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Friedrich Dürrenmatt
-
Der Besuch der alten Dame1
Eine Interpretation von Luke
„Der Besuch der alten Dame“, die ihre Uraufführung am 29. Januar 1956 in
Zürich hatte.
Für ein besseres Verständnis werde ich eine kurze Inhaltsangabe machen
um den Leser wieder in das Buch und die Ausgangssituation
hineinzuversetzen.
Als erstes stelle ich mir die Aufgabe herauszufinden, wieso es eine
tragische Komödie ist und was man im Bezug zu dem Stück, überhaupt
darunter versteht.
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Diogenes Verlag Zürich: Friedrich Dürrenmatt – Der Besuch der alten Dame
-eine tragische Komödie, Neufassung 1980
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Inhaltsangabe
Die Handlung setzt an einem Ort ein, an dem eine Stadt normalerweise
mit der Welt verbunden ist, am Bahnhof Güllen in der Schweiz. Die bis
„ aufs unbeschreiblichste verwahrloste[n]“2 Bürger Güllens warten auf die
Ankunft der Milliardärin Claire Zachanassian, in der Hoffnung das Sie der
bis auf die Knochen verarmten Stadt durch eine Spende hilft. Die alte
Dame war selber einmal Einwohnerin der Stadt Güllen und früher mit dem
Krämer Alfred Ill ein Paar, jedoch wurde sie damals wegen unsittlichem
Verhalten aus der Stadt verstoßen. Nun ist sie wieder zurückgekehrt und
die Bewohner setzen alles nun alles auf Alfred Ill, er soll den Kontakt
zwischen der Stadt und der Milliardärin aufstellen.
Nach ihrer Ankunft wird sie von den Bürgern und dem Bürgermeister im
„ Goldenen Apostel“ herzlich empfangen, doch sie unterbricht die zu ihren
Ehren angebrachten Ovationen um zu verkünden, dass sie der Stadt eine
Milliarde gibt. 500 für die Stadt, 500 verteilt unter den Bürgern. Das
Einzige was sie verlangt – den Tod von Alfred Ill.
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Der vorerst sprachlose Bürgermeister verkündet, dass sie für kein Geld der
Welt einen der ihren umbringen würden und erntet auch Beifall von den
restlichen Bürgern.
Alfred Ill bemerkt, dass sich etwas gegen ihn zusammenbraut, als die
Bürger anfangen überall Schulden zu machen und ihm hie und da ein
neues Paar Schuhe entgegen glänzt,
Der Scheck über die Milliarde wird von Frau Zachanassian an den
Bürgermeister überreicht und sie reist wieder mit dem Sarg und ihrem
gesamten Gefolge ab.
Dürrenmatt nennt sein Werk eine tragische Komödie – was ist das?
Schließen sich diese beiden Genres nicht gegenseitig aus? Und wenn
nicht, warum ist es keine komische Tragödie?
Unter einer Tragödie versteht man eine Art des Dramas, bei der die
Hauptfigur unter einem schicksalhaften Konflikt leidet. Ihre Situation
verschlechtert sich ab dem Punkt, ab dem die Katastrophe eintritt. Das
Scheitern des Helds ist unausweichlich. Dürrenmatt hat sich insbesondere
mit der griechischen Tragödie befasst, da bei dieser Art des Dramas die
Götter, oder wie schon genannt, das Schicksal Einfluss auf den
Protagonisten hat. Dieser leidet unter dem für die griechische Tragödie
typischen Konflikt, welcher den inneren und äußeren Zusammenbruch
einer Person (Held) zur Folge hat.
Eine Komödie ist ein Drama mit erheiterndem Handlungsablauf, das in der
Regel glücklich endet. Oft sind die Akteure in der Komödie übertrieben
dargestellt, damit man sie leicht erkennen kann und gegebenenfalls sich
mit ihnen identifiziert.
Friedrich Dürrenmatts Stück ist auf jeden Fall ein Drama, da es auf
Dialogen aufgebaut ist.
Als Beweis für eine Tragödie, gilt das vorherbestimmte Schicksal Ills, der
von den Güllener Bürgern auch als Held bezeichnet wird; hervorgerufen
dadurch, dass er alle zu Reichtum kommen lässt, wenn auch zu einem
hohen Preis. Claire Zachanassians Vermögen macht sie zu einer Göttin,
bringt sie in die Lage „wie eine Heldin der griechischen Tragödie zu
handeln, absolut, grausam, wie Medea etwa.“3, womit wir wieder bei der
griechischen Dramenstruktur wären, denn Claire Zachanassian bestimmt
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über den ganzen Ort Güllen, über das Schicksal jedes Einzelnen, da sie
alles aufgekauft hat.
Ebenfalls kommt sie als unsterblich rüber, da sie viele Unfälle wie etwa
einen Flugzeugabsturz als Einzige überlebte und so gut wie nichts an ihr
echt ist (Prothesen).
Ein weiteres Beispiel für die Tragik in seinem Stück ist das Scheitern aller,
insbesondere das des Lehrers, da er verantwortlich für die moralische
Absichten bei den Güllenern ist und er es nicht schafft sie aufrecht zu
erhalten.
Zum Schluss gilt auch der Tod Ills als Zeichen einer Tragödie.
Der Name der Stadt Güllen deutet auf „Gülle“ hin, was vielleicht
Dürrenmatts Meinung zu einem solchen Verhalten darstellen soll.
Claire Zachanassian kommt verfrüht in Güllen an und löst somit ein Chaos
aus, welches den Bürgermeister dazu veranlagt seinen Hut
herumzureichen4. Dazu kommt noch ihr lustiges Gefolge deren Namen sich
irgendwie ähneln, denn Toby, Moby und Toby sind einfacher zu merken.
Komisch ist auch, dass die ganze Stadt ihre Hoffnung auf Alfred Ill setzt,
und dann kommt die Stadt auch noch zu ihrem Geld, auch wenn es nicht
so geplant war.
Letztendlich hat die Geschichte auch ein „Happy End“, was für eine
Komödie spricht, denn die Gerechtigkeit hat, jedenfalls in den Augen von
Claire Zachanassian und eventuell von den Bürgern, gesiegt. Alfred Ill ist
Tod, bestraft wegen Gesetzesbruch und unannehmbaren moralischem
Verhalten und macht somit die ganze Stadt Güllen reich.
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Der Besuch der alten Dame verknüpft die Komödie mit der Tragödie, wie
wir anhand von einigen Beispielen eben gesehen haben, ohne sich
gegenseitig auszugrenzen.
Die Konflikte der verschiedenen Personen und die Konflikte der Personen
miteinander
Vor vielen Jahren waren Claire Zachanassian, damals Klara Wäscher und
Alfred Ill ein Paar, doch als Klara schwanger wird, besticht Alfred zwei
Männer, damit sie vor Gericht lügen. Klara Wäscher wird aus Güllen
verstoßen, endet als Hure, lernt einen reichen Mann kennen und „erbt“
schließlich viel Geld. Alfred Ill ist der einzige Grund, der dazu führt, dass
sie in das Dorf zurückkehrt, aus dem sie damals verstoßen wurde. Er hat
ihr Männerbild zerstört, als er sie damals hat sitzenlassen. Ab diesem
Zeitpunkt hat sie einen Gatten nach und ist sie eine bekannte, reiche Frau.
Sie hat alles was sie will, doch sie will Ungerechtigkeiten aus der
Vergangenheit wieder wettmachen, denn sie fahrt in ihr altes Heimatdorf
zurück um sich zu rächen – Rache an Alfred Ill. Er ist die einzige Person,
die Claire Zachanassian noch im Weg zu ihrer Vollkommenheit steht.
Nebenbei zeigt sie hier auch wieder das schicksalhafte, denn Claire steigt
sozusagen mit ihr aus dem Zug, da sie einen Sarg mitnimmt als wäre der
Tod unausweichlich, der „Panther“6 wird schließlich als Vorankündigung
auch getötet. Alfred hingegen hat anscheinend alles längst vergessen er
freut sich auf den Besuch seiner vergangenen Liebe, denn wie sich in den
Gesprächen zeigt, sieht man eine gewisse Zuneigung als sie über
Vergangenes reden. Er setzt genauso wie alle anderen Bürger alle
Hoffnung auf Klara, denn auch er leidet unter der Krise. Claire
Zachanassian ist also nach Güllen gekommen um Gerechtigkeit zu
schaffen, für Alfred Ill herrscht bereits Gerechtigkeit, eventuell deswegen
weil Klara nun Milliardärin ist.
Stutzig wird er erst, als Claire beginnt, die Geschichte mit dem
Vaterschaftsprozess wieder
Allerdings ist Alfred noch weit davon entfernt, sich und den anderen
irgendeine Schuld einzugestehen. Er wäre wahrscheinlich weiterhin
verblendet von seiner Selbstsicherheit und seinem hohen Ansehen der
Güllener gewesen, wenn Klara nicht direkt ihr Angebot hinausposaunt
hätte. Nun wird Alfred Stück für Stück bewusst was er eigentlich getan hat,
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und wie die andern ich nun sehen. Es ist eigentlich moralisch nicht
annehmbar, dass eine Frau Geld für einen Mord anbietet, allerdings steht
ihr Geld ja nicht für einen Mord sondern für Gerechtigkeit, wie es die
Güllener ja auch schon sagen7.
War sein damaliges Verhalten falsch? Ja, eindeutig. Aber er hat keine
Todesstrafe verdient. Bestrafung wäre hier die Gerechtigkeit, der Tod ist
die Rache von Claire Zachanassian.
Als Alfred mit jeder Partei aus der Stadt gesprochen hat und keine
Unterstützung findet, der Pfarrer sogar sagt „Flieh! Wir sind schwach
Christen und Heiden“8,
Ernüchtert geht er wieder zurück in die Stadt, wenn er stirbt, dann für
einen guten Zweck, vielleicht kann er durch seinen Tod, den persönlichen
Frieden wiederfinden.
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Der Bürgermeister lehnt „im Namen der Stadt Güllen das Angebot ab“9
und erntet Beifall.
Claire Zachanassian weiß genau was sie tut, und wie schon erwähnt ist sie
sich 100% sicher, dass Alfred früher oder später sterben wird. Anfangs
bleibt die Moral noch aufrecht, doch als alle anfangen Schulden zu
machen, fangen sie an das Recht gegen Alfred Ill einzusetzen.
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Der Polizist, welcher für Recht und Ordnung steht, nimmt Alfred nicht
mehr ernst. Er trinkt immer wieder Bier um sein Gewissen zu beruhigen. Er
ist mit dieser Situation überfordert: rechtlich gesehen muss er Alfred
helfen, doch die persönliche Armut, macht ihn blind.
Der Lehrer stellt die moralische Instanz Güllens dar. Er erträgt die
allmähliche Wandlung zum Mörder nur unter Alkoholeinfluss. Er scheitert
an dem über ihm verhängten Schicksal, die Güllener über ihr
unmoralisches Handeln aufzuklären.
Bis zum dritten Akt ist er der einzige, der nicht vom Geld geblendet ist.
Jedoch schafft er es nicht seine eigenen Moralvorstellungen beizubehalten,
sondern kehrt sie in das Gegenteil um. Er ist dem auf ihm lastenden Druck
nicht gewachsen, verfällt dem Alkohol und wird am Ende, in der
Gemeindeversammlung, sogar zum Wortführer gegen Ill
Er „fühl[t], wie [er] langsam zu eine[m] Mörder“12 wird, sein „Glaube an die
Humanität ist machtlos“13.
Der Pfarrer macht sich gar nicht erst die Mühe Alfred Beistand zu halten,
sondern möchte ihn gleich auf sein Ableben vorbereiten. Alfred solle beten
um seine Seele vorzubereiten.
Erst sagt er Nein im Sinne der Stadt Güllen, und am Schluss Im Namen der
Stadt Güllen müssen wir Gerechtigkeit walten lassen.
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Persönliches Fazit
Der weise Spruch "Geld ist Macht" findet in diesem Stück volle
Bestätigung. Zum einen in der Tatsache, dass die alte Dame die Güllener
mit ihrer Finanzkraft in den finanziellen Ruin getrieben hat und die Bürger
von ihrem Wohlwollen abhängig sind, zum anderen in dem Fakt, dass die
Güllener durch das ihnen angebotene Geld erst recht in den Sumpf von
Unmenschlichkeit rutschen, der zu guter Letzt sein Opfer fordert.
Die Menschheit ist so und in diesem Stück wurde sie einfach ungeschminkt
dargestellt, ohne Hemmungen oder Ideale. Geld hat schon immer die Welt
regiert und daran wird sich auch nichts ändern. Abgesehen davon kann ich
die alte Dame aber auch verstehen,
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ich mir die Szene am Bahnhof etliche Male durchgelesen und es scheint
mir als hätte Alfred Ill eine Bestrafung verdient, weil er ein schlechter
Mensch ist.
Die Geschichte selber hat mir sehr gut gefallen, das Stück ist gut zu lesen
und es ist ein interessantes Thema. Es ist toll wie Dürrenmatt alles auf
einem Punkt bringt, ohne die Geschichte langweilig zu machen. Die
ganzen Verstrickungen und Vorandeutungen die die alte Dame macht
fallen erst beim zweiten Lesen auf.
Ich verstehe warum dieses Buch eine Schullektüre ist und ich denke man
könnte dieses Buch in so ziemlich jedem Fach lesen.