d e uund
sstände n d aauchu c h keine k e i n e Gesetze
Gesetze des d e s Verstandes
Ve r s t a n d e s (z.
(z.BB.. Substanz:
Substanz:
dass dieser Begriff
dass dieser Begriff etwas sei, muss aus etwas sei, muss aus der Erfahrung der
Erfahrung der Be‑ Be-
ständigkeit eines
ständigkeit eines gewissengewissen Subjekts Subjekts bei allen Umständen
bei allen Umständen ge‑ ge-
schlossen
schlossen werden). werden). W Wir i r haben
haben demnach
demnach BegriffeBegriffe 1) 1) um Phaeno‑
Phaeno-
mene zu
mene zu erklären,
erklären, 2 2)) umum die die Gründe
Gründe des moralisch Guten
des moralisch Guten und und
Bösen einzusehen"
Bösen einzusehen“ (Refl. {Refl. 927).927). Der Begriff der Substanz
Der Begriff Substanz hat hat also
keine andere
keine andere Bedeutung,
Bedeutung, als als diedie zeitliche O r d n u n g der
zeitliche Ordnung der Phäno‑
Phäno-
mene zu
mene bestimmen und
zu bestimmen und sie sie dadurch
dadurch zu Gegenständen der Er‑
zu Gegenständen Er-
fahrung
fahrung zu zu machen.
machen.
Man kann
Man kann an an diesemdiesem Punkte Punkte den den Weg,Weg, den Kant Kant durch‑durch-
messen,
messen, nochmals nochmals völlig überblicken. Der
völlig überblicken. Syllogistik wurde
Der Syllogistik wurde in
der ersten philosophischen
der ersten philosophischen Epoche Epoche die Erfahrung entgegengestellt:
die Erfahrung entgegengestellt:
den logischen
den logischen Gründen Gründen traten traten die die Realgründe
Realgründe gegenüber. gegenüber. Aber Aber
da wir
da uns der Realgründe
w i r uns Realgründe selbst zuletzt nirgends
selbst zuletzt nirgends anders als in
wissenschaftlichen EErkenntnis
unserer wissenschaftlichen
unserer versichern können,
r k e n n t n i s versichern können, so so
musste
m u s s t e diese
d i e s e letztere u n ä c h s t auf
l e l z t e r e zzunächst a u f ihre S t r u k t u r und
i h r e Struktur u n d ihre
i h r e Be‑
Be-
dingungen
dingungen untersucht untersucht werden; werden; hier hier aberaber wurden w wiri r auf eine eine
neue
neue Art Art synthetischer Prinzipien Prinzipien und und somit aufeine neue „Logik*
eine neue „Logik*
geführt, die
geführt, die nicht
nicht mehr mehr den Gegensatz, sondern
den Gegensatz, sondern die die Ergänzung
Ergänzung
und Erfüllung der Erfahrung
und Erfüllung der Erfahrung bedeuten will. Der Satz, bedeuten will. Der Satz, dass nnur ur
in derder Erfahrung
Erfahrung allein Wahrheit sei, bleibt
allein Wahrheit sei, bleibt somit bestehen; somit bestehen;
aber eben
aber eben diese höchste Wahrheit
diese höchste Wahrheit besitzt besitzt derder empirische
empirische Gegen‑ Gegen-
stand
stand nnur u r dadurch,
dadurch, dass dass er „„mit m i t den Gesetzen des
den Geselzen des Denkens“
Denkens"
übereinstimmt.
übereinstimmt. Dem metäphysischen
Dem metaphysischen Realismus Realismus bedeutete bedeutete die die
Substanz ein
Suhstanz äusseres Sein,
ein äusseres Sein, das das an an undund für sich sich als als Träger der
wandelbaren Eigenschaften besteht.
wandelbaren Eigenschaften besteht. Und selbst für den
U n d selbst den Idealismus
Idealismus
gehörten bisher
gehörten Substanz und
bisher Substanz und Phänomen
Phänomen völlig völlig verschiedenen
verschiedenen
Ordnungen an:
Ordnungen an: die die Substanzen
Substanzen waren waren die die einheitlichen
einheitlichen und und

Degailnhty Google
Google
Digilized hy
<
Substansbegriff und Relationsbegriff. 507

beharrlichen Bewussiseinssubjekte, die die bunte Mannig‑


faltigkeit der Erscheinungen aus sich entwickeln und sich in der
Vorstellung gegenüberstellen. Immer aber war es ein festes und
dauerndes Sein, mochte m a n es n u n m i t physischen oder psy‑
chischen Qualitäten ausgestattet denken, das als „Substanz“ gedacht
u n d bestimmt wurde. Jetzt erst ist die Wandlung erfolgt: aus
dem Gegenstand der Erkenntnis ist eine Funktion und ein Mittel
der Erkenntnis geworden. „ N o u m e n o n bedeutet eigentlich
allerwärts einerlei: nämlich das transscendentale Objekt der
sinnlichen Anschauung. Dieses ist aber kein reales Objekt oder
gegebenes Ding, sondern ein Begriff, auf den in Beziehung Er‑
scheinungen Einheit haben.“#) Somit ist die Substanz, wie jetzt
m i t unübertrefflicher Klarheit ausgesprochen wird, nichts
anderes, als eine Bedingung des Verstehens. „Das principium
contradictionis enthält die conditiones des Denkens überhaupt.
- Die anticipationes, welche die conditiones der Apprehension von
den Verstandesbegriffen affirmieren (z. B. in jeder Substanz ist
aliquid perdurabile, oder eine Substanz dauert immer) enthalten
die Bedingungen (postulata) des Verstehens, und sind also
i n A n s c h a u u n g d e r sinnlichen conditiones a l l e m a l w a h r. “
(Refl. 1011.)%)
Die Leistung des Substanzbegriffs erschöpft sich somit darin,
objektiv gültige Ve r h ä l t n i s s e unter Erscheinungen zu stiften.
Der Kampf zwischen Substanzbegriff und Relationsbegriff, den
w i r seit den Tagen der Renaissance verfolgt haben, ist z u m
Abschluss gekommen: die Substanz w i l l selbst nichts anderes als
einen S o n d e r f a l l d e r R e l a t i o n bedeuten. Somit ist e sdiese letz‑
tere, die nunmehr ‐ in einer neuen Phase der Betrachtung ‐ z u m
eigentlichen Mittelpunkt wird. „Die Kategorie des Verhältnisses
(der Einheit des Bewusstseins) ist die vornehmste unter allen.
Denn Einheit betrifft eigentlich n u r das Verhältnis. Also macht
dieses den Inhalt der Urteile überhaupt aus, und lässt sich allein
a priori bestimmt denken.* (Refl. 596.) „Nur von der Relation
gelten objektiv synthetische Sätze der Erscheinung.“%) Von hier
aber nimmt die Untersuchung eine zwiefache Richtung. Auf der
einen Seite handelt es sich, dem I n h a l t nach, um eine syste‑
matische Darstellung der möglichen logischen Grundverhältnisse
und um ihre Ableitung aus einer obersten Regel; auf der anderen

Digilized hy Google
<
508 Die Entstehung der kritischen Philosophie.

gilt es, die synthetische F u n k t i o n des Bewusstseins zu zergliedern


und die Momente, die in i h r zusammenwirken, zu isolieren. Wie
zuvor der dogmatische Dingbegriff, so wird jetzt der dogmatische
Ichbegriff aufgelöst: wie der „äussere“, so wird nunmehr auch
der „innere* Gegenstand zu einem „Begriff der Apperception“.
Damit aber ist ein völlig neuer Einheitspunkt entdeckt, von dem
aus das Verhältnis zwischen „Subjekt“ und „Objekt“ neu bestimmt
werden muss. „Das Objekt kann n u r nach seinen Verhältnissen vor‑
gestellt werden und ist nichts anders als die subjektive Vorstellung
(des Subjekts) selbst, aber allgemein gemacht: d e n n I c h b i n
das O r i g i n a l a l l e r Objekte.“!) Diese Sätze formulieren das
neue Problem, das seine endgültige Klärung und Lösung erst im
System der kritischen Philosophie gewinnen kann.

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<
Zw
w ee ii ttee s K
K aappii tt eell..

Die
Die Vernunftkritik.
Vernunftkritik.
I.
1.
Wenn
Wenn man man diedie G G eessaammtteennt twwiicckkll u nn gg des
d e s E r k e nn nntt nnii ss-‑
pproblems
r o b l e m s in ihren wesentlichen Motiven
ibren wesentlichen Motiven überschaut,
überschaut, so so heben
heben
deutlich zwei
sich deutlich
sich Richtungen der
verschiedene Richtungen
zwei verschiedene der Betrachtung
Betrachtung
heraus.
heraus. Der ganze Ertrag
Der ganze Ertrag Jder geschichtlichen Arbeit
der geschichtlichen Arbeit lässt sich dahin
lässt sich dahin
zusammenfassen, dass
zusammenfassen, dass diesediese beiden
beiden Arten Arten der Fragestellung,
Fragestellung, die die
unvermerkt ineinanderfliessen,
zunächst unvermerkt
zunächst ineinanderfliessen, zu immer deutlicherem
zu immer deutlicherem
Bewusstsein
Bewusstsein ihrer ihrer selbst
selbst und und zu immer strengerer logischer Ab‑
zu immer Ab-
grenzung erhoben
grenzung erhoben werden.
werden. Die Die erste Frage, die
erste Frage, zunächst die
die zunächst die
Herrschaft behauptet,
alleinige Herrschaft
alleinige behauptet, ist ist soso alt, wie das
alt, wie das philosophische
philosophische
Denken selbst; ja sie
Denken selbst; sie greift
greift über
über dessen Grenzen hinaus
dessen Grenzen hinaus in die
Anfänge
Anfänge des Myihos und
des Mythos und derder Religion
Religion zurück.zurück. Das Das IIch,c h , die
Einzelseele des
Einzelseele des Menschen
Menschen sieht sich in einen
sieht sich einen allumfassenden
allumfassenden Zu‑ Zu-
der Wirklichkeit
s a m m e n h a n g der Wirklichkeit hineingestellt, dem es nicht zu
sammenhang hineingestellt, dem es nicht zu
entrinnen
entrinnen vermag vermag und und gegen dessen Notwendigkeit
gegen dessen Notwendigkeit es es dennoch,
dennoch,
wenn
wenn es es nicht
nicht der eigenen Wesenheit
der eigenen verlustig geben
We s e n h e i t verlustig gehen will,
will, seine
seine
selbständige Eigenart behaupten
selbständige Eigenart behaupten muss. muss. In immer immer neuen neuen Formen
Formen
tritt ddaher
tritt das Problem
a h e r das P r o b l e m vvom Verhältnis dder
o m Verhältnis Seele und
e r Seele u n d ddere r All‑
All-
hervor. Der
natur bervor.
natur B e g r i f f der Erkenntnis
Der Begriff Erkenntnis wurzelt wurzelt hierhier inin fun‑
fun-
damentalen metaphysischen
damentalen Zusammenhängen. Die
metaphysischen Zusammenhängen. Erkenntnis
Die Erkenntnis
ist
ist es, die zwischen
es, die zwischen den beiden Welten,
den beiden Welten, die die sich zunächst als
sich zunächst als ge‑ge-
trennte Potenzen gegenüberstehen,
trennte Potenzen gegenüberstehen, die die Brücke schlagen, die
Brücke schlagen, die IIch ch
und Welt
und wiederum in Eins
Welt wiederum Eins fassen
fassen soll.soll. Die Die Vereinzelung
Vereinzelung des
Ich, Trennung von
seine Trennung
Ich, seine von dem substantiellen Urgrund
dem substantiellen aller Dinge
Urgrund aller Dinge
ist es,
ist was sie
es, was sie zu überwinden trachtet.
zu überwinden trachtet. Sein Sein und Bewusstsein
und Bewusstsein
dürfen nicht
dürfen als einander
nicht als einander fremde fremde Mächte gedacht werden,
Mächte gedacht sondern
werden, sondern
sie müssen,
sie müssen, wie sich im empirisch
sie sich
wie sie empirischen Prozess des
en Prozess Erkennens
des Erkennens

Digilized hy Google
<
510 Die Vernunftkritik.

unmittelbar berühren und ineinander aufgehen, ihren Ursprung


in einem letzten gemeinsamen Wesensgrund besitzen. Diese
höchste Einheit, in welcher der Gegensatz zwischen „Subjekt“
und „Objekt“ aufgehoben ist, w i r d zum eigentlichen Richt‑
und Zielpunkt aller Spekulation. So bildet die Entfremdung des
Individuums vom Urgrund alles Seins und die Rückkehr zu i h m
auf dem Wege der Betrachtung das durchgängige Thema der
Philosophie wie der Religion. Gleichviel ob der Zusammenhang
dadurch geknüpft wird, dass das Selbst sich dem Zwange der
Dinge fügt und unterordnet, indem es die Wesenheit der Objrkte
vermittels der Sinnesempfindung in sich aufnimmt, oder ob dem
Geiste selbst die Kraft zugesprochen wird, aus eignem Vermögen
ein Bild des Seins zu entwerfen, das der absoluten Wirklichkeit
entspricht: immer handelt es sich um eine Anpassung und Aus‑
gleichung zwischen getrennten Polen des Seins. Die Harmonie,
die hier gestiftet wird, lässt daher die ursprüngliche E n t z w e i u n g
der beiden Grundfaktoren n u r um so schärfer hervortreten. Der
Prozess der Erkenntnis wird eingeleitet und angetrieben durch
eine metaphysische Differenz im Wesen der Dinge: eine Diffe‑
renz, die nicht selbst von der Erkenntnis gesetzt, sondern i h r
als Faktum vorausgesetzt wird. ‑
Es ist das Eigentümliche dieser Gedankenrichtung, dass sie,
so unübersehbar reich die Variationen sind; in welchen sie durch
die Geschichte der Philosophie bindurchgeht, in ihrem eigent‑
lichen Grundthema von aller geschichtlichen Entwicklung, ins‑
besondere von aller Umgestaltung des wissenschaftlichen Denkens,
so gut wie unberührt bleibt. Der metaphysische Idealismus der
Inder enthält bereits in überraschender Vollständigkeit alle
die wesentlichen Motive, deren Abwandlung die Geschichte der
abendländischen Metaphysik ausmacht. Der Gegensatz zwischen
Ich und Welt wird hier, in der Philosophie der Upanishad’s,
bereits bis in seine feinsten dialektischen Verzweigungen hinein
verfolgt. Die Versöhnung dieses Gegensatzes aber kann in dem
trügerischen Bereich unseres empirischen Wissens niemals ge‑
l i c h Ansicht der Dinge. die
funden werden. Die r ä u m- zeitliche
das A l l in eine Vielheit unterschiedener Einzelwesen zersplittert,
bildet die Scheidewand, die uns von der Erfassung des inner‑
lichen Wesenszusammenhangs zwischen dem Selbst und den

Digilized hy Google
<
Der metaphysische Gegensats von Subjekt und Objekt. 5 11

Dingen
Dingen trennt.
trennt. Wer auf
auf sie
sie zu
zu verzichten gelernt hat,
verzichten gelernt hat, der
a t damit
hhat die Identität
damit die Identität von
von Seele und Sein,
Seele und von Alman
Sein, von Atman und
und
Brahman, unmittelbar erfasst.
Brahman, erfasst. „Wer das Selbst gesehen,
das Selbst gesehen, gehört,
gehört,
verstanden
verstanden und erkannt hat,
und erkannt hat, von von dem dem wirdwird diese ganze ganze WeltWelt
gewusst.“ Hier
gewusst. Hier ist ist der Punkt,Punkt, an an demdem aller Widerstreit sich sich zur
Einheit
Einheit auflöst.auflöst. Das Das Subjekt
Subjekt des des Erkennens,
Erkennens, das auf auf demdem
Grunde aller
Grunde aller Gegensätze
Gegensätze unserer unserer empirischen
empirischen SinnenweltSinnenwelt liegt, liegt,
ist selbst all
ist selbst diesen Gegensätzen
all diesen Gegensätzen enthoben. enthoben. Es Es istist grösser als als
Himmel, Raum und
Himmel, Raum und Erde, da es dies allesErde, da es dies alles in sich befasst
sich befasst und und
zugleich kleiner
zugleich kleiner als als ein ein Reiskorn,
Reiskorn, da da es es alsals streng
streng unteilbare
unteilbare
EE i nn hheeiitt jede
jede Mannigfaltigkeit
Mannigfaltigkeit von sich ausschliesst.
von sich ausschliesst. Keine Keine qua‑qua-
litative Bestimmiheit haftet ibm,
Bestimmtheit haftet an ibm, da alle Bestimmtheit nurr in
an da alle Bestimmtheit n u
einer Zweiheit,
einer Zweiheit, in Unterscheidung und
einer Unterscheidung
in einer und Entgegensetzung
Entgegensetzung ent: ent
steht, ausserhalb des Bewusstseins aber nichts ist,
steht, ausserhalb des Bewusstseins aber nichts was ihm
ist, was ihm ent‑ent-
gegengestellt werden
gegengestellt werden könnte. könnte. Jede Jede Beschaffenheit,
Beschaffenheit, die die w i r von
wir von
dem Selbst
dem Selbst aussagen
aussagen wollten, wollten, würde würde seineseine unendliche,
unendliche, alles alles um‑um-
schliessende Wesenheit
schliessende Wesenheit begrenzen begrenzen und d e m n a c h aufheben
und demnach aufheben ;; jeder
Versuch,
Versuch, es es zzum bestimmten und
u m bestimmten einzelnen Objekt
und einzelnen Objekt des E Er-r ‑
kennens
kennens zu zu machen,
machen, würde würde eine eine Vernichtung
Vernichtung seiner absoluten absoluten
We s e n h e i t bedeuten.
Wesenheit bedeuten. Der Der Scher
Scher des des Sehens
Sehens kann kann nichtnicht ge‑ ge-
schen, der Hörer
sehen, Hörer des Hörens nicht
des Hörens nicht gehört, Versteher des Ver‑
gehört, der Versteher Ver-
i c h t vverstanden
t e h e n s nnicht
sstehens w e r d e n . So
e r s t a n d e n werden. k ö n n e n wir
S o können N a t u r des
d i e Natur
w i r die des
Ich,
Ich, wie andererseits die
wie andererseits die Natur
Natur des des Alls
Alls der Dinge, sofern wir sie
Dinge, sofern sie
fassen und
fassen aussprechen wollen,
und aussprechen wollen, nnur u r in lauter
lauter Negationen
Negationen
kleiden; nicht
kleiden; nicht was was sie sie iist,
s t , sondern
sondern lediglich
lediglich was was siesie n i c hhtt iist,
st,
lässt sich in der
lässt sich der Sprache
Sprache unseres unseres empirischen
empirischen Wissens zum zum Aus‑Aus-
druck bringen.!)
druck bringen.) Mit Mit dieser EinsichtEinsicht aber hat hat diedie indische
indische Phi‑ Phi-
losophie wiederum
losophie wiederum in typischer Weise Weise das Schicksal und
das Schicksal und das das
Endergebnis
Endergebnis jeglicher metaphysischen Erkenntnislehre
metaphysischen Erkenntnislehre bezeichnet. bezeichnet.
DieErkenntnis
Die Erkenntnis erscheint erscheint hier als ein
hier als einVerhältnis zwischen Elementen,
Verhältnis zwischen Elementen,
n und für sich völlig
die an und für sich völlig unerkennbar bleiben; als ein
die a u n e r k e n n b a r bleiben; als ein Pro‑
Pro-
dukt,
dukt, dessendessen einzelne
einzelne Faktoren
Faktoren ffür uns dauernd
ü r uns dauernd unzugänglich
unzugänglich
sind. Hier
sind. Hier ist ist daher
daher die eigentliche Peripetie
die eigentliche Peripetie dieser dieser allgemeinen
allgemeinen
Grundanschauung erreicht.
Grundanschauung erreicht. Wenn Wenn anfangsanfangs die Aufgabe Aufgabe darin darin
bestand, das
bestand, beschränkte und
das beschränkte und relative
relative Erfahrungswissen
Erfahrungswissen durch durch
eine höhere,
eine unbedingte F oorrm
höhere, unbedingte m dder e r Erkenntnis
E r k e n n t n i s zu
zu entwerten
entwerten und und
•“ zu
zu verdrängen,
verdrängen, so so verkehrt
verkehrt sich dieses Ziel
sich dieses Ziel dort,
dort, wo wo es es bereits
bereits
unmittelbar ergriffen
unmittelbar scheint, in sein
ergriffen scheint, sein Gegenteil;
Gegenteil; ‐- so s o erscheint
erscheint

Diaod hy
Google
<
612 Die Vernunftkritik.

alles Wissen nunmehr als eine Beziehung zwischen schlechthin


unbekannten Grössen. Das absolute Subjekt, wie das absolute
Objekt, die als Ausgangspunkte der Fragestellung n i c h t ent‑
behrt werden können, werden durch das schliessliche E r g e b n i s
zu Nichte. ‐
Blickt m a n von hier aus zu den Anfängen der griechischen
Philosophie hinüber, so sieht m a n sich sogleich in eine völlig
neue Sphäre des Denkens versetzt. Die Frage nach dem Ich,
nach dem erkennenden Bewusstsein, das in seiner Unendlichkeit
unfassbar und keiner bestimmten Gestalt fähig ist, scheint hier
zunächst völlig zurückgedrängt. Der Blick der Forschung scheint
einzig und allein auf die empirischen O b j e k t e , aut den festen
und sicheren Umriss der sichtbaren Welt gerichtet. Zwar lehrt
die nähere Betrachtung sogleich, dass auch diese ersten Anfänge
wissenschaftlicher Welterklärung sich vom G r u n d g e d a n kund en
Grundtrieb der M y s t i k noch nirgends in prinzipieller Schärfe
losgelöst haben. Auch hier wird nach dem einheitlichen Ur‑
grund geforscht, der das Sein der Natur und das Sein der
Seele gleichmässig umfasst; auch hier wird die Tatsache des
Seins aus der Tatsache des Lebens zu deuten und zu be‑
greifen gesucht. Aber so wenig dieser Zusammenhang geleugnet
werden kann, so wenig wird durch ihn doch die spezifische
Eigenart der griechischen Spekulation bezeichnet. Was hier an
wahrhaft o r i g i n a l e n Leistungen geschaffen wird, das entstammt
nicht dem Geiste der Mystik, sondern muss sich gegen ihn, der
freilich als ein Erbgut aus Poesie und Religion weiterwirkt, all‑
mählich durchsetzen und befestigen. Es ist eine neue Art der Be‑
trachtung, eine neue Stellung des Gedankens zur Wirklichkeit,
die sich hier, wenngleich n u r in ersten Versuchen und Ansätzen,
i h r Recht erringt. Das Dasein und die sinnliche Lebendigkeit
der Dinge wird nicht mehr unmittelbar erfasst und beschrieben,
sondern es wird kraft eines allgemeinen „Prinzips“ gemeistert.
Die E i n h e i t des Seins wird nicht lediglich aus dem subjektiven
Affekt heraus gefordert, sondern sie wird in reinen begrifflichen
Entwürfen h e r z u s t e l l e n gesucht. A n die Stelle der Besonderheit
der Sinnendinge Iritt eine universelle gesetzliche Ordnung, über
deren W a h r h e i t nach feststehenden logischen Kriterien ent‑
schieden wird. Auch dort, wo die Naturerklärung der Vorsokratiker

Digilized hy Google
<
Subjekt und Objekt in der Naturphilosophie. 613

m i t Bestandteilen durchsetzt bleibt, die ihren letzten Ursprung in


der Mystik haben, gewinnen daher diese Motive nunmehr eine neue
Prägung. Die Forderung einer ursprünglichen Gleichheit,
einer Identität von Subjekt und Objekt wird nach wie vor auf‑
recht erhalten: denn n u r das Gleiche wird vom Gleichen er‑
kannt. Aber diese Identität wird nicht mehr jenseits der Er‑
scheinungswelt, in einem Sein, das jegliche empirische Bestim‑
mung v o n sich abweist, gesucht, sondern sie bezeugt und offen‑
bart sich unmittelbar in den Phänomenen selbst. Wie in der stoff‑
lichen Natur alles Gleichartige zu einander strebt und sich zu
vereinen trachtet, so beruht nach der bekannten Lehre des
Empedokles, die eine gemeinsame Grundanschauung der ge‑
samten griechischen Naturpbilosophie z u m prägnanten Ausdruck
bringt, auch alle unsere W a h r n e h m u n g der äusseren Dinge
auf einem Prozess wechselseitiger Ausgleichung und Verähn‑
lichung. „Denn m i t unserem Erdstoff erblicken w i r die Erde,
m i t unserem Wasser das Wasser, m i t unserer Luft die göttliche
Luft, m i t unserem Feuer endlich das vernichtende Feuer, mit un‑
serer Liebe ferner die Liebe der Welt und ihren Hass m i t unserem
traurigen Hasse“,?) Das metaphysische Grundproblem, das hier
so deutlich hindurchklingt, ist jetzt dennoch in d i e Sprache
der Physik übertragen und damit einer neuen Auffassung zu‑
gänglich gemacht. Die Einheit der c h e - m i s c h
physikalischen
Erklärungsweise ist dazu bestimmt, die Trennung von Ich und
Universum aufzuheben; die Erkenntnis bildet n u r einen Sonder‑
fall des allgemeinen natürlichen Geschebens und wird von den
gleichen Gesetzen, wie dieses beherrscht. Physisches und psy‑
chisches Sein können unmittelbar auf einander einwirken und
in einander übergehen. ‐ .
Dennoch verharrt auch diese Anschauung, wenn man ledig‑
lich die p r i n z i p i e l l e Richtung ins Auge fasst, die die Frage‑
stellung hier einschlägt, noch in dem gleichen begrifflichen
Gegensatz, von welchem die Metaphysik ihren eigentlichen Aus‑
gang genommen hatte. Eine neue und entscheidende Wendung
des Problems bereitet sich erst m i t den Anfängen der exakten
Wissenschaft vor. Erst der Aufbau und die systematische Ver‑
fassung der M a t h e m a t i k sind es, die nunmehr auf eine völlig
andersartige Aufgabe hinausweisen. Hier zuerst erfolgt jene eigen‑

Digilized hy Google
<
614 Die Vernunftkritik.

tümliche Abwendung von jeglicher Art des d i n g l i c h e n Seins,


die die Frage nach der Möglichkeit und der Gewissheit der E r ‑
kenntnis fortan auf eine neue Grundlage stell. Die W a h r h e i t
der reinen Geometrie besteht nicht darin und sucht nicht darin
ihren Beweis, dass in ihren Sätzen irgendwelche Verhältnisse der
tatsächlichen, konkreten „Wirklichkeit“ z u m Ausdruck und z u r
Nachbildung gelangen. Sie bleibt v o n der Frage nach dem Sein
und Ursprung der D i n g e , wie von der nach der Natur u n d
Beschaffenheit unseres Geistes in gleicher Weise unberührt.
Hier handelt es sich lediglich um den begrifflichen Zusammen‑
hang von Sätzen, von denen jeder einzelne ohne existenziellen
Halt und Untergrund ist. Jeder Folgesatz ist gültig, weil u n d
sofern er in notwendiger deduktiver Verknüpfung aus dem vor‑
hergehenden hervorgeht; der gesamte Inbegriff dieser Sätze aber
bildet ein Ganzes, in dem jeder Te i l wechselseitig den anderen
stützt und trägt, ohne dass sie in ihrer Gesamtheit eine Beziehung
auf ein äusseres Sein als Stütze bedürften. Was sich uns hier
darbietet, ist ein Komplex von Bedingungen, der seinen
Schwerpunkt und seine Festigkeit rein in sich selbst besitzt.
W i r wissen nur, dass, w e n n ein Satz a gilt, auch ein anderer
b gelten muss, und diese hypothetische Behauptung bleibt in
Kraft und verliert nichts von ihrem Wert, gleichviel ob sich in
irgend einem Bereich der Wirklichkeit tatsächliche Korrelate f ü r
die einzelnen Elemente finden, deren Verknüpfung hier ausgesagt
wird. So hält sich die Mathematik, wie sie auf die Forderung
des Daseins überhaupt verzichten kann, insbesondere auch völlig
ausserhalb jener ursprünglichen dualistischen E n t z w e i u n g der
Wirklichkeit, die f ü r die metaphbysische Erkenntnistheorie den
Anstoss bildete. So wenig sie es unmittelbar m i t den konkreten
physischen Objekten zu tun hat, so wenig versenkt sie sich
jemals direkt in die Tatsachen unserer geistigen Innenwelt, in die
Betrachtung und Zergliederung der Vorstellungen. Das mathe‑
matische Urteil berichtet nicht, was irgend ein psychologisches
Subjekt hier und jetzt, unter diesen oder jenen Umständen gedacht
habe, noch auch was es nach seiner empirischen Beschaffenheit
immer denken werde; sondern es setzt eine Beziehung zwischen
Begriffen fest, die rein aus deren idealer logischer Bedeutung
hervorgeht und die daher von der Frage, ob diese Begriffe im

Digilized hy Google
<
Das
D Problem ddes
a s Problem Seins und
e sSeins die Mathematik.
u n d die Mathematik. 515
615

a k t u eelllleenn Vo r s t e l l e n jemals realisiert


Vorstellen realisiert sein sein werden,
werden, völlig
völlig uun- n‑
abhängig
abhängig bleibt. bleibt. So So drängt
drängt die die Mathematik
Mathematik ‐- auch auch wennwenn sie sie
keineswegs
keineswegs vvon Anfang an
o n Anfang an in dieserdieser Klarheit
Klarheit ihrer logischen
logischen
Grundtendenz
Grundtendenz erfasst erfasst wird wird -‐ doch doch vonvon selbst
selbst und immer stärker
und immer
zzuueiner Kritik des
einer Kritik des herkömmlichen
herkömmlichen Gegensatzes des „Psychischen® „Psychischen"
und „Physischen“,
und „Physischen", des „Subjektiven“ und
des „Subjektiven" „Objektiven", der
und „Objektiven“,
zunächst unüberwindlich,
zunächst unüberwindlich, weil weil ausschliesslich
ausschliesslich und und allgemein‑
allgemein-
gültig
gültig zu sein schien.
zu sein schien. Jetzt handelt handelt es sich nicht
es sich m e r darum,
nicht mehr darum,
einen Uebergang
«einen Uebergang zwischen zwischen zwei getrennten Sphären
zwei getrennten Sphären des Seins
des Seins
herzustellen, sondern einen bestimmten
'herzustellen, sondern einen bestimmten Inbegriffvon Inbegriff von Wa h r h e ii t eenn
e
derart zu analysieren, dass die
derart zu analysieren, dass die Bedingungen seiner Geltung zu
Bedingungen seiner Geltung zu
*Tage treten;
Tage treten; jetzt jetzt gehtgeht diedie Frage
Frage nicht
nicht mehr mehr in Linie auf
in erster Linie auf
‚died i e Existenz
Existenz der Sachen, Sachen, sondern sondern auf auf die die Beziehung
Beziehung und und Ab‑ Ab-
hängigkeit,
hängigkeit, auf auf das das Verhältnis
Verhältnis der Ueber- und
der Ueber- und Unterordnung,
Unterordnung, das das
wischen U
zzwischen U rr tt e
e ii l e
e nn obwaltet.
obwaltet. ‑
Wie
Wie aus Zusammenhang m
diesem Zusammenhang
aus diesem Mathematik jene
miti t der Mathematik
eue F
neue
n o r m des
Form des Seins erwächst, die
Seins erwächst, die P l a t o n in seiner Dialektik
Platon
entdeckt und
entdeckt und die die er er in immer
immer schärferer Sonderung gegen
schärferer Sonderung gegen das
Sein der
Sein Einzeldinge, wie gegen
der Einzeldinge, gegen das Sein der blossen
das Sein blossen „Vorstellung“
„Vorstellung"
zu
zu begründen
begründen strebt: strebt: dies bedarf hier
dies bedarf keiner ausführlichen
hier keiner ausführlichen Dar‑ Dar-
legung
legung mehr.mehr. Die Die Realität,
Realität, diedie der Idee I d e e eignet,
eignet, istist im letzten
letzten
‘Grunde
Grunde aus aus der Zergliederung
Zergliederung des des logischen
logischen Sinnes Sinnes der mathe‑ mathe-
matischen Urteile
matischen Urteile abgelesenabgelesen und und abgeleitet.
abgeleitet. (Vgl. (Vgl. Bd.
Bd. I, S.S. 3434 ff.)ff.)
Aber
Aber es eröffnet sich an diesem
es eröffnet sich an diesem Punkte zugleich ein neuer Zu‑
Punkte zugleich ein neuer Zu-
sammenhang,
sammenhang, der der für die gesamte
für die geschichtliche Fortentwicklung
gesamte geschichtliche Fortentwicklung
des
des Problems von entscheidender
Problems von entscheidender Bedeutung Bedeutung wird. wird. Platons
Platons
Grundlegung
Grundlegung des des Begriffs
Begriffs der der E r k e nn nntt nnii ss ist e m Boden
a u f ddem
ist auf Boden
der E tt hhiikk erwachsen.
der erwachsen. Nicht Nicht von von der sinnlichen Mannigfaltigkeit
der sinnlichen Mannigfaltigkeit
der Naturdinge
der Naturdinge wird wird hier ausgegangen, sondern
hier ausgegangen, sondern vvon o n der
der Sokrati‑
Sokrati-
schen Frage
schen Frage nach nach dem dem sittlichen
sittlichen Begriff.
Begriff. So So sehr Platon
Platon diesediese
erweitert,
erweitert, so so ssehr e h r eerr den Sokratischen Begriff
den Sokratischen Begriff des WissensWissens m mit it
neuem Gehalt erfüllt
neuem Gehalt erfüllt hat: hat: diedie Idee des Guten
Idee des bleibt auch
G u t e n bleibt auch i h m m
die höchste Erkenntnis,
die höchste Erkenntnis, die die an an Rang
Rang und und Würde alle alle anderen
anderen
überragt.
überragt. Die Die Natur Natur selbst selbst ist ist nnur insofern ein
u r insofern ein Vorwurf
Vorwurf der
Philosophie, als
Philosophie, sich in
als sich i h r eine
in ihr harmonische Ordnung
eine harmonische Ordnung der der
Zwecke
Zwecke vor uns enthüllt. So
uns enthüllt. So behauptet
behauptet hier hier von Anfang an
von Anfang an das
Problem
Problem des des Wertes
Wertes den den Vorrang
Vorrang vor dem Problem der W
dem Problem Wii r k -‑
llichkeit.
i c h k e i t . Die „Objektivität“ aber
Die „Objektivität" aber bedeutet im Gebiet Gebiet des Sitt-
des Sitt‑
u
88*

Digilized hy Google
<
6516 Die Vernunftkritik,

lichen nichts anderes und kann hier in keinem anderen Sinne


verstanden werden, als dass es allgemein verbindliche Regeln
gibt, kraft deren unser Wollen und Tun, entgegen der Vielfältigkeit
und dem Widerstreit der individuellen Affekte und Neigungen,
ein in sich folgerechtes und einheitliches gesetzliches Gepräge
gewinnt. Diese Forderung, die Sokrates f ü r das Handeln gestellt,
wird jetzt auf das Gesamitgebiet des geistigen Seins Bndgedehnt.
Der Gegensatz des „Subjektiven* und „Objektiven“ wandelt sich
aus einem Gegensatz des Seins in einen Gegensatz des Wertes.
Die Wahrheit der Vorstellung wird nicht danach bemessen, ob
und wieweit sich in i h r eine andere Art der Existenz kundgibt,
sondern danach, ob sie den allgemeingültigen und konstanten
N o r m e n gemäss ist, die aus sich heraus den Wert des Wissens
bestimmen. An die Stelle der Unterscheidung des „Innern“ u n d .
„Aeusseren“, der Vorstellung und ihres absoluten Objekts, tritt in
erster Linie die Unterscheidung der Gewissheitsgrade der
E r k e n n t n i s selbst, die Unterscheidung von d6&a und emoryun.
Die eigentliche Grundfrage lautet jetzt nicht mehr, ob eine Vor‑
stellung in uns ein einzelnes äusseres Dasein unmittelbar nach‑
bildet, sondern ob in einer bestimmten einzelnen Aussage die
allgemeinen Bedingungen und Kriterien der echten E r k e n n t n i s
erfüllt sind. Man mag immerhin die „richtige Vorstellung“, die
öpd doku als diejenige definieren, die mit ihrem Gegenstande
übereinstimmt, so erweist sich doch dieses Merkmal alsbald f ü r
die tiefere logische Begriffsbestimmung. des Wissens als unzu‑
länglich. Diese Eigenschaft könnte die Vorstellung immerhin an
und für sich besitzen; f ü r u n s , f ü r unser Bewusstsein kann
sie trotzdem solange nicht den Wert der Wahrheit beanspruchen,
als sie nicht als konstant und notwendig eingesehen und
begründet ist. Diese Begründung aber kann lediglich nach
den f o r m a l e n Grundregeln und Grundvoraussetzungen erfolgen,
die wir „selbst in uns selbst“ zu gewinnen und aufzudecken ver‑
mögen. Die Wahrheit einer Vorstellung hängt somit nicht länger
von ihrem materialen Gebalt, von ihrer isolierten absoluten Seins‑
beschaffenheit ab, sondern von dem Zusammenhang d e r B e ‑
g r ü n d u n g , in welchen sie eingestellt ist. Hier erst erschliesst
sich das wahrhafte Sein, das allein die dialektische Methode zu ge‑
währen vermag. Die „Vorstellung“ heisst uns „wahr“, wenn sie

Digilized hy Google
<
Die doppelte
Die doppelte Bedeutung der Objektivität.
Bedeutung der Objektivität. 517
517

dieser Methode
kraft dieser
kraft Methode Bestand wenn sie
Bestand gewinnt; wenn dem Kreise
aus dem
sie aus Kreise
dder blossen Meinung
e r blossen heraustritt und
Meinung heraustritt und einen
einen neuen Charakter der
neuen Charakter der
Notwendigkeit
Notwendigkeit erwirbt. erwirbt. ‑
Aber freilich wird
Aber freilich wird das Schicksal des
das Schicksal des Platonismus
Platonismus und und diedie
Form,
Form, in welcher
welcher er er in der weiterlebt,
Geschichte weiterlebt, nicht durch
Geschichte nicht durch
diesen seinen
diesen seinen eigentümlichsten Grundgedanken bestimmt,
eigentümlichsten Grundgedanken bestimmt, durch durch
den
d e n er sich von
er sich aller Vergangenheit
von aller Vergangenheit der Philosophie unterscheidet.
der Philosophie unterscheidet.
Bei Platon
Bei Platon selbst selbst wirkt
wirkt vvon Anfang an
o n Anfang an ein anderes Motiv,
ein anderes Motiv, das
nicht minder
nicht minder entschieden
entschieden Geltung verlangt. Zwar die
Geltung verlangt. die Gefahr
Gefabr
unmittelbaren Hypostasierung
der unmittelbaren Hypostasierung der Idee ist,
d e rIdee soweit sie
ist, soweit sie
bestand,
bestand, von von Platon selbst in der
Platon selbst ständig erneuten,
der ständig erneuten, kritischen
kritischen
Selbstprüfung
Selbstprüfung seiner seiner Lehre,
Lehre, die die die späteren Dialoge
die späteren Dialoge durchführen,
durchführen,
mehr und
mehr u n d mehr
m e h r als solche eerkannt
als solche r k a n n t und somit überwunden
u n d somit ü b e r w u n d e n worden.
worden.
Das Problem,
Das Problem, an an dem
dem der der Platonismus,
Platonismus, logisch logisch betrachtet,
betrachtet, seine
Grenze
Grenze findet,findet, ist nicht die
ist nicht die Transzendenz der Idee, Idee, sondern
sondern die
Transzendenz der Seele.
Transzendenz Seele. In der Frage Frage nach nach dem dem Sein Sein undund
Ursprung
Ursprung der der Seele
Seele steht Platon m
steht Platon miti t der
der religiösen
religiösen Bewegung
Bewegung der
Zeit, insbesondere
Zeit, insbesondere mit Orphik in
der Orphik
m i t der in der
der TatTat in in unmittelbarem
unmittelbarem
lebendigen
lebendigen Zusammenhang.
Zusammenhang. Der eine
Der eine wesentliche Grundzug Grundzug
aller Mystik zwar,
aller Mystik zwar, diedie unmittelbare
unmittelbare Verschmelzung
Verschmelzung von von Seele
und Welt,
und Welt, ist bei ihm
ist bei aufgehoben und
ihm aufgehoben endgültig überwunden.
und endgültig überwunden.
Kein persönlicher Affekt,
Kein persönlicher Affekt, keinkein blosses subjektives Gefühlsmoment
blosses subjektives Gefühlsmoment
mischt
mischt sich sich mehrmehr in seine Auffassung der
seine Auffassung gegenständlichen Wirk‑
der gegenständlichen Wirk-
lichkeit. Nach
lichkeit. Nach der der Seele Menschen wird
Seele des Menschen nicht mehr,
wird nicht mehr, wie wie
bisher,
bisher, im Zusammenhang
Zusammenhang der Naturprobleme Naturprobleme gefragt; gefragt; sondern
sondern
diese Frage
diese Frage betrifft ausschliesslich im Sokratischen
betrifft ausschliesslich Sokratischen Sinne Sinne das
Problem
Problem seines sittlichen Wertes
seines sittlichen Wertes und sittlichen Bestimmung.
und seiner sittlichen Bestimmung.
Aber ebeneben diese diese B e s t i m m u n g scheint
Bestimmung scheint nnur u r dann
dann einen einen festen
festen
Halt gewinnen, scheint nur
Halt gewinnen, n u r dann
dann ein Einsicht und
Objekt der Einsicht
ein Objekt und der
Erkenntnis werden
Erkenntnis werden zu zu können,
können, wenn wenn die andere Frage
die andere Frage nach nach der
H e r k u n f t der
Herkunft der Seele klar und
Seele klar eindeutig beantwortet
und eindeutig beantwortet ist. An diesem
ist. An diesem
Punkte wandelt
Punkte wandelt sich sich die Analyse des
die Analyse des Wissens
Wissens von neuem in das
von neuem das
metaphysische
metaphysische Problem Problem des Ursprungs des
des Ursprungs Seins. Die
des Seins. Die logische
logische Pri‑Pri-
orität der Grunderkenntnis wird
der Grunderkenntnis wird in einer vorzeitlichen E x i ss t e nn zz
einer vorzeitlichen
des Bewusstseins
des Bewusstseins zu sichern und
zu sichern und zu gesucht. So
gründen gesucht.
zu gründen So lenkt
lenkt
die Platonische Lehre
die Platonische Lehre der dvduvnote,
äväpvnox, so so reich
reich auch
auch sie sie selbst
selbst noch
noch
an
an ffruchtbaren
r u c h t b a r e n logischen Motiven ist,
logischen Motiven als Ganzes
ist, als d e n n o c h wieder‑
Ganzes dennoch wieder-
um in
um in jenen
jenen Umkreis
Umkreis der der Betrachtung
Betrachtung zurück, zurück, über über den den Mathe‑
Mathe-

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Google
Digilized hy
<
518 Die Vernunftkritik.

matik und Ethik gleichmässig hinauswiesen. Die Frage nach


dem Ursprung und Geschick der Einzelseele, nach ihrem wahren
Sein und ihrer wahren Heimat, verdrängt die andere nach den
Gründen der Gewissheit der theoretischen und praktischen
Urteile. ‐
Die Entwicklung, die die Philosophie im ausgehenden Alter‑
tum nimmt, macht es begreiflich, dass dieses Problem immer
mehr als die eigentliche Substanz des Platonischen Denkens er‑
scheinen musste. Die Neuplatonische Lehre erwächst aus dem
religiösen Grundirieb der Erlösung. Wieder soll das Ich seiner
engen empirischen Schranken entledigt, wieder soll es einer
höheren Form des Seins teilhaft gemacht werden. Die Seele soll
zu ihrem göttlichen Ursprung, von dem sie abgefallen ist, wieder
emporgehoben werden, indem sie alle Grade und Stufen, die
zwischen i h r und dem höchsten unbedingten Sein stehen, rück‑
wärts von neuem durchmisst. Und dieser Weg führt nur auf
eine kurze Strecke h i n durch das Gebiet der Erkenntnis hin‑
durch: denn das Urwesen liegt als solches über alles Sein und
über alle Bedingungen des rationalen Wissens hinaus. Diese
Ansicht der Platonischen Gedankenwelt ist es, die insbesondere
durch die Vermittlung Augustins auf das christliche Mittelalter
übergeht und die noch in der Renaissance ihre ungeschwächte
Fortwirkung beweist, Die eigentlichen Lehrer des Platonis‑
mus i n der neueren Zeit, die Denker, die ‐ wie M a r s i l i u s
F i c i n u s oder CGudworth ‐ als seine authentischen Interpreten
gelten, hängen m i t der Grundanschauung Augustins noch inner‑
lich zusammen. (Vgl. Bd. I, S. 104f., Bd. I I , S. 301.) Bei Augusiin
aber w a r die S u b s t a n t i a l i s i e r u n g der Platonischen Gedanken
an e i n e m Punkte zum endgültigen und charakteristischen Ab‑
schluss gelangt. Die ewigen Wa h r h e i t e n haben sich i n die
Gedanken Gottes gewandelt: die Geltung der Ideen sucht ihren
Halt und ihre Sicherheit im aktuellen Sein des göttlichen Geistes.
Nicht w i r sind es mehr, die in der Aktivität des Erkennens das
wahrhafte Sein begründen und feststellen, sondern seine Gewiss‑
heit und Wahrheit fliesst aus dem göttlichen „Logos* auf uns
über. So ist hier der r e l i g i ö s e Begriff des „Selbstbewusstseins“
z u m Fundament der Erkenntnislehre geworden. Gott und die
Seele bilden wiederum die einzigen, ausschliesslichen Angel‑

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<
Platonismus und Augustinismus. 519

punkte, um die alle Spekulation, um die alle philosophische


Selbsterkenntnis sich bewegt. „Augustin* ‐ so urteilt H a r n a c k ‑
„hat die Entwicklung der antiken Philosophie zu Ende geführt,
indem er den Prozess, der aus dem naiv-Objektiven zu dem sub‑
jektiv-Objektiven führte, z u m Abschluss gebracht hat. Was längst
gesucht wurde ‐ das Innenleben zum Ausgangspunkt des Denkens
über die Welt zu machen ‐ das hat er gefunden. Und indem
er sich dabei nicht leeren Träumereien hingab, sondern m i t einer
wahrhaft „physiologischen Psychologie“ alle Zustände des Innen‑
lebens von den elementaren Vorgängen an bis zu den sublimsten
Stimmungen durchforschte, ist er, weil das Gegenbild des Aristo‑
teles, so der wahre Aristoteles einer neuen Wissenschaft ge‑
worden, die es freilich vergessen zu haben scheint, dass sie als
Erkenntnistbeorie und innere Beobachtung aus dem monothei‑
stischen Glauben und dem Gebetsleben entsprungen ist*.?) Bei
diesem Urteil ist das eine, entscheidende Moment übersehen,
dass, wie mächtig Augustin auch auf die neuere Zeit gewirkt hat,
der moderne k r i t i s c h e Begriff der „Subjektivität* nur in der
Rückwirkung und im Gegensatz zu i h m geschaffen werden konnte.
Dieser Begriff stammt nicht aus der psychologischen Selbstbe‑
obachtung, noch aus der religiösen Stellung zur Wirklichkeit,
sondern aus der Untersuchung der „objektiven“ begrifflichen
Fundamente des exakten und empirischen Wissens. Aber frei‑
lich ist diese Aufgabe, auch dort, wo sie in prinzipieller Schärfe
und Klarheit erfasst wird, in den A n f ä n g e n der neueren Philo‑
sophie noch überall durchsetzt m i t den Elementen Augustinischer
Gedankenstimmung. In Descartes’ Begriff des „Cogito“ lassen
sich beide Momente bereits deutlich erkennen und sondern. Er
bezeichnet ebensosehr die Einheit der Methode der Cartesischen
Philosophie, wie die Einheit des empirischen Selbstbewusstseins;
er steht ebensowohl für den „Intellekt“ als den Inbegriff der
Regeln und Prinzipien des Wissens, wie für das Sein der indivi‑
duellen Seele und ihre Unterscheidung v o n der Körperwelt. Und
eben diese Doppelheit der Betrachtungsweise w a r es, die ‐ wie
wir sahen ‐ die gesamte weitere Entwicklung des Cartesianismus
bestimmte und die in i h r zu immer schärferem Ausdruck ge‑
langte. (Vgl. Bd. I, S.434ff) Auch in L e i b n i z ist, bei allem
systematischen Fortschritt über Descartes hinaus, der endgültige

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<
620
520 Die Vernunftkritik.
Die Vernunftkritik.

Ausgleich dieses
Ausgleich Grundkonfliktes nicht
dieses Grundkonfliktes erfolgt. Er bezeichnet
nicht erfolgt. bezeichnet die
Untersuchung des
Untersuchung Begriffs der
des Begriffs der Wa W a hhrr hheeiitt m miti t vollster Bewusst‑
Bewusst-
heit und
heit Entschiedenheit als
und Entschiedenheit als den Anfang aller Philosophie;
den Anfang Philosophie; er
sucht
sucht in derder Analyse des des U Urteils die Elemente
r t e i l s die Elemente für alle alle meta‑
meta-
physische Bestimmung des
physische Bestimmung des Seins
Seins zu gewinnen. Und
zu gewinnen. Und er bleibt
bleibt
nicht dabei
nicht stehen, diese
dabei stehen, Forderung im allgemeinen
diese Forderung allgemeinen zu zu konzi‑
konzi-
pieren, sondern er
pieren, sondern führt sie,
er führt sie, durch
durch alle Gebiete des des konkreten
konkreten
Wissens hin,
Wissens hin, in unvergleichlicher logischer Energie Energie durch.durch. (S$. (S.
Buch
Buch IIV, V, Kap. 2). Aber
Kap. 2). Aber diesediese seine allgemeine Prinzipienlehre
seine allgemeine Prinzipienlehre
bleibt dennoch nicht
bleibt dennoch seine geschichtlich
nicht seine geschichtlich markanteste markanteste Leistung.
Leistung.
Den Zeitgenossen
Den Zeitgenossen zzum u m mindesten
mindesten und und den nächsten Nachfolgern
den nächsten Nachfolgern
tritt der
tritt Schöpfer der
der Schöpfer der „Scientia
„Scientia generalis“
generalis" alsbald alsbald hinterhinter demdem
Urheber
Urheber des Systems der „praestabilierten
des Systems „praestabilierten Harmonie“ Harmonie" zurück. zurück.
Und
Und diedie „Harmonie“
„Harmonie" wird hierbei nicht
wird hierbei nicht im esoterischen
esoterischen SinneSinne
des Systems
des gefasst, nach
Systems gefasst, nach welchem
welchem sie zunächst und
sie zunächst und vor allem
allem
den Einklang
den Einklang verschiedenartiger
verschiedenartiger gedanklichrer Gesichtspunkte und
gedanklicher Gesichtspunkte und
Beurteilungsweisen bedeutet,
Beurteilungsweisen bedeutet, sondern sondern sie erscheint als eine
sie erscheint
Gemeinschaft
Gemeinschaft und ein sachliches Band,
als ein
und als Band, das das die die unendliche
unendliche
Mannjgfaltigkeit individuellen Substanzen
Mannigfaltigkeit der individuellen Substanzen unter unter einander
vereinigt. Wiederum
vereinigt. Wiederum ist ist eses somit,
somit, in dem dem abschliessenden
abschliessenden Welt‑ Welt-
bilde Monadologie, die
bilde der Monadologie, ursprüngliche göttliche
die ursprüngliche göttliche Verfassung
Verfassung
des Universums, die
des Universums, die die Möglichkeitder
die Möglichkeit der E r k e n n t n i s als
Erkenntnis als einen
einen
Sonderfall
Sonderfall iinn sich begreifen und
sich begreifen u n d erklären
e r k l ä r e n soll.
soll. Die Die verschie‑
verschie-
denen empirischen Subjekte
denen empirischen Subjekte stimmen stimmen in ihrer Auffassung Auffassung der
Wirklichkeit überein,
phänomenalen Wirklichkeit überein, weil sie sämtlich lediglich
phänomenalen weil sie sämtlich lediglich
Produkte und
Produkte und Teilausdrücke des des göttlichen sind, der
Intellekts sind,
göttlichen Intellekts
ihre übergreifende
ihre systematische Einheit
übergreifende systematische Einheit darstellt.
darstellt. ‑-
Wie
Wie tief allgemeine Einfluss
tief dieser allgemeine Einfluss der Metaphysik Metaphysik in die die
ersten geschichtlichen Anfänge der Erkenntniskritik
ersten geschichtlichen Erkenntniskritik eingreift, eingreift, da‑
da-
ffür
ü r gibt sodann die
gibt sodann Entwickelung des philosophischen
die Entwicklung philosopbischen Empirismus Empirismus
einen neuen überzeugenden
einen neuen überzeugenden Beweis. Beweis. Gerade Gerade hier, hier, wo man sich
wo man sich
äusserlich der Herrschaft
äusserlich Herrschaft der der Metaphysik’
Metaphysik' entwachsen entwachsen glaubt, glaubt,
tritt ihre latente
tritt ihre latente Fortwirkung
F o r t w i r k u n g aufs aufs deutlichste
deutlichste zutage. zutage. Bei Bei
LLocke bildet, trotz
o c k e bildet, psychologischen Kritik,
trotz aller psychologischen Kritik, das das alte
alte Sub‑
Sub-
jekt-Objekt-Schema noch
jekt-Objekt-Schema noch denden selbstverständlichen,
selbstverständlichen, nirgends nirgends ernst‑
ernst-
haft bezweifelten Ausgangspunkt.
haft bezweifelten Ausgangspunkt. Dass Dass alle alle Erkenntnis
Erkenntnis sich sich aus
aus
den
den Eindrücken
Eindrücken der absoluten Objekte
der absoluten Objekte auf auf dasdas Ich Ich und
und ausaus der
der
Rückwirkung
Rückwirkung der der „Seele“
„Seele" auf diese Reize,
auf diese Reize, die die sie sie von
von aussen
aussen

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<
Subjekt und Objekt in der Erfahrungsphilosophie. 521

empfängt, zusammensetzt, dies bildet bei i h m nicht das Ergebnis


der psychologischen Analyse, sondern ein Faktum, das er i h r
voransetzt. Und bei Berkeley, der diesen Grundmangel auf‑
deckt, trifft die Kritik wiederum n u r die e i n e Seite des Gegen‑
satzes. Die Vernichtung der absoluten Materie dient n u r dazu,
dem I c h n u r umso festeren und substantielleren Gehalt zu ver‑
leihen. Von neuem ist es somit das Grundmotiv des S p i r i t u a ‑
lismus, das hier noch einmal in voller Stärke erwacht, und das
sich, wie w i r im Einzelnen verfolgen konnten, m i t der fortschrei‑
tenden Entwicklung v o n Berkeleys Lehre immer deutlicher an
die Stelle der empirisch-psychologischen Zergliederung der Vor‑
stellungen setzt. (Vgl. ob. S. 234 ff.) Erst die Lehre H u m e s scheint
den Prozess der Selbstauflösung der Metaphysik wahrhaft zu
Ende zu führen; erst sie scheint das äussere, wie das innere
„Sein“ gleichmässig in die blosse assoziative Verknüpfung der
Eindrücke aufzulösen. Aber abgesehen davon, dass sie, wo
immer sie eine positive psychologische E r k l ä r u n g der Grund‑
tatsachen der Erkenntnis versucht, die objektive Gültigkeit der‑
jenigen Begriftle voraussetzen muss, deren Wert und deren lo‑
gisches Recht sie ursprünglich verneint: so liefert doch gerade
die N e g a t i o n , mit der sie endet, den stärksten mittelbaren Be‑
weis f ü r die Macht des metaphysischen Grundschemas. Dieses
Schema bestreiten: dies scheint jetzt nichts Geringeres zu be‑
deuten, als die Möglichkeit der Erkenntnis selbst leugnen. So
tief scheint der Begriff des absoluten Seins in die Fundamente
unseres Wissens eingesenkt, so unlöslich scheint er m i t ihnen
verwachsen, dass es der Zerstörung dieser Fundamente selbst
gleichkommt, wenn der Versuch unternommen wird, i h n auszu‑
sondern und aufzuheben.
An diesem Punkte setzt die Kantische Philosophie ein. Von
i h r gilt i n der Tat das Wort des bekannten S c h i l l e r s c h e n
Epigramms: dass sie von dem Ding nichts weiss und nichts von
der Seele. I n ihren Anfängen und ihrer G r u n d l e g u n g z u m
mindesten braucht sie diesen Gegensatz nicht zu kennen; braucht
sie i b n nicht als einen ursprünglichen und selbstverständlichen
anzuerkennen. Den Inhalt der Kantischen Lehre bildet nicht das
Ich, noch sein Verhältnis zu den äusseren Gegenständen, sondern
worauf sie sich in erster Linie bezieht, das ist die Gesetzlichkeit

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<
522 Die Vernunftkritik.

und die logische Struktur der E r f a h r u n g . Gegenstände, „innere*


wie „äussere“, sind nicht an und für sich vorhanden, sondern
sie entstehen uns erst im Prozess der Erfahrung. Diesen Prozess
gilt es zu begreifen, seine Normen und Regeln zu entwickeln,
bevor wir irgend eine Aussage über das Sein der Dinge tun.
Wenn bisher die Dinge und das Ich, um in ihrem Zusammen‑
hang begriffen zu werden, stets auf einen gemeinsamen metaphy‑
sischen Hintergrund projiziert, wenn sie aus einem gemeinsamen
sachlichen Ursprung abzuleiten gesucht. wurden, so kann diese
Frage fortan völlig auf sich beruhen. Was gesucht wird, ist
lediglich die allgemeingültige logische Grundform der Erfahrung
überhaupt, die f ü r die „innere“ wie die „äussere* Erfahrung
in gleicher Weise verbindlich sein m u s s , Das Wissen um die
Gegenstände kann v o n dem Wissen um unser „Ich“ nicht völlig
verschieden sein, sondern beide Arten der E r k e n n t n i s müssen
in irgend einem systematischen P r i n z i p geeint sein. Hier
besitzen w i r die eigentliche, wahrhafte Ursprungseinheit, auf die
w i r n u r zurückzugreifen brauchen, um die absoluten Gegensätze
der bisherigen Ontologie zur Auflösung zu bringen. Die Grund‑
tendenz und die Methode Jer Kantischen Untersuchung ist damit
bereits sicher abgegrenzt. Nicht die Dinge, sondern die U r t e i l e
über die Dinge bilden ihren Vorwurf. Ein Problem der L o g i k
ist- gestellt; aber dieses logische Problem bezieht und richtet sich
einzig und allein auf diejenige eigentümliche und spezifische
Form des Urteils, in welcher wir E x i s t e n z setzen, in welcher
w i r empirische Gegenstände zu erkennen behaupten. Erst durch
diese zwiefache Richtung ist der Doppelcharakter der kritischen
Philosophie bezeichnet. Beurteilt m a n Kaut als reinen Lo‑
giker, betrachtet man lediglich dasjenige, was er für die
formale Logik selbst, wie f ü r die abstrakte Prinzipienlehre
der reinen Mathematik geleistet hat, so kann kein Zweifel besteben,
dass er hier hinter den grossen rationalistischen Vorgängern, dass
er insbesondere hinter L e i b n i z zurückbleibt. Aber dieser Mangel
hängt m i t seinem eigentümlichsten Vorzug innerlich zusammen.
Sein Blick ist einzig und allein auf die Erfahrung, auf die Prin‑
zipien der empirischen Erkenntnis gerichtet‘) Die Mathematik
selbst kommt n u r insoweit in Betracht, als sie sich in der
Anwendung auf konkrete, tatsächliche Objekte zu bewähren

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<
‚Der Grundbegriffder Erfahrung. 523

vermag. Die Untersuchung des reinen geometrischen Raumes,


die Rückführung seiner Gebilde auf die kleinste Zahl von Prin‑
zipien und Axiomen wäre nach Kant um nichts besser, denn
„die Beschäftigung m i t einem blossen Hirngespinst, wäre der
Raum nicht als Bedingung der Erscheinungen, welche den Stoff
zur äusseren Erfahrung ausmachen, anzusehen; daher sich jene
reinen synthetischen Urteile, obzwar n u r mittelbar, auf mögliche
Erfahrung oder vielmehr auf dieser ihre Möglichkeit selbst be‑
ziehen und darauf allein die objektive Gültigkeit ihrer Synthesis
gründen. Da also Erfahrung als empirische Synthesis in ihrer
Möglichkeit d i e einzige E r k e n n t n i s a r t i s t , welche a l l e r
anderen Synthesis R e a l i t ä t gibt, so hat diese als Erkenntnis
a priori auch n u r dadurch W a h r h e i t (Einstimmung m i t dem
Objekt), dass sie nichts weiter enthält, als was z u r synthetischen
Einheit der Erfahrung überhaupt notwendig ist. (Kr. 196 £.)') Die
Analyse des Wahrheitsbegriffs, die den Grund und Beginn
des Leibnizischen Rationalismus ausmachte, wird als erste, wesent‑
liche Forderung festgehalten; aber sie erhält ein neues Ziel, in‑
dem sie einzig und allein auf die Analyse des Erfahrungsbegriffs
hingelenkt und i h r dienstbar gemacht wird.

nl.
Das P r o b l e m der O b j e k t i v i t ä t . ‐ Analytisch
u n d synthetisch.
Der synthetische Beweisgang, den die Kritik der Vernunft
einschlägt, deckt nicht den inneren logischen Bildungsprozess
des Kantischen Denkens auf. Die Bausteine für das System der
Erkenntnis werden einzeln herbeigeschafft und bearbeitet, noch
ehe der Gesamtplan des Gebäudes, dem sie eingefügt werden sollen,
klar und übersichtlich heraustritt. Und diese Isolierung der
Einzelglieder dient nicht lediglich den methodischen und stilisti‑
schen Zwecken der Darstellung; sondern es lässt sich deutlich
verfolgen, wie f ü r Kant selbst der eigentliche Einheitsgedanke,
von dem seine Lehre geleitet und beherrscht wird, erst im Fort‑
gang der Untersuchung selbst erarbeitet und zu immer grösserer
begrifflicher Schärfe entwickelt wird. Die „Prolegomena* erst,

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5524
24 Die Vernunfthritik.
Die Vernunftkritik.

die die
die die Ergebnisse
Ergebnisse der Vernunftkritik als als vollendetes
vollendetes Ganze
Ganze vvor
or
sich sehen und
sich sehen und die die es
es rückblickend überschauen und
rückblickend überschauen u n d beurteilen
beurteilen
können, führen
können, führen unmittelbar
unmittelbar in den Mittelpunkt der kritischen
den Mittelpunkt kritischen
Problemstellung ein,
Problemstellung ein, um von hier
um von aus den
hier aus den Weg Weg zur Peripherie
Peripherie
und zu
und zu denden immerimmer weiteren Bestimmungen und
weiteren Bestimmungen und Verzweigungen
Verzweigungen
Gedankens zu
des Gedankens
des zu weisen.
weisen. ‑
W
Wir i r erblicken
erblicken die die Frage sogleich innerhalb
Frage sogleich innerhalb des grossen
grossen
Zusammenhangs, den
g e s c h i c h t l i c h e n Zusammenhangs,
geschichtlichen den w wir verfolgt haben,
i r verfolgt haben, wenn
wenn
Kant m
Kant Unterscheidung der U
miti t einer Unterscheidung r t e i l e beginnt.
Urteile Der Gegensatz
beginnt. Der Gegensalz
des „Subjektiven* und
des „Subjektiven" und „Objektiven“
„Objektiven* wird Einführung in das
wird zur Einführung das
Problem der Erkenntniskritik aufgenommen; aber er
Problem der Erkenntniskritik aufgenommen; er bedeutet
jetzt Verhältnis und
kein Verhältnis
jetzt kein und keinen Unterschied in den
keinen Unterschied den Sachen
Sachen mehr,
mehr,
sondern eine
sondern immanente logische
eine immanente logische Charakteristik
Charakteristik zweier WeisenWeisen
des Urteils. „Empirische
d e s Urteils. Urtheile, so fern sie objektive
"Empirische Urtheile, so fern sie objektive Giltigkeit Giltigkeit
haben,
haben, sind
sind EErfahrungsurteile; die aber,
r f a h r u n g s u r t e i l e ; die u r subjektiv giltig
aber, ssoo nnur giltig
sind, nenne ich
sind, nenne ich blosse
blosse Wahrnehmungsurteile.“ (Proleg, §$ 18.)
Wa h r n e h m u n g s u r t e i l e . " (Proleg. 18.)
Was
Was bisher eine Differenz
bisher eine des Seins bedeutete,
Differenz des bedeutete, das bedeutet
bedeutet somit
jetzt eine
jetzt Differenz der
eine Differenz Gültigkeit. Ein
der Gültigkeit. Ein Urteil ein blosses
heisst ein
Urteil heisst blosses
Wahrnehmungsurteil,
Wahrnehmungsurteil, wenn wenn es sich begnügt,
es sich verschiedene Vor‑
begnügt, verschiedene Vor-
stellungen
stellungen so so zuzu verbinden,
verbinden, wie sie sich im
sie sich im augenblicklichen
augenblicklichen
Bewusstseinszustand
Bewusstseinszustand neben neben einander vorfinden;
vorfinden; wenn wenn es es also
lediglich einen
lediglich einen Zusammenhang konstatieren will,
Zusammenhang konstatieren will, der
der hier
hier und
und
jetzt, zu
jetzt, zu diesem Punkte der Zeit
bestimmten Punkte
diesem bestimmten von einem
Zeit von einem einzelnen
einzelnen
Beobachter als
Beobachter unmitteibares Erlebnis
als unmittelbares vorgefunden wird.
Erlebnis vorgefunden wird. Die Die
Kraft jedes
Kraft jedes derartigen
derartigen Urteils
Urteils ist auf die
ist auf Beschreibung des
blosse Beschreibung
die blosse des
Gegebenen und
Gegebenen Gegenwärtigen beschränkt;
und Gegenwärtigen beschränkt; sie sie reicht
reicht über den den
gerade
gerade vorliegenden Moment des
vorliegenden Moment des individuellen
individuellen Vorstellungsablaufs
Vorstellungsablaufs
nirgends hinaus.
nirgends hinaus. Das Erfahrungsurteil indes:
Das Erfahrungsurteil indes: das
das Urteil, wie es es
in dder empirischen Wissenschaft in Gebrauch
e r empirischen Gebrauch und u n d Geltung
Geltung ist,
ist,
gehört seiner
gehört eigentlichen A
seiner eigentlichen nach bereits
b s i c h t nach
Absicht einem völlig
bereits einem völlig
anderen Typus
anderen Typus an. Zusammenhang, der in ihm
Der Zusammenhang,
an. Der ihm ausgesagt
ausgesagt
wird, soll nicht
wird, soll für dieses oder jenes psychologische
nicht n uurr für psychologische Einzel‑
Einzel-
subjekt gelten,
subjekt sondern es
gelten, sondern es wird
wird die Forderung erhoben,
die Forderung erhoben, dassdass er
unabhängig von
schlechthin unabhängig
schlechthin von diesem „besteht" und
diesem „besteht“ und auf auf Gründen
Gründen
beruht,
beruht, die für jedes
die für Subjekt in gleicher Weise
jedes Subjekt Weise notwendig
notwendig und und
verbindlich
verbindlich sind. sind. Ueber die
Ueber momentane Zuständlichkeit
die momentane Zuständlichkeit des des
Einzelbewusstseins,
Einzelbewusstseins, die die freilich
freilich den Ausgangspunkt bildet
den Ausgangspunkt bildet und
und
die psychologisch zuletzt
die psychologisch zuletzt das Datum ist,
das Datum das wir
ist, auf das uns stützen
wir uns stützen

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Google
Digilized hy
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Wahrnehmungsurteil und Erfahrungsurteil. 525

müssen, gehen w i r somit hier hinaus, um die Aussage in einen


völlig andersartigen Zusammenhang einzuordnen, Wenn w i r einen
Tatbestand als „objektiv gültig“ bezeichnen, so haben w i r i h m
dadurch rein inhaltlich nicht den mindesten neuen Zug hinzuge‑
fügt, so haben w i r die blosse Materie des Vorstellens nicht im
geringsten bereichert. Das Neue liegt lediglich in der ver‑
änderten formalen Beurteilung; in der neuen Beleuchtung gleich‑
sam, die er empfängt, indem w i r i h n als Symbol einer allgemein‑
gültigen Verknüpfung ansehen und i h n damit unter eine andere
logische Wertkategorie fassen. Die Behauptung. der objektiven.
Gültigkeit einer Aussage schliesst somit nicht die Beziehung a u f
ein Etwas ein, das der E r k e n n t n i s als etwas völlig Fremdes
gegenübersteht, sondern sie ist lediglich gemäss deren B e d i n ‑
gungen setzbar. Objektive Gültigkeit und notwendige Allge‑
meingültigkeit sind Wechselbegriffe. „ W i r erkennen durch das
Urtheil das Objekt (wenn es auch sonst, wie es an sich selbst
sein möchte, unbekannt bliebe) durch die allgemeingültige
und nothwendige Verknüpfung der gegebenen Wahrnehmungen
und da dieses der Fall von allen Gegenständen der Sinne ist, so:
werden Erfahrungsurtheile ihre objektive Giltigkeit nicht von
der unmittelbaren Erkenntnis des Gegenstandes (denn diese ist
unmöglich), sondern bloss v o n d e r Bedingung der A l l g e ‑
m e i n g i l t i g k e i t der empirischen U r t h e i l e entlehnen.... Das
Objekt bleibt an. sich selbst immer unbekannt; wenn aber durch
den Verstandesbegriff die Verknüpfung der Vorstellungen, die
unserer Sinnlichkeit von i h m gegeben sind, als allgemeingiltig
bestimmt wird, so w i r d d e r Gegenstand d u r c h dieses
Ve r h ä l t n i s bestimmt, u n d das U r t h e i l i s t o b j e k t i v. “
(Proleg. $ 19.)
Die Bedeutung dieser Einführung der kritischen Frage‑
stellung tritt v o r allem hervor, w e n n , m a n sich gegenwärtig hält,
dass es sich hier keineswegs bloss um die Begründung der
a p r i o r i s c h e n Erkenntnis handelt, sondern dass hier ein noch
weit allgemeineres Problem zur Entscheidung gelangt. Auch das
Erfahrungsurteil als solches enthält eine eigentümliche „Notwen‑
digkeit“, die der Empirismus in seiner psychologischen Analyse
übersehen und verkannt hat. Wenn i c h aussage, dass der Körper
schwer i s t , so w i l l dieser Satz freilich n u r eine Eigenschaft des

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526 Die Vernunftkritik.

Körpers feststellen, die in der Erfahrung jederzeit mit ihm v e r ‑


bunden ist. Aber selbst diese Feststellung liegt bereits ausser‑
halb der Kompetenz der einfachen sinnlichen Empfindung u n d
muss auf reine logische Bestimmungen zurückgreifen. Auch h i e r
wird die Geltung des Urteils über den einzelnen Zeitpunkt der
Urteilsfällung hinaus behauptet; auch hier wird ein Zusammen‑
hang, der zunächst n u r in einem einzelnen Falle und unter be‑
sonderen Umständen vorgefunden wurde, von der Einschränkung
auf diese speziellen Bedingungen befreit und zu allgemeiner
Gültigkeit erhoben. Die Copula des Urteils, „das Verhältniswört‑
chen ist“, bezeichnet auch in diesem Falle eine n o t w e n d i g e
Einheit der Vorstellungen. „Dadurch allein wird aus diesem Ver‑
hältnisse ein U r t h e i l d. i. Verhältniss, das objektiv gültig ist und
sich von dem Verhältnisse eben derselben Vorstellungen, worin
bloss subjektive Gültigkeit wäre, z.B. nach Gesetzen der Asso‑
ciation, hinreichend unterscheidet. Nach den letzteren würde ich
n u r sagen können: wenn ich einen Körper trage, so fühle ich
einen Druck der Schwere, aber nicht: er, der Körper ist schwer,
welches soviel sagen will als: diese beiden Vorstellungen sind
im Objekt d. i. ohne Unterschied des Zustandes des Subjekts ver‑
bunden und nicht bloss in der Wahrnehmung (so oft sie auch
wiederholt sein mag) beisammen.“ (Kr.142.)°) Jedesphysikalische
Urteil geht über die Feststellung eines blossen Beisammen von
Wahrnehmungen innerhalb eines empfindenden Subjekts hinaus,
um einen Zusammenhang zwischen den Gegenständen der Er‑
fahrung zu setzen; jedes derartige Urteil erhebt den Anspruch,
in irgend einer Weise begründbar und damit dem Zufall und
der Laune des individuellen Vorstellens entrückt zu sein. Wenn‑
gleich die empirischen Urteile daher n u r innerhalb eines be‑
stimmten eingeschränkten Kreises der Beobachtung gelten wollen,
‚ s o wird doch i n n e r h a l b dieses Kreises die Beziehung, die sie
aussagen, als objektiv wahr behauptet und ihre Anerkennung ge‑
fordert. Auch die Aussagen über Einzelobjekte, die als solche
n u r an einer bestimmten Stelle des Raumes und der Zeit anzu‑
treffen sind, stellen fest, dass a n dieser E i n z e l s t e l l e , auf die
sie sich allein beziehen, ein fester unverrückbarer Bestand ge‑
geben ist; dass hier somit eine B e s t i m m t h e i t herrscht, die sich
nicht nach Belieben verändern oder aufheben lässt. Diese be‑

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Die Notwendigkeit der Verknüpfung und der Gegenstand. 527

stimmte Regel der Ve r k n ü p f u n g ist es, die zur blossen Wahr‑


nehmung hinzutreten muss, um i h r den Wert der „Gegenständ‑
lichkeit“ zu verleihen. Zum Objekt wird uns der Wahrnehmungs‑
inhalt nicht, indem w i r ihn, in einer rätselhaften Umformung,
in eine andere Form der Existenz überführen, sondern indem
wir ibn, der zunächst n u r eine bunte und wirre Mannigfaltigkeit
v o n Eindrücken schien, zu strenger verstandesgemässer E i n h e i t
formen; indem w i r das Chaos des Bewusstseins z u m Kosmos ge‑
stalten.
Diese Mittel der Gestaltung also gilt es zu entdecken und
blosszulegen, wenn w i r den Prozess der fortschreitenden Objek‑
tivierung in seinen einzelnen Phasen verfolgen wollen. Die Be‑
dingungen, auf denen der gesetzliche Zusammenhang der
Wahrnehmungen beruht, können nicht in ihnen selber, als ein‑
zelnen isolierten Elementen gesucht werden. Erst der logische
Gesichtspunkt der B e u r t e i l u n g gibt ihnen den Charakter der
Einheit und somit der Objektivität. Die Eindrücke stehen nicht
von Anfang an in festen, gesonderten Klassen und Gruppen vor
uns da, so dass wir ihre Einteilung und Abgrenzung nur gleich‑
sam von ihnen selbst abzulesen hätten; sondern erst das Denken
ist es, was ihnen diese Gliederung verleiht, indem es sie auf be‑
stimmte Grundzüge des U r t e i l s bezieht, die es als Norın an
sie heranbringt. Die gewöhnliche Theorie der B e g r i ff s b i l d u n g
lässt den Begriff lediglich aus der blossen Zusammenfassung von
Wahrnehmungsdaten entstehen, die in irgend einem gemeinsamen
Merkmal m i t einander übereinstimmen. Aber eben diese „Ge‑
‚meinsamkeit“ ist nichts unmittelbar Gegebenes und Selbstver‑
ständliches; eben sie entsteht erst, indem w i r das an und für sich
in der blossen Empfindung Verschiedenartige unter bestimmte .
ideelle Gesichtspunkte fassen und ordnen. Der Vergleich der __
Wahrnehmungen wäre unmöglich, weil in sich selbst schranken‑
und ziellos, wenn nicht bestimmt wäre, in welcher „Hinsicht“,
nach welchem unterscheidenden Kriterium sie auf einander be‑
zogen werden sollen, wenn somit nicht die Zusammenfassung zur
Einheit nach allgemeingültigen gedanklichen D i r e k t i v e n erfolgte.
„Daher ist es nicht, wie man gemeiniglich sich einbildet, zur
Erfahrung genug, Wahrnehmungen zu vergleichen und in einem
Bewusstsein vermittelst des Urtheilens zu verknüpfen; dadurch

Digilized hy Google
<
528 Die Vernunftkritik.

entspringt keine Allgemeingiltigkeit und Nothwendigkeit des Ur‑


theils, u m deren willen e s allein objektiv giltig und E r f a h r u n g
sein kann. Es geht also noch ein ganz anderes Urtheil voraus,
ehe aus Wahrnehmung Erfahrung werden kann. Die gegebene
Anschauung muss unter einen Begriff subsumiert werden, der
die Form des Urtheilens überhaupt in Ansehung der Anschauung
bestimmt, das empirische Bewusstsein der letzteren in einem
Bewusstsein ü b e r h a u p t verknüpft, und dadurch den empi‑
rischen Urtheilen Allgemeingiltigkeit verschafft; dergleichen
Begriff ist ein blosser Verstandesbegriff a priori, welcher nichts
thut als bloss einer Anschauung die A r t zu bestimmen, wie sie
zu Urtheilen dienen kann“ (Proleg. $ 20). Man erkennt in diesem
Zusammenhang deutlich, wie wenig das „Bewusstsein überhaupt“
für Kant ein besonderes psychologisches Vermögen bedeutet, das
als eine geheimnisvolle Urpotenz hinter und über dem individu‑
ellen Bewusstsein stünde. Auch dieser Begriff ist der Ausdruck
nicht eines Seins, sondern eines: reinen logischen Wertverhält‑
nisses; er bezeichnet lediglich die neue Befugnis, er bezeichnet
die Zugehörigkeit zu einer neuen logischen O r d n u n g , die eine
Verknüpfung gewinnt, wenn wir sie nicht lediglich nach ihrem
tatsächlichen Vollzug im empirischen Subjekt betrachten, son‑
dern sie kraft allgemeiner Prinzipien als gefordert ansehen. ‑
Geschichtlich betrachtet steht Kant hier am Ziele einer
gedanklichen Bewegung, deren Wurzeln bis in die ersten Anfänge
der modernen Philosophie sowohl, wie der modernen Wissenschaft
zurückreichen. Er zuerst bringt diese Bewegung zu ihrem inneren
Abschluss, indem er die beiden Entwicklungsreihen, die bisher
getrennt von einander verliefen, nunmehr m i t klarem Bewusstsein
in Eins fasst. Innerhalb der Philosophie knüpft er an die Ge‑
staltung an, die L e i b n i z dem Begriff der phänomenalen Wirk‑
lichkeit. gegeben hatte. Die Realität der Phänomene besteht in
der Bestimmtheit ihres gesetzlichen Zusammenhangs. Was das em‑
pirische Sein vom Traume oder von einer bloss erdichteten Fabel‑
welt unterscheidet, das ist die durchgreifende logische Harmonie,
das ist die Zusammenstimmung alles Einzelnen zu einheitlichen
Regeln, die sich in ihm allenthalben bekundet. Unsere Träume
sind nicht aus einem völlig anderen S t o ff e gewoben, als unsere
wachen Vorstellungen ‐ handelt es sich doch hier wie dort um

Digilized hy Google
<
Die Kriterien
Die empirischen Wahrheit.
der embirischen
Kriterien der Wahrheit. . 529
629

eine Welt
eine Welt d‘der Perzeption, um eine
e r Perzeption, eine Weit
Welt des
des Bewusstseins •
Bewusstseins ‐;
beide unterscheidet
was beide
was unterscheidet ist vielmehr das
ist vielmehr formale Moment,
das formale Moment, dass
dass
die einen streng
die einen streng und.ausschliesslich dem Satz
und. ausschliesslich dem vom Grunde,
Satz vom Grunde, also
also
rein rationalen
einem rein
einem rationalen P Prinzip gehorchen, während
r i n z i p gehorchen, während diedie anderen
anderen ‚_
nur gesetzlose Folgen
n u r gesetzlose Folgen vonvon Einzeleindrücken
Einzeleindrücken sind. sind. {Vgl.
(Vgl. hrz.
brz.
S.
. 405
S diesen Gedanken,
ff.) Auf diesen
405 ff.) Gedanken, der, der, wie sahen, innerhalb
wie wir sahen, innerhalb
der Wolffschen
der Wolfischen Schule erhalten und
Schule erhalten worden war,
und weitergebildet worden war,
Kant in der
greift Kant
greift der Darstellung
Darstellung der der Vernunftkritik,
Vernunftkritik, wie
wie der Prole‑
Prole-
gomenen, wiederholt zurück.
gomenen, wiederholt zurück. „Der Unterschied zwischen Wahr‑
Unterschied zwischen Wahr-
heit und TTraum
heit und r a u m wird nicht ddurch
wird nicht die Beschaffenheit
u r c h die Beschaffenheit derder Vor‑
Vo r-
stellungen, die auf Gegenstände bezogen werden,
stellungen, die auf Gegenstände bezogen werden, ausgemacht, ausgemacht,
denn die sind
denn die beiden einerlei,
sind in beiden sondern durch
einerlei, sondern durch die
die Verknüpfung
Verknüpfung
derselben nach den
derselben nach Regeln, welche
den Regeln, den Zusammenhang
welche den Zusammenhang der Vor‑
Vor-
stellungen iinn dem
stellungen dem Begriffe
Begriffe eines Objekts bestimmen,
eines Objekts bestimmen, und
und wie
fern sie
fern einer Erfahrung
sie in einer beisammen steben
Erfahrung beisammen können oder nicht.“
stehen können nicht. "
(Proleg. $
(Proleg. 13, Anm.
§ 13, Anm. IIII.) empirische Wahrheit
Die empirische
I I ) Die Wahrheit der Erschei‑ Erschei-
nungen
nungen in RaumRaum und Zeit ist
und Zeit ist daher genugsam
genugsam gesichert und und von
von
der Verwandtschaft
der Verwandtschaft m miti t dem hinreichend unterschieden,
Traume hinreichend
dem Traume unterschieden,
wenn sie
wenn nach empirischen
sie nach Gesetzen in einer Erfahrung
empirischen Gesetzen Erfahrung richtigrichtig
und durchgängig
und zusammenhängen. ((Kr.
durchgängig zusammenhängen. 521.) Und
K r . 521.) Und das ent‑ ent-
scheidende Kriterium
scheidende immanenten „Richtigkeit“
Kriterium dieser immanenten „Richtigkeit« ist ist wieder‑
wieder-
um
um in denden reinen
reinen Kategorien
Kategorien der der Relation,
Relation, vor vor allemallem in dem dem
begrifflichen Verhältnis von
begrifflichen Verhältnis Ursache und
von Ursache und W i r k u n g zu zu suchen,
suchen,
das seinerseits
das erst das
seinerseits erst objektive Zeitverhältnis der Phänomene
das objektive Phänomene
bestimmt.
bestimmt. „Soll „Soll meine
meine Wahrnehmung
Wahrnehmung die die Erkenntnis
Erkenntnis einer Be‑ Be-
gebenheit enthalten,
gebenheit enthalten, da nämlich etwas wirklich
da nämlich wirklich geschieht,
geschieht, so so
muss
muss sie ein empirisches
sie ein empirisches U r t h e i l sein,
Urtheil sein, in welchem
welchem man man sich
sich
denkt, dass
denkt, dass diedie Folge bestimmt sei,
Folge bestimmt sei, d.d. i.i. dass sie eine andere andere
Erscheinung
Erscheinung der Zeit Zeit nach voraussetze, worauf sie
nach voraussetze, sie nothwendig
nothwendig
nach einer Regel
oder nach Regel folgt.
folgt. Widrigenfalls wenn wenn ich ich das Vorher‑
Vorher-
gehende setze, und
gehende setze, und die
die Begebenheit
Begebenheit folgt darauf nicht
folgt darauf nicht nothwendig,
nothwendig,
würde ich
so würde
so ich sie n u r für ein
sie nur ein subjektives Spiel Spiel meiner
meiner Einbil‑
Einbil
dungen halten müssen,
dungen halten müssen, und, stellte ich
und, stellte ich mm ii rr darunter
d a r u n t e r doch
doch etwas
etwas
Objektives
Objektives vor, einen blossen
sie einen
vor, sie blossen Traum nennen.« (Kr.
Traum nennen.“ 246 f.)
(Kr. 246.)
Wirklich ist,
Wirklich was m
ist, was miti t einer
einer Wahrnehmung
Wahrnehmung nach empirischen
nach empirischen
zusammenhängt, und
Gesetzen zusammenhängt,
Gesetzen und was dadurch dem
was dadurch dem „Kontext“
„Kontext" der
Einen
Einen Erfahrung eindeutig eingeordnet
Erfahrung eindeutig eingeordnet ist. ist. ‑
Und kritische Sinn
dieser kritische
Und dieser Sinn derder Wirklichkeit findet findet für KantKant
84
&4

Dairlndhty Google
Google
Digilized hy
<
530 Die Vernunftkritik.

eine neue Bestätigung in dem Fortschritt, den die exakte Wissen‑


schaft selber in der Formulierung ihrer eigentlichen Aufgabe
allmählich immer deutlicher vollzogen hat. Es ist. ein n e u e r
B e g r i ff der N a t u r, der durch sie heraufgeführt wird. Die
„Natur“ der Dinge ist ihrer ersten, ursprünglichen Bedeutung
nach das Prinzip ihrer Bewegung; sie ist die bewegende Kraft,
die die Einzeldinge erschafft; die Macht und Wesenbheit, die sie
zum Sein führt und im Sein erhält. Der etymologische Zusam‑
menhang von „natura“ und „nasci“ ist der Ausdruck für diese
erste sachliche Wurzel des Naturbegriffs: die Natur bedeutet vor
allem die Erzeugerin und Nährerin, die Allmutter, die alle Wirk‑
lichkeit aus sich hervorgehen lässt. Dieser mythisch-poetische
Ursinn des Wortes wirkt nicht n u r ersichtlich bei Aristoteles
nach, dem die Natur eines Dinges seine innere zwecktätige Kraft
ist, sondern er behauptet seine Geltung bis tief in die Philo‑
sophie der neueren Zeit. Spinozas Begriff der Gottnatur, wie ‑
Leibniz’ Begriff der Entelechie sind in wesentlichen Zügen noch
durch i h n bestimmt. Auf der anderen Seite indessen konnten
wir die langsame und beharrliche Arbeit verfolgen, in welcher
die mathematische Physik seit ihren ersten originalen An‑
fängen zu einer neuen Grundanschauung fortgeht. Von der
Wesenheit der Dinge wendet sie sich zu ihrer zahlenmässigen
Ordnung und Verknüpfung, von ihrem substantiellen Inneren
zu ihrer funktionalen, mathematischen Struktur. (Vgl. Buch II,
Kap. 2.) Diese Grundtendenz, die schon im Kampfe Keplers und
Galileis gegen ihre mystischen und Peripatetischen Gegner zu
voller Deutlichkeit gelangt, t r i tint der Folgezeit immer klarer
und entschiedener heraus. Einer der bedeutendsten Forscher
des siebzehnten Jahrhunderts, R o b e r t B o y l e , bringt sie in
seiner Schrift „De ipsa Natura“ z u m prägnanten Ausdruck, indem
er es ausspricht, dass die Natur nicht als ein Inbegriff von
Kräften zu denken ist, d u r c h welche die Dinge erzeugt werden,
sondern als ein Inbegriff von Regeln, gemäss denen und nach
welchen sie entstehen. (S. ob. S. 312ff.) Es ist die Fortsetzung
und Vollendung dieser Gedankenentwicklung, wenn K a n t n u n ‑
mehr den materialen Begriff der Natur vom formalen sondert
und diesen letzten als die eigentliche und ursprüngliche Voraus‑
setzung aufdeckt. Die „Natur“ ist nicht sowohl das Ganze der O b ‑

Digilized hy Google
<
Die Natur in formaler undmaterialer Bedeutung, 531

j e k t e der Erfahrung, als vielmehr der Inbegriff ihrer allgemeinen


Gesetze. „Und n u n frage ich, ob, wenn von der Möglichkeit
einer Naturerkenntniss a priori die Rede ist, es besser sei, die Auf‑
gabe so einzurichten: wie ist die nothwendige Gesetzmässigkeit der
D i n g e als Gegenstände der Erfahrung, oder: wie ist die noth‑
wendige Gesetzmässigkeit der E r f a h r u n g selbst in Ansehung
aller ihrer Gegenstände a priori zu erkennen möglich?“ Urteilt
man lediglich v o m Standpunkt der empirischen Wissenschaft
selbst, so scheint zwischen diesen beiden Arten der Problem‑
stellung kein sachlicher, kein prinzipieller Unterschied zu bestehen:
ist es doch gänzlich einerlei, ob i c h sage, dass ohne die Be‑
ziehung auf den B e g r i f f der Ursache kein Wahrnehmungsurteil
diejenige Festigkeit und Allgemeinheit erlangen kann, die es erst
z u r „Erfahrung“ stempelt, oder ob i c h behaupte, dass alles t h a t ‑
sächliche empirische Geschehen ursächlich verknüpft und ge‑
regelt ist. Vom Standpunkt der philosophischen Kritik indessen
ist es „doch schicklicher, die erstere Formel zu wählen.“ „Denn
da wir wol a priori und vor allen gegebenen Gegenständen eine
Erkenntniss derjenigen Bedingungen haben können, unter denen
allein eine Erfahrung in Ansehung ihrer möglich ist, niemals
aber, welchen Gesetzen sie ohne Beziehung auf mögliche Er‑
fahrung an sich selbst unterworfen sein mögen, so werden wir die
Natur der Dinge a priori nicht anders studiren können, als dass
w i r die Bedingungen und allgemeinen (obgleich subjektiven)
Gesetze erforschen, unter denen allein eine solche E r k e n n t n i s s
als Erfahrung (der blossen F o r m nach) möglich ist, und danach
die Möglichkeit der Dinge als Gegenstände der Erfahrung be‑
stimmen; denn, würde i c h die zweite Art des Ausdrucks wählen,
und die Bedingungen a priari suchen, unter denen Natur als
Gegenstand der Erfahrung möglich ist, so würde i c h leichtlich
in Missverstand geraten können und mir einbilden, ich hätte
von der Natur als einem Dinge an sich selbst zu reden, und da
würde i c h fruchtlos in endlosen Bemühungen herumgetrieben
werden, f ü r Dinge, von denen m i r nichts gegeben ist, Gesetze zu
suchen.“ (Proleg. $ 17.) ‑
Die Copernikanische Drehung ist damit vollzogen. Die
empirischen Objekte sind nichts, was für sich und losgelöst vor‑
handen wäre, sondern sie sind uns n u r durch die Erfahrung
Bu*

Digilized hy Google
<
582: Die Vernunftkritik,

und unter ihren Bedingungen gegeben. Die Erfahrung selbst


‚aber bedeutet uns nichts Starres und Fertiges mehr, sondern
: die spezifische Funktionsweise unserer Erkenntnis, die auf
/ der Vereinigung und Durchdringung aller ihrer Mittel beruht.
Sie ist selbst „eine E r k e n n t n i s a r t , die Verstand erfordert“, die
also ‐ nach der streng objektiven Bedeutung, die dieser Ter‑
minus für- Kant besitzt ‐ von allgemein gültigen logischen
Regeln beherrscht und geleitet wird. (Vorr. zur 2. Aufl., XVII.)
Ohne diese Regeln, ohne die Beziehung auf den reinen Begriff
der Grösse und der Zahl, der Beharrlichkeit und der Ursache,
würde keine „Objektivität“ erreicht, die ja, wie nunmehr fest‑
steht, lediglich eine Charakteristik des U r t e i l s ausmacht. Der
befremdliche und „widersinnische* Satz, dass der Verstand der
„Urheber der Natur* ist, h a t somit jetzt allen Schein der Para‑
doxie verloren. Denn hier handelt es sich nicht um irgend eine
Form psychologischer oder metaphysischer „Wirksamkeit“, die
er entfaltet, sondern lediglich um ein reines logisches Bedingungs‑
verhältnis. Der Verstand begründet die Gegenständlichkeit der
Dinge, sofern er das Wahrnehmungsurteil zum Erfahrungsurteil
bestimmt; sofern die Differenz im Werte dieser beiden Urteils‑
weisen lediglich in seinen Begriffen und der Notwendigkeit, die
ihnen eignet, besteht. W i r dürfen die Dinge sich nicht länger
um uns als müssige Zuschauer bewegen lassen, wenn wir die
Frage nach: ihrer Erkennbarkeit beantworten wollen; sondern
w i r müssen die Erkenntnis selbst als den stetig fortschreitenden
logischen Prozess der Gestaltung und Deutung des blossen Wahr‑
nehmungsmaterials verstehen lernen. Die Bedingungen dieses
Prozesses gelten zugleich f ü r jedes Ergebnis, das in i h m ge‑
wonnen wird und das ja nicht anders, denn durch i h n sich
erreichen und feststellen lässt. Die Analyse der reinen Funktion
der Erfahrung legt den Kern und die Substanz der Erfahrungs‑
dinge bloss. „Die E i n h e i t der Objecte wird doch lediglich
durch den Verstand bestimmt und zwar nach Bedingungen, die
in seiner eigenen Natur liegen; und so ist der Verstand der Ur‑
sprung der allgemeinen Ordnung der Natur, indem er alle Er‑
scheinungen unter seine eigenen Gesetze fasst, und dadurch
allererst Erfahrung (ihrer Form nach) a priori zu Stande bringt,
vermöge deren alles, was n u r durch Erfahrung erkannt werden

Digitized hy Google
<
D e r Verstand als „Urheber der Natur“. 588

soll, seinen Gesetzen nothwendig unterworfen wird. Denn w i r


baben es nicht m i t der Natur der Dinge an sich selbst zu
thun (die ist sowohl von Bedingungen unserer Sinnlichkeit als des
Verstandes unabhängig), sondern m i t der Natur als einem Gegen‑
stande möglicher Erfahrung; und da macht es der Verstand,
indem er diese möglich macht, zugleich, dass Sinnenwelt ent‑
‚weder gar kein Gegenstand der Erfahrung oder eine Natur ist.“
(Proleg. $ 38; vgl. bes. Kr. A. 126 ff.) .
Die fundamentale Unterscheidung zwischen a n a l y t i s c h en
u n d synthetischen U r t e i l e n gewinnt erst in diesem gedank‑
lichen Zusammenhang ihre volle Bestimmtheit. Unmittelbar vor
der Einführung dieses Unlerschieds in der „Kritik der reinen
Vernunft“ findet sich eine Stelle, die f ü r die Tendenz, in welcher
die Sonderung unternommen wird, besonders aufklärend ist, die
aber über der Diskussion der Einzelbeispiele, an denen Kant
seinen Gedanken durchführt, völlig übersehen zu werden pflegt.
„Ein grosser Theil und vielleicht der grösste, von dem Geschäfte
unser Vernunft besteht in Zergliederungen der B e g r i ff e , d i e
w i r schon v o n Gegenständen haben. .Dieses liefert uns eine
Menge von Erkenntnissen, die, ob sie gleich nichts weiter als
Aufklärungen oder Erläuterungen desjenigen sind, was in unseren
Begriffen (wiewohl noch auf verworrene Art) schon gedacht
worden, doch wenigstens der Form nach neuen Einsichten gleich
geschätzt werden, wiewohl sie der Materie oder dem Inhalte nach
die Begriffe, die wir haben, nicht erweitern, sondern n u r : aus‑
einander setzen. Da dieses Verfahren n u n eine wirkliche Er‑
kenntniss a priori gibt, die einen sicheren und nützlichen Fort‑
gang hat, so erschleicht die Vernunft, ohne es selbst zu merken,
unter dieser Vorspiegelung Behauptungen von ganz anderer Art,
wo sie zu gegebenen B e g r i ff e n ganz fremde u n d z w a r
a p r i o r i h i n z u t h u t , ohne dass m a n weiss, wie sie dazu gelange
und ohne sich eine solche Frage auch n u r in die Gedanken
kommen zu lassen.“ (Kr. S. 9 f) Hier ist der eigentliche Diffe‑
renzpunkt scharf bezeichnet. Das analytische Urteil begnügt
sich m i t der Zergliederung v o n Begriffen, die w i r von „Gegen‑
‚ständen schon haben“, ohne nach dem Grund dieser Begriffe und
nach dem Recht, m i t welchem w i r ihnen eine gegenständliche
‚Bedeutung beimessen, zu fragen. Der Begriff und somit mittel‑

Digilized hy Google
<
534
584 Die Vernunfikritik.
Die Vernunfikritik.

bar Begriffsgegenstand ist


bar der Begriffsgegenstand b m ein
ist iihm ein Gegebenes,
Gegebenes, m miti t dem
dem es es
schaltet und
schaltet und operiert,
operiert, ohne ohne danach
danach zu zu forschen,
forschen, durch durch welches
Mittel der
Mittel der Erkenutnis
Erkenntnis er selbst gesetzt und
er selbst und beglaubigt
beglaubigt sei. sei. DasDas
synthetische Urteil
synthetische Urteil dagegen
dagegen gehört vvon o n Anfang an an einer völlig völlig
anderen Richtung
anderen Richtung und und Betätigung
Betätigung des desGeistes
Geistes an. an. In iihm h m handeit
handelt
es sich nicht
es sich nicht um Begriffe, die
um Begriffe, die wir
wir von Objekten bereits
von Objekten bereits besitzen,
besitzen,
sondern
sondern um solche, die
um solche, die zuzu Objekten
Objekten erst fübren sollen.
erst führen sollen. Syn‑ Syn-
heissen diejenigen
thetisch heissen diejenigen Begriffe, auf welche wir die
thetisch Begriffe, auf welche w i r die blossen
blossen
Eindrücke
Eindrücke der der S i n n e beziehen
Sinne beziehen und u n t e r welche wir sie
u n d unter sie ordnen
ordnen
müssen, damit
müssen, damit aus ihnen ein einheitliches systematisches Ganze
aus ihnen ein einheitliches systematisches Ganze
der
der Erfahrung
Erfahrung und somit ein
und somit Gegenstand der
ein Gegenstand der Erfahrung
Erfahrung ent‑ ent-
•“steht.
steht. D e r Ausdruck
Der A u s d r u c k der „Synthesis" bezeichnet
d e r „Synthesis“ bezeichnet daher jenes
eigentümliche „Hinausgehen“ über den
eigentümliche „Hinausgehen blossen Stoff
den blossen Stoff der Wahr‑ Wahr-
nehmung, jene gedankliche Umprägung,
nehmung, jene gedankliche Umprägung, durch welche allein der durch welche allein der
gegebene Inhalt
gegebene Inhalt die Notwendigkeit und
die Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit
Allgemeingültigkeit eines eines
Erfahrungsurteils erwerben
Erfahrungsurteils erwerben kann. Somit ist
kann. Somit streng und
ist streng und prinzi‑
prinzi-
piell
piell zwischen Begriffen zu
zwischen Begriffen zu scheiden,
scheiden, die die nurnur aus aus der Verglei‑ Verglei-
chung eines
chung eines schon vorhandenen sinnlichen
schon vorhandenen sinnlichen oder oder logischen
logischen
Material
Materials gewonnen werden
s gewonnen werden und und zwischen
zwischen solchen,solchen, durch durch die die
Objektivität
Objektivität erst begründet wird
erst begründet wird und und auf denen sie sie basiert.
basiert.
Der Unterschied
Der Unterschied der der analytischen
analytischen und und synthetischen
synthetischen Urteile Urleile
beruht
beruht auf kritischen Grundeinsicht,
auf der kritischen Grundeinsicht, dass der Verstand Verstand „nicht „nicht
bloss
bloss ein Vermögen ist,
ein Vermögen ist, durch Vergleichung der Erscheinungen
durch Vergleichung Erscheinungen
Regeln zu
sich Regeln
sich zu machen“,
machen, sondern sondern dass dass er selbst selbst „die „die Gesetz‑
Gesetz-
gebung für die Natur“
gebung für die Natur" ist, sofern es ist, sofern es ohne i h n „überall
ihn „überall nicht nicht
Natur, d.
Natur, synthetische Einheit
d. i. synthetische Einheit des des Mannigfaltigen
Mannigfaltigen der der Erschei‑
Erschei-
nungen
nungen nach nach Regeln“
Regeln" geben geben würde.
würde. (Kr.(Kr. 126.)
126.) Der Der Verstand
Verstand ist ist
es, der
es, der die Vorstellungen nicht
die Vorstellungen nicht nnur u r durch Zergliederung deut‑
durch Zergliederung deut-
llich,
i c h , sondern
sondern der der sie als Vorstellungen
sie als Vorstellungen von von Gegenständen
Gegenständen
allererst macht. (Kr.
allererst m öö ggll ii cc hh macht. (Kr. 244.)
244.) Die
Die blosse S u m m i e r u n g und
blosse Summierung und
Zusammenfassung
Zusammenfassung sinnlicher Empfindungen Empfindungen kann kann über über den den Kreis
Kreis
der Subjektivität, in welchem
der Subjektivität, welchem der d e r einzelne E i n d r u c k als
einzelne Eindruck als solcher
beschlossen bleibt,
beschlossen bleibt, nichtnicht hinausführen.
hinausführen. „Denn „Denn in jenem jenem Falle Falle
würde
würde das das Urtheil
Urtheil nnur u r die Wahrnehmungen verknüpfen,
die Wahrnehmungen verknüpfen, so so wie
wie
sie in der
sie der sinnlichen
sinnlichen Anschauung
Anschauung gegeben g e g e b e n sind,
sind, in dem dem letzteren
letzteren
Falle (der
Falle Erfahrungserkenntnis) aber sollen
(der Erfahrungserkenntnis) sollen die Urtheile Urtheile sagen, sagen,
Erfahrung ü b eer hhaauupptt,, mithin
was Erfahrung
was mithin nicht,
nicht, was was die blosse Wahr‑
die blosse Wahr-
nehmung,
nehmung, deren deren Giltigkeit
Giltigkeit blossbloss subjektiv ist, enthält. Das
ist, enthält. Das Er‑ Er-

Degailnhty Google
Google
Digilized hy
<
Die Einheit der Synthesis und der Begriff 585

fahrungsurtheil muss also noch über die sinnliche Anschauung


. und die logische Verknüpfung derselben (nachdem sie durch
Vergleichung allgemein gemacht worden) in einem Urtheile etwas
h i n z u f ü g e n , was das synthetische Urtheil als notwendig und
hierdurch als allgemeingiltig bestimmt.“ (Proleg. $ 21a.) Diese
Bestimmung zur Notwendigkeit ist somit, m i t anderen Worten,
die eigentliche Leistung der „Synthesis“; ist es, was ein Urteil
erst zum synthetischen macht. Ohne sie würde die Erfahrung
zu einem „blossen Aggregat von Wahrnehmungen“ herabgeseizt,
das jeder wissenschaftlichen Fixierung und somit jeder allge‑
meinen Mitteilbarkeit unfähig wäre. (Prol. $ 26.)
Der Unterschied des analytischen und synthetischen Urteils
deckt also eine doppelte Art und einen doppelten Ursprung der
B e g r i ff s p i l d u n g auf. Wenn nach traditioneller logischer Lehre
der Begriff lediglich das Ergebnis der „Abstraktion“ aus einer
Mehrheit von Empfindungsdaten ist, so zeigt es sich jetzt, dass
„ähnliche“ Eindrücke, ehe sie, wie es für den Prozess der „Ab‑
straktion“ erforderlich ist, als ähnlich e r k a n n t und zu einer
gemeinsamen „Gattung“ zusammengefasst werden können, unter
eine bestimmte R e g e l d e r B e u r t e i l u n g gestellt werden
müssen. Der Einheit der Gattung geht also die Einheit
einer ideellen Norm, der abstraktiven Vergleichung geht eine
konstruktive Verknüpfung voraus. Der Begriff ist seiner eigent‑
lichen Grundbedeutung nach nichts anderes, als das Bewusst‑
sein dieser E i n h e i t der Synthesis. „Das Wort Begriff“ ‑
so bemerkt Kant ‐ „könnte uns schon von selbst zu dieser Be‑
merkung Anleitung geben. Denn dieses E i n e Bewusstsein ist es,
was das Manniglaltige, nach und nach Angeschaute und dann
auch Reproduzierte in e i n e Vorstellung vereinigt. Dieses Be‑
wusstsein kann oft n u r schwach sein . . .; aber unerachtet dieser
Unterschiede muss doch immer e i n Bewusstsein getroffen werden,
wenn i b m gleich die hervorstechende Klarheit mangelt, und
ohne dasselbe sind Begriffe und m i t ihnen Erkenntniss von Gegen‑
ständen ganz unmöglich.“ (Kr. 103f.) So setzt die analytische
Einheit des Bewusstseins die synthetische notwendig voraus.
„Eine Vorstellung, die als verschiedenen gemein gedacht werden
soll, wird als zu solchen gehörig angesehen, die ausser i h r noch
eiwas Verschiedenes an sich haben, folglich muss sie in syn‑

Digilized hy Google
<
586 Die Vernunftkritik.

thetischer Einheit m i t anderen (wenngleich n u r möglichen) Vor‑


stellungen v o r h e r gedacht werden, ehe ich die analytische
Einheit des Bewusstseins, welche sie z u m conceptus commu‑
n i s macht, an i h r denken kann. Und so ist die synthetische
Einheit der Apperception der höchste Punkt, an dem man allen
Verstandesgebrauch, selbst d i e ganze L o g i k und nach i h r die
Transscendental-Philosophie heften muss, ja dieses Vermögen ist
der Verstand selbst.“ (Kr. 133.) Eineformale Logik der „Klassen* ist
nicht möglich ohne eine voraufgehende „transscendentale“ Logik
der ursprünglichen Beziehungen und Verknüpfungsweisen. Diese
Verknüpfungen können nicht nur „die R e g e lder n . Beobachtung
einer Natur, die schon gegeben ist“, bedeuten, sondern sie sind
als Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung „zugleich die
Quellen, aus denen alle allgemeinen Naturgesetze hergeleitet
werden müssen.“ (Prol.$ 17.) Unablässig greift Kaut, um das
Verhältnis zwischen analytischen und synthetischen Urteilen zu
erläutern, auf diese grundlegende Differenz zurück. Das Kausal‑
prinzip ist synthetisch, weil der Satz, dass alles, was geschieht,
eine Ursache hat, nicht lediglich aus der Betrachtung des schon
vorliegenden f e r t i g e n Geschehens abgelesen, noch aus dem
blossen Begriff dessen, was überhaupt geschieht, logisch gefolgert
werden kann: sondern weil der Grundsatz anzeigt, wie man von
dem, was geschieht, „allererst einen bestimmten E r f a h ‑
r u n g s b e g r i ff b e k o m m e n k ö n n e “ (Kr. 357.) E s verhält sich
hiermit, wie m i t allen anderen reinen Vorstellungen a priori,
die wir n u r darum „aus der Erfahrung als klare Begriffe heraus‑
zieben können, weil w i r sie in die Erfahrung gelegt hatten und
diese daher durch jene allererst zustande brachten.“ (Kr. 241.)
So sehr dieser Gedanke, wie Kant selbst es empfindet und her‑
vorhebt, allen Bemerkungen widerspricht, die man jederzeit über
den Gang unseres Verstandes gemacht hat, nach welcher w i r
erst nachträglich durch die wahrgenommenen und verglichenen
‚übereinstimmenden Folgen vieler Begebenheiten zur Behauptung
irgend einer Regel des Geschehens geführt werden sollen, so
sehr drückt er das eigentliche originale Ergebnis der Kantischen
Lehre und die eigentliche Absicht der „klassischen“ Grundunter‑
scheidung aus, von der sie ihren Ausgang nimmt.
Völlig einseitig und irreführend ist es daher, wenn noch

Digilized hy Google
<
Analytische u. synthetische Urteile. ‐ Die Beispiele, 687

immer die Kritik dieser Unterscheidung sich ausschliesslich an


die Beispiele heftet, durch die Kant sie erläutert hat; als liesse
sich von ihnen alle sachliche Bedeutung des Gegensatzes und
alle Aufklärung über seinen Sinn gewinnen. Der Grundmangel,
der diesen Beispielen notwendig und der Natur der Sache nach
anhaftet, lässt sich nunmehr deutlich bezeichnen. Sie alle ent‑
sprechen der v o r l ä u fi g e n Erklärung des analytischen und
synthetischen Urteils, in welcher der eigentliche Nachdruck auf
das verschiedene Verhältnis zwischen dem Subjekt u n d P r ä d i k a t
gelegt wird, das in beiden gesetzt ist. Das Urteil heisst analytisch,
wenn das Prädikat im Subjektsbegriff versteckterweise bereits
enthalten ist; synthetisch, wenn es zu i h m als ein völlig neues
Merkmal hinzutritt: Aber diese Darlegung, die n u r der ersten
Verdeutlichung dient, vermag schon um deswillen den eigent‑
lichen Gehalt der Unterscheidung nicht zu treffen, weil es sich
hier, wie wir sahen, nicht in erster Linie um die Bestimmungen
handelt, die zu einem bereits fertigen Subjekt hinzutreten, sondern
um den logischen Ursprung des Subjektsbegriffs selbst und
um die Bedingungen seiner Setzung. Die Frage betrifft daher
niemals die bloss logische Form des Urteils, sondern den Er‑
kenntnisweg und die Erkenntnismittel, kraft deren das Subjekt
selbst gewonnen und festgestellt ist.) Die reinen Verstandes‑
begriffe sind als Bedingungen der Erfahrung „Begriffe der Ver‑
knüpfung u n d d a d u r c h des Objekts selbst“, während die
Reflexionsbegriffe der Ontologie „ n u r der blossen Vergleichung
schon gegebener Begriffe“ dienen und daher in der Tat „eine
ganz andere Natur und Gebrauch haben“. (Proleg. $ 39.) Und
dieser Grundsinn tritt denn auch m i t t e l b a r in den einzelnen
Beispielen klar zu Tage. Die Wa h l dieser Beispiele erklärt sich
vor allem aus geschichtlichen Zusammenhängen, die Kant bei
den Zeitgenossen als bekannt und gegenwärtig voraussetzen durfte,
die aber f ü r uns freilich fremd geworden und daher in der Be‑
urteilung durchgängig übersehen worden sind. Dass alle Körper
ausgedehnt sind, ist ein analytisches, dass alle Körper schwer
sind, ein synthetisches Urteil. In der Tat gilt die Ausdehnung
seit den Tagen Descartes’ als dasjenige Merkmal, was den eigent‑
lichen l o g i s c h e n B e g r i f f des Körpers ausmacht. Alle anderen
Eigenschaften des Körpers, seine Farbe wie seine sonstigen. sinn‑

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<
588 Die Vernunftkritik.

lichen Qualitäten, seine Härte sowohl wie seine Schwere haften


ihm, wie Descartes ausdrücklich 'hervorhebt, nur zufällig an; es
sind Beschaffenheiten, die in der Erfahrung m i t ihm verbunden,
die aber aus seiner D e fi n i t i o n fernzuhalten sind. Sie gehören,
scholastisch ausgedrückt, seiner Existenz, nicht seiner Essenz
an. Dass dagegen alle Körper ausgedehnt sind ‐ so bemerkt
noch Kant selbst gegen Eberhard ‐ dies ist „notwendig und
ewig wahr, sie selbst mögen n u n existiren oder nicht, kurz oder
lange, oder auch alle Zeit hindurch d. i. ewig existiren.“®)
Und diese Sonderung erfährt auch durch die Newtonische
P h y s i k keine prinzipielle Wandlung. Denn so sebr hier die
Schwere über den engen Bereich der irdischen Phänomene
erweitert und zu universeller kosmischer Bedeutung erhoben ist,
so trägt doch diese Universalität keinen anderen als empi‑
rischen Charakter. Die Schwere ist, wie Newton selbst ausdrück‑
lich betont, eine allgemeine, aber keine wesentliche Eigen‑
schaft der Materie?) „Die innere Natur der Körper“ ‐ so
heisst es bei dem Newtonianer F r e i n d ‐ „ist mir so wenig be‑
kannt, dass ich weit davon entfernt bin zu behaupten, jene
Kraft wäre der Materie notwendig inhärent und gehörte ebenso
zu ihr, wie die Ausdehnung und die Solidität.*!0) Seither
gibt es kaum irgend ein mechanisches Lehrbuch der Zeit, in
dem diese Unterscheidung nicht gelehrt und hervorgehoben
würde. Man braucht etwa n u r ein Werk, wie Bossuts „Traile
elementaire de mecanique et de dynamique“ aufzuschlagen, um
sie sogleich im Beginn in aller Schärfe ausgesprochen zu finden.
„Hier muss sich n u n der Leser vor einem Vorurteil hüten, dessen
man sich anfangs schwer erwehren kann. Da w i r keinen Körper
kennen, der nicht schwer wäre, so ist man geneigt zu glauben,
dass die Schwere der Materie wesentlich ist, so dass die Worte „Ge‑
wicht“ und „Körper“ synonym wären. Aber dies ist ein Irrtum.
Die Schwere ist eine zufällige Eigenschaft des Körpers, die ibre
besondere Ursache hat. Mit dem Wort „Körper“ darf man daher
keine andere Vorstellung verbinden als die einer undurchdring‑
lichen Ausdehnung von diesen oder jenen Dimensionen.“!!) Im
gleichen Sinne bestimmen d’Alemberts „Elemente der Philo‑
sophie* die Attraktion als eine u r s p r ü n g l i c h e Beschaffenheit
des Stoffes (une propriete primordiale), die dennoch kein wesent‑

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<
Der empirische Gebrauch der apriorischen Synthesis. 539

l i c h e s Merkmal von i h m ausmache. „Sobald w i r einen Körper


denken, denken wir i h n ausgedehnt, undurchdringlich, teilbar
und beweglich; aber w i r denken darin nicht notwendig, dass er
auf einen anderen w i r k t . ) In diesem Zusammenhange wird
es deutlich, in welchem Sinne Kant sein Beispiel braucht und
welchem Zwecke esdienen soll. Der Körper als blosse „Ausdehnung“
gedacht, könnte noch lediglich als Gegenstand der O n t o l o g i e
aufgefasst werden; erst durch das Merkmal der Schwere tritt zu
i h m dasjenige Moment hinzu, das i h n als ein Objekt der E r ‑
f a h r u n g , als ein Objekt der empirischen Physik charakterisiert.
So weist das Beispiel deutlich auf die beiden Grundtypen aller
Erkenntnis zurück, deren Sonderung die eigentliche Aufgabe der
Vernunftkritik ausmacht; so beleuchtet esscharf den Unterschied,
der zwischen dem blossen zergliedernden „Denken“ und dem
gegenständlichen empirischen „Erkennen“ besteht. ‑
Zugleich tritt in ihm der zweite wesentliche Zug, in welchem
die Begriffsbestimmung der Synthesis sich erst vollendet, deutlich
hervor. Die apriorische Synthesis ist lediglich von empirischem
Gebrauch; sie kennt kein anderes Material ihrer Betätigung als
die Erfahrung selbst. Selbst unsere reinsten mathematischen
Begriffe sind daher für sich allein nicht Erkenntnisse, ausser so‑
fern man voraussetzt, dass es Dinge gibt, die sich n u r der Form
jener reinen sinnlichen Anschauung gemäss darstellen lassen.
„Dinge im Raum und der Zeit werden aber n u r gegeben, sofern
sie Wahrnehmungen (mit Empfindung begleitete Vorstellungen)
sind, mithin durch empirische Vorstellung. Folglich verschaffen
die reinen Verstandesbegriffe, selbst wenn sie auf Anschauungen
a priori (wie in der Mathematik)-angewandt werden, n u r sofern Er‑
kenntniss, als diese, mithin auch die Verstandesbegriffe vermittelst
ihrer auf empirische Anschauungen angewandt werden können
Folglich liefern uns die Kategorien vermittelst der Anschauung
auch keine Erkenntniss von Dingen, als n u r durch ibre mögliche
Anwendung a u f empirische A n s c h a u u n g , d . i . sie dienen
n u r zur Möglichkeit empirischer Erkenntniss.“ ( K r. 147.) So stark
und bestimmend tritt dieses Interesse der Anwendung hervor,
dass selbst der schroffe und ungenaue Ausdruck, dass die Gegen‑
stände durch die empirische Vorstellung als solche gegeben
würden, nicht vermieden wird. Das eigentliche Verhältnis aber

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<
540 Die Vernunftkritik.

ist jetzt bereits unzweideutig und in prinzipieller Klarheit fest‑


gestellt. Der „Gegenstand“ liegt niemals unmittelbar im Sinnes‑
eindruck, sondern wird durch die reinen Funktionen des Ver‑
standes zu i h m hinzugedacht. Aber dieser synthetische Prozess
hat andererseits keine andere Bestimmung und kennt kein a n ‑
deres Ziel, als das blose Wa h r n e h m u n g s u r t e i l , indem e r
i h m den Charakter der Allgemeingültigkeit und Notwendigkeit
gibt, zum E r f a h r u n g s u r t e i l z u machen. Die Notwendigkeit
selbst ist somit nicht als „absolut“, nicht als losgelöst von allen
empirischen Zusammenhängen gedacht; sondern sie grenzt sich
v o n Anfang an innerhalb dieser ein bestimmtes Feld, einen fest‑
umschriebenen Bezirk ihrer Wirksamkeit ab. Nur in bezug a u t
Alieses Gebiet besitzt sie Gehalt und Erfüllung, während sie ab‑
getrennt v o n i h m zur blossen logischen Schablone verblasst,
„Selbst die Begriffe von Realität, Substanz, Causalität, ja sogar
d e r N o t h w e n d i g k e i t i m Dasein verlieren alle Bedeutung
und sind leere T i t e l z u B e g r i f f e n ohne a l l e n I n h a l t , wenn
ich mich ausser dem Felde der Sinne damit hinauswage.“ (Kr.
707, vgl. 724.) Die relative Notwendigkeit, die sich mitten in
dem Bereich der „Erfahrung“ selbst aufweisen, die sich selbst
dem einzelnen „aposteriorischen“ Urteil abgewinnen lässt, sofern
es objektive Gültigkeit beansprucht, gilt es festzustellen. (Vgl. ob.
S. 525f. Auch die Gebilde der reinen Geometrie bekommen
f ü r uns n u r dadurch Wert und Bedeutung, dass w i r uns z u m
Bewusstsein bringen, dass die „bildende Synthesis“, die in
ihnen isoliert und abstrakt dargestellt wird, „mit derjenigen
gänzlich einerlei sei, welche w i r in der Apprehension einer E r ‑
s c h e i n u n g ausüben, um uns davon einen Erfahrungsbegriff
zu machen.“ (Kr. 271.)
Die Frage: „ w i e i s t N a t u r selbst m ö g l i c h “ , diese Frage,
welche nach Kant „der höchste Punkt ist, den transscendentaie
Philosophie n u r immer.berühren mag, und zu welchem sie auch
als ihrer Grenze und Vollendung geführt werden muss“, bat
somit jetzt ihre allgemeine Auflösung erfahren. Die Natur ist
‚ u n s nichts anderes als die Erfahrung; diese selbst aber löst sich
in einen Inbegriff synthetischer U r t e i l e auf. In den P r i n ‑
cipien dieser Urteile, deren w i r uns allgemein versichern können,
sind ihre objektiven Ergebnisse vorweg bestimmt und auf feste

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<
Die Forderung
Die des „Natursystems“.
Fordtrung des „Natursystems". . 541
541

Bedingungen
Bedingungen eingeschränkt.
eingeschränkt. „Die „Die Bedingungen
Bedingungen der M öglichkeit
Möglichkeit
der E r f a h r u n g überhaupt
Erfahrung überhaupt sind sind zugleich Bedingungen der M
zugleich Bedingungen ög‑
Mög-
llichkeit
ichkeit d der Gegenstände der E
e r Gegenstände r f a h r u n g und
Erfahrung und haben
haben darumdarum
Gültigkeit in einem
objective Gültigkeit
objective synthetischen .Urtheile
einem synthetischen. Urtheile a priori.“priori."
(Kr. 19$.)
(Kr. 19%) In In den Grundzügen der synthetischen
den Grundzügen synthetischen Urteilsfunktion
Urteilsfunktion
ist das Bild
ist das Bild der Wirklichkeit vorgezeichnet.
der Wirklichkeit vorgezeichnet. Denn Denn es muss ein
es muss ein
Natursystem geben,
Natursystem geben, welches vor vor aller empirischen Natur‑
aller empirischen Natur-
vorbergeht und
erkenntnis vorbergeht und sie möglich macht,
zuerst möglich
sie zuerst macht, da da erst
erst mmiti t
seiner Hilfe einzelne
seiner Hilfe einzelne Erfahrungen
Erfahrungen zu zu gewinnen
gewinnen uund n d anzustellen
anzustellen'
sind. (Proi.
sind. (Prol. $§ 23.)23.) „So „So müssen
müssen alle alle möglichen
möglichen Wahrnehmungen,
Wahrnehmungen,
mithin
mithin auch auch alles,alles, waswas zzumu m empirischen
empirischen Bewusstsein Bewusstsein gelangen gelangen
kann,
kann, d. d. i. alle Erscheinungen der Natur
alle Erscheinungen Natur ihrer ihrer Verbindung
Verbindung nach nach
unter
unter denden Kategorien
Kategorien stehen, stehen, vvon o n welchen
welchen die die Natur
Natur (bloss
(bloss als als
Natur überbaupt
Natur betrachtet) als
ü b e r b a u p t betrachtet) dem ursprünglichen
a l s dem u r s p r ü n g l i c h e n Grunde
Grunde ihrerihrer
nothwendigen Gesetzmässigkeit (als
n o t w e n d i g e n Gesetzmässigkeit natura formaliter
(als natura formaliter spectata)spectata)
abhängt. Auf
abhängt. Auf m mehrere Gesetze aber
e h r e r e Gesetze a b e r alsals die,
die, auf denen eine
auf denen eine
N a t u r überhaupt
Natur überhaupt als Gesetzmässigkeit der Erscheinungen
als Gesetzmässigkeit Erscheinungen in
Raum
Raum und und Zeit beruht, reicht
Zeit beruht, reicht auch
a u c hdas reine Verstandesvermögen
das reine Verstandesvermögen
nicht zu,
nicht durch blosse
zu, durch blosse Kategorien
Kategorien den Erscheinungen a priori
den Erscheinungen priori
Gesetze
Gesetze vorzuschreiben.
vorzuschreiben. Besondere
Besondere Gesetze,
Gesetze, weil
weil sie
sie empirisch
empirisch
Erscheinungen betreffen,
bestimmte Erscheinungen
bestimmte betreffen, könnenkönnen davon davon nnicht i c h t vvoll-
oll‑
ständig abgeleitet werden,
ständig abgeleitet werden, ob sie sie gleich
gleich alle alle insgesamt
insgesamt unter unter
jenen stehen. Es
jenen stehen. Erfahrung dazu
muss Erfahrung
Es muss dazu kommen,
kommen, um um diedie letzteren
letzteren
überhaupt kennen
überhaupt kennen zu zu lernen;
lernen; von Erfahrung aber
von Erfahrung aber überhaupt
überhaupt und und
dem,
dem, was was als als ein Gegenstand derselben
ein Gegenstand derselben erkannt erkannt werden werder kann, kann,
allein jene Gesetze
geben allein
geben priori die
Gesetze a priori Belehrung« ((Kr.
die Belehrung.“ K r. 164 f.)
164 f.)
W i r ..besilzen
Wir besilzen somit somit keine anderen Grundsätze,
keine anderen Grundsätze, denn denn als Prin‑Prin-
zipien
zipien der „Exposition“, der
der „Exposition", der wissenschaftlichen
wissenschaftlichen Darstellung Darstellung und und
Verknüpfung der
Verknüpfung der Erscheinungen,
Erscheinungen, und und der stolze stolze NameName einer einer
Ontologie muss
Ontologie muss dem bescheidenen einer
dem bescheidenen einer Analytik des reinen reinen
Verstandes Platz machen. (Kr. 303.)
Verstandes Platz machen. (Kr. 303.) Jedes besondere Mittel Jedes besondere Mittel
der
der Erkenntnis ist
Erkenntnis ist fortan, wie fortan, wie gross auch immer
auch immer seine Unab‑
Unab-
hängigkeit und
hängigkeit und seinsein selbständiger
selbständiger Wert erscheinen mag,
We r t erscheinen mag, n uurr im
allgemeinen Aufgabe zu
Ganzen dieser allgemeinen
Ganzen betrachten; jede einzelne
zu betrachten; einzelne
Synthese vermag
Synthese vermag ihre ihre transzendentale
transzendentale Begründung Begründung nnur u r im Hin‑
Hin-
blick auf
blick auf dasdas S Natur zu
y s t e m der Natur
System erlangen, das
zu erlangen, das als System der
als System der
reinen Grundsätze der Erkenntnis
reinen Grundsätze begriffen ist.
Erkenntnis begriffen ist.

Danaitndhty Google
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<
542 Die Vernunftkritik.

I T.
R a u m u n d Zeit.
W i r haben in der Entwicklungsgeschichte des Kantischen
Denkens verfolgt, aus welchen Motiven die Sonderung zwischen
den Elementarbegriffen der „Sinnlichkeit“ und zwischen den Ele‑
mentarbegriffen des reinen Verstandes erwachsen ist. In dieser
Trennung erst gewann die kritische Methode ihre Sicherheit und
ihre Selbständigkeit gegenüber der Metaphysik. Aber es zeigte sich
zugleich, dass die erste grundsätzliche Trennung, wie sie die Schrift
‚De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis‘ voll‑
zog, das Problem des wechselseitigen Verhältnisses der beiden
Erkenntnisweisen nicht endgültig zu lösen vermochte. Wenn
hier die beiden Arten und Methoden des Wissens auf verschiedene
Welten hingewiesen wurden, wenn somit die Verschiedenheit ihrer
Geltung durch eine fundamentale Differenz im Sein der Dinge
erklärt und zum Ausdruck gebracht wurde, so hielt diese Ent‑
scheidung vor der tieferen kritischen Fassung des Objektivitäts‑
begriffs, die Kant fortschreitend gewinnt, nicht länger stand.
Denn hier werden die logischen Bedingungen entdeckt, auf denen
der B e g r i ff des Seins überhaupt beruht; hier wird somit ein
Forum geschaffen, vor welchem jegliche Aussage über die Wirk‑
lichkeit der Dinge, wie immer sie im Einzeinen beschaffen sein
mag, sich rechtfertigen muss. Diese höchste Einheitsinstanz, die
jetzt f ü r alles objektiv gültige Wissen festgestellt ist, verstattet es
nicht länger, Sinnlichkeit und Verstand schlechthin nach der
Natur der Gegenstände, auf die sie gehen, zu unterscheiden. So
vollzieht sich denn jetzt eine charakteristische Wandlung der
Problemstellung. „Die Sinnlichkeit“ ‐ so bemerkt eine Reflexion,
die offenbar der Epoche nach der Dissertation angehört ‐ „ist
bei den Menschen von der Vernunft n i c h t so s e h r u n t e r ‑
schieden, dass n i c h t beide n u r a u f e i n e r l e i Gegen‑
stände, wenigstens solche, d i e a u f e i n e r l e i A r t vorge‑
s t e l l t werden, geben sollten, ungeachtet die eine für die Ge‑
genstände in Ansehung aller möglichen Stellung der Sinnlichkeit
gültig ist, die andere nicht.“ (Refl. 1007.) Ist dem aber so, so
müssen die beiden „Vermögen“ in ihrer sachlichen Wurzel
irgendwie zusammenhängen; so muss es ein P r i n z i p geben, in

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Die Trennung von Verstand und Sinnlichkeit. 548

dem sie, wenngleich jegliches vom andern klar geschieden bleibt,


dennoch methodisch übereinkommen und das beiden, als ge‑
meinsamer Oberbegriff, ihre wechselseitige Stellung und Ordnung
anweist, Dieses Prinzip ist in der Tat in der Kritik der reinen
Vernunft im Begriff der Synthesis gewonnen. Die reinen An‑
schauungen des Raumes und der Zeit, wie die Begriffe des reinen
Verstandes bilden n u r verschiedenartige Entfaltungen und Aus:
prägungen der Grundform der synthetischen Einheitsfunktion.
Es bildet eine der wesentlichen Schwierigkeiten in der
D a r s t e l l u n g der Vernunftkritik, dass in i h r diese veränderte Lage
des Problems nicht sogleich zur Geltung und zur Deutlichkeit
gelangt. Die transzendentale Aesthetik übernimmt in den einzelnen
Beweisen für die apriorische Bedeutung des Raumes und der
Zeit die Hauptsätze der Dissertation ohne jede wesentliche Ein‑
schränkung und Umgestaltung. Vor der Uebereinstimmung im
materiellen Hauptergebnis selbst, in der Lehre von der Idealität
des Raumes und der Zeit trat die Tatsache, dass die Stellung, die
diesem Ergebnis nunmehr innerhalb des Gesamtsystems der
Erkenntvis zukommt, eine völlig andere geworden ist, für Kant
zunächst zurück. Erst die transzendentale Logik bringt hier die
notwendige Ergänzung und Berichtigung, erst sie ermöglicht es,
die neue Ansicht, die nunmehr von Raum und Zeit gewonnen ist,
a l s Ganzes zu überseben und zu beurteilen. Deutlicher, als das
Bestreben der methodischen Trennung der Erkeüntnismittel tritt
in i h r das Bewusstsein ihrer einheitlichen Aufgabe und des ge‑
meinsamen Zieles, das sie sämtlich in der „Möglichkeit der Er‑
fahrung“ besitzen, heraus. Erfahrung ist die einzige Erkenntnis‑
art, welche aller anderen Synthesis Realität gibt, welche also
zuletzt der reinen Mathematik selbst, im kritischen Sinne, ihre
„Wahrheit“, d.h. ihre Uebereinstimmung m i t dem Objekt ver‑
leibt. (S. ob. S. 523.) Raum und Zeit sind gültig und notwendig,
sofern sie sich als Bedingungen der Setzung des empirischen
Seins bewähren. ‑
Der s y n t h e t i s c h e Charakter der Raum- und Zeitfunktion
lässt sich zunächst aus einem doppelten Gesichtspunkt betrachten
und darlegen. Auf der einen Seite steht das Interesse der Psy‑
chologie, das zwar nicht das erste und bestimmende ist, das aber
dennoch Gehör verlangt, wie es denn in die Erörterungen Kants

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544 Die Vernunftkritik.

immer von neuem hineinspielt. W i r erinnern uns, w i e e n e r g i s c h im


achtzehnten Jahrhundert, auch ausserhalb des U m k r e i s e s der
bekannten empiristischen Systeme, das Bestreben hervorgetrete:
war, die neuen Probleme, die die objektive Wissenschaft in ihren
Grundbegriffen des Raumes und der Zeit geschaffen hatte, au!
dem Wege der psychologischen Analyse zu bewältigen. Immer
von neuem wurde von dieser Seite her die A u f k l ä r u n g der
Antinomien erwartet, in die das physikalische Denken s i c h ver‑
strickt sah. (Vgl. bes. ob. S. 368 ff.) E i n Grundergebnis aber
w a r es v o r allem, das bei all diesen Untersuchungen immer
deutlicher heraustrat und das immer allgemeinere Anerkennung
gewann. Raum und Zeit lassen sich nicht als blosse Summe
vereinzelter sinnlicher Eindrücke verstehen und ableiten, sondern
sie sind das Ergebnis eigentümlicher psychischer V e r k n ü p f u n g s ‑
weisen. Sie stellen eine besondere Art der B e z i e h u n g dar.
die wir zwischen den einzelnen Empfindungen stiften. I h r e cha‑
rakteristischen logischen Grundeigenschaften, ihre Einheit und
ihre Stetigkeit, ihre Selbständigkeit gegenüber allen empirischen
Inhalten und ihre Unendlichkeit, erhalten ihre psychologische
Begründung in dem Umstand, dass w i r es in ihnen nicht m i t
Produkten der Empfindung, sondern der E i n b i l d u n g s k r a f t
zu tun haben, die nach eigenen Gesetzen wirksam ist. Bei Ber‑
keley: bereits ist es allseitig erwiesen, dass der Abstaud, wie
die räumliche Ordnung der Dinge, nicht gesehen, noch auf
irgend eine Weise sinnlich wahrgenommen werden kann, dass
sie niemals im blossen I n h a l t der einzelnen Perzeptionen fertig
mitgegeben sind, sondern erst in der Vergleichung und B e u r ‑
t e i l u n g der Eindrücke entstehen. ($. ob. S. 202) Aber das
Urteil ruht hier nicht auf eigenen logischen P r i n z i p i e n , sondern
wird selbst in das blosse Spiel der Assoziationen, in eine
subjektive gewohnheitsmässige Verbindung aufgelöst. An diesem
Punkte setzt wiederum Kants allgemeine Frage ein. Die Synthesis,
auf welcher Raum und Zeit beruhen und in welche sie sich,
psychologisch betrachtet, auflösen, muss selbst in ihrer „objek‑
tiven“ Bedeutung gewürdigt, d. h. auf notwendige und aligemein‑
gültige Regeln zurückgeführt werden. Gelänge dies nicht, so
gäbe es soviel verschiedene Räume und Zeiten, als es ver‑
schiedene empfindende Individuen gibt; so wäre die Einheit

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Der synthetische Charakter des Raumes und der Zeit. 545

des Raumes und der Zeit, die die erste Grundbedingung der
Einheit der Erfahrung ausmacht, zerstört. „Es ist n u r eine Er‑
fahrung, in welcher alle Wahrnehmungen als im durchgängigen
und gesetzmässigen Zusammenhange vorgestellt werden; ebenso
wie n u r e i n Raum und Zeit ist, in welcher alle Formen der
Erscheinung und alles Verhältnis des Seins oder Nichtseins statt‑
finden. Wenn man von verschiedenen Erfahrungen spricht, so
sind es nur soviel Wahrnehmungen, sofern solche zu einer und
derselben allgemeinen Erfahrung gebören. Die durchgängige
und synthetische Einheit der Wahrnehmungen macht nämlich
gerade die F o r m der E r f a h r u n g aus, und sie ist nichts Anderes
als die synthetische Einheit der Erscheinungen nach Begriffen.“
(A. 110) Wiederum bewährt sich hier die Copernikanische
Drehung. W i r fragen nicht, wie der an sich vorhandene, abso‑
lute Weltraum sich in die mannigfachen Raumwelten der ver‑
schiedenen vorstellenden Subjekte spaltet; sondern w i r suchen
umgekehrt die logischen Bedingungen dafür festzusetzen, dass
der subjektive Raum, der dem Einzelnen zunächst allein gegeben
ist, sich zum „objektiven“ wandelt, dass also, aller individuellen
Unterschiede der Vorstellung ungeachtet, ein eindeutiger Be‑
griff der empirischen Wirklichkeit sich ergibt. ‑
Diese echte kritische Objektivität des Raumes und der Zeit
kann nicht anders gesichert werden, als dass beide nicht mehr
blosse gegebene Einzeldinge sind, die dem Vorstellen gegenüber‑
stehen und i h m „objiciert“ sind, sondern dass sie umgekehrt als
Erkenntnisquellen erkannt werden, aus welchen der Inhalt der
Gegenständlichkeit erst hervorgeht. Der Begriff des „A priori“
tritt in diesem Zusammenhange von neuem in seiner spezifischen
Bedeutung hervor. Würde die „Form“ der Anschauung in irgend
welchem Sinne etwas Fertiges und Abgeschlossenes, würde s i e
eine „Eigenschaft“ der äusseren Dinge oder des psychologischen
Subjekts bedeuten, so könnte sie nicht zum Grund und zur Ge‑
währ wahrhaft „apriorischer“ Einsichten werden. Denn wir
können von den Dingen n u r das a priori erkennen, „was wir
selbst in sie legen“. Der Raum und die Zeit müssen somit aus
Gegenständen, die erkannt werden sollen, in Funktionen ver‑
wandelt werden, m i t denen und kraft deren w i r erkennen. Sie
sind einzelne Phasen und Stadien auf jenem Wege der fort‑

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546 Die Vernunftkritik.

schreitenden Ve r e i n h e i t l i c h u n g des manniglaltigen e m p i r i s c h :


Materials, die die wissenschaftliche Erkenntnis des G e g e n s t a n d
ausmacht. Wenn für die gewöhnliche Ansicht d i e E m p fi n d u r.
m i t ihrer räumlichen und zeillichen Form zu e i n e r e i n z i g : |
unterschiedslosen Masse des Gegebenen, des schlechthin Daseienii:ı
verschmilzt, so gilt es vor allem diese Vermischung w i e d e r u ı
rückgängig zu machen. Raum und Zeit sind die e r s t e n uni
grundlegenden K o n s t r u k t i o n s m i t t e l der Gegenständlichkei:.
Ein Objekt der äusseren Erfabrung erkennen, heisst n i c h t s ander»
als es nach den Regeln der reinen räumlichen Synthesis au.
den Sinneseindrücken gestalten, und es somit als r ä u m l i c h e r t
hervorbringen. „Wenn ich also z. B. die empirische An‑
schauung eines Hauses durch Apprehension des Mannigfaltigen
derselben z u r -Wahrnebmung mache, so liegt m i r die nothwendig:
Einheit des Raumes und der äusseren sinnlichen Anschauun:
überhaupt zum Grunde, und ich zeichne gleichsam seine Gestalt
dieser synthetischen Einheit des Mannigfaltigen im Raume ge‑
mäss.“ (Kr. 162) Dieser Akt der Zeichnung erst ermöglicht die
bestimmten und festen Umrisse der Einzelgestalten. „ W i r können
uns keine Linie denken, ohne sie in Gedanken zu ziehen, keinen
Zirkel denken, ohne i h n ‘ z u b e s c h r e i b e n , die drei Ab‑
inessungen des Raumes gar nicht vorstellen, ohne aus demselben
Punkte drei Linien senkrecht auf einander zu setzen, und selbst
die Zeit nicht, ohne, indem w i r im Z i e h e n einer geraden Linie
(die die äusserlich figürliche Vorstellung der Zeit sein soll), bloss
auf die Handlung der Synthesis des Mannigfaltigen, dadurch wir
den innern Sinn successiv bestimmen, und dadurch auf die
Succession dieser Bestimmung in demselben Acht haben. Be‑
wegung als Handlung des Subjekts (nicht als Besiimmung des
Objekts) folglich die Synthesis des Mannigfaltigen im Raume,
wenn wir von diesem abstrahieren und bloss auf die Handlung
Acht haben, dadurch wir den i n n e r e n S i n n seiner Form gemäss
bestimmen, bringt sogar den Begriff der Succession zuerst hervor.
Der Verstand fi n d e t also in diesem nicht etwa schon eine der‑
gleichen Verbindung des Mannigfaltigen, sondern bringt sie
h e r v o r, indem er ihn afficirt.“ ( K r. 154f.) So ist die bestimmte
räumliche Gestalt, wie die Bestimmtheit des einzelnen zeillichen
Geschehens n u r durch eine Durchdringung der sinnlichen und

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I _ .oed
Erkenninisgegenstand und Erkenninismitiel. 547

derVerstandesbedingungen möglich, die beide gemeinsam „wirken“


können, weil sie n u r zwei verschiedene Seiten des Grundaktes
der Synthesis überhaupt darstellen.
Die g e s c h i e h t l i c h e Universalität von Kants Lehre tritt
hier deutlich zutage. Wie er zuvor an die Ergebnisse der psy‑
chologischen Empirie anknüpfen konnte, um sie gemäss der
Tendenz des eigenen Gedankens zu gestalten, so ist es hier das
methodische G r u n d p r o b l e m des Rationalismus, das er
ergreift. Denn dies galt als das Entscheidende für alle rationa‑
listischen Denker der neueren Zeit, dass dem Intellekt nicht n u r
eine nachbildende Funktion, sondern eine ursprüngliche Pro‑
“duktivität zugestanden werden sollte; dass er in seinen „causalen
Definitionen* die Kraft besitzen sollte, die Gesamtheit des Seins
schöpferisch aus sich hervorgehen zu lassen. Die Bewegung des
Denkens, die deduktive synthetische Verknüpfung seiner Einzel‑
schritte sollte zugleich die realen Bedingungen und Kräfte bloss‑
legen, nach welchen alles besondere empirische Dasein entsteht.
(S. ob. S. 15 fl., 4 8 f ) Dieser rein logische Sinn des Bewegungs‑
begriffs, der uns bei Spinoza und Leibniz entgegentrat, wird nun‑
mehr, im Unterschied von seiner empirischen Bedeutung, auch
von Kant nachdrücklich betont. „Bewegung eines O b j e k t s im
Raume gehört nicht in eine reine Wissenschaft; folglich auch
nicht in die Geometrie; weil, dass etwas beweglich sei, nicht
a priori, sondern n u r durch Erfahrung erkannt werden kann.
Aber Bewegung, als Beschreibung eines Raumes, ist ein reiner
Actus der successiven Syntbesis des Mannigfaltigen in der äusseren
Anschauung überhaupt durch produktive Einbildungskraft und
gehört nicht allein zur Geometrie, sondern sogar zur Trans‑
scendental-Philosophie.“ (Kr. 155, Anm.) Das Wichtige und Neue
aber gegenüber der Vergangenheit des Rationalismus ist eben
dies, dass diese reine Grundform’ der Bewegung n u r insofern zur
Transscendental-Philosophie gehört, als und soweit sie sich in der
G e o m e t r i e und damit mittelbar in der Gestaltung des e m p i ‑
risch r ä u m l i c h e n B i l d e s der Wirklichkeit betätigt und bewährt.
Wenn Spinoza auf die Geometrie binblickt, so gilt sie ihm als
der Grundtypus für die Ordnung der ewigen göttlichen Gedanken
und somit für den ursprünglichen Zusammenhang, der die ab‑
soluten Wesenheilen der Dinge aneinander kettet. Die Reihe
85%

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548 Die Vernunftkritik.

der veränderlichen Einzelphänomene und ihre causale Verkoür


fung zu verfolgen dagegen erscheint ihm als k e i n e würdi..
und notwendige Aufgabe der echten verstandesmässigen Er‑
kenntnis. Und auch für Leibniz bildet, so sehr er gerade an
diesem Punkte über Spinoza hinausgeht und sein P r o b l e m v e r l i c t .
zuletzt dennoch der absolute Intellekt Gottes den Maassstab, naclı
welchem er den allgemeinen logischen Begriff d e r Wahrheit
bestimmt. (Vgl. ob. S. 18f., 95 ff.) Jetzt erst ist d i e entschei‑
dende Wendung erreicht, dass alle „Spontaneität“ des Denkci=
lediglich den Zwecken der Erfahrungserkenntnis selbst zu dienen
hat und daher im Bereich der „Erscheinungen“ gebunden bleibt. ‑
Zugleich tritt jetzt das zweite, wichtigere Moment hervor.
das dem Beweis der Apriorität und der synthetischen Bedeutun:;
des Raumes und der Zeit erst seine eigentliche Stütze g i b t . Dem
psychologischen Gesichtspunkt tritt der transzendentale z u r Seite:
der Gehalt der Begriffe des Raumes und der Zeit bestimmt sich
nach den Erkenntnissen, die sie in Geometrie und Arithmetik.
wie in der reinen Bewegungsiehre ermöglichen. „Geometrie ist
eine Wissenschaft, welche die Eigenschaften des Raumes syn‑
thetisch und doch a priori bestimmt. Was m u s s d i e Vor‑
s t e l l u n g des Raumes denn sein, d a m i t eine s o l c h e Er‑
kenntnis v o n i h m m ö g l i c h sei?“ (Kr.40.) Die „ Vo r s t e l l u des
ng
Raumes“ wird also nicht als einfaches psychologisches F a k t u m
aufgegriffen, sondern sie fungiert zunächst als Unbekannte, die
ihre nähere logische Besiimmung erst von der Analyse der geo‑
metrischen Erkenntnis erwartet. Das Ergebnis dieser Analyse
entscheidet über unsere Ansicht vom „Wesen“ des Raumes. Ist
dieses Wesen als absolut zu betrachten, so kann es, wenn es
überhaupt in unser Wissen übergeht, sich diesem n u r stückweise
mitteilen; so kann es uns demnach n u r in dem Masse bekannt
werden, als es sich uns in der Erfahrung bereits dargestellt und
offenbart hat. Die mathematischen Urteile könnten somit über
eine bloss induktive Geltung niemals hinauswachsen. „Müsste
unsere Anschauung von der A r t sein, dass sie Dinge vorstellte,
so wie sie an s i c h selbst sind, so würde gar keine An‑
schauung a priori stattfinden, sondern sie wäre allemal empirisch.
Denn was in dem Gegenstande an sich selbst enthalten sei, kann
ich n u r wissen, wenn er m i r gegenwärtig und gegeben ist. Frei‑

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<
Die transscendentale Erörterung des Raumes. 549

l i c h ist es auch alsdann unbegreiflicb, wie die Anschauung einer


gegenwärtigen Sache m i r diese solle zu erkennen geben, wie sie
an sich ist, da ihre Eigenschaften nicht in meine Vorstellungs‑
kraft hinüber wandern können; allein die Möglichkeit davon
eingeräumt, so würde doch dergleichen Anschauung nicht a priori
stattfinden, d. i. ehe m i r noch der Gegenstand vorgestellt würde;
denn ohne das kann kein Grund der Beziehung meiner Vor‑
stellung auf i h n erdacht werden, sie müsste denn auf Eingebung
beruhen.“ «(Prol. $ 9.) Aber die Geometrie steht von Anfang an
ausserhalb dieser ganzen Art und Richtung der Fragestellung.
Sie kennt und erkennt keine Gegenstände ausser denen, die sie
selbst kraft der Definition erschaffen hat. Der Erste, der den
gleichschenkligen Triangel demonstrierte, bewirkte eine Revo‑
l u t i o n d e r D e n kar t, die fortan den allgemeinen Begriff des
Wissens selbst umgestaltete, indem er einsah, dass er „nicht
dem, was er in der Figur sah oder auch dem blossen Begriffe
derselben nachspüren und gleichsam davon ihre Eigenschaften
ablernen, sondern durch das, was .er nach Begriften selbst
a priori hineindachte und darstellte (durch Construction) sie
hervorbringen müsse.“ Diese charakteristische Erkenntnisform
ist es, die die Mathematik all den Gebieten, die mit i h r in Zu‑
sammenhang stehen, die sie insbesondere der theoretischen
Naturwissenschaft mitteilt. Denn wie die Geometrie die reine
Anschauung des Raumes zum Grunde legt, wie die Arithmetik
ihre Zahlbegriffe durch successive Hinzusetzung der Einheiten zu
Stande bringt; so kann auch die reine Mechanik ihre Begriffe
von Bewegung n u r vermiitelst der Vorstellung der Zeit zu Stande
bringen. (Proleg. $ 10.)
Diese Grundeigenschaft, die die metaphysische Deduktion ‑
des Raumes und der Zeit aufdeckt aber leitet sogleich zur trans‑
zendentalen über. Die apriorische Gültigkeit der mathematischen
Sätze ist jetzt gesichert und begriffen; sie beruht darauf, dass
diese Sätze sich nicht sowohl m i t besonderen Gestalten, die als
solche in ihrer Verschiedenheit immer n u r einzeln durchlaufen
und aufgezählt werden könnten, als vielmehr m i t Gestaltungs‑
weisen, deren Gesetz sich allgemein vergegenwärtigen lässt, be‑
fasst. So vermag das einzeln hingezeichnete Dreieck in der
Geometrie den reinen Begriff dieser Figur unbeschadet seiner

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<
550 Die Vernunftkritik.

Allgemeinheit auszudrücken, weil bei dieser empirischen Ar‑


schauung immer n u r a u f die H a n d l u n g d e r K o n s t r u k t i e r
des Begriffs gesehen wird, welcher viele Bestimmungen, w i e di:
Grösse der Seiten und Winkel ganz gleichgültig sind. ( K r . :2
So werden alle bestehenden Formen in den reinen logischen
Prozess der Formung aufgehoben. Der scholastische F o r m b e g r i !
ist erst damit endgültig überwunden: denn wie es n i c h t di:
„Species“ der Aussendinge sind, die sich von ihnen loslösen, um
in uns Erkenntnis zu wirken, so bedeutet die Form a u c h nicht
länger eine feste Gestalt und Prägung, die dem „Subjekt“: ferti‑
mitgegeben ist, sondern bezeichnet lediglich eine allgemeine
logische Bedingung der Erfahrung selbst, in welcher das „Innere“
und das „Aeussere“ sich erst scheiden und einander gegenüber‑
treten. „Die Kritik“ ‐ so bemerkt Kant gegen Eberhard ‐ .er‑
laubt schlechterdings keine anerschaffenen oder angeborenen
Vo r s te l l u n g e n ; alle insgesamt, sie mögen zur Anschauung oder
zu Verstandesbegriffen gehören, nimmt sie als e r w o r b e n an. Es
gibt aber auch eine ursprüngliche Erwerbung (wie die Lehrer
des Naturrechts sich ausdrücken), folglich auch dessen, w a s v o r ‑
h e r gar n o c h n i c h t e x i s t i r t , m i t h i n keiner Sache v o r
dieser H a n d l u n g a n g e h ö r t hat. Dergleichen ist, wie die
Kritik behauptet, e r s t l i c h die Form der Dinge in Raum und
Zeit; zweitens die synthetische Einheit des Mannichfaltigen in
Begriffen; denn keine von beiden nimmt unser Erkenntnisver‑
mögen von den Objekten, als in ihnen an sich selbst gegeben,
her, sondern bringt sie aus sich selbst a priori zu Stande*.!,
Raum und Zeit haben vor der „Handlung“, in welcher sie her‑
vorgebracht werden, keiner Sache angehört, weil jegliche „Sache“
für uns erst in und m i t dieser Handlung entsteht.

Aber je unzweideutiger von seiten der psychologischen, wie


der transzendentalen Analyse der konstruktive Charakter der
reinen Anschauung hervortritt und je schärfer er von Kant selbst
betont wird, um so mehr drängt sich eine andere Schwierigkeit
auf. Der Gegensatz zwischen den Formen der Sinnlichkeit und
den Formen des Verstandes scheint sich jetzt mehr und mehr zu
verwischen. Die Sinnlichkeit bedeutet nicht länger ein rein
„receptives* Vermögen, sondern sie gewinnt eine eigene Selbst‑

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<
Das „Gegebene“ der Anschauung. 551

tätigkeit. In der Tat lässt sich die Trennung und Ausschliessung,


d i e die Dissertation durchgeführt hatte, wenngleich Kant auf sie .
n o c h häufig zurückgreift, sachlich jetzt nicht mehr aufrecht er‑
halten. Die Sonderung kann sich n u r i n n e r h a l b der Grenzen
des gemeinsamen Oberbegriffs der Synthesis vollziehen; es be‑
steht somit von Anfang an eine übergeordnete Einheit, die die
beiden Glieder des Gegensatzes umfasst und die ihre beiderseitige
Stellung bestimmt. Aber damit scheinen zugleich all die meta‑
physischen Gefahren, denen die kritische Scheidung der Disser‑
tation begegnen wollte, sich von neuem zu erheben. Wieder
drohen die Grenzen der sinnlichen und der intelligiblen Welt in
einander überzugeben ; wieder scheinen die apriorischen Erkennt‑
nisweisen als freischaltende geistige Vermögen über alle Schranken
des „gegebenen‘‘ empirischen Materials hinausgreifen zu können.
H i e r muss somit das zweite entscheidende Grundmotiv der Ver‑
nunftkritik von neuem einsetzen: die neue Freiheit und „Spon‑
taneitäl“, die die Funktionen der Sinnlichkeit erlangt haben, ver‑
langt auf der anderen Seite eine um so festere B i n d u n g an die
Erfahrung und ihren Gegenstand.
Die stetig wiederkehrende Forderung, dass all unser Denken,
um Erkenntnis zu verschaffen, sich auf das „Gegebene der
Anschauung“ zurückbeziehen müsse, tritt in diesem Zusammen‑
hange in ihrer wahren Grundtendenz hervor. Soweit dieser
Ausdruck der „Gegebenheit“ m i t der Annahme von „Dingen an
sich“, die unser Gemüt affizieren, in Zusammenhang steht, kann
er zunächst ausser Betracht bleiben. (S. hierüber unten: Abschn.
V.) Denn wie immer es sich hiermit verhalten möge, so steht
doch das Eine fest, dass die innere logische Struktur der Er‑
kenntnis n u r aus sich selbst heraus und unabhängig von allen
metaphysischen Hypothesen sich darstellen und entwickeln lassen
muss; dass somit der Begriff der „Gegebenheit“, soweit ihm ein
logisches Recht zukommt, sich v o r allem in der Charakteristik
und in der kritischen Zergliederung der F u n k t i o n d e r E r ‑
kenntnis selbst bewähren und als notwendig erweisen muss.
Innerhalb dieses engeren Umkreises aber wird die Bedeutung
des Ausdrucks von Kant klar und unzweideutig farmuliert.
„Wenn eine Erkenntnis objektive Realität haben, d.i. sich auf
einen Gegenstand beziehen und in demselben Bedeutung und

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<
552 Die Vernunftkritik.

Sinn haben soll, so muss der Gegenstand auf irgend eine Art ge‑
geben werden können. Ohne das sind die Begriffe leer, und man
hat dadurch zwar gedacht, in der Tat aber durch dieses Denken
nichts erkannt, sondern n u r m i t Vorstellungen gespielt. Einen
Gegenstand geben, wenn dieses nicht wiederum n u r miltelbar
gemeint sein soll, sondern unmittelbar in der Anschauung dar‑
stellen, ist nichts anderes, als dessen Vorstellung auf Erfahrung
(es sei wirkliche oder doch mögliche) beziehen. Selbst der Raum
und die Zeit, so rein diese Begriffe auch von allem Empirischen
sind, und so gewiss es auch ist, dass sie völlig a priori im Ge‑
müthe vorgestellt werden, würden doch ohne objektive Gültig‑
keit und ohne Sinn und Bedeutung sein, wenn i h r nothwendiger
Gebrauch an den Gegenständen der Erfahrung nicht gezeigt
würde, ja ihre Vorstellung ist ein blosses Schema, das sich immer
auf die reproduktive Einbildungskraft bezieht, welche die Gegen‑
stände der Erfahrung herbei ruft, ohne die sie keine Bedeutung
haben würden; und so ist es mit allen Begriffen ohne Unter‑
schied“ (Kr. 194f.) So besagt auch die „Gegebenheit" in diesem
Zusammenbange nichts anderes, als den immer wieder einge‑
schärften Gedanken, dass die Erfahrung das Endziel all unserer
reinen Begriffe bilden muss und die einheitliche Aufgabe, dic
ihnen von Anfang an gestellt ist. Die Begriffe werden nicht von
gegebenen Gegenständen hergenommen und abgelesen, da sie auf
diese Weise niemals eine andere als empirische Gültigkeit ge‑
winnen könnten; wohl aber müssen w i r sie, um sie auf Erschei‑
nungen anwendbar zu machen, zuvor in der reinen Anschauung
k o n s t r u k t i v darstellen, d . b . ihnen ein Objekt „geben“.
Dieses Geben selber ist somit als eine aktive Funktion, als eine
Grundbetätigung der Erkenntnis verstanden. Der empirische
Stoff wird auf die reinen Formen des Raumes und der Zeit be‑
zogen; in diesen aber werden „die Gegenstände d u r c h d i e Er‑
k e n n t n i s selbst a priori (der Form nach) in der Anschauung
gegeben“ (Kr. 120.) Das konstruktive Element ist somit hier
nicht verdunkelt oder ausgeschaltet, vielmehr bildet die geome‑
trische Konstruktion selber das fundamentale „Datum“ für alle
Synthesen der Erkenntnis überhaupt. Das Denken kann nicht
aus sich heraus eine eigene Wirklichkeit erschaffen, sondern es
bleibt ausschliesslich auf diejenige Art von Gegenständlichkeit

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Die Synthesis des Verstandes und die Anschauungsformen. 553

hingewiesen, die sich in Raum und Zeit und kraft der Anschau‑
ung von Raum und Zeit darstellen lässt. Vom Standpunkt des
blossen Verstandes aus bleibt die Synihesis der reinen An‑
schauung selbst ein Gegebenes, sofern sie das M a t e r i a l bildet,
das i h m vorgelegt ist und über dessen Grenzen er auch in seiner
freiesten Betätigung nicht hinauszuschreiten vermag. ‑
So scheint, v o n dieser Seite her betrachtet, das System der
reinen Verstandesbegriffe zu bloss m i t t e l b a r e r Bedeutung
herabzusinken, da esja keine andere Leistung kennt, noch kennen
darf, als die Anschauung selbst, als die eindeutige Verknüpfung
der Erscheinungen in Raum und Zeit zu ermöglichen. Dieses
Ergebnis, das jetzt endgültig festgestellt ist, lässt indessen eine
doppelte Darstellung und gleichsam eine verschiedene Art der
Aussprache und Betonung zu. Wenn d i e Kategorien einerseits
an die Anschauung gebunden, wenn sie, schroff ausgedrückt, nur
um ihretwillen vorhanden sind, so erweisen sie sich anderer‑
seits eben kraft dieses unlöslichen Zusammenhangs als ein not‑
wendiges Moment für die Anschauung selbst; als ein Moment,
von dem sich zwar vorübergehend aus methodischen Rücksichten
abstrahieren lässt, das aber, sachlich betrachtet, eine positive und
unumgängliche Bedingung für die Setzung der räumlichen und
zeitlichen Ordnung selber darstellt. Gegenüber der Sonder- und
Ausnahmestellung, die die „Sinnlichkeit“ zunächst in der trans‑
zendentalen Aesthetik erlangt halte, w i r d diese Folgerung in der
transzendentalen Logik ausdrücklich hervorgehoben und einge‑
schärft. „Der Raum, als Gegenstand vorgestellt (wie m a n es
wirklich in der Geometrie bedarf), enthält mehr als blosse Form
der Anschauung, nämlich Zusammenfassung des Mannig‑
faltigen, nach der F o r m der Sinnlichkeit Gegebenen in eine
anschauliche Vorstellung, so dass die Form der Anschauung
bloss Mannigfaltiges, die f o r m a l e Anschauung aber Einheit der
Vorstellung gibt. Diese Einheit hatte ich in der Aesthetik bloss
zur Sinnlichkeit gezählt, um n u r zu bemerken, dass sie vor allem
Begriffe vorhergehe, ob sie z w a r eine Syntbesis, d i e n i c h t
den Sinnen angehört, d u r c h welche aber a l l e B e g r i ff e
v o n R a u m u n d Z e i t zuerst m ö g l i c h werden, voraussetzt.
Denn da durch sie (indem der Verstand die Sinnlichkeit bestimmt)
der Raum oder die Zeit als Anschauungen zuerst gegeben werden,

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554
554 Die Vernunftkritik,
Die Vernunftkritik.

so gebört die
so gehört Einheit dieser Anschauung
die Einheit Anschauung a priori z u m Raume
priori zum Raume
und der
und der Zeit
Zeit und
und nichtnicht zzum Begriffe des Verstandes.“
u m Begriffe Verstandes." ((Kr. K r. 1€
1€ 11
Anm.) Hier
Anm.) tritt also
Hier tritt also der Gesichtspunkt hervor;
entgegengesetzte Gesichtspunkt
der entgegengesetzte hervor;
hier ist
hier es der
ist es der Verstand,
Verstand, der der diedie Sinnlichkeit,
Sinnlichkeit, die
die für sich allein
für sich allein
n u r ein
nur Grundschema darbietet,
unbestimmtes Grundschema
ein unbestimmtes zuerst bbestimmt
darbietet, zuerst estimmt
und dadurch erst
und der dadurch einen Gegenstand,
erst einen als Gegenstand
Gegenstand, als Gegenstand der
Anschauung, g
Anschauung, i b t . Raum
gibt. Zeit erfordern,
u n d Zeit
R a u m und erfordern, wenn
wenn sie sie nicht
nicht
bloss
bloss als subjektive Formen
als subjektive Formen der der Sinnlichkeit,
Sinnlichkeit, sondern als O b j eekktt
sondern als
der reinen
der r e i n e nA betrachtet werden,
An sscchhaauuuunngg betrachtet Legrif' eines
den Begriff
werden, den eines
Zusammengesetzten, mithin
Zusammengesetzten, mithin der der Zusammensetzung
Zusammensetzung des Mannrig‑ Mannig-
faltigen:
faltigen: da da aber aber „diese Zusammensetzung nicht
„diese Zusammensetzung nicht in die die Sinne
Sinne
fallen
fallen kann, sondern w
kann, sondern wiri r sie selbst machen
sie selbst machen müssen, müssen, so so gehört
gehört
sie nicht
sie nicht zur zur Receptivität
Receptivität der Sinnlichkeit, sondern
der Sinnlichkeit, sondern zur zur Spon‑
Spon-
taneilät des Verstandes,
taneität des Verstandes, als Begriff a priori“.
als Begriff priori". Die Die beiden
beiden scheinbar
widerstreitenden
widerstreitenden Tendenzen Tendenzen in der Rang- Rang- und und Wertbestimmung
Wertbestimmung
von Anschauung und
von Anschauung und Denken aber vermögen in Wahrheit
Denken aber vermögen Wahrheit ein‑ ein-
ander zu ergänzen und zu bestätigen. Dass
ander zu ergänzen und zu bestätigen. Dass alle unsere Begriffe alle unsere Begriffe
sich auf
sich die räumliche
auf die Anschauung beziehen,
räumliche Anschauung beziehen, dies dies bedeutet nichts nichts
anderes,
anderes, als
als dass
dass jegliche
jegliche Erkenntnis
Erkenntnis des Objekts,
Objekts, die
die wir gewinnen
gewinnen
können,
können, durchdurch die geometrische K
reine geometrische
die reine o n s t r u k t i o n ver‑
Konstruktion ver-
mittelt sein muss; ist diese Einsicht aber
mittelt sein muss; ist diese Einsicht aber einmal gesichert und einmal gesichert und
festgestellt, so
festgestellt, gilt es
so gill umgekehrt zu
es umgekehrt zu erkennen,
erkennen, dass die Geometrie‑Geometrie.
selbst,
selbst, sofern sie von b e s t i m m t e n Gestalten im Raume handelt
sofern sie von bestimmten Gestalten im Raume handelt
diese lediglich auf
diese lediglich Grund der synthetischen
auf Grund synthetischen Funktionen
Funktionen des
Denkens hervorzubringen
Denkens hervorzubringen vermag. vermag. Was Was den den Raum
Raum zzur u r Zirkel‑
Zirkel-
gestalt, zur
gestalt, Figur des Kegels
zur Figur Kegels oder der Kugel Kugel bestimmt,
bestimmt, ist ist der
Verstand,
Verstand, sofern sofern er er den Grund der
den Grund Einheit der
der Einheit der Konstruktion
Konstruktion
dieser Figuren
dieser enthält. (Proleg.
Figuren enthält. (Proleg. 5 38.)
§ 38.)
So erklärt sich
So erklärt sich von von hier
hier aus auch die doppelte Richtung,
aus auch Richtung,
die Kant
die Kant in der der Charakteristik
Charakteristik des synthetischen Urteils
des synthetischen Urteils einschlägt.
einschlägt.
der einen
Auf der einen SeiteSeite nämlich erscheint j ee g l iicc hh e Synthesis ihrem
nämlich erscheint ihrem
reinen
reinen U r s p r u n g nach
Ursprung nach als als intellektuell.
intellektuell. ,Die .‚Die Verbindung
Verbindung eines eines
Mannigfaltigen überhau
Mannigfaltigen überhaupt niemals durch
kann niemals
pt kann Sinnei inn uns
durch Sinne uns
kommen
kommen u u nn dd k a a nn nn also
a l s o auch i n der
a u c h n i c hh tt in der reine e nn F oo rr m
m
der ssinnlichen Anschauung zugleich
i n n l i c h e n Anschauung zugleich m mit enthalten
it e n t h a l t e n ssein;
ein;
denn sie
denn ist ein
sie ist ein Actus Spontaneität der Vorstellungskraft,
Actus der Spontaneität Vorstellungskraft, und und
da diese, Unterschiede
da man diese, zum Unterschiede von der
man zum von der Sinnlichkeit, Verstand
Verstand
nennen muss,
nennen muss, so so ist
ist alle
alle Verbindung ...
Verbindung . .. eine eine Verstandeshandlung,
Verstandeshandlung,

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<
Ursprung und Ziel der reinen Synthesis. 5556

die wir mit der allgemeinen Benennung Synthesis belegen


werden, um dadurch zugleich bemerklich zu machen, dass w i r
uns nichts als im Objekte verbunden vorstellen können, ohne
es vorber selbst verbunden zu haben, und unter allen Vorstel‑
lungen die Ve r b i n d u n g die einzige ist, die nicht durch Objekte
gegeben, sondern n u r vom Subjekte selbst v e r r i c h t e t werden
kann, weil sie ein Actus seiner Selbstthätigkeit ist.“ (Kr. 129f.)
Alle Synthesis, wie immer sie im einzelnen bestimmt sein mag,
ist daher eine „ Ve r r i c h t u n g des Verstandes“, der selbst nichts
weiter ist, als „das Vermögen a priori zu verbinden“ (Kr. 134 f.).
Auch die Untersuchung der reinen Grundurteile der Mathematik
widerlegt diese Ansicht nicht, sondern gibt i h r n u r eine neue
Bestätigung. Der Grundsatz etwa, dass die gerade Linie die
kürzeste zwischen zwei Punkten ist, setzt voraus, dass die Linie
unter den B e g r i f f der Grösse subsumiert werde, „welcher
gewiss keine blosse Anschauung ist, sondern lediglich im Ver‑
stande seinen Sitz hat, und dazu (lient, die Anschauung (der Linie)
in Absicht auf die Urtheile, die von ihr gefällt werden mögen,
in Ansehung der Quantität derselben . ..zu bestimmen“. (Proleg.
$ 20.) Auf der andern Seite indessen scheint es eben die Be‑
ziehung auf die Anschauung zu sein, die die spezifische Eigen‑
tümlichkeit des synthetischen Urteils ausmacht. Das ist das
eigentliche P r i n z i p synthetischer Urteile überhaupt, dass sie ‑
wie Kant es gegen Eberhard ausspricht ‐ n i c h t anders m ö g l i c h
sind, „als u n t e r der Bedingung e i n e r dem Begriffe i h r e s
Subjekts untergelegten Anschauung“.!!) Der Gegensatz
findet auch hier seine Erklärung darin, dass es sich das eine Mal
n u r um den logischen Ursprung der Synthesis überhaupt, das
andere Mal dagegen um die Bedingung ihrer objektiven Gültigkeit
handelt. Die Synthesis bildet einen einheitlichen, in sich unge‑
teilten Prozess, der indessen bald nach seinem Ausgangspunkt,
bald nach seinem Z i e l p u n k t bestimmt und charakterisiert werden
kann. Sie entsteht im Verstande, aber sie wendet sich alsbald
der reinen Anschauung zu, um durch ihre Vermittlung empirische
Realität zu gewinnen. ‐
So löst sich die anfängliche Trennung von Anschauung und
Begriff immer deutlicher in eine reine logische Korrelation auf.
Die Unterscheidung, die die transzendentale Aesthetik an die

Digilized hy Google
<
556 Die Vernunfthritik.

Spitze stellt, betrifft zunächst n u r die Absonderung von den ge‑


wöhnlichen Gattungsbegriffen. Raum und Zeit sind keine „dis‑
kursiven* oder „allgemeinen“ Begriffe, weil wir n u r einen
„einigen* allbefassenden Raum und eine einzige Zeit kennen,
deren Teile nicht vor deın Ganzen vorhergehen, sondern umge‑
kehrt erst durch Einschränkung aus diesem herausgehoben
werden; ‐ weil also die Bedeutung des Raumes und der Zeit
nicht erst, wie bei den Gattungsbegriffen, aus vielerlei gleichartigen
Einzelexemplaren „abstrahiert“ wird, sondern als fundamentale
Seizung jedem besonderen Raume und jeder besonderen Zeit zu
Grunde liegt. Raum und Zeit lassen sich, in sofern sie gedacht
werden sollen, stets n u r i n der To t a l i t ä t i h r e r F u n k t i o n er‑
fahren und begreifen, und jeder einzelne räumlich-zeitliche Inhalt
setzt diese Funktion als ein qualitatives Ganze voraus. Sie ent‑
halten somit ihre Teile nicht, wie die diskursiven Begriffe, u n t e r
sich, sondern in sich, ohne sich doch aus ihnen erst nach‑
träglich zu bilden und zusammenzusetzen. Hier wird nicht ein
und dasselbe sachliche M e r k m a l als in vielen Vorstellungen
gleichmässig vorhanden angesehen, sondern es wird eine
Vielheit von Vorstellungen durch eine bestimmte einzigarlige
Regel der Synthesis miteinander verknüpft gedacht. (Vgl.
Kr. 136, Anm.)
W i r sahen, wie diese kritische Unterscheidung durch die
Entwicklung der empirischen Wissenschaft selbst immer deut‑
licher gefordert wurde. Schon E u l e r hatte e s ’ aufs bestimmteste
ausgesprochen, dass der „Ort“, den die Körper einnebmen, keine
Beschaffenheit ist, die ihnen gleich irgend einer anderen ding‑
lichen Qualität, gleich ihrer Farbe oder ihrer Schwere anhaftet,
dass er also auch nicht durch blosse Vergleichung mehrerer
Einzelkörper von ihnen abgezogen werden könne. Schon er be‑
tont, dass die Art, in der wir zur Vorstellung des reinen Raumes
und der reinen Zeit gelangen, m i t der Methode, nach welcher
wir ‐ gemäss der allgemein angenommenen Lehre der tradi‑
tionellen Logik ‐ die abstrakten Begriffe bilden, nichts gemein
hat, dass vielmehr bier ein eigentümliches Verfahren vorliegt,
dessen unbedingte Anerkennung die Physik von der allgemeinen
pbilosophischen Prinzipienlehre zu fordern hat. ($. ob. $. 353.)
Wenn Kant nunmehr ‐ gemäss seiner Grundabsicht, die exakte

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<
Die Anschauung und der „diskursive“ Begriff. 557

Wissenschaft nicht vom Standpunkt eines ontologischen Begrifts‑


systems umzudeuten, sondern sie lediglich zu begreifen ‐ diese
Forderung erfüllt, so erstreckt er sie doch wesentlich weiler, als
sie hier zunächst verstanden war. Die Zergliederung der mathe‑
matiscb-pbysikalischen Grundbegriffe führt zu einer prinzipiellen
Umgestaltung der T h e o r i e der B e g r i ff s b i l d u n g überhaupt.
(S$. unt. Abschn. IV.) Hieraus aber ergibt sich nunmehr eine eigen‑
tümliche Konsequenz: denn jetzt zeigt es sich, dass das Krite‑
rium, welches hinreichend war, die reine Anschauung von den
abstrakten G a t t u n g s b e g r i ff e n z u unterscheiden, nicht genügt,
ihren spezifischen Unterschied gegenüber den reinen Verstandes‑
f u n k t i o n e n zu bezeichnen, die nicht die Produkte, sondern die
Bedingungen der Erfahrung darstellen. Denn auch diese stehen
m i t den „conceptus communes“ der traditionellen Logik keines‑
wegs auf gleicher Stufe, d a sie nicht, wie diese, der a n a l y t i s c h e n ,
sondern der synthetischen Einheit des Bewusstseins ent‑
stammen. Hier muss daber ein anderes Prinzip der Unterschei‑
dung eintreten. Raum und Zeit sind „Anschauungen“, weil sie
die ersten und fundamentalen Ordnungen sind, in die jeder
empirische Inhalt gefasst werden muss; weil sie es sind, kraft
deren zuerst und ursprünglich das "blosse Material der Empfin‑
dung zur bewussten „Vorstellung“ erhoben wird. Dieser erste
Schritt der Formung ist es, den w i r in keiner Weise aufbeben
können, wenn überhaupt von einer vorgestellten Welt die
Rede sein soll, während die b e s t i m m t e Verknüpfung und
Gliederung der Erscheinungen in Raum und Zeit bereits eine
höhere Stufe der Objektivierung voraussetzt, von der wir,
zum mindesten für die Zwecke der Isolierung der Erkennt‑
nismittel, allenfalls abstrahieren können. Dass Gegenstände der
sinnlichen Anschauung unter der reinen Form des Raumes und
der Zeit stehen und i h r in jeder Hinsicht gemäss sein müssen,
dies ist daraus klar, weil sie sonst nicht Gegenstände f ü r u n s
sein würden; „dass sie aber auch überdem den Bedingungen,
deren der Verstand zur synihetischen Einheit des Denkens be‑
darf, gemäss sein müssen, davon ist die Schlussfolge nicht so
leicht einzusehen. Denn es könnten wohl allenfalls Erscheinun‑
gen so beschaffen sein, dass der Verstand sie den Bedingungen
seiner Einheit garnicht gemäss fände und alles so in Verwirrung

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<
658 Die Vernunftkritik.

läge, dass z.B. in der Reihenfolge der Erscheinungen sich nichts


darböte, was eine Regel der Synthesis an die Hand gäbe u n d
also dem Begriffe der Ursache und Wirkung entspräche, sodass
dieser Begriff also ganz leer, nichtig und ohne Bedeutung wäre.
Erscheinungen würden nichtsdestoweniger unserer Anschau‑
u n g Gegenstände darbieten, denn d i e Anschauung b e d a r f
der F u n k t i o n e n des Denkens a u f keine Weise*. (Kr. 123.)
Dieser schroffe und paradoxe Ausdruck, der von Kant später
durch die genauere Fassung der Lehre von den Verstandesbe‑
griffen berichtigt und auf das eigentliche Maass seiner Bedeutung
eingeschränkt wird, ist in den Anfängen dieser Lehre und zum
Zwecke methodischer Sonderung dennoch verständlich.!5) Die
Anschauung kann i m s y n t h e t i s c h e n A u f b a u d e r Erkenntnis,
sofern also durch sie ein Gegenstand gegeben und b e s t i m m t
werden soll, die Denkfunktion freilich in keiner Weise entbehren ;
dagegen bedeutet es zum mindesten keinen logischen Wider‑
spruch, bedeutet es keinen Verstoss gegen den obersten Grund‑
satz aller analytischen Urteile, sie von i h r losgelöst zu denken.
Das Bild der Wirklichkeit, das alsdann zurückbleibt, gibt zwar
in keinem Sinne eine „Erfahrung“ mehr, da diese auf der syn‑
thetischen Verknüpfung der Wahrnehmungen nach Gesetzen
beruht; aber es ist in i h m doch noch irgendwelches, wenngleich
ungeformtes, Vorstellungsmaterial festgehalten. W i r würden in
ihm immer noch eine räumlich-zeitliche Mannigfaltigkeit über‑
haupt, somit einen gewissen „Bestand“ denken, wenngleich wir
ihn nicht zum objektiven Gegenstand der Natur zu formen ver‑
möchten. So stehen Raum und Zeit dem empirischen Stoffe
näher, so sind sie m i t ihnen gleichsam fester und unlöslicher
verwoben, als die Kategorien. F u n k t i o n und I n h a l t sind hier
rein phänomenologisch in unserer unmittelbaren Auffassung nicht
getrennt, sondern können erst nachträglich durch die Reflexion
gesondert werden, während für die Verstandesformen vielmehr
das Umgekehrte gilt, da diese als blosse logische Funktionen des
Urteils zunächst keinerlei notwendige Beziehung auf die empi‑
rische Anschauung einzuschliessen scheinen und erst durch die
transzendentale Kritik auf sie verwiesen und an sie gebunden
werden müssen.
« .

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<
: Die Probleme des absoluten Raumes und der absoluten Zeit. 560

Wie sehr die Kantische Lehre von der I d e a l i t ä t des


R a u m e s u n d der Z e i t die Spuren und Nachwirkungen der
grossen wissenschaftlichen Probleme in sich bewahrt, die seit
Newton die gesamte Naturforschung beherrschten, konnten w i r
in der Entwicklung der Kantischen Gedanken im einzelnen ver‑
folgen. W i r sahen, wie alle die einzelnen Phasen der Frage, die
die exakte Wissenschaft durchlaufen hatte, sich hier nochmals
zusammenfassten; wie alle die verschiedenen Lösungsversuche,
die nacheinander hervorgetreten waren, hier kritisch überschaut
u n d gegeneinander abgewogen wurden. (S. ob. S. 488ff.) Auch
die K r i t i k der reinen Vernunft weist noch unverkennbar auf
diesen Zusammenhang zurück. Und sie hat nunmehr den tref‑
fendsten und prägnantesten Ausdruck zur Lösung aller Schwierig‑
keiten gefunden, die im Begriff des absoluten Raumes und der
absoluten Zeit enthalten sind. „Der Raum ist bloss die Form
der äusseren Anschauung, aber kein wirklicher Gegenstand, der
äusserlich angeschaut werden kann, und kein Correlatum der
Erscheinungen, sondern die Form der Erscheinungen selbst.
Der Raum also kann absolut (für sich allein) nicht als etwas
Bestimmendes in dem Dasein der Dinge vorkommen, weil er
gar kein Gegenstand ist, sondern n u r die Form möglicher Ge‑
genstände.“ (Kr. 460.) So eignet dem r e i n e n Raum und der
r e i n e n Zeit die Objektivität der Bedingung, während ihnen
die des D i n g e s versagt bleibt. Das M o t i v, von welchem die
Physik geleitet war, indem sie beide von allen empirischen I n ‑
halten der Körperwelt s c h a r [ und bestimmt unterschied, wird
anerkannt; während doch zugleich jeder Umdeutung dieser metho‑
dischen Unterscheidung in eine metaphysische entgegengetreten
wird. Indem die Physik m i t den Begriffen des absoluten Raumes
und der absoluten Zeit operierte, indem sie ihre grundlegenden
Gesetze m i t Rücksicht auf diese beiden Begriffe bestimmte, hat
sie damit unzweideutig gezeigt, dass das blosse Material des
s i n n l i c h Gegebenen nicht hinreicht, um das Weltbild der reinen
Naturwissenschaft aus sich hervorgehen zu lassen, sondern dass
vielmehr in der Gestaltung dieses Weltbildes allgemeine und
notwendige F o r m p r i n z i p i e n mitwirken. Der I r r t u m entsteht
erst, wenn w i r diese Prinzipien selbst in der Art von Gegenständen
zu besitzen glauben; wenn w i r sie als einzelne reale Dinge von

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560 Die Vernunftkritik,

uns ablösen und uns gegenüberstellen. Weil der Raum alte Ge‑
stalten, die lediglich Einschränkungen von i h m sind, ursprüng‑
lich möglich macht, wird er, obzwar er n u r ein „Principium der
Sinnlichkeit“ ist, fälschlich für ein schlechterdings notwendiges,
für sich bestehendes Etwas und einen a priori an sich selbst
gegebenen Gegenstand gehalten. (Kr. 647.) Der reine Raum und
die reine Zeit bedeuten im System der Erkenntnis gegenüber
den Sinneseindrücken etwas völlig Eigenes und Unvergleichliches,
ohne darum in der Welt der Wirklichkeit ein abgetrenntes
Dasein zu besitzen. Denn die gedankliche Funktion, die sie aus‑
zuüben bestimmt sind und in der ihre gesamte Wesenheit besteht,
kann nirgends anders, als am empirischen Inhalt selbst zur Ent‑
faltung und Wirksamkeit kommen. So haben beide zwar
überempirische Geltung, ohne doch in irgend einem Sinne
eine Wirklichkeit ausserhalb des Empirischen zu be‑
zeichnen. „Der Raum vor allen Dingen, die ihn bestimmen ...
oder die vielmehr eine seiner Form gemässe empirische An‑
schauung geben, ist unter deın Namen des absoluten Raumes
nichts Anderes als die blosse Möglichkeit äusserer Erscheinungen ..
Die empirische Anschauung ist also n i c h t zusammengesetzt
aus Erscheinungen und dem Raume (der Wahrnehmung und der
leeren Anschauung). Eines ist nicht des anderen Correlatum der
Synthesis, sondern n u r in einer und derselben empirischen An‑
schauung verbunden, als Materie und Form derselben. W i l l
man eines dieser zwei Stücke ausser dem anderen setzen (Raum
ausserhalb aller Erscheinungen), so entstehen daraus allerlei leere
Bestimmungen der äusseren Anschauung, die doch nicht mögliche
Wahrnehmungen sind; z. B. Bewegung oder Ruhe der Weit im
unendlichen leeren Raum, eine Bestimmung des Verhältnisses
beider unter einander, welche niemals wahrgenommen werden
kann und also auch das Prädicat eines blossen Gedankendinges
ist.“ ( K r. 458 Anm,; vgl. ob. S .496.) Der logischen F o r d e r u n g ,
die man überall im Sinne trug, wenn man vom absoluten Raum
und von der absoluten Zeit sprach, ist jetzt genügt; während
andererseits die Gefahr der Hypostasierung einer blossen logischen
Wertdifferenz kritisch beseitigt ist. ‑
Wie nahe sich Kant übrigens hier mit den Problemen der
wissenschaftlichen Mechanik berührt, lässt sich an einem wich‑

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Der Raum als „unendlich-gegebene“ Grösse. 561

tigen Einzelbeispiel erkennen. Der Charakter des Raumes als


„reiner Anschauung“ wird in der transzendentalen Aesthetik
dadurch erwiesen, dass er „als eine unendliche Grösse gegeben“
vorgestellt wird. Ein allgemeiner B e g r i f f v o m Raum vermöchte
in Ansehung seiner Grösse nichts zu bestimmen; n u r die Grenzen‑
losigkeit im Fortgange der Anschauung ist es, die ihm die
Gewähr der Unendlichkeit gibt. Man hat diese Folgerung be‑
stritten, indem m a n die Prämisse angriff, auf die sie sich stützt.
Wenn wir ‐ so hat man eingewandt ‐ lediglich unser Raum‑
bild, so wie es uns im aktuellen psychologischen Vorstellen ge‑
geben ist, zergliedern, so finden wir in i h m keinerlei Hinweis
auf die Unendlichkeit des Raumes, vielmehr ist es immer n u r
ein fest begrenzter, endlicher Bezirk, der in unserem jeweiligen Be‑
wusstsein realisiert ist. Dieser Einwand aber verkennt die eigent‑
liche Tendenz des Kantischen Beweises. Der Vordersatz dieses
Beweises ist nicht der psychologischen Beobachtung, sondern der
Prinzipienlehre der Mathematik und Mechanik entnommen.
Die Vorstellung des unendlichen Raumes, die hier zu Grunde
gelegt wird, bezeichnet kein F a k t u m der Selbstwahrnehmung,
sondern dasjenige logische Postulat, das die mathematische
Physik an die Spitze ihrer Deduktionen stellt. Die Mechanik ‑
so hatte wiederum E u l e r scharf und klar ausgesprochen ‐ sagt
nicht das Geringste über die Existenz des unendlichen Raumes
aus; sondern sie f o r d e r t lediglich, dass jeder, der die absolute
Ruhe oder Bewegung betrachten will, sich einen derartigen Raum
vorstelle und i h n als Norm seines Urteils gebrauche. (Vgl. ob.
S. 348) Diese „Vorstellung“ bezeichnet also keinen einzelnen
sinnlichen Inhalt, sondern eine allgemeine methodische Voraus‑
setzung, die w i r der exakten Erkenntnis der Bewegung zu Grunde
legen müssen. ‑
In diesem geschichtlichen Zusammenhange tritt denn auch
der wahre Charakter der Kantischen Lehre von der „Subjekti‑
vität“ des Raumes und der Zeit erst vollkommen deutlich hervor.
Raum und Zeit sind „subjektiv“, weil sie nicht Gegenstände
sind, deren unsere Erkenntnis sich äusserlich zu bemächtigen
hat, sondern Prinzipien und Mittel, deren wir uns im Prozess
der Erfahrung bedienen. (S. ob. S.545£.) Sie sind „ z w e i E r k e n n t ‑
nisquellen, aus denen a priori verschiedene synthetische Er‑

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562 Die Vernunftkritik.

kenntnisse geschöpft werden können, wie vornehmlich die reine


Mathematik in Ansehung der Erkenntnisse vom Raume und
dessen Verhältnissen ein glänzendes Beispiel gibt.* (Kr. 55.) Auf
diesem letzten Punkt allein liegt der gesamte Nachdruck deı
Kantischen Lehre: der Raum muss „subjektiv“ werden, damit
die geometrische und mechanische Erkenntnis objektiv werden
können. Nur darum weil sie kein objektiv Vorhandenes nach‑
zubilden haben, besitzen die Sätze dieser Wissenschaften objek‑
tive Bedeutung, d . h . notwendige und allgemeine Geltung. In
diesem Zuge unterscheidet sich die Subjektivität der reinen An‑
schauungen in voller prinzipieller Bestimmtheit von der der
Empfindung, welche letztere immer n u r der Ausdruck f ü r den
momentanen Zustand des Individuums ist. Es gibt ausser dem
Raume „keine andere subjektive und auf etwas Aeusseres be‑
zogene Vorstellung, d i e a p r i o r i objektiv heissen könnte“,
weil man von keiner derselben synthetische Sätze a priori, wie
von der Anschauung im Raume herleiten kann. (Kr. 44.) Die
„Subjektivität“ des Raumes und der Zeit empfängt ihren wahren
Sinn erst, wenn man sie nicht nach der Analogie mit der Wa h r ‑
n e h m u n g , sondern nach der Analogie m i t dem U r t e i l ver‑
stebt. Raum und Zeit sind subjektiv, sofern sie in synthe‑
tische Erkenntnisse, in reine Inbegriffe gültiger und gewisser
Urteile aufgelöst sind. Schärfer tritt dieser Zusammenhang her‑
vor, wenn der Begriff der „Subjektivität“ durch den der I d e a ‑
l i t ä t ersetzt wird. Denn die Idealität bezeichnet ‐ in ihrem
Anklang an die Platonische Bedeutung der „Idee* ‐ das Doppel‑
verhältnis, dass die reinen Anschauungen, wenngleich sie
Funktionen des Geistes darstellen, zugleich als der Maassstab
für alle unsere Aussagen über die „Dinge“ und „Tatsachen“ zu
gelten haben; dass sie es sind, an welchen w i r den Wert dieser
Aussagen bestimmen und ablesen. Den Farben und Tönen da‑
gegen kommt „genau zu reden, gar keine Idealität zu“, weil
ihnen diese Geltung als N o r m versagt ist. Sie sind blosse „Sub‑
replionen der Empfindung‘, die sich an die Stelle des echten,
wissenschaftlich erschlossenen und bestimmten Objekts schieben.
(Kr. 53.) Dass Raum und Zeit „transscendentale Idealität* be‑
sitzen, bedeutet hingegen zunächst freilich n u r dies, „dass sie
N i c h t s sind, so bald w i r die Möglichkeit der Erfahrung weg‑

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Subjektivität und Ideahtät. 568

lassen und sie als etwas, was den Dingen an sich selbst zum
Grunde liegt, annehmen“: aber diese scheinbar n u r negative
Einsicht bezeichnet dennoch n u r von einer anderen Seite her
den positiven Grundgedanken, dass alles Sein der empirischen
Objekte in ihrer Bedingtheit durch die Grundformen der Er‑
kenntnis wurzelt und in dieser allein seinen Bestand besitzt.
Legen wir daher den neuen Begriff der Objektivität zu Grunde,
den Kant kritisch erringt und festigt, so dürfen w i r von diesem
Standpunkt aus sagen, dass Raum und Zeit ‐ objektiver als die
Dinge sind, in denen die gewöhnliche realistische Ansicht alles
Sein beschlossen glaubt; sofern sie v o n diesen Dingen n u r das‑
jenige enthalten, was sich rein und vollkommen in eine Bedin‑
gung des Wissens auflösen und daher als streng notwendig er‑
weisen lässt. Denn der empirischen R e a l i t ä t eines Gegen‑
stands können w i r uns nicht anders, als durch die empirische
Wahrheit der Urteile, die sich auf ihn beziehen, versichern:
diese Urteile aber können ihrerseits n u r in einem System idealer
P r i n z i p i e n Halt und Dauer gewinnen.

I V.
Der B e g r i ff des Selbstbewusstseins.
Die wesentliche Aufgabe der reinen Anschauungen, wie der
Verstandesbegriffe bestand darin, den Begriff des Objekts
zu bedingen und zu ermöglichen. Sie bezeichneten die synthe‑
tischen Einheiten, unter welche die Mannigfaltigkeit der Sinnes‑
eindrücke gefasst werden musste, damit zu ihnen ein Gegenstand
hinzugedacht werden konnte. Denn der Gegenstand ist nichts
anderes als das „Etwas, davon der Begriff eine solche Nothwen‑
digkeit der Synthesis ausdrückt“; er bezeichnet lediglich das
Korrelat zu unserem Begriff der Notwendigkeit. Die reinen Be‑
dingungen, unter welchen allein Wahrnehmungsurteile zu Er‑
fahrungsurteilen werden, galt es daher zunächst in abstrakter
Analyse festzustellen. Durch sie wird der Begriff des Seins, wird
der Begriff des Naturgegenstandes umschrieben und in seinen
konstitutiven Bestandteilen dargestellt, ohne dass w i r hierzu auf
die Art zu reflektieren brauchen, in der dieser Gegenstand irgend

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664 Die Vernunftkritik,

einem empirischen Subjekt gegeben ist. Aber so unumgänglich


diese methodische T r e n n u n g sich erweist, so entsteht doch
jetzt, am Schluss der Untersuchung, ein neues Problem. W i r
müssen fragen nicht n u r was das empirische Sein als solches
„ist“, d. h. unter welchen allgemeinen logischen Regeln es steht,
sondern auch wie es als solches gedacht, d. h. in die Einheit des
psychologischen Bewusstseins aufgenommen werden könne.
Beide Fragen sind ihrem Sinn und ihrer Ableitung nach deutlich
geschieden; ‐ wenngleich zu erwarten steht, dass sie sich zu
einem gemeinsamen Endergebnis vereinigen werden. Der „ob‑
jektiven Deduktion“ der Kategorien tritt ihre „subjektive De‑
duktion“ ergänzend zur Seite. Dass sie nicht mehr als eine
derartige Ergänzung sein will, die für die eigentliche kritische
H a u p t f r a g e nicht unbedingt erforderlich und wesentlich ist,
hat Kant selber aufs schärfste betont. „Diese' Betrachtung,
die etwas tief angelegt ist, hat aber zwei Seiten. Die eine bezieht
sich auf die Gegenstände des reinen Verstandes und soll die
objektive G i l t i g k e i t seiner Begriffe a priori darthun und be‑
greillich machen; eben darum ist sie auch wesentlich zu meinen
Zwecken gehörig. Die andere geht darauf aus, den reinen Ver‑
stand selbst nach seiner Möglichkeit und den Erkenntniskräften,
auf denen er selbst beruht, mithin i h n in subjektiver Beziehung
zu betrachten, und obgleich diese Erörterung in Ansehung meines
Hauptzweckes von grosser Wichtigkeit ist, so gehört sie doch nicht
wesentlich zu demselben; weil die Hauptfrage immer bleibt: was
und wie viel kann Verstand und Vernunft, frei von aller Er‑
fahrung, erkennen? und nicht: wie ist das Vermögen zu d e n k e n
selbst möglich?“ (Vorr. zur ersten Aufl. S. X f . ) ‑
Wenn Kant trotzdem sich dieser zweiten Fassung der Frage
zuwendet und sie z u m Gegenstand eindringender und weitreichen‑
der Untersuchungen macht, so ist er hierbei in erster Linie zwei‑
fellos durch die Rücksicht auf die g e s c h i c h t l i c h e Lage des Er‑
kenntnisproblems bestimmt. Die Auflösung des äusseren Gegen‑
standes in einen Komplex von Sinneseindrücken schien der sen‑
sualislischen Psychologie endgültig gelungen zu sein. Der Schein
der Transzendenz war b e s e i t i gdast ; Objekt wandelte sich in die
Folge und die assoziative Verknüpfung von Wahrnehmungsin‑
halten. Dass dem Geiste eine Fähigkeit beiwohne, den einmal

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Die Kritik der Associalionspsychologie. 665

empfangenen Eindruck zu bewahren, sowie Gruppen von Vorstel‑


lungen, die ihm die Erfahrung in häufigem' Beisammen ge‑
zeigt, zu reproduzieren: dies galt bier als selbstverständliche,
nirgends bestrittene Voraussetzung. Selbst die Skepsis Humes
reicht an sie nicht heran; selbst sie gesteht dem empirischen
Subjekt eine feste Struktur und Organisation zu, aus welcher sie
die Entstehung des populären Weltbildes. zu erklären sucht.
(Vgl. ob.S.266 f.) Das Sein der Objekte mag immer hinfällig wer‑
den; wenn n u r die psychische Funktion der Einbildungskraft
sich gleichförmig und regelmässig betätigt. So wird alle Gesetz‑
lichkeit des Daseins auf den Mechanismus der Vorstellungs‑
assoziation zurückgedeutet. Damit aber ist das alte Rätsel n u r
in einer anderen Form von neuem aufgegeben. Denn woher
stammt die Sicherbeit, dass das Bewusstsein, dass das psychische
Sein und Geschehen einer bestimmten gleichbleibenden Verfas‑
sung unterliegt, dass in ihm nicht Willkür und Zufall herrscht,
sondern unter den gleichen Bedingungen der gleiche Erfolg zu
erwarten ist? Wie ist ein derartiger Automatismus in der Be‑
wegung des Vorstellens, wie ist eine derartige „Natur“, nicht der
Gegenstände, sondern des Subjekts selbst möglich? Auf diese
Frage bleibt die sensualistische Psychologie die Antwort schuldig.
Sie setzt psychologische Grundtatsachen voraus, ohne sich be‑
wusst zu sein, dass jegliches U r t e i l über Tatsachen bestimmte
logische Bedingungen in sich schliesst; sie beseitigt somit nicht
das unbedingte, das absolute Sein der Metaphysik, sondern schiebt
es n u r in ein anderes Gebiet zurück.
Hier muss daher die kritische Analyse von neuem und m i t
grösserem Nachdruck einsetzen. Die Tätigkeitsweisen des Be‑
wusstseins bilden ebensowenig wie die Existenz der Aussendinge
ein gegebenes, zweifelloses F a k t u m , auf das w i r uns stützen
können. Sie bezeichnen n u r die allgemeine Aufgabe von einer
anderen Seite her; sie weisen eine empirische Regelmässig‑
k e i t auf, die wir auf ihre „transscendentalen“ Voraussetzungen
zurückführen müssen. „Jene empirische Regel der Association,
die m a n doch durchgängig annehmen muss, wenn man sagt, dass
alles in der Reihenfolge der Begebenheiten dermaassen unter
Regeln stehe, dass niemals etwas geschieht, vor welchem nicht
etwas vorhergehe, darauf es jederzeit folgt: dieses als e i n Ge‑

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566 Die Vernunftkritik.

setz der N a t u r, w o r a u f b e r u h t es, frage i c h , u n d w i e i s t


selbst diese A s s o c i a t i o n m ö g l i c h ? “ (Kr. A . 113.) Würde
diese Regel nicht auch f ü r das k ü n f t i g e , bisher nicht beob‑
achtete Geschehen als gültig gedacht, würde sie ferner nicht in
jedem empirischen Individuum als wirksam vorausgesetzt, so
wäre sie offenbar zur Deutung und Aufklärung des psychischen
Tatbestandes völlig unzulänglich, Ja es wird in ihr, wenn w i r
sie schärfer zergliedern, nicht n u r ein feststehendes Verhalten
des empirischen Subjekts gegenüber den äusseren Reizen, sondern
auch eine Gleichartigkeit im Auftreten und in der Abfolge der
objektiven Begebenheiten selbst behauptet. Das Gesetz der Re‑
produktion setzt voraus, dass die Erscheinungen selbst wirk‑
l i c h einer Regel unterworfen sind und dass in dem Mannigfalti‑
gen ihrer Vorstellungen eine gewissen Regeln gemässe Begleitung
oder Folge stattfinde: „denn ohne das würde unsere empirische
Einbildungskraft niemals etwas ihrem Vermögen Gemässes zu
thun bekommen, also wie ein todtes und uns selbst unbekanntes
Vermögen im Inneren des Gemüths verborgen bleiben. Würde
der Zinnober bald roth, bald schwarz, bald leicht, bald schwer
sein, ein Mensch bald in diese, bald in jene thierische Gestalt
verändert werden, am längsten Tage bald das Land m i t Früchten,
bald mit Eis und Schnee bedeckt sein, so könnte meine empi‑
rische Einbildungskraft nicht einmal Gelegenheit bekommen, bei
der Vorstellung der rothen Farbe den schweren Zinnober in die
Gedanken zu bekommen.“ (Kr. A. 101.) Der Sensualismus will\
dıe Frage nach der Gesetzlichkeit des Geschehens beantworten '
und greift hierfür auf die ‐ Kraft der Assoziation zurück; aber |
er übersieht, dass dieAusübung dieser „Kraft“ irgend eine Kon- '
stanz, m i t der die Einzeleindrücke dem Bewusstsein dargeboten
werden, notwendig voraussetzt. So bewegt sich seine Betrach‑
tungsweise ‐ sofern sie den Anspruch erhebt, die logische Mög‑
lichkeit der Erkenntnis überhaupt zu begründen ‐ in Wahrheit
in einem völligen Zirkel. Die Objektivität soll als das Ergebnis __.

der Vorstellungsverknüpfung erklärt und abgeleitet werden, wäh‑


rend sie doch in den Eindrücken und deren Ordnung schon vor‑
weggenommen ist. Die psychologische Verbindung ist n u r mög‑
lich auf Grund eines logischen Zusammenhangs innerhalb des
Materials selbst, an welchem sie sich vollzieht, auf Grund einer

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Die „transscendentale Affinität“ der Erscheinungen. 567

„transscendentalen Affinität“, die zwischen den Elementen anzu‑


nehmen ist. „Es muss also ein objektiver d. i. vor allen empi‑
rischen Gesetzen der Einbildungskraft a priori einzusehender
Grund sein, worauf die Möglichkeit, ja die Nothwendigkeit eines
durch alle Erscheinungen sich erstreckenden Gesetzes beruht, sie
nämlich durchgängig als solche Data der Sinne anzusehen, welche
an sich associabel und allgemeinen Regeln einer durchgängigen
Verknüpfung in der Reproduktion unterworfen sind. Diesen ob‑
jektiven Grund aller Association der Erscheinungen nenne ich
die A f fi n i t ä t derselben. Diesen können w i r aber nirgends an‑
ders als in dem Grundsatze von der Einheit der Apperception
in Ansehung aller Erkenntnisse, die m i r angehören sollen, an‑
treffen. Nach diesem müssen durchaus alle Erscheinungen so ins
Gemüth kommen oder apprehendirt werden, dass sie zur Ein‑
heit der Apperception zusammenstimmen, welches ohne synthe‑
tische Einheit in ihrer Verknüpfung, die mithin auch objektiv
notbwendig ist, unmöglich sein würde.“ (Kr. A. 122.)
Es genügt somit, die allgemeine Form des „Bewusstseins
überhaupt“ zu analysieren, um in i h r mehr als blosse willkür- !
liche Zusammenfassung, um in i h r die Bedingung für einen not‑
wendigen und allgemeingültigen Zusammenhang der Erschei‑
nungen zu finden. Das psychologische Schema des Sensualismus
bedarf der Umformung und Vertiefung, sofern es auf die Aufgaben
der Erkenntnislehre anwendbar werden soll. Die „Association“
ist ein vager und unklarer Ausdruck, der die verschiedensten
Arten der Synthesis gleichmässig umfasst, sofern er es völlig un‑
bestimmt lässt, in welcher spezifischen R i c h t u n g die Verknüp‑
fung des Mannigfaltigen zur Einheit erfolgt. Die blosse „Verbin‑
dung“, die „Synthesis der Apprehension* muss freilich voran‑
geben; aber sie bezeichnet n u r die unterste Stufe der Vorstellungs‑
bildung. Die einzelnen Elemente der Vorstellung, die das Be‑
wusstsein immer n u r nacheinander aufzufassen vermag, müssen
nicht n u r überhaupt durchlaufen werden, sondern es muss auch
beim Uebergang zu einem folgenden Glied der ganze Inbegriff
der vorhergehenden als bewusst erhalten bleiben und somit
von uns in jedem Moment von neuem hervorgebracht werden.
Wenn i c h eine Linie in Gedanken ziehe, oder die Zeit von einem
Mittag zum andern denken, oder auch n u r eine gewisse Zahl mir

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Google
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668 Die Vernunftkritik.

vorstellen will, so genügt es ersichtlich nicht, die Teileinheiten,


die in diese Inhalte eingehen, successiv vor das Bewusstsein hin‑
treten zu lassen. Was diese Inhalte vielmehr erst zu echten psy‑
chologischen Gebilden, was sie zu einem sinnvollen Ganzen
macht, ist lediglich der Umstand, dass auf jeder Einzelstufe des
gedanklichen Prozesses, der zu ihnen hinführt, die Gesamtheit
aller vorangehenden Phasen mitgesetzt wird. „Würde ich aber
die vorhergehende Vorstellung (die ersten Theile der Linie, die
vorhergehenden Theile der Zeit oder die nach einander vorge‑
stellten Einheiten) immer aus den Gedanken verlieren und sie
nicht reproduciren, indem i c h zu den folgenden fortgehe, sö
würde niemals eine ganze Vorstellung und keiner aller vorge‑
nannten Gedanken, ja gar nicht einmal die reinsten und ersten
Grundvorstellungen von Raum und Zeit entspringen können.“
(Kr. A. 102.) So ist die Synthesis der Apprehension m i t der der
Reproduktion unzertrennlich verbunden; und diese letztere selbst,
setzt weiterhin irgend ein begriffliches P r i n z i p voraus, von dem
sie sich leiten lässt. Die Vorstellungen müssen nicht n u r auf
jeder Stufe von neuem erzeugt werden, sondern es muss auch
der Fortgang von dem erreichten Inbegriff zu dem neu zu ge‑
winnenden Inhalt immer nach ein und derselben, identischen
Regel erfolgen. So ist es für die Entstehung der Zahl nicht
genug, dass in der Setzung der höheren Zahlen die niederen bloss
wiederholt und aufbewahrt werden, sondern es muss zugleich
das Bewussisein herrschen, dass die F u n k t i o n des F o r t s c h r i t t s
v o n G l i e d u n d G l i e d überall die gleiche bleibt. Diese Funktion
aber lässt sich an keinem einzelnen Inhalt unmittelbar aufzeigen
und sinnlich belegen, sondern sie ist eine reine Leistung des
Begriffs. Wenn ich den Gedanken einer geraden Linie oder
den eines Kreises fasse, so wird in beiden Fällen eine Zusammen‑
fassung von Raumpunkten zu einer einheitlichen Gestalt geleistet.
Aber die Differenz und die charakteristische Eigentümlichkeit
beider Gebilde beruht nicht auf diesem psychologischen Grundakt;
sondern sie besteht darin, dass die Zusammenfassung in beiden
Fällen unter verschiedenen logischen Gesichtspunkten erfolgt,
sofern das eine Mal die Identität der R i c h t u n g , das andere Mal
die der K r ü m m u n g festgehalten wird. Und so kann schliesslich
kein noch so komplexer Inhalt enistehen, ausser sofern er aus

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Die drei Stufen der Synthesis. 569

einfachen gemäss einem bestimmten, gleichbleibenden Gesetz


aufgebaut wird. Die Rekognition im Begriffe, d.h. das Bewusst‑
sein, dass die successive Erzeugung des Mannigfaltigen stets dem‑
selben logischen Prinzip gehorcht, ermöglicht es erst, im stetigen
Flusse der Vorstellungsproduktion feste Einheiten herauszuheben
u n d abzugrenzen. An die Stelle der ärmlichen und in sich unter‑
schiedslosen Schablone der „Association“ tritt daher jetzt eine
Fülle und Abstufung verschiedenartiger synthetischer Regeln der
Einheitsbildung und somit der Begriffsbildung. Das Mannig‑
faltige darf nicht n u r wahl- und regellos nebeneinander treten,
sondern es muss in die verschiedensten Verhältnisse der Unter‑
und Ueberordnung eingehen, falls das Bewusstsein ein System,
falls es eine wahrhafte Einheit bilden soll. ‑
So geht Kant hier von dem G r u n d r i s s der Associations‑
psychologie aus, um ihn umzugestalten und weiter zu bilden. Er
knüpft hierbei deutlich an Tetens an, dessen gesamte Lehre
wesentlich auf diese Fortbildung gerichtet war. Wie dieser unter‑
scheidet er den Akt der blossen Vergleichung der W a h r n e h m u p ‑
gen von dem „thätigen Hervorbringen eines Verhältnis‑
gedankens“; wie dieser betont er, dass das Denken sich nicht
auf das „Stellversetzen der Phantasmen“ beschränkt, sondern eine
ursprüngliche P r o d u k t i v i t ä t in sich birgt. (S. ob. S. 444 ff.) Die
Vorstellung der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen kann
nicht erst aus der Verbindung gegebener Elemente entstehen, sie
macht vielmehr dadurch, dass sie zur Vorstellung des Mannig‑
faltigen hinzukommt, den Begriff’ der Verbindung allererst möglich.
(Kr. 131.) Aber wenngleich Kant hier auf den Begriff der „Dicht‑
kraft“ zurückblickt, der durch Tetens in die Psychologie eingeführt
war, so geht er doch alsbald auch über i h n hinaus. Die „Ein‑
bildungskraft“ bedeutet i h m keine noch so selbständige und freie
Tätigkeit, die an den fertigen Sinneseindrücken ausgeübt wird, .
sondern eine Bedingung des Wahrnehmungsaktes selbst. „Dass
die Einbildungskraft ein nothwendiges Ingrediens der Wahr‑
nehmung selbst sei, daran hat wohl noch kein Psychologe gedacht.
Das kommt daher, weil m a n dieses Vermögen theils n u r auf
Reproduktionen einschränkte, theils weil man glaubte, die Sinne
lieferten uns nicht allein Eindrücke, sondern setzten solche auch
sogar zusammen und brächten Bilder der Gegenstände zu Wege,

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570 Die Vernunftkritik.

wozu ohne Zweifel ausser der Empfänglichkeit der Eindrücke


noch etwas mehr, nämlich eine Function der Synthesis derselben,
erfordert wird.“ (Kr. A. 120 Anm.)
In diesem geschichtlichen Zusammenhange empfängt zugleich
eines der schwierigsten Kapitel der Vernunftkritik: die Lehre vom
„Schematismus der reinen Verstandesbegriffe“ neues Licht. D e r )
Schematismus ist bestimmt, die innere „Ungleichartigkeit* zu |
heben, die zwischen dem reinen Verstandesbegriff und den sinn‑
licben Anschauungen, auf die er angewandt werden soll, zu be- !
stehen scheint. Diese Schwierigkeit war es gewesen, die in
der sensualistischen Psychologie dazu geführt hatte, die Eigenart
und die spezifische Leistung des Begriffs überhaupt zu leugnen
und i h n in eine blosse Summe von Einzelvorstellungen aufgehen
zu lassen. Und diese Nivellierung musste berechtigt erscheinen,
sobald man den Begriff selbst n u r als abstrakten Gattungsbegriff
zu denken vermochte; ‐ sobald man in i h m nichts anderes als
eine Gesamtheit von dinglichen Merkmalen sah, die einem Kom‑
plexe gegebener Dinge gemeinsam anhaften. Dennoch zeigte es
sich, dass Berkeley selbst, der unter diesem Gesichtspunkt das
Recht der „Abstraktion“ bekämpfte, die Leistung des Denkens
nicht völlig auszuschalten vermochte, sondern dass er sich ge‑
nötigt sah, sie unter einer anderen Form wiederum mittelbar
anzuerkennen. Der einzelnen konkreten Vorstellung musste die
Kraft zugesprochen werden, den gesamten Inbegriff gleichartiger
Inhalte für unser Bewusstsein darzustellen und zu vertreten.
Diese psychologische Fähigkeit der „Repräsentation“ wuchs, je _°
weiter Berkeleys Theorie sich entwickelte, zu immer grösserer
Bedeutung heran; ja sie war es, der zuletzt die entscheidende
Leistung im Prozess der Vorstellungsbildung zufiel. (S. ob. S. 236 f.)
Wie aber ‐ so ist jetzt im Anschluss an die früheren Erörterungen
von neuem zu fragen ‐ ist auch n u r diese Repräsentation mög‑
lich; wie ist es zu denken, dass ein Nicht-Gegebenes sich dem
Bewusstsein derart darstellt, als ob es gegeben wäre? In dieser
einen Frage liegt das psychologische „Geheimnis“ der Begriffs‑
bildung beschlossen. Es muss gezeigt werden, wie eine sinnliche ‚
Anschauung, die als solche n u r einen bestimmien Einzelinhalt
zu bezeichnen scheint, die Fähigkeit erlangen kann, z u m Aus
druck einer Gesamtklasse von Inhalten zu werden und jeden :

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Der
D e r Schematismus.
Schematismus. 571
571

von ihnen nach


v o n ihnen nach seinerseiner konstitutiven Beschaffenheit wiederzu-
konstitutiven Beschaffenheit wiederzu-))
geben.
geben.
An diesem
An diesem Grundproblem
Grundproblem greift greift die
die Lehre Schematismus !/
o m Schematismus
Lehre vvom
ein. IIhr
ein. h r eigentliches
eigentliches Thema Thema ist die Frage
ist die n a c hder psychologi-'
Frage nach psychologi-']
schen Möglichkeit
schen Möglichkeit des Allgemeinbegriffs. Seine
desAllgemeinbegriffs. logische Möglich-|
Seine logische Möglich-
keit zwar bleibt
keit zwar von der Entscheidung
bleibt von hierüber unabhängig,
Entscheidung hierüber unabhängig, da da sie
für Kant nunmehr
f ü r Kant nunmehr durch durch die die transzendentale Deduktion der
transzendentale Deduktion der Kate‑
Kate-
gorien, durch
gorien, durch diedie Analyse
Analyse des Gegenstandsbegriffs gesichert ist.
des Gegenstandsbegriffs ist.
Aber sowenig auch
Aber sowenig psychologischen Erörterungen
auch in psychologischen Erörterungen der eigent‑
eigent-
liche Rechtsgrund
liche Rechtsgrund für für die Geltung der
die Geltung der reinen
reinen Begriffe
Begriffe gesucht
gesucht
werden kann,
werden kann, so so sind
sind sie sie doch
doch als Erläuterung und
als Erläuterung und Ergänzung
Ergänzung
unentbehrlich. Es muss
unentbehrlich. Es muss gezeigt werden, gezeigt werden, wie es möglich ist,
es möglich ist, die
Begriffe,
Begriffe, die als notwendige
die als notwendige Bedingungen
Bedingungen der möglichen Er.
der möglichen Er- |
fahrung deduciert
fabrung deduciert sind, auch sind, auch im tatsächlichen Prozess
tatsächlichen Prozess des Vor‑
Vor-
stellens zu
stellens zu rrealisieren und ibnen
e a l i s i e r e n und ihnen hier eine aktuelle
hier eine aktuelle Darstel‑
Darstel-
l u nn gg zu geben. Zu
zu geben. diesem Zwecke
Zu diesem Zwecke wirdwird der vieldeutige
vieldeutige Begriff
Begriff
der Vorstellung
der selbst einer
Vorstellung selbst schärferen Zergliederung
einer schärferen Zergliederung unterzogen.
unterzogen.
Die Vorstellung besitzt
Die Vorstellung besitzt im Ganzen der Erkenntnis
Ganzen der eine völlig
Erkenntnis eine völlig
andere Bedeutung
andere Bedeutung undund erfüllt eine durchaus verschiedene
erfüllt eine Funk‑
verschiedene Funk-
tion,
tion, je nachdem sie
je nachdem als B
sie als i l d oder
Bild oder als aufgefasst wird.
Schema aufgefasst
als Schema wird. 2I
„So, wenn
So, fünf Punkte
ich fünf
wenn ich Punkte hinter
hinter einander setze, . . . . ..,, iists t .
einander setze,
dieses ein Bild
dieses ein Bild von fünf. Dagegen
Zahl fünf.
von der Zahl Dagegen wenn ich eine
wenn ich eine Zahl
Zahl
überbaupt
überhaupt nnur denke, die
u r denke, die nun oder hundert
nun fünf oder sein kann,
hundert sein kann, so so
ist dieses Denken
ist dieses Denken mehrmehr diedie Vorstellung einer Methode,
Vorstellung einer Methode, einem
einem
gewissen Begriffe gemäss
gewissen Begriffe gemass eine Menge (z.
eine Menge (2. E. tausend)
tausend) in einem
einem
Bilde vorzustellen,
Bilde vorzustellen, als
als dieses selbst, welches
Bild selbst,
dieses Bild welches iich c h im
im letzteren
letzteren
Falle schwerlich würde
Falle schwerlich würde übersehen
übersehen und und m miti t dem Begriff verglei‑
dem Begriff verglei-
chen können. Die
chen können. Die Vorstellung
Vorstellung nnun einem allgemeinen
von einem
u n von allgemeinen Ver‑
Ver-
fahren
fahren derder Einbildungskraft,
Einbildungskraft, einemeinem Begriffe
Begriffe seinsein Bild
Bild zu ver-
zu ver‑
schaffen, nenne ich
schaffen, nenne ich das Schema zu
das Schema zu diesem
diesem Begriffe“ K r. 179.)
Begriffe.« ((Kr. 179.)
So ist das
So ist das Schema
Schema nnur u r der Ausdruck dafür,
der Ausdruck dafür, dass unsere reinen
dass unsere reinen
Begriffe nicht
Begriffe der Abstraktion,
nicht der sondern der
Abstraktion, sondern der Konstruktion
Konstruktion iihr hr
Dasein verdanken; dass sie nicht
Dasein verdanken; dass sie nicht Bilder und Bilder und Abzüge der Gegen‑
der Gegen-
stände, sondern Vorstellungen
stände, sondern eines synthetischen
Vorstellungen eines synthetischen Grundverfahrens
Grundverfahrens
sind. Das
sind. Das Beispiel der Zahl
Beispiel der Zahl ist
ist hierfür besonders belehrend;_/
hierfür besonders belehrend;
denn in der
denn Tat braucht
der Tat braucht m manan n die wissenschaftliche Fort‑
u r die
nur Fort-
bildung
bildung desdes Zahlbegriffs
Zahlbegriffs in der der reinen Mathematik ins
reinen Mathematik ins Auge
Auge zuzu
fassen, braucht m
fassen, braucht an n
man den Fortschritt
u r den
nur Fortschritt vonvon derder Rationalzahl
Rationalzahl zur

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672 Die Vernunftkritik.

Irrationalzahl, von der reellen zur imaginären Zahl zu betrachten,


um sogleich zu erkennen, dass die Begriffe, die hier erzeugt
werden, nicht die Copien vorhandener sinnlicher Eindrücke,
sondern das Ergebnis und gleichsam der Niederschlag reiner ge‑
danklicher Operationen sind. (Vgl. auch Bd. I, S. 338f.) Alle
diese Begriffe sind lediglich der Ausdruck eines allgemeingültigen
logischen Denkverfahrens und wenn w i r ibnen weiterhin eine
bildliche Darstellung geben, so setzt dies die Einsicht in dieses
Verfahren bereits voraus, statt sie erst zu begründen. Der Ent‑
w u r f des Gedankens leitet uns in der Setzung und Fixierung des
Bildes; wenngleich wir umgekehrt anzuerkennen haben, dass erst
in der B e z i e h u n g auf das Bild der Gedanke seine psychologische
Bestimmtheit gewinnt. So gründen sich alle unsere reinen Be‑
griffe auf F u n k t i o n e n , nicht auf A f f e k t i o n e n und können
daher dem Inhalte nach nicht analytisch, nicht durch die blosse
Vergleichung gegebener Eindrücke entspringen (Kr. 98, 103 vgl.
ob. S. 535 f) Die „Einbildungskraft“ erweist sich auch hier als
produktiv: wir lesen selbst die „Bilder“ der Begriffe nicht einfach,
ab, sondern w i r verschaffen dem Begriff, der blossen abstrakten \
Definition, sein Bild, indem w i r ihn in der Anschauung kon- \
struieren. Das „Schema“ ist nicht der verblasste Schemen eines ;
wirklichen empirischen Objekts, sondern das Vorbild und gleich‑
sam das Modell zu möglichen Gegenständen der Erfahrung.
So vereinigt der Schematismus in der Tat die reine An‑
schauung und den reinen Begriff, indem er beide wiederum auf
ihre gemeinsame logische Wurzel zurückführt. Auch die Inhalte
der Anschauung sind zuletzt nicht anders, denn im Verfahren
der Konstruktion gegeben. Wenn ich daher irgend etwas vom
Begriffe des Dreiecks beweisen will, so sehe ich hierbei ebenso‑
wenig auf ein vorhandenes physisches Objekt, wie auf eine ein‑
zeine Vorstellung in mir, sondern ich achte lediglich auf die
E i n h e i t der Handlung, in der mir das Dreieck erst entsteht.
(S.0b.$.549f.) „Dem Begriffe v o n einem Triangel überhaupt“ ‑
so bemerkt Kant, indem er an dasselbe Beispiel anknüpft, das
Berkeley gebraucht hatte ‐ „würde gar kein Bild desselben adä‑
quat sein. Denn es würde die Allgemeinheit des Begriffs nicht
erreichen, welche macht, dass dieser [ ü r alle, recht- oder schief‑
winklige u. s.w. gilt, sondern immer n u r auf einen Theil dieser

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Das Problem der Begrifjsbildung. 578

Spbäre eingeschränkt sein. Das Schema des Triangels kann nie‑


mals anderswo als in Gedanken existiren und bedeutet eine
R e g e l der Synthesis d e r E i n b i l d u n g s k r a f t i n Ansehung
reiner Gestalten im Raume.“ ( K r. 180.) Die gedachte Regel er‑
weist sich somit als der Ursprung des Bildes; und n u r deshalb
vermag das Bild den Begriff zu „repräsentieren“, weil es diese
Regel in sich schliesst. Das Bild ist ein Produkt des e m p i r i ‑
schen Vermögens der produktiven Einbildungskraft, das Schema
sinnlicher Begriffe (als der Figuren im Raume) dagegen ein Pro‑
d u k t und gleichsam ein Monogramm der r e i n e n Einbildungs‑
kraft a priori, wodurch und wonach die Bilder erst möglich
werden. Fassen w i r den Verstand nicht lediglich als ein Ver‑
mögen der absirakten G a t t u n g s b e g r i ff e , sondern, wie w i r e s
nach der transzendentalen Deduktion der Kategorien tun müssen,
als das „Vermögen der Regeln“ auf, so hört er in der Tat #
auf, der Anschauung völlig „ungleichartig* zu sein. Denn ohne
eine Regel im successiven Durchlaufen der Einzelinhalte der
Vorstellung, obne eine „Rekognition im Begriffe“ würde uns nie‑
mals ein Gebilde der Anschauung, würden somit nicht einmal
die reinsten und ersten Grundvorstellungen von Raum und Zeit
selbst entspringen können (A. 102). ‑
Damit aber führt die Kritik der psychologischen Begriffs‑
theorien v o n neuem zu der „transzendentalen“ Grundeinsicht
zurück. W i r konnten die allgemeine Geltung des Begriffs nicht
anders erweisen und gegen die sensualistischen Einwände recht‑
‚fertigen, als dadurch, dass w i r zeigten, dass in der Anschauung
selbst die Funktion des Begriffs sich bereits wirksam erweist.
Der Wert jeglichen Begriffs hängt fortan von dieser seiner Leistung
ab. Die Sinnlichkeit ist es, die den Verstand erst „realisiert“,
indem sie ihn zugleich „restringiert“; indem sie ihn auf das Gebiet
hinweist, in welchem allein er seine echte logische Aufgabe er‑
füllen kann. Die Verstandesbegriffe dürfen kein anderes und
kein höheres Ziel kennen, als die räumlich-zeitliche Ordnung der
Phänomene selbst zu ermöglichen und eindeutig zu fixieren. So
ist etwa die Kategorie der Ursache so lange schwankend und
vieldeutig, als w i r sie unterschiedsios auf irgendwelche beliebigen
Inhalte anwenden, indem w i r etwa nach der Ursache des Daseins
überhaupt, nach dem Grunde der „Welt“ oder der Materie forschen.

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574 Die Vernunftkritik.

Sie erhält ihren festumschriebenen Sinn und damit ihre not‑


wendige Gültigkeit erst dann, wenn w i r eingesehen haben, dass
sie lediglich der Feststellung des Zeitverhältnisses des Ge‑
schehens dienen will, dass somit n u r für jede in der Zeit ein‑
tretende Veränderung eine Ursache anzunehmen und zu fordern
ist (vgl. unt. S. 587). Der gleiche Gedanke wird sodann für die
übrigen Kategorien, für die Begriffe der Grösse und der Realität,
der Substanz und der Gemeinschaft durchgeführt. Man wird,
vom systematischen Standpunkt der Erkenntniskritik aus, gegen
die Ausführungen Kants hier im Einzelnen mancherlei Einwände
‘erheben können; aber m a n darf sich dadurch der Einsicht in
die wichtige allgemeine Tendenz des Gedankens nicht ver‑
schliessen. Diese Tendenz tritt n u r dann deutlich hervor, wenn
man Kants Lehre im Zusammenhang m i t der Philosophie der
Vorgänger betrachte. „Was Kant von dem Schema verlangte,
‐ so ist neuerdings wiederum eingeworfen worden ‐ dass es
ein Drittes sein solle, das durch seinen doppelseitigen, d. h. so‑
wohl intellektuellen als auch sinnlichen Charakter die schroff
von einander geschiedenen Erkenntnisvermögen des Verstandes
und der Anschauung zur Vereinigung bringe, das fällt in dem
Augenblick alles fort, in dem wir erkannt haben, dass beide
Stämme der Erkenntnis in dem Verhältnis gegenseitiger Er‑
gänzung stehen.“!16) Ist dies einmal erkannt, so mag in der Tat
die Lehre v o m Schematismus immerhin wegfallen; ‐ denn diese
Lehre will ihrem ganzen Sinne nach nichts anderes vermitteln,
als eben diese Erkenntnis selbst. Dass es sich indessen hier um
eine Einsicht handelt, die nicht offen zu Tage lag, sondern die
vielmehr erst errungen und gesichert werden musste, lehrt ein
Blick auf die Vorgeschichte des Problems. Die Einschränkung
der Kategorien auf die Sinnlichkeit bedeutet gegenüber der ratio‑
nalistischen Metaphysik eine völlig neue und paradoxe Forderung,
und diese Forderung galt es durchzuführen, ohne dadurch das
logische Recht des reinen Begriffs nach der A r t des Sensualismus
verkümmern zu lassen. Aus dieser doppelten Tendenz heraus ist
die Lehre vom Schematismus entstanden, in welcber die erkennt‑
niskritischen und die psychologischen Grundvoraussetzungen der
Vernunftkritik sich wechselseitig durchdringen. ‑
. * ri
*

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Subjektive und objektive Einheit des Selbstbewusstseins. 575

W i r sahen,dass die Verknüpfung,die durch den Begriff des „Ich“


bezeichnet wird, gemäss o b j e k t i v e n Kriterien erfolgen musste,
w e n n anders durch sie eine wahrhafte Einheit, nicht n u r ein jeder‑
zeit wieder auflösbares Beisammen von Vorstellungen gestiftet wer‑
d e n sollte. Die subjektive Einheit des Selbstbewusstseins, der Ge‑
danke des empirischen Ich setzt selbst eine objektive Einheit des
Selbstbewusstseins, d. h. einen Inbegriff allgemeingültiger Regeln
voraus. Das Ich des inneren Sinnes bedeutet nicht mehr als eine
Zusammenfassung vereinzelter Bewusstseinsmodifikationen, die in
verschiedenen Subjekten verschieden und somit ganz zufällig
sind, während die reine Form des „Bewusstseins überhaupt“
lediglich die Bedingungen anzeigt, unter welchen alles Mannig‑
faltige steht, sofern es als solches gedacht werden soll; ‐ gleich‑
v i e l zu welcher Zeit und unter welchen besonderen psychologi‑
schen Umständen dieses Denken realisiert ist. W i r fragen hier‑
bei nicht nach dem bestimmten aktuellen Vollzug des Gedankens
in einem empirischen Individuum, sondern einzig und allein nach
den allgemeinen logischen Erfordernissen jedes derartigen Voll‑
zuges. Die Vorstellungen könnten nicht „meine“ Vorstellungen
werden, wenn sie nicht der Bedingung notwendig gemäss wären,
unter der sie allein in einem „allgemeinen Selbstbewusstsein“
zusammenstehen können. ( K r. 132, 139.) Daher ist der Satz,
dass alles verschiedene empirische Bewusstsein in einem einzigen
Selbstbewusstsein verbunden sein müsse, der schlechthin erste
und synthetische Grundsatz unseres Denkens überhaupt. „Es ist
aber nicht aus der Acht zu lassen, dass die blosse Vorstellung
I c h in Beziehung auf alle anderen (deren collektive Einheit sie
möglich macht) das transscendentale Bewusstsein ist. Diese Vor‑
stellung mag n u n klar oder dunkel sein, daran liegt hier nichts,
j a n i c h t einmal a n d e r W i r k l i c h k e i t derselben; sondern
die Möglichkeit der logischen Form aller Erkenntniss beruht noth‑
wendig auf dem Verhältniss zu dieser Apperception als einem
Vermögen.“ (Kr. A. 117 Anm.) E i n Vermögen, von dessen
„Wirklichkeit“ oder Wirksamkeit ausdrücklich abgesehen werden
kann, ist offenbar keine psychologische Grundkraft, sondern be‑
zeichnet vielmehr ein systematisches Ganze reiner logischer Be‑
dingungen, die an einem Inhalt erfüllt sein müssen, sofern er
zum Inhalt des Bewusstseins gemacht werden soll. ‑

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576 Die Vernunftkritik.

Jetzt erst ist der gesamte Umkreis der kritischen Unter‑


suchung geschlossen. Denn es zeigt sich nunmehr, dass ohne ;
objektiv gültige Grundsätze der Erkenntnis nicht n u r d i e äussere.
sondern auch die innere Erfahrung jeglichen H a l t verlieren
würde, dass es obne solche Grundsätze ebenso u n m ö g l i c h wäre.
von einem empirischen Selbst, wie von einem Gegenstande '
der Natur zu sprechen. Und dies allein bedeutet in diesem
Zusammenhange der Satz, dass auch w i r selbst u n s n u r a l s „Er‑
scheinung“ gegeben sind. Auch das eigene I c h vermögen wir
nicht von allen Funktionen der Erkenntnis überhaupt loszu‑
lösen und es ihnen als absolutes Objekt gegenüberzustellen.
Wenn wir von i h m behaupten, dass w i r es erkennen, w i e es
wahrhaft „ist“, so besteht dieser Satz völlig zu Recht; a b e r es
ist in i h m keine andere, keine höhere und gewissere A r t des
Seins gesetzt, als sie auch den äusseren empirischen Dingen zu‑
kommt. W i r erkennen das empirische Ich, wie es „als Gegenstand
der Erfahrung im durchgängigen Zusammenhang der Erfahrung
muss vorgestellt werden“ und nicht nach dem, was es ausser der
Beziehung auf mögliche Erfahrung sein möge. (Vgl. K r. 314.)
Die Form und die Grundvoraussetzung dieser Vorstellungsart
aber, unter welcher somit jegliches Wissen über unser „Selbst“
steht, ist uns in der reinen Anschauung der Z e i t gegeben. Diese
aber ist bier nicht lediglich als ein Mannigfaltiges überhaupt,
wie die transzendentale Aesthetik es aus methodischen Rück‑
° sichten bestimmte und isolierte, zu denken; sondern sie fasst zu‑
gleich die synthetischen Einheiten des Verstandes in sich und
birgt ihren reinen Grundgehalt. An diesem Punkte gelangt da‑
her der Gegensatz gegen die sensualistische Psychologie zum
deutlichsten Ausdruck. Dem sensualistischen Psychologen ist die
Erfahrung ein Produkt der Zeit; sie entsteht und entwickelt sich,
indem sich die zunächst beziehungslosen Eindrücke im Fort‑
gang der Zeit zu festen assoziativen Verbänden zusammenfügen.
Hier wird also ein objektiver Zeitverlauf selbst, hier wird eine
objektive F o l g e der Eindrücke vorausgesetzt, um daraus die
Geltung der allgemeinen Grundbegriffe verständlich zu machen.
Die kritische Methode aber geht wiederum den umgekehrten
Weg. Sie fragt nicht in erster Linie nach dem realen Geschehen
in der Zeit, sondern nach den Bedingungen des U r t e i l s über

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Subjektive und objektive Zeit. 577

Zeitverhältnisse, ‐ nach den Bedingungen, unter denen wir allein


z w e i Inhalte in das Verhältnis des Zugleichseins oder der Folge
s e t z e n können. Und diese Bedingungen entdeckt und fixiert sie
in reinen logischen Verhältnisbegriffen, die somit für alles, was
u n s n u r immer in der Zeit gegeben werden mag, für die Er‑
kenntnis des Gegenstands, wie des Ich, gleich unverbrüchliche
Wa h r h e i t besitzen. So voraussetzungslos die genetische Psycho‑
l o g i e an ihre Aufgabe heranzutreten glaubt, so unverkennbar ist
es, dass sie m i t dem B e g r i f f d e r o b j e k t i v e n Z e i t von Anfang
an operiert und dass sie ohne i h n nicht einmal ihre F r a g e zu
stellen vermöchte. Es genügt indes diesen einzigen Begriff zu
analysieren, um auf seinem Grunde diejenigen begrifflichen Prin‑
zipien zu entdecken, deren Recht der Sensualismus bezweifelt.
Dass w i r den Eindrücken eine bestimmte eindeutige S t e l l e in der
Z e i t anweisen, dass w i r sie in einer festen Reihenfolge gegeben
denken, ‐ dies ist nicht anders möglich, als dass wir sie jenen
allgemeinen Prinzipien der Beurteilung unterwerfen, die Kant
unter dem Namen der „Analogien der Erfahrung“ zusammenfasst.
D e r Beweis dieser Analogien, der Beweis des Grundsatzes der
S u b s t a n z , wie der K a u s a l i t ä t oder der We c h s e l w i r k u n g
geht „nicht auf die synthetische Einheit in der Verknüpfung der
D i n g e a n sich selbst, sondern der Wa h r n e h m u n g e n , und
zwar dieser nicht in Ansehung ihres Inhalts, sondern der Zeit‑
bestimmung und des Verhältnisses des Daseins in i h r nach all‑
geineinen Gesetzen. Diese allgemeinen Gesetze enthalten also die
Nothwendigkeit der Bestimmung des Daseins in der Zeit über‑
haupt (folglich nach einer Regel des Verstandes a priori), wenn
die empirische Bestimmung in der relativen Zeit objektiv giltig,
mithin Erfahrung sein soll.“ (Proleg. $ 26.) Nicht das zufällige
Spiel der Assoziation ist es, das den Gedanken der Ursache er‑
zeugt und begründet, sondern umgekehrt ist es dieser Gedanke,
auf dem alle Vorstellung von einem objektiven Geschehen, mag
man sich dies nun physikalisch oder psychologisch bestimmt
denken, beruht.!?) Der Ve r s t a n d ist vermittelst der Einheit der
Apperzeption die Bedingung a priori der Möglichkeit einer kon‑
tinuierlichen Bestimmung aller Zeitstellen der Erscheinungen
durch die Reihe von Ursachen und Wirkungen. ( K r : 256.) Wenn‑
gleich daher alle besonderen Gesetze aus der Erfahrung ge‑
7

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578 Die Vernunfthritik.

zogen w e r d e n
so, ist doch der Satz, dass e s G e s e t z m ä s s i g k e i i
überhaupt g i b t , keine Folgerung aus der E r f a h r u n g , sonder:
eine konstitutive Voraussetzung der Funktion d e r Erfahrun:
selbst, welche Funktion ihrerseits erst zur Erkenntnis d e r Geger‑
stände, wie des eigenen Selbst hinführt. ‑
In dieser Einsicht vollendet die Philosophie K a n t s ihre
geschichtliche Mission. W i r sahen, dass i h r originaler Grund‑
gedanke, der sie v o n der philosophischen Vergangenheit scharf
und prinzipiell scheidet, darin besteht, dass die Trennung zwischen
„Subjekt“ und „Objekt“ der Analyse der Erkenntnis n i c h t voran‑
gestellt wird, sondern dass sie, soweit sie in Geltung bleibt, erst
aus dieser Analyse gewonnen und gemäss ihren Ergebnissen be‑
stimmt werden soll. Erst m i t dem Abschluss der „subjektiven
Deduktion“ ist dieses Ziel völlig erreicht. M i t i h r i s t erkannt.
dass es ein gemeinsames Grundsystem gültiger Regeln gibt, die
ausserhalb des Gegensatzes von „Subjekt* und „Objekt“ stehen.
weil nur durch sie die Glieder dieses Gegensatzpaares selber erst
gesetzt werden können (vgl. ob. S. 521 f.). Selbst die Unterscheidung
von Wa h r n e h m u n g s u r t e i l und E r f a h r u n g s u r t e i l , die Kant
in den Prolegomenen an die Spitze stellt und die auch in der
Vernunftkritik bei der Deduktion der Analogien der Erfahrung
überall den eigentlichen Nerv des Beweises ausmacht, erscheint
jetzt in einem neuen Lichte. So erfolgreich und fruchtbar diese
Unterscheidung sich erwiesen hat, so kann doch, wie sich nunmehr
deutlich zeigt, m i t i h r keine unbedingte Trennung in zwei völlig
heterogene Bestandteile beabsichtigt sein. Denn auch das
Wahrnehmungsurteil stebt als U r t e i l unter den Bedingungen
der „objektiven Einheit des Selbstbewusstseins“. Es liessen sich
nicht einmal zwei momentan gegebene Zuständlichkeiten eines
einzelnen Subjekts auf einander beziehen, wenn sie nicht unter
eine Regel befasst würden, die i h r wechselseitiges Verhältnis
bestimmt. Selbst wenn eine Verknüpfung ausgesagt wird, die
sich n u r in einem bestimmten empirischen Bewusstsein realisiert
findet und die darüber hinaus keine Notwendigkeit beansprucht,
so erscheint doch eben dieser Zusammenhang hier und jetzt und
unter diesen besonderen Umständen als tatsächlich vorhanden
und gesetzt. Er steht nicht ausserhalb aller Objektivität über‑
haupt, sondern beschränkt n u r seine Geltung auf einen engeren

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D e r Gegenstand und das Ich. 579

U m k r e i s des Seins, während das Erfahrungsurteil den Anspruch


e r h e b t , den allgemeinen, f ü r alle denkenden Subjekte gleichartigen
B e g r i f f der empirischen Wirklichkeit festzustellen. Kein Inhalt,
- e r sei so subjektiv wie er wolle, könnte in uns z u m Bewusstsein
e r h o b e n werden, wenn er nicht zuvor gemäss eben denselben
synthetischen Einbeiten gestaltet würde, die in ihrer Vollendung
u n d allseitigen Durchführung den Gegenstand der Natur ergeben.
In dem einen, wie dem anderen Falle sehen w i r uns auf Gesetze
hingewiesen, „durch welche das Spiel der Veränderungen einer
N a t u r der Dinge (als Erscheinungen) unterworfen wird, oder,
welches einerlei ist, der Einheit des Verstandes, in welchem sie
a l l e i n zu einer Erfahrung, als der synthetischen Einheit der Er‑
scheinungen, gehören können.“ (Kr. 281.) Der Gegensatz kann
lediglich als ein methodischer, nicht als ein absoluter und meta‑
physischer verstanden werden.
Somit hat die Frage nach dem „Zusammenhang“ zwischen
Seele und Welt, zwischen dem Ich und den Aussendingen hier
z u m ersten Male alle ihre dialektische Gefahr verloren. Denn
die Frage ist nicht mehr „von der Gemeinschaft der Seele mit
anderen bekannten und fremdartigen Substanzen ausser uns,
sondern bloss von der Verknüpfung der Vorstellungen des inneren
Sinnes m i t den Modifikationen unserer äusseren Sinnlichkeit, und
wie diese unter einander nach beständigen Gesetzen verknüpft
sein mögen, so dass sie in einer Erfahrung zusammenhängen.“
( K r. A. 386.) Sie betrifft, m i t anderen Worten, nicht mehr den
‚Zusammenhang der Erkenntnisgegenstände, sondern den der Er‑
kenntnismittel. Und es wäre eine blosse „selbstgemachte Schwie‑
rigkeit“, wenn wir auch diesem Problem wiederum eine meta‑
pbysische Wendung geben wollten. Wie in einem denkenden
Subjekt überhaupt äussere Anschauung möglich sei, wie es zu
verstehen ist, dass die reine Form des Raumes ein Moment und
eine Bedingung unseres empirischen Selbstbewusstseins ist: auf
diese Frage ist es freilich „keinem Menschen möglich, eine Ant‑
wort zu finden, und m a n kann diese Lücke unseres Wissens
niemals ausfüllen, sondern n u r dadurch b e z e i c h n e n , dass man
die äusseren Erscheinungen einem transzendentalen Gegenstande
zuschreibt, welcher die Ursache dieser Art Vorstellungen ist, den
wir aber gar nicht kennen, noch jemals einigen Begriff von ihm
87°

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580 Die Vernunftkritik.

bekommen werden“ (A. 393). Aber diese B e z e i c h n u n g s c h .


keinerlei neuen Inhalt; sie dient in keinem S i n n e d e r Lösur.
sondern lediglich der Abwehr der Frage. Hier v o r a l l e m i s t :
bemerken, „dass der menschliche Verstand darüber n i c h t in Ar
spruch zu nehmen sei, dass er das Substantiale d e r D i n g e nict
kennt, d. i. f ü r sich allein bestimmen kann, s o n d e r n vielmeu
darüber, dass er es als eine blosse Idee gleich e i n e m gegeben:
Gegenstande bestimmt zu erkennen verlangt.“ (Proleg. $ 46.) Den:
wenn ich auch n u r frage, ob die Seele materiell o d e r a b e r . i n
sich“ geistiger Natur ist, so hat diese Frage gar keinen S i n n : den:
durch den blossen Begriff des „An sich“, durch die Abstraktion
von allen Bedingungen der Erkenntnis nehme i c h n i c h t bloss üi:
körperliche Natur, sondern alle Natur überhaupt, d. i. a l l e Prä‑
dikate irgend einer möglichen Erfahrung weg. Es fehlen fortan
alle Mittel, zu meinem Begriff einen Gegenstand zu denken,
was doch allein m i c h berechtigen kann, i h m irgend einen Sinn
beizulegen (Kr. 712). Somit lassen sich die dogmatischen Be‑
denken, die an diesem Punkte entstehen mögen, nicht anders
beschwichtigen, denn durch die klare methodische Einsicht, dass
esdem Verstande nicht gegeben ist, in intelligible Welten, sogar
n i c h t e i n m a l in i h r e n B e g r i f f auszuschweifen ( K r . 345.
Stellen wir das Problem im streng kritischen Sinne, halten wir
also daran fest, dass alles Sein der Phänomene sich in i h r e e m ‑
p i r i s c h e Gesetzlichkeit auflöst und in i h r völlig beschlossen
ist, so können wir n u r fragen: „wie und durch welche Ursache
die Vorstellungen unserer Sinnlichkeit so unter einander in Ver‑
bindung stehen, dass diejenigen, welche w i r äussere Anschauungen
nennen, nach empirischen Gesetzen als Gegenstände ausser uns
vorgestellt werden können; ‐ welche Frage n u n ganz und gar
nicht die vermeinte Schwierigkeit enthält, den Ursprung der Vor‑
stellungen von ausser uns befindlichen, ganz fremdartigen wir‑
kenden Ursachen zu erklären* (A. 387). In der Ta t ist diese
Frage durch die transzendentale Deduktion der Kategorien und
durch deren obersten Leitbegriff: die Einheit der Apperzeption
bereits gelöst. Denn kraft des Ergebnisses dieser Deduktion
hängen Ich und Gegenstand in einem Inbegriff von Regeln zu‑
sammen, dem sie gleichmässig untergeordnet sind; und diesem
logischen Zusammenbange können sie sich nicht entziehen, ohne

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o o e e
Das empirische Ich als Erscheinung. 581

d a d u r c h auch a l l ihres besonderen, einzelnen Gehalts verlustig


zu gehen. Dieser Gehalt wurzelt einzig in der systematischen
V e r k n ü p f u n g , die sie hier erlangen: sodass nicht die Einheit,
d i e vielmehr das Ursprüngliche und Notwendige bildet, sondern
u m g e k e h r t die Zweiheit, die Spaltung der Erfahrung i n zwei
verschiedene Hälften, das eigentliche Problem ausmacht. Der
„ Dualismus* aber, der hier entsteht, ist nicht im „transzendentalen“,
s o n d e r n lediglich im empirischen Verstande zu nehmen. Im Zu‑
sammenhange der Erfabrung ist uns die M a t e r i e sowohl wie
d a s I c h als „Substanz in der Erscheinung“ gegeben „und n a c h
d e n R e g e l n , welche diese K a t e g o r i e i n d e n Zusammen‑
h a n g u n s e r e r äusseren s o w o h l a l s i n n e r e n Wa h r n e h ‑
m u n g e n z u e i n e r E r f a h r u n g h i n e i n b r i n g t , müssen auch
beiderseits Erscheinungen unter sich verknüpft werden.“ (A. 379.)
H i e r ist das entscheidende Wort gesprochen: es kann für uns
n i c h t zwei absolut getrennte, heterogene Arten von Substanzen
geben, weil die K a t e g o r i e der Substanz, weil die Funktion,
die dieser Begriff ausübt, n u r Eine ist; weil somit von Anfang an
e i n gemeinsames Forum der Erkenntnis besteht, vor welches
beide Arten der Gegenständlichkeit gehören. Die metaphysischen
Theorien des physischen Einflusses, der vorherbestimmten Har‑
monie und der übernatürlichen Assistenz leiden sämtlich an dem
gleichen Grundgebrechen, dass sie dieses Forum umgehen und
ausschalten. Sie setzen durch eine dogmatische „Subreption® den
Inhalt der Erkenntnis völlig ausserhalb des Bereichs ihrer Grund‑
regeln heraus, sie heben somit von Anfang an die Voraussetzung
aller Begreiflichkeit auf. So widerlegt denn auch jede dieser
Theorien nicht sowohl den Gegner, als ihre eigene dualistische
Voraussetzung. (A. 390 ff.) ‑
Materialismus und Idealismus erweisen sich daher jetzt,
wenn man beide in ibrem gewöhnlichen metaphysischen Sinne
nimmt, gleich sehr als willkürliche Projektionen. Die „Wider‑
legung des Idealismus“, die die zweite Auflage hinzufügt, ist
keineswegs ein äusserlich abgedrungener Zusatz, sondern hängt
mit den ersten Grundüberzeugungen der Vernunftkritik aufs ge‑
naueste zusammen. Von Anfang an betraf die Frage des Kanti‑
schen Idealismus nicht die Existenz der Sachen, sondern die
Geltung der Erkenntnis: nicht die „Subjektivität“ des Raumes,

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582 Die Vernunftkritik.

sondern die Objektivität der Geometrie war es, w a s bewies:


werden sollte. (S. ob.S.561 ff.) Hierin liegt in der T a t d i e schari
prinzipielle Unterscheidung gegenüber B e r k e l e y, d i e d u r c h 4:
Prolegomenen, auch im geschichtlichen Sinne streng zutreffen!
bezeichnet wird. Der Idealismus Berkeleys bedeutet d e n pa::‑
doxen Versuch, v o n einem rein sensualistischen Ausgangspuni‘
aus, ein absolutes metaphysisches Geisterreich zu e r w e i s r.
Beide Tendenzen vereinen sich in einem gemeinsamen Z u g . Di:
Erfahrung wird von Berkeley ‐ wie Kant i h m v o r w i r f t ‐ un
die allgemeingültigen begrifllichen „Kriterien ihrer W a h r h e i t
gebracht; aber eben diese ihre logische Entwertung sollte
dazu dienen, den Zusammenhang m i t dem metaphysischen Tır‑
sprung, der für sie angenommen wird, um so fester zu knüpfen.
(Vgl. ob. S . 240 ff. und Buch V, Kap. 4 , Anm. 79.) Der „ s c h w ä r m e
rischen Absicht“, die sich hier mehr und mehr offenbarte, tritt
nunmehr das nüchterne kritische Vorhaben entgegen, „lediglich
die Möglichkeit unserer Erkenntnis a priori von Gegenständen
der Erfahrung zu begreifen“. (Proleg., Anhang.) Jetzt k a n n nicht
mehr gefragt werden, ob die Gegenstände der Natur in der
gleichen Weise wie unser geistiges Ich existieren; sondern ob
unsere Aussagen über sie von gleicher Gewissheit sind, w i e die‑
jenigen über die Modifikationen unseres eigenen „Innern“. Denn
dies steht uns jetzt.’als Ergebnis fest: dass auch das Sein des
empirischen I c h nicht anders denn in der Erfahrung gegeben
und somit durch die F o r m der Erfahrung bedingt ist. Diese
Grundform aber schliesst die innere, wie die äussere Anschauung,
schliesst den Raum wie die Zeit als gleich ursprüngliche Mo‑
mente ein. W i r können von unserem empirischen I c h nicht
anders reden, als indem w i r es den Gegenständen gleichsam ge‑
genüberstellen und es von ihnen abheben; diese Unterscheidung
aber setzt die Anschauung des Raumes, in der uns Gegenstände
allein gegeben werden können, notwendig voraus.
Die empirische. Erkenntnis des Ich ist somit nicht von
anderer Art, wie die des Naturobjekts und ruht auf keinen anderen
und vollgültigeren G r ü n d e n der Gewissheit. Diese Einsicht
allein aber ist es, die Kant durch die „Widerlegung des Idealis‑
mus“ zu voller Klarheit zu erheben sucht. Nicht die Existenz
der „Dinge an sich“ soll hier ‐ wie m a n sonderbarerweise bis‑

e e e g :
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‐‐ u‐‑
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D i e Widerlegung des Idealismus. 583

weilen angenommen hat ‐ bewiesen werden; sondern die Auf‑


gabe beschränkt sich einzig und allein auf den Nachweis, dass
etwas „ a u f empirische A r t , mithin als Erscheinung im Raume
ausser uns sei“. „Mit anderen Gegenständen als denen, die zu
einer möglichen Erfahrung gehören, haben w i r es nicht zu thun,
eben darum weil sie uns in keiner Erfahrung gegeben werden
können, und also für uns nichts sind.“ (Proleg. $ 49.) Die In‑
halte des äusseren Sinnes sind nicht minder „wirklich“ als die
des inneren, weil sie die gleiche durchgängige Verknüpfung nach
Erfahrungsgesetzen und somit die gleiche objektive Wa h r h e i t ,
wie diese, besitzen. So lässt sich der m a t e r i a l e Idealismus sehr
leicht heben; ist es doch eine ebenso sichere Erfahrung, dass
Körper ausser u n s (im Raume) existieren, als dass ich selbst nach
der Vorstellung des inneren Sinnes (in der Zeit) da bin. Mehr
aber als diese Gewissheit kann vom kritischen Standpunkt aus
weder geleistet, noch gefordert werden. Der verlangte Beweis
kann nicht darthun wollen, dass die Körper ausserbalb aller Be‑
ziehung zum Denken, zur Erkenntnis überhaupt an sich vor‑
handen sind; n u r dies will er erweisen, dass w i r von äusseren
Dingen objektiv gültige Urteile fällen können, d. h. „dass wir
von ihnen auch Erfahrung und nicht bloss Einbildung haben.“
Dies aber kann nicht anders geschehen, „als wenn man be‑
weisen kann, dass selbst unsere innere... Erfahrung n u r unter
Voraussetzung äusserer Erfahrung möglich sei.“ (Kr. 275.)
Das Ich könnte sich seines Daseins als in der Zeit bestimmt
nicht bewusst werden, wenn es nicht den Fluss und Wandel
seiner inneren Zustände auf ein Beharrliches bezöge und in i h m
fixierte; dies Beharrliche aber kann seinerseits n u r durch die
Vermittlung der äusseren Anschauung fixiert werden, die sich
somit als ein unentbehrlicher Faktor in der Gestaltung selbst
des „psychischen“ Seins erweist. Daher wird dem Idealismus
nunmehr das Spiel, das er trieb, m i t mehrerem Rechte umge‑
kehrt vergolten: denn wenn er annahm, dass die einzig unmittel‑
bare Erfahrung die innere sei und von i h r aus erst mühsam
und auf Umwegen auf äussere Dinge geschlossen werden müsse,
s o zeigt sich jetzt, dass äussere E r f a h r u n g e i g e n t l i c h u n ‑
mittelbar sei, weil ohne sie keine notwendige Verknüpfung
der Erscheinungen in der Zeit, also keine „Objektivität“ im kri‑

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584 Die Vernunftkritik.

tischen Sinne möglich wäre. (S. ob. S. 525.) Die äussere Wahr‑
nehmung beweist nicht ein Wirkliches im Raume, das i h r
Quell und ihre Ursache wäre, sondern sie i s t dieses Wirkliche
selbst, sofern sie unter notwendigen Gesetzen steht. Das „Reale“
äusserer Erscheinungen ist also wirklich: nicht als ein Etwas,
das hinter ihnen liegt, sondern als derjenige E r f a h r u n g s i n ‑
h a l t , zu dem w i r die blosse Wahrnehmung umprägen, indem
w i r die „formalen“ Regeln der Erkenntnis auf sie anwenden.
„ich habe in Absicht auf die Wirklichkeit äusserer Gegenstände
ebenso wenig nöthig zu schliessen, als in Ansehung der Wirk‑
lichkeit des Gegenstandes meines inneren Sinnes, (meiner Ge‑
danken); denn sie sind beiderseitig nichts als Vorstellungen,
deren unmittelbare Wahrnehmung (Bewusstsein) zugleich ein
genugsamer Beweis ihrer Wirklichkeit ist. Also ist der trans‑
scendentale Idealist ein empirischer Realist und gesteht der Ma‑
terie als Erscheinung eine Wirklichkeit zu, die nicht geschlossen
werden darf, sondern unmittelbar wahrgenommen wird“. (A. 371.)
Die empirische Realität heisst „unmittelbar“, sofern es nicht
nötig ist, um uns ihrer zu versichern, über das Bewusstsein hin‑
weg zu einer völlig anderen Seinsart zu greifen; aber es ist
deutlich, dass sie zugleich im logischen Sinne durch die Be‑
dingungen des Denkens, wie durch die der reinen Anschauung
als v e r m i t t e l t angesehen werden muss.
Die Bindung des „Ich“ an die Erkenntnisbedingungen, kraft
deren es entsteht und durch die es allein setzbar wird, erhält
sodann ihren Abschluss und ihre klarste Ausprägung in der Kritik
der rationalen Psychologie. Wer den Ichbegriff von seinem
logischen Ursprung ablöst, der verfällt damit den Paralogismen
des Seelenbegriffs. Der blosse Satz „Ich denke“ ist der „alleinige
Text der rationalen Psychologie, aus welcher sie ihre ganze Weis‑
heit auswickeln soll.“ Dieser Satz indessen enthält nichts anderes
als die blosse Form jeglichen Urteils überhaupt, die als solche
in jede Aussage eingeht; die aber eben darum nicht irgend einen
b e s t i m m t e n , charakteristisch unterschiedenen Seinsinhalt aus
sich hervorgehen zu lassen vermag. Damit Vorstellungen als
Vorstellungen eines Bewusstseins angesehen werden, müssen sie
wechselseitig auf einander bezogen, müssen sie durch den Akt der
Apperzeption, der jede von ihnen begleitet, zur Einheit verknüpft

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Die Paralogismen der Seelenlehre. 585

werden. Aber dieser Akt der Verknüpfung stellt keinen besonderen


I n h a l t dar, der neben den einzelnen Vorstellungsinhalten ge‑
geben wäre. Und lediglich ein solcher Inhalt ist es doch, auf den
d i e rationale Seelenlehre ausgeht. I h r genügt es nicht, das I c h als
logische Relation, als einen begrifflichen Einheitspunkt zu denken,
sondern sie w i l l absolute metaphysische Prädikate, wie die Unteil‑
barkeit und Stofflosigkeit, diePersönlichkeit und die unbeschränkte
Fortdauer von ihm erweisen. Damit aber wird ein rein hypo‑
thetischer Bedingungssatz zu einer kategorischen Behauptung
ü b e r die Welt der tatsächlichen Gegenstände umgedeutet. W i r
wissen freilich, dass, w e n n und s o f e r n Bewusstsein stattfinden
soll, bestimmte Vorbedingungen erfüllt sein müssen; aber diese
Einsicht kann uns niemals zu dem Satze berechtigen, dass über
d i e Grenzen hinaus, in welchen die Erfahrung uns dies kundtut,
Bewusstsein notwendig stattfinden müsse. Dass ich mir in der
ganzen Zeit, deren ich m i r meiner bewusst bin, als einer Einheit
bewusst bin, ist ein unbestreitbarer, ja identischer Satz, da Be‑
wusstsein nichts anderes als eben diesen Zusammenschluss besagt;
aber diese analytische Behauptung kann in keiner Weise dazu
dienen, das Sein und die Persönlichkeit des Ich synthetisch über
die empirischen Schranken zu erweitern, in welchen beide m i r
gegeben sind. „Denn das Ich ist zwar in allen Gedanken; es ist
aber m i t dieser Vorstellung nicht die mindeste Anschauung ver‑
bunden, die es von anderen Gegenständen der Anschauung unter‑
schiede. Man kann also zwar wahrnehmen, dass diese Vorstellung
b e i a l l e m D e n k e n wiederum vorkommt, n i c h t aber dass
e s eine stehende u n d bleibende A n s c h a u u n g sei, w o r i n
d i e Gedanken ( a l s wandelbar) wechselten.“ (Kr. A. 350.)
Ebenso ist es allerdings zutreffend, dass dem blossen Gedanken
des Ich als solchem eine qualitativ einheitliche Bedeutung zu‑
kommt, die sich nicht weiter zerfällen, noch teilen lässt; aber
zwischen diesem ideellen S i n n des Ichbegriffs und der behaup‑
teten E i n f a c h h e i t der Ichsubstanz besteht keinerlei erkenn‑
barer Zusammenhang. Die Einfachheit der Vorstellung von einem
Subjekt ist darum nicht eine Erkenntnis von der Einfachheit
des Subjekts selbst. (A. 355.) So kann m a n den Satz, dass die
Seele Substanz sei, gar wohl gelten lassen; aber m a n muss sich
zugleich bescheiden, dass uns dieser Begriff nicht im mindesten

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586 Die Vernunftkritik.

weiter führe oder irgend eine von den gewöhnlichen Folgerun...


der vernünftelnden Seelenlehre, wie z. B. die Fortdauer d e r Se
nach dem Tode lehren könne, „dass er also n u r e i n e Substar:
in der Idee, aber nicht in der Realität bezeichne*. ( A . 351.:
Auch an diesem Punkte scheidet sich Kant, dessen Lehr:
m a n als die „Versöhnung“ des Empirismus und Rationalismın
aufzufassen pflegt, m i t gleicher Energie von den Voraussetzung: ,
beider Denkrichtungen. Der Empirismus wird durch d e n Begri?
des „reinen I c h “ abgewiesen, der zuletzt den ganzen I n h a l t der .
reinen synthetischen Grundsätze in sich birgt. Das Bewusstsein is
keine Summe, kein blosses „Bündel“ von sinnlichen Perzeptionen.
sondern es setzt f ü r seinen Bestand notwendige u n d objektiv
gültige Verknüpfungsweisen v o r a u s , Aber diese F o r m d e r n o t
wendigen Geltung führt zu keinem ausserempirischen Sein hinaus.
Die freie Betätigung des „intellectus ipse“ erschliesst fortan, so
sehr sie anerkannt und hervorgehoben wird, nicht m e h r den
Zugang zu der Welt der Monaden als geistiger Substanzen. Das
Denken für sich genommen ist, wie Kant betont, „bloss die logische
Funktion, mithin lauter Spontaneität der Verbindung des Mannig‑
faltigen einer bloss möglichen Anschauung.“ „Dadurch stelle ich
mich m i r selbst weder, wie ich bin, noch wie ich m i r erscheine,
vor, sondern ich denke mich n u r wie ein jedes Objekt überhaupt,
von dessen A r t der Anschauung ich abstrahire. Wenn i c h mich
hier als S u b j e k t der Gedanken oder auch als G r u n d des
Denkens vorstelle, so bedeuten diese Vorstellungsarten
n i c h t d i e Kategorien d e r Substanz oder der Ursache:
denn diese sind jene Funktionen des Denkens (Urteilens) schon
auf unsere sinnliche Anschauung angewandt, welche freilich
erforderlich werden würde, wenn i c h mich erkennen wollte.
N y n w i l l ich mir meiner n u r als denkend bewusst werden; wie
mein eigenes Selbst in der Anschauung gegeben sei, das setze ich
beiseite, und da könnte es mir, der ich denke, bloss Erscheinung
sein; im Bewusstsein meiner Selbst beim blossen Denken bin ich
das Wesen selbst, von dem m i r aber freilich dadurch noch nichts
z u m Denken gegeben ist.“ (Kr. 429.) Damit erst ist die Trennung
von Leibniz vollzogen. Diese Trennung liegt nicht in der „transzen‑
dentalen Aesthetik“ vor, m i t der vielmehr Leibniz‘ Lehre von der
Idealität des Raumes und der Zeit bis ins Einzelne übereinstimmt,

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m |
Die innere Erfahrung und der Substansbegriff. 587

sondern sie wird erst in der transzendentalen Logik und Dia‑


lektik erreicht. Der Weg und die Entstehung der Leibnizischen
Metaphysik lässt sich in der Tat dadurch bezeichnen: dass sie:
m i t der Analyse des logischen Subjektbegriffs beginnt, um m i t
der Setzung des metaphbysischen Substanzbegriffs zu enden. Die
Monade, die in erster Linie das einheitliche Gesetz bezeichnete,
durch welches alle Glieder einer Veränderungsreihe m i t einander
zusammenhängen und durch das sie ihre charakteristische indi‑
viduelle Bestimmtheit erlangen, wandelt sich zum G r u n d und
U r s p r u n g der Veränderungen selbst; z u m tätigen Prinzip, das
die Folge der Vorstellungen aus sich selbst hervorgehen lässt.!)
Dieser Grundansicht, nach welcher das empirische zeitliche Sein
aus höheren intellektuellen Prinzipien abgeleitet und erklärt
wird, tritt die transzendentale Deduktion der Kategorien gegen‑
über. ‚ H i e r erweist die Lehre vom Schematismus der reinen Ver‑
standesbegriffe ihre Bedeutung. Die Begriffe der Substanz und
der Ursache sind, nach ihr, selbst nichts anderes, als die Mittel,
die Zeitfolge der Erscheinungen erkennbar zu machen und sie
zur objektiv notwendigen zu gestalten; sie können u n s somit
niemals über die Bedingtheit des Zeitlichen überhaupt hinaus‑
heben. Der „Satz vom Grunde“ verliert seinen metaphysischen
Sinn und schränkt sich auf die Funktion ein, die er in der wissen‑
schaftlichen Physik auszuüben vermag. (Vgl. ob. S. 573 f) Die
„logische Erörterung des Denkens überhaupt“ darf nicht länger
f ü r eine „metaphysische Bestimmung des Objekts“ gehalten werden.
Denn ist dies auch n u r an einem einzigen Punkte geschehen,,
glauben wir auch n u r in unserem eigenen Ich das absolute Sein
unmittelbar zu erfassen, so hätten w i r auf diese Art doch einen
Schritt über die Sinnenwelt hinaus getan, „ w i r wären in das
Feld der N o u m e n e n getreten, und n u n spreche uns niemand
die Befugnis ab, in diesem uns weiter auszubreiten, anzubauen
und, nachdem einen jeden sein Glücksstern begünstigt, darin
Besitz zu nehmen.“ ( K r. 409f.) In Wahrheit aber können w i r
auch uns selbst nicht anders, denn „zum Behufe einer möglichen
Erfahrung“ denken. Auch die Einheit des Bewusstseins vermögen
w i r n u r dadurch zu erkennen, dass w i r sie zur Möglichkeit der
Erfahrung u n e n t b e h r l i c h b r a u c h e n . ( K r. 420.) Hier kommt
es wiederum zum schärfsten Ausdruck, dass das „Selbst“, von dem

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588 Die Vernunftkrüik.

die Kritik spricht und m i t welchem sie es allein zu t u n h a .


nicht als eine metaphysische Tatsache gegeben, s o n d e r n lediglich
als ein logisches Requisit ermittelt ist, ‐ dass i b m k e i n andere
Sein zukommt, als das Sein der Bedingung. W i r bestimmen d a ,
Ich zu demjenigen, als was w i r es logisch b r a u c h e n ; aber w i r
müssen uns hierbei vor dem Irrtum hüten, die m ö g l i c h e Ab‑
s t r a k t i o n von unserer empirisch bestimmten Existenz m i t dem
vermeinten Bewusstsein einer abgesondert möglichen Existenr
unseres denkenden Selbst zu verwechseln. (Vgl. K r. 4 2 7 . ) ‑
Hier aber mündet die Kritik der Paralogismen d e r reinen
Seelenlehre in ein allgemeineres Problem ein. Die A n n a h m e der
absoluten Seelensubstanz, sowie die Lehre von i h r e n einzelnen
Attributen bildet n u r ein besonders prägnantes Beispiel f ü r den
allgemeinen Hang des Denkens, die reinen Erkenninismittel in
ebensoviele Erkenntnisgegenstände zu verwandeln. W i r versuchen
immer von neuem, das reine Ich, das nichts anderes ist als das
„Vehikel“ aller Begriffe überhaupt, gleich einem losgelösten Objekt.
das einer besonderen, sinnlichen oder intellektuellen, Anschauung
fähig wäre, zu behandeln. W i r bemerken nicht, dass durch
dieses „Ich oder Er oder Es, welches denkt“, im gegenständ‑
lichen Sinne gar nichts erkannt wird; dass wir uns vielmehr
hier in einem beständigen Zirkel herumdrehen, sofern w i r uns
der Einheit des Selbst jederzeit schon bedienen müssen, um
irgendwelche Prädikate von i h m auszusagen. Eine rationale
T h e o r i e über den Satz „ I c h denke* zu versuchen, verwickelt in
lauter Tautologien, da dieser Satz die Voraussetzung aller Urteils‑
fällung, also aller Theorie überhaupt ist. (A. 366, B. 404.) So ist
es m i r freilich erlaubt zu sagen: ich bin eine einfache Substanz;
„aber dieser Begriff oder auch dieser Satz lehrt uns nicht das
Mindeste in Ansehung meiner selbst als eines Gegenstandes der
Erfahrung, weil der Begriff der Substanz selbst n u r als F u n k t i o n
der Synthesis, ohne unterlegte Anschauung, mithin ohne Objekt
gebraucht wird, und n u r von der B e d i n g u n g unserer Erkenntnis.
aber nicht von irgend einem anzugebenden Gegenstande gilt.“
(A. 356.) Woher stammt dieser scheinbar unbesiegliche Hang,
die Funktionen der Erkenntnis in Objekte, die Bedingungen in
Dinge zu verwandeln, worin wurzelt dieser Grundtrieb des Denkens,
aus welchem alle Metaphysik zuletzt stammt und aus welchem

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Das I c h als Funktion und alss&regenstand. 589

sie immer neueNahrung zieht? Es genügt nicht, diesen Trieb zu


bekämpfen, sondern wir müssen suchen, ihn in seinen letzten
Motiven zu verstehen, sofern wir gegen ihn und gegen die Illusion,
die er schafft, wahrhaft gesichert sein sollen.

V.
Das „ D i n g a n s i c h “ .
Die Grundfrage der Kritik der reinen Vernunft lässt sich
durch den Begriff der O b j e k t i v i t ä t bezeichnen. Die objektive
Gültigkeit unserer apriorischen Erkenntnisse zu erweisen, bildet
ibre zentrale Aufgabe. Um diesem wesentlichen Zwecke zu ge‑
nügen, musste die K r i t i k der Metaphysik durchgeführt werden.
Denn die Voraussetzung der absoluten Gegenstände, auf welcher
diese Metaphysik berubt, enthält einen latenten Widerspruch
gegen die Geltung und Möglichkeit unserer Erfahrungserkenntnis.
Sollte „Natur“ das Dasein der Dinge an sich selbst bedeuten, so
würden wir sie niemals, weder a priori noch a posteriori, er‑
kennen können. Nicht a priori; denn der Verstand und die Be‑
dingungen, unter denen er allein die formale Gesetzlichkeit seiner
Inhalte zu denken vermag, schreibt doch den Dingen selbst keine
Regel vor und vermöchte somit von ihnen n u r dadurch ein
Wissen zu erlangen, dass sie i h m als Objekte, nach denen er
sich richten und deren Bestimmungen er ablesen könnte, vorher
gegeben wären. Aber auch diese bloss empirische Kenntnisnahme
wäre, wenn wir es m i t Dingen an sich selbst zu tun hätten, un‑
möglich; denn durch blosse Erfahrung wird niemals diejenige
N o t w e n d i g k e i t erreicht, die i m Begriff des Seins der Dinge
bereits implicit eingeschlossen liegt. (Proleg. $ 14.)
So musste alle Erkenntnis, um in sich selbst Festigkeit und
Wahrheit z u erlangen, auf das Gebiet der E r s c h e i n u n g einge‑
schränkt werden. Aber damit scheint wiederum das Ziel der ge‑
samten kritischen Untersuchung vereitelt. Das Wissen scheint
in seinem reinen logischen Wert herabgesetzt, indem es in einem
begrenzten Umkreis des Seins festgehalten wird. Selbst wenn die
herkömmliche Verwechslung von „Erscheinung“ und „Schein“
vermieden, wenn die empirische R e a l i t ä t des Gegenstandes.
Lg

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590 die Vernunftkritik.

in den formalen Grundsätzen des Verstandes a l s fest begründ


‚erkannt wird, so scheint sich doch der eigentliche Kern dr
Wirklichkeit uns f ü r immer zu entziehen. Es b l i e b e eine nieder
eine untergeordnete Sphäre des Seins, die sich u n s e r e m Wisser.
zu so hoher formaler Vollendung es auch gelangen mag, alle::
‚erschliesst. ‐
Auch hier indessen müssen w i r die Fragestellung Kant:.
um sie in ihrer spezifischen Bedeutung zu verstehen, z u v o r inner‑
halb des allgemeinen geschichtlichen Problemkreises betrachten.
d e m sie angehört. Das Wort „Erscheinung“ besitzt f ü r Kant zu‑
nächst keinen metaphysischen Klang. Er e n t n i m m t es nich!
‚ d e m Sprachgebrauch der Metaphysik, sondern d e m d e r Natur‑
wissenschaft, in dem es, während des ganzen achtzehnten Jahr‑
hunderts, fest eingebürgert w a r. F ü r die gesamte Newtonische
Physik bedeutet das „Phänomen“ nichts anderes, a l s d e n e m ‑
pirischen Gegenstand, sofern er uns unmittelbar bekannt
und gegeben ist; sofern er sich uns sinnlich kundgibt, ohne dass
‘wir nötig hätten, ihn erst durch Vermittlung metzphysischer
Hypothesen zu gewinnen. Dass die Physik es n u r m i t den Pbä‑
nomenen zu tun habe, das besagt hier also, dass siees verschmäht.
‚ d i e Naturbegebenheiten auf „dunkle Qualitäten“, die sich hinter
ihnen verbergen, zurückzuführen, und sie statt dessen lediglich
in der mathematischen Gesetzlichkeit ihrer Abfolge zu begreifen
trachtet. Somit ist die Erscheinung hier nicht ein Etwas, das
uns n u r mangelhaft, n u r als Teilausdruck des wahrhaften Seins
bekannt wäre; sondern umgekehrt gerade das, wovon w i r ein
‚sicheres und unumstössliches Wissen besitzen, das keinerlei
transzendenter Annahmen zu seiner Bestätigung bedarf. Die reine
„Tatsache“, die sich unabhängig von jeder spekulativen Deutung
kraft des wissenschaftlichen Experiments feststellen lässt, macht
den Inhalt der Erscheinung aus. (Vgl. ob. S. 324 ff., 463) Man
braucht n u r die bekannten Handbücher der Naturlehre, die Kant
selbst seinen naturwissenschaftlichen Vorlesungen zugrunde legte,
aufzuschlagen, um in ihnen alsbald diesen Gebrauch des Begriffs
anzutreffen. „Erscheinung“ und „Naturbegebenheit“ treten hier
als vollkommene Wechselbegriffe auf. „Diejenigen Veränderun‑
gen‘ ‐ so heisst es in Eberhards „Ersten Gründen der Natur‑
Jehre“* ‐ welche w i r durch die Sinne bemerken können, heissen

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Der Begriff der „Erscheinung“ und die Naturwissenschaft. 591

Naturbegebenheiten (phaenomena); die anderen begreifen w i r n u r


durch den Verstand“.!%) So ist die Erscheinung dasjenige, was
in Raum und Zeit klar und offen vor uns liegt und dessen Wirk‑
l i c h k e i t wir somit nicht erst zu erschliessen brauchen. Wie
völlig Kant innerhalb dieser Gesamtanschauung steht, lässt sich
z. B. aus seiner „Widerlegung des Idealismus“ ermessen. Dass
die Materie empirische Realität besitzt, wird hier dadurch er‑
wiesen, dass sie selbst nichts als Erscheinung ist; dass also ihre
Wirklichkeit nicht „hinter“ unseren räumlichen Vorstellungen,
als eine unbekannte Wesenheit gesucht zu werden braucht, son‑
Jern uns in der äusseren Erfahrung und kraft ihrer Grundform
unmittelbar gegeben ist. (S. ob. S. 5 8f.)3
Die Erscheinung bedeutet somit ihrem ursprünglichen Sinne
nach lediglich den Gegenstand der Erfahrung, der uns, als solcher,
niemals anders als u n t e r den Bedingungen d e r E r f a h r u n g
gegeben werden kann. Vom Standpunkt der reinen Wissenschaft
aus kann keinerlei Zwang und Antrieb bestehen, von diesen Be‑
dingungen, in denen der gesamte positive Gehalt des Wissens
begründet ist, absehen zu wollen. Die Relativität der Erkennt‑
nis ist kein Makel, m i t dem sie behaftet bleibt, sondern der
Quell und die Voraussetzung ihrer eigentlichen und höchsten‑
Leistungen. In dieser Hinsicht wächst Kant auch über die Er‑
kenntnistheorie des „Positivismus“, wie sie im achtzehnten Jahr‑
hundert insbesondere durch die grossen mathematischen Forscher,
durch d’Alembert und M a u p e r t u i s vertreten ist, hinaus. Die
Einschränkung auf die Erscheinungswelt enthält f ü r ihn nichts
mehr von jener skeptischen Resignation, die hier noch überall
deutlich hindurchklang. (Vgl. ob. S. 337.) „Wenn die Klagen:
W i r sehen das Innere der Dinge gar nicht ein, soviel bedeuten
sollen als: W i r begreifen nicht durch den reinen Verstand, was
die Dinge, die uns erscheinen, an sich sein mögen, so sind sie
ganz unbillig und unvernünftig: denn sie wollen, dass man ohne
Sinne doch Dinge erkennen, mithin anschauen könne; folglich
dass w i r ein von dem menschlichen nicht bloss dem Grade, son‑
dern sogar der Anschauung und Art nach gänzlich unterschie‑
denes Erkenntnisvermögen haben, also nicht Menschen, sondern
Wesen sein sollen, von denen wir selbst nicht angeben können,
ob sie einmal möglich, viel weniger, wie sie beschaffen seien.

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592 Die Vernunftkritik.

I n s I n n e r e der N a t u r d r i n g t Beobachtung u n d Z e r g l i e ‑
d e r u n g d e r E r s c h e i n u n g e n , und m a n kann nicht wissen, wie
weit dies m i t der Zeit gehen werde. Jene transscendentalen Fra‑
gen aber, die über die Natur hinausgehen, würden w i r bei allem
dem doch niemals beantworten können, wenn uns auch die
ganze Natur aufgedeckt wäre, da es uns nicht einmal gegeben
ist, unser eigenes Gemüt m i t einer anderen Anschauung, als der
unseres inneren Sinnes zu beobachten. Denn in demselben liegt
das Geheimnis des Ursprungs unserer Sinnlichkeit.“ (Kr. 333 f.)
Das Geheimnis, dass w i r überhaupt n u r kraft bestimmter Be‑
dingungen erkennen können, dass es gerade die Anschauung
von Raum und Zeit, sowie die reinen Kategorien sind, durch
die allein wir irgend etwas verstehen, lässt sich nicht weiter auf
seinen metaphysischen Ursprung zurückverfolgen; sondern wir
müssen u n s hier m i t der logischen Einsicht begnügen, dass uns,
wenn wir diese Denkmittel aufheben, ebensowenig mehr ein
„Ich“, wie ein „Gegenstand“ zurückbleibt. Wer nach dem
Schlechthin-Innerlichen der Materie fragt, statt sie in a l l ihren
dynamischen Beziehungen und Verhältnissen zu erforschen,
der hängt einer „blossen Grille* nach und verliert darüber die
echte konkrete Wirklichkeit der Dinge. Der Gedanke, den
Kepler und G a l i l e i unablässig gegen die Mystiker und Natur‑
“philosophen ihrer Zeit verteidigt hatten und den noch Newton
beständig den „philosophischen‘“ Gegnern entgegenbhält, tritt uns
hier nochmals in seiner allgemeinen Bedeutung entgegen. (Vgl.
Bd. I, S. 268, 310, II, 324.) Wie der Physiker nicht die geheime
Macht zu kennen braucht, die die schweren Körper zur Erde
hinzieht, sondern sich begnügt, den Vorgang des Falles selbst in
seiner objektiven Beschaffenheit und in seinen exakten Maassen
zu erkennen, so besteht. die Aufgabe der Metaphysik fortan nicht
darin, die letzten „Gründe“ des Bewusstseins aufzudecken, um
dadurch die Tatsache, dass überhaupt Wahrnehmung in uns
stattfindet, sowie dass w i r unter diesen oder jenen Formen denken,
zu erklären. Nur das können w i r zu wissen verlangen, auf wel‑
chem Wege und kraft welcher Bedingungen aus der blossen „Ma‑
terie“‘ der Wahrnehmung die wissenschaftliche Form der Er‑
fahrung sich gestaltet. W i r forschen nicht länger danach, wo‑
her Erfahrung stammt, sondern w i r fragen, was sie ihrer reinen

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Das „Innereder
Das „Innere der Natur“.
Natur". 593
598

logischen Struktur nach


logischen Struktur nach ist. ist. DassDass die die echte Methode der Meta‑
echte Methode Meta-
physik m i t
physik mit derjenigenderjenigen im Grunde einerlei
Grunde einerlei sei, die sei, Newton in die
die Newton die
Naturwissenschaft
Naturwissenschaft eingeführt eingeführt habe, habe, hattehatte schonschon die die vorkritische
vorkritische
Schrift über
Schrift über die die „Deutlichkeit
„Deutlichkeit der Grundsätze der
der Grundsätze der natürlichen
natürlichen
Theologie und
Theologie und der Moral' Moral“ betont. betont. (S. (S. ob.
ob. S. S. 463.)
463.) Die Die Natur‑
Natur-
wissenschaft
wissenschaft aber aber wird
wird uns niemals das
uns niemals das Innere
Innere der Dinge d.i.
der Dinge d. i. das‑
das-
jenige,
jenige, waswas nicht Erscheinung ist,
nicht Erscheinung ist, entdecken
entdecken und braucht dieses
und braucht dieses
auch nicht
auch nicht zu ihren physischen
zu ihren Erklärungen; „ja
physischen Erklärungen; wenn iihr
„ja wenn h r auch
auch
dergleichen
dergleichen anderweitiganderweitig angeboten angeboten würde würde ((z. z. B. Einfluss imma‑
B. Einfluss imma-
terieller
terieller Wesen),
Wesen), so so soll
soil sie sie es es doch
doch ausschlagen
ausschlagen und und gar nicht nicht
in den
in den Fortgang
Fortgang ihrer Erklärungen bringen,
ihrer Erklärungen bringen, sondernsondern diese diese jeder‑
jeder-
zeit nur
zeit n u r auf das gründen, was als
das gründen, Gegenstand der Sinne
als Gegenstand Sinne zzur u r Er‑
Er-
gehören und
fabrung gehören
fabrung und mit m i t unseren wirklichen Wahrnehmungen
unseren wirklichen Wahrnehmungen
nach Erfahrungsgesetzen in Zusammenhang
nach Erfahrungsgesetzen Zusammenhang gebracht gebracht werden werden
kann.“ (Proleg. §
kann." (Proleg. $ 57.)
57.) So So darf auch auch die kritische Philosophie
die kritische Philosophie
keine höhere Aufgabe kennen,
keine höhere kennen, als als den gesetzlichen Zusammen‑
den gesetzlichen Zusammen-
h der Erkenntnis
a n g der
hang aufzudecken und
Erkenntnis aufzudecken und darf sich sich von von ihm ihm durch
durch
keine transzendenten Lockungen und Versprechungen abwendig
keine transzendenten Lockungen und Versprechungen abwendig
a c h e n lassen.
machen
m l a s s e n . ‑-
Dass wir die
Dass die Dinge
Dinge an an sich nicht erkennen,
sich nicht erkennen, das das bedeutet
bedeutet also also
in diesem Zusammenhang keine
diesem Zusammenhang keine leereleere Negation,
Negation, sondern sondern ist ist der
Ausdruck
Ausdruck einer einer höchst positiven, kritischen
höchst positiven, Grundeinsicht. Dieser
kritischen Grundeinsicht. Dieser
Satz muss vor allem
Satz muss allem als als „transscendentaler"
„transscendentaler“ Satz Satz verstanden
verstanden werden:
in dem Sinne, dass
dem Sinne, dass er sich sich „nicht„nicht sowohlsowohl m Gegenständen,
miti t Gegenständen,
sondern mit
sondern m i t unserer Erkenntnisart vvon
unserer Erkenntnisart Gegenständen" beschäftigt.
o n Gegenständen“ beschäftigt.
Nicht
Nicht darumdarum handelt handelt es sich, ein,
es sich, ein, wenngleich
wenngleich nnur negatives, Ver‑
u r negatives, Ver-
hältnis der
hältnis absoluten D
der absoluten i n g e zu
Dinge unserem Erkenntnisvermögen
zu unserem Erkenntnisvermögen
festzustellen ‐- denn
festzustellen Kants Idealismus
denn Kants Idealismus betrifft betrifft nicht
nicht die die „Existenz
„Existenz
der Sachen“, somit
der Sachen", somit auchauch nicht nicht ihre reale Beziehung
ihre reale Beziehung zzum u m „Subjekt“
„Subjekt"
sondern die
-‐ - sondern die Feststellung
Feststellung betrifft betrifft lediglich
lediglich die die C harakteristik
Charakteristik
dd ee rr EErke s e l b s t . Der
e nn nntt nnii ss selbst. D e r Grundcharakter
G r u n d c h a r a k t e r nicht s o w o h l der
n i c h t sowohl der
Dinge, als des Wissens um die
Dinge, als des Wissens um die Dinge ist es, nichts „an sich Dinge ist es, nichts „an sich
selbst“ zuu bedeuten,
selbst" bedeuten, sondernsondern sich sich nnur u r iinn reinen
reinen R e l a t i o n e n ver‑
Relationen ver-
wirklichen zu können. „Erkennen" heisst für uns „bedingen“:
wirklichen zu können. „Erkennen“ heisst für uns „bedingen":
heisst ein
heisst ein Mannigfaltiges
Mannigfaltiges unter unter die die synthetischen
synthetischen Einheiten Einheiten des
Verstandes
Verstandes fassen. fassen. Die Bedingtheit jeglichen Objekts
Die Bedingtheit O b j e k t s der Er‑ Er-
kenntnis ist
kenntnis ist alsoalso bereits
bereits in ihrer reinen F uu nnkkttii oo nn enthalten:
ihrer reinen’ enthalten:
sie aufheben wollen,
sie aufheben wollen, biesse hiesse an an demdem Z i e l e festhalten
Ziele festhalten und und allealle
38

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694 Die Vernunftkritik.

M i t t e l zu seiner Erreichung und Erfüllung von sich werfen.


Existenz ‐ dies besagt somit der Satz in erster Linie ‐ ist nichts
„an sich selbst“; sondern was m i t diesem Begriff gemeint ist,
kann immer erst durch die Hinzufügung einer bestimmten Er‑
kenntnisbedingung festgestellt werden. W i r sprechen, im populären
Sprachgebrauch, sowohl v o n der „Existenz“ eines sinnlich wahr‑
nehmbaren Einzeldinges, wie von der der Kraft oder des Atoms;
v o n der „Existenz“ der Zahl x, wie von der der „Einwohner im
Monde“. Erst die schärfere erkenntnistheoretische Analyse zeigt
uns, dass esunkritische Naivetät ist, alle diese Bedeutungen durch‑
einander zu werfen; dass es sich bier um eine anschauliche Ge‑
wissheit, dort um eine reine gedankliche Setzung, dass es sich in
dem einen Falle lediglich um die vollkommene logische Deter‑
mination, in dem anderen um ein mögliches empirisches Sein
handelt, das wir im Fortgang der Erfahrung dereinst tatsächlich
antreffen könnten. Somit ist das „Sein“ eines Inhalts überhaupt
kein eindeutiger Begriff, sondern wird dies erst, wenn die E r ‑
kenntnisinstanz, auf die wir die Aussage beziehen, feststeht:
wenn w i r wissen, ob die Empfindung oder die logische Schluss‑
folgerung, ob das Denken oder die Anschauung für i h n einstehen
sollen. Immer muss ein bestimmtes prinzipielles Forum ange‑
geben werden, immer muss gleichsam ein Index und Exponent
des Wissens zugefügt werdeu, damit das Urteil über das Sein
seinen klaren Sinn erhält. Abgelöst von jeder Beziehung auf
i r g e n d e i n M i t t e l d e r E r k e n n t n i s überhaupt verliert der
Begriff des Seins jede feste inhaltliche Bedeutung. Somit können
w i r freilich auf die Frage, was ein „transscendentaler Gegenstand“
ausserhalb aller Bedingungen der Erkenntnis sei, keine Antwort
geben: „nämlich, was er sei, aber wobl, dass die F r a g e selbst
n i c h t s sei, darum weil kein Gegenstand derselben gegeben
worden .. Also ist hier der Fall, da der gemeine Ausdruck
gilt, dass keine Antwort auch eine Antwort sei, nämlich dass eine
Frage nach der Beschaffenheit desjenigen Etwas, was durch kein
bestimmtes Prädicat gedacht werden kann, weil es gänzlich ausser
der Sphäre der Gegenstände gesetzt wird, die uns gegeben werden
können, gänzlich nichtig und leer sei.“ (Kr. 506.) ‑
Damit ist der allgemeine Rahmen, innerhalb dessen die
Diskussion des „Dinges an sich“ sich halten muss, klar be‑

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Der Begriff des Unbedingten. 505

zeichnet. Der Zusammenhang mit dem System der Er‑


kenntnis darf auch durch diesen Begriff niemals prinzipiell
aufgehoben werden. Die bestimmte Form unserer e m p i ‑
r i s c h e n Erkenntnis zwar könnte durch ihn verlassen oder
modifiziert sein; völlig bedeutungslos und leer dagegen
wäre das Verlangen, jegliche Korrelation m i t den Denkbedin‑
gungen ü b e r h a u p t abzubrechen. Man erwidere nicht, dass es
im Begriff des „Dinges an sich“ liege, ein in jeder Hinsicht u n ‑
bedingt notwendiges Sein zu bezeichnen. „Denn alle Bedin‑
gungen, die der Verstand jederzeit bedarf, um etwas als noth‑
wendig anzusehen, vermittelst des Worts: u n b e d i n g t wegwerfen,
macht m i r noch lange nicht verständlich, ob ich alsdann durch
einen Begriff eines unbedingt Nothwendigen noch etwas oder
vielleicht gar nichts denke.* (Kr. 621.) Es ist eine „falsche
Selbstbefriedigung der Vernunft“, wenn sie glaubt, dadurch, dass
sie alle Bedingungen wegschafft, zum wahrhaft „Absoluten“ zu
gelangen; denn statt dass hierdurch etwas Neues gesetzt würde,
wird vielmehr der Begriff der Notwendigkeit selbst, der gleich‑
falls ein Erkenntnisbegriff ist und somit das System der Er‑
kenntnisbedingungen voraussetzt, um allen Sinn gebracht. Diese
Schlussart, kraft deren man die Vollendung seines Begriffs zu
erreichen vermeint, führt somit n u r zur Aufhebung aller Be‑
greiflichkeit überhaupt (Kr. 638).
So bedarf der Begriff des „Dinges an sich“, wie jeder andere
Begriff, m i t dem w i r operieren, der kritischen Rechtfertigung
und „Deduktion“; so muss der Weg, der zu i h m hinführt, in all
seinen einzelnen Phasen aufgezeigt, und die Stelle, an welcher er
im Ganzen der Erkenntnis entsteht, deutlich bezeichnet werden.
Es wäre ein völliges Missverständnis, wenn man sich dieser lo‑
gischen Deduktion m i t dem Hinweis entziehen wolite, dass der
I n h a l t , der hier gesetzt ist, ein „Unerkennbares* bedeuten und
repräsentieren solle. Gleichviel wie es sich hiermit verhält, so
steht doch dies jedenfalls fest, dass der Begriff des Dinges an
sich, als B e g r i f f , den Kriterien der logischen und erkenntnis‑
theoretischen „Wahrheit“ untersteht und sich vor ihnen zu be‑
glaubigen hat. Es ist das Eigentümliche der Transzendental‑
Philosophie, dass sie keine Frage, die in ihrem Fortgang ent‑
steht, unter dem Vorgeben, dass sie keine Mittel zu ihrer Lösung
3

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596 Die Vernunftkritik.

besitze, von sich weisen darf. Denn die Vernunft, die das Pro‑
blem aufgeworfen hat und die somit den Gegenstand der Frage‑
stellung erst erschaffen hat,:muss in sich selbst auch die Mittel
finden, sie rückschreitend durch Analyse wieder in ihre einzelnen
Momente aufzulösen und sie damit kritisch zu entscheiden. Kein
Vorschützen einer unvermeidlichen Unwissenheit und unergründ‑
lichen Tiefe der Aufgabe kann hier von der Verbindlichkeit frei
sprechen, sie gründlich und vollständig zu beantworten; „weil
eben derselbe Begriff, der uns in den Stand setzt zu fragen,
durchaus uns auch tüchtig machen muss, auf die Frage zu ant‑
worten, indem der Gegenstand ausser dem Begriffe gar nicht an‑
getroffen wird.“ (Kr. 505.) Ein Ideal, das die reine Vernunft
entwirft, kann daher nicht unerforschlich heissen; vielmehr muss
es als Idee in der Natur der Vernunft seinen Sitz und seine Auf‑
lösung finden. „Denn eben darin besteht Vernunft, dass w i r von
allen unseren Begriffen, Meinungen und Behauptungen, es sei
aus objektiven, oder, wenn sie ein blosser Schein sind, aus sub‑
jektiven Gründen Rechenschaft geben können.“ (Kr. 642.) Die
Vollständigkeit der Rechenschaftsablegung erfüllt erst den echten
Begriff der „Vernunft“ und macht den Inhalt dieses Begriffs aus.
So darf auch der Begriff des „Dinges an sich“, sofern er ein Ver‑
nunftbegriff heissen will, dieser Grundforderung nicht wider‑
streiten. Nicht als eine blosse Hypothese, nicht als eine vage
Vermutung darf er auftreten; sondern über sein Recht oder Un‑
recht muss nach klaren und sicheren Kriterien eindeutig ent‑
schieden werden können. „Meinen“ hiesse hier, wie überhaupt
im Felde der reinen Vernunft, soviel als „mit Gedanken spielen“.
(Kr. 803, 850.) Selbst dort, wo wir von seiten des Inhalts ge‑
sehen, v o r einer Grenze der Erkenntnis stehen, muss diese
Grenze doch durch die Erkenntnis selbst gesetzt und als solche
von i b r b e g r i ff e n sein. A n dieser letzteren Forderung
wenigstens darf keine Skepsis uns i r r e machen. W i r können
uns nicht früher bescheiden, als bis w i r eine v ö l l i g e Ge‑
w i s s h e i t erlangt haben: „es sei n u n der Erkenntniss der
Gegenstände selbst oder der Grenzen, innerhalb deren alle
unsere Erkenntniss von Gegenständen eingeschlossen ist.“
(Kr. 7 8 9 ) Der Gedanke des „Dinges an sich“ muss als
ein notwendiger Gedanke eingesehen werden können, wenn

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D e r Grenzbegriff des „Ding an sich“. 597

anders er überhaupt im System der kritischen Philosophie ge‑


duldet werden soll. ‑
Muss indessen auf diese Weise der Begriff des Dinges an
sich in steter C o r r e l a t i o n m i t der systematischen Gesamtheit
der Erkenntnismittel erhalten werden, so tritt eben in dieser
Forderung die ganze Schwierigkeit seiner genauen und eindeutigen
Fixierung deutlich hervor. Denn es ist für die Vernunftkritik
charakteristisch, dass sie die Bedingungen, auf denen alle Er‑
kenntnis beruht, nicht von Anfang an als ein fertiges Ganze
vor uns hinstellt, sondern dass sie sie erst, in ihrem eigenen
allmählichen Fortschritt, gewinnt und erarbeitet. I h r neuer
Begriff der Erkenntnis lässt sich daher auf keiner Stufe der Dar‑
legung als ein völlig abgeschlossener aufweisen und herausheben,
sondern er gelangt erst dann zur Klarheit, wenn man den I n b e ‑
g r i f f aller logischen Einzelschritte und die logische Regel, von
der sie in ihrer Gesamtheit beherrscht sind, ins Auge fasst. Den
verschiedenen Etappen auf dem Wege zum kritischen Begriff der
Objektivität aber muss notwendig eine ebenso verschiedenartige
Formulierung des Begriffs des „Ding an sich“ entsprechen. Dieser
Begriff will nicht mehr sein, als die Grenze unserer empirischen
Erkenntnis, als der Horizont, der das Gesichtsfeld unserer Er‑
fahruug umschliesst. Er. wird daher je nach diesem Gesichtsfeld
selbst und je nach den Inhalten, die in i h m gegeben sind, einen ver‑
schiedenartigen Anblick gewähren müssen. Dadurch aber gewinnt
das Problem jene eigentümlich verwickelte Gestalt, die den Streit
der Auslegungen verständlich macht. Die Bedeutung, in welcher
der Begriff des „Dinges an sich“ zu Beginn der „transscendentalen
Aesthetik“ angewandt wird, ist mit derjenigen, die er am Schluss
der transscendentalen Dialektik gewonnen hat, nicht einerlei und
kann m i t ihr, genauer betrachtet, nicht einerlei sein. Würde es
sich hier um die Bezeichnung eines Objekts handeln, das ausser‑
halb jeglicher Beziehung zur Erkenntnis und von i h r gänzlich
unberührt bliebe, so wäre eine derartige Wandlung freilich un‑
begreiflich. Betrachtet man dagegen den Begriff des „Dinges an
sich“ von Anfang an im Zusammenhang m i t seiner logischen
und erkenntniskritischen F u n k t i o n , so ist klar, dass diese Funk‑
tion je nach dem Standpunkt, den das Wissen selbst in seinem
positiven Aufbau erreicht hat, in verschiedenem Lichte erscheinen

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698 Die Vernunftkritik.

kann. Die gesamte kritische Arbeit, die zwischen der Aesthetik


und Dialektik liegt, kann nicht ohne allen Einfluss auf denjenigen
Begriff bleiben, der n u r dazu bestimmt ist „allen Umfang und
Zusammenhang unserer möglichen Wahrnehmungen“ zu be‑
zeichnen. (Vgl. Kr. 523.) Der Begriff des „Dinges an sich“ bedeutet
gleichsam die kritische Demarkationslinie des Wissens, die i n ‑
dessen f ü r das Wissen nicht von Anfang an feststeht, sondern
die es sich selbst erst, im Fortgang der Analyse, bezeichnet und
feststellt. Diese Linie kann zunächst als fliessend, der Begriff selbst
somit als mehrdeutig erscheinen: wenn n u r aus dem Ganzen seiner
möglichen Bedeutungen sich, nach Abschluss der Untersuchung,
eine klare Einheit gewinnen lässt; wenn diese Bedeutungen, mit
anderen Worten, nicht willkürlich nebeneinander steben, sondern
nach einer bestimmten Regel aus einander hervorgehen. Was
w i r zuletzt suchen, ist eine nach sicheren Grundsätzen voll‑
zogene Grenzbestimmung der Vernunft „welche i h r zi4s/ wlterius
m i t grösster Zuverlässigkeit an die herkulischen Säulen heftet,
die die Natur selbst aufgestellt hat, um die Fahrt unserer Ver‑
nunft n u r soweit, als die stetig fortlaufenden Küsten der Erfah‑
rung reichen, fortzusetzen, die w i r nicht verlassen können, obne
uns auf einen uferlosen Ozean zu wagen, der uns unter immer
trüglichen Aussichten am Ende nöthigt, alle beschwerliche und
langwierige Bemühung als hoffnungslos aufzugeben.* (Kr., A.
395f.) Aber diese „Küsten der Erfahrung* sind der Vernunlft‑
k r i t i k nicht wie dem dogmatischen Empirismus v o n Anfang an
gegeben, sondern sie werden erst durch die synthetischen Grund‑
sätze bestimmt erkannt und verzeichnet; und erst wenn dies
geschehen, kann auch der volle Sinn dessen hervortreten, was
ausserhalb ihrer ‐ wenngleich n u r problematisch ‐ anzu‑
nehmen ist. ‑
. Bleiben wir zunächst, in der allmähblichen Entwicklung der
Bedeutung des Dinges an sich, bei der transzendentalen Aesthetik
stehen, so zeigt es sich, dass Kant hier über die Auffassung, die
in der Dissertation vom Jahre 1770 enthalten war, noch nirgends
prinzipiell fortgeschritten ist. Die transzendentale Aesthetik hält
sich, wie wir sahen, noch ausserbalb der endgültigen kritischen
Fassung, die das Problem der Objektivität inzwischen erhalten
hatte. (S. ob. 543.) Wie sie daher den Erfahrungsgegenstand

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Afcktion und Funktion. 699

noch nicht in all seinen Bedingungen zu überschauen und zu


durchdringen vermag, so ist folgerecht auch die Auffassung
seines „absoluten“ Gegenbildes noch nicht zu voller kritischer
Klarheit gediehen. Das Ding an sich dient hier z u m Aus‑
druck der Tatsache, dass unsere Sinnlichkeit sich gegenüber
dem Inhalt, auf den sie sich bezieht, rein rezeptiv verhält. Sie
vermag n u r ein „gegebenes“ Mannigfaltige in die Formen der
Anschauung, in die Formen des Raumes und der Zeit zu fassen. ,
Wahrend daher die Begriffe auf reine und ursprüngliche F u n k ‑
t i o n e n des Denkens zurückgehen, also den logischen Gehalt, der
sich in ihnen darstellt, selbsttätig erzeugen, beruben alle An‑
schauungen auf Affektionen. Diese spezifische Gebundenbeit
an ein empirisch Gegebenes, das die Erkenntnis n u r hinzunehmen
hat, ohne es weiter zu analysieren und auf seinen Ursprung
zurückverfolgen zu können, soll durch den Begriff des „Dinges
an sich“ nicht sowohl erklärt, als vielmehr lediglich bezeichnet
werden. „Das sinnliche Anschauungsvermögen ‐ so charakteri‑
siert die Kritik der reinen Vernunft an einer späteren Stelle diesen
Standpunkt ‐ ist eigentlich n u r eine Receptivität, auf gewisse
Weise m i t Vorstellungen afficirt zu werden, deren Verhältnis
zu einander eine reine Anschauung des Raumes und der Zeit ‑
i s t . . . und welche sofern sie in diesem Verhältnisse (dem Raume
und der Zeit) nach Gesetzen der Einheit der Erfahrung verknüpft
und bestimmbar sind, Gegenstände beissen. Die nicht-sinnliche
Ursache dieser Vorstellungen ist uns gänzlich unbekannt, und
diese können w i r daher nicht als Object anschauen; denn der‑
gleichen Gegenstand würde weder im Raume noch der Zeit (als
bliossen Bedingungen der sinnlichen Vorstellung) vorgestellt werden
müssen, ohne welche Bedingungen w i r uns gar keine Anschauung
denken können. Indessen können w i r die bloss intelligibele Ur‑
sache der Erscheinungen überhaupt das transscendentale Objekt
nennen, bloss d a m i t w i r etwas haben, was d e r S i n n l i c h k e i t
als e i n e r Receptivität entspricht.“ ( K r. 522.) Darüber zum
mindestens besteht also kein Zweifel, dass die Charakteristik, die
durch das „transscendentale Objekt“ eingeführt wird, ebenfalls
n u r eine Bestimmung unserer Erkenntnisweise bedeuten kann.
Sie beschreibt eine Bedingtheit, die sich an den Inbalten des
Bewusstseins selbst vorfinden und als solche aufweisen lässt.

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<
600 Die Vernunftkritik.

„Es sind* ‐ wie m i t Recht hervorgehoben worden ist ‐ „ n u r


Unterschiede i n n e r h a l b des Vorsteilens überhaupt, die Kant
“ durch den Gegensatz v o n Ding an sich und Erscheinung charak‑
terisiert, nicht der absolute, zwischen dem Vorstellen überhaupt
und dem was ausserhalb des Vorstellens liegt. Behält man diese
Wendung des Interesses, ausschliesslich nach dem Inneren des
Erkennens zu, im Auge, so beantwortet sich ohne weiteres die
. alte Frage der Kant-Deutung: m i t welchem Rechte er denn Dinge
an sich als Ursache der Sinnesempfindung bezeichne, da doch
die Kategorie der Ursache n u r auf sinnliche Erscheinungen,
ausdrücklich aber nicht auf Dinge an sich anwendbar sei? Tat‑
sächlich wird hier durch die „Verursachung“ unserer Empfindungen
n u r eine innere Qualität ihrer ausgedrückt, sie kommen uns in
einer eigentümlichen Weise z u m Bewusstsein, die wir als Passivität
oder Rezeptivität bezeichnen .. Durch die Anwendung der Kate‑
gorie der Ursache soll hier also keineswegs das Ding, wie es
an sich selbst ist, erkannt werden, ... sondern n u r was es für
uns, d. h. in uns ist, wird damit benannt.“2)
Wie daher das „transscendentale Subjekt* nach Kants
ausdrücklicher Erklärung dadurch, dass esals G r u n d des Denkens
- vorgestellt wird, dennoch nicht gemäss den Kategorien der Sub‑
stanz oder der Ursache bestimmt wird, vielmehr diese Vorstellungs‑
art hier n u r im übertragenen, analogischen Sinne angewandt
werden kann, so gilt das Gleiche auch für den kritischen Correlat‑
begriff des „transscendentalen Objekts“. (Vgl. K r. 429.) Auch er
bedeutet den Versuch, nicht sowohl über die Erkenntnis überhaupt
zu ihrem absoluten Bestimmungsgrunde hinauszuschreiten, als
vielmehr den Begriff der Ursache frei von jeglicher Raum- und
Zeitbedingung lediglich nach seiner allgemeinen l o g i s c h e n Be‑
deutung anzuwenden und damit eine andere Art „Gegenständlich‑
keit“ wenigstens in Gedanken zu fassen. Dadurch entsteht ‐ wie
Kant selbst in den „Metaphysischen Anfangsgründen der Natur‑
wissenschaft“ im Hinblick auf L e i b n i z ausführt ‐ ein „an sich,
richtiger Platonischer Begriff von der Welt, sofern sie gar nicht
als Gegenstand der Sinne, sondern als Ding an sich selbst be‑
trachtet blos ein Gegenstand des Verstandes ist, der aber doch den
Erscheinungen der Dinge zum Grunde liegt“; ‐ nicht ip dem
Sinne, dass er die Erscheinungswelt e r k l ä r e n soll, sondern n u r

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Sinnenwelt und Verstandeswelt. 601

dass e r ihr als k o r r e s p o n d i e r e n d aber z u einer bloss i n t e l l i ‑


g i b l e n Welt gehörig, zur Seite gesetzt wird.2!) Unsere Erfahrungs‑
erkenntnis beruht, wie w i r saben, auf der Durchdringung zweier
verschiedener und auf den ersten Anschein heterogeuer Erkenntnis‑
mittel. Nur das Ganze dieser Bedingungen, n u r das Ineinander‑
greifen von Begriff und Anschauung lässt den konkreten Natur‑
gegenstand v o r uns erstehen. Denken wir uns jetzt irgend eine
dieser Bedingungen aus dem Gesamtkomplex herausgelöst und
betrachten wir die Leistung, die sie f ü r sich allein zu vollziehen
vermag, s o schliesst eine derartige A b s t r a k t i o n zum mindesten
keinen Widerspruch ein. Eine derartige Trennung bleibt .ein
möglicher Gedanke, gleichviel ob sie irgend einen positiven
Erkenntniswert beanspruchen kann. Die Kategorien reichen,
ihrem Ursprung nach, weiter als die reine Anschauung des
Raumes und der Zeit, da sie lediglich Ausdrücke der allgemeinen
U r t e i l s f u n k t i o n sind, die als solche i n ihrer rein abstrakten
Bedeutung und losgelöst von jedem besonderen Inhalt, der durch
sie verknüpft werden soll, betrachtet werden kann. Der Gedanke
liegt nahe, dass diese Verschiedenheit des Ursprungs auch eine
Verschiedenheit der Anwendung verstatiet, aus der sich alsdann
ein anderer Aspekt der Wirklichkeit ergeben müsste, als der‑
jenige, der aus der We c h s e l w i r k u n g von Verstand und Sinn‑
lichkeit entsteht.2) Dem Gegenstand der „Erscheinung“ würde
alsdann ein anderer gegenübertreten, der verglichen m i t i h m
als der „allgemeinere“ gelten müsste, weil er sich von den be‑
sonderen einschränkenden Bedingungen der sinnlichen Anschau‑
ung frei hält.
Aber diese Allgemeinheit, die noch in der Dissertation als
der eigentliche Vorzug der intellektuellen Erkenntnis galt, bleibt
freilich, vom Standpunkt der Vernunftkritik aus, ein fragwürdiger
Wert. Denn sie ist analytischer, nicht synthetischer Art; sie hebt
m i t der Beschränkung des Begriffs zugleich die Bedingung auf,
unter welcher allein er für die Erkenntnis wirksam und frucht‑
bar werden kann. Der Begriff eines Gegenstandes, wie er sich
lediglich dem „reinen Verstande“ darbieten würde, enthält freilich
keinen unmittelbaren Widerspruch und lässt sich insofern nicht
rein logisch bestreiten und widerlegen; aber diese Freiheit vom
Widerspruch wird hier, wie bei allen ontologischen Begriffen,

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602 Die Vernunftkritik.

durch die gänzliche Leere an bestimmten I n h a l t erkauft. Wo


nichis bestimmt gesetzt ist, da gibt es freilich auch nichts, dem
widersprochen werden könnte. So wandelt sich die „nichtsinn‑
liche Ursache“ der Erscheinungen, an welcher die transzendentale
Aesthetik zunächst noch festhielt und an der sie innerhalb ihres
engeren Gesichtskreises in der Tat keine vollständige und ein‑
greifende Kritik zu üben vermochte, im Verlaufe der Untersuchung
immer mehr in einen bloss negativen und problematischen Be‑
griff, der die Bedingtbeit unserer Erkenntnis, statt sie an irgend
einer Stelle aufzubeben, n u r zu umso schärferen Ausdruck
bringen soll. Das Kapitel „ v o n dem Grunde der Unterscheidung
aller Gegenstände überhaupt in Phaenomena und Noumena“ lässt
diese Umformung, die durch die inzwischen erfolgte K r i t i k der
reinen Verstandesbegriffe gefordert war, aufs schärfste hervor‑
treten. Wenn der Verstand einen Gegenstand in einer Beziehung
bloss Phänomen nennt, so macht er sich freilich, ausser dieser
Beziehung, zugleich noch eine Vorstellung von einem Gegenstand
an sich selbst; aber er muss sich hüten, hierbei den ganz unbe‑
s t i m m t e n Begriff von einem Verstandeswesen als einem Etwas
überhaupt ausser unserer Sinnlichkeit für den bestimmten
Begriff von einem Wesen zu halten, welches wir durch den Ver‑
stand auf irgend eine Weise erkennen könnten. Was m i t einer
solchen Vorstellung gewonnen wird, ist nicht ein besonderer
intelligibeler Gegenstand für unseren Verstand, „sondern ein Ver‑
stand, für den es gehörete, ist selbst ein Problema, nämlich nicht
diskursiv durch Kategorien, sondern intuitiv in einer nicht sinn‑
lichen Anschauung seinen Gegenstand zu erkennen, als von
welchem wir uns nicht die geringste Vorstellung seiner Möglich‑
keit machen können“. ( K r. 306f., 311f.) Der Begriff des Noumenon
bedeutet somit nicht die Besonderheit eines Gegenstandes,
sondern die versuchte Absonderung einer bestimmten E r k e n n t n i s ‑
f u n k t i o n . Sollte durch ihn ein wahres, von allen Phänomenen
zu unterscheidendes Objekt gegeben werden, so würde es nicht
genügen, dass ich meinen Gedanken von allen Bedingungen
sinnlicher Anschauung befreie, sondern ich müsste noch überdem
Grund dazu haben, eine andere Art der Anschauung, als die
sinnliche ist, anzunehmen;' wozu mich indesen kein einziges
positives Faktum der Erkenntnis berechtigt. Am Ende ist also

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Phaenomena und Noumena. 808

„die Möglichkeit solcher Noumenorum gar nicht einzusehen, und


der Umfang ausser der Sphäre der Erscheinungen ist (für uns)
leer, d. i. wir haben einen Verstand, der sich problematisch
weiter erstreckt als jene, aber keine Anschauung, ja a u c h n i c h t
e i n m a l den B e g r i f f v o n e i n e r m ö g l i c h e n A n s c h a u u n g ,
wodurch uns ausser dem Felde der Sinnlichkeit Gegenstände
gegeben und der Verstand über dieselbe hinaus’'assertorisch
gebraucht werden könnte. Der Begriff eines Noumenon ist also
bloss ein G r e n z b e g r i ff , u m die Anmassung der Sinnlichkeit
einzuschränken, und also nur von negativem Gebrauche. Er ist
aber gleichwohl nicht willkürlich erdichtet, sondern hängt
m i t der Einschränkung der Sinnlichkeit zusammen, ohne doch
etwas Positives ausser dem Umfange derselben setzen zu können.“
( K r. 310 f.)
\ So werden alle dogmatischen Festsetzungen, die die Disser‑
tation zuvor über die intelligible Welt getroffen hatte, nunmehr
fallen gelassen; während doch die kritische S c h e i d u n g , die sie
vor allem anstrebte und die ihr eigentliches Hauptziel bildete,
aufrecht bleibt. W i r erinnern uns hier an die Bedeutung, die
die Dissertation im Ganzen der Kantischen Gedankenentwicklung
gewann. Sie vermochte zuerst, die scharfe Grenzscheide zwischen
Metaphysik und Wissenschaft zu ziehen, indem sie aus der em‑
pirischen Wissenschaft, aus der Newtonischen Physik selbst, alle
Bestandteile ausschied, die von einer fremden Sphäre her in sie
eingedrungen waren; indem sie der herkömmlichen Vermischung
räumlich-zeitlicher Prädikate m i t „intellektuellen“ Prädikaten
wehrte. Obne diese A b w e h r, ohne die Abweisung des Gottes‑
begriffs, wie des Begriffs des Einfachen von den Schranken der
Naturwissenschaft, war, nach der geschichtlichen Lage des Pro‑
blems, der Umkreis der Erfahrung selbst nicht zu zeichnen und
zu sichern. (Vgl. ob. S. 496 ff.) Die positive Charakteristik des
Erfahrungswissens konnte n u r Schritt für Schritt in der Unter‑
scheidung v o n dem metaphysischen Erkenntnisideal erreicht
werden. In der Kritik der reinen Vernunft weist der „Grenzbe‑
griff“ des Noumenon noch deutlich auf diesen Zusammenhang
zurück: er bestimmt das Gebiet der empirischen Forschung,
indem er es von dem „leeren Raume“ der blossen Verstandeswelt
abhebt. ‑

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604 Die Vernunftkritik.

Wenn indessen der Begriff des absoluten Objekts hier als


eine Schöpfung des blossen, von allen Anschauungsbedingungen
losgelösten Denkens erscheint, so ist doch damit die eigentliche
Hauptfrage noch .nicht gelöst. Denn gerade dies bildet doch
das Problem, wie dem Denken die eigene Setzung als ein i h m
fremdes Gebilde, wie sie i h m unter der Form eines selbständigen,
von aller Beziehung zur Erkenutnis freien, Dinges erscheinen
könne. Die klare kritische Antwort hierauf aber vermag erst
die transscendentale L o g i k zu geben. Das wesentliche Ziel, das
sie verfolgt, besteht darin, die Bedingungen der O b j e k t ‑
setzung ü b e r h a u p t z u verfolgen und deutlich z u machen. W i r
müssen begreifen, was m a n denn unter dem Ausdruck eines
„Gegenstandes der Vorstellungen“ meine und allein meinen
kann, was dieser Ausdruck logisch bedeutet, ehe w i r irgend
eine Theorie über das Verhältnis der Erkenntnis zu ihrem O b ‑
jekt aufstellen können. „Was versteht man denn, wenn man v o n
einem der Erkenntniss correspondirenden, mithin auch davon
unterschiedenen Gegenstande redet? Es ist leicht einzusehen,
dass dieser Gegenstand n u r als etwas überhaupt = x müsse ge‑
dacht werden, weil w i r ausser unserer Erkenntniss doch nichts
haben, welches wir dieser Erkenntniss als correspondirend gegen‑
über setzen könnten. W i r finden aber, dass unser Gedanke v o n
der Beziehung aller Erkenntniss auf ihren Gegenstand etwas v o n
Nothwendigkeit bei sich führe, da nämlich dieser als dasjenige
angesehen wird, was dawider ist, dass unsere Erkenntnisse nicht
aufs Gerathewohl oder beliebig, sondern a priori auf gewisse
Weise bestimmt seien, weil, indem sie sich auf einen Gegenstand
beziehen sollen, sie auch nothwendigerweise in Beziehung a u f
diesen untereinander übereinstimmen d. i. diejenige Einheit haben
müssen, welche der Begriff von einem Gegenstande ausmacht.
Es ist aber klar, dass, da wir es n u r m i t dem Mannigfaltigen
unserer Vorstellungen zu thun haben, und jenes x, was ihnen
correspondirt (der Gegenstand), weil er etwas von unseren Vor‑
stellungen Unterschiedenes sein soll, für uns nichts ist, die Ein‑
heit, welche der Gegenstand nothwendig macht, nichts anderes
sein könne, als die formale Einheit des Bewusstseins in der Syn‑
thesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen* (A. 104 f ) . Jetzt erst
ist die Illusion, die uns z u m „absoluten“ Objekt hinführt, völlig

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D e r „transscendentale Gegenstand“. 605

durchschaut und aufgedeckt: w i r hypostasieren in i h m n u r den


Zusammenhang und die objektive Verknüpfung der Bewusst‑
seinsinhalte überhaupt. Das „Ding an sich“ entsteht als das
Correlat und gleichsam als der „Gegenwurf“ der Funktion der
synthetischen Einheit; es kommt zu stande, indem wir das X,
das in Wahrheit lediglich die Einheit einer begrifflichen Regel
d e r Ve r k n ü p f u n g ist, selbst als einen besonderen sachlichen
Inhalt auffassen und als solchen zu erkennen verlangen. Der
„nichtempirische d. i. transscendentale Gegenstand der Vo r ‑
stellungen=x“ kann von uns freilich nicht mehr angeschaut
werden; aber nicht darum, weil er ein gänzlich unbekanntes, f ü r
sich existierendes Etwas wäre, was sich hinter den Vorstellungen
verbirgt, sondern ‘weil er n u r die F o r m ihrer Einheit bedeutet,
die zu ihnen n u r hinzugedacht wird, nicht aber ausserhalb
ihrer ein gesondertes konkretes Dasein besitzt. Er offenbart sich,
seiner gesamten logischen Wesenheit nach, in der Funktion der
Synthesis, während er freilich, so wenig wie das „stehende und
bleibende Ich“, das ihm entspricht, jemals als ein einzelner In‑
halt „erscheinen® könnte. (Vgl. ob. S. 585.) Das „transscendentale
Objekt“ ist uns somit niemals anders denn als das blosse „Corre‑
latum der Einheit der Apperception zur Einheit des Mannigfaltigen
in der sinnlichen Anschauung“ gegeben. „Es ist also kein Gegen‑
stand der Erkenntniss ap sich selbst, sondern n u r die Vorstellung
der Erscheinungen, unter dem Begriffe eines Gegenstandes über‑
haupt, der durch das Mannigfaltige derselben bestimmbar ist.
Eben um des willen stellen n u n auch die Kategorien kein be‑
sonderes, dem Verstande allein gegebenes Objekt vor, sondern
dienen n u r dazu, das transscendentale Objekt (den Begriff von
Etwas überhaupt) durch das, was in der Sinnlichkeit gegeben
wird, z u bestimmen, u m d a d u r c h E r s c h e i n u n g e n u n t e r Be‑
g r i f f e n v o n Gegenständen empirisch zu e r k e n n e n . “
(A. 250 f) Indem w i r den Verstand gleichsam in Freiheit setzen,
indem w i r i h n lediglich nach den Gesetzen seiner eigenen Natur
und ohne jede fremde einschränkende Bedingung wirksam sein
lassen, entsteht i h m damit der Gedanke vom „Gegenstand über‑
haupt“: denn eben dies ist die spezifische ureigene Leistung des
Denkens, „Gegenständlichkeit“ zu setzen und zu ermöglichen.
Aber diese Leistung kann nicht anders vollzogen werden, als da‑

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606 Die Vernunftkritik.

durch, dass Wa h r n e h m u n g s u r t e i l e z u E r f a h r u n g s u r t e i l e n
b e s t i m m t , also das sinnlich-Mannigfaltige nicht überhaupt ver‑
lassen, sondern n u r unter bestimmte gedankliche Gesichts‑
p u n k t e gefasst und nach ihnen geordnet wird. (S. ob. S.524 ff,
534.) Denken wir diesen Zusammenhang abgebrochen, so bleiben
uns zwar die Hebel der Objektivität zurück, aber es fehlt für sie
jeder Ansatz- und Angriffspunkt. In diesem Sinne kann es, v o m
Standpunkt der synthetischen Erkenntnis, sogar ausgesprochen
werden, „dass die Vorstellung eines Gegenstandes als Dinges über‑
haupt nicht etwa bloss unzureichend, sondern ohne sinnliche
Bestimmung derselben und unabhängig v o n empirischer Be‑
dingung i n sich selbst w i d e r s t r e i t e n d sei, dass m a n also ent‑
weder von allem Gegenstande abstrabiren ( i n der Logik), oder
wenn m a n einen annimmt, ihn unter Bedingungen der sinn‑
lichen Anschauung denken müsse.“ ( K r. 335.)
Sehen w i r uns somit von dieser Seite her wiederum auf die
Grenzen des empirischen Verstandesgebrauchs hingewiesen, so
eröffnet sich doch innerhalb dieses Gebrauchs selbst, sofern
w i r ihn n u r zu durchgängiger Vollendung zu bringen streben,
ein neues Problem, mit dem nunmehr auch der Begriff des „Dinges
an sich“ in eine neue Phase seiner Entwickelung eintritt. Wenn
wir von der Einen gegebenen Erfahrung sprechen, wenn w i r ,
grammatisch ausgedrückt, die Erfahrung z u m Substantivum
machen, so ist hierin bereits eine Voraussetzung enthalten, die
vom kritischen Standpunkte aus bedenklich und zweideutig er‑
scheint. Die Kritik kennt die Erfahrung n u r als einen stetig
fortschreitenden Prozess der Bestimmung, nicht als ein an sich
Bestimmtes, das diesem Prozess von Anfang an vorläge und i h m
unterbreitet wäre. Nur die allgemeinen Regeln, kraft deren
empirische Kenntnisse festgestellt und begründet werden, nicht
der Inhalt und der Inbegriff dieser Kenntnisse selbst, bilden
für sie den Vorwurf der Analyse. Es ist dogmatische Willkür,
diesen Prozess an irgend einem Punkt zum Stehen zu bringen,
und das Ganze der m ö g l i c h e n Erfahrung in der wirklichen
Anschauung von einem Gegenstande umspannen und begreifen
zu wollen. Und dennoch drängt es uns andererseits immer v o n
neuem, die jeweilig e r r e i c h t e Stufe unserer empirischen E r ‑
kenntnis an dem Gedanken des überhaupt Erreichbaren zu messen

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Das Ganse der möglichen Erfahrung. 607

und i h r kraft dieser Vergleichung ihren relativen Wert zu be‑


stimmen. Ohne diese Gegenüberstellung, ohne das Bewusstsein der
Relativität jeder konkreten Einzelphase unseres Erfahrungs‑
wissens, liesse sich keine Einsicht in die allgemeingültige Funk‑
tionsweise der empirischen Erkenntnis gewinnen. Und so gilt es
h i e r eine doppelte Aufgabe zu lösen; so gilt es, den „Gegenstand“
der Erfahrung zu begrenzen, ohne die Grenze selbst als ein be‑
sonderes, i h m gleichartiges Objekt zu denken. Die allgemeine
Grundaufgabe der Kritik wiederholt sich hier in einer neuen Form:
die Grenze muss aus einem D i n g i n eine E r k e n n t n i s verwandelt
werden. Diese Fassung der Aufgabe erscheint sogleich als unum‑
gänglich, sobald w i r auf den Anfangspunkt der Untersuchung
zurückblicken. Die Gegenstände der Erfahrung sind, wie hier
festgestellt wurde, nicht anders als im’ U r t e i l gegeben; ein I n ‑
begriff von U r t e i l e n aber kann seine Vollendung und seine
systematische Abgrenzung n u r in einem Gebilde des Denkens,
nicht in einem Gebilde des Seins finden. Es können auch hier
n u r zwei verschiedene Arten der Geltung, nicht der Existenz sein,
die einander gegenübertreten. Das „Unbedingte“, dessen Begriff
uns entsteht, wenn w i r von den Schranken, die jeder Einzeler‑
fahrung anhaften, abstrahieren, bedeutet nichts anderes als die
Idee der absoluten Vollständigkeit in der Reihe der Bedingungen.
Aber freilich droht dieser Forderungswert der Idee sich für
die naive Anschauung immer v o n neuem in einen eigenen Seins‑
wert zu verwandeln. „Die reine Vernunft hat unter ihren Ideen
nicht besondere Gegenstände, die über das Feld der Erfahrung
hinauslägen, zur Absicht, sondern fordert n u r Vollständigkeit des
Verstandesgebrauchs im Zusammenhange der Erfahrung. Diese
Vollständigkeit aber kann n u r eine Vollständigkeit der P r i n z i p i e n ,
aber nicht der Anschauungen und Gegenstände sein. Gleich‑
wohl, um sich jene bestimmt vorzustellen, denkt sie sich solche
als die Erkenntniss eines Objekts, dessen Erkenntniss in Ansehung
jener Regeln vollständig bestimmt ist, welches Objekt aber n u r
eine Idee ist, um die Verstandeserkenntniss der Vollständigkeit,
die jene Idee bezeichnet, so nahe wie möglich zu bringen.“
(Proleg. $ 44.)
Diese Doppelheit der Betrachtungsweise offenbart sich bereits
in der blossen Setzung desjenigen Begriffs, den alle Metaphysik

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<
808 . Die Vernunftkritik.

wie ein selbstverständliches Faktum zugrunde legt: in der De‑


finition des Weltbegriffs. Wie sehr die einzelnen Richtungen
der Metaphysik in der Form: ihrer Welterklärung auseinander‑
gehen mögen: in dem Einen stimmen sie dennoch überein, dass
es sich bier um ein P r o b l e m handelt, das als solches in ein‑
deutiger Bestimmtheit unmittelbar zu Tage liegt. Die Kritik
trifft daher hier in der Tat auf eine wahrhafte Wurzel der Meta‑
physik, indem sie diese Voraussetzung bestreitet. Was der Welt‑
begriff bedeutet, dies steht so wenig ohne schärfere Analyse fest,
dass in ihm vielmehr die Grundlagen für völlig widerstreitende
Bestimmungen zu finden sind. Je nach der Fassung, die dieser
Begriff erhält, führt er zu völlig entgegengesetzten Prädikaten,
lassen sich von i h m Endlichkeit oder Unendlichkeit, Begrenztheit
oder Unbegrenztheit, zeitlich beschränkte oder ewige Dauer m i t
gleichem formal-logischen Rechte aussagen. Aber der Quell aller
dieser antinomischen Bestimmungen liegt lediglich darin, dass
der Weltbegriff in all diesen Urteilen bereits von seinem eigent‑
.lichen logischen Fundament abgelöst ist. Seine Bedeutung e r ‑
wächst ihm erst im Zusammenhang m i t dem E r f a h r u n g s ‑
b e g r i f f , von dem er nicht abgesondert und dem er nicht a l s
unabhängiges Resultat gegenübergestellt werden kann. Die „ E r ‑
scheinungen“ in der Welt sind nichts anderes als „empirische
Kenntnisse“, können daher n u r unter den Bedingungen aufgefasst
und beurteilt werden, gemäss denen sie uns b e k a n n t werden.
( K r. 527) Wird aber an dieser Forderung sireng festgehalten,
so schwindet alsbald der Schein der Antinomie. Denn was a l s
Bestimmung an den absoluten D i n g e n einander widerstreiten
würde, das kann als Merkmal in der logischen Charakteristik
der Erfahrung durchaus zulässig und vereinbar sein. Die E r ‑
fahrung trägt in der Tat, je nach dem Gesichtspunkt, unter
welchem sie betrachtet wird, für uns die beiden scheinbar e n t ‑
gegengesetzten Züge. Sie ist zugleich e n d l i c h und unendlich:
das Erste, wenn w i r lediglich auf das Ergebnis blicken, das in
i h r jeweilig vorliegt; das zweite, wenn wir die A r t und die Ge‑
setzlichkeit des Fortschritts, in welchem die einzelnen Ergebnisse
allein erreichbar sind, ins Auge fassen.
Somit erhielt auf diesem Boden das Problem eine v ö l l i g
neue systematische Wendung. W i r erkannten es als eine kritische

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Weltbegriff und Erfahrungsbegriff. 609

Grundeinsicht, dass jede Aussage über Existenz eines Exponenten


bedarf, der uns angibt, inbezug auf welches „Vermögen“ der Er‑
kenntnis sie verstanden sein und v o r welchem Forum des U r ‑
t e i l s sie ihre Geltung behaupten will. (S. ob. S. 594.) Je nach der
Wahl dieses Exponenten kann die Behauptung der Existenz einen
verschiedenen Sinn einschliessen. Jetzt lässt sich diese Grund‑
anschauuug an einem konkreten Einzelproblem bewähren. Das
Garze möglicher Erfahrung, das w i r m i t dem Namen „Welt“ be‑
zeichnen, besitzt f ü r uns wahrhaftes Sein, sofern w i r die Idee
dieses Ganzen notwendig brauchen, um dem Einzelnen seine
wahrhafte Stelle anzuweisen und es in durchgängiger, syste‑
matischer Verknüpfung darzustellen; aber es ist uns als „Sein“
nicht „gegeben“, sondern „aufgegeben“, stellt somit gegenüber
dem sinnlich-anschaubaren Gegenstand eine Realität anderer
O r d n u n g dar. Diese Ordnung ist nicht schlechtbin als „sub‑
jektiv“ zu bezeichnen; denn die Vernunft wird zu ihren Ideen
nicht willkürlich, sondern im kontinuierlichen Fortgang der em‑
pirischen Synthesis notwendig geführt, wenn sie das, was nach
Regeln der Erfahrung jederzeit n u r bedingt bestimmt werden kann,
von aller Bedingung befreien und in seiner unbedingten Totalität
fassen will. (Kr. 4%.) Und in diesem Fortgang entstehen der
Vernunft erst die Begriffe der besonderen Gegenstände. Die Regel
des Fortschritts sagt freilich nicht aus, was das Objekt sei, sondern
wie der empirische Regressus anzustellen sei; sie „anticipiert‘“
nicht, was im Objekte vor allem Regressus an sich gegeben ist,
sondern „postuliert“ n u r , was von uns im Regressus geschehen
soll. (Kr. 537 f) Aber damit wird miitelbar zugleich all dasjenige
getroffen und bestimmt, dessen Sein nicht anders als durch den
Prozess der empirischen Schlussfolgerung von uns erreicht und
festgestellt werden kann. Wenn der Grundsatz seiner subjektiven
Bedeutung nach, den grösstmöglichen Verstandesgebrauch in der
Erfahrung zu bestimmen, bewährt werden kann, „so ist es gerade
eben so viel, a l s ob er wie ein Axiom (welches aus reiner Ver‑
nunft unmöglich ist) die Gegenstände an sich selbst a priori be‑
. stimmte; denn auch dieses könnte in Ansehung der Objekte der
Erfahrung keinen grösseren Einfluss auf die Erweiterung und
Berichtigung unserer Erkenntniss haben, als dass es sich in dem
ausgebreitetsten Erfahrungsgebrauche unseres Verstandes t h ä t i g
59

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610 Die Vernunftkritik.

bewiese.* ( K r. 544 f.) Das letzte und höchste Kennzeichen jeder


Wabrheit ist dies, dass sie sich in der Schöpfung n e u e r Erkennt- ;
nisse produktiv erweist; so ist auch umgekehrt, wo i m m e r sich
diese Produktivität geltend macht, für uns die eigentliche For‑
derung der „Wahrheit“ erfüllt. Die „Idee“ sagt n i c h t aus, dası
in den Gegenständen als solchen zu jedem Bedingten e i n e un‑
endliche Reihe von Bedingungen v o r h a n d e n sei, sondern nur.
dass w i r, wie weit w i r auch in der Reihe gekommen sein möger..
immer noch nach einem höheren Gliede, es mag u n s n u n durch
Erfahrung bekannt werden oder nicht, fragen m ü s s e n . ( K r . t t .
Aber die F r a g e selbst ist eine F o r m und ein Spezialfall Je
Urteils; sie bestimmen und in feste Bahnen lenken, heisst da‑
her zugleich das Verfahren sichern, durch welches a l l e i n Ob‑
jektivität gesetzt werden kann. Das Gesetz der Vernunft, die Na‑
tureinbeit zu suchen, ist notwendig, „weil w i r ohne dasselbe
keine Vernunft, ohne diese aber keinen zusammenhängenden Ver‑
standesgebrauch, und in dessen Ermangelung kein zureichendes
Merkmal empirischer Wahrheit haben würden und w i r also in
Ansebung des letzteren die systematische Einheit der Natur durch‑
aus als objektiv gültig und nothwendig voraussetzen müssen.“
( K r. 679.) ‑
Damit aber hat der Gedanke des „Absoluten“ in einem
neuen Sinne eine durchaus p o s i t i v e Bedeutung zurückge‑
wonnen. Was zuvor als ein ewig Unbegriffenes erschien, er‑
scheint jetzt als ein Prinzip des Begreifens, als eine M a x i m e
der e m p i r i s c h e n B e g r i f f s b i l d u n g selbst. Der Gedanke des
„Unbedingten“ darfnicht preisgegeben werden; aber er soll fort‑
an nicht mehr eine S c h r a n k e der Erkenntnis, sondern i h r dau‑
ernd fruchtbares M o t i v bedeuten. Was der Metaphysik als End‑
ziel galt, das vor i h r lag, und das sie doch trotz immer erneuter
Versuche niemals wirklich zu ergreifen und festzuhalten ver‑
mochte, das erweist sich jetzt als die beständige Tr i e b k r a f t der
Erkenntnis, die sie zu immer neuen Ergebnissen spornt. Die ideen
haben „einen vortrefflichen und unentbehrlich nothwendigen re‑
gulativen Gebrauch, nämlich den Verstand zu einem gewissen
Ziele zu richten, in Aussicht auf welches die Richtungslinien aller
seiner Regeln in einem Punkt zusammenlaufen, der, ob er zwar
n u r eine Idee (forus imaginarsus), d. i, ein Punkt ist, aus

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Die Vernunft und ihre regulativen Prinzipien. 61]

welchem die Verstandesbegriffe nicht wirklich ausgehen, indem


er ganz ausserhalb der Grenzen möglicher Erfahrung liegt, den‑
noch dazu dient, ihnen die grösste E i n h e i t neben der
grössten Ausbreitung zu verschaffen. Nun entspringt uns
zwar hieraus die Täuschung, als wenn diese Richtungslinien von
einem Gegenstande selbst, der ausser dem Felde möglicher Er‑
kenntnis läge, ausgeschossen wären (so wie die Objekte hinter
der Spiegelfläche gesehen werden), allein diese Illusion (welche
man doch hindern kann, dass sie nicht betrügt) ist gleichwohl
unentbehrlich nothwendig, wenn w i r ausser den Gegenständen, die
uns vor Augen sind, auch diejenigen zugleich sehen wollen, die
weit davon uns im Rücken liegen, d. i. wenn w i r in unserem
Falle den Verstand über jede gegebene Erfahrung ( d e n Teil der
gesamten möglichen Erfahrung) hinaus, mithin auch zur grösst‑
möglichen und äussersten Erweiterung abrichten wollen.“ (Kr.672f.)
Das „absolute Objekt“, das beständig vor uns zurückwich, wenn
w i r uns ihm mit den Mitteln dogmatischer Erkenntnis zu nähern
trachteten, offenbart sich jeizt als ein Widerschein der Kräfte,
welche die Erfahrung zu einem einbeitlichen Ergebnis bestimmen
und hinlenken. Je weiter w i r nach vorwärts den Dingen zu‑
streben, um so deutlicher treten für uns zuletzt mittelbar die
Bedingungen des Wissens zutage, die uns „ i m Rücken liegen“.
W i r können diese Bedingungen nicht anders anschauen, a l s i n
der Gesamtheit ibrer Ergebnisse; aber w i r werden nicht länger
glauben, sie in ein einzelnes Ergebnis festbannen und in i h m er‑
‚schöpfen zu können.
So verwandeln sich Schritt für Schritt alle dinglichen Be‑
schaffenheiten der „Welt“ in methodische Eigentümlichkeiten der
Erfahrung. Die Frage nach der Quantität der Welt führt in Wahr‑
heit, sofern sie vollständig aufgelöst wird, zu einem neuen Ein‑
blick in die Qualität der Erkenntnis. Die Sinnenwelt hat keine
absolute Grösse, wohl aber hat der empirische Regressus seine
Regel. ( K r. 549.) In dieser Wendung erst gewinnt die „trans‑
zendentale Dialektik“ ihre volle geschichtliche Originalität. Nicht
dies ist die i h r eigentümliche Leistung, dass sie negativ die
Widersprüche der dogmatischen Metaphysik aufdeckt, sondern
dass sie, indem sie diese Widersprüche bis zu ihrer Quelle zu
verfolgen strebt, damit eine neue tiefere Begriffsschicht auf dem
rg®

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612 Die Vernunftkritik,

Grunde der Erfahrung bloss legt. So hat Kant insbesondere dit‑


jenigen Fragen, die er unter dem Namen der „Antinomien* zu‑
sammenfasst, nicht entdeckt, und nicht in die Philosophie ein‑
geführt; sondern sie waren seit den Anfängen der neueren Zeit
von Bayle und Leibniz, von C o l l i e r und P l o u c q u e t bereit
aufs eingehendste diskutiert worden. Der wesentlich n e u e Zus
seiner Lehre aber besteht darin, dass i h m der Widerstreit selbst
zum Anlass und Mittel der positiven Charakteristik d e r reinen
Erkenntnisfunktion wird, aus welcher allein der Begriff u n d d a ,
P r o b l e m der Unendlichkeit hervorgeht. (Vgl. ob. S. 608.)
Ueberblicken w i r nunmehr das Ganze dieser Entwick lungen,
so zeigt es sich, dass der Begriff des „Dinges an sich“, je mehr
er für sich selbst an konkretem Inhalt verliert, gerade dadurch
um so schärfer die F o r m und den Umriss der Erfahrung zu he‑
zeichnen vermag. Dieser Begriff ist in der letzten endgültigen
Bedeutung, die er innerhalb der Sphäre der theoretischen Be‑
trachtung gewinnt, nichts anders als „dasSchema jenes regulativen
Prinzips, wodurch die Vernunft, so viel an i h r ist, systematische
Einheit über alle Erfahrung verbreitet.“ (Kr. 710.) Alle „Realität*
des „transscendentalen Gegenstandes“ geht jetzt in diese reine sym‑
bolische Bedeutung auf. Die Anwendung der Kategorien auf
dieses Schema der Ve r n u n f t ergibt nicht, wie ihre Beziehuns
auf die sinnlichen Schemata, eine Erkenntnis des Gegenstandes
selbst, sondern n u r ein allgemeines Prinzip des Verstandes‑
gebrauchs. ( K r. 693.) So kann ich etwa das Verhältnis von Golt
und Welt, das Verhältnis der Phänomene z u m metaphysischen
Urwesen nicht denken; denn dazu habe ich keine Begriffe, Ja
selbst die Begriffe von Realität, Substanz, Kausalität, ja sogar von
Notwendigkeit alle Bedeutung verlieren, wenn ich mich über
das Feld der Sinne damit hinauswage. „Ich denke m i r n u r die
Relation eines m i r an sich ganz unbekannten Wesens zur grössten
systematischen Einheit des Weltganzen, lediglich um es zum
Schema des regulativen Prinzips des grösstmöglichen empirischen
Gebrauchs meiner Vernunft zu machen.“ (Kr. 707.) Dieses „Ge‑
dankenwesen*, das alle unsere Begriffe übersteigt, obgleich keinem
widerspricht, wird n u r als ein A n a l o g o n von einem wirklichen
Dinge, aber nicht als solches an sich selbst zugrunde gelegt.
„ W i r heben von dem Gegenstande der Idee die Bedingungen auf.

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c
D a s „Ding
Das „Ding an sich" vu.. die
an sich“ die Relativität Erkenntnis.
Relativität der Erkenntnis. 613
618

welche
welche unseren unseren Verstandesbegriff einschränken, einschränken, die aber auch
die aber auch es es
allein möglich
allein möglich machen,machen, dass dass wir von von irgend einem Dinge
irgend einem Dinge einen
einen
bestimmten Begriff
bestimmten a b e n können.
Begriff hhaben können. Und Und nnun u n denken
denken w i r uns
wir uns ein
ein
Etwas, wovon wir,
Etwas, wovon wir, was es an sich selbst sei, gar keinen Begriff
was es an sich selbst sei, gar keinen Begriff
haben, aber
haben, wovon wir
aber wovon wir uns uns dochdoch e e ii nn Ve r h ääll t n i ss s z uu dem
d e m IIn-n‑
b eeggrriiffff ee dder er E Ers s cc hh eeii n u nn gg eenn d eennkkeenn,, das d a s demjenigen
demjenigen
a n a l o g i s c h iist,
analogisch s t , welches d die ie E r s c h e i n u n g e n uunter
Erscheinungen nter e in‑
ein-
aander
n d e r hhaben.“
a b e n . « (Kr. 702.) So
(Kr. 702.) So sehr sehr w wir uns somit auch
i r uns auch ein ein Sein
Sein
frei vvon
frei o n aller Bedingtheit vortäuschen:
aller Bedingtheit vortäuschen: wir projizieren in iihm
wir projizieren hm
dennoch immer
dennoch immer nnur u r eine
eine B e z i e h u n g , die
Beziehung, die zwischen
zwischen unseren unseren
verschiedenen
verschiedenen logischen logischen Funktionen
Funktionen und ihren Ergebnissen
und ihren Ergebnissen be‑ be-
t e h t , nach
ssteht, n a c h aussen.
aussen. In dieser latenten Relation
dieser latenten R e l a t i o n erhält
erhalt das
„„Ding"
D i n g “ erst seine Bedeutung
erst seine Bedeutung und und seine
seine Bestimmung.
Bestimmung. Die Die Idee,
Idee,
die w
die wiri r uns
uns vonvon iihm h m machen,
machen, gilt gilt nnur u r „respektiv
„respektiv auf auf denden Welt‑
Welt-
gebrauch unserer
gebrauch Vernunft“ und
unserer Vernunft" und ist ist in dieser Hinsicht Hinsicht völlig ge‑ ge-
gründet; würden
gründet; würden wir sie dagegen zum
sie dagegen zum objektiven
objektiven Wesen Wesen machen,
machen,
so würden
so würden wir wir iihr h r damit
damit gerade gerade ihre höchste prinzipielle
ihre höchste prinzipielle
Kraft,
Kraft, den empirischen Vernunftgebrauch zu bestimmen, entziehen.
den empirischen Vernunftgebrauch zu bestimmen, entziehen.
(Kr. 726.)
(Kr. 726.) ‑
Je umfassender
Je umfassender somit somit die Anwendung ist,
die Anwendung ist, die wir von von denden
Prinzipien
Prinzipien der der Erkenntnis
Erkenntnis machen, machen, je mehr mehr w wir sie über alle
i r sie alle
bloss
bloss zufälligen Schranken hinaus
zufälligen Sebranken hinaus erweitern,
erweitern, um so so deutlicher
tritt in ihnen
tritt zugleich diejenige
ihnen zugleich diejenige ursprüngliche
ursprüngliche BedingtheitBedingtheit hervor, hervor,
die
die in ihrer notwendigen Beziehung
ihrer notwendigen Beziehung auf auf diedie Möglichkeit
Möglichkeit der Er‑ Er-
fahrung
fahrung entbalten enthalten ist. ist. Die Die Idee Idee des Absoluten selbst
des Absoluten selbst -‐ und und
damit
damit schliesstschliesst sich sich der der Kreis
Kreis der Retrachtung
Betrachtung ‐- ist ist n u r der
nur
Ausdruck
A u s d r u c k und und die schärfste Formulierung
die schärfste Formulierung dieser R eell aattiivvii t äätt
d
der E r k e n n t n i s . In den
e r Erkenntnis. den „metaphysischen
„metaphysischen Anfangsgründen Anfangsgründen der
Naturwissenschaft“ ist
Naturwissenschaft dieser Gedanke
ist dieser Gedanke bei bei der Erörterung des
der Erörterung
Problems des „absoluten
Problems „absoluten Raumes“ Raumes" zu zu seiner klarstenklarsten und und präg‑
präg-
nantesten Fassung
nantesten Fassung gelangt.
gelangt. „Der absolute Raum“ Raum" -‐ so heisst es
so heisst es
hier -‐ - „ist
hier „ist nicht
nicht als als Begriff
Begriff von von einem wirklichen Objekt,
einem wirklichen Objekt, sondern
sondern
als eine
als eine Idee,
Idee, welche
welche zur zur Regel
Regel dienendienen soll, alle Bewegung
soll, alle Bewegung in
ihm
ihm bloss bloss als relativ zu
alsrelativ zu betrachten, nothwendig.«28) Indem
betrachten, nothwendig.“®) Indem wir den den
Phänomenen
Phänomenen die dieForderung
Forderung des desAbsoluten entgegenhalten, erkennen
Absoluten entgegenhalten, erkennen
wwir i r sie damit erst
sie damit vollständig in ihrer
erst vollständig empirischen Bedingtheit.
ihrer empirischen Bedingtheit.
So beleuchtet
So beleuchtet der der Gedanke
Gedanke des „Ding an
des „Ding sich", der uns
an sich“, uns zunächst
über
über alle alle Grenzen
Grenzen der der Erkenntnis hinauszuheben schien,
Erkenntnis hinauszuheben schien, n u rr um um

Dairlndhty Google
Google
Digilized hy
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v14 Die Vernunftkritik.

so schärfer den Umstand, dass all unser Erkennen sich lediglid


i n dem Kreise des Beziehens und E n t g e g e n s e t z e n s bew
Das „Unbedingte*, das w i r der Erscheinung als Maassstab gege:
überstellen, ist keine neue, unabhängige Wesenheit, sondern &
spiegelt n u r diese reine F u n k t i o n der Entgegensetzu:.
selbst wieder, kraft deren allein es für uns Erkenntnis gih.
Auch der Begriff des „ D i n g e s an sich“ gibt n a c h dem Pi‑
tonischen Worte, einen ewigen und unwandelbaren Grundzug de
„Gedanken in u n s “ wieder. (Vgl. Bd. I, S. 75.) Jetzt wird &
daher auch vollkommen deutlich, dass dieser Begriff a u f den ver
schiedenen Stufen der Erkenntnis als ein verschiedener erscheinen
muss; drückt er doch immer n u r in objektiver F a s s u n g dasjeniz?
Ergebnis aus, das in der Analyse der „Subjektivität“ jeweili.
erreicht und festgestellt ist. So kann er zunächst a l s Korrelil
für die „Passivität” der Sinnlichkeit auftreten, um sodann zus
Gegenbild der objektivierenden Funktion des reinen Verstande:
begriffs und schliesslich zum Schema des regulativen Prinzip
der Vernunft zu werden. In diesem Wandel und Fortschril
erst kommt der Gesamtgehalt des Begriffs zur vollkommene
Entfaltung.
Der eigentliche Abschluss dieses gedanklichen Prozesses aber
liegt ausserhalb der Grenzen der blossen theoretischen Betrach‑
tung. Erst die E t h i k ist es, die den eigentlichen Ursprung de
Begriffs des Dinges an sich und das Ziel, auf welches er hinweist
in voller Klarheit heraustreten lässt. Im Gebiete des Sittlichen
werden die neuen „Data“ entdeckt, die zur Konzeption einer rein
„intelligiblen“ Ordnung des Seins berechtigen und auffordern.
W i r haben diesen Zusammenhang bereits in der Entwicklungs
geschichte des Kantischen Denken entstehen schen u n d ibn I
der Bedeutung, die er für das Ganze des Systems gewinnt, ver
folgen können. (S. ob. S. 500 ff.) Hier erst sind die Grenzen der
Erfahrung in der Tat erweitert, nicht indem jenseits ihrer ein
neuer Bereich dinglicher Wirklichkeit sich auftut, sondern indem
ein P r i n z i p d e r B e u r t e i l u n g gefunden ist, das sich i n seine!
allgemeinen Geltung an keine bestimmten empirischen Schranke
bindet. Die „pöbelhafte Berufung auf angeblich widerstreitende
Erfahrung“ muss vor der Strenge und Notwendigkeit, die sich
im autonomen Geseilz der Sittlichkeit ausspricht, verstummen‑

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Die Grundiegung der Ethik. 615

Hier entdeckt sich daber eine Spontaneität, die nicht n u r dazu


dient, die gegebenen Bedingungen der empirischen Anschauung
zu bestimmen, sondern in der wir selbst der Wirklichkeit als
Gesetzgeber gegenübertreten, um dadurch eine neue F o r m des
Seins, das Sein der Persönlichkeit, zu schaften. (Vgl. Kr. 430.)
So ist der Mensch „sich selbst freilich einesteils Phänomen,
anderentheils aber in Ansehung gewisser Vermögen ein bloss in‑
telligibeler Gegenstand, weil die Handlung desselben garnicht zur
Receptivität der Sinnlichkeit gezäblt werden kann.“ Im Gedanken
des Sollens geht die Vernunft nicht der Ordnung der Dinge,
so wie sie sich in der Erscheinung darstellen, nach, „sondern
macht sich m i t völliger Spontaneität eine eigene Ordnung nach
Ideen, in die sie die empirischen Bedingungen hineinpasst, und
nach denen sie sogar Handlungen f ü r nothwendig erklärt, die doch
nicht geschehen sind und vielleicht nicht geschehen werden.“
( K r . 574 f f ) So sind w i r hier in eine neue Sphäre von Bestim‑
mungsgründen eingetreten. Ein Widerstreit gegen die kausale
Betrachtung und Deutung der Erscheinungen aber kann sich
bieraus nicht ergeben, sofern n u r der strenge kritische Sinn des
Kausalprinzips festgehalten wird. Die Ursache bedeutete uns keinen
metaphysischen Zwang, keine geheimnisvolle Macht im Innern
der Dinge selbst, sondern lediglich ein reines logisches Prinzip,
kraft dessen wir den einzelnen Phänomenen ihre objektive
S t e l l e in d e r Z e i t anweisen. Sie ist somit ein gedankliches
Miitel, das Mannigfaltige der Anschauung derart zu ordnen, dass
seine Folge im Nacheinander n u r in einer einzigen, eindeutig be- ‘
stimmten Art aufgefasst werden kann. (Vgl. ob. S. 576 ff.) Dass
ein Ereignis vollkommen kausal bedingt ist, bedeutet uns
somit nichts anderes, als dass seine Stellung in der Zeitreibe
objektiv fixiert ist. Mit dieser Notwendigkeit in der Bestimmung
des Zeitverhältnisses kann die neue Form der „Notwendigkeit“,
v o n der die Ethik spricht, nicht in Widerstreit geraten, weil sie
v o n Anfang an einer gänzlich anderen A r t der Betrachtung an‑
gehört. W i r mögen immerhin wissen, dass zwei Vorgänge n u r
in dieser einen, feststehenden Succession auf einander folgen
konnten, ‐ so ist doch m i t dieser Einsicht über die Ordnung,
die wir ihnen im „Reich der Zwecke“ anweisen, über den Wert,
den w i r ibnen zusprechen, nicht das Mindeste ausgesagt. Die

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616 Die Vernunftkritik.

beiden Urteile liegen gleichsam in einer völlig getrennten Din:


sion; wenn das eine darauf ausgeht, die Ereignisse am F a :
der Einen objektiven Zeit zu verfolgen und aufzureihen, sovi.
das andere die Inhalte, die in dieser festen u n d geschlossen
Abfolge vor uns liegen, auf bestimmte N o r m e n beziehen ır:
ihnen dadurch eine verschiedene R a n g o r d n u n g bestimmen. Y
ist hier in der Tat eine „Beziehung auf eine g a n z andere Ar
v o n Bedingungen“ möglich und erforderlich. (Vgl. Kr. ö
Der Widerspruch zwischen Kausalität und F r e i h e i t wird *&
schlichtet, indem beide als P r i n z i p i e n erkannt u n d in Prinzipie
aufgelöst werden; indem dem logischen Gesetz der Kausalili:
die Regel der sittlichen Beurteilung zur Seite t r i t t . Neben dt
Zusammenfassung der Erscheinungen zur einen, durchgängig x
stimmten E r f a h r u n g der Naturwissenschaft, i s t noch „ein
besondere A r t v o n systematischer E i n h e i t , nämlich di:
moralische, möglich.“ (Kr. 835.) Es ist lediglich der Gesichts
p u n k t der Beurteilung, es ist die verschiedene Richtung,
welcher das Mannigfaltige zur Einheit verknüpft wird, die di
Betrachtung der Ursächlichkeit von der Betrachtung der Freibei
unterscheidet. ‐ \
Die Abgrenzung dieser beiden Gebiete von einander, sowie die
neue systematische Verknüpfung, die sie in Kants Aesthetik e i t
geben, steht indes bereits ausserhalb des Rahmens des reinen Et
kenntnisproblems. Aber der Ausblick auf die neuen Problemt.
der sich hier eröffnet, lässt auch den logischen Grundcharakt®
der kritischen Philosophie noch einmal scharf hervortreten. Dit
kritische Philosophie ist die Pbilosophie der Freiheit. De
Wahrheitswert der Erkenntnis, wie der Inbalt der Sittlichke:
soll nicht auf irgendwelche äussere Instanzen zurückgeführt und
durch Beziehung auf sie begründet werden, sondern aus den
eigenen autonomen Gesetze des Selbstbewusstseins hervorgeht.
Auch die Grenze, die das Wissen sich in seinem Fortgange sed
muss als eine selbstgesetzte Grenze verstanden werden; indem
das Bewusstsein sie anerkennt, fügt es sich damit keinem äuss!
Zwange, sondern begreift und befestigt n u r seine eigene kritische
Machtvollkommenheit. „Intellektuell ist ‐ so definieren die
Reflexionen Kants ‐ „dessen Begriff ein Thun ist.“ (Rell. 8
In den verschiedenen Richtungen des geistigen Tuns entstehe?

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Die Idee der Freiheit. 617

uns die verschiedenen Ordnungen des Seins, entsteht uns das


Gebiet der Natur, wie das der Kunst oder der Sittlichkeit. Die
Auflösung des „Gegebenen“ in die reinen F u n k t i o n e n der Er‑
kenntnis bildet das endgültige Ziel und den Ertrag der kritischen
Lehre.

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Belegstellen und Anmerkungen.

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Zu Buch I V, Cap. I.
Spinoza.
I. D i e Erkennitnislehre des „Kurzen Tr a k t a t s “ .
!) Spinoza, Kurzer Traktat von Gott, dem Menschen und
dessen Glückseligkeit. Uebersetzt und herausgeg. von Christoph
S i g w a r t . Tübingen 1870. Te i l I l , Cap. 22, $ 1 ; vgl. Cap. 24,$ 1 0u . s .
?®) Kurzer Traktat, Teil I I , Cap. 4, x 10.

») Kurzer Traktat, Teil I I , Cap. 16, $ 5; Cap. 15, $ 5.


4 Kurzer Traktat, Teil I I , Cap. 16, $ 4ff.
5) Kurzer Traktat, Teil I I , Cap. 19, $ 13 u. s.
*») Kurzer Traktat, Teil I I , Cap. 19, $ 1 ‐ 6 (vgl. hrz. den
holländ. Text in: Spinoza, Opera quotquot reperta sunt. Rec.
J . van V l o t e n e t J . P. N . Land, 2 vol., Hagae 1882 f , I I , S .340.)
‘) Kurzer Traktat, Te i l I I , Cap. 19, $ 9 - 11 .
*) Kurzer Traktat, Teil I I , Cap. 1 und 2.
®)Ibid. Te i l I I , Cap. 2, 5 2.
ı») Ibid. S. 188.
11) Ibid., Teil I, Cap. 18, x 1, 2, 8.
1?) Dies ist gegenüber der Interpretation zu bemerken, die
Freudentbal (Spinozastudien I, Zisch. für Philos. und philos.
Kritik 1896, Bd. 108, $. 249) von dieser Stelle zu geben ver‑
sucht hat. Vgl. auch die Bemerkungen S i g w a r t s gegen
Trendelenburg (Kurzer Traktat, S. 205, Anm.).
3) Campanella, Universalis Philosophiae seu Metaphysi‑
carım Rerum juxta propria dogmata Partes tres. Parisiis 1638,
fol, Teil III, S. 244f.
ı , C a m p a n e l l a , Metaphysik, Teil I I , S . 78: „Amor, quo
Deum amamus, non est accidentalis, sed essentialis. Nam ideo
nosmelipsos amamus, quia esse amamus: ergo magis amamus

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622 Zu Buch I V , Cap. 1.

esse simpliciter, uam secundum quid; ergo magis amamus Deum


et essentialius . . Nos vero caduci, finitique Potentia, Sapientia
et Essentia: ergo magis amamus Deum, quam nosmetipsos, dum
amamus nosmetipsos, quia quod non sumus nos, sed quod Deus
est amamus. Item id quod nos scimus esi umbra quaedam
entitatis divinae; et gaudemus esse, quod sumus, quia Divinitas
participata talem saporem habet: Divinitas participata est omne
cujusque esse: ergo omne ens seipsum esse amando, magis amat
Deum quam se.“ (Vgl. auch Bd. I, S. 552, Anm. 52.)
15) Mit Campanella stimmt die E r k e n n t n i s l e h r e des
„Kurzen Traktats“ nicht n u r dort überein, wo sie streng an dem
allgemeinen Grundsatz festhält, dass alles Erkennen ein L e i d e n
sei; sondern auch dort, wo sie diesen Grundsatz abschwächt und
modifiziert, indem sie die äusseren Objekte n u r als die „Gelegen‑
heitsursachen“ des Wissens ansieht, die das Urteil der Seele an‑
regen, ohne es von sich aus vollständig zu bestimmen. [S. Kurzer
Traktat T. I I , Cap. 19, $ 15; für Campanella vgl. Bd. I, S. 228 u.
553 (Anm. 62)]. Weitaus deutlicher aber tritt die Gemeinsamkeit
der Grundanschauung zutage, wenn man Campanellas meta‑
pbysische Hauptlehre: die Lehre von den drei „Primalitäten‑
der Macht, der Liebe und der Weisheit zum Ausgangspunkt
nimmt. Da das endliche Sein n u r kraft seines Anteils am Ab‑
soluten besteht und ausserhalb dieses Zusammenhangs keine
selbständige Wirklichkeit besitzt: so müssen sich in ihm alle die
Charaktere des Urwesens unverändert wiederfinden. Wie es die
M a c h t besitzt, sich im Sein zu erhalten, so müssen wir i h m
andererseits ein Wissen zugestehen, in welchem dieser sein
Grundtrieb zu seiner Kenninis gelangt. So gibt es keine ihrer
selbst völlig unbewusste Existenz: die verschiedenen Stufen des
Seins bilden n u r ebensoviele unterschiedene Siufen des Lebens
und der L i e b e zum eigenen Dasein.!) Das Einzelwesen aber
stellt das Absolute immer n u r m i t mannigfachen Einschränkungen
und Verneinungen behaftet dar und bildet somit gleichsam den
Durchgangspunkt, in dem das S e i n und das N i c h t s sich be‑
gegnen. Jede Determination ist ihrer Natur nach Negation.
ı) Campanellu, Metaphysik I I , 8. 39; IL, S. 61, I L , S . 2 u . s
[Bd. I, 8. 546, Anm. 7 u. 8.] Vgl. bes. Spinoza, Ethik. Pars I I , propos.
X I I I , Scholion: „Omnia, quamvis diversis gredibus, animata tamen sunt.“*

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Spinosa. 623

Deopn indem w i r einem Wesen irgendwelche Einzelbestimmung


zusprechen, schliessen w i r damit zugleich eine Unendlichkeit
anderer Bestimmungen von ihm aus, geben i h m somit ein
endliches Sein, um es zugleich m i t einem unendlichen
Nichtsein zu behaften.!) In Gott indessen und in i h m allein
ist dieser Widerstreit gelöst: denn: er trägt das Sein jeglichen
Einzeldinges derart in sich, dass er darüber dasjenige keines an‑
deren verliert und entbebrt. Er ist nicht in der Weise Gott, dass
er nicht zugleich Stein und Holz und Farbe wäre; vielmehr fasst
er alle diese Eigenschaften in sich, wenngleich er in keiner von
ibnen aufgeht. So ist alles Einzelne in i h m enthalten, ohne dass
doch die besonderen Dinge als Te i l e gelten könnten, die seine
Wesenheit konstituieren?); denn wie vermöchte das Unendliche
aus einer Verbindung v o n Teilen hervorzugehen?
1) Metaphysik I I , S. 11f: „Videntur autem nobis res cunctae ex affir‑
matioue et negatione componi, illa quidem finita, haec vero infinita. Affir‑
matio dicit esse, negatio nonesse. Homo quidem est per se et necessario
n o n asinus, n o n bos, n o n lapis, non Deus, non coelum et infinita negatione
eircumdatur ... Cum autem acceperunt esse, (res) non perdiderunt ipsum Nihil
totaliter, quoniam non totum esse acceperunt... Compositio autem entis et
nonentis facit quidem tertium, quod non est ens purum, nec nonens. Non enim
homo est nihil, sed nec prorsus ens: sed est hoc ens aut aliquod ens.“
Der Begriff des „Nicht- Seins“ aber soll hier ‐ wie Campanella be‑
t o n t ( I I , S. 13) ‐ nicht im physischen, sondern im logischen Sinne ver‑
standen werden, nicht als Ausdruck einer realen Potenz, sondern als Ausdruck
der Kategorie der Negation, kraft deren erst die Bestimmung des Endlichen
zustande kommt. Somit kommt dem „Nichts“ keine selbständige Wirklich‑
keit zu, kraft deren es das absolute Sein begrenzen könnte. „Quod vero
est omnino, omnis generis entitates continet et ambit. A n i h i l o v e r o
i p s u m a m b i r i n o n potest. Nihilum enim non e s t neque in mente,
neque extra mentem. ÖOportet ergo sine modo illud esse. E r g o i n fi n i t u m .
E r g o immortale, ut dicebamus et i m m e n s u m . “ Vgl. hierzu bes. die
Worte des „Kurzen Traktata“ (Dialog I, Sigwart S. 25f.): „Wenn w i r die
Natur begrenzen wollen, so müssen w i r sie, was ungereimt ist, m i t dem
N i c h t s begrenzen. Welcher Ungereimtheit w i r entgehen, wenn w i r an‑
nelımen, das sie Eins, ewig, durch sich selbst seiend, unendlich ist.“ (Der
Text nach der Verbesserung von Freudenthal, Spinozastudien I, a. a. O.
S. 276 £.)
2) Metaphysik I I , S. 2; vgl. bes. Kurzer Traktat, Teil I, Cap. 2, 319
und Dialog I. (S. 80ff.) ‐ Vgl. ferner die Unterscheidung von „esse essen‑

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624 Zu Buch I V , Cap. 1.

Das Verhältnis Gottes zu den endlichen Objekten lässt s i c h


demnach, nach Campanella, aın nächsten der Beziehung ver‑
gleichen, die zwischen dem Einen allumfassenden Raume u n d
den begrenzten Einzelkörpern in i h m besteht. Der schrankenlose,
in sich völlig einige und unterschiedslose Raum, der doch die
Grundlage für alle Unterscheidung der Gestalten ist, bildet ‑
zugleich m i t der E r k e n n t n i s des Geistes ‐ das deutlichste
und unmittelbarste Symbol des göttlichen Seins. „Gott wird a l l ‑
gegenwärtig genannt, nicht weil er den Raum körperlich erfüllt,
sondern weil er selbst der Grund des Seins und der Möglichkeit
des Raumes ist. Er ist in den Dingen nicht anders, denn a l s
Tätigkeit; er ist von ihnen nicht örtlich. sondern seiner Natur
nach getrennt, und er unterscheidet sich auch seiner Natur nach
von ihnen n u r insoweit, als sie am Nichtsein teilhaben. Denn
sofern sie sind, ist Gottes Natur jegliche Natur; wie die Gegen‑
stände, nach den Theologen, kraft seiner Güte allein gut sind, so
sind sie kraft seiner Wesenheit allein Wesen.“!)
Am deutlichsten aber treten die verwandten Züge in Spinozas
und Campanellas Pantheismus in der Erörterung des F r e i h e i t s ‑
problems hervor, wenngleich hier Campanella durch theologische
Rücksichten häufig daran gehindert wird, die Konsequenz seiner
Grundansicht rückhaltlos zu ziehen. In dem unendlichen abso‑
luten Wesen Gottes fallen M ö g l i c h k e i t und W i r k l i c h k e i t
unmittelbar in Eins zusammen. Nur unsere abstrakte und u n ‑
vollkommene Betrachtungsweise versucht hier zu scheiden, was
innerlich und der Sache nach identisch ist. Das Sein schlechthin
i s t , was es sein kann; es fasst die Gesamtheit seiner möglichen
Wirkungen in sich, da eszu jeder n u r durch sich selbst bestimmt
und von aussen dazu weder angeregt, noch an ihrem Vollzuge
gehindert werden kann. Und selbst jedes endliche Sein existiert
insofern notwendig, als es, um hier und dort zu bestehen, von
einem anderen Sein bedingt und zu der i h m eigentümlichen
Seinsweise genötigt sein muss. So fällt auch bei i h m das „essc*
mit dem „posse esse“ sachlich durchaus zusammen und kann
tiae“ und „esse existentiae“ in Campanellas Metsphysik ( I I , S 3) m i t den
entsprechenden Bestimmungen in Spinozas „Cogitata metaphysica.“ Teil I,
Cap. 2. ‑
1) Metaphysik I I , S. 156 f.

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Spinosa. 625

n u r in unserer subjektiven Beurteilung, die das Wesen der Dinge


nicht berührt, auseinandergebalten werden. (Vgl. Metaphys. II,
S. 21.) Wenn indessen alles Gescheben von einer feststehenden
und eindeutigen Notwendigkeit beherrscht wird, in der für eine
Wahl kein Raum bleibt, so wird doch durch diese Einsicht die
F r e i h e i t Gottes nicht berührt. Denn die wahrbafte und echte
Freiheit ist nicht der Notwendigkeit, sondern dem Zwange
entgegengesetzt. Gott handelt frei, sofern er nicht fremden Ein‑
flüssen unterworfen ist, sondern lediglich der Notwendigkeit seiner
Natur folgt. In i h m gibt es keine hin- und herschwankende
Freiheit; sondern was er einmal will, das will er für immer, da
alles Zukünftige i h m im Voraus bekannt ist.!) Sagen w i r daher,
dass er zürne, dass er einen einmal gefassten Beschluss bereue
oder abändere, so tragen wir Bestimmungen, die n u r für unseren
endlichen Verstand gelten, in i h n hinein und verfälschen das
reine Bild des Einen schlechthin notwendigen Seins durch anthro‑
pomorphistische Züge. (S. Metaphys. I I , S. 1641.) ‐ Auf weitere
Parallelen, die sich in reichem Maasse darbieten, soll hier nicht
eingegangen werden; die Frage würde eine spezielle Untersuchung
erfordern und verdienen.
1) S.Avenarius, Ueber die beiden ersten Phasen des Spi‑
nozischen Pantheismus und das Verhältnis der zweiten zur dritten
Phase, Lpz. 1868.
1) S. hierüber Freudenthal, Spinozastudien II.. Zeitschrift
f ü r Philosophie und philosophische Kritik. Bd. 109, S. 1ff .
18) Vgl. hierzu Fiorentino, Bernardino Telesio, 2 vol.,
Firenze 1872ff.; I, 311.
9), D i l t h e y, Die Autonomie des Denkens, der konstruktive

1) Vgl. Metaphys, I I , 194f.: „Deus n o n coactione est Deus, sed


necessitate, non illata, sed innata, non involuntaria, sed spontanea et ama‑
bilissima, quoniam est sui esse sempiternitas et immortalitas . . Ergo libera
voluntas consummata fruitur libertate, n o n autem arbitrium liberum ...
Quapropter hac ratione invenimus libertatem meliorem cum necessitate,
«aam cum contingentie, seu mavis cum firmitate, quam cum varietate et
interiorem exteriori . . . Cum ergo Deus s i t ommipotens et omniscius,
libertatem habet non fiuctuantem; ergo quod semel vult, semper vult.“
Vgl. bes. Kurzer Traktat, Teil I, Kap. 4.

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626 Zu Buch I V , Cap. 1.

Rationalismus und der pantheistische Monismus nach i h r e m


Zusammenhang im 17. Jahrhundert. Archiv f. Gesch. d. Philos.
VII, S. 82.

I. D e r Tr a c t a t u s de intellectus emendatione.
. %) Tractatus de intellectus emendatione $ 69-71. (Die Para‑
grapheneinteilung nach der Bruderschen Ausgabe der We r k e
Spinozas, 2 vol., Lips. 1844.)
2!) Tractatus de intellect. emendatione $ 72.
®:) S, Kurzer Traktat, Te i l I I , Cap. 20. Zusatz 3, No. 9. [ b e i
Sigwart S. 126, Anm.] ‐ Dass dieser Zusatz zum „Kurzen Traktat“,
wie mehrere andere, aus der Zeit der Abfassung der Schrift „ ü b e r
die Verbesserung des Verstandes“ stammt, hat Carl G e b h a r d t
wahrscheinlich gemacht. (Spinozas Abhandlung über die Ve r ‑
besserung des Verstandes, Heidelberg 195; s. auch die Einleitung
zur deutschen Ausgabe des Tractatus de intell. emend., Philos.
Bibl. Band 95, Lpz. 1907, S. VIIIf.)
2) E t h i k , Pars II. Definit. 3, Explic.
2) Vgl. die eingehende Darlegung und Erläuterung dieses
Zusammenhangs bei K ü h n e m a n n , Ueber die Grundlagen der
Lehre des Spinoza. (Philosoph. Abhandl., dem Andenken Rudolf
Hayms gewidmet, Halle 1902, S. 203 ff.)
&) Tractatus de intellectus emendatione $ 104, 3 105.
2) Dennoch ist es nicht zutreffend, wenn Kühnemann
(a. a. O. S. 216) urteilt, dass Spinoza m i t diesem Schritt in d i e
Reihe der kritisch-idealistischen Denker einrücke. Denn f ü r
Spinoza bedeutet das „Sein“ keine unendliche Aufgabe, deren
Lösung wir uns in der fortschreitenden Setzung methodischer
Begriffe beständig annähern: sondern es gibt einen schlechthin
höchsten, unabhängigen Begriff, der v o n sich aus zugleich die
Gewähr der unbedingten Existenz seines Gegenstands in sich
enthält und der diese Gewissheit sodann mittelbar auf die abge‑
leiteten Begriffe überträgt. (Näheres hierüber bes. bei Hermann
S c h w a r z , Spinozas Identitätsphilosophie, Philosoph. Abh.,
M. Heinze zum 70. Geburtstag, Berlin 1906.) Die Untersuchung des
I n t e l l e k t s steht daher bei Spinoza allerdings im Mittelpunkt;
aber sie weist n u r die allgemeinen Züge des Rationalismus, nicht

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Spinosa. 627

d i e spezifischen des Kriticismus auf. Spinozas „Intellekt“ ist durch‑


a u s der „intellectus archetypus“ Gottes, nicht der „intellectus
ectypus“ unserer wissenschaftlichen Vernunft.
) S. Tractatus de intell. emendat. $ 55u. 75; „Nobis autem,
si q u a m m i n i m e abstracte procedamus, et a primis elementis,
h o c est a f o n t e et o r i g i n e naturae, quam primum fieri potest,
incipiamus, nullo modo talis deceptio erit metuenda.*
28) De intellect. emendat. $ 95 u. 96.
2) De intellect. emendat. $ 99: „Unde possumus videre,
apprime nobis esse necessarium, ut semper a rebus physicis sive
ab entibus realibus omnes nostras ideas deducamus, progrediendo,
quoad ejus fieri potest, secundum seriem causarum ab u n o ente
reali ad aliud ens reale, et ita quidem, ut ad abstracta et univer‑
versalia non transeamus, sive ut ab iis aliquid reale non conclu‑
damus, sive ut ea ab aliquo reali non concludantur. Utrumque
enim verum progressum intellectus interrumpit.“
%)De intellect. emendat. $ 91.
31) De intell. emendat. $ 85: „ A t ideam veram simplicem
esse ostendimus aut ex simplicibus compositam, et quae ostendit,
quomodo et cur aliquid sit aut factum sit, et quod ipsius effectus
objectivi in anima procedunt ad rationem formalitatis ipsius
objecti; id quod idem est, ac veteres dixerunt, nempe veram
scientiam procedere a causa ad effectus; n i s i quod n u n q u a m ,
q u o d sciam, conceperunt, u t i n o s h i c , animam secundum
c e r t a s l e g e s a g e n t e me t q u a s i a l i q u o d a u t o m a t u m
spirituale.“
») Unhaltbar ist daher die Ansicht, die Richard W a h l e
(Ueber die geometrische Methode des Spinoza, Sitzungsberichte
der K. Akad. d. Wissensch. zu Wien, Philos. histor. Klasse, Bd.
116 [1888]) über die Gründe entwickelt hat, die Spinoza zur An‑
wendung der mathematischen Methode bestimmt haben. Was
Spinoza zur Geometrie hinzieht, ist nach Wahle der Um‑
stand, dass sie nicht nach der Ursache ihrer Objekte fragt,
sondern diese Objekte selbst, wie sie sie in der An‑
schauung findet, darstellt und beschreibt. Damit werde sie
zum Vorbild der „phänomenalistischen* und „positivistischen“
Betrachtungsweise, die die realen Dinge, obne nach ihren Gründen
zu forschen, als gegeben hinnimmt, und sie lediglich in geord‑
40%

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628 Zu Buch I V, Cap. ı.

neter Folge darzustellen sucht. F ü r die Entscheidung d e r


historischen Frage aber kommt es nicht darauf an, wie der Ge‑
schichtsschreiber und Kritiker das geometrische Verfahren auf‑
fasst, sondern wie Spinoza es aufgefasst und beurteilt hat. U n d
bier gilt genau das Umgekehrte: er sucht den Begriff der „ U r ‑
sache“ so wenig auszuschalten, dass er i b n vielmehr in d i e
Methodenlehre der Geometrie selbst einführt. Die Geometrie i s t
i h m nicht im positivistischen Sinne das Ideal der einfachen „Be‑
schreibung“ anschaulich gewisser Tatsachen, sondern das Ideal
der durchgängigen Begründung und Ableitung. Wenn er den
Begriff der Ursache völlig in den der gesetzlichen Folge auflöst,
sogeschieht esnicht, um lediglich „tatsächliche“ Faktoren zurück‑
zubebalten, sondern um alles Tatsächliche rein in L o g i s c h e s
und R a t i o n a l e s zu verwandeln. Zwischen Spinoza und H u m e ,
die Wahle merkwürdiger Weise zusammenstellt, besteht daher
von den ersten Anfängen der Problemstellung an der ausge‑
sprochenste Antagonismus. (Vgl. bes. Spinozas Urteil über den
Wert der E r f a h r u n g : Epist. 28.)
38) S. Tractatus de intellectus emendatione $ 19‐24.
») „Intellectus res non tam sub duratione, quam sub quadam
specie aeternitatis percipit et numero infinito, vel potius ad res
percipiendas nec ad numerum, nec ad «durationem attendit.*“ De
intell. emend. $ 108.
s) De intell. emend. $ 100.
s) S. S i g w a r t , Spinozas neuentdeckter Traktat von Gott,
dem Menschen und dessen Glückseligkeit, Gotba 1866, S. 157f; ‑
P o l l o c k , Spinoza, his life and philosophy, London 1880; u. s.
#7) Kurzer Traktat, Teil I, Cap. 9, $ 1 . Vgl. Gebhardt,
Philos. Bibl. 95. S. 187. ,
*
3) Cogitata Metaphysica, Cap. I X , $ 2.
#) „Plerique qui de affectibus et hominum vivendi ratione
scripserunt videntur non de rebus naturalibus, quae communes
naturae leges sequuntur, sed de rebus, quae extra naturam sunl,
agere: i m o hominem in natura, veluti imperium in imperio con‑
cipere v i d e n t u r. . . . Sed nihil i n natura fit, quod ipsius vitio
possit tribui; est namque n a t u r a sermper eadem, atque adeo
u n a eademque e t i a m debet esse r a t i o r e r u m q u a l i u m ‑

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Spinosa. 629

c u n q u e n a t u r a m i n t e l l i g e n d i , nempe per leges e t regulas


naturae universales.“ Ethik, P. III, Praefatio.
40) De intell. emendat. %9.
11) Hobbes, E l e m e n t o r u m Sectio secunda:
. Philosophiae
De homine. Cap. X, $ 5. ‐ Näheres über Hobbes’ Lehre von
der Definition und seine allgemeine Begriffsbestimmung des
Wissens, s. Buch V, Cap. 2.
4) Hobbes, De Corpore (zuerst: London 1655),P. I, Cap. I, 31.
#3) Hobbes, De Corpore, P. I, Cap. VI, $ 6; De homine,
Cap. XI und X I .
4) Der Zusammenhang, der zwischen dem Tract. de intell.
emendat. und den methodischen Schriften Bacons besteht, ist
häufig hervorgehoben worden (S. S i g w a r t , Spinozas neuent‑
deckter Traktat S. 157 u. Gebhardt a.a.O.) Die Beziehung auf
Bacon ist jedoch bei Spinoza stets durchaus polemischer Natur,
während er in den positiven Grundzügen seiner Methodenlehre
nicht m i t i h m , sondern m i t seinem rationalistischen Kritiker,
m i t Hobbes übereinstimmt.
#5) Vgl. bes. Hobbes, De homine, Cap. X, $ 5.
4) De Corpore, P. I, Cap. VL s t u . 5.
“),A.a. 0,819.
+) Zu den „Universalia“ des Hobbes, „quae omni materiae
insunt“* (De Corpore P. I, Cap. 6, $ 4 u. 13) vgl. bes. Spinoza,
E t h i k IH, Propos. 38: „ I l a quae omnibus communia quaeque
aeque in parte ac in toto sunt, non possunt concipi nisi adae‑
quate.“ Vgl. a. Eth. I l l , Lemma 2,
“) Wenn Spinoza im Tract. de intellect. emend. den Satz
der „Alten“ „dass die wahre Wissenschaft von der Ursache zu
den Wirkungen fortschreite* aufnimmt und verteidigt. (vgl. ob.
Anm. 31), so erblickt G e b h a r d t hierin eine Reaktion gegen die
Polemik, die B a c o n gegen Aristoteles gerichtet hatte. (Philos.
Bibl., Bd. 95, S. 186). Diese Auffassung 1rifft indessen nicht z u :
denn gerade in dem Satze, dass die höchste Erkenntnis die Er‑
kenntnis des Einzelnen aus seiner „Form“ oder „Ursache“ sei,
stimmt Bacon m i t Aristoteles überein. (S. hierüber Buch V,
Cap. 1.) Näher liegt es auch hier, an die Definition des Wissens
zu denken, die Hobbes, im Anschluss an Aristoteles, gegeben
hatte: „Scientia <s5 3: sive causarum est; alia cognitio quae

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630 Zu Buck I V , Cap. 1.

od su dieitur sensio est vel a sensione remanens imaginatio sis


memoria.“ (De Corp. I, 6. $ 1.)
»\) Wenn K ü h n e m a n n in seiner Darstellung d e r Spinor‑
stischen Methodenlehre m i t Recht immer v o n n e u e m auf dies:
Beispiel zurückgreift u n d zu zeigen sucht, „ w i e t i e f bis in die
innersten Fragen des Spinozismus hinein gerade v o n diesen
Kugelbeispiel aus das Verständnis gewonnen w i r d “ (S. 219 Anm.
‐ s o liefert e r dadurch m i t t e l b a r einen Beweis f ü r die ent‑
scheidende Bedeutung, die die logischen Grundgedanken de
Hobbes für Spinoza gewonnen haben. Denn gerade diese
Beispiel ist es, das Spinoza v o n Hobbes nicht etwa n u r äusserlich.
sondern seinen innersten prinzipiellen Motiven nach übernomme:
hat. (Vgl. die folg. Anm.)
sı) H o b b e s , Examinatio et Emendatio Mathematicae ho
diernae, qualis explicatur in libris Johannis Wallisii . ., distribula
in sex Dialogos. Dialogus II (gegen Ende): „Sequitur ergo c0&
nitionem causae contineri debere in Definitione . . Itaque optimt
definiunt i l l i qui generationem rei in Definitione explicant .‑
Saltem dicere debuit Euclides Sphaeram esse Solidum quale fil
potius quam quod fi t ex circumductione Semicirculi. Nulla
e n i m est sphaera quae p e r circumductionem f a c t a est2
n a t u r a . Qui Figuras definiunt, Ideas, quae in animo sunt, nON
ipsa corpora respiciunt; et ex iis quae imaginantur fi e r i dedu‑
cunt proprietates factorum similium, a quocunque et quomodo‑
cunque facta sunt.* ‐ Vgl. hiermit Spinoza, De intell. emend.
$ 71£.: „Id quod formam verae cogitationis constituit, in jps
eadem cogitatione est quaerendum, et ab intellectus natura de
ducendum ... Ex. gr. ad formandum conceptum globi finge
ad libitum causam, nempe semicirculum circa centrum rotarl,
et ex rotatione globum quasi oriri. Haec sane idea vera est el
quamvis sciamus n u l l u m in n a t u r a g l o b u m s i c unquam
o r t u m fuisse, est haec tamen v e r a perceptio et facillimus
modus formandi globi conceptum.“ ‐ Hobbes’ Sechs Dialogt
sind ‐ wie sich aus der Widmung. die ihnen vorausgesetz
ist, ergibt ‐ im Juli 1660 erschienen; Spinoza mochte also noch
unter dem frischen Eindruck dieser Schrift stehen, als er, im
Jahre 1661, an die Abfassung des Tractat. de intell. emendat
heranging. (Ueber die Entstehungszeit des Traktats s. Freuden

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zz
Spinosa. 631

t h a l , Spinoza, Sein Leben und seine Lehre. Stuttg. 1904. I, 107


u n d Gebhardt [Philos. Bibl. 95] S. VI f.)
»)$S. „Kurzer Traktat* Teil I, Cap. 7, $ 9 u. 10; es ist
charakteristisch, dass in dieser Schrift, die v o r die Einwirkung
d e s Hobbes fällt, die Lehre von der genetischen Definition noch
fehlt. ‐
») T ö n n i e s ‐ der die Bedeutung, die Hobbes’ Lehre für
Spinoza besitzt, ebenfalls auf die Staatslehre einschränkt ‑
s u c h t den Nachweis zu führen, dass die entscheidende Einwirkung
d e s Hobbes erst in die Zeit nach 1665 zu setzen ist. Seine Argu‑
mente aber sind ‐ ganz abgesehen von den Beweisgründen, die
s i c h aus der Betrachtung des Tract. de intell. emend. ergeben ‑
in sich selbst nicht stichhaltig. T. stützt sich auf die Stelle in
einem Briefe v o m 13. März 1665, in der Spinoza den Begrift der
G e r e c h t i g k e i t z u erklären unternimmt. „Gerecht* ist danach,
w e r beständig darauf bedacht ist, dass jeder das Seinige besitze:
ein Streben, das sich als notwendige Folge aus der klaren Idee
des eigenen Selbst und aus der Erkenntnis Gottes ergebe (Epist. 36,
No. 9). Hier wird also ‐ wie T. weiter folgert ‐ die Gerechtig‑
keit als eine natürliche Tugend des Individuums angesehen,
während die Ethik ‐ in Uebereinstimmung m i t Hobbes und
unter seinem Einfluss ‐ das Umgekehrte lehre: erst die Tat‑
sache eines sozialen Z u s t a n d e s , nicht die eines individuellen
Erkenntnistriebes begründe nach i h r den Begriff der Gerechtig‑
keit. (Eth. I V, prop. 37, Schol. 2). ( T ö n n i e s , Studie z u r Ent‑
wicklungsgeschichte des Spinoza. Vierteljahrsschr. f. wiss.
Philos. VII, 1883.) Der scharfe systematische Gegensatz, der bier
vorausgesetzt wird, lässt sich indessen nicht aufrecht erhalten:
denn auch der Tractatus theologico-politicus, der, nach Tönnies
selbst, bereits den deutlichen Einfluss v o n Hobbes’ Staatstheorie
erkennen lässt, wiederholt noch durchaus die frühere Erklärung
des Briefes v o n 1665. (S. Tractat. theol. polit. Cap. I V, x 7.) Offen‑
bar sind für Spinoza selbst die beiden Definitionen durchaus ver‑
einbar; die Gerechtigkeit im engeren Sinne bezeichnet eine spe‑
zifisch politische Tugend, während sie, im weiteren Sinne, für
die Sittlichkeit überhaupt steht, die, nach der durchgängig fest‑
gehaltenen Grundanschauung Spinozas, aus der Erkenntnis und
Liebe Gottes hervorgeht.

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<
632 Zu Buch I V , Cap. T.

») Hobbes, De corpore P. I, Cap. 1, $ 8 (vgl. Buch V,


Cap. 2).
5) Hobbes, De corpore P. I, Cap. III,s 8; Leviathan Pars I,
Cap. IV; in bewusstem Gegensatze hierzu: Spinoza, De i n t e l l .
emend. $ 59, 60.
56) „Si res sit in se, sive, ut vulgo dicitur, causa sui, t u m
per solam suam essentiam debebit intelligi; si vero res non sit in
se, sed requirat causam, ut existat, tum per proximam s u a m
causam debet intelligi.“ Tr. de intell. emend. $ 92; vgl. 3 97.

III. Der B e g r i f f der Substanz. ‐ D i e Metaphysik.


5’) $. hrz. bes. Ethik, Pars I, Propos. 28.
5) De intell. emendat. $ 13.
5) Vgl. bes. Cogitata Metaphysica, P. IH, Cap. 10, 3 5.
60) Tractatus Theologico-Politicus Cap. I I , $ 7 u. 8.
6) „Si quid igitur in natura fieret, quod ex ipsius legibus
non sequeretur, id necessario ordini, quem Deus in aeternum
per leges naturae universales in natura statuit, repugnaret, ad‑
eoque id contra naturam ejusque leges esset, et consequenter
ejus fides n o s d e o m n i b u s d u b i t a r e faceret e t a d a t h e i s ‑
m u m duceret“. Tractat. theologico-polit. Cap. V I $, 28.
2) Vgl. bes. Ethik I, Propos. 33, Demonstr.: „Si itaque res
alterius naturae potuissent esse, vel alio modo ad operandum
determinari, ut n a t u r a e ordo a l i u s esset, e r g o D e i e t i a m
n a t u r a a l i a posset esse, q u a m j a m est.“
#8) Cogitata Metaphys. P. I, Cap. I, $ 4; Cap. VHx 1; P. I,
Cap. 10, 3 5; Ethik P. II, Propos. 40, Schol. 1.
4) Trendelenburg, Geschichte der Kategorienlehre, Berlin
1846, S. 53.
65) Cogitata Metaphys. P. I, Cap. VI, x 2.
#6) Epist. 50 (2. Juni 1674); $2 u. 3.
#) Kurzer Traktat, Dialog I l , s 4 ‐ 9 ; Ethik P. I, Propos.
15, Schol.
6) Kuno Fischer, Gesch. der neueren Philosophie # II,
383. ‐ S. gegen diese Darstellung die Einwände Trendelen‑
burgs (Histor. Beiträge zur Philosophie, Berlin 1867, I I I 367 ff .

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<
Spinoza. 633

u n d von W i n d e l b a n d (Geschichte der neueren Philosophie 8 I,


216 ff.): „Der Begriff der Kraft e x i s t i e r t f ü r Spinoza n i c h t . “
6) Cogitat. Metaphys. P. II, Cap. VI, 3 1; übers. von Buchc‑
n a u (Philos. Bibl. Bd. 94) S. 139.
”) $. R a o u l R i c h t e r, Der Willensbegriff in der Lehre
Spinozas. Leipziger Habilitationsschrift. 1898; S. 76 f,; vgl.
S. % und 109.
" ı ) R .R i c h t e r, a . a . O . S .8 6 ff; S . 127 £ .
”, Vgl. z. B. Camerer, Die Lehre Spinozas. Stuttgart
1877, S. 9.
s, Vgl. den Beweis des Satzes ( E t h i k P. I I . Propos. 7, De‑
monstr.), der lediglich auf das vierte „Axiom“ des ersten Teils:
„Effectus cognitio a cognitione causae dependet et eandem in‑
volvit“ zurück weist.
a) Vgl. E t h i k , P, I, Def. 3 u. 4; P. I I , Propos. 7, Schol: „Cir‑
eulus in natura existens et idea circuli existentis, quae etiam in
Deo est, una eademque est res. quae per diversa attributa expli‑
catur. Et ideo sive naturam sub attributo extensionis, sive sub
attributo cogitationis, sive sub alio quocumque concipiamus,
u n u m eundemque o r d i n e m sive u n a m eandemque c a u ‑
s a r u m connexionem, h o c est, easdem res invicem sequi
reperiemus.“
5) Vgl. hrz. Tschirnhausens Briefe an Spinoza, Epist. 65 u. 67.
s, S i g w a r t , Spinozas neuentdeckter Traktat S. 39 u. 41.
”) E t h i k , P. 1, Propos. 10, Schol.; vgl. bes. Epist. 27: „Per
substantiam intelligo id, quod in se est et per se concipitur, hoc
est, cujus conceptus n o n involvit conceptum alterius rei. Idem
per attributum intelligo, n i s i q u o d a t t r i b u t u m d i c a t u r r e ‑
spectu i n t e l l e c t u s substantiae c e r t a m t a l e m n a t u r a m
tribuentis.*
’ s ) Kurzer Traktat, Teil I, Cap. 1, Anmerk. 3 (SigwartS. 9ı.
”) Epist. 28 ( a n Simon de Vries).
») Zum Folgenden vgl. Pollock, Spinoza $. 173 ff.
&ı), Vgl. hrz. Camerer a . a . O . S .5 3 ff. u . Kuno F i s c h e r,
a. a. O. S. 480 ff.
e?) Ethik P. I I , Propos 21, Schol.
#) Cogitata Metaphysica P. I, Cap. V.

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Zu
Zu Buch
Buch IIV Cap. 2.
, Cap.
V, 2.
Leibniz.*)
Leibniz.*)
t) S. Nouveaux
1) S. Nouveaux Essais l'Entendement humain,
Essais sur l’Entendement humain, Buch Buch IIV, V,
Cap. 1, $ 1 (Gerh. V, 347): „ O n
Cap. 1, $ 1 (Gerb. V, 347): „Onpeut dire qu' une peut dire qu’ une connoissauce
connoissance
intuitive est
intuitive comprise dans
est comprise dans les définitions lorsque
les definitions lorsque leur leur possibilite
possibilité
paroist d’abord. Et
paroist d'abord. Et de cette maniere
de cette manière toutes les définitions adc‑
les definitions adé-
quates contiennent des
quates vérités primitives
des verites primitives de raison et
de raison et par
par con‑
con-
sequent des connoissances
séquent connoissances intuitives.“
intuitives.« Vgl. Gerh. VH,
bes. Gerh.
Vgl. bes. VII, 310:
310:
„Definitio
.Definitio realis est ex
realis est ex qua qua constat definitum esse
constat definitum esse possibile
possibile
nec implicare contradictionem
nec implicare contradictionem . .• . Itaque definitiones causales
Itaque definitiones causales
quae generationem
quae generationem rei rei continent,
continent, reales quoque sunt; ideas
reales quoque ideas
quoque
quoque rerumrerum mon cogitamus, nisi
non cogitamus, nisi quatenus
quatenus earumearum possibilitatem
possibilitatem
intuemur.“ (Specimen inventorum
intuemur.» (Specimen de admirandis
i n v e n t o r u m de naturae Gene‑
a d m i r a n d i s naturae Gene-
ralis
ralis arcanis.)
arcanis.) ,
§%), „Introductio ad
) „Introductio ad Encyclopaediam
Encyclopaediam arcanam Initia et
a r c a n a m sive Initia et
Specimina Scientiae
Specimina Generalis etc.“,
Scientiae Generalis Opusc. S.
etc.", Opusc. 513. ‐ F
S. 513. F üü rr die
die

**)) IInn den


den Citaten werden folgende
Citaten werden folgende AAbkürzungen
b k ü r z u n g e n gebraucht:
gebraucht:
Gerh. ‐ :- Die
Gerh. philosophischen Schriften
Die philosophischen Schriften vonvon G, G. W. Leibniz. Heraus‑
W. Leibniz. Herans-
gegeben von
gegeben von C. . JJ.. Gerhardt. Bände. Berlin
G e r h a r d t . 7 Bünde. Berlin 1875-%.
1875-90. "
M a t h . =. Leibnizens
Math. Schriften. Hg.
mathematische Schriften.
Leihnizens mathematische von ©.
Hg. von O. J. G erhardt.
Gerhardt.
7
7 Bünde.
Bände. Berlin 184868.
Berlin 1848--68.
Opusc. -- _ Opuscules
Opuse. Opuscales et fragments insdits inédits de Leibniz. Extreits
de Leibniz. Extraits des
msnuscrits de
manuscrits de la Bibliotheque
Bibliothèque royaleroyale de Hannover. Par
de Hannover. Par Lonis
Louis
Couturat. Paris
Couturat. 1908.
Paris 1903.
Hauptschr. ---
Hauptschr. -: GG.. W.
W. Leibniz,
Leibniz, Hauptschriften
Hauptschriften zur zur Grundlegung
Grundlegung der
Philosophie,
Philosophie, Ubers. übers. von r t u r Buchenau,
von AArtur Buchenau, herausgegeben
herausgegeben vonvon Ernst
Ernst
a s s i r e r , 2 B.
Cassirer.
C B. Lpz.
Lpz. 1904-06. (Philosoph. Bible
1904-06. (Philosoph. Bd. 107.
Bible Bd. 107. u.
m
. 108.)
108.)
Leibo.
L e i b n . Syst.
Syst. . _.. Leibniz' System in
Leibniz’ System in seinen
seinen wissenschaftlichen
wissenscheftlichen Grund‑
Grand-
lagen.
lagen. Von Von Ernst Cassirer. Marburg
Ernst Cassirer. Marburg 1902.
1902.

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<
Leibniz. 6835

frühe Abfassung dieses Fragments spricht, ausser den Beziehungen


z u r Spinozistischen Methodenlehre, der Umstand, dass die Te r ‑
m i n o l o g i e hier noch nicht völlig fixiert ist: der „mögliche“
Begriff wird als „conceptus aptus“ dem „conceptus ineptus“ ent‑
gegengesetzt, während die (später allein übliche) Bezeichnung als
„conceptus realis“, die L. anfänglich gebraucht hatte, durch‑
strichen ist.
®)De Organo sive Arte Magna cogitandi, Opusc. S. 429 ff. ‑
Auch dieses Fragment gehört wahrscheinlich der ersten Periode
von Leibniz’ Philosophie, jedenfalls aber der Zeit vor d. J. 1686
an. ‐ (S. hierüber die Bemerkung Couturats, a. a. O. S. 430
Anm. 1.)
t) „An vero unquam ab hominibus perfecta institui possit
analysis notionum, sive a n a d p r i m a p o s s i b i l i a a c notiones
irresolubiles, sive (quod eodem redit) ipsa absoluta A t t r i b u t a
D e i , nempe causas primas atque ultimam rerum rationem
cogitationes suas reducere possint, nunc quidem definire non
ausim.“ Gerh. I V, 425 ( - - Hauptschr. I, 27.)
>) Opusc. $. 401.

I.
°), $. die Vorrede zu Leibniz’ Ausgabe des Nizolius. Gerh.
I V, 160 ff.
?) „ Quant A la Metaphysique, je pretends d’y donner des
demonstrations Geometriques ne supposant presqüe que deux
verites primitives, savoir en premier lieu le principe de con‑
tradiction ..... et en deuxi&me lieu, que rien n’ est sans raison, ,
ou que toute v e r i t a sa preuve a p r i o r i tiree de la notion des Pa
termes, quoyqu’ il ne soit pas toujours en notre pouvoir de
parvenir ä cette analyse.“ An Arnauld (14. Juli 1686.); Gerh. II, 62;
vgl. bes. Opusc. S$. 402, 513 u. s. ‑
Hat somit jede Wahrheit ihren „apriorischen“ Beweis, so
wird sie damit dennoch nicht zu einem 'analytischen Urteil im
Sinne Kants: denn wenngleich in jedem wahren Satze das Prä‑
dikat im Subjekt „eingeschlossen“ ist, so beruht doch die „Mög‑
lichkeit“ des Subjekts selbst auf seiner „genetischen Definition“
also, Kantisch gesprochen, auf einem Akte der r e i n e n i n t e l l e k ‑

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<
636 Zu Buch I V , Cap. 2.

t u e l l e n Synthesis. Die Einwände, die C o u t u r a t gegen diese


Auffassung erhoben hat (Le systeme de Leibniz d’ apres M.
Cassirer, Revue de Metaphys. et de Mor., Januar 1983, bes. S. %)
beruhen nicht sowohl auf einer abweichenden Ansicht v o n
L e i b n i z ’ Lehre, als auf dem Umstand, dass e r den K a n t i s c h e n
Gegensatz des „Analytischen“ und „Synthetischen“ zu eng gefasst
hat. (Näheres hierüber in m. Aufsatz „Kant und die moderne
Mathematik“ Kant-Studien XI, 1. Februar 1907.)
8, Nouveaux Essais I, 1; Gerh. V, 76.
®)Nouveaux Essais I, 1, 21 (vgl. hier den Text in Erdmanns
Ausgabe der „Opera philosophica“ (Berol. 1840) S. 211, dem gegen‑
über der Text bei Gerhardt vielfache Lücken aufweist).
1») Nouveaux Essais I V, 12, x 3; Gerh. V, 430.
ı ı ) Echantillon de Reflexions sur le I. Livre de l’Essay de
l’Entendement de l’homme (1698). Gerh. V, 21.
!2) Gerh. VII, 61 £.
is) Gerh. IV. 422 ff. ( = Hauptschr. I, 22 ff.)

U.
14) I c h versuche diese Auffassung, die ich früher bereits aus‑
gesprochen habe, ( s . Leibn. Syst., Teil I V ) hier nochmals im
einzelnen durchzuführen und zu begründen. So sehr ich m i t
C o u t u r a t darin übereinstimme, dass die Logik den formalen
G r u n d r i s s gebildet hat, nach welchem der Aufbau des Systems
. unternommen wurde, so sehr ist andererseits zu betonen, dass
das M a t e r i a l für diesen Aufbau aus der Betrachtung der „realen“
Wissenschaften, insbesondere aus den Problemen, die die neue
Analysis darbot, gewonnen worden ist. Erst aus der Wechsel‑
wirkung dieser beiden Motive erklärt sich die allmähliche Ent‑
stehung der Leibnizischen Philosophie.
15) Gerh. VII, 184 (Hauptschr. I, 30).
1) De Arte Combinatoria (1666) Usus Probl. I et I I ;
Gerh. I V, 44.
11) De Arte Combinatoria, Gerh. IV, 56.
!») Gerh. VII, 186 (Hauptschr. I, 32).
ıs) Näheres hierüber s. „Leibn. Syst.“ S. 139.

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<
Leibniz. 687

®v) „Initia rerum Matbematicarum metaphysica“ Math. VII,


23; vgl. Matheseos Universalis pars prior: Math. VII, 57, Opusc.
S. 349; an des Bosses (17. März 1706) Gerh. I I , 304 u. s.
21), Schreiben an Gabriel Wagner (1696); Gerh. VII, 519‐22.
®) An Huyghens (1679), Math. I I , 30; Characteristica Geo‑
metrica (10. August 1679) $ 5, Math. V, 143; Opuse. S. 542 u. s.
») De Analysi Situs, Math. V, 178 (Hauptschr. I, 69) u. s.
2?) Specimen Geometriae Luciferae, Math. VII, 263; De ortu
progressu et natura Algebrae, Math. VII, 207 u. s.
5) Specimen Geometriae Luciferae Math. VII, 262.
26) Math. VII, 355.
®) S. hierüber Leibniz’ System, Cap. I l l ; sowie Couturat,
La logique deLeibniz, Paris 1901, Cap. 9.
»») Nouveaux Essais, II, 29, $ 13; Gerh. V, 243,
:) De Analysi situs, Math. V, 182 f.
w) „Ac proinde illa actio qua mobile ex una sphaera in
aliam contiguam transfertur, seu qua efficitur, ut mobile quod
uno momento fuit in una sphaera, proxime sequenti sit in alia
contigua, non ipsius est corporis transferendi . .... Id a quo mo‑
vetur corpus et transfertur non est ipsum corpus, sed causa su‑
perior quae agendo non mutatur, quam dicimus Deum. . Hoc non
puto explicari posse melius quam si dicamus corpus E extingui
quodammodo et annihilari in B, creari vero ac resuscitari in D,
quod posses novo, sed pulcherrimo vocabulo appellare t r a n s ‑
c r e a t i o n e m “ . Pacidius Philalethi (Oktob. 1676) Opusc., S . 623 £ .
sı, Vgl. Briefwechsel m i t Clarke (1715), I I , No. 17 (Haupt‑
schr. I, 139); an Arnauld (April 1687); Gerh. I I , 92f. (Hauptschr. I l ,
217) u. ö.
»), Näheres hierüber: Leibniz’ System, S. 134;ff, 148f; u. bei
C o u t u r a t , a . a . OÖ. Chap. 6 .
3) Vgl. Math. I V, 104-6 (Hauptschr. I, 101 ff.).
») An Bourguet (5. August 1715); Gerh. I l l , 583.
») An Johann Bernoulli ı7. Juni 1698), Math. I I I , 4.
«Hauptschr. I I , 361).
®) Nouvelles lettres et opuscules inedits de Leibniz, publ.
par F o u c h e r de Careil, Paris 1857, S. 327: „Fortasse non inu‑
tile erit, ut nonnihil in praefatione operis tui attingas de nostra
b a c a n a l y s i i n fi n i t i e x i n t i m o p h i l o s o p h i a e f o n t e d e r i ‑

, Digilized hy Google
c
638 Zu Buch I V , Cap. 2.

vata, qua Mathesis ipsa ultra hactenus consuetas n o t i o n e.,


est ultra imaginabilia sese a t t o l l i t . . . Et h a e c n o v a i n e
mathematica partim lucem accipient a nostris philosophematib: ‑
partim rursus ipsis autoritatem dabunt“ (An F i a r d e l l a ) .
s”), Historia et origo Calculi differentialis ( h g . v o n Gerharlı
Hannover 1846) S. 4 ff.
ss) Dissertatio exoterica de Statu praesenti et incremenl:
novissimis deque usu Geometriae. Math. VII, 324.
3) Hypothesis Physica nova (1671); Math. V I , 68.
+, S. den Aufsatz „Cum prodiisset atque increbuisset Aut
lysis mea infinitesimalis.“ ( H i s t o r i a et origo C a l c . differ., b.
von Gerhardt, S. 40.)
1) An Varignon, Hauptschr. I I , 557.
2) „Principium quoddam generale“ etc. (1687), Math. Vi.
130. (Hauptschr. I, 86) vgl. bes. Animadversiones in parlen
generalem Principiorum Cartesianorum (1692), Gerh. I V, 375 fi
(Hauptschr. 1, 319 ff.)
1) S. den Brief an de Volder vom 24. März,3. April 16
(Gerh. I I , 168; Hauptschr. I I , 288); sowie Gerh. I I , 193 (Haupt
schr. I I , 301). i
“4, An Varignon (2. Febr.1702);Math. I V, 93f. (Hauptschr.l, IW.
#) An Varignon (Hauptschr. I I , 78 u. 559): „Le Principe de
Continuite est donc hors de doute chez moi, et pourroit ser\!"
a etablir plusieurs verites importantes dans la veritable Phile
sophie, laquelle s’elevant au‐dessus des sens et de l’imaginatıon
cherche l’origine des Phenomenes dans les Regions intellectuelles.
#), $. „De modo perveniendi ad veram Corporum Ana
Iysin et r e r u m naturalium causas“ ( M a i 1677): „Ante omnia p!
certo sumo omnia fieri per causas quasdam intelligibiles si!‘
quae a nobis possent p e r c i p i , s i quis angelus eas nobis velle
revelare. Cumque n i h i l a nobis accurate percipiatur, qualı
magnitudo, figura, motus et ipsa perceptio, k i n c sequitur, oma
per haec quatuor debere explicari“. (Gerh. VII, 265); vgl. bes.
Leibniz’ Bemerkungen zu Stahls „Theoria Medica® (Opera ©
Dutens, I I , 2, S. 131; Opusc. $. 12 u. ö.). Vgl. Hauptschr. 11241
4) An de Volder (10. Nov. 1708), Gerh. I I , 258. (Hauptsehr‑
I, 333).
», An Varignon (Hauptschr. II, 76 u. 557).

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nn
Leibniz. 639

®) An de Volder (21. Januar 1704): „Vis autem derivativa


est ipse status praesens, dum tendit ad sequentem seu sequentem
prae-involvit, uti omne praesens gravidum est futuro“, Gerh. I l ,
262 (Hauptschr. I I , 336).
51).S. hierüber Hauptschr. I, 333 f; I I , 323, 326 u. 436 f. (Anm.)
2) Specimen dynamicum I (1695): Math. V I , 235 (Hauptschr.
I, 257); An Clarke, fünftes Schreiben $ 49 (Hauptschr. I, 187);
Gerh. III, 457; Math. VII, 242 u. s. j
5) „Specimen inventorum de admirandis naturae Generalis
arcanis.* Gerh. VII, 312; vgl. bes. an Arnauld (1686) Gerh. I I , 69.
s) Specimen dynamicum (Math. VI, 238f; Hauptschr. I, 264
Anm.) Ande l’Hospital (15. Januar 1696). (Math. II,309; Hauptschr.
I, 279).
55) Näheres hierüber: Leibn. Syst. S. 303 ff.
®%) An Johann Bernoulli, 26. Juli 1695, Math. IH, 210.

IN.
»”) An Arnauld (September 1687), Gerh. I I , 112 (Hauptschr.
I l , 233.)
£.‐ Wie sehr der Leib‑
58) „Quid sit Idea“, Gerh. VII, 2 6 3
nizische Wahrheitsbegriff, der hier formuliert wird, in der
modernen erkenntniskritischen Diskussion fortlebt und weiter‑
wirkt: dafür liefert ein Werk wie H e i n r i c h Hertz’ Prinzipien
der Mechanik den deutlichen Beweis: „Das Verfahren, dessen w i r
uns zur Ableitung des Zukünftigen aus dem Vergangenen be‑
dienen ist dieses: W i r machen uns innere S c h e i n b i l d e r oder
Symbole der äusseren Gegenstände, und zwar machen wir sie
von solcher Art, dass die denknotwendigen Folgen der Bilder
stets wieder die Bilder seien von den naturnotwendigen Folgen
der abgebildeten Gegenstände. Damit diese Forderung überbaupt
erfüllbar sei, müssen gewisse Uebereinstimmungen vorhanden sein
zwischen der Natur und unserem Geiste . ‘ . . “Die Bilder, von
welchen w i r reden, sind unsere Vorstellungen von den Dingen;
sie haben m i t den Dingen die eine wesentliche Uebereinstimmung,
welche in der Erfüllung der genannten Forderung liegt, aber es
ist für ihren Zweck nicht nötig, dass sie irgend eine weitere
Uebereinstimmung mit den Dingen haben.“

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640 Zu Buck I V , Cap. 2.

®) Nouveaux Essais, L i v r. I I , Ch. 9, Gerh. V, 124f. Vgl.


L. I I , Ch. 28, $ 13, Gerh. V, 243f. u. L. I V, Ch. 1, $ 9, Gerh. V,
342. ‐ Im strengen geschichtlichen Sinne trifft übrigens die
Kritik, die hier an Locke geübt wird, n u r auf diejenige Fassung
seiner Erkenntnistheorie zu, die in den beiden ersten Büchern
des „Essay“ vorliegt; die Theorie des geometrischen Wissens im
vierten Buch wird durch sie dagegen nicht getroffen. Vgl. hrz.
Buch V, Cap. 3, Abschn. I I .
60) Characteristica geometrica (10. August 1679) Math. V, 141.
61) Dialogus (August 1677) Gerh. VII, 192 (Hauptschr. I, 19f.';
Meditationes de Cognitione, Veritate et Ideis (1684) Gerh. I V,
425 (Hauptschr. I, 26f.); De Synthesi et Analysi universali, Gerh.
VII, 295 (Hauptschr. I, 44f.) u. ö.
e2) $. hrz. die Abhandl. „In Euclidis IIpare“ Math. V, 191;
sowie die „Initia rerum Mathematicarum metaphysica.* Math. VII,
22 (Hauptschr. I, 61£.).
ss) „Je dirois plutöt qu’il y a une maniere de ressemblance
non pas entiere et pour ainsi dire in terminis, mais expres‑
sive o u d e r a p p o r t d’ordre comme une Ellipse e t m&me une
Parabole ou Hyperbole ressemblent en quelque facon au cercle
dont elles sont la projection sur le plan, puisqu’il y a un certain
rapport exact et naturel entre ce qui est projette et la pro‑
jection, qui s’en fait, chaque point de l’un r&pondant suivant une
certaine relation A chaque point de l’autre.*“ Nouv. Ess., L i v r. I I ,
Ch. 8, $ 13 (Gerh. V., 118).
#) Opusc. S. 190; vgl Opusc. S. 360 (Generales Inquisitiones
de Analysi notionum et veritatum, 1686.)
#5) Näheres hierüber: Leibn. Syst. S. 299; 315.
%) „Juris et aequi elementa* ( M o l l a t , Mitteilungen aus Leib‑
nizens ungedruckten Schriften, Lpz. 1893, S.22‐ Hauptschr. I I , 504.)
#7) Meditation sur la notion commune de la justice, Mollat
S. 47 (Hauptschr, I I , 510 f.)
»s) Reponse aux reflexions de Bayle-(1702); Gerh. IV, 568
(Hauptschr. I I , 402).
#») Nouveaux Essais, Livr. I V, Chap. 4, $ 1, Gerh. V, 373:
Chap. 11, x 10; Gerh. V, 426; vgl. bes. Chap. 2, x 14, Gerh. V,
355: „La liaison des phenomönes, qui garantit les verites de
f a i t ä l’egard des choses sensibles hors de nous se verifie par le

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Leibnis. 641

moyen des verites de raison; comme les apparences de l’Optique


s’eclaircissent par la Geometrie.“
?0) Nouv. Essais I V, 2, 14, Gerh. V, 356.
71) Phoranomus sive de Potentia et Legibus naturae, Opusc.
S. 592; vgl. bes. Math. VI, 146f. Anm.
72) S. den Brief an Hon. Fabri (1677) Math. VI, 85.
8) „Sur ce qui passe les sens et la matiere“ (1702); Gerh. VI,
502 (Hauptschr. I I , 414): Mais la verite des sciences demonstratives
est exempte de ces doutes (nicht: „exemple“, wie es durch einen
sinnstörenden Druckfehler bei Gerh. heisst.)
”% An Foucher (1686): „ I l n’est pas necessaire que ce que nous
concevons des choses hors de nous leur soit parfaitement sem‑
blable, mais qu’il les exprime, comme une Ellipse exprime un
cercle vu de travers, en sorte qu’ä chaque point du cercle il en
reponde un de l’Ellipse et vice versa suivant une certaine l o i de
rapport.“ (Gerh. I, 383.)
76) Opusc. S. 18; vgl. bes. De libertate (Nouv. lettr. et opusc.,
par Foucher de Careil, S. 179. =: Hauptschr. II, 498 f.)
6%) $. De liberlate S. 183 (Hauptschr. I I , 502); Gerh, VII,
200 u. ö.
”) „Quodsi jam continuata resolutione praedicati et conti‑
nuata resolutione subjecti nunquam quidem demonstrari possit
coincidentia, sed ex continuata resolutione et inde nata pro‑
gressione ejusque regula saltem appareat nunquam orituram con‑
tradictionem, propositio est possibilis. Quodsi appareat ex regula
progressionis in resolvendo eo rem reduci, ut differentia i n t e r
ea quae coincidere debent, s i t m i n u s qualibet data, de‑
monstratum erit propositionem esse veram.* (Generales Inquisi‑
tiones de Analysi Notionum et Veritatum. 1686. Opusc. S. 374.)

I V.
?s) De libertate (Foucher de Careil S. 184 ‐ Hauptschr. I I ,
503) „Veritates contingentes seu infinitae subeunt scientiam Dei
et ab eo non quidem demonstratione (quod implicat contradic‑
tionem) sed tamen infallibili visione cognoscuntur. Dei autem
visio minime concipi (debet) ut scientia quaedam experimentalis,
4

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642 Zu Buch I V , Cap. 2.

quasi ille in rebus a se distinctis videat aliquid, sed ut cognitio


a priori per veritatum rationes.“
79) Vgl. hrz. Hauptschr. I I , 92f.
%) Näheres über diesen Punkt bes. Hauptschr. I I , 13ff.
sı) An de Volder (31. Mai 1704), Gerh. I I , 263 (Hauptschr.
II, 338.)
#2) Vgl. bes. an Clarke (1715); fünftes Schreiben $ 47: „Ces
choses ne consistent que dans la verite des rapports et nulle‑
ment dans quelque realit&e absolue,“
8) „Spatium tempus extensio et motus n o n sunt res, sed
m o d i c o n s i d e r a n d i f u n d a m e n t u m h a b e n t e s . “ Opusc.
S. 522.
s4) S, hierüber Albert Görland, Der Gottesbegriff bei Leibniz.
Ein Vorwort zu seinem System. (Philosoph. Arbeiten, hg. v o n
H. Cohen und P. Natorp I, 3). Giessen 1907.
#5) S. den Brief an Herz. Johaun Friedrich v. Braunschweig
(1671). Gerh. I, 61.

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Zu Buch I V, Cap. 3.
Tschirnhaus.
1)S, L e i b n i z , Mathemat. Schriften, hg. von Gerhardt, I V,
459 ff.
9, Tschirnhaus an Leibniz, (1678), a. a. O. I V, 474 ff.
®), Tschirnhaus, Medicina Mentis sive Artis inveniendi
praecepta generalia. Editio nova, Lips. 1695, S. 67£.
% „ Antequam rem quandam, cujus generatio hactenus ope
regularum modo ostensarum nondum innotuit, ulterius prose‑
quamur: omnium prius rerum generationes a p r i o r i ope elemen‑
torum physices sunt considerandae. Ubi vero eo perventum est,
ut intellectui impossibile sit, prae nimia rerum particularium
varietate progredi, t u n c d e m u m j u x t a hos generales ca‑
nones, q u i ope verae Physicesconduntur.. . experimenta
r u r s u s instituenda sunt, quae tunc non poterunt non singu‑
laria producere: taliaque inde determinabuntur, qualia praestare
omnibus Empiricis, utpote absque ratione experimenta sua diri‑
gentibus, absolute est impossibile“. Medicina Mentis S. 88; zum
Verhältnis von „Induktion“ und „Deduktion“ bei Tschirnhaus vgl.
bes. Windelband, Gesch. d. neueren Philosophie, 3. Aufl., I,
497 f,, sowie Verweyen, E. W. von Tschirnhaus als Philosoph,
Bonn 1905, S. 118 ff.
5) „Denique observo, me quorundam entium habere cogita‑
tiones, quae quidem a me optime, non tamen instar praecedentium
rationalium varia, sed u n i c a t a n t u m ac c o n s t a n t i r a t i o n e
c o n c i p i u n t u r ; adeoque deprehendo, ejusmodi cogitationes
nullatenus varie ad libitum formari posse, sed absolute a propria
eorundem entium natura dependere, ut n o n a me formandae,
sed potius quasi m e c u m f o r m a t a e dici posse videaniur,
harum que objecta non nisi ut existentia possint concipi.“ Medicina
mentis, S. 76.
6) Medicina mentis, S. 41 ff. u. ©.
?) Medicina mentis, S. 35ff.
8) Medicina mentis, S. 37f, S.9@ u. s
9) S. bes. Medicina mentis $. 290.
10) Medicina mentis S, 45f.
ı ı ) Medicina mentis S. 280 ff.
ur

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Zu Buch V, Cap. I.
Bacon.
!) „Certe nobis perinde facere videntur homines, ac si n a t u ‑
r a m ex longinqua et prae-alta turri despiciant et contemplentur;
quae imaginem ejus quandam, seu nubem potius imagini s i m i ‑
lem, ob oculos ponat: r e r u m autem differentias (in quibus r e s
hominum et fortunae sitae sunt) ob earum minutias et distantiae
intervallum, confundat et abscondat. Et tamen laborant et
nituntur, et intellectum tanquam oculos contrahunt, ejusdemque
aciem meditatione figunt, agitatione acuunt, quinetiam artes a r ‑
gumentandi veluti specula artificiosa comparant, ut istiusmodi
differentias et subtilitates naturae mente comprehendere et vincerc
possint. Atque ridicula certe esset et praefracta sapientia et
sedulitas, si quis ut perfectius et distinctius cerneret, vel t u r r i m
conscendat vel specula applicet vel palpebras adducat, cum ei
liceat absque universa ista operosa et strenua machinatione et
industria fieri voti compos per rem facilem, et tamen ista omnia
beneficio et usu longe superantem: hoc est, ut descendat et ad
res proprius accedat.“ Redargutio philosophiarum, Works I I I ,
582. ‐ Die Werke Bacons sind nach der vortrefflichen Ausgabe
von E l l i s , Spedding und Heath, London 1857 fi., zitiert.
#) Temporis Partus Masculus sive de interpretatione naturae,
Cap. 2: „Citetur jam et Plato, cavillator urbanus, tumidus poeta,
theologus mente captus ... Tu verum cum veritatem humanae
mentis indigenam nec aliunde comınigrantem mentireris, a n i ‑
mosque nostros, ad historiam et res ipsas nunquam satis appli‑
catos et reductos, averteres ac se subingredi ac in suis caecis et
confusissimis idolis volutare contemplationis nomine doceres,
tum demum fraudem capitalem admisisti.“ (III, 530 £.)
s) Novum Organon, Lib. I, Aphor. XCVI.

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Bacon. 645

% Ibid., Aphor. CIV: „Itaque hominum intellectui non plu‑


mae addendae, sed plumbum potius et pondera; ut cohibeant
omnem saltum et volitum. Atque hoc adhuc factum non est;
quum vero factum fuerit, melius de scientiis sperare licebit.“
5) „Nam Mens Humana (corpore obducia et obfuscata) tantum
abest ut speculo plano, aequali, et claro similis sit (quod rerum
radios sincere excipiat et reflectat), ut potius sit instar speculi
alicujus incantati, pleni superstitionibus et spectris.“ De Augmentis
scientiarum Lib. V, Cap. 4 (I,' 643).
*) „Falso enim asseritur, sensum humanum esse mensuram
rerum; quin contra, omnes perceptiones tam sensus quam mentis
sunt ex analogia hominis, non ex analogia universi. Estque in‑
tellecius humanus instar speculi inaequalis ad radios rerum, qui
suam naturam naturae r e r u m immiscet, eamque distorquet et in‑
ficit“. ( N o v. Organ., Lib. I, Apbor. XLI.) .
?) „Est et aliud genus philosophantium, qui in paucis expe‑
rimentis sedulo et accurate elaborarunt, atque inde philosophias
educere et confingere ausi sunt; reliqua miris modis ad ea detor‑
quentes .... At philosophiae genus Empiricum placita magis de‑
formia et monstrosa educit, quam Sophisticum aut rationale genus
(quae licet tenuis sit et superficialis, tamen est quodammodo
universalis et ad multa pertinens) sed in paucorum experimen‑
torum angustiis et obscuritate fundatum est“. Nov. Organ. Lib. I,
Aphor. L X I I und LXIV.
8) „Restat experientia mera, quae, si occurat, casus; si quae‑
sita sit, experimentum nominatur. Hoc autem experientiae genus
n i b i l aliud est, quam (quod ajunt) scopae dissolutae, et mera pal‑
patio, quali homines noctu utuntur, omnia pertentando, si forte
in rectam viam incidere detur; quibus multo satius et consultius
foret diem praestolari, aut lumen accendere, et deinceps viam
inire. At contra, verus experientiae ordo primo lumen accendit,
deinde per lumen iter demonstrat, incipiendo ab experientia or‑
dinata et digesta, et minime praepostera aut erratica, atque ex
ea educendo axiomata, atque ex axiomatibus constitutis rursus
experimenta nova“. A . a . O.; Aphor. LXXXII.
9) „Atque hoc modo inter empiricam et rationalem facul‑
tatem (quarum morosa et inauspicata divortia et repudia omnia
in humana familia turbavere) conjugium verum et legitimum in

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646 Zu Buch V, Cap. ı.

perpetuum nos firmasse existimamus“. Nov. Org.,: Praefati:


‘Works I, 131.
10) A. a. O., Works I, 129.
ı ı ) Novum Organon, Lib. I, Aphor. L.: „ O m n i s verior inte: ||
pretatio naturae conficitur per instantias et experimenta idons
et apposita; u b i sensus de experimento tantum, experimenlun
de natura et re ipsa judicaf“.
ı2) Nov. Org., L i b . I, Aph. XLI. (s. Anm. 6).
18) Descartes, Regulae ad directionem ingenii, Reg. \l
Ss. 1 4 f .
14) „ A t praeceptum sive axioma de transformaiione cor‑
porum duplicis est generis. Primum intuetur corpus ut turman
sive conjugationem naturarum simplicium: ut in auro ha:
conveniunt; quod sit flavum; quod sit ponderosum, ad pondıu.
talem; quod sit malleabile aut ductile, ad extensionem talem:
quod n o n fiat volatile, nec deperdat de quanto suo pt
ignem e t c . . . Itaque hujusmodi axioma rem deducit ex Formis
naturarum simplicium. Nam qui Formas et modos novit super‑
inducendi flavi, ponderis, ductilis, fixi, fluoris, solutionum, etsit
de reliquis, et eorum graduationes et modos, videbit et curabil,
ut ista conjungi possint in aliquo corpore, unde sequatur trans
formatio in aurum“. Nov. Org., Lib. II, Apbor. V.
15) Vgl. Nov. Organon, Lib. U, Aphor. XVII.
1) „Quod si judicium illud vulgatum dialecticorum tam
operosum fuerit, et tanta ingenia exercuerit; quanto magis l a b
randum est in hoc altero, quod n o n tantum ex m e n t i s pen®
tralibus, sed etiam ex n a t u r a e v i s c e r i b u s extrahitur.“ Xor.
Org., Distributio operis, I, 137.
1 ) L i e b i g , Ueber Francis Bacon v. Verulam u . die Methode
der Naturforschung, München 1863, S. 21 f.
28) Vgl. hrz. die treffende Kritik, die E l l i s h i e r an Bacons
Verfahren geübt hat: W. I, 266 f. Anm.
19) S. hrz. besonders Bacons Schrift „Parasceue ad historiam
naturalem et experimentalem“ nebst der Vorrede Speddings:
ferner das Urteil von E l l i s ( W. I, 39 u. 61) und Heussler:
‚Francis Bacon und seine geschichtliche Stellung, Breslau 19
S. 105 ff.

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Br
Bacon. 647,

20) Vgl. hierüber, wie allgemiein über die astronomischen


Ansichten Bacons, die Darstellung von E l l i s , Works I, 552 £.
2!) „He writes philosophy“ (said Harvey to Aubrey) „like
a Lord Chancellor“ ‐ speaking in derision. (Cf. Works III, 515).
22) Super datum corpus novam naturam sive novas naturas
generare et superinducere, opus et intentio est humanae Potentiae.
Datae autem naturae Formam, sive differentiam veram, sive na‑
turam 'naturantem sive fontem emanationis . . invenire, opus et
intentio est humanae Scientiae“ Nov. Org.; Lib. I I , Aphor I.
®) „Sciant itaque homines .. quantum intersit inter hu‑
manae mentis Idola, et divinae mentis Ideas. Illa enim nihil
aliud sunt quam abstractiones ad placitum: hae autem sunt vera
signacula Creatoris super creaturas, prout in materia per lineas
veras et exquisitas imprimuntur et terminantur.“ Nov. Org.
Lib. I, Aphor. CXXIV.
24) „Intellectus humanus fertur ad abstracta propter naturam
propriam, atque ea quae fluxa sunt fingit esse constantia. Melius
autem est naturam secare, quam abstrahere; id quod Democriti
schola fecit, quae magis penetravit in naturam, quam reliquae.“
Nov. Org.. Lib. I, Aphor. LI.
25) „Neque enim arctandus est mundus ad angustias intellectus
(quod adhuc factum est), sed expandendus intellectus et laxandus
ad ınundi imaginem recipiendum qualis invenitur.“ Parasceue
ad Historiam Naturalem et Experimentalem, Aph. 4 (I, 397).
26) „Formam inquirendo leonis, quercus, auri, imo etiam
aquae aut aeris, operam quis luserit; Formam vero inquirere
Densi, Rari; Calidi, Frigidi; Gravis, Levis; Tangibilis, Pneu‑
matici; Volatilis, F i x i . . . hoc est inguam illud ipsum quod
conamur.“ De Augmentis scientiarum, Lib. I I I , cap. IV (I,. 566).
2) Nov. Organ., Distributio operis, W. I, 136 £.
28) Nov. Org. Lib. I I , Aphor XIX.
2) Vgl. hierzu die Bemerkungen von E l l i s , Works I, 37.
) „Atqui Philosophiae Primae communia et promiscua
Scientiarum Axiomata assignavimus. Etiam Relativas et Adven‑
titias Entium Conditiones (quas Transscendentales nominavimus)
Multum, Paucum; Idem, Diversum; .Possibile, Impossibile; et hoc
genus reliqua eidem attribuimus, id solummodo cavendo, ut
pbysice, n o n logice fractentur.“ De Augmentis III, 4 ( W. 1,550 £.).

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648 Zu Buch V, Cap. 1.

st) De Augmentis scientiarum I l l , 1; W. I, 540 f f .


ss) Macaulay, Lord Bacon. (Works of Macaulay, London
1898, Vol. I I , S. 638.)
&) „Nos autem n o n Capitolium aliquod aut P y r a m i d e m honi‑
num superbiae dedicamus aut condimus, sed templum sanctum
ad exemplar mundi in intellectu humano fundamus. Itaque
exemplar sequimur. Nam quicquid essentia d i g n u m est, id
etiam scientia dignum est, quae est essentiae i m a g o . “ Nor.
Org. Lib. I, Aphor. CXX. Vgl. bes. De Augmentis V I I , 1 ( W . L
714 £.) und „Cogitationes de scientia humana“, Cog. 9, W. I I I , 1%.
s) „Mira enim est hominum circa hanc rem indiligentia
Contemplantur siquidem naturam tantummodo desultorie et per
periodos, et postquam corpora fuerint absoluta et completa, e
n o n in operatione sua. Quod si artificis alicujus ingenia et
industriam explorare et contemplari quis cuperet, is n o n tantum
materias rudes artis atque deinde opera perfecta conspicere
desideraret, sed potius praesens esse, cum artifex operatur et
opus suum promovet. Atque simile quiddam circa naturam
faciendum est.“ Nov. Org. I l , 41. ‐ Vgl. bes. Cogitationes de
natura rerum $ 3: „Inquisitionem de Natura in Motu contem‑
plando et examinando maxime collocare, ejus est qui opera
spectet. Quieta autem rerum principia contemplari aut com‑
minisci, eorum est qui sermones serere et disputationes alere
velint. Quieta autem voco principia, quae docent ex quibus res
conflentur et consistant, non autem qua vi et via coalescant.‑
( W. I I I , 19.) ‐ Vgl. auch Heussler, a. a. O. S. 109 ff.
55) „Materia potius considerari debet et ejus schematismi et
meta-schematismi, atque actus purus, et lex actus sive maotus:
Formae enim commenta animi humani sunt, nisi libeat leges
illas actus Formas appellare“. Nov Org., Lib. I, Aph. L I .
8) Zum Ganzen s. Nov. Org. Lib. I I , Aph. XLVIII; bes:
W. 1, 333 ff.
#) Vgl. Bacons Erklärungen m i t denen, die in Bd. I ($. 24
u . 308f.) von Te l e s i o und F r a c a s t o r o angeführt sind. Mit
letzterem stimmt Bacon vor allem darin überein, dass er nach
einer rein korpuskularen Auffassung strebt, sie aber nicht erreicht,
sondern durchweg bei der Erklärung durch Sympathie und Anti‑
pathie stehen bleibt. (S. Bd. I, S. 569, Anm. 128.)

Google
Digilized hy

‑ u
< ‑
Bacon. 649

3) Nov. Organon, Lib. I I , Aphor. V.


5) Nov. Organon, Lib. I I , Aphor. XLVIII, W. I, 344 f.
1) Verum haec omnia acutius et diligentius inspicienti
m e n s u r a e motus sunt, et periodi sive curricula quaedam motuum
et v e l u t i pensa; non verae differentiae; cum quid factum sit
designent, at rationem facti vix innuant ... Nam principia,
f o n t e s causae et formae motuum, id ist omnigenae materiae ap‑
p e t i t u s et passiones, philosophiae debentur; ac deinceps motuum
impressiones sive impulsiones; fraena et reluctationes; viae et
obstructiones; alternationes et mixturae; circuitus et catenae;
denique universus motuum processus“. (Cogitationes de natura
r e r u m , I V, W. I I I , 21£.). ‐ Vgl. a . Thema Coeli, W. IH, 777.)

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Zu Buch V, C a p2..
Gassendi u n d Hobbes.
1) Gassendi, Philosophiae Epicuri Syntagma, P a r s I, Cap. I:
„ N i h i l est quod refellere falsive arguere ipsos sensus possit; negue
enim sensus genere similis similem genere refellet . . . idque
propter aequipollentiam, seu quod par ratio utriusque sit . - ‑
neque genere dissimilis genere dissimilem, quoniam diversa ob
jecta habent .. neque item una sensio ejusdem sensus aliam.
quoniam nulla est, qua non afficiamur cuique, donec ipsa aff‑
cimur, non adhaereamus assentiamurve ... neque denique ratic
seu ratiocinatio,. quoniam omnis ratiocinatio a praeviis pendet
sensibus oportetque sensus prius esse, quam ipsam rationem iis
innixam veros ..... Unde et inferre licet, si ullum sensibus visum
falsum est, nihil percipi posse s e u . . . ., nisi omnes phantasia®
nudaeve r e i perceptiones sint verae, actum esse de fide, constantia
atque judicio veritatis . . . Probatur id autem, quia exempli
gratia, dum turris apparet oculo rotunda, sensus quidem verus
est, quia revera specie rotunditatis afficitur eaque species el
talis est et causam habet necessariam, propter quam in hujus‑
modi distantia sit t a l i s . . . Verum opinio, seu mavis, mens, Cujus
est opinari, seu judicium ferre, quatenus addit, quasi de suo,
turrim esse id, quod sensui apparet, seu esse t u r r i m in se et
revera rotundam; opinio, inqguam, ipsa est, quae vera esse aul
falsa potest* etc. (Gassendi, Opera, Florentiner Folio-Ausgabe,
T . I I , p .5 u . 6.)
2) Syntagma Philosophiae Epicuri, Sectio I I I , Cap. Ä l ; ‑
Opera III, 39. ‐ Vgl. besonders die eingehende Darstellung in
Gassendis Physik: Syntagma Philosophicum, Pars secunda seu

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I fl !
. Gassendi. 651

Physica; 'Sect. I I I {membrum posterius) Lib. VI, Cap. 2. (Opera


I I , 293 ff.)
s) „Quod autem mente sola percipiamus vastam illam ideam
Solis, non ea propterea elicitur ex innata quadam notione; sed
ea, quae per sensum incurrit, quatenus experientia probat et ralio
i l l i innixa confirmat res distantes apparere minores seipsis vicinis,
tantum ampliatur ipsa vi mentis, quantum constat Solem a nobis
distare, exaequarique diametro suo tot illis terrenis semidiametris“.
Disquisitio Metaphysica seu Dubitationes et Instantiae adversus
Ren. Cartesii Metaphysicam. In Meditat. I I I Dubitatio I I I .
(Opera III, 294.)
4) Syntagma Philosophiae Epicuri, Sectio I, Cap. I I , Canon I I .
(Op. I I , p 8.) .
5) A. a. O. Canon I: „Intelligo autem notionem, seu quasi
ideam ac formam, quae anticipata dicatur praenotio, gigni in
animo incursione, seu mavis incidentia, dum res directe et
per se incurrit, inciditve in sensuum ... etc.“
6) S. hierüber die ausführliche Erörterung: Physik, Sectio
UI, Membrum posterius, Lib. VI, Cap. I I I : Qui sensibile, gigni ex
insensibilibus possit. „Sane vero fatendum est, non videri esse,
quamobrem speremus posse rem manifestam fieri; quando aut
longe fallimur, aut fugit omnino humanam solertiam capere,
quae textura sit contemperatioque sive flammulae, ut censeri
anima ac sentiendi principium valeat, sive partis, aut organi, quo
animato vegetatoque anima, ut sentiat, utatur. Quare et haec
solum propono, seu potius balbutiens attingo, ut quatenus licet
insinuem progressum, quo res videntur evadere ex insensibilibus
sensiles ... Neque sane mirum; res enim videtur omni humana
perspicacia et sagacilate superior; adeo ut nemo, qui tentare
aggredive praesumpserit, ad balbutiendum non adigatur.“ Op.
I I , 301 ff.
%* * *j

’) Bacon, Novum Organon I I , 16; Works I, 207.


8) Hobbes, De Corpore, Pars prima: Computatio, sive
Logica. Cap. VI, $ 1 ‐ 5 . -- (Thomae Hobbes Malmesburiensis
Opera Philosophica, quae Latine scripsit, omnia. Amstelodami
1668, Tom. I, p. 36ff.) .

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6652
52 Zu Buch V, Cap.
Z u Buch Cap. 2.
2.

*) Vgl.
9) Vgl. hrz. brz. D i l t h e y, Der
Dilthey, Der entwicklungsgeschichtliche
entwicklungsgeschichtliche Pan‑ Pan-
theismus nach nach seinem geschichtlichen Zusammenhang
seinem geschichtlichen Zusammenhang mit mit den den
älteren pantheistischen Systemen.
älteren pantheistischen Systemen. (Arch. (Arch. f. Gesch. Gesch. d. Philos. X
d. Philos. XIIIIII
[1900]
[1800] S S.
. 466.)
466.)
10) A.
10) A. a.
a. O. O. $§ 10, 10, p. p. 42; vgl. De
42; vgl. corpore, Pars
De corpore, Cap. IIX:
Pars III,I , Cap. X:
De
De causa
causa et effectu. (p.
et effectu. 65.)
(p. 65.)
1ı ı)) Ueber
Ueber die die Abweisung
Abweisung der der „Formalursachen“
„Formalursachen" s.De s. De corpore,
corpore.
P. II,
P. II, Cap.
Cap. X, X, $ § 7.7. (p.(p. 70.)70.) ‐- Zum Vergleich m
Zum Vergleich miti t Galileis
Galileis Begriff
Begriff
der „Ursache“ s. Bd. I,
der „Ursache" s. Bd. S. 305 u. 568 (Anm. 122). S. 305 u. 568 (Anm. 122).
12)
8) „Qui„Qui figuras definiunt, Ideas,
figuras definiunt, Ideas, quae quae in animo animo sunt, sunt, nnon on
ipsa corpora
ipsa respiciunt et
corpora respiciunt etex
ex iis, quae imaginantur
iis, quae imaginantur fifieri e r i deducunt
proprietates
proprietates factorum factorum similium, similium, aaquocumquequocumque et et quomodocunque
quomodocunque
facta sunt". Examinatio
facta sunt“. Examinatio et emendatio Mathematicae
et emendatio Mathematicae Hodiernae, Hodiernae,
Dialog.
Dialog. I. II. (p. (p. 58.)
58.)
ı)
18) „Definitio
,,Definitio haec baec .. pro pro accurata
accurata haberi haberi non non debet.debet. D e e -‑
b uuiitt eenniim s t e n d i s s e p r i u ss hujusmodi
m oostendisse h u j u s m o d i figuraefi g u r a e c o n ss tt r uu cc -‑
tionem sive
tionem sive generationem
generationem quaenam quaenam esset, esset, ut sciremus sciremus
aliquam in rerum
aliquam rerum natura natura figuramfiguram esse, esse, in qua qua ab unico Puncto
ab unico Punto
ad figurae
ad flgurae extremumextremum omnes omnes undequaque
undequaque Lineae Lineae essent essent inter se
aequales. Quod
aequales. Quod quidem quidem illis, illis, quiqui nunquam
nunquam Circulum Circulum describi describi
viderant, videri
viderant, posset incredibile
videri posset ....
incredibile . . . (Similiter) (Similiter) nisi nisi causa all i -‑
qua
qua in definitione Parallelarum rectarum
definitione Parallelarum rectarum appareat, appareat, quare quare duae
d u e
rectae nunquam concurrant, .absurdum
rectae nunquam concurrant, absurdum non erit, si hujusmodi non erit, si hujusmodi
Lineas possibiles esse
Lineas possibiles negaverimus." Examinatio
esse negaverimus.“ Examinatio et et emendatio
emendatio
Mathematicae Hodiernae,
Mathematicae Hodiernae, Dial. II, p. 4 .f Dial. I I , p. 4 f .
Elementorum Philosophiae
14) Elementorum
14) Philosophiae sectio secunda: secunda: de de Homine.
Homine.
Cap.
Cap. X
X (p.
(p. 61 .
)
61).
ı5) „Itaque ob
18) „Itaque ob hanchanc rem, rem, quod quod figurasfiguras nos nos ipsi ipsi creamus,
creamus,
Geometriam haberi
contigit Geometriam
contigit baberi et et esse demonstrabilem.
demonstrabilem. Contra
Contra
quia rerum
quia naturalium causae
rerum naturalium causae in nostra nostra potestate
potestate nnon o n sunt,
sunt, sed sed
in voluntate
voluntate divina divina et et quia e a r u m maxima
quia earum m a x i m a parspars (nempe
(nempe aether)
aether)
est invisibilis,
est invisibilis, proprietates
proprietates earum earum aa causis causis deducere,
deducere, nos nos qui
qui eas eas
o n videmus,
nnon videmus, non possumus. Verumtamen
n o n possumus. V e r u m t a m e n ab a b ipsis
i p s i s p r o pp rr ii ee -‑
taa t ibus s qquas u a s vvidemus c o n s e g u e n t i a s deducendo
i d e m u s consequentias d e d u c e n d o eo e o
usque
u s q u e procedere c o n c e s s u m eest,
p r o c e d e r e concessum s t , ut t a l e s vvel
u t tales tales e
e l tales e aa rr u m m
ccausas
a u s a s esse o t u i s s e demonstrare
esse ppotuisse demonstrare possimus. possimus. Quae Quae demon‑
demon-
stratio aa posteriore
stratio posteriore dicitur et et scientia
scientia ipsa Physica. Et
ipsa Physica. Et quoniam
quoniam
ne posteriore quidem
ne a posteriore quidem ad ad priora ratiocinando procedi
priora ratiocinando procedi potest in in

Orailnehty Google
Google
Digilized hy
<
Hobbes. 653

rebus naluralibus, quae motu perficiuntur sine cognitione eorum


quae unam quamque motus speciem consequuntur, nec motuum
consequentias sine cognitione Quantitatis, quae est Geometria,
fi e r i n o n potest, ut n o n aliqua e t i a m a P h y s i c o demon‑
s t r a t i o n e a p r i o r e demonstranda sint.“ A. a O., p. 6 l f .
16) De corpore Pars I, Cap. I, $ 3 (p. 3).
!) De corpore Pars I, Cap. I, $ 8 (p. 5f.)
ıs) Vgl. Robertson, Hobbes, Edinb. and London 1886,
S. 105 (Philosophical Classics for English Readers edit. by W.
Knight.)
19) De corpore, Pars I, Cap. I, $2u . 8 u. ö.
20) De corpore, Pars I, Cap. I, $ 3, (p. 2f.).
: ı ) Näheres über Hobbes’ Lebre v o m conatus und die Grund‑
legung seiner speziellen Physik: bei Lasswitz, Gesch. der Ato‑
mistik I I , 214 ff. ‐ Zu Hobbes’ Kampf gegen die modernen alge‑
braischen Methoden der Analysis vgl. Max Köhler, Studien zur
Naturphilos. des Th. H. Arch. f. Gesch. d. Philos. XVI (1903),
Ss. 79£.
?2) De corpore, Pars I, cap. 3, $ 7 u. 8 (p. 20).
3) Vgl. hrz. bes. Tönnies, Hobbes Leben und Lehre, Stutt‑
gart 1896, S. 114: „(Hobbes) will eigentlich darauf hinaus, dass
reine Wissenschaft n u r möglich sei von Gedankendingen: ab‑
strakten Gegenständen, ideellen Ereignissen .... Alle diese Ge‑
dankendinge machen w i r schlechthin, nämlich denkend, und
können solche, die w i r als der äusseren, oder körperlichen
Welt angehörig denken, in der Wirklichkeit ‐ mehr oder minder
auf vollkommene Weise ‐ nachbilden; immer aber können w i r
wirkliche Tatsachen, auch wenn sie, wie der Staat und wie
moralische Begriffe, n u r in den Gedanken der Menschen existieren,
a n diesen unseren Ideen m e s s e n . “
#4) „Earum l a n t u m rerum scientia per demonstrationem
illam a priore hominibus concessa est, quarum generatio
dependet ab ipsorum hominum arbitrio.‘“ De Homine Cap. X,
$ 4, p. 61.
25) S. Robertson, a. a. O. S. 87£.
26) Vgl. hrz z. B. Leviathan, Pars I, Cap. V. „Sensus et
Memoria F a c t i tantum cognitio est; Scientia autem cognitio est
consequentiarum unius facti ad alterum.“ (p. 23.) u. ö.

Digilized hy Google
<
654 Zu Buch V, Cap. 2.

®) De Homine Cap. X, $ 3, p. 60. ‐ Vgl. h r z . auch die


Elements of law: Natural and Political, Part I, chap. 5, 5 4 (Aus
gabe von Tönnies, Oxford 1888, S. 19.
28) „Sermonis usus generalissimus est conversio Discursus
Mentalis in Verbalem, sive Seriei Cogitationum n o s t r a r u m in
Seriem Verborum . . Per impositionem hanc n o m i n u m amplioris
et strictioris significationis computationem consequentiarum in
cogitationibus convertimus in computationem consequentiarum in
nominibus.“ etc. Leviathan, Pars I, Cap. I V, p. 14f.
®) A. a. OÖ. p. 16. ‑
°) „Proposita enim figura plana ad figuram c i r c u l i proxima
accedente, sensu quidem c i r c u l u s necnesit, c o g n o s c i n u l l o
m o d o potest, a t e x c o g n i t a fi g u r a e propositae g e n e r a t i o n e
f a c i l l i m e “ etc. D e corpore Pars I , Cap. I , $ 5 (p. 3).
3) „Jam si meminerimus seu Phantasma habuerimus ali‑
cujus rei, quae extiterat ante suppositam rerum externarum sub‑
lationem nec considerare velimus, q u a l i s ea res erat, sed sim‑
pliciter quod erat extra animum, habemus id quod appella‑
m u s Spatium, i m a g i n a r i u m quidem, q u i a m e r u m Phan‑
tasma, sed tamen i l l u d ipsum, quod a b o m n i b u s sic
a p p e l l a t u r. . . . Itaque Spatium est Phantasma r e i e x i s t e n t i s ,
quatenus existentis, id est, nullo alio ejus rei accidente con‑
siderato, praeterguam quod apparet extra imaginantem.“ De
corpore, P. I I , cap. 7, $ 2 (p. 50).
») A. a. O., $ 3‐ 12. ‐ Vgl. bes‘: „Examinatio et emendatio
Mathematicae Hodiernae“, Dial. I I , p. 39: „Divisio est opus intel‑
lecius, intellectu facimus partes ... I d e m e r g o est partes
facere, quod partes c o n s i d e r a r e “
8) „Intellecto jam, quid sit Spatium . . supponamus dein‑
ceps aliquid .. rursus reponi, sive creari denuo; necesse ergo est,
ut creatum illud sive repositum non modo occupet aliquam dicti
spatii partem, sive cum ea coincidat et coextendatur, sed etiam
esse aliquid, quod ab imaginatione nostra non dependet. Hoc
autem ipsum est quod appellari solet, p r o p t e r E x t e n s i o n e m
quidem, Corpus; propter independentiam autem a nostra cogi‑
tatione subsistens p e r se, et propterea quod extra nos subsistit,
Existens; denique quia sub spatio imaginario substerni et sup‑
poni videtur, ut n o n sensibus, sed r a t i o n e t a n t u m a l i q u i d

Digilized hy Google
<
Hobbes. . 655

i b i esse i n t e l l i g a t u r, Suppositum e t Subjectum. Itaque


definitio corporis hujusmodi est: Corpus est guicquid non depen‑
dens a nostra cogitatione cum spatii parte aliqua coincidit vel
coextenditur.“ De corpore, P. I I , Cap. VIII, $ 1 (p. 54£.).
st) „Corpora itaque et accidentia, sub quibus varie apparent,
i t a differunt, ut corpora quidem sint r e s n o n genitae, accidentia
vero g e n i t a , sed n o n res.“ De corpore, P. I I , Cap. V I I , $ 20.
(p. 62)
s) A. a. O.,$ 5 (p. 56.)
36) De corpore, P. UI, Cap. V I I , $ 1 (p. 49).
s’) Treffend bemerkt L y o n (La philosophie de Hobbes,
Paris 1893, S. 67.) „Son espace est en lui; son temps est en lui,
et sa vaine distinction entre la grandeur et le lieu, n’a pu faire
que mouvement et corps ne fussent egalement en lui. L’univers
qu’il a reforme des materiaux mis en: oeuvre par la raison pure
ne s’est point detache de cette raison. Ce monde geometrique est
quelque chose encore de la pensee qui l’engendre.“
3) „Phaenomenön autem omnium, quae prope nos existunt,
id ipsum tö paivsoda: est admirabilissimum, nimirum in
corporibus naturalibus alia omnium fere r e r u m , alia nullarum
in se ipsis exemplaria habere; adeo ut, si Phaenomena principia
cognoscendi sunt caetera, sensionem cognoscendi ipsa principia
principium esse, scientiamque omnem ab ea derivari dicendum
est: e t a d c a u s a r u m ejus i n v e s t i g a t i o n e m a b a l i o P h a e ‑
n o m e n o praeter e a m ipsam i n i t i u m s u m i n o n posse.
Sed quo, inquies, sensu contemplabimur sensionem? Eodem
i p s o , scilicet aliorum sensibilium etsi praetereuntium, ad aliquod
tamen tempus manens Memoria. Nam sentire se sensisse, me‑
minisse est.“ De Corpore, P. IV., Cap. 25 (p. 192f.).
8) Deutlich tritt diese Umkehrung bereits in der Darstellung
der Wahrnehmungstheorie hervor, die in Hobbes’ frühester Schrift,
den „Elements of law“ enthalten ist. Auch hier wird anfangs
betont, dass die Untersuchung sich lediglich auf das Gebiet der
Phaenomene und Vorstellungen selbst beziehen soll, wobei
wir, nach der bekannten methodischen Fiktion, die äussere
Existenz als vernichtet denken, um desto reiner n u r den Inhait
und den gesetzlichen Zusammenhang unser „Bilder“ und „Be‑
griffe* zu betrachten. Gleich darauf aber wird völlig unvermittelt

Digilized hy Google
<
656 Zu Buch V, Cap. 2.

die d o g m a t i s c h e Voraussetzung proklamiert, d i e Hobbes’ Psy‑


chologie zu Grunde liegt: „alle unsere Begriffe staımmen ursprüng
l i c h von einer E i n w i r k u n g des Dinges s e l b s t h e r , a u f weiche
der Begriff sich bezieht.“ S. die Elements of law, P a r t . I, chap.
1 u . 2 (ed. Tönuies, S. 2f.).
4) $. Leviathan, Pars I, Cap. 3 (p. 9ff.); vgl bes. „Elements
of law“, P. I, chap. 4. (Tönnies S. 13 ff.)

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<
nn mn m nn
Zu Buch V, Cap. 3.
Locke.
I.
}) An Essay concerning human understanding Buch I, Chap. 1,
sect. 4.
3) Diese nahe Uebereinstimmung zwischen den Eingangs‑
sätzen von Lockes Essay und Descartes’ „Regulae ad directionem
ingenii“ wird nunmehr auch von R i e h l anerkannt und hervor‑
gehoben (Anfänge des Kritizismus‐Methodologisches aus Kant:
Kant-Studien IX, 495 f f . Trotzdem hält Riehl an dem Urteil fest,
dass „Descartes’ Meditationen nicht zur Geschichte der kritischen
Philosophie gehören und diese Geschichte somit wirklich nicht
älter sei, als das Buch Lockes“. „Descartes dachte noch dog‑
matisch. Er sah in der Klarheit und Deutlichkeit an sich schon
den hinlänglichen Beweis für die Wahrheit einer Perception und
die Wirklichkeit ihres Gegenstandes; und wenn er auf das Sub‑
jekt zurückgreift, auf das Sein des denkenden Ich, so geschieht
es in der ausgesprochenen Absicht, von dieser klarsten und
deutlichsten Perception aus in methodischem Fortschritt, an dem
Faden einer lückenlosen Deduktion, zu ebenso wahren und wirk‑
lichen Begriffen von den äusseren Dingen zu gelangen. Sein Ziel
ist, das Dasein der Aussenwelt ausser Zweifel zu setzen und unter
einem das Wesen der körperlichen Natur zu begreifen.“ Die
Darstellung des ersten Bandes hat indessen gezeigt, dass das
kritische Grundmotiv der Regeln in der Ausgestaltung der. wissen‑
schaftlichen Prinzipienlehre zunächst seine völlig selbständige
und konsequente Fortbildung erfuhr. (Vgl. Bd. I, S. 380 ff) Diese
Entwicklung wird dadurch, dass die letzten Ergebnisse der
Cartesischen Metaphysik i h r widerstreiten, nicht um ihren
W e r t und um ihre geschichtliche Wirkung gebracht. Uebrigens
42

Digilized hy Google
<
658 Zu Buch V, Cap. 3.

beschränkt sich auch Lockes Kritik lediglich auf die „zusammen‑


gesetzten“ Vorstellungen, während sie vor den „einfachen“ Halt
macht: gilt es i h r doch als ein feststehendes metaphysisches
A x i o m , dass jede einfache Empfindung i h r unmittelbares Kor‑
relat und ihre dingliche Entsprechung in einer an sich bestehen‑
den Körperwelt besitzt. (Vgl. Anm. 34.)
8) Essay Book I, chap. 1, sect. 2.
4 Essay Book I V, chap. 12, sect. 6; vgl. bes. Book I, chap. 3.
sect. 24‐26. ‐ Vgl. hierzu die Ausführungen von Fraser, Locke,
Edinb. and London 18%, S. 113 ff..
5) „Universal and ready assent upon hearing and understan‑
ding the terms, is, I grant, amark ofself-evidence: but self evi‑
dence, depending not on innate impressions, but on something else
(as we shall show hereafter) belongs to several propositions, which
nobody was yet so extravagant asto pretend to be innate“. Vgl. hrz.
die Darstellung von Lockes Wa h r h e i t s b e g r i ff (ob. S . 185 fl.)
®%) Essay, I, 4, $ 24 u. 25.
” Essay, I, 2, $ 15.
8), Essay I I , 1, $ 24.
%S ) . hrz. Georg v. H e r t l i n g , John Locke und die Schule
von Cambridge, Freiburg i. B. 1892, S. 1 ff.
10) Essay II, 1, $ 25.
u) Vgl. bes. Essay II, 11: Of discerning and other operations
of the mind (bes. $ 6 und 9).
12) Essay I I , 22, $ 8.
ı8) Essay I I , 32, $ 6.
4) Essay II, 11, $ 17.
15) S, bes. Essay I I , 7, $ 1 und $ 7‐8, sowie Essay I I , 21, 1.
16) Essay I I , 17, $ 15.
ı) Essay II, 17, $ 9.
18) Essay II, 17, 5 4.
19) Essay I I , 13, $ 1.
®) Essay II, 13, $ 10 u. 27.
21) Vgl. bes. Essay I l , 17, $ 7 ‐ 9 .
22) „Space in itself seems to be nothing but a capacity, or
possibility, for extended beings or bodies to be, or exist, which
we are apt to conceive infinite; for tbere being in nothing no
resistance, we have a conception very natural and very true,

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<
Locke. 659

that let bodies be already as far extended as you will, yet, if other
new bodies should be created, they might exist, where there are
now no bodies , . . And because we have by our acquaintance
with bodies got the idea of the figure and distance of the super‑
ficial part of a globe of a foot diameter, we are apt to imagine
the space, where the globe exists to be really something, to have
a real existence before and after its existence there. Whereas,
in truth, it is r e a l l y n o t h i n g , and so has no opposition or
resistance to the being of such a body there; though we, applying
the idea of a natural globe, are apt to conceive it as something
so far extended, and these are properly the imaginary spaces
which are so much disputed o f . . . W e r e there no beings at
a l l , we m i g h t t r u l y say t h e r e w e r e no distance The
fallacy we put upon ourselves which inclines us to think other‑
wise is this, that whenever we talk of distance, we first suppose
some real beings existing separate from another, and that,
without taking notice of that supposition, and the relation, that
results from their placing one in reference to another, we are
apt to consider that space as some positive real being existing
without them: whereas, as it seems to me, to be but a bare
relation.“ (1677) (The Life and Letters of John Locke, with
extracts from his journals and Common-Place books. By L o r d
K i n g . New edition, London 1864, S. 3 3f.) 6
23) Lockes Reisetagebuch, Eintragung v o m 27. März 1676. ‑
(S. Ausg. Lord King, a. a. O. S. 66.)
%) „That wbich makes us so apt to mistake in this point,
I think, is this, that having been all our lifetime accustomed to
speak ourselves, and hear all others speak of space, in phrases
that import it to be a real thing, .. we come to be possessed
with this prejudice that it is a real thing and not a bare relation.
And that which helps to it is, that by constant conversing with
real sensible things, which have this relation of distance one to
another, which we, by the reason just now mentioned, mistake
for a real positive thing, we are apt to think that it as really
exists beyond the utmost extents of all bodies or finite beings,
though there be no such beings there to sustain it, as it does
here amongst bodies, ‐ which is not irue.“ Miscellaneous
Papers, 1678, ed. Lord King, a. a. O. S. 341.
42

Digilized hy Google
' <
660 Zu Buch V, Cap. 3.

2») Essay I I , 13, $ 24.


26, Vgl. hrz. bes. die „Miscellaneous Papers“ 1678, a. a. O.
S. 338. ‐ Ueber Lockes Raumlehre u. i h r Verhältnis zu Henry
More s. v. H e r t l i n g , John Locke u. die Schule von Cambridge,
bes. S. 180 ff.
27) Essay I I , 13, $ 23.
28) S. Essay I I , 13, $ 11‐ 13.
2) „ We have as clear an idea of succession and duration
by the train of other ideas succeeding one anotber in our minds
without the idea of any motion, as by the train of ideas caused
by the uninterrupted sensible change of, distance between two
bodies which we have from motion; and therefore we should as
well have t h e idea of duration, were there no sense of
m o t i o n at all.“ (Essay, I I , 14, $ 16.)
%) Essay I I , 14, $ 21.
31) S. hrz. Riehl, Der philosophische Kriticismus I, S. 45.
») S. Essay II, 16,5 3 u. 4.
ss) Essay, II, 7, $ 10.
s) „Our simple ideas are all real, all agree to ihe reality
of things“ Essay I I , 30, 2. ‐ „How shall the mind, when it
perceives nothing but its own ideas know that they agree with
things themselves? This, though it seems not to want difficulty,
yet I think there be two sorts of ideas that we may be assured
agree with things. The first are simple ideas, which since the
mind, as has been showed, can by no means make to itself,
m u s t necessarily be the p r o d u c t of t h i n g s o p e r a t i n g on
t h e m i n d in a natural way and producing therein those percep‑
tions which by the wisdom and w i l l of our Maker they are or‑
dained aud adapted t o . . . And this conformity between our
simple ideas and the existence of things is sufficient for real
knowledge“ (IV, 4, $ 3 u. 4).
8) Essay I I , 8, 3 18.

nl.
3) „ I f the perception thatthe same ideas w i l l e t e r n a l l y
have t h e same h a b i t u d e s and t h e same r e l a t i o n s b e n o t a
sufficient ground of knowledge, there could be no knowledge of

Digilized hy Google
oO
Locke. 661

general propositions in mathematics; for no mathematical de‑


monstration would be any other than particular: and when a
m a n had demonstrated any proposition concerning one triaugle
or circle, his knowledge would not reach beyond that particular
diagram. If he would extend it farther, he must renew his de‑
monstration in another instance, before he could know it to be
true in another like triangle and so o n : by w h i c h m e a n s o n e
c o u l d n e v e r c o m e t o t h e k n o w l e d g e o f a n y general p r o ‑
positions.“ (Essay I V, 1,5 9 . )
#7) „The cyphers or marks help not the mind at all to per‑
ceive the agreement of any two or more numbers, their equalities
or proportions: t h a t t h e m i n d h a s o n l y by i n t u i t i o n of i t s
o w n ideas o f t h e n u m b e r s themselves. But the numerical
characters are helps to the memory to record and retain the
several ideas about which the demonstration is made, whereby
a man may know, how far his intuitive knowledge in surveying
several of the particulars has proceeded.“ (Essay I V, 3. $ 19.)
s) Essay IV, 2, $ 1.
») S. bes. Essay IV, 1, $ 7; I V, 2,3 14 u. ö.
#) Essay I V, 6, $ 10.
11) Therefore I am apt to doubt, that how far soever human
industry may advance useful and experimental philosophy in
physical things, s c i e n t i fi c a l w i l l s t i l l b e o u t o f o u r r e a c h . .
Distinct ideas of the several sorts of bodies that fall under the
examination of o u r senses perhaps we may have; b u t adequate
ideas, I suspect, we have not of any one amongst them. And
though the former of these will serve us for common use and
discourse; yet whilst we want the latter, we a r e n o t capable
o f s c i e n t i fi c a l k n o w l e d g e , n o r shall ever b e able t o discover
general instructive, unquestionable truths concerning them. Cer‑
t a i n t y a n d demonstration a r e t h i n g s we m u s t n o t in
t h e s e m a t t e r s p r e t e n d t o . “ (Essay I V, 3 $ 26.)
#2) Vgl. bes. I V, 12, $ 10: „I deny not but a m a n accustomed
to rational and regular experiments shall be able to see farther
into the nature of bodies, and guess righter at their yet unknown
properties, than one that is a stranger to them; but yet... this
is but judgement and opinion, n o t knowledge and certainty.
Tbis way of getting and improving o u r knowledge in substances

Digilized hy Google
<
662 Zu Buch V, Cap. 3.

only by experience and history, which is a l l that the weakness


of our faculties in this state of mediocrity which we are in this
world can attain to, makes me suspect t h a t n a t u r a l p h i l o ‑
sophy is n o t capable of b e i n g made a science.“
#8) Essay I V, 3, $ 25.
4) S. hrz. z. B. Essay IV, 4, $ 8 u. ö.

II.
4) Essay I I , 23, $ 2.
#6) S. z. B. Essay II, 23, 3: „These and the like fashions ot
speaking intimate that the substance is supposed always some‑
thing besides the extension, figure, solidity, motion, thinking or
other observable ideas, though we know not what it is.“ ‐ „The
ideas of substances are such combinations of simple ideas as
are taken to represent distinct particular things subsisting by
themselves, in w h i c h t h e supposed or confused idea of
substance, such as it is, is always t h e fi r s t and c h i e f “
(Essay I l , 12, $ 6.)
47) Vgl. Anm. 4l.
«) Essay III, 11, $ 233; vgl. III, 6,3 u. s.
4) S. bes. Essay II, 23. $ 13; IV, 3, $ 27 u. s.
50%) Essay II, 23, $ 32.

51) $. Essay IV, 3,$ 23 u s .


2, S. Essay I I , 12, $ 8.
ss) Essay I l , 28, $ 19.
»4) Essay I l , 21, 8 3.
5) S, Fraser, Locke, S. 129ff.

Digilized hy Google
< _ . ‑
Zu Buch V,
Zu Buch Cap. 4.
V, Cap. 4.
Berkeley.
Berkeley.
1.
1) Berkeley, An essay towards a new
1 )B e r k e l e y, A n essay towards theory ooff vision.
new theory vision.
(1709) 8
(1709) 11. -‐ Vgl.
$ 11. Vgl. §$ 22,, 41, 43, 45,
41, 43, 45, 46,
46, 777 uu.. ss. .
22) New theory of vision
) New vision §$ 3. 3.
8) Descartes, Dioptrik,
8)Descartes, Dioptrik, Cap. Cap. VI, sect. 17.
VI, sect. 17.
1) Vgl.
4) g l . New
New theory of vision $§ 70: 70: „That
„That whichwhich is is unper‑
unper-
cceived
e i v e d cannot suggest to
cannot suggest to our perception any other tthing“;
our perception h i n g ; s.
s. a.
a.
aa. .a. aO.. 8019,. §8$ 90% 1uu.9.öo., .
5) g l . New
o) Vgl. New theory of vision vision §$ 12, 12, 14,
14, 22.22.
) New
66) New theory
theory oof vision §$ 58,
f vision 58, vgl.
vgl. $§ 3, 3, 4,4, 24
24 u. u. s.
s.
”) The theory
1) The theory of vision vision vindicated
vindicated and and explained
explained (1733), (1733),
§s 43. 43. - ‐ vgl. bes. $
g l . bes. 37: „The
§ 37: knowledge of these
„The knowledge these connexions,
connexions,
relations,
relations, and and differences
differences of things visible visible and and tangible,
tangible, their their
nature, force and significancy
nature, force and significancy hath not been hath not been duly considered
considered by by
former
f o r m e r writers writers in Optics, Optics, aand seems to have
n d seems have beenbeen the great de‑
the great de-
s i d eerraattuum m iinn thatthat science,
science, whichwhich for want thereof
for want thereof was con‑ con-
fused
fused and imperfect. A
and imperfect. Treatise, iherefore,
A Treatise, therefore, o off this p h i llo s o pphhiiccaall
kind,
k i n d , for the the understanding
understanding of Vision, Vision, is is at least as
at least necessary as
as necessary as
tthe physical consideration
h e pbysical consideration of the nerve, coats,
eye, nerve,
the eye, coats, humours,
humours,
refractions,
refractions, bodily bodily nature
nature and motion of light,
and motion light, or the the geometrical
geometrical
application
application of lines aand
of lines angles for praxis
n d angles praxis or o r theory.“
theory."
88)S.
) S. New theory of vision,
New theory vision, $ 103, $
§ 103, § 158.
158.
9®)) gVgl.
l . bes.
bes. The theory of vision
The theory vision vindicated and and explained
explained
§$ 9: „Besides „Besides things things properly
properly and and immediately
immediately pperceived e r c e i v e d by by
a n y sense,
any sense, there there may may be be also h i n g s suggested
also o t h eerr tthings suggested to tthe he
m i nn dd by means of
by means those proper
of those proper and immediate objects;
and immediate objects; w h i c hh
t h i n g s so u g g e s t e d a r ee n oott oobjects
so ssuggested b j e c t s ofof t h aatt sense,
s e n s e , b e i n gg
i n t r u tt hh o nnll yy oobjects b j e c t s o f t h ee i m a gg ii n aattii oo nn aa nn dd o r i g i n aall l y
bb eell oo nnggii nngg t o s s oommee o t hheerr s ee n ss ee oorr ffaculty.
a c u l t y. “
* E3
*

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DualrdA Google
Digilized hy
<
664 Zu Buch V, Cap. 4.

u.
10)Vgl. bes. New theory of vision $ 111: „ F o r a l l visible
things are equally in t h e m i n d , and take up no p a r t of ihe
external space; and consequently are equidistant f r o m any tan‑
gible thing, which exists without the mind.“ s . a . $ 74, . us
11) A treatise concerning the principles of h u m a n knowledge
(1710), $ 4.
12), S, Locke, Essay I V, 7, $ 9 u. Berkeleys Bemerkungen:
Principles of human knowledge, Introduction, $ 13. N e w theory
of vision, $ 125.
13) Principles of human knowledge, Introduction, $ 12.
4) Vgl. Bd. I, S. 145ff. u. 210f.
' $ ) „How then is it possible that things perpetually fleeting
and variable as o u r ideas should be copies or images of anv‑
thing fixed and constant? Or, in other words, since a l l sensible
qualities, as size, figure, colour etc., that is our ideas a r e conti‑
nually changing upon every alteration in the distance, medium
or instruments of sensation; how can any determinate material
objects be properly represented or painted forth by several di‑
stinct things, each of which is so different from and unlike the
rest.“ ( T h r e e Dialogues between Hylas and Philonous, [1713]
Dialog I, gegen Ende.)
ı6) $. Principles of human knowledge, $ 142.
17, $. Principles of human knowledge, $ 5; vgl. bes. $ iu.
8 u. s.
18) Vgl. bes. Dialogues between Hylas and Philonous. I l l
„ihese and the like objections vanish, if we do not maintain the
being of absolute external originals, but place the reality of things
in ideas, fleeting indeed and changeable; however not changed
at random, but according to t h e fi x e d o r d e r o f n a t u r e . For,
h e r e i n consists t h a t constancy and t r u t h of t h i n g s w h i c h
s e c u r e s a l l i h e c o n c e r n s o fl i f e a n d d i s t i n g u i s h e s that
w h i c h i s r e a l f r o m t h e i r r e g u l a r visions o f f a n c y. “ Vgl.
hiermit die Leibnizische Definition der „Realität“ der Sinnen‑
dinge, in der das Moment der Uebereinstimmung, wie das des
Gegensatzes gleich scharf heraustritt: Bd. I, S. 570, Anm. 14.
1) S. das von F r a s e r veröffentlichte wissenschaftliche
Tagebuch Berkeleys aus seiner frühesten Epoche: Common‑

Digilized hy Google
<
Berkeley. 665

place B o o k (1705‐08). ( W o r k s of Berkeley, edit. by Alexander


C a m p b e l l Fraser, 4 vol, New edit., Oxford 1%1, I , 65.)
20) Vgl. bes. Dialogues I (gegen Ende): „I grant we may in
one acceptation be said to perceive sensible things mediately
by sense ‐ that is, when, from a frequently perceived connexion,
the immediate perception of ideas by one sense suggests to the
mind others, perhaps belonging to another sense, which are wont
to be connected w i t h them. For instance, when I hear a coach
drive along the streets, immediately I perceive only tbe sound;
but, from the experience I have had that such a sound is
connected with a coach, I am said to hear the coach.“
sı) Principles of human knowledge, Introd., $ 24.
22) Ueber die Newtonische Wahrnehmungstheorie s. ob.
S. 437 £.
28) „Hylas u. Philonous“ bes. Dialog I I . Vgl. Principles $ 8,
18 f., 24, 45, 56, 57, 79 u. s. ‐ Vgl. bereits das Commonplace
Book: „The philosophers talk much of a distinction twixt ab‑
solute and relative ihings or twixt things considered in their
own nature and the same things considered with respect to us.
I k n o w n o t w h a t they m e a n by t h i n g s considered in
themselves. This is nonsense, jargon “ (Fraser I. 53.)
21) $. Principles of human knowledge $ 8; Dialoge I; Theory
of vision vindicated and explained $ 26 u. s.
&) „The supposition that things are distinct from ideas
takes away all real truth and consequentiy brings in a universal
scepticism: since all our knowledge and contemplation is con‑
fin’d barely to our own ideas.“ Commonplace Book (Fraser
I, 30). Vgl. bes. Principles x 40, 86, 87 u. die Dialoge zwischen
Hylas u. Philonous, die diesen Gedanken beständig von neuem
einschärfen und mannigfach variieren.
26) Vgl. Commonplace Book I, 17: „ t i s on t h e disco‑
v e r i n g o f t h e n a t u r e a n d m e a n i n g and i m p o r t o f
...
E x i s t e n c e t h a t I c h i e fl y i n s i s t “ „Let it n o t to be
s a i d t h a t I t a k e away existence. I o n l y declare t h e
m e a n i n g of t h e w o r d , so far as I can comprehend it.“
(ebda. I, 29.)
') „To all which, and whatever else of the same sort may
be objected, I answer that by the principles premised, we are

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<
666 Zu Buch V, Cap. 4.

not deprived of any one thing in nature. Whatever we see, feel,


hear or anywise conceive or understand remains as secure as
ever, and i s a s real a s ever. T h e r e i s a r e r u m n a t u r a and
the distinction between realities and chimeras retains its full
force.“ Principles $ 34. ‐ Vgl. bes. Commonplace Book I, 8.
28) Vgl. Principles $ 62, $ 105 u. s.
®) Principles, $ 65, 108 u. s. ‐ Vgl. bes. die Schrift „De
motu“ (1721).
5) „De motu“ $ 6, 17, 28,39 u. s.
51) Ueber diese Polemik s. Buch VI, Cap. 2, ob. S. 340 ff.
* * *

III.
3) „Universality, so far as I can comprehend, not consisis
in the absolute positive nature or conception of anything, but in
the relation it bears to the particulars signified or represented
by it.“ Principles, Introd. $ 15.
ss) S. Principles, Introd., $ 16. ‐ Die zuletzt angeführten
Sätze sind ein Zusatz der zweiten Ausgabe von 1734.
4) Vgl. hrz. die treffenden Einwendungen Husserls gegen
Berkeleys Repräsentationstheorie: Logische Untersuchungen,
Halle 1901, I I , 176 £f.
3) Commonplace book I, 9: No reasoning about things
wherof we bave no ideas, therefore no reasoning about infinite‑
simals. Vgl. Principles $ 130, 132.
s) „We cannot i m a g i n e a line or space infinitely great ‑
therefore absurd to talk or make propositions about i t . We can‑
not imagine a line, space etc. quovis dato majus. S i n c e y ' t
w h a t we i m a g i n e m u s t be d a t u m aliquod, a thing can not
be greater than itself.“ Commonplace book I, 9.
87) The Analyst (1734), $ 4.
88) „ I t i s also t o b e remarked thata l l relations including
a n a c t o f t h e m i n d , w e c a n n o t s o p r o p e r l y b e said t o
h a v e a n idea, b u t r a t h e r a n o t i o n o f t h e r e l a t i o n s and
habitudes b e t w e e n t h i n g s . “ Principles $ 142 (Zusatz der
zweiten Aufl.)

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<
Berkeley. 667

5) Vgl. hrz. S. 235 ff.


“) „One square cannot be double of another. Hence the
Pythagoric theorem is false.“ Commonplace book I, 19. ‐ Vgl.
ebda. I, 14, 20ff, 81, 88; New theory of vision. $ 112 u. s.
41) „The Analyst“, vgl. bes. Query 33 u. 34.
“#) Vgl. hrz. Bd. I, S. 363 ff.
#) Commonplace book I, 91.
4) Dialogues between Hylas and Philonous I I I .
45) Principles $ 102 u. ö.
4%) Dialogues between Hylas and Philonous I.
#7) Vgl. bes. Dialogues I I : „All the notion I have of God is
obtained by reflexion on my own soul, heigthening its powers
and removing its imperfections.“
#8) Vgl. hrz. Raoul R i c h t e r in d. Einleitung z u r Ueber‑
setzung der Dialoge zwischen Hylas u. Philonous. (Philos. Bibl.
Bd. 102) S. XV£.
#) S. hrz. besond. die Darstellung im „Alciphron“ (1732),
bes. Dialog IV, $ 7.
* *

I V.
®) Principles $ 2; vgl. $ 27, 28, 135‐39.
sı) Principles $ 89, vgl. bes. $ 142 (Zusätze der 2. Aufig. von
1734); m a n vgl. die analogen Ergänzungen, die in der dritten und
letzten Ausgabe der Dialoge, die ebenfalls 1734 erschien, zu Be‑
ginn des dritten Dialogs, hinzugekommen sind. In der ersten
Ausgabe der „Principien“ sind „idea“ und „notion“ noch gleich‑
bedeutend gebraucht.
52) $. bes. Dialoge I I I : „I own I have properly no idea,
either of God or any other spirit; for these being active, cannot
be represented by things perfectiy inert, as our ideas are. I do
nevertheless know that I, who ama spirit or thinking substance,
exist as certainly as I know my ideas exist. F a r t h e rI know
wbat I mean by the terms I and myself; and Iknow t h i s i m m e ‑
d i a t e l y o r i n t u i t i v e l y, though I d o not perceive i t a sI per‑
ceive a triangle, a colour, a sound. The Mind, Spirit, or Soul is

Digilized hy Google
<
668 Zu Buch V, Cap. 4.

that indivisible unextended thing which thinks, acts, and r‑


ceives.“ (Zusatz der letzten Ausgabe.) ‐ A u c h die „Refleis‑
bedeutet bei Berkeley kein „diskursives“ Verfahren, sonder
lediglich den intuitiven Akt, in dem das I c h sich selbst u.
seine Wesenheit erfasst; sie kann daher dem „inneren Seil
gefühl“ (inward feeling) unmittelbar gleichgesetzt werden.
ss) „Mind is a congeries of perceptions. Take away je
ceptions and you take away the mind. Put t h e perceptions a
you put the mind.“ Commonplace book I, 27 f.
5) Dialoge III. (Zus. der letzten’ Ausgabe).
s) „I do by no means find fault with y o u r reasoning i
that you collect a cause from the phenomena; but I den
that t h e cause d e d u c i b l e b y r e a s o n can properly b etermt.
matter.“ .. „I assert as well as you that, since we are affecte:
from without, we must allow powers to be without, in a bein
distinct from ourselves. So far we are agreed. But then *
differ as to the kind of this powerful being. I will have ib
be Spirit, you Matler .. .“ etc. (Dialoge II u. I I I )
6) „ To perceive is one thing; to judge is another. X
likewise, to be suggested is one thing, and to be inferred anothrr
Things are suggested and perceived by sense. We make jud
gements and inferences b y the u n d e r s t a n d i n g . What t
immediately and properly perceive by sigbt is its primary objet
light and colours. What is suggested, or perceived by mediatin
thereof, are tangible ideas, wbich may be considered assecondar!
and improper objects of sight. We i n f e r causes f r o m effeci.
effects f r o m causes and properties one from another, whe!
t h e connexion is necessary. But how comes it to #*
that we apprehend by the ideas of sight certain otber ideas
which neither resemble them, n o r cause them, nor have al
necessary connexion with them“? etc. The theory of vision
vindicated $ 42. ‑
v.
»") Dialoge zw. Hylas u. Philonous, I I . .
se) S i r i s , a chain of philosophical reflexions and inquin®
concerning the virtues of tar-water (1744) $ 237. ‐ Vgl bes
Aleiphron, Dialog I V, $ 14.

Digitienel hy Google
<
Berkeley. 669

®) Dialoge I: „Do you mean the principles and theorems


o f sciences? But these you know are universal i n t e l l e c t u a l
n o t i o n s , and consequentiy independent of Matter; the denial
therefore of this doth not imply the denying them.“
®) Alciphron: or, ihe Minute Philosopher in seven dialogues:
11732), Dialog VII, sect. 11 u. 12.
6) „ I f I mistake not, all sciences, so far as they are universal
and demonstrable by human reason, w i l l be found conversant
about signs as their immediate object, though these in the
application are referred 10 tbings“. Alciphron VII, sect. 13.
#2) Alciphron VIl, sect. 14.
6 ) „The signs, indeed, d o i n their use imply r e l a t i o n s o r
p r o p o r t i o n s o f things: but ihese relations are not abstract
general ideas, being founded in particular things, and not making
of themselves distinct ideas to the mind, exclusive of the parti‑
cular ideas and the signs* Alciphron VII, sect. 12. (Erläuternder
Zusatz der dritten Ausgabe von 1752.)
#4) Alciphron VII, sect. 7.
65) Siris (1744); N 294.
6) Siris 3 264.
6) Siris $ 297.
#6) „ We must w i t h t h e mob place certainty in ihe senses“
(Commonplace book I, 44). ‐ „Pure intellect ‐ I understand not“
(ebda. I, 51) vgl. 1,23 u. s.
6%) Siris, $ 338 u. $ 335; betreffs des Verhältnisses zu Plato
vgl. noch $ 296, 332, 3 4 5 f . u. ö.
”, L e i b n i z , Philosoph. Schriften, hg. von Gerhardt, vIl,
147 f f ‐. Näheres hierüber jn meiner Ausgabe von Leibniz’ Haupt‑
schriften z u r Grundlegung der Philosophie, Bd. II, S. 459 £.
1) $. Siris $ 308 u. 309.
?2) Siris $ 305.
’s) „Say you pure intellect must be judge. I reply that line
a n d triangles are not operations of the mind“. Commonplace-book
(1705‐08) I, 22.
74) Commonplace book I, 88: „The folly of the mathe‑
maticians in not judging of sensations by their senses. Reason
w a s given u s f o r n o b l e r uses“.
’) „Intellectus purus . .. versatur tantum circa r e s spiri‑

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670 Zu Buch V, Cap. 4.

t u a l e s et inextensas, cujusmodi sunt mentes nostrae earumgt:


habitus, passiones virtutes, et similia.“ De m o t u (1721), $3.
?) Commonplace book I, 11f.
7) De motu (1721), $ 41, 42. ‐ The Analyst (1734), Quer
49: „Whether there b e not really a p h i l o s o p h i a prima,ı
c e r t a i n transscendental science superior to and mor
extensive than mathematics, which it might behove our moden
analysts rather t o learn ihan despise.“ Vgl. bes. P r i n c i p l$Iens
„Mathematicians, though they deduce their theorems fromı
great height of evidence, yet their first principles are limited bi
the consideration of quantity: and they do not descend into an
inquiry c o n c e r n i n g those transscendental maxims whic
influence all the particular sciences.“
8) De motu, $ 71 u. 72.
) Kants Urteil über Berkeley, das man so häufig als im;
und ungerecht bekämpft hat, erscheint daher durchaus ver
ständlich und zutreffend, wenn man nicht den Ausgangspunkt,
sondern das Endziel von Berkeleys Idealismus ins Auge fast
„Raum und Zeit, samt allem was sie in sich enthalten ‐ ®
heisst es in den Prolegomena ‐, sind nicht die Dinge oder dere
Eigenschaften an sich selbst, sondern gebören bloss zu Erschi‑
nungen derselben; bis dahin bin ich m i t jenen Idealisten auf einen
Bekenntnisse. Allein diese, und unter ihnen vornehmlich Ber‑
k e l e y, sahen den Raum für eine bloss empirische Vorstellus;
an, die ebenso, wie die Erscheinungen in ihm, uns nur \er
mittelst der Erfahrung oder Wahrnehmung, zusammt allen sein!
Bestimmungen bekannt würde; i c h dagegen zeige zuerst, dass dt!
Raum (und ebenso die Zeit, auf welche Berkeley nicht Adı
hatte) samt allen seinen Bestimmungen a p r i o r i von u n s !
k a n n t werden könne, weil er sowohl, als die Zeit uns \
aller Wahrnehmung oder Erfahrung, als reine Form unse!
Sinnlichkeit beiwohnt und alle Anschauung derselben, mithit
auch alle Erscheinungen möglich macht. Hieraus folgt, das
da Wahrheit auf allgemeinen und notwendigen Gesetzen, als ihre!
Kriterien beruht, d i e E r f a h r u n g b e i Berkeley keine Ä'
t e r i e n d e r W a h r h e i t h a b e n k ö n n e , weil den Erscheinung?
derselben von i h m nichts a priori zugrunde gelegt ward [vgl. bie"
zu oben S. 4 0 f ] ; woraus dann folgte, dass sie nichts als Jauier

D i n a , GOOQIEC |
<
>
Berkeley. 671

Schein sei, dagegen bei uns Raum und Zeit (in Verbindung m i t
den reinen Verstandesbegriffen) a priori aller möglichen Er‑
fahrung i h r Gesetz vorschreiben, welches zugleich das sichere
Kriterium abgibt, in i h r Wahrheit von Schein zu unterscheiden...
Der e i g e n t l i c h e I d e a l i s m u s h a t jederzeit eineschwärme‑
r i s c h e A b s i c h t u n d k a n n a u c h k e i n e andere haben, der
meinige aber ist lediglich dazu, die Möglichkeit unserer E r ‑
kenntnis a priori von Gegenständen der Erfahrung zu begreifen,
welches ein Problem ist, das bisher noch nicht aufgelöst, ja nicht
einmal aufgeworfen worden.“ „Der Satz aller ächten Idealisten,
v o n der eleatischen Schule an bis zum Bischof Berkeley, ist in
dieser Formel enthalten: „alle E r k e n n t n i s d u r c h S i n n e u n d
E r f a h r u n g i s t n i c h t s als l a u t e r Schein, u n d n u r i n den
Ideen des r e i n e n Verstandes u n d V e r n u n f t i s t Wahr‑
h e i t . “ „Der Grundsatz der meinen Idealismus durchgängig
regiert und bestimmt, ist dagegen: „alle Erkenntnis von Dingen
aus blossem reinen Verstande oder reiner Vernunft ist nichts, als
lauter Schein, und n u r in der Erfahrung ist Wahrheit.“ (Pro‑
legomena, Anhang.) So sonderbar diese Darstellung von Ber‑
keleys Lehre erscheinen muss, wenn m a n sie ‐ wie es z. B.
J a n i t s c h (Kants Urteile über Berkeley, Diss, Strassburg 1879)
getan h a t . ‐ an den „Principles of human knowledge“ misst:
so schlagend giebt sie die Grundanschauung von Berkeleys letzter
Epoche wieder.!) Man wird daber annebmen müssen, dass Kant

1)$8, z. B. Siris $ 292/94: „Natural phenomena are only natural appea‑


rances, They are, therefore, such as we see and perceive tbeın. Their
real and objective natures are, therefore, the same: passive without anything
active, flnent and changing without anything permanent in them, However,
as these make the first impressions ... t h e y a n d t h e pbantoms t h a t
r e s u l t f r o ı n those appearances, t h e c h i l d r e n of i m a g i n a t i o n
g r a f t e d upon Sense, ‐ such for example a s pure space ‐ are thought
by many the first in existence and stability and to embrace and comprehend
a l l other beings .. But when we enter the province of the philosophia
p r i m a [d. h. das Gebiet der „reinen Vernunfterwägung“ 8. 0b.S 240f.], we
discover a n o t h e r o r d e r of beings, mind and i t s acts, permanent being,
n o t dependent on corporesl things, n o r resulting, n o r connected, n o r con‑
tained; but containing, connecting, enlivening the whole frame; and im‑
parting those motions, forms, qnalities, and that order and symmetry to all

Digilized hy Google
<
672 Zu Buch V, Cap. 4.

seine Auffassung der Lehre Berkeleys nicht aus dem Studium


der „Principien“, sondern aus der „Siris“ gewonnen hat. Dass
er diese Schrift gekannt hat, ist auch aus äusseren Gründen
wahrscheinlich, da sie, hauptsächlich ihres medicinischen Inhalts
wegen, bei ihrem Erscheinen das grösste Aufsehen erregte und
vielfach übersetzt worden ist.!)
8) „Passive obedience, or the Christian Doctrine of not re‑
sisting the supreme power proved and vindicated“ (1712)$13,15 u. s.
sı) Vgl. bes. „Passive obedience“ $ 31 u. s.
82) S. bes. den „Essay towards preventing the ruin of Great
Britain“ (1721). ‑
#3) „Passive obedience“, $ 24; vgl. bes. $ 33ff, 39ff, 53.

those transient Phaenomena, which we term the Course of Nature. ....


We then perceive the true principle of unity, identity and existence. Those
things that before seemed to constitute the whole of Being, upon t a k i n g a n
i n t e l l e c t u a l v i e w o f t h i n g s , p r o v e t o b e b u t fl e e t i n g phantoms.“
I) Selbst wenn daher Kant des Englischen nicht mächtig war, so
konnte er doch seineKenntnis der „Siris“ aus der vollständigen französischen
Vebersetzung der Schrift schöpfen, die 1745 in Amsterdam erschien:
„Recherches sur les Vertus de l’Eau de Goudron, oü l’on a joint des R6‑
flexions Philosophiques sur divers autres sujets, Traduit de l’Anglois du
Dr. George Berkeley. Amsterdam 1745.“ Die beiden deutschen Ueber‑
setzungen, die m i r bekannt sind, enthalten n u r den medizinischen Teil des
Werkes: 1) Gründliche historische Nachricht vom Theer-Wasser etc. Aus
dem Englischen Original zusammengetragen und herausgegeben von Diederich
Wessel Linden, Amsterdam u. Lpz. 1745. 2) Nachricht vom Theer-Wasser.
Nach der Londoner Deutschen Ausgabe, o. O. 1745. Unter der „Londoner
Deutschen Ausgabe“ i s t wohl die unter 1) bezeichuete Uebersetzung ver
standen, deren Vorrede: London 2. (12) Februar 1745 unterzeichnet ist.

Digilized hy Google
<
Zu Buch V, Cap. 5.
Hume.
1)S. z. B. Berkeley, New theory of vision $ 26.
2) Berkeley, Principles $ 107.
») Hume, A treatise on human nature, Book I, Part I,
Sect VII. (Ich benutze im Text vielfach die vortreffliche von
L i p p s herausgegebene Uebersetzung, Hamburg u. Lpz. 1895.)
%S. M e i n o n g , Hume-Studien I: Zur Geschichte und Kritik
des modernen Nominalismus. (Sitzungsber. der Wiener Akademie
der Wissensch. Philos.-histor. Klasse 1877.)
5) B e r k e l e y, Principles, Introduction $ 12.
%)H ume, Treatise, P. I I , Sect. I I : „Wherever ideas are
adequate representations of objects, the relations, contradictions
and agreements of the ideas are all applicable to the objects; and
this we may in general observe to be the foundation of all
human knowledge.“
?)Treatise, P. I I , Sect. II (gegen Ende).
8 Treatise, P. I l , Sect. I V.
%)„The original standard o f a right line is in reality nothing
but a c e r t a i n general appearance; and 'tis evident right
lines may be made to concur with each other, and yet correspond
to this standard, tho’ corrected by all the means either practicable
or imaginable“ (Treatise P. I I , Sect. IV).
1) „The only useful notion of equality or inequality is
derived f r o m t h e whole u n i t e d appearance and the com‑
parison of particular objects .. . For as sound reason convinces
us that there are bodies vastly more minute than those, which
appear to the senses; and as a false reason wou’d perswade us,
that there a r e bodies infinitely more minute; we clearly perceive,
that we are not possessed of any instrument or art of measuring,
43

Digilized hy Google
<
674 Zu Buch V, Cap. 5

which can secure us from all error and uncertainty ... We


therefore suppose so m e i m a g i n a r y standard of equality,
by which the appearances and measuring are exactly corrected...
This standard is plainly imaginary. For a s t h e v e r y i d e a of
e q u a l i t y i s t h a t o f s u c h a p a r t i c u l a r appearance corrected
by juxta-position or a common measure, the notion of any
correction beyond what we have instruments and art to make,
i s a m e r e fi c t i o n o f t h e m i n d , a n d useless a s w e l l a s i n c o m ‑
prehensible.* (Treatise P. I I , Sect. IV.)
1) An Enquiry concerning human Understanding. Sect. I V,
Part I. ‐ (Essays Moral Political and Literary, edit. by Green
and Grose, London 1898, Vol. I I , S. 20ff.)
12) Treatise P. II, Sect. I I .
13) Treatise P. I I , Sect. V. ‐ Vgl. hrz. R i e h l , Der philo‑
sophische Kriticismus I, 9 f.
14) Treatise, Appendix (edit. S e l b y - B i g g e , Oxford 18%,
S. 636).
15) Treatise, P. I I , Sect. I V.
16) Treatise, P. III, Sect. I.
ı) „ Ti s usual with mathematicians, to pretend, that those
ideas, which are their objects, are o f s o r e fi n e d and s p i r i t u a l
a nature, that they fall not under the conception of the fancy,
but must be comprebended by a p u r e and i n t e l l e c t u a l v i e w ,
of which ihe superior faculties of the soul are alone capable.
The same notion runs thro’ most parts of philosophy, and is
principally made use of to explain our, abstract ideas, and to
shew how we can form an idea o f a triangle, for instance, which
shall neither be an isosceles n o r scalenum, nor be confined to
any parlicular length and proportion of sides. 'Tis easy to sec,
wby philosophers are so fond of this nolion of some spiritual
and refin’d perceptions; since by that means they cover many
of their absurdilties, and may refuse to submit to the decision ol
clear ideas, by appealing to such as are obscure and uncertain*.
Treatise, P. III, Sect. 1.
u.
ı*) Treatise. P. III, sect. XIV.
ı) Näheres über die Erfahrungslehre der antiken Skepsis

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<
Hume. 675

bei N a t o r p , Forschungen zur Geschichte des Erkenntnisproblems


im Altertum, Berlin 1884, S. 127 ff.
2) Enquiry concerning human Understanding, Sect. I V,
part II (ed. Green and Grose p. 33).
*1) Enquiry Sect. I V, part I I , S. 31.
2) „Shall the despair of success make me assert, t h a tI am
here possest of an idea, which is not preceded by any similar
impression? This wou’d be too strong a proof of levity and in‑
constancy; since the contrary principle has been already so
fi r m l y establish’d, as to a d m i t of no f a r t h e r d o u b t ; at
least, t i l l wehave more fully examin’d the present difficulty (Tren‑
tise P. III, Sect. ID.
3) Vgl. hrz. bes. das Capitel: „ O f the probability of causes“
(Treatise, P. I I I , Sect. X I .
24) Vgl. hrz. Edmund K ö n i g , Die Entwickelung der Causal‑
problems. Bd. I, Lpz. 1888, S. 242f.
2) Vgl. bes. Treatise, Part III, Sect. XIII: „ O f unphilosophical
probability.“
26) Vgl. Treatise Part III, Sect. X I I I gegen Ende und Part I i l ,
Sect. XV.
?) Enquiry, Sect. X, Part I: Of Miracles.
28) Treatise, Part I I I , Sect. V I I .
29) „Here we must not be contented with saying, that the
vividness of the idea produces the belief: We m u s t m a i n t a i n ,
thattbeyare individually t h e same.“ Treatise P.I,
Sect. X

IN.
50) Treatise, Part I I , Sect. VI.
sı) Treatise, Part IV, Sect. I.
») „As no beings are ever present to the mind but percep‑
tions; it follows that we may observe a conjunction or a relation
of cause and effect between different perceptions, but can never
observe it between perceptions and objects* (ibid.).
ss) „Let us fix o u r atlention out of ourselves as much as
possible: Let us chace o u r imaginalion to the heavens, or to the
utmost limits of the universe; we never really advance a step
43°

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<
676 Zu Buch V, Cap. 5.

beyond ourselves, n o r can conceive any kind of existence, but


the perceptions, which have appear’d in that narrow compass.
This is the universe of the imagination, n o r have we any idea
but what is there produc’d.“ (Treatise, P. I I , sect. V I ) ‐ M i t
Unrecht sucht daber H ö n i g s w a l d (Ueber die Lehre Humes v o n
der Realität der Aussendinge, Berl. 1904, S. 19ff.) an diesem Punkte
einen prinzipiellen Gegensatz zwischen Berkeley und H u m e
nachzuweisen; ‐ vielmehr trifft der „Phaenomenalismus“ beider,
wenngleich aus nicht völlig gleichartigen Motiven erwachsen, im
sachlichen Ergebnis durchaus überein. Dass Hume die E x i s t e n z
an sich bestebender Dinge „hinter“ den Erscheinungen niemals
bezweifelt, vielmehr n u r ihre „klare und deutliche“ Erkennbar‑
keit bestritten habe: dies geht aus seinen Ausführungen nirgends
hervor, wie es denn auch m i t den Grundprinzipien seiner Philo‑
sophie in direktem Widerspruch stehen würde. Das alleinige
Thema, auf das seine Untersuchung hier gerichtet ist, ist nicht
die Existenz der Dinge, sondern einzig der Glaube an diese
Existenz, der i h m allerdings ein feststehendes, durch keine Argu‑
mentation zu entkräftendes Faktum ist. Die psychologische Ent‑
stehung dieses Glaubens ist es, die er allein begreifen will;
während er die metaphysische Frage nach der absoluten
Existenz völlig dahingestellt sein lässt, nicht weil sie i h m von
vornherein im positiven Sinne entschieden ist, sondern weil sie
für i h n aus dem Gebiet der rechtmässigen Problemstellungen
völlig herausfällt. ‑
+) Vgl. Treatise, P. I V, Sect. I I : „ O f scepticism with regard
to the senses.“ (Gegen Anfang.) _
3) Berkeley, Dialogues between Hylas and’ Philonous IIl.
(Vgl. ob. S. 226 ff.)
s6) Diese Stelle ist, wie die vorangehenden, dem Capitel:
„ O f scepticism with regard to the senses“ (Treatise, P. I V, sect. I I )
entnommen.
s) Ibid. ‐ „Hiermit ergänzt oder vervollständigt Hume ‑
so bemerkt Lipps zu dieser Stelle ‐, wie man sieht, sein Princip
der Gewobnbeit. Zugleich gewinnt das Princip damit einen neuen
und e r s t e i g e n t l i c h l o g i s c h e n C h a r a k t e r ; e s wird z u einer
Art von allgemeinem Princip der Trägheit, Konstanz, Konsequenz,
kurz Gesetzmässigkeit des denkenden Geistes. E i n Schritt

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<
Hume. 677

weiter in dieser Richtung, und das Gewohnheitsprincip als solches,


die vermeintliche logische Bedeutung des Gewohnheitsmässigen
oder Angewöhnten schwindet und das reine Gesetz der Gesetz‑
mässigkeit des Geistes, die apriorische Thatsache, dass überhaupt
das menschliche Denken gesetzmässig ist, die Thatsache also, auf
der in Wahrheit alles Schliessen beruht, und aus der insbe‑
sondere das Kausalgesetz ohne Weiteres sich ergiebt, bleibt übrig.
Hume hat diesen Schritt nicht gelhan.“ (Traktat über die m e n s c h ] .
Natur, hg. von Lipps, Anm. 282.) So zutreffend dieses Urteil im
allgemeinen ist, so wenig versteht man, wie Lipps hiernach das
W e r t u r t e i l , das e r i n der Vorrede über Humes Treatise und
sein Verhältnis zur K r i t i k d e r r e i n e n Ve r n u n f t gefällt hatte,
noch aufrecht zu erhalten vermag. ‑

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<
Zum Anhang:
Hauptströmungen der englischen Philosophie ausserhalb
des Empirismus.

I
ı) H e r b e r t v. Cherbury, De veritate, prout distinguitur
a revelatione, a verisimili, a possibili et a falso. (Zuerst: 1624),
London 1633, p . 222 f . ‐ Ueber Herbert vgl. bes. D i l t h e y, Die
Autonomie des Denkens, der konstruktive Rationalismus und der
pantheistische Monismus nach ihrem Zusammenhang im 17.
Jahrhundert. Arch. f. Gesch. d. Philos. Bd. V I .
2 )S . H e r b e r t v. C h e r b u r y, D e veritate S . 41£., S.66 u . s .
%)A . a . 0 . S . 60: „Instinctus enim naturalis prima, discursus
ultima est facultatum. Ideo in Elementis Zoophytis et in ipso
demum Embryone propriam conservationem procurat facultas
ista, quae g r a d a t i m deinceps sese ad objecta explicans
n o t i o n e s discursus u b i q u e anticipat; ideo in domo secun‑
dum regulas Architectonicas exstructa, pulchrum symmetriae prius
ab instinctu naturali percipitur, quam ipsa ratio, quae ex pro‑
portionibus partium, et inter se et ad totum, operose, neque
tamen sine auxilio notitiarum communium perficitur.“
4) „Vocantur autem notitiae communes, quia in omni
homine sano et integro, modo objecta sive rerum, sive verborum,
sive signorum constent; ad objecta enim excitari notitias com‑
munes, ipse sensus ... docet: neque igitur c u m objectis ipsis
invehi, vel delirus quispiam existimaret unquam: Restat, ut in
nobis a natura describantur et ut, ista lege, explicentur (quae
aliter in nobis silere possunt) notitiae communes.“ A.a. O.S.471f.

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<
Herbert von Cherbury. ‐ Kenelm Digby. 679

5) Reid, An inquiry into the human Mind on the Prin‑


ciples of Common Sense. Second edition. Edinb. 1765 (zuerst 1764),
S. 89. ‐ Vgl. ob. Anm. 3.

I.
6) K e n e i m D i g b y, Demonstratio immortalitatis animae
rationalis sive Tractatus duo philosophici etc. (zuerst in engl.
Sprache: Paris 1644), Francof. 1664; S. 483. ‐ Ueber Digbys
Naturphilosophie s. Lasswitz, Gesch. d. Atomistik II, 188 ff., wo
a u c h auf die eigenartige Erkenntnislehre Digbys ausdrücklich
verwiesen wird.
) „ S i a me dicere aveas quaerasque, quo ut ita dicam
naturae artificio corpora in spiritus evadunt, fateor me tibi satis‑
facere n o n posse, nec aliud demum respondere, quam haec fieri
«uidem, sed arcana mihique ignota animae efficacia .... Reipsa
scimus mysterium hoc ita ut d i x i m use s habere, licet quia veram
perfectamque animae naturam ignoramus, modum quo ab anima
peragatur exprimere nequeamus.“ A . a . 0. S. 513.
8) „Notio enim existentiae ... est omnium communissima,
universalissima, simplicissima, maxime naturalis, profundissime‑
que demum in homine radicata.* ($S. 475.)
») „Ex iis quae modo diximus, duo colligi possunt, quae
h o m i n i peculiariter convenientia diligenter a nobis observari
postulant. Prius est, quod e x i s t e n t i a sive ens. . s i t p r o p r i a
h o m i n i s affectio. Res enim quaelibet particularis in homine
e x i s t i t p e r quandam ( u t i t a d i c a m ) s u i i n s i t i o n e m i n
i p s o e x i s t e n t i a e sive entis t r u n c o : juxtaque experimur nihil
a nobis loquendo exprimi, cui entis appellationem non tribua‑
mus, n i h i l m e n t e c o n c i p i quod sub e n t i s n o t i o n e n o n
a p p r e h e n d a m u s . . . Dubium igitur non est, quin negotiatio
o m n i s i n t e l l e c t u s c i r c a o b j e c t a s i b i propositasub n o t i o n e
e n t i s v e r s e t u r. “ (S. 466.)
10) „Atque haec demum ratio est, c u r o m n i b u s quas for‑
m a m u s n o t i o n i b u s substantiae r a t i o n e m t r i b u a m u s . .
“ Hoc autem ideirco evenit, quia substantia (id est res perse sub‑
sistens propriisque terminis circumscripta) i d o n e u m stabileque
undamentum a n i m a e praebet, c u i i n n i t a t u r, et in quo

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<
680 Zu Buch V, Anhang.

se quodammodo d e fi g a t . Caeterae vero veluti appendices


substantiae, si juxta propriam Cujusque conditionem spectarentur,
fluxae nimis forent ac lubricae, quam ut imposita sibi animae,
sive intellectus opera firmiter sustinerent. Hinc igitur est, quod
notiones de illis efformans substantiae conditiones i i s t r i ‑
b u a t ; accedit tamen non raro, ut exhocapprehendendi modo,
nisi magnam subinde cautelam adhibeat, decipi se et in gra‑
vissimos errores labi patiatur.* ($. 521.)
1) „Quod vero intellectum hominis ingreditur propios adhuc
limites, propriamque naturam illic retinet, non obstante illius
ad altiorem hunc statum assumptione: jungitur enim cuilibet r e i
illuc intranti e x i s t e n t i a , cum ( u t supra m o n u i m u s ) n i h i l illuc
nisi beneficio existentiae ingrediatur. Hic ergo quem supra
diximus existentiae truncus propriam cujuslibet surculi in eo
insiti naturam fovet et conservat.“ (S. 467.)
it) A. a. O. Tractatus secundus, Cap. 2; vgl. bes. $. 481:
„Atque ‚hinc manifestum est eandem p o t e n t i a m sive a n i m a m
quae per simplicem apprehensionem objecti e n t i t a t e m sive
u n i t a t e m concipit et in se recipit applicatam enuntiationi scien‑
tiam illius acquirere sive de eajudicare: cum scientia n i b i l aliud
sit quam apprehensio manifestae identitatis inter extrema seu
terminos propositionis. Quae quidem apprehensio vel ex proxima
et immediata ipsorum extremorum compositione vel eorundem
ad aliquod tertium applicatione oritur: porro applicatio haec
ulterius forte ad remotiores scilicet notiones extendi postulabit,
ut identitas inter primos illos terminos evidenter appareat.‘“

II.
1) CGudworth, The true Intellectual System of the Universe,
London 1678, Book I, Chap. 4; fol. 730.
14) A. a. O. fol. 732: „Wherefore the Knowledge of this and
the like Truths i s not derived from S i n g u l a r s , n o r d o w e arrive
to them in way of Ascent from Singulars to Universals, but on
the contrary h a v i n g fi r s t f o u n d t h e m i n t h e U n i v e r s a l s ,
w e a f t e r w a r d s Descending a p p l y t h e m t o S i n g u l a r s : s o
that our Knowledge here is n o t A f t e r S i n g u l a r Bodies. and

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<
Ralph Cudworth. ‐ John Norris. 68

S e c u n d a r i l y o r D e r i v a t i v e l y F r o m them; but i n order o f


Nature B e f o r e them, and Proleptical to them.“
15) Book I, Chap. 5, fol. 835: „The True meaning of these
Eternal Essences is indeed no other than this, That Knowledge
is Eternal; or that there is an Eternal Mind, that comprehendeth
the Intelligible Natures and Ideas of a l l things, whether Actually
existing, or Possible only; their necessary relations to one another,
and all the I m m u t a b l e Ve r i t i e s belonging t o them . . These
Eternal Essences themselves (are) nothing but O b j e c t i v e E n t i ‑
t i e s o f t h e M i n d , or Noemata and Ideas“.
1) $S. brz. Cudworth, a. a O., Book I, Chap. 3; fol.
146 ff.
1) Norris, An Essay towards the Theory of the Ideal
or Intelligible World. Part I: London 1701; Part I I : London,
1704. 1, S. 4.
18) „Since by Truth according to the Objektive and Complex
Notion of i t . . . is meant only certain Habitudes or Relations
of Union or Agreement, Disunion or Disagreement between Ideas. .
to affirm that there are Eternal Truths imports as much as that
there are such Eternal Habitudes and Relations, that never were
made by any Understanding or Will, n o r can ever be unmade
by them, but have a certain stated and unalterable Order from
Everlasting to Everlasting ..... . (But) these Eternal Habitudes ..
and Relations of things wherein consists the formal Reason of
Eternal Trutbs, cannot Exist without I h e reality of their respective
Correlates, those things or natures whose Relations they a r e . . .
I conclude therefore that these Eternal Relations of Tr u t h cannot
Exist by themselves, and if they do Exist at all (as most certainly
they do if they are necessary and eternal) the Simple Essences
which they respect must Exist too, and if they Exist Eternally,
those Essences must be Eternal t o o . . . . For can any thing be
more inconceivable than this, that there should be any relation
of Union, Agreement or Connexion between things, that are n o t ? . .
Migbt it not be most strietly said of them what Job by way of
Figure says of the Earth, that they hang upon Nothing? And
would not this undermine the Foundations of Truth, evacuate
o u r Philosophy, and turn all Science into meer Dream and
Reverie, as having no beiter realities even for its most stable

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<
682 Zu Buch V, Anhang.

and permanent Objects than the Relations of Nothing.* ( N o r r i s


Essay, I, 67‐ 74.)
1%) „My Reason w i l l assure me of many things without
having any Sense o f t h e m . . . , but Sense o n the other hand
cannot assure me of any one thing within the whole of its Juris‑
dietion without the Concurrence of Reason, no not so much as
of that great Sensible Object, a Natural Wo r l d . . . . Since even
that Sensible Evidence wich I have for the Existence of a
Material World (which to be sure is the greatest that Sense can
give) w i l l not stand, and is not sufficient for clear conviction
without a Principle of Reason to support and confirm it.‘
(Essay I, 19 ff.)
2) C o l l i e r, Clavis universalis: or, a new Inquiry after
Truth. Being a Demonstration of the Non Existence, or Impos‑
sibility of an external world. London 1713. (Hier zitiert nach
der Neuausgabe von Samuel P a r r : Metaphysical Tracts by
English Philosophers of the Eighteenth Century, London 1837.) ‑
Ins Deutsche wurde Colliers Schrift, zugleich m i t Berkeleys
„Dialogen“ von Joh. Chr. Eschenbach übertragen, „Sammlung
der vornehmsten Schrifsteller, die die Wirklichkeit ihres eigenen
Körpers und der ganzen Körperwelt leugnen“, Rostock 1756.
21) Clavis Universalis S. 4f.: „I believe, and am very sure,
that this seeming or (as I shall desire leave to call i t ) quasi
e x t e r n i t y o f visible objects, i s not only ihe effect o f the will
of God (as it is his w i l l that light and colours should seem to
be without the soul . . etc.) but also that it is a natural and
necessary c o n d i t i o n o f t h e i r v i s i b i l i t y. I would say, that
though God should be supposed to make a world, or any one
visible object, which is granted to be not external, yet by tbe
condition of its being seen, it would and must be q u a s i ex‑
t e r n a l to the perceptive faculty.“
%) „I mean and contend for nothing less, than that all
matter, body, extension etc. exists in or in dependence on
mind, thought or perception, and that it is no capable of an
existence, which is not thus dependant.“ (S. 2.)
22) A . a . O . S . 5 6 f : „ I f this b e all the difficulty, i t imme‑
diately vanishes or loses its name, as soon as we suppose that
there is no such thing or matter, or make this ihe question,

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<
John Norris. ‐ Arthur Collier. 683

whether there be any such thing, or not? For then, instead of


difficulty, it becomes light and argument, and is no other than
a demonstration of tbe impossibility of its existence.“.
24) Vgl. hrz. noch bes. die Erörterungen über die Antinomien
des Bewegungsbegriffes bei Collier S. 58ff. und über die
. Widersprüche der herkömmlichen Wahrnehmungstheorie
(S. 62 ff.) m i t der Behandlung der gleichen Fragen im Briefwechsel
zwischen Leibniz und Clarke.
2) „I need not undertake to shew that these absurdities
about motion do not in the least affect a sensible or visible world,
b u t only an external world. Nevertheless, if upon a due perusal
of what I have here written, this seems yet to be wanting, | shall
be ready, as soon as called upon, to give my reader ihe best
satisfaction I am capable of as to this matter.“ (S. 62.)

I V.
26) Robert Boyle, De ipsa Natura sive Jibera in receptam
Naturae Notionem Disquisitio, London 1687. (Zuerst englisch:
1682; der Entwurf der Schrift geht bis auf das Jahr 1666 zurück).
S. bes. S. 14ff.
2) A. a. O., Sectio quarta, S. 30.
28) De ipsa Natura, Sectio septima, S. 122.

29) S , bes. G l a n v i l l s Schrift: Seir- tuum nihil est: or, the


AuthorsDefence of the Vanityof Dogmatizing againsttheExceptions
of the learned Thom. Albius [Thomas White] in his Late „Sciri“
London 1665. ‐ Vgl. ferner die Verteidigungsschrift Glanvills
gegen Thomas White: „ O f Scepticism and Certainty.“ (Essays
on several important Subjects in Philosophy and Religion, London
1676, Essay II.) '
») Ueber Glanvills Stellung zu B o y l e und z u r empirischen
Naturforschung der Zeit s. bes. seine Schrift: P l u s U l t r a : Or
the Progress and Advancement of Knowledge since the days of
Aristotle. Occasioned by an Conference w i t h o n e of t h e n o ‑
t i o n a l way. London 1668; bes. Chap. XII, S . 83ff. u . 92ff. ‑
S. a. Essays I I I : Modern Improvements of Useful Knowledge.

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<
684 Robert Boyle. ‐ Joseph Glanvill.

51) $. bes. G l a n v i l l , Scepsis Scientifica: or Confest Igno‑


rance, the way to Science, London 1665, S. 176; Essay I V, S. 36ff ;
Essay I I , S. 4 4 . u. s.
s?) Essay III, S. 37.
8) S. „Scepsis Scientifica*, Chap. XX, S, 127.
#4) „Scepsis Scientifica“, Chap. XXI, S. 134 f.
55) Scepsis Scientifica, Chap. 4, $ 2, S. 17£.
s) F ü r Glanvills Verhältnis zu Descartes vgl. die enthu‑
siastischen Urteile: Scepsis scientifica S. 133, 155, 183; u. bes. Sciri
tuum nihil est S. 5: „ I f that great Man, possibly one of t h e
greatest that ever was must be believed a Sceptic, who would n o t
ambitiously affect the title“?
37) Ueber Glanvills Stellung zum Hexenglauben und seinen
„Sadducismus triumphatus“ vgl. L e c k y, Geschichte des Ursprungs
u. Einflusses der Aufklärung in Europa, Deutsche Ausg. Lpz.
1873, S. 85ff.

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Zu Buch Vl.
Von Newton zu Kant.
1) Besonders charakteristisch hierfür ist Samuel K ö n i g s
„Oratio inauguralis de optimis Wolfiana et Newtoniana Philo‑
sophandi Methodis earumque amico consensu* (1749).
s) So hat ‐ um n u r ein Beispiel herauszugreifen ‐ L e s l i e
Stephen inseinereingehendenSchilderungderreligiösen Bewegung
in England gerade die theologischen Diskussionen über die Begriffe
des Raumes und der Zeit übersehen, in denen sich die religions‑
philosophischen Probleme m i t den erkenntnistheoretischen
Interessen der Epoche aufs nächste berühren ($. hrz. Buch VI,
Cap. 2, No. 2.)

Capitel I: Das Problem d e r Methode.


3) F ü r die Auffassung und Wertschätzung der Newtonischen
„Methode“ bei den nächsten Schülern und Nachfolgern sei hier
n u r ein besonders bezeichnendes Beispiel angeführt: „Upon me‑
chanics i s also founded t h e N e w t o n i a n o r o n l y t r u e p h i l o ‑
s o p h y in t h e w o r l d... It has been ignorantly objected by
some that the Newtonian philosophy, like all others before it, w i l l
g r o w old and out of date and be succeeded by some new system...
But this objection is very falsely made. F o r n e v e r a p h i l o ‑
sopher b e f o r e N e w t o n e v e r t o o k t h e method t h a t he did.
F o r whilst their systems are nothing but bypotheses, conceits
fictions, conjectures and romances invented at pleasure and.
without any foundation in ihe nature of things, he on the con‑
trary and by himself alone set out upon a very different footing
F o r he admits nothing but what he gains from experiments and
accurate observations and from this foundation whatever is
further advanced, is deduced by strict mathematical reasoning .

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<
686 Zu Buch VI, Cap. 1.

The foundation is now firmly laid: the Newtonian philosophy


may indeed be improved and farther advanced: but it can never
be overthrown: notwithstanding the efforts of allthe Bernoulli’s,
the Leibniz’s, the Green’s, the Berkeley’s, the H u t ‑
chinson’setc. (Emerson, The Principles of Mechanics, London
1773, S. V f ) ‑
Vgl. ferner Emerson, A short comment on Sir I. Newtons
Principia, London 1770, S. I I ; Pemberton, A view of Sir Isaac
Newtons’philosophy, London 1728, Introduct.; s’ Gravesande,
Philosopbiae Newtonianae Institutiones in usus academicos. Lugd.
Batav. 1723, Praefatio.
% Newton, Optice: lat. reddidit Samuel Clarke, Lausanne
und Genf 1740, Lib. I I I , Quaest. 31, S. 326 f.
5) K e i l l , Introductio ad veram Physicam, Leyden 1725, S. 15
(erste Ausgabe: Oxford 1702). ‐ Vgl. hiermit insbesondere die
Schilderung der Newtonischen Methode in K a n t s Schrift über
die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und
der Moral (Akad. Ausgabe I I , 286). K e i l l wird von Kant auch
in der „Monadologia physica“ Propos. X u. XI citiert.
°, S. Freinds Verteidigung seiner „Praelectiones chymicae*
gegen die Kritik der „Acta Eruditorum“ (1711): Philosophical
Transactions abridged and disposed under General Heads, V o \V, l.
1749, S. 429f. ‑
") d’Alembert, Elements de philosophie (1759), $4. ‐ (Me‑
langes de litterature, d’histoire et de philosophie, 5 vol., Amster‑
dam 1763-70, Bd. I V, S. 25.) ‐ vgl. Discours preliminaire de
l’Encyclopedie (Melanges I, 46\.
8) d’Alembert, Elements de philosopbie, a. a. O. S. 27.
?) Elements de philosophie S. 33.
ıw) Eclaircissements s u r differens endroits des Elements de
philosophie $ I I . ‐ (Melanges V, 19 u. V, 22 f.)
ı ı ) Näheres hierzu in m. Schrift über „Leibniz’ System*,
S. 314 f f , 322 ff.
ı2) Elements de philosophie $ XX ( M e l . I V, 269 f.).
13) Discours preliminaire (Mel. I, 13).
14) El&ments x XIV (Mel. I V, 154 f.).
15) Elements $ XV «S. 159): „Les verites que la Geometrie
demontre sur l’etendue sont des veritds purement hypothetiques. .

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<
Das Problem der Methode. ‐ Newton, d’Alembert, Maupertuis. 687

L e s propositions de Geometrie... . sont la l i m i t e intellectuelle


des verites physiques, le terme dont celles-ci peuvent approcher
aussi pres qu’on le desire, sans jamais y arriver exactemeni. ..
Dans l’Univers il n’y a point de cercle parfait, mais plus un
cercle approchera de l ’ t r e , plus ilapprochera des proprietes r i ‑
goureuses du cercle parfait que la Geometrie demöntre.“
16) Discours preliminaire (Mel. I, 4 f.). .
ır) Elements de philosophie 3 XVI ( I V, 1% ff.); Eclair‑
cissements $ XVI (V, 270).
18) Eclaircissements $ XV: Sur l’usage et sur l’abus de la
Metaphysique en Geometrie et en general dans les Sciences
Mathematiques. (Mel. V, 253 ff.)
19) Discours preliminaire ( M e l . I, 36).
20) Discours preliminaire (Mel. I, 141f.).

u.
21) Näheres hierüber bei Rosenberger, Isaac Newton und
seine physikalischen Prinzipien, Lpz. 1895, S. 407 ff.
22) d’Alembert, Elements de philosophie, $ XVII (IV, 241);
$ XIX (IV, 258f.); Condillac, L’Art de raisonner (Oeüvres de
Condillac, Paris 1798, T. VIII, 103) u. ö.
23) „Eoderh sane jure quo in aequatione Algebraica incog‑
nitas quantitates literis x vel y designamus et methodo haud
m u l t u m dissimili harum qualitatum intensiones et remissiones
quae ex positis quibuscunque conditionibus sequuntur, investi‑
gari possunt.“ ( K e i l l , Introductio ad veram Physicam, Sect. I)
2) S. Boscovich, Theoria philosophiae naturalis, 2. Ausg.
Venetiis 1763 (zuerst: Wien 1758) $ 9.
2) M a u p e r t u i s , Examen philosophique de la preuve de
l’existence de Dieu etc. Premiere partie: Sur l’evidence et la
certitude Mathematique. (Histoire de l’Acad&mie Royale des Sciences
et Belles Lettres 1756) bes. $ XLff.
»6) Maupertuis, a. a. O., II. partie, 3 XXIX u. XXXV.
?®) Maupertuis, Essai de Cosmologie (Oeüvres de Mauper‑
tuis, nouvelle edit. corrigee et augmenicde, Lyon 1756,) Vol. 1, S. 31f.
(Die betreffende Stelle findet sich bereits 1746 in den Schriften
der Berliner Akademie; sie beweist daher, dass Maupertuis’ Kenntnis

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<
688 Zu Buch VI, Cap. I.

von H u m e s Lehre nicht auf dem „Enquiry“ beruht, der erst i.


J. 1748 in London erschien, sondern auf dem „Treatise* v. J.
1739/40.)
8) Essai de Cosmologie, a. a. O. I, 28ff.
®) M a u p e r t u i s , Examen philosophique etc., I I . partie,
$ XXIH u. XXXVL
»0) Examen philosophique, I I . partie, $ XXIV: „Tandis qu’on
abuse ainsi des mots de causes et d’effets et qu’on les place par‑
tout, quelque autres philosophes nient toute causalite: les argu‑
ments dont se sert pour cela un des plus grands hommes de
l’Angleterre (Mr. Hume) sont assurement des plus ingenieux et
des plus subtils: cependant il me semble qu’entre trouver des
causes partout et n’en trouver nulle part il est un juste milieu
oü se trouve le vrai: si c’est refuser A la Providence ce qui l u i
appartient que de nier les causes, c’est nous arroger ce qui ne
nous appartient pas que de nous toujours croire capables de les
connoitre.“
31) Essai de Cosmologie: I I . Partie, ol l’on deduit les loix
du mouvement des attributs de la supr&me Intelligence. (Oeüvr.
de Maupertuis I, 26ff.)
&2) I c h greife aus den vielfältigen Beispielen n u r einige be‑
sonders charakteristische heraus: Lettres de Maupertuis,L. I V,
Oeüvr. II, 202: „Voilä oü nous en sommes: nous vivons dans un
Monde oiı rien de ce que nous appercevons ne ressemble ä ce
que nous appercevons. Des &tres i n c o n n u s e x c i t e n t dans
n o t r e äme t o u s les sentiments, t o u t e s les perceptions
q u ’ e l l e eprouve; et sans ressembler & aucune des choses que
nous appercevons, nous les representent toutes.“ Vgl. ferner
Condillac, L’Art de raisonner (a. a. O. S. 75£.): „I faut donc
vous souvenir que je ne parlerai que des proprietes relatives
toutes les fois que je dirai qu’une chose est evidente de fait.
Mais i l faut vous souvenir aussi que ces p r o p r i e t e s r e l a ‑
t i v e s p r o u v e n t des proprietes absolues, c o m m e l ’ e f f e t
p r o u v e sa cause. L’evidence de fait suppose donc ces pro‑
prietes, bien loin de les exclure, et si elle n’en fait pas son
objet, c’est qu’il nous est impossible de les connoitre“ (cf. Con‑
d i l l a c , La Logique Chap. V. u. d’Alembert, Elements de
philosophie $ XIX (Melanges I V, 258 f.). ‑

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<
Bonnet, Karstner,
Bonnet, Kaestner, Condillac.
Condillac. 689
689

Aus dem
Aus Kreise der exakten
dem Kreise exakten und empirischen Forschung
und empirischen Forschung
kommen hier, neben den
kommen hier, neben den unmittelbaren Schülern und
unmittelbaren Schülern und Anhängern
Anhängern
Newtons,
Newtons, vor allem B
vor allem o n n e t und
Bonnet und Kaestner
Kaestner in Betracht: „Nous
in Betracht: „Nous
connoissons ddonc
ne connoissons o n c point
point l’Essence reelle des
l'Essence réelle Choses. Nous
des Choses. Nous
n’appercevons
n'appercevons que que lesles Effets
Effets etet point
point du du tout les Agents. Ce
les Agents. Ce queque
nous n o m m o n s l’Essence
n o u s nommons l'Essence du Sujet n’est
du Sujet n'est ddonco n c que son Essence
q u e son Essence
nominale.
nominale. Elle est llee resultat
Elle est résultat de l'Essence reelle,
d e l’Essence réelle, l ’' ee x p r e ssssii oonn
des R
des a p p o r t necessaires,
Rapport nécessaires, sous lesquels le Sujet
s o u s lesquels Sujet se se m ontre
montre
aA
il nous.
nous. Nous Nous ne ne pouvons
pouvons donc donc affirmer que que le le Sujet
Sujet soitsoit
reellement
réellement ce ce qu’il
qu'il nous nous paroit
paroit &tre.être. Mais Mais nous pouvons
nous pouvons
affirmer
affirmer que que ce ce qu’il nous paroit
qu'il nous &tre resulte
paroit être résulte de de ce ce qui
qui est est
reellement
r é e l l e m e n t etet dede ce ce queque nous sommes par
nous sommes par rapport
rapport & à lui.“
lui."
( B o n n e t , Essai
(Bonnet, analytique sur
Essai analytique sur les facultés de
les facultes l'âme, Kopen‑
de l’äme, Kopen-
hagen 1760,
hagen Chap. XV,
1760, Chap. 242.) -‐ „Unsere
XV, $§ 242.) „Unsere ganze Kenntnis der
ganze Kenntnis der
Natur ist
Natur nichts weiter,
doch nichts
ist doch weiter, als als eine
eine Kenntnis
Kenntnis vvon o n Er‑ Er-
sebeinungen, die
scheinungen, was anderes
ganz was
uns ganz
die uns darstellen würden,
anderes darstellen würden, wenn wenn
w
wir das Wirkliche
i r das Wirkliche in ihnen sähen“ (Kaestner,
ihnen sähen" ( K a e s t n e r, Anfangsgründe
Anfangsgründe
der Mechanik, Göttingen
höheren Mechanik,
der höheren Göttingen 1766, I l . Teil,
1766, IIII. Teil, No. 196). Ueber
No. 196). Ueber ‑
die Entwicklung
die Entwicklung des des „Phaenomenalismus“
„Phaenomenalismus" innerhalb innerhalb der deutschen deutschen
Philosophie
Philosophie und Psychologie s.
und Psychologie auch S.
s. auch 376 ff.
S. 376 ff.
83) d'Alembert, Eléments de philosophie, $
5) d’Alembert, El&ments de philosophie, § VI
VI (IV,
(IV, 63).
63).
%)„Etendue, matiere, corps, espace,
81) „Etendue, matière, corps, espace, temps, force, mouve‑ temps, force, mouve-
ment,
ment, vitesse sont autant
vitesse sont autant dde choses, ddont
e choses, o n t la nature nous est
n a t u r e nous est
tout àa fait
tout fait cache.“
cachée.« . .Condillac,
Condillac, L’Art de raisonner,
L'Art de raisonner, Oeuvres Oeuvres
VIH, S
VIII, S. 88. ‑
. 88.

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<
Zu Buch VI, Cap. 2.
Raum und Zeit.
1. Das R a u m - u n d Zeitproblem in d e r Naturwissenschaft.
ı) Newton, Philosophiae naturalis principia mathematica
(Scholium z u r 8. Definition).
2,S. die „Regulae philosophandi“, zu Beginn des dritten
Buches der mathemat. Prinzipien der Naturlehre.
®)Berkeley, De motu (1721), $ 53‐-55; Principles of human
knowledge, $ 116.
% De motu, $ 64 f.
5)De motu, $ 53; vgl. ob. Buch IV, Cap. 4, Anm. 75.
6)Leibniz, Nouveaux Essais Livr. II, Chap. 14, $ 16. ‑
(Die ausführlichen Belege s. in meiner Schrift über Leibniz’
System, Cap. V, sowie in m. Ausgabe von Leibniz’ Hauptschriften
zur Grundlegung der Philosophie, Bd. I u. I I . Vgl. dort das Sach‑
register unfer „Raum u. Zeit“.)
”) Vo l t a i r e , La metaphysique de Newton ou Parallele des
sentiments de Newton et de Leibniz (Amsterdam 1740), Chap. I I .
8, B e g u e l i n , Conciliation des idees de Newton et de
Leibniz sur l’espace et le temps (Hist. de l’Acad. Royale des
Sciences et des Belles Lettres 1769) S. 346: „ I l seroit inutile de
rapporter ici en detail leur sentiments sur l’espace et le vide et
d’enumerer les arguments, sur lesquels ils appuyoient leurs de‑
cisions: les ouvrages de ces illustres Philosophes sont entre les
mains de tout le monde et ces matieres ont &t& trop souvent
debattues et discutees pour qu’il soit besoin de les repeter.“
®%) Herrmann, Phoronomia sive de viribus et motibus
corporum solidorum et fluidorum, Amstelod. 1726; weitere
Beispiele bieten die Lehrbücher von Bossut, Traite &l&mentaire

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<
Raum und. Zeit. ‐ Newion und Euler. 601

de ımecanique et de dynamique, Charleville 1763, p. IV, sowie


v o n Marie, Trait& de mecanique, Paris 1774, p. 2 f.
ı) F ü r die deutsche Philosophie vgl. besonders die inter‑
essante Diskussion der Frage bei Ploucquet, Principia de sub‑
stantiis et pbaenomenis, Frankf. u. Lpz. 1764, Cap. V I I I u. Cap.
ff.
XII, $ 2 9 4 ‐ S. ferner Darjes, Elementa Metaphysices (ed.
nova, Jena 1753) Ontologia $ CXXVIH (Schol. 3) [gegen K e i l l ] ;
sowie Göttsched, Erste Gründe der gesamten Weltweisheit
(6. Aufl., Lpz. 1756, zuerst 1734) $ 265. ‐ F ü r die französ. Philo‑
sophie siehe Condillac, La logique (Oeüvr. XXID) S. 196 und
d’Alembert, Eclairciss. sur les elements de Philosophie, Cap.
XVI. ‐ Eine Ausnahmestellung in der Behandlung von Raum
u n d Zeit nimmt unter den Philosophen C r u s i u s ein. (Entwurf
der nothwendigen Vernunftwahrheiten, 3. Aufl., Lpz. 1766,
$ 50-52).
* E
*
ıı) „Namque non asserimus d a r i hujusmodi spatium in‑
finitum, quod habeat limites fixos et immobiles, sed sive sit,
sive non sit non curantes, postulamus tantum, ut motum abso‑
lutum et quietem absolutam contemplaturus sibi tale spatium
repraesentet ex eoque de corporum statu vel quietis vel motus
judicet.*“ E u l e r, Mechanica sive motus scientia analytice expo‑
sita, 2 tom., 4°, Petrop. 1736‐42, Definit. I I , Scholion 1 u. 2.
12) E u l e r, Reflexions sur l’espace et le temps. {Hist. de
l’Acad. des Sciences et Belles Lettres, 1748) $ I u . I I .
ıs) Reflexions, $ IV u. V.
1) S. Maclaurin, An account of Sir Isaac Newtons philo‑
sophical discoveries, London 1748, Buch I I , Cap. 1, $ 9: „I know
that some metaphysicians of great character condemn the notion
of absolute space and accuse mathematicians in this of realizing
too much Iheir ideas, but if those philosophers would give due
attention to the pbenomena of motion, they would see, how i l l
grounded their complaint is. From the observation of nature
we all know that there is motion, that a body in motion perse‑
veres in that state, t i l l by the action or influence of some power
it be necessitated to change it, that it is n o t in r e l a t i v e or
apparent m o t i o n in w h i c h it perseveres in consequence
44

Digilized hy Google
<
692 Zu Buck VI, Caß. 2.

o f i t s i n e r t i a , b u t i n r e a l and absolute space. The per‑


severance of a body in a state of rest can only take place with
relation t o absolute space and c a n o n l y b e i n t e l l i g i b l e b y
admitting it.“
15) E u l e r, Reflexions sur l’espace et le temps, $ IX ff.
16) „L’idee du lieu qu’un corps occupe ne se forme pas en
retrancbant quelques determinations du corps; elle resulte en
ötant le corps tout entier de sorte que le l i e u n ’ a i t p a s etc
u n e d e t e r m i n a t i o nd u corps, p u i s q u ’ i l r e s t e e n c o r e apres
a v o i r enleve& le corps t o u t e n t i e r avec toutes ses quantites.
Car il faut remarquer que le l i e u quw’un corps occupe est bien
different de son &tendue, parce que l’etendue appartient au corps
et passe avec l u i par le mouvement d’un lieu ä l’autre; au lieu
que le lieu et l’espace ne sont susceptible d’aucun mouvement*.
(Reflexions $ XV.)
ı7) Vgl. Reflex. X I : „On ne sauroit dire que le premier
principe de Mecanique soit fonde s u r une chose qui ne subsiste
que dans notre imagination et de lä il faut conclure absolument,
que l’idee math&matique du lieu n’est pas imaginaire, m a i s qu'il
y a quelque chose du r d e l au monde q u i r&epond ä cette
idee. Il y a donc au monde outre les corps qui le constituent
quelque realit& que nous nous repr&sentons par l’idee du lieu“.
ıs) Dieses Verhältnis der beiden Teile’ hat S t r e i n t z ver‑
kannt, der daher meint, es sei ein „unaufgeklärtes Rätsel, wie der
Verfasser in ein und demselben Werke die zwei sich geradezu
bekämpfenden Ansichten, die in beiden Fällen m i t Ueberzeugung
und m i t Nachdruck verteidigt werden, stehen lassen konnte“.
(Die physikalischen Grundlagen der Mechanik, Lpz. 1883, S. 45.)
1") E u l e r, Theoria motus corporum solidorum seu rigi‑
dorum ex primis nostrae cognitionis principiis stabilita, Rostock
u. Greifswald 1765, Cap. I, $ 2.
20) Theoria motus, Cap. I, $ 17.
21) Theoria motus, Cap. II, $ 81: „Qui spatium absolutum
negare voluerit, in gravissima incommoda delabitur. Cum enim
motum et quieiem absolutam tanquam vanos sine mente sonos
rejicere debeat, n o n solum leges motus, quae huic principio
(inertiae) innituntur, rejicere debet, sed etiam ne u l l a s quidem
motus leges d a r i a f fi r m a r e c o g i t u r * ‘ .

Digilized hy Google
<
Raum und Z e t , ‐ Euler und Clarke. 693

22) Theoria motus, Cap. I, $ 77.


28) Theoria motus, Cap. III, $ 128.
% *
&

2. Das R a u m - u n d Zeitproblem in der Metaphysik


u n d spekulativen Theologie.
%) „Atque his quidem rite expeditis, annon ex phaenomenis
constat, esse Entem incorporeum, viventem, intelligentem, omni‑
praesentem, qui in spatio infinito, fanquam sensorio suo, res
ipsas intime cernat, penitusque perspiciat, totasque i n t r a se
praesens praesentes complectatur; quarum quidem rerum
id quod in nobis sentit et cogitat, imagines tantum ad se per
organa sensuum delatas, in sensoriolo suo percipit et contuetur.“
Newton, Optice, lat. reddid. S a m u e l Clarke, Lausanne 1740,
Quaest. XXVIII. ‐ Vgl. Philosophiae naturalis principia mathe‑
matica. Lib. III, Scholium generale.
®5) Streitschriften zwischen Leibniz und Clarke: Clarkes erste
Replik $ 3; dritte Replik $ 10‐12; näheres hierüber in m. Aus‑
gabe von Leibniz’ Hauptschriften: Bd. I, S. 116, 121f, 143f.
26) Aus der reichen Literatur dieses theologischen Streites
greife ich n u r einigeWerke heraus, die von erkenntnistheoretischem
Interesse sind. Für Samuel Clarkes Stellung kommt insbesondere
sein Werk: „A Discourse concerning the Being and Attributes of
God, ihe obligations of Natural Religion and the Truth and Cer‑
tainty of the Christian Revelation* (London 1705/6) in Betracht,
sowie seine Verteidigung gegen Einwände, die wider dieses Werk
gerichtet wurden. („Letters 10 ibe Reverend Dr. Clarke from a
Gentleman in Gloucestersbire with the Doctors Answers.*; gedr.
als Anhang der neuen Ausgabe von Clarkes Discourse, Glasgow
1823, bes. S. 424 ff... F ü r Clarke trat insbesondere J o h n Jackson
ein (Tbe Existence and Unity of God; proved from his Nature
and Attributes, Being a Vindication of Dr. Clarke’s Demonstra‑
tion of the Being and Attributes of God (London 1734); gegen ihn
schrieb: E d m u n d L a w (Additional Notes to Archibishop Kings
Essay on the Origin of Evil; u. insbes.: „An enquiry into the
ideas of space, time, immensity and eternity; as also the Self‑

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<
694 Zu Buch VI, Cap. 2.

Existence, Necessary Existence and Unity of Divine Nature“,


Cambridge 1734).
Joseph C l a r k e (Examination of Dr. Clarkes notion of
space, with some Considerations on the Possibility of eternal
Creation; Cambridge 1734; A farther examination of Dr. Clarkes
notion of space, ibid. 1735).
Isaac Watts, Philosophical Essays on various subjects,
Second edit., London 1736 (zuerst 1732); Essay I: A fair Enquiry
and Debate concerning Space wheter it be Something or Nothing,
God or a Creature
u. Ramsay, The Philosophical Principles of Natural and
Revealed Religion, Glasgow 1748, Book I, Propos. VIII, Scholium
(Vol. I, S. 57ff.). j
7)Vgl. bes. d’Alembert, Elements de philosophie, Chap. VI.
2) Maupertuis, Essai de Cosmologie (s. ob. S. 336 [.)
#9) „Hinc appareat duplex ille perfectionum in rebus creatis
Fons primus seu zpwtöturog in Prima Causa modo ( u t loquuntur)
eminentiori et ftransscendentali. Cumque .. N i l dat quod non
habet (modo perfectiori) in seipso: eadem rationis paritate redibit
quaestio: Qui ex non cogitante produci potest cogitans?, eadem
inquam paritate rationis: Qui ex non Extenso provenire possunt
Extensa?“ (Joseph Raphson, De Spatio Reali seu Ente Infinito
Conamen Mathematico-Metaphysicum, London 1702, Cap. VI, S. 83.)
%)Raphson, De Spatio Reali, Cap. VI, S. 90.
sı) „Omnigenae aulem infinitudinis verae ratio ultima et
reciproca in absolutissima unitate consistere invenietur ut et
summa unitatis ratio in infinitudinem absolutam desinere et
absorberi. Quicquid ergo infinitudinem actualem et in suo
genere absolulissimam exprimit, essentiam Primae Causae ex‑
primit necessario existentem omniumque quae sunt Authorem.“
(Raphson, De spatio reali, Cap. V, S. 80.)
s) Von Raphson wird Henry More ausdrücklich citiert:
s. De spatio reali, Cap. VI, S. 89.
83, Streitschriften zwischen Leibniz und Clarke; Clarkes
zweite Replik $ 1.
s1) „Nec eludi potest vis Argumenti dicendo quod distantia
n o n sit proprietas alicujus rei Physica, sed tantum respecliva et
notionalis. Esto enim, quatenus utique duo corpora a se invicem

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<
Raum und Zeit. ‐ Raphson und More. 695

dicuntur distare, quod isthoc modo sint Relata.. Fundamentum


t a m e n h u j u s r e l a t i o n i s est r e a l e q u i d , u t i n mullis aliis
Relationibus rerum Physicarım.“ (More, Enchiridium Meta‑
physicum sive de rebus incorporeis P. I, Cap. VIH, $ 5.‐ Henrici
M o r i Cantabrigiensis Opera, London 1679.)
8) „Imo vero non possumus n o n concipere Extensionem
quandam immobilem omnia in infinitum pervadentermm extitisse
semper et in aeternum exstituram (sive nos de ea cogitemus,
sive non cogitemus) et a materia denique mobili realiter distinc‑
t a m . Ergo necesse est ut reale aliquid subjectum huic subsit
Extensioni, cum sit attributum reale. Haec argumentatio ita
firma est, ut nulla possit esse firmior. Nam si illa vacillet,
nullius prorsus realis Subjecti existentia certo concludere possu‑
m u s in rerum natura.“ (Enchiridium P. I, Cap. VIH, $ 6.)
s A.a.0. 87.
») „Neque enim reale dumtaxat, sed Divinum quiddam
videbitur hoc Extensum infinitum ac immobile ...
postquam
Divina illa Nomina vel titulos, qui examussim ipsi congruunt
enumeraverimus: qui et ulteriorem fidem facient illud non posse
esse Nihil, utpote cui tot tamque praeclara Attributa competunt.
Cujusmodi sunt quae sequuntur quaeque Metaphysici primo
E n t i speciatim attribuunt. Ut Unum, Simplex, Immobile,
Aeternum, Completum, Indepedens, A se existens, p e r
s e subsistens, I n c o r r u p t i b i l e , Necessarium, Immensum,
Increatum, Omnipraesens, I n c o r p o r e u m , O m n i a p e r ‑
m e a n s et complectens. (A. a . 0 . $ 8)
s) „Necesse autem est concipere tanquam existens a se,
c u m sit omnino independens ab alio. Quod autem ab alio non
dependet,-hoc manifestissimo est indicio, nempe quod tametsi res
reliquas omnes tanquam rerum natura exterminabiles concipere
possumus, h o c t a m e n Extensum i n fi n i t u m i m m o b i l e ne
c o g i t a t i o n e q u i d e m v e l fi n g i potest e x t e r m i n a b i l e “ .
(A. a. O. $ 10.)
8) Enchiridium Metaphysicum (Op. I, 171ff.); vgl. a.
Antidoton adversus Atheismum, Appendix, Cap. 7, 1 und 2.
(Opera IH, 162.)

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<
696 Zu Buch VI, Cap. 2.

I.
4) Cudworth, The True Intellectual System of the Uni‑
verse. London 1678, fol., Book I, chap. I V ; p. 769/70.
4) Isaac Watts, A fair Enquiry and Debate concerning
Space (vgl. Anm. 26), Sect. VI, p. 20f.
4) Raphson, De Spatio Reali, Cap. V, S. 78: „Spatium est
nobis incomprebensibile. Ex eo patet, quod infinitum est.“
4) „And this very ihing demonstrates that they are notbing
but Ideas o f p u r e i n t e l l e c t and have n o r e g a r d t o t h e
E x i s t e n c e o f any e x t e r n a l O b j e c t and that therefore t o
l i m i t t h e m is to destroy o n e of o u r Faculties, v i z . t h a t
of N u m b e r i n g . The Reason then of their Indefiniteness is w i t h
me not „because in their real existent Natures they are necessarily
infinite*, b u t q u i t e t h e r e v e r s e viz. because t h e y h a v e no
r e a l existent N a t u r e at a l l . “ (Edmund L a w, An enquiry into
the ideas of Space, Time, Immensity and Eternity (1734) (vgl.
Anm. 26) Ch. I, S. 32.)
4) „ L a m sorry to find that we are obliged to differ from
this celebrated Writer, not only in the subjects of Space and
Time, but i n t h e fi r s t P r i n c i p l e s and F o u n d a t i o n s o f
Knowledge, nay in o u r very N o t i o n of Knowledge i t s e l f .
He s e e m s . . . .. to place it in a connection between Ideas and
certain Ideata, or r e a l Existences; we, with Mr. Locke, must
place it in a perceiving a connection between o u r Ideas
themselves, and can carry it but a little way into real Existence.*
(Law, a. a. O. Ch. I, p. 5.)
#) „ To prove therefore either the actual or possible Exi‑
stence of Things from the Conceptions which we have of them
in Our Minds, is, in my opinion, setting up a f a l s e S t a n d a r d
of T r u t h .... Is Existence ad extra as clearly implied in the
Idea of Space, as four is implied in the Idea of twice iwo? Can
I b e a s sure o f tbe E x i s t e n c e o f a Triangle, a s I a m o f some’ o f
its Properties? Or do I as plainly perceive that there is a
perfect Square or Globe in Nature, as that a Square is not a
Globe?“ (Law, a. a. O. p. 6 f ; vgl. bes. p. 4 6 . )
#) A . a . O., Ch. I, S. 10£..
17) „ A l l relative Ideas are Comparisons made o n l y by
Mens T h o u g h t s and are Ideas o n l y i n Mens M i n d s and o f

Digilized hy Google
<
Raum und Zeit. ‐ Jackson und Law. 697

consequence neither have n o r c a n be supposed to have a n y


e x t e r n a l Archetypes.“ A . a . O. Ch. ], S. 36.
4) „When the Universe exists in Space, we really mean no
m o r e than this, that w e r e f e r i t t o a c e r t a i n S t a n d a r d o r
receptacle l o d g e d in o u r M i n d . We have an abstract idea
of such a capacity, which we apply to i t , or rather to our Idea
of i t : that is, t h e i d e a l Universe h a s a n i d e a l Place in o u r
M i n d s a n d n o t h i n g m o r e . “ ($. 72.)
4) S. hrz. Jackson, The Existence and Unity of God (vgl.
Anm. 26) S. 57f. .
5) „ O u r Author might as well argue for the Reality of
Price, Weight, etc. because if tbese were nothing, there would
be nothing to determine the different Value, or Gravity of things.
The Idea of Space is indeed a very convenient M e a s u r e set up
to determine the Relations of things and a m o r e general e x ‑
t e n s i v e o n e t h a n m o s t others, but (this proves not) its Re‑
ality ad extra any more than the Reality of these and some other
i d e a l Measures, such as Number, Q u a n t i t y, Order, Qua‑
l i t y , Station etc, w i t h o u t w h i c h w e c a n h a r d i y. t e l l how
t o speak o r t h i n k o f t h i n g s a t a l l ; but yet few are s o far
gone in the visionary way asto believe them to be real Existences,
to be any thing but abstract Notions of our own inventing.“
(Law, a. a. ©. Chap. I, S. 75; vgl. Chap. I I , S. 86.)
51) Chap. 2, S. 83.
») „Real or absolute Motion is allowed in the physical
Meaning a s opposed t o a p a r t i c u l a r Relative o n e . . . But
this has nothing to do with the metaphysical Sense of these
Words, i. e. as opposed to all Kind of relation.“ Ch. I, S. 69.
5) „His great Difficulty is to conceive how it should become
necessary, infinite, and independent ... He concludes therefore
that it is not a Property of the (material) things; v e r y t r u e :
and therefore that we are under a Necessity of conceiving it to
be a Property of s o m e o t h e r T h i n g infinite and independent:
quite t h e Contrary. Therefore we are under a Necessity of
conceiving it to be, what it really is and w h a t we ourselves
h a v e made i t , viz. an abstract idea.“ (S. 80.)
5) C u s t o m may render it so familiar to us, that we shall
at length mistake this Imagination for an Appearance of Nature

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698 Zu Buch VI, Cap. 2.

and, like that too, it w i l l f o r c e itself upon us, wheiher we w i l l


or no. The Ideas (of Space and Time) were relative ones, tho’ we
can easily carry ihem n o t by Reason a n d Proof, b u t by t h e
P o w e r o f I m a g i n a t i o n far beyond their o r i g i n a l Ideata.“
Ch. I, S, 11 ff, 21£.
5) Ch. I, S. 27ff; S. 29.
s) Isaac Watts, A fair Enquiry and Debate concerning
Space, Sect. XII, S. 45 £.

3.D i e Idealität des Raumes u n d d e r Zeit. ‐ Die Anti‑


n o m i e n des Unendlichen.
#7) Maupertuis, Lettres (1752), No. IV (Oeuvres, Lyon 1756,
I I , 198 ff.)
58) Schopenhauer Briefe (Grisebachsche Ausg.) $. 123; vgl.
S. 252f; Welt als Wille u. Vorstellung I l , 57.
#9) Genaueres im Sachregister zu L e i b n i z ’ Hauptschriften
z u r Grundleg. der Philosophie; unter „Phaenomen.*
#0) Jobann August Eberhard, Allgemeine Theorie des
Denkens und Empfindens (1776). ‐ Neue Aufl.: Berlin 1786, S. 9.
6) Friedrich Carl Casimir Frh. v. Creuz, Versuch über die
Seele. Erster Teil. Frkf. u. Lpz. 1754, $ 43. ‐ (Zur Entstehung
und Ausbildung des „Phaenomenalismus* in der deutschen Pbilo‑
sophie des 18. Jahrh. vgl. Robert S o m m e r, Grundzüge einer
Geschichte der deutschen Psychologie und Aestbetik, Würzburg
1892, sowie Max Dessoir, Geschichte der neueren deutschen
Psychologie, 2. Aufl., Berlin 1902, S. 411 f, 425. ‐ Vgl. übr. Buch
VI, Cap. I, Anm. 32.)
*) E u l e r, Lettres A une Princesse allemande, Brief 127.
#5) L a m b e r t , Neues Organon, Lpz. 1764, A l e t h i o l o$g42f.
ie
(Bd. I, S. 481f.) ‐ Vgl. Lamberts Deutschen gelehrten Brief‑
wechsel, hrg. v. Johann Bernoulli, Berlin 1781ff. I, 56f, 76ff.
%) M a u p e r t u i s , Reflexions Philosophiques sur l’origine des
langues et la signification des mots; bes. $ X X I ‐ X X V I I ;
Oeüvres 1, 277 fl. ‐ Vgl. ob. Buch VI, Cap. 1, Anm. 32.
65) Maupertuis, Examen philosopbique de la preuve de
l’existence de Dieu (M&m. de Berlin 1756) Ie partie, $ 4 ‐ 7 .

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Raum und Zeit, ‐ Isaac Watts, Maupertuis, Ploucquet. 699

6) Ploucquet, Principia de Substantiis ‘et Phaenomenis.


Accedit Methodus calculandi in Logicis ab ipso inventa, cui
praemittitur Commentatio de Arte Characteristica. Francof. et
L i p s . 1764; Cap. I I , $ 24: „Observabilitas ad intra seu perceptio
s u i natura prior est observabilitate ad extra h. e. tali qualis
caderet in aliud subjectum observans substantiam de qua quaeri‑
t u r . Quia igitur substantia a substantia observari nequit, nisi
p r i o r semet ipsam observet, etiam ex hac ratione patet, p r i n ‑
c i p i u m s u i m a n i f e s t a t i v u m esse s u b s t a n t i a m e t r e c i ‑
p r o c e substantiam esse t a l e p r i n c i p i u m . “
67, Ploucquet, a. a. O., Cap. I l , 8 37£.
6) „Quaelibet monas habet mundum perceptum in se.
Ergo nulla monas percipit alteram, sed percipit aliquid quod
similitudinem babet cum aliis perceptionibus reliquarum mona‑
dum. Sie i g i t u r phaenomena n o n e r u n t r e s o l u b i l i a i n
monades, sed in perceptiones seu ideas partiales. Id
enim, quod monas repraesentat, non est aliquid extra monadem,
sed in monade.“ Ploucquet, a. a. O., Cap. XI, $ 259.
#) „Primaria ... ratio pro idealismo militans, et quam
ego omnium fortissimam judico, haec est, quia omnis perceptio
semet ipsam repraesentat. Cum igitur sensationes sint percep‑
tiones; necessario semet ipsas repraesentant. Si vero semet ipsas
repraeseniant, nullum vestigium objecti externi relinquitur.“
Cap. XXlII, $ 563.
”%) Zur Lehre von der „visio realis Dei“, s. bes. Cap. X,
$ 189, 190, 198, 202. ‐ Zur Beziehung auf Malebranche s. $ 196.
7) „Spatium esset aliquid absolutum, si extra omnem
repraensentationem . existeret. Sed cessantibus repraesen‑
tationibus i p s u m s p a t i u m cessat, quia id, quod substantiae
charactere destituitur, extra repraesentalionem substantiae non
existere potest. N o n p o s t u l o , u t c o r p o r u m e x i s t e n t i a
u n i c e g e n e r e t s p a t i u m , quam sententiam ipse fovi. R a d i x
s p a t i i p r i m i t i v a est D e i r e p r a e s e n t a t i o . . . . adeoque sub‑
lata spatii repraesentatione ipsum spalium tollitur. Sic spatium
nec p e r s e e x i s t i t , n e c pendet a b idea c o r p o r u m , sed a
repraesentationibus. Spatium absque corporibus repraesen‑
tari posse n i h i l est absurdi. Sed spatium ab omni repraesen‑
tatione separatum n o n est intelligibile, q u i a effectus a causa,

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700 Zu Buch VI, Cap. 2.

r e l a t u m a correlato nunquam s e p a r a n t u r . . . I d e m . .
applicari quoque potest ad genesin temporis. D i c o i g i t u r
tempus a p a r t e r e i seu objective p e r se n o n existere,
neque pendere u l t i m a t o a m u t a t i o n i b u s c o r p o r u m , sed
a repraesentationibus e n t i s i n t e l l i g e n t i s . Cessante re‑
praesentatione nullum a parte rei datur tempus. Positis cor‑
porum vel aliarum rerum mutationibus simul infertur tempus,
sed sublatis corporum mutationibus non aufertur tempus, quia
est aliquid ideale in ente repraesentativo suam radicem habens.
Posita autem temporis repraesentatione idem ponitur et sublata
t o l l i t u r. . . . Repraesentatio f a c i t spatium et tempus, n o n i n ‑
v e n i t vel supponit extra repraesentationem.* Cap. XII, $ 294‐%.
?2) Cap. X X I , $ 567.
78) „Voilä donc une etrange alternative: noire science est
elle la science universelle des esprits, u n e vue de verites &ternelles,
u n e p a r t i e de la Science de Dieu? ou n’est-elle que le resultat,
la combinaison de nos sensations, notre propre ouvrage, u n e
p r o p r i e t e seulement de n o t r e espece? (Maupertuis, a. a.
O., s. Anm. 65.) +
ur
”) „Si materia aliquid esset reale per se existens; tum modus
compositionis materiae esset intelligibilis. Sed insuperabiles
occurrunt difficultates in quocunque modo. Ergo materia pro
re existente haberi nequit.. Atomi sunt fictiones per se cadenies,
Puncta vel Zenonica vel Leibniziana sunt chimaerae, quarum
nullitas satis fuit demonstrata.... . Quocunque igitur nos conver‑
tamus, nihil in materia detegimus, quod ad existentiam ejusdem
realem nos ducere possit.“ (Plouquet, Cap. X X I , 5 561.) Die
Auflösung dieses Einwands des „Idealisten“ wird im Cap. XII,
$ 278 ff gegeben: „Fundamentum materiae primitivum sunt reales
Dei repraesentationes. Hinc duplici modo divisibilitas spectari
poterit. Aut enim de resolubilitate objectiva, aut de subjectiva
agitur. Objective, b. e. in quantum imateria effeclive pendet a
repraesentationibus divinis eo usque est resolubilis quo usque
resolubilitatem intellectus infinitus videt. Divisibilitas materiae
subjectiva n o n ultra perceptiones nostras extenditur.*
75) „Mihi olim meditanti visum est non aliter illo Labyrintho
continui exiri posse, quam ipsum quidem spatium perinde ac

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‐ Grandi, Sturm, Fontenelle.
Der Unendlichkeitsbegriff.. 701

tempus commune n o n accipiendo pro alio gquam quodam ordine


compossibilium vel simultaneorum vei successivorum ... Quic‑
quid a toto reali abscindi potest, ei actu inesse ..... putavi, n o n
aeque quod a p o s s i b i l i seu i d e a l i , u t i numerus n o n potest
intelligi ex omnibus possibilibus fractionibus conflatus nec fingi
ultima minimave fractio etc.“ Leibniz, Philosoph. Schriften,
h r g . von Gerhardt, Bd. VII, S. 467,
'6) Das deutlichste Beispiel hierfür bietet die Schrift von
G r a n d i , De infinitis infinitorumet infinite parvorum ordinibus
disquisitio, Pisa 1710, s.S.96u: ö.
7‘) S t u r m , De matheseos incomprehensibilibus, Frankf. u.
Lpz., 1722; vgl.z.B. Premontval, De la notion de l’Infini, Mem.
de Berlin 1758, S. 445.
8) S, hrz. besonders: (Gartaud), Pensees critiques sur les
mathematiques oü l’on propose divers prejuges contre ces sciences
A dessein d’en e&branler la certitude et de prouver qu’elles ont
peu contribue Ala perfection des bcaux arts. Paris 1733. (Unter
Berufung auf Bayles Artikel: Zeno, S. 286.)
9 ) M a c l a u r i n , A treatise o n fluxions (1742); Neue Ausg.:
London 1801, S. 44.
w ) F o n t e n e l l e , El&emens d e l a Geometrie d e I’Infini.
Paris 1727.
sı) Vgl. ausser der Kritik von Fontenelles Schrift durch
d ’ A l e m b e r t u. M a c l a u r i n (unt. Anm. 86) noch Premontval,
De la notion de !’Infini (Anm. 77) und Achard, Reflexions sur
!’Infini mathematique (Berl. Akademie 1745).
#2) $ . F o n t e n e l l e (a. a . O . P. I , sect. 2 , No. 8 5 u . 86): „Dans
la Suite naturelle chaque terme est &gal au nombre des termes
qui sont depuis 1 jusqu’a l u i inclusivement. Donc puisque le
nombre de tous ses termes est infini, elle a un dernier terme, qui
est ce m&me infini .... Ainsi © sera toujours pris i c i pour un
Infini fixe et constant, dernier terme de la Suite naturelle.“
83) Ibid. No. 86: „ I l est inconcevable comment la Suite
naturelle passe du F i n i & YInfini, c’est-A-dire, comment apres
avoir eu des termes finis elle vient ä en avoir un infini. Cependant
cela doit ätre, ou bien il faut absolument abandonner toute idee
de I’Infini et n’en prononcer jamais le nom, ce qui feroit perir
la plus grande et la plus noble partie des Mathematiques. Je

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702 Zu Buck VI, Cap. 2.

suppose donc que c'est lA un f a i t certain, quoique i n c o m ‑


prehensible et je prends la grandeur qui doit &tre infinie, n o n
commie &tant dans ce passage obscur du F i n i A PlInfini, mais
comme .l’ayant franchie entierement et ayant passe par les degres
necessaires, quels qu’ils soient.“
#) Fontenelle, a. a. O., Part. I, Sect. 2, No. 124.
8) A. a. O. Part. I, Sect. 3, No. 196: „Les Finis que je
suppose qui deviennent Infinis (par !’eievation au quarre), ne le
deviennent que dans le passage obscur et incomprehen‑
s i b l e , et cependant constant, du Fini & PInfini. C'est lä que se
font des changements que nous ne connoissons, ä la verite, que
par les effets, c’est-A-dire, par les resultats des Calculs, mais
quoiqu’ on ne sache pas, comment ils se font, il est pourtant
bon de scavoir que c’est lä oü ils se font (l) et de pouvoir juger,
du moins a posteriori, quels ils ont dü &tre.“
8) Maclaurin, A treatise on fluxions, London 1801, S.40ff.;
d’Alembert, Eclaircissements sur les El&ments de Philosophie
$ XV (Melanges V, 284ff.)
#7) Vgl. bes. die Abhandlungen v o n A c h a r d und Premont‑
v a l (ob. Anm. 81).
8) E u l e r, Institutiones Calculi Differentialis. Petropol. 1755,
$ 80f: „Hasque difficultates aliter diluere non possunt, nisi
aliquot levisciculis metaphysicis distinctionibus, quae maximam
partem eo tendunt, ut ne consequentiis quidem quae secundum
mathematica principia formantur, fidamus.... Cum enim ex
hoc labyrintho exitum nullum invenire, neque objectionibus
debito modo occurrere queant, ad distinctiones confugiunt, respon‑
dentes bas objectiones a sensibus atque imaginatione suppeditari,
i n hoc autem negotio s o l u m i n t e l l e c t u m p u r u m a d h i b e r i
oportere; sensus autem ac ratiocinia inde pendentia saepissime
fallere. Intellectus scilicet purus agnoscit fieri posse, ut pars m i l l e ‑
simus .pedis cubici materiae omni extensione carere, quod imagi‑
nationi absurdum videatur. Tum vero, quod sensus saepenumero
fallant res vera quidem est, a t n e m i n i minus, q u a m m a t h e m a . _
t i c i s o p p o n i potest. Mathesisenim n o s i n p r i m i s a f a l l a c i a
sensuum defendit atque docet objecta, quae sensibus percipi‑
untur aliter revera esse comparata, aliter vero apparere: haecque
scienlia tutissima tradit praecepta, quae qui sequuntur ab i l l u ‑

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Der Unendlichkeitsbegriff. ‐ Euler, Maclaurin, d’Alembert. 708

sione sensuum immunes sunt. Hujusmodi ergo responsionibus


tantum abest, ut Metaphysici suam doctrinam tueantur, ut eam
potius magis suspectam efficiant.“
Man vergl. hiermit die Worte Kants ( K r. d . r. Vern.; Anm.
z u r 2. Antinomie): „Wider diesen Satz einer unendlichen Theilung
der Materie, dessen Beweisgrund bloss mathematisch ist, werden
von den M o n a d i s t e n Einwürfe vorgebracht, welche sich da‑
durch schon verdächtig machen, dass sie die klarsten mathe‑
matischen Beweise nicht für Einsichten in die Beschaffenheit des
Raumes, sofern er in der That die formale Bedingung der Mög‑
lichkeit aller Materie ist, wollen gelten lassen, sondern sie n u r
als Schlüsse aus abstrakten, aber willkürlichen Begriffen ansehen,
die auf wirkliche Dinge nicht bezogen werden könnten. Gleich
als wenn es auch n u r möglich wäre, eine andere Art der An‑
schauung zu erdenken, als die in der ursprünglichen Anschauung
des Raumes gegeben wird, und die Bestimmungen desselben a
priori nicht zugleich alles dasjenige beträfen, was dadurch allein
möglich ist, dass es diesen Raum erfüllt.* S. ferner Kants Re‑
flexionen zur kritischen Philosophie, hg. von Benno Erdmann,
Bd. II, No. 414: „Es ist soweit gefehlt, dass die sinnlichen An‑
schauungen von Raum und Zeit sollten v e r w o r r e n e Vor‑
stellungen sein, dass sie vielmehr die deutlichsten E r k e n n t ‑
nisse unter allen, nämlich die mathematischen verschaffen.“
( Z u m Verhältnis dieser Sätze zu E u l e r vgl. bes. die Vorrede zu
Kants „Versuch, den Begriff der negativen Grössen in die Welt‑
weisheit einzuführen.*)
#) E u l e r, Briefe an eine deutsche Prinzessin, Petersburg
1768 £}., Brief 124 u. 125.
%* %

4. Das Raum- u n d Z e i t p r o b l e m in der Naturphilosophie.


Boscovich.
%)S. z.B. B e g u e l i n , Essai d’une conciliation de la Mela‑
pbysique de Leibniz avec la Phbysique de Newton (Berl. Akad.
17661. Conciliation des idees de Newton et de Leibniz sur l’Espace
et le Vide. (Berl. Akad. 1769.)

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704 . Zu Buch VI, Cap. 2.

91) Boscovich, Theoria philosophiae naturalis redacta ad


unicam legem virium in natura existentium. Venetiis 1763, Praef.
S. X.; sowie $ 1fl.
#2) Boscovich, Theoria philosophiae naturalis, $ 18.
#) Theoria philosophiae naturalis, $ 31, 43, 63 u. s.
9) Theoria philos. naturalis, $ 81ff.: „Quoniam imminutis
in infinitum distantiis vis repulsiva augetur in infinitum facile
patet nullam partem materiae posse esse contiguam alteri parti:
vis enim i l l a repulsiva protinus alteram ab altera removeret.
Quamobrem necessario inde concluditur prima materiae elementa
esse omnino simplicia et a nullis contiguis partibus composita ...
Ita omne Continuum coexistens eliminabitur e Natura in quo
explicando usque adeo desudarunt et fere incassum Philosophi.*
®%) S. Maupertuis, Essai de Cosmologie, Oeüvres Lyon
1756, I, 38 sowie Examen philosophique de la preuve de
l’Existence de Dieu (Berl. Akad. 1756), 2 partie, $48. ‐ Vgl. auch
Kaestner, Anfangsgründe der höheren Mechanik, Göttingen 1766,
S. 191ff.
#) Boscovich, Theoria philosophiae naturalis, $ 30‐33;
vgl. bes. Boscovich’ Dissertation: „De Continuitatis lege et ejus
consectariis pertinentibus ad prima materiae elementa eorumque
vires.“ Romae 1754, $ 104 ff.
9) Theoria philosophiae naturalis, $ 50.
») Theoria, $ 60f.
») „Continuitas exacta (materiae) est i l l u s i o quaedam
sensuum tantummodo et quoddam figmentum mentis reflexione
vel non utentis, vel abutentis“ (Theoria $ 159.)
10) Theoria $ 143: „Ego quidem continuum nullum
agnosco coexistens ... n a m nec spatium reale m i h i est
ullum continuum, sed imaginarium tantummodo
Censeo n i m i r u m quodvis m a t e r i a e p u n c t u m bhabere
b i n o s r e a l e s e x i s t e n d i modos, a l t e r u m l o c a l e m
a l t e r u m t e m p o r a r i u m , qui n u m appellari debeant res a n
tantummodo modi rei ejusmodi litem quam arbitror esse tantum
de nomine nihil omnino curo.“ Vgl. De Spatio ac Tempore
(Supplem. I zur Theoria philos. naturalis), $ 2f.: „Inprimis i l l u d
mihi videtur evidens tam eos qui spatium admittunt absolutum
nalura sua reali continuum, aeternum, immensum, tam eos qui

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Raum und Zeit: ‐ Boscovich. 705

cum Leibnitianis et Cartesianis ponunt spatium ipsum in ordine


cuem habent inter se res quae existunt praeter ipsas res, quae
existunt debere admittere modum aliquem non pure imaginarium,
sed realem existendi, per quem i b i sint, u b i sunt et q u i e x i s t a t
t u m c u m i b i s u n t , pereat c u m i b i esse desierint, u b i
e r a n t . Necessario igitur admitiendus est realis aliquis existendi
modus, per quem res est i b i , u b i est et t u m cum est. Sive is
modus dicatur res sive modus rei, sive aliquid, sive n o n nihil;
is exira nostram imaginationem esse debet et res ipsum mutare
potest, habens jam alium ejus modi existendi modum, jam alium.“
ı01) Zum „Gesetz der bestimmten Anzahl“ s. Theoria $ %,
sowie Elementa universae Matheseos, Rom 1754, Bd. IH, No. 879.
102) „Quoniam autem puncta materiae habent semper ali‑
quam a se invicem distantiam et numero finita sunt: finitus est
semper etiam numerus localium modorum, nec ullum reale con‑
tinuum efformat. Spalium vero imaginarium est m i h i possibilitas
omnium modorum confuse cognita quos simul per kognitionem
praecisivam concipimus licet simul omnes existere non possint.“
(Theoria $ 143.)
105) De Spatio ac Tempore $8f.: „Quotiescunque illa puncta
loci realia interposita fuerint interposilis punctis materiae
realibus, finitus erit eorum numerus, finitus intervallorum
numerus illo priore interceptorum et ipsi simul aequalium: at
numerus ejusmodi partium possibilium finem habebit nullum....
Hinc vero dum concipimus possibilia haec loci puncta spatii
infinitatem et continuitatem habemus c u m divisibilitate in in‑
finitum.*
104) „Cumque ea possibilitas et aeterna sit et necessaria (ab
aeterno enim et necessario verum fuit posse illa puncta c u m
illis modis existere), spatium hujusmodi imaginarium continuum
infinitum simul etiam aeternum fuit et necessarium, sed n o n
est a l i q u i d existens, sed tantummodo a l i q u i d potens
existere et a nobis indefinite conceptum.* (De Spatio ac Tem‑
pore $ 9.)
De Spatio ac Tempore $ 5.
105)
A. a. O., $21: „Illam ligneam vel ferream decempedam
100)
habemus pro eodem comparationis termino post translationem.
Si ea constaret ex maleria prorsus continua et solida, haberi

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706 Zu Buch VI, Cap. 2.

posset pro eodem comparationis termino, at in mea punctorum


a se invicem distantium sententia omnia illius decempedae
puncta dum transferuntur p e r p e t u o d i s t a n t i a m r e v e r a
m u t a n t . - Distantia enim constituitur per illos reales existendi
modos, qui mutantur perpeluo.“
ı07) „ I n mensura locali aeque in mea sententia ac in men‑
sura temporaria impossibile est certam longitudinem, ut certam
durationem e sua sede abducere in alterius sedem, ut binorum
comparatio habeatur per tertium. Utrobique a l i a longitudo, ut
a l i a duratio substituitur, quae priori i l l i aequalis censetur,
nimirum nova realia punctorum loca ejusdem decempedae
novam distantiam constituentia. .. Vulgus tantummodo in mensura
locali eundem haberi putat comparationis terminum: Philosophi
ceteri fere omnes eundem saltem haberi posse per mensuram
perfecte solidam et continuam, in tempore tantummodo aequalem,
ego vero utrobique aequalem tantum agnosco, nuspiam eundem.“
( D e Spatio ac Tempore $ 24.)
108) „At erit fortasse qui dicet sublata extensione absolute
mathematica tolli omnem Geometriam. Respondeo Geometriam
non tolli quae considerat relationes inter distantias et inter
intervalla distantiis intercepta, quae m e n t e concipimus et per
quam ex bypotbesibus quibusdam conclusiones c u m iis connexas
ex primis quibusdam principiis deducimus. To l l i t u r Geo‑
m e t r i a actu existens, quatenus nulla linea, nulla superficies
mathematice continua, nullum solidum mathematice continuum
ego admitto inter ea quae existunt, an aufem inter ea quae
possunt existere habeantur plane ignoro.*“ (Theoria $ 373.)

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Zu Buch VI, Cap. 3.
D i e Ontologie. ‐ Der Satz des Widerspruchs und der
Satz v o m zureichenden Grunde.

1.
ı) Im folgenden fasse ich die Ergebnisse früherer ausführ‑
licherer Untersuchungen zusammen: s. „Leibniz’ System“ Cap. V I I
u n d die Ausgabe von Leibniz’ Hauptschriften z. Grundl. der Phi‑
losophie I I , 108 ff.
. 2) Leibniz, Nouveaux Essais sur l’entendement humain.
L i v r. I V, chap. I V, $ 4. (Gerhardt V, 373.)
%)C h r i s t i a n Wo l ff , Vernünftige Gedanken von Gott, der
W e l t und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt,
Halle 1720, $ 142‐145. ‐ Vgl. hrz. z. B. B ü l f fi n g e r, Dilucidationes
philosophicae de Deo, anima bumana, mundo et generalibus
r e r u m affectionibus, Tüb. 1725, Sect. I I , cap. 2, $ 162; Georg
Friedrich M e i e r, Metaphysik, Erster Teil, Halle 1755, $ 33, 89,
g91us. .
%S. hrz. u. z u m Folgenden: Edmund K ö n i g , Ueber den
Begriff der Objektivität bei Wolff u. Lambert, m i t Beziehung auf
Kant. Ztschr. f. Philosophie. Bd. 85, S. 292 ff.
5) W o l f f , Philosophia Prima sive Ontologia, Francof. et
Lips. 1730, $ 499: „Si nulla datur in rebus veritas transscendentalis,
nec datur veritas logica propositionum universalium, nec singu‑
larium datur, nisi in instanti.“
®,Ontologia, $ 501.
?), Zum Begriff des „mundus fabulosus“ („das Schlaraffen‑
land“) s. Ontologia $ 77 u. 493; sowie Georg F r. M e i e r, Metaphysik:
Erster Te i l $ 92.
8) S. Ontologia $ 502.

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708 Zu Buch VI, C a p3..

») Vgl. Darjes, Elementa Metaphysices (ed. nuva: Jenae


1753), Philos. prima $ 188: „Est ergo veritas in genere convenientia
eorum, quae simul ponuntur. Quare cum metaphysici sit, ut de
iis, de quibus dicit, dicat qua talibus; de objecto vero qua tali
dicere idem sit, ac in iis quae de eodem dicuntur n i l supponere,
quam ipsius notionem, patet veritatem metaphysicam quae
etiam transscendentalis dicitur esse convenientiam eorum, quae
de re dicenda, cum ipsius notione seu conceptu primo.*
ı0) Andreas R ü d i g e r, D e sensu veri e t falsi (zuerst: Halle
1709), Editio altera, perpetuis scholiis auctior, Lips. 1722, Lib. I,
cap. 2, $ 17 (S. 39£.).
1 ) R ü d i g e r, a . a . O . Lib. I , cap. 1 , $ 8 - 1 2 (S. 2 5ff.); vgl.
bes. Cap. 3: Desensione, veritatis primo principio et ultimo criterio
(S. 57ff.) sowie die „Disputatio de eo quod omnes ideae oriuntur
a sensione.* Lips. 1704.
ı2) „Omnis quidem ratiocinatio, quanptum ad primam s u i
originein, sensualis est, adeoque mathematica h o c respectu
minime sensualis dicitur, seda m o d o concludendi, qui in sola
hac ratiocinatione sensualis est... . Omnes enim partes matheseos
ex arithmetica et geometria procedunt. Sed et modus argumen‑
tandi in geometria non alius est, quam arithmeticus, quoniam
et magnitudines numerando mensurantur, ut adeo tota mathesis,
si modum argumentandi respicias,rectead arithmeticam referatur ..
Omnis autem numeratio est individuorum, quatenus e o r u m
t e r m i n i s e n s u p e r c i p i u n t u r : h i quippe termini sunt principia
numerationis, h. e. verae et reales unitates. E r g o o m n i s
n u m e r a t i o est sensualis: universus a u t e m modus r a t i o ‑
c i n a t i o n i s m a t h e m a t i c a e est n u m e r a t i o , ergo universus
iste modus est sensualis* R ü d i g e r, a. a. O. Lib. I I , cap. I V ,
S. 283 Anm. a); vgl. das ganze Capitel: Deratiocinatione sensuali
seu mathematica, douAkoriotws.
ıs) „Ex hoc patere exemplo potest, quid distet ratiocinatio
haec mathematica ab ideali syllogistica. In hac enim ex u n a
propositione elicitur alia, in illa ex mullis una conficitur. Plures
enim illae circumstantiae sensuales singulae conclusionem faciunt.
Porro in illa per assumptionem aut transsumptionem ideae argu‑
mentamur: bic nulla nova assumitur idea; sed per conjunctionem
plurium illaruın circumstantiarum sensualium conclusio n u m e ‑

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<
Die Ontologie. -‐ Wolf), Rüdiger, Crusius, Lambert. 709

r a n d o , n o n s u b s u m e n d o . . exurgit“ (A.a. O.,S.285£.; s .ferner


S. 296 Anm. f. u.Lib. I I , cap. 3: De verilate ratiocinativa in genere).
14) Chr. Aug. Crusius, Entwurf der nothwendigen Vernunft‑
wahrbeiten, wiefern sie den zufälligen entgegengesetzet. werden.
( D r i t t e Aufl.: Lpz. 1766; zuerst: Lpz. 1745), $ 423; vgl. bes. die
„Vorrede zur andern Auflage“.
15) Crusius, Entwurf der nothw. Vernunftwahrheiten $ 57
u n d 59.
16) Entwurf der nothw. Vernunftwahrheiten $ 7 u. 8; vgl.
bes. Crusius, Weg z u r Gewissheit und Zuverlässigkeit der
menschlichen Erkenntniss, Lpz. 1747, 3 172f. (Man vgl. hiermit
d i e Bestimmungen Rüdigers, De sensu veri et falsi, S. 285, $ 2
A n m . u. S. 296, $ 2 Anm.)
17) Kant, Untersuchung über die Deutlichkeit der Grund‑
sätze der natürl. Theologie und der Moral (Akad.-Ausg. I I , 293).
18) Crusius, Entwurf d. nothw. Vernunftwahrheiten $ 8.
19) $. die Vorrede zur ersten Auflage des Entwurfs u. $ 1.
?) Lambert, Anlage zur Architektonik oder Theorie des
Einfachen und des Ersten in der philosophischen und mathe‑
matischen Erkenntniss. 2 B. Riga 1771, $ 11.
21) Lambert an Kant (13. Nov. 1765), s. Kants Briefwechsel
(Akad.-Ausg.) X, 49.
®®) L a m b e r t , Architektonik $ 43.
23) Architektonik $ 297 u. 304.
®) Architektonik $ 94 u. 374; vgl. Neues, Organon, Lpz. 1764,
Alethiologie: $ 93, sowie die „Gedanken über die Grundlehren des
Gleichgewichts und der Bewegung“ (in den Beiträgen z u m Ge‑
brauche der Mathematik, Berlin 1765 f f ) $ 3 u . 9 .
25) Neues Organon, Dianoiologie $ 660.
26) Architektonik $ 51.
?”) Architektonik $ 9.
28) $. Dianoiologie $ 639.
29) Architektonik $ 10.
%) Alethiologie $ 29; vgl. bes. die Vorrede zum „Neuen
Organon“.
s1) S, hierüber: Otto Baensch, Johann Heinrich Lamberts
Philosophie und seine Stellung zu Kant, Tüb. u. Lpz. 192,
bes. S. 75f.

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<
710 Zu Buch VI, Cap.3

22) Alethiologie $ 28.


=) Zum Begrift der Gegenstandstheorie s. M e i n o n g , Ueber
die Stellung der Gegenstandstheorie im System der Wissen‑
schaften. Erster Artikel. Zeitschr. £. Philos, Oktober 1906. ‑
Die Aehnlichkeit der Gesamtconception m i t L a m b e r t s Grund‑
anschauung tritt hier bes. in $ 7: „Daseinsfreiheit u n d Apriorität*
hervor: Meinongs Begriff der Apriorität weicht v o n d e m Kanti‑
schen ebenso sehr ab, wie er m i t dem Lambertschen sachlich
übereinstimmt. (Man vergl. hierzu bes. die Ausführungen der
Dianoiologie $ 634 ff.m i t Meinongs Schrift „über die Erfahrungs
grundlagen unseres Wissens“, Berlin 1906, $ 1.)
s) Dianoiologie $ 639.
8) Alethiologie $ 160.
ss) Alethiologie $ 241.
37) Architektonik $ 193ff., $ 197; Dianoiologie $ 110.
88) Neues Organon: Phaenomenologie $ 120. ‑
8) Dianoiologie $ 658 ff.; Alethiologie$ 127 ff.; Architektonik
$ 79-85. ‐ Vgl. bes. die Gedanken über die Grundlehren des
Gleichgewichts u. der Bewegung, $ 2.
40) Alethiologie $ 66.
Al) Architektonik $ 299; vgl. bes. $ 473.
42) Alethiologie $ 234a.
4) S. Mendelssohn, Ueber die Evidenz in metaphysischen
Wissenschaften, Erster u. dritter Abschnitt.

nl.
“) Christian W o l f f , Vernünflige Gedanken von Gott etc.
$ 30; vgl. bes. Ontologia $ 66 u. 70.
#) S.z. B. B ü l f fi n g e r, Dilucidationes philosophicae, Sect. I,
cap. 3, $ 73. ‐ Darjes, Elementa Metaphysices: Philosophia
prima; Carpovius, Tractationes Duae, prima de Rationis suffi‑
cientis principio etc., Recusae 1735, $XV; Mendelssohn, über
die Evidenz in metaphys. Wissenschaften, Abschn. 3 u. ö.
46) Georg Friedrich Meier, Vernunftlehre, Halle 1752, $ 30;
Metaphysik, Erster Teil, Halle 1755, 8 3.
2) „Quid enim ad rem facit, si oppositam- separatim
spectatum cogitari potest, possibilitas autem ejus vel exis‑

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<
Lambert, Crusius, Biguelin. 711

tentia ob eas circumstantias, quibuscum simul est cogitari


non potest? . . . Homo cogitari potest sine impostura,
non vero Cajus, quia dum Caium cogitas, ejusmodi
cogitas subjectum, in quo impostura rationem habet deter‑
minantem, sinceritass vero non habet. Eodem sane jure
adseverare possem, figuram aequilateram circulo inclusam
angulos habere posse inaequales. Scilicet figura aequilaterä an‑
gulis constans inaequalibus nihil habet contradictorii. Attamen
in hoc conditionum complexu contradictionem implicat, quia re‑
liquis circumstantiis, quae simul sumuntur contradicit.* (Crusius,
Dissertatio philosophica de usu et limitibus prineipii rationis
determinantis, vulgo sufficientis, Lips. 1743, $ VI.)
4) De usu et limitibus etc. $ XIV; Weg zur Gewissheit u.
Zuverlässigkeit der menschl. Erkenntniss $ 260.
#) Entwurf der nothw. Vernunftwahrheiten $ 37.
%) Entwurf der nothw. Vernunftw. $ 36; vgl. De usu et
limitibus $ XXXVI u.$ XXH und „Weg zur Gewissheit und Zu‑
verlässigkeit“ $ 141.
51) Weg zur Gewissheit und Zuverlässigkeit $ 141.
s2) De usu et limitibus $ XXX u. XXXVIIL
ss) Beguelin, Memoires sur les premiers principes de la
Metaphysique. (Berliner Akademie 1755.) ‐ B. beruft sich aus‑
drücklich auf Maupertuis’ Philosoph. Reflexionen über die
Sprache, die ihrerseits wiederum auf einer Fortbildung der Grund‑
gedanken H u m e s beruhen. (S. ob. S. 334f. u. 379 f.)
5) „ I l ne reste donc A chercher le fondement de notre prin‑
cipe que dans celui de la contradiction. Il faudroit donc que la
proposition opposee ä notre principe fut contradictoire, c. a. d.
qu'’on püt prouver, que si une chose pourroit exister sans raison,
elle pourroit exister ou n’exister pas en me&me tems. Or je ne
vois rien dans l’idee de l’existence, ni dans celle de l’hazard qui
contienne cette assertion . ., i d e e d’une existence fortuite ne
renferme point de contradiction manifeste* B e g u e l i n , a. a.
O;8X.
5) „ I l est donc manifeste que Pexistence reelle des choses
hors de nous n’est consialee par l’experience qu’autant qu’on
suppose d’avance la verilE du Principe de la raison suffisante.
P a r consequent toute demonstration de ce Principe a posteriori,

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<
712 . Zu Buch VI, Cap.3.

qui supposera l’existence reelle des choses hors de nous sera u n e


pure petition de principe (A. a. OÖ. $ XVIN.
s6) „Regarderai-je cet ordre, ces rapports, ces retours
constants (des perceptions) comme une preuve demonstrative q u ’ i l
yaune raison suffisante, pourquoi B precede toujours G, pourquoi
G precede toujours L et pourquoi A accompagne toujours E”
Oui, assurement, s’il etoit dejä prouve& que rien n’est sans raison
suffisante. Mais cela n’etant pas encore prouve, ne serait-ce
pas lä le m&me cercle, que nous voulons eviter? Cela ne v o u ‑
droit-il pas dire que p o u r p o u v o i r p r o u v e r n o t r e P r i n ‑
cipe a posleriori il f a u d r o i t q u ’ i l f u t deja d e m o n t r e
antecedemment a p r i o r i ? “ (Ibid.)
” ) A . a . 0 . $ I V.
59) T h ü m m i g , Institutiones Philosophiae Wolfianae, Francof.
et Lips. 1740, Ontologia $ 49. ‐ vgl. hrz. W o l f f s Ableitung des
Raumbegriffs: Ontologia $ 544, und Vernünfftige Gedanken v o n
Gott etc. $ 4 5 .
5%) Crusius, Entwurf der nothwendigen Vernunftwahrheiten
$ 15; ‐ De usu et limitibus $ XXVII; Weg zur Gewissheit u.
Zuverlässigkeit $ 261.
60) Crusius, Entwurf der nothw. Vernunftwahrh. 3 38; Weg
zur Gewissheit und Zuverlässigkeit $ 142.
6) Grusius, Weg zur Gewissheit $ 258 u. 259,
#) Vgl. Weg zur Gewissheit $ 260: „Man merke zum voraus,
dass die Frage nicht davon sei, ob diese Sätze völlig wahr und
gewiss sind, welches niemand zu leugnen begehret, sondern n u r
davon, wie sie in dem menschlichen Verstande entstehen und
wober wir also die Erkenntniss derselben haben
ist, ob der Satz des Widerspruchs auch von der Einrichtung
...Die Frage

der Begriffe selbst der zureichende Grund gewesen sei, oder auch
n u r habe sein können. Dass dieses sich nicht so. verhalte, lässt
sich leicht zeigen. Man muss n u r nicht hieraus schliessen, als
ob hierdurch die Sache ungewiss werde, sondern v i e l m e h r
erkennen, dass der Satz v o m Widerspruche, w e i l er e i n
l e e r e r Satz i s t , n i c h t das einzige P r i n c i p i u m J e r
menschlichen Gewissheit sey. Z. E. dass jeder E f f e k t eine
Ursache voraussetze, lässt sich durch den Satz vom Wider‑
spruche leicht klar machen. Es kommt aber daher, weil m a n

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<
Der Sals vom sureichenden Grunde. ‐ Bepudin u. Crusius. 713

u n t e r einem Effekte etwas verstehet, welches von einem andern,


das die Ursache heisset, hervorgebracht worden und also in den
B e g r i f f des Effektes die Ursache schon hineingenommen hat,
welchen man daher freilich, so lange m a n jenen setzet, nicht
verneinen kann, ohne sich selbst zu widersprechen . .. Das aber
lässt sich aus dem Satze vom Widerspruch nicht erkennen, dass
e i n entstehendes D i n g eine Ursache h a b e . . . Gleichwol (ist ein
Geschehen ohne Ursache) etwas, welches eben so wol als das
Widersprechende von uns als schlechterdings falsch und u n ‑
möglich gedacht werden muss. Es: folget also so viel daraus,
dass der Satz von der zureichenden Ursache und mithin die
R e a l i t ä t in den Begriffen der Ursache und Wirkung in u n ‑
serem Verstande u r s p r ü n g l i c h einen andern G r u n d als
d e n Satz des Widerspruchs habe.“ ... Die Hauptursache dafür
aber, dass m a n „zu unsern Zeiten geneigt ist, den Satz vom
Widerspruche vor den einzigen Grund unserer Schlüsse anzu‑
sehen“ liegt darin, „dass man m e h r g e w o h n t i s t , a u s schon
vorausgesetzten B e g r i ff e n zu schliessen, a l s d i e Gründe
d e r Realität i n der E i n r i c h t u n g der Begriffe selbst a u f ‑
zusuchen. Allein auf diesem Wege kommt man entweder nicht
weit genug oder man unterstehet sich gar, den Begriffen die Re‑
alität selbst geben zu wollen, und verwirret hernach bloss hypo‑
thetische Folgen, die man aus angenommenen Begriffen heraus‑
ziehet, mit Realsätzen.“
Diese Stelle ist: geschichtlich von höchstem Interesse, da sie
aufs schärfste die allgemeine Problemlage beleuchtet, aus der
K a n t s „klassische“ Unterscheidung der analytischen und syn‑
thetischen Urteile hervorgewachsen ist.

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<
Zu Buch VI, Cap. 4.
Das Problem des Bewusstseins. ‐ Subjektive u n d
objektive Begründung der Erkenntnis.
I.
) ( P e t e r Browne), The Procedure, Extent and Limits of
human Unterstanding. Second edit. London 1729. S. 66, 414,
419f.: „This is to shew the great mistake and absurdity of that
Expression „Idea of Reflection“; since we neither have n o r can
have Ideas, pertinently speaking, of any thing but what is
e x t e r n a l t o the Mind; and which can enter into n o other way
tkan by Similitude only, or Representation of itself . .. The laying
down Ideas of Sensation and Reflection as Equaly o r i g i n a l
and equaly the Ground of all our Knowledge doeth shamefuly
mislead and confound the Understanding; under a Pretence and
solemn Profession of Helping it forward, of setting out its true
Bounds and Limits and describing its Progress.“
2) A. a. O., bes. S. 216f.
») A. a. OÖ. S. 67; vgl. bes. S. 412 u. $. 382 f.
4 „The Eye of the Mind . . cannot take a view either of its
o w n Substance or Essence, or of its o w n Properties or Qualities
by any Reflex Act: It doth not come to the knowledge of its own
Faculties by any such unnatural Squint, or distorted Turn upon
itself; but by an immediate Consciousness of the several different
ways of its own working upon these Ideas of Sensation lodged
in the Imagination“ (A. a. O. S. 97.
5) David H a r t l e y, Observations on Man, his Frame, his
Duty and his Expectations (1749), Fi lt h edit. London 1810, S. 873.
„It appears to me, that all the most complex ideas, arise from
sensation; and that reflection is not a distinct source, as Mr.

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<
Browne, Hartiey, Condillac. 715

L o c k e makes i t . . . We may conceive, that he called such ideas


as he could analyse up to sensation, ideas of sensation; the rest
i d e a s o f reflection, u s i n gr e fl e c t i o n a s a t e r m o f a r t , denoting
a n u n k n o w n q u a n t i t y. “
°%) Newton, Philosophiae naturalis Principia Mathematica,

gegen Ende. ‐ Öptice, Quaestio X X I I I u. XXXI.


”) H a r t l e y, Observations on Man, p. 22, 60 ff. 67 ff.
8 )H a r t l e y, a . a . O . S . 33.
®)Joseph P r i e s t l e y, Disquisitions relating to Matter and
S p i r i t , London .1777; vgl. die Vorrede, p. X I I ff.
-10) Condillac, La langue des calculs (Oeuvr. Paris 1798)
V o l . X X I ] , S . 10ff, S . 2 1ff, 0 228 u . s .
ıı) Condillac, La langue des calculs S.60£f.
!2) La langue des calculs, S. 233f.
ı3S$. hrz. Danzel, Gottsched und seine Zeit, Lpz. 1848,
Abschn. VII, S. 185 ff. ‐ Ueber Baumgartens Verhältnis zu den
Schweizern s. S. 223 ff.
4) Georg Friedrich Meier, Metaphysik. Dritter Teil: Die
Psychologie. Halle 1757, $ 587 u. 588 (S. 185ff.) ‐ Ueber den
Begriff der Dichtkraft u. seine Entwicklung in der deutschen
Psychologie u. Aesthetik des 18. Jahrhunderts vgl. Rob. Sommer,
Grundz. einer Gesch. d. neueren deutschen Psychologie u. Aesthetik,
S. 55f., 2 0f., 8 274 fl.
5) Joh. Nikolaus Tetens, Philosophische Versuche über
d i e menschliche Natur und ihre Entwickelung. Riga 1777.
2 B . 1, 24£.
ı6) Tetens, Philosophische Versuche, Bd. I, S. 315.
" ) Te t e n s , a . a . O . I , 116, 125f., 135.
) Zum Ganzen s. Tetens, a. a. O. I, 328‐335.

II.
19) Man vergleiche, um sich dieses Zusammenhangs bewusst
zu werden, die Auseinanderseizung zwischen Lossius und Te t e n s
m i t der Darstellung des Problems bei N a t o r p , Ueber objektive
und subjektive Begründung der Erkenntnis (Philos. Monatsbefte
X X I ) u. bei Husserl, Logische Untersuchungen, I, 78 ff. u. 110 ff.
20) Johann Christian Lossius, Physische Ursachen des
Wahren. Gotha 1775. S. 8ff.

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<
716 Lossius und Telens.

Lossius, Physische Ursachen des Wahren S. 56.


21)
22)Lossius, A. a. O. S. 65; vgl. S. 58 u. 76.
2) Tetens, Philosophische Versuche über die menschliche
Natur I, 529; s. ferner I, 375f., 393, 4 0 f.2
#4) Tetens, Philosoph. Versuche I, 470ff; vgl. bes. I, 527
und 531 f.
8) Tetens, a. a. O. I, 534, vgl. bes. I. 550.
2%) Tetens, a. a. O. I, 539.
ı) A. a. O. I, 540; vgl. bes. I, 560: „das sogenannte O b ‑
j e k t i v i s c h e oder, welches g l e i c h v i e l i s t , das U n v e r ‑
ä n d e r l i c h e u n d N o t h w e n d i g e in dem Subjektivischen.“
28) Tetens, I, 5 4ff; 3 z u m Vergleich m i t der modernen Dis‑
kussion s. bes. Husserl, a. a. O. I, 118f.
®%) Tetens, a. a. OÖ, bes. I, 545.

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Zu Buch VII, Cap. 1.
Die Entstehung der kritischen Philosophie.
1) Auf die speziellen Fragen der Entwicklungsgeschichte des
kritischen Systems, sowie auf die reiche Literatur des Problems
im einzelnen einzugehen, ist im Rahmen dieser Schrift nicht
möglich; ich begnüge mich damit, aus einer ausführlicheren Un‑
tersuchung die wesentlichen Ergebnisse herauszuheben.

I.
2) Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der
natürlichen Theologie und der Moral 1763; S. W. II, 286. ‐ Die
Zitate im Text beziehen sich durchweg auf die Akademie-Ausgabe
der Werke Kants.
d, Wie nahe Kant hierin der zeitgenössischen Philosophie
noch steht, lehrt ein Vergleich m i t der Abhandlung Beguelins
„Sur les premiers principes de la Metaphysique* (1755). S. ob.
S. 430 ff.
% Vgl. hrz. Cohen, Die systematischen Begriffe in Kants
vorkritischen Schriften, Berlin 1873, S. 19.
5) Mendelssohn, Ueber die Evidenz in den metaphysischen
Wissenschaften, Erster Abschnitt. ‐ Tetens, Gedanken über
einige Ursachen, w a r u m in der Metaphysik n u r wenige ausge‑
machte Wahrheiten sind. Bützow u. Wismar 1760. S. 15f.
6) Grusius, Entwurf der nothwendigen Vernunftwahrheiten,
$ 235 u. 377. .
% Vgl. die Bemerkung T i e f t r u n k s (bei Cohen, a . a . O .
S. 33).
9) Zwar hebt Kant m i t Recht hervor, dass die Unterscheidung,
die er zwischen Realgrund und logischem Grund durchführt,

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<
718 Zu Buch V I I , Cap. 1.

„von der Eintheilung des Herrn Crusius in den Ideal- und Real‑
grund* ganz verschieden sei: doch bildet diese letztere „Einteilung“
bei Crusius selbst n u r ein Moment von relativ untergeordneter
Bedeutung und macht keineswegs das Ganze seiner Leistung aus.
Das wesentliche Ergebnis seiner Erkenntnislehre liegt dagegen
in der Einsicht, dass für unsere kausalen Schlüsse ein eigenes,
vom Satz des Widerspruchs unterschiedenes Prinzip und ein
selbständiger Grund der Gewissheit zu fordern ist: und eben
diese Einsicht ist es, die auch den eigentlichen Ertrag der Schrift
über die „negativen Grössen“ ausmacht.
°%), d’Alembert, Melanges de Litterature, d’Histoire et de

Philosophie I V, 71f. ‐ Ueber Maupertuis s. ob. S. 3 3 4 ‐ Mau‑ ff.


pertuis’ Werke werden in Kants vorkrifischen Schriften häufig
erwähnt, vgl. S. W. I. 232, 254, 181, 330 u. s.

1.
16) In dieser Ansicht stimme ich mit Windelband, Gesch.
der neueren Philosophie, 3 Aufl., I I , 26. überein.
ıı) Kant, Sämtl. Werke, herausg. von Hartenstein VIII, 624f.
Ueber Kants Verhältnis zu Rousseau vgl. Dieterich, K. u.
Rousseau, Freiburg 1885.
2) Vgl. hrz. besond. Kants Brief an Mendelssohn v o m
8. April 1766, in welchem Kant seinen eigenen Versuch, eine
A n a l o g i e zwischen der sittlichen Verfassung des Geisterreichs
und der „allgemeinen Gravitation“ durchzuführen, ausdrücklich
preisgiebt: dieser Versuch sei „nicht eine ernstliche Meinung,
sondern ein Beispiel, wie weit man, und zwar ungehindert, in
philosophischen Erdichtungen fortgehen kann, wo die Data
fehlen.“ (X, 69.)
18)Hume, Essays, ed. Green and Grose S. 8fl.
14)Reflexionen Kants zur kritischen Philosophie, hg. von
Benno Erdmann. Bd. I I , Lpz. 1884; No. 289. ‐ Diese Re‑
flexion steht, wie Erdmann m i t Recht hervorhebt, im Gegensatz
zu Hume; ‐ jedoch in einem Gegensatz, der von den „Träumen
eines Geistersehers* ausdrücklich berichtigt und aufgehoben wird.
Es lässt sich daher aus i h r nicht, wie Erdmann will, ein A r ‑
gument gegen die Uebereinstimmung Kants m i t Hume in d e r

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<
Die Entstehung der kritischen Philosophie. . 719

Epoche, die wir hier betrachten, entnehmen, sondern n u r


schliessen, dass sie den „Träumen“ zeitlich vorausgeht. Da sie
ferner ‐ wie der Begriff des synthetischen Urteils, der sich in
i h r findet, beweist ‐ auf die Schriftengruppe des Jahres 1763
folgt, so muss ihre Abfassung in die Jahre 1764‐66 gesetzt
werden.
15) Einen merkwürdigen Einwand gegen die Annahme einer
Annäherungs Kants an Hume in den „Träumen eines Geister‑
sehers“ hat A d i c k e s (Kant-Studien, Kiel 1895, S. 101) erhoben.
Er sieht es als einen Gegensatz zwischen beiden an, dass Kant
‐ im Jahre 1766 ‐ den Ursprung der kausalen Begriffe und
Urteile i n der E r f a h r u n g suche, während Hume gerade leugne,
„dass unserem Begriffe der Ursache irgend eine v o n Gegen‑
ständen ausser uns ausgehende „impression“ entspreche“. Hierauf
i s t zu erwidern, dass Hume unter der „Erfahrung“ keineswegs
bloss die Einzelimpressionen als solche, sondern vor allem deren
associative Ve r k n ü p f u n g versteht. In diesem Sinne aber ist
es klar und wird von i h m beständig hervorgehoben, dass alle
unsere Schlussfolgerungen über das Verhältnis von Ursache und
Wirkung aus der Erfahrung entspringen. „I shall venture to
affırm ‐ heisst es im Enquiry ‐ as a general proposilion
which admits of no exception, that the knowledge of this rela‑
t i o n is n o t in a n y instance a t t a i n e d by reasonings a
p r i o r i ; b u t a r i s e s e n t i r e l y f r o m experience, when we find
that any particular objects are constantly conjoined with each
other“ (ed Green and Grose, S. 24.) ‑
1) M i t K u n o F i s c h e r, der die nahe Verwandtschaft Kants
und Humes in der Epoche der „Träume“ m i t Recht betont,
stimme ich daber weder betreffs des Zeitpunkts der ersten
Einwirkung Humes, die er ins Jahr 1763 verlegt, noch betreffs
des Umfangs dieser Einwirkung überein. In letzterer Beziehung
h a t übrigens K. Fischer, auf die Einwände Cohens und R i e h l s
h i n , seine ursprüngliche Anschauuug in den späteren Auflagen
der „Geschichte der neueren Philosophie“ wesentlich modifiziert.
1?) Der wichtigste Einwand, den m a n gegen die Annahme
einer relativ f r ü h e n Einwirkung Humes auf Kant ( i m Jahre 1766)
erhoben hat, bestand zumeist darin, dass man den Humeschen
Einfluss zur Erklärung irgend einer späteren Entwicktungsphase

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<
720 Zu Buch V I I , Cap. 1.

des Kantischen Denkens nicht entbehren zu können glaubte.


Dieser Einwand wird widerlegt, sobald sich die inneren Motive
deutlich machen lassen, die fortan die weitere Richtung der
Kantischen Philosophie bestimmen und o h n e die Annahme
irgend eines äusseren „Anstosses“ erklären. Die Darstellung im
Text versucht ‐ an der Hand der Reflexionen ‐ den Nachweis
dieser immanenten Entwicklung zu führen.
Eine zweite Schwierigkeit pflegt m a n vor allem darin zu
finden, dass Kant in der „Dissertation“ vom Jahre 1770 ‐ im
Gegensatz zu der Grundanschauung der „Träume eines Geister‑
sehers* ‐ wiederum die E r k e n n b a r k e i t der absoluten Sub‑
stanzen behauptet: dass er also, wie man hieraus folgert, selbst
um diese Zeit noch nicht aus dem „dogmatischen Schlummer*“
erweckt ist. Hiergegen ist indessen zu betonen, dass für die Be‑
stimmung dessen, was unter „Dogmalismus“ zu verstehen ist, nicht
die subjektive Ansicht der einzelnen Kritiker, sondern einzig
Kants eigene Erklärung des Begriffs entscheidend sein kann.
(Vgl. hrz. H ö f f d i n g , Arch. f . Gesch. d . Philos. V I I [1893] S . 383.)
Dogmatiker ist danach, wer „die Sphäre seines Verstandes
nicht gemessen, mithin die Grenzen seiner m ö g l i c h e n E r ‑
k e n n t n i s nicht nach Principien bestimmt hat“ (Kritik d. r. Vern;
B. 796). Gerade dies aber ist in den „Träumen einer Geistersehers*
geschehen. Die dogmatische Anmassung, „nach Principien, so
wie sie die Vernunft längst im Gebrauch hat, ohne Erkundigung
der Art und des Rechts, wodurch sie dazu gelangt ist, allein fort‑
zukommen“ ist damit für immer widerlegt und überwunden.
Von nun ab hält Kant ‐ wie er in einem gleichzeitigen Briefe
an L a m b e r t schreibt ‐ sich „der Methode versichert, die
m a n beobachten muss, wenn m a n demjenigen Blendwerk des
Wissens entgehen will, was da macht, dass man alle Augenblicke
glaubt, zur Entscheidung gelangt zu sein, aber ebenso oft seinen
Weg wieder zurücknehmen muss“ .... „Seit dieser Zeit sehe i c h
jedesmal aus der Natur einer jeden vor m i r liegenden Unter‑
suchung, was ich wissen muss, um die Auflösung einer besondern
Frage zu leisten, und welcher Grad der Erkenntnis aus dem‑
jenigen bestimmt ist, was gegeben worden, so dass zwar das
Urtheil öfters eingeschränkter, aber auch bestimmter und sicherer
wird als gemeiniglich geschieht.“ {Brief vom 31. Dez. 1765; X,

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<
Die Entstehung der kritischen Philosophie. 72i

52f. vgl. an Herder (1767); X, 71.) So bestimmt und zugleich so


zurückhaltend spricht kein „Dogmatiker“. Wenn Kant später
wiederum eine A r t positiver Erkenntnis der „intelligiblen Welt“
annimmt, so geschieht dies doch niemals mehr in der naiven
Weise der Schulmetaphysik; sondern setzt eine genaue Scheidung
der „Erkenntnisvermögen“ und eine Ahgrenzung ihres Gebiets
u n d Anspruchs voraus. In diesem Sinne ist auch die Dissertation
v o m J. 1770 eine „propädeutische Abhandlung zur Unterscheidung
der sinnlichen und intellektualen Erkenntnis“ ‐ ist sie somit,
welches immer i h r E r g e b n i s sein mag, i n ihrer Methode als
k r i t i s c h zu bezeichnen.

III.
18) S. über diesen Punkt: Paulsen, Versuch einer Ent‑
wicklungsgeschichte der Kantischen Erkenntnistheorie, Lpz. 1875,
S. 77ff. u. 167 ff.
ı#) Der Begriff des „synthetischen Urteils“ findet sich bereits
Refl. 289, die den „Träumen eines Geistersehers“ vorangeht. (S. ob.
Anm. 14.)
20) Vgl. bes. noch Refl. 499: „Die Begriffe der Ursache sind
synthetisch u n d also e m p i r i s c h . “
21) Die Zeitbestimmung für diese und die im Text folgen‑
den Reflexionen ergiebt sich daraus, dass sie eine allmähliche Um‑
bildung der „empiristischen“ Erkenntnislehre der „Träume eines
Geistersebers“ vollziehen: die Erfahrung selbst bedarf zu ihrer
Gültigkeit bestimmter a l l g e m e i n e r P r i n z i p i e n , auf die sie sich
stützt. Diese Prinzipien werden hier g e f o r d e r t , aber sie sind
noch nicht g e w o n n e n ; woraus sich weiterhin ergiebt, dass die
betreffenden Reflexionen vor das Jahr 1769 zu setzen sind, in
welchem Kant bereits ein ausgebildetes System reiner apriorischer
Grundsätze besitzt: Grundsätze, die uns zwar bei Gelegenheit der Er‑
fahrung z u m Bewusstsein kommen, die aber in der A r t ihrer Gel‑
tung von der sinnlichen Wahrnehmung völlig unabhängig sein
sollen. (Vgl. hrz. ob. S. 492 ff.) Somit ergiebt sich das Jahr 1766 als
d i e untere, das Jahr 1769 als die obere Zeitgrenze. (Ueber die
entwicklungsgeschichtliche Bedeutung dieser Reflexionen vgl.
Adickes [Kant-Studien, S. 92ff., 103ff.), der indessen, gemäss

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22 Zu Buch V I I , Cap. ı.

seiner Ansicht vom Zeitpunkt der Humeschen Einwirkung, die


Verallgemeinerung des „Humeschen Problems“ erst in den Re‑
flexionen des Jahres 1769 [No 483, 502, 512, 513] vollzogen sieht.)
22) Dieser Schritt ist z. B. Refl. 496 gescheben: „Alle prin‑
cipia prima sind entweder Elementarsätze und analytisch, oder
axiomata und sind synthetisch... Die rationalen sind analytisch,
die empirischen synthetisch, i m g l e i c h e n mathematische“.
Für die Annahme von Adickes (Kant-Studien S. 104), dass
die Erkenntnis der synthelischen Natur der mathematischen U r ‑
teile „frühestens im Laufe des Jahres 1768“ erreicht worden sei,
sehe ich keinen Grund. Dass die neue Auffassung in der Ab‑
handlung „vom ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden
im Raume“ nicht ausdrücklich erwähnt und begründet wird,
kann nicht auffallen, da es sich in der kurzen Schrift n u r um
ein bestimmies Einzelproblem handelt und auf die allgemeinen
systematischen Grundlagen der Kantischen Lehre nirgends
zurückgegangen wird. Implicit aber lässt sich hier die Wendung
des Gedankens bereits deutlich erkennen: denn die wesentliche
Tendenz der Schrift geht auf den Nachweis, dass die räumlichen
Verhältnisse und räumlichen Unterscheidungen sich nicht in
reine Begriffe auflösen lassen, sondern dass wir, um sie fest‑
zustellen, auf das sinnliche „Gefühl“ ( d e r rechten und linken
Seite} zurückgehen müssen. W i r haben somit hier eben jene
Phase vor uns, die durch die Reflexionen genauer bekannt ist:
die mathematischen Urteile sind von den logisch-analytischen
bereits scharf geschieden, aber sie sind damit. da der Gedanke
der „reinen Anschauung“ noch nicht erreicht ist, unmittelbar in
die Nähe der empirischen Sätze gerückt; ‐ ohne freilich m i t
diesen jemals völlig vermischt zu werden (S. hrz. die folgende
Anm.)
23) Dass Kant diese letztere Konsequenz selbst gezogen habe,
dass ihm also auf irgend einer Stufe seiner Entwicklung die
mathematischen Sätze z u E r f a h r u n g s s ä t z e n geworden seien:
dies ist freilich nach dem systematischen Urteil, das er selbst
über eine derartige Auffassung fällt, innerlich höchst unwahr‑
scheinlich. Die Refl. 498, die Va i h i n g e r als Beleg hierfür a n ‑
führt (Gommentar zur Kr. d. r. Vern. I, 275) ist nicht beweisend:
„Es giebt ‐ heisst es hier ‐ synthetische Sätze aus der Erfahrung

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Die Entstehung der kritischen Philosophie. 723

also p r i n c i p i a p r i m a synthetica; dergleichen sind auch die


axiomata der Mathematik vom Raume, principia ralionalia
können gar nicht synthetisch sein.“ Hier bezieht sich das Wo r t
„dergleichen“ lediglich auf das „synthetisch“ des vorangehenden
Saizes; neben den synthetischen Sätzen aus der Erfahrung gibt
es eine zweite Klasse synthetischer Urteile, die weder empirisch
noch rational (im formal-analylischen Sinne) sind, und diese
Klasse ist es, die durch die Urteile der Mathematik repräsen‑
tiert wird.
I V.
2%) Wie eingehend Kant sich m i t den Problemen des Brief‑
wechsels zwischen L e i b n i z u n d Clarke beschäftigt hat, dafür
enthalten die Reflexionen durchgehende und unzweideutige Be‑
lege. Vgl. z. B. die Reflexionen 1416, 1417 u. 1426 (Problem des
Anfangs der Welt in der Zeitı m i t Leibniz’ fünftem Schreiben,
$ 55; Refl. 1557 (über die Bewegung des Weitganzen) mit Leibniz V,
52; Refl. 1423 (die Schwierigkeiten von dem Orte der Welt und
der Zeit vor der Welt) mit Leibniz’ drittem Schreiben, $ 5,
viertem Schreiben, $ 13ff. u. s.; Refl. 1458 (über die „logische*,
nicht „reale“ Teilbarkeit des absoluten Raumes) m i t C l a r k e s
vierter Replik, $ 11 u. 12 u. ö. Alle diese Reflexionen gehören
deutlich dem allgemeinen Gedankenkreis des Antinomien‑
problems an; sie stützen somit die Vermutung Va i h i n g e r s ,
dass Kant in der Z e i t v o n 1768-70 „die Akten des grossen
Streites zwischen Leibniz und Clarke wieder genauer studiert
habe.“ (Commentar I I , 436 u. 530 f.)
25) Auf die Bedeutung des Antinomienproblems f ü r die Ent‑
wicklungsgeschichte des Systems gehe i c h hier nicht näher ein,
sondern verweise auf die erschöpfende Darstellung B e n n o E r d ‑
m a n n s : in der Vorrede zu den Reflexionen, S. XXIV ff. u. zu
seiner Prolegomena-Ausgabe.
2) Der Zeitpunkt dieser und der folgenden Reflexionen lässt
sich m i t Sicherheit bestimmen. Raum und Zeit gelten in ihnen
nicht mehr ‐ wie es noch in der Schrift „vom ersten Grunde
des Unterschiedes der Gegenden im Raume* der F a l l ist ‐ als
absolute Realitäten, sondern als B e g r i ff e des Verstandes;
andererseits aber ist im System der Grundbegriffe selbst der

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<
724 Zu Buch VII, Cap. 1.

Unterschied zwischen den „sinnlichen“ und den „intellektualen*


Elementarbegriffen, der in der Dissertation bereits aufs strengste
durchgeführt ist, noch nicht vollzogen. Die betreffenden Re‑
flexionen gehören somit dem kurzen Zeitraum, der diese beiden
Schriften von einander trennt, also den Jahren 1768‐70 an.
?7) Es ist die Stellung, die er fortan bis in die kritische Zeit
binein bewahrt; vgl. eine Bemerkung vom Jahre 1780 (Lose
Blätter I, 153): (Der erste Weg der Erkenntniskritik) „ist der
Empirismus. Aber da nicht allein die mathematische Kenntais
a priori die Falschheit dieses angeblichen Ursprungs unserer
Erkenntnisse widerlegt, sondern auch die Begriffe, welche in der
Erfahrung vorkommen, eine Nothwendigkeit enthalten, die die E r ‑
fahrung nichi lehren konnte, so f ä l l t . . Locke, der d a m i t f a s t
zu vielEbreerwarb,nachdem i h n L e i b n i t z schon w i d e r ‑
legt b a t , w e g . “
28) S. hierüber Adickes, Kant-Studien S. 164.
® ) Wo immer m a n daher K a n t s Ve r h ä l t n i s z u L e i b n i z
und die Einwirkung, die er etwa von i b m erfahren hat, unter‑
sucht, da darf m a n nicht von der Dissertation des Jahres 1770
ausgehen, sondern muss die vermittelnde Phasc des Kantischen
Denkens zu Grunde legen, die sich uns in den Reflexionen des
Jahres 1768/69 erschliesst. Denn hier stimmt Kant mit Leibniz
selbst in der Raumlehre noch v ö l l i g ü b e r e i n : ist doch
auch für Leibniz der Raum eine „Idee des reinen Verstandes“,
die aus dem „Geiste selbst“ stammt und deren w i r uns n u r bei
Gelegenlreit der sinnlichen Empfindungen bewusst werden. (Gegen:
Adickes, Kant-Studien, S. 160£.; Näheres s. Leibniz’ System
S. 267f.) Dass es sich freilich auch in diesem Falle nicht um
eine Entlebnung Leibnizischer Gedanken, sondern um ein selbst‑
ständiges sachliches Zusammentreffen m i t ihnen handelt, beweist
der Umstand, dass Kant sich dieser seiner Uebereinstimmung
m i t der echten und originalen Form der Leibnizischen Raumlehre
gar nicht bewusst wird, sondern diese Lehre alsbald wieder im
Sinne W o l f f s auffasst und demgemäss kritisiert. (Dissert., Sect.
II $ 15 D.)
s) In der Reflexion 514 werden unterschieden: 1) der Satz
der Identität und des Widerspruchs, 2) o b j e k t i v e Grundsätze
der Synthesis, R a u m u n d Zeit, 3) objektive Grundsätze der

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<
Die Entstehung der kritischen Philosophie. 72

synthesis qualitativa, 4 u. 5) materiale Sätze. ‐ Zur „synthesis


qualitativa“ im Unterschied von der „synthesis quantitativa“ s. I I ,
388 Anm.
51) Im Gegensatz zu einer Auffassung, die das Wesentliche
des kritischen Idealismus in der „transscendentalen Aesthetik“
enthalten glaubt und die Lehre von den Verstandesbegriffen n u r
als ein Aussen- und Nebenwerk betrachtet, hat Cohen den
Gedanken durchgeführt: dass der wahre Mittelpunkt des Kantischen
Problems im System der synthetischen Grundsätze zu suchen
ist. Diese bilden i h m den eigentlichen sachlichen Anfangspunkt,
v o n welchem aus der Weg erst weiterhin zu Raum und Zeit
h i n a u s f ü h r t , „Denn worauf und wovon Kant ausging, w a r die
Frage: Wie sind synihetische Sätze a priori möglich? Diese
Möglichkeit beruht auf der synthelischen Einheit, welche w i r
aus uns in die Dinge legen. Diese synthetische Einheit ist die
Kategorie. E r s t v o n den Kategorien aus scheint daher der
transscendentale Charakter d e s a p r i o r i a u f R a u m u n d
Z e i t überzugehen.* Im Anschluss hieran bezeichnet es Cohen
als „eine für das systematische Verständnis förderliche Aufgabe,
den vorhandenen Schatz an Kantischen Manuskripten daraufhin
durchzusehen: ob sich Bemerkungen finden, welche diese Ver‑
mutung bestätigen.“ (Kants Theorie der Erfahrung, 2 Aufl,
S. 261.) Durch die „Reflexionen“ wird n u n ‐ wie die Darstellung
im Text im einzelnen zeigt ‐ Cohens Annahme völlig ausser
Zweifel gestellt: Raum und Zeit lösen sich erst allmählich aus
dem gemeinsamen Grundsystem der reinen Verstandesbegriffe
heraus; sie sind „objektive Grundsätze der Synihesis*, ehe sie zu
„Begriffen der Anschauung“ und schliesslich zu „Formen der
Sinnlichkeit* werden.
3) Ueber Raum und Zeit als „conceptus singulares® und
somit als „intuitus puri* s. Refl. 274; vgl. Refl. 334 u. 373.
5) Ueber den Begriff der „Dichtkraft“ und seinen Gebrauch
bei Georg F r. M e i e r, s. ob. S. 442f.; Tetens’ Werk, das diesen
Begriff zu neuer Bedeutung erhebt, ist erst 1776 erschienen.
51) Refl. 519 vgl. bes. Refl. 520: „Keine anderen bloss will‑
kürlichen Begriffe der reinen Vernunft können in uns entstehen,
als die durch die W i e d e r h o l u n g , folglich der Zahl und Grösse*.
(S. auch Refl. 507.) ‐ Es ist wahrscheinlich, dass Kant hier an

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<
126
720 Buch VII,
Zu Buck VII, C a ptr..
Cap.'1.

Maupertuis anknüpft,
Maupertuis anknüpft, ddem e mdie
die „Wiederholbarkeit“
„Wiederholbarkeit» (réplicabilité) (replicabilite)
der mathematischen Objekte
der mathematischen Objekte als als deren auszeichnendes Merkmal
deren auszeichnendes Merkmal
das ihre
gilt, das
gilt, ibre exakte Erkenntnis ermöglicht.
exakte Erkenntnis ermöglicht. (S. ob. S..334f.)
(S. ob. S.. 334 f.) ‑
Ueber Maupertuis
Ueber Maupertuis s. a u c h Anm.
s. auch Anm. 9. 9.
5,
85) Vgl.
Vgl. Kants
Kants Lehre
Lehre vom vom Raum Raum als als derder „Omnipraesentia
phaenomenon*
phaenomenon" in der Dissertation (II,
der Dissertation f.); sowie die zugehörigen
409 f.);
(II, 409 zugehörigen
337‐342, 363.
Refi. 337--342,
Refl. 363. Es Es handelt
handelt sich sich jedoch
jedoch hierbeihierbei nicht,nicht, ‐- wie wie
Benno
Benno E Er dm Reflex. S
m aannnn,, Reflex. S. . 1 ff.
1040 ff.
4 annimmt,
annimmt, ‐- u um e i n e Ent‑
m eine Ent-
lehnung,
lehnung, sondern sondern um um eine eine K r i t i k der Raum-
Kritik Raum- und und Zeitlehre
Zeitlehre
Mores und
Mores Newlons, die
und Newlons, unter dem
die unter dem erkenntnistheoretischen
erkenntnistheoretischen Ge‑ Ge-
sichispunkt der Scheidung zwischen
sichtspunkt der Scheidung zwischen Sinnlichkeit und Verstand Sinnlichkeit und Verstand
geführt wird.
geführt wird. Die Antinomien, die
Die Antinomien, daraus entstehen,
die daraus entstehen, dass dass
man Raum
man Raum und und Zeit
Zeit zzuu absoluten
absoluten A Attttrriibbuu t e nn der Gottheit
macht,
macht, lösen lösen sich u r c h die
sich ddurch Unterscheidung der sensiliven
die Unterscheidung sensitiven und und
intellektualen
intellektualen Begriffe:Begriffe: die spekulativen Probleme,
die spekulativen Probleme, die ffür ü r More
More
u n d N eew
und wtt oonn eine Schwierigkeit bildeten,
ernsthafte Schwierigkeit
eine ernsthafte bildeten, werdenwerden jetzt
„quaestiiones inanes“
als „quaestiones
als erkannt, die aus
inanes" erkannt, aus einer Vermischung der
einer Vermischung der
Grenzen der
Grenzen der Erkenntnisarten entspringen. (Vgl.
Erkenntnisarten entspringen. (Vgl. bes.
bes. Diss.
Diss. $§ 27 27
I , 414]
[[1I, sowie Refl.
414] sowie Refl. 1375
1375 u. u. 1379).
1379).
886) Lose Blätter
8) Lose Blätter I,I, 111.‑
111.
31) Dissertat.,
37) Sect. I,II, $
Dissertat., Sect. § 8.8.
58) bes. Kants
Vgl. bes.
88) Vgl. Brief an
Kants Brief an Lambert
Lambert vom vom 2. 2. September 1770: 1770:
„Die allgemeinsten Gesetze
„Die allgemeinsten Sinnlichkeit spielen
Gesetze der Sinnlichkeit spielen fälschlich
fälschlich
in der Metaphysik,
Metaphysik, wo wo es es doch
doch blossbloss aufBegriffe Begriffe und und Grundsätze
Grundsätze
der
der reinen
reinen Vernunft ankömmt, eine
Vernunft ankömmt, eine grossegrosse Rolle.Rolle. Es Es scheint
scheint
eine ganz besondere,
eine ganz besondere, obzwar
obzwar bloss n e g a t i v e Wissenschaft
bloss negative Wissenschaft (phä‑ (phä-
nomenologia
nomenologia generalis) generalis) vor der Metaphysik
der Metaphysik vorher gehen zu
gehen zu
müssen,
müssen, darin denen Principien
darin denen Principien der SinnlichkeitSinnlichkeit ihre ihre Gültigkeit
Gültigkeit
und Schranken bestimmt
und Schranken bestimmt werden,werden, damit damit sie nicht die
sie nicht die Uriheile‑
Urtheile•
über Gegenstände der reinen
über Gegenstände Vernunft verwirren,
reinen Vernunft verwirren, wie bis bis dahin
dabin
fast immer geschehen
fast immer geschehen ist i s t. ... .. We
Wenn etwas gar
n n . . . etwas gar nicht
nicht als als ein
ein
Gegenstand
Gegenstand der der Sinne, sondern durch
Sinne, sondern durch einen allgemeinen und
einen allgemeinen und
reinen Vernunftbegriff, als
reinen Vernunfibegriff, als einein DingDing oder eine Substanz über‑ über-
haupt
haupt etc. gedacht wird,
etc. gedacht wird, so o m m e n sehr falsche
so kkommen falsche Positionen
Positionen
heraus, w
heraus, wenn
enn m mana n siesie den den gedachten Grundbegriffen
gedachten Grundbegriffen
d
der S i n n l i c h k e i t unterwerfen
e r Sinnlichkeit unterwerfen w i l l . “ (X,
will.« (X, 94); vgl. bes.
94); vgl. bes. Lose
Lose
Blätter
Blälter I, 160.
I, 160.
89) Vgl.z.B.
8) Vgl. 7. B. Refl. 1124. „Man
Refl. 1124. „Man kann kann über über die Erscheinungen
Erscheinungen

DarilrdAy Google
Google
Digilized hy
<
Die Entstehung der kritischen Philosophie. 727

n i c h t weiter, als die Bedingungen der Erscheinung reichen, argu‑


mentieren. D a h e r n i c h t a u s Gründen d e r I n t e l l e k t u a l ‑
b e g r i f f e ü b e r R a u m u n d Z e i t , dass es k e i n e substantiae,
accidentia, r e l a t i o n e s sind. Denn daraus folgt, dass es n u r
die Form der Erscheinung ist. Ebenso aus der Undurchdring‑
lichkeit und Ausdehnung nicht weiter als auf die Teilbarkeit,
die der R a u m verstattet, wovon es die Erscheinung ist, nicht
aus dem Begriffe Substanz, wenn er aus dem inneren Sinne
abgezogen worden.“ Vgl. bes. Refl. 1473.
#) Zur Zeitbestimmmung dieser Refl. s. die Ausführungen
der Dissertation über die „axiomata subreptitia“, die aus der Ver‑
mischung sinnlicher und intellektueller Bestimmungen entstehen
(Sect. V, $ 24‐27). Vgl. ferner Reil. 1376 über das „vitium: sub‑
reptionis transscendentale*.
a) Vgl. hrz. z. B. Gottsched, Erste Gründe der gesamten
Weltweisheit (6 Aufl. Lpz. 1756) $ 265: „Ausser diesen wahrhaften
Begriffen vom Raume (als Verhältnis der Körper) pfleget man
sich auch einen eingebildeten Raum vorzustellen, der von allen
für sich bestehenden Dingen leer sein und doch für sich selbst
bestehen, untheilbar, ewig und unendlich gross sein soll. A l l e i n
dieses i s t e i n blosser B e t r u g der E i n b i l d u n g s k r a f t , die
durch die.Absonderung von dem wirklich erfüllten Raume sich
diesen Begriff gemacht hat.“ (Das Analoge von der Zeit: $ 267.)
42) Diss, Sect. V., $ 27: „perspicacissimus Eulerus, cetera
phaenomenorum magnus i n d a g a t o r et a r b i t e r “ vgl. die
Anmerk. z u m Schluss der Dissertat. ‐ Auch die Unterscheidung
v o n „Infinitum“ und „Maximum“ (Diss., Sect. I, $ 1 [II, 388 A n m . )
geht auf E u l e r zurück (vgl. dessen Institutiones Calculi differen‑
tialis, Petrop. 1755, $ 75). S. übr. ob. S. 702 Anın. 88.
#) „Quanquam autem tempus in se et absolute positum sit
ens i m a g i n a r i u m , tamen, quatenus a d immutabilem legem
sensibilium qua talium pertinet, est conceptus verissimus et
per omnia possibilia sensuumobjecta in infinitum patens intuilivae
repraeseniationis conditio.* (Diss., Sect. IH, $ 14, No. 6.)
4) Zur Zeitbestimmung der Refl. vgl. bes. die Ausführung
der Dissert. über die „Perfectio Noumenon* Sect. I I , $9. ‐ Vgl.
bes. Refl. 1318: D e r mundus vere i n t e l l i g i b i l i s i s t mundus.
moralis, sowie Refl. 1125. .

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<
Zu Buch VIT, Cap. ı.

45) Aus dieser Einführung des Problems geht hervor, dass


Kant sich bewusst ist, hier eine völlig neue Grundfrage aller
Philosophie ergriffen zu haben. In der That bildet diese Frage
den eigentlichen Wendepunkt, an dem er sich von der gesamten
philosophischen Vergangenheit am deutlichsten irennt. Dass ‑
wie B. Erdmann annimmt ‐ Hume an diesem Punkte einen
positiven Einfluss auf Kant geübt habe, scheint mir, abgesehen
von entwicklungsgeschichtlichen Erwägungen, aus allgemeinen
sachlichen Gründen ausgeschlossen. Denn gerade hier befindet
sich Kant bereits im schärfsten Gegensatz zu Hume. Wenn Hume
den Realitätswert einer Vorstellung in der „Lebhaftigkeit“, m i t
der sie sich den Sinnen oder der Einbildungskralt aufdrängt,
begründet sieht, so erkennt Kant, dass er überhaupt in keinem
einzigen psychologischen Merkmal der Vorstellung selbst gegeben
ist, sondern einen selbständigen Akt der Beurteilung voraussetzt.
Die apriorische „Dignität* dieses Urteilsaktes, die von Hume
übersehen worden ist, gilt es für Kant zu sichern: die neue Auf‑
gabe wird nicht in Uebereinstimmung m i t Hume, sondern in
unmittelbarem systematischen Gegensatz zu ihm erfasst. Hume
hat, nach Kant, die Apriorität der wissenschafllichen Grundurteile
verkannt, weil er die Frage nach der Beziehung der Vorstellung
auf ihren Gegenstand nicht in logischer Schärfe gestellt hat,
sondern von ihr zu dem völlig andersgerichteten Interesse der
„empirischen Ableitung“ der reinen Begriffe abgeirrt ist. Hätte
er das Problem des „Gegenstandes“ der Erkenntnis bestimmt er‑
fasst, so hätte er auf dem Grunde dieses Problems die Geltung
eben jener allgemeinen und notwendigen Kategorien gefunden,
deren Recht er bestreitet.

V.
4) Dass diese Reflexion der gleichen Zeit, wie der Brief
an M. Herz angehört, lehrt der Vergleich m i t diesem, s. bes,
X, 125£. ‐ Vgl. auch die Bemerkung B. Erdmanns zu dieser
Reflexion.
41) Lose Blätter I, 38.
#) Lose Blätter I, 162. (Fragment der 70er Jahre.)

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<
Die
1

#9) Vgl. hrz. n


Exposition der Phae
d e r Perspicientz
50) Lose Blätte
I, S. 2)
1) A. 0. |],

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<
Zu Buch VII, Cap. 2.
Die Vernunftkritik.
ı) Zum Ganzen vgl. Deussen, Allgemeine Geschichte der
Philosophie, Bd. I, Abteil. 2. Lpz. 189.
2)Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker: Empedokles,
fragm. 109.
s) Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, ®, IH, 99 ff.
4 Vgl. hrz. m. Aufsatz: „Kant u. die moderne Mathematik“,
Kantstudien XII, 1ff. (1907.)
8) Die Citate aus der Vernunftkritik beziehen sich durchweg
auf die Seitenzahblen der zweiten Auflage von 1787; die Seiten‑
zahlen der ersten Auflage von 1781 sind durch A bezeichnet.

6) Vgl. auch Prolegomena $ 22, Anm.: „Wie stimmt aber


dieser Satz, dass Erfahrungsurtheile Nothwendigkeit in der Syn‑
thesis der Wahrnehmungen enthalten sollen, m i t meinem oben
vielfältig eingeschärften Satze, dass Erfahrung als Erkenntnis
a posteriori bloss zufällige Urtheile geben könne? Wenn i c h
sage, Erfahrung lehrt mich etwas, so meine i c h jederzeit n u r
die Wahrnehmung, die in i h r liegt, z. B. dass auf die Beleuchtung
des Steins durch die Sonne jederzeit Wärme folge, und also ist
der Erfahrungssatz so fern allemal zufällig. Dass diese Erwär‑
mung notbwendig aus der Beleuchtung durch die Sonne erfolge,
ist zwar in dem Erfahrungsurtheile (vermöge des Begriffs der
Ursache) enthalten, aber das lerne ich nicht durch Erfahrung,
sondern umgekehrt, Erfahrung wird allererst durch diesen
Zusatz des Verstandesbegriffs (der Ursache) zur Wahrnehmung
erzeugt.“

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<
„D Versunftkritik..
i e Verwunftkritik.
Die 7sr
781

17)
) Vgl.
Vgl. den Kant u.
Aufsatz: Kant
den Aufsatz: u. die moderne Mathematik,
die moderne Mathematik, a. 8. a;
a:
O. S. 36fl.
O . S. 36 ff.
8) „Ueber
„Ueber eineeine Entdeckung,
Entdeckung, nach nach der alle neue Kritik
alle neue Kritik der
reinen Vernunft
reinen Vernunft durch eine ältere
durch eine entbehrlich gemacht werden
ältere entbehrlich werden
soll.“ S
soll.« S.
. W. (Hartenstein), VI,
W. (Hartenstein), 52f.
VI, 52 Vgl. Cohen,
f. -‐ Vgl. Cohen, KantsKants Theorie
der Erfahrung,
der Erfahrung, 2. 2. Aufl., . 401.
S.
Aufl., S 401.
P) Newton, Mathemat.
°) Newton, Naturlebre, Ausg.
Principien der Naturlehre,
Mathemat. Principien Ausg.
Wolfers,
Wolfers, $. S. 381.
381.
$. Rosenberger,
10) S.
10) Rosenberger, Isaac Newton u.
Isaac Newton u. seine physikalischen
physikalischen
Principien S
Principien . 363.
S. 363. ‐- Im Zusammenhang
Zusammenhang hiermit es interessant,
ist es
hiermit ist interessant,
auch Kant
dass auch
dass die „Undurchdringlichkeit“
Kant die „Undurchdringlichkeit" als ein analytisches
als ein analytisches
Prädikat des
Prädikat Körpers ansieht,
des Körpers w ä h r e n d er
ansieht, während er die Schwere als
die Schwere als ein
ein
synthetisches Prädikat
synthetisches Prädikat bezeichnet.
bezeichnet. (Reflexionen
(Reflexionen 503.) 503.)
1) Bossut,
11) B Traite eiementaire
o s s u t , Traité de mecanique
élémentaire de m é c a n i q u e et d e dyna‑
et de dyna-
mique,
mique, Charleville S.
1763, S
Cbarleville 1763, 3. -‐ Ebenso
. 3. Ebenso z. B. Marie,
z. B. Traité de
Marie, Traite de
mecanique, Paris
mécanique, Paris 1774,1774, S. 6f.
S. 6f.
d’Alembert, Elements
13) d'Alembert,
ı2) Eléments de de Philosophie
Philosophie & $XVII
XVII (Melanges
(Mélanges
IV, 240.)
IV, 240.)
13) Ueber
15) Ueber eine Entdeckung etc.,
eine Entdeckung etc., S.
S. W. (Hartenstein) VI,
W. (Hartenstein) VI, 37f.
37 f.
“)
14) A.
A. a. Hartenstein VI,
O. Hartenstein
a. O., VI, 59.
59.
$S. hrz.
15) S.
13) hrz. die die Bemerkungen
Bemerkungen Cohens Cohens gegengegen die die Kritik
Kritik
Schopenhauers:
Schopenhauers: Kants Theorie der
Kants Theorie Erfahrung S.
der Erfahrung 360 fl.
S. 360 ff.
18) Walter Zschocke,
18) Walter Zschocke, Ueber Ueber Kants
Kants Lehre
Lehre vom vom Schema‑
Schema-
tismus der reinen Vernunft,
der reinen Vernunft, Kant-Studien (1907) XII,
Kant-Studien (1907) XII, 205.
205.
11) Zur
17) Beweisart der
Zur Beweisart der „Analogien
„Analogien der Erfahrung“
Erfahrung" vgl. vgl. bes.
bes.
August Stadler, Die Grundsätze der
August Stadler, Die Grundsätze der reinen Erkenntnistheorie reinen Erkenntnistheorie
in der
der Kantischen Philosophie, Lpz.
Kantischen Philosophie, 1876, S.
Lpz. 1876, S. 83
83 ff.
ff.
18) S
18) S. ob. S.
. ob. S. 9955 ff;
ff; näberes hierüber in der Einleitung
näberes hierüber Einleitung zu zu m.m.
Ausgabe
Ausgabe von von Leibniz’
Leibniz' Hauptschriften Grundlegung der Phi‑
Hauptschriften zur Grundlegung Phi-
losophie,
losophie, Bd. Bd. III,I , S.
S. 993
3 ffff..
Eberhard,
19) E
19) b e r h a r d , Erste Gründe der Naturlehre,
Erste Gründe Naturlehre, Halle 1767, $
Halle 1767, § .1.
1
‐ Vgl. Erxleben, Anfangsgründe der Naturlehre
Vgl. E r l e b e n , Anfangsgründe der Naturlebre ( 6 . Aufl., (6. Aufl.,
Götlting. 1794)
Gölting. 1794) § $ 6:6: „Die
„Die Veränderungen,
Veränderungen, welchewelche in der Welt Welt vvor- or‑
gehen, heissen
gehen, Naturbegebenheiten (phänomena,
heissen Naturbegebenheiten (phânomena, apparentiae)*.
apparentiae)".
Das Werk
Das Werk von von E b eerrhhaarrdd hat bat Kant
Kant vomvom Jahre 17621762 ab,ab, das von von
E rr xl leebbeenn vom Jahre 1776
vom Jahre 1776 ab ab seinen
seinen naturwissenschaftlichen
naturwissenschaftlichen
Vorlesungen
Vorlesungen zu zu Grunde
Grunde gelegt.
gelegt.
2) G.
20) G Simmel, Kant,
. Simmel, Leipzig 1%4,
Kant, Leipzig 1904, S. 61; vgl.
S. 61; vgl. auch
auch

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782
782 Buch V
Zu Buch I I , Cap.
VII, Cap. 2.
2.

0. Ewald, Die
O. Ewald, Grenzen des Empirismus
Die Grenzen und des Rationalismus
Empirismus und Rationalismus
in Kants Kritik der
Kants Kritik reinen Vernunft,
der reinen Vernunft, Kant-Studien, XII, $.
Kant-Studien, XII, S. 80£f.
80 £.
21) Metapbysische
21) Anfangsgründe der Naturwissenschaft,
Metaphysische Anfangsgründe Naturwissenschaft,
II. Hauptstück, Lehrsatz
I. Hauptstück, Lehrsatz 4, Anm. 2.
4, Anm. (Akademie-Ausg. IIV,
2. (Akademie-Ausg. V, 507.)
507.)
Vgl. hrz. bes. die „Fortschritte
22) Vgl. brz. bes. die „Fortschritte
22) der Metaphysik“,
Metaphysik", S. S. W.
W.
(Harte nstein ) VIII,
(Hartenstein) 538.
VIII, 538.
28) Metaphys.
28) Anfangsgründe der Naturwissenschaften.
Metaphys.Anfangsgründe (Akad.-
Naturwissenschaften. (Akad.‑
Ausg. IIV,
Ausg. V, 560.)
560.)

"Druck o n J.
Druck vvon J. 8. PREUSS in BERLIN
8. PREUSS BERLIN SW.
SW.

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