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Klaus Bressler
Jürgen Gutekunst Hrsg.
Elektronik für
Ingenieure und
Naturwissenschaftler
7. Auflage
Elektronik für Ingenieure und
Naturwissenschaftler
Ekbert Hering Klaus Bressler
Jürgen Gutekunst
(Hrsg.)
Elektronik für
Ingenieure und
Naturwissenschaftler
7., aktualisierte und verbesserte Auflage
Klaus Bressler
Ditzingen, Deutschland
Springer Vieweg
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 1998, 2001, 2005, 2014, 2017
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währ für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick
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tutionsadressen neutral.
In nunmehr über 20 Jahren hat sich dieses Werk einen Spitzenplatz als Lehr-
buch an Universitäten und Hochschulen der angewandten Wissenschaften
und als Nachschlagewerk für den Praktiker erobert. Sein überzeugendes di-
daktisches Konzept, die klaren Strukturen, die lehrreichen Übungsaufgaben
und die aktuellen, praxisnahen Beispiele sind die Ursache. Bereits drei Jahre
nach der letzten, sechsten Auflage hatten wir die Chance, das erfolgreiche,
völlig überarbeitete Werk an wenigen Stellen zu aktualisieren und zu korri-
gieren.
Die Aktualisierungen betreffen folgende Kapitel:
Prof. Dr. Jürgen Schüle von der Hochschule Aalen ergänzte Kap. 1
(Grundlagen der Elektrotechnik) um die Simulation elektronischer Schaltun-
gen mit SPICE (Abschn. 1.5.5).
Neu eingeführt wurden in Kap. 15 (Schnittstellen, Bussysteme und
Netze) die Abschnitte über die USB-Schnittstelle (Abschn. 15.3.4), die
Bluetooth-Schnittstelle (Abschn. 15.3.5), den IO-Link (Abschn. 15.3.6) und
die Echtzeit-Internet-Protokolle (Abschn. 15.6.4).
Das Kap. 16 (Speicherprogrammierbare Steuerungen) wurde um die für
den Praxiseinsatz wichtigen Kleinsteuerungen (Abschn. 16.5) ergänzt.
Die erfolgreichen Merkmale des Buches: Seine Strukturiertheit, seine vie-
len Beispiele und Übungsaufgaben sowie seine Praxisnähe, kombiniert mit
dem erforderlichen theoretischen Wissen, wurden beibehalten und halfen,
dieses Profil zu schärfen.
Die zahlreichen Hinweise der Studierenden, der Praktiker und der Kol-
legen haben dieses Buch wesentlich verbessert. Dieser fachkundigen Le-
serschaft haben wir, die Autoren und der Springer-Verlag, sehr zu danken.
Stellvertretend hierfür gebührt unser besonderer Dank für die intensive Mit-
arbeit Herrn Prof. Dr. H. Graf von der Fachhochschule München und Herrn
Dr.-Ing. R. Süße von der Technischen Universität Ilmenau. Besonderer Dank
gilt dem Springer-Verlag, insbesondere Frau Birgit Kollmar-Thoni und Frau
Eva Hestermann-Beyerle. Sie haben es mustergültig verstanden, zusammen
mit den Herausgebern, den Autoren und den Herstellern dieses komplexe und
in Text und Bild anspruchsvolle Werk so professionell zu begleiten, dass es
uns immer motiviert hat, in aller gebotener Kürze noch klarer, strukturierter
und praxisorientierter für unsere Leser zu schreiben.
Wir hoffen, dass für unsere Leser die neue, aktualisierte und verbesser-
te Auflage eine noch größere Hilfe bei der Erlernung und der Anwendung
des Wissens in Elektrotechnik und Elektronik sein wird. In der Zukunft wird
V
VI Vorwort zur siebten, aktualisierten und verbesserten Auflage
2 Passive Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Ekbert Hering und Klaus Bressler
2.1 Elektronische Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
2.1.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
2.1.2 Anforderungen und Anwendungsklassen . . . . . 95
2.1.3 Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
2.1.4 Normreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
2.1.5 Klassifikation von diskreten Halbleiter-Bauele-
menten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
2.1.6 Datenblätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
2.2 Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
2.2.1 Übersicht über die Widerstände . . . . . . . . . . . 103
2.2.2 Lineare Festwiderstände . . . . . . . . . . . . . . . 104
2.2.3 Nichtlineare Widerstände . . . . . . . . . . . . . . 110
2.2.4 Einstellbare Widerstände
(Potenziometer und Trimmer) . . . . . . . . . . . . 117
2.2.5 Zur Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
2.3 Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
2.3.1 Übersicht über die Kondensatoren . . . . . . . . . 122
2.3.2 Kondensatoren mit dünnen Folien
als Dielektrikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
2.3.3 Elektrolyt-Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . 128
2.3.4 Keramik-Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . 131
2.3.5 Einstellbare Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . 135
2.4 Induktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Inhaltsverzeichnis IX
3 Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Klaus Bressler und Harald Rudolph
3.1 Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
3.1.1 Arten von Transistoren und deren Aufbau . . . . 167
3.1.2 Beschaltung und Funktion des Transistors . . . . 169
3.1.3 Wichtige Kennwerte von Transistoren . . . . . . . 170
3.1.4 Weitere Kennwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
3.1.5 Transistor-Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . 177
3.1.6 Typenschlüssel für Halbleiter . . . . . . . . . . . . 181
3.1.7 Transistordatenblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
3.2 Analoge Grundschaltungen mit bipolaren Transistoren . . 183
3.2.1 Emitterschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
3.2.2 Kollektorschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
3.2.3 Basisschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
3.2.4 Stromquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
3.2.5 Stromspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
3.2.6 Differenzverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
3.2.7 Darlingtonschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
3.2.8 Verstärker für höhere Frequenzen . . . . . . . . . 205
3.2.9 Kaskodeschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
3.3 Feldeffekttransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
3.3.1 Sperrschicht-Feldeffekttransistoren (JFET) . . . 209
3.3.2 MOS-Feldeffekttransistoren . . . . . . . . . . . . . 211
3.3.3 Weitere Kennwerte der Feldeffekttransistoren . . 214
3.3.4 Grenzwerte der Feldeffekttransistoren . . . . . . . 216
3.4 Schaltungstechnik mit Feldeffekttransistoren . . . . . . . . 217
3.4.1 Übergang vom bipolaren Transistor
zum Feldeffekttransistor . . . . . . . . . . . . . . . 217
3.4.2 Grundschaltungen der Feldeffekttransistoren . . 218
3.4.3 Stabilisierung des Arbeitspunktes
und der Verstärkung durch Gegenkopplung . . . 219
3.4.4 Wirkung der Gegenkopplung . . . . . . . . . . . . 220
X Inhaltsverzeichnis
4 Hochfrequenz-Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Jürgen Langner
4.1 Anpassung und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
4.2 Transport der Hochfrequenz auf Leitungen . . . . . . . . . 260
4.3 Wellenwiderstand einer Hochfrequenzleitung . . . . . . . 262
4.4 Eingangs- und Ausgangswiderstände
von HF-Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
4.4.1 S-Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
4.4.2 Definition der S-Parameter . . . . . . . . . . . . . 264
4.4.3 Messung der S-Parameter . . . . . . . . . . . . . . 265
4.5 Rauschparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
4.5.1 Rauschfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
4.5.2 Rauschen bei mehrstufigen Verstärkern . . . . . . 268
4.6 Darstellung komplexer Größen . . . . . . . . . . . . . . . . 268
4.7 Anwendung des Smith-Diagramms . . . . . . . . . . . . . . 270
4.7.1 Zur Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
4.8 Aufbau von HF-Schaltungen aus fertigen HF-Bauteilen . 274
4.8.1 Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
4.8.2 Leistungsteiler (engl.: Power Divider) . . . . . . . 276
4.8.3 Richtkoppler – (engl.: Directional Couplers) . . . 276
4.8.4 90ı -Hybrid-Koppler – (engl.: 90ı Hybrid
Coupler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
4.8.5 Zirkulator – (engl.: Circulator) . . . . . . . . . . . 277
4.8.6 Tiefpassfilter – (engl.: Low-Pass Filter)
und Hochpassfilter (engl.: High Pass Filter) . . . 278
4.8.7 Bandpassfilter – (engl.: Band-Pass Filter) . . . . 278
4.8.8 Mischer – (engl.: Mixer) . . . . . . . . . . . . . . . 279
4.8.9 Demodulator – Detektor (engl.: Demodulator) . 280
4.8.10 Beispiel einer HF-Schaltung
aus fertigen Komponenten . . . . . . . . . . . . . . 280
4.8.11 Zur Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
4.9 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
4.9.1 Web-Seiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
6 Optoelektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
Rolf Martin
6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
6.2 Radiometrische und fotometrische Größen . . . . . . . . . 308
6.2.1 Radiometrische Größen . . . . . . . . . . . . . . . 309
6.2.2 Fotometrische Größen . . . . . . . . . . . . . . . . 310
6.3 Halbleiter-Sender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
6.3.1 Strahlungsemission aus Halbleitern . . . . . . . . 312
6.3.2 Lumineszenzdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
6.3.3 Halbleiterlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
6.4 Displays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
6.4.1 Anthropotechnische Gesichtspunkte . . . . . . . . 329
6.4.2 Displaytypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
6.4.3 Analoganzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336
6.4.4 Numerische Anzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . 336
6.4.5 Alphanumerische Anzeigen . . . . . . . . . . . . . 339
6.5 Halbleiter-Detektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
6.5.1 Strahlungsabsorption in Halbleitern . . . . . . . . 340
6.5.2 Gütekriterien von Detektoren . . . . . . . . . . . . 341
6.5.3 Fotowiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
6.5.4 Fotodiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
6.5.5 Solarzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
6.5.6 Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
6.5.7 Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
6.5.8 Fototransistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
6.5.9 Fotothyristor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
6.5.10 Bildsensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
6.6 Optokoppler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
6.7 Lichtwellenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
6.8 Zur Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
6.9 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
7 Sensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
Ekbert Hering
7.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
7.1.1 Definition und Einteilung . . . . . . . . . . . . . . 381
7.1.2 Wirtschaftliche und technische Bedeutung . . . . 381
7.2 Sensoren für die wichtigsten Messgrößen . . . . . . . . . . 386
7.2.1 Weg- und Positions-Sensoren . . . . . . . . . . . . 386
7.2.2 Kraft- und Druck-Sensoren . . . . . . . . . . . . . 391
7.2.3 Temperatur-Sensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 392
Inhaltsverzeichnis XIII
8.5.3 Bandabstands-Referenzelement
(Bandgap Voltage Reference) . . . . . . . . . . . . 461
8.6 Zur Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
8.7 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466
14 ASIC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659
Jürgen Gutekunst
14.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661
14.1.1 Digitale ASIC-Familien . . . . . . . . . . . . . . . 661
14.1.2 Analoge ASIC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662
14.2 Programmierbare logische Bauteile (PLD) . . . . . . . . . 665
14.2.1 Aufbau des PAL (Programmable Array Logic) . 666
14.2.2 Realisierung einer Schaltung . . . . . . . . . . . . 671
14.2.3 Testen von PLD-Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . 672
14.3 Digitale Gate-Arrays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675
14.3.1 Kanal-Gate-Array . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675
14.3.2 Kanallose Gate-Arrays (Sea of Gates) . . . . . . . 676
14.3.3 Programmierbare Gate-Arrays . . . . . . . . . . . 677
14.4 Standard-Zellen-ASIC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681
14.4.1 Aufbau der Standard-Zellen-ASIC . . . . . . . . . 683
14.4.2 Elektronenstrahl-Direkt-Schreibverfahren . . . . 684
14.4.3 Standardisierte Kundenschaltkreise
(Application Specific Standard Products, ASSP) 685
14.5 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 686
Inhaltsverzeichnis XVII
17 Spannungsversorgungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793
Jürgen Gutekunst
17.1 Trafonetzgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793
17.1.1 Potenzialtrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794
17.1.2 Transformator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794
17.1.3 Transformator-Netzteil . . . . . . . . . . . . . . . . 796
17.1.4 Gleichrichter-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . 796
17.1.5 Lineare Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800
17.2 Spannungswandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804
17.2.1 Prinzip der getakteten Stromversorgung . . . . . 805
17.2.2 Durchflusswandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807
17.2.3 Sperrwandler oder Inverswandler . . . . . . . . . 815
17.3 Unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV) . . . . . . 816
17.3.1 Aufbau der USV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 816
17.3.2 Störunterdrückung durch die USV . . . . . . . . . 819
17.4 Entstörtechnik und Netzfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . 820
17.4.1 Entstörkondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 820
17.4.2 Netzfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821
17.4.3 Dreiphasen Netzfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . 821
17.5 Zur Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823
17.6 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843
Abkürzungsverzeichnis
XIX
XX Abkürzungsverzeichnis
Dieser Abschnitt enthält die elektrotechnischen Für die Schreibweise von Formelzeichen in
Grundlagen für die nachfolgenden Abschnitte. diesem Buch gelten folgende Vereinbarungen:
Zunächst sind die physikalischen Größen, ihre Vektoren sind fett gedruckt,
Formelzeichen und Einheiten zusammengestellt, z. B. E: Elektrische Feldstärke.
die Grundbegriffe erläutert sowie deren Rich- Komplexe Größen sind unterstrichen,
tungssinn (Pfeilung) festgelegt. Im Anschluss z. B. Z: Komplexer Widerstand.
daran werden die Kirchhoff’schen Gesetze in ei- Augenblickswerte sind klein geschrieben,
nem Stromkreis hergeleitet und Netzwerke mit z. B. i: Augenblickswert eines Wechselstroms.
der Maschen- und Knotenanalyse untersucht so- Alle anderen Größen sind groß geschrieben. Des-
halb gilt insbesondere:
wie grafische Verfahren zur Ermittlung der Werte
für Spannung und Strom bei nichtlinearen Kenn- Wechselgrößen und Gleichgrößen sind groß
linien vorgestellt. Der nächste Abschnitt erläu- geschrieben,
tert die Grundlagen der Wechselstromlehre; es z. B. U: Gleichspannung bzw. Effektivwert ei-
folgt eine Zusammenstellung der Messgeräte zur ner Wechselspannung.
Amplituden oder Scheitelwerte sind mit dem
elektrischen Messung elektrischer und nichtelek-
trischer Größen. Schließlich werden die Grund- Zeichen O versehen,
lagen der Halbleiterphysik wiedergegeben und z. B. û: Scheitelwert einer sinusförmigen
Hinweise zur Herstellung von Halbleiterbauele- Wechselspannung.
menten gegeben. arithmetische Mittelwerte haben einen waag-
rechten Strich über dem Zeichen,
z. B. Ī, Ū: arithmetischer Mittelwert des
1.1 Physikalische Größen Stroms oder der Spannung.
und Einheiten Dezimale Vielfache oder Teile davon sind durch
die in Tab. 1.2 zusammengestellten Vorsätze ge-
Die wichtigsten physikalischen Größen, ihre kennzeichnet.
Symbole und ihre Einheiten sind in Tab. 1.1 in
alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt.
1.2 Grundbegriffe
1.2.1 Ladung
E. Hering ()
E-Mail: ekbert.hering@hs-aalen.de Die grundlegende Eigenschaft, auf der alle Ge-
R. Martin setze und technischen Anwendungen der Elek-
E-Mail: rolf.martin@hs-esslingen.de trotechnik beruhen, ist das Vorhandensein einer
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017 1
E. Hering, K. Bressler, J. Gutekunst (Hrsg.), Elektronik für Ingenieure und Naturwissenschaftler,
DOI 10.1007/978-3-662-54214-9_1
2 E. Hering und R. Martin
Tab. 1.2 Bezeichnung der dezimalen Vielfachen und Tei- I Gebunden an Materie Die Ladung ist nicht
le von Maßeinheiten für sich allein vorhanden, sondern an Materie ge-
Zehnerpotenz Vorsilbe Kurzzeichen Beispiel bunden. Die Materie setzt sich – vereinfachend
1018 Exa E EV formuliert – aus einzelnen Atomen zusammen,
1015 Peta P PV die aus einem Atomkern und einer Elektronen-
1012 Tera T TV hülle bestehen. Im Atomkern (Durchmesser etwa
109 Giga G GHz
1014 m) befinden sich Protonen (Träger der po-
106 Mega M M
sitiven Elementarladung) sowie Neutronen (keine
103 Kilo k k
102 Hekto h hl
Ladung) und in der Atomhülle (Durchmesser von
101 Deka da daA 1010 m) kreisen die Elektronen (Träger der ne-
101 Dezi d dB gativen Elementarladung). Die Massen der Elek-
102 Zenti c cm tronen sind etwa 1840-mal kleiner als die der
103 Milli m mA Protonen oder Neutronen.
106 Mikro µA
109 Nano n nA
Ein Atom ist normalerweise nach außen hin
1012 Piko p pF
elektrisch neutral, d. h., es besitzt gleich viele po-
1015 Femto f fF
sitive Ladungen (Protonen) wie negative (Elek-
1018 Atto a am
tronen). Ein elektrisch geladenes Atom oder ein
Atomverbund wird Ion genannt. Ein positives Ion
wird Kation (z. B. Fehlen eines Elektrons), ein
elektrischen Ladung Q, die in der Einheit Cou- negatives wird Anion genannt (z. B. Anlagerung
lomb (C) oder Amperesekunden (As) gemessen eines Elektrons).
wird. Sie hat folgende wichtige Eigenschaften: Eine besondere Atombindung ist die metalli-
sche Bindung. In Metallen sind die Elektronen
sehr leicht verschiebbar. Deshalb fließen hier ne-
I Elementarladung e Die Ladung Q ist quan-
gative Ladungen. Die Eigenschaften von Halblei-
tisiert, d. h., es gibt eine kleinste elektrische La-
tern werden in Abschn. 1.8 erläutert.
dungseinheit, die Elementarladung e. Sie ist eine
Naturkonstante und hat den Wert
Dies bedeutet, dass jede elektrische Ladung Durch die Bewegung von Ladungsträgern ent-
ein Vielfaches der Elementarladung ist. Die La- steht ein Strom I , der in Ampere (A) gemessen
dungseinheit von 1 C entspricht deshalb etwa wird. Das Ampere gehört zu den sieben Basis-
6;24 1018 Elektronen (negative Ladungsträger). größen der Physik und ist folgendermaßen fest-
gelegt:
Eine Stromstärke I ist 1 Ampere, wenn die
I Positive und negative Ladungen Ladungen durch zwei im Abstand von 1 Meter befindli-
können entweder positiv (C) oder negativ () chen geradlinigen, parallelen Leiter (Durchmes-
sein. Da gleichnamige Ladungen (C und C ser null) fließende Stromstärke je Meter Leiter-
bzw. und ) sich abstoßen und ungleichnamige länge die Kraft 2 107 Newton hervorruft.
(C und bzw. und C) sich anziehen, können Tabelle 1.3 zeigt die sieben Basisgrößen der
Kräfte zwischen Ladungen und somit Bewegung Physik.
von Ladungsträgern erklärt werden. Ferner ist der Da der elektrische Strom I die Ladungsmenge
Zustand der Ladungsneutralität definiert; denn er dQ beschreibt, die im Zeitintervall dt fließt, gilt
liegt vor, wenn gleich viele positive wie negative
Ladungsträger vorhanden sind. I D dQ=dt : (1.2)
4 E. Hering und R. Martin
die elektrische Feldstärke E entlang des Wegele- Da die positiven Ladungen von Orten höhe-
mentes ds. ren Potenzials zu solchen niedrigeren Potenzials
Die elektrische Feldstärke E ist ihrerseits be- fließen, ist die Spannung positiv, wenn ' größer
2
stimmt durch die Kraft F, die auf eine Probela- als ' ist.
1
dung Q einwirkt: In der Zusammenfassung dieser Herleitungen
bedeutet dies: Sind positive und negative La-
E D F =Q : (1.9) dungen getrennt worden (die dazu notwendige
Energie W pro Ladung ist die zugehörige Span-
Wird Gl. 1.9 in Gl. 1.8 eingesetzt, so ergibt sich nung U ), dann gibt es einen positiven Pol (positi-
ver Ladungsüberschuss) und einen negativen Pol
Z2 (negativer Ladungsüberschuss). Zwischen diesen
U12 D .F ds/=Q : Polen herrscht eine Spannung U . Werden diese
Pole miteinander verbunden, so findet ein La-
1
dungstransport und damit ein Stromfluss statt.
Die Ladungsunterschiede gleichen sich aus. Für
Da der Ausdruck Fds der Arbeit dW entspricht,
die Richtung des Stromflusses wurde festgelegt:
die für die Ladungstrennung aufgewandt werden
Der Strom fließt beim Verbraucher vom
muss, ergibt sich dU12 D dW=Q.
Plus- zum Minus-Pol, bei Spannungsquellen vom
Abbildung 1.1 zeigt die elektrischen Feldlini-
Minus- zum Plus-Pol.
en zwischen zwei Polen (gestrichelte Linien) und
Abbildung 1.2 zeigt die Pfeile und die Vor-
die zugehörigen Äquipotenziallinien (durchgezo-
zeichenregelung für den Strom und die Span-
gene Linien). Es ist zu sehen, dass die Spannung
nung.
zwischen dem Punkt P1 und O das Potenzial '1
des Punktes P1 ist und die Spannung zwischen P2
und O das Potenzial '2 des Punktes P2 , so dass
die Spannung U12 zwischen den Punkten P1 und 1.2.4 Widerstand und Leitwert
P2 als Potenzialdifferenz zwischen diesen beiden
Punkten interpretiert werden kann, und es gilt: Der elektrische Widerstand R ist ein Maß für
die Hemmung des Ladungstransports (z. B. durch
U12 D ' D '1 '2 : (1.10) Fehler im Kristallaufbau oder durch Wärmebe-
6 E. Hering und R. Martin
wegung der Atomgitter) und ist folgendermaßen temperaturabhängig. Beim metallischen Leiter
definiert: gelten näherungsweise folgende Beziehungen:
Der elektrische Widerstand R beträgt 1 Ohm,
wenn zwischen zwei Punkten eines Leiters bei ei- R.#/ R20 .1 C ˛.# 20 ı C// ;
(1.15)
ner Spannung von 1 Volt ein Strom von genau .#/ 20 .1 C ˛.# 20 ı C// :
1 Ampere fließt.
Die Einheit ist 1 V=A D 1 (G. S. O HM, R20 bzw. 20 ist der Widerstand bzw. der spe-
1789 bis 1854). Durch den von K. V. K LITZING zifische elektrische Widerstand bei # D 20 ı C,
wobei # die Temperatur in ı C und ˛ der Tem-
(geb. 1943) entdeckten Quanten-Hall-Effekt lässt
peraturkoeffizient des spezifischen elektrischen
sich das Ohm unabhängig von der Geometrie
Widerstandes (bei 20 ı C) ist.
und den Werkstoffeigenschaften allein durch Na-
Der Temperaturkoeffizient ˛ gibt an, welche
turkonstanten bestimmen (Genauigkeit 108 ).
relative Widerstandsänderung R=R der Leiter
Es gilt nämlich h=e 2 D 25:812;8 . (h ist das
bei einer Änderung um T D 1 K erfährt:
Planck’sche Wirkungsquantum h D 6;62606957
1034 J s, und e ist die Elementarladung e D R
1;602176565 As. Der Kehrwert des elektrischen ˛D D : (1.16)
R T T
Widerstandes R ist der Leitwert G:
Tabelle 1.4 gibt den spezifischen elektrischen Wi-
G D 1=R : (1.11) derstand , die elektrische Leitfähigkeit und
den Temperaturkoeffizienten ˛ ausgewählter Lei-
Die Einheit ist Siemens S (1 ) oder im eng- terwerkstoffe an.
lischsprachigen Raum mho (Ohm „rückwärts“).
Die in Datenblättern zu findende Einheit mmho I Hinweis: Nichtmetallische Werkstoffe und
bedeutet daher mS oder 103 S. Flüssigkeiten besitzen andere Temperaturab-
Der elektrische Widerstand R eines metalli- hängigkeiten der spezifischen elektrischen
schen Leiters der Länge l und dem Querschnitt A Widerstände (Abschn. 2.2).
ist
l
RD : (1.12)
A 1.2.5 Elektrische Arbeit
Die Proportionalitätskonstante ist der spezifi- und elektrische Leistung
sche elektrische Widerstand , für den gilt:
Um eine Ladung Q von einem Punkt P1 zu ei-
RA nem Punkt P2 zu bewegen, zwischen denen die
D : (1.13)
l Spannung U liegt, ist eine elektrische Arbeit W
erforderlich. Sie beträgt
Die gebräuchlichste Einheit ist ( mm2 =m), die
den spezifischen elektrischen Widerstand eines W D QU : (1.17)
Leiters mit 1 mm2 Querschnitt und 1 m Länge an-
gibt. Ist der Strom I.t/ und die Spannung U.t/ von der
Der Kehrwert des spezifischen elektrischen Zeit abhängig,Rso gilt unter Berücksichtigung der
Widerstandes ist die elektrische Leitfähigkeit : Gl. 1.4: Q D I.t/dt und damit für die elektri-
sche Arbeit W :
1 l
D D : (1.14) Zt2
RA W D u.t/ i.t/ dt : (1.18)
Die Einheit ist .Sm/=mm2 . t1
Elektrischer Widerstand und spezifischer elek- Für den Spezialfall des Gleichstroms ergibt sich
trischer Widerstand (und damit auch der Leit-
wert und die elektrische Leitfähigkeit) sind W DUIt: (1.19)
1 Grundlagen der Elektrotechnik 7
1 kW h D 3;6 106 W s
.1 kW h D 860 kcal I 1 W s D 0; 239 cal/ :
Zt2
W D P .t/ dt : (1.21)
t1
P D W=t D U I : (1.22)
Beispiel 1.3-2
Für Abb. 1.9 soll der Strom I bestimmt wer-
den, der durch die Masche fließt.
Abb. 1.8 Knotenregel
Lösung:
Nach der Maschenregel gilt:
Mit den Werten ergibt sich I6 D 2 A C
.3 A/ .5 A/ 1 A .2 A/ D 5 A . UR1 U2 C UR2 C U3 C UR4 C UR3 U1 D 0 :
1 1 1 1 1 X 1 n
C C C C ::: D ;
Rges R1 R2 R3 Rn i D1
Ri
(1.31)
Xn
Gges D G1 C G2 C G3 C : : : Gn D Gi :
i D1
(1.32)
In einer Parallelschaltung ist der gesamte Leit-
wert gleich der Summe der Teil-Leitwerte.
Aus der Tatsache, dass bei der Parallelschal-
tung an jedem Bauteil dieselbe Spannung liegt,
ergibt sich:
Allgemein gilt:
mit den zwei in Reihe geschalteten Wider-
ständen R1 und RE (Zusammenfassung der
Im Gm
D .m; k D 1; 2; 3; : : : ; n/ : (1.33) Widerstände R12 ; R2 C R6 und R34 ).
Ik Gk
Der Gesamtwiderstand der Schaltung ist
Bei einer Parallelschaltung verhalten sich die nach Abb. 1.13c:
Teilströme wie die Teil-Leitwerte oder umgekehrt
wie die Teilwiderstände. Rges D R1 C RE : (1.34a)
Für die Parallelschaltung von zwei und drei
Widerständen sind die Ergebnisse in Abb. 1.12 Der Ersatzwiderstand RE ist die Parallelschal-
zusammengestellt. tung des Widerstandes R12 mit dem Wider-
stand R2 C R6 C R34 . Deshalb gilt
Beispiel 1.3-3
R12 .R2 C R6 C R34 /
Gegeben sei die Schaltung gemäß Abb. 1.13. RE D : (1.34b)
R12 C R2 C R6 C R34
Die angelegte Spannung beträgt Us D 24 V
(der Index s steht für supply: Versorgung). Be- Der Ersatzwiderstand R12 ist die Parallelschal-
rechnet werden sollen der Gesamtstrom I und tung der Widerstände .R3 C R4 / und des
alle Ströme I1 bis I6 in den Zweigen. Widerstandes R5 . Deshalb gilt
Werden die Werte von R12 und R34 in Widerstände), so dass gilt:
Gl. 1.34b zur Errechnung von RE eingesetzt, I1 R12
dann ergibt sich D
I2 R2 C R6 C R34
5 1
5 .8 C 2 C 10 / D D
RE D D 4: 8 C 2 C 10 4 (1.34d)
5 C 8 C 2 C 10
d. h.
Damit gilt nach Gl. 1.34a für den Gesamtwi- 1
I1 D I2 :
derstand Rges : 4
Werden Gl. 1.34c und Gl. 1.34d gleichgesetzt,
Rges D R1 C RE D 4 C 4 D 8 : dann ergibt sich I I2 D 14 I2 , oder I2 D
4
5
I D 2;4 A.
Nach dem Ohm’schen Gesetz ist I D In Gl. 1.34d eingesetzt, erhält man I1 D
U0 =Rges D 24 V=8 D 3 A. 0;6 A.
Am Knoten (1) teilt sich der Strom I in die Der Teilstrom I2 teilt sich entsprechend sei-
beiden Teilströme I1 und I2 . Die Knotenregel ner Teilleitwerte (Gl. 1.35) in die Teilströme
sagt I3 und I4 auf. Nach der Knotenregel gilt I2 D
I3 C I4 , d. h.
I D I1 C I2 oder I1 D I I2 : (1.34c) I3 D I2 I4 I (1.34e)
Beispiel 1.3-4
a) Der Messbereich eines Amperemeters
(Ia D 10 mA; Ri D 0;5 ) soll auf 100 mA,
1 A, 10 A und 20 A und b) der Messbereich ei-
nes Voltmeters (Ua D 100 mV; Ri D 100 )
auf 1 V, 10 V, 100 V und 1 kV erweitert wer- Abb. 1.16 Wheatstone’sche Brücke
den. Die entsprechenden Widerstände sind zu
ermitteln. 10 V W RV D 100 .100 1/
Lösung: D 9900 I
a) Messbereichserweiterung des Ampereme- 100 V W RV D 100 .1000 1/
ters: Nach Gl. 1.36 gilt im vorliegenden D 99:900 I
Fall:
0;5 1 kV W RV D 100 .10000 1/
Rp D In :
10 mA 1
D 999:900 :
Erweiterung auf
1.3.3.4 Ausgewählte Messanordnungen
0;5
100 mA W Rp D D 0;055 I Wheatstone’sche Brücke
10 1
0;5 Mit der Wheatstone’schen Brücke (C. W HEAT-
1 A W Rp D STONE , 1802 bis 1875) lassen sich Ohm’sche
100 1
D 5;050 103 I Widerstände bestimmen. Abbildung 1.16 zeigt
das Schaltschema der Wheatstone’schen Brücke.
0;5
10 A W Rp D Der zu messende Widerstand Rx wird zwi-
1000 1 schen die Klemmen C und B eingesteckt. Den
D 5;005 104 I Gleitkontakt verschiebt man auf einem Wider-
0;5 standsdraht zwischen A und B solange, bis über
20 A W Rp D
2000 1 die Brücke CD kein Strom mehr fließt. (Punkt D
D 2;501 104 : ist der Gleitkontakt.) Dann gilt die Maschenregel
(Gl. 1.28) für Masche ACD:
Damit errechnet sich der gewünschte Widerstand Wird dieser in Gl. 1.40 eingesetzt, dann beträgt
zu die Spannung Ux0
R2
Rx D Rn : (1.38)
R1 Rp
Ux0 D U1
R1 C Rp
Potenziometerschaltung
Mit Hilfe der Schaltung entsprechend Abb. 1.17 oder
wird eine Aufteilung der Gesamtspannung U1
R2 Ra
in kleinere Teilspannungen möglich (Spannungs- Ux0 D U1 : (1.41)
teiler), indem ein Schleifkontakt den Gesamt- R R
1 2 C Ra .R1 C R2 /
widerstand Rges in die Anteile R1 und R2 auf-
Gleichung 1.41 geht in Gl. 1.40 über, wenn
teilt. Für die abgegriffene Spannung Ux ist es
R1 R2 D 0 ist. Dies ist der Fall, wenn durch den
entscheidend, ob der Spannungsteiler unbelas-
äußeren Widerstand Ra kein Strom fließt (oder
tet (Abb. 1.17a) oder wegen des Stromflusses
wenn näherungsweise gilt: Ra R2 ).
durch einen äußeren Widerstand Ra belastet ist
(Abb. 1.17b).
Beispiel 1.3-5
Für den unbelasteten Fall gilt:
Eine Spannungsquelle mit U1 D 24 V ist an
U1 einem Gesamtwiderstand von 8 angeschlos-
I D und (1.39a)
R1 C R2 sen. An einem Teilwiderstand von R2 D 1
Ux D R2 I : (1.39b) wird die Spannung Ux abgegriffen. Wie groß
ist sie im unbelasteten und im belasteten Zu-
Wird Gl. 1.39a in Gl. 1.39b eingesetzt, so ergibt stand, wenn der äußere Widerstand a) gering
sich für die gesuchte Teilspannung Ux (Ra D 0;5 ) bzw. wenn er b) hoch ist (Ra D
R2 100 )?
Ux D U1 : (1.40)
R1 C R2
Lösung:
Dies bedeutet, dass sich die Gesamtspan- a) Geringer äußerer Widerstand:
nung U1 im Verhältnis des Teilwiderstandes zum Ra D 0;5 .
Gesamtwiderstand aufteilt. Unbelasteter Zustand:
Im Belastungsfall fließt durch Ra der Strom Ia Ux D 24 18 V D 3 V ,
und durch R2 nur noch die Stromstärke I Ia . belasteter Zustand:
Da R2 und Ra parallel geschaltet sind, ist der Ge- Ux0 D 24 71C0;58
10;5
V D 1;09 V .
samtwiderstand
R2 Ra b) Hoher äußerer Widerstand:
Rp D :
R2 C Ra Ra D 100 .
18 E. Hering und R. Martin
Unbelasteter Zustand:
Ux D 3 V (unverändert) ,
belasteter Zustand:
Ux0 D 24 71C1008
1100
V D 2;97 V .
Der Wert der abgegriffenen Spannung Ux0
im belasteten Fall weicht bei einem großen äu-
ßeren Widerstand kaum vom unbelasteten Fall
ab (in diesem Beispiel lediglich um 1 %).
Abb. 1.18 Reihenschaltung eines linearen Widerstandes
und eines Kaltleiters
I0 D 2 A; I 00 D 6 A :
Da der innere Widerstand Ri die Steigung der
Kennlinie ist, gilt:
00 0
U12 U12 4V 8V
Ri D 00 0
D D 1:
I I 6A 2A
Aus der Gleichung für die Kennlinie (Gl. 1.43)
errechnet sich die Quellenspannung Uq zu:
0
Abb. 1.27 Kennlinie einer realen Spannungsquelle nach U12 D Uq Ri I 0 und damit
0
Beispiel 1.5-1 Uq D U12 C Ri I 0
D 8 V C 1 2 A D 10 V :
Widerstand. Es ist festzuhalten, dass die Quel-
lenspannung Uq und der innere Widerstand Ri Für den Kurzschluss-Strom I0 gilt nach
künstlich eingeführt werden mussten, um die Gl. 1.45 I0 D Uq =Ri D 10 V=1 D 10 A.
Abhängigkeit U D f.I / richtig beschreiben zu Die in Abb. 1.26 links oben angegebe-
ne Schaltung zeigt, dass die Klemmenspan-
können. In den meisten Fällen ist die Abhängig-
nung U12 richtig beschrieben wird, wenn sich
keit linear, so dass Gl. 1.43 gilt (Abb. 1.26, links
im linearen Zweipol eine Ersatzspannungs-
unten), aus der folgt, dass die Quellenspannung
quelle der Quellenspannung Uq mit einem
Uq und der innere Widerstand Ri konstant sein
vorgeschalteten Innenwiderstand Ri befindet.
müssen. Wie aus Abb. 1.26 weiter hervorgeht, ist
der innere Widerstand die Steigung der U12 –I - Das bedeutet, dass jede noch so komplizierte
Kennlinie, so dass gilt: Schaltung durch die dargestellte Ersatzspan-
nungsquelle ersetzt werden kann. Mit dieser
Uq Methode können auch elektrische Netzwerke
Ri D : (1.43)
I0 berechnet werden (Abschn. 1.5.3).
Dabei bedeuten Uq die Quellenspannung (Span-
nung beim Strom I D 0, d. h. Leerlauf) und I0 1.5.1.2 Ersatzstromquelle
die Stromstärke bei der Spannung U12 D 0, d. h. Statt einer Ersatzspannungsquelle kann auch, wie
im Kurzschluss. Abb. 1.26 auf der rechten Seite zeigt, eine Er-
Die beiden Größen Uq und I0 können meist satzstromquelle definiert werden. Diese liefert für
nicht direkt gemessen werden, da beispielsweise die Anschlussklemmen (1) und (2) den konstan-
im Kurzschlussfall ein zu großer Kurzschluss- ten Strom I . Die Ersatzstromquelle besteht aus
Strom fließen und die Bauelemente zerstören einer Urstromquelle mit der Stromstärke I0 und
würde. Deshalb wählt man zur Bestimmung von einem parallel geschalteten Innenwiderstand Ri ,
Ri als Steigung der Kennlinie zwei beliebige Be- durch den der Strom Ii fließt, so dass gilt:
lastungsfälle aus, wie es Beispiel 1.5-1 zeigt.
I D I0 Ii D I0 U12 =Ri D I0 U12 Gi :
Beispiel 1.5-1
Eine reale Spannungsquelle zeigt eine lineare Hierbei ist Gi der Leitwert der Ersatzstromquel-
Spannungs-Strom-Kennlinie nach Abb. 1.27. le (Gi D 1=Ri ). Damit ein möglichst konstanter
Bestimmt werden soll der innere Wider- Strom I aus dem Zweipol fließen kann, wird
stand Ri , die Quellenspannung Uq und der der Leitwert Gi möglichst klein gehalten, d. h.,
Kurzschluss-Strom I0 . der Innenwiderstand Ri ist möglichst groß zu
Die Messungen hatten folgendes Ergebnis: wählen. In Abb. 1.26 ist unten rechts die entspre-
chende Kennlinie abgebildet. Die rot gezeichnete
0 00
U12 D 8V U12 D 4V; Stromstärke I ist die aus dem Zweipol fließende
24 E. Hering und R. Martin
Stromstärke. Die Steigung der Kurve ist wieder- an der Ersatzstromquelle gerichtet, und es gelten
um der innere Widerstand Ri , dessen Kehrwert folgende Umrechnungsbeziehungen:
der zugehörige Leitwert Gi ist. Die Berechnun-
Uq
gen erfolgen entsprechend dem Beispiel 1.5-1, Ri D
I0 (1.44)
lediglich mit dem Unterschied, dass der innere
Widerstand sehr groß zu wählen ist (z. B. 1 M), und G i D 1=R i :
damit wenig Stromverlust innerhalb der Ersatz- I Hinweis: Auch wenn im Leerlauf die Klem-
stromquelle auftritt. menspannung U12 und im Kurzschluss der
Klemmenstrom I gleich sind, liegen zwar äqui-
1.5.1.3 Äquivalente Zweipole valente Zweipole vor; sie können aber völlig
Zweipole, die hinsichtlich ihrer Klemmenspan- unterschiedliche Schaltungen aufweisen. Bei
nung U12 und der Stromstärke I gleiche Werte Zweipolen mit einer unterschiedlichen Anzahl
liefern, werden äquivalente Zweipole genannt. von Spannungsquellen (aktive Zweipole) kann
Wie Abb. 1.26 zeigt, kann der Zweipol entweder vor allem die Leistung im Inneren des Zweipols
durch eine Ersatzspannungsquelle (Urspan- sehr unterschiedlich sein (Abb. 1.28).
nungsquelle U0 mit vorgeschaltetem Innenwi-
derstand Ri ) oder durch eine Ersatzstromquelle
(Urstromquelle I0 mit parallel geschaltetem 1.5.2 Lineare Überlagerung
Innenwiderstand Ri bzw. dessen Leitwert Gi ) er- (Superpositionsprinzip
setzt werden. (Auch andere Schaltungen im Inne- nach HELMHOLTZ)
ren sind möglich.) Wie aus Abb. 1.26 ersichtlich
ist, sind die Spannungspfeile an der Ersatzspan- Zu Beginn dieses Abschnitts wird gezeigt, dass
nungsquelle entgegengesetzt zu den Strompfeilen alle Gleichungen (das Ohm’sche Gesetz, die
1 Grundlagen der Elektrotechnik 25
ˇ ˇ
ˇ .R C R / U ˇ
ˇ 1 3 1 ˇ I1 I2 I3 ::: Im
DI2 D ˇ ˇ
ˇ R3 U2 ˇ Masche 1 R11 a12 R12 a13 R13 : : : a1m R1m U1
Masche 2 a21 R21 R22 a23 R23 : : : a2m R2m U2
D U2 .R1 C R3 / C U1 C R3 : Masche 3 a31 R31 a32 R32 R33 : : : a3m R3m U3
Masche m am1 Rm1 am2 Rm2 am3 Rm3 : : : Rmm Um
Die Stromstärken errechnen sich dann zu
Die Abkürzungen bedeuten:
DI1 U1 .R2 C R3 / U2 R3 Ix : Maschenstrom in der Masche x.
I1 D D ;
D R1 R2 C R2 R3 C R3 R1 Ux : Summe aller Quellenspannungen (Vor-
zeichen entgegen dem Umlaufsinn der Ma-
DI2 U1 R3 U2 .R1 C R3 /
I2 D D : sche x).
D R1 R2 C R2 R3 C R3 R1 Rxx : Summe aller Widerstände in der Ma-
sche m.
Für den Strom I3 durch den Widerstand R3 ergibt Rxy : Widerstand, der von den Maschen-
sich dann strömen Ix und Iy gemeinsam durchflossen
wird.
U1 C R2 C U2 R1 Hinweis: Haben zwei Kreisströme Ix und
I3 D I1 I2 D :
R1 R2 C R2 R3 C R3 R1 Iy keinen gemeinsamen Zweig, dann ist
Rxy D 0.
In der folgenden Liste sind die Schritte für die axy : Vorzeichenfaktor nach folgender Fest-
Anwendung der Maschenanalyse zusammenge- legung:
stellt.
Systematisches Vorgehen bei der Maschen-
stromanalyse:
1. Bestimmen der Anzahl m der unabhängigen
Maschengleichungen: Es gilt: m D z .k 1/
(z: Anzahl Zweige; k: Anzahl Knoten) 5. Kontrolle des Schemas: Die Koeffizienten
2. Umrechnen aller Stromquellen in äquivalente des Rechenschemas müssen symmetrisch zur
Spannungsquellen (Abschn. 1.5.1.1). Hauptdiagonalen (Achse R11 Rmm ) sein.
3. Für jede Masche ist ein Maschenstrom I D 6. Bestimmen der Lösung des linearen Glei-
I1 Im anzunehmen. Die Pfeilung der Ma- chungssystems (Abb. 1.30).
schenströme erfolgt möglichst im Uhrzeiger-
sinn. Jeder Zweig muss in mindestens einer 1.5.3.3 Knotenspannungsanalyse
Masche enthalten sein. (Knotenpotenzialanalyse)
4. Für jede Masche: Aufstellung der Maschen- Bei der Knotenspannungsanalyse werden im
regel Ui D 0. Eintragen in folgendes Rechen- Vergleich zur Maschenstromanalyse die Knoten-
schema: regeln angewandt (†Ii D 0), und die Span-
30 E. Hering und R. Martin
Rechenschema:
I1 I2 I3
.R1 C R2 / R1 R2 Uq
R1 .R1 C Rn C RD / RD 0
R2 RD .R2 C RD C Rx / 0.
Eine Simulation der Schaltung ermöglicht der Differenzialgleichungen mit dem Trapezver-
noch vor der Prototypenfertigung eine genauere fahren. Diese ermöglichen die Kernfunktionalität
Analyse der Schaltungseigenschaften. Reine di- des Simulators: Gleichstromanalyse (DC Ana-
gitale Systeme werden meist auf der Basis einer lysis), Wechselstromanalyse (AC Analysis) und
Hardwarebeschreibungssprache wie VHDL oder die Berechnung von Ausgleichsvorgängen (Tran-
Verilog simuliert; bei analogen bzw. gemischten sient Analysis). Aufbauend auf den Kernfunk-
Analog-Digital-Schaltungen sind SPICE-basier- tionalitäten sind weitere Berechnungen möglich,
te Simulationsprogramme Stand der Technik. Im beispielsweise Empfindlichkeitsuntersuchungen,
Folgenden wird auf diese näher eingegangen. Rausch- und Fourieranalyse.
Das Akronym SPICE steht für Simulation Pro- Obwohl SPICE auf bewährten Algorithmen
gram with IC Emphasis. Die Algorithmen werden basiert, müssen die Ausgaben des Programms
seit Beginn der 1970er Jahre an der University of dennoch kritisch geprüft und plausibilisiert wer-
California, Berkeley entwickelt. Die Version SPI- den. Zum einen bilden die verwendeten Model-
CE3f5 aus dem Jahr 1997 ist frei verfügbar und le nur die Bauteileigenschaften ab, die model-
bildet die Basis für kommerzielle und freie Tools. liert und parametriert sind, zum anderen können
Prominente Vertreter sind PSPICE des EDA-Tool- Konvergenzprobleme und sich aufsummierende
Herstellers Cadence, LTspice des IC-Herstellers Fehler auftreten. Kritisch sind Transientenanaly-
Linear Technology oder Ngspice (open source). sen mit zu groß gewählten Abtastschritten; auch
SPICE ist ein textbasierter Simulator auf Bau- Schaltungen mit mehreren stabilen Arbeitspunk-
teileebene. Als Eingabedaten verarbeitet SPI- ten erfordern gezielte Eingriffe des Benutzers,
CE die Beschreibung der Schaltungstopologie in beispielsweise das Setzen geeigneter Initialwer-
Form einer Netzliste, Definitionen der zu verwen- te. Kein Simulationsprogramm, auch nicht SPI-
denden Bauteilemodelle und Steueranweisungen. CE, kann daher grundlegende elektrotechnische
Diese können mit einem Texteditor von Hand Kompetenzen ersetzen.
erstellt werden. Meist ist der Simulator in ei- Im Folgenden werden die Bauteilemodelle
ne EDA-Toolchain integriert. Die Netzliste wird und anhand einfacher Beispiele die Kernfunktio-
dann direkt aus dem Schaltplan generiert, ebenso nalitäten Gleichstrom-, Wechselstrom- und Tran-
die Parametrierung von Bauteilmodellen. Die Er- sientenanalyse vorgestellt. Die Beispiele wurden
zeugung syntaktisch korrekter Steueranweisun- mit LTSpice und ngspice geprüft, verwenden aber
gen werden dann durch grafische Benutzerober- keine speziellen Funktionalitäten und sollten da-
flächen unterstützt. In vielen Fällen ist auch ei- her mit jeder SPICE-Variante lauffähig sein.
ne hybride Arbeitsweise möglich, bei der direkt
im Schaltplan Steueranweisungen und Modell- 1.5.5.1 Bauteilmodelle
parameter platziert werden. Geübte Anwender SPICE verfügt über eine Sammlung grundlegen-
erzielen dadurch einen Zeitvorteil. Eine grafi- der Bauteilmodelle, die vom Benutzer parame-
sche Darstellung der Simulationsergebnisse kann triert werden:
innerhalb der Toolchain durch Setzen von Mess- Widerstände,
punkten im Schaltplan erzeugt werden. Gängig Kondensatoren,
ist auch die Weiterverarbeitung der generierten (Gekoppelte) Induktivitäten,
Daten in Programmen wie Matlab oder Octave. Leitungen,
Intern arbeitet SPICE mit einer Knotenpoten- (Gesteuerte) Spannungs- und Stromquellen,
zialanalyse. Die Eigenschaften der Bauteile und gesteuerte Schalter,
die Topologie des Netzwerks definieren ein Dif- Dioden,
ferenzialgleichungssystem, dessen Koeffizienten Bipolartransistoren und
im Allgemeinen nichtlinear sind. Die wesent- Feldeffekttransistoren.
lichen Bestandteile des Simulationsalgorithmus Die Basismodelle werden in der Netzliste durch
sind die Behandlung von Nichtlinearitäten nach Buchstaben referenziert, beispielsweise steht R
Newton-Raphson und die numerische Integration für einen Widerstand oder D für eine Halbleiter-
36 E. Hering und R. Martin
a b c
LED-Schaltung --- Operating Point ---
R1 1 2 330
V(2): 1.8644 voltage
V1 1 0 3.3
I(D1): 0.00435031 device_current
D1 2 0 LEDred
.model LEDred D
+ IS=1.3E-18
+ N=2.0
+ RS=3.5
.op.print op v(2) i(D1)
.end
Abb. 1.38 Bestimmung des Arbeitspunktes einer LED, die an den Ausgang einer Digitalschaltung angeschlossen ist.
a die Schaltung, b die Spice-Anweisungen und c das Simulationsergebnis
diode. Zudem können Teilschaltungen definiert Auslegung soll im Folgenden mit einer Simulati-
werden, die ihrerseits als Modell in einer überge- on verifiziert werden.
ordneten Hierarchiestufe dienen. Je nach SPICE- In Abb. 1.38b wird die Syntax der Spi-
Variante sind zusätzliche Modelle, beispielsweise ce-Anweisungen deutlich. Die Topologie des
Halbleitermodelle für höchstintegrierte Schaltun- Netzwerks ist in der Form <Bauteilteiltyp>
gen oder RC-Leitungen vorhanden. <Index><Schaltungsknoten 1>. . . <Schaltungs-
Bereits die Basismodelle verfügen teilweise knoten n><Wert> abgebildet. Der Bauteiltyp und
über mehr als 40 Parameter. Häufig sind diese bei damit das zu verwendende Modell wird mit ei-
den Bauteilherstellern erhältlich. Bei nicht voll- nem Buchstaben gekennzeichnet: R steht für
ständig spezifizierten Parametersätzen verwendet einen Ohm’schen Widerstand, V für eine Span-
SPICE Ersatzwerte, die in der Regel dazu führen, nungsquelle und D für eine Halbleiterdiode. Die
dass die entsprechenden Eigenschaften nicht mo- Anschlussfolge ist im Bauteilmodell festgelegt:
delliert werden (z. B. die Temperaturabhängigkeit So ist beispielsweise in Zeile 4 die Reihenfolge
eines Widerstandes). Anode – Kathode bei der Angabe der Knoten ein-
zuhalten. Im Schaltungsbeispiel ist also die Anode
an den Knoten 2, die Kathode an das Bezugspoten-
1.5.5.2 Gleichstromanalyse
zial 0 angeschlossen. In jeder Netzliste muss genau
Die Gleichstromanalyse hat in SPICE zwei Aus-
ein mit „0“ benannter Bezugsknoten vorhanden
prägungen: Die Berechnung des Arbeitspunktes
sein. Bei Verwendung eines Schaltplaneditors
(Operating Point) und die Bestimmung des Groß-
wird der Bezugsknoten wie in Abb. 1.38 a mit
signalverhaltens (DC Sweep) einer Schaltung.
einem Massesymbol gekennzeichnet.
Letztgenannter ist dabei eine fortgesetzte Berech-
Bei passiven Bauteilen reicht in der Regel
nung hinreichend vieler Arbeitspunkte.
die Angabe des Nominalwertes aus (s. Zeile 2
in Abb. 1.38b). Dies ist auch bei Halbleiterbau-
Arbeitspunktberechnung elementen möglich, wenn beispielsweise für die
Ein einfaches Beispiel zur Arbeitspunktbestim- Diode in Abb. 1.38a ein Parametersatz des Her-
mung ist in Abb. 1.38 dargestellt. Eine Leucht- stellers vorliegt, der mit der „.lib“-Anweisung in
diode soll am Ausgang einer Digitalschaltung die Simulationsdatei eingebunden wurde.
angeschlossen werden, die einen High-Pegel von Im hier dargestellten Beispiel wurden die Pa-
3,3 V liefert. Eine überschlägige Auslegung geht rameter aus Datenblattangaben abgeleitet, ent-
von einer Flussspannung von 1,8 V bei einem sprechende Vorgehensweisen sind in der Lite-
Anode-Kathode-Strom von 5 mA aus. Der er- ratur zu finden (z. B. Baumann). Die Parameter
forderliche Vorwiderstand ergibt sich zu R D werden dem Simulator ab Zeile 4 übergeben: Die
.3;3 V1;8 V/=5 mA D 300 . Gewählt wird ein Leuchtdiode D1 erhält die Referenz LEDred, die
Widerstand von 330 aus der E12-Reihe. Diese „.model“-Anweisung ab Zeile 5 stellt mit dem
1 Grundlagen der Elektrotechnik 37
a b c
CMOS-Inverter 5
U3/(V)
M1 3 2 0 0 N1_SH 4
Vin 2 0 0
3
VDD 1 0 5.0
2
M2 1 2 3 VDD P1_SH
1
.MODEL N1_SH NMOS LEVEL = 1
+ VTO = 0.8 0
0 1 2 3 4 5
+ KP = 1E-3 U2 /(V)
+ LAMBDA = 0.02
.MODEL P1_SH PMOS LEVEL = 1
+ VTO = -0.8
+ KP = 1E-3
+ LAMBDA = 0.02
.dc Vin 0 5 1m
.end
Abb. 1.39 Analyse eines CMOS-Inverters; a die Schaltung, b die Spice-Anweisungen und c das Simulationsergebnis
a b
PWM-Signal mit RC-Filter
R1 1 2 1k
C1 2 0 1u
V1 1 0 PULSE(0 {VDD} 0 0.1n 0.1n {ontime} {period} 100)
.param VDD = 1
.param a = 0.7
.param period = 1m
.param ontime = 'period*a'
*.step param a list 0.3 0.5 0.7 *LTspice only
.ic v(2)=0
.tran 1u 10m
.end
c
1
u2
0.9
0.8
0.7
0.6
u/V
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5
t/ms
Abb. 1.40 Ausgleichsvorgang eines RC-Filters, das von einem PWM-Signal angesteuert wird. a Schaltung, b Spice-
Anweisungen und c das Simulationsergebnis
Netzliste mit Variablen zu arbeiten. Im Beispiel Die grafische Darstellung der Simulationser-
werden damit die Parameter des PWM-Signals in gebnisse in Abb. 1.41 zeigt die beiden Kom-
übersichtlicher Weise eingestellt. Die „.param“- ponenten, aus denen der Ausgleichsvorgang be-
Anweisung erlaubt es, mehrere Simulationen der- steht: Die Antwort des RC-Tiefpasses auf eine
selben Schaltung für verschiedene Dimensionie- Sprunganregung mit der Amplitude a*VDD und
rungen durchzuführen. Ein Beispiel ist in Zeile 9 eine überlagerte Wechselkomponente.
(Abb. 1.40) zusehen: Die Simulation wird dreimal
für verschiedene Werte von a durchgeführt. Der 1.5.5.4 Wechselstromanalyse
Befehl ist auskommentiert, da die Syntax nur mit Eine Wechselstromanalyse stellt das Verhalten ei-
LTspice, nicht jedoch mit ngspice kompatibel ist. ner Schaltung im Frequenzbereich dar. SPICE
Die Transientenanalyse wird durch die An- variiert dabei die Frequenz der im Netzwerk vor-
weisung „.tran“ initiert, im Beispiel erfolgt die handen Wechselspannungen – bzw. – Stromquel-
Simulation im Zeitbereich von 0 ms bis 10 ms len und berechnet den ausgeglichenen Zustand
mit einer Schrittweite von 1 s. Startwerte für des Netzwerkes. Im Beispiel in Abb. 1.41 wird
energietragende Größen werden entweder von dies für einen Tiefpass erster Ordnung dargestellt.
SPICE aus einer Arbeitspunktanalyse berechnet Die „.ac“-Anweisung in Zeile 6 bewirkt, dass
oder können wie im Beispiel mit der Direktive die Frequenz der Wechselspannungsquelle V1
„.ic“ vorgegeben werden. von 10 Hz bis 100 kHz verändert wird. Die Fre-
1 Grundlagen der Elektrotechnik 39
a b
Tiefpass 1. Ordnung
*R1 1 2 '10k/2/pi' *LTspice
R1 1 2 1.5915k
C1 2 0 100n
V1 1 0 AC 1
.ac dec 100 10 100k
.end
c
1
u2
0.1
0.01
u 2 /V
0.001
0.0001
1e-05
0.01 0.1 1 10 100
f/kHz
Abb. 1.41 Frequenz- und Phasengang eines Tiefpasses erster Ordnung. a Schaltung, b Spice-Anweisungen und c das
Simulationsergebnis
quenzvariation soll dekadisch erfolgen, je De- schaften ermitteln, Rausch- und Temperaturana-
kade sind 100 Werte zu berechnen. Für eine lysen bis hin zu Monte-Carlo-Analysen, mit denen
logarithmische Darstellung des Betrags der Über- auf Basis der statistische Verteilung von Schal-
tragungsfunktion ist es sinnvoll, eine Amplitude tungsparametern durch Simulation vieler Kombi-
von 1 V für V1 zu wählen. Die Wechselstromana- nationen dieser Parameter Aussagen über die Ver-
lyse ist eine Kleinsignalanalyse, d. h. unabhängig teilung relevanter Größen zu erhalten sind. Für nä-
von der Amplitude der Wechselquellen wird im- here Ausführungen hierzu wird auf die weiterfüh-
mer mit einem im Gleichstromarbeitspunkt linea- rende Literatur (z. B. Beetz) verwiesen.
risierten Ersatznetzwerk gerechnet.
Die grafische Darstellung in Abb. 1.41 zeigt
die erwartete Übertragungsfunktion eines RC-
1.6 Grundlagen der
Tiefpasses 1. Ordnung mit einer 3dB-Grenzfre-
Wechselstromlehre
quenz von fgrenz D 1 kHz und einer Dämpfungs-
zunahme von 20 dB/Dekade für f fgrenz .
1.6.1 Grundlagen komplexer Rechnung
Links sind die reellen Zahlen zu finden. Aus- Wie aus dieser Gleichung hervorgeht, sind die
gehend von den ganzen Zahlen kommt man durch reellen Zahlen (für b D 0) und die imaginären
Division zu den rationalen Zahlen, die als un- Zahlen (für a D 0) ein Spezialfall von Z.
endliche periodische Dezimalzahlen dargestellt Die komplexe Zahl Z kann nach Gl. 1.53 auch
werden können. als Zeiger verstanden werden, der die Zeiger-
Durch das Radizieren (Wurzelziehen) gelangt länge Z besitzt und sich im Winkel ' von der
man zu den irrationalen Zahlen (Wurzel aus einer Waagrechten befindet. Wird die Euler’sche For-
positiven Zahl) und zu den imaginären Zahlen mel ej' D cos ' C j sin ' verwendet, dann kann
(Wurzel aus einer negativen Zahl). Die irratio- Z auch folgendermaßen geschrieben werden:
nalen Zahlen liefern nicht periodische Dezimal-
Z D Zej' : (1.54)
brüche. Zu den reellen Zahlen werden noch die
transzendenten Zahlen (z. B. die Zahl e oder )
1.6.1.2 Rechnen mit komplexen Zahlen
gezählt, ferner die Logarithmen.
In Abb. 1.43 sind die komplexen Zahlen und
Wie Abb. 1.42 zeigt, sind die reellen Zahlen
ihre Darstellungsformen sowie die Rechenopera-
durch den Zahlenstrahl in waagrechter Richtung
tionen dargestellt, so dass hier nur noch die wich-
veranschaulicht. Vom Nullpunkt aus sind nach
tigsten Formelzusammenhänge aufgeführt sind.
rechts die positiven und nach links die negativen
a) Darstellungsformen
Zahlen eingetragen.
Aus einer komplexen Zahl Z wird eine konju-
Die imaginären Zahlen und ihre Definitionen
giert komplexe Zahl Z , wenn der Imaginär-
sind auf der rechten Seite der Abb. 1.42 zu se-
teil sein Vorzeichen ändert:
hen. Grundlage ist die Einführung der imaginären
Einheitsgröße j: Z D a jb (1.55)
p Das Produkt aus einer komplexen Zahl Z
jD 1 : (1.51)
und der dazugehörigen konjugiert komplexen
Zahl Z ist eine reelle Zahl gemäß
Daraus resultieren folgende wichtige Umrech-
nungen: Z Z D .a C jb/.a jb/ D a2 C b 2 (1.56)
In Abb. 1.43 sind die verschiedenen Darstel-
j2 D 1 I j3 D j I j4 D C1I j5 D CjI 1=j D j :
lungsformen einer komplexen Zahl Z aufge-
(1.52)
zeigt:
Die allgemeinen Zusammenhänge sind in ˇ ˇ
Abb. 1.42 zusammengestellt. Z D aC jb D jZj .cos 'C j sin '/ D ˇZej' ˇ :
Imaginäre Zahlen werden grafisch in einem (1.57)
senkrechten Zahlenstrahl dargestellt und in ihm Dabei gilt (jZj D Z/:
gerechnet (Rechenbeispiel 4j j D 3j). p
Reelle und imaginäre Zahlen zusammen er- Z D a2 C b 2 I tan ' D b=a I
(1.58)
geben eine komplexe Zahl Z. (Das Unterstrei- cos ' D a=Z I sin ' D b=Z :
chungszeichen kennzeichnet komplexe Größen.) b) Addition bzw. Subtraktion
Sie werden grafisch in der Gauß’schen Hierfür gelten folgende Gleichungen:
Zahlenebene (C. F. G AUSS, 1777 bis 1855) dar-
gestellt. Die waagrechte Achse stellt die reellen Z 1 C Z 2 D .a1 C a2 / C j.b1 C b2 / ;
Größen dar und in der senkrechten Achse stehen Z 1 Z 2 D .a1 a2 / C j.b1 b2 / :
die imaginären. Beide Achsen stehen somit senk- (1.59)
recht aufeinander. Eine komplexe Zahl Z besteht Dies bedeutet, dass die Real- und Imaginär-
also aus einem Realteil a und einem Imaginärteil teile getrennt verrechnet werden müssen. In
b, so dass gilt (Abb. 1.42): Abb. 1.43 ist das zugehörige Diagramm in der
Gauß’schen Zahlenebene mit einem Beispiel
Z D a C bj D Z.cos ' C j sin '/ : (1.53) dargestellt.
1 Grundlagen der Elektrotechnik 41
Z1 Z2 tan.'1 '2 /
p D .a2 b1 a1 b2 /=.a1 a2 C b1 b2 / :
D .a1 a2 b1 b2 /2 C .a1 b2 C b1 a2 /2 ; (1.63)
tan .'1 C '2 / Wie aus diesen Gleichungen sowie aus
D .a1 b2 C b1 a2 /=.a1 a2 b1 b2 / : Abb. 1.43 hervorgeht, findet bei der Multipli-
(1.61) kation eine Drehstreckung statt. Dabei wird
1 Grundlagen der Elektrotechnik 43
p p
der Zeiger auf Z1 Z2 gestreckt und um '1 C'2 n
ZD
n
Z.cos..'/ C k 2 =n//
gedreht. C j sin..' C k2 /=n/
d) Potenzieren bzw. Wurzelziehen p (1.65)
D Z ej..'Ck 2 /=n/ :
n
Nach Abb. 1.43 gelten die Gleichungen
.k D 0; 1; 2; : : : ; .n 1// :
Wie Gl. 1.65 zeigt, ergibt die n-te Wurzel
Z D Z .cos.n'/ C j sin.n'// D Z e :
n n n jn '
einer komplexen Zahl insgesamt n verschie-
(1.64) dene Wurzelwerte mit gleichen Absolutwer-
44 E. Hering und R. Martin
v
u
u ZT
u1
I Dt i 2 dt : (1.72)
T Abb. 1.45 Wechselstromverlauf iO .t / D i cos.!t /, Schei-
0 telwert iO , Effektivwert I und Halbschwingungsmittel-
wert Ih
1.6.2.4 Formfaktor
Der Formfaktor kf einer Wechselgröße ist der
Quotient aus Effektivwert und Mittelwert (arith-
Abb. 1.46 Bestimmung des Scheitelfaktors bei zwei metischer Mittelwert oder Halbschwingungsmit-
Halbwellen
telwert), so dass sich der Formfaktor des Stromes
(analoges gilt für die Spannung) ergibt:
der Wechselgröße ermittelt, welcher Halbschwin-
Effektivwert I I
gungsmittelwert genannt wird. Er entspricht des- kf D D D : (1.77)
halb der Höhe eines Rechtecks, dessen Flächen- Mittelwert Ih IN
inhalt gleich dem einer Halbwelle ist (Abb. 1.45).
Für reine Cosinus-
p bzw. Sinusschwingungen ist
Deshalb gilt beispielsweise für den Halbschwin-
kf D =.2 2/ D 1;111 : : : Für steilere Kur-
gungsmittelwert Ih des Wechselstroms i.t/ D
venverläufe ist der Formfaktor größer und für
iO cos.!t/:
flachere kleiner. Er kann je nach Kurvenform zwi-
Z
3 =2 schen 1 und 1 liegen.
1 iO
iO cos 'd' D Œsin '
=2
3 =2
Ih D
=2 (1.75)
1.6.3 Komplexe Rechnung
2iO im Wechselstromkreis
D 0;637iO :
Die im Folgenden beschriebene komplexe Rech-
1.6.2.3 Scheitelfaktor (Crestfaktor)
nung im Wechselstromkreis gilt nur für cosinus-
Das Verhältnis des Scheitelwertes (z. B. iO oder û)
bzw. sinusförmige Wechselstromgrößen.
zum Effektivwert (z. B. I oder U ) wird Scheitel-
faktor ks genannt. Es gilt für den Scheitelfaktor
1.6.3.1 Zeigerdarstellung
des Wechselstromes
komplexer Größen
Scheitelwert der Wechselgröße iO Wechselstromgrößen, beispielsweise cosinus-
ks D D : bzw. sinusförmige Ströme oder Spannungen
Effektivwert der Wechselgröße I
(1.76) gleicher Frequenz, werden in der Gauß’schen
Die Formulierungen für die Wechselspannung Zahlenebene als komplexe Zeiger Z dargestellt.
sind entsprechend. Da nur der Realteil eines Zeigers messbare Wir-
Nur für den Fall, dass die Wechselgröße durch kungen zeigt, bezeichnet man die elektrischen
eine Cosinus- bzw. Sinusfunktion beschrieben Wechselstromgrößen (Strom, Spannung, Wider-
p
werden kann, gilt wegen Gl. 1.82 ks D 2 stand, Leistung) gemäß Abb. 1.47.
1;414. Für eine Dreiecksspannung ist der Schei- Der Realteil ist der Wirkanteil, der Imagi-
telfaktor beispielsweise ks D 1;73. närteil der Blindanteil einer Wechselstromgröße;
Abbildung 1.46 zeigt das Vorgehen bei der beide zusammen ergeben als komplexen Zeiger
Bestimmung des Scheitelfaktors für zwei Halb- die Scheingröße Z. Komplexe Größen, die zeit-
wellen. unabhängig sind, werden Operatoren genannt. So
ergeben sich beispielsweise durch die Division
I Hinweis: Wird mit einem Multimeter mit ei- der Spannung durch den Strom der Widerstands-
nem Rechenschaltkreis der Effektivwert von operator (oder komplexe Widerstand) und durch
1 Grundlagen der Elektrotechnik 47
Beispiel 1.6-1
In einem Wechselstromkreis befindet sich ein
Abb. 1.47 Bezeichnung elektrischer Wechselstromgrö- Ohm’scher Widerstand von R D 30 und
ßen im Zeigerdiagramm eine Induktivität. Der Effektivwert der Span-
nung beträgt U D 156 V und der Effektivwert
des Stromes I D 2 A. Wie lauten die kom-
die Division des Stromes durch die Spannung der plexen Größen, die Phasenverschiebungen und
Leitwertoperator (oder komplexe Leitwert). die entsprechenden Schein-, Wirk- und Blind-
anteile.
1.6.3.2 Ohm’sches Gesetz
In Abb. 1.48 sind die Herleitungen für den kom-
Lösung:
plexen Widerstand Z und den komplexen Leit-
a) Komplexer Widerstand Scheinwiderstand
wert Y zusammengefasst. Für die komplexen
(Gl. 8 in Abb. 1.48)
Effektivwerte von Wechselspannung und -strom
gilt
Z D U=I D 156 V=2 A D 78 :
U D U ej'u ; (1.78)
I D I ej'i : (1.79) Blindwiderstand (Gl. 10 in Abb. 1.48)
Wird die komplexe Spannung U durch den kom- p
plexen Strom I dividiert, dann ergibt sich nach XD Z 2 R2
p
dem Ohm’schen Gesetz der komplexe Wider- D .78 /2 .30 /2 D 72 :
stand Z zu
Z D U =I D .U=I / ej.'u 'i / : (1.80) Phasenwinkel (Gl. 14 in Abb. 1.48)
Der komplexe Leitwert Y ist der Kehrwert des tan ' D X=R D 72 =30 D 2;4 oder
komplexen Widerstandes Z, so dass sich ergibt
' D 1;176 ; d. h. 67;38ı :
j.'i 'u /
Y D I =U D .I =U / e : (1.81)
Der komplexe Widerstand Z lautet somit
In Abb. 1.48 sind die zugehörigen Zeigerdia-
nach Gl. 5 in Abb. 1.48
gramme dargestellt und die Schein-, Wirk- und
Blindanteile des komplexen Widerstandes Z ı
bzw. des komplexen Leitwerts Y zusammenge- Z D 78 ej1;176 D 78 ej67;38
stellt und die Gleichungen zur Berechnung des D R C jX D .30 C j72/ :
Absolutbetrags des Zeigers und des Phasenwin-
kels zu finden. b) Komplexer Leitwert
Wie aus Abb. 1.48 zu erkennen ist und Gl. 1.90 Scheinleitwert (Gl. 7) in Abb. 1.48)
im Vergleich mit Gl. 1.91 zeigt, ist der Phasen-
winkel des komplexen Leitwerts Y gleich dem ı
Y D 1=Z D 1=78 ej67,38 1
negativen Phasenwinkel des komplexen Wider-
stands Z. Oft werden komplexe Widerstände und D .0;00493 j0;01183/ 1
komplexe Leitwerte in ein gemeinsames Dia- 1 1
Y D D D 0;01182 1 :
gramm eingezeichnet. In diesen Fällen wird statt Z 78
48 E. Hering und R. Martin
Abb. 1.48 Ohm’sches Gesetz im Wechselstromkreis: komplexer Widerstand Z und komplexer Leitwert Y
1 Grundlagen der Elektrotechnik 49
b) Kapazität C Nach Gl. 6 in Abb. 1.49 komplexe Widerstand für die Reihenschaltung
gilt für den Betrag des Blindwiderstan- und b) der komplexe Leitwert für die Paral-
des jXC j: lelschaltung und die Teilströme IR , IL und IC
(für die Schaltung R-L-C ) bei einer Spannung
jXC j D 1=.! C / von U D 230 V.
D 1=.100 s1 8 106 F/
Lösung:
D 397;9 : a) Reihenschaltung
R-L-Schaltung: Nach Gl. 1 in Abb.
Somit beträgt der komplexe Widerstand 1.50 ist
ı
Z C D j 397;9 D 397;9 ej90 : XL D !L D 100 s1 2;5 H
D 785;4 :
1.6.3.4 Reihen- und Parallelschaltung
Abbildung 1.50 zeigt die Zusammenhänge bei Es gilt Gl. 4 in Abb. 1.50
einer Reihenschaltung der drei Bauelemente Wi-
derstand (R), Induktivität (L) und Kapazität (C ). Z RL D 1500 C j 785;4 ;
Da bei einer Reihenschaltung der Strom I p
ZRL D .1500 /2 C .785;4 /2
konstant bleibt, addieren sich nach der Maschen-
regel die komplexen Spannungen. In der zweiten D 1693 ;
Zeile sind die zugehörigen Zeigerdiagramme für tan ' D 785;4 =1500 I
die Spannungen und die Widerstände zu sehen, in ' D 27;6ı :
der dritten Zeile von Abb. 1.50 die Maschenregel.
Anschließend werden die allgemeinen Formeln R-C -Schaltung:
zur Bestimmung des komplexen Widerstandes Z Nach Gl. 2 in Abb. 1.50 ist
aufgeführt und in der fünften Zeile der spezielle
komplexe Gesamtwiderstand durch Addition der XC D 1=.! C / D 636;6 :
komplexen Einzelwiderstände errechnet. In der
letzten Zeile werden für ein RLC-Glied die Glei- Es gilt nach Gl. 7 in Abb. 1.50
chungen für die Reihenresonanz aufgeführt.
In Abb. 1.51 sind die Zusammenhänge bei der Z RC D 1500 j636;6 ;
p
Parallelschaltung aufgeführt. ZRC D .1500 /2 C .636;6 /2
Im Gegensatz zur Reihenschaltung bleibt bei
D 1630 ;
der Parallelschaltung die komplexe Spannung U
konstant. Deshalb addieren sich nach der Knoten- tan ' D 636;6 =1500 I
regel die Teilströme und die Teilleitwerte. Auch ' D 23ı :
in diesem Bild sind die allgemeinen Gleichungen
zur Bestimmung von komplexen Leitwerten auf- R-L-C -Schaltung:
geführt und die speziellen Leitwertgleichungen Es ist XL D 785;4 ; XC D 636;6 ;
für die verschiedenen Schaltungen. Ist IC D IL , R D 1500
dann liegt Parallelresonanz vor.
ZRLC D 1500 C j.785;4 636;6 /
Beispiel 1.6-3 D 1500 C j148;8 ;
p
In einem Wechselstromkreis von f D 50 Hz ZRLC D .1500 /2 C .148;8 /2
sind folgende Bauelemente gegeben: Wider-
D 1507 ;
stand R D 1;5 k, Induktivität L D 2;5 H
und die Kapazität C D 5 F. Wie groß ist tan ' D 148;8 =1500 I
für ein R-L-, R-C - und R-L-C -Glied a) der ' D 5;66ı :
52
E. Hering und R. Martin
b) Parallelschaltung I C D U Y C D U j! C D j 0;3613 A :
R-L-Schaltung: Nach Gl. 4 in
Der Gesamtstrom I ges errechnet sich
Abb. 1.51 ist
aus:
Y RL D 1=R j=!L
I ges D I R C I L C I C I
D 6;67 104 1 j 1;27 103 1 ;
p I ges D 0;1533 A
YRL D .1=1500 /2 C .1;27 103 1 /2 j 0,293 A C j 0,3613 A
D 1;44 103 1 D 1;44 mS D 0;153 A C j 0;0684 AI
tan ' D R=!L D 1;91 I Iges D 168 mA; ' D 24;1ı :
ı
' D 62;3 :
R-C -Schaltung: 1.6.3.5 Äquivalente Umwandlungen
Bei gleicher Frequenz f (bzw. Kreisfrequenz !)
Y RC D 1=R C j! C lässt sich jede Reihenschaltung von komplexen
D 6;67 104 1 C j1;57 103 1 Widerständen in eine äquivalente Parallelschal-
p tung verwandeln und umgekehrt. In Abb. 1.52a ist
YRC D .1=1500/2 C .1;57 103 3 /2
die Reihenschaltung (Index r) und in Abb. 1.52b
D 1;71 103 1 D 1;71 mS : die Parallelschaltung (Index p) zu sehen.
Nach Gl. 9 in Abb. 1.51 ist
Parallelschaltung und äquivalente
tan ' D ! CR D 2;356 I Reihenschaltung
' D 67ı : Da der komplexe Widerstand der Reihenschal-
R-L-C -Schaltung: tung Z r gleich dem komplexen Widerstand der
Nach Gl. 2 in Abb. 1.51 ist: Parallelschaltung Z p sein muss, gilt Z r D Z p
oder
Y RLC D 1=R C j .! C 1=.!L// Rp j Xp
Rr C j Xr D :
D 1=1500 1 Rp C j Xp
C j.1;57 103 1 1;27 103 1 / Um den Nenner in eine reelle Größe zu überfüh-
ren, wird der Bruch auf der rechten Seite mit der
D 6;67 104 1 C j 2;98 104 1 : konjugiert-komplexen Zahl (Rp j Xp ) erweitert:
p
YRLC D .1=1500 1/2 C .2;98 104 1 /2 Rp j Xp .Rp j Xp /
Rr C j Xr D
D 0;730 103 1 D 0;73 mS .Rp j Xp /.Rp j Xp /
tan ' D R.1=.! L/ ! C / I Rp Xp2 C j Rp2 Xp
ı D :
' D 24;1 : Rp2 C Xp2
Für die Stromstärken gilt: Werden die Realteile und die Imaginärteile
I R D U =R D 0;153 A I gleichgesetzt, so ergibt sich:
I L D U Y L D jU=.! L/ Rp Xp2
Rr D ; (1.82)
D j 0;293 A : Rp2 Xp2
1 Grundlagen der Elektrotechnik 55
Rp2 Xp
Xr D : (1.83)
Rp2 Xp2
Rr Xr 1 1 Z 2 D R2 C j!L2 D 18 C j 125;7
j 2 D j : ı (1.86b)
Rr2 C Xr
2 Rr C Xr
2 Rp Xp D 127 ej 81:8 :
Aus dem Vergleich der Real- mit den Imaginär- Die Teilströme ergeben sich zu
teilen erhält man
Rr2 C Xr2 U 12 ej 0 V
Rp D ; (1.84) I1 D D
Rr Z1 64;2 ej 82;8ı
ı
R2 C Xr2 D 0;187 ej 82;8
Xp D r : (1.85)
Xr D 0;0233 A C j 0;186 A :
U 12 ej 0 V ı
1.6.3.6 Zusammengesetzte Schaltungen I2 D D j 81;8ı D 0;0944 ej 81;8
An ein paar Beispielen soll gezeigt werden, wie Z2 127 e
einfach mit zusammengesetzten Schaltungen ge- D 0;0134 A j 0;0934 A :
rechnet werden kann, wenn die komplexen Wi- (1.86c)
derstände Z verwendet werden. Der Gesamtstrom I ges errechnet sich aus der
Addition der Teilströme:
Gemischte Parallelschaltung
I ges D I 1 C I 2 D 0;0367 A C j 0;0920A
Beispiel 1.6-4 ı
D 0;0991 A ej68;2 :
Gegeben ist die Schaltung nach Abb. 1.53. Ge-
(1.86d)
sucht sind die Teilstromstärken I1 und I2 , die
Da die Bezugsgröße U D 12 ej0 V war, eilt der
gesamte Stromstärke Iges sowie der komplexe
Strom um 68,2ı der Spannung voraus.
Scheinwiderstand Z und die Phasenverschie-
Für den komplexen Gesamtwiderstand er-
bung '.
gibt sich
12 ej 0 12 ej0
U2 D ı D ;
1 C 1;252 ej4;47 2;25 j0;098
ı
U 2 D 5;33 ej 2;5 V :
3 j41;5ı ZT
D 12;0 10 e 2
bk D y.t/ sin .k ! t/ dt (1.90)
T
0
und Y2 nach Gl. 1.132 in Abb. 1.51
.für k D 1; 2; 3; : : :/ :
Y 2 D .1=12:000/ 1 C j6;283 105 1 Häufig werden die Amplituden der Schwin-
ı
D 1;044 104 ej37;02 1 : gungsbeiträge, d. h. die Fourier-Koeffizienten, im
1 Grundlagen der Elektrotechnik 57
Nach Gl. 1.88 bis Gl. 1.90 ergeben sich die Fou- die Anzahl der Spektrallinien bis zur Nullstelle
rierkoeffizienten für eine symmetrische Funktion aus dem Kehrwert des Tastverhältnisses ergibt.
zu Die Impulsform (z. B. Rechteck- oder Dreieckim-
puls) ist erst an den später folgenden Amplituden
CT1=2
Z erkennbar.
2yO 2T1
a0 D dt D yO I In Abb. 1.58 sind am Beispiel periodischer
T T
T1=2 Rechteckimpulse (T D 1 ms) die Funktionen
58 E. Hering und R. Martin
Abb. 1.58 Impulsfolge und Linienspektrum eines Rechteckimpulses mit unterschiedlichen Tastverhältnissen: a Tast-
verhältnis ˛ D 1=2, b Tastverhältnis ˛ D 1=5, c Tastverhältnis ˛ D 1=10
cke oder eines Filters, können oft Unterschiede b) Nach Gl. 1.93 ist:
von mehreren Zehnerpotenzen aufweisen. Die-
ser große Dynamikbereich wird vorteilhafter- 12 V
a D 20 log D 4;4 dB
weise durch ein logarithmisches Verhältnis zwi- 20 V
schen Eingangsleistung P1 und Ausgangsleistung
d. h. es liegt eine Verstärkung um 4,4 dB
P2 .log.P1 =P2 // angegeben, das Dämpfung a ge-
vor.
nannt wird. Obwohl es sich um Verhältnisgrößen
Wird der Eingangswert auf eine Bezugs-
handelt, die eigentlich keine Einheit besitzen, ist
größe bezogen, dann bezeichnet man die
es üblich, die Dämpfung a in dB (Dezibel) anzu-
Dämpfung als Pegel L. Häufig werden die
geben (Bel, nach A. G. B ELL, 1847 bis 1922), so
Leistungen am Anfang oder am Ende einer
dass gilt:
Übertragungsstrecke nicht in absoluten Leis-
P1 tungsgrößen angegeben, sondern auf 1 mW
a D 10 log dB : (1.92) bezogen. An die Einheit dB wird ein m ange-
P2
fügt, und es steht dBm. Statt 500 mW wird in
Ist der Eingangs- und der Ausgangswiderstand diesem Fall angegeben:
gleich groß (z. B. bei vollkommener Leistungs-
anpassung), dann gilt P D U 2 =R und man erhält 500 mW
L D 10 log dB m D 27 dB m :
für die Dämpfung der Spannungen: 1 mW
2
U1 R2 Die professionelle Hochfrequenztechnik ar-
a D 10 log ;
R1 U22 beitet mit R D 50 . Der Pegel L für die
Leistung 1 mW ist
da R1 D R2 D R ist, gilt auch
2 2 L D 10 log.1 mW=1 mW/ dB m D 0 dB m :
U1 U1
a D 10 log 2
D 10 log oder
U2 U2 Soll die Spannung berechnet werden, dann
2
U1 muss der Abschlusswiderstand bekannt sein.
a D 20 log dB : (1.93)
p gilt P D U0 =R, aus dem folgt U0 D
2
U2 Es
P R.
Bei einer Dämpfung ist die Ausgangsspan- In der Fernsprechtechnik bei niedrigen Fre-
nung U2 kleiner als die Eingangsspannung U1 , quenzen sind die Speise-, Leitungs- und Ab-
weshalb das Verhältnis U1 =U2 > 1 und der Lo- schlusswiderstände R D 600 .
garithmus positiv ist. Bei einer Verstärkung ergibt Damit wird für die Fernsprechtechnik:
sich ein negativer Dämpfungswert (U1 =U2 < 1). 0 dB an 600 ergibt
Häufig wird auch a D 10 log.P2 =P1 / dB ange-
p
geben. In diesem Fall ist die Verstärkung positiv U0 D 1 mW 600 D 775 mV I
und die Dämpfung negativ.
für die Hochfrequenztechnik gilt:
Beispiel 1.6-6 0 dB an 50 ergibt
An einer Schaltung liegen als Eingangsspan- p
nung U1 D 12 V. a) Berechnet werden soll die U0 D 1 mW 50 D 224 mV :
Dämpfung a für eine Ausgangsspannung von
U2 D 8 V und b) für eine Ausgangsspannung In der Hochfrequenztechnik sind die Begriffe
U2 D 20 V. Leistungspegel LP bzw. Spannungspegel LU
gebräuchlich, wobei gilt
Lösung:
a) Für die Dämpfung a gilt nach Gl. 1.93: P
LP D 10 log mit
P0
12 V
a D 20 log D 3;5 dB: P0 D 1 mW
8V
1 Grundlagen der Elektrotechnik 61
und
U
LU D 20 log mit
U0
U0 D 0;0224 V :
ist aber gut zu erkennen (Abb. 1.60b). Ist das so ist ein sehr steiles Filter (nahe einem idealen
Abtastintervall zu groß, dann überlappen die Am- Tiefpassfilter) zur Trennung des Ausgangsspek-
plitudensignale und die Ausgangskurve ist nicht trums notwendig. Für Abb. 1.60b braucht we-
eindeutig zu bestimmen. In diesem Fall entstehen gen der Lücken im Spektrum das Tiefpassfilter
Aliasing-Effekte, bei denen statt der tatsächlich nicht so steil zu sein und kann deshalb einfa-
vorhandenen höheren Frequenz fälschlicherweise cher ausgeführt werden. Dies wird beispielsweise
eine niedrigere gemessen wird. Werden diese Si- bei CD-Spielern ausgenutzt, bei denen die In-
gnale digitalisiert, so entstehen Fehler, die nicht formationen mehrfach abgetastet werden (engl.:
mehr zu erkennen und damit nicht mehr zu korri- oversampling) und somit teilweise große Lücken
gieren sind. im Amplitudenspektrum entstehen.
Um die periodischen Anteile des Signals her- Die strikte Beachtung des Abtasttheorems ist
auszufiltern, muss ein Tiefpassfilter nachgeschal- besonders wichtig beim Einsatz von Analog-
tet werden. Wie in den Abb. 1.60a und b rot ein- Digital-Wandlern (Abschn. 10) und bei der Ver-
gezeichnet, ist damit die eindeutige Rückgewin- wendung von digitalen Messgeräten. Gerade
nung des Ausgangssignals möglich. Die Steilheit bei Messgeräten ist der Zusammenhang zwi-
des Tiefpassfilters ist dabei von der Lücke zwi- schen Einschwingzeit tE (entspricht der Abtast-
schen den beiden Amplituden abhängig. Wird zeit tTast D 1=fTast ) und Grenzfrequenz fgrenz zu
das Abtasttheorem gerade erfüllt (Abb. 1.60a), beachten, der sich nach dem Shannon’schen Ab-
1 Grundlagen der Elektrotechnik 63
tasttheorem (Gl. 1.95) folgendermaßen bestimmt: a) Berechnen Sie den komplexen Widerstand ei-
ner Reihenschaltung aus R L, R C und
1
tE D : (1.96) R L C.
2fgrenz b) Berechnen Sie den komplexen Widerstand ei-
Ein abtastendes Messgerät muss den Wert zwi- ner Parallelschaltung aus R L, R C und
schen zwei Messzeitpunkten aufnehmen, verar- R L C.
beiten und weiterleiten oder speichern.
Ü 1-6-3 Gegeben sind zwei komplexe Wider-
Beispiel 1.6-8 stände. Z 1 ist eine Reihenschaltung aus 1000
Das Telefonnetz besitzt eine Bandbreite von und 6 µF, Z 2 ist eine Reihenschaltung aus 500
B D 3;4 kHz. Wie groß darf das Abtastinter- und 0,6 H. Beide werden aus 230 V und 50 Hz
vall bei der Umwandlung in digitale Signale gespeist. Gesucht sind die komplexen Widerstän-
höchstens sein? de der Zweige Z 1 und Z 2 , die Teilströme I1
und I2 , der gesamte Strom Iges und die Phasen-
Lösung: verschiebung ' zwischen Speisespannung und
Nach dem Shannon’schen Abtasttheorem Gesamtstrom.
(s. Gl. 1.95) gilt T D 1=.2 3400 Hz/ D
147 s. Ü 1-6-4 Eine Antennenanlage besitzt einen
Die Tastzeit muss also mindestens 147 µs Quellwiderstand von 75 und gibt eine Span-
betragen. In Wirklichkeit wird alle 125 µs ab- nung UA D 600 V ab. Die gesamte Leitung
getastet. weist eine Dämpfung von aLeit D 8 dB auf, der
Verteiler von aV D 5 dB und die Weiche von
aW D 12 dB. Der eingebaute Verstärker hat ei-
1.6.7 Übung ne 30fache Spannungsverstärkung . Wie groß ist
die gesamte Dämpfung ages , die Eingangsleistung
Ü 1-6-1 Eine Wechselspannungsquelle mit f D
Pein und die Ausgangsleistung Paus ?
50 Hz und U D 160 V speist eine Reihenschal-
tung aus einem Kondensator C D 50 F und
einer verlustbehafteten Spule, deren reiner Blind- Ü 1-6-5 CD-Spieler sind in der Lage, Frequen-
widerstand hier j60 beträgt. In diesem Kreis zen bis zu 20 kHz zu übertragen.
fließen 1,2 A. a) Welches ist die minimale Abtastfrequenz
a) Wie groß ist der ohmsche Widerstand der nach Shannon?
Spule? b) Was versteht man unter einem „8fach-
b) Wie groß ist der komplexe Widerstand der Oversampling“?
Gesamtschaltung? c) Welche Abtastfrequenz hat ein solcher CD-
c) Wie groß ist der Phasenwinkel zwischen Spieler?
Strom und Spannung? d) Welchen Vorteil hat das Oversampling?
d) Berechnen Sie den komplexen Leitwert und
die Werte für Wirk-, Blind- und Scheinleit-
wert. 1.7 Bezeichnung und Messung
elektrischer Größen
Ü 1-6-2 Folgende Bauteile sind vorhanden: Ein
Widerstand mit R D 500 , eine ideale Induk- 1.7.1 Bezeichnung elektrischer Größen
tivität mit L D 4;6 H (widerstandslos) und ein
Kondensator mit 2,5 µF. Sie werden bei f D Bei der Beschreibung und Berechnung elektri-
50 Hz betrieben. scher Schaltkreise werden häufig Teilgrößen der
64 E. Hering und R. Martin
1.8 Grundlagen der Halbleiterphysik mal so groß ist, wie die Zahl der Gitteratome,
können nach dem Schema von Tab. 1.5 Elemente
Die Eigenschaften der Halbleiterbauelemente aus verschiedenen Gruppen des Periodensystems
sind eng verknüpft mit den physikalischen Eigen- kombiniert werden. Die meisten Verbindungs-
schaften der Halbleitermaterialien. Zum besseren halbleiter kristallisieren in der Zinkblendestruk-
Verständnis der entsprechenden Abschnitte wer- tur, die aussieht wie die Diamantstruktur von
den deshalb einige fundamentale Gesetzmäßig- Abb. 1.64, wobei aber beispielsweise beim GaAs
keiten der Physik der Halbleiter vorangestellt. jedes Ga-Atom von vier As-Atomen umgeben
ist, umgekehrt auch jedes As-Atom von vier
Ga-Atomen. Der Halbleiter GaAs erlangt zuneh-
1.8.1 Materialien mende Bedeutung, weil er eine wesentlich höhere
Ladungsträgerbeweglichkeit aufweist als Si, so
Halbleiter sind Festkörper, deren spezifischer dass daraus sehr schnelle Bauelemente gefertigt
elektrischer Widerstand stark temperaturabhängig werden können.
ist. In der Nähe des absoluten Temperaturnull-
punkts sind sie perfekte Isolatoren; bei höheren
Temperaturen (z. B. bei Raumtemperatur) weisen 1.8.2 Energiebänder
sie eine elektrische Leitfähigkeit auf. Der spe-
zifische Widerstand der Halbleiter liegt etwa im Die Quantenmechanik lehrt, dass in isolierten
Bereich 103 cm bis 109 cm. Atomen die Elektronen um die Atomkerne eine
Die Elemente Silicium, Germanium und grau- Aufenthaltswahrscheinlichkeit haben, die durch
es Zinn (˛-Sn) aus der IV. Gruppe des Perioden- stehende Wellen beschrieben wird. Die Wellen-
systems werden als Elementhalbleiter bezeich- funktionen n dieser Materiewellen und die da-
net. Aufgrund seiner physikalischen Eigenschaf- mit verknüpften Energien En ergeben sich durch
ten und der guten technologischen Verarbeitbar- Lösung der Schrödingergleichung. Es zeigt sich,
keit ist Si mit Abstand der wichtigste Halbleiter dass die Elektronen nur diskrete Energiezustän-
überhaupt. Die Atome der Elementhalbleiter ha- de einnehmen können, die auf einer Energieleiter
ben vier Valenzelektronen, die mit jeweils vier angeordnet sind (Abb. 1.65).
nächsten Nachbarn Elektronenbrücken bilden In einem Festkörper sind sehr viele Elektronen
(kovalente Bindung). Räumlich ordnen sich da- miteinander in Wechselwirkung, was dazu führt,
her die Atome so an, wie es das Modell von dass die erlaubten Energieniveaus zu Bändern
Abb. 1.64 zeigt: Jedes Atom sitzt im Zentrum verbreitert werden, die durch verbotene Zonen
eines Tetraeders, an dessen vier Ecken die nächs- getrennt sind. Der Übergang vom Einzelatom
ten Nachbarn angeordnet sind. Kristallographisch zum Festkörper ist in Abb. 1.65 schematisch dar-
wird diese sogen. Diamantstruktur auch als ku- gestellt.
bisch flächenzentriertes Gitter beschrieben. Bei den Halbleitern sind nun alle energetisch
Abbildung 1.64 zeigt einen Würfel als Ele- tief liegenden Bänder, die sogen. Valenzbänder,
mentarzelle, an dessen Ecken und Flächenmitten mit Elektronen gefüllt. Das oberste vollständig
jeweils ein Atom sitzt. Zu jedem dieser Atome gefüllte Valenzband ist durch eine Energielücke
gehört ein zweites, das in Richtung der Raum- der Breite Eg (vom engl. energy gap) von höher
diagonale des Würfels um ein Viertel derselben liegenden leeren Bändern, die als Leitungsbän-
verschoben ist. Die wichtigsten Raumrichtungen der bezeichnet werden, getrennt. Abbildung 1.66
im Kristall, die durch Millersche Indizes [h k l] zeigt das Bändermodell mit dem obersten Va-
bezeichnet werden, sind ebenfalls eingezeichnet. lenzband (VB), der verbotenen Zone und dem
Zunehmende Bedeutung erlangen die Verbin- untersten leeren Leitungsband (LB).
dungshalbleiter, die erstmals von W ELKER sys- Das Gittermodell ist vereinfacht so gezeich-
tematisch untersucht wurden. Unter der Voraus- net, dass jedes Si-Atom in der Zeichenebene
setzung, dass die Zahl der Valenzelektronen vier vier nächste Nachbarn hat. Elektronen im Va-
66
E. Hering und R. Martin
Abb. 1.64 Kristallgitter von Diamant und Zinkblende. a kubisch flächenzentriertes Gitter, b tetraedrische Struktur der
vier nächsten Nachbarn
1.8.3 Ladungsträgerkonzentration
1.8.3.1 Eigenleitung
In einem reinen Halbleiter (engl.: intrinsic se-
miconductor) beruht die elektrische Leitfähig-
keit auf der Bewegung von Elektronen, die un-
ter Energieaufwendung über die Bandlücke weg
vom Valenzband ins Leitungsband gehoben wur-
den (Abb. 1.66). Jedes Elektron, das aus dem
Abb. 1.67 Variation des Bandabstandes mit der Tempera-
Valenz- ins Leitungsband gehoben wird, hin-
tur für Ge, Si und GaAs terlässt in der Elektronenverteilung des Valenz-
bandes eine Lücke. Diese Defektelektronen oder
Löcher verhalten sich im See der negativen Elek-
Die Breite des Bandabstandes Eg ist von der
tronen wie positive Teilchen. Wird an den Kristall
Temperatur abhängig. Bei den meisten Halblei-
eine elektrische Spannung angelegt, dann fließen
tern nimmt Eg mit steigender Temperatur ab. Der
die Elektronen zur Anode. Gebundene Elektro-
Zusammenhang für die Halbleiter Ge, Si und
nen in der Nachbarschaft von Löchern können
GaAs ist in Abb. 1.67 dargestellt.
durch Platzwechsel in ein Loch springen; da-
Die Abhängigkeit des Bandgaps von der Tem-
durch wandert das Loch in Richtung Kathode.
peratur wirkt sich auf viele Eigenschaften von
Der Strom in einem Halbleiter lässt sich daher
Halbleiterbauelementen aus. Tabelle 1.6 zeigt
als Summe aus einem Elektronenstrom und ei-
eine Zusammenstellung des Bandabstandes Eg
nem Löcherstrom darstellen:
und des Temperaturkoeffizienten dEg =dT einiger
Halbleiter. I D In C Ip : (1.97)
Tab. 1.6 Bandabstand Eg und Temperaturkoeffizient Dabei fließen die Löcher in der technischen
dEg =dT für einige Halbleiter bei T D 300 K Stromrichtung (von C nach ), die Elektronen
Halbleiter Eg (eV) dEg /dT entgegengesetzt. Da freie Elektronen (Elektronen
(104 eV=K) im Leitungsband) und Löcher immer paarweise
Si 1,11 –2,7 erzeugt werden, gilt für die Dichten n und p der
Ge 0,66 –3,7 Elektronen und Löcher
GaAs 1,43 –3,9
GaP 2,27 –5,2 n D p: (1.98)
GaSb 0,70 –3,7
InAs 0,356 –3,5 Die Berechnung der Ladungsträgerkonzentratio-
InP 1,34 –2,9 nen n und p geschieht mithilfe der Fermi-Dirac-
InSb 0,18 –2,8 Statistik. Danach ist die Wahrscheinlichkeit für
CdO 1,3 –4,2
die Besetzung eines Energieniveaus E durch ein
CdS 2,5 4,1
Elektron gegeben durch die Fermi-Funktion
CdSe 1,75 3,6
ZnS 3,56 –5 h i
EEF 1
ZnTe 2,3 –4,5 f .E/ D 1 C e k T :
70 E. Hering und R. Martin
gerdichte klein. Bei den Halbleitern Si und GaAs Tab. 1.8 Ionisierungsenergien ED von Donatoren und EA
sind die Dichten ni so klein, dass sie praktisch gar von Akzeptoren in Silicium und Germanium
nicht verifizierbar sind. Das kommt daher, dass Störstelle Ionisierungsenergie
diese Substanzen nicht mit genügender Reinheit ED bzw. EA in meV
Silicium Germanium
hergestellt werden können. Wenn nämlich der
Donatoren
Kristall (absichtlich oder unabsichtlich) Fremd-
P 46 12,76
stoffe enthält. dann wird die Ladungsträgerkon-
As 54 14,04
zentration durch die Verunreinigungskonzentra- Sb 43 10,19
tion bestimmt, die in diesen Substanzen immer Akzeptoren
höher ist als ni . Von den drei in Tab. 1.7 aufge- B 45 10,4
listeten Halbleitern ist lediglich Ge in der genü- Al 69 10,2
genden Reinheit darstellbar, so dass dort ni auch Ga 73 10,8
tatsächlich gemessen werden kann (z. B. mit Hil- In 155 11
fe des Hall-Effekts).
Die genaue Lage der Fermi-Energie folgt aus
den Gl. 1.99 und 1.100 zu
in Tab. 1.8 für die Halbleiter Silicium und Germa-
p nium zusammengestellt. Aus den Zahlenwerten
EF D EV C Eg =2 k T ln NL =NV : (1.103)
ist ersichtlich, dass bereits bei Raumtempera-
tur praktisch alle Störstellen ionisiert sind. Die
Sie liegt demnach bei T D 0 K exakt in der Mitte
Dichte der Elektronen im Leitungsband nimmt
der verbotenen Zone. Bei endlicher Temperatur
dadurch sehr viel größere Werte an als ni beim
entfernt sie sich geringfügig von der Zonenmit-
Eigenleiter. Gleichzeitig geht dafür die Dichte der
te. Beispielsweise liegt sie im Germanium bei
freien Löcher im Valenzband zurück, denn nach
T D 300 K um E D 0;0138 eV unterhalb. Ei-
Gl. 1.101 gilt für jeden Halbleiter, unabhängig
ne genaue Kenntnis der Lage des Fermi-Niveaus
von der Dotierung:
ist deshalb wichtig, weil es in einem Halbleiter-
Bauelement im thermodynamischen Gleichge-
wicht überall auf gleicher Höhe sein muss. n p D n2i : (1.104)
Aus den beiden Gl. 1.104 und 1.105 folgt für die
Dichte der freien Elektronen und Löcher:
r
nD nD 2
nD C C n2i ;
2 2 (1.106)
p D n2i =n :
Die Abhängigkeit der Elektronen- und Löcher-
dichte von der Donatorenkonzentration ist in
Abb. 1.71 dargestellt. Für nD ni (was zumin-
dest bei Si und GaAs immer erfüllt ist) gilt die
praktische Näherung
1.8.4 Beweglichkeit
vd D E : (1.112)
Lösung:
Nach Tab. 1.7 ist ni D 2;33 1013 cm3 und
n C p D 5800 cm2 =.Vs/. Damit ergibt sich
D 0;0217 1 cm1 und D 46 cm.
Da der ohmsche Widerstand R zum spezi-
fischen Widerstand proportional ist, ergibt
sich unter Verwendung von Gl. 1.102 für den
Widerstand eines Halbleiters näherungsweise
eine exponentielle Abhängigkeit von der Tem-
peratur:
Abb. 1.75 Driftgeschwindigkeit von Elektronen Der Widerstand hat einen negativen Tempera-
(schwarz) und Löchern (rot) in Si, Ge und GaAs in turkoeffizienten, weshalb Halbleiter auch als
Abhängigkeit von der Feldstärke bei T D 300 K (nach
Jacobini et al., Smith et al., Ruch und Kino) NTC-Widerstände bezeichnet werden.
Bei dotierten Halbleitern hängt nach
Gl. 1.114 die Leitfähigkeit vorwiegend von
ke. Die Sättigungsdriftgeschwindigkeit liegt in der Konzentration der Majoritätsträger ab.
der Größenordnung von vd;sat 107 cm=s. Beispielsweise ist in n-Silicium mit einer Do-
natorenkonzentration von nD D 1016 cm3
bei Raumtemperatur die Elektronendichte
1.8.5 Leitfähigkeit n 1016 cm3 . Die Löcherdichte ist ledig-
lich p n2i =nD D 104 cm3 . Damit wird die
Die elektrische Leitfähigkeit eines Halbleiters Leitfähigkeit
hängt ab von der Dichte der freien Ladungsträger
und von ihrer Beweglichkeit. Nach Gl. 1.97 setzt D 1= D enD n : (1.118)
sich der Gesamtstrom in einem Halbleiter aus
dem Elektronen- und Löcherstrom zusammen. Im p-Material gilt entsprechend
Entsprechend besteht die elektrische Leitfähig-
keit aus einem Elektronen- und einem Löcheran- D 1= D enA p : (1.119)
teil:
D e.nn C pp / : (1.114)
Für den spezifischen Widerstand gilt damit:
Beispiel 1.8.2
1 1 Wie groß ist der spezifische Widerstand von
D D : (1.115) n-Silicium bei einer Donatorenkonzentration
e.nn C pp /
von nD D 4 1016 cm3 bei Raumtemperatur?
Bei einem Eigenleiter ist n D p D ni und damit
Lösung:
1 Nach Abb. 1.74 ist die Beweglichkeit n
D D eni .n C p / : (1.116)
103 cm2 =.Vs/. Damit wird nach Gl. 1.118 der
spezifische Widerstand D 0;156 cm.
Beispiel 1.8.1 Vernachlässigt man in erster Näherung die
Wie groß sind die elektrische Leitfähigkeit Abhängigkeit der Beweglichkeit von der Stör-
und der spezifische Widerstand von reinem stellenkonzentration, so folgt aus Gl. 1.118
Germanium bei Raumtemperatur? und 1.119, dass der spezifische Widerstand
1 Grundlagen der Elektrotechnik 77
1.8.6.1 Zeitverhalten
Ist die Konzentration der Elektronen im ther-
modynamischen Gleichgewicht n0 und wird bei-
Abb. 1.76 Spezifischer Widerstand von Ge, Si und GaAs spielsweise durch Bestrahlung die Konzentration
bei T D 300 K in Abhängigkeit von der Dotierungskon-
zentration (nach Cuttriss, Irvin, Sze und Irvin). Die rote auf n vergrößert, dann gilt für die Überschuss-
Gerade gibt den theoretischen Verlauf nach Gl. 1.120 wie- dichte n D n n0 .
der Die zeitliche Änderung der Überschussdich-
te wird bestimmt durch eine Generationsrate gn ,
die angibt, wie viele neue Ladungsträger pro s
reziprok von der Dotierungskonzentration ab- und pro cm3 erzeugt werden sowie durch ei-
hängt: ne Rekombinationsrate rn , die angibt, wie viele
Ladungsträger pro s und pro cm3 durch Rekom-
1 1
bzw. : (1.120) bination verschwinden. Bei der Generation neuer
nD nA Träger durch Bestrahlung ist die Generationsrate
für Elektronen und Löcher dieselbe, da jedes ab-
Abbildung 1.76 zeigt Messwerte für diesen
sorbierte Photon ein Elektron-Loch-Paar erzeugt
Verlauf. Offensichtlich folgen die Kurven bei
(Abschn. 6.5.1). Im Bänderschema entspricht die
kleiner Störstellenkonzentration dem obigen
Generation einem Anheben eines Elektrons vom
Zusammenhang. Bei starker Dotierung ist der
Valenz- ins Leitungsband unter Energieaufwen-
spezifische Widerstand größer wegen der ab-
dung. Bei der Rekombination füllt ein freies
nehmenden Beweglichkeit.
Elektron auf seinem Weg durch den Kristall ein
Loch auf. Diese Restaurierung einer Kristallbin-
dung entspricht im Bänderschema dem Übergang
1.8.6 Ausgleichsvorgänge eines Elektrons vom Leitungs- ins Valenzband.
Die dabei frei werdende Energie wird in Form
Die Ladungsträgerkonzentrationen n und p der von Wärme oder als Lichtquant abgegeben (Ab-
freien Elektronen und Löcher in einem Halblei- schn. 6.3.1).
ter können räumlich und zeitlich variieren (z. B. Für die Änderung der Überschusskonzentrati-
infolge von Beleuchtung, räumlich veränderli- on n gilt damit folgende Ratengleichung:
cher Dotierung, Injektion von Ladungsträgern
über eine Grenzfläche). Wird beispielsweise ein d.n/
Halbleiter an einer Stelle beleuchtet, so entste- D g n rn : (1.121)
dt
hen dort Ladungsträger, die im thermodynami-
schen Gleichgewicht nicht vorhanden sind. Diese Bei schwacher Injektion (n p0 ) kann man
Störung des thermodynamischen Gleichgewichts davon ausgehen, dass die Rekombinationsrate
78 E. Hering und R. Martin
Abb. 1.79 Lösungen der Diffusionsgleichung 1.128 für aufeinander folgende Zeiten t . An der Oberfläche (x D 0)
wird für t
0 die konstante Konzentration ns eingestellt
1.8.7 pn-Übergang
ein elektrisches Feld und ein Potenzialgefälle Daraus folgt für die Breite des Übergangs
zwischen n- und p-Gebiet. Feldstärke E.x/ und
s
Potenzialverlauf '.x/ lassen sich durch Lösung 2"r "0 Ud nA C nD
der Poisson-Gleichung d D dn C dp D : (1.134)
e nA nD
d2 ' .x/
D Der Betrag der Diffusionsspannung kann aus
dx 2 "r "0
thermodynamischen Überlegungen berechnet
bestimmen. Eine erste Integration ergibt d'/dx D werden. Das Verhältnis der Elektronendich-
E.x/, also den Verlauf der elektrischen Feld- te im p-Gebiet np0 zu der im n-Gebiet nn0
stärke. Die Feldstärke hängt linear vom Ort x ab: wird bestimmt durch den Boltzmann-Faktor
(Boltzmann-Näherung der Fermi-Dirac-Vertei-
enA
E.x/ D .xp x/ für xp x x0 lung)
"r "0
np0 n2i
D D eeUd =.kT / :
und nn0 nA nD
enD Daraus folgt für die Diffusionsspannung
E.x/ D .x xn / für x0 x xn :
"r "0
kT nA nD
Die maximale Feldstärke an der Stelle x0 beträgt Ud D ln 2 : (1.135)
e ni
enD enA
Emax D E.x0 / D dn D dp : Die Größe kT =e D UT wird häufig als Tempe-
"r "0 "r "0
(1.132) raturspannung bezeichnet. Bei Raumtemperatur
Der Feldstärkeverlauf ist in Abb. 1.80e darge- (300 K) beträgt sie UT D 25;9 mV.
stellt.
Durch eine zweite Integration ergibt sich der Beispiel 1.8.3
parabolische Potenzialverlauf, der in Abb. 1.80f Für den in Abb. 1.80 dargestellten pn-
gezeigt ist: Übergang soll berechnet werden:
enA a) Diffusionsspannung Ud ,
'.x/ D .x xp /2 b) Breite d der Raumladungszone, sowie dn
2"r "0
und dp ,
für xp x x0
c) Maximale Feldstärke Emax .
und
enD Lösung:
'.x/ D .x xn /2 a) Nach Gl. 1.135 ist Ud D 0;75 V.
2"r "0
e b) Mit "r D 11;8 folgt aus Gl. 1.134 d D
C .d 2 nD C dp2 nA / 0;35 m und mit Gl. 1.131 dn D 0;070 m
2"r "0 n
sowie dp D 0;28 m.
für x0 x xn :
c) Aus Gl. 1.132 folgt Emax D 4;3106 V=m.
Die Potenzialdifferenz Ud D '.xn / '.xp / zwi-
schen n- und p-Gebiet wird als Diffusionsspan-
1.8.7.2 Strom-Spannungs-Kennlinie
nung bezeichnet (engl. built-in potential), weil sie
Die Verteilung der beweglichen Ladungsträger
infolge der Diffusion der beweglichen Ladungs-
und die Bandstruktur eines pn-Übergangs mit
träger entsteht. Für sie gilt:
und ohne angelegte Spannung sind in Abb. 1.81
e 1 dargestellt. Die linke Hälfte zeigt anschaulich
Ud D .dn2 nD Cdp2 nA / D Emax .dn Cdp / : die räumliche Verteilung der Ladungsträger. Da-
2"r "0 2
(1.133) bei stellen die Kreise die ortsfesten ionisierten
82 E. Hering und R. Martin
Die Überschussdichte pn D pn pn0 nimmt Auch dieser Strom ist näherungsweise durch
nach Gl. 1.129 exponentiell ins n-Gebiet hinein die ganze RLZ hindurch konstant. Die gesamte
ab: Stromdichte im pn-Übergang ist damit
Unter der Voraussetzung, dass die Raumladungs- Diese Ableitung der Strom-Spannungs-Kennlinie
zone dünn ist im Vergleich zur Diffusionslän- geht zurück auf W. S HOCKLEY (1910 bis 1989).
ge der Ladungsträger, fließt dieser Löcherstrom Abbildung 1.83 zeigt Darstellungen der Gl. 1.138
nicht nur am Rand der RLZ, sondern durch die wobei der Ordinatenmaßstab in Abb. 1.83a in pA,
ganze RLZ praktisch unverändert. Etwaige Re- in Abb. 1.83b in mA gewählt wurde. In beiden
kombinationen in der RLZ werden also vernach- Fällen ist IS D 1 pA. Abbildung 1.83b zeigt, dass
lässigt. bei Erreichen einer bestimmten Spannung, die
Analog zu den obigen Überlegungen ergibt in der Größenordnung der Diffusionsspannung
sich für den Elektronenstrom, der vom linken liegt und auch als Knick- oder Schleusenspan-
Rand der RLZ ins p-Gebiet fließt nung bezeichnet wird, ein starker Vorwärtsstrom
fließt. Der Sperrsättigungsstrom IS liegt in der
eDn Größenordnung von pA bei Silicium und µA bei
Jn .0/ D np0 .eeU=.kT / 1/ :
Ln Germanium.
84 E. Hering und R. Martin
10 4 I D IS eU=.mUT / 1
Einfluss der (1.140)
Rekombination IS eU=.mUT / ;
10 2 in der RLZ
10 0
wobei der Emissionskoeffizient folgende Wer-
te annimmt: 1 m 2.
0 0,2 0,4 0,6 0,8 U / V In Sperrrichtung ist der Strom höher als der
idealisierte Sättigungssperrstrom wegen stän-
Abb. 1.84 Typische Kennlinie einer Silicium-Diode (rot)
diger Generation neuer Ladungsträger in der
im Vergleich zur Kennlinie einer idealen Diode nach
Shockley. Aufgetragen ist der Strom I bezogen auf den ausgeräumten Raumladungszone. Bei großen
Sättigungssperrstrom IS auf einer logarithmischen Achse Spannungen in Rückwärtsrichtung kann es
gegen die Spannung U zu einem Durchbruch kommen. Das bedeu-
tet, dass ab einer bestimmten Sperrspannung,
der Durchbruchspannung, der Sperrstrom steil
Beispiel 1.8.4 ansteigt. Dies beruht zum einen auf dem
Wie groß ist die Sperrsättigungsstromdichte Zener-Effekt, wobei nach Abb. 1.85a infolge
einer Si-Diode mit nD D 4 1016 cm3 und der großen Feldstärke in der Raumladungs-
nA D 1 1016 cm3 ? zone Elektronen aus dem Valenzband des p-
Materials waagrecht über die verbotene Zo-
ne ins Leitungsband des n-Materials gezogen
Lösung: werden (tunneln). Der Zener-Effekt tritt be-
Mit den Daten von Tab. 1.10 und Gl. 1.139 vorzugt bei stark dotierten Dioden auf und
ergibt sich JS D 1;14 1011 A=cm2 . Ist die kann dort schon bei wenigen Volt Sperrspan-
Diodenfläche A D 1 mm2 , so ist der Sperrsät- nung einsetzen. Der zweite Mechanismus, der
tigungsstrom IS D 0;11 pA. zum Durchbruch führt, ist in Abb. 1.85b dar-
Die reale Kennlinie einer Diode weicht in gestellt. Ein Elektron bewegt sich bei großer
einigen Punkten, die in Abb. 1.84 dargestellt elektrischer Feldstärke so schnell, dass es bei
sind, von der idealen Shockley-Kennlinie nach einem Zusammenstoß mit dem Gitter einen
Gl. 1.138 ab. Bei kleinen Strömen ist die Re- Teil seiner Energie abgeben und ein neues frei-
kombination in der Raumladungszone und der es Elektron-Loch-Paar erzeugen kann. Diese
dadurch entstehende Beitrag zum Strom nicht Ladungsträger werden in gleicher Weise be-
mehr vernachlässigbar. Dadurch hängt hier der schleunigt und können ihrerseits neue freie
Strom proportional zu exp.eU=.2kT // von Paare schaffen, so dass der Strom lawinenartig
der Spannung ab. Bei großen Strömen wächst anwächst. Beide Effekte weisen eine gegen-
der Strom ebenfalls exp.eU=.2kT // weil läufige Temperaturabhängigkeit der Durch-
bei starker Injektion die Majoritätsträgerdichte bruchspannung Uz (Z-Spannung) auf. Bei Si-
ansteigt. Schließlich kann bei großen Strö- Dioden mit Uz D 5;6 V lässt sich die beste
men der Einfluss des Bahnwiderstandes nicht Temperaturkonstanz der Durchbruchspannung
mehr vernachlässigt werden. Von der ange- erzielen.
1 Grundlagen der Elektrotechnik 85
der Länge l D 10 mm fließt in Längsrichtung ein nung an, dass die Beweglichkeit sich nicht mit
elektrischer Strom. der Temperatur ändert.
a) Wie groß ist der Widerstand R des undo- b) Welche Temperatur herrscht in einem Kryo-
tierten Halbleiters bei der Temperatur T D staten, in dem der Widerstand des Sensors
250 K unter Berücksichtigung der Tempera- R D 15 M beträgt?
turabhängigkeit der Beweglichkeit? Die Tem-
peraturabhängigkeit des Bandabstandes soll Ü 1-8-4 Ein kleiner Si-Kristall wird beleuchtet.
nicht berücksichtigt werden. Der Kristall ist mit nA D 1014 cm3 Akzeptoren
b) Wie groß ist der Widerstand, wenn die Tem- dotiert. Die Generationsrate neuer Ladungsträ-
peraturabhängigkeit des Bandabstandes be- gerpaare beträgt gn D gp D 1019 cm3 s1 .
rücksichtigt wird? a) Welche Konzentration der Minoritäten stellt
c) Der Kristall sei mit Akzeptoren der Konzen- sich bei Beleuchtung ein, wenn vorausge-
tration nA D 1014 cm3 dotiert. Berechnen setzt wird, dass sich die generierten Träger
Sie den Widerstand bei der Temperatur T D gleichmäßig im Kristall verteilen und die Le-
300 K. Die Dotierungskonzentration ist so ge- bensdauer n D l s beträgt?
ring, dass die Beweglichkeiten n und p b) Wie groß ist der spezifische Widerstand l bei
für eigenleitendes Material verwendet werden Beleuchtung und d bei Dunkelheit?
können. c) Berechnen Sie den spezifischen Widerstand
zurzeit t D 1 s nach Abschalten der Licht-
Ü 1-8-2 Ein Halbleiterkristall besteht aus Silici- quelle.
um, dotiert mit Arsen der Konzentration nD D
2 1017 cm3 . Die Molmasse von As ist M D Ü 1-8-5 Ein GaAs-Kristall wird an der Stirn-
74;9 g=mol. fläche beleuchtet. Der Kristall ist mit Donatoren
3
a) Wie viel µg Arsen ist in einem cm Silicium der Konzentration nD D 10 cm dotiert. In-
18
3
BismaleimideTriazine
Abb. 1.86 Übersicht über Basismaterialien für gedruckte Schaltungen (nach Manfred Cygon, Firma Isola GmbH)
Eigenschaften Trägerwerkstoff
FR 2 Hartpapier/ FR 3 FR 4 FR 5 Mylarfolie Glas/Teflon Aluminium-
Phenolharz Hartpapier/ Glasgewebe/ wie FR 4, Polyesterharz oxid/
Epoxidharz Epoxidharz wärmebeständig (flexibel) Keramik
Elektrische Volumen- 2 1010 1012 1012 1012 1016 2 1013 1014
Eigenschaften widerstand cm
Oberflächen- 2 108 1011 1011 1011 1014 3 1014 1012
widerstand
Permittivitätszahl 5,0 4,9 4,7 4,6 3,3 2,2 8
"r (1 MHz)
Dielektrischer 0,05 0,041 0,019 0,016 0,0025 0,0028 0,0022
Verlustfaktor
tanı (1 MHz)
Kriechstrom- 200 300 200 bis 400 300 300 300 500
Festigkeitsstufe
Thermische maximale Be- 105 110 130 170 130 340 400
Eigenschaften triebstemperatur
ı
C
thermische Leit- 0,15 0,35 0,25 bis 0,35 0,25 bis 0,35 0,15 0,25 21
fähigkeit W/(mK)
thermischer 13 bis 17 12 bis 16 vom Aufbau vom Aufbau 6 bis 10 6 bis 10 5 bis 7
Ausdehnungs- abhängig abhängig
koeffizient 106 /K
in x-, y-Richtung
Feuchteabsorp- 0,2 0,5 0,2 0,5 0,2 0,2 keine
tion %
Kosten 0 C0 C C CC CCC CC
Eigenschaften gut stanzbar wie FR 2 durchkontaktierbar wie FR 4 gute mechanische, geringe Verluste mechanisch
nur einmal lötbar bessere elek- mehrfach lötbar bessere elek- elektrische, thermi- bei Hochfrequenz ähnlich zu
bedingt bleifrei trische und gutes bleifreies trische und sche Eigenschaften Mechanisch rela- FR4
lötbar mechanische Löten möglich thermische Ei- hochflexibel tiv instabil Geringe di-
nicht durch- Eigenschaften genschaften Einlagerung von Relativ flexibel elektrische
kontaktiert Wasser Verluste
Anwendungsgebiete billige Massen- billige Massenwa- hochwertige In- Industriequalität flexible Leiterplat- Hochfrequenz Mikrowellen
ware (TV, Radio) re (TV, Radio) dustriequalität Höherer Tem- ten Anwendungen Anwendun-
(EDV) peraturbereich Starre Leiterplatten gen
Bessere mechani- für hohe Tempera-
E. Hering und R. Martin
Abb. 1.87 Herstellung des Basismaterials für eine Leiterplatte (Werkfoto: RUWEL International)
2. Imprägnierung des Gewebes mit dem Harz. dieser Richtlinie nicht mehr eingesetzt werden.
Dadurch entsteht ein Prepreg (vorimprägnier- Dadurch haben sich für bleifreies Löten die Tem-
tes Bauteil). peraturen etwa um 40 ı C erhöht (Löttemperatur
3. Eintafeln der Kupferfolien, Pressen der Kup- von Reinzinn), so dass Bauteile und Steckverbin-
ferfolien in die Gewebeschichten und Austa- dung höhere Temperaturfestigkeiten aufweisen
feln. müssen. Verwendet werden Legierungen mit >
4. Endbearbeitung des Basismaterials (z. B. Zu- 95 % Sn, Rest Cu und Ag.
schnitte, Kantenbearbeitung, Bohren). Für komplexere Schaltungen reichen zwei
Leiterplatten werden speziell für die jeweili- Leiterbahnebenen nicht mehr aus, so dass Mehr-
ge Schaltung maßgeschneidert hergestellt. Wie ebenen-Leiterplatten oder Multilayer hergestellt
Abb. 1.88 zeigt, können sie einseitig oder zwei- werden müssen. Wichtige elektrische Eigen-
seitig mit Leiterbahnen versehen sein und die Lö- schaften wie Gleich- und Wechselstromwider-
cher auch durchkontaktiert werden. Diese Durch- stand sind einfacher festzulegen. Die Möglich-
kontaktierungen werden PTH (Plated Through keit, Masse- und Stromversorgungsleitungen in
Hole) oder Vias genannt und sind Bohrungen von verschiedene Ebenen zu legen, bietet eine ver-
0,3 mm bis 1 mm Durchmesser, die innenwandig besserte elektrische Störfestigkeit (z. B. geringes
mit Kupfer oder anderen gut leitfähigen Metall- Übersprechen von Signalleitungen) und die Mög-
schichten versehen sind. lichkeit der besseren Wärmeabfuhr. Zu diesem
Seit Juli 2006 ist die EU-Richtlinie 2002/95/ Zweck kann sogar ein spezieller innerer Me-
EWG (RoHS) zur Beschränkung der Verwen- tallkern (z. B. aus Cu/Invar; insbesondere zur
dung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- Temperaturkompensation) dienen, der allerdings
und Elektronikgeräten in Kraft. Blei darf nach sehr teuer ist. Die Komponenten- und Leiter-
90 E. Hering und R. Martin
Dabei wird neben dem Stromlaufplan, der Plat- nische Schaltungen immer kleiner zu bauen, d. h.
zierung der Bauelemente und der Entflechtung die Bauteile dichter zu packen, und andererseits
der elektrischen Verbindungen auch die Belast- möglichst wirtschaftlich zu produzieren, haben
barkeit durch die Stromdichte in den Leiterbah- dazu geführt, die Verbindungsdrähte zwischen
nen berücksichtigt. dem Bauteil und der Leiterplatte wegzulassen
und das Bauteil direkt auf der Leiterplatte zu be-
festigen. Dadurch werden folgende Arbeitsgänge
1.9.2 Streifenleiter eingespart:
An den Bauteilen müssen keine Abschluss-
Streifenleiter (engl.: strip line) sind Designele- drähte befestigt, gebogen und abgeschnitten
mente innerhalb einer Leiterplatte, denen der Trä- werden;
gerwerkstoff und die Anordnung der Leiterbah- auf der Leiterplatte müssen keine Löcher ge-
nen als elektrisch wirksame Bauelemente (z. B. bohrt werden, wodurch die Kupfereinsparung
Induktivitäten oder Kapazitäten) in die Schaltung erheblich ist;
einbezogen werden. Deshalb sind die elektri- es wird viel Platz gespart und die Bestückung
schen Eigenschaften der verwendeten Materiali- kann automatisch erfolgen, was die Fehler ver-
en (z. B. die Permittivitätszahl "r des Trägerwerk- ringert und Kosten spart.
stoffs) sowie die Abmessungen der Leiterbahnen
Aufgabe der SMT ist es, eine Leiterplatte
und deren Toleranzen von besonderer Bedeu-
so zu bestücken, dass die technischen Kenn-
tung. Anwendung finden die Streifenleiter in der
werte und die wirtschaftlichen Randbedingungen
Hochfrequenztechnik (Abschn. 4.3). Tabelle 1.12
erfüllt werden. Um diese komplexe Anforde-
zeigt die eingesetzten Trägermaterialien und ih-
rung erfüllen zu können, muss man die SMT
re elektrischen Eigenschaften im Vergleich zu
als technisches Gesamtsystem betrachten, das im
Glas/Epoxid.
Wesentlichen aus folgenden drei Teilen besteht
(Abb. 1.90):
1. SMD-Bauelemente und Leiterplatte,
1.9.3 SMT
2. Bestückungssystem und
(Surface Mounted Technology)
3. Fertigungsverfahren einschließlich Qualitäts-
sicherung.
Die Fertigungstechnologie, Bauelemente direkt
auf der Oberfläche einer Leiterplatte zu befesti- Die bekannten elektrischen passiven (Ab-
gen, wird als SMT (Surface Mounted Technology) schn. 2) und aktiven Bauelemente (Abschn. 3)
bezeichnet. Die Forderungen, einerseits elektro- (z. B. Widerstände, Kaltleiter, Heißleiter, Kon-
92 E. Hering und R. Martin
1.9.5 Dünnschicht-Technologie
Temperaturkoeffizient,
Langzeitstabilität der elektrischen Kennwerte
(Alterung),
Feuchtigkeit, Staub, Einstrahlung,
maximale Beschleunigung und Schwingungs-
frequenz,
Qualität,
Lebensdauer,
Größe und Gewicht und
Preis.
Welchen Einflüssen man ein Bauelement ausset-
zen darf, ohne dass sich seine elektrischen Kenn-
daten in unzulässiger Weise ändern (Änderungs- Abb. 2.1 Begriffsbestimmungen für Baueinheiten nach
DIN 40 150
fall) oder gar ein Totalausfall eintritt, wird in
DIN 40 040 durch Anwendungsklassen beschrie-
ben. Eine zu große Abweichung der elektrischen
Kenndaten bezeichnet man als Änderungsausfall. Lösung
Die Anwendungsklassen werden durch Buchsta-
ben gekennzeichnet und sind für alle elektroni- G Untere Grenztemperatur 40 °C.
schen Bauelemente gültig. Die einzelnen Kenn- P Obere Grenztemperatur C85 °C.
G Zulässige Feuchtebeanspruchung:
buchstaben, von denen man in der Regel nur die
Höchstwert: 85 %, jedoch nur 60 Tage im Jahr,
ersten drei nennt, haben folgende Bedeutung: im übrigen 75 %
Jahresmittel: 65 %. Keine Betauung.
Q Ausfallquotient beträgt 30 106 h1
Bezeichnung der klimatischen Anwendungsklasse: R Beanspruchungsdauer von 100.000 h.
1. Kennbuchstabe Untere Grenztemperatur in °C. W Mechanische Beanspruchung:
2. Kennbuchstabe Obere Grenztemperatur in °C. Schwingen: 10 Hz bis 55 Hz mit 20 m=s2 ;
3. Kennbuchstabe Zulässige Feuchtebeanspruchung. Schock: 150 m=s2 für 11 ms.
Angaben zur Zuverlässigkeit: Z Luftdruck ist dem Datenblatt zu entnehmen.
4. Kennbuchstabe Ausfallquotient (Anteil ausfallender Z Sonderbeanspruchung ist dem Datenblatt zu
Bauteile in einer gegebenen Zeit). entnehmen.
5. Kennbuchstabe Beanspruchungsdauer.
Mechanische Anwendungsklasse:
6. Kennbuchstabe Mechanische Beanspruchung. 2.1.3 Zuverlässigkeit
7. Kennbuchstabe Luftdruck.
8. Kennbuchstabe Klimatische Sonderbeanspruchung
Die Zuverlässigkeit ist ein Maßstab für die
(Wasser, Luft, Staub, Sandsturm,
Eignung eines Bauelementes, bei einer gege-
Schimmel, Termiten, Sonnenbe-
strahlung, Höheneinsatz).benen Belastung innerhalb eines bestimmten
Zeitraums voraussichtlich fehlerfrei zu arbei-
ten. Von elektronischen Geräten, beispielsweise
in industriellen Fertigungsprozessen oder im
medizinischen Bereich, wird eine hohe Betriebs-
zuverlässigkeit erwartet. Ein Geräteausfall, sei
Beispiel 2.1-1 es durch Überbelastung oder durch Erreichen der
Ein Bauelement trägt die Kennzeichnung Lebensdauer, hat im Fertigungsbetrieb einen Pro-
GPGQRWZZ. Für welche Anwendungen ist duktionsausfall oder -ausschuss zur Folge, was
es geeignet? erhebliche Kosten verursacht; im medizinischen
2 Passive Bauelemente 97
Abb. 2.3 Kosten in Abhängigkeit von der Zuverlässigkeit 2.1.3.1 Ursachen eines Ausfalls
Außer den bereits bei der Herstellung entstan-
denen Fehlern, die sich häufig erst im Laufe der
Bereich können sogar Menschenleben gefähr- Zeit auswirken, kommen als Ausfallursachen in
det sein. Aus diesem Grunde ist die Auswahl Frage:
der richtigen Bauelemente und ihre geeigne- Fertigungsfehler bei einem Bauteil („angetö-
te Beschaltung sehr wichtig. Die Erhöhung der tetes“ Bauteil),
Zuverlässigkeit eines Bauelementes kostet aber Überbeanspruchung des Bauelements beim
ihren Preis (Abb. 2.3). Einbau (z. B. zu hohe Temperaturen beim Lö-
98 E. Hering und K. Bressler
Lösung
ten (Bauelementen mit niedrigem
) verhindert Der mittlere Ausfallabstand ist nach Gl. 2.4:
diese Verschleißausfälle.
Tabelle 2.1 zeigt die Ausfallrate einiger Bau- tm D 1=.n
/
elemente.
Zu dieser Tabelle ist kritisch anzumerken, D 1=.120 2 106 h1 /
dass sich die Ausfallraten für dieselben Bau- D 4167 h
3
teile bis zum Faktor 10 unterscheiden können.
Dies hängt vom Fertigungsverfahren, von der Bei einer täglichen Betriebsdauer von 3 h
Verarbeitung beim Zusammenbau, von den ist der mittlere Ausfallabstand 4167=3 D
klimatischen Verhältnissen und von den Ein- 1389 Tage oder 3,8 Jahre.
satzbedingungen (beispielsweise Flugzeug oder
klimatisierter Raum) ab. Den strengsten Maßstab I Hinweis: Da Bauelemente auch altern, ohne
legt das amerikanische militärische Handbuch dass diese ihre Funktion erfüllen (z. B. Lage-
MIL-HDBK-217 E an, dessen Zuverlässig- rung), sind bei genaueren Berechnungen die
keitswerte aber heute in der Praxis größtenteils dann gültigen, aber wesentlich kleineren
-
übertroffen werden. Werte zu berücksichtigen.
100 E. Hering und K. Bressler
2.1.3.4 Herstellgrenzqualität
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den si-
cheren Einsatz und die Stabilität der Kennwerte fung als befriedigende durchschnittliche Herstel-
ist die Qualität der Bauelemente. Wie Abb. 2.5 lerqualität ansehen kann. In der Regel wird sie im
zeigt, sinken mit steigender Qualität die Ausfall- Kaufvertrag zwischen Abnehmer und Hersteller
kosten, während die Fehlerverhütungskosten der festgelegt. Im Indifferenzpunkt (in Abb. 2.6 bei
Produktion und die Prüfkosten für die Qualitäts- einer Fehlerrate von 0,6 %) ist die Annahmewahr-
sicherung ansteigen. scheinlichkeit 50 %, d. h. die Annahme und die
Mit den Verfahren der statistischen Qualitäts- Ablehnung ist gleich wahrscheinlich. Die Rück-
sicherung ist es möglich, einen Qualitätsstandard weisgrenzqualität (in Abb. 2.6 bei 1 % Fehleran-
zu garantieren sowie die Kosten für die Fehlerver- teil) sagt aus, dass bei einem so hohen Fehleran-
hütung in der Herstellung zu verringern und die teil die Annahmewahrscheinlichkeit lediglich bei
Prüfhäufigkeiten den tatsächlichen Erfordernis- 10 % liegt.
sen anzupassen. Die statistischen Verfahren und Die genauen Prüfpläne unterscheiden sich
die verwendeten Daten sind in DIN 40 080 nach- noch in der Prüfschärfe (I: reduziert, II: normal
zulesen. und III: verschärft, sowie Sonderprüfungen S1
Die statistischen Grundlagen sowie die Prüf- bis S4 für kleine Lose). Sie sind in DIN 40 080
bedingungen stellt man häufig als Operations- nachzulesen.
Charakteristik dar. Sie ist die Annahmewahr- Die Komplexität der Industrieprodukte hat
scheinlichkeit der Liefermengen in Abhängigkeit sehr stark zugenommen (z. B. befinden sich in
vom Fehlerprozentsatz und ist in Abb. 2.6 wie- einem PKW der Oberklasse 100 Rechner und
dergegeben. ebenso viele Elektromotoren sowie eine Vielzahl
Die Kennlinie zeigt, mit welcher Wahrschein- von Sensoren, die nach den unterschiedlichsten
lichkeit eine Liefermenge mit einem bestimm- physikalischen Prinzipien arbeiten). Diese kom-
ten prozentualen Fehleranteil angenommen wird. plexen Systeme müssen fehlertolerant sein. Das
Die Herstellgrenzqualität oder AQL (Acceptance bedeutet, die Software muss fehlerhafte Bau-
Quality Level: annehmbare Qualitätsgrenzlage) elemente erkennen und andere Informationen
ist der maximale Fehlerprozentsatz (in Abb. 2.6 verwenden, damit die Systeme weiterlaufen kön-
bei 0,3 %), den man bei einer Stichprobenprü- nen und nicht still stehen.
2 Passive Bauelemente 101
2.2.2.3 Impulsbelastbarkeit
Widerstandswerkstoffe sind in der Lage, kurzzei-
tig wesentlich höhere Leistungen aufnehmen zu
können als im Dauerbetrieb. Dabei bestehen fol-
Abb. 2.10 Impulsbelastbarkeit von kappenlosen Wider-
gende Unterschiede: ständen
– Periodische Pulsfolge
Die Kurve beschreibt eine Widerstandsänderung
Hierbei können Pulsfolgen mit Spitzenspannun-
R=R < 0;25%.
gen bis zum 3,5-fachen der maximalen Betriebs-
spannung noch zulässig sein und eine Spitzenlast
2.2.2.4 Maximale Dauerspannung Umax
bis zur 6-fachen zulässigen Belastbarkeit (Einzel-
Die maximale Dauerspannung Umax ist durch die
heiten sind in den jeweiligen DIN-Normen für die
Spannungsfestigkeit (Überschläge zwischen den
Widerstände festgelegt, Abb. 2.9).
Anschlüssen oder Teilen der Wendel) bestimmt.
Sie hängt deshalb in hohem Maße von der Bau-
– Vereinzelte Impulse sehr hoher größe ab. Bei kleineren Widerstandsgeometrien
Spitzenleistung (z. B. Baugröße 0204 und 0207) liegen die Werte
Die Impulsbelastbarkeit hängt prinzipiell sehr zwischen 200 V und 350 V, bei größeren Baufor-
stark von der Impulsform und von der Impuls- men (z. B. Typ 0411 und 0617) bei 500 V bis
breite ab. 750 V. Bei speziellen Hochspannungswiderstän-
Die Beanspruchungen mit sehr energiereichen den sind wesentlich höhere Spannungen zulässig.
Einzelimpulsen sind nicht genormt, sondern sind
den jeweiligen Datenblättern der Hersteller zu 2.2.2.5 Kritischer Widerstandswert Rkrit
entnehmen. Der kritische Widerstandswert Rkrit ist ein be-
Abbildung 2.10 zeigt die maximale Impulss- stimmter, im Datenblatt angegebener Wert, der
pannung in Abhängigkeit vom Widerstandswert. sich aus der maximal zulässigen Dauerspannung
2 Passive Bauelemente 107
2.2.2.13 Metallglasurwiderstände
Dieser Widerstandstyp heißt auch Dickschicht-
oder Cermetwiderstand. Die Widerstandsschicht
besteht aus Glasurpaste mit eingelagerten Metall-
teilen (Cermet) und wird in Dickschichttechnik
(Abschn. 1.9.4) beispielsweise als mäanderförmi-
ges Muster auf ein Keramiksubstrat aufgebracht,
getrocknet und bei etwa 1150 °C eingebrannt. Als
Abb. 2.12 Verlauf des Scheinwiderstandes Z für Schicht- leitende Materialien dienen am häufigsten Tantal,
widerstände; a R < 100 , b 100 < R < 1000 , c Tantalkarbid, Titan und Titankarbid sowie Wolf-
R > 1000
ram. Den genauen Widerstandswert stellt man
auch hier durch Laserabgleich ein. Metallglasur-
widerstände sind auch in Chipform zur SMD-
2.2.2.12 Schichtwiderstände Bestückung im Handel. Ihren Widerstandswert
Schichtwiderstände (Abb. 2.9) bestehen aus gleicht man durch Einschnitte, die quer zur Wi-
Kohle- oder Metallschichten (Cr–Ni), die auf derstandsbahn verlaufen, mit einem Laserstrahl
Keramikkörpern aufgebracht sind. ab. Abbildung 2.13 zeigt Chipwiderstände un-
Bei Kohleschichtwiderständen entsteht die terschiedlicher Größe, die der Anwender selbst
Widerstandsschicht durch den thermischen Zer- abgleichen kann.
110 E. Hering und K. Bressler
Temperaturabhängigkeit
Die Temperaturabhängigkeit eines Heißleiters
lässt sich näherungsweise durch folgende Glei-
chung beschreiben:
B 2 TM
RP D RMNTC (2.15)
B C 2 TM
dR B 1
D RMNTC
dT TM 2 Œ1 C .RMNTC =Rp /2
(2.16)
Aus Gl. 2.15 lässt sich der Quotient RMNTC =Rp
bestimmen. Wird er in Gl. 2.16 eingesetzt, dann
kann man für ein bekanntes dR=dT den entspre-
Abb. 2.16 Linearisierung der Heißleiter-Kennlinie (Kalt-
widerstand des NTC D 10 k/ durch einen Parallel- chenden Heißleiter-Widerstand berechnen.
Widerstand (Rp D 3 k/. Werkfoto: Siemens Allerdings ist Folgendes zu beachten: Wird
mit einem NTC die Kennlinie korrigiert, so
macht sich dessen Nichtlinearität bei Tempe-
weniger Strom. Die Sicherung muss nicht aktiv raturabweichungen von
˙10 K bemerkbar.
werden. Am heißen NTC fällt dann wenig Span- In diesen Fällen werden zur Korrektur besser
nung ab, die Verluste sind gering und der Motor Silicium-Widerstände eingesetzt, die im folgen-
läuft mit seiner angegebenen Leistung. Für diesen den Abschnitt behandelt werde.
Fall braucht man einen NTC mit großer Masse
und großer Wärmekapazität. 2.2.3.2 Silicium-Widerstände
Zum Einsatz kommt n-dotiertes Silicium mit Do-
Kennlinienkorrektur tierungskonzentrationen zwischen 1014 cm3 und
15 3
Für manche Schaltungen wird ein bestimmter 10 cm . Diese engen Toleranzen lassen sich
Kennlinienverlauf benötigt, den kein handels- im Wesentlichen nur mit NTD-Silicium (Neutron
üblicher Typ besitzt. In anderen Anwendungen Transmutated Doped) erreichen. Diese Silicium-
stört die starke Nichtlinearität der Widerstands- Widerstände haben einen positiven Temperatur-
Temperatur-Kennlinie. Diese Forderungen lassen koeffizienten, d. h., der Widerstand nimmt mit
sich durch eine Parallel- oder Reihenschaltung steigender Temperatur zu (Abb. 2.17). Dabei gilt
mit einem Festwiderstand erfüllen. Allerdings als Näherung:
ist der Temperaturkoeffizient ˛ der Kombination
aus Heißleiter und Festwiderstand immer kleiner R# D RS Œ1 C ˛ # C ˇ.#/2
(2.17)
als der des Heißleiters selbst. In Abb. 2.16 ist die
Linearisierung einer Heißleiter-Kennlinie durch mit R# als Widerstand bei der Temperatur #, RS
einen parallelen Festwiderstand zu sehen. als Widerstand bei #S D 25 ı C, ˛ als Temperatur-
Wie Abb. 2.16 zeigt, besitzt die neue Kenn- koeffizienten (˛ D 0;773 102 K1 ) und ˇ als
linie einen S-förmigen Verlauf mit einem Wen- Temperaturkenngröße (ˇ D 1;83 105 K2 ). Für
depunkt. Die beste Linearisierung erreicht man, die Dimensionierung einer Schaltung verwendet
2 Passive Bauelemente 113
2.2.3.4 Spannungsabhängige
Widerstände (Varistoren, VDR)
Spannungsabhängige Widerstände (VDR: Volta-
ge Dependent Resistor) werden auch Varisto-
Abb. 2.19 Widerstands-Temperatur-Kennlinie eines ren genannt. Ihre U=I -Kennlinie ist symmetrisch
Kaltleiters (Abb. 2.20), und der Widerstand nimmt mit stei-
gender Spannung ab, wie ein Nichtlinearitätsex-
ponent ˛ beschreibt.
Der Bereich des Übergangs von geringen Wi- Den Verlauf der Spannungs-Strom-Kennlinie
derstandswerten zum steilen Anstieg zeigt ein beschreibt die Gleichung:
schlagartiges Umschalten vom niederohmigen
in den hochohmigen Bereich. I D K Ua (2.19)
Man unterscheidet zwischen der Eigenerwär-
I ist der Strom (in A) und U die Spannung
mung und der Fremderwärmung (Erwärmung
von außen). Fließt ein Strom durch den Kalt- (in V) des Varistors, K eine geometrieabhängi-
leiter, so erwärmt er sich (Eigenerwärmung). ge Konstante (in A V1 / und ˛ der Nichtlinea-
Dadurch steigt der Widerstand. Mit diesem Ef- ritätsexponent. Für den Widerstand R und die
Leistung P in Abhängigkeit der angelegten Span-
fekt kann der Strom begrenzt werden. Werden
nung U gilt der Zusammenhang
Kaltleiter beispielsweise in die Transformatoren-
wicklungen eingebaut, so erwärmen sie sich beim 1 1˛
Stromfluss (Außenerwärmung), der Widerstand R D U=I D U (2.20)
K
steigt und der Stromfluss wird verringert oder das P D UI D KU ˛C1 (2.21)
Aggregat sogar ganz abgeschaltet. In diesem Fall
dienen die Kaltleiter zur reversiblen Überstrom- Logarithmiert man Gl. 2.19 bis 2.21, so erge-
sicherung. Mit diesem Effekt werde sie auch als ben sich folgende Geradengleichungen, die eine
selbstregelnde Thermostate eingesetzt. Kaltlei- anschauliche Beschreibung der Zusammenhänge
ter werden auch als Flüssigkeits-Niveaufühler zulassen:
eingebaut. Die unterschiedliche Wärmeleitfähig-
keit der Medien (Flüssigkeit führt die Wärme log I D log K C ˛ log U (2.22a)
2 Passive Bauelemente 115
Abbildung 2.21 zeigt die entsprechenden Kurven eines Varistors im doppelt logarithmischen Maß-
in linearer und logarithmischer Darstellung. In stab wieder.
den Datenblättern wird meist die logarithmische Wie aus Abb. 2.22 zu ersehen ist, gibt es einen
Darstellung bevorzugt. Arbeitsbereich, in dem die Kennlinie im doppelt
Der Nichtlinearitätskoeffizient ˛ lässt sich aus logarithmischen Maßstab in guter Näherung ei-
Gl. 2.22a bestimmen, wenn man zwei Wertepaare ne Gerade mit ˛ D 38 ist. Nach Abb. 2.22
für Strom und Spannung (I1 =U1 und I2 =U2 ) aus liegt dieser Arbeitsbereich bei Strömen von 105
der Kennlinie nimmt und einsetzt, so dass sich ˛ bis 102 A, d. h. bei Spannungen im Bereich von
wie folgt errechnet: 170 V bis 300 V. Häufig gibt man in den Daten-
blättern die Varistorspannung an, die der Span-
log I2 log I1 nung eines Varistorstromes von 1 mA entspricht
˛D (2.23)
log U2 log U1 (in Abb. 2.22 sind dies 250 V). Diese Spannung
dient zur Klassifikation des Varistors. In der Pra-
Die ˛-Werte liegen zwischen 30 und 60 (für ZnO- xis rechnet man nicht mit der Kurve, sondern
Varistoren). sucht den Varistor so aus, dass seine Verlustleis-
Während Abb. 2.21 den theoretischen Zusam- tung bei der höchsten vorkommenden Betriebs-
menhang zwischen Strom und Spannung zeigt spannung klein ist, gefährliche Überspannungen
(Bild rechts oben), gibt Abb. 2.22 den tatsäch- aber durch sehr hohe Ströme im Varistor begrenzt
lichen Verlauf der Strom-Spannungs-Kennlinie werden.
116 E. Hering und K. Bressler
Feldplatte (Widerstand ohne Magnetfeld) und Für Potenziometer sind, wie Abb. 2.24 zeigt,
dem zusätzlichen Widerstand aufgrund der ma- hierzu mindestens drei Anschlüsse notwendig
gnetischen Induktion RB . Der Grundwiderstand (Abb. 2.24), der Anfang (a) und das Ende (c)
R0 wird bestimmt durch die des Widerstandes sowie der Schleiferabgriff (b).
Leitfähigkeit des Materials, für die es je Abbildung 2.25 zeigt ein Drehpotenziometer mit
nach Dotierung (mit Tellur) drei Grundtypen den Drehbereichen und den Anschlüssen.
gibt: Widerstandskurven nach DIN 41450 geben
D-Material: Undotiert mit einer Leitfähigkeit an, wie sich der Widerstandswert Rab =Rac in
von D 200 . cm/1 ; Abhängigkeit von der Schleiferstellung ˛ ändert
L-Material: Dotiert mit einer Leitfähigkeit von (maximal etwa 270°). Abbildung 2.26 zeigt die
D 550 . cm/1 ; möglichen Widerstandskurven. Ein positiver lo-
N-Material: Dotiert mit einer Leitfähigkeit garithmischer Widerstandsverlauf wird beispiels-
von D 800 cm1 ; weise zur Einstellung der Lautstärke benötigt,
Breite des Mäanderstreifens (meist 80 m); da das Ohr die Lautstärkeänderung logarithmisch
Dicke des Mäanderstreifens (meist 25 m); wahrnimmt. Dann ergibt sich pro Drehwinkel
Länge des Mäanderstreifens. eine als gleichmäßig empfundene Lautstärkezu-
Da die Veränderung des Widerstandes durch das nahme.
Magnetfeld trägheitslos erfolgt, kann man Feld- Als Werkstoffe für Potenziometer eignen sich
platten in der Hochfrequenztechnik einsetzen. Drahtwicklungen, Kohleschichten oder Schich-
Der Temperaturkoeffizient ˛ ist bei diesen ten aus Cermet (Metallteilchen in Keramik
Bauelementen sowohl von der Temperatur als
auch von der magnetischen Induktion B abhän-
gig. Genauere Angaben sind in den Datenblättern
der betreffenden Hersteller zu finden.
Wie Abb. 2.9 zeigt, finden Feldplatten vor-
nehmlich als kontaktlose Potenziometer, zur
Drehzahlmessung und als berührungslose Ge-
schwindigkeitsmesser Verwendung, ferner zur
Ansteuerung von bipolaren Transistoren (Kap. 3).
Schiebepotenziometer
Der Schleifer ist von außen durch eine Schie-
benase zu betätigen. Solche Schiebepotenzio-
meter benutzt man häufig in der Unterhal-
tungselektronik.
Spindel-Potenziometer
Im Prinzip handelt es sich dabei um ein Schie-
bepotenziometer, das aber den Schleifer ganz
fein mit einem Spindelantrieb einstellen kann.
Trimmer-Potenziometer
Bei einem Trimmer-Potenziometer stellt man
meist mit Hilfe eines Schraubendrehers die
Arbeitspunkte oder Spannungspegel in elek-
tronischen Schaltungen ein. Üblicherweise
handelt es sich um Kohleschicht-Potenzio-
meter. Da man die Potenziometerstellung nur
Abb. 2.26 Widerstandskurven nach DIN 41 450
selten verändert, prüft man diese Bauelemente
nur mit 100 Zyklen. Trimmer-Potenziome-
ter sind auch als SMD-Bauteile verfügbar
oder Glasmasse). Einfache Schichtpotenziome- (Abb. 2.9).
ter sind nicht sehr genau (Abweichungen von Die Potenziometer sind (außer bei Trimmern)
˙ 20 %). Wesentlich genauer sind Drahtpo- vorwiegend als Stellglieder zur Umsetzung
tenziometer oder Präzisionspotenziometer, die von Weg- und Winkelinformationen für die
jedoch sehr teuer sind. Die Widerstandsbahn aus Bedienung von Geräten in Gebrauch. Die da-
einer Hartkohleschicht verläuft kreisförmig um bei auftretenden Informationen gehen als Ist-
die Drehachse. oder Sollgröße in elektronischen Schaltungen
Bei der einfachsten Ausführung befindet sich zu Steuer- und Regelzwecken ein.
die Kohleschicht auf einer Hartpapierplatte, bei
hochwertigeren Potenziometern ist es eine Kera- 2.2.5 Zur Übung
mikscheibe.
Folgende Bauformen sind üblich: Ü 2-2-1 Ein Kohleschichtwiderstand der Grö-
Draht-Drehpotenziometer ße 0207 besitzt laut Datenblatt folgende Werte:
Ein ringförmiger Keramikkörper wird mit Wi- P70 D 0;33 W, Umax D 250 V und Rkrit D
derstandsdraht bewickelt. Den Schleifer be- 200 k.
wegt man von Windung zu Windung; deshalb a) Wie groß ist der kritische Widerstand Rkrit ?
weist der Widerstand Stufen auf, die umso b) Es sind die Widerstandswerte RN1 D 100 k
kleiner sind, je mehr Windungen die Wicklung und RN2 D 470 k vorhanden. Entscheiden
hat. Sie, welche Widerstandswerte auf Grund der
Als Präzisions-Potenziometer findet das Viel- Spannungen Umax nicht mit der vollen Leis-
gang-Potenziometer Verwendung, wobei der tung P70 belastet werden dürfen.
Widerstandskörper nicht ringförmig, sondern
schraubenförmig ist. Der Schleifer folgt der
2.3 Kondensatoren
Schraube (Abb. 2.9, rechts unten).
Die Potenziometer aus Draht sind am höchs- Ein Kondensator besteht prinzipiell aus zwei
ten belastbar (bis zu 100 W). Dem Trend von elektrisch leitfähigen Flächen (auch Elektroden
der Analog- zur Digitaltechnik folgend, ersetzt oder Beläge genannt), die durch einen Isola-
man die genauen Potenziometer zunehmend tor (Dielektrikum) voneinander getrennt sind
durch Schaltungen mit AD-Wandlern. (Abb. 2.27).
2 Passive Bauelemente 119
Abb. 2.34 MKV-Kondensator: a Schnitt durch den Wickel, b Schnitt durch den Kondensator
Kommutieren, d. h. Löschen des leitenden Zu- zeit). Der MKP-Kondensator hat sich durchge-
standes von Thyristoren in Gleichstromstel- setzt für den Spannungsbereich 250 V bis 600 V
lern und zwangsgeführten Wechselrichtern. und für einfachere Anwendungen.
Für diese Einsatzgebiete müssen die Kondensato-
ren folgende Eigenschaften aufweisen:
a) Hohe Spitzenstrom-Belastbarkeit.
b) Hohe Spannungsfestigkeit. MKV-Kondensator
c) Niedrige Eigeninduktivität. Dieser Kondensatortyp besitzt einen besonderen
d) Hohe Energie-Speicherfähigkeit. Aufbau. Ein Kondensatorpapier wird als Elek-
e) Große Zuverlässigkeit auch bei thermi- trode beidseitig mit Metall bedampft und liegt
scher Belastung. Zum Einsatz kommen je dadurch nicht im elektrischen Feld. Als Dielektri-
nach Anforderungsprofil die Bauformen: kum dient eine Polypropylenfolie, die dafür sorgt,
Metallfolien-Kondensator, MP-Kondensator, dass vom aufgedampften Metall keine Spitzen-
MKP-Kondensator und MKV-Kondensator. wirkungen ausgehen können und deshalb an jeder
Die letzten beiden Bauformen werden im Folgen- Stelle dieselbe Durchschlagfestigkeit herrscht.
den näher beschrieben. Abbildung 2.34 zeigt im Teilbild a den schemati-
schen Aufbau des Wickels und im Teilbild b das
Schnittbild eines Leistungskondensators.
MKP-Kondensator Der MKV-Kondensator weist folgende Vortei-
Wie die Kurzbezeichnung aussagt, handelt es sich le auf:
dabei um einen Kondensator mit einem Dielek- niedrige Verluste im Dielektrikum,
trikum aus einer metallisierten Polypropylenfolie. höhere Spannungsfestigkeit durch Imprägnie-
Die Vorteile dieser Bauform sind: rung,
niedrige Verluste im Dielektrikum, hohe Kapazitätsstabilität durch Imprägnie-
trockener Aufbau, d. h. kein flüssiges Imprä- rung,
gniermittel, hohe Spitzenstrom-Belastbarkeit, da Papier als
kleines Volumen, Träger von zwei Metallbelägen die Kontaktie-
preisgünstiges Material für das Dielektrikum. rung verbessert.
Nachteilig sind die relativ geringe Spitzenstrom- Nachteilig ist seine Empfindlichkeit gegenüber
belastbarkeit und die nur mäßige Kapazitätsstabi- Temperaturwechseln. Der MKV-Kondensator
lität (Kapazitätsabnahme im Laufe der Betriebs- ist geeignet für Nennspannungen bis etwa 3 kV
128 E. Hering und K. Bressler
2.3.3 Elektrolyt-Kondensatoren
Jeder Kondensator besteht aus zwei elektrisch misch gebundene Sauerstoff notwendig und der
leitfähigen Elektroden (Belägen), die durch ein Reststrom IR unvermeidlich.
dazwischenliegendes Dielektrikum voneinander Im Abb. 2.35 ist das Ersatzschaltbild von
isoliert werden. Einen Kondensator, dessen Belag Elektrolyt-Kondensatoren dargestellt. Der ohm-
von einem Elektrolyten anstelle einer metalli- sche Anteil der Ersatzserienschaltung hat die
schen Elektrode gebildet wird, bezeichnet man Bezeichnung ESR (Equivalent Series Resistor).
als Elektrolyt-Kondensator oder auch kurz als El- Der Parallelwiderstand RP , der den Reststrom bei
ko richtiger Polung darstellt, ist zusätzlich noch von
Der Elko ist in der Regel gepolt. Ein elek- der Spannung und von der Temperatur abhän-
trisch leitfähiges Material, der Elektrolyt, bildet gig. Durch eine Falschpolung, hier als verbotener
die negative Elektrode, Kathode genannt. Der Betrieb gekennzeichnet, fließt der Inversstrom
Elektrolyt besteht aus Salzen, die in organischen IRR über die vom Ventilmetall gebildete Diode
oder anorganischen Flüssigkeiten gelöst sind und D und kann durch Bildung von Knallgas zu ei-
eine geringe Menge Wasser ( 2 %) enthalten. ner Explosion des Kondensators führen. Beim
Die von dem Elektrolyten gebildete Kathode wird Elko mit flüssigem Elektrolyten sind die Kapa-
mit dem gleichen Metall kontaktiert, aus dem die zität C und der ESR von der Frequenz und von
Anode besteht. der Temperatur abhängig. Nur die äquivalente
Die positive Elektrode eines Elkos (Anode) Serieninduktivität ESL (Equivalent Series induc-
besteht aus einem sogenannten Ventilmetall. Die tor L) ist konstant. Dieser Zusammenhang ist im
Oxide von Ventilmetallen sperren den Strom in Abb. 2.36 dargestellt.
einer Richtung, lassen ihn aber in der anderen Der ESR, der Verlustfaktor tan ı und die Ka-
Richtung durch. Technisch genutzt werden die pazität C hängen wie folgt zusammen
Metalle Aluminium und Tantal, deren Oxide
Aluminiumoxid (Al2 O3 ) oder Tantalpentoxid
tan ı
(Ta2 O5 ) das Dielektrikum des Elkos bilden ESR D f C (2.29)
(Tab. 2.6). 2
Aluminium- und Tantal-Elektrolyt-Kondensa-
toren stellt man sowohl mit festem als auch mit Der Elko ist ein recht preisgünstiges Bauelement,
flüssigem Elektrolyten her; man spricht deshalb das eine sehr große Volumenkapazität besitzt.
auch von flüssigen und trockenen Elektrolyt-Kon- Abgesehen von Spezialtypen, bei denen beide
densatoren. Der Elko mit flüssigem Elektrolyten Beläge eine große Oberfläche besitzen, beispiels-
ist selbstheilend; denn Störstellen im Dielektri- weise bei Kondensatoren für Lautsprecherwei-
kum werden bei angelegter Gleichspannung an- chen und zum Motoranlauf, ist der Elko nur für
odisch oxidiert. Hierzu ist der im Wasser che- Gleichspannung geeignet.
2 Passive Bauelemente 129
Tab. 2.7 Elektrolyte für den Al-Elko Als Kategorietemperatur bezeichnet man
Substanz obere Grenztemperatur die Temperatur, auf die sich die spezifizierte
Dimethylformamid (DMF) 85 °C (105 °C) Brauchbarkeitsdauer, beispielsweise 3000 Stun-
Dimethylamid (DMA) 85 °C (105 °C) den für einen GP-Typ und 10.000 Stunden für
Dimethylacetamid (DMAC) 85 °C einen LL-Typ, des Kondensators bezieht. Üblich
Gamma-Butyrolakton (BGL) 105 °C sind die Kategorietemperaturen 85 °C, 105 °C
Butyrolakton 125 °C und 125 °C. Abgesehen von dem Bereich der
Frühausfälle ist die Ausfallrate
während der
Brauchbarkeitsdauer konstant.
Hersteller geben für sogenannte LL-Typen
me und ein gutes Langzeitverhalten, zu erreichen. Ausfallraten
zwischen 2 fit
20 fit an,
Den guten elektrischen Eigenschaften steht eine während die GP-Typen ein
von 50 fit errei-
problematische Entsorgung entgegen. chen. Bei der in den Datenblättern angegebenen
Nach der Rahmenspezifikation DIN IEC 384- Belastung für die Bezugszuverlässigkeit darf die
4/CECC30300 stellt man an den Al-Elko entspre- Übertemperatur des Kondensatorbechers um 3 K,
chend des Anwendungsbereiches unterschiedli- manche Hersteller geben auch 5 K an, ansteigen.
che Anforderungen. Typen für erhöhte Anforde- Wird der Kondensator mit den für die Bezugszu-
rungen werden mit Long Life grade (LL oder Typ verlässigkeit angegebenen Werten belastet, dann
I) bezeichnet. Für allgemeine Anwendungen gibt ist seine Brauchbarkeitsdauer gleich der Bezugs-
es die General Purpose-Typen (GP oder Typ II). zuverlässigkeit.
Den Al-Elko setzt man hauptsächlich zur Sie- Die Angaben in den Datenblättern beziehen
bung ein, vor allem in Stromversorgungen. Dazu sich in der Regel auf eine Messfrequenz von
wird er mit Gleichspannung betrieben, der ein 100 Hz und eine Temperatur von 20 °C. Für hö-
Wechselstrom IW überlagert ist. here Frequenzen und abweichende Temperaturen
Für die Dimensionierung in der Praxis ist zu gibt man Korrekturwerte an. Mit der Wahl von
beachten, dass die wichtigen Parameter, wie der Frequenzen f > 100 Hz und vor allem von
Ersatz-Serien-Widerstand ESR, die Kapazität C kleineren Strömen kann man die Brauchbarkeits-
und damit die Impedanz Z von der Frequenz dauer wesentlich vergrößern. Die angelegte Be-
und von der Temperatur abhängig sind. Bedeu- triebsspannung hat, entgegen früheren Angaben,
tend ist vor allem die sehr starke Zunahme des bei neueren Elko-Typen mit den in der Tab. 2.8
ESR bei tiefen Temperaturen, die erheblich unter genannten Elektrolyten einen nur unwesentlichen
dem Gefrierpunkt liegen (20 °C). Hier friert der Einfluss auf die Brauchbarkeitsdauer. Typisch für
Elektrolyt allmählich ein und wird hochohmig. den nassen Al-Elko sind Änderungsausfälle, die
Die Wechselstrom-Belastbarkeit wird bei durch das Austrocknen des Elektrolyten und das
niedrigen Frequenzen durch die maximal zulässi- dadurch verursachte Driften seiner Kennwerte C ,
ge Spannung, die am Kondensator anliegen darf, Z, IR und tan ı verursacht werden.
begrenzt. Jede auch nur kurzzeitige Verpolung Verwendet man den Elko in zeitbestimmen-
des Kondensators ist wegen der Zersetzung des den Schaltungen, so sind folgende Effekte zu
Elektrolyten zu Gas und der damit verbundenen berücksichtigen: Der stark von der Temperatur
Explosionsgefahr unbedingt zu vermeiden. Bei und der Spannung abhängige Reststrom kann
hohen Frequenzen bestimmt die vom Wechsel- durch einen Widerstand parallel zur Kapazität
strom am ESR verursachte Erwärmung Pmax D dargestellt werden. Der über die Ladungsmen-
2
IW ESRmax die Strombelastbarkeit des Elkos. ge mit einer Gleichspannung ermittelte Kapazi-
Der in den Datenblättern angegebene Nennwert tätswert heißt Gleichspannungskapazität CG und
der Wechselstrombelastung IW darf ausgenutzt kann deutlich über der Wechselspannungskapazi-
werden, solange die Umgebungstemperatur TA tät CW liegen (CG 1;5 CW v).
des Kondensators die sogenannte obere Katego- Stehende Bauformen des Elkos sind vorteil-
rietemperatur TOK nicht übersteigt. hafter als axiale Typen, die liegend eingebaut
2 Passive Bauelemente 131
werden. Die auf der Leiterplatte beanspruchte zum Abblocken von Versorgungsspannungen ge-
Fläche ist klein. Da die Anschluss-Stifte nahe eignet, da diese einen Vorwiderstand von 3 =V
beieinander liegen, lässt sich das Layout für die benötigen, um zuverlässig zu arbeiten. Ihr nied-
Elko-Anschlüsse so gestalten, dass diese eine riger Reststrom ist für zeitbestimmende Kreise
sehr kleine Leiterschleife bilden. Dadurch kann vorteilhaft. Prinzipiell sind die trockenen Tantal-
der Kondensator-Wechselstrom nur kleine hoch- Elkos zuverlässiger und teurer, aber auch größer,
frequente Magnetfelder erzeugen. da sie eine deutlich niedrigere spezifische Kapa-
zität pro Volumen aufweisen.
2.3.3.2 Trockene Aluminium-Elektrolyt-
Kondensatoren 2.3.3.4 Nasse Tantal-Elektrolyt-
Diese Kondensatoren sind ähnlich aufgebaut wie Kondensatoren
solche mit nassem Elektrolyten. Der mit Glas- Hier wird die Ladung in der sehr dünnen Grenz-
fasergewebe fixierte Elektrolyt besteht aus Man- schicht der porösen und damit extrem großflä-
gandioxid (MnO2 ), das auch Braunstein genannt chigen Kohlestaub- oder Kohlefaserelektroden
wird. Trockene Aluminium-Elektrolyt-Konden- zum elektrolytgetränkten Separator gespeichert.
satoren, vom Hersteller SAL-Kondensator (SAL Mit 2,3 V bis 5,5 V Betriebsspannung und 0,1 F
D Solid Aluminium) genannt, sind nur für er- bis 1000 F stehen Energiespeicher für die Lücke
höhte Anforderungen und mit einem Nennspan- zwischen Kondensator und Batterie bereit. Diese
nungsbereich UN 40 V im Einsatz. Kondensatoren sind lediglich für den militäri-
SAL-Kondensatoren kann man in niederoh- schen und medizinischen Bereich von Bedeutung.
migen Kreisen betreiben. Sie sind für Wechsel-
strombelastung gut geeignet. Selbst eine Verpo-
lung mit einer Spannung von 0,3 UN ist zuläs-
sig. SAL-Kondensatoren haben im Vergleich zum 2.3.4 Keramik-Kondensatoren
nassen Elko sowohl bei hohen als auch bei niedri-
gen Betriebstemperaturen hervorragende Eigen- 2.3.4.1 Werkstoffe und Einteilung
schaften. Bei diesen Kondensatoren besteht das Dielek-
Da der feste Elektrolyt nicht austrocknen trikum aus einer Keramik, d. h. einer anorgani-
kann, ist ein Beginn von Verschleißausfällen schen, nicht metallischen, polykristallinen Sub-
nicht bekannt, so dass deren Ausfallrate
kon- stanz, die durch einen Brennprozess bei hohen
stant klein (108
109 ) bleibt und die Temperaturen (1200 °C bis 1400 °C) entsteht. Für
Brauchbarkeitsdauer nahezu unbegrenzt ist. We- die Kondensatorkeramik kommt meist Titandi-
gen ihrer hohen Zuverlässigkeit finden trockene oxid (TiO2 ) mit einer Permittivitätszahl "r von
Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren auch in etwa 100 zum Einsatz. Durch Verwendung ande-
der Raumfahrt Verwendung. rer Oxide (vor allem BaO im Verhältnis 1 W 1)
kann man die Permittivitätszahl wesentlich stei-
2.3.3.3 Trockene gern. Sie beträgt für die ferroelektrische Substanz
Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren Bariummetatitanat (BaTiO3 ) bis zu 10.000. Für
Trockene Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren ha- die Keramik-Kondensatoren gelten die Normen
ben eine sehr hohe Volumenkapazität und heißen DIN EN 60384-8/9/21/22.
im Sprachgebrauch nur Tantal-Kondensatoren.
Ihre Anode besteht aus einem mit Tantal-Pulver 2.3.4.2 Eigenschaften
hergestellten Sinterkörper. Tantal-Kondensatoren Die Keramik-Kondensatoren teilt man nach IEC
stellt man mit Nennspannungen UN 50 V, mit 384-9/CECC 30 600 und 30 700 sowie nach
hermetisch dichtem Gehäuse bis UN 75 V DIN 45 910 – je nach dielektrischem Werkstoff –
und mit Kapazitätswerten bis zu 330 F her. in drei Klassen ein. Die einzelnen Keramikwerk-
Trockene Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren sind stoffe, die zugehörigen Kennwerte, die sonstigen
prinzipiell nicht für niederohmige Kreise, etwa Eigenschaften sowie die bevorzugten Einsatzge-
132 E. Hering und K. Bressler
Tab. 2.8 Eigenschaften und Anwendungen von Keramik-Kondensatoren der verschiedenen Klassen
Eigenschaften Klasse
Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3
(NDK: Niedrige Permittivität) (HDK: Hohe Permittivität) (Sperrschicht)
Keramik- TiO2 ferroelektrisches BaTiO3 ferroelektrisches BaTiO3 mit
Werkstoff Halbleitersperrschichten
(mit BaOP, La2 O3 , Nd2 O5 /
Permittivitätszahl 13 bis 470 103 bis 104 bis 50 104
"r
Verlustfaktor tan ı < 1; 5 103 < 30 103 60 103
Keramikart COG X7R Z5U
Temperaturkoeffi- konstant (0 ˙ 30) groß sehr groß nicht konstant
zient ˛ 106 K1
Alterung keine 2 % 5 % 2%
je log. Zeitdekade je log. Zeitdekade
Sonstige Eigen- Kapazitätsänderung linear Kapazitätsänderung nicht- geringer Isolationswider-
schaften von der Temperatur abhängig linear von Temperatur und stand
Kapazität und Verlustfaktor Spannung abhängig kleine Nennspannung (max.
nicht spannungsabhängig hoher Isolationswider- 100 V)
hoher Isolationswiderstand stand bei Gleichstrom höchste Kapazitätswerte pro
niedrige dielektrische Verluste große Kapazitätswerte bei Volumen
(bis in den UHF-Bereich) kleinen Abmessungen hoher Verlustfaktor
enge Kapazitätstoleranzen Abnahme der Permittivi-
keine Alterung tät bei höheren Frequenzen,
bei Alterung
Einsatzgebiete Schwingkreis Kopplung Stützkondensator sonst wie
Filterschaltung Entkopplung Klasse 2, aber geringere An-
Messverstärker (Sieben, Abblocken) sprüche an Kapazitätskonstanz
Zeitglied Funkentstörung bei klei- NF-Anwendungen
Kopplung und Siebung nen Spannungen
(besonders bei HF)
biete der verschiedenen Klassen nach DIN 45 910 Kapazitäten, die genau und stabil sind auf klei-
sind in Tab. 2.8 vergleichend gegenübergestellt. nem Volumen zu erträglichen Preisen.
Es sei darauf hingewiesen, dass viele dieser
genannten Kenngrößen von Umgebungseinflüs- 2.3.4.3 Bauformen
sen, beispielsweise von der Temperatur oder der
Spannung abhängen. Die Diagramme für die Einschicht-Kondensator (Klasse 1 und 2)
Kapazitätsänderung in Abhängigkeit von der Um- Der Einschicht-Kondensator besteht aus einem
gebungstemperatur oder der Betriebsspannung dünnen Keramikplättchen mit beidseitig auf-
zeigt Abb. 2.38. Die anderen Abhängigkeiten sind gebrachten Kupfer-Belägen, an die Anschluss-
den Datenblättern zu entnehmen. drähte angelötet sind. Die im Tauchverfahren
Deutlich erkennbar in Abb. 2.38 ist beispiels- aufgebrachte Epoxidharz-Umhüllung verleiht
weise der völlig unterschiedliche Verlauf der Ka- dem Kondensator große mechanische Festigkeit,
pazitätsänderung in Abhängigkeit von der Tem- einen guten Feuchteschutz und ist widerstands-
peratur innerhalb derselben Klasse 2, zum einen fähig gegen alle verwendeten Lösungsmittel.
für die Keramikart X7R und zum andern für Abbildung 2.39 zeigt einen Einschichtkondensa-
die Keramikart Z5U. Mit der SMD-Technik (Ab- tor im Schnitt und schematisch.
schn. 1.9.3) und dem Zwang zur Miniaturisierung Für den Einbau sind die Vorschriften über die
hat die Bedeutung der Keramik-Kondensatoren mindestens einzuhaltende Länge der Anschluss-
deutlich zugenommen. Die Vorteile sind: große drähte (markiert durch Stauchteller oder Sicke)
2 Passive Bauelemente
Abb. 2.38 Kapazitätsänderung in Abhängigkeit von der Temperatur und der Betriebsspannung für verschiedene Klassen Keramik-Kondensatoren. Werkbild: Siemens
133
134 E. Hering und K. Bressler
satoren, die in Reihe oder parallel geschaltet sind Tab. 2.9 Materialien für variable Kondensatoren und ihre
und nach außen wie eine große Kapazität wirken. Eigenschaften (Quelle: Amidon)
Durch diesen Aufbau ist bei gleicher Dicke d Material Permittivi- Durch-
und Fläche A die Kapazität etwa fünfmal höher. tätszahl schlags-
festigkeit
Die Sperrschichtkondensatoren weisen folgende
"r bei 1 kHz kV=mm
Besonderheiten auf:
Vakuum 1 20 bis 500
große Kapazitätswerte bei geringem Bauvolu- Luft 1 2 bis 5
men, SchwefelhexafluoridSF6 2 8
niederer Isolationswiderstand, Glimmer 7 25 bis 200
hohe frequenzabhängige Verluste, Keramik Klasse 1 6 bis 200 20
große Frequenzabhängigkeit und Hartpapier, Pertinax 4 20 bis 80
starke Alterung. Polystyrol (PS) 2,5 25 bis 200
Der Sperrschichtkondensator wird häufig als Polyester (PET) 3,3 25 bis 580
Stützkondensator für Halbleiterspeicher bei Polycarbonat (PC) 3,0 35 bis 535
Stromausfall (Gold Caps) eingesetzt, ferner wer- Polyethylennaphtalat (PEN) 3,0 25 bis 500
den sie zum Übernehmen großer Stromspitzen Polypropylen (PP) 2,2 100 bis 650
Teflon (PTFE) 2,1 100 bis 250
bei Gleichstrom (> 1000 A) eingesetzt.
1000 A aus. In diesen Fällen werden sie mit Was- eine Induktivität. Maßgebend für die Größe der
ser gekühlt. Induktivität L ist das mit der Leiterschleife ver-
kettete Magnetfeld. Die wichtigsten Gleichungen
2.3.5.2 Trimm-Kondensatoren des Magnetismus sind in der Tab. 2.10 wieder-
Trimm-Kondensatoren (Abb. 2.28) dienen zum gegeben. Induktivitäten stellt man durch Auf-
einmaligen oder selten veränderbaren Feinab- wickeln eines Drahtes auf einen Spulenkörper
gleich der Kapazität beim Ersteinsatz oder nach mit vorzugsweise rundem Querschnitt her und
der Reparatur eines Gerätes und lassen sich nur benennt sie auch mit dem Sammelbegriff Wickel-
mit einem entsprechenden Werkzeug einstellen. güter. Induktivitäten sind, im Gegensatz zu Kon-
Als Dielektrikum werden Luft (Luftplatten- Luft- densatoren und Widerständen, keine genormten
rohr- und Tauchtrimm-Kondensatoren), Kunst- technischen Bauelemente. Es gibt kleine Baufor-
stoff-Folien (Folientrimm-Kondensatoren) oder men, die in ihrem Aussehen Widerständen ähneln
Keramik (Rohr-, Scheiben- und SMD-Trimm- und sich für kleine Ströme eignen. Überwiegend
Kondensatoren) eingesetzt. In Abb. 2.28 ist ein entwickelt und fertigt man Induktivitäten spezi-
solcher SMD-Trimm-Kondensator als Schnitt- ell für die jeweilige Anwendung. Wie Abb. 2.42
zeichnung zu sehen. Eine metallisierte Elektrode zeigt, gibt es Induktivitäten mit Kern und ohne
ist als Stator fest in der Grundplatte verankert, magnetisch wirksamen Kern.
während die andere Elektrode als Rotorelektrode
drehbar montiert ist. Über sie ist die Kapazi-
tät einstellbar. Der Wert für die Kapazität wird
aber immer häufiger durch Wegbrennen von Flä- 2.4.1 Kerneigenschaften
chenteilen durch einen Laser (Laserabgleich)
eingestellt. Dies geschieht mit einer sehr großen 2.4.1.1 Luftspulen
Genauigkeit. Trimmer-Kondensatoren werden Induktivitäten ohne Kern heißen auch Luftspulen.
bevorzugt zur Feinabstimmung der Kapazitäten Die Vorteile von Luftspulen sind deren fast kon-
in Hochfrequenz-Filtern, Schwingkreisen und stante Induktivität: Da es keine Hystereseschleife
Oszillatoren eingesetzt. (Abb. 2.45) gibt, besteht ein linearer Zusammen-
hang zwischen der magnetischen Feldstärke H
und der magnetischen Induktion B. Ohne einen
2.3.5.3 MIS-Kondensatoren
magnetisch wirksamen Kern gibt es keine ma-
In der Halbleitertechnik integriert man Konden-
gnetische Sättigung. Auch wirken keine stören-
satoren häufig als Bauelemente (integrierter Kon-
den Eisenverluste. Nachteilig sind deren niedri-
densator) (MIS-Kondensator in Abb. 2.28; MIS:
ge Induktivität, d.h. man benötigt für die glei-
Metall-Isolator-Halbleiter-Struktur). Die beiden
che Induktivität mehr Windungen als für Spulen
Elektroden bestehen in diesem Fall aus der Me-
mit Kernen. Dadurch steigt der ohmsche Wider-
tallschicht an der Oberfläche und dem Halblei-
stand. Weil der magnetische Fluss nicht gezielt
tergebiet (z. B. p-dotiertes Silicium). Dazwischen
durch einen Kern geführt wird, entsteht ein ho-
befindet sich als Dielektrikum eine dünne SiO2 -
her magnetischer Streufluss L ; Transformatoren
Schicht. Der Aufbau ähnelt dem eines MOS-
für niedrige Frequenzen (f D 50 Hz) können
Feldeffekttransistors (Abschn. 3.3.2) und wird
deshalb auch nicht mit Luftspulen gebaut wer-
auch als MOS-Kondensator bezeichnet.
den. Luftspulen werden nur noch in speziellen
Fällen eingesetzt, so beispielsweise bei Frequenz-
weichen in Mehrweg-Lautsprecherboxen (L D
2.4 Induktivitäten
0;1 mH oder 6,8 mH), für sehr hohe Frequenzen,
Eine Induktivität L ist ein passiver Zweipol, der – bei denen Ferritkerne versagen oder als Rah-
ähnlich wie ein Kondensator – Energie speichern menantennen (Luftspulen mit besonders großem
und wieder abgeben kann. Jeder Leiter besitzt Durchmesser; L von 100 nH bis 100 H).
2 Passive Bauelemente 137
erfolgt meist nach der Formgebung wie EE, EI Vorteile sind: runder Mittelschenkel, konstanter
(oft EJ geschrieben), EK, U, Ring und Stab. Kernquerschnitt längs des Eisenwegs und großes
Der Buchstabe „M“ steht für Mantelkern und Spulenfenster. Außerdem sind diese Spulenkör-
„P“ für Pot (Topf). Pot Module kürzt man mit per für eine Automatenbewicklung geeignet. Mit
PM, und Rectangular Module (rechteckiges Mo- U-Kernen kann man durch das Aneinanderfügen
dul) mit RM ab. Die aus Schnittband gefertigten mehrerer Kernpaare große magnetische Quer-
Varianten heißen SM und SU. Schnittbandkerne schnitte verwirklichen.
fertigt man aus aufgewickeltem und mitein-
ander verklebtem Band. Die Kernform ETD
ist eine neuere Entwicklung. Die Abkürzung 2.4.1.4 Ersatzschaltbilder
bedeutet Economic Transformer Design (wirt- Die Ersatzschaltbilder von Induktivitäten sind in
schaftliche Transformator-Konstruktion). Seine Abb. 2.43 dargestellt.
2 Passive Bauelemente 139
zen nur kleine Wirbelstromverluste entstehen werden (Tab. 2.11). Soweit dies für die Anwen-
können. Der spezifische Widerstand von Fer- dung erforderlich ist, gibt es alle Kerne auch
riten liegt um 106 bis 1010 höher als der von mit verschieden großem Luftspalt. Je größer der
Ferromagnetika. Die wichtigsten Eigenschaften Luftspalt, desto kleiner ist der AL -Wert (kleiner
sind in Tab. 2.12 zusammengefasst. AL -Wert bedeutet niedrige Permittivitätszahl r ;
Die Angabe m für den spezifischen Wider- Abschn. 2.4.2.5), der dafür aber umso genauer
stand lässt sich folgendermaßen umrechnen: eingehalten werden kann.
Bereich von 40 °C bis C120 °C). Das be- mal ausnutzen. Wird nach dem Wickeln jeder La-
deutet unter anderem, dass hohe Induktivitäten ge eine sogenannte Lagenisolation aufgebracht,
mit relativ wenigen Windungen verwirklicht dann spricht man von einer Lagenwicklung. Bei
werden können. Dadurch kann das Bauvolu- einer Präzisionswicklung ist zusätzlich die Win-
men um einen Faktor 3 verkleinert werden. dungszahl jeder Lage vorgeschrieben.
Besondere Anwendungsfeder sind: Solarwech-
selrichter, Frequenzumrichter, Schaltnetzteile, 2.4.2.2 Wicklungskapazität
Windgeneratoren, EMV-Filter, unterbrechungs- In den meisten Fällen liegen die Windungen dicht
freie Stromversorgungen, Induktionskochfelder aneinander und die Lagen sind über die gesam-
und Anwendungen im Automobilbereich. te Breite des Spulenkörpers gewickelt. Bei dieser
allgemein üblichen Wickeltechnik liegt der Wick-
Massekerne lungsanfang auf dem Ende der jeweils darüber
Diese Kerne stellt man aus sogenannten Pulver- liegenden Wicklung; die Lagen sind also mä-
verbundwerkstoffen her. Sie bestehen meistens anderförmig angeordnet, wie beispielsweise die
aus Nickel-Eisen-Pulver mit einem Nickelanteil gefalteten Seiten von Endlos-Druckerpapier. Da
von bis zu 80 %. Eine Kunststoffumhüllung der die Spannung zwischen dem Wicklungsanfang
einzelnen Nickeleisen-Partikel bewirkt einen und dem darüber liegenden Wicklungsende am
dreidimensionalen und um den ganzen Kern- höchsten ist, wirkt sich hier die Eigenkapazität
umfang homogen verteilten Luftspalt, welcher der Wicklung stark aus.
Wirbelströme in allen drei Achsen unterdrückt. Die Wicklungskapazität und die Hauptinduk-
Vorteilhaft sind deren lineare Magnetisierungs- tivität der Spule bilden einen Schwingkreis. Die
kurven mit möglichst konstanter Permeabilität Grenzfrequenz fg einer Induktivität ist erreicht,
selbst bis zu hohen Induktionen. Diese eignen wenn der Serienwiderstand R gleich groß ist wie
sich gut für Drosseln, denen ein Gleichstrom der Betrag des komplexen Widerstandes der In-
überlagert ist (Speicherdrosseln in Stromver- duktivität, wenn also gilt: R D j!L, (! D 2 f ).
sorgungen s. Abschn. 17.3). Nachteilig sind Bei der Resonanzfrequenz fres sind die Beträge
deren recht hohe Koerzitivfeldstärke HC und die der komplexen Widerstände der Induktivität und
vergleichsweise geringe Permittivitätszahl r . der Kapazität gleich groß. Es gilt: j!L D 1=j! C .
Massekerne haben überwiegend die Form von Hieraus ergibt sich die Resonanzfrequenz zu
Ringkernen und kleinen Stabkernen (Stiftker- r
1 1
nen). fres D
2 LC
Die Eigen-Resonanzfrequenz fres des Schwing-
2.4.2 Wicklungseigenschaften kreises, der aus der Induktivität L und der parasi-
tären Eigenkapazität Cp gebildet wird, ist niedrig.
2.4.2.1 Zylinderwicklung (Solenoid) Deshalb ist die Verwendung in einem Schwing-
Die am häufigsten verwendete Art der Wicklung kreis oder als Wicklung eines Transformators für
hat die Form eines Zylinders und ist mehrlagig. hohe Frequenzen oft nicht möglich.
Einlagige Spulen sind einfach herzustellen und Um den Einfluss der Eigenkapazität Cp einer
finden wegen ihrer kleinen Eigenkapazität Cp in Spule zu verringern, ist diese, oder die Span-
Hochfrequenzschaltungen Verwendung. Wenn an nung zwischen sich berührenden Windungen und
die wirksame Eigenkapazität der Spule keine be- Wicklungen, so klein wie möglich zu halten. Eine
sonderen Anforderungen gestellt werden (z. B. Verbesserung der kapazitiven Bürde erreicht man
bei Relais), kann der Kupferdraht ungeordnet auf durch eine Vergrößerung des Abstandes zwischen
den Spulenkörper gewickelt werden. Mit dicht den einzelnen Lagen, mittels einer Polycarbonat-
aneinander anliegenden Windungen und voll be- folie (PC) als Lagenisolation einer Lagenwick-
wickelten Lagen lässt sich der Wickelraum opti- lung.
144 E. Hering und K. Bressler
2.4.2.3 Scheibenwicklung
Von einer Scheibenwicklung wird gesprochen,
wenn die Höhe der Wicklung größer als deren
Breite ist. Scheibenwicklungen finden bei-
spielsweise für Hochspannungstransformatoren
Verwendung, um die Spannung pro Lage genü-
Abb. 2.47 Lagenwicklung. a normale Lagenwicklung,
b gleichgerichtete Lagenwicklung gend klein zu halten. Eine Scheibenwicklung
kann auch als gedruckte Leiterplatte gestaltet
sein, wobei die magnetische Achse senkrecht zur
Plattenoberfläche verläuft. Vor allem kleine Wer-
Eine weitere Verbesserung der kapazitiven
te der Induktivität lassen sich in dieser Form auf
Bürde ist durch eine gleichgerichtete Lagen-
einer gedruckten Leiterplatte realisieren.
wicklung zu erreichen. Die gleichgerichtete
Lagenwicklung ist eine Präzisionswicklung, bei
der die Anfänge und die Enden der einzelnen La- 2.4.2.4 Ringkernspule (Toroid)
gen jeweils am selben Flansch des Spulenkörpers Mit einem Ringkern lassen sich besonders streu-
liegen. In Abb. 2.47 ist die Lagenwicklung und arme Induktivitäten aufbauen. Niedrige magne-
die gleichgerichtete Lagenwicklung schematisch tische Ausstreuungen erreicht man, wenn mög-
anhand einer Hälfte eines durchgeschnittenen lichst alle Feldlinien innerhalb des Kerns ver-
Spulenkörpers und mit rot gekennzeichneter La- laufen. Zu diesem Zweck muss die Wicklung
genisolation dargestellt. gleichmäßig über den gesamten Umfang verteilt
Bei einer gleichgerichteten Lagenwicklung sein, und der Außendurchmesser des Kerns sollte
wickelt man eine Lage voll und dann mit nur nicht wesentlich kleiner als der Innendurchmes-
wenigen Windungen zurück bis an den Anfang ser des Rings sein. Auch Ringkernspulen haben
der Wicklung, wobei nach jeder Windung ei- ein Streufeld. Werden die Lagen in nur einer
ne Lagenisolation eingelegt wird. Die parasitäre Drehrichtung gewickelt, so wirkt jede Lage ähn-
Kapazität Cp wird umso niedriger, je weniger lich wie eine Windung, die auf dem äußeren
Windungen jede Lage hat. Kernumfang aufgebracht ist. Daraus ergibt sich
Eine kostengünstige Möglichkeit zur Verrin- ein Streufeld in axialer Richtung. Für hohe Fre-
gerung von Cp ist die Verwendung von Mehrkam- quenzen, für die kein geeigneter Ferrit mehr zur
mer-Spulenkörpern, deren Wickelraum in mehre- Verfügung steht, verwendet man magnetisch neu-
re Kammern aufgeteilt ist. Hierdurch kann man in trale Keramikringe.
den meisten Fällen auf eine Lagenwicklung oder Ringkerne aus Ferrit sind bevorzugt für Funk-
eine gleichgerichtete Lagenwicklung verzichten. entstördrosseln im Einsatz, da deren Eisenweg
Sehr kleine parasitäre Kapazitäten Cp lassen nicht von einem Luftspalt unterbrochen wird und
sich mit einer sogenannten Kreuzwicklung errei- deshalb hohe Induktivitäten zu verwirklichen
chen. Bei ihr liegen die Lagen nicht parallel, sind. Auf den Kern bringt man mindestens zwei
sondern im spitzen Winkel übereinander, so dass vollkommen identische Wicklungen auf. Diese
sich die Kupferdrähte von übereinanderliegen- Drosseln schaltet man so, dass in beiden Wick-
den Lagen nur an einzelnen Punkten gegenseitig lungen der entgegengesetzt gleiche Strom fließt
berühren. Die Kreuzwicklung weist auch wegen und sich dessen Wirkungen im Kern kompensie-
des stetigen Wicklungsaufbaus eine sehr gleich- ren. Es sind die sogenannten stromkompensierten
mäßige Spannungsaufteilung zwischen den La- Drosseln. Da die Kerne keinen Luftspalt besitzen,
gen auf. Dadurch werden Überschläge vermie- ist eine hohe Permeabilität leicht zu erreichen,
2 Passive Bauelemente 145
so dass gute Dämpfungen von hochfrequenten Induktion B erhöht. Die magnetische Feldkon-
Gleichtakt-Störströmen zu erzielen sind. stante 0 ist eine Naturkonstante und besitzt fol-
genden Wert:
2.4.2.5 Induktivität einer Zylinderspule
Wb
Die Induktivität einer Zylinderspule wird nach- 0 D 4 107 (2.33)
folgend anhand der Induktionsgesetze erläutert. Am
Wie M. FARADAY (1791 bis 1867) erkann- Die magnetische Feldstärke H einer langen Zy-
te, wird durch jede zeitliche Änderung dt linderspule (Solenoid) ist beispielsweise
des magnetischen Flusses d eine elektrische
Spannung uind induziert, die proportional zur N I
Windungszahl N ist: H D (2.34)
le
wobei Ae die effektive magnetisch wirksame Flä- Setzt man die beiden Gl. 2.35 und 2.37 gleich,
che und B die magnetische Induktion sind. Es dann erhält man die Induktivität L einer Zylin-
gilt: derspule (Solenoid) zu:
Ae N 2
BD oder allgemein LDf (2.38)
A le
d
BD Der Faktor f ist 1, wenn die effektive Län-
dA
ge le für die Spule wesentlich größer ist als deren
Die magnetische Induktion B ist mit der magne- Durchmesser. Außerdem darf die Frequenz nur
tischen Feldstärke H durch die Permeabilität so niedrig sein, dass man den Skin-Effekt noch
verknüpft. Sie ist das Produkt aus der magneti- vernachlässigen kann. Die Induktivität eines über
schen Feldkonstanten und der Permeabilitäts- den Umfang gleichmäßig bewickelten Toroids
zahl r : (Ringkernspule) erhält man durch Einsetzen der
mittleren Weglänge des Toroids le D 2 r.
B D H; mit D 0 r (2.32) Die Einheit der Induktivität L ist das Henry
(H), wobei 1 H D 1 Vs=A D 1 s ist.
Die Permeabilitätszahl r ist eine dimensionslo- Die Induktivität beträgt 1 Henry, wenn bei ei-
se Zahl, die im Vakuum den Wert 1 hat. Sie gibt ner Änderung der Stromstärke um 1 A innerhalb
an, um welches Verhältnis sich die magnetische von 1 s eine Spannung von 1 V induziert wird.
146 E. Hering und K. Bressler
In der Praxis verwendet man die sogenannten Zur Dimensionierung von Speicherdrosseln
AL -Werte. Dazu formt man die Gl. 2.36 so um, verwendet man unterschiedliche Verfahren. Man-
dass auf der rechten Seite nur N 2 steht und die che Hersteller von Ferriten geben eine Hanna-
restlichen Größen in der Größe AL zusammenge- Kurve an, die für eine Kernform mit einem Ma-
fasst sind. Es gilt: terial gültig ist. In den Hanna-Kurven werden
Li 2 über der optimalen Durchflutung D D NI
Ae N 2 als Funktion des Luftspaltes dargestellt. Nicht
L D 0 r D AL N 2 :
le berücksichtigt wird die fast ausschließlich durch
Im Faktor AL sind demnach die Permeabilität den Kupferwiderstand verursachte Eigenerwär-
( D r ), der effektive Querschnitt Ae , die mung (Kupferverluste) der Drossel. Deshalb ist
Länge des Eisenweges l und eines eventuell vor- eine tabellarische Angabe von optimierten Wer-
handenen Luftspalts berücksichtigt. Üblicherwei- ten für eine vorgegebene Temperaturerhöhung
se wird AL in nH pro Windung zum Quadrat an- # praxisgerecht. Hierin sind die Werte für LI 2
gegeben. Der AL -Wert entspricht nach Tab. 2.10 und die dazugehörigen optimalen Werte für NI
dem Leitwert bzw. dem Kehrwert des magneti- enthalten, sowie die Breite des Luftspalts sL und
schen Widerstandes Rm , so dass gilt: die effektive Überlagerungspermeabilität eff ./
bei einer definierten Temperaturerhöhung #.
AL D 1=Rm oder L D N 2 =Rm Andere Hersteller beschränken sich auf die Anga-
be der reversiblen Permeabilität in Abhängigkeit
Kennt man den AL -Wert einer Spule, so kann von der Feldstärke H mit der effektiven Permea-
man die Windungen N ausrechnen, die man zu bilität als Parameter. Diese Kurven gestatten eine
einer bestimmten Induktivität L benötigt. Abschätzung des Verlaufs der Induktivität bei
Besteht die Rückleitung eines gestreckten Lei- zunehmender Gleichstrom-Vormagnetisierung.
ters aus einer metallischen Wand mit einem Ab-
stand, der ein Vielfaches des Leiterdurchmessers
beträgt, dann lässt sich die Induktivität des ge- 2.5 Dioden
streckten Leiters definieren.
Die Induktivität einer einzelnen kreisförmi- Dioden sind unsymmetrisch aufgebaute Zweipo-
gen Leiterschleife lässt sich mit folgender Nähe- le, deren Widerstand von der Polarität und der
rungsformel beschreiben: Größe der angelegten Spannung abhängt. Heu-
te ist Silicium das wichtigste Grundmaterial für
L D D=cm
D2 ln I Dioden. Germanium wird nur noch für Sonderfäl-
nH cm d=cm
le im Hochfrequenzbereich verwendet. Gallium-
Spulendurchmesser D und Drahtdurchmesser d arsenid eignet sich durch die hohe Beweglichkeit
in cm. der Ladungsträger gut für Halbleiter im GHz-
Bereich, es wird aber wegen seines hohen Preises
Hinweise zur Dimensionierung von Drosseln noch wenig eingesetzt.
mit überlagertem Gleichstrom (z. B. Speicher- Dioden bestehen aus zwei unterschiedli-
drosseln in Stromversorgungen) Kerne für In- chen Werkstoffen, meistens p- und n-dotiertem
duktivitäten mit einem überlagertem Gleichstrom Silicium, wobei der Widerstand der Grenz-
benötigen einen Luftspalt, damit dieser nicht sät- schicht unter anderem von der Richtung und
tigt. Wie in Abb. 2.45a dargestellt, reichen bei dem Betrag des angelegten elektrischen Feldes
Kernen ohne Luftspalt schon kleine magnetische abhängt. Schottky-Dioden bestehen aus einem
Feldstärken H aus, um den Kern zu sättigen. Halbleiter-Metall-Übergang, der eine ähnli-
Dies gilt insbesondere für Ringkerne. Je größer che Ventilwirkung wie ein pn-Übergang hat.
der Luftspalt ist, umso höher kann die Feldstär- In Abschn. 1.8.7 ist der pn-Übergang und in
ke werden, ohne dass der Wert der Induktivität L Abschn. 3.1.3.1 die Diodenkennlinie als Ein-
abfällt. gangswiderstand eines Transistors beschrieben.
2 Passive Bauelemente 147
Abb. 2.48 Aufbau einer Diode; a pn-Übergang ohne angelegte Spannung; b pn-Übergang in Sperrrichtung vorge-
spannt; c pn-Übergang in Durchflussrichtung betrieben
Eine Diode besteht, wie Abb. 2.48 zeigt, aus der Dioden durch folgende Parameter bestimmt:
zwei verschieden dotierten Schichten eines Halb- die Fläche der Sperrschicht, ihre mögliche Dicke
leitermaterials. Dabei enthält p-leitendes Silicium und die Art der Kontaktierung sowie die Do-
Störstellenatome mit drei Valenzelektronen, bei- tierung. Bei der Dotierung beeinflussen die ver-
spielsweise Aluminium und n-leitendes Silicium wendeten Elemente und ihre Konzentration die
und Störstellenatome mit fünf Valenzelektronen, elektrischen Daten erheblich. Mit zunehmender
beispielsweise Phosphor. Im n-Material neutra- Störstellenkonzentration wird der Halbleiter nie-
lisieren die zusätzlichen Elektronen die höhere derohmiger, da mehr Ladungsträger vorhanden
positive Ladung des Kerns; sie haben aber keinen sind. Gleichzeitig sinkt die maximale Sperrspan-
festen Platz im Kristallgitter und können un- nung, da im stärker dotierten Halbleiter auch in
ter dem Einfluss der Wärmebewegung in das Sperrrichtung eher Ladungsträger aktiviert wer-
p-Material diffundieren, wo zwar keine ent- den als in einem schwach dotierten Material. Die
sprechenden Kernladungen, aber die Plätze im Gleichstromkennlinien in Abb. 2.50 weisen auf
Kristallgitter vorhanden sind. Dadurch entsteht diesen Zusammenhang hin, wobei nur einige Di-
im stromlosen Zustand am Rand der Sperrschicht odentypen dargestellt sind.
im p-Material eine negative und im n-Material
eine positive Raumladung (Abb. 2.48a). Eine
zwischen n- und p-Material angelegte positi- 2.5.1 Schaltdioden
ve Spannung vergrößert diese Raumladungen
auf beiden Seiten. Das elektrische Feld drängt Schaltdioden sind schnelle Dioden mit kleiner
die Ladungsträger aus der Sperrschicht, und Leistung. Liegt innerhalb der Schaltung an der
der Stromfluss ist weitgehend unterbrochen Diode eine Spannung in Durchlassrichtung an,
(Abb. 2.48b). Minoritätsträger, das sind Elek- dann ist die Diode niederohmig und sie leitet
tronen in der positiven und Löcher in der den Strom und das Signal weiter. Ist die Dioden-
negativen Raumladungszone, werden vom elek- spannung in Sperrrichtung gepolt, dann sperrt
trischen Feld durch die Sperrschicht getrieben die Diode den Strom und das Signal. Diese Di-
und verursachen den Reststrom in Sperrrichtung. oden werden in großer Stückzahl preisgünstig
Liegt eine positive Spannung zwischen p- und hergestellt und vielfältig eingesetzt. Sie wer-
n-Material (Abb. 2.48c), dann unterstützt das den deshalb auch Universaldioden genannt. Die
elektrische Feld die aus Abb. 2.48a bekannte wichtigsten typischen Daten sind: Sperrspannung
Diffusion der Elektronen und der Strom steigt 50 V bis 100 V, Dauerdurchlass-Strom 50 mA bis
exponentiell mit der angelegten Spannung an 200 mA, Schaltzeiten zwischen 2 ns und 20 ns.
(Gl. 1.138). Die Restströme können meistens vernachlässigt
Für die vielen verschiedenen Anwendungs- werden.
bereiche wurden unterschiedliche Diodentypen Es gibt verschiedene Typen der Schaltdioden,
entwickelt. Abbildung 2.49 zeigt eine Übersicht. deren Eigenschaften für den jeweiligen Anwen-
Dabei werden die die elektrischen Eigenschaften dungsfall optimiert sind. Die Verbesserung ei-
148
Abb. 2.50 Abnahme der Sperrspannung mit zunehmender Dotierung. a Schalterdiode, b Gleichrichterdiode mit kon-
trolliertem Durchbruch, c Z-Diode, d Backwarddiode, e Tunneldiode
Abb. 2.51 Schaltverzögerung einer Diode; a Messschaltung; b Spannungen und Ströme an der Diode
ner Eigenschaft, beispielsweise eine sehr kurze Das elektrische Feld in der Sperrschicht be-
Schaltzeit, verschlechtert im Allgemeinen ande- schleunigt und bewegt die Ladungsträger. Ändert
re Daten und kann zu einer Diode mit kleine- sich das Feld, dann ändert sich die Leitfähigkeit
rer Sperrspannung und einem höheren Reststrom der Sperrschicht erst, wenn die Ladungsträger
führen. Da normalerweise nur ein oder zwei Para- ihre neue Lage haben. Der Strom folgt der Span-
meter wichtig sind, lässt sich aus den Datenblät- nung nicht unmittelbar, sondern mit einer kleinen
tern im Internet immer der passende Halbleiter nichtlinearen Verzögerung (Abb. 2.51).
finden. Abbildung 2.51a zeigt die prinzipielle Mess-
Die Durchlasskennlinie entspricht der Ein- Schaltung, Abb. 2.51b die Ansteuerspannung und
gangskennlinie eines bipolaren Transistors (Abb. den zeitlichen Verlauf des Diodenstroms. Beim
3.7). Sie besitzt auch denselben Temperaturgang, Einschalten liegt die volle Generatorspannung
und der Sperrstrom bei 25 °C Sperrschichttempe- kurzzeitig in Durchlassrichtung an der Diode an.
ratur kann fast immer vernachlässigt werden. Mit Sobald genügend Ladungsträger in der Sperr-
zunehmender Temperatur steigt der Sperrstrom schicht sind, sinkt die Spannung auf die normale
stark an. Erhöht sich die Sperrschichttemperatur Durchlassspannung ab. Die erforderliche Zeit
um 125 K, dann steigt der Reststrom ungefähr heißt Einschaltverzögerungszeit (engl.: forward
um den Faktor 1000. recovery time tfr ); sie dauert 0,5 ns bis 50 ns.
150 E. Hering und K. Bressler
2.5.2 Schottky-Dioden
sen Nachteil: Hier fließt ein Vorstrom ID2 durch Niedrige Fluss-Spannung UF , auch bei nied-
die Diode D2 und spannt sie um ihre Durchlass- rigen Kristalltemperaturen Tj , um die Durch-
spannung UD2 vor. Der gleiche Strom fließt durch lassverluste Pv klein zu halten.
die Diode D1 und verursacht an ihr die Durch- Hohe Sperrspannung UR:
lassspannung UD1 . Die Anode D1 ist über C2 für Niedriger Sperrstrom IR:
Hochfrequenz geerdet. Die positiven Halbwellen Hohe Stoßstromfestigkeit (Surge Current)
der HF laden C3 über R1 auf. Die vorgespann- IFSM .
te Diode D1 schließt die negativen Halbwellen Schnelles Ein- und Ausschalten (trr ) beim
schon bei kleinen HF-Spannungen kurz. Wenn Gleichrichten von Wechselspannungen mit
die Gleichströme ID1 und ID2 und die Tempe- Frequenzen f 50 Hz.
ratur beider Dioden gleich sind, kompensieren Gleichrichterdioden werden als Einzelelement,
sich die Durchlassspannungen UD beider Dioden Doppeldiode und als Vollbrücke angeboten. In
und der Demodulator arbeitet linear, auch wenn Tab. 2.15 wird ein kleiner Ausschnitt über Di-
die Hochfrequenz-Eingangsspannung kleiner als oden für verschiedene Anwendungen mit Daten
die Diodenspannung UD ist. Der Widerstand R1 und Gehäusen gegeben. Bei den Gehäusen ist
entkoppelt den Hochfrequenz führenden Eingang die Grundform angegeben: Hier gibt es zahlrei-
vom hochfrequenzfreien Ausgang. Bei R1 R che Varianten. Sofern nichts anderes vermerkt ist,
fallen an R1 Spannungen in Höhe von 100 mV sind Schaltregler die vorwiegende Anwendung.
bis 200 mV ab. Die Diodenschwellspannung UD Vollbrücken bestehen aus Einzeldioden, die
ist nur dann kompensiert, wenn R1 D R2 ist. zusammengeschaltet und in einem mit Gießharz
ausgefüllten Gehäuse eingebaut sind. Metallische
Gehäuse oder metallische Montageflansche von
2.5.3 Gleichrichterdioden
Plastikgehäusen haben in der Regel Kathoden-
Gleichrichterdioden dienen als Ventil und rich- potenzial, da die Kathode, mit Ausnahme von
ten Wechselströme in eine gleiche Richtung. Mit Dioden mit axialen Drahtanschlüssen, auf einem
ihnen werden Wechselspannungen möglichst metallischen Träger aufgelötet ist. Liegt die An-
verlustarm in Gleichspannungen umgeformt. ode am Gehäuse, dann ist dies bei Dioden, die
Gleichrichter sollen mehrere, teilweise einander nach dem Pro Electron-Schlüssel gekennzeichnet
widersprechende Forderungen erfüllen: sind, durch den Zusatz R in dem Typenaufdruck
2 Passive Bauelemente 153
gekennzeichnet. R steht für reverse, der eng- Spannung am pn-Übergang. Der Spannungsab-
lischen Bezeichnung für invers. Beispielsweise fall wird durch die Herstellung nach dem Epita-
lautet eine Typenbezeichnung SKN3F20 und für xie-Verfahren klein gehalten. Dabei geht man
den invers gepolten Typ SKR3F20. Doppeldi- von einem hochdotierten und deshalb niederoh-
oden haben in der Regel eine gemeinsame Ka- migen Siliciumsubstrat aus. Gasförmige Silici-
thode, da beide Gleichrichterkristalle auf einem umverbindungen, beispielsweise SiCl4 , werden
gemeinsamen Träger sitzen. darüber zu Silicium reduziert, das als einkris-
Die Sperrströme IR von bipolaren Silicium- talline Schicht aufwächst und die aktive Schicht
Dioden sind vergleichsweise niedrig. Sie dürfen bildet. Ihre Stärke und ihre Dotierung richten
aber nicht vernachlässigt werden, da sie bei hö- sich nach den erwünschten Eigenschaften des
heren Sperrschichttemperaturen zusätzliche Ver- Halbleiters. Die Güte der aktiven Schicht wird
luste verursachen. nicht durch eine hochohmige Trägerschicht ver-
Die Durchlass-Spannungen UF von Gleich- schlechtert.
richterdioden erreichen UF D 2 V. Die Durch- Die Typen von Gleichrichterdioden können
lass-Spannung einer Diode setzt sich aus der typi- nach der Art ihrer Anwendung voneinander un-
schen Spannung am pn-Übergang (Gl. 1.138 und terschieden werden. Es sind:
Abb. 1.83b) und dem Spannungsabfall am ohm- Gleichrichter für ein- oder mehrphasige Wech-
schen Widerstand im Chip zusammen. Die Geo- selspannung mit 40 Hz < f < 400 Hz.
metrie und die Dotierung der Diode beeinflus- Bei 230 V spricht man von Netzgleichrich-
sen den Sperrsättigungsstrom IS und damit die tern.
154 E. Hering und K. Bressler
Die Serienschaltung von Gleichrichtern erfor- Temperaturen und Verlustleistungen parallel ge-
dert Schutzmaßnahmen gegen die Überspannung. schalteter Dioden pendeln sich in der Nähe des
Normale Gleichrichterdioden darf man nur mit Maximums ein. Im Datenblatt wird auf die einfa-
einer Schutzbeschaltung in Reihe schalten. Da che Parallelschaltung hingewiesen.
die Sperrströme IR in jeder der beteiligten Di- An die Sperrerholzeit trr (rr: engl.: reverse
oden unterschiedlich sein können, teilen sich die recovery, d. h. inverse Erholung) von Netzgleich-
Sperrspannungen undefinierbar auf und führen richtern werden keine besonderen Ansprüche ge-
zu einer Zerstörung der Dioden. Außerdem muss stellt. Deshalb wird für Dioden, die zur Gleich-
man die sich dynamisch ändernde Sperrschicht- richtung von niederfrequenten und sinusförmigen
kapazität der Dioden durch Parallelkondensatoren Spannungen bestimmt sind, die Sperrerholzeit trr
CP überbrücken. Keine Schutzbeschaltung ist in der Regel auch nicht spezifiziert. In der Praxis
erforderlich, wenn Avalanche-Dioden verwen- haben solche Dioden Sperrerholzeiten von trr D
det werden. Avalanche-Dioden oder Controlled 2 s. Obwohl Gleichrichterdioden relativ lang-
Avalanche-Dioden werden solche Gleichrichter sam sein dürfen, muss in der Praxis darauf geach-
genannt, die ein kontrolliertes Lawinen-Durch- tet werden, dass die Dioden während ihrer Sperr-
bruchverhalten aufweisen. Man spricht auch von erholzeit keinen abrupten Stromabriss haben, da
einem kontrollierten Lawinendurchbruch (engl.: dieser im Zusammenwirken mit den Schaltungs-
controlled avalanche). Sie können im Durchbruch induktivitäten L zu unerwünschten Überschwin-
betrieben werden, solange die in den Datenblät- gungen entsprechend uL D Ldi=dt führt.
tern angegebenen Sperrverlustleistungen PR nicht
überschritten werden. Beispielsweise darf die
Substratdiode moderner MOSFET-Leistungs- 2.5.3.2 Schnelle Gleichrichterdioden
transistoren auch im Avalanche-Durchbruch Um einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen,
betrieben werden (Abschn. 3.4.9). Für Controlled- benötigen beispielsweise getaktete Stromver-
Avalanche-Dioden werden in den Datenblättern sorgungen Gleichrichterdioden, die vor allem
folgende zusätzliche Angaben gemacht: in der Lage sind, schnell auszuschalten. Bei
Mittelwert der höchstzulässigen Sperrverlust- schnellen Gleichrichtern werden zwei Arten
leistung PRAV , höchstzulässige periodische Spit- unterschieden: Die Planartypen mit Sperrver-
zen-Sperrverlustleistung PRRM und die höchstzu- zugszeiten trr > 100 ns und mit Sperrspannungen
lässige Stoß-Sperr-Verlustleistung PRSM . Die pe- UR 1300 V und die Epitaxialtypen mit
riodische Sperr-Verlustleistung gilt für die Netz- trr 50 ns. Die Sperrverzugszeit trr nimmt
frequenz f D 50 Hz. Die Spitzen- und die mit der Sperrspannung UR und dem zulässigen
Stoß-Sperr-Verlustleistung gelten für Zeitinter- Durchlassstrom IF zu. Dieser Zusammenhang ist
valle von 10 s. in Tab. 2.16 angegeben.
Eine Parallelschaltung von herkömmlichen Die „schnellen“ Planartypen werden im an-
Gleichrichtern sollte vermieden werden, da die- gelsächsischen meist als Fast Recovery Rectifiers
se nur mit Einschränkungen und mit relativ bezeichnet, während die Epitaxialtypen Ultrafast
hohem Aufwand möglich ist. Es ist eine elek- Recovery Rectifiers genannt werden. Inzwischen
trische und thermische Symmetrierung, also eine wird eine noch schnellere Gruppe als hyperfast
gleichmäßige Stromaufteilung und thermische bezeichnet.
Kopplung erforderlich. Da eine vollständige
Symmetrierung kaum möglich ist, sollte der Sperrerholzeit trr
Summenstrom um etwa 20 % verringert und Das Verhalten der Gleichrichterdioden während
der Diodenstoßstrom IFSM sogar halbiert wer- ihres Übergangs vom leitenden in den gesperrten
den. Inzwischen gibt es Leistungsdioden, deren Zustand ist vor allem in getakteten Stromver-
Durchlassspannung bei einer mittleren Tempe- sorgungen von überragender Bedeutung. Das
ratur ein Maximum hat und die bei niedrigeren Sperrverhalten wird durch die Sperrverzugs-
Sperrschichttemperaturen wieder abnimmt. Die ladung QR der Diode bestimmt, wie sie in
156 E. Hering und K. Bressler
Tab. 2.16 Erholzeiten trr in ns von Epitaxialdioden (ultrafast) abhängig vom zulässigen Durchlassstrom und der zuläs-
sigen Durchlassspannung
Dauerstrom IF /A 3–4 5–6 9–10 15–18 30 45
Spannung/V trr /ns trr /ns trr /ns trr /ns trr /ns trr /ns
200 15 15 20 20 30 35
600 60 70 75 87 126 140
1200 115 – 140 195 240 400
rend dieser Zeit ist die Sekundärseite des Trans- Diode nicht unnötig hoch gewählt wird. Außer-
formators fast kurzgeschlossen und der Strom dem haben schnelle Epitaxialdioden eine kleinere
wird durch Streuinduktivitäten LS oder den Tran- Einschaltüberspannung als Dioden, die in anderer
sistor selbst begrenzt. Die dabei im Transistor Technologie hergestellt wurden.
und der Schaltung entstehenden Verluste können
erheblich sein.
Die für schnelle Gleichrichter in den Daten- 2.5.4 Schottky-Leistungsdioden
blättern nach JEDEC-Test-bedingungen angege-
benen Sperrverzögerungszeiten sind in der Pra- Schottky-Dioden werden mit Sperrspannungen
xis unbrauchbar, da die Messbedingung nicht bis etwa 100 V und für Durchlass-Ströme bis
den tatsächlichen Betriebsfall der Diode nach- 10 A gebaut. Diese Leistungsdioden werden
vollzieht. Nach JEDEC wird unter folgenden Be- in getakteten Stromversorgungen anstelle von
dingungen gemessen: Epitaxial-Dioden eingesetzt werden. Vorteilhaft
Flussstrom IF D 1 A, sind die geringe Durchlassspannung und die ex-
Stromänderungsgeschwindigkeit di=dt D trem kurze Schaltzeit. Nachteilig sind vor allem
15 A=s, der hohe Sperrstrom und die begrenzten Werte
Sperrspannung UR D 30 V. der Sperrspannung und des Durchlassstroms.
Die unter realistischen Bedingungen ermittelten Schottky-Dioden sind bei Schaltreglern für
Werte sind erheblich schlechter, da die tat- kleinere Spannungen und mittlere Leistung eine
sächlichen Strom-Änderungsgeschwindigkeiten interessante Alternative zu Epitaxialdioden. Je
100 A=s dI =dt 400 A=s betragen kön- kleiner die Ausgangsspannung einer Stromver-
nen, vor allem wenn ein MOSFET als Schalter sorgung ist, desto mehr stört der Spannungsabfall
verwendet wird. Werden für die Sperrverzugs- an der Gleichrichterdiode. Bei kleinen Ein- und
ladung QR Datenblattwerte genannt, die unter Ausgangsspannungen, Umgebungstemperaturen
realistischen Messbedingungen ermittelt wurden, bis 45 °C und einem guten Kühlsystem bieten
dann kann man die in der Freilaufdiode zusätz- Schottky-Dioden oft Vorteile gegenüber Epitaxi-
lich auftretenden Verluste PV.rr/ errechnen: aldioden. Durch die sehr kurze Schaltzeit können
Schaltregler bei einer höheren Frequenz mit
PV.rr/ D QR UR fS ; einem kleineren Transformator oder einer kleine-
ren Speicherdrossel gebaut werden.
wobei fS die Schaltfrequenz ist. Beim Entwurf eines Schaltreglers sind die
Vor- und Nachteile beider Diodentypen sorgfältig
Vorwärtserholzeit tfr abzuwägen. Der hohe Sperrstrom einer Schottky-
Beim Einschalten einer schnell sperrenden Di- Diode erfordert eine sehr sorgfältige Auslegung
ode tritt für die Vorwärtserholzeit, tfr (engl.: des Kühlkörpers, um ein thermisches Driften und
forward recovery time) eine höhere Spannung, damit eine Zerstörung zu vermeiden.
die sogenannte Einschaltüberspannung (engl:. Die Tab. 2.15 enthält neben Signal- und HF-
forward recovery voltage), auch Einschalt- Dioden auch zwei Schottky-Leistungsdioden.
Scheitelspannung genannt, auf. Sie kann deutlich Unter Abschn. 2.5.2 Schottky-Dioden sind diese
über der statischen Flussspannung UF liegen und weiter beschrieben.
ist umso höher, je größer die Sperrspannung UR
der betreffenden Diode, der ihr eingeprägte
Strom IF und dessen Anstiegsgeschwindigkeit 2.5.5 Z-Dioden
di=dt sind. Eine schnell auf die Diode geschaltete
Spannung bewirkt während der Vorwärtserhol- Z-Dioden, früher Zener-Dioden (C. M. ZENER,
zeit tfr eine Verzögerung des Stromanstiegs. 1905 bis 1993), sind verhältnismäßig stark dotier-
Einschaltüberspannungen werden niedrig ge- te Dioden, die in Sperrrichtung betrieben werden.
halten, wenn die Sperrspannung der verwendeten Sie verhalten sich im Durchlassbereich und im
158 E. Hering und K. Bressler
derstand Rv fließt in die Z-Diode. Rv muss so nung UD , dann wird die Diode niederohmig, und
klein sein, dass bei der niedrigsten Eingangsspan- der Strom steigt stark an, während die Spannung
nung noch Strom in der Z-Diode fließt. Bei der um etwa 5 V absinkt.
höchsten Eingangsspannung ist auf die Verlust- Diacs haben aus einer langsam ansteigen-
leistung in Rv und der Z-Diode zu achten. den Steuerspannung für Thyristoren und Triacs
Z-Dioden werden wegen ihres Temperatur- schnell ansteigende Triggerimpulse erzeugt. Sie
gangs und ihres Innenwiderstandes heute kaum sind heute von wesentlich genaueren integrierten
noch als Spannungsreferenz benutzt. Hierzu die- Steuerschaltungen verdrängt, die preisgünstig zu
nen Band-gap-Referenzelemente (Abschn. 8.5.3). haben sind.
Z-Dioden eignen sich aber gut als Spannungsbe-
grenzer innerhalb und an den Schnittstellen einer
Schaltung. 2.5.7 Fotodioden
Eine Sonderbauform der Z-Dioden sind die
Suppressor-Dioden, (Transient Voltage Suppres- Die in einem Halbleiter gebundenen Ladungsträ-
sor Diodes) sie werden auch als Transzorb- ger können durch die Energiezufuhr des Lichts
oder Transildioden bezeichnet. Sie verhalten aus dem Kristall gelöst und zu freien Ladungsträ-
sich wie Leistungs-Z-Dioden, die einer gestör- gern werden. Dazu muss die Energie der Licht-
ten Gleichspannung parallel geschaltet werden, quanten (Photonen) EPh D hf größer als die
durch die Wahl ihrer Arbeitsspannung aber nor- Bindungsenergie der Ladungsträger im Kristall
malerweise stromlos sind. Treten kurzzeitige sein. Dabei ist h das Plancksche Wirkungsquan-
und hohe Spannungsspitzen auf, beispielsweise tum (h D 6;626 1034 J s) und f die Frequenz
von einem elektromechanischen Generator, kann des Lichts in Hz. Wird die Frequenz zu klein, d. h.
die Suppressor-Diode diese Spannungsspitzen die Wellenlänge zu groß, dann wird der Halbleiter
zusammen mit dem Innenwiderstand der Span- trotz hoher Lichtintensität nicht mehr beeinflusst,
nungsquelle auf ungefährliche Werte begrenzen. woraus sich das meist abrupte Ende der spektra-
Große Suppressor-Dioden können während ei- len Empfindlichkeit erklärt (Abschn. 6.5.4 Foto-
nes 1 ms dauernden Impulses eine Leistung von dioden und Abb. 6.53).
25 kW aufnehmen. Voraussetzung ist ein großes Dieser Fotoeffekt funktioniert im Prinzip bei
Halbleiterelement und ein gleichmäßiger Strom- jedem pn-Übergang, bei Fotohalbleitern wird er
fluss durch die Sperrschicht. Suppressor-Dioden jedoch durch Aufbau und Dotierung gezielt ge-
sind extrem schnell, ihre Schaltzeit liegt im ns- fördert. Die obere Sperrschicht und das Gehäuse
Bereich, sie können deshalb Störspitzen mit sehr müssen lichtdurchlässig sein (Abb. 2.60).
kurzer Anstiegszeit ableiten. Suppressor-Dioden Die meisten Fotodioden werden heute mit
stellt man in Epitaxietechnik her. transparentem Kunststoff umpresst, für feucht-
warme und aggressive Umgebungsluft gibt es
noch Metallgehäuse mit Glasfenster. Das häufigs-
2.5.6 Diac Triggerdioden te Grundmaterial für Fotohalbleiter ist Silicium.
Es empfängt sichtbares Licht und nahes Infra-
Diacs sind stark dotierte symmetrische Drei- rot, hat einen geringen Dunkelstrom ID und ist
schicht-Halbleiterdioden mit definiertem Durch- preisgünstig. Fotodioden sind schwach dotiert,
bruchverhalten. Diac ist ein Kunstwort aus der häufig ist zwischen der p- und der n-Schicht eine
englischen Bezeichnung Diode Alternating Cur- eigenleitende (intrinsic) Schicht. Dadurch sinkt
rent Switch. Liegt eine Spannung am Diac an, der Dunkelstrom und die Ladungsträger werden
dann wird immer ein pn-Übergang in Durchlass-, schneller. Diese pin-Fotodiode kann noch kleine-
der andere in Sperrrichtung betrieben. Dabei re Lichtstärken messen und Signale mit höherer
fließt nur ein kleiner Sperrstrom I < 100 A, Frequenz erfassen. Die aktive Fläche kann bei
weshalb die Diode hochohmig ist. Erreicht empfindlichen Fotodioden mehrere Quadratmil-
die angelegte Spannung die Durchbruchspan- limeter betragen, um bei kleinen Lichtstärken
160 E. Hering und K. Bressler
Abb. 2.61 Sperrstrom als Funktion der Beleuchtungsstär- Abb. 2.63 Spektrale Empfindlichkeiten von Silicium-
ke und Germanium-Fotodioden
2 Passive Bauelemente 161
Abb. 2.64 Mess-Schaltungen mit Fotodioden. a Einfache Messschaltung mit direkter Anzeige, b Verstärkung des
Sperrstroms mit einem Operationsverstärker
fg D 1=2 (2.39)
id : Diodengleichstrom
: Lebensdauer der Ladungsträger
Qd : gespeicherte Ladung in der Diode
Abb. 2.69 Hochfrequenzwiderstand einer pin-Diode als
Funktion des Steuerstroms
Wird die Diode mit einem konstanten Strom ge-
speist, dann ist auch die gespeicherte Ladung
Ist die Sperrschicht nicht oder in Sperrrich- konstant und ergibt sich zu:
tung vorgespannt, d. h. mit einer Spannung in
Sperrrichtung betrieben, dann isoliert die prak- Qd D Id (2.41)
tisch ladungsträgerfreie Intrinsic-Schicht und die
Diode ist sehr hochohmig. Wird die Diode mit Pin-Dioden finden als steuerbare Widerstände
der angelegten Spannung in Durchlassrichtung in der HF-Technik Verwendung, beispielswei-
betrieben, fließen Ladungsträger aus den hoch se für analoge Abschwächer oder HF-Schalter.
dotierten Randschichten in die Intrinsic-Schicht Dabei wird ein Spannungsteiler aus einem Fest-
und diese leitet. Der differenzielle Leitwert der widerstand und einer pin-Diode als steuerbarem
Sperrschicht ist zum Vor- oder Steuerstrom pro- Widerstand oder aus mehreren pin-Dioden aufge-
portional, ihr differenzieller Widerstand entspre- baut. Abbildung 2.70a zeigt das Ersatzschaltbild
chend umgekehrt proportional. Die Diode verhält eines Abschwächers mit einem regelbaren Wider-
sich wie eine ganz normale Siliciumdiode. stand. Im Abb. 2.70b ist dieser Widerstand durch
Abweichend von anderen Dioden haben die eine pin-Diode ersetzt, deren Widerstand durch
Ladungsträger in pin-Dioden eine lange Lebens- den Steuerstrom eingestellt wird.
dauer und die Sperrschicht eine lange Aus- Die Beschaltung der pin-Diode muss den
räumzeit trr . Wird dem Steuerstrom ein Hoch- Hochfrequenzpfad vom Gleichstrompfad tren-
frequenzstrom überlagert, dessen Periodendau- nen. Dazu fließt der Steuerstrom über die für
er kurz gegen die Ladungsträgerlebensdauer Hochfrequenz hochohmige Drossel L1 durch die
und gegen die Ausräumzeit trr ist, dann verhält pin-Diode und weiter über die Drossel L2 nach
sich die pin-Diode für die Hochfrequenz wie Masse. Für die Hochfrequenz sind die Dros-
ein ohmscher Widerstand. Sein Widerstandswert seln hochohmig und stellen keinen spürbaren
lässt sich mit dem Vorstrom mindestens um den Nebenschluss dar. Die Hochfrequenzleistung
Faktor 1000 ändern (Abb. 2.69). fließt über den Kondensator C1 in die pin-Diode
Die Ladungsdichte der Intrinsic-Schicht und und von dort über den Kondensator C2 oder
deren Geometrie bestimmen den Leitwert der direkt in den Verbraucher RL . Die Kondensa-
pin-Diode, während die Lebensdauer der La- toren C1 und C2 trennen den Gleichstrom vom
164 E. Hering und K. Bressler
Abb. 2.70 HF-Abschwächer mit pin-Dioden; a Ersatzschaltbild; b Pinzipschaltbild; c Pin-Dioden-T-glied mit kon-
stantem Eingangs-und Ausgangswiderstand
HF-Kreis ab. Die gezeigte Schaltung schwächt Sperrspannung ab (Abschn. 2.5.8, Kapazitätsdio-
die durchlaufende HF-Leistung durch ihren den).
Längswiderstand, reflektiert aber auch einen Eine positive Steuerspannung Ust1 lässt Strom
Teil aufgrund der entstehenden Fehlanpassung durch die Diode D1 fließen, der durch die Grö-
(Abschn. 4.1). ße der Steuerspannung und den Widerstand R1
Günstiger sind T- oder -Glieder aus pin- bestimmt wird. D1 ist niederohmig. Die Steuer-
Dioden, die so angesteuert werden, dass der Ein- spannung liegt an D2 in Sperrrichtung; deshalb
gangs- und Ausgangswiderstand stets konstant ist die Diode hochohmig und hat eine kleine
ist (Abb. 2.70c). Pin-Dioden eignen sich sehr Kapazität. Das HF-Eingangssignal kommt am
gut für Hochfrequenzschalter bis in den hohen Ausgang A1 mit geringer Dämpfung (0,5 dB bis
GHz-Bereich. Durch entsprechende Schaltun- 1 dB) an. Gleichzeitig liegt an USt2 eine negative
gen können einfache EIN-AUS-Schalter ebenso Steuerspannung. Die Diode D3 ist mit der Diffe-
wie Auswahlschalter (1 aus n) realisiert wer- renz beider Steuerspannungen gesperrt, D4 führt
den. Abbildung 2.71 zeigt einen zweistufigen Strom und ist entsprechend niederohmig. Das
Hochfrequenzschalter. Jeder Zweig des HF- HF-Signal am Ausgang A2 ist stark gedämpft
Schalters besteht aus einem Spannungsteiler aus (40 dB bis 70 dB). Die Dämpfung des Ab-
zwei pin-Dioden D1 und D2 . Eine Diode führt schwächers und des HF-Schalters ist im Prinzip
Gleichstrom und ist niederohmig, die andere ist frequenzunabhängig. Die unvermeidbare Sperr-
stromlos und deshalb hochohmig. Die hochoh- schichtkapazität und der restliche Reihenwider-
mige Diode soll eine möglichst kleine Kapazität stand verschlechtern die Eigenschaften bei hohen
haben, um den Spannungsteiler wenig zu be- Frequenzen. Pin-Dioden sind, je nach Einsatzge-
einflussen. Sie wird deshalb normalerweise mit biet, mit unterschiedlichen Schaltzeiten für ver-
einer hohen Spannung in Sperr-Richtung be- schiedene Frequenz- und Leistungsbereiche im
trieben, um ihre Kapazität klein zu halten. Die Handel. Alle wichtigen Eigenschaften sind in den
Sperrschichtkapazität nimmt mit zunehmender Datenblättern enthalten und im Internet zu finden.
2 Passive Bauelemente 165
rem Spannungshub, weshalb die Bedeutung der ode leitet in Sperrrichtung und sperrt bei kleinen
Tunneldioden heute gering ist. Spannungen in Durchlassrichtung, sie wird rück-
wärts (engl.: backward) betrieben (Abb. 2.49).
Backwarddioden sind, wie Tunneldioden, sehr
2.5.12 Backwarddioden schnell. Sie eignen sich zum Gleichrichten klei-
ner Hochfrequenzspannungen, die in normalen
Backwarddioden sind ähnlich wie Tunneldioden Dioden mit hoher Schwellspannung unterdrückt
aufgebaut, aber schwächer dotiert. Es tritt nur ein oder verfälscht werden. Die Bedeutung dieser
geringer Tunneleffekt auf, weshalb der Strom in speziellen Germaniumdioden ist heute gering.
Durchlassrichtung gegenüber dem normalen Di- Kleine Hochfrequenzspannungen kann man heu-
odenstrom nur wenig erhöht ist. Der Zenerdurch- te besser verstärken oder mit Schottky-Dioden
bruch macht die Diode schon bei kleinen Span- mit besonders kleiner Schwellspannung (Zero-
nungen in Sperr-Richtung niederohmig. Die Di- Bias-Detektordioden, Abb. 2.54) gleichrichten.
Transistoren
3
Klaus Bressler und Harald Rudolph
Abb. 3.2 Aufbau, Schaltzeichen und Schaltung eines bipolaren Transistors mit Kollektorwiderstand RC
das Funktionsprinzip und die Schaltungsberech- Der im Prinzip symmetrische Transistor wird für
nung bleiben unverändert). Abbildung 3.2b zeigt viele Anwendungsfälle unsymmetrisch gebaut,
die schematische Darstellung der drei Transis- um spezielle Eigenschaften, beispielsweise ei-
torelektroden mit den entsprechenden Strömen ne hohe Stromverstärkung, zu erzielen. Abbil-
und Spannungen. Den Transistor kann man, wie dung 3.2d zeigt das Schaltzeichen und die Be-
Abb. 3.2c zeigt, vom Aufbau her als Kombinati- pfeilung eines npn-Transistors, Abb. 3.2e für den
on zweier gegeneinander geschalteter Dioden mit pnp-Transistor (zu Schaltzeichen, Abschn. 1.2.8,
gemeinsamer Mittelschicht, der Basis, verstehen. Abb. 1.6).
Diese Struktur lässt sich zwar mit einem Ohm- Abbildung 3.3 zeigt verschiedene Transistor-
meter leicht nachweisen, sie erklärt aber nicht gehäuse mit ihren Abmessungen und typischer
die physikalische Wirkungsweise des Transistors. Verlustleistung.
3 Transistoren 169
2
Kollektorstrom IC
Eine lineare Spannungsverstärkung kann man Bei großen Änderungen des Kollektorstroms
durch eine Gegenkopplung (Abschn. 3.2.1) errei- (IC > 10) oder, wenn die Kollektor-Emitter-
chen. Dabei wird ein Teil des Ausgangssignals Spannung UCE sehr klein wird, dann ändert sich
mit der dem Eingangssignal entgegengesetzten auch die Stromverstärkung B. Da sie auch von
Phase dem Eingang wieder zugeführt, so dass die der Sperrschichttemperatur Tj und der Betriebs-
Linearität verbessert, aber die Verstärkung ver- frequenz f abhängt, gibt man die differenzielle
ringert wird (Abschn. 3.2.1). Außerdem hängt Stromverstärkung ˇ an, die folgendermaßen de-
die Basis-Emitter-Spannung UBE von der Sperr- finiert ist:
schichttemperatur Tj ab. Der Temperaturkoeffizi- IC
ent ˛ beträgt etwa 2 mV=K. Auch dieser Tem- ˇD : (3.6)
IB
peraturgang muss durch geeignete Schaltungen
Abbildung 3.10 zeigt die Zusammenhänge.
korrigiert werden.
Im Ersatzschaltbild des Transistors nach
Abb. 3.6a bestimmt die Stromverstärkung ˇ das
3.1.3.2 Stromverstärkung Verhältnis zwischen dem Basisstrom IB und dem
Abbildung 3.9 zeigt die Aufteilung der Ströme im Kollektorstrom IC . Zwischen den Größen beste-
Transistor. hen folgende Abhängigkeiten:
Ein kleiner Basisstrom IB (1 % des Emitter-
stroms) verursacht beim Transistor einen großen Kollektorstrom IC Der Kollektorstrom IC
Kollektorstrom IC (99 % des Emitterstroms), der eines Transistors hängt überwiegend vom Ba-
aus der angelegten Spannungsquelle entnom- sisstrom IB ab. Andere Größen, insbesondere
men wird. Abbildung 3.6a zeigte bereits den die Kollektor-Emitter-Spannung UCE haben, wie
Basisstrom IB , der durch den Eingangswider- Abb. 3.11 verdeutlicht, nur einen geringen Ein-
stand Re D rbe festgelegt ist und die Stromquelle fluss.
ˇ IB im Kollektor-Emitter-Kreis. Die Summe
aus Basisstrom IB und Kollektorstrom IC fließt Gleichstromverstärkung B Die Gleichstrom-
über den Emitter als Emitterstrom IE ab. verstärkung B hängt, wie Abb. 3.12 zeigt, sowohl
3 Transistoren 173
gen sind deshalb der Verstärkungsabfall und die Basiswiderstand rr mit dem niederohmigen
Phasenverschiebung zu berücksichtigen. Basis-Emitterwiderstand rbe einen Spannungs-
Zu den oben genannten systematischen teiler bildet, wirkt die Kollektorspannung
Abhängigkeiten kommen große Exemplarstreu- nur wenig zurück. Abbildung 3.6c zeigt den
ungen der differenziellen Stromverstärkung ˇ Rückwirkungswiderstand rr als Ursache der
bei Transistoren gleichen Typs, die der Herstel- Spannungsrückwirkung D, die eine dimensions-
ler durch Sortieren in Stromverstärkungsgruppen lose Zahl ist. Sie ist als Steigung der Kennlinie
mildern kann. Moderne Fertigungsverfahren wie Kollektor-Emitter-Spannung UCE als Funktion
die Ionenimplantation führen zu Halbleitern mit der Basis-Emitter-Spannung UBE definiert:
engeren Toleranzen. Trotz aller Verbesserungen
in der Herstellungstechnik kann man den Gleich- UCE
DD : (3.8)
stromarbeitspunkt einer Halbleiterschaltung nur UBE
in einer gegengekoppelten Schaltung sicher im
aktiven Arbeitsbereich (Abb. 3.4) halten, ohne in D liegt für Kleinsignaltransistoren lediglich in
einen verbotenen Arbeitsbereich zu driften. der Größenordnung 3 104 , weshalb diese auf
die Schaltungseigenschaften nur einen geringen
3.1.3.3 Ausgangsleitwert Einfluss hat, so dass man sie im allgemeinen ver-
Der Kollektor eines Transistors wurde bisher als nachlässigen kann.
reine, vom Basisstrom IB gesteuerte Stromquelle Die Transistorgrößen Eingangswiderstand rbe ,
betrachtet, deren Strom am Arbeitswiderstand Stromverstärkung ˇ, Ausgangsleitwert ga und
die gewünschte Ausgangsspannung Ua er- die Spannungsrückwirkung D sind bei Gleich-
zeugt. Durch den Kollektor-Basis-Widerstand rr strom und niedrigen Frequenzen reell. Mit zuneh-
fließt, abhängig von der Kollektor-Basis-Span- mender Frequenz machen sich jedoch die Kapa-
nung UCB , ein kleiner Strom in die Basis, der um zitäten und Laufzeiten zwischen den Elektroden
den Faktor B verstärkt in der Kollektor-Emitter- bemerkbar und beeinflussen die Verstärkung ˇ
Strecke auftritt. Im Ersatzschaltbild ist die Ur- und den Eingangs- und Ausgangswiderstand er-
sache dieses Stroms der Leitwert ga D 1=ra , heblich. Die Größen werden dann komplex.
der sich parallel zur Kollektor-Emitter-Strecke
befindet (Abb. 3.6b). Der Ausgangsleitwert ga 3.1.3.5 h-Parameter
ist im Ausgangskennlinienfeld nach Abb. 3.11 als Transistorkennwerte
durch die Reststeigung der Kollektorkennlinie zu Den Transistor kann man, wie bereits in Abb. 3.5
erkennen, wobei gilt dargestellt ist, als Vierpol betrachten, und man
kann seine Eingangs- und Ausgangsgrößen be-
IC rechnen. Für Niederfrequenztransistoren dienen
ga D : (3.7)
UCE die h-Parameter als Kenngrößen. Sie hei-
ßen hybride Parameter, weil sie verschiedene
Bei hochohmigen Arbeitswiderständen muss Dimensionen haben, und entsprechen den un-
man den Ausgangsleitwert ga parallel zum ter Abschn. 3.1.3.1 bis 3.1.3.4 beschriebenen
Arbeitswiderstand in solchen Fällen berück- Kenngrößen. In Abb. 3.6 sind die h-Parameter
sichtigen, wenn er den Arbeitswiderstand RC eingetragen. Tabelle 3.1 zeigt den Zusam-
merklich verkleinert. Bei Kleinsignaltransistoren menhang zwischen den Kennwerten und den
liegt ga in der Größenordnung 5 bis 50 S. h-Parametern in Emitterschaltung. Die deutsch-
sprachige Fachliteratur indiziert die h-Parameter
3.1.3.4 Spannungsrückwirkung mit Zahlen, während im angloamerikanischen
Genaue Untersuchungen zeigen, dass die Sprachgebrauch Buchstaben üblich sind.
Kollektor-Basis-Spannung UCB auch die Basis- Die nachfolgenden Gl. 3.9 und 3.10 beschrei-
Emitter-Spannung UBE und den Basisstrom IB ben mit den h-Parametern den Zusammenhang
beeinflusst. Da der hochohmige Kollektor- zwischen der Eingangsspannung Ube und dem
3 Transistoren 175
3.1.5.2 Ströme
Zwischen Kollektor und Basis wird normalerwei-
se kein Strom zugelassen.
Der Kollektorstrom IC , der über den Emit-
ter abfließt, erwärmt die Kollektorzone. Wird IC
zu groß, dann fließt er nicht mehr gleichmä-
ßig über die ganze Kollektorfläche, sondern be-
vorzugt einen Kanal, der durch die Erwärmung
niederohmiger wird und den Strom noch mehr
ansteigen lässt. Die Verlustleistung entsteht in
einem wesentlich kleineren Volumen als beab-
sichtigt und zerstört das Kristallgefüge. Außer-
dem kann ein zu hoher Kollektorstrom die meist
Abb. 3.19 Ausgangskennlinienfeld bei hohen Spannun- dünnen Bonddrähte, die den Kristall mit den Löt-
gen, ohne Berücksichtigung des zweiten Durchbruchs anschlüssen verbinden, durchschmelzen. Deshalb
begrenzt man den Kollektorstrom auf einen abso-
luten Maximalwert und auf kleinere spannungs-
nung Umax an, die dieser ohne Schaden dauernd abhängige Werte, den zulässigen Arbeitsbereich
aushält. Bei der Kollektor-Emitter-Spannung ist (Abschn. 3.1.5.5).
auch die Beschaltung der Basis maßgebend, wie Der größte zulässige Basisstrom ist zwar klei-
Abb. 3.19 zeigt. ner als der Kollektorgrenzstrom, aber wesentlich
Im Interesse einer hohen Zuverlässigkeit der größer als der zur Stromverstärkung erforderliche
Halbleiter sollten die Sperrspannungen höchstens Basisstrom. Wegen der steilen Eingangskennli-
zu etwa 90 %, besser nur zu etwa 70 % ausge- nie kann der zulässige Basisstrom trotzdem leicht
nutzt werden, sofern nicht andere Effekte eine überschritten werden, wenn die Basis-Emitter-
weitere Verringerung verlangen. Dabei ist zu be- Strecke aus einer niederohmigen Quelle gespeist
achten, dass beispielsweise eine induktive Last wird.
die anliegende Spannung kurzzeitig weit über die
Betriebsspannung hinaus erhöhen und damit den 3.1.5.3 Temperaturen
Halbleiter zerstören kann. Bei hohen Temperaturen – bei Silicium mehr als
Die Basis-Emitter-Strecke eines Transistors 200 °C – setzt die Diffusion der verschiedenen
hält in Sperrrichtung häufig nur Spannungen dotierten Schichten ein und ändert irreversibel
von 3 V bis 7 V aus. Wird die Spannung größer, die Kristallstruktur. Kurze Temperaturüberschrei-
dann tritt ein Zenerdurchbruch ein. Da die Basis- tungen, beispielsweise durch Einlöten, werden
Emitter-Strecke in den meisten Schaltungen in leichter überstanden als lang andauernde. Als
3 Transistoren 179
3.1.5.4 Verlustleistung
Hohe Temperaturen entstehen in Halbleitern
meistens durch die interne Verlustleistung PV in
der Basis-Emitter- und in der Kollektor-Emitter-
Strecke. Es gilt
PV D IC UCE C IB UBE :
PV D IC UCE : (3.16)
über den Anschluss und die Lötfläche der Lei-
Die Verlustleistung PV entsteht zum größten Teil terplatte an diese abgeführt Beispiel: Gehäuse
in der Kollektor-Basis-Sperrschicht, von wo aus SOT323. Bei größerer Leistung ist die Grund-
sie über den Kollektor und das Gehäuse an die platte, auf der der Chip aufgelötet ist, vergrößert,
umgebende Luft und bei Leistungstransistoren, beispielsweise beim Gehäuse SOT89. Der Wär-
ab etwa 1 W Verlustleistung, über den Gehäuse- meübergang vom Transistor zur Grundplatte und
boden an einen externen Kühlkörper abgegeben von dort auf die Leiterplatte ist optimal, die Wär-
werden muss. meabgabe der Leiterplatte ist begrenzt. Nur eine
Die maximale Verlustleistung gibt man im größere Kupferfläche kann mehr Wärme abge-
Allgemeinen für 25 °C Umgebungstemperatur ben, ein Richtwert sind 6 cm2 bei 35 m Kupfer-
oder 25 °C Gehäusetemperatur an. Bei höherer auflage für 2,5 W.
Umgebungstemperatur ist die Verlustleistung zu Eine größere Leistung erfordert einen eige-
verringern (was man im englischen Sprachge- nen Kühlkörper und meistens ein größeres Tran-
brauch als derating bezeichnet); sie darf aber bei sistorgehäuse. Die Gehäuse TO220 und TO247
Temperaturen unter 25 °C nicht über den Nenn- werden häufig auf einen Rippenkühlkörper auf-
wert erhöht werden. Abbildung 3.20 zeigt den geschraubt. Wärmeleitpaste im unvermeidlichen
Zusammenhang zwischen zulässiger Verlustleis- Luftspalt zwischen Transistor und Kühlkörper
tung und Gehäusetemperatur. Zu beachten ist, verringert den Wärmewiderstand etwas, eine Iso-
dass es mit Luftkühlkörpern normalerweise nicht lierscheibe erhöht ihn erheblich. Die Hersteller
gelingt, ein stark Wärme abgebendes Transistor- von Kühlkörpern bieten auf ihrer Internetseite
gehäuse auf 25 °C zu halten. meistens eine gute Anleitung zur Dimensionie-
Die im Transistor entstehende Verlustwärme rung.
kann erheblich sein und muss so abgeführt wer- Abbildung 3.21a zeigt die Wärmewiderstände
den, dass die Sperrschicht die zulässige Tempera- vom aktiven Element bis zur Umgebung. Abbil-
tur, meist 175 °C, nicht überschreitet. Heute sind dung 3.21b zeigt den Temperaturverlauf mit und
nur noch OMB-Gehäuse üblich, sie werden direkt ohne Kühlkörper mit den entsprechenden Ver-
auf die Leiterplatte aufgelötet. Auf einem An- lustleistungen.
schluss, meist dem Kollektor, des Halbleiters ist Übersteigt die Verlustleistung 10 W bis 20 W
das aktive Element aufgelötet; die Wärme wird dann kann der Kühlkörper sehr groß werden. Ab-
180 K. Bressler und H. Rudolph
Abb. 3.21 Wärmeabfluss beim Halbleiter. a Thermisches Ersatzschaltbild eines Transistors mit Kühlkörper, b Tempe-
raturverlauf von der Sperrschicht zur Umgebung, mit und ohne Kühlkörper
Ordnungszahl müssen nicht unbedingt ähnliche tus gibt darüber Auskunft, man vermeidet Liefer-
Eigenschaften haben. probleme und den Einsatz veralteter Teile.
Halbleiter werden heute von internationalen
Konzernen hergestellt, die Datenblätter sind in
3.1.7 Transistordatenblatt englischer Sprache verfasst. Die Tabelle enthält
deshalb die deutsche und die englische Bezeich-
Tabelle 3.3 gibt den üblichen Inhalt eines Tran- nung.
sistordatenblatts eines bipolaren Transistors wie-
der. Es zeigt einige Kurzdaten, das vorgeschla-
gene Anwendungsgebiet und das Gehäuse. Die 3.2 Analoge Grundschaltungen
wichtigsten Kenndaten sind die Arbeitsspannun- mit bipolaren Transistoren
gen und -ströme sowie die Stromverstärkung, die
Transitfrequenz und die Rauschzahl. Sie stehen Die Grundschaltung bestimmt die Eigenschaf-
auf einer Seite und gestatten eine schnelle Vor- ten bei der Verstärkung von Wechselspannungs-
auswahl aus der Vielzahl der angebotenen Typen. signalen. Sie wird nach der für den Ein- und
Damit weiß der Entwickler, ob der Transistor Ausgang gemeinsamen Elektrode benannt. Tran-
für die Anwendung geeignet sein könnte. Aus sistoren kann man in drei verschiedenen Grund-
den Grenzwerten sieht man, ob der Transistor schaltungen betreiben; jede hat ihre besonderen
für die vorgesehenen Spannungen, Ströme und Vorzüge und Nachteile (Abb. 3.24).
Leistungen ausreicht. Mit den Kennwerten wird
die Schaltung berechnet. Zum Schluss überprüft
man, ob sekundäre Größen wie die Kollektor 3.2.1 Emitterschaltung
Emitter-Sättigungsspannung oder die Kollektor-
Basis-Kapazität nicht stören. Die Emitterschaltung hat sich aufgrund ihrer
Ausführliche Datenblätter enthalten viele Dia- guten Spannungs- und Stromverstärkung zur
gramme über die vom Arbeitspunkt abhängigen häufigsten Verstärkerschaltung entwickelt. Ab-
Größen wie beispielsweise Transitfrequenz, Rau- bildung 3.25 zeigt einen Transistorverstärker in
schen, Impulsleistungen und andere interessante Emitterschaltung.
Größen. Für den einfachen Transistorverstärker in
Neben der Gehäusebezeichnung enthält das Emitterschaltung nach Abb. 3.25 ergibt sich:
Datenblatt eine genaue Zeichnung des Gehäu-
ses und oft auch die empfohlenen Lötflächen auf ˇ RC
Verstärkung: vu D (3.17)
der Leiterplatte. Da in der Serienfertigung alle rbe
Bauteile mit Bestückungsmaschinen verarbeitet UT
Eingangswiderstand: rbe D
werden, sind die Bauteile auf Bändern verpackt IB
und werden von der Maschine dort entnommen. 40 mV
(3.18)
Die Art der Verpackung ist häufig dargestellt. Üb- IB
lich sind Rollen mit 2500 bis 10.000 Stück. Ausgangswiderstand: Ra RC (3.19)
Bei kleinen OMB-Gehäusen, beispielsweise
SOT23, kann die normale Typenbezeichnung aus Zur erhöhten Temperaturspannung, UT D
fünf bis sieben Zeichen nicht aufgedruckt wer- 40 mV (Abschn. 3.1.3.1). Abbildung 3.26 zeigt
den. Stattdessen werden zwei Buchstaben oder die Spannungen und Ströme der Emitterschal-
Ziffern aufgedruckt, aus denen mit der Referenz- tung nach Abb. 3.25 in vier zusammengesetzten
liste des Datenblattes die genaue Bezeichnung Kennlinien.
des Halbleiters zu sehen ist. Die sinusförmige Eingangsspannung Ube .t/
Wie alle Industrieprodukte werden Transisto- erzeugt an der nichtlinearen Eingangskennlinie
ren weiterentwickelt und bei geringer Nachfrage der Basis-Emitter-Strecke (im 3. Quadranten)
wird die Fertigung eingestellt. Der Fertigungssta- einen verzerrten, d. h. nicht mehr sinusförmigen
184 K. Bressler und H. Rudolph
3
Transistoren
Abb. 3.24 Grundschaltungen von Transistoren und ihre wichtigsten Eigenschaften. Die Zahlenwerte gelten für einen Kleinsignaltransistor mit folgenden Daten:
ˇe D 100; h22e D 50 S; FT D 300 MHz; IE D 5 mA; UT D 40 mV; rbe D 800
185
186 K. Bressler und H. Rudolph
Abb. 3.26 Spannungen und Ströme in der Emitterschaltung nach Abb. 3.25
3 Transistoren 187
Abb. 3.27 Transistorverstärker in Emitterschaltung mit Stromgegenkopplung und Potentialen an den Transistoran-
schlüssen
am Emitterwiderstand RE . Die vom Ausgangs- Zur Ermittlung der Verstärkung wird Ua nach
strom erzeugte Spannung UE wird gegenphasig dem Basisstrom differenziert, weshalb die
in den Eingangskreis zurückgekoppelt und setzt Gleichspannung US entfällt.
dadurch die Verstärkung herab. Diesen Vorgang
bezeichnet man deshalb als Gegenkopplung. dUa D dIB ˇ RC :
Eine Gegenkopplung verringert immer die
Verstärkung einer Schaltung. Je nach der Schal- Für die Spannungsverstärkung vu gilt
tungstechnik verbessern sich dafür andere
dUa dIB ˇ RC
erwünschte Eigenschaften. Für die Emitterschal- vu D D ;
tung mit Stromgegenkopplung nach Abb. 3.27 dUe dIB .rbe C ˇ RE /
gelten folgende Zusammenhänge:
ˇ RC
Spannungsverstärkung: vu D : (3.24)
rbe C ˇ RE
ˇ RC
vu D (3.22a) Meistens ist ˇ 1 und rbe .1Cˇ/RE. Damit
rbe C ˇ RE kann man die Gl. 3.24 für eine Überschlagsrech-
nung folgendermaßen vereinfachen:
Verstärkung:
RC RC
vu (3.22b) vu D : (3.25)
RE RE
Eingangswiderstand:
Bei der genauen Berechnung nach Gl. 3.24 muss
Re D rbe C ˇ RE (3.22c) man für RC die Parallelschaltung des Arbeits-
widerstandes RC mit dem Lastwiderstand RL ,
Ausgangswiderstand: auf den der Verstärker arbeitet, einsetzen. Die-
se Parallelschaltung bestimmt zusammen mit der
Ra RC (3.22d) Lastkapazität CL die obere Grenzfrequenz !g der
Schaltung. Sie ist
Abbildung 3.27a zeigt die zur Transistorschal-
1
tung vergleichbare Beschaltung eines Operati- !g D RC : (3.26)
onsverstärkers. Bei beiden Schaltungen wird ein C
Teil des Ausgangssignals auf den Eingang zu- Solange die Stromverstärkung ˇ und der Ein-
rückgekoppelt und von der Eingangsspannung gangswiderstand Re ausreichend groß sind,
abgezogen. hängen Verstärkung und Eingangswiderstand
Die folgende Berechnung des Transistorver- nur noch von der Beschaltung ab. Die aus
stärkers mit Gegenkopplung nach Abb. 3.27 soll verschiedenen Ursachen sich ändernden Tran-
diese Zusammenhänge zeigen. sistorparameter beeinflussen die wichtigen
Die Spannungen im Eingangskreis sind Schaltungseigenschaften nur wenig.
Ue D IE rbe C IB ˇ RE D IB .rbe C ˇ RE / :
3.2.1.2 Einstellung des Arbeitspunktes
Der Transistor erreicht die gewünschte Arbeits-
Daraus lässt sich der Eingangswiderstand Re be- weise nur mit der richtigen Beschaltung, die ei-
rechnen nerseits die notwendigen Spannungen und Strö-
Ue me zuführt, andererseits die Ausbildung der ge-
Re D D rbe C ˇ RE : (3.23) forderten Signalgrößen ermöglicht.
IB
Der richtige Arbeitspunkt wird in Abb. 3.28
Die Ausgangsspannung wird erläutert. Teilbild a zeigt die Spannungen in
der gegengekoppelten Emitterschaltung und ih-
Ua D US IB ˇ RC : ren Zusammenhang bei der Aussteuerung. Den
3 Transistoren 189
Arbeitspunkt der Schaltung legt man mit der sein, dass parasitäre Kapazitäten, das sind unver-
Basisgleichspannung so fest, dass der Tran- meidbare Leitungs- und Sperrschichtkapazitäten,
sistor immer im linearen Bereich bleibt, d. h. problemlos und ohne große Phasendrehung der
der Spannungsabfall URC an RC soll 1 V und Ausgangsspannung umgeladen werden kön-
der Spannungsabfall UCE am Transistor 1,5 V nen. Dazu muss der Wechselstromwiderstand
nicht unterschreiten. Es empfiehlt sich daher, R D 1=! C deutlich größer als der Arbeitswi-
die gefundene Dimensionierung auch dann derstand RC sein. Auch der Innenwiderstand des
einzuhalten, wenn Signale mit sehr kleiner Transistors 1=ga sollte deutlich größer als der
Amplitude verstärkt werden. Abbildung 3.28b Arbeitswiderstand RC sein.
zeigt die Arbeitskennlinien der Emitter- und Der Ausgangswiderstand Ra der Schaltung
Kollektorspannung im Ausgangskennlinienfeld beträgt mit guter Näherung
des Transistors. Auf der Arbeitsgeraden des
Kollektorwiderstandes kann man zu jedem Kol- Ra D RC : (3.27)
lektorstrom die zugehörige Kollektorspannung
ablesen, während die Arbeitsgerade des Emit- Bei üblicher Dimensionierung beträgt der Ein-
terwiderstandes die zugehörige Emitterspannung fluss der nicht berücksichtigten Parameter 0,5
zeigt. Die Kollektorspannung UCE muss dabei bis 2 %.
immer im aktiven Arbeitsbereich (Abschn. 3.1.2) Die Basisgleichspannung kann man über
des Transistors bleiben. Zu beachten ist, dass einen Spannungsteiler erzeugen, sofern sie
der Sättigungsbereich nicht auf die Betriebs- nicht direkt von der Vorstufe geliefert wird.
spannung, sondern stets auf die Emitterspannung Der Querstrom im Teiler sollte mindestens das
bezogen wird, wodurch er im Abb. 3.28 immer Dreifache des mittleren Basisstroms betragen.
rechts von der Arbeitsgeraden des Emitterwider- Abbildung 3.28a zeigt die Erzeugung der Basis-
standes liegt. vorspannung mit den Widerständen RB1 und RB2 .
Diese Schaltung eignet sich gut zur Verstärkung
von Wechselspannungen; für Gleichspannungen
3.2.1.3 Praktische Dimensionierung gibt es die später beschriebenen Differenzverstär-
der Emitterschaltung ker.
Um den Stromverbrauch, die Erwärmung und Der Basisspannungsteiler aus RB1 und RB2
die Ausbreitung von Störungen klein zu hal- muss die Basisspannung
ten, sollte man die Schaltung mit einem kleinen
Strom betreiben. Der Strom muss aber so groß UB D UBE C UE
190 K. Bressler und H. Rudolph
erzeugen und dazu noch den erforderlichen Damit wird der Kollektorwiderstand
Basisgleichstrom liefern. Dabei sollte man
Widerstände, die größer als 1 M sind, im US
RC D ;
Interesse stabiler Gleichstromverhältnisse ver- 2 IC .1 C 1=vu /
meiden. Schaltungen, die unter erschwerten 9V
RC D ;
Bedingungen, beispielsweise einem großen Tem- 2 2 mA .1 C 0;05/
peraturbereich, hoher Feuchtigkeit oder starker RC D 2;143 k :
Verschmutzung arbeiten, sollten keine Wider-
stände über 100 k enthalten. Der nächste Normwert aus der Reihe E12 ist
RC D 2;2 k. Aus der Verstärkung und dem
Beispiel 3.2-1 Kollektorwiderstand berechnet man den Emit-
Eine Emitterschaltung mit folgenden Daten terwiderstand.
soll entwickelt werden:
Spannungsverstärkung: vu D 20; RE D
RC
;
Eingangswiderstand der Schaltung: Re > vu
10 k RE D 110 :
Vorgegeben sind:
Die Betriebsspannung: US D 9 V Der nächste Normwert aus der Reihe E12 ist:
und der Transistor: BCW 60
mit der Stromverstärkung: B ˇ D 400 RE D 100 :
und dem Eingangswiderstand: h11 D rbe D
5 k: Die Spannung am Kollektor ist
Lösung: UC D US IC RC ;
Für den Kollektorstrom setzt man aus der Er-
UC D 4;6 V :
fahrung 2 mA an. Der Wert ist im Prinzip frei
wählbar. Die weitere Rechnung beweist oder
Die Spannung an der Basis ist
widerlegt den richtigen Ansatz. Die nachfol-
gende Rechnung oder die Vermessung zeigen,
UB D UE C UBE ;
ob der Arbeitsbereich stimmt, die Bandbreite
ausreicht oder ob der Verstärker andere uner- UB D 0;2 V C 0;6 V D 0;8 V :
wünschte Eigenschaften hat.
Der Basisstrom wird aus dem Kollek-
IC D 2 mA : torstrom IC und der Stromverstärkung ˇ
berechnet:
Die Spannungsverstärkung vu ist überschlägig IC
IB D :
ˇ
RC
vu D : Die Gleichstromverhältnisse werden nur dann
RE
stabil, wenn der Querstrom im Spannungstei-
Ohne Aussteuerung soll UCE D URC C URE D ler deutlich größer als der Basisgleichstrom
US =2 sein. UCE D US =2, ist.
Durch RB2 soll der 3fache Basisstrom flie-
US ßen,
UCE D ;
2
US =2 UB
IC D ; RB 2 D ;
RC C RE 3 IB
US 0;8 V
IC D : RB 2 D D 53;3 k :
2 RC .1 C 1=vu / 15 A
3 Transistoren 191
Der nächste Normwert aus der Reihe E12 ist Wie Gl. 3.22a zeigt, fällt ein Teil der Ein-
RB2 D 56 k. gangsspannung im Basis-Emitter-Widerstand
rbe ab, was in der Formel für die Über-
US UB schlagsberechnung nicht berücksichtigt wird.
RB 1 D ;
4 IB Vergrößert man jetzt den Arbeitswiderstand
8;2 V im Verhältnis Vsoll =Vist , dann hat die Schaltung
RB 1 D D 410 k :
20 A die gewünschte Verstärkung. Selbstverständ-
lich kann man auch die Gl. 3.22a nach RC
Der nächste Normwert aus der Reihe E12 ist auflösen und den Kollektorwiderstand direkt
RB1 D 390 k. aus allen bekannten Größen berechnen.
Der Eingangswiderstand der Schaltung Der Einfluss der Spannungsrückwirkung
nach Abb. 3.28 wird vom Emitterwiderstand und des Ausgangsleitwerts, ungefähr 1 %,
und der Spannungsgegenkopplung wesent- wird hier vernachlässigt. Wegen großer
lich beeinflusst. Er ist die Summe aus dem Streuung aller Parameter hat eine genauere
Basis-Emitter-Widerstand rbe und dem um die Rechnung keine praktische Bedeutung.
Stromverstärkung vergrößerten Emitterwider- Die Rechnung zeigt folgende Eigenschaf-
stand RE . Diesem Eingangswiderstand wird ten der Schaltung:
der Widerstand des Basisspannungsteilers RT Die überschlägig berechnete Verstärkung
parallel geschaltet. ist etwa 13 % höher als die genau berech-
nete.
RB1 RB2 Der Eingangswiderstand wird hauptsäch-
RT D RB1 kRB2 D ;
RB1 C RB2 lich vom Emitterwiderstand und dem Ba-
Re D Œrbe C RE ˇ
kRT ; sisspannungsteiler, weniger von den Tran-
Re D Œ5 k C 100 400
k56 kk 390 k ; sistordaten bestimmt.
Je höher man die Verstärkung der gesamten
1 1 1 1
D C C ; Schaltung wählt, desto größer ist die Ab-
Re 5 k C 40 k 56 k 390 k
weichung zwischen der überschlägigen und
Re D 23;4 k : der genauen Rechnung und desto mehr ge-
hen die Transistordaten in das Ergebnis ein.
Nachdem alle Bauteile des Verstärkers be- Stark gegengekoppelte Schaltungen sind
kannt sind, kann man die Verstärkung vu nach stabil und gut reproduzierbar.
der vereinfachten Gl. 3.22b überschlägig und
nach der genaueren Gl. 3.22a, die den Ein- 3.2.1.4 Emitterschaltung mit
gangswiderstand rbe des Transistors und sei- Spannungsgegenkopplung
nen Ausgangsleitwert ga berücksichtigt, genau Bei der Emitterschaltung mit Spannungsgegen-
berechnen. Es gilt kopplung, Abb. 3.29a, wird der Basisstrom über
den Spannungsteiler RCB und RBE aus der Kol-
RC
vu ; lektorspannung UC gewonnen. Die dabei auf den
RE Eingang zurückgekoppelte Spannung stabilisiert
vu 22 ; den Gleichstromarbeitspunkt und verringert die
UE D IB .rbe C ˇ RE / ; Verstärkung. Dabei setzt man voraus, dass der
UA D IB ˇ RC ; Basisstrom IB klein gegen den Querstrom I2 im
Spannungsteiler ist, beispielsweise I2 D 10 IB .
UA IB ˇ RC
vu D D ; Der Kollektorwiderstand RC wird durch die
UE IB .re C ˇ RE / Betriebsspannung Us und den notwendigen Kol-
400 2;2 k lektorgleichstrom IC bestimmt. Die mittlere Kol-
vu D ;
5 k C 400 0;1 k lektorgleichspannung sollte die halbe Betriebs-
vu D 19;5 : spannung betragen. Die zum Eingangsstrom ge-
192 K. Bressler und H. Rudolph
genphasige Ausgangsspannung UC erzeugt über Maßgebend für den Arbeitspunkt ist außer der
RCB eine Gegenkopplung, die den Arbeitspunkt Beschaltung die üblicherweise stark streuende
stabilisiert und die offene Verstärkung (herabsetzt Stromverstärkung B. Sind ihre Grenzen bekannt,
Abb. 3.29). und wird nicht der volle Aussteuerbereich benö-
Für die Emitterschaltung mit Spannungsge- tigt, dann ermöglicht diese Schaltung einen Ver-
genkopplung nach Abb. 3.29 gelten folgende stärker mit einem niederohmigen Eingang und
Werte: Ausgang. Der Arbeitspunkt ist jedoch wesent-
Spannungsverstärkung: lich weniger stabil als in der Emitterschaltung mit
Stromgegenkopplung.
1 1 1 RCB
0
D C mit v D (3.28)
v v v0 RB
Ie D .1 C ˇ/ Ib ;
Ua D .1 C ˇ/ Ib RE und
Ue D Ib Œrbe C .1 C ˇ/ RE
zu
dUE
Re D D rbe C .1 C ˇ/ RE :
dIB
Der Eingangswiderstand wird mit guter Nähe- Abb. 3.32 Einstellung des Arbeitspunktes bei der Kollek-
rung durch folgende Gleichung beschrieben: torschaltung
Der Ausgangswiderstand Ra der Schaltung hängt Mit diesen Daten soll die Spannungsverstär-
zusätzlich noch vom Innenwiderstand RG des kung vu , der Eingangswiderstand Re und der
speisenden Generators ab. Für die Ausgangsspan- Ausgangswiderstand Ra errechnet werden.
nung Ua gilt
401 k
vu D D 0;99 :
Ua D U0 URG Ube ; 4 k C 401 k
Ua D U0 Ib RG Ib rbe ;
Die Spannungsverstärkung vu ist nahezu 1
Ie
Ua D U0 .RG C rbe / :
1Cˇ
vu 1 :
Damit wird der Ausgangswiderstand Ra :
Der Eingangswiderstand wird nach Gl. 3.29 zu
dUa RG C rbe
Ra D D Cˇ
dIa 1 Re D 4 k C 400 1 k D 404 k :
oder näherungsweise
Der Innen- oder Ausgangswiderstand Ra ist
RG C rbe nach Gl. 3.30
Ra : (3.36)
ˇ
10 k C 4 k
Ra ist dabei der dynamische Innenwiderstand, der Ra D D 35 :
400
solange gilt, wie der Transistor oder der Wider-
stand RE den Ausgangsstrom I aufbringen kann. Wenn die Basisgleichspannung der Kollektor-
Der Maximalstrom, der aus dem Verbraucher in schaltung nicht von der Signalquelle kommt,
den Widerstand RE fließen kann, wird nur durch muss man sie mit einem eigenen Spannungs-
den Widerstand RE und die an ihm anliegen- teiler erzeugen, wie Abb. 3.32 zeigt.
de Gleichspannung bestimmt. Ein Zahlenbeispiel Jetzt liegen die Widerstände R1 und R2
soll die Verhältnisse veranschaulichen. parallel zum hohen Eingangswiderstand Re
der Kollektorschaltung. Dieser Spannungstei-
Beispiel 3.2-2 ler verringert den Eingangswiderstand der Ge-
Es gelten folgende Werte: samtschaltung auf einen Bruchteil des Ein-
gangswiderstandes der reinen Kollektorschal-
ˇ D 400 RE D 1 k
tung. Ein schaltungstechnischer Kniff ermög-
IE D 4 mA rbe D 4 k licht aber eine stabile Schaltung mit hohem
RG D 10 k: Eingangswiderstand.
3 Transistoren 195
R1 kR2
10 1=! C
10
!g D
.R1 kR2 / C
1
!g D 37
s
fg D 5;9 Hz :
Abb. 3.33 Erhöhung des Eingangswiderstandes mit der
Bootstrapschaltung
Die hochohmige Eingangsstufe könnte auch
mit einem Feldeffekttransistor realisiert wer-
3.2.2.1 Bootstrapschaltung den, dessen Gate-Potenzial man problemlos
Bei der Bootstrapschaltung (Abb. 3.33) wer- über einen hochohmigen Widerstand zuführt
den die Verluste des Signalstroms in R1 und R2 (Abschn. 3.4.3).
vom niederohmigen Ausgang der Kollektorschal- Die Kollektorschaltung zeigt bei zuneh-
tung aufgebracht. Dazu muss der Kondensator C mender Frequenz folgende Eigenschaften: Die
für alle Signalfrequenzen einen Kurzschluss Basis-Emitter-Kapazität Cbe liegt parallel zum
bilden. An R3 steht nur die kleine Basis-Emitter- Basis-Emitter-Widerstand rbe , d. h., bei Klein-
Signalspannung Ube . Der Widerstand R3 wird im signaltransistoren beginnt der Einfluss dieser
Verhältnis Ue =Ube dynamisch hochtransformiert. parasitären Kapazität erst im MHz-Bereich.
Die Kollektor-Basis-Kapazität Ccb liegt par-
Ue allel zum Eingang und wird nicht dynamisch
R30 D R3 R3
Ube vergrößert. Den größten Einfluss hat hier die
rbe C .1 C ˇ/ RE oberhalb der Grenzfrequenz fg abnehmen-
D
rbe de Stromverstärkung ˇ. Damit sinkt auch der
ˇ RE hohe Eingangswiderstand Re .
R3 :
rbe
Der Eingangswiderstand Re ist
3.2.3 Basisschaltung
Re D R30 k.rbe C ˇ RE / :
Bei der Basisschaltung ist die Basis des Tran-
Beispiel 3.2-3 sistors die gemeinsame Bezugselektrode für Ein-
Eine Bootstrapschaltung nach Abb. 3.33 ist zu gang und Ausgang (Abb. 3.34).
berechnen. Der Widerstand R1 soll 112,5 k, Die Basisschaltung eignet sich nur zur
R2 D 150 k, R3 D 10 k, der Konden- Spannungsverstärkung, während die Stromver-
sator C D 10 F und die Stromverstärkung stärkung vi 1 ist. Sie hat folgende Vorteile:
ˇ D 400 betragen (übrige Daten wie in Bei- Sie arbeitet gut bis zu hohen Signalfrequen-
spiel 3.2-2). zen,
sie hat eine geringe Rückwirkung vom Aus-
gang auf den Eingang, und
Lösung sie ist unempfindlich gegen Parameter- und
400 1 k Temperaturschwankungen.
R30 D 10 k
4 k Nachteilig ist, dass man den Emittergleich-
0
R3 D 1 M : strom am Signaleingang einspeisen muss und
196 K. Bressler und H. Rudolph
Beispiel 3.2-4
Für die Schaltung nach Abb. 3.35 sollen der
Arbeitspunkt und die wichtigen Signal- und
Gleichspannungen berechnet werden.
Folgende Ausgangsdaten sollen gelten:
US D 6 V, IC D 3 mA, rbe D 1;3 k,
UC D 4 V, ˇ D 100.
Lösung
Abb. 3.34 Transistor in Basisschaltung Die Schaltung ist richtig dimensioniert, wenn
im Arbeitspunkt ohne Aussteuerung gilt
UB D UE C 0;5 V D 1;5 V :
ˇ
˛ D vi D 1: (3.38)
1Cˇ An R2 steht die Summe aus der Eingangsspan-
nung UE und der Basis-Emitterschaltung UBE ,
Eingangswiderstand: zusammen 1,5 V. Durch den Spannungsteiler
sollen 300 A fließen, R2 beträgt demnach
rbe 5 k. Der nächste Normwert E 12 ist 4,7 k.
Re D : (3.39)
ˇ An R1 stehen 4,5 V, durch ihn sollen
330 A fließen, er beträgt 13,6 k. Der nächs-
Die Stromverstärkung ist vi 1, solange ˇ 1 te Normwert E 12 beträgt 12 k. Mit diesen
ist. Trotzdem erreicht die Schaltung eine gu- Werten und den Ausgangsdaten der Schaltung
te Leistungsverstärkung, da auch für eine große erhält man folgende Einzelspannungen:
Ausgangsspannung Ua nur eine kleine Eingangs-
UB D 1;49 V
spannung Ue erforderlich ist. Der Ausgangs- oder
Innenwiderstand Ra der Basisschaltung wird al- UE D 1;0 V
lein vom Kollektorwiderstand RC bestimmt. Der URC D 2;0 V
parallel liegende Ausgangsleitwert gab ist sehr UC D 4;0 V :
klein und praktisch immer zu vernachlässigen.
Der Transistor arbeitet deshalb als fast ideale Aus dem Emitterstrom IE D IC D 3 mA und
Stromquelle. dem Spannungsabfall UE an RE kann man den
3 Transistoren 197
a b
unabhängig, der hohe Ausgangswiderstand der tor kompensiert wird, der unter gleichen Bedin-
Schaltung wird nur durch den Ausgangsleit- gungen arbeitet. Operationsverstärker (Kap. 8)
wert h22 und die Spannungsrückwirkung h12 baut man aus diesem Grund aus hintereinander-
bestimmt. geschalteten Differenzverstärkern. Dabei werden
Ungleiche Transistoren können durch gegen- beide Transistoren des Differenzverstärkers ge-
koppelnde Emitterwiderstände teilweise ausge- meinsam dicht nebeneinander auf einem Substrat
glichen werden, Abb. 3.37b. Der Preis ist ein hergestellt, so dass beide Transistoren elektrisch
deutlich höherer Spannungsabfall am Stromspie- gleich sind und die gleiche Temperatur haben.
gel. Hier ist die Restspannung ein Mehrfaches Die Absolutwerte der Transistordaten haben da-
von UBE . Ein Verhältnis der Ströme ¤ 1 kann nach nur noch einen geringen Einfluss auf das
durch ungleiche Emitterwiderstände erreicht wer- Ausgangssignal des Verstärkers.
den. Für den Differenzverstärker gelten folgende
Zusammenhänge:
IE1 RE C UBE1 D IE2 RE C UBE2 Spannungsverstärkung:
.IC1 C IB / RE C UBE1 D .IC2 C IB / RE C UBE2
Uc1 ˇ RC
IE1 RE D IE2 RE v1 D D ; (3.41)
Ub1 2 rbe
IC2 D IC1
Uc2 Cˇ RC
I2 D I1 2IB v2 D D : (3.42)
Ub1 2 rbe
I2 D I1 .1 2=ˇ/
Eingangswiderstand:
Der Stromspiegel wird gern in integrierten
Schaltungen als hochohmiger Arbeitswiderstand, Re D 2 rbe : (3.43)
beispielsweise für Differenzverstärker, benutzt.
Zusammen mit der hohen Stromverstärkung ˇ Ausgangswiderstand:
der Transistoren des Differenzverstärkers er-
möglicht der hochohmige Arbeitswiderstand Ra RC (3.44)
eine Spannungsverstärkung einer Stufe weit
über 1000. Gleichtaktunterdrückung:
Neben dem einfachen Stromspiegel gibt es
noch weitere Varianten mit besonderen Eigen- ˇ RE
GD : (3.45)
schaften. rbe
Für die Eingangsspannungen Ub gilt: Spannungen und Ströme müssen in der Rech-
nung nicht mitgeführt werden.
UB1 D IB1 rbe C UE und
UB2 D IB2 rbe C UE : Ub1 2 D .Ib1 Ib2 / rbe :
Den Emitterwiderstand RE dimensioniert man so, Mit Ib1 D Ib2 ergibt sich für Ub1 2 :
dass die Transistoren den richtigen Arbeitspunkt
aufweisen, oder ersetzt ihn durch eine Stromquel- Ub1 2 D 2 Ib1 rbe ;
le mit IE D IC1 C IC2 . Die Rechnung wird Ub1 2 ˇ
Ic1 D und
übersichtlicher, wenn alle Größen in einen sta- 2 rbe
tischen Anteil für den Gleichstromarbeitspunkt ˇ RC
Uc1 D Ub1 2 :
(z. B. IB ) und eine signalbedingte Abweichung 2 rbe
(z. B. Ib ) getrennt werden. Für die Summe bei-
der Basisströme, die den gemeinsamen Emitter- Damit wird die Verstärkung zwischen dem Diffe-
strom IE erzeugen, gilt dann renzeingang und den beiden Ausgängen:
IE Uc1 ˇ RC
IB C Ib1 C IB C Ib2 D : v1 D D (3.46)
ˇ Ub1 2 rbe
Näherungsweise gilt:
Ue D Ub1 D Ib1 2 ˇ RE :
Ua D Ic RC oder
Ib1 ˇ RC :
Ua Ib1 ˇ RC RC
vGL1 D D D : Abb. 3.39 Differenzverstärker mit Stromsenke im Emit-
Ue Ib1 ˇ RE 2 2 RE terkreis
bei sehr guten Differenzverstärkern auch erheb- spannung ist 0 V. Nachteilig ist mitunter die Ge-
lich darunter. Abbildung 3.42 zeigt drei verschie- genkopplung durch den Emitterwiderstand RE =2,
dene Möglichkeiten, diese Fehlergröße zu korri- der die Verstärkung v0 vermindert. Da die Kor-
gieren. rektur im Basis-Emitter-Basiskreis stattfindet, ist
Im Teilbild 3.42a geschieht die Korrektur über die Schaltung gegen eingestreute Störungen emp-
die Kollektorwiderstände. Dabei teilt man die findlich.
Kollektorwiderstände jeweils in einen großen In Abb. 3.42c erfolgt die Korrektur durch ei-
Widerstand RC und einen kleinen RC0 und ne entgegengesetzte Spannung am invertierenden
verringert beide RC0 durch einen mehr oder Spannungseingang, indem man die Offsetspan-
weniger großen Anteil des RC . Wird der Ver- nung am nicht benutzten Eingang von außen
stärker mit der Differenzspannung 0 angesteuert, zuführt. Die Schaltung ist einfach zu überblicken.
dann entstehen zwar geringfügig unterschiedli- Da die Korrektur im Basiskreis erfolgt, können
che Kollektorströme, sie erzeugen aber an den dort leicht Störungen aufgenommen und mitver-
ungleichen Widerständen gleiche Spannungen. stärkt werden.
Dieses Verfahren findet wegen folgender drei
Vorteile häufig bei integrierten Operationsver-
stärkern Verwendung:
3.2.6.4 Gegenkopplung im
1. Es entsteht ein kleiner Korrekturbereich mit
Differenzverstärker
Den Differenzverstärker kann man, genau wie die
großer Auflösung, wenn RC0 RC ist.
einfache Emitterschaltung, durch einen Emitter-
2. Ist keine weitere Korrektur der Offsetspan-
widerstand gegenkoppeln (Abb. 3.43).
nung erforderlich, kann RC weggelassen wer-
Damit kann man auf Kosten der Verstärkung
den, und die Anschlüsse stören nicht.
die Stabilität verbessern und den Frequenzgang
3. Die Schaltung ist gegen die Einstreuung von
linearisieren.
Störungen wenig empfindlich, da die Korrek-
Die Verstärkung des Differenzverstärkers mit
tur beim verstärkten Signal stattfindet.
der Gegenkopplung durch die Widerstände RE
In Abb. 3.42b geschieht die Korrektur durch
beträgt:
unterschiedliche Emitterwiderstände. Dabei wer-
den die verschiedenen Basis-Emitter-Spannun-
gen UBE beider Transistoren durch unterschied- Uc2 Ua Cˇ RC
v1 D D D ;
liche Spannungsabfälle URE an den beiden Emit- Ub1 Ue+ 2 rbe C 2 ˇ RE1
terwiderständen RE zu zwei gleichen Spannun- Uc2 Ua ˇ RC
v2 D D D :
gen UBE ergänzt. Die von außen sichtbare Offset- Ub2 Ue 2 rbe C 2 ˇ RE2
204 K. Bressler und H. Rudolph
ˇ D ˇ1 C ˇ2 C ˇ1 ˇ2 (3.51)
Eingangswiderstand:
Ausgangsleitwert:
Abb. 3.44 Frequenzgang des Differenzverstärkers mit
und ohne Gegenkopplung Gk
ga D gaT1 ˇ2 C gaT2 : (3.53)
Die Gegenkopplung setzt die Verstärkung Gleichungen 3.51 bis 3.53 werden im Folgenden
bei niederen Frequenzen herab (rote Kurve hergeleitet. Für die Stromverstärkung ˇ gilt:
in Abb. 3.44). Zum Ausgleich setzt der Ver- Der Emitterstrom IE1 des Transistors T1 ist
stärkungsabfall erst bei höheren Frequenzen
ein. Das Verstärkungs-Bandbreiteprodukt (Ab- IE1 D IB1 ˇ1
schn. 3.2.8.1) bleibt erhalten.
und der Emitterstrom IE2 des Transistors T2 ist
Der Eingangswiderstand des Transistors beträgt im Basisraum des T2 kann aber nicht abgezo-
gen, sondern muss verbraucht werden, wodurch
UT
rbe 1 D und die Schaltung langsam wird. Abhilfe bringt hier
IB1 ein zusätzlicher Basis-Emitter-Widerstand RBE
UT UT für den Transistor T2 , den man so dimensio-
rbe 2 D D :
IB2 ˇ1 IB1 niert, dass durch diesen der zwei- bis fünffa-
Der Transistor T1 arbeitet in Kollektorschal- che Basisstrom des Transistors T2 abfließt. Der
tung, deren Lastwiderstand der Basis-Emitter- Transistor T1 kann übersteuert werden (Abb. 3.4,
Widerstand rbe 2 des Transistors T2 ist. Der Bereich 2). Da die Kollektor-Emitter-Spannung
Eingangswiderstand rbe dieser Kollektorschal- UCE.T2 /
.UBE.T1 / C UBE.T2 / / ist, kann T2 nur
tung ist bis an den Rand des Übersteuerungsbereiches be-
trieben werden. Darlingtontransistoren gibt es für
UT viele Anwendungen fertig in einem Gehäuse ein-
rbe 1 D I
IB1 gebaut.
UT
rbe 2 D
ˇ1 IB1
rbe D rbe 1 C ˇ1 rbe 2
3.2.8 Verstärker für höhere
UT Frequenzen
D2 D 2 rbe 1 : (3.55)
IB1
Der differenzielle Ausgangsleitwert, ga D h22 , In vorhergehenden Abschnitten ist gezeigt, dass
errechnet sich aus der Parallelschaltung des Leit- Transistorverstärker bereits bei niedrigen Ar-
werts von T2 , h22 T2 und dem von T2 verstärkten beitsfrequenzen an ihre Verstärkungsgrenze
Leitwert von T1 zu stoßen, wenn man keine besonderen Maßnah-
men trifft. Während bei niedrigen Frequenzen
dIC
h22 D alle Vorgänge im Verstärker reell und damit rein
dUCE ohmisch sind, setzen drei Effekte die Verstärkung
d .UCE UBE2 / bei höheren Frequenzen herab:
D h22 T2 C h22 T2 ˇ2
dUCE 1. Laufzeiteffekte im Halbleiter vermindern die
Stromverstärkung bei höheren Frequenzen
oder
(Abschn. 3.1.3.2, Abb. 3.13).
h22 D h22 T2 C h22 T1 ˇ2 : (3.56) 2. Parasitäre Kapazitäten, die zum Arbeits- und
Lastwiderstand parallel liegen, verbrauchen
Mit Hilfe der Darlingtonschaltung kann man aus Blindstrom, der vom Verstärkungselement
zwei Transistoren mit unterschiedlichen Eigen- aufgebracht werden muss und dem Signal-
schaften einen neuen Transistor mit sehr hoher strom am Ausgang fehlt.
Stromverstärkung und der Kombination dieser er- 3. Ausgangsspannungen können über Rückwir-
wünschten Eigenschaften zusammensetzen. Eini- kungskapazitäten auf das Eingangssignal
ge Eigenschaften verschlechtern sich und sollten wirken. Hier genügen geringe Ströme, um
beachtet werden. Die obige Rechnung zeigt, dass das kleine Eingangssignal zu beeinflussen.
der Ausgangsleitwert des Darlingtontransistors Je nach Phasenlage des zurückgekoppelten
durch den um die Stromverstärkung vergrößer- Signals entsteht eine verstärkungsmindernde
ten Leitwert des Transistors T1 drastisch absinkt. Gegenkopplung oder eine verstärkungsstei-
Ebenso wird die Kollektor-Basis-Kapazität des gernde Mitkopplung. Letztere führt häufig
T1 durch T2 um die Stromverstärkung vergrö- zum selbstständigen Schwingen der Schal-
ßert. Bedingt durch die Ansteuerung des Tran- tung (Prinzip der Oszillatorschaltungen).
sistors T2 über den Emitter des T1 kann nur Gegen- und Mitkopplungseffekte nehmen mit
Strom in die Basis fließen, überschüssige Ladung steigender Grundverstärkung der Stufe zu.
206 K. Bressler und H. Rudolph
3.2.8.1 Grenzen der Verstärkung Frequenz einen hohen Hub der Signalspannung
(Verstärkungs-Bandbreite- bewirkt, während derselbe Signalstrom bei ho-
Produkt) her Frequenz nur einen kleinen Spannungshub
Die Leistungsverstärkung vP D Ua Ia =Ue Ie erzeugt.
einer Stufe lässt sich nicht unbegrenzt steigern. Abbildung 3.46 zeigt, dass je nach der Di-
Wie Abb. 3.46 zeigt, hat ein Verstärker entwe- mensionierung des Arbeitswiderstandes RC Ver-
der eine hohe Verstärkung v oder eine große stärkung und Bandbreite variieren können, das
Bandbreite b, aber nicht beides. Das gilt für alle Produkt aus beiden aber konstant bleibt.
Verstärker, nicht nur für Differenzverstärker. Das Einschränkungen der Bandbreite durch Rück-
Produkt aus beiden Größen, das Verstärkungs- wirkungskapazitäten sollte man durch geeignete
Bandbreite-Produkt b v ist eine Kenngröße, Halbleitertypen und eine abgestimmte Schal-
die man durch schaltungstechnische Maßnah- tungstechnik, beispielsweise die Kaskodeschal-
men ausnutzen, aber nicht überschreiten kann. tung nach Abschn. 3.2.9, vermeiden.
Der Abfall der Stromversorgung ˇ oberhalb Die Bandbreite eines Verstärkers muss nicht
der Grenzfrequenz fg D fT =ˇ bestimmt das bei Gleichstrom beginnen. Selektive Verstärker
Verstärkungs-Bandbreite-Produkt, wenn andere arbeiten häufig bei hohen Frequenzen, haben aber
Ursachen erst bei höheren Frequenzen wirken. nur eine geringe Bandbreite. Durch schaltungs-
Wird die Spannungsverstärkung durch eine Ge- technische Maßnahmen kann man die Verstär-
genkopplung vermindert, aber auf eine höhere kung, die Bandbreite und die Mittenfrequenz ver-
Bandbreite ausgedehnt, dann nimmt zumindest ändern. Das Produkt aus Verstärkung und Band-
der Eingangswiderstand der gegengekoppelten breite bleibt aber erhalten, wie Abb. 3.47 zeigt.
Emitterschaltung oberhalb der Grenzfrequenz fg Selektive Verstärker, beispielsweise die in
ab (Abschn. 3.1.3.2, Abb. 3.13). jedem Funkempfänger benutzten Zwischenfre-
Maßgebend für das Verstärkungs-Bandbreite- quenzverstärker, besitzen statt des ohmschen
Produkt eines Transistors sind neben der Transit- Arbeitswiderstandes einen Parallelschwingkreis,
frequenz fT interne und externe Lastkapazitäten, der aus einer Spule L, einem Kondensator C
die mit der verstärkten Signalspannung umgela- und den parallel geschalteten parasitären Kapa-
den werden müssen, wobei ein bestimmter Si- zitäten CP besteht. Bei dieser Schaltung wird
gnalstrom in einem Kondensator bei niedriger der Blindstrom der Kondensatoren von der Spu-
3 Transistoren 207
in der Basisschaltung erfolgt, darf die höchste die kleinere Kollektor-Emitter-Kapazität Cce2
Betriebsfrequenz viel näher an der Transitfre- meistens vernachlässigen kann. Neben dem fre-
quenz fT sein, als dies bei einer Emitterschaltung quenzabhängigen Abfall der Stromverstärkung ˇ
möglich wäre. der Transistoren bestimmt die Kollektor-Basis-
Durch den gegenüber der Emitterschaltung Kapazität Ccb2 mit der parallel geschalteten
zusätzlichen Transistor wird Bandbreite gewon- Lastkapazität CL und dem Arbeitswiderstand RC
nen. Man erreicht dies nicht nur durch eine die obere Grenzfrequenz der Kaskodeschaltung.
geschickte Kombination der Kollektor- und der Wegen der Trennung von Strom- und Span-
Basisschaltung, sondern auch durch kleine Wech- nungsverstärkung führen alle Transistorelektro-
selspannungen an den parasitären Kapazitäten. den nur kleine Signalspannungen, die in den pa-
Die Basis-Emitter-Kapazität Cbe 1 liegt nicht rasitären Kapazitäten nur kleine Ströme verur-
parallel zum Eingang, sondern nur über der an sachen. Mit geeigneten Transistoren kann man
rbe abfallenden Teilspannung, die dynamisch große Signalspannungen bei Bandbreiten weit
verkleinert wird. Der Kollektor des Transis- über 100 MHz erzielen. Die Schaltung wurde frü-
tors T1 führt praktisch keine Signalspannung. her für Ablenkverstärker in Oszilloskopen ver-
Deshalb liegt die Kollektor-Basis-Kapazität Ccb wendet, die bei der geforderten Bandbreite noch
direkt parallel zum Eingang, so dass sie nicht 10 V bis 30 V Ausgangsspannungshub erfordern.
dynamisch vergrößert wird. Die ohnehin klei-
ne Kollektor-Emitter-Kapazität Cce 1 belastet
nur den niederohmigen Ausgang der Kollek- 3.3 Feldeffekttransistoren
torschaltung, in der T1 arbeitet. Der Transistor T2
arbeitet in Basisschaltung und hat deshalb einen Feldeffekt-Transistoren, abgekürzt FET, arbeiten
sehr kleinen Eingangswiderstand. Mit Cbe2 ent- nach einem ganz anderen Prinzip als bipolare
steht deshalb nur eine kleine Zeitkonstante, Transistoren (Abb. 3.1 in Abschn. 3.1). Bipola-
die den Frequenzgang kaum beeinflusst. Wie re Transistoren bestehen aus p- und n-dotierten
Abb. 3.49 zeigt, liegt am Kollektor des Tran- Halbleiterwerkstoffen. Der Strom fließt durch
sistors T2 die größte Signalspannung, die vom drei verschieden dotierte Halbleiterschichten
Kondensator Ccb2 belastet wird, während man vom Kollektor zum Emitter und wird von ei-
3 Transistoren 209
nal statt, der im Abb. 3.50a rot gerastert ist. Die Beweglichkeit durch die Art des Halbleiterma-
Sperrschicht-FET sind immer selbstleitend; die terials begrenzt. Deshalb kann der Drainstrom
Ansteuerung kann die Leitfähigkeit nur verrin- ID trotz eines stärkeren elektrischen Feldes in
gern. Feldeffekttransistoren sind normalerweise der Längsrichtung des Kanals (durch die höhere
symmetrisch aufgebaut, d. h. die elektrischen Ei- Drain-Source-Spannung UDS ) nicht weiter an-
genschaften des FET bleiben erhalten, wenn man steigen. Der Drainstrom ID hängt nur noch von
Drain und Source vertauscht. Abbildung 3.50b der Steuerspannung UGS , aber fast nicht mehr
gibt den zugehörigen Potenzialverlauf entlang von der Drain-Source-Spannung UDS ab.
des Kanals und die steuernde Gate-Source-
Spannung UG wieder. Abbildung 3.50c zeigt 3.3.1.1 Kennlinien und Arbeitsbereiche
den Querschnitt des Kristalls mit verschieden des Feldeffekttransistors
großen Raumladungszonen, die von unterschied- Der Arbeitsbereich des Feldeffekttransistors lässt
lichen Gate-Source-Spannungen erzeugt werden. sich nach Abb. 3.51 in vier wichtige Bereiche un-
Größe und Form der Raumladung sind durch die terteilen.
Potenzialdifferenz zwischen dem Gate und dem Abbildung 3.51a zeigt die Übertragungskenn-
Potenzial längs des Kanals bestimmt. Je größer linie (Steilheit S) zwischen der Steuerspan-
das elektrische Feld zwischen einem Element nung UGS und dem zugehörigen Drainstrom und
des Kanals und der Steuerelektrode, dem Gate, Abb. 3.51b das Ausgangskennlinienfeld mit den
ist, desto mehr verringert die Raumladung den verschiedenen Arbeitsbereichen.
leitfähigen Teil des Kanals (engl.: channel). Den
Feldeffekttransistor kann man somit als steuer- 3.3.1.2 Ohm’scher Bereich
baren Widerstand ansehen, dessen Wert von der In der Nähe des Koordinatenursprungs, bei
Gate-Source-Spannung UGS und von der Drain- kleinen Spannungen UDS und kleinen Drain-
Source-Spannung UDS des FET bestimmt wird. Strömen ID , verhält sich der FET wie ein
Mit zunehmender Drain-Source-Spannung ohmscher Widerstand, der mit der Gate-
UDS nimmt der Drainstrom nicht linear zu, wie Spannung UGS gesteuert wird. UDS muss klein
das bei einem Widerstand zu erwarten ist, son- sein, darf aber negativ werden. Der FET eignet
dern steigt erst immer weniger und bleibt danach sich deshalb in diesem Bereich als Steuerele-
trotz weiter steigender Spannung UDS konstant ment für kleine Wechselspannungen. Der von
(Abb. 3.51b). Die Ursache dafür ist die Einschnü- der steuernden Gate-Source-Spannung abhängi-
rung des leitenden Kanals (engl.: pinch off ) in der ge Kanalwiderstand des FET (Abb. 3.51c), ist gut
Nähe des Drain-Anschlusses (Abb. 3.50a). Die für analoge Steuerungen in elektronischen Schal-
Zahl der für den Strom wirkenden Ladungsträ- tungen zu verwenden. Der Kanalwiderstand rDS
ger ist durch den engen Querschnitt und ihre entspricht dabei dem Kehrwert der Steilheit S in
3 Transistoren 211
dem jeweiligen Arbeitspunkt (Abschnürbereich nicht linear, sondern genügt folgender Gleichung:
in Abschn. 3.3.1.4):
UGS 2
IDS D IDSS 1 : (3.58)
rDS D 1=S : (3.57) UP
Die Steigung der Ausgangskennlinien im Dabei ist IDSS der Drain-Source-Strom bei
ohmschen Bereich hängt von der steuernden kurzgeschlossener Gate-Source-Strecke (d. h.
Gate-Spannung ab. Hierbei unterscheidet sich der UGS D 0) und UP die zum Abschnüren des Drain-
FET deutlich vom bipolaren Transistor, dessen Stromes notwendige Gate-Source-Spannung.
Ausgangskennlinien in diesem Sättigungsbereich Die Übertragungscharakteristik zwischen der
immer gleich verlaufen und kaum vom Basis- Gatespannung UGS und dem Drainstrom IDS be-
strom als äquivalente Eingangsgröße abhängen zeichnet man als Steilheit S. Dieser Begriff ist
(Abb. 3.11 in Abschn. 3.1.3.2). der Röhrentechnik entnommen. Für die Steil-
Beim FET unterbricht eine große Gatespan- heit S gilt
IDS
nung den Drainstrom bis auf wenige nA (Na- SD : (3.59)
noampere), während 0 V am Gate den Drain- UGS
Source-Widerstand auf den kleinsten Kanalwi- Die Steilheit hat beim größten Drainstrom
derstand verringern. Deshalb eignet sich der FET
ihr Maximum und nimmt mit abnehmendem
gut zum Schalten von Signalen und Strömen. Drainstrom ab. Die Grenze zwischen Trioden-
und Abschnürbereich verläuft wie die Übertra-
3.3.1.3 Triodenbereich gungskennlinie (vgl. die Übertragungskennlinie
Ist die aktuelle Drain-Source-Spannung des FET aus Abb. 3.51a und die Abschnürgrenze in
nicht größer als die Abschnürspannung, dann Abb. 3.51b).
arbeitet der FET im Triodenbereich. Im Trio-
denbereich (Abb. 3.51b) geht die Steigung der 3.3.1.5 Durchbruchbereich
Kennlinie vom Wert des Kanalwiderstandes rDS Bei großen Drain-Source-Spannungen UDS bricht
im ohmschen Bereich in eine sehr flache Stei- die Gate-Drain-Strecke durch, weil hier die
gung über, die dem kleinen Ausgangsleitwert größte Feldstärke herrscht (Abb. 3.51b). Die
des Abschnürbereichs entspricht. Der Trioden- Drain-Source-Durchbruchspannung nimmt des-
bereich endet an der Abschnürgrenze. Hier ist halb mit steigender Gate-Spannung UGS leicht ab.
die Spannung zwischen Drain und Gate gleich Der gesperrte FET hat die geringste Durchbruch-
der Abschnürspannung UP . Der Begriff Trioden- spannung UDS , im Gegensatz zum bipolaren
bereich kommt aus der früher gebräuchlichen Transistor, der im gesperrten Zustand die höchste
Röhrentechnik. Der von einer Gitterspannung Kollektor-Emitter-Spannung UCES aushält. Ein
leistungslos gesteuerte Anodenstrom hängt in Spannungsdurchbruch zwischen Gate und Drain
ähnlicher Weise von der Anodenspannung ab. zerstört den Transistor.
3.3.1.4 Abschnürbereich
Oberhalb der Abschnürgrenze (Abb. 3.51b) liegt 3.3.2 MOS-Feldeffekttransistoren
der analoge Arbeitsbereich des FET. Hier wird
durch eine Gate-Spannung UGS ein Drain-Strom Beim MOSFET oder Insulated-Gate-FET (IG-
ID gesteuert, der von der angelegten Drain- FET) ist die Steuerelektrode nicht mit einem
Source-Spannung UDS weitgehend unabhängig pn-Übergang, sondern mit einem dünnen, aber
ist. Die Drain-Source-Spannung, bei der der Trio- hochwertigen Isolator (meist einem Metalloxid)
denbereich in den Abschnürbereich übergeht, vom leitenden Kanal getrennt. Unabhängig von
nennt man Abschnürspannung (engl.: pinch-off- der Polarität (p- oder n-Kanal) kann die Steuer-
voltage UP ). Der Zusammenhang zwischen der elektrode positiv und negativ gegen die Source
Steuerspannung UGS und dem Drainstrom IDS ist werden und trotzdem immer stromlos bleiben.
212 K. Bressler und H. Rudolph
und integrierte analoge und digitale Schaltun- hohen Werte sind selten erforderlich und lassen
gen herstellen. Die MOS-Technologie eignet sich beim Schaltungsaufbau nur unter besonde-
sich besonders für digitale integrierte, auch ren Vorkehrungen ausnutzen, da auf der Ober-
hochintegrierte Schaltungen, da sich sehr schnel- fläche der tragenden Isolierwerkstoffe, beispiels-
le Schaltkreise mit großem Störabstand und weise der Leiterplatte, durch Verunreinigungen
geringem Stromverbrauch auf einer kleinen Sub- und Feuchtigkeit parasitäre Widerstände entste-
stratfläche herstellen lassen (Abschn. 12.1.4). hen, die um mehrere Größenordnungen kleiner
Wegen der ähnlichen Funktion des Sperr- sind als der Eingangswiderstand des MOSFET.
schicht-FET und des MOSFET werden die Dagegen ermöglicht die Isolierung des Gates ge-
Eigenschaften beider Typen gemeinsam be- gen den Kanal bei der Anwendung als Schal-
schrieben. Auf wichtige Unterschiede wird ter oder gesteuerter Widerstand eine vollstän-
hingewiesen. dige Trennung des Steuer- und des Ausgangs-
kreises.
3.3.2.1 Eingangswiderstand Der Eingangswiderstand bei Wechselspan-
Der Sperrschicht-FET ist ein leistungslos ge- nung wird nur von der Eingangskapazität
steuerter Verstärker, dessen Steuerelektrode bestimmt. Sie liegt zwischen 1 pF bei HF-Klein-
durch einen in Sperrrichtung vorgespannten pn- signaltransistoren und mehreren 1000 pF bei den
Übergang vom Kanal im Ausgangskreis getrennt Leistungs-MOSFET. Die Eingangskapazität ist
ist. Deshalb fließt nur ein sehr kleiner Reststrom bei der Dimensionierung der Schaltung unbe-
von 109 A bis 1011 A in das Gate. Aus die- dingt zu berücksichtigen.
sem Grunde ist der Eingangswiderstand sehr
groß, und er beträgt bei 1-V-Gate-Spannung in 3.3.2.2 Steilheit
Sperrrichtung des pn-Übergangs über 1000 M. Der Quotient aus der Änderung des Drain-
Bei Frequenzen oberhalb 1 MHz kann die Ein- Stroms ID und der Änderung der Gate-
gangskapazität stören, die je nach Typ und nach Spannung UGS ist ein Maß für die Verstärkung
der angelegten Gate-Spannung 1 pF bis 50 pF und wird als Steilheit, manchmal auch als Vor-
beträgt. Wie bei jedem anderen pn-Übergang wärtssteilheit S (S D IDS =UGS ), bezeichnet.
nimmt die Sperrschichtkapazität mit zunehmen- Im angelsächsischen Sprachgebrauch nennt man
der Sperrspannung ab. sie transconductance (Einheit mho). Der Name
Beim MOSFET führt der hochwertige Isola- ist von der Steilheit der Kennlinie ID D f .UGS /
tor zwischen Kanal und Gate zu Eingangswi- abgeleitet (Abb. 3.51a). Wie Abb. 3.53a zeigt,
derständen zwischen 1012 und 1015 . Diese hängt die Steilheit vom Arbeitspunkt ab, d. h. sie
214 K. Bressler und H. Rudolph
3.3.3.3 Restströme
Abb. 3.55 Rauschen des Sperrschicht-FET als Funktion Die Ströme zwischen dem Gate und dem Ka-
der Frequenz nal betragen bei den Sperrschicht-FET 109 A
bis 1011 A, der Strompfad vom Gate zum Ka-
nal verhält sich wie ein pn-Übergang. Wird die
Parameter sind dann komplex und hängen vom Gate-Source-Spannung umgepolt, dann steigt
gewählten Arbeitspunkt ab. der Gate-Strom stark an. Bei den MOSFET ist
das Gate über einen reinen Isolator vom Kanal
3.3.3.2 Rauschen getrennt; der Reststrom bleibt unabhängig von
Unipolare Transistoren rauschen im Allge- der Polarität der Gate-Spannung unter 1013 A
meinen weniger als bipolare, bei denen der bis 1015 A. Die Gate-Restströme oder Gate-
Strom über zwei pn-Übergänge fließt. Beim Leckströme (leakage-current) kann man deshalb
Sperrschicht-FET entsteht durch Erzeugung in den meisten Schaltungen vernachlässigen.
und Rekombination von Ladungsträgerpaaren Der Drain-Source-Reststrom beträgt bei den
bei niedrigen Frequenzen ein Rauschen, das Sperrschicht-FET etwa 1 nA, bei 25 °C und
mit 1=f abnimmt. Abbildung 3.55 zeigt die 1 A bei 150 °C Sperrschichttemperatur. Bei den
Rauschspannung UR in Abhängigkeit von der Anreicherungs-MOSFET wird meist der Strom
Frequenz f . Häufig wird die Rauschspannung bei UGS D 0 angegeben. Er liegt bei 25 °C, je
p
bei einer gegebenen Mittenfrequenz in nV= Hz nach Leistung und Typ, zwischen 10 nA und
angegeben. Im größten Teil des Frequenzbe- 1 mA.
reichs, von etwa 1000 Hz bis 100 MHz, stört nur
das geringe thermische Rauschen des Source- 3.3.3.4 Temperaturverhalten
Drain-Kanalwiderstandes. Oberhalb 100 MHz Der Drain-Source-Strom ID hängt auch von der
nimmt das Rauschen wieder deutlich zu, was Kristalltemperatur ab, wie Abb. 3.56 zeigt. Mit
wegen der abnehmenden Verstärkung oder der zunehmender Temperatur nimmt einerseits das
geringen Bandbreite bei höherer Verstärkung we- Kontaktpotenzial zwischen Gate und dem Kanal
niger auffällt. ab, der Betrag der Gate-Spannung UGS zum Sper-
Die MOSFET rauschen bei niedrigen Fre- ren eines bestimmten Drain-Stroms ID nimmt
quenzen wesentlich stärker, weswegen sie in aber zu. Bei konstanter Spannung UGS steigt
Niederfrequenzverstärkern bei kleinen Signal- der Drain-Strom ID . Andererseits vermindert die
216 K. Bressler und H. Rudolph
len (Leistungs-)MOSFETs darf der Drainstrom zuerst den kleinsten Kanalwiderstand. Deshalb
während kurzer Impulse ein Vielfaches des zu- sollte die zulässige Spannung des Transistors
lässigen Dauerstroms sein. nicht wesentlich höher als erforderlich sein.
Der Spitzenstrom wird vom Siliciumkristall
begrenzt (silicon limited). Der hohe Impulsstrom 3.3.4.3 Temperaturen
erwärmt den Kristall, weil die Wärme wegen des Die Sperrschicht der FET und MOSFET darf
Wärmewiderstandes zum Gehäuse nicht schnell höchstens 150 °C bis 175 °C warm werden;
genug abfließen kann. Spätestens wenn die zu- das ist weniger als bei bipolaren Transistoren
lässige Kristalltemperatur erreicht ist, muss der (200 °C). Die Restströme können bei dieser Tem-
Strom eine Pause haben, um den Transistor ab- peratur 1000 mal größer sein als bei 25 °C. Da
kühlen zu lassen. Weiterhin halten die Bonddräh- mit zunehmender Sperrschichttemperatur die
te zwischen Kristall und den externen Anschlüs- Halbleiter häufiger ausfallen, sollten die Halb-
sen nur einen begrenzten Strom aus, bevor sie leiter und ihre Kühlkörper so groß sein, dass die
abschmelzen. Grenztemperatur um 20 K bis 30 K unterschritten
Die unter verschiedenen Bedingungen zulässi- wird.
gen Ströme sind in den Datenblättern angegeben.
Bei Leistungs-MOSFETs sind heute Dauerströ- 3.3.4.4 Verlustleistung und erlaubter
me bis 200 A und Impulsströme über 1000 A Arbeitsbereich
möglich. Die Verlustleistung bestimmt zusammen mit dem
Wärmewiderstand zwischen der Sperrschicht und
3.3.4.2 Sperrspannungen der Umgebung die Temperatur des Halbleiters.
Je dünner die Oxidschicht oder der pn-Übergang Die Datenblätter geben die zulässige Verlustleis-
zwischen dem Gate und dem Kanal ist, desto tung und die zugehörigen Bedingungen an. Die
besser wirkt die Steuerspannung, aber desto emp- Verlustleistung darf bei kurzen Impulsen meist
findlicher wird der Transistor gegen Überspan- erheblich überschritten werden und hängt nicht
nungen. Eine zu große Steuerspannung zerstört von der augenblicklichen Drain-Source-Span-
die Isolierung, auch wenn es nur ein kurzer Im- nung UDS ab. Die FET und MOSFET haben keinen
puls ist. Wegen der geringen Kapazität kann eine sekundären Durchbruch (Abschn. 3.1.5.5), da die
extrem kleine Energie die Isolierung durchschla- Leitfähigkeit des Kristalls mit zunehmender Tem-
gen. Die Strecke zwischen dem Gate und dem peratur abnimmt und sich keine Kanäle mit hoher
Kanal ist die empfindlichste Stelle aller FET- und Verlustleistung ausbilden können. Der erlaubte
MOS-Bauteile. Zum Schutz werden teilweise Z- Arbeitsbereich ist nur durch die Grenzwerte von
Dioden zwischen Gate und Substrat integriert, die Strom, Spannung und Verlustleistung bestimmt.
aber die Restströme und die Kapazität zwischen Die Sperrschicht-FET werden nur für kleine Leis-
Gate und Source erheblich erhöhen. Die Halblei- tungen gebaut, während Leistungs-MOSFET bis
ter müssen vor allem während der Verarbeitung, über 500 W Verlustleistung angeboten werden.
aber auch im Betrieb vor diesen Überspannungen
geschützt werden (Abschn. 3.5.7, Schutzmaßnah-
men für Halbleiter). 3.4 Schaltungstechnik mit
Eine zu große Drain-Source-Spannung UDS Feldeffekttransistoren
verursacht einen Durchschlag von Drain zum
Gate und zerstört den Transistor wie alle ande- 3.4.1 Übergang vom bipolaren
ren Überspannungen auch. Im Gegensatz zum Transistor zum
dauernd zulässigen Drainstrom dürfen die Grenz- Feldeffekttransistor
werte der Spannungen auch nicht kurzzeitig über-
schritten werden. Feldeffekttransistoren sind häufig in gleichen
Eine hohe zulässige Drain-Source-Spannung Schaltungen wie bipolare Transistoren eingebaut.
verschlechtert andere Parameter des Transistors, Abbildung 3.58a zeigt die wichtigsten Daten
218 K. Bressler und H. Rudolph
Abb. 3.58 Vergleich der Beschaltung eines bipolaren Transistors in Emitterschaltung mit einem Feldeffekttransistor
in Source-Schaltung
des bipolaren Transistors, Abb. 3.58b diejenigen geringer Krümmung der Übertragungskennlinie
des FET. Auf diese Eigenschaften sind die Ar- betrieben, weshalb die Verstärkung ziemlich line-
beitswiderstände RC oder RD und weitere in der ar ist. Andererseits unterliegt die Abschnürspan-
Transistorschaltung abzustimmen. nung UP großen Exemplarstreuungen, so dass sie
Die für den Ein- und Ausgang gemeinsame durch eine Gegenkopplung auszugleichen ist.
Elektrode ist mit Masse verbunden und gibt der Bei beiden Typen ändert sich die Verstärkung
Grundschaltung den Namen. Das auf Masse und exemplarabhängig: bei den bipolaren Transisto-
die gemeinsame Elektrode bezogene Eingangs- ren die Stromverstärkung ˇ (100 bis 400) und bei
signal ist beim bipolaren Transistor ein kleiner den FET die Steilheit S (2 mA=V bis 8 mA=V).
Strom (Abb. 3.58a), beim FET eine Spannung
(Abb. 3.58b). Beide Transistoren erhalten ihren 3.4.2 Grundschaltungen
Strom über einen Arbeitswiderstand (RC beim der Feldeffekttransistoren
bipolaren Transistor oder RD beim FET) aus der
Versorgungsspannung US . Der Ausgangsstrom Feldeffekttransistoren kann man ebenso wie bi-
des Transistors verursacht am Arbeitswiderstand polare Transistoren in drei verschiedenen Grund-
RC bzw. RD die erwünschte Ausgangsspannung. schaltungen betreiben (Abb. 3.58).
Der bipolare Transistor hat die Eingangskenn- Abbildung 3.59 stellt die wichtigsten Eigen-
linie einer Diode, d. h., eine linear steigende schaften der drei Grundschaltungen zusammen.
Eingangsspannung verursacht einen exponentiell Viele, aber nicht alle Eigenschaften bleiben er-
steigenden Basis- und Kollektorstrom. Dadurch halten, wenn man die bipolaren durch Feldef-
weicht die Basis-Emitter-Gleichspannung nur fekttransistoren ersetzt. Der Eingangswiderstand
wenig von ihrem Mittelwert ab. Die sehr hohe, ist, außer bei der Gate-Schaltung, nicht mehr
aber nicht lineare Spannungsverstärkung muss vom Transistor, sondern nur von der Zuführung
durch eine Gegenkopplung verringert und linea- der Gatespannung abhängig. Der frequenzabhän-
risiert werden. gige Abfall der Steilheit tritt erst bei mehreren
Der Emitterschaltung des bipolaren Transis- 100 MHz auf und nicht bei 1 MHz. Dafür ist die
tors entspricht die Sourceschaltung des Feldef- Grundverstärkung meistens geringer als bei bipo-
fekttransistors. Der Drainstrom ID wächst mit laren Transistoren. Rauscharme Schaltungen mit
dem Quadrat der Gate-Source-Spannung UGS . hohem Eingangswiderstand lassen sich mit den
Dabei wird der FET meistens in einem Bereich FET besser verwirklichen als mit bipolaren Tran-
3 Transistoren 219
sistoren. Die Gateschaltung findet wegen ihrer größtmögliche Abweichung durch die Exemplar-
geringen Rückwirkung und der Leistungsanpas- streuung dar. Mit zunehmendem Drainstrom ID
sung am Eingang nur für Hochfrequenzverstärker steigt die Verstärkung deutlich an. Die Exemplar-
Verwendung. Ihr Eingangswiderstand ist auch bei streuungen der Abschnürspannung UP verschie-
niedrigen Frequenzen klein. Die Gateschaltung ben den Arbeitspunkt und verändern die Verstär-
ist nur selten in Gebrauch. kung.
Abbildung 3.60b zeigt denselben Verstärker
mit einem Sourcewiderstand RS und rot ein-
3.4.3 Stabilisierung des getragenen Gleichspannungswerten, die den
Arbeitspunktes und der Arbeitspunkt verdeutlichen. Am Sourcewider-
Verstärkung durch stand RS fällt umso mehr Spannung ab, je größer
Gegenkopplung der Sourcestrom IS ist. Ein großer Sourcestrom
führt zu einem großen Spannungsabfall am
Die große Exemplarstreuung der Gate-Source- Sourcewiderstand RS und vergrößert den Be-
Spannung zum Erreichen eines bestimmten trag der negativen Gate-Source-Spannung UGS ,
Drainstroms ID erfordert eine Stabilisierung des wodurch der Drainstrom ID sinkt. Es ist ein Re-
Arbeitspunktes. Hierzu eignet sich ein Wider- gelkreis entstanden, der den Drainstrom ID und
stand in der Source-Leitung des FET, der eine damit die Steilheit S ungefähr konstant hält. Da
Stromgegenkopplung erzeugt (Abschn. 3.2.1.1). über das Gate kein Strom abfließt, sind Drain-
Abbildung 3.60 stellt den Arbeitsbereich bei fes- und Sourcestrom gleich groß.
ter Eingangsspannung für einen FET ohne und In Abb. 3.60b ist die Arbeitsgerade des
mit Stromgegenkopplung dar. Sourcewiderstandes RS in das Kennlinienfeld des
Abbildung 3.60a zeigt die Schaltung und das FET eingetragen. Am Sourcewiderstand RS fällt
Kennlinienfeld eines FET in Sourceschaltung oh- die Summe aus der Eingangsspannung Ue und
ne Gegenkopplung. Die durchgezogene Kenn- der Gate-Source-Spannung UGS ab; ein steigen-
linie stellt den Mittelwert, die gestrichelte die der Drainstrom ID erzeugt mehr Spannungsabfall
220 K. Bressler und H. Rudolph
Abb. 3.60 Stabilisierung des Arbeitspunktes und der Verstärkung beim Feldeffekttransistor
3.4.5 Differenzverstärker
Daraus kann die Verstärkung mit Gegenkopp- mit Feldeffekttransistoren
lung vg berechnet werden
Aus zwei Feldeffekttransistoren kann man einen
Differenzverstärker aufbauen, bei dem nur die
UGS S RD
vg D : (3.64) Spannung zwischen den beiden Eingängen
UGS .1 C S RS /
verstärkt wird, während sich die Gate-Source-
Spannungen UGS1 und UGS2 beider FET
Der gegengekoppelte FET kann als Bauteil kompensieren (Abb. 3.62). Der Eigenfehler des
mit geringerer Steilheit S betrachtet werden, Verstärkers bleibt gering, so dass die Schaltung
wobei gilt zur Verstärkung kleiner Gleichspannungen ge-
eignet ist.
Der Differenzverstärker mit Feldeffekt-
S
S D : (3.65) transistoren wird genauso wie mit bipolaren
1 C S RS
Transistoren aufgebaut. Dazu verwendet man
FET, deren Gate-Source-Spannungen beim Ar-
Nach Abb. 3.60b hängt die Steilheit S des beitsstrom durch das Aussuchen geeigneter Paare
gegengekoppelten FET nur wenig von den Ex- oder durch das Herstellverfahren nur wenig
emplarstreuungen der Abschnürspannung ab. Die voneinander abweichen. Diese Fehlspannung
dort gefundene Steilheit S muss nach Gl. 3.65 ist im Allgemeinen größer als bei bipolaren
verringert werden, bevor die Verstärkung mit Transistoren, aber wegen des extrem kleinen
dem Drainwiderstand RD berechnet wird. In Eingangsstroms entsteht auch an einem sehr
Verstärkern für kleine Wechselspannungen (für großen Innenwiderstand der Quelle keine zu-
NF und HF) ist oft eine große Verstärkung sätzliche Fehlspannung mehr. Dagegen erzeugt
erwünscht. In diesem Fall kann man den Source- der Basisstrom bipolarer Transistoren am Innen-
widerstand RS mit dem Kondensator CS für die widerstand einer hochohmigen Quelle eine nicht
Signalfrequenzen kurzschließen. Eine solche zu vernachlässigende Fehlspannung. Deshalb
Schaltung hat trotz großer Parameterstreuun- werden Gleichspannungssignale aus hochoh-
gen einen stabilen Arbeitspunkt und besitzt die migen Quellen (> 100 k) besser mit einem
große Verstärkung der nicht gegengekoppelten Verstärker mit FET-Eingang verarbeitet. Heute
Schaltung (Abb. 3.61). gibt es Operationsverstärker mit FET-Eingang,
222 K. Bressler und H. Rudolph
haben, auf die sich der hohe Strom verteilt. Bei gleichmäßige Stromaufteilung unter den Transis-
einzelnen Hochstromtransistoren sind im s- toren erreichen.
Bereich bis zu 1000 A ohne Schaden möglich.
Faustregel: Der Strom in einem Leistungs-
Einschaltwiderstand rDS.ON/ Der Einschalt-
MOSFET kann so hoch sein, wie es sein Kühl-
widerstand rDS .ON/ ist einer der wichtigsten
system zulässt.
Parameter eines als Schalter betriebenen MOS-
In den Datenblättern wird der maximale
FET. Der Temperaturkoeffizient ˛ ist positiv
Drain-Strom angegeben, der für eine Gehäu-
und schwankt im Bereich 0;7 % K1 ˛
setemperatur TC D 25 ı C zutreffend ist. Für
1;8 % K1 . Den positiven Temperaturkoeffizi-
nicht gepulsten Drain-Strom sind Werte von
enten darf man vor allem bei hohen Umge-
90 ı C TC 100 ı C praxisgerecht. Der aus-
bungstemperaturen nicht vernachlässigen, da
nutzbare Drain-Strom ID ist
hierdurch die Verlustleistung ansteigt. Im Ex-
s tremfall führt dies zum thermischen Weglaufen
Tj max TC
ID D : (3.66) des Transistors und damit zu seiner Zerstö-
rDS (ON) Rth (JC) rung.
a b c d
Sperrerholzeit der Substratdiode Wird ein dem ungewollt eingeschalteten Transistor (para-
MOSFET mit inverser Spannung betrieben, dann sitärer npn-Transistor) in Serie liegt und beide
wird die Substratdiode (der pn-Übergang zwi- die Versorgungsspannung kurzschließen. Abbil-
schen Source und Drain) leitend. In Brückenschal- dung 3.68a zeigt den parasitären Transistor als
tungen ist dies häufig der Fall. Die Substratdiode zwei Dioden dargestellt.
ist zwar nutzbar, aber nicht sehr schnell. Sie lässt Abhilfe bringt eine interne Verbindung zwi-
sich nämlich nur recht langsam wieder ausschal- schen Substrat und Source. Es bleibt ein FET
ten, weil die Sperrverzögerungsladung Qrr groß mit einer nicht steuerbaren Diode übrig, die nor-
und deshalb die Sperrerholzeit trr hoch ist. malerweise gesperrt ist. Die Transistorfunktion
Der MOSFET ist auf dem Halbleitersubstrat ist verschwunden (Abb. 3.68c). Diese Darstel-
(engl.: bulk) aufgebaut. Die pn-Übergänge zwi- lung ist häufig in den Datenblättern zu finden
schen dem Kanal, Drain und Source, isolieren die (Abb. 3.68d).
Elektroden vom Substrat durch in Sperrrichtung Bei der Auswahl der MOSFET für Brücken-
gepolte Dioden (Abb. 3.68a). Diese Anordnung schaltungen (z. B. für Stromversorgungen und
kann in ungünstigen Fällen als bipolarer Transis- Motorsteuerungen) ist darauf zu achten, dass
tor wirken, der dem FET parallel geschaltet ist die Substratdiode eine kleine Sperrerholzeit trr
(Abb. 3.68b). Vor allem während der Sperrerhol- besitzt. Außerdem soll eine hohe Spannungs-
zeit der Substratdiode kann man diesen Transistor Anstiegsgeschwindigkeit du=dt (engl.: di-
bei großen Spannungs-Anstiegsgeschwindig- oderecovery, dv=dt) während der Dioden-
keiten du=dt durch seine Miller-Kapazität Cds Sperrerholzeit garantiert werden. Beispielsweise
einschalten, wenn der interne Basis-Emitter- ist für 230 V-Anwendungen bei 50 Hz eine Sperr-
Widerstand rbe nicht niederohmig genug ist, um erholzeit trr 300 ns und ein du=dt
3 V=ns
einen Basisstrom zu verhindern. In Brücken- ausreichend.
schaltungen sind stets zwei Transistoren in Reihe
geschaltet, einer davon muss sicher aus sein. Hier Bemerkungen zur Auswahl von Transisto-
kann das Einschalten des parasitären Transis- ren Die Halbleiterhersteller bieten eine große
tors des gesperrten MOSFET zur Zerstörung des Vielzahl unterschiedlicher Transistoren mit sehr
leitenden MOSFET führen, weil der gewollt ein- verschiedenen Eigenschaften an. Dabei sind stets
geschaltete Transistor (der MOSFET selbst) mit ein oder mehrere Parameter auf Kosten der übri-
3 Transistoren 229
gen optimiert. Der Halbleiter muss die wichtigen Wegen der vergleichsweise großen Gatela-
Daten, beispielsweise Drain-Source-Spannung, dung Qg der Leistungs-MOSFET mit vertikaler
Drainstrom, und Verlustleistung mit etwas Reser- Struktur und der damit verbundenen Verluste bei
ve garantieren. Bei 70 % Ausnutzung erhält man hohen Schaltfrequenzen einerseits und wegen
eine gute Zuverlässigkeit. Die übrigen Daten des recht hohen Aufwandes andererseits, ist die
müssen nicht wesentlich besser sein als not- Anwendung von pulsbreitengesteuerter Technik
wendig. Beispiel: bei einem Transistor, der 1 A nicht immer vorteilhaft. Hier bieten sich Schal-
schalten soll, reichen 50 m bis 100 m EIN- tungen an, bei denen die MOSFET im linearen
Widerstand gut aus. Die dadurch verursachten Bereich arbeiten (s. Ausgangskennlinienfeld des
Verluste müssen mit den übrigen Verlusten ein n-Kanal-MOSFET in Abb. 3.53b).
vernünftiges Verhältnis bilden. Ein Transistor
mit 1 m EIN-Widerstand ist zwar lieferbar,
aber teuer. Außerdem erfordert seine große Gate- 3.4.10 MOSFET-Leistungstransistoren
Kapazität eine unnötig starke Ansteuerschaltung für analoge Verstärker
mit viel höheren Verlusten.
Der Schaltungsentwickler muss nach der ers- Obwohl die meisten Leistungs-MOSFET haupt-
ten überschlägigen Dimensionierung auch die sächlich für Anwendungen als Schalter vorgese-
Nebeneffekte prüfen und die Dimensionierung hen sind, eignen sie sich auch für analoge Verstär-
bei Bedarf korrigieren. ker. Bei kleinen Leistungen kann der MOSFET
Auf die bei fast allen Parametern schlech- im A-Betrieb arbeiten. Dabei wird der Signal-
teren P-Kanal-MOSFET wurde am Anfang von wechselstrom zum Ruhestrom des Verstärkers
Abschn. 3.4.9 hingewiesen. Man setzt P-Kanal addiert, so dass der Strom im FET immer po-
MOSFET nur dort ein, wo die Nachteile wenig sitiv ist (Abb. 3.69a). Dieser Ruhestrom verur-
stören oder die Schaltung mit n-Kanal-MOSFET sacht nicht nur eine hohe Verlustleistung, er ist
sehr umständlich würde. häufig auch in der Nutzlast unerwünscht (z. B.
bei einem Lautsprecher). Beim B-Betrieb wird
Anwendungsbeispiele für die MOSFET als die positive und die negative Halbwelle des Si-
Schalter Von den zahlreichen Anwendungs- gnalstromes über verschiedene Transistoren aus
möglichkeiten seien nur einige genannt: zwei Betriebsspannungen unterschiedlicher Po-
Getaktete Stromversorgungen, Frequenzum- larität verursacht (Abb. 3.69b). Dabei erzeugt
richter für Motorsteuerungen, Wechselrichter, ein Transistor einen Strom in der Nutzlast, wäh-
Ultraschallgeneratoren, Induktionsheizungen, rend der andere Transistor in dieser Halbwelle
Hochfrequenz-Schweißgeräte, Klasse-D-Nie- stromlos ist. Dieser Betrieb wird auch als Gegen-
derfrequenzverstärker, amplitudenmodulierte taktbetrieb bezeichnet.
Sender und Halbleiterrelais für Gleichspannung. Eine Verstärkerendstufe für B-Betrieb lässt
Die in den Beispielen genannten Geräte ar- sich gut aus zwei komplementären MOSFET
beiten nach dem gleichen Prinzip: Die Hüllkurve aufbauen. Ein Paar komplementärer MOS-
der Ausgangsspannung wird durch Änderung der FET besteht aus einem n-Kanal- und einem
Pulsbreite einer Spannung mit konstanter Am- p-Kanal-MOSFET, deren übrige Daten mög-
plitude gesteuert. Nachgeschaltete Filter dienen lichst übereinstimmen, damit die positive und die
zur Mittelwertbildung und sieben den hochfre- negative Halbwelle gleich behandelt werden. Die
quenten Anteil aus. Um eine bipolare Wechsel- Stromübernahme im Nulldurchgang des Aus-
spannung zu erhalten, sind Gegentaktschaltungen gangsstroms führt leicht zu Verzerrungen und
erforderlich, die meistens als Brücke ausgefüllt Störungen, weshalb ein geringer Ruhestrom von
sind. Jede Halbwelle wird mit jeweils einem der der positiven Versorgungsspannung über beide
beiden Brückenzweige erzeugt, das heißt, dass Transistoren in die negative Versorgungsspan-
jeder der beiden Zweige für die Zeitdauer einer nung fließt. Bei kleiner Aussteuerung arbeiten
Halbperiode aktiv ist. beide Transistoren im A-Betrieb, während bei
230 K. Bressler und H. Rudolph
Hierbei koppelt man das Signal nicht gal- die Resonanzfrequenz, nur Widerstände können
vanisch, sondern induktiv an die nächste Stufe. Arbeit aufnehmen.
Über die gemeinsame Masse fließt nur noch der
Versorgungsgleichstrom. Die einzelnen Stufen 3.5.6 Schaltungstechnische
sind gut entkoppelt. Der Strompfad für den Ver- Besonderheiten
sorgungsstrom und den Abblockkondensator C2 gegengekoppelter Verstärker
(rot eingezeichnet) hat mit dem Eingangskreis F2
und dem Ausgangskreis F3 keinen gemeinsamen Ein Verstärker kann schwingen, wenn seine Ge-
Strompfad. Wenn die geometrischen Abmessun- genkopplung nicht richtig dimensioniert ist. Die
gen der Kreise klein sind, wird die unerwünschte Gegenkopplung soll das Ausgangssignal gegen-
Kopplung gering. phasig an den Eingang zurückführen, wo es die
In modernen Hochfrequenzverstärkern kop- Eingangsspannung Ue zum größten Teil kom-
pelt man häufig integrierte HF-Verstärkerstufen pensiert und damit das Eingangssignal des Ver-
über Kondensatoren. Die Stromzuführung und stärkers verkleinert. Das funktioniert bei Gleich-
der Signalweg haben dadurch einen gemeinsa- strom und niedrigen Frequenzen gut. Mit zuneh-
men Strompfad. Bei diesen Verstärkern erfolgt mender Frequenz verursacht die konstante Lauf-
die Signal- und Stromführung meistens auf ei- zeit im Verstärker einen steigenden Phasenwinkel
ner Seite der Leiterplatte, während die Rücksei- zwischen Ein- und Ausgangssignal. Die gegen-
te eine fast geschlossene Massefläche ist. Da- phasige Rückkopplung entspricht einer Phasen-
durch werden die gemeinsamen Strompfade so drehung um 180°, bezogen auf das Eingangssig-
niederohmig und induktionsarm, dass der entste- nal Uaf 1 (Abb. 3.79d). Abbildung 3.79 zeigt den
hende Spannungsabfall nicht mehr stört. Diese Übergang von der Gegenkopplung zur Mitkopp-
Fläche ist nicht nur eine hervorragende Masse, lung.
sie verringert auch elektrische Felder durch die Abbildung 3.79a zeigt einen beliebigen Ver-
Abschirmung und magnetische Felder durch Wir- stärker mit einer Gegenkopplung, Abb. 3.79b den
belstrombildung, so dass man Störstrahlungen Frequenzgang, d. h. die Verstärkung als Funktion
hinreichend klein halten kann. der Frequenz, und Abb. 3.79c den Phasengang,
d. h. die Phasendrehung als Funktion der Fre-
quenz. Die Phasendrehung nimmt in der Nähe
Schwingneigung verringern Manchmal neigen der Grenzfrequenz stark zu und erreicht bald
schon einstufige Transistorverstärker zu hochfre- 90°. Diese 90° werden zu den 180° der Gegen-
quenten Schwingungen. Sie werden von internen kopplung addiert, weshalb die Phasendrehung
Laufzeiten, Kapazitäten und Induktivitäten verur- jetzt 270° beträgt. In Abb. 3.79d sind der Be-
sacht, die normalerweise vernachlässigt werden. trag und die Phase der Ausgangsspannung Ua bei
Eine immer zutreffende Bedingung ist die hohe drei verschiedenen Frequenzen verdeutlicht. Mit
Stromverstärkung zusammen mit der hohen Tran- weiter steigender Frequenz kann die Phase im
sitfrequenz. Häufig kann diese Schwingneigung Verstärker oder im Gegenkopplungszweig wei-
nur in einem kleinen Teil des Arbeitsbereichs be- ter zunehmen, so dass die rückgekoppelte Span-
obachtet werden, der übrige Bereich ist stabil. nung die Eingangsspannung nicht mehr kompen-
Abhilfe bringen oft kleine Längswiderstände siert, sondern einen gleichphasigen Anteil ad-
in der Basisleitung. Sie bedämpfen den schwing- diert. Die Gegenkopplung hat sich in eine Mit-
fähigen Schaltungsteil indem sie Arbeit aufneh- kopplung verkehrt, und die Schaltung schwingt.
men, die nicht mehr zur Rückkopplung zur Verfü- Abhilfe schafft ein zusätzlicher Tiefpass, der die
gung steht. Mitunter helfen auch kleine Induktivi- Verstärkung bei hohen Frequenzen so weit ab-
täten (Drosseln) in der Kollektor- oder der Emit- senkt, dass das Produkt v k < 1 ist, wenn
terleitung, Hochfrequenz kann sich durch den die Phasendrehung 180° erreicht. Schaltungen
erhöhten Längswiderstand schlechter ausbreiten. zur Schwingungserzeugung (Oszillatoren) wer-
Aber: Drosseln und Kondensatoren verschieben den bewusst mit einer Mitkopplung realisiert.
236 K. Bressler und H. Rudolph
man Metalle, leitfähige oder leitfähig be- Halbleiter berücksichtigt werden, kann eine klei-
schichtete Kunststoffe oder Pappbehälter, die ne Schaltung sehr viel Arbeit verursachen. Um
durch ihren Feuchtigkeitsgehalt schwach leit- die Arbeit zu erleichtern und zuverlässige Ergeb-
fähig sind. Halbleiter soll man auf Tischen nisse zu erhalten, wurde in den 1960er Jahren
mit einer geerdeten leitfähigen Oberfläche an der Universität Berkeley in Californien das
verarbeiten. Hierfür gibt es schwach leitfähi- Programm SPICE (Simulation Program with
ge Kunststoffbeläge, die auf einem geerdeten Integrated Circuit Interface) entwickelt. Dieses
Gitter aufgeklebt sind. Notfalls genügt auch Programm erleichtert die Schaltungsberechnung
ein unbehandelter Holztisch. Weiterhin soll- und macht mindestens einen Versuchsaufbau im
ten Sitze und Fußboden schwach leitfähig und Labor überflüssig. Die Vollversion des Programms
hochohmig geerdet sein, damit die Ladung ist sehr teuer, Einführungen mit einem Programm
von Personen und Geräten abfließen kann. eingeschränkter Leistung (bis 60 Schaltungsele-
Hierzu sind Schuhe mit leitfähigen Sohlen er- mente) sind aber schon günstig zu haben. Damit
forderlich. Sicherer, aber mitunter lästig und ist auch eine arbeitsintensive Einarbeitung mög-
deshalb inkonsequent angewandt, sind leit- lich. Das Programm ist unter dem Namen PSPICE
fähige Armbänder, die hochohmig (1 M/ bekannt. Wegen des großen Umfangs wird auf die
geerdet sind. Bei der Kleidung sollten gut iso- einschlägige Fachliteratur verwiesen.
lierende Stoffe, beispielsweise Kunstfasern,
Wolle, Seide und Gummi- oder Kunststoff- 3.6 Zur Übung
sohlen vermieden werden. Ü 3-1 Eine Emitterschaltung nach Abb. 3.28a ist
Wenn man diese Vorsichtsmaßnahmen bei mo- zu dimensionieren.
dernen Halbleitern, besonders MOS, nicht beach- Schaltungsdaten:
tet, dann ist mit „ungeklärten“ Bauteilausfällen Versorgungsspannung US D 20 V,
und einer drastisch verminderten Zuverlässigkeit Spannungsverstärkung vu D 20,
zu rechnen. Laststrom vernachlässigbar,
Bei ungenügend geschützten Geräten können RB1 < 1 M.
elektrostatische Entladungen zu vorübergehen- Transistordaten:
den Störungen führen. Dabei werden keine Tei- ˇ D 300,
le (Halbleiter), sondern Informationen, beispiels- ga D 30 S,
weise in Flip-Flops oder größeren Speichern, ge- RBE D 12 k bei IC D 1 mA.
ändert. Wird diese Information erneuert, dann Gesucht:
ist der Fehler verschwunden. Diese Fehler be- Werte der Widerstände RC , RE , RB1 , RB2 ,
zeichnet man auch als Softerrors. Ihre genauen Eingangswiderstand Re und
Ursachen sind schwer zu ermitteln. Deshalb ist Ausgangswiderstand Ra .
ein vorbeugender Schutz durch eine durchdachte
Leitungsführung, konsequentes Abblocken und Ü 3-2 Eine Emitterschaltung nach Abb. 3.28a ist
eventuell durch eine Abschirmung zweckmäßig. zu dimensionieren.
Hinweise über den Schutz vor ESD und Schaltungsdaten:
auf zugehörige Prüfverfahren sind in der IEC- Versorgungsspannung US D 15 V,
Norm 801-4 zu finden. Spannungsverstärkung vu D 10,
Grenzfrequenz (3 dB) fg D 500 kHz,
der Ausgang wird mit einer Last 10 kk100 pF
3.5.8 Rechnergestützte belastet,
Schaltungsberechnung vom Kollektor fließt kein Gleichstrom in die
Last.
Die manuelle Berechnung der Transistorschal- Transistordaten:
tungen ist manchmal eine mühsame Fleißarbeit. ˇ D 200,
Sollen viele Parameter und Nichtlinearitäten der ga D 50 S,
238 K. Bressler und H. Rudolph
fT D 300 MHz.
Gesucht:
Werte der Widerstände RC , RE , RB1 , RB2 .
mit der nominalen Lastkapazität des Quarzes, bei ten Betriebsbedingungen zum Zeitpunkt der
der er auf seine Nominalfrequenz abgeglichen Lieferung bzw. Erstinbetriebnahme beim An-
wurde, ergeben sich die geringsten Abweichun- wender.
gen der tatsächlichen Oszillatorfrequenz von der Für viele Anwendungen ist die Frequenzto-
nominalen Frequenz des Quarzes. Wird eine leranz eher von sekundärer Bedeutung, da die-
variable Lastkapazität gewählt, ein Kondensator- se meist durch entsprechende Abgleichelemen-
Trimmer oder eine Kapazitätsdiode, so kann der te wie mechanische Trimmer oder spannungsge-
Quarzoszillator in seiner Frequenz um 10 ppm steuert durch Vergleich mit einem Frequenznor-
bis 100 ppm verstimmt werden. Diese Möglich- mal kalibriert werden können.
keit wird benutzt, um den Oszillator exakt auf Bei vielen Anwendungen hochgenauer Quarz-
seine Sollfrequenz abzugleichen – unmittelbar oszillatoren als Referenzoszillator beispielsweise
bei der Herstellung oder auch nach Einbau in für Direct Digital Synthesizer (DDS) spielt
der entsprechenden Applikationsschaltung. Wird die Absolutfrequenz eine untergeordnete Rol-
die Lastkapazität mittels einer spannungsge- le. Wichtig ist die Frequenzstabilität, d. h., dass
steuerten Kapazitätsdiode dynamisch geändert, nach dem Kalibrierprozess die oben beschriebe-
spricht man von einem spannungsgesteuerten nen Frequenzänderungen möglichst klein sind,
Quarzoszillator, (engl.: Voltage Controlled Xtal damit das Systems nicht oder nur selten nachka-
Oscillator, VCXO). libriert werden muss.
Die Kunst des Oszillatorentwicklers besteht Quarzoszillatoren verfügen zwar schon über
nun darin, dafür zu sorgen, dass der Oszillator eine relativ gute Frequenzstabilität. Doch einige
sicher anschwingt, dass er auf der richtigen Fre- Einflussfaktoren können die Frequenzstabilität
quenz schwingt und dass er seine Schwingung negativ beeinflussen. Neben einer Initialto-
unter allen Betriebszuständen und Umgebungs- leranz c – manchmal auch Abgleichtoleranz
einflüssen sicher und frequenzstabil aufrechter- genannt – sind die Frequenzstabilität f .T /=f
hält. über der Temperatur T und die sogenann-
Da qualitativ gute Standard-Quarzoszillatoren te Langzeitstabilität auch Alterung genannt,
sehr preiswert am Markt erhältlich sind, macht es von Bedeutung (Abschn. 3.7.6). Darunter ver-
bis auf wenige Ausnahmen keinen Sinn, seinen steht man die Frequenzdrift f .t/=f über der
Quarzoszillator selbst zu entwickeln. Zeit t. Daneben zeigt der Oszillator aber auch
eine mehr oder minder ausgeprägte Abhängig-
keit der Frequenz von der Betriebsspannung
3.7.2 Frequenzstabilität f .VS /=f und der Ausgangslast f .ZL /=f .
und Frequenzgenauigkeit Die beiden letztgenannten Faktoren lassen sich
durch entsprechenden Aufwand in der Schal-
Im Folgenden werden die wichtigsten Begriffe tungstechnik soweit verringern, dass sie nicht
definiert. entscheidend für die Gesamtstabilität eines Oszil-
Frequenzgenauigkeit: bedeutet die Abwei- lators sind. Die nachfolgende Formel beschreibt
chung der tatsächlich gemessenen Frequenz die relative Frequenzabweichung f .t/ eines
zu einer Sollfrequenz – oder auch Nominal- (Quarz-)Oszillators bezogen auf die Nominal-
frequenz genannt – im betrachteten Zeitpunkt frequenz f0 als Summe der oben genannten
der Messung Parameter.
Frequenzstabilität: beschreibt, inwieweit sich f f .T / f .t/
die Frequenz unter dem Einfluss verschiede- DcC C
f f f
ner Parameter wie beispielsweise Zeit, Tempe- (3.73)
f .VS / f .ZL /
ratur, Betriebsspannung, Last, Luftdruck und C C
Gravitation verändert. f f
Frequenztoleranz: beschreibt die Frequenzab- Tabelle 3.6 zeigt eine Übersicht über die Ty-
weichung zur Nominalfrequenz unter definier- pen von Quarzoszillatoren.
3 Transistoren 241
Müssen mehrere zeitnahe Vorgänge mit der abhängig vom betrachteten Zeitfenster . Man er-
genau gleichen Frequenz bewertet werden, ist die kennt die typische „Badewannenfunktion“, dies
Kurzzeitstabilität wichtig. Bei einer Uhr ist dage- bedeutet, die Kurzzeitstabilität von Quarzoszil-
gen die Langzeitstabilität wichtig. (Abschn. 3.7.3 latoren ist üblicherweise im Bereich von 1 s bis
Kurzzeitstabilität und Abschn. 3.7.6 Langzeitsta- 10 s am besten; bei kleineren und bei größeren
bilität). Zeitfenstern ist sie schlechter.
Als Maß für die Kurzzeitstabilität wird
3.7.3 Kurzzeitstabilität, üblicherweise die Allan Standard Deviati-
Phasenrauschen und Jitter on (ADEV) angegeben, benannt nach dem
US-Wissenschaftler David W. Allan. Die Mess-
3.7.3.1 Kurzzeitstabilität methode und die mathematische Definition der
Für viele Anwendungen ist die Kurzzeitstabi- ADEV werden auf www.allanstime.com und
lität von großer Bedeutung. Hierunter versteht http://en.wikipedia.org/wiki/Allan_variance de-
man die Frequenzstabilität innerhalb eines relativ tailliert erläutert.
kurzen Betrachtungszeitraums. Üblich sind hier Sehr gute OCXOs im Frequenzbereich von
Zeitfenster von 0,1 s bis 100 s; meist wird nur der 2,5 MHz bis 10 MHz können für ein Zeitfenster
Wert für eine Zeitdauer von 1 s angegeben. im Bereich 1 s bis 10 s Werte der ADEV ./ im
Abbildung 3.84 zeigt am Beispiel eines Bereich von 11012 oder sogar kleiner erreichen,
10 MHz OCXOs den typischen Verlauf der was besser ist, als die entsprechende Kurzzeitsta-
Kurzzeitstabilität ./ von Quarzoszillatoren bilität eines Rubidium- oder Caesium-Normals.
242 K. Bressler und H. Rudolph
lediglich an, dass die Messwerte mit einer Wahr- 3.7.6 Langzeitstabilität
scheinlichkeit von 99,7 % innerhalb eines durch
den peak to peak Wert definierten Intervalls von Quarzoszillatoren zeigen eine Langzeitinstabili-
˙3 liegen. tät, die von verschiedenen Parametern abhängt
Die Angabe des Spitzenwertes erfolgt da- und oft als Alterung (engl.: aging) bezeichnet
her meist auf rein statistischer Basis, wobei wird. Darunter versteht man die Frequenzdrift
unter Annahme einer Gauss-Verteilung ein so- über der Zeit, wobei üblicherweise Zeiträume
genannter Crestfaktor von 3 bis 4 zwischen zwischen einem Tag und 20 Jahren betrachtet
Spitzenwert bzw. Faktor 6 bis 7 zwischen dem werden.
Spitze-Spitze- und dem Effektivwert angenom- Abbildung 3.88 zeigt das Einlaufen (all-
men wird. Die maximale Jitteramplitude liegt mähliches Annähern an die Endfrequenz) eines
dann mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit 100 MHz-Quarzoszillators über eine Dauer von
von 99,7 % innerhalb der statistischen Grenzen etwa 200 Tagen. Die Anfangsalterung oder Fre-
von ˙3 . quenzdrift im ersten Monat betrug etwa 300 ppb
(1 ppb D 1 part per billion D 1 109 ), die sich daher, dass für OCXOs Quarze im 3. oder 5.
nach 6 Monaten auf etwa 50 ppb=Monat verrin- Oberton betrieben werden und daher sehr viel
gert hat. Die Jahresalterung dieses Beispiels liegt weniger von Änderungen der Lastkapazität ab-
im ersten Jahr bei ca. C1:0 ppm; die Alterung hängig sind als VCXOs oder TCXOs, die meist
der folgenden Jahre ist aufgrund der sich ver- mit Quarzen, die im Grundton betrieben werden,
ringernden Steigung von f .t/ deutlich geringer. bestückt sind. Mit Ofen bezeichnet man das Ge-
Die Werte der Alterungsdrift sind abhängig vom häuse mit geregelter Innentemperatur, in dem der
Herstellprozess, von der Betriebstemperatur und Quarzoszillator auf einer konstanten Temperatur
von der Größe und der Frequenz des Quarzes. über der Umgebungstemperatur betrieben wird.
Betrachtet man die beiden ersten Parameter als Ein weiterer Grund für gute Werte der meisten
konstant, dann gilt: je größer der Quarz und je OCXOs kommt von einer aufwändigeren Ent-
kleiner die Frequenz, desto besser (geringer) ist kopplung der eigentlichen Oszillatorstufe vom
die Alterungsdrift. Ein guter 10 MHz-Oszillator Ausgang.
hat eine etwa 10-fach geringere Alterungsdrift Die Abhängigkeit der Oszillatorfrequenz von
als das oben gezeigte Beispiel. der Betriebsspannung rührt von Änderungen der
Leider sieht der tatsächliche Verlauf der Al- Sperrschichtkapazitäten bei Änderung der Sperr-
terung nicht immer wie oben dargestellt aus. Die schichtspannungen der Transistoren her. Ober-
Alterungsdrift streut von einer Produktionscharge tonquarze sind gegen Änderungen der Lastka-
zur nächsten, und die Exemplarstreuung inner- pazität weniger empfindlich als hochfrequente
halb einer Charge ist auch relativ groß. Deshalb VCXOs mit Grundtonquarzen, die eine höhe-
müssen für gute Alterungsanforderungen die zu re Ziehsteilheit haben. Hochwertige TCXOs und
verwendenden Quarze vorselektiert werden. OCXOs werden über einen Spannungsregler be-
Typische Werte der Alterung liegen zwi- trieben, der die Spannung am Oszillator trotz Än-
schen ˙1 ppm=Jahr für einen einfachen XO derungen der Versorgungsspannung relativ kon-
oder VCXO und 0;01 ppm=Jahr für einen sehr stant hält. Die typischen Werte der Betriebsspan-
guten niederfrequenten OCXO mit SC-Quarz nungsabhängigkeit (Änderung der Frequenz bei
bei 5 MHz bis 10 MHz. Der Ausdruck SC steht Änderung der Betriebsspannung um 5 %) liegen
für Stress Compensated und bezeichnet Quar- bei einigen ppm (106 ) für VCXOs, bei etwa
ze mit einem speziellen gedrehten Schnitt mit 0,01 ppm bis 0,1 ppm (107 ) für TCXOs und
zweidimensionalem Schnittwinkel. Diese Quar- können bis zu 1 ppb (109 ) und kleiner für hoch-
ze weisen gegenüber AT-Schnitt Quarzen eine wertige OCXOs spezifiziert werden.
geringere Alterungsdrift auf.
Range oder Pulling Range). Dieser auf die mitt- Es gibt prinzipiell drei unterschiedliche Mög-
lere Frequenz bei V0 bezogene Ziehbereich wird lichkeiten hochfrequente VCXOs zu bauen, die
zur Unterscheidung des auf die Nominalfrequenz alle ihre Vor- und Nachteile haben:
bezogenen kleineren Ziehbereichs auch Gesamt-
ziehbereich (engl.: Total Pulling Range) genannt. 3.7.12.1 HFF-VCXOs
Der VCXO im PLL muss unter allen Be- HFF-VCXOs verwenden sogenannte Inver-
triebsbedingungen und über die gesamte Lebens- ted Mesa-Quarze. Dies sind hochfrequente
dauer des Systems auf die Referenz eingerastet Grundton-Quarze (engl.: High Frequency Funda-
(engl.: locked) werden können. Damit dies ge- mental Mode Xtal) auch „HFF-Quarze“ genannt.
währleistet ist, muss der Ziehbereich des VCXOs Der Name ‚Inverted Mesa‘ rührt daher, dass bei
größer sein, als seine Gesamtstabilität inklusive diesen Quarze der innere mechanisch schwin-
der Alterung. Aus diesem Grunde hat man den gende aktive Teil der Quarzscheibe aus einer
englischsprachigen Begriff des Absolute Pulling mechanisch ausreichend dicken Scheibe dünner
Range (deutsch: unbedingter Ziehbereich) ein- geätzt wird. Damit ist der Quarz mechanisch
geführt, der besagt, wie weit der VCXO unter ausreichend stabil und kann dennoch bei rela-
allen Betriebszuständen (z. B. Temperatur, Be- tiv hohen Frequenzen im Grundton schwingen.
triebsspannungsschwankungen, Lastschwankun- Derartige VCXOs sind ohne zusätzliche Fre-
gen) und innerhalb seiner definierten Lebensdau- quenzvervielfachung derzeit auf Frequenzen bis
er von 10 bis 20 Jahren bezogen auf die Nomi- etwa 200 MHz begrenzt. Die typische Gesamtsta-
nalfrequenz noch gezogen werden kann, d. h., es bilität für den erweiterten Temperaturbereich von
gilt: 40 °C bis C85 °C einschließlich 10 Jahre Alte-
rung liegt bei etwa ˙50 ppm. Der Nachteil dieser
I Absolute Pulling Range APR D Total Pulling Technologie sind die im Vergleich zu herkömm-
Range – Gesamtstabilität lichen Quarzen relativ hohen Herstellkosten.
ist das meist schlechte Phasenrauschen bzw. das DECT-Basisstationen, reicht die Frequenzstabi-
schlechte Jitter-Verhalten. lität eines einfachen Quarzoszillators abhängig
Frequenzvervielfachung durch Filterung und von der Temperatur nicht aus. Es gibt zwei un-
Selektion von Harmonischen der eigentlichen terschiedliche Methoden, wie man die Tempe-
Oszillatorfrequenz bietet gegenüber den PLL- raturabhängigkeit des Quarzes verringern kann.
Vervielfachern weniger Phasenrauschen und eine Zum einen durch eine schaltungstechnische Kom-
bessere Unterdrückung der Subharmonischen. pensation der Temperaturabhängigkeit und zum
Das sind Spektralanteile der ‚Urfrequenz‘ und zweiten durch eine Verringerung des Tempera-
ihrer Harmonischen, die sowohl unterhalb als turbereichs durch den Betrieb des Quarzes in
auch oberhalb der gewünschten Ausgangsfre- einem temperaturgeregelten Ofen (Thermostat).
quenz liegen und die für manche Anwendungen Zunächst wird die Kompensationsmethode be-
störend sein können. schrieben und im nächsten Abschnitt der Betrieb
Bei der Frequenzvervielfachung wird auch im Thermostat.
der Störfrequenzhub vervielfacht. Dadurch ver-
schlechtert sich das Phasenrauschen wie folgt:
3.7.13 (VC)TCXOs
L.fm /multiplied D L.fm / C 20 lg.n/ (3.77)
3.7.13.1 Kompensation der Temperatur-
L.fm /multiplied Phasenrauschen abhängigkeit der Frequenz
des vervielfachten Signals Wie bereits erklärt, können die relativen Fre-
quenzänderungen über der Temperatur je nach
L.fm / Phasenrauschen
betrachtetem Temperaturbereich und Quarz-
des Grundtonsignals schnittwinkel einschließlich der zu berücksich-
n Vervielfachungsfaktor tigenden Winkeltoleranzen für einen AT-Quarz
selbst bei optimalem Quarzschnittwinkel bis zu
Obige Gleichung besagt, dass beispielsweise etwa ˙20 ppm betragen. Berücksichtigt man
eine Vervielfachung der Frequenz um einen Fak- noch die Abgleichtoleranz (konstanter Faktor),
tor 2 zu einer Verschlechterung des Phasenrau- beträgt die Abweichung des unkompensierten
schens in einem definierten Abstand fm der Trä- Quarzoszillators von der Nominalfrequenz sogar
gerfrequenz fc um 6 dB führt; bei einer Verzehn- bis zu etwa ˙30 ppm. Dieser Wert muss durch
fachung der Oszillatorfrequenz von beispielswei- ein geeignetes Verfahren deutlich verringert wer-
se 100 MHz auf 1 GHz verschlechtert sich das den. Die Grundidee der Kompensation besteht
entsprechende Phasenrauschen um 20 dB. darin, die Lastkapazität des Quarzes tempera-
turabhängig so zu verändern, dass die daraus
3.7.12.4 Temperaturabhängigkeit der resultierende Frequenzänderung die temperatur-
Frequenz bedingte Frequenzänderung bei jeder Temperatur
Die Temperaturabhängigkeit der Frequenz ge- gerade kompensiert.
hört zu den unangenehmsten Eigenschaften von Wie aus dem Prinzip-Schaltbild in Abb. 3.91
Quarzen oder Quarzoszillatoren. Wie bereits in ersichtlich ist, kombiniert man dazu einen VC-
Abschn. 3.7.2 beschrieben, kann sie für einen AT- XO mit einem Temperatursensor, der die Quarz-
Schnitt Quarz durch eine Parabel dritter Ordnung temperatur misst, und einer Kompensationsschal-
dargestellt werden. Diese Temperaturabhängig- tung, die eine temperaturabhängige Steuerspan-
keit ist mit ˙50 ppm in einem Temperaturbereich nung erzeugt, mit der der VCXO angesteuert
von 40 °C bis 85 °C immer noch viel kleiner wird. Daraus ergeben sich folgende Zusammen-
als bei LC- oder keramischen Oszillatoren. Trotz- hänge:
dem reicht sie für viele Anwendungen nicht aus. Die relative Frequenz des unkompensierten
Für viele Systeme und Geräte, wie beispiels- VCXOs in Abhängigkeit von der Umgebungs-
weise UMTS-Mobil Phone, GPS-Receiver oder temperatur T und der Ziehspannung VC mit der
250 K. Bressler und H. Rudolph
Abb. 3.92 Vergleich der unkompensierten und kompensierten Temperatur-Charakteristik eines realen Beispiel-
TCXOs
3.7.14 (VC)OCXOs
Abb. 3.93 Prinzipschaltbild eines OCXOs
3.7.14.1 Stabilisierung
der Arbeitstemperatur
Der in Abb. 3.89 und 3.92 dargestellte Verlauf
der Frequenz über der Temperatur eines AT- Abbildung 3.93 zeigt den grundsätzlichen
Schnitt-Quarzes zeigt, dass es Arbeitspunkte Aufbau eines OCXOs. Der Quarz wird über ei-
gibt, in denen die Steilheit f =T null ist. ne geregelte Heizquelle – dies sind in der Regel
An den Extremstellen der Funktion, hier Um- Leistungstransistoren – möglichst konstant auf
kehrpunkte genannt, ändert sich die Frequenz der Umkehrpunkt-Temperatur gehalten. Hierzu
mit der Temperatur fast nicht. Das Prinzip des wird die Quarztemperatur über einen Tempera-
sogenannten ‚Oven Controlled Crystal Oscilla- turfühler gemessen und die Heizleistung über
tors‘ (OCXO) besteht nun darin, den Quarz im einen Regelkreis an die sich ändernde Umge-
oberen Umkehrpunkt dieser Funktion zu betrei- bungstemperatur angepasst. Dieser Umkehrpunkt
ben, d. h., den Quarz durch eine Regelung auf der liegt – wie man in Abb. 3.89 sieht – je nach
Umkehrpunkt-Temperatur zu halten. Der Quarz Schnittwinkel des Quarzes im Bereich zwischen
wird in einer wärmeren Umgebung mit kon- C50 °C und C85 °C. Zu niedrigeren Tempe-
stanter Temperatur betrieben; daher kommt der raturen als C50 °C fallen Umkehrpunkt und
Begriff „Ofenoszillator“ oder engl.: ‚Ovenized der sogenannte Inversionspunkt (Wendepunkt
Oscillator‘. der Funktion) immer mehr zusammen, bis man
252 K. Bressler und H. Rudolph
schließlich den sogenannten Nullwinkel erreicht. SC-Schnitt (SC steht für stress compensated),
Der gewählte Arbeitspunkt muss oberhalb des der ein doppelt-gedrehter Schnitt ist, d. h., man
praktisch nutzbaren Arbeitstemperaturbereiches hat sowohl einen Schnittwinkel zur Z- als auch
liegen, da selbstverständlich nur dann eine Tem- zur X-Achse des Kristallgitters. Das macht die
peraturstabilisierung durch Heizen möglich ist. Je Herstellung des Quarzes schwieriger und teurer.
höher die Arbeitspunkttemperatur gewählt wird, Abbildung 3.94 zeigt die Temperaturcharakteris-
desto steiler wird die Funktion um den Umkehr- tik von SC-Quarzen. Die Inversionstemperatur
punkt herum (Abb. 3.89). Da ein OCXO nur eine von SC-Quarzen liegt mit etwa C90 °C sehr
endliche thermische Güte TA =TX hat, d. h. viel höher als die von AT-Quarzen. Prinzipiell
sich bei Änderungen der Umgebungstemperatur kann man bei SC-Schnitt Quarzen als OCXO-
auch die Temperatur des Quarzes leicht ändert, ist Arbeitspunkt entweder den unteren oder auch
es in zweifacher Hinsicht schwieriger, eine gute den oberen Umkehrpunkt der f .T /-Funktion
Frequenzstabilität über einen großen Tempera- verwenden. Da aber die Leistungsaufnahme
turbereich bis zu hohen Umgebungstemperaturen des OCXOs bei höherer Arbeitstemperatur hö-
zu schaffen. Zum einen ist die Temperaturände- her ist – was für die Anwendung ein Nachteil
rung am Quarz proportional der Änderung der darstellt – und außerdem wegen der höheren
Umgebungstemperatur – und damit größer – und Temperatur auch die Zuverlässigkeit (
, MTBF)
zusätzlich ist die Steilheit um den Arbeitspunkt abnimmt, wird – von speziellen Ausnahmen ab-
(Umkehrpunkt) bei hohen Umkehrpunkttempe- gesehen – in der Regel der untere Umkehrpunkt
raturen größer. als Arbeitspunkt verwendet.
Wie in Abb. 3.89 ersichtlich, wird die mit Abbildung 3.95 zeigt eine gezoomte Dar-
AT-Quarzen erreichbare Frequenzstabilität für stellung des Temperaturbereichs um den In-
eine bestimmte thermische Güte (TU =TQ ), versionspunkt zwischen 80 °C und 95 °C. Die
d. h. dem Verhältnis der Änderung der Umge- dargestellten f .T /-Funktionen unterscheiden
bungstemperatur zu der Änderung der Quarztem- sich nur um je 1=10 Winkelminute, d. h. 6
peratur, mit höheren Arbeitspunkt-Temperaturen Winkelsekunden. SC-Quarze mit solch kleinen
(> 60 ı C) immer schlechter. Es gibt aber ne- Winkeltoleranzen herzustellen, ist nicht mög-
ben dem AT-Schnitt noch weitere Quarzschnitte, lich. Daher muss der Oszillator-Entwickler eine
die zwar gewisse Nachteile haben, aber für ganz angemessene Toleranz des Arbeitspunktes be-
bestimmte Anwendungen durchaus von Vorteil rücksichtigen oder die Quarze müssen teuer
sind. Einer dieser Schnitte ist der sogenannte selektiert werden.
3 Transistoren 253
Abbildung 3.96 zeigt den Vergleich des Ver- Temperaturbereich bis C85 °C bauen will, ist die
laufs der Frequenz als f .T / für einen AT- und Winkeltoleranz sehr kritisch (Abb. 3.95).
einen SC-Quarz im direkten Vergleich bei ei-
nem Umkehrpunkt von C75 °C. Man sieht sehr
deutlich, dass die Kurve des SC-Quarzes in der 3.7.15 Auswahlkriterien
Umgebung des Umkehrpunktes sehr viel flacher
verläuft. Dies macht sich in einer besseren Fre- Bei der Wahl eines geeigneten Quarzoszillators
quenzstabilität des OCXOs bemerkbar. Die Fre- ist es sehr wichtig, nicht nur die mit dem Oszilla-
quenzstabilität f .T / des SC-OCXO ist bis zu tor anzusteuernde Schaltung, sondern das ganze
10mal besser als die des AT-OCXO. System zu betrachten. Der Entwickler muss sich
Die Nachteile des SC-Quarzes ist der höhe- die grundsätzliche Frage stellen, welche Anfor-
re Preis (durch die beiden Schnittwinkel in zwei derungen an den Oszillator hinsichtlich seiner
Ebenen ist die Herstellung sehr viel schwieriger Langzeit- und Kurzzeitstabilität gestellt werden.
und die Ausbeute entsprechend geringer). Gera- Eine weitere wichtige Frage ist, ob der Oszillator
de wenn man SC-OCXOs für den industriellen über eine PLL mit einer „höherwertigen“ Refe-
254 K. Bressler und H. Rudolph
renz synchronisiert oder ‚gelockt‘ wird und ob 10.000-fache Volumen des kleinen XOs oder TC-
diese Korrektur kontinuierlich oder nur zyklisch XOs.
erfolgt.
Aus diesen Fragestellungen wird klarer, ob
nur die Kurzzeitstabilität von Bedeutung ist – 3.7.16 Kostenparameter
solange der Oszillator über einen ausreichend von Quarzoszillatoren
großen Ziehbereich verfügt, um ihn jederzeit auf
Sollfrequenz zu ziehen – oder ob der Oszilla- Folgende Parameter beeinflussen maßgebend die
tor zumindest für eine definierte Zeit über eine Kosten und damit die Preise von Quarzoszillato-
Gesamtstabilität, die unter allen denkbaren Be- ren:
triebszuständen eine bestimmte Größe nicht ver- Frequenzstabilität über Temperatur, Betriebs-
letzen darf, die sogenannte ‚holdover stability‘ spannungs- und Laständerungen,
verfügen muss. Temperaturbereich,
Der Ziehbereich eines Oszillators muss auch Langzeitstabilität (Alterung),
für synchronisierte Oszillatoren größer als die Kurzzeitstabilität,
Gesamtstabilität einschließlich der Alterung sein, Frequenz,
da der Oszillator sonst irgendwann nicht mehr auf Phasenrauschen oder Jitter,
seine Nominalfrequenz gezogen und damit nicht Ziehbereich,
mehr synchronisiert werden kann. Deshalb ist Subharmonischen-Abstand bei Frequenz-Ver-
selbst bei GPS-gelockten Oszillatoren – obwohl vielfachern,
die Frequenzänderungen der Referenz vernach- Baugröße,
lässigbar klein sind – darauf zu achten, dass der maximal zulässige Leistungs- oder Stromauf-
Ziehbereich des Oszillators groß genug ist, um nahme,
die eigene Gesamttoleranz und -stabilität über die Aufwärmzeit und Frequenztoleranz,
Lebensdauer und unter allen Betriebszuständen Retrace-Forderungen (die Frequenzabwei-
ausregeln zu können. chung eines Oszillators nach einer definierten
Neben der Frequenzstabilität gibt es noch wei- Aus- und neuerlichen Einschaltdauer bezogen
tere Kriterien, die die Entscheidung für den einen auf die Frequenz vor dem Ausschalt-
oder anderen Typ beeinflussen. Das ist beispiels- Zeitpunkt),
weise der Preis. Es ist angenehm, eine gute Fre- Betriebsspannung.
quenzstabilität zu haben. Die Frage aber ist, ob
der Kunde bereit ist, dafür einen entsprechend hö-
heren Preis zu bezahlen. Ein guter OCXO kann 3.7.17 Vor- und Nachteile
mehr als 200 Mal teurer sein als ein Standard- von Ausgangssignalformen
XO.
Auch die Leistungsaufnahme ist wichtig. Für Das Ausgangssignal des Oszillators muss das
viele Batterie betriebene Geräte kommt ein OC- nachfolgende System optimal ansteuern. Die
XO nicht in Frage, weil das Gerät sonst eine zu Schnittstelle des Folgesystems bestimmt die
kurze Betriebsdauer hätte oder zu groß und zu Signalform und den Pegel. Frühzeitiges Nach-
schwer würde. Letztendlich spielt auch die Größe denken und die richtige Spezifikation des
des Oszillators eine wichtige Rolle. Es gibt Takt- Oszillators vermeiden viele Folgeprobleme. Pe-
Oszillatoren (XOs) und selbst TCXOs in einer gelwandler können hier ausgleichen, ein passend
Größe von 2:0 mm 1:6 mm 0:8 mm; das Volu- vorgeschriebener Ausgangspegel des Oszillators
men ist kleiner als 3 mm3 . Auf der anderen Seite ist die einfachere Lösung.
haben moderne Doppelöfen der Stabilitätsklasse Abbildung 3.97 zeigt das Oszillogramm eines
f .T /=f von 1 ppb (109 ) und besser ein Vo- typischen Rechteck-Ausgangssignals. Es dient
lumen von etwa 50 mm 40 mm 20 mm; dies zur Erläuterung der wichtigen Eigenschaften der
entspricht 40.000 mm3 , d. h., dies ist mehr als das Rechtecksignale, wie Anstiegs- und Abfallzeit
3 Transistoren 255
zudem nicht nur der HF-Abschluss mit 50 anwendungen haben sich Keramikgehäuse mit
wichtig, sondern auch die richtige Vorspannung 7 mm 5 mm oder kleiner durchgesetzt. Es
(engl. biasing). gibt mittlerweile XOs, VCXOs und TCXOs in
6 mm 3;5 mm, 5 mm 3;2 mm, 4 mm 2;5 mm,
Was für HF-Schaltungen grundsätzlich gilt, ist
auch für Quarzoszillatoren zu beachten. Auch 3;2 mm 2;5 mm, 2;5 mm 2;0 mm und sogar
wenn es sich nicht um Oszillator-Frequenzen im 2;0 mm 1;6 mm. Allerdings ist bei den kleins-
GHz-Bereich handelt, erzeugen diese schnellen ten Oszillatoren der verfügbare Frequenzbereichs
Signale wie PECLs und LVDS doch Spektralan- kleiner und ihre elektrischen Eigenschaften wie
teile, die bis in den GHz-Bereich reichen. Des- Phasenjitter und Phasenrauschen schlechter.
halb ist auch besondere Sorgfalt auf die Aus- Auch wenn in der Miniaturisierung der Quarz-
legung des Leitungswiderstandes und die Lei- oszillatoren in den letzten 20 Jahren erhebliche
tungsführung zu richten (Abschn. 4.2). In der Fortschritte erzielt wurden, gilt noch immer,
weiterführenden Literatur, speziell bei MAXIM dass die stabilsten Oszillatoren leider auch die
INTEGRATED PRODUCTS: Application Note größten sind. Abbildung 3.98 zeigt die gän-
HFAN-1.0 (Rev 0;9=00) werden eine ganze Rei- gigsten Ausführungsformen von Quarzoszillato-
he nützlicher Hinweise und Tipps für ein HF- ren.
gerechtes Layout gegeben. Einige typische Oszillatoren mit erhöh-
ten Anforderungen an Frequenzstabilität und
Phasenrauschen zeigt Abb. 3.98. Das Foto
3.7.19 Ausführungsformen von
links oben zeigt einen Taktoszillator im OMB-
Quarzoszillatoren
Keramikgehäuse mit 7 mm 5 mm. In der Mitte
Quarzoszillatoren sind heute in vielen verschie- ist ein temperaturkompensierter Oszillator, TC-
denen Gehäuseformen erhältlich. Für Standard- XO, 5 mm 3;2 mm. Beide Gehäusegrößen sind
3 Transistoren 257
Abb. 3.98 Ausführungsformen von Quarzoszillatoren, nicht maßstäblich (Werkfoto: KVG Quartz Crystal Technology
GmbH, Neckarbischofsheim)
heute Standard. Rechts oben ist ein weiterer Heinemann, R.: (2011) PSPICE Einführung
TCXO zur Oberflächenmontage 7 mm 5 mm in die Elektroniksimulation. Hanser Verlag
groß. 7. Auflage.
Das Foto links unten zeigt eine typische Reinhold, W.: (2010) Elektronische Schal-
SMD-Ausführungsform mit den Abmessungen tungstechnik, Grundlagen der Analogelektro-
von 14 mm 9 mm 5 mm, wie sie oftmals nik. Hanser Verlag, 1. Auflage.
für hochfrequente VCXOs mit PECL- oder Seifarth: Analoge Schaltungen. 6. Auflage
LVDS-Ausgängen oder auch für spezielle TC- Verlag Technik Berlin.
XOs verwendet wird. In der Mitte und rechts Tenten, W.: (2012) Analoge Schaltungstechni-
sind hochwertige Ofenoszillatoren abgebildet. ken der Elektronik. Oldenburg Verlag 1. Auf-
Das Bild unten rechts zeigt einen typischen lage.
Präzisionsoszillator (OCXO) der ppb-Klasse in Tietze, U., Schenk, Ch.: (2009) Halbleiter-
einem hermetisch dichten Metallgehäuse mit Schaltungstechnik. Springer Verlag 13. Aufla-
den Abmessungen 36 mm 27 mm 20 mm. ge.
Dieses Metallgehäuse wird heute bevorzugt für Die technischen Publikationen der Halblei-
HiRel-Anwendungen verwendet. High-Rel, ist terhersteller sind heute eine wichtige Informati-
die Abkürzung für High Reliability und bedeutetonsquelle. Auf den Internet-Seiten der Hersteller
„hohe Zuverlässigkeit“. findet man u. a. unter den Stichworten Applica-
tion Note oder Technical Documentation viele,
zum Teil ausführliche Veröffentlichungen. Die-
se Dokumentation ist ausschließlich in englischer
3.8 Weiterführende Literatur zu Sprache.
Abschn. 3.1 bis Abschn. 3.5 www.fairchildsemi.com
www.infineon.com
Beetz: (2007) Elektroniksimulation mit PSPI- www.irf.com
CE. Vieweg C Teubner. www.nxp.com
258 K. Bressler und H. Rudolph
Transistorverstärker finden bis zu sehr ho- dann wird ein Teil der Leistung an der Stoßstelle
hen Frequenzen Verwendung. Beim Entwurf der beiden Impedanzen in die Quelle reflektiert
der Schaltung sind außer den Transistoreigen- (Abb. 4.1c). Befinden sich mehrere Glieder im
schaften bei hohen Frequenzen auch die HF- Weg des Hochfrequenzsignals, dann muss jede
Eigenschaften von Bauteilen und Leitungen zu Last an ihre Quelle angepasst sein, wobei Leitun-
berücksichtigen. Bei HF-Schaltungen muss des- gen in der Kette an ihrem Anfang als Last zählen,
halb mit allen komplexen Vierpolparametern des am Ende als Quelle.
Transistors gerechnet werden. Vernachlässigun- Hochfrequenzbaugruppen, die zu Geräten
gen führen schnell zu groben Fehlern. Ebenso oder Systemen zusammengesetzt werden, stellt
ist die Anordnung aller Bauteile genau zu durch- man möglichst immer mit der gleichen Impe-
denken. In HF-Schaltungen soll die Energie nur danz her. In der professionellen HF-Technik sind
in der erwünschten Richtung fließen; man er- es 50 , da Kapazitäten und Induktivitäten bei
reicht dies durch eine geeignete Anpassung aller diesem Wert gut zu handhabende Werte und
Elemente im Signalweg. die Kabel günstige Abmessungen haben. Das
ist beispielsweise bei Leitungen, Dämpfungs-
gliedern, Leistungsteilern und anderen passiven
HF-Baugruppen möglich, während die Impedan-
4.1 Anpassung und Reflexion
zen eines Verstärkers von den Transistordaten
abhängen und meistens erheblich von den er-
Die erzeugte Hochfrequenzleistung soll mög- wünschten 50 abweichen. Quelle und Last
lichst verlustlos zum Verbraucher gelangen. muss man dann durch ein Anpassnetzwerk anein-
Dies geschieht durch eine Leistungsanpassung ander anpassen (Abb. 4.2).
zwischen Quelle und Last, d. h., wenn die In- Haben Quelle und Last unterschiedliche, aber
nenwiderstände der Quelle RQ und der Last RL rein ohmsche Impedanzen, dann kann das An-
gleich groß sind. passnetzwerk ein Transformator sein, der die
Abbildung 4.1a zeigt die Signalquelle und die Impedanz der Quelle an die Last anpasst. Sind die
Last, Abb. 4.1b die Welle, die ungehindert von charakteristischen Widerstände komplex, dann
der Quelle zum Verbraucher fließt. Weichen die wird der Blindanteil durch einen zusätzlichen
charakteristischen Innenwiderstände oder Impe- konjugiert komplexen Widerstand (bestehend
danzen der Quelle und der Last voneinander ab, aus einer Spule oder einem Kondensator) zu ei-
nem rein ohmschen Wert ergänzt (beispielsweise
J. Langner () der Kondensator C in Abb. 4.2). Diese Kom-
E-Mail: juergen.lan@web.de pensation stimmt genau genommen nur für eine
RL =RQ 1
rD : (4.3)
RL =RQ C 1
1Cr
VSWR D : (4.5)
1r
Beispiel 4.2-1
Die Schaltung in Abb. 4.2 hat eine Rückfluss-
dämpfung von 20 dB. Welcher Lastwiderstand
RL ergibt sich bei einem Quellenwiderstand
von RQ D 50 ?
Lösung
Für den Reflexionsfaktor gilt nach Gl. 4.4:
4.3 Wellenwiderstand
einer Hochfrequenzleitung
Für 1 W=H 20 und "r 16 gilt Der Wellenwiderstand Z ergibt sich nach
Gl. 4.7 zu
120
ZDp 120
"r eff ZDp
1 1;962
1
W=H C 1;398 C 0;667 ln.W=H C 1;444/
(4.7) 2;992 C 1;398 C 0;667 ln.2;992 C 1;444/
und D 49;99 :
"r C 1 "r 1
"r eff D C .1 C 12 H=W /0;5 :
2 2
4.4 Eingangs-
Zur Berechnung der Geometrie W=H für den ge- und Ausgangswiderstände
gebenen Wellenwiderstand Z und ein gegebenes von HF-Transistoren
"r gilt 0;05 W=H 2 und "r 16
Bei niedrigen Frequenzen sind die Ein- und Aus-
W 8 eA
D 2A : (4.8) gangswiderstände und die Stromverstärkung ei-
H e 2
nes Transistors reell. Bei hohen Frequenzen wer-
Für 2 W=H 20 und "r 16 gilt den die Kenngrößen des Transistors komplex;
denn die Kapazitäten benachbarter Schichten im
W 2
D B 1 ln.2 B 1/ Transistor, die Zuleitungsinduktivitäten und die
H Laufzeiteffekte bewirken Verzögerungen der Si-
"r 1 0;61
C ln .B 1/ C 0;39 : gnalübertragung.
2 "r "r Abbildung 4.7 zeigt ein vereinfachtes Ersatz-
(4.9) schaltbild eines HF-Transistors. Die Kapazitäten
s zwischen allen Elektroden des Transistors und
Z0 "r C 1 "r 1 0;11
AD C 0;83 C ; die Zuleitungsinduktivitäten beeinflussen seine
60 2 "r C 1 "r Eigenschaften und sind deshalb zu berücksichti-
377 gen (Abb. 3.6 für niederfrequente Anwendungen;
BD p :
2 Z0 "r Abschn. 3.2.8, in dem der Einfluss der wichtigs-
ten Blindwiderstände beschrieben ist).
Beispiel 4.3-1 Die Basis-Emitterkapazität CBE liegt zum
Eine Mikrostreifenleitung mit Teflon als Eingang parallel und verbraucht einen Teil des
Substrat ("r D 2;33, Substratdicke H D in der Basis benötigten Eingangsstroms. Die
0;787 mm, Kupferbelag 17 m) hat eine Län- Basis-Emitterkapazität ist eine Diffusionska-
ge von 3,25 cm und eine Breite von 2,355 mm. pazität und entsteht durch Ladungsträger, die
Welchen Wellenwiderstand hat die Leitung? vom Emitter in die Basis gelangen. Mit zu-
nehmendem Emitterstrom nimmt die Zahl der
Lösung Ladungsträger und damit die Speicherzeit zu.
W=H D 2;355 mm=0;787 mm D 2;99 und Sie ist bei HF-Transistoren immer groß im Ver-
"r eff für 1 W=H 20 gleich zur Periodendauer. Deshalb hängt der
Eingangswiderstand des HF-Transistors nicht
"r C 1 "r 1
"r eff D C .1 C 12 H=W /0;5 ; vom Augenblickswert der Eingangsleistung ab.
2 2 Die Kollektor-Emitterkapazität CCE liegt
2;33 C 1
"r eff D zum Ausgang parallel und belastet die Aus-
2
0;5 gangsspannung. Ist der Arbeitswiderstand ein
2;33 1 1 Schwingkreis, dann wird die Kapazität einbezo-
C 1 C 12
2 2;992 gen und stört nicht, solange die Bandbreite 10
D 1;962 : bis 20 % der Mittenfrequenz nicht überschrei-
264 J. Langner
Die vier S-Parameter kann man nach Abb. 4.8 In den Hochfrequenzschaltungen sind oft vie-
als Verhältnis der ankommenden und der abge- le Einzelkomponenten im Signalweg in Reihe
henden Spannungen wie folgt beschreiben: geschaltet. Die Eigenschaften der Gesamtschal-
Eingangsreflexionsfaktor: tung lassen sich mit der Matrizenrechnung gut
ˇ berechnen, und sind deshalb häufig in Matrizen-
b 1 ˇˇ
S1 1 D ; (4.10) schreibweise dargestellt (Gl. 4.17).
a1 ˇa2 D0 " # " # " #
b1 S1 1 S1 2 a1
Vorwärtsübertragungsfaktor: D (4.16)
b1 S2 1 S2 2 a1
ˇ
b 2 ˇˇ
S2 1 D ; (4.11) oder
a1 ˇa2 D0 " #
S1 1 S1 2
Rückwärtsübertragungsfaktor: b D S a; wobei gilt: S D
S2 1 S2 2
ˇ
b 1 ˇˇ
S1 2 D ; (4.12) Die vier komplexen Elemente der Matrix S be-
a2 ˇa1 D0 schreiben die Transistoreigenschaften vollstän-
dig. Die gemessenen Werte sind frequenzabhän-
Ausgangsreflexionsfaktor: gig.
ˇ
b 2 ˇˇ
S2 2 D : (4.13)
a2 ˇa1 D0 4.4.3 Messung der S-Parameter
Abbildung 4.8b zeigt den Signalfluss im Vierpol Nach den Gleichungen 4.10 bis 4.13 ermittelt
und 4.8c den Vergleich mit einem Transistor. man die S-Parameter als Verhältnis einer ankom-
Die folgende Rechnung soll aus den Eingangs- menden und einer abgehenden Spannung gemäß
größen der Schaltung (a1 und a2 / und den Tran- der Mess-Schaltung nach Abb. 4.9.
sistoreigenschaften (den S-Parametern) die Aus- Die Mess-Schaltung besteht aus einem Hoch-
gangssignale b 1 und b 2 ermitteln. Das Ausgangs- frequenzgenerator mit dem Quellwiderstand Z0 ,
signal am Tor 1 setzt sich aus dem reflektierten einem Richtkoppler in der Basisleitung, einem
Eingangssignal a1 S 1 1 und dem Eingangssignal Messadapter für den zu prüfenden Transistor,
am Tor 2, multipliziert mit dem Rückwirkungs- einem zweiten Richtkoppler in der Kollektorlei-
faktor a2 S 1 2 zusammen. Das Ausgangssignal tung und einem Abschlusswiderstand mit Z0 .
am Tor 2 wird in der gleichen Weise berechnet Der Richtkoppler ist eine Mess-Sonde, mit de-
und es ergibt sich ren Hilfe man einen genau bekannten Anteil der
fließenden Hochfrequenzleistung an einem Aus-
b 1 D S 1 1 a 1 C S 1 2 a2 und (4.14) gang auskoppeln kann. Vor- und zurücklaufen-
b 2 D S 2 1 a 1 C S 2 2 a2 : (4.15) de HF-Leistungen werden getrennt erfasst und
266 J. Langner
4.5.1 Rauschfaktor
Das Verhältnis des Signal-Rauschabstands am Abb. 4.10 Signal-Rauschverhältnis vor und nach einem
Eingang Se =Ne , zum Signal-Rauschabstand am Verstärker
Ausgang Sa =Na , wird Rauschfaktor F genannt.
ne (nur hier sind die Wirkwiderstände positiv) Der Reflexionsfaktor r wird vom Mittelpunkt
führt zu einem Kreis, dem Smith-Diagramm des Kreises in Polarkoordinaten aufgetragen.
(Abb. 4.12d). Es erlaubt die Beurteilung der Die Amplitudeneinteilung zum Radius des Au-
HF-Größen nach Betrag und Phase als Funktion ßenkreises ist linear, die Winkelzählung beginnt
der Frequenz. Die Kreise mit dem Mittelpunkt beim waagrechten Radius nach rechts bei 0ı und
270 J. Langner
Abb. 4.14 Prinzipielles Vorgehen bei einer Transistoranpassung mit dem Smith-Diagramm
K2 . Damit wird auch der Realteil des normier- tete Spule L1 verkleinert nur den Imaginärteil,
ten Eingangswiderstandes eins (Kreis K1 ). Der weshalb die Ortskurve ein Kreis mit konstan-
Kreis K2 ist die am Punkt Z=Z0 D 1 gespie- tem Realteil von Punkt 2 nach Punkt 3 gegen
gelte Ortskurve des Eingangswiderstandes mit den Uhrzeigersinn ist. Der Punkt 3 beschreibt
dem normierten Realteil 1. Die parallel geschal- den Eingangsleitwert des Transistors mit paral-
272 J. Langner
Abb. 4.15 Anpassnetzwerke für verschiedene Bereiche des Smith-Diagramms; (a) Einteilung des smith-Diagramms
in die Bereiche 1 bis 6, (b) Anpassnetzwerke mit Angabe der nutzbaren Bereiche
lel geschalteter Spule L1 . Laut Netzwerk muss gänzt den positiven Imaginärteil der Impedanz
man noch einen Kondensator in Reihe schalten, zu null. Damit ist der Eingang des Transistors an
um 50 zu erreichen; der Punkt 3 wird deshalb 50 angepasst.
am Mittelpunkt zum Widerstand (Punkt 4) ge- Diese Anpassung ist eine erste Näherung. Bei
spiegelt. Der Eingangswiderstand hat jetzt einen genauerer Betrachtung ist die Rückwirkung des
positiven imaginären Anteil, der mit einem ent- Verstärkers in beiden Richtungen zu berücksich-
sprechenden negativen imaginären Widerstand tigen; denn die Rückwirkung der Ausgangsspan-
(d. h. einem Kondensator) zu kompensieren ist. nung auf den Eingang verändert den Eingangswi-
Die Reihenschaltung des Kondensators C1 er- derstand.
4 Hochfrequenz-Verstärker 273
Beispiel 4.7-1
Der Eingang des Transistors in Abb. 4.14 soll
mit einem Anpassnetzwerk bei einer Frequenz
f D 2000 MHz ohne Berücksichtigung der
Rückwirkung an eine Vorstufe mit einem Aus-
gangswiderstand R D 50 angepasst wer-
den. Die Werte der Spule L1 und des Konden-
sators C1 sind zu berechnen.
Lösung
Das Datenblatt enthält folgende S-Parameter
für 2 GHz:
S 11 D 0;791 76;0ı
S 12 D 0;078 34;9ı
Abb. 4.16 Transformationsweg der Eingangsanpassung
S 21 D 2;920 111;1ı des Transistors JL 1958
S 22 D 0;587 51;5ı
S 11 trägt man nach Betrag und Phase in das te Realteil der Parallelschaltung 1; denn der
Smith-Diagramm ein (Abb. 4.16, Punkt 1). in den Widerstandbereich zurückgespiegelte
Aus der Lage des Eingangswiderstan- Punkt P4 liegt auf dem Kreis mit dem Re-
des S11 sucht man mit Abb. 4.15 ein alteil 1 des normierten Widerstandes Z=Z0 .
Kompensationsnetzwerk aus. Der Eingangs- Der Wert für die zurückgelegte Strecke jy von
widerstand liegt im Bereich 4, er ist mit dem P2 nach P3 beträgt jy D j1;14. L1 ist aus
Netzwerk nach Abb. 4.15d anzupassen. Gl. 4.25 und 4.26 zu bestimmen.
Die Werte für die Spule und den Kondensa-
tor berechnet man aus dem Transformations- Z0
jy D : (4.25)
weg gemäß Abb. 4.16 und bestimmt zuerst die j!L
Induktivität L1 .
Die Parallel-Induktivität addiert man in der Im vorliegenden Fall ist jy D j1;14.
Leitwertebene, d. h. der normierte Widerstand Für L1 gilt
Z 1 =Z0 im Punkt P1 wird am Kreismittelpunkt
gespiegelt. Man erhält daraus den normierten Z0
L1 D : (4.26)
Leitwert Y 2 =Y0 D Y 2 Z0 im Punkt P2 . Aus !0 y
dem Diagramm ist der Wert Y 2 Z0 D 0;17 C
j0;76 zu entnehmen. Für das Beispiel erhält man
Der Zielpunkt P5 liegt auf dem Kreis K1 ;
hier ist der Realteil von Z=Z0 D 1 und der 50
L1 D D 3 nH :
Imaginärteil beliebig. Der Kreis K1 wird am 2 2000 MHz 1;14
Mittelpunkt zum Kreis K2 gespiegelt, auf ihm
ist der Realteil des Leitwerts 1=50 D 20 mS Der Punkt P4 zeigt den normierten Eingangs-
und der normierte Realteil 1. Schaltet man widerstand Z 4 =Z0 des Transistors mit der par-
dem Leitwert im Punkt P2 eine Induktivität allelgeschalteten Induktivität L1 . Sein Wert
parallel, dann verringert sich sein Imaginär- ist aus dem Smith-Diagramm als Z4 =Z0 D
teil, d. h., der normierte komplexe Leitwert 1 C j2;2 abzulesen. Der richtige in Reihe ge-
bewegt sich auf dem roten Kreissegment von schaltete Kondensator ergänzt den Imaginär-
P2 nach P3 . Im Punkt P3 wird der normier- teil zu null und belässt den Realteil. Er ver-
274 J. Langner
schaltet werden, ohne dass die hohe Gesamtver- gegenüber Transformatorteilern eine geringere
stärkung zur Selbsterregung führt. Bandbreite.
Wichtige Größen sind: Frequenzbereich, An-
passung, Leistungsaufteilung, Isolation der Aus-
gänge zueinander und die Genauigkeit der Pha-
4.8.2 Leistungsteiler sen- und Amplituden-Aufteilung (engl.: balance).
(engl.: Power Divider)
ler für Messzwecke erreichen hohe Isolations- Die Hälfte (3dB) der am Eingang anliegen-
werte, und sind deshalb auch teuer. den Leistung verlässt den Hybrid am 0ı -Aus-
Richtkoppler haben eine begrenzte Bandbrei- gang, die andere Hälfte liegt am 90ı -Ausgang an.
te als Arbeitsbereich. Bei einem durchschnittli- Reflexionen, die durch Fehlanpassung entstehen,
chen Richtkoppler beträgt die Bandbreite 15 % fließen zum Eingang zurück oder geschwächt in
bis 20 % der Mittenfrequenz. den anderen Ausgang. Die Bandbreite beträgt oft
Wichtige Größen sind: Mittenfrequenz, Band- 15 bis 20 % der Mittenfrequenz.
breite, größte übertragbare Leistung, Anpassung, Wichtige Größen sind: Mittenfrequenz, Band-
Koppelfaktor und Isolation. breite, größte übertragbare Leistung, Anpassung,
Isolation sowie Pegelunterschiede und Abwei-
chung von den 90ı Phasendifferenz der Aus-
gangssignale.
4.8.4 90ı -Hybrid-Koppler –
(engl.: 90ı Hybrid Coupler)
4.8.5 Zirkulator – (engl.: Circulator)
Ein 90ı Hybrid Koppler (Abb. 4.20) ist ein pas-
sives Bauelement mit vier Anschlüssen, das das Zirkulatoren sind passive Dreitor-Bauelemente,
anliegende Eingangssignal im Idealfall in zwei deren Arbeitsweise von der Ausbreitungsrich-
Signale gleicher Amplitude mit 90ı Phasendif- tung der elektromagnetischen Energie abhängt.
ferenz auf zwei Ausgänge aufteilt. Da die Leis- Diese Eigenschaft entsteht bei der Wechsel-
tung auf zwei Ausgänge aufgeteilt wird, kommt wirkung elektromagnetischer Energie und der
an jedem Ausgang nur die halbe Leistung, die Elektronenanordnung in ferromagnetischem Ma-
Ausgangssignale sind um 3dB kleiner als das terial (meistens einem Ferrit). Der Ferrit wird
Eingangssignal. Wegen des Phasenunterschieds durch einen Permanentmagneten vormagneti-
von 90ı werden diese Koppler auch Quadrature siert und damit polarisiert. Ein idealer Zirkulator
Hybrids genannt. Der 90ı -Hybrid ist elektrisch (Abb. 4.21), dessen Anschlüsse vollständig an-
und mechanisch vollkommen symmetrisch. Die- gepasst sind, verbindet jeweils zwei benachbarte
se Konfiguration gewährleistet eine hohe Isolati- Anschlüsse in Umlaufrichtung. Bei dem drit-
on der beiden Ein- und Ausgänge zueinander mit ten Tor tritt dabei kein Signal auf, es ist für die
einer nur geringen Rückwirkung. Hochfrequenz isoliert. Bedingung ist, dass das
Das Schaltsymbol (Abb. 4.20) zeigt zwei ge- abgehende Tor mit dem richtigen Wellenwider-
kreuzte Übertragungsleitungen, deren Länge ein stand abgeschlossen ist. Dann fließt die ganze
Viertel der Wellenlänge der Mittenfrequenz be- Energie in den Abschluss und für das nächste Tor
trägt. bleibt keine Energie übrig.
278 J. Langner
Ü 4-2 Ein Generator mit der Impedanz Z0 D Ü 4-5 Ein Datenempfänger für 433 MHz soll
50 wird mit einem Widerstand R D 50 aufgebaut werden. Eingangspegel
70 dBm.
abgeschlossen, zu dem eine Spule L D 10 nH Verlangte Ausgangsspannung
100 mV.
parallel geschaltet ist.
a) Welche Möglichkeiten bestehen, den Reflexi-
onsfaktor zu bestimmen? 4.9 Weiterführende Literatur
b) Welcher Reflexionsfaktor verursacht die Last-
impedanz Z L bei einer Frequenz f D Lange, K., Meinke, H. H., Gundlach, F. W., Lö-
50 MHz und bei f D 5 GHz? cherer K.-H.: (2009) Taschenbuch der Hoch-
frequenztechnik Band 1, Band 2, Band 3, je-
weils 5. Auflage Springer Verlag
Ü 4-3 Der Ausgang des Transistors JL1958
Tietze U., Schenk Chr.: (2010) Halbleiterschal-
(Transistordaten in Tab. 4.1) soll mit einem An-
tungstechnik. 13. Auflage Springer Verlag
passnetzwerk bei einer Frequenz f D 3 GHz
Vicek, A., Hartnagel, H. L., Mayer, K., Zink,
ohne Berücksichtigung der Rückwirkung an eine
O.: (1998) Hochfrequenztechnik 2: Elektronik
Last mit einem Eingangswiderstand R D 50
und Signalverarbeitung. 5. Auflage Springer
angepasst werden.
Verlag
a) Welche Anpassnetzwerke sind nach Abb. 4.16
Zinke O., Brunswig H.: (2000) Hochfrequenz-
möglich? technik 1, Springer Verlag
b) Der Wert der Spule und der des Kondensators
Die technischen Publikationen der Hersteller
ist für das Anpassnetzwerk in Abb. 4.14c zu
von HF-Komponenten sind heute eine wichtige
berechnen.
Informationsquelle. Auf den Internet-Seiten der
Hersteller findet man viele, zum Teil ausführli-
Ü 4-4 Zu einem Quarzoszillator soll ein che Informationen. Diese Dokumentationen sind
Frequenz-Verdreifacher entwickelt werden. Der vorwiegend in englischer Sprache abgefasst.
Quarzoszillator gibt ein rechteckförmiges Signal
zwischen 0 V und 4 V, Tastverhältnis 1 W 1, mit 4.9.1 Web-Seiten
80 MHz aus. Daraus soll ein Signal mit 240 MHz
bei einem Pegel von
12 dBm an 50 erzeugt http://www.spinner-group.com
werden. http://www.hubersuhner.com/
Anleitung: Das Rechtecksignal enthält neben http://www.klmicrowave.com/
der Grundschwingung ungeradzahlige Harmoni- http://www.lorch.com/
sche, davon soll die richtige verstärkt, die übrigen http://www.minicircuits.com
gedämpft werden. http://www.nardamicrowave.com/east/
Bauelemente der Leistungselektronik
5
Jürgen Gutekunst
Die Leistungselektronik hat durch die Entwick- auch auf die Strukturen und Abmessungen der
lungen in der Mikroelektronik in den vergan- Silicium-Chips.
genen Jahren immer mehr an Bedeutung ge- Grundsätzlich lassen sich die Bauelemente in
wonnen. Heute ist sie auch in unserem alltägli- drei Klassen aufteilen:
chen Leben in vielfältiger Ausprägung zu finden. passive Bauelemente,
Die Schwerpunkte der Leistungselektronik fin- aktive Bauelemente und
den sich beispielsweise in hybride Bauelemente.
den Antrieben, Letztere sind eine Kombination aus passiven und
bei Spannungsumrichtern und aktiven Komponenten, die in einem gemeinsa-
in Netzgeräten und Stromversorgungen. men Gehäuse untergebracht sind. Ein Beispiel
Die nachfolgenden Abschnitte zergliedern sich in für hybride Bauelemente der Leistungselektronik
zwei Hauptbereiche, in sind Gate-Ansteuerungen für Frequenzumrichter.
passive Bauelemente der Leistungselektronik Abbildung 5.1 zeigt eine Übersicht zur Vielfalt
und der Bauelemente der Leistungselektronik.
aktive Bauelemente der Leistungselektronik. Die in der Leistungselektronik auftretenden
Passive Bauelemente der Leistungselektronik be- Spannungen machen die Einhaltung verschiede-
gegnen uns häufig in Schutzschaltungen zur Ein- ner Normen und Richtlinien notwendig. Dazu
haltung der Elektromagnetische Verträglichkeit zählen beispielsweise die DIN VDE 0100 und
(EMV). DIN EN 61800 (VDE 0160), die die Spannungs-
festigkeit der Bauelemente und Schaltungsteile
Übersicht Bauelemente der Leistungselektronik festlegt.
findet man heute in fast allen Geräten und Anla-
gen. Der Anwendungsbereich erstreckt sich von
einfachen Anlaufkondensatoren bei Kleingeräten
5.1 Passive Bauelemente
bis zu komplexen Wechselrichtern im Anlagen-
und Maschinenbau. Sie sind in der Funktion de-
Die passiven Bauelemente der Leistungselektro-
nen der Niederspannungselektronik sehr ähnlich.
nik werden wie folgt eingeteilt (Abb. 5.1):
Die Anwendung im Hochspannungs- und Hoch-
Induktivitäten (Spulen, Drosseln),
strombereich bedingt jedoch andere Querschnitte,
Kapazitäten,
Anschlüsse, Gehäuse oder allgemein: andere Geo-
Widerstände,
metrien. Diese Geometrien beschränken sich
Leistungsdioden und
nicht nur auf die Mechanik (Gehäuse) sondern
Schutzelemente.
J. Gutekunst () Während die Widerstände zu den Energiever-
E-Mail: jgutekunst@web.de brauchern zählen, sind Induktivitäten und Ka-
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017 283
E. Hering, K. Bressler, J. Gutekunst (Hrsg.), Elektronik für Ingenieure und Naturwissenschaftler,
DOI 10.1007/978-3-662-54214-9_5
284 J. Gutekunst
Leistungselektronik
a b c d
4
1 5
6
1 1 1 3 2
7
3
2 8
3 9
2 4 2 4 10
Abb. 5.2 Verschiedene Ausführungen von Induktivitäten a Spule Drossel, b Spule mit Anzapfungen, c Übertrager
Transformator, d Transformator mit mehreren Wicklungen und Anzapfungen
Elektromagnetische Verträglichkeit), worauf im Abbildung 5.4 zeigt einige Beispiele von Fer-
Abschn. 5.1.3 noch näher eingegangen wird. ritkernen und deren Geometrie. Nachfolgend soll
Drosseln haben dabei die Aufgabe, die leitungs- auf weitere Beispiele und ihre Anwendungen nä-
gebundene Störungsein- und -abstrahlung zu her eingegangen werden.
verringern. RM-Schalenkerne
Zur Erhöhung der Induktivität werden in Spu- RM-Kerne (Ringförmige M-Struktur) erlau-
len und Drosseln Materialien eingebracht, die die ben eine sehr hohe Packungsdichte. Neben
Induktivität um ein Vielfaches erhöhen. Neben Filterspulen und Übertrager findet man sie
Eisenkernen, wie sie bei Transformatoren Ver- immer mehr in der Leistungselektronik. Im In-
wendung finden, sind es vor allem Ferrite, die nenraum sind die Ferrite durch einen Luftspalt
diesbezüglich hervorragende Eigenschaften auf- getrennt.
weisen. PM-Kerne
Die Darstellung von Induktivitäten mit und PM-Kerne weisen ebenfalls einen Luftspalt
ohne Eisenkern ist in der DIN EN 60617 fest- auf, sind aber in ihrer Bauform allgemein
geschrieben. Gelegentlich findet man noch die größer. Ihr Einsatz erstreckt sich von Leis-
Darstellung in der Form-1 (einpolig), wobei je- tungsübertrager bis hin zu Speicherdrosseln
doch die mehrpolige Darstellung in der Form-2, in getakteten Spannungsversorgungen. Gele-
gebräuchlicher ist. Abbildung 5.3 zeigt einen gentlich findet man PM-Kerne auch in der
Überblick. Nachrichtentechnik und Industrieelektronik.
Ferrite bestehen aus gesinterten Materialien Äußeres Zeichen des PM-Kerns ist seine
und sind daher polymorph. Beim Sinterprozess kreisrunde Bauform, wobei mindestens ein
erhalten sie ihre Form und können so nahezu Viertel des Zylindermantels offen ist (M-Cha-
jede Form annehmen. Dies ermöglicht auch die rakteristik, Abb. 5.4).
Herstellung von Ferriten, die auf die unterschied- P-Kerne
lichen Anwendungen und geometrischen Bedin- P-Kerne sind die nahezu geschlossene Aus-
gungen optimiert werden. Im Wesentlichen unter- führung der PM-Kerne. Nur ein kleiner Schlitz
scheidet man im Kernmantel ermöglicht die Drähte des
Ringkerne, Spulenkerns herauszuführen. Sie werden für
Rohrkerne, Schwingkreisspulen mit hoher Güte und für
ringförmige Schalenkerne mit/ohne Luftspalt, klirrarme Kleinsignal-Breitband-Übertrager
Schalenkerne mit unterbrochenem/geschlos- angewendet. P-Kerne gibt es sowohl in sehr
senen Mantel, kleinen Ausführungen (5 mm Durchmesser)
Kernstrukturen nach E, M, E-I und bis zu einer Größe von 10 cm Durchmesser.
Sonderformen.
286 J. Gutekunst
06-09-08
Drossel 04-03-01
Drossel mit
04-03-03
Magnetkern
Drossel mit
Luftspalt im 04-03-04
Magnetkern
Trans- 06-09-01
formator
06-09-02
Einphasen-
transformator
06-10-01
mit zwei
Wicklungen 06-10-02
und Schirm
Trans-
formator 06-09-04
mit drei 06-09-05
Wicklungen
Spar-
trans- 06-09-06
formator 06-09-07
Strom- 06-09-10
wandler 06-09-11
Kern-
ansicht
Seiten-
ansicht
Schnitt
a b
L1 L2 L3
Haupt- A L1
schütz
i
A L2 U
Abb. 5.5 Anwendung eines Stromtransformators in der Messtechnik a Direkte Stromanzeige, b Strommessung mit
Messverstärker
lenanfang am größten ist. Bei der Auslegung Bei Kondensatoren stehen verschiedene Bau-
des Stromtransformators ist man daher immer formen und Ausführungen zur Verfügung. Abbil-
bemüht, den Nennwert auf etwa 2=3 der An- dung 5.6 zeigt dabei in einer Übersicht, die tech-
zeige zu legen. nischen Eigenschaften, Normen und die Anwen-
Im obigen Fall kann dies durch einen dungsbereiche der wichtigsten Bauformen. Dabei
Stromtransformator mit der Kennzeichnung sind die wesentlichen Ausführungen durch die Be-
100=120 erreicht werden. Dies bedeutet, dass schaffenheit und Schichtung gekennzeichnet:
bei einem Nennstrom von 100 A ein Sekun- MP-Gleichspannungskondensator (MP: Me-
därstrom von 120 mA erzeugt wird. Für die tallpapier),
Mischanlage mit einem Nennstrom von 55 A MKV-Wechselspannungskondensator (MKV:
pro Phase bedeutet dies metallisiert, Kunststofffolie, verlustarm),
MKK-Wechselspannungskondensator (MKK:
Isekundär D IL1eff 120=100 D 66 mA : metallisiert, Kunststofffolie, kompakt),
MPK-Gleichspannungskondensator (MPK:
Damit erreicht man eine optimale Anzeige mit Metallpapier und Kunststofffolie) und
einer Reserve von etwa 30 % bis zum Vollaus- FK-Kondensatoren (FK: Metallfolie, Kunst-
schlag. Zur Überwachung aller drei Phasen stofffolie mit/ohne Papier).
sind drei Stromtransformatoren und Anzeige- Die MP- und MK-Kondensatoren sind selbsthei-
instrumente notwendig. lend. Das bedeutet, dass Spannungsdurchschläge
zwischen den beiden Kondensatorfolien (Platten)
innerhalb weniger Mikrosekunden ausheilen. Ein
5.1.3 Kondensatoren Kurzschluss zwischen den Platten wird dadurch
vermieden. Abbildung 5.7 zeigt im Überblick den
Die Grundlagen zum Kondensator sind Ab- Aufbau einiger oben aufgeführten Bauformen.
schn. 2.3 zu entnehmen. Kondensatoren in Neben der Kapazität sind in der Leistungs-
der Leistungselektronik werden in der Ener- elektronik noch eine ganze Reihe anderer
gieumformung und Energiesteuerung eingesetzt. Kennwerte der Kondensatoren von Interesse.
Dabei können sie Spitzenströme liefern, die weit So sind beispielsweise bei der Dimensionierung
über dem Nennstrom liegen. Die bevorzugten von Wechselrichtern auch die Spitzenströme,
Einsatzgebiete der Kondensatoren in der Leis- Nennenergie und Flankensteilheit zu beachten.
tungselektronik sind: Darüber hinaus sind eine ganze Reihe parasitärer
Energiespeicherung (Netzteile, Verstärker), Effekte eines Kondensators zu berücksichtigen.
Entstörung (Filter), Diese resultieren vor allem von zum Teil starken
Anlaufhilfe bei Motoren (Anlaufkondensato- Abweichungen des realen Kondensators gegen-
ren), über dem theoretischen Ideal. Abbildung 5.8
Aufnahme oder Abgabe starker Stromstöße veranschaulicht die Unterschiede eines realen
(z. B. Laser). Kondensators mit seinen parasitären Komponen-
Um diesen Anforderungen in der Leistungselek- ten zu einem idealisierten Kondensator.
tronik gerecht zu werden, müssen die Kondensa- In Tab. 5.1 sind die einzelnen Kenngrößen von
toren folgende Eigenschaften aufweisen: Kondensatoren zusammengestellt, die an dieser
hohe Spitzenstrombelastbarkeit, Stelle auch kurz beschrieben werden.
hohe Spannungsfestigkeit,
niedrige Eigeninduktivität, I Nennkapazität CN Die Nennkapazität eines
hohe Energiespeicherfähigkeit und Kondensators ist die Kapazität, für die er dimen-
große Zuverlässigkeit auch bei thermischer sioniert und aufgebaut wurde. Sie ist entweder
Beanspruchung. direkt auf dem Kondensator aufgedruckt, oder
Letzter Punkt ist gerade unter dem Aspekt der Si- durch einen Kode (in einzelnen Fällen auch durch
cherheit eine notwendige Forderung. eine Artikelnummer) entschlüsselbar. Die Nenn-
290 J. Gutekunst
Kondensatoren
K MP MK
Aluminium
metallisiertes metallisierte (Al-Elko)
Kunststoff
Papier Kunststofffolie
– MKC Al Al2O3 Al
– KC (Polycarbonat) Metallfolie – MKP Ta Ta2O5 Ta/Ag
– KP (Polypropylen) – MKT
– KS (Polystrol – MKU (Cellulose)
„Styroflex“)
+ –
– KT (Polyethylen-
Dielektrikum
terephthalat)
(Papier, Kunststoff)
– LEI-KO
(Leistungskondensator) Anode Elektrolyt
Dielektrikum Katode
Nenn- 2,5 V bis 630 V 80 V bis 500 V 80 V bis 500 V 6 V bis 600 V
spannung (LEI-KO: 67 V bis104 V)
Kapazitäts- 2 pF bis 500 nF 10 μF bis 1 F
100 pF bis 10 µF 100 pF bis 10 μF
bereich (1 µF bis 10 mF)
Verlustfaktor 1 MHz: 0,4 bis 1 50 Hz: 10 bis 500
1 kHz: 0,25 bis 15 1 kHz: 0,25 bis 15
tan δ /10–3 (1 kHz: 12)
CECC 30100 CECC 30400
Normen CECC 30300
CECC 30900 CECC 30500
DIN 45910
DIN 45910 CECC 31200
(DIN EN 60115) DIN 45910
Anwendungs- Schwingkreise, Motorkondensator, Energiespeicher,
bereiche Koppel-Stütz-Kon- Phasenschieber, Sieben bei niedri-
densator, kommutierungs- und Beschaltungs- gen und hohen
Temperaturkompen- kondensator, Frequenzen
sation (Styroflex), Nachrichtentechnik
Leistungskonden-
sator
kapazität gilt bei einer Prüftemperatur von 20 ı C sators. Sie darf zu keinem Zeitpunkt überschrit
und für eine Wechselspannung von 50 Hz. ten werden. Bei Mischspannungen, beispiels-
weise wechselspannungsüberlagerte Gleich-
I Nennspannung UN Die Nennspannung ist spannung, gilt dies für den Spitzenspannungs-
die maximale Betriebsspannung eines Konden- wert.
5 Bauelemente der Leistungselektronik 291
lRR D RRR
lp Rp
C
ESR ESL
+ –
C Nennkapazität
Rp Parallelwiderstand
ESR ohmsches Widerstandsäquivalent (engl.: Equivalent Series Resistor)
ESL induktives Widerstandsäquivalent (engl.: Equivalent Series Inductor)
RRR ohmscher Widerstand im Rückwärtsbetrieb (engl.: Reverse Resistance)
D Rückspannungs-Diode
IRR Rückspannungs-Strom
IP Parallelstrom oder Leckstrom
Tab. 5.1 Wichtige Kenngrößen für Kondensatoren bei periodischer Belastung. Er ist direkt propor-
Kurzzeichen Einheit Beschreibung tional zur Flankensteilheit du=dt. Es gilt:
CN F Nennkapazität
UN V Nennspannung IOS D C .du=dt/max : (5.3)
Ueff V Effektivspannung
UO W V Überlagerte Wechselspannung
I Flankensteilheit du=dt Mit der Flankensteil-
UZK V Zwischenkreisspannung
heit wird der Spannungsanstieg über der Zeit
IN A Nennstrom
IOS A Periodischer Spitzenstrom beschrieben.
du=dt V=S Flankensteilheit
WN W Nennenergie I Nennenergie WS Die Energie, die ein Kon-
Le H Eigeninduktivität densator speichern kann, wird als Nennenergie
RIs Isolationswiderstand bezeichnet. Sie leitet sich aus der Nennspannung
t0 s Grundschwingungsdauer
und Nennkapazität ab. Es gilt folgender Zusam-
tu S Umladezeit
menhang:
tan ı – Verlustfaktor
Rth K Wärmewiderstand WN D 1=2CN UN2 : (5.4)
1/wC
Widerstand
wL
Frequenz
kapazitiver resistiver induktiver
Bereich Bereich Bereich
von der Eigeninduktivität und dem Isolationswi- In diesem Bereich weist der Kondensator sei-
derstand. nen niedrigsten Innenwiderstand auf (Abb. 5.9,
s. auch Abschn. 2.3).
tan ı D Wirkleistung=Blindleistung (5.6)
Kondensator als Energiespeicher In Netztei-
I Wärmewiderstand Rth Der Wärmewiderstand len wird der Kondensator als Energiespeicher
Rth eines Kondensators beschreibt die Fähigkeit, eingesetzt. Dabei hat er die Aufgabe, kurzfris-
die auftretende Verlustleistung im Inneren nach tige Spitzenströme, die das vorgeschaltete Netz
außen zu transportieren und an die Umgebung, nicht liefern kann, zu übernehmen. Die in der
im Allgemeinen Luft, abzugeben. Leistungselektronik eingesetzten Kondensato-
ren müssen zudem auch sehr hohe Spannungen
I ESR und ESL Im Ersatzschaltbild nach puffern können. Dazu werden in der Regel
Abb. 5.8 ist der ohmsche Widerstand des Elektrolyt-Kondensatoren (Abschn. 2.3.3) ein-
Kondensators als Serienwiderstand zusammen- gesetzt.
gefasst. Er wird als ESR-Widerstand bezeichnet Beim Elektrolyt-Kondensator, kurz Elko
(ESR: Equivalent Series Resistor). In gleicher genannt, wird der Belag nicht von einer metalli-
Weise wird die Eigeninduktivität oft auch als schen Elektrode sondern von einem Elektrolyten
ESL, Equivalent Series Inductor L, bezeichnet. gebildet. Der Elektrolyt-Kondensator ist ein ge-
Die Kapazität, der Verlustfaktor tan ı und der poltes Bauteil, d. h., der Plus-Pol (Anode) muss
ESR hängen wie folgt zusammen: stets eine positivere Spannung aufweisen als der
Minus-Pol (Kathode). Bei Gleichspannung ist
tan ı dies bei korrektem Anschluss immer gegeben.
ESR D : (5.7)
2 f C Die Kathode ist dabei mit dem Elektrolyten ver-
bunden. Die Anode besteht in der Regel aus
Der Zusammenhang zwischen Kapazität, ESR Aluminiumoxid (Al2 O3 ) oder Tantalpentoxid
und ESL zeigt Abb. 5.9. Während bei niedri- (Ta2 O5 ). Da es beide sowohl in nasser als auch in
gen Frequenzen der kapazitive Anteil dominiert, trockener Ausführung gibt, unterscheidet man:
wird bei höheren Frequenzen immer mehr der trockene Aluminium-Elektrolyt-Kondensato-
induktive Einfluss bemerkbar. In einem kleinen ren und
Bereich kompensiert sich das kapazitive und in- nasse Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren;
duktive Verhalten des Kondensators, so dass hier trockene Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren und
ausschließlich der ohmsche Widerstand wirkt. nasse Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren.
294 J. Gutekunst
a b
L1 L1
L1 L1 L2
L2
L2 L2 PE PE
c
Darstellung 1: Darstellung 2:
L1 L1
X Y1
L2 X
Y1 Y2
Y2
L2
PE
PE
Abb. 5.10 XY-Kondensatoren und deren Beschaltung a X-Kondensator, b Y-Kondensator, c X- und Y-Kondensator
Ampli-
tude C1 Phasenverschiebung durch Anlaufkonden-
satoren unterschiedlicher Kapazität
C2
C3
1
–1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Phasenwinkel
–1
Bei den EMS-Widerständen (Edelmetallschicht) Bei einer Verlustleistung von 22,5 W ist
wird die Edelmetallschicht in einen Hartglasträ- bereits für eine ausreichende Kühlung zu
ger eingebrannt. Der Abgleich auf den gefor- sorgen.
derten Widerstandswert erfolgt durch Einschaben
von Wendeln. EMS-Widerstände zeichnen sich
durch hohe Genauigkeit, kleinen Temperaturgang
5.1.5 Hochleistungsdioden
und geringe Widerstandsänderung aus. Ihr Ein-
satz ist vor allem als Präzisionswiderstand in
Dioden gehören, obwohl sie auf Siliciumbasis
Hochstrommessbrücken gefragt.
aufgebaut sind, zu den passiven Bauelementen.
Drahtwiderstände haben bei gleicher Belast-
Sie erlauben den Stromfluss in nur eine Richtung.
barkeit kleinere Abmessungen als Schichtwi-
Hochleistungsdioden unterliegen dabei densel-
derstände und sind erheblich kostengünstiger
ben physikalischen Regeln wie Dioden kleiner
herzustellen. Durch den auf einem Porzellan-
Leistung. Aus diesem Grund soll hier auf die
oder Glasträger gewickelten Widerstandsdraht
Grundlagen im Abschn. 2.5 verwiesen werden.
wird jedoch eine nicht unerhebliche Selbstin-
Die bauliche Ausführung ist mit dem we-
duktivität erzeugt. Daher ist diese Bauform in
sentlich höheren Leistungsbedarf eng gekoppelt.
frequenzsensitiven Anwendungen nur bedingt
Auffällig sind vor allem sehr starke Anschlüs-
brauchbar.
se, die in der Lage sind, auch Ströme von mehr
als 100 A aufzunehmen. Die Möglichkeit einer
I Hinweis: Heutige Drahtwiderstände weisen Montage auf Kühlkörpern ist durch den Gewin-
oft eine bifilare Wicklung auf. Durch den gegen- dezapfen am Gehäuse gegeben. Dadurch kann
gleichen Wickelsinn wird die Eigeninduktivität der Temperaturübergangswiderstand vom Gehäu-
nahezu aufgehoben, so dass ein sehr gutes se auf den Kühlkörper minimal gehalten werden
Frequenzverhalten erreicht wird. (s. auch Tab. 2.14).
Überspannungssicherung. Symbol:
Funkenstrecke mit Glasrohr 07-22-04
DIN EN 60617-7
Schmelzsicherungen sind nach wie vor die Der Sicherungsstrom IS geht quadratisch in die
wichtigsten Sicherungselemente in der Leis- Berechnung der Leistungsbetrachtung ein. In un-
tungselektronik. Sie haben einen sehr geringen serem obigen einfachen Beispiel entsteht über der
Innenwiderstand, der vor allem bei großen Sicherung eine Verlustleistung von 500 W.
Stromstärken eine wichtige Rolle spielt. Der dort
auftretende Spannungsabfall bleibt somit auch
gering. Zur Berechnung des Spannungsabfalls
5.2 Aktive Bauelemente
gilt allgemein das ohmsche Gesetz:
D D S2 S S2 S
S S1 S S1 S
G G G G
S
S S D D
S Schutzschaltung
G Gate S Source D Drain S1, S2 Schutzschaltungsanschlüsse
Der IGBT (IGBT: Insulated Gate Bipolare Tran- aus. Vor allem in Verstärkerschaltungen oder
sistor) stellt dabei eine Verknüpfung von bipola- geregelten Stromversorgungen verwendet man
rer und MOS-Technologie dar. in diesem Fall die Darlingtonschaltung (Ab-
schn. 3.2.7). Dabei werden zwei Transistoren
5.2.1 Power MOS-FET hintereinandergeschaltet, so dass sich deren Ver-
stärkung multipliziert. Abbildung 5.14 zeigt die
Power MOS-FET-Transistoren (MOS-Feld Ef- Zusammenschaltung der beiden Transistoren so-
fekt Transistoren) sind in der Funktionsweise wie die zugehörigen Ströme. Dabei gilt, dass die
identisch zu den FETs. Lediglich die zu schal- Stromverstärkung des 1. Transistors ˇ1 und die
tenden Ströme, Spannungen und damit die Stromverstärkung des 2. Transistors ˇ2 die neue
IB1
IC2
T1
T2
IB2
IC1 IC2
Einzelstromverstärkung: b1 = b2 =
IB1 IB2
IC
Gesamtstromverstärkung: b =
IB1
Generell gilt für Leistungstransistoren, die an von 2 kHz bis mehr als 25 kHz. Seine Hauptan-
hohen Spannungen betrieben werden, dass sie ei- wendungsgebiete sind:
ne entsprechende breite Kollektorzone besitzen unterbrechungsfreie Stromversorgungen
müssen. Sie garantiert die Spannungsfestigkeit. (USV),
Entsprechend hoch wird damit allerdings auch Spannungsumrichter,
der Kollektorserienwiderstand. Dies hat Einfluss Schweißstromquellen und
auf Umrichter für Antriebssysteme.
die Stromverstärkung und Durch die Verknüpfung der technologischen
den Sättigungsbereich Merkmale von MOS und bipolaren Transistoren
des Transistors, auf den hier nicht näher ein- ergeben sich folgende Eigenschaften des IGBTs:
gegangen werden soll. Beide Merkmale erge- isolierter Basis-(Gate-)Anschluss,
ben einen höheren Basisstrom. Ein Darlington- hohe Spannungsfestigkeit und
Transistor, wie er in Netzumrichter eingesetzt hohe Strombelastbarkeit.
wird, ist in der Lage, sehr große Ströme und Diese Eigenschaften machen den IGBT zu einem
Spannungen zu schalten. Darüber hinaus besitzt Halbleiter-Bauelement, das mit sehr geringem
dieser Baustein einen Hilfsausgang, der für Kon- Aufwand und Leistung anzusteuern ist. Die Vor-
trollaufgaben in die Ansteuerelektronik rückge- teile für die Systemintegration sind:
führt werden kann. niedrige Steuerleistung,
niedriger Steueraufwand und
Beeinflussbarkeit der Schaltzeiten
in den für MOS-Transistoren bestimmten Gren-
5.2.3 IGBT zen. Letzterer Gesichtspunkt bekommt vor dem
Hintergrund der EMV (EMV: Elektromagneti-
Die Verschmelzung von MOS-Technologie mit sche Verträglichkeit) immer mehr Bedeutung.
der bipolarer Transistortechnik führte zur Ent- Mit dem IGBT ist man heute in der Lage, die
wicklung des IGBT-Transistors (IGBT: Insulated hochfrequenten Anteile in der Schaltflanke ge-
Gate Bipolar Transistor). Seine Eigenschaften zielt zu vermeiden.
machen ihn besonders geeignet für den Betrieb Die Einführung der MOS-Leistungstransisto-
in getakteten Anwendungen im Frequenzbereich ren wurde maßgeblich durch ihre einfache An-
300 J. Gutekunst
Strom-
begrenzung
Kurzschluss-
schutz du/dt-
G G Begrenzung
Übertemperatur-
überwachung
Sensor
Übertempe- Kurz-
ESD-
S raturüber- schluss-
Schutz
Schaltflanken- wachung schutz
begrenzung
ESD-Schutz
S
zu hochintegrierten Bausteinen, bei denen die zurück in die Steuerung (engl.: feed back) und
Schaltfunktion gegen Grenzwerte überwacht erlaubt so die Überwachung des auszuführenden
wird. Man unterscheidet drei grundsätzliche Schaltwechsels.
Schaltungsvarianten:
Low-Side Schalter,
High-Side Schalter und 5.2.5 SCR (Silicon Controlled Rectifier),
Halbbrücke (Push-Pull Schalter). Thyristor
Die Integration der Schutzfunktion erfolgt auf
demselben Silicium-Chip, auf dem der Aus- Thyristoren und Triacs sind Bauelemente, de-
gangstransistor untergebracht ist. Dies erfordert ren Grundcharakter stark mit der Halbleiterdiode
neben der Realisierung der Leistungselektronik verknüpft ist. In diesem Abschnitt sollen eini-
auch die Realisierung feinster Strukturen für die ge Eigenheiten und Sonderbauformen aufgezeigt
Überwachungslogik. Abbildung 5.16 zeigt die werden.
Integration der wichtigsten Schutzfunktionen für Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher
einen Leistungsschalter (hier z. B. ein N-FET). Thyristoren, die jeweils auf ihr spezifisches An-
Alle Überwachungsfunktionen können über wendungsgebiet optimiert wurden. Die Schalt-
einen Ausgang als Sammelmeldung zurück an symbole sowie deren vereinfachte Kennlinie der
das Steuerungssystem geführt werden. Ein Dia- wichtigsten drei Vertreter sind in Abb. 5.17 in ei-
gnoseprogramm kann im Fehlerfall den schad- ner Übersicht zusammengestellt. Dies sind:
haften Ausgang lokalisieren. Thyristor oder SRCs (Silicon Controlled Rec-
Eine weitere Rückmeldeleitung gibt Auskunft tifier),
über den Schaltzustand der Leistungsendstufe. GTOs (Gate Turn Off Thyristor) und
Dies ist besonders dann wichtig, wenn über die Triacs (bidirektionale Thyristor Triode).
Fehlerleitung kein Fehler gemeldet wird (kein Ihre Einsatzgebiete erstrecken sich von
Überstrom, keine Übertemperatur), der Ausgang Hochspannungs- und Hochstromgeräten wie
aufgrund eines defekten Bausteins aber nicht Netzteilen, Netzumrichtern, Schweißgeräten bis
schaltet. Die Leitung koppelt das Ausgangssignal zu einfachen Lampensteuerungen. Während der
302 J. Gutekunst
A iA
p
A
p n n
n
U G p iC1 = iB2 iB1 = iC2
p p
G n
iG G n
K
K iK
K
A Anode K Kathode G Gate
Schaltsymbol Vierschichtdiode Zweitransistor-Modell
Durch-
bruch-
UDRM
spannung
für
iG = 0
URRM
U
iG1 iG2 iG3 iG4
Gatestrom 0
Sperrbereich Blockierbereich
Abbildung 5.19 zeigt die Durchbruchsspan- der Spitzensperrspannung URRM festlegt. Es gilt:
nung eines Thyristors in Abhängigkeit des Gate-
Stroms. Durch den Gate-Strom kann der Ein- Smin D URRM =UO I (5.13)
schaltzeitpunkt bestimmt werden. Man spricht
von einer Phasenanschnittsteuerung. Mit UO D 0;5URRM folgt Smin D 2. Der Blo-
Die statische Kennlinie ist im Wesentlichen ckierbereich des Thyristors ist symmetrisch zum
durch drei Bereiche in Abb. 5.19 gekennzeichnet: Sperrbereich. Er ist durch die Durchlassdurch-
Sperrbereich, bruchsspannung UDRM gekennzeichnet, die ähn-
Blockierbereich und lich URRM bei Überschreiten zu einem Durch-
Durchlassbereich. bruch führt. Dieser Durchbruch ist jedoch rever-
Der Sperrbereich ist durch die Spitzensperr- sibel, also ohne Folge für das Bauteil. Er ist durch
spannung URRM gekennzeichnet. Sie markiert einen geringen Spannungsabfall über dem Bau-
den Knickpunkt der Kennlinie, ab dem der Rück- element gekennzeichnet. Man spricht hier auch
wärtsstrom IR lawinenartig ansteigt (Avalanche- von einer Selbstzündung oder Überkopfzündung
Effekt). Die Überschreitung von URRM führt zur des Thyristors.
Zerstörung des Thyristors. Dies ist der Grund für Die reguläre Betriebsart des Thyristors erfolgt
die Einführung des Sicherheitsabstands S, der durch eine gesteuerte Zündung im Blockierbe-
die maximale Betriebsspannung UO auf < 50 % reich. Die Betriebsspannung muss dabei stets
304 J. Gutekunst
G G
A2
A2
A1 Anode 1 A2 Anode 2 G Gate
kleiner als UDRM sein. Durch einen Zündstrom iG Leistungen und in der Bahntechnik (z. B. bei
kann der Thyristor aus seinem Blockierbereich in Elektrolokomotiven).
den Durchlassbereich geschaltet werden. Sobald
der einsetzende Laststrom eine Mindeststrom-
stärke (etwa 10 mA bis 100 mA) erreicht hat, 5.2.7 Triac
bleibt der Thyristor eingeschaltet und der Zünd-
impuls kann abgeschaltet werden. Diese Min- Der Triac ist sehr stark mit dem Thyristor ver-
deststromstärke wird als Raststrom bezeichnet. wandt: wie bereits im vorigen Abschnitt erwähnt,
Im Durchlass-und Sperrbereich verhält sich der ist seine Funktion ähnlich zweier antiparallel ge-
Thyristor wie eine Leistungsdiode. schalteter Thyristoren. Dies erlaubt das Schalten
sowohl positiver als auch negativer Halbwellen.
Abbildung 5.20 zeigt das Schaltbild eines Triacs
und das antiparallele Gegenstück aus Thyristo-
5.2.6 GTO ren.
Aufgrund dieser Eigenschaften weist der Triac
Das Einschalten und Ausschalten eines Thyris- zwei Blockierbereiche auf. Die in Abb. 5.21
tors wird durch zwei unterschiedliche Vorgänge dargestellte statische Kennlinie des Triacs ver-
bestimmt: deutlicht das Zündverhalten für unterschiedliche
Zündung des Thyristors durch das Gate (Ein- Gateströme. Im Gegensatz zum Thyristor wirkt
schaltvorgang) und der Gate-Strom sowohl für die Durchlassrichtung
Löschen des Thyristors durch den nächsten im ersten Quadranten als auch für die entgegen-
Nulldurchgang der Betriebsspannung. gesetzte Durchlassrichtung, die dem Sperrbereich
Dies hat zur Folge, dass ein Thyristor in einem des Thyristors entspricht (dritter Quadrant). In
Gleichstromkreis nur gezündet, aber nicht mehr der Praxis bedeutet dies, dass ein Triac unabhän-
gelöscht werden kann. Aus diesem Grund wur- gig von seiner Durchflutungsrichtung gezündet
de der GTO-Thyristor (Gate Turn-Off Thyristor) werden kann.
oder Abschaltthyristor entwickelt.
Der GTO kann durch einen negativen Gate-
Strom gelöscht werden. Nachteilig ist jedoch, 5.2.8 Sicherheitsbeschaltung
dass der Löschstrom bis zu 30 % des Laststro- von Leistungshalbleitern
mes, also des abzuschaltenden Stromes, betragen
kann. Der GTO wird aufgrund seiner komple- Die Sicherheitsbeschaltung eines Thyristors be-
xen Ansteuerung und aufwändiger Fertigung nur steht im Wesentlichen aus einem RC-Glied und
in einigen besonderen Anwendungen eingesetzt, einem Varistor (Abb. 5.22). Der Varistor ist da-
beispielsweise in Frequenzumrichtern mit hohen bei so zu dimensionieren, dass er vor Errei-
5 Bauelemente der Leistungselektronik 305
Durchbruch-
spannung
für iG = 0
0 Gatestrom
U
iG1 iG2 iG3 iG4
Gatestrom 0
Durchlassbereich
R C
Schutz-
beschaltung
UT
V Varistor R Widerstand C Kondensator
chen der Spitzensperrspannung so niederohmig Falle muss eine Stromregelung oder Begrenzung
wird, dass eine vorgeschaltete Sicherung ausge- eingreifen (Grenzlastintegral, s. Abschn. 2.5.3.1
löst wird. Dies trifft nur für langsame Zustands- Netzgleichrichter).
änderungen zu. Das RC-Glied hingegen sorgt für
einen schnellen Ladungsaustausch bei hochfre-
quenten Spitzen. Die Zeitkonstante bestimmt 5.2.9 Spannungssteuerung
dabei die maximale Anstiegsgeschwindigkeit, die eines Thyristors
im Bereich von 100 V=s bis 1000 V=s liegt.
Tritt im Lastkreis ein Kurzschluss auf, so muss Wenn der Zündimpuls iG um den Winkel ˛ ge-
eine superflinke Schmelzsicherung den Leis- genüber dem Nulldurchgang der Thyristorspan-
tungshalbleiter schützen. Das Grenzlastintegral nung u verzögert wird, kann der Laststrom Id
der Sicherung muss kleiner sein als das des Halb- verringert werden (Abb. 5.23).
leiters. Unter dem Grenzlastintegral W versteht Die Steuerung, auch Phasenanschnittsteue-
man das Wärmespeichervermögen im Zeitbereich rung genannt, ist nur während der positiven
bis 10 ms. Bei länger andauerndem Überströmen Halbwelle möglich. Während der negativen
kann eine Sicherung einen Halbleiter nicht schüt- Halbwelle sperrt der Thyristor wie eine Diode.
zen, da deren Schmelzzeitkennlinien oberhalb Die Netzspannung teilt sich auf in die schraf-
10 ms zu sehr voneinander abweichen. In diesem fierte Teilspannung, die an dem Thyristor abfällt
306 J. Gutekunst
6.2 Radiometrische
und fotometrische Größen
Der Helligkeitseindruck hängt also nicht nur Nach dem Muster der Gl. 6.9 und 6.10 zur Be-
von der Strahlungsleistung ab, die ins Auge rechnung des Lichtstroms ˚v aus dem Strah-
fällt, sondern auch vom Hellempfindlichkeits- lungsfluss ˚e kann für jede radiometrische
grad V .
/ des Auges für die betreffende Wel- Größe Xe die in Tab. 6.1 definiert ist, die zu-
lenlänge. Der Lichtstrom ˚v ist ein Maß für die geordnete fotometrische Größe Xv berechnet
Helligkeitsempfindung. Für monochromatisches werden:
Licht gilt bei fotopischer Anpassung: Z nm
780
Xv D Km Xe,
.
/V .
/ d
(6.11)
˚v D Km ˚e V .
/ : (6.9)
380 nm
Die Konstante Km wird als Maximalwert des fo- Die Bezeichnungen der lichttechnischen Grö-
tometrischen Strahlungsäquivalents bezeichnet. ßen sind zusammen mit ihren Maßeinheiten in
Sie ist eng verknüpft mit der SI-Basiseinheit für Tab. 6.2 zusammengestellt.
die Lichtstärke, der Candela und beträgt Km D Die Maßeinheiten der lichttechnischen
683 lm=W (Lumen=Watt). Größen sind mit der SI-Einheit der Lichtstärke
1 cd (Candela) verknüpft. Die Candela ist die
Lichtstärke einer Strahlungsquelle, die mono-
Beispiel 6.2
chromatische Strahlung der Frequenz 540
Eine rote und eine grüne LED emittieren Licht
1012 Hz in eine bestimmte Richtung aussen-
bei
D 660 nm bzw.
D 560 nm. Wie
det, und deren Strahlstärke in dieser Rich-
groß sind die Lichtströme, falls beide Dioden
tung Ie D 1=683 W=sr beträgt. Licht mit
dieselbe Strahlungsleistung ˚e D 10 W ab-
dieser Frequenz hat die Wellenlänge
D
geben?
555 nm. Der Hellempfindlichkeitsgrad beträgt
hier V .555 nm/ D 1. Nach Gl. 6.11 gilt für
Lösung die Lichtstärke Iv D Km Ie 1 D 1 cd. Hieraus
Die Hellempfindlichkeitsgrade betragen folgt Km D 683 cd sr=W D 683 lm=W. Als
V .660 nm/ D 0;061 und V .560 nm/ D 0;995. abgeleitete Einheiten sind für den Lichtstrom
Nach Gl. 6.9 wird ˚v;rot D 0;417 103 lm und das Lumen (1 lm D 1 cd sr) und für die Be-
˚v;grün D 6;8 103 lm. leuchtungsstärke das Lux (1 lx D 1 lm=m2 )
Ist die Strahlung nicht monochromatisch, eingeführt.
sondern spektral breitbandig, dann muss für Bei Empfindlichkeitsangaben von Foto-
die Berechnung des Lichtstroms über das detektoren wird häufig Bezug genommen
sichtbare Spektrum integriert werden: auf die Beleuchtung mit Normlicht A. Nach
DIN 5033 wird dies dadurch realisiert, dass
Z nm
780
eine gasgefüllte Wolfram-Glühlampe bei der
˚v D Km ˚e,
.
/V .
/ d
: (6.10) Verteilungstemperatur Tv D 2856 K betrie-
380 nm ben wird (das Spektrum entspricht dann etwa
312 R. Martin
6.3 Halbleiter-Sender
6.3.1 Strahlungsemission
aus Halbleitern
Tab. 6.3 Kennwerte verschiedener Leuchtdioden. Die Werte für den Quantenwirkungsgrad und die Lichtausbeute sind
Maximalwerte
Material Farbe Wellenlänge Flussspannung ext. Quantenwirkungsgrad Lichtausbeute
=nm UF =V ext =% l =(lm=W)
GaAs:Si IR 930 1,3 30 –
GaAs0;6 P0;4 , AlGaInP Rot 650 1,8 50 35
AlGaInP Gelb 590 2,2 25 130
GaP:N, AlGaInN Grün 570 2,4 15 100
InGaN, AlGaInN Blau 470 3,5 40 25
InGaNCYAG:Ce Weiß – 3,5 – 110
6.3.2.2 Kennwerte
Tabelle 6.3 zeigt die Zusammensetzung sowie
einige Eigenschaften gängiger LEDs. Der exter-
ne Quantenwirkungsgrad ext gibt an, welcher
Bruchteil der Rekombinationsprozesse in der Di-
ode zu Photonen führt, die außerhalb der Di- Abb. 6.8 Strom-Spannungs-Kennlinien verschiedener
ode nachweisbar sind. Der Photonenstrom kann Leuchtdioden
aus der Strahlungsleistung ˚e bestimmt werden:
NP ph D ˚e =Eph . Die gesamte
Rekombinationsrate R lässt sich aufgrund der Beispiel 6.3
Tatsache berechnen, dass jedes Elektron, das vom Eine blaue LED emittiert bei
D 470 nm. Die
äußeren Stromkreis in die n-Seite der Diode Strahlungsleistung beträgt ˚e D 20 mW bei
fließt, sich dort also im Leitungsband befindet, ir- U F D 3;5 V Flussspannung und IF D 20 mA
gendwann einmal rekombinieren muss, denn auf Flussstrom. Wie groß sind die externe Quan-
der p-Seite befinden sich praktisch keine Elektro- tenausbeute sowie die Lichtausbeute?
nen im Leitungsband. Damit gilt mit dem Fluss-
Lösung
strom IF und der Elementarladung e: R D IF =e
Die Photonenenergie beträgt nach Gl. 6.2
und schließlich
Eph D 2;64 eV. Damit wird nach Gl. 6.15
ext D 38 %. Der Lichtstrom ist nach Gl. 6.9
NP ph ˚e e ˚v D 1;24 lm (der Hellempfindlichkeitsgrad
ext D D : (6.15) beträgt V .470 nm/ D 9;098 102 /. Somit
R Eph IF
beträgt nach Gl. 6.16 die Lichtausbeute l D
17;8 lm=W.
Unter Lichtausbeute wird das Verhältnis von
ausgesandtem Lichtstrom ˚v und aufgewandter 6.3.2.3 Kennlinien
elektrischer Leistung P D UF IF verstanden: Die Strom-Spannungs-Kennlinien von LEDs zei-
gen das übliche Diodenverhalten (Abb. 6.8 so-
wie 1.83). Die Knickspannungen hängen von der
˚v Farbe ab. Sie sind in Tab. 6.3 zusammengestellt.
l D : (6.16)
UF IF Die I =U -Kennlinien zeigen eine große Steilheit,
6 Optoelektronik 315
Abb. 6.9 Strahlungsleistung von Lumineszenzdioden in Abhängigkeit vom Flussstrom, a IRED,
D 950 nm, stati-
sche Kennlinie, b Prinzip der Modulation
normierte Intensität
schwarzen Strahlers bei 80
2500 K
60
40
20
0
380 480 580 680 780
Wellenlänge λ /nm
6.3.2.6 Modulationsverhalten
Die Strahlungsleistung einer LED ist nach
Abb. 6.9 in erster Näherung proportional zum
Abb. 6.12 Spektren einer roten LED bei verschiedenen
Temperaturen, Flussstrom IF D 5 mA Strom IF . Wird der Strom moduliert, dann wird
auch die Strahlungsleistung eine Modulation auf-
weisen. Eine sinusförmige Modulation des Stro-
Temperatur zu höherer Wellenlänge verschieben, mes mit der Kreisfrequenz ! gemäß
wobei die spektrale Breite zu- und die Intensität
abnimmt. iF D I0 C I1 ej!t
Die Verschiebung der Wellenlänge mit der
Temperatur kommt daher, dass das Energiegap bewirkt eine ebenfalls sinusförmige Modulation
Eg der Halbleiter mit steigender Temperatur ab- der Strahlungsleistung mit derselben Frequenz:
nimmt. Da nun die Photonenenergie ungefähr mit
der Breite des Energiegaps übereinstimmt, muss ˚e D ˚0 C ˚1 ej (!t /
die Lichtwellenlänge mit steigender Tempera-
tur zunehmen. Die Zunahme beträgt ungefähr Eine genaue Analyse zeigt, dass die Amplitude
0,2 nm=K. ˚1 .!/ des Wechsellichtsignals mit zunehmender
Die Abnahme der Strahlungsleistung mit stei- Anregungsfrequenz abnimmt gemäß
gender Temperatur wird durch eine Zunahme der
nicht strahlenden Rekombinationsprozesse im ˚1 .!/ 1
H.!/ D Dp : (6.19)
Halbleiter verursacht. Dieselben Effekte wie bei ˚1 .! D 0/ 1 C .! /2
der Temperaturerhöhung treten auch auf, wenn
der Strom ansteigt. Die Ursache ist natürlich im Dabei ist die in Gl. 6.14 definierte Lebensdau-
Grunde die gleiche, nämlich eine Erwärmung er der angeregten Ladungsträger. Die Modulati-
des Bauteils. Für freistehende LEDs im Kunst- onsübertragungsfunktion H.!/ ist in Abb. 6.13
stoffgehäuse beträgt die Temperaturerhöhung mit dargestellt.
steigendem Strom etwa 1 K=mA. Mit steigen- Die optische 3-dB-Grenzfrequenz ist erreicht,
der Temperatur sinkt die Lebensdauer von LEDs wenn die Amplitude ˚1 .f / der Strahlungsleis-
(s. Alterung). Bei einer Kristalltemperatur von et- tung auf die Hälfte des Wertes ˚1 (0) bei quasi
318 R. Martin
statischer Modulation zurückgeht. Aus Gl. 6.19 ausgekoppelt werden. Während Mitte der 1990er
folgt mit H D 0;5 für diese Grenzfrequenz Jahre aus einem Chip ein Lichtstrom von etwa
p 0,5 lm gewonnen werden konnte, sind mit Struk-
3 1 0;276 turen gemäß Abb. 6.16 bei einer Kristallfläche
f3 dB;opt D D : (6.20)
2 von etwa 1 mm2 Lichtströme von über 500 lm
Für die LED von Abb. 6.13 ergibt sich somit möglich. Damit wird auch die in Tab. 6.3 angege-
f3 dB;opt D 138 MHz. Schnelle Dioden können bis bene Lichtausbeute von über 100 lm=W erreicht.
weit über 100 MHz moduliert werden. Wie der Vergleich mit anderen Lichtquellen
Die elektrische 3-dB-Grenzfrequenz ist da- in Tab. 6.4 zeigt, sind LEDs seit der Entwick-
durch definiert, dass die Modulationsantwort lung hocheffizienter blauer LEDs, deren Licht
p
auf H D 2=2 zurückgeht. Für sie gilt mithilfe von Leuchtstoffen ins Rote konvertiert
wird, für Beleuchtungszwecke geeignet. Wenn
1 0;159
f3dB;el D D : verschieden farbige LEDs kombiniert werden,
2 lassen sich nahezu beliebige Beleuchtungssitua-
6.3.2.7 Bauformen und Anwendungen tionen realisieren (z. B. für Bühnenbeleuchtun-
Ein großes optisches Problem ist Auskopplung gen). Beim Kraftfahrzeug wurden zunächst rote
des Lumineszenzlichts aus dem Halbleiterkris- LEDs für die Brems- und Rücklichter verwendet.
tall. Infolge des hohen Brechungsindex (n 3;4) In zunehmendem Maße werden auch Frontlichter
kommt es beim Übergang Halbleiter=Luft schon aus LED-Lampen realisiert. Auch zur Straßenbe-
beim Grenzwinkel "gr D 17ı zur Totalreflexi- leuchtung und für Verkehrsampeln werden ver-
on (Abb. 6.14). Das bedeutet, dass ein Großteil mehrt LEDs eingesetzt.
der erzeugten Photonen im Kristall verbleibt. Die Ein wichtiger Einsatzbereich der LEDs ist die
Situation wird erheblich verbessert, wenn der Datenübertragung, die entweder über Lichtwel-
Kristall in Kunststoff (n 1;5) eingebettet wird, lenleiter (Abschn. 6.7) erfolgt oder „drahtlos“ bei
weil dadurch der Grenzwinkel der Totalreflexion Infrarotfernsteuerungen sowie in Optokopplern
auf "gr D 26ı ansteigt. Je nach Form des Ver- und Lichtschranken.
gusskörpers lässt sich die Abstrahlcharakteristik Für Displays (Abschn. 6.4) werden Sieben-
verändern (Abb. 6.11). Verschiedene Möglichkei- Segment-Anzeigen in unterschiedlicher Ziffern-
ten des Aufbaus der klassischen Anzeige- LED größe angeboten. Mit LED-Bandanzeigen kön-
sind in Abb. 6.15 dargestellt. nen analoge Anzeigen von Messwerten realisiert
Wesentlich aufwendiger wird der Chip bei werden, wobei die Länge des leuchtenden Bandes
Hochleistungs-LEDs (high-brightness LED) ge- proportional zur Messgröße ist.
staltet. Mit den in Abb. 6.16 gezeigten Geome- Eine spezielle Anwendung ist die Belich-
trien können ca. 75 % der erzeugten Photonen tung der Druckertrommel von Fotokopiergeräten.
6 Optoelektronik 319
Abb. 6.15 Verschiedene Vergussformen von LEDs: ristik), d Reflektorwanne mit diffus streuenden Partikeln
a Chip in Kunststoffgehäuse vergossen, b rasterelek- im Kunststoff (LED strahlt breit ab, für Displays geeig-
tronenmikroskopische Aufnahme, c Reflektorwanne mit net)
glasklarem Kunststoff (LED erhält starke Richtcharakte-
Hierzu werden zeilenförmige LED-Arrays herge- geklärt. Eine große Rolle spielen sicherlich Ver-
stellt mit mehreren tausend LEDs. Beispielsweise unreinigungen des Kristalls mit Lumineszenz-
sind bei einem 600-dpi-Drucker die LED- killerzentren (z. B. Kupfer), Kristallbaufehler in-
Lichtpunkte in einem Rasterabstand von 42 m folge mechanische Spannungen und thermischer
über die gesamte Papierbreite angeordnet. Einflüsse. An diesen Fehlstellen, deren Zahl im
Immer größere Bedeutung erhält die Hinter- Laufe der Zeit anwächst, findet die Rekombinati-
grundbeleuchtung von LCD-Bildschirmen. Ge- on vorwiegend nicht strahlend statt.
genüber der klassischen Beleuchtung mit Kalt- Die Lebensdauer einer LED ist nicht ganz
kathodenlampen kann man mit LEDs Geräte mit einheitlich definiert. Gebräuchlich ist die L50-
geringerer Bautiefe herstellen. Sie zeigen eine bzw. L70-Lebensdauer, die angibt, nach wel-
bessere Langzeitstabilität der Lichtintensität und cher Zeit der Lichtstrom auf 50 % bzw. 70 %
-farbe bei niedrigerer Leistungsaufnahme und des Neuwertes abgefallen ist. Ein solcher Hel-
längerer Lebensdauer. Umgangssprachlich wer- ligkeitsunterschied wird vom menschlichen Auge
den solche Fernseher auch als LED-Fernseher kaum wahrgenommen. Das bedeutet also, dass
bezeichnet, was den falschen Eindruck erweckt, eine LED nach Ablauf der so definierten Le-
das Bild würde durch rote, grüne und blaue LED- bensdauer nicht funktionsunfähig ist wie eine
Punkte erzeugt. Glühlampe (abgesehen von Totalausfällen, die
natürlich auch vorkommen), sondern noch we-
6.3.2.8 Alterung sentlich länger betrieben werden kann. Anzeige-
Beim Betrieb von LEDs nimmt der Quantenwir- LEDs geringer Leistung haben Lebensdauern
kungsgrad und damit die Strahlungsleistung im von 105 h (das sind ca. 12 Jahre Dauerbetrieb)
Laufe der Zeit langsam ab. Die Mechanismen, die bis 106 h. Hochleistungs-LEDs erreichen Lebens-
zu dieser Degradation führen, sind nicht restlos dauern von 25.000 h bis 50.000 h.
320 R. Martin
6.3.2.9 Ansteuerschaltungen
Wie bei jeder Diode hängt auch bei einer LED Beispiel 6.4
der Strom in Flussrichtung exponentiell von der Welcher Vorwiderstand ist zu wählen, um
Spannung ab. Deshalb sollte eine LED nicht die in Abb. 6.17 dargestellte LED mit einem
einfach an eine Spannungsquelle angeschlossen Strom von IF 500 mA zu versorgen, wenn
werden, weil kleinste Spannungsschwankungen die Spannungsquelle die Spannung von Us D
große Schwankungen des Stroms und damit der 4;5 V aufweist (drei volle Alkali-Mangan-
Strahlungsleistung zur Folge haben. Wird der Zellen)? Welche Leistung wird jeweils in der
Strom größer als der zulässige, kann dies sogar LED und im Vorwiderstand umgesetzt?
zur Zerstörung der LED führen. Betreibt man
beispielsweise eine weiße Taschenlampen-LED Lösung
mit zwei NiMH-Batterien (Bemessungsspannung Aus der Kennlinie kann abgelesen werden,
1,2 V), so wird sie gemäß Kennlinie in Abb. 6.17 dass bei einer Flussspannung von UF D 3;1 V
nicht leuchten. Nimmt man drei Batterien, so der Strom IF D 500 mA beträgt. Mithilfe
führt dies bei gutem Ladezustand zur Zerstörung von Gl. 6.22 ergibt sich damit ein benötig-
der LED. ter Vorwiderstand von Rv D 2;8 . Mit dem
Aus diesem Grund muss der Strom durch ei- gewählten Widerstand Rv D 2;7 (E12-
ne LED möglichst konstant gehalten werden. Die Reihe, Toleranz ˙10 %) beträgt der Strom
einfachste Möglichkeit der Stromeinprägung ge- durch die LED IF D 515 mA. Gestrichelt
schieht dadurch, dass nach Abb. 6.17 die LED mit sind in Abb. 6.17 auch die Widerstandsgera-
einem Vorwiderstand Rv in Reihe an eine Span- den für den größten und kleinsten Widerstand
nungsquelle geschaltet wird. Der Arbeitspunkt (Rv D .2;7 ˙ 0;27/ ) eingezeichnet. Deren
ergibt sich als Schnittpunkt (s. auch Abschn. 1.4) Schnittpunkte mit der LED-Kennlinie liefern
der LED-Kennlinie und der Widerstandsgeraden, die Ströme IF;min D 477 mA und IF;max D
die beschrieben wird durch 562 mA.
Die Verlustleistung im Vorwiderstand be-
Us UF trägt Pv D IF2 Rv D 716 mW; die Leistung
I D : (6.22)
Rv der LED ist PLED D IF UF D IF Us Pv D
6 Optoelektronik 321
a b
U = +10 V U = +10 V
2,2 kΩ 50 k Ω
LED VC OPV
Modulations-
eingang +
T -
1 μF
50 k Ω LED
RE =
2,2 kΩ
220 Ω 330 Ω
Abb. 6.20 Ansteuerschaltungen für Analog-Modulation: a einfache Transistorschaltung, b Schaltung mit einem
Transkonduktanz-Operationsverstärker
6.3.3 Halbleiterlaser
6.3.3.1 Laserprinzip
Die Photonen, die von einer Lichtquelle ausge-
sandt werden, entstehen dadurch, dass Elektronen
von einem höheren in ein tieferes Energieni-
veau übergehen. Diese Übergänge erfolgen meist
spontan und völlig unkorreliert. Die Lichtwelle,
die hierbei entsteht, wird durch viele kurze Wel-
lenzüge gebildet, die untereinander keine festen
Phasenbeziehungen aufweisen. Strahlung dieser
Abb. 6.21 Einfache Schaltung zur Pulsmodulation
Art wird als nicht kohärent bezeichnet.
Einstein postulierte 1917, dass außer den
spontanen auch stimulierte Übergänge der Elek-
tronen vorkommen sollten. Dabei wird ein Elek-
der Basis des Transistors T eingespeist, der den tron in einem angeregten Energiezustand durch
Ruhestrom liefert. Der Ruhestrom beträgt IF D ein Photon zu einem Übergang in einen tiefer lie-
.U=2 UBE /=RE 20 mA. In der Schaltung genden Zustand stimuliert. Voraussetzung dafür
von Abb. 6.20b wird ein Transkonduktanzver- ist, dass die Energie des ankommenden Photons
stärker (Voltage-to-Current Converter, VC OPV, mit der Energiedifferenz zwischen den beiden Ni-
Spannungs-Strom-Umsetzer) eingesetzt. Dieser veaus übereinstimmt. Das primäre Photon wird
wandelt die Differenzspannung an den beiden durch das beim Übergang erzeugte Photon ver-
Eingängen in einen proportionalen Ausgangs- stärkt. Im Wellenbild bedeutet dies, dass die
strom um. Er besitzt einen hohen Ausgangswi- beiden Teilwellen phasengerecht aneinanderkop-
derstand, verhält sich also wie eine Stromquelle. peln. Sind sehr viele Elektronen im hohen Ener-
Eine einfache Schaltung für Pulsmodulation gieniveau, dann können sie sukzessiv zu Über-
zeigt Abb. 6.21. Solang während des Pulses 0 V gängen stimuliert werden, so dass die primäre
am Eingang liegt, sperrt der Transistor und über Welle enorm verstärkt wird und ein langer ko-
die LED fließt der Strom IF D .U UF /=Rv härenter Wellenzug entsteht. Diese Lichtverstär-
20 mA. Während der Pause liegen 5 V am Ein- kung durch stimulierte Emission von Strahlung
gang, der Transistor wird leitend und schließt die ist auch die Bedeutung des Akronyms LASER
LED kurz, so dass der Strom über den Transistor (Light Amplification by Stimulated Emission of
abfließt. Radiation).
6 Optoelektronik 323
a b
E E
n hf 2 hf
Elektronen
Löcher
p Ln+Lp
x x
Abb. 6.22 Bandstruktur einer Laserdiode, a spannungslos, b Betrieb in Flussrichtung, das stimulierende Photon der
Energie hf wird verstärkt, Ln C Lp ist die Breite der aktiven Zone
Ein Photon, dessen Energie mit der Differenz nung in Flussrichtung angelegt, stellt sich im
zweier Energiezustände übereinstimmt, kann nun Übergangsgebiet die in Abb. 6.22b dargestellte
nicht nur Übergänge der Elektronen vom hö- Situation ein, bei der Elektronen mit hoher Kon-
heren zum tieferen Niveau stimulieren, sondern zentration energetisch über Löchern mit ebenfalls
auch Elektronen aus dem tiefen in den höheren hoher Konzentration zu liegen kommen. Es liegt
Zustand heben. Dieser Prozess der Absorption damit eine perfekte Besetzungsinversion vor, die
wird in Abschn. 6.5.1 genauer betrachtet. Da erste Laserbedingung.
normalerweise die meisten Elektronen die tiefen Die zweite Laserbedingung, die optische
Energiezustände besetzen, ist die Absorption derRückkopplung in einem Resonator, wird beim
dominierende Vorgang, während die stimulierte Fabry-Pérot-Laser durch die spiegelnden Endflä-
Emission vernachlässigbar ist. Um eine kräftige chen des Kristalls realisiert (Abb. 6.23a). Infolge
stimulierte Emission zu erhalten, müssen mehr der großen Brechzahl der Halbleiter ist die Re-
Elektronen im angeregten Energieniveau sein, alsflexion so groß (ca. 30 %), dass keine externen
Spiegel erforderlich sind. Ein Teil der zwischen
im tiefer liegenden. Dieser als Besetzungsinversi-
on bezeichnete Zustand muss künstlich herbeige- den Endflächen hin- und herlaufenden Welle wird
führt werden und wird als erste Laserbedingung dabei ständig an den Endflächen aus gekoppelt.
bezeichnet. Mit zunehmendem Strom steigt nach
Abb. 6.24 die Ausgangsleistung zunächst wie bei
Ein Laser funktioniert praktisch nur, wenn die
Lichtwelle das aktive Gebiet (der Bereich, in einer LED an. In diesem Bereich der spontanen
dem die Besetzungsinversion vorliegt) mehrmals Emission ist die Strahlungsleistung verhältnismä-
durchläuft. Zu diesem Zweck wird das Laser- ßig niedrig. Wenn mit steigender Spannung und
material in einen optischen Resonator gebracht, steigendem Strom der optische Gewinn (gain) die
der beispielsweise beim Fabry-Pérot-Laser durch Verluste überwiegt, setzt bei einem bestimmten
zwei Spiegel gebildet wird, zwischen denen das Schwellenstrom Ith (threshold) der Laserbetrieb
ein. Im Bereich der stimulierten Emission nimmt
Licht hin- und herläuft. Diese optische Rückkopp-
lung ist die zweite Laserbedingung. die Strahlungsleistung mit dem Strom stark zu.
Der in Gl. 6.15 definierte externe Quantenwir-
6.3.3.2 Laserdiode (Injektionslaser) kungsgrad wird für den steil ansteigenden Teil
Die Laserdiode ist ein hoch dotierter pn- der Laserkennlinie differenziell formuliert:
Übergang. Bei hoher Störstellendichte ver-
schmelzen die Donatorniveaus mit dem Leitungs- e d˚e
ext D : (6.23)
band des n-Materials, so dass stets eine hohe Eph dIF
Elektronendichte im Leitungsband vorliegt. Ent-
sprechend sind viele freie Löcher im Valenzband Aus der Kennlinie für 25 ı C in Abb. 6.24b
des p-Materials (Abb. 6.22a). Wird eine Span- ergibt sich ein differenzieller externer Quanten-
324 R. Martin
a b
p-GaAs
p-Ga1- x Alx As n-Ga1- x Alx As
p-Gebiet
aktive Zone
E
n-Gebiet -
n ph
Abb. 6.23 Übergang von der Homostruktur zur Doppel- GaAs=GaAlAs (
850 nm), von oben nach unten:
heterostruktur. a Aufbau einer einfachen Homostruktur- (1) Aufbau, (2) Bänderschema, (3) Verlauf des Bre-
Fabry-Pérot-Laserdiode. Länge 200 m bis 500 m, Brei- chungsindex, (4) Verlauf der Photonendichte
te 100 m bis 250 m, b Doppelheterostruktur aus
Abb. 6.24 Kennlinie der Strahlungsleistung eines Halbleiterlasers in Abhängigkeit vom Strom: a prinzipieller Verlauf,
b Messkurven für einen InGaAsP-Laser der Wellenlänge
D 1;3 m
wirkungsgrad von ext D 32 % pro Spiegelend- macht und emittieren im nahen IR bzw. im roten
fläche. Spektralbereich. Sie sind weit verbreitet und wer-
Die Wellenlänge der Laserstrahlung hängt wie den vom industriellen Bereich bis zur Unterhal-
bei der LED von der Größe des Bandgaps Eg ab. tungselektronik (CD-Player) eingesetzt. Mit den
Tabelle 6.5 zeigt eine Zusammenstellung häufig quaternären Mischkristallen lässt sich der für die
verwendeter Lasermaterialien. Die ersten Halb- optische Nachrichtentechnik wichtige Spektral-
leiterlaser wurden aus GaAs bzw. GaAlAs ge- bereich von 1,3 m bis 1,6 m erfassen, in dem
6 Optoelektronik 325
a b
p-Kontakt
Oxid
p-Kontakt
p-GaAs
p-DBR
p-Ga1-x Al x As
Oxidring
p-GaAs (aktiv) GaAlAs (aktiv)
n-Ga1- y Aly As n-DBR
n-GaAs
Substrat n-Substrat
n-Kontakt n-Kontakt
die Lichtwellenleiter die besten Übertragungsei- eingesetzt werden, bestehen aus InGaAsP, umge-
genschaften zeigen. ben von InP.
Sehr geringe Ansteuerströme ergeben sich,
6.3.3.3 Laserstrukturen wenn der Stromfluss auf einen schmalen Längs-
Eine Homostruktur- Laserdiode nach Abb. 6.23a streifen des Kristalls begrenzt wird (Abb. 6.25a).
hat sehr große Verluste und benötigt eine Schwel- Ein derartiger Streifenlaser emittiert die Laser-
lenstromdichte von etwa 105 A=cm2 . Um die Ver- strahlung typischerweise auf einer Breite von
luste zu reduzieren, wurden Hetero-Strukturen 5 m und einer Höhe von 0;5 m. Infolge der
entwickelt, bei denen die Weite der aktiven Zone kleinen Emissionsfläche sind Streifenlaser gut
auf Werte < 0;5 m eingeengt wird (carrier con- geeignet, um Strahlung in Lichtwellenleiter mit
finement). Dies wird dadurch realisiert, dass der kleinem Kerndurchmesser einzukoppeln.
eigentlich aktive Halbleiter beidseitig von Mate- Die bisher beschriebenen Laserstrukturen
rialien mit höherer Energielücke umgeben wird emittieren das Licht seitlich aus dem Kristall
(Abb. 6.23b). Infolge des höheren Brechungsin- (Kantenemitter). Seit Mitte der 1980er Jahre ist
dex der aktiven Schicht werden die Photonen wie man in der Lage, Oberflächenemitter herzustel-
in einem Lichtwellenleiter in der aktiven Zone len, sogen. VCSELs (Vertical-Cavity Surface-
geführt (photon confinement). Emitting Lasers, Abb. 6.25b). Da die Wahr-
Doppelheterostrukturen erreichen Schwellen- scheinlichkeit für eine stimulierte Emission sehr
stromdichten von < 500 A=cm2 , womit cw-Be- klein ist, wenn die Welle die dünne aktive Zone in
trieb (continuous wave) bei Raumtemperatur senkrechter Richtung durchläuft, muss die Refle-
möglich wird. Laser für längere Wellenlängen xion der Spiegel sehr hoch sein, damit die Welle
(1;3 m und 1;55 m), wie sie in der optischen die aktive Zone sehr häufig passiert. Es sind
Nachrichtenübertragung auf Lichtwellenleitern daher Reflexionsgrade von über 99,5 % erfor-
326 R. Martin
Abb. 6.28 Modulation eines Lasers: a Einschwingver- Übertragungsfunktion H bei sinusförmiger Modulation
halten nach einem Strompuls, die Strahlungsleistung für frel D 3 GHz und rel D 1;5 ns
ist proportional zur Photonenzahl P , b Modulations-
bei LEDs). Verschiedene Hersteller geben auch verwendeten Laser so billig, dass sie nur 1 % der
eine Degradationsrate an, d. h. die prozentuale Kosten eines CD-Players ausmachen.
Steigerung des Stroms pro 1000 Betriebsstunden. Hochleistungslaser werden eingesetzt, um
Hochleistungslaser erreichen Lebensdauern von Festkörperlaser (z. B. Nd-YAG-Laser) zu pum-
etwa 104 h. pen sowie zur direkten Materialbearbeitung wie
Lebensdauertests werden wie bei den LEDs Bohren, Schneiden, Schweißen etc. Auch in der
bei erhöhter Temperatur durchgeführt. Die Le- Medizin werden in vielen Verfahren Halbleiterla-
bensdauer in Abhängigkeit von der Temperatur ser eingesetzt, beispielsweise als Skalpell, bei der
wird durch Gl. 6.21 beschrieben, mit deren Hil- Zahn- und Augenheilkunde, zum Abtragen von
fe die erwartete Lebensdauer bei Raumtempera- Gewebe etc.
tur extrapoliert wird. Halbleiterlaser sind äußerst Über die Laufzeit von Laserpulsen können
empfindlich gegen hohe Stromspitzen. Bei der Entfernungen sehr präzise bestimmt werden.
Ansteuerung muss deshalb große Sorgfalt darauf In der interferometrischen Längenmesstechnik
verwendet werden, solche Spitzen zu vermeiden. spielt der Laser als kohärente und frequenzstabile
Verschiedene Hersteller bieten Ansteuerschaltun- Lichtquelle eine große Rolle.
gen zum Dauerstrichbetrieb oder zur Modulation Schließlich können Bleisalzlaser auf spezifi-
von Laserdioden an. sche Absorptionswellenlängen bestimmter Mole-
küle abgestimmt werden und so in der Umwelt-
messtechnik eingesetzt werden, um die Konzen-
6.3.3.8 Anwendungen tration bestimmter Stoffe in der Atmosphäre zu
Alle Einsatzgebiete des Halbleiterlasers zu be- messen.
nennen würde den Rahmen dieses Buches spren-
gen. Einige Anwendungen sowie die verwende-
ten Materialien sind in Tab. 6.5 zusammenge-
stellt. Die Laserdiode ist der Lumineszenzdiode 6.4 Displays
in all jenen Gebieten überlegen, wo es auf große
Strahldichte, kleine spektrale Breite (Monochro-
masie), großen Quantenwirkungsgrad und ho- 6.4.1 Anthropotechnische
he Modulationsfrequenz ankommt. Diese Punkte Gesichtspunkte
sind bei der optischen Nachrichtenübertragung
von größter Bedeutung. Anzeigeelemente oder Displays haben die Auf-
Bei der Datenverarbeitung werden mit La- gabe, alphanumerische Daten oder Bilder darzu-
sern Daten mit höchster örtlicher Auflösung in stellen. Da sie vom Menschen betrachtet werden,
Speicher ein- oder ausgelesen und Laserdru- müssen einige Forderungen des menschlichen
cker zur Erstellung von Schriftstücken eingesetzt. Auges erfüllt werden, damit eine gute Ablesbar-
Bilder werden mit Laser-Pointern projiziert. In keit gewährleistet ist. Unser Auge ist empfindlich
Großrechnern werden die Daten mittels VC- für Leuchtdichten Lv > 106 cd=m2 . Bei Leucht-
SELs in Lichtwellenleiter eingespeist. Der Peta- dichten kleiner als Lv 10 cd=m2 sind nur die
Flop-Rechner „Blue Waters“ (IBM 2011) enthält Stäbchen der Netzhaut aktiviert (skotopische An-
5 Millionen optische Verbindungen. Ein moder- passung), die keine Farben unterscheiden, son-
ner VCSEL benötigt die Energie 100 fJ, um ein dern nur Graustufen. Farben werden für Lv >
Bit über 100 m Entfernung mit einer Datenrate 10 cd=m2 erkannt, wenn die Zapfen der Netzhaut
von 75 Gbit=s zu übertragen. angeregt werden (photopische Anpassung). Für
Im täglichen Leben trifft man den Halblei- Leuchtdichten größer als Lv 105 cd=m2 setzt
terlaser in optischen Computermäusen, Laser- Blendung ein. Die Zeichen von aktiven Displays
Pointern, Barcode-Scannern und im CD-Player. (selbstleuchtende) sollten eine Leuchtdichte von
Durch die Massenproduktion wurden die dort Lv D 10 cd=m2 bis 104 cd=m2 aufweisen.
330 R. Martin
Entscheidend für die Sichtbarkeit eines leuch- Tab. 6.6 Zeichenhöhe alphanumerischer Displays und
tenden Elements ist nicht allein seine Leuchtdich- maximaler Beobachtungsabstand für sicheres Ablesen
te, sondern vor allem der Kontrast zur Umge- Zeichenhöhe in mm 2,8 7 10 13 14,2 20,3
bungshelligkeit. Ist Lv;Z die Leuchtdichte eines maximaler Abstand in m 0,6 1,6 2,3 3,0 3,3 4,7
Zeichens und Lv;H die Leuchtdichte des Hinter-
grunds, so ist der Kontrast aktiver Displays Ka
folgendermaßen definiert: Für ein sicheres Ablesen müssen nach
DIN EN 894-2 die Zeichen einer Anzeige unter
Lv,Z Lv,H einem Winkel von mindestens 15 Bogenminuten
Ka D : (6.28) vom Auge aus sichtbar sein. Aus dieser Forde-
Lv,H
rung folgen die in Tab. 6.6 angegebenen Werte
Der Kontrast sollte zwischen 7 W 1 und 100 W 1 des maximalen Abstandes für gängige Ziffernhö-
liegen. Zur Illustration: Bei einem guten Dia be- hen von LED- Displays.
trägt der Kontrast etwa 1000 W 1, bei einem TFT-
Bildschirm bis zu 3000 W 1. Der Kontrast eines
aktiven Displays nimmt mit steigender Helligkeit 6.4.2 Displaytypen
des Umfeldes ab, bis schließlich für Ka < 3 W 1
die Anzeige ausbleicht und kaum mehr abgelesen Von den vielen Möglichkeiten zur Anzeige von
werden kann. Daten werden hier nur die für kleinere alpha-
Bei Beleuchtung mit Weißlicht (Sonnenlicht) numerische Anzeigen wichtigsten Verfahren be-
ist der Kontrast von roten Zeichen wesentlich sprochen:
besser als der von grünen (bei gleicher Leucht- Leuchtdioden,
dichte der Zeichen). Der Kontrast lässt sich da- Vakuum-Fluoreszenz- Displays,
durch verbessern, dass Farbfilter vor die Zeichen Plasma-Displays,
gesetzt werden. Umgebungslicht, das auf das Dis- Flüssigkristallanzeigen,
play fällt und an der Umgebung der Zeichen Organische Leuchtdioden.
reflektiert wird, erfährt bei zweimaligem Durch- Es werden keine Verfahren zur Übertragung von
gang durch das Filter eine stärkere Schwächung Bildern (z. B. Bildröhre, Flachbildschirm) behan-
als das Licht, das die Zeichen selbst aussenden. delt.
Für passive Anzeigen (nicht selbstleuchtende)
ist der Kontrast Kp wie folgt definiert: 6.4.2.1 Leuchtdioden
Die Wirkungsweise von LEDs wurde bereits aus-
Lv,Z führlich in Abschn. 6.3.2 dargestellt. Mithilfe von
Kp D : (6.29)
Lv,H LEDs lassen sich alle gängigen Symbole für al-
phanumerische Anzeigen herstellen. In Segment-
Bei dunklen Zeichen auf hellem Grund spricht Anzeigen werden die LED-Chips in Reflektoren
man von Positivkontrast im Gegensatz zum Ne- eingebettet, die das Licht auf das ganze Segment
gativkontrast bei hellen Zeichen auf dunklem verteilen (Abb. 6.15d). Die Fläche des aktiven
Hintergrund. Zur Illustration: Der Kontrast beim Chips kann dabei 100-mal kleiner sein als die
Zeitungsdruck beträgt etwa 1 W 7. Ein gutes Fläche des leuchtenden Segments. Die Reflek-
Schwarz-Weiß-Foto erreicht bis zu 1 W 100. Für toren werden mit dunklem Kunststoff umgeben,
passive Displays sollte der Kontrast zwischen damit ein guter Kontrast entsteht.
1 W 7 (bzw. 7 W 1) und 1 W 30 (bzw. 30 W 1) liegen. Vorteile des LED- Displays: Niedere Span-
Bei mittleren bis hohen Umgebungsleuchtdich- nung (TTL-kompatibel), schnell schaltbar, da-
ten ist der Kontrast passiver Displays konstant her gut geeignet für Multiplexbetrieb (Ab-
und hängt nicht von der Umgebungshelligkeit ab. schn. 6.4.4), breite Farbpalette, hohe Leuchtdich-
Bei geringen Umgebungsleuchtdichten benötigen te (Lv 104 cd=m2 ), extrem hohe Lebensdauer
passive Displays eine Zusatzbeleuchtung. ( > 105 h), mechanisch unempfindlich. Ein
6 Optoelektronik 331
Nachteil ist die hohe Leistungsaufnahme (P von der Art des Leuchtstoffs bestimmt wird. Das
50 mW). Deckglas der Anzeige ist dabei mit einer trans-
parenten Anode überzogen; die Kathoden bilden
6.4.2.2 Vakuum-Fluoreszenz-Displays die einzelnen Segmente einer alphanumerischen
(VFD) Anzeige.
Das VFD ist eine Weiterentwicklung der Elek- Beim Plasmabildschirm werden jeweils drei
tronenröhre (Triode). Kathode, Gitter und Anode Kammern mit den Grundfarben grün, rot und blau
sind in einem flachen Glasgefäß untergebracht. zu einem Bildpunkt zusammengefasst. Durch
Die geheizte Wolframkathode sendet Elektronen spalten- und zeilenförmig angebrachte Elektro-
aus, die je nach Gitterspannung auf die An- den lassen sich die einzelnen Pixel im Multiplex-
ode treffen oder abgebremst werden. Die Anode betrieb ansteuern.
ist mit einem Leuchtstoff beschichtet, der Licht Vorteile der PDP: Hohe Leuchtdichte (Lv >
emittiert, wenn schnelle Elektronen auftreffen 500 cd=m2 ) und hoher Kontrast, komplizierte
(Kathodolumineszenz). Häufig wird als Leucht- Symbole darstellbar (Siebdrucktechnik möglich).
stoff ZnO eingesetzt, der blaugrün leuchtet, je- Nachteile: Hohe Betriebsspannung von 150 V
doch sind auch Farbstoffe für blau, gelb, orange bis 300 V, Spezialtreiber bei TTL-Ansteuerung
und rot gefunden worden. Es sind Siebenseg- erforderlich, hoher Leistungsbedarf (ein TV-
ment-Anzeigen, Matrix-Anzeigen und Sonder- Gerät mit 4200 Bildschirm und 1024 768 Pixel
zeichen erhältlich. Großanzeigen mit Ziffernhö- benötigt etwa 300 W bis 400 W), Zündproble-
hen bis 150 mm sind möglich. Sie sind weit me, stoßempfindliches Glasgefäß, geringe Le-
verbreitet in der Unterhaltungselektronik, bei- bensdauer ( 6 104 h).
spielsweise in Videorekordern.
Vorteile der VFD: Gestochen scharfe Zei- 6.4.2.4 Flüssigkristallanzeigen (LCD)
chen mit hoher Leuchtdichte (Lv > 103 cd=m2 ), Flüssigkristalle (FK, engl. Liquid Crystals, LC)
schnell steuerbar, daher gut zum Multiplexbetrieb werden von langgestreckten Molekülen meist
geeignet, hohe Lebensdauer ( 105 h). aromatischer Verbindungen gebildet. Sie pas-
Nachteile: Aufwendige Bauweise, mehrere sen sich wie eine Flüssigkeit der Gefäßform an,
Spannungen nötig, darunter 10 V bis 50 V An- besitzen aber gewisse Ordnungsstrukturen, die
odenspannung, hohe Leistungsaufnahme (P sonst nur bei Kristallen auftreten. Sie befinden
100 mW pro Segment). sich in einem bestimmten Temperaturbereich in
einem Zwischenzustand (Mesophase) zwischen
6.4.2.3 Plasma-Displays (PDP) der hoch geordneten, anisotropen Kristallstruk-
Plasma- Displays (engl. Plasma Display Panel) tur und dem völlig ungeordneten Zustand der
benutzen das Licht, das bei einer Gasentladung Flüssigkeit mit ihren isotropen Eigenschaften. In
in einem Gas unter geringem Druck ausgesandt FK sind zwei unterschiedliche Ordnungsstruktu-
wird. Zwischen zwei Glasplatten befinden sich ren möglich: Einerseits die von den Festkörpern
viele kleine Kammern, die mit einem Edelgas- bekannte regelmäßige Anordnung der Massen-
gemisch aus Neon, Xenon und Helium sowie ei- mittelpunkte (Molekülschwerpunkte) und ande-
ner winzigen Menge an Quecksilber gefüllt sind. rerseits die Ausrichtung der Molekülachsen. Je
Zur Erzeugung eines Zeichens wird jede Kam- nach Ordnungsstruktur unterscheidet man nema-
mer mit einem zugehörigen Transistor gezündet. tische (fadenförmige), cholesterinische (wendel-
Das Gas wird dabei wie in der Leuchtstoffröh- förmige) und smektische (geschichtete) Flüssig-
re kurzzeitig ionisiert, also zum Plasma. Durch kristalle.
Zusammenstöße werden die Hg-Atome angeregt In FK-Anzeigen finden bislang nur nema-
und senden beim Übergang in den Grundzustand tische Stoffe (mit geringen cholesterinischen
UV-Strahlung aus. Diese wird durch Leuchtstof- Zusätzen) Verwendung. Bei ihnen sind die
fe, mit denen die Kammer innen ausgekleidet ist, Längsachsen der zigarrenähnlichen Moleküle
in sichtbare Strahlung umgewandelt, deren Farbe im Mittel parallel ausgerichtet (Abb. 6.29). Die
332 R. Martin
a b
E E E
EF
LB
eU
VB
EF
K OHL A K ET LT A
x x
Abb. 6.33 Energie-Orts-Diagramm einer OLED. a Ein- lenzband. b Zweischicht-OLED, ET: Elektronen-Trans-
schicht-OLED, K: Kathode, OHL: Organischer Halbleiter, portband (n-Leiter), LT: Löcher-Transportband (p-Leiter)
A: Anode, EF : Fermi-Energie, LB: Leitungsband, VB: Va-
die von den unteren durch eine Energielücke angelegt wird (Abb. 6.33a). Als Kathode dient
getrennt sind, sind leer (Lowest Unoccupied Mo- ein Metall mit kleiner Elektronen-Austrittsarbeit,
lecular Orbital, LUMO). Werden mehrere Ringe z. B. Ca, Mg, Cs, Al. Die Anode besteht aus
zu einer Kette zusammen gesetzt, in der sich einem Metall mit großer Austrittsarbeit, z. B.
Einfach- und Mehrfachbindungen entlang der Indium-Zinn-Oxid (ITO), Au, Pt.
Kette alternierend aneinander reihen, so dass ei- Aus der Kathode werden Elektronen in das
ne vollständige Delokalisation der -Elektronen Leitungsband des organischen Halbleiter inji-
über die Kette gegeben ist, dann kommt es in- ziert, die sich dann infolge des elektrischen
folge von Wechselwirkung zu einer Aufspaltung Feldes durch die Schicht in Richtung Anode
der Energieniveaus und damit zur Ausbildung bewegen. Innerhalb eines Moleküls geschieht
von Energiebändern wie bei einem klassischen der Ladungstransport entlang konjugierter Mehr-
Halbleiter. Dabei entsteht aus den HOMOs das fachbindungen, das sind alternierend aufein-
besetzte Valenzband und aus den LUMOs das ander folgende Einfach- und Mehrfachbindun-
leere Leitungsband. gen zwischen den Kohlenstoffatomen. Von Mo-
Wird ein Elektron unter Energieaufwand vom lekül zu Molekül erfolgt der Ladungstrans-
Valenz- ins Leitungsband gehoben, bleibt im Va- port über Hopping-Prozesse. Die Beweglich-
lenzband ein Loch zurück. Beide Ladungsträger keit ist mit 103 cm2 =.Vs/ sehr nied-
können über die Coulomb’sche Anziehung einen rig im Vergleich zu den klassischen Halblei-
gebundenen Zustand eingehen, ein so genanntes tern (Tab. 1.7). Damit ein genügender Strom
Exziton bilden. Zerfällt das Exziton, dann wird fließt, muss deshalb die Feldstärke sehr groß
die bei der Rekombination frei werdende Ener- sein, was durch eine dünne organische Schicht
gie entweder in Form eines Photons oder als erreicht wird. Ist beispielsweise die Schichtdi-
Wärme abgegeben. Die Energie des Photons ent- cke d D 200 nm und die anliegende Spannung
U D 5 V, so wird die Feldstärke E D U=d D
spricht ungefähr der Breite der Energielücke, Eg .
Sie kann durch Substitution, Dotierung, Einbau 25 MV=m.
von Seitenketten etc. gezielt verändert werden, so Aus dem Valenzband des organischen Halblei-
dass Licht mit beliebigen Farben erzeugt werden ters können Elektronen in die Anode übertreten.
kann. In der Sprache der Halbleiterphysik sagt man,
dass Löcher von der Anode in das Valenzband
Aufbau einer OLED Im einfachsten Fall wird des Halbleiters injiziert werden. Aufgrund des
ein organischer Halbleiter mit Metallelektroden elektrischen Feldes bewegen sich die Elektronen
versehen, an die eine Spannung von einigen Volt und die Löcher aufeinander zu und können unter
6 Optoelektronik 335
a b
Deckglas
Kathode
Kathode
organ.
ET
Halbleiter
LT
ITO-Anode
Anode
Glas-
substrat
Licht
Abb. 6.34 Struktur eines OLED- Displays. a Schichtaufbau eines einzelnen Pixels. b Passive Pixel-Matrix
Der Betrachtungswinkel beträgt etwa 160ı bei zeigen (Bargraph) mit 5; 10; : : : ; 101 einzelnen
einem Kontrastverhältnis von besser als 100 W 1. LED-Elementen an.
OLEDs sind sehr schnell (die Reaktionszeit liegt Liegen die Daten digital vor, dann geschieht
bei 1 s), so dass videofähige Bildschirme ge- die Ansteuerung mithilfe eines 1-aus-n-Deko-
baut werden können. Sie sind einsetzbar in einem ders. In Abb. 6.36a leuchtet die LED auf, deren
Temperaturbereich von 30 °C bis C70 °C. An Kathode durch den Decoder auf 0 gelegt wird.
Luft beträgt die Lebensdauer der OLEDs nur we- Nach Abb. 6.36b kommt man zur Leuchtbandan-
nige Tage. Eine luftdichte Verpackung im Vaku- zeige dadurch, dass die Ausgänge des Decoders
um oder inerter Atmosphäre ist daher unabding- durch UND-Gatter verknüpft werden. Dadurch
bar und ergibt Lebensdauern von über 10.000 h. leuchten außer der ausgewählten LED alle nie-
Wenn es gelingt, eine dichte Verpackung mit derwertigeren mit.
Kunststofffolien herzustellen, sind auch flexi- Zur Anzeige von analogen Spannungen bie-
ble Displays möglich. Neben dem Einsatz der ten diverse Hersteller Leuchtpunkt- bzw. Leucht-
OLEDs in Displays lassen sich mit ihnen auch bandtreiber als integrierte Schaltungen an. Dabei
großflächige Beleuchtungen zu realisieren. ist bei Spannungsänderung entweder ein sprung-
hafter Übergang von einer zur nächsten LED
möglich oder ein kontinuierlich gleitender. Es
6.4.3 Analoganzeigen gibt auch Treiber, die eine logarithmische Anzei-
ge ermöglichen.
Skalenanzeigen in Form eines wandernden
Leuchtpunktes oder eines leuchtenden Bandes
nach Abb. 6.35 lassen eine quasianaloge Anzeige 6.4.4 Numerische Anzeigen
von Spannungen zu. Displays dieser Art wer-
den häufig eingesetzt bei Aussteuerungsanzeigen, Die am meisten verbreitete Form der nume-
Füllstandsmessern, Tachometern und Rundfunk- rischen Anzeige ist die Siebensegment-Anzeige
skalen. Verschiedene Hersteller bieten Balkenan- nach Abb. 6.37. Durch entsprechende Auswahl
6 Optoelektronik 337
Abb. 6.37
Siebensegment-Anzeige
6.4.4.1 LED-Displays
LEDs lassen sich nach der in Abb. 6.19 gezeigten
Art und Weise direkt aus TTL-Bausteinen ansteu-
ern. Die Ansteuerung der einzelnen Segmente
des Displays geschieht nach Abb. 6.38 mithilfe
eines BCD-Siebensegment-Dekoders, der die im
BCD-Kode ankommenden Daten decodiert und
entsprechend umsetzt.
Da alle Segmente am selben Anodenpoten-
zial liegen, kommen diejenigen zum Leuchten,
deren Kathoden auf 0-Potenzial gesetzt werden
(es sind auch Dekoder für gemeinsame Katho-
den erhältlich). Bei manchen Dekodern müssen
Abb. 6.38 Ansteuerung einer LED-Siebensegment-
zwischen die LED und die Dekoderausgänge Wi-
Anzeige mit einem BCD-Decoder
derstände zur Strombegrenzung eingesetzt wer-
den. Tabelle 6.7 zeigt die Funktionstafel eines
solchen Dekoders. Verschiedene Decoder kön-
nen auch Sedezimalzahlen (Hexadezimalzahlen) ren auf jeden Fall der Parallelansteuerung vor-
darstellen, allerdings müssen die Ziffern B (11) zuziehen. Ein Taktgeber mit Dualzähler sorgt
und D (13) als kleine Buchstaben dargestellt wer- dafür, dass die vier Anoden nach dem Zeit-
den, weil sie sonst von den Ziffern 8 und 0 nicht schema von Abb. 6.39b jeweils hintereinander
unterscheidbar sind. aktiviert werden. Im selben Takt werden die Da-
Die Anzeige kann nicht nur im Parallelbe- ten von der Logik dem Siebensegment-Decoder
trieb arbeiten, wo, wie eben beschrieben, al- zugeführt, der die jeweils erforderlichen Katho-
le leuchtenden Elemente gleichzeitig geschaltet den aktiviert. Es leuchtet also momentan immer
werden, sondern auch im Zeitmultiplex. Nach nur eine Ziffer auf. Trotzdem entsteht wegen der
diesem Verfahren werden vor allem auch mehr- Trägheit des menschlichen Auges ein stehendes
stellige Anzeigen angesteuert, weil dadurch die Bild, wenn die Wiederholfrequenz entsprechend
Zahl der Leitungen erheblich reduziert wird. So groß gewählt wird. Es hat sich gezeigt, dass
wären beispielsweise für eine vierstellige An- für flimmerfreie Anzeigen die Taktfrequenz et-
zeige (ohne Dezimalpunkt) im Parallelbetrieb wa 100 Hz nicht unterschreiten sollte. Der Strom
4 7 Kathodenleitungen, eine gemeinsame An- durch die LED muss hier etwa viermal so groß
odenleitung und vier Decoder erforderlich. Beim sein, wie bei der Parallelansteuerung, da sie ja
Zeitmultiplex nach Abb. 6.39a sind nur sie- beim Tastverhältnis 1 W 4 nur während einem Vier-
ben Kathodenleitungen, 4 Anodenleitungen, ein tel der Zykluszeit pro Zyklus in Betrieb sind.
Siebensegment-Decoder sowie ein 1-aus-4-De- Ansteuerungsschaltungen der beschriebenen Art
coder erforderlich. Bei großen Ziffernanzeigen werden von vielen Herstellern voll integriert
(acht und mehr Stellen) ist das Multiplexverfah- angeboten.
338 R. Martin
Abb. 6.39 Zeitmultiplex-Ansteuerung einer vierstelligen LED-Anzeige: a Schaltplan, b zeitlicher Ablauf der Schalt-
zustände für die Darstellung der Zahl 1942
6.4.4.2 Flüssigkristallanzeigen (LCD) ist in Abb. 6.40a dargestellt. Die rechte Elektrode
Nach den Ausführungen von Abschn. 6.4.2 müs- ist wie in Abb. 6.31 für alle Segmente gemein-
sen LCD zur Vermeidung von Degradation im- sam. Sie ist direkt mit dem Rechteckgenerator
mer mit Wechselspannung betrieben werden. verbunden. Die sieben Elektroden auf der lin-
Dies wird in der Praxis dadurch erreicht, dass an ken Seite werden durch Exclusiv-ODER-Gatter
jede der beiden Elektroden eines Segments ei- angesteuert. Der Zeitverlauf der Spannungen ist
ne Rechteckspannung gelegt wird. Je nachdem, in Abb. 6.40b für den Fall dargestellt, dass das
ob die beiden Rechteckspannungen gleich- oder Segment a angesteuert werden soll. Ur ist die
gegenphasig anliegen, liegt am Segment Span- Spannung an der rechten Elektrode, Ul die an
nung an oder nicht. Die praktische Realisierung der linken, die zu Ur gegenphasig ist, solan-
6 Optoelektronik 339
Beispiel 6.6 Für Y wird meist der durch die Strahlung indu-
Wie dick muss ein Siliciumkristall sein, damit zierte Fotostrom Iph eingesetzt, manchmal auch
von der auffallenden Strahlungsleistung ˚0 eine Spannung. Die Eingangsgröße X ist meist
bei der Wellenlänge
D 700 nm nur noch der die auffallende Strahlungsleistung ˚e . Eine ty-
Bruchteil ˚=˚0 D 104 durchgelassen wird? pische Empfindlichkeit einer Fotodiode ist bei-
spielsweise S D 0;5 A=W. Die Empfindlichkeit
Lösung: hängt stark von der Wellenlänge ab, wie in den
Nach Abb. 6.45 ist der Absorptionskoeffizi- folgenden Abschnitten noch gezeigt wird. Spe-
ent von Si bei dieser Wellenlänge ˛ D 2;5 ziell bei den Detektoren für sichtbares Licht ist
103 cm1 . Aus Gl. 6.32 folgt für die erforder- die Bezugsgröße X auch häufig die Beleuch-
liche Dicke d D ˛ 1 ln.˚0 =˚/ D 36;8 m. tungsstärke Ev . So findet man beispielsweise in
342 R. Martin
Katalogen für die Empfindlichkeit einer Foto- nal ist, wird häufig der auf B 1=2 bezogene Wert
diode S D 50 nA=lx. Dabei muss angegeben angegeben, z. B. NEP D 1014 W=Hz1=2 .
werden, für welches Licht diese Angabe gilt. In
der Regel ist der Wert bezogen auf Beleuchtung 6.5.2.3 Detektivität
mit Normlicht A (Abschn. 6.2.2). (Nachweisvermögen)
Je geringer die rauschäquivalente Leistung ei-
6.5.2.2 Rauschäquivalente Leistung nes Detektors, desto größer ist seine Detektivität
(NEP) (engl. detectivity), d. h. seine Fähigkeit, Strah-
Jeder Detektor gibt ein mehr oder weniger ver- lung nachzuweisen. Für die Detektivität gilt D D
rauschtes Signal ab, wobei das Rauschen ver- 1=NEP .
schiedene Gründe haben kann: Außer der bereits erwähnten Abhängigkeit der
Signalrauschen: Die Photonen treffen zeitlich rauschäquivalenten Leistung von der Bandbrei-
nicht gleichmäßig auf den Detektor, sondern te ist sie auch proportional zur Wurzel aus der
regellos statistisch verteilt. Detektorfläche: NEP A1=2 B 1=2 . Verschieden
Generations- und Rekombinationsrauschen: große Detektoren lassen sich deshalb nicht mit-
Die Raten der Generation und Rekombination einander vergleichen. Dies wird aber möglich mit
von Ladungsträgern zeigen regellose Fluktua- der bezogenen Detektivität
tionen, so dass die Ladungsträgerdichte und p
damit beispielsweise der ohmsche Widerstand AB
eines Bauteils statistisch schwankt. D D ; (6.34)
NEP
Schrotrauschen: Bei Sperrschichtdetektoren
ruft jeder Ladungsträger, der die Sperrschicht die sich allgemein zur Charakterisierung durch-
überquert, einen Stromimpuls hervor. Das sta- gesetzt hat.
tistisch regellose Überqueren (Schroteffekt)
manifestiert sich als Rauschen. Beispiel 6.7
Thermisches Rauschen: Infolge der Brown’- Die Fotodiode BPX 61 hat bei
D
schen Bewegung der Elektronen gibt jeder 850 nm die bezogene Detektivität D D
Widerstand eine Rauschspannung ab. 6;6 1012 cm Hz1=2 W1 . Die lichtempfindliche
Zusatzrauschen: In Detektoren mit interner Fläche beträgt A D 7 mm2 . Welche Strah-
Verstärkung (z. B. APD) ist die Verstärkung lungsleistung kann mit dieser Diode bei einer
regellos schwankend. Bandbreite von B D 1 Hz noch nachgewiesen
Jeder Detektor gibt also eine gewisse Rausch- werden?
leistung ab, auch wenn keine Strahlung auf ihn
trifft. Damit eine Strahlung detektiert werden Lösung p
kann, muss ihr Signal mindestens so groß sein, Nach Gl. 6.34 ist NEP D DAB D 41014 W.
wie das Rauschsignal des unbeleuchteten De-
tektors. Die zugeordnete Leistung dieses kleins-
ten Signals wird als Rauschäquivalente Leistung 6.5.3 Fotowiderstand
bezeichnet, abgekürzt mit NEP (Noise Equiva-
lent Power). Man versteht darunter die effekti- Der Fotowiderstand (Light Dependent Resistor,
ve Wechselleistung einer voll durchmodulierten LDR) oder Fotoleiter ist ein passives Bauele-
Strahlung, die im Detektor das Signal-Rausch- ment, dessen elektrischer Widerstand sich bei
Verhältnis S=N D 1 erzeugt. Je kleiner die Bestrahlung verringert. Bei der Absorption von
rauschäquivalente Leistung ist, desto empfindli- elektromagnetischer Strahlung wird die Konzen-
cher ist der Detektor. Ein typischer Zahlenwert tration der freien Elektronen und Löcher vergrö-
bei einer Si- Fotodiode ist NEP D 1014 W. Da ßert und damit auch die elektrische Leitfähigkeit.
die rauschäquivalente Leistung zur Wurzel aus Für die Leitfähigkeit eines Halbleiters gilt nach
der Bandbreite B der Messeinrichtung proportio- Gl. 1.114 (Abschn. 1.8.5): D e .n n C pp /; n
6 Optoelektronik 343
d
60617-5
b
l
und p sind die Konzentrationen der freien Elek- ˚e =(hf ) ist die Zahl der Photonen, die pro Zeit-
tronen und Löcher, n und p die entsprechenden einheit auf den Detektor fallen; .
/ ist die wel-
Beweglichkeiten. lenlängenabhängige Quantenausbeute, die an-
Ist nd die Elektronendichte bei Dunkelheit gibt, wie viele Elektron-Loch-Paare pro absor-
und nl diejenige bei Lichteinfall, dann gilt für die biertem Photon gebildet werden. Sie ist stets
Zunahme der Elektronendichte: n D nl nd , kleiner als 100 %. l, b, und d sind die Abmes-
bei den Löchern ist entsprechend p D pl pd . sungen des Kristalls nach Abb. 6.46a.
Da die Photonen die Elektronen und Löcher stets Damit ergibt sich für die Überschussdichte der
paarweise erzeugen, gilt p D n. Für die Leit- beweglichen Ladungsträger
fähigkeit
bei Beleuchtung ergibt sich somit l D
˚e 1
e .n C n/n C .p C p/p und bei starker n D g D .
/
Anregung .hf / l b d
und für den Widerstand des Plättchens bei Be-
l e n.n C p / : (6.35) strahlung
Die Generationsrate g kann aus der absorbierten beschrieben werden kann; wird als Steilheit
Strahlungsleistung ˚e berechnet werden: bezeichnet. Abbildung 6.47 zeigt den Zusam-
menhang für einen CdS- Fotowiderstand. Aus
˚e 1 dem Diagramm folgt, dass in der Größenord-
gD .
/ :
.hf / l b d nung von 1 ist.
344 R. Martin
1
GD p : (6.41)
tTr 1 C .!/2
Beispiel 6.8
Wie groß ist die Empfindlichkeit eines Foto-
widerstandes mit D 1 und G D 1 bei
D
550 nm?
Abb. 6.48 Relative Empfindlichkeit Srel (schwarz) ei-
nes Fotoleiters (RPY 63, Siemens) im Vergleich zum Lösung
Hellempfindlichkeitsgrad V .
/ (rot) des menschlichen
Auges
Aus Gl. 6.42 folgt S D 0;44 A=W. Tat-
sächlich kann die Empfindlichkeit wesentlich
größer, aber auch kleiner sein als dieser Wert,
je nachdem, ob der Gewinn größer oder klei-
ner als 1 ist.
6.5.4 Fotodiode
6.5.4.1 Wirkungsweise
Die Fotodiode ist ein aktives Bauelement, das
bei Bestrahlung eine elektrische Spannung (foto-
voltaischer Effekt) bzw. einen Fotostrom abgibt.
Die Basis ist der pn-Übergang, dessen Bänder-
schema in Abb. 6.50 dargestellt ist. Wird ein
Photon mit ausreichender Energie in der Raumla-
dungszone (RLZ) absorbiert, dann wird ein freies
Elektron im Leitungsband erzeugt und ein frei-
Abb. 6.49 Bezogene Detektivitäten D verschiedener es Loch bleibt im Valenzband zurück. Infolge des
Fotoleiter eingebauten elektrischen Feldes (Diffusionsspan-
nung Ud ) werden die beiden Ladungsträger sofort
getrennt, und zwar wird das Loch zur p-Seite, das
ist als die Ionisierungsenergie der Störstelle. Da Elektron zur n-Seite befördert. Diese Ladungs-
diese Energien bei flachen Störstellen sehr nied- trennung geht ohne äußere Spannung vonstatten,
rig sind, kann Strahlung mit Wellenlängen bis ca. kann aber durch Anlegen einer Spannung beein-
100 m nachgewiesen werden. flusst werden.
346 R. Martin
Abb. 6.54 Kennlinien einer Fotodiode: a komplettes (Siemens). Parameter ist die Beleuchtungsstärke Ev bei
Kennlinienfeld (qualitativ), b Fotostrom Iph als Funk- Beleuchtung mit Normlicht A, c Schaltzeichen der Foto-
tion der Sperrspannung UR für die Fotodiode BPY 12 diode nach DIN EN 60617-5
Beispiel 6.10
Die Fotodiode von Abb. 6.54b wird in ei-
ner Schaltung nach Abb. 6.55 mit Licht der
Beleuchtungsstärke Ev D 500 lx beleuchtet.
Die Batteriespannung beträgt UB D 20 V,
der Lastwiderstand RL D 33 k. Wie groß
ist die am Widerstand abgreifbare Signalspan-
nung UL ?
Lösung
In Abb. 6.54b ist die Widerstandsgerade für
RL D 33 k bereits eingezeichnet. Aus dem
Diagramm kann abgelesen werden, dass bei Abb. 6.56 Reaktion einer Fotodiode auf eine sprunghafte
Ev D 500 lx der Fotostrom Iph D 85 A be- Änderung der Strahlungsleistung
trägt. Damit beträgt die Signalspannung UL D
Iph RL D 2;81 V.
spontan folgt, sondern wie in Abb. 6.56 skizziert,
Das Betriebsverhalten der Fotodiode ist von mit einer gewissen Zeitverzögerung. Zur Zeitver-
der Temperatur abhängig. Am stärksten wird der zögerung tragen bei:
Dunkelstrom IR beeinflusst, der wie der Sperrsät- RC : Die RC-Zeitkonstante zur Umladung der
tigungsstrom IS exponentiell mit zunehmender Sperrschichtkapazität Cj über den Lastwi-
Temperatur ansteigt. Pro T D 10 K Tempe- derstand RL (und evtl. einen Serienwi-
raturerhöhung steigt der Dunkelstrom um den derstand der Diode), RC D Cj RL . Die
Faktor 2 bis 4 an. Dadurch nimmt auch das Zeitkonstante wird klein bei kleinem Last-
Rauschen zu, so dass der NEP-Wert wächst und widerstand und bei kleiner Sperrschichtka-
die Detektivität D abnimmt. Gleichung 6.46 pazität (normale pn-Übergänge haben Ka-
zeigt, dass die Leerlaufspannung UL reduziert pazitäten von einigen 100 pF). Bei Anle-
wird, wenn der Sperrsättigungsstrom wächst. gen einer Sperrspannung verringert sich die
Das bedeutet, dass die Leerlaufspannung mit Sperrschichtkapazität und somit auch die
zunehmender Temperatur abnimmt. Experimen- Zeitkonstante.
tell ergibt sich eine Abnahme von UL =T Diff : Wie bereits eingangs beschrieben, müssen
.2;5 bis 3;5/ mV=K. Da mit steigender Tempe- Ladungsträger, die außerhalb der Raumla-
ratur die Energielücke Eg abnimmt, verschieben dungszone, also in den feldfreien Gebieten
sich in Abb. 6.53 die Kurven für die Quan- generiert werden, bis zur RLZ diffundie-
tenausbeute und die Empfindlichkeit zu höherer ren. Dieser Diffusionsprozess ist naturge-
Wellenlänge. Das bewirkt, dass die Fotodiode für mäß relativ langsam. Die Zeitkonstante ist
kurzwellige Strahlung weniger empfindlich, für proportional zum Quadrat der Weite L des
langwellige Strahlung aber empfindlicher wird. Diffusionsgebiets: Diff D L2 =.2D/ (D ist
Insbesondere wird die Fotodiode bei Beleuch- die Diffusionskonstante). Zum Diffundie-
tung mit Normlicht A mit zunehmender Tempe- ren durch eine Strecke von der Länge der
ratur empfindlicher, was in einer Zunahme des Diffusionslänge benötigt ein Ladungsträ-
Fotostroms zum Ausdruck kommt. Bei einer Si- ger eine Zeit, die seiner Lebensdauer ent-
Fotodiode beobachtet man einen Anstieg des Fo- spricht. In Silicium ist diese in der Größen-
tostroms um etwa 0,12 %=K bis 0,20 %=K. ordnung von Diff 1 s.
Das Zeitverhalten einer Fotodiode wird durch Drift : Für das Überqueren der Raumladungszo-
verschiedene Mechanismen bedingt, deren Zu- ne der Weite w mit der Driftgeschwin-
sammenwirken dazu führt, dass sie einer sprung- digkeit vDrift benötigt ein Ladungsträger
haften Änderung der Strahlungsleistung ˚e nicht die Zeit Drift D w=vDrift . Bei großer
350 R. Martin
Beispiel 6-11
Wie groß ist die Transitzeit der Ladungsträger,
Abb. 6.57 Aufbau einer pin-Fotodiode
um eine w D 10 m dicke i-Zone in Silicium
zu überqueren und welche Grenzfrequenz er-
Feldstärke bewegen sich die Ladungsträ- gibt sich daraus für die Fotodiode?
ger mit der Sättigungsdriftgeschwindigkeit;
Lösung
diese beträgt in Silicium vS 105 m=s
Die Zeitkonstante beträgt Drift D w=vS D
(Abb. 1.75). Die Transitzeit zum Durch-
100 ps. Nach obiger Gleichung ist die zugehö-
queren einer w D 1 m breiten Zone ist
rige Grenzfrequenz f3dB D 4;4 GHz.
Drift D 10 ps.
Die drei Verzögerungsmechanismen addieren Nach Abb. 6.51 haben Photonen langwelli-
sich zu einer Zeitkonstanten ger Strahlung eine große Eindringtiefe und kön-
D RC C Diff C Drift : (6.47) nen deshalb mit pin-Dioden breiter i-Zone besser
nachgewiesen werden als mit normalen pn- Fo-
Bei normalen pn-Übergängen liegt diese Zeit- todioden. Diese größere IR-Empfindlichkeit geht
konstante in der Größenordnung von 1 s, aber auf Kosten der Schnelligkeit, denn die Zeit-
was zu einer Grenzfrequenz von fgr 1 MHz konstante für das Überqueren der i-Zone steigt
führt. Kommerzielle Fotodioden aus Silicium zei- mit zunehmender Breite ebenfalls an. Beispiels-
gen Grenzfrequenzen von 200 kHz bis 50 MHz; weise hat eine pin- Fotodiode aus Silicium mit
Fotoelemente sind langsamer mit fgr D 25 kHz einer w D 0;7 mm breiten i-Zone eine große
bis 100 kHz. In der Regel ist der langsame Diffu- Empfindlichkeit bei
D 1;06 m, der Wellen-
sionsprozess für das Zeitverhalten ausschlagge- länge des Nd-YAG-Lasers; die Transitzeit beträgt
bend. Eine wesentliche Verbesserung bringt hier dabei Drift D 7 ns und die Grenzfrequenz f3dB D
die pin-Struktur. 63 MHz.
Silicium- und Germanium- Fotodioden mit
6.5.4.3 pin-Fotodiode besonders dicker i-Zone (mehrere Millimeter)
Die pin-Diode besteht nach Abb. 6.57 aus einer werden in der Strahlenmesstechnik eingesetzt
breiten eigenleitenden Schicht (i: intrinsic), die zum Nachweis von Röntgen- bzw. Gammastrah-
beidseitig von einem hochdotierten pC bzw. nC - lung. Die dicke i-Zone wird durch einen Drift-
Gebiet eingeschlossen ist (Sandwich-Struktur). prozess von Lithium in ursprünglich p-leitendes
Bei genügender Breite w werden die meisten Material hergestellt. Da Lithium sehr diffusions-
Photonen in der i-Zone absorbiert und erzeugen freudig ist, muss zur Erhaltung der Diodenstruk-
dort je ein Elektron-Loch-Paar. Da die ange- tur das Bauteil in einem Kryostaten mit flüssigem
legte Sperrspannung praktisch vollständig über Stickstoff auf T D 77 K gekühlt werden.
der hochohmigen i-Zone abfällt, werden die La-
dungsträger durch das elektrische Feld getrennt 6.5.4.4 Rauschen in pin-Fotodioden
und driften relativ rasch (mit Sättigungsdriftge- Die guten Eigenschaften der pin- Fotodiode prä-
schwindigkeit vS / in das angrenzende n- bzw. destinieren sie für den Einsatz bei der opti-
p-Gebiet. Werden die pC - und nC -Gebiete hin- schen Signalübertragung. Da am Ende eines lan-
reichend dünn gemacht, so ist der Einfluss des gen Lichtwellenleiters die Signale meist sehr
6 Optoelektronik 351
a i iph
Îph
I
Iph,0
t
t Φ0 Φ
b in
c Φ
i n2
t
M beschrieben:
˚e
IAPD D Iph M D e .
/ M : (6.52)
hf
Die Wahrscheinlichkeit, dass durch ein Elek-
tron oder Loch auf der Strecke dx eine Stoßio-
nisation verursacht wird, ist ˛n dx bzw. ˛p dx;
˛n und ˛p sind die Ionisationskoeffizienten der
Elektronen bzw. Löcher, die exponentiell von der
Feldstärke abhängen. In Abb. 6.60 ist der Fall ei-
nes Halbleiters mit ˛n ˛p skizziert, wie er
beispielsweise in Silicium vorliegt. Das bedeu-
tet, dass praktisch nur die Elektronen in der Lage
sind, Stoßionisationen durchzuführen. Die bei der
Stoßionisation erzeugten Löcher laufen zwar in
Abb. 6.60 Lawinenfotodiode ( APD): a Aufbau, b Feld-
stärkeverteilung. Die p-Zone ist in Wirklichkeit viel Richtung pC -Zone, sind aber nicht in der Lage,
schmaler als die -Zone unterwegs neue Elektron-Loch-Paare zu schaf-
fen. Der durch ein Photon erzeugte Strompuls
reißt dann ab, wenn das letzte erzeugte Loch
mehrt, wenn die Diode bei hoher Sperrspan- am pC -Kontakt angekommen ist. Sind die Ioni-
nung betrieben wird. Abbildung 6.60 zeigt einen sationskoeffizienten für Elektronen und Löcher
Schichtaufbau, wie er in Si-APD gebräuchlich in derselben Größenordnung, d. h. ˛n ˛p ,
ist. Auf einem hochdotierten pC -Substrat wird dann können natürlich auch die Löcher auf ihrem
sehr reines -Material abgeschieden ( bedeutet Weg zum pC -Gebiet Stoßionisationen durchfüh-
nahezu intrinsisches p-Material) und schließlich ren. Die Folge ist, dass bei genügender Breite
durch Diffusion eine p-Zone sowie eine hochdo- der Multiplikationszone die Lawine nicht mehr
tierte nC -Zone erzeugt. Wird durch ein Photon abreißt: es kommt zum Durchbruch. APDs aus
in der -Zone (Absorptionsgebiet) ein Elektron- solchen Substanzen sind sehr instabil und zei-
Loch-Paar erzeugt, dann driftet das Elektron nach gen erhebliches Rauschen. Gut kontrollierbare
links in das p-Gebiet, wo es durch die hohe Verhältnisse liegen nur dann vor, wenn die La-
elektrische Feldstärke stark beschleunigt wird. dungsträgersorte mit dem größeren Ionisations-
Ist seine kinetische Energie größer als Eg , dann koeffizienten in die Multiplikationszone injiziert
besteht die Möglichkeit, dass bei einem Zu- wird. In Silicium sind dies die Elektronen, in Ger-
sammenstoß mit einem anderen Elektron dieses manium die Löcher.
aus seiner Bindung gerissen und ins Leitungs- Der Multiplikationsfaktor M hängt von
band gehoben wird. Dieser als Stoßionisation der angelegten Sperrspannung UR ab. Abbil-
bezeichnete Vorgang ist der zum Auger-Effekt dung 6.61 zeigt den typischen Verlauf für eine Si-
(Abschn. 6.3.1) inverse Prozess. Das primär vor- APD. Der Verlauf der Kurve oberhalb des Knies
handene und das durch Stoßionisation erzeugte lässt sich näherungsweise beschreiben durch
freie Elektron werden erneut beschleunigt und
können bei genügender Strecke wieder so viel 1
M D m : (6.53)
UR I RS
Energie aufnehmen, dass sie durch Stoßionisa- 1 UBr
tion neue Elektron-Loch-Paare schaffen können.
Bei genügender Breite der Multiplikationszone UR ist die angelegte Sperrspannung, I RS der
kann sich dieser Vorgang mehrmals wiederholen Spannungsabfall über dem Serienwiderstand der
und so zu einer Ladungsträgerlawine führen. Die Diode, m ist ein durch Anpassung zu bestim-
Verstärkung des primären Fotostroms Iph nach mender Faktor, der von der Diodenstruktur, dem
Gl. 6.43 wird durch einen Multiplikationsfaktor Material und der Beleuchtung abhängt (m < 1).
354 R. Martin
1
M B D D const : (6.56)
2 Tr k
Beispiel 6-13
Eine InGaAs-APD hat ein Verstärkungs-
Bandbreite-Produkt von M B D 60 GHz. Mit
welcher Bandbreite können Signale nachge-
wiesen werden bei einem Multiplikationsfak-
tor von M D 30?
Das Modulationsverhalten der Lawinendiode Rauschen in APDs Der Vorteil der APD, näm-
ist sehr komplex. Fällt sinusförmig modulierte lich die eingebaute Verstärkung führt zu zusätzli-
Strahlung auf die APD, dann wird wie bei der chem Rauschen, denn der Verstärkungsfaktor M
pin-Diode ein sinusförmig modulierter Strom er- ist nicht konstant, sondern statistisch regellos
zeugt (Abb. 6.59). Für dessen Amplitude gilt schwankend. Das mittlere Rauschstromquadrat
des Schrotrauschens wird
IOph .!/ D IOph .! D 0/ H.!/ ; 2
ish D 2e jI j BM 2 :
wobei die Modulationsantwort gegeben ist durch Setzt man M als konstant an, dann ist das mitt-
lere Verstärkungsquadrat schreibbar als M 2 D
1 2
H.!/ D p : (6.54) M F .M / wobei der Zusatzrauschfaktor F .M /
1 C .! A /2 gegeben ist durch
S .<˚O /2 1
D h O i :
N 4e < ˚ C ˚ C I M x C 8kT B
m b d M 2 RL
(6.59)
ter Silicium nur langsam mit der Photonenenergie vor, wenn die Fläche des grauen Rechtecks maxi-
ansteigt (Abb. 6.45), benötigen Si-Solarzellen ei- mal ist, nämlich
ne Dicke von 200 m bis 300 m. Solarzellen
aus direkten Halbleitern wie beispielsweise GaAs Pm D Im Um : (6.63)
kommen dagegen mit Dicken von 1 m bis 2 m Der zugehörige Arbeitspunkt ist in Abb. 6.63 mit
aus. MPP (Maximum Power Point) gekennzeichnet.
Im Kurzschlussbetrieb fließt durch die Solar- Da sich die Kennlinie mit der Sonneneinstrahlung
zelle ein Fotostrom IK , der proportional ist zur verändert, muss für effektiven Betrieb der Last-
eingestrahlten Leistung ˚e : widerstand durch eine elektronische Schaltung so
angepasst werden, dass stets im Punkt maximaler
IK ˚e D Ee A : (6.60) Leistung gearbeitet wird. Ein erster Schätzwert
für den optimalen Lastwiderstand ist
Bei gegebener Bestrahlungsstärke Ee steigt der
Strom und damit die produzierte elektrische Leis- UL
RL,opt : (6.64)
tung proportional zur Fläche A. IK
Im Leerlaufbetrieb ist an den Kontakten der
Das Verhältnis der grau schraffierten Recht-
idealen Solarzelle nach Gl. 6.46 die Leerlauf-
eckfläche in Abb. 6.63 zur größten denkbaren
spannung
Rechteckfläche, gebildet durch den Kurzschluss-
strom IK und die Leerlaufspannung UL; wird als
kT IK kT IK
UL D ln C1 ln Füllfaktor bezeichnet:
e IS e IS
(6.61) Im Um Pm
abgreifbar. FF D D : (6.65)
IK UL IK UL
Zeichnet man – anders als in Abb. 6.54 – die
Kennlinie der Solarzelle im ersten Quadranten, Der Füllfaktor ist ein Maß für die Güte der Zelle.
so gilt für die Strom-Spannungs-Kennlinie einer Er beträgt 70 % bis 85 %.
idealen Solarzelle (Abb. 6.63)
Beispiel 6-15
eU
Wie groß ist der Füllfaktor der Zelle von
I D IK IS e kT 1 : (6.62)
Abb. 6.63?
e .U C IRs /
I D IK IS exp 1 6.5.7 Wirkungsgrad
kT
U C IRs
: (6.66) Der Wirkungsgrad einer Solarzelle ist definiert
Rp als Verhältnis der maximal entnehmbaren elektri-
schen Leistung Pm zur eingestrahlten optischen
Beide Widerstände verschlechtern den Füll-
Leistung ˚e :
faktor (Abb. 6.65). Bei besonders niedrigen Par-
allelwiderständen reduziert sich die Leerlauf- Pm IK UL FF
D D : (6.67)
spannung und bei besonders hohen Serienwider- ˚e Ee A
ständen verringert sich der Kurzschlussstrom.
Für den praktischen Betrieb werden Solar- Trotz großer Anstrengungen ist der Wirkungs-
zellen zu Modulen von 0,5 m2 bis 1 m2 Fläche grad handelsüblicher Solarzellen nicht höher als
(Abb. 6.66) verschaltet. Die Reihenschaltung der etwa 15 %. Die wichtigsten Verlustmechanismen
Zellen erhöht dabei die abgreifbare Spannung, sind in Tab. 6.12 zusammengestellt.
Abb. 6.65 Kennlinien realer Solarzellen. a Einfluss des Parallelwiderstandes Rp bei Rs D 0, Parameter Rp A in cm2
b Einfluss des Serienwiderstandes Rs bei Rp D 1, Parameter Rs A in cm2
358 R. Martin
Abb. 6.66 a Polykristalline Solarzelle, 156 mm 156 mm, > 16 %, b Modul mit 54 Zellen, 1500 mm 990 mm,
D 14;4 %,Werkfotos Kyocera Solar, Esslingen
a c
Abb. 6.67 Strom-Spannungs-Kennlinien des Moduls c Testergebnisse bei STC (25 ı C, 1000 W=m2 , AM 1,5),
von Abb. 6.66, a bei verschiedenen Temperaturen, STC, Kyocera Solar, Esslingen
b bei verschiedenen Bestrahlungsstärken und 25 ı C,
6 Optoelektronik 359
Entscheidend für die optischen Verluste ist energie nicht ausreicht, um ein Elektron-Loch-
die in Abb. 6.68 dargestellte spektrale Bestrah- Paar zu bilden. Strahlung mit
<
g wird
lungsstärke Ee;
des Sonnenlichts. Außerhalb der zwar absorbiert, aber die überschüssige Energie
Lufthülle (AM0, Air Mass Zero) entspricht die Eph Eg wird in der Solarzelle in Wärme ver-
Verteilung etwa der eines schwarzen Strahlers mit wandelt. Wenn also beispielsweise ein Photon
T D 5960 K. Die integrale Bestrahlungsstärke mit der Energie Eph D 2 eV (
D 620 nm) in
Si absorbiert wird, dann wird die Energie Eg D
Z1 1;11 eV elektrisch nutzbar, während 0,89 eV in
W
Ee D Ee,
d
D 1353 (6.68) Wärme umgesetzt wird. Stünde ein Halbleiter mit
m2
0 Eg D 2 eV zur Verfügung, dann könnte die Ener-
gie dieses Photons zu 100 % elektrisch genutzt
wird als Solarkonstante bezeichnet. Je nach Ein- werden. Für maximale Ausnutzung des Sonnen-
strahlwinkel und Weglänge der Strahlen durch spektrums sollte also für jede Photonenenergie
die Atmosphäre wird die Bestrahlungsstärke in- der Halbleiter mit passender Energielücke zur
folge von Absorption an Luftmolekülen verrin- Verfügung stehen. Dieser Idealfall kann angenä-
gert. Wird die Lufthülle senkrecht durchstrahlt, hert werden durch Tandemzellen, wobei Halblei-
spricht man von AM1-Verhältnissen (Air Mass ter mit verschiedenen Energielücken hinter ein-
One). Bei AM2 legen die Strahlen den doppel- ander angeordnet werden. Theoretisch könnten
ten Weg zurück usw. Als Standard zur Messung solche Strukturen Wirkungsgrade von über 50 %
des Wirkungsgrades wurde das AM1,5-Spektrum besitzen. Praktisch wurden beispielsweise bei der
mit Ee D 1000 W=m2 festgelegt (STC, Standard Kombination GaAs=Si 31 % gemessen.
Test Conditions). Die größten elektrischen Verluste entstehen
Der ganze Teil des Spektrums, der in durch Rekombination der Ladungsträger an der
Abb. 6.68 rechts von der Grenzwellenlänge
g Grenzfläche zwischen der p-dotierten Basis und
liegt, wird nicht absorbiert, weil die Photonen- der metallisierten Rückseite (Abb. 6.62). Die Re-
360 R. Martin
kombination wird stark reduziert, wenn der Halb- gesucht (Tab. 6.13). Sowohl beim einkristalli-
leiter passiviert wird durch eine dünne Schicht nen als auch beim polykristallinen Si werden
aus SiO2 oder SiN. Da diese Schicht elektrisch durch Sägen aus Blöcken (ingots) die Wafer mit
isoliert, müssen viele punktförmige Kontakte ungefähr 300 m Dicke heraus gesägt. Dabei
durch die Schicht hergestellt werden. Ein kleines entsteht ein Abfall von etwa der Hälfte des Aus-
Gebiet mit hoher p-Dotierung erzeugt ein elek- gangsmaterials. Ungefähr 50 % der Kosten für
trisches Feld, das die Elektronen von den Kon- ein Solarmodul entfallen auf die Herstellung der
takten fern hält (local back surface field). In der Wafer. Günstiger ist es, polykristallines Silicium
Forschung sucht man nach preisgünstigen Ver- in Form von Bändern direkt aus der Schmel-
fahren, um diese Tausende von Punktkontakten ze zu ziehen, obwohl der Wirkungsgrad dieses
an der Zellenrückseite herzustellen. Wenn dieses Folien-Siliciums wegen vermehrter Kristallde-
Problem gelöst ist, sollten Si-Solarzellen in der fekte etwas niedriger liegt. Dünnschichtzellen aus
Massenproduktion mit Wirkungsgraden von etwa amorphem Silicium (direkter Halbleiter) benöti-
20 % möglich sein. gen wenig Material. Der Wirkungsgrad degra-
Der Wirkungsgrad einer Solarzelle steigt mit diert aber im Laufe der Zeit und kommt längst
der eingestrahlten Leistung. Wird der Wirkungs- nicht an die Wirkungsgrade kristalliner Zellen
grad bei Ee;0 D 1000 W=m2 (STC) mit 0 be- heran.
zeichnet, so folgt mithilfe der Gln. 6.61 und 6.67 GaAs ist mit einer Energielücke von Eg D
der Wirkungsgrad bei der Bestrahlungsstärke Ee 1;4 eV optimal an das Sonnenspektrum ange-
zu passt. Die höchsten bislang erreichten Wirkungs-
grade wurden daher mit GaAs-Zellen erreicht.
ln.Ee =Ee,0 / C eUL,0 =.kT / Wegen der sehr hohen Herstellungskosten mit der
D 0 : (6.69)
e UL,0 =.kT / Methode der Dünnschichtepitaxie werden GaAs-
Zellen meist nur für Weltraumanwendungen ein-
Es kann also interessant sein, das Sonnenlicht gesetzt.
beispielsweise mittels mikrooptischer Bauele- Interessante Alternativen zu Silicium für ter-
mente zu konzentrieren, um einen höheren Wir- restrische Anwendungen sind Dünnschichtzel-
kungsgrad bei gleichzeitig geringerem Material- len aus CdTe und verschiedenen Chalkopyri-
verbrauch zu erhalten. ten (Tab. 6.13). CuInSe2 (Eg D 1;05 eV) und
CuInS2 (Eg D 1;55 eV) werden als CIS-Zellen
Beispiel 6.16 bezeichnet. Durch stöchiometrische Mischung
Um welchen Bruchteil steigt der Wirkungs- mit CuGaSe2 (Eg D 1;68 eV) und CuGaS2
grad einer Si-Solarzelle, wenn die Bestrah- (Eg D 2;3 eV) können quintinäre Verbindungen
lungsstärke auf das Hundertfache gegenüber Cu(In,Ga)(S,Se)2 – kurz CIGSSe – hergestellt
STC erhöht wird? werden, deren Energielücke optimal an das Son-
nenspektrum angepasst werden kann.
Organische Solarzellen aus organischen Halb-
leitermaterialien (Abschn. 6.4.2) haben großes
Lösung Potenzial als preiswerte Alternative zu anor-
Für Si ist UL;0 0;6 V (Abb. 6.63), so dass für ganischen Halbleitern. Ein Problem ist derzeit
300 K aus Gl. 6.69 folgt: D 0 ln.100/C23;2
23;2 D noch die relativ kurze Lebensdauer von etwa
0 1;198. Der Wirkungsgrad steigt also um 5000 h.
20 %.
Abb. 6.69 Bipolarer Fototransistor: a Aufbau, b Schaltsymbol nach DIN EN 60617-5 und Ersatzschaltbild, c Kennli-
nienfeld
den Aufbau eines npn-Bipolartransistors. Der leicht an, was zur Folge hat, dass Elektronen vom
Basis-Kollektor-Übergang ist großflächig ausge- Emitter in die Basis und weiter zum Kollektor
führt und in Sperrrichtung gepolt. Durch Pho- fließen.
tonenabsorption erzeugte freie Elektron-Loch- Der Kollektorstrom ist deshalb größer als
Paare werden im elektrischen Feld der Basis- Iph D hf ˚e
e .
/, der primäre Fotostrom nach
Kollektor-Diode getrennt. Die Elektronen flie- Gl. 6.44. Für den Kollektorstrom ergibt sich:
ßen zum Kollektor, die Löcher zur Basis und
IC D .B C 1/ .Iph C ICB,d / : (6.70)
von dort weiter über den flussgepolten Basis-
Emitter-Übergang zum Emitter. Dadurch steigt B ist der Stromverstärkungsfaktor in Emitter-
die Flussspannung an der Basis-Emitter-Diode schaltung, ICB;d der Dunkelstrom der Basis-Kol-
362 R. Martin
IC B Iph : (6.71)
6.5.10 Bildsensoren
sors setzt. Farbzwischenwerte werden rechne- einer Eimerkette in das Ausleseregister verscho-
risch ermittelt. ben, wonach ein Ladungspaket nach dem ande-
Die Umwandlung der Bildhelligkeit in ei- ren in den Ausleseverstärker verschoben wird,
ne elektrische Spannung und deren Auslesen in in dem die Ladungs-Spannungs-Wandlung und
einen Speicher erfolgt entweder mit einem CCD- Verstärkung stattfindet. Die seitliche Trennung
Sensor oder mit einem CMOS Active-Pixel Sen- der Kanäle in Abb. 6.74 geschieht dadurch, dass
sor. durch p-Dotierung mittels Bor-Ionenimplantation
ein seitlicher Potenzialwall für die Elektronen er-
6.5.10.1 CCD-Sensoren zeugt wird. Besonders günstig wirkt es sich aus,
Der CCD-Sensor (engl. charge-coupled de- wenn zwischen dem p-Substrat und der Oxid-
vice) wurde von W ILLARD B OYLE und schicht eine dünne n-Schicht eingebaut ist. Dieser
G EORGE S MITH 1969 (Nobelpreis 2009) bei vergrabene Kanal (Abb. 6.73b) stellt eine Poten-
den Bell-Labs zunächst als Speicherchip für zialmulde dar, in der die Ladungsträger mit ge-
Computer entwickelt. Schon bald wurde die ringeren Verlusten transportiert werden, als direkt
Möglichkeit der Bildaufzeichnung erkannt, was an der Oberfläche des Halbleiters (Grenzfläche
eine Revolution bei den Bildsensoren auslöste. Halbleiter=Oxid).
Abbildung 6.74a zeigt das Prinzip. Der Ladungstransfer geschieht längs einer
Nach der Belichtung werden die Ladungen Kette von MOS-Kondensatoren (das eigentliche
der einzelnen Pixel Reihe für Reihe wie bei CCD). Die in den Potenzialtöpfen der einzelnen
a b
Abb. 6.74 Umwandlung der durch die Bestrahlung generierten Ladung in eine elektrische Spannung: a analoger CCD-
Sensor, b digitaler Active-Pixel-Sensor (CMOS-Sensor)
6 Optoelektronik 365
a b c
Abb. 6.76 CCD-Architekturen: Die lichtempfindlichen Flächen sind schraffiert, die abgedeckten schwarz. a Full-
Frame-Transfer-Sensor, b Frame-Transfer-Sensor, c Interline-Transfer-Sensor
Abb. 6.77 Aufnahmen mit einem CCD-Sensor mit 480 560 Pixeln bei Blende 8 und verschiedenen Beleuchtungs-
stärken: a Ev D 240 lx, b Ev D 6 lx
und von einem Si-Detektor empfangen wird. Ab- ein Messobjekt, das sich in einem bestimmten
bildung 6.79 zeigt eine Zusammenstellung von Abstand befinden muss.
Optokopplern mit verschiedenen Empfängern. Abbildung 6.81 zeigt zwei prinzipiell ver-
Die meisten Koppler haben einen Fototransistor schiedene Aufbauten von Sender und Empfänger.
(Fotodarlington) als Empfänger. Der Basisan- Wird der Empfänger vom Sender über einen
schluss ist häufig zur externen Beschaltung her- Licht leitenden Kunststoff direkt bestrahlt, so be-
ausgeführt. Einfache Fotodioden als Empfänger steht ein sehr guter Koppelwirkungsgrad. Infolge
werden kaum hergestellt; man kann eine solche des geringen Abstandes der Bauelemente ist aber
Diode aber erhalten, wenn man bei einem Foto- keine große Spannungsfestigkeit zu erzielen. Für
transistor den Emitter offen lässt und lediglich die größere Spannungen ist der Reflexionskoppler
Basis-Kollektor-Diode anschließt. geeignet, bei dem die von der IRED emittierte
Die Spannungsfestigkeit der Koppler Strahlung über ein reflektierendes Halbellipso-
schwankt zwischen 100 V und 50 kV; die meisten id auf den Detektor geleitet wird. Dieser Auf-
Typen sind ausgelegt für ca. 2 kV. Optokopp- bau ist wegen der sehr kleinen Koppelkapazität
ler haben einen Isolationswiderstand von etwa ( 0;3 pF) vorteilhaft. Sender und Empfänger
1011 . Die Isolationseigenschaften und wei- sind mit einem transparenten hochspannungsfes-
tere Eigenschaften sind in DIN EN 60747-5-5 ten Kunstharz vergossen und von einem Licht
sowie VDE 0884 festgelegt. Außer den in undurchlässigen Kunststoffgehäuse umgeben.
Abb. 6.79 dargestellten geschlossenen Kopp- Die genormten Schaltzeichen nach DIN EN
lern gibt es auch offene. Beim Gabelkoppler 60617-5 sind in Abb. 6.82 dargestellt.
(Gabellichtschranke) nach Abb. 6.80a kann Eine der wichtigsten Kenngrößen eines Op-
der Lichtweg zwischen Sender und Empfän- tokopplers ist das Stromübertragungsverhältnis
ger unterbrochen werden. Man verwendet ihn CTR (Current Transfer Ratio), auch als Koppel-
beispielsweise zur Erfassung von Drehwinkeln, faktor bezeichnet. Es gibt das Verhältnis von
Längencodierung, Stückzahlbestimmung usw. Ausgangsstrom IC zu Eingangsstrom IF an:
Häufig ist im Empfänger ein Logikbaustein
CRT D IC =IF (6.72)
(Schmitt-Trigger) integriert. Beim Reflexkoppler
(Reflexlichtschranke) nach Abb. 6.80b geschieht Das Stromübertragungsverhältnis hängt von der
die Kopplung von Sender und Empfänger über Strahlungsausbeute der Sendediode, den Eigen-
6 Optoelektronik 369
Abb. 6.81 Aufbau von Optokopplern, a direkter Strahlengang, b Reflexionskoppler, c Optokoppler im DIP-Gehäuse
(Werkfoto: Siemens)
370 R. Martin
Abb. 6.83 Stromübertragungsverhältnis CTR in Abhängigkeit a vom Flussstrom IF der Sendediode (UCE D 5 V),
b von der Temperatur bei einem Fototransistor (UCE D 10 V)
6 Optoelektronik 371
Abb. 6.84 Analogübertragung mit Optokopplern, a einfache NF-Übertragung, b Verwendung von U=f - und f =U -
Wandlern
Potenzialtrennung von Sender und Empfän- reichend flach auf die Grenzfläche auftrifft. Dazu
ger, muss der Winkel " zwischen Strahl und Lot grö-
unempfindlich gegenüber elektromagneti- ßer sein als der Grenzwinkel der Totalreflexion "g ,
schen Störfeldern, der gegeben ist durch
kein Nebensprechen, hohe Abhörsicherheit,
unempfindlich gegenüber chemisch aggressi- sin "g D n2 =n1 : (6.73)
ver Umgebung,
kleiner Kabeldurchmesser und geringes Ka- Durch Anwendung des Snellius’schen Bre-
belgewicht. chungsgesetzes (W. S NEL VAN ROYEN, 1591
Neben der klassischen Datenübertragung im bis 1626) auf die Brechung an der Faserstirnflä-
LAN (Local Area Network) und WAN (Wide che folgt für den zusammenhang zwischen dem
Area Network) hat die Datenübertragung durch Neigungswinkel eines Strahles relativ zur opti-
LWL weitere Anwendungsgebiete erschlossen schen Achse und dem Winkel " relativ zum Lot
wie sin D n1 sin.90ı "/.
Gebäudevernetzung, Der Akzeptanzwinkel einer Faser ist der maxi-
Feldbussysteme (Vernetzung von Sensoren an male Winkel, unter dem ein Lichtstrahl auf die
Maschinen und Anlagen), Faserstirnfläche fallen darf, damit er im Faserin-
optische Bussysteme im Flugzeug und Auto- nern durch Totalreflexion geführt wird. Aus den
mobil, z. B. MOST (Media Oriented Systems beiden obigen Gleichungen folgt für diesen Win-
Transport). kel
folgt aus Gl. 6.74 für die numerische Apertur Bandbreite B beträgt mit B 1=.2t/
p c0 1
sin max D AN n1 2 : (6.76) B :
2n1 L
Bei einer Faser aus Quarzglas (SiO2 ), deren Kern Sie ist umgekehrt proportional zur Faserlänge L.
mit GeO2 dotiert ist, sind die Brechungsindizes Mit anderen Worten: es existiert ein Bandbreite-
typischerweise n1 D 1;465 und n2 D 1;450. Da- Länge-Produkt (modale Bandbreite)
mit wird D 0;01, AN D 0;21 und max D 12ı .
c0
Es werden also lediglich Strahlen im Lichtwel- B L ; (6.78)
lenleiter geführt, die unter einem Winkel < 2n1
12ı auf die Grenzfläche fallen. Daraus folgt, dassfür das sich mit D 0;01 typischerweise B L
der Einkoppelwirkungsgrad eines Halbleiterla- 10 MHz km ergibt. Für die digitale Bitrate rech-
sers sehr viel besser ist als der einer LED. net man in der Praxis mit BR B=0;7, so
Nach den Gesetzen der geometrischen Optik dass für das Bitrate-Länge-Produkt BR L
werden in der Faser alle Strahlen geführt, die 15 .MBit=s/ km folgt.
mit einem Winkel < max auf die Faserstirn- Aus Gl. 6.77 folgt, dass die Zahl der geführ-
fläche fallen. Tatsächlich zeigt aber die wellen- ten Moden abnimmt, wenn das Verhältnis (a=
)
theoretische Behandlung durch Lösung der Max- kleiner wird. Ist schließlich N D 1, so liegt eine
wellschen Gleichungen, dass nur eine begrenzte Monomode- oder Einwellenfaser (engl. single-
Zahl von Schwingungsmoden auf der Faser aus- mode fiber) vor, bei der sich nur noch eine Mode
breitungsfähig ist. Alle anderen Wellen löschen ausbreiten kann (tatsächlich sind es zwei mit
sich durch Interferenz aus. Die Zahl der ausbrei- zueinander senkrechten Polarisationsrichtungen).
tungsfähigen Moden beträgt für eine Stufenin- In der Strahlenoptik entspricht dieser Fall einem
dexfaser näherungsweise einzelnen Lichtstrahl, der sich auf der Fasermitte
a 2 ausbreitet. Die Bedingung für das Auftreten nur
N 2 AN : (6.77) einer Mode ist nach der genauen Theorie
a 2;405
Für eine Faser mit dem Kernradius (Abb. 6.86a) : (6.79)
2 AN
a D 25 m und der numerischen Apertur AN D
0;2 sind dies bei der Wellenlänge
D 1;3 m Bei gegebener Wellenlänge
wird eine Faser al-
N D 292 Moden, bei
D 850 nm N D so dann einwellig, wenn der Kerndurchmesser
683 Moden. Da auf Fasern dieses Typs viele Mo- 2a 2;405
=. AN / ist. Bei einer Faser mit der
numerischen Apertur AN D 0;2 und der Wellen-
den laufen, werden sie als Multimode- oder Viel-
wellenfasern bezeichnet. länge
D 1;3 m ist dies der Fall für 2a 5 m
und bei
D 850 nm für 2a 3;3 m. Mono-
Aus Abb. 6.86a geht hervor, dass verschiedene
Strahlen unterschiedliche Wege zurücklegen, bismodefasern haben also einen sehr dünnen Kern
sie an das Faserende gelangen. Die dadurch her-und stellen dementsprechend große Anforderun-
vorgerufene Verbreiterung zeitlich kurzer Licht-
gen bei der Herstellung und Handhabung (Ste-
pulse nennt man Modendispersion. Der Laufzeit- cker, Spleiße). Dafür tritt bei der Monomodefaser
unterschied t zwischen dem Strahl mit dem keine Modendispersion auf, so dass wesentlich
längsten und dem kürzesten Weg beträgt höhere Bandbreiten als mit Multimodefasern er-
zielt werden können.
A2N n1 Bei der Monomodefaser ist die Übertragungs-
t L LI
2n1 c0 c0 kapazität durch die Materialdispersion begrenzt.
Da in jedem Material der Brechungsindex n
dabei ist L die Faserlänge und c0 die Vakuum- von der Wellenlänge abhängt, haben Lichtwel-
lichtgeschwindigkeit. Die maximal übertragbare len verschiedener Wellenlänge unterschiedliche
374 R. Martin
a b
Abb. 6.87 Dämpfungskoeffizient von Fasern in Abhängigkeit von der Wellenlänge, a Quarzglasfaser, der Anteil der
Rayleigh-Streuung ist gestrichelt gezeichnet, b Plastikfaser (PMMA)
dern aus quaternären Halbleitern (InGaAsP). Bei In der Praxis hat sich die Schreibweise
der Wellenlänge von GaAs-Sendern (850 nm) ist
die Dämpfung deutlich größer, so dass diese Wel- ˚
lenlänge für eine Weitverkehrsübertragung nicht P D 10 lg dBm
1 mW
günstig ist. Die Wellenlänge 1300 nm ist auch
deshalb sehr interessant, weil, wie oben gezeigt eingebürgert, wobei das m in dBm für den Be-
wurde, die Materialdispersion von Quarzglas bei zugswert 1 mW steht.
dieser Wellenlänge verschwindend klein ist. Für die Differenz der Pegel am Anfang und am
Die besten erreichten Dämpfungswerte von Ende eines Lichtwellenleiters gilt
Glasfasern liegen bei ˛ 0;2 dB=km bei der
Wellenlänge
D 1550 nm. Dies ist gleich-
P0 P ˛L
bedeutend mit einem Leistungsverlust von nur D : (6.86)
dBm dB
4,5 %=km. Kunststofffasern (POF, Plastic Opti-
cal Fiber) (Abb. 6.87b) haben dagegen wesentlich
größere Verluste. Ihre Dämpfung ist am gerings- Beispiel 6.17
ten im Wellenlängenbereich 500 nm bis 600 nm In einen LWL wird die Strahlungsleistung
und beträgt dort etwa 100 dB=km. Bei den Wel- ˚0 D 0;5 mW eingekoppelt. Die Faserlänge
lenlängen des nahen IR beträgt die Dämpfung ist L D 2 km und der Dämpfungskoeffizient
1000 dB=km und mehr. beträgt ˛ D 0;3 dB=km. Welche Strahlungs-
Die Strahlungsleistung am Ende eines Licht- leistung ˚.L/ kommt am Faserende an?
wellenleiters kann entweder gemäß Gl. 6.84,
˚.L/ D ˚0 10˛L=10 dB , berechnet und direkt
in Watt angegeben werden. Häufig aber werden Lösung
Pegel nach DIN 5493 benutzt, bei denen als Be- Mit ˛L D 0;6 dB ergibt sich nach Gl. 6.84
zugsleistung 1 mW eingesetzt wird: ˚.L/ D 0;435 mW. Rechnet man mit Pegeln,
so gilt nach Gl. 6.85 P0 D 3;01 dBm und
˚ nach Gl. 6.86 P .L/ D 3;61 dBm, was einer
L˚=1 mW D 10 lg dB : (6.85)
1 mW Leistung von 0,435 mW entspricht.
376 R. Martin
Abb. 6.88 Leistungsbilanz einer optischen Übertragungsstrecke mit den Zahlenwerten von Beispiel 6-18
Leistungsbilanz (optical power budget) Ne- In Pegeln ausgedrückt wird obige Gleichung
ben der oben beschriebenen Dämpfung des Licht- zu
PT PR X ˛k
wellenleiters gibt es weitere Verluste an den ver- D : (6.88)
schiedensten Verbindungsstellen. Die Gesamtheit dBm dBm dB
k
der Dämpfungen wird in der Gleichung für die
Eine übliche Darstellung der Strahlungsleis-
Strahlungsleistungsbilanz (engl.: optical-power
tungsbilanz zeigt Abb. 6.88. Dabei werden alle
budget) beschrieben:
in einem Übertragungsweg auftretenden Dämp-
fungen in einem Diagramm festgehalten. Ziel ist
10 lg.˚T =˚R / D ˛O L C ˛TC C ˛CR
(6.87) es, die gesamte Verlustleistung möglichst niedrig
C n˛CC C ˛M : zu halten. Dazu beginnt man bei der Kalkulation
mit der niedrigsten akzeptierbaren Empfangsleis-
Dabei bedeuten: tung an der Datensenke. Diese ist einschließlich
˚T Strahlungsleistung des Senders (Transmit- des Sicherheitsabstands ˛M zu wählen. Durch das
ter), W Einfügen der verschiedenen Dämpfungsverluste
˚R benötigte Strahlungsleistung des Empfän- (man durchschreitet dabei die Wirkungskette von
gers (Receiver), W hinten nach vorne, also vom Empfänger zum Sen-
˛O Dämpfungskonstante des Lichtwellenlei- der) kommt man schließlich auf die erforderliche
ters, dB=km abzustrahlende Sendeleistung des Emitters.
L Länge des Lichtwellenleiters, km
˛TC Einkoppeldämpfung in die Faser (Trans- Beispiel 6.18
mitter Coupling loss), dB Eine optische Übertragungsstrecke mit einer
˛CR Auskoppeldämpfung am Empfänger (fiber- Kunststofffaser hat die Länge L D 80 m. Die
to-Receiver Coupling loss), dB Faser hat einen Dämpfungskoeffizienten von
˛CC Steckverbindungsdämpfung (in-line-Con- ˛ D 150 dB=km. Die Strecke enthält 2 Ste-
nection loss), dB cker mit der Steckerdämpfung ˛CC D 1 dB.
n Anzahl der Steckverbindungen Der Empfängerempfindlichkeit beträgt PR D
˛M Sicherheitsabstand (Safety Margin), dB 25 dBm. Die Ein- und Auskoppeldämpfun-
(jeweils am Ende sind die gängigen Maßeinheiten gen sind ˛TC D 0;8 dB und ˛CR D 0;6 dB.
angegeben). Welche Sendeleistung ist erforderlich, wenn
6 Optoelektronik 377
Ü 6-3 Eine rote LED wird mit einem Vorwi- Ü 6-7 Wie lang muss ein InGaAsP-Laser sein,
derstand in Reihe an eine Batterie der Spannung wenn bei
D 1;3 m der Abstand benachbar-
U D 12 V angeschlossen. Welchen Wert muss ter Longitudinalmoden ı
D 2 nm betragen soll?
der Vorwiderstand Rv besitzen, wenn der Strom Der Brechungsindex ist n D 3;3; die Dispersion
IF D 10 mA betragen soll? soll vernachlässigt werden.
Ü 6-4 Eine weiße LED wird nach Abb. 6.17 be- Ü 6-8 Ein Fotoleiter aus PbS besitzt bei
trieben. Im Arbeitspunkt beträgt der Strom IF D
D 1;5 m die bezogene Detektivität D D
400 mA und die Flussspannung UF D 3;03 V, die 1011 cm Hz1=2 W1 . Seine lichtempfindliche Flä-
Batteriespannung ist UB D 9 V. che ist A D 10 mm2 .
a) Wie groß ist der erforderliche Vorwiderstand? a) Welche minimale Strahlungsleistung kann bei
b) Welche Stromänderung ergibt sich, wenn die einer Bandbreite des Messsystems von B D
Batteriespannung um 10 % abnimmt? 1 Hz gerade noch nachgewiesen werden?
c) Welcher Vorwiderstand ist erforderlich, wenn b) Wie groß ist der Photonenstrom NP (Zahl der
bei UB D 5 V derselbe Strom fließen soll wie Photonen, die je s auf den Detektor treffen)
bei 9 V? bei dieser Strahlung?
d) Die Spannung wird jetzt von 5 V um 10 %
reduziert. Wie groß ist hierbei die Stromän- Ü 6-9 Ein Fotowiderstand aus PbS hat den Dun-
derung? kelwiderstand Rd D 1 M und die Minoritäts-
lebensdauer D 250 s. Er wird in Reihe mit
Ü 6-5 Bestimmen Sie den differenziellen ex- einem Lastwiderstand RL D 1 M an eine Bat-
ternen Quantenwirkungsgrad des Lasers von terie der Spannung UB D 120 V angeschlossen
Abb. 6.24b bei 25 ı C. Wie groß sind die charakte- und erfährt bei Bestrahlung eine Widerstandsän-
ristische Temperatur T0 und der Schwellenstrom derung von R D 4 k.
Ith bei 0 ı C? a) Welche Spannungsänderung U über dem
Lastwiderstand ist zu erwarten?
Ü 6-6 Ein Halbleiterlaser emittiert Strahlung der b) Welche maximale Modulationsfrequenz fgr
Wellenlänge
D 1;3 m. Beim Strom IF D sollte nicht überschritten werden?
30 mA und der Temperatur #1 D 25 ı C be- c) Zeigen Sie, dass bei schwacher Anregung,
trägt die Strahlungsleistung ˚1 D 2;6 mW. Der wenn Rl Rd bzw. R D Rd Rl Rd ,
differenzielle Quantenwirkungsgrad des Lasers das Signal U maximal wird für RL D Rd .
ist ext D 0;31.
a) Bestimmen Sie den Schwellenstrom Ith;1 des Ü 6-10 Bestimmen Sie aus Abb. 6.67a den
Lasers. Füllfaktor FF des Solarmoduls sowie den opti-
b) Der Strom des Lasers wird um den mittle- malen Lastwiderstand für die Temperatur 25 ı C.
ren Strom IF D 30 mA sinusförmig moduliert
mit einer Stromamplitude von î D 1 mA. Wie Ü 6-11 Zur Messung der Dämpfung wird in eine
groß ist die Amplitude der modulierten Strah- lange Glasfaser Licht eingekoppelt und am hin-
lungsleistung? teren Ende die ankommende Leistung gemessen.
c) Die charakteristische Temperatur für die Ver- Wird von der Faser die Länge L D 10 m abge-
schiebung des Schwellenstroms beträgt T0 D schnitten, dann nimmt die Leistung am Detektor
65 K. Wie groß ist der Schwellenstrom Ith;2 von ˚ D 240 W um ˚ D 3 W zu. Wie groß
bei der Temperatur #2 D 10 ı C? ist der Dämpfungskoeffizient ˛ (in dB=km) der
d) Berechnen Sie die Strahlungsleistung ˚2 bei Faser?
der Temperatur #2 und dem Strom IF D
30 mA unter der Voraussetzung, dass auch bei Ü 6-12 Bei der Wellenlänge
D 900 nm beträgt
der neuen Temperatur der Quantenwirkungs- die Materialdispersion einer Monomode- Glas-
grad ext D 0;31 beträgt. faser M D 80 ps=.km nm). Wie groß ist die
6 Optoelektronik 379
Laufzeitdifferenz t zwischen dem schnellsten c) Wie groß ist die maximale überbrückbare Ent-
und dem langsamsten Puls eines Lasers der Li- fernung für
nienbreite
D 4 nm, wenn die Faserlänge Glasfaser (˛GCS D 2 dB=km) und für POF
L D 1;2 km beträgt? (˛POF D 200 dB=km)?
d) Zeichnen Sie das Diagramm für das optical
Ü 6-13 Berechnen Sie die numerische Aper- power budget.
tur AN für einen Lichtwellenleiter, für den gilt:
nMantel D 1;512, nKern D 1;527. Welchem maxi-
malen Öffnungswinkel entspricht dies?
6.9 Weiterführende Literatur
Ü 6-14 Für welche Wellenlängen verhält sich ei-
ne Stufenindexfaser mit der numerischen Apertur Bludau, W.: (1994) Halbleiter-Optolektronik.
AN D 0;173 und dem Durchmesser 5 m als Mo- Hanser Verlag.
nomodefaser? Bludau, W.: (1998) Lichtwellenleiter in Senso-
rik und optischer Nachrichtentechnik. Sprin-
Ü 6-15 Zur Projektierung einer optischen Über- ger Verlag.
tragungsstrecke soll das optical power budget Brendel, R.: (2003) Thin-Film Crystalline Si-
aufgestellt werden. Von der Übertragungsstrecke licon Solar Cells. Wiley-VCH Verlag.
sind folgende Daten bekannt: Hering E, Martin, R.: (2005) Photonik. Sprin-
Einkoppeldämpfung: 0,6 dB, ger Verlag.
Auskoppeldämpfung: 0,4 dB, Lüder, E.: (2001) Liquid Crystal Displays. Wi-
minimale Sendeleistung: 25 dBm, ley Verlag.
maximale Sendeleistung: 6 dBm, Nelson, J.: (2003) The Physics of Solar Cells.
Empfängerempfindlichkeit: 31 dBm, Imperial College Press.
Übersteuerungsgrenze des Empfängers: Strobel, O.: (2013) Lichtwellenleiter-Über-
8 dBm, tragungs- und Sensortechnik. VDE Verlag.
Sicherheitsabstand: 3 dB. Voges, E.: (2002) Optische Kommunikations-
a) Wie groß darf die Dämpfung auf dem Über- technik. Springer Verlag.
tragungsweg höchstens sein (worst case)? Wagner, A.: (1999) Photovoltaik Engineering.
b) Wie groß muss die Dämpfung des Übertra- Springer Verlag.
gungswegs mindestens sein, damit der Emp- Würfel, P.: (2004) Physics of Solar Cells.
fänger nicht übersteuert? Wiley-VCH Verlag.
Sensoren
7
Ekbert Hering
umfasste im Jahre 2011 ein Volumen von et- Produktivitätssteigerung Mit Sensoren steuert
wa 120 Milliarden Euro. Bei einer weiteren man unter anderem Roboter. Durch die zuneh-
Steigerungsrate von etwa 9 % jährlich wird er mende Automatisierung wird die Produktivität
im Jahre 2016 etwa 185 Milliarden Euro be- gesteigert (verringerter Personaleinsatz bei er-
tragen. Die Sensoren erobern zügig weitere höhter Produktion). Sensoren dienen aber auch
Anwendungsfelder. Sie werden spezifischer, ro- zur automatischen Überwachung von Fertigungs-
buster, intelligenter, kommunikativer und auch prozessen (z. B. galvanische Bäder) und Ferti-
preiswerter. Dabei entfielen auf mechanische Ei- gungsmitteln (z. B. Werkzeuge). Dadurch kann
genschaften messende Sensoren 32,9 %, 19,2 % man mögliche Prozess- und Produktionsfehler
auf bilderfassende Sensoren, 10,9 % auf chemi- zum frühestmöglichen Zeitpunkt vermeiden.
sche und biologische Sensoren, 8,7 % auf rein
binäre Sensoren, 8,5 % auf thermische Sen- Flexible Fertigung Diese ermöglicht es, gerin-
soren, 2,7 % der Sensoren messen elektrische ge Stückzahlen bestimmter Produkte zu günsti-
Eigenschaften und 2,1 % optische Eigenschaf- gen Kosten zu fertigen.
ten. Gründe für den wachsenden Einsatz von
Sensoren sind beispielsweise die gesetzlich Qualitätssicherung Eine automatische Quali-
verordneten Abgasbestimmungen, der Zwang tätsprüfung während des Fertigungsprozesses
zum sparsamen Energie- und Ressourcenver- ermöglicht eine gleichbleibend hohe Qualität der
brauch, die Erhöhung der aktiven und passiven Produktion und lässt fehlerhafte Qualität sofort
Fahrsicherheit und der Wunsch nach erhöhtem am Ort des Entstehens erkennen.
Fahrkomfort. Sensoren in diesem Bereich müs-
sen harte technische Bedingungen (z. B. große Verbesserung der Arbeitsbedingungen Die
Temperaturbereiche, Stoßfestigkeit, Sicherheit Automatisierung verringert die Arbeitsplätze mit
bei Feuchtigkeit und Schwingungen) erfüllen erhöhter physischer Belastung und Berührung
und zudem noch preisgünstig sein. Auch in mit Giftstoffen (z. B. Lackierung). Ferner kann
den Haushaltsgeräten setzt man zunehmend man gefährliche Bereiche besser sichern.
Sensoren ein, weil sie kostengünstig sind und
ihre Messaufgaben über lange Zeit zuverlässig Verbesserung der Effizienz beim Rohstoff-
erfüllen. Für den Menschen besonders bedeut- und Energieeinsatz Die Produktionsprozesse
sam sind Sensoren in der Medizintechnik, die und Fertigungsverfahren können optimal gesteu-
nicht nur biologische Werte messen, sondern ert werden, so dass ein minimaler Rohstoff- und
auch entsprechende Einrichtungen so steuern, Energieeinsatz möglich wird.
dass die wichtigen Lebensfunktionen erhalten
bleiben. Verbesserungen beim Umweltschutz Eine ge-
Sensoren mit Mikroelektronik bieten im Ma- naue Messung der Giftstoffe in der Luft, im Was-
schinenbau und in der Fertigungstechnik folgen- ser und im Boden ermöglicht die Überwachung
de technischen Vorteile: der gesetzlich zulässigen Schadstoffwerte.
7 Sensoren 383
Druck Bis 41106 Bis Bis 70106 Bis Bis 4 106 Bis 60106
Pa (40 bis 200 106 (45 bis 120 106 (272 bis (25 bis
125 °C) (54 bis 150 °C) (54 bis 538 °C) 60 °C)
150 °C) 125 °C)
(0 °C) Leistungsmessung;
Drehmoment-
überwachung
386 E. Hering
Massen- Bis 83
durchfluss (30 bis
kg=s 80 °C)
Ther- Tempe- Bis 15 Bis 100 (0 Bis 110 Bis 3870 Bis 200 Bis 2300
mody- ratur (10 bis bis 40 °C) (10 bis (261 bis (20 bis (240 bis
ı
namik C 200 °C) 110 °C) 3870 °C) 200 °C) 2200 °C)
Aus der Fülle der in der Praxis eingesetz- Kapazitive Längenmessung Je geringer der
ten Sensoren werden als Beispiele diejenigen Abstand d zwischen den beiden Kondensator-
vorgestellt, die im Maschinenbau am häufigs- platten der Fläche A ist, desto größer ist die
ten Verwendung finden, nämlich die Weg- Kapazität C (C D "0 "r A=d ; Abschn. 2.3).
und Positions-Sensoren, die Kraft- und Druck- Dies wird bei einer berührungslos arbeitenden
Sensoren sowie die Temperatur-Sensoren. Längenmessung (bis 3 mm) als Näherungsschal-
ter ausgenutzt. Diese Sensoren verwendet man
überwiegend zur Positionierung oder zur Über-
7.2.1 Weg- und Positions-Sensoren wachung der Maschinenabläufe.
Wie Tab. 7.1 zeigt, kann man Weg und Position Induktive Längenmessung Nach dem Induk-
nach verschiedenen Messprinzipien messen. In tionsgesetz induziert die Änderung des magne-
7 Sensoren 387
Chemische Ver-
fahrenstechnik;
Dosierung von Zu-
satzstoffen
Trockner; Rest-
feuchte in
Schüttgütern;
Feuchte bei La-
gerung
a
µE-Meßtechnik, Datron, Thalheim, Kistler, Keller, Honeywell, Hottinger-Baldwin, Eckardt, Fischer u. Porter,
Endress u. Hauser, Delta
tischen Flusses d˚=dt eine Spannung uind sich der Kern im Mittelpunkt der Spule befindet
(uind D N d˚=dt mit N als Windungszahl; und nimmt linear mit der Bewegung des Kernes
Abschn. 2.4). Hier nutzt man, abhängig von der zu. Dieses Prinzip wird deshalb Linear-Variable-
Lage der beweglichen Spule, die unterschied- Differenzial-Transformer (LVDT)-Prinzip ge-
lichen Koppelfaktoren aus. Durch Verschieben nannt. Abbildung 7.3a zeigt den Aufbau eines
eines Eisenkerns innerhalb verschiedener Spu- induktiven Längenmessers und Abb. 7.3b die
len ändert sich das Spannungssignal proportional Wirkungsweise.
zum Weg des Kerns. In der Praxis gibt es ei-
ne Primärspule und zwei Sekundärspulen. Wird Längenmessung nach dem Wirbelstromprin-
ein Wechselspannungssignal an die Primärspu- zip Bewegt man leitende Körper in einem
le gelegt, dann wird in den beiden Spulen eine Magnetfeld, dann treten in diesem Körper durch
Spannung unterschiedlicher Polarität induziert. die induzierte Spannung Wirbelströme auf. Mit
Das Ausgangssignal ist deshalb die Differenz diesem Prinzip können Längen und Dicken an
dieser beiden Spannungen. Sie ist null, wenn elektrisch leitenden Werkstoffen bestimmt wer-
388 E. Hering
den (in der Regel zwischen 0,5 mm und 140 mm). Inzwischen sind auch DMS auf Halbleiter-
Diese Sensoren gehören zu der Klasse der berüh- basis zu erhalten, die eine etwa 50-fach höhere
rungslosen Abstandsmesser (Non-Contacting- Dehnungsempfindlichkeit aufweisen und bei de-
Displacement-Transducers, NCDT). nen der k-Wert positiv und negativ einstellbar ist.
Abb. 7.5 Hallsensoren zur Positionsmessung. a Aufbau des Sensors, b Wirkungsweise. c Bauform
können Messungen bis 7 mm durchführen. Die Impulsfolge (z. B. 56 Impulse innerhalb 1 ms)
Bauteile sind auch in SMD-Bauweise erhältlich. aus und empfängt das Echo. Aus der Zeitdif-
ferenz zwischen Senden und Empfangen wird
Akustische Längensensoren Der akustische (unter Berücksichtigung der Schallgeschwin-
Längensensor nach dem Ultraschallprinzip kann digkeit) die Entfernung berechnet. Bei diesem
von 0,3 mm bis zu 10,7 m die Entfernung von Effekt ist eine definierte Grenzschicht zwi-
Objekten unabhängig von Form, Farbe und Ma- schen dem Medium, in dem sich der Schall
terial auch in staubiger Umgebung mit großer ausbreitet (z. B. Luft), und dem zu erfassenden
Genauigkeit messen. Der Wegsensor sendet eine Körper erforderlich. Eine solche Grenzschicht
390 E. Hering
Abb. 7.10 Piezoelektrischer Sensor für hohe Kräfte und hohe Temperaturen. Werkfoto: Kistler. a Piezoelektrischer
Effekt, b Aufbau, c Bauform
Abb. 7.11 Piezoresistive Sensoren. Werkfoto: Kistler. a Sensorelement, b Kennlinie, c Auswertung, d Bauform
Abb. 7.12 Thermoelemente. Werkfoto: mawi-therm. a Thermoelektrischer Effekt, b Werkstoffpaare nach DIN-
IEC 584, c Bauformen
Tab. 7.3 Physikalische Effekte in Silicium Druck- und Beschleunigungsmessung heran (Ab-
Physikalische Größe Effekt schn. 7.2.2). Statt Dehnmess-Streifen auf Silici-
Kraft, Druck, piezoresistiver Effekt um aufzubringen, können auch Piezowiderstände
Beschleunigung in Silicium diffundiert werden. Durch die Planar-
Temperatur pn-Übergang Bahnwiderstand technologie kann man zweidimensionale Sensor-
Magnetfeld Hall-Effekt felder (Sensor-Arrays) erzeugen, die komplexe
Licht Foto-Effekt, Foto-Voltaik
Messungen auf kleinstem Raum zulassen. Mit
chemisch Chem-FET (ionensensitiv)
einem solchen Sensor, der 50 Siliciumzungen
unterschiedlicher Eigenfrequenz in der Größen-
ordnung einiger Mikrometer hat, wertet man bei-
Verfügbarkeit Silicium gehört zu den Elemen-
spielsweise Vibrationsmessungen über eine Fou-
ten, die auf der Erde am häufigsten vorkommen,
rieranalyse (Abschn. 1.6.4) flächendeckend aus.
so dass es auf lange Zeit billig verfügbar sein
wird.
Temperatur-Sensoren Hierbei verwendet man
Technologie Die Herstellung eines Einkristalles
das NTD-Silicium (Neutron Transmutated
gelingt perfekt und ist preiswert. Die Fertigungs-
Doped), wie es in Abschn. 2.2.3.2 (Abb. 2.9)
technologie zur Weiterverarbeitung von Silicium-
ausführlich beschrieben ist. Diese Tempera-
Einkristallen ist sehr gut zu beherrschen.
tursensoren zeichnen sich durch sehr enge
Toleranzen, durch hohe Zuverlässigkeit und
Stellung zwischen Leiter und Isolator Als Ele- Langzeitkonstanz aus und sind im Hoch- und
ment der Gruppe 4 liegt es in seiner Leitfähig- Höchstfrequenzbereich einsetzbar.
keit zwischen den guten Leitern (z. B. Metallen)
und den Isolatoren (z. B. Kunststoffen) und ist
deshalb ein ideales Halbleitermaterial. Durch Zu- Magnetoresistive Sensoren
satz von Fremdatomen (Dotieren) können höhere Ein stromdurchflossener Leiter hat einen Wider-
Leitfähigkeiten eingestellt werden; als SiO2 ist es stand R. Wirkt ein Magnetfeld in der Ebene
eine gläserne Isolatorschicht. des stromdurchflossenen Leiters, so ändern die
Elektronen wegen der Lorentz-Kraft ihre Bahn.
Werkstoffeigenschaften Die verschiedenen Es entsteht eine transversale Spannung (Hall-
Modifikationen von Silicium (z. B. polykristal- Effekt), und der Widerstand R in Stromrichtung
lin oder amorph) bieten vielfältige Anwendungs- wird geringer (Magnetowiderstand).
möglichkeiten. Unterschiedliche Volumen- und Die Widerstandsänderung ist von der Stärke
Grenzschichteffekte sind die Grundlage für ganz und von der Richtung des Magnetfeldes (relativ
spezielle Sensoranwendungen (z. B. Temperatur- zum Strom) abhängig. Deshalb eignet sie sich
sensor oder Fotozellen). Silicium ist auch ein für Positions-, Winkel- und Strommessungen.
ideales Trägermaterial für dünne Schichten. Silicium zeigt eine verhältnismäßig geringe Be-
weglichkeit der Ladungsträger; deshalb ist der
7.3.1.2 Physikalische Effekte Hall-Effekt nicht besonders ausgeprägt. Verwen-
In Tab. 7.3 sind die verschiedenen physikali- dung finden in diesem Fall weichmagnetische
schen Effekte in Silicium zusammengestellt, die Materialien aus FeNi, die in mäanderförmigen
für Sensoranwendungen von Nutzen sind. Streifen auf der Oberfläche eines Silicium-
kristalls aufgebracht sind (Abb. 7.15a). Die
Kraft-, Druck- und Beschleunigungs-Sensoren vier Sensorelemente sind diagonal geschaltet,
Der Silicium-Einkristall wird in verschiedenen so dass sie bei Temperaturschwankungen ver-
Kristallrichtungen geätzt, wodurch druckabhän- hältnismäßig unempfindlich sind und man das
gige Widerstände (piezoresistiver Effekt) erzeugt Mess-Signal über eine Brückenschaltung aus-
werden. Diese Sensoren zieht man zur Kraft-, werten kann.
396 E. Hering
7.3.2.2 Anwendungen
7.3.2.1 Verfahren Die häufigsten Anwendungen liegen derzeit auf
Dünne Schichten aus Metall oder Isolationswerk- dem Gebiet der Messwiderstände zur Tempe-
stoffen werden mit chemischen oder physikali- raturmessung (Platin, Nickel und NiCr) oder
schen Verfahren auf Trägerwerkstoffe (Substrate) als Dehnmess-Streifen (DMS). Wegen seines
wie Silicium, Keramik, Glas oder Kunststoff- geringen Stromrauschens ist Gold für Strah-
Folien aufgebracht (Abb. 7.17). lungssensoren geeignet. Werden Kondensatoren
Wie Abb. 7.17 zeigt, gibt es die CVD-Verfah- mit feuchteempfindlichem Dielektrikum herge-
ren (Chemical-Vapour-Deposition) und die PVD- stellt, dann ergeben sich Feuchtesensoren, die
Verfahren (Physical-Vapour-Deposition). In den in der Verfahrenstechnik von großem Interesse
CVD-Verfahren finden chemische Reaktionen sind. Thermoketten bestehen aus einem Verbund
zwischen Gasen und der Substratoberfläche statt, mehrerer Metalle (z. B. Cu und Ni oder Bi und
die zur Abscheidung dünner Filme führen. Die Sb), die eine Spannung erzeugen, die von der
Reaktionen können durch Wärme, durch Plas- Wärmeeinstrahlung abhängig ist. Mit mehrla-
ma (Plasma-Enhanced, PE-CVD) oder durch gigen Feinstleiterstrukturen kann man mehrere
Licht (Light-Enhanced, LE-CVD) beeinflusst Chips auf einem Substrat erzeugen (Multi-Chip-
werden. Die Vorteile von CVD-Schichten liegen Module, MCM), wie Abb. 7.18 schematisch
in der großen Reinheit und der Porenfreiheit. zeigt.
398 E. Hering
7.3.3 Dickschichttechnik aufgebracht sind. Wird der Sensor von Gas oder
Wasser umspült, nimmt die Wärmeabfuhr zu.
Bei der Dickschichttechnik bringt man im Sieb- Je größer die Strömungsgeschwindigkeit eines
druckverfahren passive Bauelemente auf das Mediums ist, umso größer ist die gemessene
Substrat auf, wobei die Schichtdicken im Be- Wärmeabfuhr. Druckt man den Thermowider-
reich von 10 m bis 20 m liegen. Die wirksame stand in bestimmten Geometrien auf, dann
Substanz ist in der Paste mit Glaspulver und können auch die Richtungen der Strömung er-
einem organischen Lösungsmittel vermischt, mittelt werden. Abbildung 7.19a zeigt einen
so dass die entsprechenden physikalischen Ei- thermischen Fluss-Sensor zur Messung des
genschaften (z. B. Temperaturkoeffizient oder Massedurchflusses einer Flüssigkeit oder eines
Viskosität) je nach Anforderung einstellbar sind. Gases. Im unteren Teil ist das Sensorelement
Als Pasten werden hauptsächlich verwendet: zu sehen, das die Leiterbahnstruktur, einen
Leiterbahnpasten, Widerstandspasten (auf Oxid- Heizwiderstand und einen Temperatursensor
basis), Dielektrikapasten (Bariumtitanat) und enthält. Abbildung 7.19b zeigt einen vektori-
Abdeckpasten. ellen Strömungssensor in Dickschichttechnik. Im
In den Dickschichtschaltungen verwendet Mittelpunkt der Anordnung befindet sich eine
man häufig aktive Bauelemente (z. B. Verstärker punktförmige Wärmequelle (geheizter Dick-
oder A=D-Wandler), so dass Hybridschaltungen schichtwiderstand), die auf die kreisförmig
entstehen (Abschn. 1.9.4, Abb. 1.92), bei denen angeordneten NTC-Widerstandssensoren wirkt.
der Sensor und die Auswerteelektronik integriert Je nach Strömungsrichtung werden entspre-
sind. Die wesentlichen Vorteile dieser Sensoren chende Segmente gekühlt oder aufgeheizt und
bestehen in der hohen thermischen und elektri- ermöglichen auf diese Weise eine Richtungsaus-
schen Belastbarkeit sowie in der Zuverlässigkeit wertung der Strömung.
und Betriebssicherheit auch in aggressiver Indus-
trieumgebung. Kapazitiver Positionssensor In Dickschicht-
Folgende Anwendungen sollen beispielhaft technik wird eine Leiterbahnmatrix aufgebracht,
angeführt werden: deren x- und y-Richtung unterschiedliche Fre-
quenzen (z. B. 1 kHz und 4 kHz) aufweisen. Wird
Strömungsmesser Der thermische Durchfluss- darüber eine flache Elektrodenanordnung be-
Sensor besteht aus einem Heizwiderstand und wegt, dann koppeln die Kapazitäten bestimmte
aus einem Widerstand zur Temperaturmessung, elektrische Signale aus, die sich zur Positionsbe-
die beide auf einem Substrat aus Al2 O3 -Keramik stimmung nach Betrag und Richtung eignen.
7 Sensoren 399
Fotowiderstände Mit fotoleitender Paste aus Je nach Art der Modulation des Lichts sind
CdS, CdSSe oder CdSe können Fotowiderstände verschiedene Anwendungen denkbar.
aufgedruckt werden, wie sie für Lichtschranken
Verwendung finden.
7.3.4.1 Modulation der Lichtstärke
Hierbei handelt es sich um eine Änderung der
Lichtintensität durch Änderung des Brechungs-
7.3.4 Faseroptische Sensoren indexes, der Absorption oder der Emission. Ab-
bildung 7.20 zeigt einige Sensor-Prinzipien. Die
In Kap. 6 (Optoelektronik) sind die physikali- Messung erfolgt analog.
schen Grundlagen bei der Umwandlung optischer Mit Hilfe der Faser-Faser-Kopplung (Abb.
in elektrische Signale (und umgekehrt) ausführ- 7.20a) kann man digitale Signale übertragen.
lich erläutert sowie die einzelnen Bauelemente Nach diesem Verfahren arbeitet beispiels-
beschrieben, die auch als Sensoren Einsatz finden weise das digitale optische Flugleitsystem.
(in Abschn. 6.3.2: Lumineszenzdioden (LED) Weitere Anwendungen sind die Übermittlung
und Halbleiterlaser; in Abschn. 6.4 Anzeige- von Schaltzuständen in elektrischen Schaltun-
arten (LED-, Vakuum-Fluoreszenz-, Plasma- gen. Mit einem Lichtunterbrecher kann man
und Flüssigkristall-Displays); in Abschn. 6.5 die Schwingungszustände in rotierenden Maschinen
Bauelemente: Fotowiderstand, Fotodiode, Foto- analysieren oder digitale Informationen über-
transistor, Fotothyristor, Solarzelle, Bildsensoren tragen. Der Y-Reflexionssensor erzeugt analoge
und in Abschn. 6.6 die Optokoppler. Dieser Ab- Signale, mit denen beispielsweise Schwingun-
schnitt befasst sich mit faseroptischen Sensoren gen gemessen und Oberflächeneigenschaften
(Lichtwellenleiter, LWL), deren Grundlagen in untersucht werden können. Vor allem durch die
Abschn. 6.7 nachzulesen sind. Auswertung des Microbending-Effekts (kleinste
Die physikalischen Effekte, die für faseropti- Auslenkungen haben einen messbaren optischen
sche Sensorsysteme in Frage kommen, beziehen Effekt zur Folge, z. B. eine andere Strahlenfüh-
sich auf die Reflexion, Absorption oder Reemis- rung) ist es möglich, Dehnungen, Drücke und
sion von Licht oder auf die Änderung des Bre- Durchflüsse zu messen sowie Schwingungsana-
chungsindexes n (Tab. 7.4). lysen durchzuführen.
400 E. Hering
7.3.4.2 Modulation der Wellenlänge mischen Zelle finden Redoxreaktionen statt, etwa
Häufig wird die wellenlängenabhängige Absorp- gemäß folgender Gleichung:
tion zur Messung herangezogen oder die Tem-
peraturabhängigkeit des Bandübergangs eines Gasred • Gasox C e :
Halbleiters. Diese faseroptischen Strahlungspyro-
Diese Reaktionen setzen Elektronen frei (oder
meter gestatten die Temperaturmessung im Be-
verbrauchen Elektronen). Man misst entweder
reich von 600 ı C bis 1100 ı C an schwer zugängli-
das Potenzial zwischen den Elektroden oder den
chen Stellen (z. B. zur Temperaturmessung einer
Stromfluss.
Turbinenschaufel im Flugzeugtriebwerk). Mit
Faserbündeln kann man die Temperaturvertei- Bestimmung von Kohlenmonoxid (CO) In
lung erfassen. diesem Fall liegt folgende Reaktion zugrunde:
Takle Berührungslose
Sensoren Sensoren
Chroma- Interfero-
Triangu-
sche metrische
laon
Sensoren Sensoren
Messende bzw. scannende taktile Sensoren Oberfläche und vom inneren Zustand eines Bau-
Hierbei erfolgt ein kontinuierliches Abtasten teils. Von besonderer Wichtigkeit ist die Röntgen-
des Bauteils entlang von definierten Linien. Computer-Tomografie. Dabei wird das Bauteil ei-
Die Messergebnisse in diesen Linien sind eine ner energiereichen Röntgenstrahlung ausgesetzt,
Folge der Einzelmessungen der entsprechen- wobei die transmittierte Strahlung ein Bild er-
den Messpunkte. Die Genauigkeit hängt von der zeugt. Mit komplizierten Algorithmen werden
Scangeschwindigkeit und von der Messfrequenz dreidimensionale Bilder erzeugt, die auch Auf-
ab. Durch den Scanvorgang werden bedeutend schluss über den inneren Zustand des Bauteils
mehr Informationen über die geometrischen Ver- geben (z. B. Fehlstellen oder Fremdeinschlüsse in
hältnisse der Bauteile erzeugt. Gussteilen). Diese Messtechnik ist insbesondere
für die Materialforschung äußerst bedeutend.
Berührungslose lichtoptische Sensoren Diese
Sensoren ermöglichen über die Effekte der Tri-
angulation, der unterschiedlichen Farben (chro-
Dreh-Schwenk-Gelenke Um die äußeren Geo-
matische Sensoren) oder der Interferometrie die
metrien und die inneren Eigenschaften von
berührungslose und damit verschleißfreie Mes-Bauteilen in allen Richtungen messen zu kön-
sung einzelner Punkte. nen, müssen die Sensoren in alle drei Richtungen
schwenken können. Dies wird durch speziel-
Berührungslose bildgebende Sensoren Diese le Dreh-Schwenk-Gelenke ermöglicht, wie dies
Sensoren ermöglichen ein echtes Bild von der Abb. 7.26 zeigt.
Abb. 7.25 Typen von Koordinaten-Messmaschinen. a Gelenkarm-, b Horizontalarm-, c Portal- und d Gantry-
Koordinaten-Messmaschinen (Werkfotos: Faro Technologies Inc., Carl Zeiss IMT GmbH)
404 E. Hering
Ebenso bedeutend ist der Einsatz der Sensoren se und Einsatzgebiete. ViewegCTeubner Ver-
beim Verbraucher. Als wichtige Anwendungsbe- lag.
reiche sind beispielsweise zu nennen: Motoren Hesse, S., Schnelle, G.: (2011) Sensoren für
und Heizungen, ferner Dosierung von Hilfs- die Prozess- und Fabrikautomation: Funkti-
stoffen, beispielsweise von Waschpulver bei on – Ausführung – Anwendung. 5. Auflage,
Waschmaschinen und Enthärter bei Geschirr- ViewegCTeubner Verlag.
spülern. Dadurch kann man einen Beitrag zur Reichl, H.: Halbleitersensoren. Esslingen: Ex-
Verringerung der Umweltbelastung und zur Ein- pert Verl. 1989.
sparung von Rohstoffen und Energie leisten. Schanz, G. W.: (2004) Sensoren – Fühler der
Messtechnik. 3. Auflage, Hüthig Verlag.
Sensoren – Technologie und Anwendung.
7.5 Weiterführende Literatur (1988) VDI-Bericht 677. VDI-Verlag.
Technisches Messen. Sonderheft: (1983, 1988
Hering, E., Schönfelder, G.: (2011) Sensoren und 1989) Sensoren. München: Oldenbourg
in Wissenschaft und Technik. Funktionswei- Verlag.
Analoge integrierte Schaltungen
8
Klaus Bressler und Rolf Martin
8.1 Herstellung und Technologie ringe Preis je aktives Element der heute verwen-
deten komplexen analogen und digitalen Schal-
Integrierte Schaltungen bestehen aus einer Viel- tungen haben die Verbreitung der Elektronik in
zahl von passiven und aktiven Bauelemen- alle Lebensbereiche möglich gemacht. Die auch
ten (z. B. Widerstände, Dioden, Kondensatoren bei analogen Halbleitern erheblich verbesserte
oder Transistoren), die durch eine entsprechen- Herstellungstechnologie erlaubt heute den pro-
de Schaltung miteinander verbunden sind. Aus blemlosen Aufbau leistungsfähiger Analogschal-
diesen Bauelementen baut man größere und kom- tungen. Diese sind vor allem dann kleiner und
pliziertere monolithische Schaltungen auf sehr preisgünstiger als Digitalschaltungen, wenn die
kleinem Raum auf (z. B. in einem Chip der Schnittstellen analoge Signale verlangen, die Ge-
Kantenlänge 0,5 bis 2 mm). Auf einer Silicium- nauigkeit nicht allzu groß sein muss oder die
Scheibe lassen sich gleichzeitig sehr viele identi- Signalverarbeitung sehr schnell sein muss, wie
sche integrierte Schaltungen unterbringen. Durch beispielsweise für eine schnelle Regelung.
die Massenproduktion der integrierten Schaltun- Soll ein analog erfasstes Signal digital weiter-
gen entfällt auf jede nur ein kleiner Teil der verarbeitet werden, beispielsweise vor und in ei-
hohen Entwicklungs- und Fertigungskosten, so nem Digital-Analog-Wandler, dann darf der Ana-
dass die integrierte Schaltung nicht nur wesent- logteil keine zusätzlichen Fehler verursachen.
lich kleiner, sondern auch billiger und – wegen Moderne Präzisionsverstärker arbeiten auch bei
der geringen Anzahl an Lötverbindungen – auch 16 Bit Auflösung (entsprechend 15 106 ) im
zuverlässiger ist. Voraussetzung für eine hohe Digitalteil ausreichend genau. Die Entwicklung
Zuverlässigkeit ist ein geeignetes Gehäuse, das geht immer mehr zu einer digitalen Verarbeitung
schädliche Fremdstoffe, vor allem Wasserdampf, mit Mikrorechnern. Dazu werden die analog vor-
von den feinen und empfindlichen Halbleiter- verarbeiteten Signale in digitale Form gewandelt,
strukturen fernhält. Weiterhin dürfen die Grenz- im Rechner verarbeitet und das Ergebnis bei Be-
werte des erlaubten Arbeitsbereichs wie Span- darf wieder in den analogen Bereich umgesetzt.
nungen, Ströme, Verlustleistung und Temperatur Integrierte digitale Schaltungen sind im
nicht überschritten werden. Kap. 12 beschrieben. Analoge integrierte Schal-
Die große Integrationsdichte, die günstigen tungen kann man mit den heute weit entwickelten
Leistungsdaten, die Zuverlässigkeit und der ge- Technologien für fast jeden Anwendungszweck
herstellen, sofern die benötigte Stückzahl die
K. Bressler () Entwicklungskosten rechtfertigt. Analoge inte-
E-Mail: Klaus.Bressler@web.de grierte Schaltungen wurden zuerst in bipolarer
R. Martin Technologie gebaut, sie wird zunehmend durch
E-Mail: rolf.martin@hs-esslingen.de die MOS-Technologie ergänzt und ersetzt. Dabei
stellt man die einzelnen Bauteile gleichzeitig ne- nung sondern einen eingeprägten Strom abge-
beneinander auf der Oberfläche eines Chips her. ben.
Viele gleichartige Schaltungen werden auf einer
15 bis 25 cm großen Scheibe aus hochreinem ein-
kristallinem Silizium, einem Wafer hergestellt. 8.2.1 Idealer und realer
Operationsverstärker
halb wird hier mit dem gut erkennbaren aber Verstärkers und ihre jeweilige schaltungstechni-
nicht normgerechten Zeichen gearbeitet. Die An- sche Ursache sind hierin beschrieben. Ein Ver-
schlüsse für die Speisespannungen CUS und US gleich mit den erklärten Begriffen des Operati-
(Abb. 8.2c) werden wegen der besseren Übersicht onsverstärkers (Tab. 8.2) sei empfohlen.
meistens weggelassen. Der einfachste Operationsverstärker besteht
aus drei gleichspannungsgekoppelten Verstärker-
stufen. Abbildung 8.3 zeigt seine Prinzipschal-
8.2.2 Schaltungstechnischer Aufbau tung. In der Praxis enthalten die Verstärker viele
weitere Bauelemente, um die erwünschte Funkti-
Der folgende Abschnitt zeigt den Aufbau ei- on unter den geforderten Bedingungen sicherzu-
nes Operationsverstärkers. Die Eigenschaften des stellen.
408 K. Bressler und R. Martin
a b c
Us +
-- -- --
+ + +
Us -
Abb. 8.2 Schaltzeichen des Operationsverstärkers. a nach DIN EN 60617-3, b älteres und weitverbreitetes Symbol,
unbeschaltet, c Symbol mit Spannungsversorgung
Operationsverstärker werden meistens aus renzverstärker (Abschn. 3.2.6 und Abb. 8.3). Er
zwei symmetrischen Speisespannungen CUS und hat zwei Eingänge, einen invertierenden () und
US gespeist, die im allgemeinen ˙15 V betra- einen nicht invertierenden (C), die in der Schal-
gen. Sie erhalten keinen 0-Volt- oder Massean- tung meist mit C und bezeichnet sind. Das
schluss der Versorgungsspannung. Bis auf eine Eingangssignal UI erscheint verstärkt und gleich-
kleine Restspannung von ungefähr 1 bis 3 V kön- phasig am Kollektor des Transistors T2 und am
nen sich die Eingangs-, Ausgangs- und internen Kollektor von T1 verstärkt und gegenphasig.
Potenziale frei innerhalb der Versorgungsspan- Der Kollektor C2 steuert die Basis des Transis-
nungen bewegen. Für besondere Anwendungen tors T3 , der als zweite Spannungsverstärkerstufe
gibt es Verstärker, die mit wesentlich kleineren arbeitet.
Spannungen (3 V) und kleinen Versorgungsströ- Sein Kollektor steuert die Basisanschlüsse der
men im A-Bereich auskommen. Dabei kann Endstufentransistoren T4 und T5 , die in Kollek-
oft auf die negative Versorgungsspannung ver- torschaltung betrieben werden. Der Transistor
zichtet werden. Man nennt sie Single Supply T4 liefert positive Ausgangsströme, T5 negative
OPV. Die erste Verstärkerstufe ist stets ein Diffe- Ausgangsströme. Beide sind reine Stromverstär-
410 K. Bressler und R. Martin
Abb. 8.5 Verstärkung als Funktion der Frequenz Abb. 8.6 Größtmögliche Ausgangsspannung eines Ope-
rationsverstärkers als Funktion der Frequenz
Abb. 8.9 Stromquelle als Arbeitswiderstand. a Vergleich Ohm’scher Arbeitswiderstand oder Stromquelle. b Aus-
gangskennlinien des Transistors und der Stromquelle als Arbeitswiderstand
Stromspiegel (T6 ) aufrecht zu erhalten, steigt die Die Stromquellen bestimmen die Kollektor-
Kollektor-Emitter-Spannung UCE4 am Transistor ströme. Die Differenz der Versorgungsspannun-
T4 soweit an, dass der Strom durch den Transis- gen CUB .UB / wird um die Basis-Emitter-
tor T6 ausreichend groß bleibt. Gegenüber einer Spannungen UBE der Transistoren T11 und T12
festen Stromquelle als Arbeitswiderstand für T4 verringert und bestimmt den Strom durch R5 . Er
verdoppelt der Stromspiegel die Spannungsver- steuert die Stromspiegel aus T10 und T11 und T12
stärkung des Differenzverstärkers. Am Kollektor und T13 . Die Basis-Emitter-Spannung an T11 fällt
von T4 verlässt das Signal den Differenzverstär- an der Basis von T10 und dem Emitterwiderstand
ker und steuert den Spannungsverstärker T16 und R4 ab. Damit ist der Strom in T10 wesentlich klei-
T17 an. ner als in T11 , aber von diesem abhängig. Dieser
Gleichsinnige Änderungen der Eingangsspan- kleinere Strom versorgt über den Stromspiegel
nungen verschieben das Basis-Emitter-Potenzial T8 und T9 den Differenzverstärker am Eingang.
der Transistoren T1 bis T4 , aber nicht deren Kol- Der größere Strom versorgt über den Stromspie-
lektorpotenzial. Die dadurch verursachte, geringe gel aus T12 und T13 den Spannungsverstärker T16
ebenfalls gleichsinnige Kollektorstromänderung und T17 . Damit arbeitet er auf einen hochohmi-
IC3 und IC4 belastet beide Anschlüsse des Strom- gen differenziellen Widerstand und hat eine hohe
spiegels gleich, weshalb an den Kollektoren T4 Spannungsverstärkung, Abb. 8.9.
und T6 keine Spannungsänderung auftritt. Die Ausgangsspannung der ersten Stufe hängt
Gleichsinnige Änderungen der Eingangsspan- nur von der Eingangsdifferenzspannung UI , nicht
nung werden nicht verstärkt, sondern abge- aber vom gemeinsamen Potenzial der Eingänge
schwächt. Diese Eigenschaft bezeichnet man als gegenüber der Versorgungsspannung ab. Gleiche
Gleichtaktunterdrückung (engl.: Common Mode Änderungen beider Eingangsspannungen wirken
Rejection Ratio, CMRR) und gibt sie in dB an. sich auf den Transistor T16 als zweite Verstärker-
Sie wird durch die erste Stufe bestimmt und stufe nicht mehr aus (Abb. 8.8).
kann heute durch schaltungstechnische Maßnah- Die angegebene hohe Gleichtaktunterdrü-
men und eine gut entwickelte Technologie über ckung trifft nur für Gleichspannung und Frequen-
120 dB betragen. zen bis zu einigen hundert Hertz zu. Bei höheren
8 Analoge integrierte Schaltungen 415
sorgungsspannungen CUS und US ), während Temperaturen (> 100 ı C) kann der Eingangs-
die Kollektor-Emitter-Spannung UCE der Ein- strom, der ein Sperrstrom eines pn-Übergangs ist,
gangstransistoren T1 und T2 durch Z1 begrenzt sehr stark ansteigen.
wird. Die Kollektor-Emitter-Strecken der Tran- Für Sonderanwendungen gibt es Leistungs-
sistoren T11 und T12 nehmen die Gleichtakt-Ein- operationsverstärker, die bei hoher Spannung
gangsspannung auf. (US D ˙140 V) oder hohen Strömen (I0 D
Übersteigt die Eingangsdifferenzspannung ˙10 A) arbeiten können. Die hohe Verlustleis-
1 V, dann wird ein Eingangstransistor durch ei- tung wird über ein bei Leistungstransistoren ver-
ne zu große in Sperrrichtung anliegende Basis- wendetes Gehäuse abgeführt (Abb. 3.3).
Emitter-Spannung zerstört. Die beiden antipar-
allel geschalteten Dioden schützen den Eingang
deshalb vor Überspannung. 8.2.5 Stabilitätsbetrachtung
Diese Schaltung hat einen guten Gleichlauf
beider Eingangstransistoren und daher eine klei- Die Rückkopplung eines Operationsverstärkers
ne Eingangsfehlspannung. Die hohe Stromver- führt bei falscher Dimensionierung zur Selbster-
stärkung der Eingangstransistoren führt neben regung und damit zu unerwünschten Schwingun-
einem kleinen Eingangsstrom (IIB 0;5 nA) zu gen. Operationsverstärker werden stets mit einer
einem sehr hohen Eingangswiderstand (RE Rückkopplung vom Ausgang auf den invertie-
40 M) und einer guten Gleichtaktunterdrü- renden Eingang betrieben. Der Signalfluss vom
ckung (CMRR > 110 dB). invertierenden Eingang zum Ausgang entspricht
Der kleine Arbeitsstrom von IC 1 A und 180ı Phasendrehung. Eine ohmsche Beschaltung
die unvermeidbaren parasitären Kapazitäten be- verursacht keine zusätzliche Phasendrehung, und
dingen schon bei niedrigen Frequenzen einen fre- es entsteht eine ideale Gegenkopplung.
quenzabhängigen Verstärkungsabfall. Verstärker Mit zunehmender Arbeitsfrequenz erzeugt der
mit dieser Eingangsstufe sind zwar genau, aber Operationsverstärker selbst eine zusätzliche Pha-
meistens langsam. Sie haben im Allgemeinen sendrehung; denn seine Verstärkerstufen beste-
einen weiteren Differenzverstärker als zusätzli- hen aus Transistoren mit endlicher Grenzfre-
che Spannungsverstärkerstufe. quenz sowie Widerständen und Kondensatoren
Soll der Operationsverstärker bei höheren Fre- im Arbeitskreis. Erreicht diese zusätzliche Pha-
quenzen arbeiten, dann muss man entweder die sendrehung 180ı , dann wirkt das zurückgekop-
Eingangsstufe mit einem höheren Strom betrei- pelte Signal nicht gegen das Eingangssignal,
ben, wobei der benötigte Eingangsstrom steigt sondern mit ihm und verstärkt seine Wirkung.
und der Eingangswiderstand sinkt, oder den Dif- Aus der Gegenkopplung ist eine Mitkopplung ge-
ferenzverstärker aus Feldeffekttransistoren auf- worden. Jede Störung, beispielsweise Rauschen,
bauen (Abschn. 3.4.5, Abb. 3.62). erscheint wieder verstärkt am Eingang und durch-
Eine Stromquelle in der gemeinsamen Source- läuft den Verstärker erneut solange, bis der Ver-
Zuleitung ermöglicht einen großen Eingangs- stärker die Aussteuergrenze erreicht, d. h. der
spannungsbereich und eine gute Gleichtaktun- Regelkreis schwingt.
terdrückung. Feldeffekttransistoren haben einen Im regelungstechnischen Sinn ist der Ope-
vernachlässigbar kleinen Gate-Strom, auch wenn rationsverstärker eine Reihenschaltung mehre-
der Drain-Strom im Ausgangskreis groß ge- rer Tiefpässe, die mit zunehmender Frequenz
wählt wird, um höhere Frequenzen im Verstärker die Verstärkung verringern und durch die Si-
zu verarbeiten. Diese Eingangsstufe ermöglicht gnallaufzeit eine Phasenverschiebung zwischen
schnelle Verstärker mit hohem Eingangswider- dem Eingangs- und dem Ausgangssignal ver-
stand. ursachen. Abbildung 8.11a zeigt die drei Ver-
Differenzverstärker mit Feldeffekttransistoren stärkerstufen als in Reihe geschaltete Tiefpäs-
haben aber eine größere und stärker tempera- se. Diese verstärkenden Tiefpässe verursachen
turabhängige Eingangsfehlspannung. Bei hohen die in Abb. 8.11b dargestellte, frequenzabhän-
8 Analoge integrierte Schaltungen 417
Abb. 8.17 Operationsverstärker ADA4051-1 mit sehr kleiner Offsetspannung. Werkbild: Analog Devices
RC1 RC2
Das obere Ende des Eingangsspannungsbe- npn-Transistoren kann den oberen Bereich der
reichs wird durch den Spannungsabfall an der Eingangsspannung verarbeiten.
Stromquelle im Emitterkreis und an den zwei Das kann am Beispiel des LT1800 von Li-
Basis-Emitter-Strecken der Eingangstransistoren near Technology erläutert werden (Abb. 8.19,
bestimmt, es liegt 1,5 V bis 2 V unter der positi- vereinfachtes Schaltbild des LT1800). Im Ein-
ven Betriebsspannung. Das reicht oft, aber nicht gangsspannungsbereich von 0 bis 1,2 V unter
immer aus. Die Ausgangsstufe muss auch bis zur der positiven Betriebsspannung arbeiten Q1 und
Ausgangsspannung 0 V arbeiten, das wird unten Q2. Sie speisen ihr Ausgangssignal am Emitter
bei den Rail to Rail Verstärkern beschrieben. Q8 und Q9 ein. In dieser Phase ist die Span-
Verstärker für eine Versorgungsspannung eig- nung an den Emittern von Q1 und Q2 kleiner
nen sich gut für AD-Wandler in Batterie be- als die Basisspannung VBIAS von Q5, deshalb ist
triebenen Geräten, zur Strommessung mit einem Q5 stromlos. Über den Stromspiegel Q6 und Q7
niederohmigen Widerstand in der Masseleitung ist auch der Differenzverstärker Q3, Q4 strom-
und für viele weitere Anwendungen. los und hochohmig. Steigt die Emitterspannung
von Q1 und Q2 mehr als 0,5 V über VBIAS an
Q5, wird er leitend und lenkt den Strom I1 in
8.2.8 Rail to Rail Verstärker den Stromspiegel Q6. Jetzt arbeiten Q3 und Q4,
der Differenzverstärker aus Q1 und Q2 ist jetzt
Bei diesen Verstärkern darf sich die Eingangs- stromlos und hochohmig. Das Signal wird beim
spannung im ganzen Betriebsspannungsbereich Emitter Q11 und Q12 eingespeist. Die aktiven
bewegen. Auch die Ausgangsspannung soll die- Transistoren Q11 und Q12 arbeiten jetzt auf den
sen bis auf wenige mV überstreichen. Am Ein- Stromspiegel aus Q8, Q9 und Q10.
gang müssen die letzten 2 V bis zur positiven Be- Der Übergang vom einen Differenzverstärker
triebsspannung verarbeitet werden können. Der auf den anderen geht nicht linear und kontinuier-
häufigste Weg sind zwei parallel geschaltete lich. Der Knick oder Haken in der Übertragungs-
komplementäre Differenzverstärker im Eingang. kennlinie kann stören. Ein anderes Verfahren
Die Stufe mit den pnp-Transistoren verarbeitet vermeidet diesen Nachteil. Der Differenzverstär-
den unteren Bereich der Betriebsspannung. Ein ker mit den pnp-Transistoren wird aus einer 2 V
sehr ähnlich aufgebauter Differenzverstärker aus bis 3 V höheren Spannung gespeist, der Ein-
8 Analoge integrierte Schaltungen 423
a b
Abb. 8.20 a Ladephase des Transferkondensator C1 , b Entladephase des Transferkondensator bei aufgesetzter Span-
nung von C1
Abb. 8.21 Vereinfachtes Schaltbild des sehr schnellen Operationsverstärkers LT1226. Werkbild: Linear Technology
Universalverstärker. Neben dem Verstärkungs- widerstand des Transistors T6. Nur an seinem
Bandbreite-Produkt ist auch die Anstiegsge- Kollektor bildet sich die Signalspannung aus, die
schwindigkeit der Ausgangsspannung wesentlich über die folgenden Stromverstärker die Endstufe
größer. Typisch sind Werte zwischen 10 V=s ansteuert. Das Verstärkungs-Bandbreite-Produkt
und 100 V=s sowie ein Verstärkungs-Bandbrei- beträgt 1000 MHz, die Anstiegsgeschwindigkeit
te-Produkt oberhalb 20 MHz. Diese Verstärker 400 V=s. Dieser Verstärker arbeitet noch bei
können noch mit ˙15 V betrieben und nach den den üblichen ˙15 V Betriebsspannung mit wenig
Regeln für Standardverstärker beschaltet werden. Ruhestrom, 7 mA, und erreicht ˙12 V Ausgangs-
Die höhere Verlustleistung erwärmt den Verstär- spannung.
ker schon deutlich. Noch schnellere Operationsverstärker benö-
Schnellere Verstärker haben zwischen dem tigen höhere interne Ströme, sie haben auch
Differenzverstärker im Eingang und der Endstu- deutlich kleinere Ausgangs- und Versorgungs-
fe zur Stromverstärkung nur noch eine wirksame spannungen. Je höher die Wechselspannung und
Stufe zur Spannungsverstärkung. Damit hält man die Frequenz sind, desto mehr Strom wird
die Phasenverschiebung durch interne Verzöge- zum Umladen der Kondensatoren gebraucht.
rungsglieder deutlich unter 180ı . Diese Verstärker arbeiten oft nur zwischen
Ein typisches Beispiel ist der LT1226 von 2,7 V und 5 V. Man nutzt sie zum Verstärken
Linear Technology. Abbildung 8.21 zeigt ein ver- von Videosignalen oder für Leitungstreiber und
einfachtes Schaltbild. Der Differenzverstärker im -empfänger. Oberhalb von 10 MHz müssen die
Eingang arbeitet auf Stromquellen mit T3 und T4 Ein- und Ausgänge allmählich nach Hochfre-
als Arbeitswiderstände. Diese Stromquellen ver- quenzregeln beschaltet werden. Leitungen müs-
sorgen die Transistoren T1, T2, T5 und T6 mit sen mit ihrem Wellenwiderstand abgeschlossen
Strom. Dieser Strom kann groß sein, um inter- sein und möglichst auch damit eingespeist wer-
ne Kapazitäten schnell umzuladen und um die den.
Transistoren in einem Arbeitsbereich mit hoher Diese Verstärker können, wie alle Opera-
Transitfrequenz zu halten. Das Signal wird über tionsverstärker, die Eingangsspannungsdifferenz
die Emitter der Transistoren T5 und T6 in die von Gleichspannung bis zur oberen Grenzfre-
nächste Stufe eingespeist. Ein doppelter Strom- quenz breitbandig verstärken. Gleichtaktspan-
spiegel bildet den sehr hochohmigen Arbeits- nungen werden unterdrückt.
8 Analoge integrierte Schaltungen 425
.Ua U / .Ua Ua =0 /
I2 D D
R2 R2
I1 C I2 D 0
Ue Ua Ua Ua
C D0
R1 .0 R1 / R2 .0 R2 /
Die Eingangsspannung Ue beträgt:
Ua Ua R1 Ua R1
Ue D C :
0 0 R2 R2
Bei realen Operationsverstärkern liegt die offene
Abb. 8.23 Invertierender Spannungsverstärker Verstärkung v0 zwischen 104 und 106 , die er-
forderliche Eingangsspannung U1 D Ua =v0 ist
gegenüber den übrigen Größen vernachlässigbar
wegen der sehr großen Verstärkung (v D 1)
klein und kann bei der Berechnung entfallen. Die
ist die Spannung UI zwischen den Eingängen
Näherung U D 0 wird bei der Berechnung aller
des Verstärkers null.
folgenden Schaltungen verwendet. Nach Ua auf-
gelöst ergibt sich für die Übertragungsfunktion
8.3.1 Invertierender R2
Spannungsverstärker Ua D Ue : (8.1)
R1
Abbildung 8.23 zeigt die Schaltung des inver- Die Verstärkung v ist demnach
tierenden Spannungsverstärkers. Zur Verdeutli- Ua R2
chung sind die Versorgungsspannungen CUS und vD D : (8.2)
Ue R1
US eingezeichnet, aus denen die Schaltung ge-
speist wird. In den folgenden Schaltungen sei der Man erkennt, dass die Eingangsspannung Ue
Übersicht wegen darauf verzichtet. im Verhältnis der Widerstände R2 =R1 vergrö-
Die offene Verstärkung v0 des Operationsver- ßert und mit invertiertem Vorzeichen am Ausgang
stärkers sei groß, aber nicht 1. Deshalb gilt: erscheint. Der Wert v ist unabhängig von der of-
fenen Verstärkung v0 des Operationsverstärkers,
Ua D U v0 ; solange diese sehr groß gegenüber R2 =R1 ist. Der
Ue D U C I1 R1 und Eingangswiderstand Re der Schaltung ist Re D
Ue =I1 D R1 . Der Verstärker regelt die Aus-
I2 D .Ua U /=R2 :
gangsspannung so, dass die Eingangsspannung
Nach der Knotenregel ist die Summe der Ströme U stets null ist. Solange die Schaltung linear ar-
im Knoten null: I1 C I2 I D 0. Gegenüber beitet, hat der Knoten am invertierenden Eingang
den Strömen durch die Widerstände R1 und R2 immer das Potenzial des nicht invertierenden Ein-
ist der Eingangsstrom I des Operationsverstär- gangs. Liegt der nicht invertierende Eingang auf
kers sehr klein. Man kann ihn in der Berechnung Nullpotenzial, dann stellt der Knoten einen virtu-
vernachlässigen, so dass mit guter Näherung gilt ellen Nullpunkt dar. Der Eingangswiderstand Re
I1 C I2 D 0. ist in diesem häufig vorkommenden Fall gleich
Die Näherung II D 0 sei bei der Berechnung dem Widerstand R1 zwischen der Eingangsspan-
aller folgenden Schaltungen zugrunde gelegt. Für nung und dem virtuellen Nullpunkt:
die Ströme gilt:
Re D R1 : (8.3)
.Ue U / .Ue Ua =0 / I Hinweis für die Praxis: Solange der Operati-
I1 D D
R1 R1 onsverstärker im linearen Bereich arbeitet, ist
8 Analoge integrierte Schaltungen 429
Beispiel 8.3-2
Die Aufgabe besteht darin, die Spannung aus
dem Beispiel 8.3-1 mit einem nicht invertie-
renden Verstärker nach Abb. 8.25 zu verstär- Abb. 8.26 Schaltung des Subtrahierverstärkers
ken.
Abbildung 8.26 zeigt eine Subtraktionsschaltung Aus Gl. 8.10 ist ersichtlich, dass nur die Differenz
für zwei Eingangsspannungen Ue1 und Ue2 . Die der Eingangsspannungen Ue1 Ue2 gemessen
Schaltung besteht aus einem invertierenden Ope- wird, wenn das Verhältnis der Widerstände am
rationsverstärker, dem eine zweite Eingangsspan- invertierenden und nicht invertierenden Eingang
nung Ue1 über einen Spannungsteiler an den nicht gleich ist.
invertierenden Eingang zugeführt wird. Die Subtraktionsschaltung findet in der Praxis
Es gelten folgende zwei Maschengleichungen: oft als Brückenverstärker, für Strom-Spannungs-
Wandler Verwendung. Dabei wird nur die Diffe-
Ua D UR4 C Un D UR4 C Up ; (8.6) renz zweier Spannungen verstärkt, nicht aber eine
R3 gemeinsame unerwünschte Spannung, die beiden
Up D Ue1 : (8.7)
R1 C R3 überlagert ist.
8 Analoge integrierte Schaltungen 431
8.3.3.1 Instrumentenverstärker
Die in Abb. 8.27 gezeigte Schaltung eines Mess-
verstärkers ist dann zu wählen, wenn eine einfa-
che Subtraktionsschaltung hinsichtlich des hohen
Eingangswiderstandes, der hohen Gleichtaktun-
terdrückung und der geringen Drift nicht genügt.
Es gilt folgende Maschengleichung:
Ue1 Ue2
I D : (8.11b) nur drei Operationsverstärker, deren Temperatur-
R2
und Eingangsspannungsfehler (offset) sich weit-
Der rechte Teil der Abb. 8.27 ist die Subtrakti- gehend kompensieren, sondern auch hochgenaue
onsschaltung nach Abb. 8.26, so dass man für Widerstände in der Beschaltung. Der Eingangs-
Gl. 8.10 schreiben kann widerstand, die Gleichtaktunterdrückung und die
R3 Genauigkeit der Verstärkung sind meistens bes-
Ua D .Ua1 Ua2 / D Ua1 Ua2 : ser, als dies bei nachträglicher Beschaltung zu
R3
erreichen ist, und der Eingangswiderstand ist
Unter Berücksichtigung der Gl. (a) und (b) ergibt in jedem Fall höher als in der Schaltung nach
sich die Übertragungsgleichung Abb. 8.28.
Mit der Subtraktionsschaltung lässt sich, wie
2 R1 C R2 Abb. 8.28a zeigt, die Diagonalspannung in ei-
Ua D .Ue1 Ue2 /
R2 ner Wheatstoneschen Brücke (Abschn. 1.3.3.4)
(8.12) verstärken. Die Brückenwiderstände können aus
2 R1
D 1C .Ue1 Ue2 / : ohmschen Widerständen, aber auch aus tempe-
R2
raturabhängigen (NTC, PTC), aus lichtempfindli-
Instrumentenverstärker gibt es fertig in einem chen Bauelementen wie Fotodioden und Fotowi-
Gehäuse eingebaut. Die Schaltung enthält nicht derständen oder aus magnetfeldabhängigen Wi-
432 K. Bressler und R. Martin
R3 .R2 C R2 .1 C ˛// R2 .1 C ˛/
Ua D UB
R2 .R3 C R3 / R2
˛
D UB : (8.13)
2 Abb. 8.29 Schmitt-Trigger, nicht invertierend. a Schal-
tung, b Eingangsspannung Ue und Ausgangsspannung Ua
beim Schmitt-Trigger
8.3.4 Schmitt-Trigger
positive oder negative Sättigungsspannung des
Wird ein Vorgang zu einem genau bestimm-
Operationsverstärkers abgeben. Demnach gilt für
ten Zeitpunkt durch ein Steuersignal (z. B. einen
die Differenzspannung: UD D Up Un .
Impuls) ausgelöst, dann spricht man von einer
Für den Operationsverstärker gilt Ua D vUD .
Triggerung (trigger: engl.: Auslöser). Eine Trig-
Ist die Spannungsverstärkung v größer als die
gerschaltung erzeugt eine Ausgangsspannung mit
Abschwächung ˛ durch die Rückkopplung, mit
steilen Flanken, sobald die Eingangsspannung
a D R2 =R1 , dann ist die Ausgangsspannung
einen bestimmten Pegel erreicht hat. Die Ein-
die positive oder negative Sättigungsspannung
gangsspannung kann sich dabei beliebig langsam
(UCsätt , Usätt ) des Operationsverstärkers. Stabi-
verändern.
le Zwischenwerte gibt es nicht. Abbildung 8.29b
Diese Flanke wird meistens in digitalen Schal-
zeigt die Verhältnisse.
tungen weiterverarbeitet. Das Steuersignal kann
Bei einer großen positiven Eingangsspannung
einmalig, periodisch oder regellos kommen.
Ue > Ue1 wird Ua D UCsätt . Am nicht inver-
Abbildung 8.29a zeigt einen nicht invertieren-
tierenden Eingang des Verstärkers liegt dann die
den Schmitt-Trigger, der sich gut als Schwell-
Spannung
wertschalter eignet.
Im Gegensatz zu den meisten Schaltungen mit Ue R2 C UCsätt R1
Operationsverstärkern wird das Ausgangssignal Up D > 0:
R1 C R2
auf den nicht invertierenden Eingang zurückge-
führt. Statt der üblichen Gegenkopplung entsteht Wird Ue verkleinert, dann ändert sich Ua zunächst
eine Mitkopplung. Die Schaltung hat keine stabi- gar nicht, weil der Verstärker dank seiner großen
le analoge Ausgangsspannung; sie kann nur die Verstärkung in der Sättigung bleibt. Erreicht Ue
8 Analoge integrierte Schaltungen 433
den negativen Wert Ue2 , so ist UD D 0. Wird Störungen bis zu 20 mVss v überlagert sind.
UD D Up Un geringfügig negativ, so springt der Störungen, die kleiner als 24 mV sind, dür-
Verstärker von UCsätt auf Usätt . Von Usätt nach fen in der Nähe des Umschaltpunktes keine
UCsätt ändert sich der Ausgang erst wieder bei Ue1 Schaltvorgänge auslösen. Der Schmitt-Trigger
mit Up > 0. Der Verstärker besitzt eine Hystere- nach Abb. 8.29a gibt am Ausgang ˙12 V ab.
se Ueh . Bei einer sinusförmigen Spannung Ue D
Ue sin.! t/ ergibt sich ein Verlauf von Ua nach Lösung
Abb. 8.29b (rot eingezeichnet). Nach Gl. 8.15 ist die Hysterese Ueh am Ein-
Für die Umschaltpunkte gilt gang: Ueh D 2 R1 Usätt =.R1 C R2 /. Mit R2
R1 R1 gilt näherungsweise:
Ue1 D Usätt Ue1 > 0 I (8.14)
R2
Ueh D Usätt 2 R1 =R2 ;
R1
Ue2 D UCsätt Ue2 < 0 : R2 D 2 R1 Usätt =Ueh :
R2
Bei symmetrischen Operationsverstärkern ist Um die Quelle möglichst wenig zu beeinflus-
UCsätt D Usätt D Usätt . Für die Schalthysterese sen, wird R1 auf 2,2 k festgelegt.
gilt dann
R2 D 2 2;2 k 12 V=24 mV
Ueh D Ue1 Ue2
D 2;2 M:
R1 R1
D Usätt UCsätt
R2 R2 Die Bedingung R2 R1 ist somit erfüllt.
R1
D .Usätt UCsätt / ;
R2
R1
Ueh D 2 Usätt : (8.15) 8.3.5 Nichtlinearer Verstärker
R2
Schließt man den invertierenden Eingang nicht Mitunter wird in einem System eine nichtlinea-
an 0 V, sondern an eine Referenzspannung an re Übertragungskennlinie benötigt. Der lineare
(Abb. 8.30a), dann lässt sich der Nullpunkt Verstärker erhält dann eine definierte nichtlinea-
der Hystereseschleife entlang der Eingangsspan- re Rückführung, die die gesamte Übertragungs-
nung Ue um den Wert von URef verschieben kennlinie ändert, Abb. 8.31.
(Abb. 8.30b). Gilt für den Rückführwiderstand (VDR, Vol-
Wenn man den Schmitt-Trigger mit einem tage dependent resistor) die Kennlinie nach
normalen Operationsverstärker aufbaut, dann Abb. 8.31b (schwarz), dann gilt für den gan-
schaltet der Ausgang nicht sofort beim Erreichenzen Verstärker die an der 45ı -Linie gespiegel-
der Umschaltbedingung (Gl. 8.15) um. Das große te Kennlinie (rot). Das Diagramm zeigt direkt
Eingangssignal übersteuert die einzelnen Stufen den Strom I in den Sternpunkt und im Wider-
und der Verstärker benötigt einige Mikrosekun- stand R1 . Da die Summe aller Ströme im Stern-
den Erholungszeit, um seine analoge Funktions- punkt und der Eingangsstrom des Operationsver-
weise zu erhalten. Wesentlich schneller arbeitetstärkers null ist, ist der Strom in R1 genauso
ein Komparator, der aber meistens nur mit einer groß wie der Rückstrom I . Der genau passende
positiven Spannung versorgt wird und dann am Rückführwiderstand wird selten verfügbar sein.
Eingang auch keine negative Eingangsspannung Eine Kombination aus einem spannungsabhän-
verarbeiten kann. gigen Widerstand oder einer oder mehrerer Z-
Dioden mit linearen Widerständen führt meistens
Beispiel 8.3-3 zu einem brauchbaren Ergebnis. Abbildung 8.32
Ein Schmitt-Trigger erhält eine sinusförmige zeigt die Kennlinie des Widerstands-Z-Dioden-
Spannung mit 100 mVss , der höherfrequente Netzwerks.
434 K. Bressler und R. Martin
Die Dimensionierung geschieht folgenderma- stärken. Hierzu eignet sich die Schaltung nach
ßen: Die benötigte, berechnete oder gemessene, Abb. 8.32a.
Übertragungsfunktion f1 D Ua =Ue (rot gestri-
chelt) wird an der ersten Winkelhalbierenden zur Lösung
Funktion g1 (rot) gespiegelt und durch einen Festlegung: Bei ua D 5 V soll im Leitwert G2
Polygonzug (schwarz) angenähert. Das erste Ge- nicht mehr als 0,5 mA Strom fließen. G2 sei
radenstück gibt den Leitwert G2 D I =U an. deshalb auf 100 S festgelegt. v D G1 =G2 ,
Beim ersten Knickpunkt wird die Diode Z3 lei- G1 D jv1 j G2 , G1 D 1 mS. Steigt die Aus-
tend; die Steigung entspricht jetzt dem Leitwert gangsspannung über ue v1 D 0;5 10 D 5 V
G2 C G3 . Bei der Spannung UZ4 beginnt die an, dann soll die Verstärkung nur noch v2 D 7
zweite Z-Diode Z4 zu leiten. Die Summe der sein. Dazu muss die Z-Diode Z3 die Span-
Leitwerte G2 C G3 C G4 bestimmt die Steigung nung UZ D 5 V haben. Der nächste Normwert
des dritten Abschnitts. Auf diese Art und Weise ist: UZ D 5;1 V. Der neue Leitwert wird:
wird die ganze Kurve angenähert. In der Pra- G2 C G3 D G1 =v2 , G3 D G1 =v2 G2 ,
xis sollte die Näherungskurve aus nicht mehr als G3 D 41 S. Im Ergebnis werden die Wider-
drei bis vier Segmenten bestehen, sonst können standswerte angegeben. R2 wurde zu 10 k
die Toleranzen der Z-Dioden einen größeren Feh- festgelegt, R1 D 1 k, R3 D 25 k, UZ3 D
ler verursachen, als die Differenz zwischen der 5;1 V.
Funktion G1 und dem Polygonzug.
Z-Dioden mit kleiner Spannung haben beim
Übergang vom Sperrbereich in den Durchbruch- 8.3.6 Addierender Verstärker,
bereich keinen scharfen Knick; die Knickpunk- invertierend
te der Näherungsfunktion werden abgerundet,
und die Annäherung wird besser. Die Exem- Abbildung 8.33 zeigt einen addierenden Verstär-
plarstreuung der Dioden und ihre Temperatur- ker mit invertierender Beschaltung.
abhängigkeit beeinflussen die Lage der Knick- Nach der Knotenregel gilt:
punkte. Deshalb sollte man die Grenzkurven mit
Ue1 Ue2 Uen Ua
den größten und kleinsten Einzelspannungswer- C C:::C D :
R1 R2 Rn R0
ten berechnen. Liegen die Knickpunkte sehr dicht
beieinander, so finden auch normale Schaltdi- Wird nach Ua aufgelöst, so erhält man für die
oden Verwendung, deren kleine Spannung sich Übertragungsgleichung
jedoch mit der Sperrschichttemperatur stark än-
dert. Besser sind hier als Shunt einsetzbare Ue1 Ue2 Uen
Ua D R0 C C:::C :
Bandgap-Referenzelemente, deren kleine Span- R1 R2 Rn
nungen temperaturstabil sind. (8.16)
Wird R1 mit dem VDR oder dem Netzwerk Sind die Widerstände gleich, d. h. R1 D R2 D
vertauscht, dann entsteht die an der Winkel- : : : D Rn , so ergibt sich
halbierenden im ersten Quadranten gespiegelte R0
Kurve (Abb. 8.31b). Nichtlineare Verstärker, die Ua D .Ue1 C Ue2 C : : : C Uen / : (8.17)
R1
linear sein sollen, werden häufig besser mit zu-
sätzlicher Verstärkung und einer Gegenkopplung Wie diese Gleichung zeigt, werden die Ein-
korrigiert. gangsspannungen zuerst addiert, dann verstärkt
und anschließend invertiert.
Diese Schaltung findet häufig Verwendung.
Beispiel 8.3-4 Sie gestattet die Addition unterschiedlicher Span-
Ein nichtlinearer Verstärker soll Eingangs- nungen mit gleichem oder verschiedenem Ska-
spannungen ue < 0;5 V um den Faktor v1 D lenfaktor nach Gl. 8.16. Die Eingangsspannun-
10, ue > 0;5 V um den Faktor v2 D 7 ver- gen wirken über die Widerstände R1 bis Rn
436 K. Bressler und R. Martin
mehr vernachlässigt werden. Der Teiler aus R1 überschreiten. Ia D 10 A, Imeß D 1 A.
und R3 muss hochohmig sein, und es ist ein Der Spannungsabfall an R1 und R3 beträgt
Operationsverstärker mit entsprechend kleinem 1;5 V 1 V D 0;5 V, die Summe der Wi-
Eingangsstrom (input bias current) zu verwen- derstände wird: R1 C R3 D 0;5 V=1 A D
den. 500 k. Außerdem gilt R1 D 8 R3 , R1 CR3 D
9 R3 D 500 k. Es wird R3 D R4 D 55;6 k
Beispiel 8.3-5 und R1 D R2 D 444;4 k.
Für die Pin-Diode in einem analogen Hoch-
frequenzabschwächer ist ein Steuerstrom zwi-
schen 10 A und 10 mA erforderlich, der 8.3.8 Idealer Einweggleichrichter
durch eine Spannung zwischen 0 V und 1 V
gesteuert wird. Die Pin-Diode benötigt ein- Bei der Gleichrichtung kleiner Spannungen stört
schließlich der Entkopplungselemente höchs- die Durchlassspannung der Dioden D1 und
tens 1,5 V. D2 sowie deren Temperaturabhängigkeit. Diese
Einflüsse kann man mit einer Schaltung nach
Lösung Abb. 8.35 ausschalten.
Festlegungen: Es wird die Stromquelle nach Ist die Eingangsspannung ue negativ (ue < 0),
Abb. 8.34 benutzt, damit für den Differenz- so leitet die Diode D1 und die Diode D2 ist ge-
verstärker eine große Eingangsspannung be- sperrt (Schaltung wie ein invertierender Verstär-
reitsteht, wenn an R5 bei 10 mA Strom die ker). Da die Ausgangsspannung ua am Knoten
Spannung 8 V abfallen sollte. von R2 und D1 abgenommen wird, ist nur der
R5 hat deshalb 800 . Aus Gl. 8.18 lässt Spannungsabfall an R2 maßgebend, die Durch-
sich das Verhältnis R2 =R4 ermitteln, wenn lassspannung der Diode D1 spielt keine Rolle.
man den größten Strom und die größte Span- Für ue < 0 gilt daher
nung einsetzt.
R2
ua D ue : (8.19)
Ia D .Ue =R5 / .R2 =R4 / ; R1
R2 =R4 D R1 =R3 D Ia R5 =Ue ;
Wird die Eingangsspannung ue positiv (ue > 0),
R2 =R4 D 10 mA 800 =1 V D 8 : dann leitet die Diode D2 , der Gegenkopplungs-
R1 D 8 R3 : strom fließt durch D2 direkt in den Knoten am
invertierenden Eingang, die Diode D1 leitet da-
Der Messstrom Imess , der durch R3 und R1 gegen nicht. Deshalb kann auch kein Strom durch
fließt, verursacht in R5 einen Spannungsabfall, den Widerstand R2 fließen, so dass für diesen Fall
der wie ein Nutzstrom Ia gemessen wird; er die Ausgangsspannung ua gleich null ist (Gleich-
soll 10% des kleinsten Ausgangsstroms nicht richtung).
438 K. Bressler und R. Martin
Abb. 8.36 Zweiweg-Gleichrichter ohne gemeinsames Potenzial. a Schaltung, b Spannungen und Ströme
8.3.11 Spitzenwertgleichrichter
8.3.12 Logarithmierschaltung
Zur Auswertung von periodischen oder nicht pe-
riodischen Wechselspannungen ist neben dem Viele Gesetze in der Physik werden durch lo-
arithmetischen Mittelwert oft auch der Spitzen- garithmische Zusammenhänge beschrieben. Aus
wert von Interesse. Mit der Schaltung nach diesem Grunde sind Schaltungen erforderlich,
Abb. 8.38 kann man ihn messen und speichern. deren Ausgangsspannung Ua proportional zum
440 K. Bressler und R. Martin
I1 I2 D 0 oder
Ue
I20 eU2 =U20 D 0 :
R1
Ue
D eUa =U20 :
I20 R1
gilt:
R4 Ue UR
Ua D UT ln ln ;
R3 R1 ˇ I0 R2 ˇ I0
R4 Ue R2
Ua D ln : (8.25)
R3 UR R1
Abb. 8.41 Übertragungsfunktion der Logarithmierschaltung. a lineare Darstellung, b einfach logarithmische Darstel-
lung
R1
Ua D UR eU1 =UT : (8.27)
Abb. 8.42 Delogarithmierschaltung (Exponentialverstär-
R2 .1 C 1=ˇ/
ker)
Wie aus der Schaltung (Abb. 8.43) hervorgeht,
ist für den oberen Transistor der Kollektorstrom
IC und für den unteren der Emitterstrom von Be-
deutung. Deshalb ergibt sich, wie Gl. 8.27 zeigt,
doch eine Fehlerquelle in Höhe von 1=ˇ. Sie
ist für große Stromverstärkungen ˇ unerheblich.
Auch die Temperaturabhängigkeit der Widerstän-
de und Spannungen können zu Fehlern führen,
die allerdings durch entsprechende Schaltungen
korrigiert werden können.
8.4 Operationsverstärker
mit dynamischer Beschaltung
Die Rückkopplung besteht aus Bauteilen (z. B. gelten die angegebenen Übertragungsfunktionen
aus Widerständen, Dioden oder Transistoren), bei nicht oder nur näherungsweise.
denen der Strom der angelegten Spannung ohne Beim Integrierer und Differenzierer wird der
Verzögerung folgt. zeitliche Verlauf des Eingangssignals durch In-
Operationsverstärkerschaltungen mit dynami- tegration bzw. Differenziation in einen anderen
scher Rückkopplung erzeugen Ausgangssignale, zeitlichen Verlauf der Ausgangsspannung um-
die nicht nur vom Augenblickswert der Eingangs- geformt, während Hoch-, Tief- und Bandpässe
spannung, sondern auch von deren bisherigen verschiedene Frequenzen trennen und damit den
Verlauf abhängen. Die Beschaltung enthält Bau- Frequenzbereich betrachten. Abbildung 8.45 gibt
teile (z. B. Kondensatoren), bei denen der Strom eine Übersicht über die wichtigsten dynamischen
und die Spannung zeitlich gegeneinander versetzt Schaltungen und ihre Eigenschaften.
verlaufen. Die im Prinzip ebenfalls verwendbaren
Induktivitäten sind praktisch nicht in Gebrauch,
8.4.1 Integrator
da sie schlechtere elektrische Eigenschaften, ei-
ne wesentlich geringere Güte als Kondensato- Der Integrator kann Funktionsverläufe elektri-
ren aufweisen und teurer sind. Stattdessen baut scher Größen über der Zeit integrieren. Er findet
man alle passiven Filterschaltungen aus Kon- beispielsweise zur Funktionserzeugung, für steu-
densatoren und Induktivitäten heute als aktive erbare Zeitglieder oder in der Regelungstechnik
Filterschaltungen, bestehend aus Operationsver- Verwendung.
stärkern, Widerständen und Kondensatoren. Bei Die Ausgangsspannung ua des Integrators ist
beiden Schaltungstypen ist, wie bei allen Schal- die Summe der Produkte aus anliegender Ein-
tungen mit Operationsverstärkern, die Summe gangsspannung ue mal dem jeweiligen Zeitab-
des Eingangsstroms und des zurückgekoppelten schnitt dt. Die Ausgangsspannung ua ist deshalb
Stroms gleich null, und der Eingangsstrom des der Eingangs-Spannungs-Zeit-Fläche ue dt pro-
Operationsverstärkers wird stets vernachlässigt. portional. Diese Funktion ist wichtig und wird
Der Verstärker muss dabei den Signalen oh- häufig benutzt. Abbildung 8.46a zeigt die Schal-
ne spürbare Verzögerung folgen können; sonst tung eines Integrators.
444 K. Bressler und R. Martin
Abb. 8.47 Integrator mit Gleichstrompfad stromverstärkung auf den Wert v D R =R be-
grenzt. Diesen proportionalen Anteil kann man
nicht immer tolerieren.
Der Rückführwiderstand kann entfallen, wenn
wert aufgeladen und mit dem Beginn der Inte- der Integrator in einem geschlossenen Regelkreis
grationszeit weiter verändert werden. Da der Vor- ist, in dem eine Abweichung der Ausgangsspan-
gang linear ist, kann man den Anfangswert auch nung ua die Eingangsspannung ue korrigiert und
am Ausgang des Integrators mit einer Addier- damit den Eingangsstrom des Operationsverstär-
schaltung hinzufügen. Es gibt auch Integrations- kers sicherstellt.
schaltungen, deren Anfangswert einstellbar ist.
Der Integrator aus Abb. 8.46 hat keine Gleich-
Beispiel 8.4-1
stromrückführung. Der zwar kleine, aber doch
Ein Funktionsgenerator soll eine Dreieckspan-
von null verschiedene Eingangsstrom des Ope-
nung mit linearem Anstieg bei 1 Hz erzeugen.
rationsverstärkers muss über den Widerstand R
Es steht eine Rechteckspannung mit dieser
zugeführt werden. Fehlt dieser Strom, beispiels-
Frequenz und ˙2;5 V Hub zur Verfügung. Der
weise bei offenem Eingang oder einer sehr hoch-
Ausgangsspannungshub soll ˙5 V betragen.
ohmigen Quelle, dann wird der Eingangsstrom
des Operationsverstärkers von seinem Ausgang
über den Kondensator C aufgebracht, wobei die Lösung
Ausgangsspannung langsam bis an eine Aussteu- Hierzu eignet sich der Integrator nach
ergrenze driftet. Abb. 8.47. Der Kondensator C in der Rück-
In diesem Zustand arbeitet die Schaltung nicht führung hat 4,7 F. Sein Strom ist iC D C
mehr. Selbst wenn der Eingangsstrom null ist, duC =dt; iC D 4;7 106 F 5 V=0;5 s D 47 A.
wirkt die invertierte Offsetspannung wie eine Bei 2,5 V Eingangsspannung muss über R der
Eingangsspannung ue und erzeugt über dem Wi- Strom iC D 47 A fließen, R D 53;2 k.
derstand R einen Eingangsstrom, der integriert Über R soll nur ungefähr 1% des Stroms
wird. In der Praxis muss man deshalb stets für im Kondensator fließen, das sind 0,47 A.
einen ausreichenden Eingangsstrom sorgen. Das R 10 M.
kann im einfachsten Fall über einen dem Kon-
densator C parallel geschalteten Rückführwider- Häufig muss nicht nur eine Einzelgröße son-
stand R geschehen. Der Eingangsstrom wird dern die Summe oder Differenz mehrerer Größen
dann aus der Ausgangsspannung über den Wider- integriert werden. Hierzu können die entspre-
stand R (im M-Bereich, meistens > 10 M) chenden Ströme direkt auf die Knoten 1 und 2
gespeist (Abb. 8.47). Die Ausgangsspannung hat in Abb. 8.48 wirken. Integriert wird die vorzei-
dann einen kleinen, der Eingangsspannung ue chenrichtige Summe aller Eingangsgrößen. Die-
proportionalen, Anteil. Dadurch wird die Gleich- se Schaltung spart einen getrennten Addierer,
8 Analoge integrierte Schaltungen 447
oder
ua due
CC D 0:
R dt
Nach Ua aufgelöst erhält man
due
ua D R C : (8.32)
dt
Im
˝ D !=!0 : (8.34) tan ' D : (8.38)
Re
450 K. Bressler und R. Martin
Ua 1
D : (8.39)
Ue 1 C j ! C R ! 2 LC
p p
Mit !0 D 1= LC , Z D L=C und
˝ D !=!0 ergibt sich
Ua 1
D : (8.40)
Ue 1 C j ˝ R=Z ˝ 2
˝ ˛
tan ' D : (8.43)
1 ˝2
Es gibt verschiedene Schaltungen mit Operati-
onsverstärkern, die alle zur gleichen Tiefpass-
funktion führen. Deshalb haben sich in der Praxis
Schaltungen durchgesetzt, die mit weniger Teilen
oder über eine einfachere Berechnung zu ver-
wirklichen sind.
Die Schaltung nach Abb. 8.55a hat im Ein-
gang das schon bekannte Tiefpass-T-Filter. Das
Ausgangssignal wird über den Widerstand R3 auf
Abb. 8.54 Tiefpass mit T-Gliedern den Knoten des Eingangsnetzwerks und über den
Kondensator C2 auf den invertierenden Eingang
zurückgeführt. Die Schaltung stellt einen aktiven
pass 2. Ordnung mit der Grenzfrequenz !g D
p Tiefpass mit Mehrfachgegenkopplung dar.
1= R2 C1 C2 . Der aktive Tiefpass mit Mehrfachgegenkopp-
Die Bauteilwerte der Beschaltung sind im lung wird bevorzugt genutzt, weil er wenig
Prinzip frei wählbar, was jedoch zu einer sehr Bauteile benötigt, und die wichtigen Parame-
aufwändigen Berechnung führt. Setzt man für al- ter Grenzfrequenz !g , Verstärkung v0 und die
le Widerstände und die Kondensatoren C2 gleiche Dämpfung ˛ frei wählbar sind. Die Übertra-
Werte ein, dann wird die Verstärkung v D 1, gungsfunktion wird durch Gl. 8.39 beschrieben.
die Grenzfrequenz !g und die Dämpfung ˛ bei Außer den oben genannten Parametern, die durch
der Grenzfrequenz sind frei wählbar. Es gelten die Funktion bestimmt sind, muss ein Wert, meis-
folgende Beziehungen: tens R1 und R2 willkürlich festgelegt werden.
Ein günstiger Ansatz ist 1 k R1
Ua v0 100 k. Wird R1 zu klein gewählt, dann ist
D ;
Ue 1 C j ˝ ˛ ˝2 der Eingangswiderstand klein und der Ausgangs-
(8.41) strom groß. Eine niedrige Grenzfrequenz bedingt
!g2 D 1=R2 C1 C2 ; v0 D 1;
auch hohe Kapazitätswerte. Wird R1 zu groß,
C1 D ˛=2 R !g ; C2 D 2=˛ R !g : dann wirken sich der Eingangsstrom und die
-kapazität des Verstärkers sowie die sonstigen
Damit lassen sich alle Teile leicht berechnen. parasitären Kapazitäten stärker aus. Liegt die
Der Dämpfungsfaktor R=Z des passiven Filters Grenzfrequenz hoch, dann wird besser nieder-
ist beim aktiven durch ˛ ersetzt. Die Übertra- ohmig dimensioniert, damit die Kondensatoren
gungsfunktion ist allgemein in Gl. 8.39 ange- nicht zu klein werden. Die Einzelwerte berech-
geben. Zur besseren Übersicht kann man sie in nen sich zu
Betrag und Phase aufteilen und grafisch darstel-
len. Hierzu wird in Gl. 8.38 der Nenner reell R1 D R2 D R ;
gemacht und vom Zähler der Betrag gebildet. Ab- v0 D R3 =R1 ;
bildung 8.54b und c zeigen diese Funktionen für C1 D 3=˛ R !g ;
die Verstärkung v D 10. Zur Darstellung eines C2 D ˛=3 R !g v0 :
größeren Bereichs ist die Amplitude im logarith-
mischen Maß dB angegeben. Für den Betrag der Abbildung 8.55b und 8.55c zeigen die Übertra-
Verstärkung jvj und den Phasenwinkel ' gelten gungsfunktion nach Betrag und Phase bei der
folgende Zusammenhänge: Verstärkung v0 D 10 für verschiedene Dämp-
fungswerte ˛.
v0 Bei allen Filterschaltungen sind Widerstände
jvj D p ; (8.42)
.1 ˝/2 C .˝ ˛/2 und Kondensatoren mit den üblichen Toleranzen
452 K. Bressler und R. Martin
Beispiel 8.4-2
In einem Funkempfänger, der nur der Sprach-
übertragung dient, sollen alle Tonfrequenzen
bis 3,3 kHz um den Faktor v0 D 10 ver-
stärkt werden; bei 10 kHz muss die Verstär-
kung auf 1 abgefallen sein.
Lösung
Die Flankensteilheit, 40 dB=Oktave, erfordert
ein Tiefpassfilter 2. Ordnung. Man verwendet
die Schaltung nach Abb. 8.55, der Dämp-
fungsfaktor ˛ soll 1 sein. Für den Kondensator
C1 werden 10 nF festgesetzt. Aus den angege-
benen Beziehungen können die Werte berech-
net werden.
C1 D 3=˛ R !g ;
R D 3=˛ C1 !g ;
R D 3=1 10 nF 2 3300 1=s ;
R D 14;46 k ;
C2 D 1;11 nF ;
R3 D v0 R1 :
R2 j ! C1 R1
Ua D Ue : (8.44)
R1 1 C j ! C1 R1
Beispiel 8.4-3
Ein Hochpass soll Frequenzen oberhalb 1 kHz
um den Faktor v0 D 10 verstärken und Fre-
quenzen unterhalb 20 Hz nicht verstärken.
Lösung
Hierzu eignet sich ein Hochpass 1. Ordnung.
Die Grenzfrequenz fg wird auf 500 Hz fest-
gelegt, damit Frequenzen f
1 kHz nicht
geschwächt werden. Man wählt den aktiven
Hochpass nach Abb. 8.57. Der Kondensa-
tor C1 wird mit 10 nF festgelegt. Damit gilt
!g D 1=R1 C1 ;
R1 D 1=!g C1 ;
Abb. 8.57 Aktiver Hochpass 1. Ordnung. a Schaltung, R1 D 1=1000 .1=s/108 F D 31;4 k :
b Verstärkung, c Phasendrehung
v0 D 10 ; R2 =R1 D v0 ; R2 D 314 k :
Ua ! 2 LC
D : (8.45) Abb. 8.60 Bandpass aus Hochpass und Tiefpass 1. Ord-
Ue 1 C j ! C R ! 2 LC nung. a Schaltung, b Frequenzgang
p p
Mit !0 D 1= LC , Z D L=C und ˝ D
!=!0 ergibt sich: Der Amplitudengang kann aus der Abb. 8.55 ent-
nommen werden, wenn man die roten Kurven an
Ua ˝ 2
D : (8.46) der normierten Frequenz ˝ D 1 spiegelt. Der
Ue 1 C j ˝ R=Z ˝ 2 Phasengang beginnt bei niedrigen Frequenzen bei
C180 ı und wird bei hohen Frequenzen 0 ı .
Die Größe R=Z bestimmt die Dämpfung in der
Nähe der Grenzfrequenz. Da auch beim passiven
8.4.3.5 Bandpass (selektives Filter)
Hochpass in der Praxis ein Verstärker erforder-
Schaltet man einen Tiefpass und einen Hochpass
lich ist, kann dieser direkt durch eine geeignete
in Reihe, so erhält man eine obere Grenzfrequenz
Beschaltung die Eigenschaften eines Hochpas-
!1 (Hochpass) und eine niedrigere !2 (Tief-
ses 2. Ordnung erhalten. Hierzu kann man jeden
pass). Dadurch wird es möglich, zwischen diesen
Tiefpasstyp in einen Hochpass umrechnen. Dazu
Grenzfrequenzen ein Frequenzband zu übertra-
gilt im Allgemeinen:
gen. Dieses Filter hat deshalb die Bezeichnung
RHP D 1=!g CTP und Bandpass. Die Mittenfrequenz !m ist der geo-
metrische Mittelwert beider Grenzfrequenzen:
CHP D 1=!g RTP : p
!m D !1 !2 . Die Bandbreite ist die Differenz
zwischen der oberen und der unteren Grenz-
Abbildung 8.59 zeigt den Hochpass, der aus dem
aktiven Tiefpass nach Abb. 8.55 entstanden ist.
frequenz, bei der die Spannungsverstärkung p vu
bezogen auf die Bandmitte auf den Teil 1= 2 der
Die Bauteile werden folgendermaßen dimensio-
Spannungsverstärkung v0 abgefallen ist. Abbil-
niert:
C1 D C2 D C dung 8.60 zeigt die Schaltung und den Frequenz-
gang.
V0 D C3 =C1
Diese Schaltung ist immer dann notwendig,
R1 D 3=˛C !g wenn die Bandbreite b nicht klein gegen die Mit-
R2 D ˛=3C !g tenfrequenz f0 ist, d. h. wenn b > 0;1f0 wird. Die
8 Analoge integrierte Schaltungen 455
Grenze ist fließend. Die erreichbare Bandbrei- Den Frequenzbereich, in dem diep Verstärkung
te ist umso kleiner, je höher die Flankensteilheit um nicht mehr als um den Faktor 2 gegenüber
beim Übergang vom Durchlass zum Sperrbereich dem Maximum bei der Mittenfrequenz abgefal-
sein soll. Hoch- und Tiefpassfilter können zusam- len ist, bezeichnet man als Durchlassbereich und
mengesetzt sein und eine höhere Ordnung haben. seine Breite als Bandbreite. Die Grenzfrequen-
Oft muss aus einem Frequenzgemisch nur zen bei verschiedener Güte sind in Abb. 8.61b
eine Frequenz oder ein verhältnismäßig schma- schwarz eingezeichnet. Zwischen der Bandbrei-
les Frequenzband verwertet werden. Bei höheren te b und der Güte Q besteht der Zusammenhang
Frequenzen eignet sich ein Parallelschwingkreis
vorzüglich für diese Aufgabe. Er muss jedoch !0 f0
QD D : (8.48)
aus einer hochohmigen Quelle angeregt und mit !go !gu fgo fgu
einem hochohmigen Verbraucher abgeschlossen
werden, so dass je Schwingkreis mindestens ein Abbildung 8.61a zeigt einen Bandpass mit Mehr-
Verstärker erforderlich ist. Bei niedrigen Fre- fachgegenkopplung. Zur Berechnung sei ein Bau-
quenzen erlaubt die geringe Güte Q der verwen- teil frei gewählt und die anderen nach den vorge-
deten Spulen (Q D L=R) nur kleine Filtergü- gebenen Größen berechnet. Man erhält
ten, was zu einer geringen Flankensteilheit und
s
oft unzureichender Unterdrückung unerwünsch-
1 R1 C R2
ter Frequenzen führt. !0 D ;
C R1 R2 R3
Aktive Filter arbeiten nur mit Widerständen
und Kondensatoren, die mit hoher Güte verfüg- vr D R3 =2 R1 ;
bar sind. Werden zudem Operationsverstärker be- Q D !0 C R3 =2 :
nutzt, deren Verstärkung bei der Arbeitsfrequenz
ausreichend hoch ist, dann sind auch bei sehr Zusätzlich ist zu beachten: 2Q2
niedrigen Arbeitsfrequenzen Filter mit hoher Gü- Die Schaltung arbeitet nur dann richtig, wenn
te herzustellen. die Leerlaufverstärkung v des unbeschalteten
Wie bei den Tief- und Hochpässen, kann Operationsverstärkers bei der Resonanzfrequenz
man auch Bandpässe mit Einfachgegenkopp- groß ist. Diese Bedingung übersieht man leicht;
lung, beispielsweise mit dem Doppel-T-Filter, man sollte sie deshalb stets nachprüfen. Die
sowie Bandpässe mit Mehrfachgegenkopplung Schaltung arbeitet auch bei hoher Güte stabil.
oder Einfachmitkopplung aufbauen. Die Übertra- Abbildung 8.61b und c zeigen die frequenzab-
gungsfunktion eines Bandpasses 2. Ordnung ist hängige Verstärkung und die Phasendrehung für
unabhängig von der Realisierung und lautet verschiedene Güten.
Ua j ˝=Q
D v D v0 (8.47) Beispiel 8.4-4
Ue 1 ˝ 2 C j ˝=Q
Der 19 kHz-Pilotton des Stereosignals soll
durch einen Bandpass aus dem Gesamtsignal
mit der Resonanzfrequenz !0 , der normierten
regeneriert werden. Die Verstärkung bei der
Frequenz ˝ D !=!0 , der Verstärkung bei Re-
Resonanzfrequenz soll vr D 10 betragen.
sonanzfrequenz v0 und der Güte Q. Die Gü-
te Q ist ein Maß, das zum Ausdruck bringt,
wie schnell die Ausgangsamplitude abfällt, wenn Lösung
die Arbeitsfrequenz ! von der Resonanzfrequenz Es wird der Bandpass mit Mehrfachgegen-
!0 abweicht. Bei den Grenzfrequenzen !g D kopplung nach Abb. 8.61 mit der Güte Q D
!0 .1 ˙ 1=2Q/
p ist die Verstärkung v auf den Wert 10 vorgeschlagen. Der Kondensator C wird
vg D v0 = 2 abgesunken und die Ausgangsphase mit 1000 pF festgelegt. Aus der Güte Q und
gegenüber der Eingangsphase um ˙45 ı verscho- der Mittenfrequenz !0 berechnet man den
ben. Widerstand R2 . Q D !0 C R3 =2, R3 D
456 K. Bressler und R. Martin
8.4.3.6 Bandsperre
Eine Bandsperre sperrt einen schmalen Frequenz-
bereich innerhalb eines breiteren Frequenzban-
des. Man kann sie als aktives Filter verwirk-
lichen, wenn der Eingangswiderstand R1 des
invertierenden Operationsverstärkers durch ein
Doppel-T-Filter ersetzt wird.
Das Doppel-T-Filter in Abb. 8.62 besteht aus
zwei T-Gliedern. Das R-2C -R-Glied erzeugt zu
einer Eingangswechselspannung einen nachei-
lenden Strom, das zweite C -R=2-C -Glied einen
voreilenden. Die Eingänge beider Glieder werden
gemeinsam gespeist, die Ausgangsströme werden
addiert. Bei der Resonanzfrequenz !0 D 1=R C
sind die Ausgangsströme beider T-Glieder gleich
groß, aber gegenphasig und heben sich dadurch
auf.
Die Durchlasskurve dieses Doppel-T-Filters
als Funktion der Frequenz zeigt Abb. 8.63b als
Teilkurve für ˛ D 0. Sie erklärt die eben-
falls übliche Bezeichnung Notch-Filter (engl.:
notch: Kerbe, Einschnitt). Die Güte dieses Fil-
Abb. 8.61 Bandpass mit Mehrfachgegenkopplung. ters ist verhältnismäßig gering. Abbildung 8.63a
a Schaltung, b Verstärkung (Frequenzgang), c Phasendre- stellt eine geänderte Schaltung mit einstellbarer
hung Güte Q dar. Dabei wird die niederohmige Aus-
8 Analoge integrierte Schaltungen 457
Ua 1 ˝2
DvD : (8.49)
Ue 1 ˝ 2 C .1 a/ 4j ˝
schiedenen Anforderungen erfüllen zu können, zugspotenzial hat der Komparator meistens auch
werden entsprechende Filtertypen eingesetzt. einen Masseanschluss.
Der Komparator reagiert auch dann schnell auf
eine Änderung der Eingangsspannung, wenn er
vorher in hohem Maß übersteuert wurde, wäh-
8.5 Weitere wichtige integrierte
rend dieser Betrieb bei Operationsverstärkern zu
Analogschaltungen
interner Sättigung und entsprechend langen und
unberechenbaren Verzögerungszeiten führt.
Neben der großen Gruppe der Operationsverstär-
Viele Komparatoren haben einen Austastan-
ker gibt es weitere standardmäßig genutzte in-
schluss (Strobe), mit dem der Komparator un-
tegrierte Analogschaltungen. Hierzu gehören die
wirksam gemacht wird. Er gibt dann, unabhängig
den Operationsverstärkern sehr ähnlichen Kom-
vom Eingangssignal, entweder eine „0“ oder den
paratoren, integrierte Spannungsregler, Span-
vorhergehenden logischen Zustand aus (Schalt-
nungsstabilisatoren, die nicht nach dem Zener-
zeichen s. Abbildung 8.64a).
oder Avalancheeffekt arbeiten. Diese Bandab-
Komparatoren haben oft eine andere An-
stands-Referenzelemente und zahlreiche andere
schlussbelegung als die ähnlichen Operationsver-
Analogschaltungen gibt es preisgünstig für viele
stärker. Damit wird ein elektrisch fragwürdiger
besondere Anwendungsfälle. Die letzte Gruppe
Tausch durch die Anschlussbelegung verhindert.
ist so vielfältig, dass die entsprechenden Schal-
Das Verhältnis von Ein- und Ausgangssi-
tungen zweckmäßigerweise den Übersichtslisten
gnalen gleicht denen des Schmitt-Triggers ohne
analoger integrierter Schaltungen im Internet zu
Hysterese (Abb. 8.64b). Beim Schaltungsauf-
entnehmen sind.
bau ist auf eine gute Entkopplung des analogen
Eingangs- und des digitalen Ausgangskreises zu
achten. Bei ungünstiger Leitungsführung kann
8.5.1 Komparatoren die steile Flanke der Ausgangsspannung über
einen gemeinsamen ohmschen Pfad oder induk-
Ein Komparator (Vergleicher) ist im Prinzip tiv auf den Eingang zurückkoppeln, wodurch die
ein Operationsverstärker, der an der Schnittstel- Schaltung bei kleiner Eingangsspannungsdiffe-
le zwischen analogen und digitalen Schaltun- renz schwingen kann. Man kann den Komparator
gen Verwendung findet (z. B. in Analog-Digital- durch eine Schmitt-Trigger-Beschaltung mit klei-
Wandlern). Beide haben zwei Eingänge, einen ner Hysterese gegen diese Störungen unempfind-
Differenzverstärker, eine Spannungsverstärker- lich machen (Abb. 8.64c).
stufe und eine Endstufe. Während der Operati- Komparatoren werden in großer Vielfalt an-
onsverstärker normalerweise durch eine Gegen- geboten. Neben den schnellen Komparatoren,
kopplung im analogen Bereich gehalten wird, deren Verzögerungszeit mittelschnellen Digital-
ist der Komparator stets übersteuert, seine Aus- schaltungen entspricht, gibt es langsame Kom-
gangsspannung hat den größten oder den kleins- paratoren, die zur Spannungsüberwachung einge-
ten möglichen Wert. setzt werden. Die meisten können mit nur einer
Die Ausgangsspannung u0 hängt nur von der Spannung betrieben werden, der Eingang arbei-
Polarität der Differenz der Eingangsspannungen tet bis zum Potenzial des negativen Spannungs-
ab. An beiden Eingängen gleichsinnig auftre- anschlusses analog und einwandfrei. Allgemein
tende Steuerspannungen führen nicht zu einem gilt: je schneller der Komparator reagiert, desto
Ausgangssignal; denn der Komparator hat ei- mehr Strom verbraucht er.
ne gute Gleichtaktunterdrückung. Der Ausgangs- Schaltungen zur Batterieüberwachung, oft mit
spannungsbereich ist kleiner als beim Operati- eingebauter Referenz, können mit einigen A
onsverstärker, da nur die beiden logischen Pegel betrieben werden. Teilweise haben diese Schal-
der Folgeschaltung erreicht werden müssen, 0 V tungen einen kleinen Leistungs-FET über den
für „0“ und 2,5 bis 5 V für „1“. Als digitales Be- der Verbraucher aus der Batterie gespeist wird.
8 Analoge integrierte Schaltungen 459
Abb. 8.64 Komparator. a Komparator mit Anschlüssen, b Ein- und Ausgangsspannung eines Komparators, c Kompa-
rator mit Hysterese und einstellbarer Schwelle
Erreicht die Batteriespannung einen unteren kri- ten Spannungsregler. Wenn die Leistungsdiffe-
tischen Wert, dann trennt die Schaltung den Ver- renz zwischen Eingang und Ausgang in Wärme
braucher von der Batterie und verhindert eine umgesetzt wird, spricht man von einem Verlust-
schädigende Tiefentladung. regler.
Das Stellglied ist durch den n-Kanal-
MOSFET-Transistor und der Fehlerverstärker
8.5.2 Spannungsregler durch einen Operationsverstärker dargestellt.
Im ausgeregelten Zustand ist die auf die Masse
bezogene Spannung an beiden Eingängen des
Ein Spannungsregler formt eine in ihrem Wert
Fehlerverstärkers gleich groß, so dass die Diffe-
schwankende Eingangsspannung UE in eine klei-
renzspannung null ist.
nere, aber konstante Ausgangsspannung UA um.
Weichen Ausgangs- und Referenzspannung
Eingang und Ausgang besitzen ein gemeinsames
voneinander ab, dann wird die größere Spannung
Bezugspotenzial (Masse), so dass keine Poten-
geteilt und auf dem Niveau der niedrigeren ver-
zialtrennung zwischen dem Eingang und dem
glichen. Es gilt für UA > URef
Ausgang stattfindet.
Der Regler besteht mindestens aus einer Re- UA D Uref .1 C R1 =R2 / : (8.50)
ferenzspannung, einem Fehlerverstärker und ei-
nem Stellglied. Die Referenzspannung stellt den Die Gleichung für UA < URef lautet
konstanten Sollwert dar. In der Praxis ist der UA D URef R2 =.R1 C R2 / : (8.51)
Fehlerverstärker als Operationsverstärker und das
Stellglied als Leistungstransistor ausgeführt. Nähere Erläuterungen sind in Abschn. 17.1.5 (li-
Von einem Längsregler spricht man, wenn das neare Regler) enthalten. Die vollständigen Reg-
Stellglied zwischen dem Eingang und dem Aus- ler gibt es für alle üblichen positiven und ne-
gang des Spannungsreglers angeordnet ist, von gativen Spannungen, integriert in einem Ge-
einem Shuntregler, wenn das Stellglied parallel häuse mit mindestens drei Anschlüssen. Abbil-
zum Ausgang, also zur Last RL liegt. Abbil- dung 8.65b zeigt einen Spannungsregler im TO-
dung 8.65a zeigt einen als Längsregler aufgebau- 220-Gehäuse.
460 K. Bressler und R. Martin
Die Entwicklung geht zu Reglern mit kleinem Halbleitern auch die Energiespeicher, Drossel
Spannungsabfall zwischen Eingangs- und Aus- und keramische Kondensatoren, in einem kleinen
gangsspannung, LDO, Low Drop Out Regulator. Gehäuse enthalten. Die Funktion der getakteten
Bei Strömen bis 500 mA können 300 mV aus- Regler ist in Abschn. 17.2 beschrieben.
reichen, denn ein FET als Stellglied kann mit Die mitunter störende Restwelligkeit des ge-
einer Gatespannung unterhalb der Betriebsspan- takteten Reglers kann durch einen nachgeschalte-
nung angesteuert werden. Bei großen Strömen, 5 ten Linearregler verringert werden. Beide Regler
bis 10 A, sind 1,0 bis 1,5 V Differenz normal. können in einem Gehäuse sein.
Regler für kleine Leistungen sind oft vollstän-
dig in einem SO8 Gehäuse untergebracht. Die 8.5.2.2 Ladungspumpe (Charge Pump)
entstehende Verlustwärme wird über eine Lötflä- Manche Schaltungen brauchen kleine Ströme aus
che auf die Leiterplatte gebracht. Das Problem, Hilfsspannungen, die außerhalb der Spannungen
die Wärme über eine große Kupferfläche abzu- der normalen Stromversorgung liegen. Kommt
leiten, bleibt dem Anwender. der Strom aus einer Batterie, will man keinen auf-
wändigen und überdimensionierten Spannungs-
8.5.2.1 Getaktete Regler wandler haben. Die Ladungspumpe nutzt einen
Getaktete Regler entnehmen der Spannungsquel- Kondensator als Energiespeicher. Je höher die
le nur die wieder abgegebene Leistung und ih- Schaltfrequenz ist, desto weniger Energie muss
ren Eigenverbrauch. Die Verluste sind wesentlich mit einem Schaltvorgang übertragen werden. Die
geringer als beim Linearregler. In der Einschalt- Schaltfrequenz kann 1 MHz oder mehr betragen.
phase speichert eine Drossel die überschüssige Abbildung 8.66 veranschaulicht die Funktion.
Arbeit und gibt sie in der Ausschaltphase wie- In der Schalterstellung 1 wird der Transferkon-
der ab. Schnelle FET und schnelle Freilaufdioden densator C1 (engl.:
ermöglichen Taktfrequenzen im MHz-Bereich. flying capacitor) über die beiden Wechsel-
Drosseln und Kondensatoren werden sehr klein. schalter auf die Betriebsspannung aufgeladen. In
Der Schalttransistor verursacht nur wenig Ver- der Schalterstellung 2 wird der Minuspol von
luste. Wenn Strom fließt, fällt wenig Spannung C1 an die positive Betriebsspannung geschaltet.
ab, der stromlose FET hat keine Verluste. Die Seine Spannung wird jetzt zur Betriebsspannung
Freilaufdiode kann durch einen gesteuerten FET addiert. Durch Verluste und die Entladung wird
ersetzt werden, der weniger Spannungsabfall hat. die Ausgangsspannung nur knapp verdoppelt.
Die Auswahl über verschiedene Leistungsberei- Beim invertierenden Wandler schaltet man den
che ist groß. Üblicherweise enthält der integrierte Pluspol des Transferkondensators in der Entlade-
Schaltregler, die Referenz, den Fehlerverstärker, phase 2 an den Minuspol der Speisespannung. Es
den Leistungstransistor und die Freilaufdiode. entsteht eine negative Spannung, die etwas klei-
Lediglich die Energiespeicher, Drossel und Kon- ner als die Speisespannung ist.
densator am Ausgang, müssen extern beschaltet Vorteile der Ladungspumpe sind eine sehr
werden. Die Halbleiterhersteller bieten inzwi- kleine Baugröße der integrierten Schaltung, bei-
schen vollständige Regler an, die neben allen spielsweise ein Gehäuse SOT, 3 3 mm, zwei bis
8 Analoge integrierte Schaltungen 461
vier kleine, meist keramische Kondensatoren, ein sorgt für eine gleichmäßige Helligkeit bei gutem
oft guter Wirkungsgrad und eine sehr einfache Wirkungsgrad.
Anwendung ohne Entwicklungsarbeit.
Nachteile: Die aufgesetzte Spannung kann bis
zum 0,9-fachen der Betriebsspannung betragen, 8.5.3 Bandabstands-Referenzelement
ohmsche Verluste und Spannungsabfälle an den (Bandgap Voltage Reference)
Speicherkondensatoren sind unvermeidbar. Die
Eingangsspannung ist selten größer als 5 V. Der Referenzspannungen sind stabile Spannungen,
erreichbare Ausgangsstrom liegt je nach Typ zwi- die man als Bezugsgröße verwendet. Aus ihnen
schen 10 mA und 600 mA. Viele Ladungspum- lassen sich Spannungen ableiten, die beispiels-
pen haben eine geregelte Ausgangsspannung. Die weise in Stromversorgungen, Digital-Analog- so-
Restwelligkeit am Ausgang muss normalerweise wie Analog-Digital-Wandlern und anderen elek-
mit Kondensatoren verringert werden. tronischen Schaltungen benötigt werden. Sie ha-
Genutzt werden Ladungspumpen dort, wo die ben sich als hochwertige und preisgünstige Span-
zusätzliche Spannungsquelle nur wenig Strom nungsreferenz weitgehend durchgesetzt.
liefern muss, weshalb sich eine übliche Stromver- Referenzspannungen erzeugt man auf zwei
sorgung nicht lohnt oder in Batterie betriebenen verschiedene Arten. Beim Zener- oder Avalan-
Geräten, deren Spannung nicht immer für alle che-Durchbruch einer in Sperrrichtung betriebe-
Verbraucher ausreicht. Ein Beispiel ist die LED- nen Diode steigt der Strom oberhalb der Durch-
Beleuchtung mobiler Kleingeräte, die aus einer bruchspannung stark an. Z-Dioden sind unter
Lithium-Batterie gespeist werden. Bei der auf- Abschn. 2.5.5 beschrieben. Sie haben zwischen
geladenen Batterie können weiße LEDs nur mit 5 V und 7 V den geringsten Temperaturkoeffizi-
einem Vorwiderstand zur Strombegrenzung be- ent (TK) und einen kleinen differenziellen Wider-
trieben werden. Die fast entladene Batterie reicht stand. Zusammen mit der Strombegrenzung sind
auch ohne Vorwiderstand nicht mehr zum Betrieb 7 V bis 10 V Betriebsspannung erforderlich. Die-
aus. Eine Batterie mit zwei Zellen wäre teurer se Spannung steht oft nicht zur Verfügung. Band-
und man hätte hohe Verluste. Die Ladungspumpe abstands Referenzelemente arbeiten meistens ab
462 K. Bressler und R. Martin
a b
UB UB
R1 R1 R1 R1
+ IC1 IC2 +
IC1 IC2
- -
1 1
URef UBE1
UBE1
ΔUBE 2 ΔUBE R2
2
R2 UBE2 URef
UBE2
U3 R3 UPTAT
Abb. 8.67 Bandabstands-Referenz. a Erzeugung einer Spannung mit positivem TK, b Referenzelement nach A.P. Bro-
kaw
2,5 V; dazu reichen zwei übliche Alkali-Mangan- nachlässigt, dann gilt für die beiden Kollektor-
Zellen oder eine Lithiumzelle, selbst wenn sie ströme IC1 IS1 eUBE1 =UT D nIS2 eUBE1 =UT und
nahe an der Entladungsgrenze sind (Abb. 8.67). IC2 IS2 eUBE2 =UT . Die beiden Kennlinien sind in
Bei Z-Dioden mit Uz D 5 V muss wegen Abb. 8.68a dargestellt.
der Exemplarstreuung mit mindestens 0,5 mV=K Für die Basis-Emitter-Spannungen gilt nach
für den TK gerechnet werden, das sind Gl. 1.144
100 ppm=K. Eine 6,2 V Z-Diode, die mit einer IC1 IC1
Diode kompensiert ist, kommt bestenfalls auf UBE1 D UT ln D UT ln
IS1 n IS2
0,2 mV=K, das sind 30 ppm=K. Bandabstands-
Referenzelemente dagegen werden mit einem und
IC2
Temperaturkoeffizienten bis herab zu 1 ppm=K UBE2 D UT ln :
angeboten. IS2
Bandabstands-Referenzelemente sind einfa- Über dem Gegenkopplungswiderstand R2 fällt
che integrierte Schaltungen mit genau dimen- die Spannung UBE D IC1 R2 ab, so dass für die
sionierten und häufig abgeglichenen Elementen. Spannungen folgt: UBE1 C UBE D UBE2 oder
Sie finden in diskreten und in integrierten Schal-
IC1 IC2
tungen Verwendung. Ein diskreter Aufbau ergibt UT ln C IC1 R2 D UT ln : (8.52)
n IS2 IS2
wegen der immer ungleichen Transistoren nur
schlechte Werte. Der Zusammenhang zwischen den Kollektorströ-
Das Prinzip dieser Elemente beruht darauf, men und der Spannung UBE2 ist in Abb. 8.68b
den negativen Temperaturkoeffizienten der Basis- dargestellt und zeigt, dass der Kollektorstrom von
Emitterspannung eines Transistors durch eine T1 zwar früher einsetzt als der von T2 , wegen der
Spannung mit positivem TK zu kompensieren. Gegenkopplung aber langsamer ansteigt.
Eine solche Spannung erhält man beispielsweise, Nun wird in der Schaltung von Abb. 8.67a die
wenn zwei Transistoren mit ungleichen Emit- Potenzialdifferenz an den beiden Widerständen
terflächen gemäß der Schaltung in Abb. 8.67a R1 mit einem Operationsverstärker verglichen,
betrieben werden. Ist das Flächenverhältnis n D der die beiden Transistoren so ansteuert, dass
A1 =A2 , so stehen die Sperrsättigungsströme IC1 D IC2 D IC ist. Dieser Arbeitspunkt ent-
der Basis-Emitter-Dioden im selben Verhältnis: spricht dem Schnittpunkt der beiden Kennlinien
IS1 =IS2 D n. Wird der kleine Basisstrom ver- in Abb. 8.68b.
8 Analoge integrierte Schaltungen 463
a 1 b 1,0
0,8 0,8
Strom I C / mA
Strom I C / mA
0,6 0,6
T1 T2 T1 T2
0,4 0,4
0,2 0,2
0 0,0
0,4 0,5 0,6 0,7 0,4 0,5 0,6 0,7
Spannung U BE / V Spannung U BE2 / V
Abb. 8.68 I U -Kennlinien zweier verschieden großer Transistoren mit n D IS1 =IS2 D 10, Sperrsättigungsstrom
IS2 D 1015 A, a unabhängige Kennlinien, b Kennlinien bei Gegenkopplung gemäß Schaltung in Abb. 8.67a
und die Basis-Emitter-Spannung I Hinweis für die Praxis: Wenn man integrierte
Referenzspannungen zur Überwachung von
IC Versorgungsspannungen verwendet, dann
UBE2 D UT ln D 0;663 V :
IS2 sollte man, um eine Fehlermeldung zu ver-
meiden, solche Typen wählen, deren Aus-
b) Der TK wird nach Gl. 8.56 null für gangsspannung beim Hochlaufen ihrer
Versorgungsspannungen proportional zu
R3 dUBE2 T
D D 3;96 : dieser ansteigen. Es sollte also ein linearer
R2 dT 2 UT ln n
Zusammenhang zwischen der Versorgungs-
Also ist R3 D 396 . spannung und der Ausgangsspannung des
c) Die Referenzspannung beträgt nach Referenzelements bestehen.
Gl. 8.55
bezogen. Die Schaltung soll den Effektivwert Reinhold, W.: (2010) Elektronische Schal-
der sinusförmigen Eingangsspannung als Gleich- tungstechnik Grundlagen der Analogelektro-
spannungsmittelwert mit gleichem Zahlenwert nik. Hanser Verlag.
ausgeben. Für den Gleichspannungsmittelwert
p Seifarth, M.: (2003) Analoge Schaltungen.
gilt UG D 1;11 Ueff D 1;11 û= 2. 6. Auflage, Verlag Technik Berlin.
Tenten, W.: (2012) Analoge Schaltungstechni-
Ü 8.5-4 Es soll ein aktiver Tiefpass 1. Ordnung ken der Elektronik Oldenbourg Verlag.
mit der Verstärkung v D 20 und der Grenzfre- Tietze, Schenk, C.: (2010) Halbleiter-Schal-
quenz fg D 1 kHz dimensioniert werden. tungstechnik. 13. Auflage, Springer Verlag.
Die technischen Publikationen der Halbleiterher-
steller sind heute eine wichtige Informationsquel-
Ü 8.5-5 Einem Tonfrequenzsignal ist ein kleiner le. Auf den Webseiten der Hersteller findet man
Betrag der Netzfrequenz mit 50 Hz überlagert. u. a. unter den Stichworten Application Note oder
Eine 50-Hz-Bandsperre soll diese Frequenz un- Technical Documentation viele, zum Teil tief ge-
terdrücken. Die Schaltung ist zu bestimmen und hende Veröffentlichungen. Diese Dokumentation
zu dimensionieren. ist ausschließlich Englisch. Folgende Internet-
Adressen sind hilfreich:
analog.com
8.7 Weiterführende Literatur infineon.com
linear.com
Heinemann, R.: (2011) PSPICE Einführung in maximintegrated.com
die Elektroniksimulation. 7. Auflage, Hanser nxp.com
Verlag. ti.com.
Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital
(AD)-Wandler und digitale Filter 9
In vielen Prozessen fallen die Daten in elektri- der Geschwindigkeit und eine geringere Leis-
scher Form an oder werden zuerst in ein elektri- tungsaufnahme. Das Signal läuft fast immer zu-
sches Analogsignal umgesetzt. Dieses Analogsi- erst durch den Analog-Digital(AD)- und erst
gnal steht für die weitere Verarbeitung zur Ver- gegen Ende der Verarbeitung durch den Digital-
fügung. Beispielsweise in einer Regelung, beim Analog(DA)-Wandler. Der DA-Wandler sei zu-
Telefon, Funk oder Fernsehen überträgt man es erst beschrieben, da er einfacher aufgebaut ist und
über große Entfernungen oder speichert es für das Verständnis für einige AD-Wandler erleich-
eine spätere Nutzung, wie bei der Schallplatte tert.
oder dem Tonband. Bei dieser analogen Verar-
beitung entstehen durch geringe Abweichungen
der Übertragungselemente vom idealen Verhal-
ten Fehler, die sich mit zunehmender Anzahl der 9.1 Digital-Analog-Wandler
beteiligten Elemente summieren. Diese zusätzli- (DA-Wandler)
chen Fehler lassen sich mit hohem Aufwand in
Analogsystemen nur verringern, in Digitalsyste- DA-Wandler (engl.: Digital to Analog Conver-
men bei richtiger Auslegung jedoch verhindern ter; DAC) erhalten am Eingang meistens eine
oder korrigieren. binär kodierte Zahl (Digitalwort): in Ausnahme-
Die Verarbeitung in Digitalrechnern, bei- fällen lässt sich mit einem entsprechend dimen-
spielsweise in Mikroprozessoren, benutzt digita- sionierten Wandler auch eine BCD-Zahl umset-
le Signale am Ein- und Ausgang. Hierzu setzt zen (Abschn. 11.1.3). Abbildung 9.1 zeigt den
man die anfallenden analogen Daten in digita- einfachsten DA-Wandler. Eine konstante Refe-
le um und wandelt sie nach der Verarbeitung renzspannung URef speist über digital gesteuerte
oder der Übertragung wieder in die benötig- Schalter S1 bis S8 und binär gestufte Widerstände
te analoge Form zurück. Die heute angebotene Strom in den Knoten eines addierenden Opera-
große Vielfalt an Wandlern deckt ein großes Leis- tionsverstärkers ein. Der vom Netzwerk in den
tungsspektrum ab, das mit verschiedenen Wand- Knoten fließende Strom ist dem Produkt aus der
lungssystemen und Herstellungstechnologien zu Referenzspannung und der angelegten Digital-
erreichen ist. Das Ziel der intensiven Entwick- zahl proportional. Der Operationsverstärker stellt
lung ist die weitere Steigerung der Genauigkeit, die Ausgangsspannung so ein, dass der Strom
durch den Rückführwiderstand R=2 den Strom
K. Bressler () aus dem Netzwerk genau kompensiert. Die Aus-
E-Mail: Klaus.Bressler@web.de gangsspannung ist dem angelegten Digitalwort
J. Endres, proportional; ihre Polarität ist der Referenzspan-
E-Mail: julian.endres@fhws.de nung entgegengesetzt.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017 467
E. Hering, K. Bressler, J. Gutekunst (Hrsg.), Elektronik für Ingenieure und Naturwissenschaftler,
DOI 10.1007/978-3-662-54214-9_9
468 K. Bressler und J. Endres
zahl n der Elemente und der Stellung der später Multiplikation einer Analogspannung mit einem
hinzukommenden Schalter. Der Eingangswider- digital eingegebenen Faktor. Die Analogspan-
stand des Leiternetzwerks für die Referenzspan- nung ist in weiten Grenzen frei; es kann eine
nung beträgt immer Re D 2R. Gleichspannung oder eine periodische oder nicht-
periodische Wechselspannung sein (z. B. eine
Tonfrequenz). In diesem Zusammenhang nennt
9.1.2 Multiplizierender DA-Wandler man den multiplizierenden DA-Wandler auch
elektronisches Potentiometer.
Abbildung 9.3 zeigt einen 8-Bit-DA-Wandler mit Der Wandler ist so genau wie die Teilströme
einem Leiternetzwerk. In den Querwiderstän- in den einzelnen Querwiderständen. Fehler im
den 2R fließen von links nach rechts abneh- Widerstand des MSB verursachen einen entspre-
mende, binär gestufte Ströme. Abhängig von der chenden Gesamtfehler, während Wertetoleranzen
jeweiligen Schalterstellung fließen diese Ströme der niederwertigen Bits entsprechend verringert
in den gemeinsamen Massepunkt (Schalterstel- eingehen. Nach Gl. 9.1 beeinflussen nicht die
lung 0) oder in den fiktiven Massepunkt am Absolutwerte der Widerstände im Netzwerk die
summierenden Knoten des nachfolgenden Ope- Genauigkeit, wohl aber deren Verhältnis. Hierbei
rationsverstärkers (Schalterstellung 1). ist das R-2R-Leiternetzwerk vorteilhaft, weil es
Die Ausgangsspannung des Operationsver- fast nur gleichartige Widerstände enthält, die sich
stärkers stellt sich so ein, dass der Eingangs- gut und mit geringen Toleranzen herstellen las-
strom Ie durch den über RR zurückgeführten sen. Der bei allen Widerständen gleiche Tempera-
Strom kompensiert wird. Ist die Verstärkung des turgang beeinflusst die Widerstands-Verhältnisse
DA-Wandlers gleich eins, d. h., ist der Rück- auch bei sich stark ändernder Umgebungstempe-
führwiderstand RR D 2R, dann gilt für die ratur nicht; ferner wird der einzige maßgebende
Ausgangsspannung Ua Widerstand außerhalb des Leiternetzwerks, der
Rückführwiderstand RR , meistens zusammen mit
X URef
Ua D : (9.1) dem Netzwerk auf einem Substrat hergestellt.
2n Das Leiternetzwerk baut man häufig aus Wider-
Dabei ist X der Wert der angelegten Binärzahl, n ständen mit 10 k und 20 k oder 25 k und
die Bit-Breite des DA-Wandlers und URef die 50 k auf.
angelegte Referenzspannung. Da die Ausgangs- Eine weitere Fehlerquelle ist der ohmsche Wi-
spannung dem Produkt aus der Binärzahl X und derstand des Schalters im EIN-Zustand. Er ist
der Referenzspannung URef proportional ist, be- voll zum jeweiligen Widerstandswert zu addie-
zeichnet man diesen Wandler als multiplizieren- ren. Der Widerstand des Schalters stört beim
den DA-Wandler. Die Schaltung eignet sich zur MSB am meisten. Deshalb nutzt man zur Korrek-
470 K. Bressler und J. Endres
9.1.3 Vier-Quadranten
Abb. 9.4 MOSFET-Umschalter im DA-Wandler
multiplizierender DA-Wandler
tur bei den hochwertigen Stellen mitunter größere Der Schalter nach Abbildung 9.4 hat günstige Ei-
Schalttransistoren, wodurch der höhere Strom genschaften: Die Leckströme sind vernachlässig-
über einen niederohmigen Schalter fließt, und der bar und der EIN-Widerstand ist vom Betrag und
Spannungsabfall konstant bleibt. der Polarität des geschalteten Stroms unabhän-
Für das angelegte Datenwort sind zwei unter- gig. Die Verhältnisse bleiben erhalten, auch wenn
schiedliche Bezeichnungen üblich. In Abb. 9.3 sich der Pegel und die Polarität der Referenz-
wird das höchstwertige Bit (MSB: Most Signifi- spannung ändern. Dieser Wandlertyp lässt sich
cant Bit; Abschn. 11.1.1) mit „1“ bezeichnet und deshalb über einen großen Bereich der Referenz-
das niederwertigste Bit (LSB: Least Significant spannung, beispielsweise von 15 bis C15 V be-
Bit) mit „8“. Bei einem Datenbus (z. B. bei einem treiben. Entsprechend der Größe und dem Betrag
Mikrorechner) beginnt der Bus mit DB 0 (LSB) der Referenzspannung ändern sich auch die Grö-
und endet bei DB 7 (MSB). Dabei sind zwei ver- ße und der Betrag der Ausgangsspannung. Zu be-
schiedene Bezeichnungen üblich: Die eine geht achten ist, dass die Offsetspannung des nachge-
von 1 bis n und die andere von 0 bis (n 1). (Ab- schalteten Operationsverstärkers bei abnehmen-
bildung 9.7 zeigt einen AD-Wandler mit direktem dem Betrag der Referenzspannung immer mehr
Bus-Anschluss.) Einfluss gewinnt. Die Schaltung eignet sich zur
Multiplizierende DA-Wandler stellt man gern Multiplikation der Referenzspannung mit der di-
monolithisch in CMOS-Technik her, wobei die gitalen Zahl X. Wenn der zweite Stromausgang
erreichten Genauigkeiten mit fortschreitender des DA-Wandlers nicht mit Masse verbunden
Technologie immer besser werden. Inzwischen wird, sondern auf den Knoten eines zweiten
kann man 16 Bit Auflösung und 15 Bit Linea- Operationsverstärkers arbeitet, dessen Ausgangs-
rität erreichen. Die Widerstände des Leiternetz- signal vom ersten subtrahiert wird, kann man
werks, die schaltenden Feldeffekttransistoren und nicht nur positive und negative Referenzspannun-
die Ansteuerlogik werden auf einem Silicium- gen, sondern auch positive und negative digitale
kristall aufgebaut. Die Schaltung muss wenig Daten miteinander verknüpfen. Abbildung 9.5a
oder gar nicht abgeglichen werden. Monolithi- zeigt die Schaltung eines Vier-Quadranten-Mul-
sche CMOS-Wandler haben die bei hohen Ge- tiplizierers.
nauigkeiten früher üblichen hybriden Wandler Der Ausgang OUT 1 mit dem Strom I1 arbei-
aus Kostengründen verdrängt. tet wie bekannt auf den Knoten eines invertieren-
Abbildung 9.4 zeigt einen MOSFET-Um- den Operationsverstärkers. Der Ausgang OUT 2
schalter mit einem Element des Leiternetzwerks. ist nicht wie bisher mit Masse verbunden, son-
Der durch den Querwiderstand 2R kommende dern arbeitet auf den Knoten eines zweiten inver-
Strom fließt entweder durch T1 in den Ausgang tierenden Operationsverstärkers. Abbildung 9.5b
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 471
Abb. 9.5 Vier-Quadranten multiplizierender DA-Wandler. a Schaltbild, b Teilströme und Ausgangsspannung, c Zu-
sammenhang aus digitaler Eingangsgröße, Referenzspannung URef und Ausgangsspannung Ua
zeigt die Ströme I1 und I2 abhängig von der an- gleichen Widerständen und 2n 1 Einzelschal-
gelegten digitalen Zahl. ter. Entsprechend dem angelegten Digitalwort
Definiert man das MSB als Vorzeichen und wird nur der zugehörige Schalter geschlossen,
nimmt das Einer-Komplement für negative Zah- er gibt die Teilspannung des Spannungsteilers
len, dann ändert sich die Ausgangsspannung des an den nachfolgenden Pufferverstärker, meistens
DA-Wandlers von CUa .1 1=256/ bis Ua , ein Elektrometerverstärker mit der Verstärkung
wenn die digitale Zahl von 0000 0000 bis v D 1. Da er einen sehr hohen Eingangswider-
1111 1111 geändert wird und die Referenzspan- stand hat, wird der Spannungsteiler nicht belastet
nung positiv ist. Der Eingang 0111 1111 führt und seine Ausgangspannung nicht verfälscht.
zur Ausgangsspannung 0 V. Beide Eingänge, der In der CMOS Technik lassen sich auch Struk-
digitale und der analoge, können positiv und ne- turen mit sehr vielen Widerständen und Transis-
gativ werden. Der Wandler gibt das Ergebnis stets toren kostengünstig herstellen. Der fast stromlose
mit dem richtigen Vorzeichen aus, d. h., er arbei- Schalter kann sehr klein sein. Der hochohmi-
tet in allen vier Quadranten und heißt deshalb ge Spannungsteiler aus sehr vielen Widerständen
auch Vier-Quadranten-Multiplizierer. Abbil- belastet die Referenzspannung nur wenig.
dung 9.5c zeigt die analoge Ausgangsspannung Aus dem angelegten Datenwort mit n Bit de-
als Funktion der digitalen Eingangsgröße mit der kodiert eine Logikschaltung einen von 2n Ausgän-
variablen Referenzspannung als Parameter. gen, dieser steuert den zugehörigen Schalter an.
Über diesen Schalter gelangt die richtige Span-
nung an den Pufferverstärker und an den Ausgang.
9.1.4 Parallel-DA-Wandler Digitale Schaltungen in CMOS-Technik verbrau-
chen nur während der Umschaltvorgänge Strom.
Ähnlich wie bei den unter 9.2.4 beschriebenen Operationsverstärker in CMOS-Technik können
Parallel-AD-Wandlern kann man auch einen DA- sehr sparsam sein. Deshalb kommen diese Wand-
Wandler mit einem großen Spannungsteiler auf- ler mit einem sehr geringen Ruhestrom aus. Die
bauen (Abb. 9.6). Ein n-Bit DA-Wandler benötigt sehr kleinen internen Ströme laden die immer
dazu einen linearen Spannungsteiler aus 2n genau vorhandenen parasitären Kapazitäten nur langsam
472 K. Bressler und J. Endres
a b
Abb. 9.6 Parallel-DA-Wandler. a Spannungsteiler mit Schalter und Ausgangsverstärker. b Blockschaltbild eines
Parallel-DA-Wandlers
um, deshalb sind diese Wandler langsam aber ex- le direkt an den Daten- und Kontrollbus oder
trem sparsam. Die Wandlungszeit kann mehrere an eine serielle Schnittstelle eines Mikrorechners
Mikrosekunden betragen. anzuschließen ist. Abbildung 9.7 zeigt das Block-
Das digitale Eingangssignal kann parallel oder schaltbild eines DA-Wandlers mit einer paralle-
seriell in ein Register kommen. Eine Steuerlogik len Mikrorechner-Schnittstelle.
gibt das Register zur Aufnahme frei und schaltet Beim DA-Wandler hat der Datenbus nur hoch-
dessen Ausgänge an den Dekoder. Häufig ha- ohmige Eingänge (engl.: data inputs), die stets
ben diese Wandler einen Stromsparmodus (engl. am Bus liegen, aber nur bei Bedarf durchgeschal-
Power Down Mode), der den Stromverbrauch im tet werden. Hierzu dienen drei Steuereingänge,
Ruhezustand in den Mikrowatt-Bereich senkt. welche die anliegenden Daten in einem vorge-
Der Spannungsteiler ist immer streng mo- schalteten Latch-Register mit den Signalen HBE
noton, beim Höherschalten kann die Spannung (High Byte Enable), und LBE (Low Byte Enable)
nicht kleiner werden. Die übrigen Fehler, Off- zwischenspeichern, von wo aus sie mit dem Si-
set, Nichtlinearität und abweichende Verstärkung gnal LDAC (Load DA-Converter) in das eigent-
können aber vorkommen. Nur ein kleiner Teil der liche Steuerregister weitergeschaltet werden und
angebotenen Wandler sind Parallel-DA-Wandler. kurz danach als gewandelter Analogwert am Aus-
Für besondere Anforderungen sind sie ein sinn- gang erscheinen. Die Ansteuereingänge HBE,
volles Nischenprodukt. LBE oder CS (Chip Select) werden über dem
Rechner zugeordnete Dekoder aus dem Adress-
bus erzeugt, wie das bei Speichern, Ports und
9.1.5 Datenwandler mit anderen peripheren Teilen auch geschieht. Führt
mikroprozessorkompatibler man die Referenzspannung über 2 R auf den
Schnittstelle nachfolgenden Summierverstärker dann entsteht
der in Abb. 9.5 beschriebene Vier-Quadranten-
DA- und AD-Wandler betreibt man häufig di- Multiplizierer.
rekt zusammen mit Mikrorechnern. Der äuße- Der Trend geht zum seriell angekoppelten Da-
ren analogen Schnittstelle steht die digitale zum tenwandler, der direkt mit dem Mikroprozessor
Mikrorechner gegenüber. Um Entwicklungsauf- kommuniziert. Dazu gibt es verschiedene Ver-
wand und Platz auf der Leiterplatte zu sparen, fahren. Beim Serial Peripheral Interface (SPI)
gibt es Datenwandler, deren digitale Schnittstel- hat jedes Peripheriebauteil einen Signaleingang,
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 473
einen Signalausgang, einen Adresseingang wie unterdrückt diese einmalige und nicht kontinu-
Chip Select und einen Takteingang. Damit kann ierliche Spitze (engl.: glitch) nicht, da es die
ein Mikrorechner mit vielen Peripherieschaltun- Impulsenergie nicht vom Verbraucher fernhält,
gen in beiden Richtungen kommunizieren. Die sondern sie lediglich auf einen längeren Zeitraum
Taktfrequenzen gehen weit in den MHz-Be- verteilt. Stattdessen läuft der Analogwert dem Di-
reich. gitalwert träge nach.
Für serielle und parallele Schnittstellen mit Dieser Effekt stört besonders bei schnellen
sehr hoher Geschwindigkeit wird auch das Low und hochauflösenden DA-Wandlern, wenn die
Voltage Differential Signalling (LVDS) ver- Verzögerungszeit im Zähler nicht mehr gegen die
wendet. Auf einer Zweidrahtleitung die mit Taktzeit vernachlässigt werden kann, und wenn
100 abgeschlossen ist, wechseln C3;5 mA und die Spitzen bei vielen Übergängen höherwerti-
3;5 mA. Der kleine Spannungshub gestattet Da- ger Bits mehr oder weniger ausgeprägt auftreten.
tenraten bis 1 GBit=s. Der rote Schaltungszusatz nach Abb. 9.8 blen-
det diese Störung aus; er heißt deshalb Deglitcher
(Abschn. 13.4).
9.1.6 Unerwünschte Spitzen beim Abbildung 9.8a zeigt ein typisches der vie-
Weiterzählen des digitalen len denkbaren Beispiele für die Anwendung eines
Eingangswertes Deglitchers, Abb. 9.8b das zugehörige Impuls-
bild. Ein digitaler Funktionsgenerator enthält die
Wechseln beim Weiterzählen des digitalen Ein- Funktionsdaten in einem PROM, dessen Adres-
gangswerts um ein LSB ein hochwertiges Bit und sen mit der positiven Taktflanke weitergezählt
viele niederwertige Bits ihren Wert, dann kann werden. Die Daten kommen je nach der Ge-
am Ausgang des DA-Wandlers für eine kurze schwindigkeit des Speichers 50 bis 200 ns nach
Zeit eine unverhältnismäßig große Störspitze auf- dem Anlegen der Adresse. In der Zwischen-
treten. Dies geschieht beispielsweise, wenn ein zeit liegen undefinierte Daten am Ausgang des
8-Bit-DA-Wandler zuerst die Zahl 127 und da- PROM. Der Speicherausgang muss eine halbe
nach 128 in den Analogwert wandeln soll und Taktperiode nach Anlegen der Adresse seinen
das MSB eins wird, während die niederwertigen stabilen Endwert erreicht haben. Er wird mit
Bits noch nicht auf null zurückgegangen sind. der negativen Taktflanke in den Zwischenspei-
Dadurch steht für kurze Zeit der Wert 255 an, den cher (Latch) übernommen und gleichzeitig an den
der DA-Wandler in den entsprechenden Analog- AD-Wandler ausgegeben, der die digitale Zahl di-
wert umsetzen will. Ein analoges Tiefpassfilter rekt in einen Analogwert umsetzt.
474 K. Bressler und J. Endres
Abb. 9.9 Fehler bei Datenwandlern. a Offsetfehler. b Verstärkungsfehler. c Nichtlinearität. d nicht monoton
Der DA-Wandler kann während der negativen für AD- und DA-Wandlung gleichermaßen zu-
Taktphase einschwingen, weil er nur während der treffen.
positiven Taktphase über den MOSFET auf den Dem im Prinzip unendlich fein auflösbaren
Ausgang durchgeschaltet wird. Der Deglitcher ist Analogsignal steht am anderen Ende des Wand-
auch in vielen anderen Schaltungen anzuwenden, lers ein Digitalsignal mit einer endlichen An-
wenn Speicher und DA-Wandler jeweils eine hal- zahl verschiedener Werte gegenüber. Der Bereich
be Taktperiode Zeit zum Einschwingen haben. zwischen zwei benachbarten Digitalwerten wird
Zum Ausgleich kann man einen Tiefpass benut- einem Digitalwert zugeordnet. Der dadurch ent-
zen, der nur die Taktfrequenz unterdrückt und stehende Fehler heißt Quantisierungsfehler. Er
deshalb eine kurze Laufzeit hat. Stört die Verzö- beträgt 1=2 LSB und wird mit zunehmender Auf-
gerung einer Taktperiode immer noch, so beginnt lösung (Anzahl der Bit) kleiner.
man zweckmäßigerweise einen Takt früher mit Abbildung 9.9 zeigt vier wichtige Fehler der
dem Auslesen des PROM. Die Steuerlogik muss Datenwandler. Sie sind zur besseren Darstellung
dann mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Über- übertrieben groß und rot eingezeichnet. Beim
nahmesignale erzeugen. Offsetfehler in Abb. 9.9a hängen Digital- und
Analogwert linear und mit der richtigen Ver-
9.1.7 Fehler bei der Datenumsetzung stärkung zusammen. Eine Größe hat aber einen
Versatz, weshalb die Kennlinie nicht durch den
Wie bei allen nicht rein mathematischen Vorgän- Nullpunkt geht. Die Ursache des Fehlers kann
gen entstehen bei der Datenwandlung Fehler, die in den geschalteten Stromquellen oder im nach-
sich in vier Hauptgruppen einteilen lassen und die geschalteten Operationsverstärker liegen. Viele
476 K. Bressler und J. Endres
Datenwandler haben einen Korrekturanschluss signal, so dass die Übertragung nicht monoton
(Offset-Adjust), an dem man über ein Potenzio- ist. Tritt dieser Fall bei AD-Wandlern auf, dann
meter einen nach Betrag und Vorzeichen einstell- wird zwei unterschiedlichen Analogwerten ein
baren Strom einspeist, der diesen Fehler aufhebt Digitalwert zugeordnet; der zweite Digitalwert
oder wenigstens verringert. erscheint nie; er heißt fehlender Kode (engl.:
Beim Verstärkungsfehler nach Abb. 9.9b missing code).
weicht nur die Steigung der Übertragungskenn-
linie vom Idealwert ab. Dieser Fehler kommt
häufig bei monolithischen und multiplizierenden 9.1.8 Delta-Sigma DA-Wandler
DA-Wandlern vor, deren Widerstände im Leiter-
netzwerk untereinander genau sind, absolut aber Zum besseren Verständnis ist es zweckmäßig, zu-
oft bis zu 5% vom Nennwert abweichen. Um erst den Abschn. 9.2.5 zu lesen; denn darin ist das
diesen Wert ändert sich auch der in den nachfol- Delta-Sigma (˙ )-Verfahren anhand der AD-
genden Verstärker eingespeiste Strom. Weicht die Wandler ausführlich beschrieben. Grundsätzlich
Referenzspannung von ihrem Sollwert ab, ent- ist die DA-Wandlung nach dem ˙ -Verfahren
steht bei allen Wandlerarten ein Verstärkungsfeh- dieselbe, wie die ˙ -AD-Wandlung, nur in um-
ler. Der Rückführwiderstand des nachfolgenden gekehrter Reihenfolge. Ein Vergleich der beiden
Operationsverstärkers bestimmt die Verstärkung Blockschaltbilder Abb. 9.10 und 9.19 erleichtert
und damit die Steilheit der Übertragungskennli- das Verständnis.
nie. An ihm wird die Verstärkung zweckmäßiger- Aufgrund der günstigen Herstellkosten und
weise korrigiert. des realisierbar hohen Signal-Rauschabstandes
Bei der in Abb. 9.9c dargestellten Nichtlinea- sind diese Wandler bei der Verarbeitung digitaler
rität ist die Verstärkung nicht konstant, sondern Audio-Signale weit verbreitet.
ändert sich mit zunehmender Aussteuerung. Die Der Aufbau eines Delta-Sigma DA-Wandlers
Ursache kann ein schlechter Operationsverstärker ist in Abb. 9.10 dargestellt. Am Eingang des
sein, der dann durch einen besseren zu ersetzen Wandlers befindet sich ein digitales Interpolati-
ist. Ursachen, die direkt im Datenwandler liegen, onsfilter. Dieses Filter bekommt Datenworte mit
kann man nur bei dessen Herstellung korrigieren. einer Breite von N-Bits und einer Taktrate von 2
Die größte zulässige Nichtlinearität wird im Da- fo geliefert. Mit diesen diskreten Abtastwerten
tenblatt angegeben. können somit Signale bis zu einer Bandbrei-
Der Ausschnitt der Übertragungsfunktion in te fo dargestellt werden. Das Interpolationsfilter
Abb. 9.9d zeigt eine Unstetigkeitsstelle. Obwohl erzeugt zusätzliche Abtastwerte, wodurch sich
das digitale Eingangssignal steigt, sinkt an die- die Taktrate von 2 fo auf fs 2 fo ver-
ser Stelle das entsprechende analoge Ausgangs- vielfacht. Dieser Vorgang kommt somit einer
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 477
Überabtastung des digitalen Signals gleich. Der ben Vorzüge wie der ˙ -AD-Wandler. Dank der
Delta-Sigma Modulator ist bei dem DA-Wandler überwiegend digital aufgebauten Komponenten
rein digital ausgeführt. Der Integrierer besteht aus ist dieser Wandler leicht in ICs zu integrieren. Ein
einem rückgekoppelten, N-Bit breiten Register, Großteil der Bausteine kann mit Logikgattern,
dessen Wert vom vorigen Takt auf den aktuellen beispielsweise auf einem FPGA, nachgebildet
aufaddiert wird. Der Komparator wird aus einem werden.
Block gebildet, der lediglich das höchstwertigste
Bit (most significant Bit, MSB) extrahiert. Für das
Beispiel eines 4-Bit breiten Datenwortes gibt der 9.2 Analog-Digital-Wandler
Komparator 0 für die Werte 0000 bis 0111 und (AD-Wandler)
1 für die Werte 1000 bis 1111 aus. Werden die
Die Notwendigkeit, analog erzeugte Daten digital
Abtastwerte im Zweierkomplement dargestellt,
weiter zu verarbeiten, zu speichern oder zu über-
so muss der Ausgang des Komparators noch in-
tragen, hat zur Entwicklung vieler verschiedener
vertiert werden. Das 1-Bit breite Register am
Verfahren zur Analog-Digital-Wandlung geführt.
Ausgang synchronisiert das Ausgangssignal auf
Fünf davon haben sich durchgesetzt und wurden
den Arbeitstakt fs . Danach folgt die Rückkopp-
zu hoher Reife gebracht. Der zuletzt entwickel-
lung des Ausgangssignals auf den Eingang. Der
te Delta-Sigma-Wandler bietet eine hohe Auflö-
Bit fill-Block ersetzt den DA-Wandler aus dem
sung, bis 24 Bit, bei mittlerer Geschwindigkeit.
analogen Delta-Sigma Modulator, der nur zwi-
Der Wandler lässt sich mit moderner Halbleiter-
schen den zwei Aussteuergrenzen V und VC
technologie in großen Stückzahlen preisgünstig
hin- und herschaltet. Der Bit fill-Block erfüllt
herstellen.
denselben Zweck in digitaler Form und wird des-
Die Tab. 9.1 zeigt eine Übersicht über die
halb auch als digital to digital converter (DDC)
vier wichtigsten AD-Wandlertypen. Alle AD-
bezeichnet. Der DDC setzt den Bitstrom am Aus-
Wandler können nur Gleichspannungen oder
gang des digitalen Delta-Sigma-Modulators mit
Spannungen umsetzen, die sich während der
jedem fs -Takt in ein N-Bit breites Digitalwort
Messung nicht verändern.
um. Am Beispiel eines 4-Bit breiten Datenwor-
tes liefert dieser Block somit 1111 wenn ei-
ne 1 an dessen Eingang anliegt und das Wort 9.2.1 Integrierende
0000 für den Fall das eine 0 am Eingang des Analog-Digital-Wandler
Blocks anliegt. Der Aufbau des digitalen Delta-
Sigma Modulators kann noch verringert werden, Beim integrierenden AD-Wandler erzeugt die un-
indem die beiden Register geschickt zu einem zu- bekannte Spannung Ux innerhalb einer genau
sammengelegt werden. Am Ausgang des Delta- festgelegten Zeit an einem Integrator einen Span-
Sigma Modulators folgt ein 1-Bit DA-Wandler nungsanstieg, der zu einer bestimmten Hilfs-
der wieder nur zwischen zwei Spannungswerten spannung UI führt, die dem Mittelwert der un-
hin- und herschaltet. Zum Schluss muss, ähn- bekannten Eingangsspannung proportional ist.
lich wie beim ˙-AD-Wandler, das durch die Anschließend legt man eine genau bekannte Re-
Rauschformung in den oberen Frequenzbereich ferenzspannung mit entgegengesetzter Polarität
verschobene Quantisierungsrauschen mit Hilfe an und misst die Zeit, in der der Integrator wie-
eines Tiefpassfilters entfernt werden. Hier han- der auf null läuft. Diese Zeit ist der unbekann-
delt es sich bereits um analoge Signale, wes- ten Spannung Ux proportional. Abbildung 9.11a
halb das Tiefpassfilter analog ausgeführt sein zeigt das Blockschaltbild eines integrierenden
muss. AD-Wandlers.
Der Delta-Sigma DA-Wandler nutzt dieselben Die unbekannte Eingangsspannung Ux kommt
Effekte wie der Delta-Sigma AD-Wandler, die über den Schutzwiderstand R1 zum Schalter S1 .
durch Überabtastung und Rauschformung entste- Der Kondensator C1 unterdrückt höherfrequente
hen. Ebenso besitzt der ˙ -DA-Wandler diesel- Störungen, und die antiparallel geschalteten Di-
478 K. Bressler und J. Endres
Tab. 9.1 Aufbau eines digitalen Systems zur Verarbeitung analoger Signale
Arbeitsprinzip Genauigkeit, Preis, Ausgang Anwendungsbeispiel
Schnelligkeit Stromverbrauch
Integrierender 12 bis 20 Bit Sehr preisgünstig, BCD mit Zif- Digitalmultimeter, langsame
AD-Wandler, 10 ms bis 1 s lang- 1 bis 100 mW fernanzeige, Spannungsmesser, für manuelle
Zweirampen- sam, binär, parallel, und automatische Messungen,
verfahren 3 12 –5 12 Dezimal- P-kompatible unempfindlich gegen überlagerte
stellen Busschnittstelle Störungen
AD-Wandler 8 bis 18 Bit, Preisgünstig bis binär, P- Schneller Datenwandler in der
nach dem Prinzip 0,3 bis 20 s, mittlere Preis- kompatible industriellen Steuer- und Re-
der sukzessiven 50 kS=s bis klasse, Busschnittstelle geltechnik, zur Kommunikation
Approximation 3 MS=s 5 bis 200 mW parallel und seriell und zur Überwachung schneller
SAR-Prinzip SPI und LVDS Vorgänge, störempfindlich
Mehrstufige AD- Binär, sehr Mittlere Preis- Binär Datenwandler zur Digitalisie-
Wandler nach dem schnell, klasse bis sehr CMOS parallel rung schneller Analogsignale,
Pipeline-Prinzip 8 bis 14 Bit teuer LDVS Video, Kommunikation, Radar
50 bis 3000 MS=s 0,1 W bis 1 W Direkte Digitalisierung von HF-
Selten bis 4 W und ZF-Signalen
Delta-Sigma-AD- 1 Bit bis 24 Bit, Preisgünstig, Binär, seriell und Datenwandler für Anwendungen
Wandler 40 MS=s bei 1 Bit Verbrauch gering parallel mit geringer Bandbreite (z. B.
Auflösung Audiotechnik), wegen einfacher
Analogtechnik und überwiegen-
der Digitaltechnik gut herstellbar
oden schützen den Eingang vor Überspannung. und der Komparator K die Integration stoppt. Der
Zu Beginn der Messung stellt die Steuerlogik den Zähler zählt die Takte während der Entladezeit
MOSFET-Schalter S1 in die Stellung 2, und die t2 , die umso länger dauert, je höher die angeleg-
Eingangsspannung gelangt über den sehr hoch- te Messspannung war. Die Anzahl der Messtakte
ohmigen Elektrometerverstärker V1 auf den Inte- ist der unbekannten Messspannung genau propor-
grator V2 . tional. Wegen der ansteigenden und abfallenden
Während des Messzyklus t1 , der immer eine Spannungsrampe heißt das Prinzip auch Zwei-
konstante Anzahl Perioden (2000 bis 10.000) des rampenverfahren (engl.: dual slope technique).
internen Systemtaktes (meist 100 kHz) dauert, Der große Erfolg dieses Wandler-Prinzips be-
wird die unbekannte Eingangsspannung über der ruht auf der einfachen und preisgünstigen Her-
Zeit integriert. Eine kleine Messspannung ver- stellung der Schaltung, die heute meist als mono-
anlasst einen langsamen Spannungsanstieg, eine lithische hochintegrierte CMOS-Schaltung ohne
große einen schnellen Anstieg. teuren Abgleich in Gebrauch ist. Beim integrie-
Dieser Anstieg ist in der Mitte der Abbil- renden AD-Wandler nach dem Zweirampenver-
dung 9.11b zu sehen. Der Komparator K stellt fahren geht letztlich nur die Referenzspannung
die Polarität der integrierten Spannung und da- in die Messung ein; alle anderen elektrischen
mit auch die Polarität der Eingangsspannung fest. Daten beeinflussen das Ergebnis nicht. Die Ar-
Nach Ablauf der Messzeit t1 stellt die Steuer- beitsweise und die Besonderheiten sind in dem
logik den Schalter S1 in die Stellung 3 oder 4. Blockschaltbild 9.10a und dem Impulsbild 9.11b
Dabei legt man statt der unbekannten Spannung erläutert.
Ux die Referenzspannung URef mit umgekehr- Durch den extrem hochohmigen Eingang des
ter Polarität über den Elektrometerverstärker an Elektrometerverstärkers V1 , Re > 1000 M,
den Integrator, wodurch die Ausgangsspannung fällt an R1 keine Spannung ab. Der Wandler
UI des Integrators mit konstanter Änderungsrate belastet die Messspannung oder den vorgeschal-
wieder zurückgeht. teten Spannungsteiler nicht. Der Verstärker V1
Der Entladevorgang des Integrators dauert so macht die Spannung niederohmig und speist den
lange, bis die Ausgangsspannung durch null geht Integrator aus V2 , R2 und C2 . Unabhängig von
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 479
der Größe der Integrationszeitkonstanten D in das Ergebnis eingeht wie die Taktfrequenz.
R2 C2 gilt: Das maßgebende Verhältnis t2 =t1 wird richtig
t1 t2 ausgegeben, wenn die Zeitdauer beider Rampen
Ux D URef
mit der gleichen Frequenz gemessen wird. Nur
oder Kurzzeitfehler der Taktfrequenz zwischen beiden
Ux D URef t2 =t1 : (9.2) Rampen führen zu einem Messfehler (meist klei-
ner als 106 ). Die Werte des Widerstands R2
Die Werte von R2 und C2 beeinflussen die End- und des Kondensators C2 müssen während des
spannung des Integrators UI , aber nicht das Mess- Messvorgangs konstant bleiben und dürfen sich
ergebnis, da die Zeitkonstante ebenso wenig nicht spannungsabhängig verändern. Für R2 wird
480 K. Bressler und J. Endres
Abb. 9.13 Analog-Digital-Wandler nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation. a Blockschaltbild. b Impulsbild,
allmähliche Annäherung des Digitalwertes an den Analogwert durch Zuschalten aller notwendigen Bits
in Abb. 9.11b. Sein Ergebnis kann man spei- ne Taktperiode erforderlich. Die Wandlungszeit
chern und auf einfache Weise in die Ansteuer- beträgt je nach Typ 0,3 bis 20 s, die Genauig-
signale der meist verwendeten Sieben-Segment- keit 8 bis 18 Bit. Der erforderliche Aufwand, aber
Anzeigen umsetzen. Häufig hat das AD-Wandler- auch die erreichbare Geschwindigkeit ist wesent-
Bauteil auch die erforderlichen Dekoder und lich größer als beim integrierenden AD-Wandler;
Multiplexer, um direkt eine LCD-Sieben-Seg- die Genauigkeit ist oft geringer.
ment-Anzeige anzusteuern. Abbildung 9.13a zeigt das Blockschaltbild
Andere integrierende AD-Wandler haben dieses AD-Wandlers, Abb. 9.13b das zugehörige
einen binär kodierten Ausgang oder eine Mi- Impulsbild. Die zu wandelnde Analogspannung
kroprozessor-kompatible Bus-Schnittstelle. Die- wird am Eingang Ux oder Ue angelegt. Sie muss
ser Wandlertyp ist zwar langsam, aber hochauf- konstant sein und darf sich während der Wand-
lösend, genau, störfest und preisgünstig. Er ist lung um weniger als ein 1=2 LSB ändern. Die
der ideale Umsetzer für analoge Daten, die sich Analog-Digital-Umsetzung wird mit einem Start-
langsam ändern, beispielsweise bei der Tempera- Impuls eingeleitet. Der Zähler setzt über einen
turmessung. Dekoder und ein Register das MSB des ange-
schlossenen DA-Wandlers auf 1. Anschließend
vergleicht der Komparator die unbekannte Ana-
9.2.2 Analog-Digital-Wandler nach logspannung mit der des DA-Wandlers. Ist die
dem Prinzip der sukzessiven Spannung des DA-Wandlers größer als die ana-
Approximation loge Eingangsspannung, dann nimmt der Kom-
parator das MSB im Register wieder zurück,
Bei diesem Wandlertyp wird der Digitalwert null ist die DA-Wandler-Spannung dagegen kleiner,
um jeweils ein Bit, beginnend mit dem MSB, dann bleibt das Bit stehen.
vergrößert, gleichzeitig in den zugehörigen Ana- Mit der nächsten Taktperiode schaltet der
logwert gewandelt und mit dem unbekannten Zähler den Vergleich auf das nächste niedrige-
Analogwert verglichen. Das Ergebnis des Ver- re Bit weiter. Der Vergleich führt zum Setzen
gleichers nutzt man zur systematischen Annähe- oder Zurücksetzen des nächsten Bits. Nach je-
rung der beiden Werte, die erreicht ist, wenn auch dem Vergleich schalten Zähler und Dekoder auf
das LSB zum Vergleich herangezogen worden das nächste niedrigere Bit weiter. Auf diese Wei-
ist. Für jedes Bit ist ein Vergleich und damit ei- se wird die anfängliche Differenz zwischen dem
482 K. Bressler und J. Endres
Analogwert und dem von null ansteigenden Digi- Überlagerte Störungen oder Wechselspannungen
talwert immer kleiner, wobei nur jene Bits gesetzt können das Setzen eines Bit veranlassen, das im
werden, die zur Darstellung des Analogwerts er- Messwert null ist. Dieses Bit lässt sich im lau-
forderlich sind. fenden Umsetzvorgang nicht zurücknehmen; es
Ist das niederwertigste Bit (LSB) gesetzt, ver- verursacht einen Fehler, der erst bei der nächsten
riegelt der Wandler seinen Arbeitstakt und bleibt Wandlung korrigiert werden kann.
stehen. An der Verbindungsstelle des Registers Da dieser Wandler besonders bei schnell sich
mit dem DA-Wandler steht der fertig gewandelte ändernden Eingangsspannungen Verwendung
Wert an. Wie im Impulsbild zu erkennen ist, führt findet, kann hier ein zusätzlicher Fehler entste-
das Bit 2 zu einem zu hohen Analogwert und hen. Abhilfe schafft eine vorgeschaltete Abtast-
wurde deshalb wieder zurückgenommen. Die- und Halteschaltung (engl.: sample and hold),
se Kompensation des Analogwertes durch einen welche die Messspannung abtastet, und den Au-
zusammengesetzten Digitalwert heißt auch Wä- genblickswert während der Wandlung in einem
geverfahren. Kondensator speichert und so konstant hält.
Die Wandlungszeit eines AD-Wandlers setzt AD-Wandler nach dem Verfahren der suk-
sich aus den Laufzeiten im Digitalteil, dem Zäh- zessiven Approximation sind als mittelschnelle
ler und dem Register (SAR: Successive Appro- Wandler mit mittlerer bis hoher Genauigkeit (bis
ximation Register), der Einschwingzeit des DA- 18 Bit) in Gebrauch. Der gegenüber integrieren-
Wandlers und des Komparators zusammen. Die den Wandlern etwas höhere Preis rechtfertigt ih-
Summe dieser Zeiten ist für jedes Bit erforder- ren Einsatz nur bei Messspannungen, die sich mit
lich. Deshalb wählt man die Taktfrequenz so, der Zeit schnell ändern. Ein Beispiel ist die hoch-
dass innerhalb einer Periode ein Bit einschwin- präzise Digitalisierung von Tonfrequenzen zur
gen kann. Ein Wandler mit n-Bit-Auflösung be- Speicherung auf der Compact Disc; industriel-
nötigt deshalb mindestens n Takte zur Umset- le Steuerungen und die Kommunikationstechnik
zung. sind weitere wichtige Einsatzbereiche.
Das Wägeverfahren ist weit weniger fehler- Viele Analog-Digital-Wandler haben heu-
tolerant als das Zweirampenverfahren. In das te eine Mikroprozessor-kompatible Schnittstelle
Ergebnis gehen alle Fehler des DA-Wandlers, (Abb. 9.14). Über Steuersignale, Write und die
wie Referenzspannungsfehler, Nichtlinearitäten, dekodierte Adresse des AD-Wandlers wird dieser
Offset, Temperatur- und Verstärkungsfehler ein. angesprochen. Das Ergebnis wird häufig mit ei-
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 483
9.2.4 Parallel-Analog-Digital-Wandler
Schaltung abgeführt werden. Durch den hohen 9.2.4.1 AD-Wandler nach dem
Aufwand ist der einfache Parallelwandler heute Pipelineverfahren
bedeutungslos. Beide Nachteile vermeidet das sogenannte Pipe-
Mit Parallel-Wandlern digitalisiert man heute lineverfahren. Auch hier wird der Analogwert in
Messwerte, Video- und Radardaten sowie zahl- mehreren Stufen in den digitalen Bereich gewan-
reiche andere mit großer Bandbreite anfallende delt. Jede Stufe hat ihren eigenen Schaltungs-
Analogdaten, um sie ohne Genauigkeitsverlust zu teil, ein Zeitverlust wird vermieden. Weiterhin
speichern und in digitalen Rechnern zu verarbei- ist die Auflösung jeder Stufe ein Bit größer, als
ten. Da einerseits die 8-Bit-Auflösung für viele unbedingt erforderlich. Diese redundanten Bits
Anwendungen nicht ausreicht, andererseits aber erlauben in der digitalen Addierschaltung eine
jedes weitere Bit Auflösung den Aufwand ver- Fehlerkorrektur.
doppelt, wurden andere Wege zur Verbesserung Abbildung 9.18 zeigt das Blockschaltbild
gesucht. eines 12-Bit-AD-Wandlers. Diese Wandler er-
Der erste Ansatz hierzu ist das Zwei-Stufen- reichen Abtastraten zwischen 50 MS=s und
Verfahren. Dabei wird zuerst ein Grobwert ermit- 3000 MS=s. Wandler, die nach dem Verfahren
telt, der in einem zweiten Wandlungsschritt durch der sukzessiven Approximation arbeiten, sind um
den Feinwert ergänzt wird. Für einen 10-Bit AD- den Faktor 1000 langsamer.
Wandler wird zuerst ein Grobwert mit 5 Bit Auf- Der Analogwert liegt am Eingang des Sample
lösung ermittelt, das High Byte. Das erfordert and Hold 1 an, wird mit einem kurzen Impuls Ü1
einen Parallel-Wandler mit 32 Elementen. Die übernommen und steht dann als konstanter Wert
Differenz zwischen dem Analogwert und dem zur Wandlung bereit. Der folgende Impuls Ü2
normalerweise kleineren neuen digitalen Grob- veranlasst die Wandlung im ADC1, die Weiter-
wert wird im analogen Bereich um den Faktor 32 gabe an den DAC1 und in die Digitalschaltung,
verstärkt und mit dem vorhandenen Parallel-AD- die alle Teilergebnisse zusammenfasst. Der Sub-
Wandler in den digitalen Bereich zum Low Byte trahierer 1 bildet die Differenz zwischen dem
gewandelt. Statt der 1023 Komparatoren genü- genauen Eingangswert und dem inzwischen ge-
gen jetzt 32. Die Wandlungszeit wird aber mehr wandelten High Byte aus DAC1. Am Ausgang
als verdoppelt. Tritt durch kleine Ungenauigkei- des Subtrahierers 1 steht jetzt der Wert der sieben
ten beim niederwertigsten Bit des Grobwertes ein niederwertigsten Bits als Analogwert. Er wird
Fehler auf, dann entsteht ein großer Ausreißer. im Verstärker V1 um den Faktor 16 verstärkt
486 K. Bressler und J. Endres
mit dem nächsten Halteimpuls Ü1 in den Sam- rate wichtig. Ein nicht sinusförmiges Signal be-
ple and Hold 2 übernommen. Wenn der Wandler steht aus der Grundschwingung und Vielfachen
1000 MS=s umsetzen kann, darf dieser Vorgang davon, das sind die Harmonischen. Soll die Si-
höchstens 0,9 ns dauern. gnalform richtig erfasst werden, dann muss auch
Die zweite Stufe ist genauso aufgebaut wie die die höchste relevante Harmonische mindestens
erste. Der Wert im Speicher Sample and Hold 2 zweimal während ihrer Periode abgetastet wer-
wird im ADC2 in den digitalen Bereich gewan- den (Abschn. 1.6.6: Abtasttheorem). Eine kleine
delt, im DAC2 in den analogen Bereich gebracht Gesamtverzögerung kann dagegen meistens ver-
und vom ganzen Restwert aus SCH 2 subtra- kraftet werden.
hiert. Da der Verstärker trotz der Verschiebung
um 5 Bit nur um v D 16 verstärkt, hat das höchst-
wertige Bit aus dem ADC2 den gleichen Wert 9.2.5 Analog-Digital-Wandler nach
wie das niederwertigste aus ADC1. Beim Zusam- dem Delta-Sigma-Verfahren
menführen der digitalen Daten kann durch diese
Redundanz eine kleine Ungenauigkeit des ersten Erst die Fortschritte in der Halbleitertechnolo-
AD-Wandlers korrigiert werden. gie machten Wandlerbausteine nach diesem Prin-
In einer letzten Stufe wird das Ergebnis des zip möglich. Das Verfahren an sich ist schon
Subtrahierers 2 mit v D 16 verstärkt und im weitaus länger bekannt. Wenn Signale mit nied-
letzten ADC3 gewandelt. Auch hier wird ein Bit riger Bandbreite digitalisiert werden, vereinen
doppelt ermittelt und zur Fehlerkorrektur ver- diese günstigen Wandler eine hohe Dynamik mit
wendet. großer Flexibilität.
Während der Wandlung des mittleren Bytes In Abb. 9.19 ist der Aufbau eines Delta-Sigma
im ADC2 und im DAC2 verarbeitet die erste (˙ ) Wandlers erster Ordnung dargestellt. Die
Stufe schon den nächsten Abtastwert. Mit je- Hauptbestandteile sind der Delta-Sigma Modu-
dem Takt wird ein niederwertigeres Byte verar- lator und das digitale Filter mit Decimator. Das
beitet, bis der ganze Analogwert verarbeitet ist Eingangssignal in , das im Spannungsbereich von
und parallel ausgegeben wird. Die drei Teilwerte Vref in CVref liegen sollte, gelangt
eines 12 Bit Analogwertes werden zeitlich nach- über den Summationspunkt zunächst auf einen
einander verarbeitet und zusammengeführt. Die Integrierer und danach auf einen Komparator.
Durchlaufzeit beträgt 3 bis 4 Takte, aber mit je- Der Komparator bildet zusammen mit dem 1-
dem Takt wird ein neuer Wert gewandelt. Bei der Bit Speicher einen AD-Wandler mit der Auf-
Abtastung schneller Signale ist eine hohe Abtast- lösung von einem Bit bei der Abtastfrequenz
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 487
fs und liefert so einen seriellen Bitstrom (Bit- Für einen 8-Bit AD-Wandler mit einer Vollaus-
stream) am Ausgang des Modulators. Der Bit- steuerung von 2;5 V ergibt sich so ein Quantisie-
strom wird auch auf einen 1-Bit DA-Wandler rungsintervall von q D 9;77 mV. Der Quantisie-
geführt, der je nach Wert des Bitstroms lediglich rungsfehler macht sich im Spektrum als weißes,
zwischen den beiden Spannungswerten Vref breitbandiges Rauschen, dem Quantisierungsrau-
und CVref hin- und herschaltet. Das Ausgangs- schen bemerkbar. Das Signal-Rausch-Verhältnis
signal des DA-Wandlers wird am Summations- (signal to noise ratio, SNR) ist somit vom Quan-
punkt vom Eingangssignal in abgezogen. Durch tisierungsintervall abhängig und kann über die
diese Rückkopplung muss der Mittelwert des Rauschleistung berechnet werden. Für ein voll-
DA-Wandler Ausgangssignals gleich dem Mittel- ausgesteuertes Sinussignal ist die Formel
wert des Eingangssignals in sein. Das mittlere
Ausgangssignal des Modulators gibt somit das SNR D N 6;02 dB C 1;76 dB (9.4)
Eingangssignal wieder. Je näher das Eingangs- gebräuchlich. Würde an einem 16-Bit AD-Wand-
signal an der positiven Aussteuergrenze CVref ler ein Sinussignal anliegen, das den komplet-
liegt, desto mehr Einsen enthält der Bitstrom bzw. ten Eingangsspannungsbereich ausnutzt, also voll
je näher das Eingangssignal an der negativen ausgesteuert ist, dann ergäbe sich ein Störspan-
Aussteuergrenze Vref liegt, desto mehr Nullen nungsabstand von SNR D 98;1 dB. Dieser theo-
enthält der Bitstrom am Ausgang des Modulators retische Wert gilt allerdings nur für einen idealen
(Abb. 9.20). AD-Wandler. Je nach Bauart und Halbleitertech-
Wie bereits in Abschn. 9.1.7 erwähnt wur- nologie wird das Signal-Rausch-Verhältnis in der
de entstehen bei jeder analog-digital-Wandlung Praxis stets niedriger ausfallen.
Quantisierungsfehler. Das analoge kontinuierli- Berechnet man nun das SNR für einen Delta-
che Signal wird nach der Digitalisierung durch Sigma Wandler, ist das Ergebnis zunächst ent-
eine endliche Anzahl an Werten dargestellt und täuschend. Mit der Auflösung von einem Bit
so nicht exakt abgebildet. Der Fehler, der da- ergibt sich ein SNR von nicht einmal 8 dB. Des-
bei entsteht, bewegt sich zwischen ˙ q2 . Wobei q halb macht man sich beim Delta-Sigma Wandler
für das Quantisierungsintervall, den kleinstmög- die Effekte der Überabtastung (Oversampling) zu
lichen Spannungshub des AD-Wandlers, steht: nutze. Gleichung 9.4 gilt für den Fall, dass die
Abtastfrequenz fs doppelt so groß ist, wie die
u maximale Signalfrequenz fs D 2 fo . Wie be-
qD (9.3)
2N reits in Abschn. 1.6.6 erwähnt wurde, stellt dies
488 K. Bressler und J. Endres
a b
Abb. 9.21 Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses durch Überabtastung. a Abtastung mit fs D 2 fo , b Über-
abtastung mit fs 2 fo
die minimal nötige Abtastfrequenz dar, damit bis fo verringert wurde, kann die Abtastrate nun
das Abtasttheorem nicht verletzt wird. Wird die wieder auf 2 fo verringert werden. Dazu werden
Abtastfrequenz aber größer gewählt, bleibt der im Decimator Abtastwerte einfach ausgelassen.
Betrag der Rauschleistung zwar gleich, allerdings Möchte man mit einem Delta-Sigma Wandler
wird die Rauschleistung dann über eine größere die Auflösung eines 16-Bit AD-Wandlers errei-
Bandbreite verteilt. Somit sinkt der Rauschpegel chen, so müsste die Überabtastrate OSR D 415
im Frequenzband des Eingangssignals und das mal so hoch sein, wie die Abtastrate des ent-
SNR steigt an. Die Gl. 9.4 kann deshalb erwei- sprechenden 16-Bit Wandlers. Für eine Anwen-
tert werden zu dung im Audiosignalbereich beträgt die gewöhn-
liche Abtastrate bereits 48 kHz. Die Abtastrate
SNR D N 6;02 dB C 1;76 dB des Delta-Sigma Wandlers müsste dann irgend-
fs wo im Tera-Hertz Bereich liegen. Alleine mit
C 10 lg dB : (9.5)
2fo Überabtastung wäre der Delta-Sigma Wandler
so nicht praktikabel. Nun kommt aber noch ein
fs
Das Verhältnis 2f o
wird als Überabtastrate (over- Effekt zum Tragen, der vom bisher kaum er-
sampling ratio, OSR) bezeichnet. Durch Überab- wähnten Integrierer (Abb. 9.19) hervorgerufen
tastung lassen sich so zusätzliche Bits an Auflö- wird. Der Integrierer wirkt nämlich für das Ein-
sung gewinnen. Pro Bit muss die Überabtastrate gangssignal wie ein Tiefpass, für das Quantisie-
vervierfacht werden. rungsrauschen aber wie ein Hochpass. Dadurch
Aus Abb. 9.21 wird jetzt auch deutlich, wozu wird die Verteilung des Quantisierungsrauschens
das digitale Filter im Delta-Sigma Wandler be- verändert und der Großteil des Rauschens wird
nötigt wird (Abb. 9.19). Um die Rauschleistung hin zu höheren Frequenzen verschoben. Dieser
im interessierenden Frequenzbereich zu mindern, Vorgang wird als Rauschformung (noise sha-
muss dieser Bereich mit Hilfe eines digitalen Fil- ping) bezeichnet. In Abb. 9.22 ist das Spektrum
ters herausgefiltert werden. Dem digitalen Filter am Ausgang des Delta-Sigma Modulators ab-
ist dann noch ein Decimator nachgeschaltet, der gebildet. Durch Überabtastung und Rauschfor-
die Datenrate des Bitstreams verringert. Denn der mung bleibt nur noch ein geringer Anteil der
Bitstrom und damit auch das digitale Filter wer- Rauschleistung im erforderlichen Frequenzbe-
den mit der Abtastfrequenz fs getaktet. Da aber reich, der mit Hilfe des digitalen Filters extrahiert
die Bandbreite durch das digitale Filter bereits wird.
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 489
Abb. 9.24 Aufbau eines digitalen Systems zur Verarbeitung analoger Signale
Abb. 9.26 Abbildung der s-Ebene auf die z-Ebene bei der z-Transformation
yŒk
D b0 x1 Œk
C b1 x1 Œk 1
folgenden Betrachtungen wichtig ist wird kurz er-
läutert. Dieser besagt, dass die z-Transformierte
C b2 x1 Œk 2
(9.8) eines um n Arbeitstakte verzögerten Signals mit
dem Faktor z n multipliziert wird:
Im Analogen kann mit Hilfe der Laplace-
Transformation die Übertragungsfunktion aus Z.xŒk n
/ D z n X.z/ : (9.9)
492 K. Bressler und J. Endres
Wendet man nun die z-Transformation auf die Daraus kann wiederum
Gl. 9.7 und 9.8 an, erhält man zunächst: der Betragsfrequenzgang bzw. Amplituden-
gang jH.ej!T /j
Z.xŒk
/ D X1 .z/ C a1 z 1 X1 .z/
die Phasenverschiebung
C a2 z 2 X1 .z/ (9.10)
Z.yŒk
/ D b0 X1 .z/ C b1 z 1 X1 .z/ b.!/ D argfH.ej!T /g
C b2 z 2 X1 .z/ (9.11)
und die Gruppenlaufzeit (die Laufzeit der
woraus sich letztendlich die Übertragungsfunkti- Hüllkurve) g .!/ D db.!/
d!
on für das System aus Abb. 9.25 herleiten lässt: abgeleitet werden. Häufig werden Systeme mit
linearer Phase bzw. konstanter Gruppenlaufzeit
Y.z/ b0 C b1 z 1 C b2 z 2 gefordert, denn zusammen mit konstantem Am-
H.z/ D D
X.z/ 1 C a1 z 1 C a2 z 2 plitudengang wird so eine verzerrungsfreie Über-
(9.12)
tragung der Signale möglich. Die Bedingungen
In der allgemeinen Form wird die Übertragungs- für ein linearphasiges LTI-System sind erfüllt,
funktion von zeitdiskreten LTI-Systemen oft in wenn
einer der folgenden Schreibweisen angegeben: alle Pole im Ursprung der z-Ebene liegen,
Y.z/ sprich z1l D 0 und
H.z/ D
X.z/ die Nullstellen auf dem Einheitskreis liegen
b0 C b1 z 1 C C bm z m oder in Paaren am Einheitskreis gespiegelt
D sind, so dass z0u D 1=z0
.
a0 C a1 z 1 C C an z n
Pm Die erste Bedingung kann nur von nichtrekur-
bk z k siven Systemen mit n D 0 eingehalten werden.
D PkD0 n l
lD0 a l z Mit den gespiegelten Paaren kompensieren sich
Qm deren Phasenanteile und es bleibt nur noch der li-
b0 .z z0k /
D z mn QnkD1 (9.13) neare Phasengang der Polstellen und die Sprünge
a0 lD1 .z z1l /
um bei den Nullstellen auf dem Einheits-
Der Zähler entspricht dem nichtrekursiven Teil kreis.
mit den reellen Koeffizienten bk und den Nullstel- Eine weitere wichtige Eigenschaft eines di-
len z0k . Der Nenner repräsentiert den rekursiven gitalen Filters mit rekursivem Anteil, d. h. mit
Anteil des Systems und besitzt die ebenfalls reel- Rückkopplung des Ausgangssignals, ist die Sta-
len Koeffizienten al und die Polstellen z1l . Meist bilität des Systems. Die Stabilitätsbedingung ist
werden die Koeffizienten durch a0 dividiert, so dann erfüllt, wenn für die Impulsantwort h0 Œk
9.3.2.1 Strukturen
Die Übertragungsfunktion eines IIR-Filters ist
bereits mit Gl. 9.13 gegeben. Die Struktur des Abb. 9.27 Blockschaltbild eines IIR-Filters 2. Grades in
der Direktform I
Filters entspricht der wie in Abb. 9.25, ist aber
in Abb. 9.27 noch einmal in der Direktform I
dargestellt. Die Funktion ist in beiden Darstellun-
gen dieselbe, jedoch wird in der Direktform I nur aber durch geeignete Wahl der Koeffizienten re-
ein Akkumulator benötigt. Im Gegenzug werden duziert bzw. vermieden werden können.
dafür mehr Verzögerungsglieder verlangt. Neben Dennoch tragen die Pole bzw. die Rückkopp-
diesen beiden Formen sind noch Kombinationen lung zur Filterwirkung bei und deshalb sind IIR-
aus kaskadierten und parallelen IIR-Einzelfiltern Filter generell leistungsfähiger als die im nächs-
(SOS D Second Order Structure) sowie die ten Abschnitt beschriebenen FIR (Finite Impuls
Lattice- und Wellendigitalfilter gebräuchlich. Die Response) -Filter. Anders formuliert benötigt ein
Form in der das Filter realisiert wird entschei- IIR-Filter weniger Rechenaufwand als ein ent-
det zum einen über den Implementierungsauf- sprechendes FIR-Filter.
wand, wie Anzahl der Addierer, Multiplizierer, Wie bereits in Abschn. 9.3.1 erwähnt, sind re-
Verzögerungen sowie die Bitbreite der Addie- kursive LTI-Systeme und damit IIR-Filter nicht
rer. Sie bestimmt aber auch die Empfindlichkeit linearphasig bzw. besitzen diese Filter keine
gegenüber Quantisierungsfehlern, die zwangs- konstante Gruppenlaufzeit. Diese Eigenschaft er-
läufig entstehen weil die Koeffizienten nur mit scheint zunächst als ein gravierender Nachteil
begrenzter Genauigkeit im Signalverarbeitungs- wobei unbedingt untersucht werden sollte wie gut
system wiedergegeben werden können. Für Im- ein linearer Phasengang mit dem jeweiligen Fil-
plementierungen von Filtern höheren Grades in terentwurf angenähert werden kann.
Festkomma Arithmetik sollte deshalb stets ei-
ne kaskadierte Struktur mehrerer Filter niedriger 9.3.2.3 Entwurfsmethoden
Ordnung der Direktform I oder II vorgezogen Digitale Filter werden heutzutage fast ausschließ-
werden. lich computergestützt entwickelt. Für IIR-Filter
existieren zum Entwurf von Standard-Verläufen
9.3.2.2 Eigenschaften (Tiefpass, Hochpass, Bandpass, Bandsperre) eine
Durch den rekursiven Anteil können IIR-Filter Reihe an Programmen, wohingegen für allge-
prinzipiell instabil werden. Deshalb muss beim meine Frequenzverläufe wiederum nur wenige
Entwurf darauf geachtet werden, dass die Pole Programme zur Auswahl stehen. Die wohl be-
der Übertragungsfunktion innerhalb des Einheits- kannteste Sammlung an Werkzeugen dafür ist
kreises in der z-Ebene liegen (vgl. Gl. 9.17). MATLAB im Zusammenspiel mit der Signal Pro-
Durch die Rückkopplung kann es allerdings auch cessing Toolbox, die eine Fülle an Werkzeugen
zu unerwünschten Signalschwingungen am Aus- zum Entwurf von frequenzselektiven Systemen
gang, sogenannten Grenzzyklen kommen, die bereitstellt.
494 K. Bressler und J. Endres
zu
X
m
H.z/ D bk z k : (9.19)
kD0
Die Impulsantwort h0 Œk
enthält deshalb zu-
sätzlich zu den Verzögerungen nur die Koeffizi-
enten des Filters. Sie besitzt auch eine endliche
Dauer mit der Länge m C 1.
Abb. 9.30 Blockschaltbild eines FIR-Filters 2. Grades in
Aus der Übertragungsfunktion lässt sich für der Direktform II
ein System 2. Grades die Differenzengleichung
herleiten:
FIR-Filter können auch wie IIR-Filter als Ein-
yŒk
D b0 xŒk
C b1 xŒk 1
C b2 xŒk 2
: zelfilter kaskadiert, d. h. seriell aneinander ge-
(9.20) schaltet werden, um insgesamt einen höheren
Das Blockschaltbild dazu ist in Abb. 9.30 in der Filtergrad zu erzielen. Damit wirkt man den
Direktform II, auch transponierte Form genannt, Quantisierungsfehlern der Koeffizienten entge-
dargestellt. Die Direktform I ist im Prinzip wie gen, jedoch nicht in dem Maß wie es bei den
die in Abb. 9.27 nur ohne den Rückkopplungs- IIR-Filtern der Fall ist.
pfad in der unteren Hälfte. Beide Formen sind in Es ist auch möglich ein FIR-Filter in einer
ihrer Wirkung identisch, jedoch bieten alle zwei Lattice-Struktur zu realisieren. Bei adaptiven Fil-
bestimmte Vorteile bei der Implementierung. So tern und Prädiktionsfiltern findet diese Form Ver-
können bei der Direktform II gleiche Koeffizien- wendung.
ten zusammengefasst werden wodurch Multipli-
zierer eingespart werden. Bei der Direktform I 9.3.3.2 Eigenschaften
wird hingegen nur ein Akkumulator mit m C 1 Dadurch dass die FIR-Filter keinen rekursiven
Eingängen benötigt. Anteil besitzen, hat deren Übertragungsfunktion
9 Digital-Analog (DA)-, Analog-Digital (AD)-Wandler und digitale Filter 497
einen m-fachen Pol im Ursprung der z-Ebene Bei der Fenstermethode tastet man die Impuls-
und somit ist das Stabilitätskriterium aus Gl. 9.17 antwort eines idealen Filters ab und weil diese un-
immer erfüllt. Diese Filter können also nie in- endlich lang wäre schneidet man einen Teil davon
stabil werden, ganz egal welche Koeffizienten bk mit Hilfe einer Fensterfunktion heraus. Da die
verwendet werden. Das heißt, dass selbst Quan- Impulsantwort eines FIR-Filters die Filterkoeffi-
tisierungseinflüsse keine Auswirkungen auf die zienten abbildet, können die Filterkoeffizienten
Stabilität haben und deshalb auch keine Grenzzy- relativ leicht bestimmt werden. Die dabei ver-
klen am Ausgang des Filters auftreten. Aus die- wendete Fensterfunktion (z. B. Hamming, Hann,
sem Grund können mit FIR-Filtern ohne großen Blackman, Kaiser) spielt eine entscheidende Rol-
Aufwand auch adaptive Filter realisiert werden. le für die späteren Eigenschaften, beispielswei-
Dabei handelt es sich um selbsteinstellende Fil- se die Sperrdämpfung des FIR-Filters. Aus der
ter, die ihre Koeffizienten während des Betriebs Systemtheorie sind eine Reihe idealer Impulsant-
anhand eines bestimmten Algorithmus an eine worten bekannt und so können Standard-Verläufe
veränderte Situation anpassen. ohne Probleme mit Hilfe dieser Methode entwor-
Wenn man die Bedingungen für linearphasige fen werden.
LTI-Systeme aus Abschn. 9.3.1 noch einmal be- Beim Frequenzabtastverfahren tastet man den
trachtet, so lässt sich feststellen, dass diese mit gewünschten komplexen Frequenzgang an m C 1
FIR-Filtern problemlos eingehalten werden kön- äquidistanten Stellen ab und die Abtastwerte in-
nen. Die Koeffizienten müssen lediglich so ge- terpretiert man als Ergebnis einer diskreten Fou-
wählt werden, dass die zweite Bedingung erfüllt rier Transformation (DFT). Im Anschluss führt
wird. Es sind also exakt linearphasige Systeme man eine Rücktransformation mit Hilfe der in-
realisierbar, die dann eine konstante Gruppen- versen DFT durch und erhält die Impulsant-
laufzeit aufweisen. wort h0 Œk
, aus der man wieder die Koeffizienten
Wie bereits in Abschn. 9.3.2.2 erwähnt wur- für das FIR-Filter ablesen kann. In den Abtast-
de, sind FIR-Filter nicht so leistungsfähig wie werten stimmt der Frequenzgang des FIR-Filters
IIR-Filter. In früheren Zeiten, in denen Rechen- exakt mit der Vorgabe überein. Der Verlauf da-
leistung nur sehr begrenzt verfügbar war, war dies zwischen lässt sich jedoch nicht beeinflussen.
oft ein Kriterium, das zur Implementierung eines Die Standard-Entwurfsmethode für FIR-Filter
IIR- statt FIR-Filters führte. Durch den Fort- ist die Tschebyscheff-Approximation mit Hilfe
schritt in der Mikroelektronik spielt dies heute des Parks-McClellan- und des Remez-Algorith-
aber kaum noch eine Rolle. Allerdings könn- mus. Diese Methode beseitigt die Einschränkun-
te dann bei manchen Anwendungen die erhöhte gen der zuvor vorgestellten Verfahren und somit
Gruppenlaufzeit interessant werden. Um mit ei- ist es möglich linearphasige Filter mit nahezu
nem FIR-Filter dieselbe Selektivität wie mit ei- beliebigem Frequenzverlauf zu entwerfen. Aller-
nem IIR-Filter zu erzielen muss der Grad des dings kommt man dabei um den Einsatz eines
FIR-Filters höher sein als der des entsprechenden Entwurfsprogramms nicht herum. In MATLAB
IIR-Filters. Ein höherer Filtergrad führt zwangs- steht dazu die Funktion
läufig zu einer höheren Durchlaufzeit.
b = firpm(n,f,a,w)
Abb. 9.31 Ergebnisse des Entwurfs für ein FIR-Filter mit MATLAB
schrieben (z. B. Programme wie die Fixed-Point deutet, dass die einzelnen Arbeitsschritte für die
Toolbox für MATLAB). Realisierung eines digitalen Filters (verzögern,
Wie bereits erwähnt, ist die Wahl der Filter- multiplizieren und addieren) nacheinander aus-
struktur ausschlaggebend dafür wie gut die reale geführt werden. Um eine schnelle Bearbeitung
Implementierung dem theoretischen Entwurf ent- der Befehle zu gewährleisten, besitzen heutige
spricht. Die berechneten Koeffizienten der Über- Signalprozessoren eine Harvard-Architektur, bei
tragungsfunktion können aber nur für die Direkt- der Programm- und Datenspeicher getrennt und
form I und II unverändert verwendet werden. Soll deshalb auch über separate Daten- und Adress-
das Filter in einer anderen Struktur implementiert leitungen an die Recheneinheit angebunden sind.
werden, muss die Übertragungsfunktion auf die Dadurch können Befehle und Daten innerhalb ei-
Zielstruktur umgerechnet werden. Dies geschieht nes einzigen Zyklus gleichzeitig geladen werden.
wie der gesamte Entwurfsprozess in der Regel Der wichtigste Befehl für die digitale Signal-
computergestützt und so stehen z. B. in MATLAB verarbeitung und folglich auch für die digitalen
für die Umwandlung die folgenden Funktionen Filter ist der sogenannte MAC (multiply and
bereit: accumulate)-Befehl. Damit wird ein Wert mit ei-
[k,v]=tf2latc(b,a) nem anderen multipliziert und das Ergebnis auf
IIR Lattice-Struktur einen anderen Wert aufsummiert:
[sos,g]=tf2sos(b,a)
kaskadierte Struktur A C B C ! A:
Abb. 9.34 Möglicher Aufbau eines FIR-Filters in der Direktform I auf einem FGPA
stanten werden gesetzt und die Koeffizienten teil: aufgrund der sequenziellen Abarbeitung der
werden in den Datenspeicher geladen. Danach Befehle ist die maximale Bandbreite des gesam-
beginnt der eigentliche Filter Algorithmus. Ein ten Systems davon abhängig mit welcher Ge-
neuer Abtastwert wird an die Stelle des Ring- schwindigkeit diese Befehle ausgeführt werden.
puffers gelegt auf die der Zeiger des Ringpuffers Das heißt für die Berechnung eines Ausgangs-
zeigt. Anschließend wird der Inhalt des Akku- wertes hat der Prozessor nur die Zeitspanne zur
mulators gelöscht. Nun startet die Schleife zur Verfügung die zwischen zwei Abtastwerten liegt.
Berechnung eines Ausgangswertes yŒk
. Dazu Deshalb kann der Grad des Filters auch nicht
wird der erste Koeffizient b0 und der erste Abtast-beliebig hoch gewählt werden, weil sonst die
wert xŒk
in die Operanden Register geladen und Ausgangswerte nicht so schnell berechnet wer-
im Anschluss der MAC-Befehl ausgeführt. Als den können wie neue Abtastwerte eintreffen.
nächstes wird der Koeffizient b1 und der Abtast- Für viele Anwendungen ist die Signalverar-
wert xŒk 1
in die Operanden Register geladen beitung auf einem Prozessor jedoch völlig aus-
und wieder der MAC-Befehl ausgeführt. Diese reichend (z. B. Audiosignalverarbeitung). Wenn
Schritte werden nun solange wiederholt bis al- aber die Algorithmen aufwändiger oder die Da-
le Abtastwerte im Ringpuffer verarbeitet wurden. tenraten höher werden, kann man entweder die
Im Anschluss wird der Inhalt des Akkumulators Geschwindigkeit des Prozessors, d. h. seine Takt-
gerundet und somit steht der Ausgangswert yŒk
frequenz, erhöhen, was bis zu einem bestimmten
fest, der dann ausgegeben oder weiterverarbei- Grad auch möglich ist. Man kann die Berech-
tet werden kann. Der Zeiger, der den Anfang nungen, die für einen Ausgangswert nötig sind,
des Ringpuffers markiert, wird dekrementiert, al- auch parallel durchführen. Für letztere Möglich-
so auf den ältesten Abtastwert xŒk m
gelegt keit sind Logikbausteine wie ASICs oder FPGAs
und die Endlosschleife beginnt von Neuem da- bestens geeignet, wobei die Funktionsstruktur im
mit, dass der Anfang des Ringpuffers xŒk m
FPGA, ähnlich wie das Programm eines Pro-
mit einem neuen Abtastwert xŒk C 1
überschrie- zessors, nahezu beliebig oft neu programmiert
ben wird. werden kann.
Für gewöhnlich wird der Aufbau des Filters
9.3.4.2 Implementierung mittels einer Hardwarebeschreibungssprache wie
auf einem Logikbaustein beispielsweise VHDL oder Verilog festgelegt und
Die Realisierung eines digitalen Filters mit Hilfe kann so nach einer Synthese in eine reale Schal-
eines Prozessors hat einen entscheidenden Nach- tung auf dem FPGA oder ASIC überführt wer-
502 K. Bressler und J. Endres
den. Bei den meisten Entwicklungsumgebungen Khan, S. A.: (2011) Digital Design of Signal
sind aber Programme enthalten, die bei der Um- Processing Systems, Chichester U.K.: Verlag
setzung eines FIR- oder IIR-Filters helfen und so John Wiley & Sons.
den für den Zielbaustein optimalen Code generie- Schüßler, H. W.: (2008) Digitale Signalver-
ren. arbeitung 1: Analyse diskreter Signale und
In Abb. 9.34 ist ein FIR-Filter 3. Ordnung mit Systeme, Springer Verlag.
der Bitbreite q dargestellt, wie es auf einem Seifarth, M.: (2003) Analoge Schaltungen,
FPGA realisiert werden könnte. Dabei werden Verlag Technik Berlin 6. Auflage.
alle Multiplikationen zeitgleich ausgeführt, was Tenten W.: (2012) Analoge Schaltungstechni-
in sogenannten Constant Coefficient Multiplier ken der Elektronik, Oldenburg Verlag.
(KCM) geschieht. Weil hier immer mit einem Tietze, U., Schenk, Ch.: (2009) Halbleiter-
konstanten Wert multipliziert wird, arbeiten die Schaltungstechnik, Springer Verlag 13. Aufla-
KCMs mit vorberechneten Teilprodukten der Ko- ge.
effizienten, die in einem ROM im FPGA ge- Unbehauen, R.: (1993) Systemtheorie –
speichert werden. Dadurch können die KCMs Grundlagen für Ingenieure, München: Olden-
sehr effizient implementiert werden und benöti- burg Verlag.
gen weniger Platz als ein gewöhnlicher Multipli- Woods, R.: FPGA-based Implementation of
zierer. Die Verzögerungen werden mit Registern Signal Processing Systems, Chichester U.K.:
umgesetzt, die mit jedem Takt (clk) den Wert am John Wiley & Sons (2008).
Eingang (D) auf den Ausgang (Q) übernehmen. Die technischen Publikationen der Halbleiterher-
Der Akkumulator wird durch eine Reihe von kas- steller sind eine wichtige Informationsquelle. Auf
kadierten Addierern gebildet. den Internet-Seiten der Hersteller findet man u.
a. unter den Stichworten Application Note oder
Technical Documentation viele, zum Teil aus-
9.4 Weiterführende Literatur führliche Veröffentlichungen. Diese Dokumen-
tationen sind vorwiegend in englischer Sprache
Reinhold, W.: (2010) Elektronische Schal- abgefasst. Wichtige Internet-Adressen sind:
tungstechnik – Grundlagen der Analogelektro- www.analog.com
nik, Hanser Verlag. www.infineon.com
Chen, C. H.: (1988) Signal Processing Hand- www.linear.com
book, New York: Marcel Dekker Inc. (1988). www.maximintegrated.com
Kammeyer, K., Kroschel, K.: (2006) Digitale www.nxp.com
Signalverarbeitung, Wiesbaden: B.G. Teubner. www.ti.com.
Elektronische Regler
10
Joachim Kempkes
Mit einer Regelung werden in erster Linie Pro- Abbildung 10.1 zeigt eine gesteuerte Strom-
zessgrößen in automatisierten Systemen einge- versorgung. Die Eingangsspannung Ue wird über
stellt. Beispielsweise kann mit einer Temperatur- einen Transformator entsprechend dem Win-
regelung die Innentemperatur eines Raumes trotz dungszahlverhältnis auf eine kleinere Spannung
einer sich ändernden Außentemperatur konstant transformiert und über einen Brückengleichrich-
gehalten oder mit einer Durchflussregelung der ter gleichgerichtet. Der Kondensator glättet an-
Durchfluss eines Mediums auch bei einem sich schließend die an sich mit der doppelten Netzfre-
ändernden Gegendruck stabilisiert werden. quenz pulsierende Gleichspannung.
Auch in elektronischen Schaltungen können Zumindest wenn der Ausgang unbelastet ist
geregelte Systeme sehr sinnvoll sein. Durch ei- (Ia D 0), ist die Ausgangsspannung Ua propor-
ne Regelung kann beispielsweise eine Spannung, tional zur Eingangsspannung Ue . Wird aber der
ein Strom oder auch eine Frequenz mitunter bes- Ausgang durch einen Strom Ia belastet, wird die
ser stabilisiert werden, als es durch aufwändige Ausgangsspannung Ua wegen der Innenwider-
Kompensationsschaltungen möglich wäre. stände des Transformators und des Gleichrichters
kleiner werden.
Wenn die Innenwiderstände des Transfor-
10.1 Steuerung und Regelung mators und des Gleichrichters mit einem Er-
satzwiderstand Ri modelliert werden können,
In der Elektronik ist häufig die Aufgabe zu er- U0 die Ausgangsspannung bei stromlosen Aus-
füllen, eine bestimmte Größe (Spannung, Strom, gang (Ia D 0) ist, kann die lastabhängige Aus-
Frequenz) mit einer möglichst kleinen Toleranz gangsspannung Ua mit einer Geradengleichung
konstant zu halten. Im Unterschied dazu ist in beschrieben werden:
der Verfahrenstechnik oft zusätzlich die Aufga-
be gefordert, eine Größe (z. B. die Drehzahl eines Ua D U0 Ri Ia (10.1)
Antriebs) kontrolliert beeinflussen bzw. verän-
dern zu können. Mit der in Abb. 10.2 dargestellten geregel-
Beide Aufgaben können prinzipiell durch ei- ten Stromversorgung wird die Abhängigkeit der
ne Steuerung (engl. open-loop-control) oder eine Ausgangsspannung von der Größe des Ausgangs-
Regelung (engl. closed-loop-control) erfüllt wer- stroms deutlich reduziert.
den. Dies soll am Beispiel einer Stromversorgung Dazu wird über einen Spannungsteiler
erläutert werden. (Block M) ein der Ausgangsspannung Ua propor-
tionales Mess-Signal Um erzeugt. Die Differenz
J. Kempkes (), zwischen dem Mess-Signal Um und einer Re-
E-Mail: joachim.kempkes@fhws.de ferenzspannung UZ (Block W) wird mit einem
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017 503
E. Hering, K. Bressler, J. Gutekunst (Hrsg.), Elektronik für Ingenieure und Naturwissenschaftler,
DOI 10.1007/978-3-662-54214-9_10
504 J. Kempkes
UZ Um R2
M St
10 Elektronische Regler 505
x* Mess-
glied
ab. Wegen der in der Wirkungskette auftretenden nennt man Regelabweichung e. Diese Regelab-
Verzögerungen kann das geregelte System dann weichung wird vom Regler verarbeitet, wobei sie
aber schwingen, wenn die Verstärkung zu groß nicht nur (wie im Beispiel gezeigt) verstärkt wer-
gewählt wurde. den kann, sondern es kann auch ihr zeitliches
Um dieses unerwünschte Verhalten ausschlie- Verhalten bewertet werden.
ßen zu können, muss ein geregeltes System im- Der Regler steuert mit der Stellgröße y (ent-
mer bezüglich seines dynamischen Verhaltens spricht dem Basisstrom IB / das Stellglied an. Das
bewertet werden, d. h. auch in dem gezeigten Stellglied steuert die notwendige Energie=Leis-
Beispiel wird man eventuell vorhandene Verzö- tung für die Beeinflussung der Regelstrecke. Die
gerungen und Totzeiten näher untersuchen und Ausgangsgröße ySG des Stellglieds ist in dem
beschreiben müssen. Es werden im Folgenden gezeigten Beispiel der Strom Ia . Auch das Stell-
jedoch nur die grundlegenden Zusammenhänge glied selbst kann eine Zeitverzögerung oder auch
erläutert. Für eine vertiefte Betrachtung wird auf eine Totzeit verursachen. Die Regelstrecke rea-
die einschlägige Literatur verwiesen. giert auf die Ausgangsgröße des Stellglieds mit
der Regelgröße x. Genauso wie bei den ande-
ren drei bereits angesprochenen Blöcken muss
10.2.1 Aufbau des Regelkreises besonders bei der (Regel-)Strecke auch das Zeit-
verhalten diskutiert werden.
Abstrahiert man das Beispiel in Abb. 10.2, kann
man die grundsätzliche Struktur eines Regelkrei-
ses wie in Abb. 10.3 dargestellt erläutern, indem 10.2.2 Regelstrecke
man die Schaltung als Wirkungskette analysiert.
Bei der Beschreibung und Diskussion von Re- Bevor die Entscheidung für einen bestimmten
gelkreisen ist die Analyse nach Ursache und Reglertyp gefällt werden kann, muss die zu re-
Wirkung von enormer Bedeutung, da der Regel- gelnde Strecke als Übertragungsglied mathema-
kreis aus einzelnen, jeweils rückwirkungsfreien tisch beschrieben werden können. Im gesam-
Blöcken besteht. ten Signalweg muss das zeitliche Verhalten aller
Die Regelgröße x in Abb. 10.3 entspricht Komponenten bekannt sein, um auch den Regler
der im vorausgegangenen Beispiel in Abb. 10.2 anschließend dimensionieren zu können.
zu regelnden Ausgangsspannung Ua . Die Re- Die Basis für diese Beschreibung ist die Sys-
gelgröße muss gemessen werden und steht als temtheorie, auf die an dieser Stelle nicht weiter
Messwert x zur Verfügung. Im Beispiel wurde eingegangen werden soll. Anstelle dessen wird
die Messgröße Um über einen einfachen Span- auf die Fachliteratur verwiesen, bzw. wird die
nungsteiler aus der Regelgröße Ua erzeugt. Es ist prinzipielle Vorgehensweise an einem einfachen
aber möglich, dass das Messglied darüber hin- Tiefpass 1. Ordnung, dem sogenannten T1-Glied
aus z. B. noch ein Tiefpassverhalten aufweist, gezeigt.
damit möglicherweise auftretende Störungen ab- In Abb. 10.4 ist ein RC-Tiefpass mit der dazu-
gedämpft werden können. Diese Frequenzabhän- gehörigen Differenzialgleichung dargestellt.
gigkeit muss dann natürlich auch berücksichtigt Der Frequenzgang kann durch die Fourier-
werden. transformation formal aus der Differenzialglei-
Die Differenz aus dem Sollwert w (entspre- chung direkt bestimmt werden. Eine Differen-
chend der Spannung UZ ) und der Messgröße x ziation im Zeitbereich entspricht einer Multi-
506 J. Kempkes
Systems von deutlich höherer Bedeutung. Später L ff .t/g D f .s/ D f .t/ es t dt (10.5)
wird im Bodediagramm deshalb auch der Am- t D0
plitudengang A.!/ und Phasengang '.!/ darge-
stellt: Das Laplace-Integral in Gl. 10.5 wird in der
Praxis aber so gut wie nie benötigt, da für die
1 in Frage kommenden Zeitfunktionen die Laplace-
A.!/ D jG.j!/j D p I
1 C ! 2T 2 (10.4) Transformationen ohnehin als Korrespondenzen
'.!/ D †G.j!/ D arctan.!T / in allen Büchern zur Regelungstechnik oder Sys-
temtheorie als Tabellen vorliegen. Verwirrung
In Tab. 10.1 und 10.2 sind für verschie- verursacht in diesem Zusammenhang oft die Be-
dene Übertragungsglieder die Amplitudengänge trachtung der Dimensionen von in den Laplace-
A.!/ doppeltlogarithmisch aufgetragen, wobei Bereich transformierten Zeitfunktionen. Das Ar-
neben den in rot gezeichneten Verläufen zusätz- gument der Exponentialfunktion in Gl. 10.5 ist
lich in schwarz auch die Asymptoten eingezeich- dimensionslos, da die komplexe Frequenz s die
net sind. Dadurch scheint der Amplitudengang Einheit s1 hat. Die Einheit der Zeitfunktion f .t/
des hier diskutierten T1-Glieds (Tab. 10.1c) bis wird aber im Integranden mit der Einheit des
zur Kreisfrequenz ! D 1=T nahezu konstant Zeitdifferenzials dt multipliziert. Die Laplace-
zu verlaufen und ab dieser Kreisfrequenz mit Transformierte einer Spannung hat somit die Ein-
20 dB=Dekade abzufallen. Der Phasengang '.!/ heit Vs (einer Spannungszeitfläche) und die eines
dreht dabei von 0ı auf 90ı . Auf Basis die- Stromes die Einheit As (einer Stromzeitfläche).
10 Elektronische Regler 507
t t
T
Wird in Gl. 10.3 die imaginäre Frequenz j! aktion auf einen Spannungspuls, der zwar belie-
durch die komplexe Frequenz s D C j! er- big kurz ist, aber dennoch eine Impulsfläche von
setzt, erhält man die Übertragungsfunktion G.s/. 1 Vs aufweist. Diese Überlegung wirkt sehr theo-
Der Unterstrich bei G und s wird üblicherwei- retisch, aber technisch muss die Impulslänge nur
se weggelassen, obwohl beide Größen nicht reell, deutlich kleiner als die Zeitkonstante des Systems
sondern komplex sind! sein.
Multipliziert man die Übertragungsfunktion
ue .s/ D sT ua .s/ C ua .s/
G.s/ mit der Laplace-Transformierten des Ein-
ua .s/ 1 (10.6) heitssprungs ".t/, erhält man nach der Rücktrans-
) D G.s/ D
ue .s/ 1 C sT formation von H.s/ die Sprungantwort h.t/, die
auch messtechnisch oft viel einfacher zu ermit-
Die Übertragungsfunktion G.s/ ist gleichzei-
teln ist:
tig die Laplace-Transformierte der Impulsantwort
g.t/, d. h. die Reaktion auf den Einheitsimpuls 1 1 1
H.s/ D G.s/ D
ı.t/ bei leeren Energiespeichern als Anfangswert s s 1 C sT (10.8)
(Kondensatoren spannungs- bzw. Induktivitäten ) h.t/ D 1 et =T
stromlos bei t D 0). Der Einheitsimpuls (Dirac-
Impuls) ı.t/ kann als Grenzwert eines Recht- Die Ableitung der Sprungantwort ist die Im-
eckimpulses mit der Breite T und der Höhe 1=T pulsantwort:
definiert werden, wenn die Breite dieses Impulses
1
gegen Null geht (s. Abb. 10.5): G.s/ D s H.s/ D
1 C sT
Integriert man den Einheitsimpuls, erhält man (10.9)
d 1
den Einheitssprung: ) g.t/ D h.t/ D et =T
( dt T
! 1 für t D 0 Beide Zeitfunktionen geben für den einfachen
ı.t/ D aber
0 sonst Tiefpass in RC-Tiefpass nur ein dimensionslo-
Z
DC1 (10.7a) ses Spannungsverhältnis an. Würden der Tiefpass
ı./d D 1Š L fı.t/g D 1 mit einer Sprungfunktion mit einer Höhe von 1 V
bzw. einem Dirac-Impuls mit der Fläche von 1 Vs
D1
ZDt ( angeregt, würden sich die folgenden Spannungs-
1 für t
0 verläufe am Ausgang ergeben:
".t/ D ı./d D
0 für t < 0 (10.7b)
D1 ue .t/ D 1 V ".t/
1
L f".t/g D ) ua .t/ D 1 V h.t/ D 1 V 1 et =T
s
ue .t/ D 1 Vs ı.t/
Die Impulsantwort wäre in diesem Fall der
1 Vs t =T
Zeitverlauf der Ausgangsspannung ua .t/ als Re- ) ua .t/ D 1 Vs g.t/ D e
T
508 J. Kempkes
4 Vs t =ms
ua .t/ D 4 Vs g.t/ D e In der gleichen Art sind einige Grundüber-
1 ms
t =ms tragungsfunktionen für die wichtigsten Regel-
D 4 mV e
strecken und Reglertypen in Tab. 10.1 und 10.2
Andererseits kann der rechteckförmige Impuls dargestellt. Als Beispiel werden die Grundüber-
auch als Überlagerung von zwei um 1 s ver- tragungsfunktionen hier anhand von elektroni-
setzte Sprungfunktionen dargestellt werden: schen Schaltungen beschrieben. Es gibt daneben
natürlich auch aus anderen Bereichen der Technik
ue .t/ D 4 V ".t/ 4 V ".t 1 s/ Systeme mit dem gleichen grundsätzlichen Über-
tragungsverhalten.
Während der ersten Mikrosekunde wirkt nur Die P-Strecke in Tab. 10.1a stellt einen ein-
die erste Sprungfunktion als Eingangsgröße, fachen Faktor zwischen Ein- und Ausgangsgrö-
so dass eine Fallunterscheidung für die Dar- ße ohne zeitliche Veränderung dar. Das gleiche
stellung der Ausgangsspannung Sinn macht: Verhalten wie ein einfacher Verstärker hat auch
in etwa ein mechanisches Getriebe in der An-
t < 1 sW triebstechnik. Als Beispiel ist ein invertierender
Verstärker dargestellt, wobei der an sich notwen-
ua .t/ D 4 V 1 et =ms dige zusätzliche invertierende Verstärker durch
t die Pfeilung der Eingangsspannung kompensiert
4 mV
1 s wird. Dieses gilt auch für die übrigen Beispiele.
t D 1 sW Mit einer I-Strecke (Tab. 10.1b) kann ein Ener-
giespeicher beschrieben werden. Zum Beispiel ist
ua .t/ D 4 V 1 e 1 s=ms
die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs proportio-
D 4 V 1 e 0;001 D 4 mV nal zum Integral über die Beschleunigung. Die
t > 1 sW Geschwindigkeit kann somit als Ausgangsgrö-
ße einer I-Strecke mit der der Beschleunigungs-
ua .t/ D 4 V 1 et =ms
kraft proportionalen Beschleunigung dargestellt
4 V 1 e .t 1 s/=ms werden. Wird eine solche Strecke mit einer har-
D 4 V e .t 1 s/=ms et =ms monischen Schwingung angeregt, ergibt sich am
Ausgang eine um 90ı nacheilende Schwingung
Während der ersten Mikrosekunde steigt die ('.!/ D 90ı ) mit der gleichen Frequenz. Die
Ausgangsspannung nahezu linear auf einen Schwingungsamplitude am Ausgang nimmt mit
Wert von 4 mV. Der Verlauf nach 1 s kann der Frequenz um 20 dB=Dekade ab.
10 Elektronische Regler 509
Wird eine solche Strecke mit einer harmo- zip der Kausalität wäre verletzt, wenn durch
nischen Schwingung angeregt, ergibt sich am Anregung mit einem harmonischen Signal ei-
Ausgang eine um 90ı nacheilende Schwingung ne voreilende Ausgangsspannung erzeugt wer-
('.!/ D 90ı ) mit der gleichen Frequenz. Die den könnte. Möglich wird das im genannten
Schwingungsamplitude am Ausgang nimmt mit Beispiel nur durch die als ideal angenomme-
der Frequenz um 20 dB=Dekade ab. Als Bei- nen Eigenschaften (unendlich große Verstärkung
spiel ist ein invertierender Integrierer aufgeführt, bei gleichzeitig beliebig hoher Dynamik(!) und
wobei der an sich notwendige zusätzliche in- beliebig großem Eingangswiderstand) des Ope-
vertierende Verstärker durch die Pfeilung der rationsverstärkers. Es steht bei Operationsver-
Eingangsspannung kompensiert wird. Dieses gilt stärkern zwar eine sehr hohe Verstärkung zur
auch für die übrigen Operationsverstärker mit dy- Verfügung, aber sie wäre auch nicht ausreichend,
namischer Beschaltung. um die Ausgangsspannung so schnell zu erhö-
Die in Tab. 10.1e dargestellte T2-Strecke stellt hen, dass sich am Ausgang tatsächlich ein exakter
hingegen ein schwingungsfähiges System dar. Dirac-Impuls ergeben könnte. Außerdem kann
Technische Strecken dieser Art enthalten mindes- die Ausgangsspannung nie größer als die Ver-
tens zwei von der Art her unterschiedliche Ener- sorgungsspannung werden, so dass allein auch
giespeicher, die ihre Energieinhalte periodisch deswegen kein Dirac-Impuls nachgebildet wer-
austauschen können. In Tab. 10.1e ist als Bei- den kann.
spiel ein Reihenschwingkreis als Spannungsteiler Deshalb verhält sich ein technisch ausge-
dargestellt, aber auch ein mechanisches Feder- führter Differenzierer auch wegen seiner wie
Masse-System stellt z. B. ein schwingungsfähi- in Abb. 8.45 dargestellten frequenzabhängigen
ges System dar. Charakteristisch ist die Reso- Verstärkung immer wie die in Tab. 10.2b auf-
nanzüberhöhung im Amplitudengang A.!/ bei geführte D-T1-Strecke, also wie eine Strecke,
der Eigenkreisfrequenz 1=T , die mit kleiner wer- bei der ein idealer Differenzierer in Reihe zu
dender Dämpfung D zunimmt. einem T1-Glied geschaltet ist. Damit kann zu-
Wird die Dämpfung D größer, nimmt die mindest für langsame Vorgänge bzw. niedri-
Schwingneigung ab. Bei einer Dämpfung von ge Frequenzen das für einen Differenzierer ty-
D D 1 ergibt sich der sogenannte aperiodische pische Hochpass-Verhalten mit einem Ampli-
Grenzfall, der in Tab. 10.1d mit zwei identischen tudengang von C20 dB=Dekade bei gleichzei-
in Reihe geschalteten RC-Tiefpässen aufgeführt tiger Phasendrehung von C90ı erreicht wer-
ist. Hier wird die Grenze zwischen einem schwin- den.
gungsfähigen und nicht mehr schwingungsfähi- Mitunter kann das Totzeitglied in Tab. 10.2e
gen System gerade erreicht. wegen seines frequenzproportionalen Phasen-
Eine noch größere Dämpfung wird erreicht, gangs erhebliche dynamische Probleme bei ei-
wenn die beiden T1-Strecken in Tab. 10.1d unter- nem geregelten System hervorrufen. Beispiele für
schiedliche Zeitkonstanten erhalten. Die Dämp- Totzeitglieder sind Laufzeiten auf Leitungen oder
fung ist dann umso größer, je unterschiedlicher A=D- bzw. D=A-Wandler.
die beiden Streckenzeitkonstanten werden. Damit sind die wichtigsten Übertragungsele-
In Tab. 10.2a ist ein als invertierender Dif- mente aufgeführt, wobei viele Regelstrecken aus
ferenzierer beschalteter Operationsverstärker als mehreren dieser (Grund-) Übertragungselemente
D-Strecke aufgeführt. Die Ausgangsspannung ist zusammen gesetzt sind. Durch Bindestriche wer-
proportional zur Ableitung der Eingangsspan- den mitunter in Reihe geschaltete Elemente be-
nung, so dass sich bei einer harmonischen Ein- zeichnet (z. B. D-T1-Strecke), ohne Bindestrich
gangsspannung eine um 90ı voreilende Aus- werden parallel geschaltete Blöcke gekennzeich-
gangsspannung ergibt, deren Amplitude mit der net (z. B. beim PD-Regler in Tab. 10.2c. Diese
Frequenz um 20 dB=Dekade größer wird. Regel wird aber nur angewendet, wenn auf ei-
Eine ideale D-Strecke ohne jegliche Ein- ne Reihenschaltung betont hingewiesen werden
schränkung ist technisch unmöglich. Das Prin- soll.
Tab. 10.1 Ausgewählte Regelstrecken und Reglertypen 1
510
ue ue ue ua ue ua ue ua
ua ua
1 1 1 1
G ( s) K
sT 1 + sT 2
(1 + sT ) 1 + s ⋅ 2 DT + s 2T 2
t ⎛ t⎞ ⎛ σ ⎞
h(t ) K ⋅ ε (t ) 1 − e−t T 1 − ⎜1 + ⎟ e−t T 1 − ⎜ cos ωt + sin ωt ⎟ e−σ t
T ⎝ T ⎠ ⎝ ω ⎠
h(t ) h(t ) h(t ) h(t ) h(t )
K 1 1
1 1
1
T T T 10T0
1T 1T 1T 1T
20 20 20 20 20
A(ω )
K
dB 0 0 0 0 0
ue ua ue ua ue ua ue ua
10 Elektronische Regler
sT ⎛ 1 ⎞
G ( s) sT K ⋅ (1 + sT ) K ⋅ ⎜1 + ⎟ e− sT
1 + sT ⎝ sT ⎠
1 −t T t
h(t ) T δ (t ) e K (1 + T δ (t ) ) K+K ε (t − T )
T T
h(t ) Fläche = T h(t ) h(t ) h(t ) h(t )
1 Fläche = KT
1
T
1 K K
1
1 1
T T T
1T 1T 1T 1T 1T
40 20 40 40 20
A(ω )
dB 20 0 20 20 0
K K
0 -20 0 0 -20
0 0 0 -90 -90
D
K = 3,16 = 20dB ⋅ log 3,16 = 10dB, T = 0, 2s, D = 0, 25, σ = = 1, 25s −1, ω = T −2 − σ 2 ≈ 4,841s −1
T
511
512 J. Kempkes
w( jω ) = 0 x ( jω ) w(t ) = 0
G0(s) G0(s)
!A2 D 4899 s1 : Für das eben gerechnete Beispiel mit einem
2 2 auf 12 dB vergrößerten Amplitudenrand ist in
4899 s
K02 D 1 D 5;3 D 14;48 dB Abb. 10.10 der Frequenzgang für den offenen
3;81 106 s2
Regelkreis (durchgezogene Linien) und den ge-
Es gilt die zweite Lösung, da bei !A1 D 0 nur schlossenen Regelkreis mit dem Phasen- und
K01 D 1 < 0 möglich wäre. Amplitudenrand dargestellt.
Für die Diskussion der Stabilität gibt es in der
Ein Betrieb direkt an der Stabilitätsgrenze ist
Regelungstechnik noch weitere Kriterien (z. B.
natürlich nicht zulässig, da Parameterschwankun-
Nyquist-, Routh-, Hurwitzkriterium), die beson-
gen in der Übertragungsfunktion oder Störungen
ders auch bei der Diskussion von instabilen Sys-
sofort zu einem instabilen Verlauf führen würden.
temen eine große Rolle spielen. Solange aber
Aus diesem Grund ist der im Beispiel bestimmte
die 180ı -Linie im Phasengang nicht mehrfach
Faktor K02 mit Sicherheit noch zu groß.
geschnitten wird, ist dieses sogenannte verein-
Der Amplitudenrand AR gibt an, wie weit die
fachte Nyquist-Kriterium anwendbar. Für die Un-
Verstärkung des offenen Kreises erhöht werden
tersuchung von komplexeren Systemen wird hier
kann, bevor der geschlossene Kreis instabil wird.
wieder auf die umfangreiche Fachliteratur ver-
Man bezeichnet als Amplitudenrand den Abstand
wiesen.
der Amplitudenkennlinie von der 0-dB-Linie,
wenn der Phasengang bei der Phasendurchtritts-
frequenz !A die 180ı -Linie schneidet.
Man kann auf diese Weise eine Stabilitäts- 10.3 Reglerentwurf
„reserve“ beschreiben. Würde man bei dem eben
gezeigten Beispiel einen Amplitudenrand von Es gibt eine ganze Reihe von Entwurfsverfahren
12 dB wählen (entspricht erfahrungsgemäß ei- (Frequenz-Kennlinien-Verfahren, Wurzelortskur-
nem passablem Störverhalten), müsste der Ver- venverfahren, Polvorgabe etc.), um einen geeig-
stärkungsfaktor zu 2,48 dB gewählt werden. neten Regler auszuwählen und zu dimensionie-
Eine andere Angabe ist der Phasenrand 'R . ren. Im Prinzip soll über den der Streckenübertra-
Der Phasenrand ist der Abstand des Phasengangs gungsfunktion GS .s/ vorgeschalteten Regler die
von der 180ı -Linie bei der Amplitudendurch- Kreisverstärkung G0 .s/ des Gesamtsystems ver-
trittsfrequenz !D , d. h. beim Durchgang des Am- bessert bzw. optimiert werden. Für grundsätzli-
plitudengangs durch die 0-dB-Linie. Er gibt an, che Überlegungen ist es nützlich, zwischen einem
wie groß eine zusätzliche Phasenverschiebung im unteren, mittleren und oberen Frequenzbereich
offenen Kreis sein darf, bevor der geschlossene zu unterscheiden. Der mittlere Frequenzbereich
Kreis instabil wird. Beim Frequenzkennlinien- ist der Bereich, in dem die Phasendurchtrittsfre-
Verfahren (FKL-Verfahren) ist die Vorgabe des quenz !A und die Amplitudendurchtrittsfrequenz
Phasenrands sehr beliebt, aber im Prinzip fast !D liegt.
gleichwertig zur Vorgabe eines Wertes für den Im unteren Frequenzbereich (! < !D <
Amplitudenrand. Es gilt: !A ) soll nach Möglichkeit der Amplituden-
gang der Gesamtübertragungsfunktion Gw .s/
1
AR D auf der 0 dB-Linie liegen. Dieses führt zu ei-
jG0 .j!A /j
( ner Forderung nach einer möglichst hohen
12 : : : 20 dB bei Führungsverhalten Kreisverstärkung bzw. zu einem möglichst in-
D
3;5 : : : 9;5 dB bei Störverhalten tegralen Verhalten von G0 .s/.
(10.13) Im oberen Frequenzbereich (! > !A > !D )
ı soll die Kreisverstärkung möglichst klein sein,
'R D 180 C †G0 .j!D /
( damit hochfrequente Störungen möglichst gut
40ı : : : 60ı bei Führungsverhalten abgeschwächt werden können.
D
20ı : : : 50ı bei Störverhalten Vor diesem Hintergrund kann zunächst eine
(10.14) Vorauswahl des einzusetzenden Reglertyps ge-
516 J. Kempkes
Magnitude (dB)
kreises 0
-5 AR
Gw ( jω )
-10
-15
-20
0
ϕ w ( jω )
-45
ϕ 0 ( jω )
Phase (deg)
-90
-135
ϕR
-180
-225
-270 2
10 103 ωD ωA 104
Frequency (rad/sec)
troffen werden und anschließend der Regler auch PD-Regler (Tab. 10.2c) reagieren wegen ihres
dimensioniert werden. Dieser Vorgang wird oft differenziellen Verhaltens sehr schnell auf eine
mehrfach durchlaufen, besonders beim Frequenz- auftretende Regelabweichung, haben aber auch
Kennlinien- und Wurzelortskurvenverfahren han- oft eine stationäre Regelabweichung zur Folge.
delt es sich um ein „zielgerichtetes Probieren“. Sie werden bei stark gedämpften Strecken mit
sehr großen Zeitkonstanten zur Verbesserung der
Dynamik oder aber auch bei schwach gedämpf-
ten Strecken zur Vergrößerung der Dämpfung
10.3.1 Reglertypen eingesetzt.
Solange das Nennerpolynom von G0 .s/ kei-
Die Aufgabe eines Reglers besteht darin, aus der ne Nullstelle bei s D 0 aufweist, wird es
Regelabweichung e die Stellgröße y der Strecke im stationären Zustand immer eine Regelabwei-
so vorzugeben, dass die Regelgröße x dem ge- chung geben. Dieses kann durch einen integralen
wünschten Verhalten möglichst nahe kommt. Anteil im Regler kompensiert werden. Ein I-
Im Prinzip wurde ein P-Regler (Tab. 10.1a) Regler (Tab. 10.1b) wird eingesetzt, wenn keine
in Beispiel 10.3 auf der Basis von Stabilitätsbe- besonders hohen Anforderungen an die Dyna-
trachtungen bereits dimensioniert. Man kann am mik gestellt werden, wohingegen ein PI-Regler
Frequenzgang der Gesamtübertragungsfunktion (Tab. 10.2d) die Dynamik vergleichbar zu einem
in Abb. 10.10 (gestrichelte Linie) aber auch sehr P-Regler zusätzlich wieder verbessern kann.
gut erkennen, dass im unteren Frequenzbereich Soll die Dynamik nochmals verbessert wer-
die 0 dB-Linie nicht erreicht wird, so dass im den, kann ein PID-Regler eingesetzt werden,
stationären Zustand eine Regelabweichung beste- der die hohe Dynamik des PD-Reglers mit der
hen bleibt. Der P-Regler wird deshalb nur bei Genauigkeit des PI-Reglers kombiniert. Dieser
sehr einfach zu regelnden Strecken eingesetzt, bei Regler wird sehr häufig als so genannter Prozess-
denen diese prinzipbedingte stationäre Regelab- regler in verfahrenstechnischen Prozessen einge-
weichung nicht stört. setzt.
10 Elektronische Regler 517
Magnitude (dB)
kreises für Das System 0
3. Ordnung aus Gegeben AR
ist ein rückgekoppeltes -5 Gw ( jω )
System wie in Abb. 10.9 -10
-15
-20
0
ϕ w ( jω )
-45
Phase (deg)
-90
-135 ϕ 0 ( jω ) ϕR
-180
-225
-270 2
10 ωD 103 ωA 104
Frequency (rad/sec)
Magnitude (dB)
kreises mit PID-Regler 10
0
Gw ( jω )
-5
-10
-45 ϕ w ( jω )
Phase (deg)
-90
ϕ 0 ( jω )
-135
ϕR
-180
-225
-270 2
10 103 ωD 104
Frequency (rad/sec)
Gi
ue
GRu GRi GSi GSu
uaw iLw d uD iL ua ia
GSL
Spannungs- Strom- Drossel Kondens. Last
Regler Regler
Abb. 10.15 Dynamisches Mittelwertmodell des geregelten Tiefsetzstellers (Reglerkomponenten sind rot eingerahmt)
diNL duN a
L D uN D .t/ uN a .t/ I iNC .t/ D C D iNL .t/ iNa .t/
dt dt
duN a (10.17) ) s C uN a .s/ D iNL .s/ iNa .s/
C D iNL .t/ iNa .t/ I
dt
uN D .t/ D d.t/ ue .t/ und mit uN a .s/ D R iNa .s/:
Gi Kompensation
1
ue
GRu GRi GSi GSu
uaw iLw d uD iL ua ia
GSL
Spannungs- Strom- Drossel Kondens. Last
Regler Regler ue
ue ua
iL
Gi iLw
GRi GSi
iLw d uD iL 0.8
Gwi
Strom- Drossel ohne / mit Vorfilter
Regler
0.4
ue ua ia
0.0
0 1 2
GRu GSu t / ms
uaw iLw iL ua
Gi
Spannungs- Strom- Kondens.
Regler regelkreis
den Kreisfrequenzen !0i und !Nu : und es ergibt sich das in Abb. 10.18 dargestellt
r s Bode-Diagramm.
!Nu 1 Man erkennt im Phasengang einen bezüglich
!D D D
T0i T0i TNu der Durchtrittfrequenz !D sehr symmetrischen
s Verlauf, der diesem Prinzip auch den Namen ge-
1 1 geben hat. Die Proportionalverstärkung KPu ist
D D p I
T0i ˛T0i T0i ˛ genauso gelegt worden, dass die Durchtrittfre-
TNu D ˛T0i D 4;5 ms ; !D D 666;7 s1 quenz !D genau an der Stelle mit dem größtmög-
lichen Phasenrand 'R liegt.
An der Stelle s D j!D muss der Amplituden-
gang (in Gl. 10.21 s D j!D einsetzen und den
10.3.3 Optimierung und Simulation
Betrag bilden) die 0 dB-Linie schneiden:
Magnitude (dB)
regelkreises, gestrichelte 20 GSt ( jω )
Linien: Frequenzgang der
0
Strecke G0u( jω )
-20
-40
-60
ω D = 666,7 s-1, ϕ R = 53°
-90
-105
ϕ St ( jω )
Phase (deg)
-120 ϕ0u( jω )
-135
ϕR
-150
-165
-180 1
10 102 ωD 104 105
Frequency (rad/sec)
KS KS
e− sTt 1 + sTS
1,0
w 1 xe x Tt TS
GR
2
Regler Totzeit PT1 x / xe
W
Tab. 10.3 Reglerparameter nach Ziegler=Nichols bei bekannten Streckenparametern oder durch Messung an der Sta-
bilitätsgrenze
KR TN TV KR TN TV
P-Regler TS =.KS Tt / 0;5 KP,Krit
PI-Regler 0;9 TS =.KS Tt / 3;3 Tt 0;45 KP,Krit 0;83 TKrit
PID-Regler 1;2 TS =.KS Tt / 2 Tt 0;5 Tt 0;65 KP,Krit 0;5 TKrit 0;125 TKrit
Eine noch genauere und schnellere Regelung in Einstellregeln nach Latzel die Werte für einen
erhält man mit den Einstellregeln nach Lat- PID-Regler dann bestimmt werden.
zel (1993), da die Sprungantwort genauer model- Auch wenn diese Einstellregeln sehr häufig
liert werden kann. Hierzu werden die Zeiten T10 , eingesetzt werden, stellen sie nicht immer ein
T50 und T90 ermittelt, nach denen die Strecken- Optimum dar. Sie sind natürlich eine sehr gute
sprungantwort 10, 50 und 90 % ihres stationären Hilfestellung, wenn die Streckenparameter nicht
Endwerts erreicht hat. Aus dem Koeffizienten bekannt sind und die Regelung auf der Basis einer
D T10 =T90 werden aus Einstellregeln nach Messung dimensioniert werden muss. Wenn aber
Latzel die Wichtungsfaktoren ˛10 , ˛50 und ˛90 die Regelstrecke mathematisch zu beschreiben
zur Bestimmung der Streckenzeitkonstante TS D ist, führt eine genaue Diskussion mit anschlie-
.˛10 T10 C ˛50 T50 C ˛90 T90 /=3 abgelesen. Aus ßender Simulation meistens zu besseren Lösun-
Tab. 10.5 können die Werte für einen PI- und gen.
10 Elektronische Regler 527
Jürgen Gutekunst
Setzt man in die Gl. 11.2 die Basis der ein- 11.1.1 Duales Zahlensystem
zelnen Zahlensysteme ein, so erhält man eine
einfache Umrechnung in das Dezimalsystem. Zur Das duale Zahlensystem ist das einfachste Zah-
Veranschaulichung soll beispielsweise die dezi- lensystem, das sich realisieren lässt. Es wird zur
male Zahl ZD D 269;3D und die binäre Zahl Basis 2 gerechnet, so dass nach Gl. 11.1 das Ar-
ZB D 0101;0B nach Gl. 11.2 in ihre Argumente gument die Werte 0 und 1 annehmen kann. (Da
mit entsprechender Wertigkeit aufgelöst werden: die Argumente stets kleiner als die Basis sein
müssen, bleiben für das Dualsystem lediglich die
ZD D 269;3D Zahlen 0 und 1 übrig. Würde man ein Zahlensys-
ZD D : : : 0 103 C 2 102 C 6 101 C 9 100 tem mit der Basis 1 wählen, könnte das Argument
C 3 101 C 0 102 C : : : nur noch den Wert 0 annehmen, womit sich kein
Zahlensystem mehr aufbauen lässt). Durch das
ZD D : : : 0 C 200 C 60 C 9 C 0;3 D 269;3D Einsetzen der Basis 2 in Gl. 11.1 erhält man für
das Dualsystem
Für Dualzahlen gilt entsprechend
0 1
ZB D 0101;0B i 2N
X B C
ZB D : : : 0 23 C 1 22 ZD Xi 2 i : @ 0X <2 A (11.3)
C 0 21 C 1 20 C 0 21 C : : :
i
also X 2 Œ0;1
ZB D : : : 0 C 4 C 0 C 1 C 0 D 5D
Im dualen Zahlensystem findet eine Aufteilung
Alle weiteren, nicht aufgeführten Stellen haben der Zahlenreihen, wie sie beispielsweise im He-
stets das Argument „0“, so dass diese Stellen kei- xadezimalsystem durchgeführt wird, nicht statt.
nen Beitrag zum Zahlenwert leisten. Die Zahlenkolonnen unterliegen somit keinen
Das binäre Zahlensystem ist der Oberbegriff Grenzen. Eine acht Bit breite Dualzahl hat bei-
für alle Zahlensysteme, die schließlich auf ei- spielsweise die Argumente D0 bis D7, mit denen
ne 0=1-Darstellung zurückgreifen, oder aus ei- ein dezimaler Zahlenumfang von 0 bis 255 darge-
ner solchen erwachsen sind (siehe hierzu das stellt werden kann. Die Wertigkeit der Argumente
Oktalsystem und das Hexadezimalsystem in Ab- ergibt sich aus ihrer Stelle, wie Tab. 11.2 verdeut-
schn. 11.1.2). licht.
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 531
Aus Tab. 11.2 geht auch hervor, dass das Bit Dualzahlen haben eine große Bedeutung für
mit der höchsten Wertigkeit stets in der linkendie Adressierung von Speicherzellen, in denen sie
Spalte eingetragen wird. Dieses Bit wird als Most
heute schon bis zu einer Breite von 32 Bit ein-
Significant Bit (MSB) bezeichnet. Dagegen befin-
gesetzt werden. Dies bedeutet einen dezimalen
det sich das niederwertigste Bit (D0) in der amZahlenumfang von 0 bis 232 1 oder rund 4,3 Mil-
liarden (bei der Adressierung spricht man auch
äußersten rechten Rand liegenden Spalte. Es wird
als Least Significant Bit (LSB) bezeichnet. von 4 Giga-Byte-Adressraum (Abschn. 12.3)).
Die größtmögliche Zahl Zmax , die bei einerEin weiteres Einsatzfeld für duale Zahlen sind
bekannten Anzahl k von Argumenten darstellbar digitale=analoge Schnittstellen (Kap. 10).
ist, lässt sich durch folgende einfache Gleichung Beispielsweise finden heute in den CD-Spie-
berechnen: lern D=A-Wandler mit einer Breite von bis zu
Zmax D 2k 1 (11.4) 20 Bit Verwendung, entsprechend einem Zahlen-
umfang von 1.048.576. Auch bei Steuerungen,
Große Dualzahlen werden oft in Felder von wie sie in Werkzeugmaschinen vorkommen, wer-
8, 16 oder 32 Bit zusammengefasst. Man spricht den die Einstellwerte als Dualzahlen behandelt.
dann von einem Byte, Word oder Double Word
(Long Word). Dabei gilt:
11.1.2 Hexadezimales Zahlensystem
I 1 Byte ist die Zusammenfassung von 8 Bit.
1 Word ist die Zusammenfassung von 16 Bit. Die Darstellung von großen Dezimalzahlen im
1 Word besteht aus 2 Byte. 1 Double Word ist die dualen Zahlensystem ist unübersichtlich und feh-
Zusammenfassung von 32 Bit. 1 Double Word lerträchtig. Deshalb hat man einzelne Bits zusam-
besteht aus 4 Byte. mengefasst und auf der Basis des Darstellungs-
532 J. Gutekunst
Tab. 11.3 Darstellung der dezimalen Zahlen 0 bis 9 im Tab. 11.4 Darstellung des Wertebereiches des Argumen-
oktalen Zahlensystem tes einer Hexadezimalzahl
Duale Darstellung Oktalzahl Duale Darstellung Hexadezimalzahl
D5 D4 D3 D2 D1 D0 O1 O0 Argument D3 D2 D1 D0 H0 Argument
25 24 23 22 21 20 81 80 Wertigkeit 23 22 21 20 160 Wertigkeit
Dezimalzahl Dezimalzahl
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 1 0 1 1 0 0 0 1 1 1
0 0 0 0 1 0 0 2 2 0 0 1 0 2 2
0 0 0 0 1 1 0 3 3 0 0 1 1 3 3
0 0 0 1 0 0 0 4 4 0 1 0 0 4 4
0 0 0 1 0 1 0 5 5 0 1 0 1 5 5
0 0 0 1 1 0 0 6 6 0 1 1 0 6 6
0 0 0 1 1 1 0 7 7 0 1 1 4 7 7
0 0 1 0 0 0 1 0 8 1 0 0 0 8 8
0 0 1 0 0 1 1 1 9 1 0 0 1 9 9
1 0 1 0 A 10
1 0 1 1 B 11
1 1 0 0 C 12
1 1 0 1 D 13
bereiches dieser Bitgruppen ein neues Zahlensys- 1 1 1 0 E 14
tem aufgebaut. 1 1 1 1 F 15
Auf diese Weise entstand das oktale Zahlen-
4 Bit D Halbbyte
system, das 3 Bit zusammenfasst und somit zur
Basis 8 (23 ) gerechnet wird.
Tab. 11.6 Das BCD-Zahlensystem „0“, wenn es sich um eine positive Zahl handelt,
BCD-Zahlensystem bei einer negativen Zahl den Wert „1“. Die ein-
fachste Art, eine negative Zahl darzustellen, ist
D3 D2 D1 D0 dezimaler
die Vorzeichen-Betrags-Darstellung (VBD):
Wert
0 0 0 0 0 I Bei der Vorzeichen-Betrags-Darstellung (VBD)
0 0 0 1 1 wird durch ein zusätzliches Bit das Vorzeichen
0 0 1 0 2 dargestellt. Dieses Vorzeichenbit ist 0 bei einer
positiven Zahl und 1 bei einer negativen.
0 0 1 1 3
0 1 0 0 4 Zur Veranschaulichung sei die dezimale Zahl
0 1 0 1 5 11 im Dualsystem sowohl positiv als auch nega-
0 1 1 0 6 tiv in der Vorzeichen-Betrags-Darstellung darge-
stellt:
0 1 1 1 7
1 0 0 0 8 Betrag
1 0 0 1 9 0 1 0 1 1B = 11D
1 0 0 0 0 10 Vorzeichenbit „0“, d.h. positive Zahl
1 1 0 1 1B = –11D
Übertrag auf die nächste
Stelle Vorzeichenbit „1“, d.h. negative Zahl
Differenz der bestehenden Zahl zur maximal dar- plement-Darstellung eindeutig kennzeichnet. Ta-
stellbaren Zahl dar und wird durch eine einfache belle 11.7 gibt die Zahlen einer 5 Bit breiten Zahl
Inversion in der binären Schreibweise gewon- und ihr Zweierkomplement wieder. Durch das
nen. Vorzeichenbit müssen 6 Bit vorhanden sein. Es
fällt auf, dass die Darstellung der Zahl null bei
I Das Einerkomplement (EK) einer Hexadezimal- den positiven Zahlen und im Zweierkomplement
zahl ist die Ergänzung zur höchsten Zahl 15. Es gleich ist. Aus diesem Grund ist es möglich,
ergibt sich aus dem Inversen der Dualzahl. die negative Zahl 32D mit nur fünf Bits darzu-
stellen.
Um den Umgang mit den Komplementzahlen
zu veranschaulichen, soll das Zweierkomplement 11.1.4.2 Festkomma-
zur hexadezimalen Zahl 9H gesucht werden: und Gleitkommazahlen
In den obigen Ausführungen wurde stets von
1001B D 9H
der Festkomma-Darstellung einer Zahl ausge-
Das Zweierkomplement zur Zahl 9H errechnet gangen, bestehend aus einer bestimmten Anzahl
sich aus der Ergänzung zur Basis 16. Dies ergibt von Vorkommastellen und Nachkommastellen. Im
eine Differenz von 7H : Allgemeinen arbeitet man im hexadezimalen und
binären Zahlensystem ohne Nachkommastellen.
ZK: 0111B D 7H : Dies hat den Nachteil, dass der Zahlenbereich
recht begrenzt ist, aber für Steuerungszwecke
Zur Probe kann man die Zahl und deren Zweier- ausreicht. Auf dem Zahlenstrahl in Abb. 11.1 ist
komplement addieren; es muss sich die Zahl null im oberen Teil der Bereich von dualen Zahlen in
sowie ein Übertrag ergeben, wie folgende Rech- Abhängigkeit ihrer Breite aufgetragen. Eine 16-
nung zeigt: Bit-Zahl erreicht demnach ihren maximalen Wert
1001B D 9H bei 216 1, also bei 65.535.
0111B D 7H Eine wesentliche Erweiterung des Zahlenbe-
10000B D 10H reiches bringt das Hinzufügen eines Exponen-
– Übertrag –
ten. Man spricht dann auch von einer Gleitkom-
mazahl, da durch den Exponenten keine festen
Da das Argument der Hexadezimalzahl nur Nachkomma- oder Vorkommastellen mehr defi-
vier Bit breit ist, kann der Übertrag durch die- niert sind. Der Aufbau einer binären Gleitkom-
se einstellige Zahl nicht mehr dargestellt wer- mazahl ist die eine Dezimalzahl gleich:
den, so dass das Ergebnis dieser Addition null
ist. Die Bildung des Zweierkomplements wird
rechnertechnisch aus dem Inversen der positiven
Zahl gebildet, zu dem noch „1“ addiert wird.
Es wird also das Einerkomplement um 1 er-
höht:
(11.7)
1001B Ausgangszahl
0110B Inverse zur positiven Zahl In der Regel wird eine andere Schreibweise
benutzt:
(Einerkomplement)
1B Addition von 1
0111B ZK der positiven Zahl.
(11.8)
Die Verwendung von Zahlen im Zweierkom-
plement wird stets in Verbindung mit einem Vor- Der Exponent ist dabei die Hochzahl, die an-
zeichenbit vorgenommen, das die Zweierkom- gibt, wie oft die Basis mit sich selbst multipliziert
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 537
werden muss (z. B. ist 23 D 2 2 2). Die Mantisse Abbildung 11.1 unten zeigt den Zahlenbereich
entspricht dem Argument der Zahlensysteme. Da der Gleitkommazahlen in Abhängigkeit von ihrer
es sich jedoch um eine Gleitkommazahl handelt, Mantissen Breite und der Breite des Exponenten.
ist der Darstellungsbereich der Mantisse nicht Wird der Exponent gleich null gesetzt, so ent-
nur auf die ganzen Zahlen beschränkt, sondern spricht diese Gerade genau dem Zahlenbereich
deckt den gesamten reellen Zahlenbereich inner- der Festkommazahlen. Dies wird in der oberen
halb des benutzten Zahlensystems ab. Dabei kann Bildhälfte dargestellt.
die Mantisse auch ein Vielfaches der Basis anneh- Gleitkommazahlen können im Zweierkomple-
men, wie Beispiel 11.1-3 zeigt. ment dargestellt werden. Dies erweitert den Zah-
538 J. Gutekunst
Beispiel 11.1-3
Der Begriff Gleitkommazahl soll an einer de-
zimalen Zahl und an einer binären Zahl ver-
anschaulicht werden. Dazu soll der Wert der
Zahlen konstant bleiben, der Exponent sich
aber in Abhängigkeit der Kommastelle än-
dern.
Abb. 11.1 Darstellungsbereich von Dualzahlen und Gleit-
kommazahlen
Lösung
Am deutlichsten kann das bei den dezimalen
Zahlen gezeigt werden:
entnormalisiert:
1;000 0000 0000 0000B
0; 001 1101 0100 0100 E 00100
und hat den dezimalen Wert 1. Die kleinste Zahl D 0;23059082 24 D 3;689453125 :
in dieser Darstellung ist
Bei dieser Entnormalisierung hat die Ausgangs-
zahl einen Genauigkeitsverlust von 0,030883789.
0;000 0000 0000 0001B D 0;0000305D
Das bedeutet: Höchstmögliche Genauigkeit er-
reicht man stets mit normalisierten Zahlen.
bzw. Für negative Zahlen gilt entsprechend dassel-
be: Das erste Nachkommabit muss sich von dem
1;111 1111 1111 1111B D 0;0000305D Vorzeichen (eine Eins) unterscheiden, ist also ei-
ne „0“. Zusammenfassend gilt:
Die größte darstellbare Zahl wird also vom Expo-
nenten bestimmt, da die Mantisse näherungswei- I Eine normalisierte Mantisse liegt dann vor,
se 1 ist. wenn sich das 1. Nachkommabit vom Vorzei-
Bei einer normalisierten Mantisse werden chenbit unterscheidet.
die Nachkommastellen optimal ausgenutzt. Dies
wird bei positiven Zahlen dann erreicht, wenn die Mit den Gleitkommazahlen lassen sich alle re-
erste Nachkommazahl „1“ ist. Die Mantisse er- ellen Zahlen darstellen, also auch sehr kleine.
reicht dabei ihre höchste Genauigkeit und bewegt Abbildung 11.3 zeigt deutlich, dass die Menge
sich im Bereich von 0,5 bis 1. Um eine nor- der Zahlen kleiner 1 genauso groß ist wie die
malisierte Gleitkommazahl zu erhalten, wird das Menge der Zahlen größer 1. Der Grund dafür
Zusammenspiel zwischen Exponent und Kom- liegt darin, dass der Exponent ebenso viele po-
mastelle, wie es bereits in Beispiel 11.1-3 erläu- sitive wie negative Werte annehmen kann.
tert wurde, ausgenutzt: Die zu normalisierende
Zahl wird so lange an das Komma herangescho-
ben, bis die erste Nachkommastelle eine 1 ist. In 11.2 Kodes
gleicher Weise verringert sich der Exponent um
die Anzahl der geschobenen Stellen. Dass dabei Kodes lassen sich nicht als Zahlen nach Gl. 11.13
der Wert gleich bleibt, zeigt folgender Normali- beschreiben. Sie haben eine begrenzte Anzahl
sierungsvorgang: von Elementen, die durch Kodierung aus einer
540 J. Gutekunst
10
0101
9 1111
vorhandenen Zahlenmenge entstehen. Die Kodie- rat 2 beispielsweise eine Anzeigelampe steuert.
rungsregeln legen dabei fest, wie der Übergang Diese kann nun im Zeichenvorrat 1 durch die Ele-
von einem Zeichenvorrat zu einem zweiten Zei- mente „0“ und „10“ aktiviert werden.
chenvorrat geschieht (Abb. 11.4). Die Mehrzahl der Kodes sind jedoch eindeuti-
Erfolgt die Zuweisung eines Elements im Zei- ge, reflektierende Kodes. Die wichtigsten Vertre-
chenvorrat 1 einem Element des Zeichenvor- ter sind in Tab. 11.8 zusammengestellt.
rats 2, so spricht man von einer eindeutigen oder In Tab. 11.8 unterscheidet man in redundante
reflektierenden Kodierung, da aus dem entstan- und nicht redundante Kodes. Bei nicht redun-
denen Kodewort das Ausgangselement wieder danten Kodes wird der Darstellungsbereich des
bestimmt werden kann. In Abb. 11.4 rot ge- zugrunde liegenden Zahlensystems maximal aus-
kennzeichnet ist auch ein Kodewort, das zwar genutzt. Bei redundanten Kodes gibt es auch
eindeutig, aber nicht reflektierend ist. Es wird Kodewörter, die nicht benutzt sind. Mit deren Hil-
beispielsweise durch zwei voneinander unabhän- fe lassen sich Fehler, die bei der Kodebildung
gige Ausgangselemente (0 und 10) erzeugt und oder Kodeübertragung entstanden sind, erkennen
ergibt 1111. und sogar korrigieren. Im Abschn. 11.2.4 wird
Nicht reflektierende Kodes sind in der Regel auf diese Besonderheit ausführlich eingegangen.
eng mit ihrem Anwendungsgebiet verknüpft. Sie
haben stets eine Verkleinerung des Zeichenvor-
rats zur Folge und werden deshalb zur Optimie- 11.2.1 Gray-Kode
rung eines bestehenden Zeichenvorrats benutzt.
Zur Verdeutlichung sei angenommen, dass in Das duale Zahlensystem, wie es in Abschn.
Abb. 11.4 das Kodewort „1111“ im Zeichenvor- 11.1.1 beschrieben ist, hat einen Nachteil: Beim
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 541
Übergang von einer Dualzahl zur nächsten kön- rechts). Nicht abgedeckt ist bei der Darstellung
nen sich mehrere Bits ändern, wie folgendes dezimaler Zahlen der Übergang von 9 auf 0: Hier
Beispiel beim Übergang von 7 auf 8 zeigt: wechseln 3 Bits. Damit ist dieser Gray-Kode nicht
zyklisch. Durch eine kleine Modifikation nach
) Glixon konnte jedoch auch dieser Übergang ein-
7W 0 1 1 1 schrittig gemacht werden, so dass dieser Gray-
Wechsel von 4 Bits.
8W 1 0 0 0 Kode nun auch für die Darstellung der dezima-
len Zahlen 0 bis 9 zyklisch ist. In Tab. 11.9 ist
diese Änderung grau gekennzeichnet. Der erwei-
Geschieht dieser Übergang nicht synchron, terte Gray-Kode nutzt alle 16 Kodeworte aus. Er
so können hier Fehler auftreten, die eine Ver- ist vom Basis-Kode (Tab. 11.9, links) ausgehend
fälschung des zu erkennenden Wertes ermögli- grundsätzlich zyklisch.
chen (in diesem Beispiel, wenn der Übertrag Der Gray-Kode wird hauptsächlich in Steue-
auf das vierte Bit deutlich nach dem „null“- rungen verwendet, wenn beispielsweise Stel-
Setzen der ersten drei Bits kommt). Um den lungen von Werkzeugschlitten oder Drehtei-
Fehler so klein wie möglich zu halten, sollte len festzuhalten sind. Abbildung 11.6 zeigt ein
sich bei jedem Übergang nur ein Bit ändern. Kodelineal, wie es bei der Positionsbestim-
Man spricht dann auch von einem einschrittigen mung eingesetzt wird. Bei der Winkelbestim-
Kode. mung wird eine kreisförmige Kodescheibe ein-
Unter einem einschrittigen Kode versteht man gesetzt, auf welcher der Gray-Kode von außen
einen Kode, der sich nur in einer Stelle zu seinen nach innen aufgetragen ist. Hierbei ist auf je-
benachbarten Zahlen unterscheidet. den Fall ein zyklischer Gray-Kode von Vorteil
Realisiert wurde dies im Gray-Kode (E. (Abb. 11.5).
G RAY, 1835 bis 1901) nach Tab. 11.9.
Beim Gray-Kode, der die dezimalen Zahlen
0 bis 9 darstellt, ändert sich von einer Zahl zur 11.2.2 Fernschreibe-Kode
nächsten stets nur ein Bit. In dieser Darstellung ist
er die Basis für den erweiterten Gray-Kode, der al- Der Fernschreibe-Kode oder auch Telegraphen-
le 16 möglichen Kodeworte ausnutzt (Tab. 11.9, Kode Nr. 2 (CCITT-Code No. 2) ist ein fünf-
542 J. Gutekunst
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 1
2 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 2
3 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 3
4 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 4
5 0 1 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 5
6 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0 1 6
7 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 7
8 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 8
9 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 1 9
10 1 1 1 1 10
11 1 1 1 0 11
12 1 0 1 0 12
13 1 0 1 1 13
14 1 0 0 1 14
15 1 0 0 0 15
11.2.6 Fehlerkorrigierende Kodes Zur Korrektur eines Fehlers ist also mindestens
eine Hammingdistanz von dmin D 3 notwendig,
Sollen Fehler nicht nur erkannt, sondern auch da sonst der Korrekturradius kleiner als 1 wird.
korrigiert werden, so muss die Redundanz weiter Zur Korrektur eines Fehlers ist mindestens ei-
erhöht werden. Ein Zusammenhang zwischen der ne Hammingdistanz von dmin D 3 erforderlich.
Redundanz und der möglichen Zahl der erkenn- Abbildung 11.7 zeigt zwei Kodewörter mit
baren und korrigierbaren Fehler hat Hamming einer Hammingdistanz von dmin D 3 und den da-
(R. H AMMING, amerikanischer Mathematiker) zugehörigen Koderaum.
in seinen Gleichungen festgelegt. Der Abstand Tritt bei dem Beispiel in Abb. 11.7 ein Fehler
zweier benachbarter Kodewörter im Koderaum mit dem Gewicht 1 auf (Verfälschung des Kodes
wird auch als Hammingdistanz dmin bezeichnet: in einer Stelle), so wird er richtig zum nächsten
Kodewort hin korrigiert. Er liegt innerhalb des
I Unter Hammingdistanz dmin versteht man den durch den Korrekturradius beschriebenen Kor-
Abstand zwischen zwei Kodewörtern. rekturraums. Ein Doppelfehler (Gewicht D 2)
führt hingegen stets zu einer falschen Korrektur,
Für dmin D 1 bedeutet dies, dass sich die da der Fehler den für ihn gültigen Korrekturraum
Kodewörter nur in einer Stelle unterscheiden, wie verlässt und in den Einzugsbereich eines anderen
beispielsweise der Gray-Kode. Bei dmin D 2 un- gültigen Kodewortes fällt.
terscheiden sich die Kodewörter in zwei Stellen, Abbildung 11.8 zeigt den Koderaum für die
wie dies bei den 2-aus-5-Kodes der Fall ist. Hammingdistanz dmin D 4. Hier werden maximal
Bei dmin D 1 kann ein Fehler weder erkannt bis zu drei Fehler in einem Kodewort erkannt.
noch korrigiert werden, da eine Verfälschung Richtig korrigiert werden können jedoch eben-
des Kodewortes immer zu einem neuen gülti- falls nur einfache Fehler, da ein Doppelfehler auf
gen Kodewort führt. Wird hingegen ein Kode mit der Schnittlinie beider Korrekturräume liegt und
dmin D 2 in einer Stelle gestört (man spricht hier deshalb nicht mehr eindeutig zugeordnet werden
auch von einem Fehler mit dem Gewicht 1), so kann. Der zum Korrekturraum gehörende Korrek-
führt dies stets zu einem ungültigen Kodewort, so turradius rk ist demnach stets kleiner als die hal-
dass dieser Fehler erkannt wird. Deshalb gilt: be Hammingdistanz. Abbildung 11.8 veranschau-
Zur Erkennung eines einfachen Fehlers ist licht den Inhalt der Gl. 11.12.
mindestens eine Hammingdistanz von dmin D 2 Die maximale Anzahl der korrigierbaren Feh-
erforderlich. ler FK max wird durch den Korrekturradius be-
Erhöht man die Hammingdistanz, so können stimmt und lässt sich aus Gl. 11.12 direkt entneh-
entsprechend des erweiterten Koderaums auch men
Fehler mit einem höheren Gewicht erkannt wer- dmin
FK max < (11.13)
den. Für die maximale Anzahl FE max der erkenn- 2
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 549
Da FK max nur ganze Zahlen annehmen kann, lässt durchgeführt werden soll, ergibt sich zu
sich aus dieser Ungleichung für dmin die Gl. 11.14
formulieren: FE D dmin 2 FK 1 (11.15)
Tab. 11.15 Zusammenhang zwischen Nutzbits, Kontroll- ter für gasförmige und flüssige Medien, die bei
bits und Wortbreite nach Hamming geringem Druck arbeiten). In der Elektrotechnik
dmin D 3 dmin D 4 lassen sich damit digitale Schaltungen beschrei-
m k N m k N ben.
1 2 3 1 3 4 Die Boole’sche Algebra kennt zwei zulässige
2 3 5 2 4 6 Zustände:
3 3 6 3 4 7
4 3 7 4 4 8 Wahr D logisch 1;
5 4 9 5 5 10 z. B. Spannung vorhanden
6 4 10 6 5 11 (11.22)
7 4 11 7 5 12
Nicht wahr D logisch 0;
8 4 12 8 5 13 z. B. Spannung nicht vorhanden
9 4 13 9 5 14
10 4 14 10 5 15 Da ein Element der Boole’schen Algebra die-
11 4 15 11 5 16 se beiden Zustände einnehmen kann, spricht man
26 5 31 26 6 32 auch von binären Elementen (Abschn. 11.1). Es
57 6 63 57 7 64 gibt drei binäre Basisfunktionen, die NICHT-
120 7 127 120 8 128 Funktion (Negation), die UND-Funktion (Kon-
m Nutzbits, k Kontrollbits, N gesamte Wortbreite
junktion) und die ODER-Funktion (Disjunktion).
Als Verknüpfungssymbol für die UND-Funk- Sind in einer Konjunktion alle Eingangsvaria-
tion wird in den Boole’schen Gleichungen das blen vertreten, so spricht man von einer Vollkon-
Mal-Zeichen () verwendet. Die Wahrheitstabel- junktion. Dabei ist es gleich, ob die Eingangsva-
le für zwei Eingangsvariablen ist der Tab. 11.16, riablen in positiver Form oder in ihrer negierten
links, zu entnehmen. In dem ebenfalls darge- Form vorliegen, sie müssen jedoch einmal in der
stellten Schaltsymbol ist die UND-Verknüpfung Konjunktion vorkommen. Die Vollkonjunktion
durch das &-Zeichen gekennzeichnet. Des Weite- ist bei der Erstellung von Verknüpfungsgleichun-
ren sind in Tab. 11.16 auch die Wahrheitstabellen gen eine wichtige Voraussetzung (Beispiele zur
für 3 und 4 Eingangsvariablen zusammengestellt. Boole’schen Algebra in Abschn. 11.3.3):
Die UND-Verknüpfung wird in der Schalt-
algebra auch als Konjunktion bezeichnet. I Unter einer Vollkonjunktion versteht man die
UND-Verknüpfung aller Eingangsvariablen,
I Unter einer Konjunktion versteht man die unabhängig davon, ob sie negiert oder nicht
UND-Verknüpfung von Eingangsvariablen. negiert vorliegen.
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 553
ODER-Funktion Bei dieser Funktion wird der Tab. 11.17 Wahrheitstabelle der Exklusive-ODER-Ver-
Ausgang dann „wahr“, wenn eine der Ein- knüpfung
gangsvariablen (E1 ; E2 ; : : : ; En ) den Zustand lo- Eingangsvariable Ausgangs- Verknüpfungssymbol
gisch 1 eingenommen hat. Auch hier sind min- variable
E1 E2 A
destens zwei Eingangsvariablen erforderlich, um E1
0 0 0
die ODER-Funktion zu erfüllen. Der Boole’sche 0 1 1 =1 A
Ausdruck für zwei Eingangsvariablen lautet: 1 0 1 E2
1 1 0
A D E1 C E2
(gesprochen: A ist gleich E1 oder E2 ). unabhängig davon, ob sie negiert oder nicht
Tabelle 11.16, rechts, zeigt die Wahrheits- negiert vorliegen.
tabellen für 2, 3 und 4 Eingangsvariablen
einer ODER-Verknüpfung. In der algebrai- Eine Sonderform der ODER-Verknüpfung ist
schen Schreibweise wird die ODER-Verknüp- die Exklusive-ODER-Verknüpfung. Im Gegensatz
fung durch das Plus-Zeichen (C) wiedergegeben. zur obigen ODER-Funktion handelt es sich hier-
Die Symbolik der Schaltzeichen verwendet da- bei um ein „ausschließliches“ ODER, auch An-
für
1. Die ODER-Verknüpfung bezeichnet man tivalenz genannt. Die Antivalenz ist nur dann
auch als Disjunktion. erfüllt, wenn sich die Eingangsvariablen unter-
scheiden.
I Unter einer Disjunktion versteht man die
ODER-Verknüpfung von Eingangsvariablen. I Unter Antivalenz versteht man eine ausschlie-
ßende (exklusive) ODER-Verknüpfung, bei der
Außer der Verknüpfung positiver Terme erhält der Ausgang nur dann wahr wird, wenn sich die
die Disjunktion auch eine besondere Bedeutung Eingangsvariablen unterscheiden.
bei der negativen Logik. Unter negativer Logik
versteht man Ereignisse, die bei dem Zustand „0“ Die Wahrheitstabelle zur Antivalenz zeigt
wahr sind. Dies ist gerade die Umkehrung von Tab. 11.17.
Gl. 11.22. Da bei einer Disjunktion der Ausgang Das Antivalenzgatter kann naturgemäß nur
stets positiv ist, wenn einer der Eingänge posi- zwei Eingangsvariablen miteinander verknüpfen,
tiv ist, so kann dieser nur dann „0“ werden, wenn da sein Ausgang stets nur dann wahr wird, wenn
auch alle Eingänge „0“ sind. Fasst man dies als sich die Eingangsvariablen unterscheiden. Bei
wahr auf, stellt die positive Disjunktion in nega- drei Eingangsvariablen haben in einem binären
tiver Logik eine UND-Verknüpfung dar. So kann Zahlensystem mindestens zwei denselben Zu-
über die Negation ein Zusammenhang zwischen stand, so dass in diesem Fall keine Antivalenz
Konjunktion und Disjunktion hergestellt werden. definiert werden kann.
Den Beweis hierzu liefern die Gesetze von De In der Schaltalgebra wurde für die Antivalenz
Morgan (Abschn. 11.3.2). In Tab. 11.16 kommt das Verknüpfungszeichen ˚ eingeführt (Plus-
dies bei der Betrachtung der negierten Ausgangs- Zeichen im Kreis). Die Verknüpfung selbst kann
variablen Y ebenfalls zum Ausdruck. Sie kann aus den bereits bekannten UND- und ODER-
nur dann den Wert „1“ annehmen, wenn alle Ein- Verknüpfungen hergeleitet werden:
gangsvariablen der Disjunktion null sind.
Kommen in einer Disjunktion alle Eingangs- A D .E1 E2 / C .E1 E2 / (11.23)
variablen einmal vor, gleich ob negiert oder nicht A D E1 ˚ E2 (11.24)
negiert, so spricht man auch hier von einer Voll-
disjunktion Beide Gleichungen erfüllen die Wahrheitstabelle
nach Tab. 11.17.
I Unter einer Volldisjunktion versteht man die Bei der Boole’schen Verknüpfung steht dem-
ODER-Verknüpfung aller Eingangsvariablen, nach das –Zeichen für die UND-Operation, das
554 J. Gutekunst
C-Zeichen für die ODER-Operation und das ˚- Assoziativgesetz Das Assoziativgesetz erlaubt
Zeichen für die Antivalenz. die Vertauschung der Reihenfolge von gleichran-
Die Umsetzung dieser Verknüpfungen erfolgt gigen Operatoren:
in der Digitaltechnik durch die entsprechen-
den Gatter: UND-Gatter, ODER-Gatter, NICHT- A C B C C D .A C B/ C C
Gatter und Antivalenz-Gatter.
D A C .B C C / und
Allgemein werden dafür die englischen Be- (11.26)
zeichnungen AND, OR, Inverter und EXOR ver- A B C D .A B/ C
wendet. Eine Zusammenstellung dieser Basis- D A .B C /
funktionen findet sich in Abb. 11.9 sowie in
Abschn. 12.1.6. Distributivgesetz Das Distributivgesetz ermög-
licht das Ausmultiplizieren von Klammeraus-
drücken. Dabei ist auf die Rangfolge der Opera-
11.3.2 Gesetze von Boole toren zu achten. Es gilt:
und De Morgan
A .B C C / D A B C A C oder
Diese grundlegenden Verknüpfungen gehorchen
denselben Rechenregeln, wie sie aus der Algebra .A C B/ .A C C / D A C B C
bekannt sind. Boole hatte dies als erster unter- (11.27)
sucht und sie in den folgenden Gesetzen der
Schaltalgebra (Boole’sche Algebra) zusammen- I .A C B/ .A C C / D A C B C ,
gefasst. da A A C A C C A B C B C D A C B C
Da alle Variablen mit A multipliziert werden,
11.3.2.1 Gesetze der Schaltalgebra bleibt A als bestimmende Variable übrig (siehe
Absorptionsgesetz).
schen oder sich selbst wiedergeben: und zu optimieren. Dazu stellt man zuerst eine
Wahrheitstabelle auf, die alle möglichen Zustän-
A C 0 D AI ACADA de der Eingangsvariablen und die sich dabei er-
A C1 D 1I A C AN D 1 gebenden Ausgangszustände enthält. Greift man
sich nun die Terme (Gleichungsausdruck) heraus,
A 0 D 0I A AN D 0
(11.28) die ein positives Ergebnis liefern (im nachfolgen-
A 1 D AI A C .A B/ D A den Beispiel Y D 1), kommt man zur ODER-
A A D AI A .A C B/ D A Normalform: Der Ausgang Y ist nur dann wahr,
A C AN B D A C B wenn eine bestimmte Konjunktion der Eingän-
ge vorliegt. Wenn mehrere dieser Konjunktionen
Doppelte Negierung Wird eine Variable zwei- den Ausgang Y wahr werden lassen können, wer-
fach negiert, so heben sich die Negierungen auf. den diese mit Disjunktionen verbunden. Da die
Somit gilt: Wahrheitstabelle alle Eingangsvariablen wieder-
gibt, sind die Konjunktionen stets Vollkonjunktio-
ADA (11.29)
nen. So kann zusammenfassend gesagt werden:
Dies gilt auch dann, wenn die Variable mehr-
fach negiert ist. Beispielsweise reduziert sich eine I Die ODER-Normalform besteht aus Vollkon-
dreifache Negierung der Variablen A auf eine ein- junktionen, die durch Disjunktionen (ODER)
fache Negierung miteinander verbunden sind.
11.3.2.2 Gesetze von De Morgan Dabei kann die ODER-Normalform auch nur
Der englische Mathematiker De Morgan (D E aus einer einzigen Vollkonjunktion bestehen,
M ORGAN, 1806 bis 1871) hat über die Negati- wenn kein weiterer Term ein positives Ergebnis
on eine Beziehung der ODER-Verknüpfung zur am Ausgang liefert.
UND-Verknüpfung hergestellt. Sie resultieren in
den beiden Gesetzen von De Morgan. Beispiel 11.3-1
Mit Hilfe von Tab. 11.18 soll die ODER-
Erstes Gesetz von De Morgan Negiert man Normalform der Ausgangsvariablen Y gefun-
eine ODER-Verknüpfung, so ist dies einer UND- den werden. Diese soll anschließend mit den
Verknüpfung gleich, bei der die einzelnen Ele- Gesetzen der Boole’schen Algebra vereinfacht
mente negiert sind. werden.
A C B C C C : : : D AN BN CN : : : (11.30) Lösung
Das Beispiel enthält vier Vollkonjunktionen,
Zweites Gesetz von De Morgan Negiert man bei denen der Ausgang Y D 1 wird. Ihre
eine UND-Verknüpfung, so ist dies einer ODER- Oder-Verknüpfung führt in folgenden Schrit-
Verknüpfung gleich, bei der die einzelnen Ele- ten zur ODER-Normalform:
mente negiert sind.
Y D .AN B CN D/
A C B C C : : : D AN BN CN C : : : (11.31)
C AN B C D
(11.32)
Der Beweis findet sich im Abschnitt weiter unten, C A B CN D
der die Anwendung der Gesetze von De Morgan C .A B C D/
erläutert.
Zur Verdeutlichung wurden in dieser ODER-
ODER-Normalform Mit diesen Grundgesetzen Normalform die vier Vollkonjunktionen in
ist man in der Lage, das Verhalten einer Schal- Klammern gesetzt. Nach dem Distributivge-
tung vom Eingang zum Ausgang zu beschreiben setz kann die Variable D ausgeklammert wer-
556 J. Gutekunst
Tab. 11.18 Konjunktionstabelle zu Beispiel 11.3-1 Negationen vorkommen. Diese Negationen kön-
Eingangsvariablen Ausgangs- Vollkonjunktionen nen aufgelöst werden und ermöglichen auf diese
variable Weise Umrechnungen von NOR-Schaltungen und
A B C D Y NAND-Schaltungen (NOR D NOT – OR, NAND
0 0 0 0 0 D NOT – AND, d. h. die Ausgänge der Basisver-
0 0 0 1 0 knüpfungen OR und AND sind negiert). Durch
0 0 1 0 0
eine einfache Wahrheitstabelle lässt sich die Gül-
0 0 1 1 0
tigkeit der Gesetze beweisen. Gleichung 11.35
0 1 0 0 0
zeigt den Beweis des 2. De-Morgan’schen Geset-
0 1 0 1 1 AB C D
0 1 1 0 0
zes für zwei Eingangsvariablen und Gl. 11.36 für
0 1 1 1 1 AB C D das 1. De-Morgan’sche Gesetz.
1 0 0 0 0
A B AB A B AN BN AN C BN
1 0 0 1 0
1 0 1 0 0 0 0 0 1 1 1 1
1 0 1 1 0 0 1 0 1 1 0 1
1 1 0 0 0 1 0 0 1 0 1 1
1 1 0 1 1 AB C D
1 1 1 0 0 1 1 1 0 0 0 0
1 1 1 1 1 AB C D j j
N
AB DACB N
(11.35)
den, da sie in allen Vollkonjunktionen vorhan-
den ist: A B ACB A C B AN BN AN BN
0 0 0 1 1 1 1
0 1 1 0 1 0 0
(11.33) 1 0 1 0 0 1 0
1 1 1 0 0 0 0
In den verbleibenden Konjunktionen kann die j j
Variable C durch das Absorptionsgesetz (C C A B D AN C BN
CN D 1) eliminiert werden, ebenso die Variable (11.36)
A
Bei der Anwendung der Gesetze von De Morgan
in einer Gleichung können so Konjunktionen in
Disjunktionen und umgekehrt umgewandelt wer-
den. Beim Einfügen von Negationen ist darauf
Es wird zu achten, dass stets beide Gleichungsseiten in
Y DB D : (11.34) derselben Weise behandelt werden. So gilt bei-
spielsweise:
Die zunächst sehr kompliziert erscheinen-
de ODER-Normalform für die Wahrheitstabel- Y D AB Konjunktion,
le lässt sich nach der Anwendung der algebrai- YN D A B Konjunktion auf
schen Regeln nach Boole durch eine UND-Ver- beiden Seiten negiert.
knüpfung der Variablen B und D realisieren.
YN D AN C BN Disjunktion nach dem
zweiten De Morgan-Gesetz.
Anwendung der De-Morgan’schen Gesetze
Die De-Morgan’schen Gesetze sind ein wich- Soll die Ausgangsvariable (hier Y ) nicht ne-
tiges Hilfsmittel in der Schaltalgebra bei der giert werden, so kann durch die doppelte Ne-
Optimierung von Gleichungen, in denen lange gation (Boole’sches Gesetz nach Gl. 11.29) der
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 557
Wert einer Seite ebenfalls erhalten werden. Zur 11.3.3 Entwicklung einer Schaltung mit
Anwendung der De Morgan’schen Gesetze kann Hilfe der Boole’schen Algebra
diese nun aufgebrochen werden:
In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie mit Hilfe
Y DAB Konjunktion, der Boole’schen Algebra eine einfache Schaltung
entwickelt werden kann. Die Aufgabe besteht
Y DAB doppelte Negation, darin, eine Verknüpfung zu finden, die das Zwei-
nichts hat sich geändert, erkomplement einer positiven Zahl in Abhän-
Y D AN C BN Disjunktion nach Aufbrechen gigkeit des Vorzeichen-Bits aus der Vorzeichen-
einer Negation und Anwendung Betrags-Darstellung bildet (zur Bedeutung des
des zweiten De Morgan’schen Zweierkomplements s. Abschn. 11.1.4.1, negati-
Gesetzes. ve Zahlen).
Die Darstellung negativer Zahlen, wie wir sie
Diese grundlegende Anwendung der De-Mor- bei digitalen Anzeigen sehen, erfolgt in der Vor-
gan’schen Gesetze hat in der Praxis eine große zeichen-Betrags-Darstellung, kurz VBD genannt.
Bedeutung. Damit kann ein Gleichungssystem an Die Zweierkomplement-Darstellung (ZKD) von
die gegebenen Voraussetzungen angepasst wer- negativen Zahlen erfolgt vorwiegend in Rechen-
den. Diese Randbedingungen können sein werken, da in diesem Fall die Subtraktion auf
Vorgabe der Bauelemente (Konjunktion oder eine Addition zurückgeführt werden kann (Ab-
Disjunktion), schn. 11.1.4.1). Die Bildung des Zweierkomple-
Vorgabe der Eingangsvariablen (negiert oder ments aus der Vorzeichen-Betrags-Darstellung
nicht negiert), erfolgt durch Invertieren des Betrags und der
Vorgabe der Ausgangsvariablen (negiert oder Addition von eins. Dies bedeutet einen weite-
nicht negiert). ren Rechenschritt. Im Folgenden soll aufgezeigt
Bei der Berücksichtigung solcher Vorgaben wird werden, wie dieser zusätzliche Rechenschritt mit
man oft feststellen, dass nicht immer die Mini- Hilfe eines sequenziellen Netzwerkes umgangen
mallösung realisierbar ist. werden kann. Hierzu sind in Tab. 11.19 einige
Im nächsten Beispiel wird auf diese Randbe- Zahlen in der Vorzeichen-Betrags- und Zweier-
dingungen nochmals eingegangen. komplement-Darstellung gegenübergestellt.
Während sich bei der Vorzeichen-Betrags-
Darstellung nur das Vorzeichenbit ändert, wan-
Beispiel 11.3-2 delt sich bei der Zweierkomplement-Darstellung
Es soll die Gleichung Z D .E FN / C .A C das gesamte Halbbyte (Nibbel). Lediglich bei der
BN C C / mit Hilfe der Gesetze von De Mor- Zahl 4 lassen sich die beiden Darstellungsweisen
gan in eine entsprechende Gleichung umge- nicht unterscheiden. Betrachtet man die positiven
wandelt werden, die nur noch Konjunktionen und negativen Zahlen des Zweierkomplements
enthält. etwas genauer (vergleiche hierzu Tab. 11.7), so
stellt man fest, dass die Bits vom niederwertigs-
Lösung
ten Bit her (dies ist stets das rechte Bit einer
Dualzahl) bis einschließlich der ersten „1“ bei-
Z D .E FN / C .A C BN C C / behalten werden und der Rest invertiert wird.
doppelte Negation, Diese Tatsache soll im Folgenden ausgenutzt
werden, um eine Schaltung zu entwickeln, die
Z D .E FN / .A C BN C C / das Zweierkomplement bildet. Sie muss die ers-
zweites De Morgan’sches Gesetz, te „1“ vom linken Bit aus erkennen und die
nachfolgenden Bits durch einen steuerbaren In-
Z D .E FN / .AN B CN / verter in ihre umgekehrte Lage schalten. Die Vor-
zweites De Morgan’sches Gesetz. teile einer solchen Schaltung liegen darin, dass
558 J. Gutekunst
Tab. 11.21 Übersicht über die möglichen Vollkonjunktionen von 2, 3 und 4 Eingangsvariablen
Abb. 11.13 Kennzeichnen der wahren Vollkonjunktionen Abb. 11.14 Zusammenfassung von zwei Vollkonjunktio-
durch eine „1“ nen zur Ausgangsvariablen Z
Lösung
Die ODER-Normalform ergibt sich zu
N C .A B/
Z D .A B/ (11.43)
Alle zutreffenden Vollkonjunktionen in Abb. 11.15 Vereinfachung nach Karnaugh-Veitch für den
Gl. 11.43 werden im KV-Diagramm durch Term M
eine „1“ dargestellt, der Rest wird mit „0“
aufgefüllt. Damit wird aus Abb. 11.12 die
Darstellung in Abb. 11.13. Die Zusammenfassung in Abb. 11.14 zeigt,
Welche Gleichung dargestellt wird, ver- dass die Zweiergruppe komplett innerhalb der
merkt man durch die Ausgangsvariable am Koordinate A liegt; die Variable B aber so-
Rand des KV-Diagramms, beispielsweise wohl negiert als auch nicht negiert auftritt.
rechts unten. Zur Vereinfachung der Glei- B fällt somit nach Regel 3 bei der Zusammen-
chung können nun benachbarte Felder zusam- fassung heraus, und Z aus Gl. 11.43 verein-
mengefasst werden. Dabei gelten folgende Re- facht sich zu
geln: ZDA (11.44)
Regel 1: Es dürfen nur Felder zusammenge-
fasst werden, die direkt aneinander-
stoßen, also eine gemeinsame Seite Beispiel 11.4-2
haben. Es soll die ODER-Normalform von
Regel 2: Es können nur 2, 4, 8, allgemein 2n
(n 2 N ) Felder zusammengefasst N C .AN B/
N
M D .A B/ C .A B/ (11.45)
werden.
Regel 3: Der Inhalt dieser Gruppe ergibt sich
aus den Koordinaten des Karnaugh- nach Karnaugh-Veitch vereinfacht werden.
Veitch-Diagramms. Alle Koordina- Dazu stellt man das KV-Diagramm gemäß
ten, die dabei sowohl negiert als Abb. 11.15 auf, das drei Vollkonjunktionen
auch nicht negiert auftreten, können enthält.
entfallen. Die Vollkonjunktionen können in zwei
Regel 4: Die Ausgangsvariable wird durch Gruppen zusammengefasst werden. Die Ver-
die ODER-Normalform aller Grup- einfachung der ODER-Normalform ergibt
pen dargestellt. schließlich das Ergebnis
Die Anwendung dieser Regeln auf Bei-
spiel 11.4-1 zeigt Abb. 11.14. M D A C BN (11.46)
562 J. Gutekunst
Lösung
Die im Karnaugh-Veitch-Diagramm nach
Abb. 11.21 eingetragenen Vollkonjunktionen
lassen sich zu zwei Gruppen zusammenfassen,
die schließlich folgendes Ergebnis liefern:
Q D .B CN / C .BN C / :
Abb. 11.19 Unzulässige Zusammenfassung über Eck
Nach Gl. 11.31 handelt es sich dabei um ei-
ne Exklusive-ODER-Verknüpfung, die nach
Gl. 11.32 umgeformt werden kann zu
Q DB ˚C : (11.50)
11.4.3 Karnaugh-Veitch-Diagramm
Abb. 11.20 Karnaugh-Veitch-Diagramm für die Aus- für vier Eingangsvariable
gangsvariable P
Abb. 11.22 Karnaugh-Veitch-Diagramm für vier Variable Abb. 11.24 Nachbarschaftsbedingung für Variable an den
Kanten
3. Vollkonjunktion: EN F
4. Vollkonjunktion: EN FN
Diese Vollkonjunktionen sind bei der Zusam-
menfassung in der z-Richtung zu beachten. Da
die Variable K über alle vier Ebenen zusammen-
gefasst wurde, entfällt die Gewichtung durch die
Vollkonjunktionen von E und F (beide kom-
men sowohl negiert als auch nicht negiert vor,
s. Gl. 11.47). Dasselbe trifft auch für die Varia-
ble B zu, so dass sich die Ausgangsvariable K
auf den Ausdruck
Abb. 11.32 Beispiel einer Zusammenfassung über alle K D AN D C
vier Ebenen (in z-Richtung)
vereinfachen lässt. K wird also durch eine Kon-
junktion (keine Vollkonjunktion) von drei Varia-
blen beschrieben.
Die Vereinfachung von ODER-Normalformen
mit Hilfe der Karnaugh-Veitch-Diagramme un-
terliegen bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Wie
aus obigen Beispielen hervorgeht, ist das Ergeb-
nis einer Zusammenfassung stets eine Konjunkti-
on.
Der Zweierlogarithmus ld von 8 ergibt den Wert 3 benötigt, so können diese, um größt-
(23 D 8), so dass nach der Zusammenfassung nur mögliche Zusammenfassungen zu er-
noch N D 3 Eingangsvariable in der Konjunkti- reichen, mit einer „1“ oder einer „0“
on vertreten sind. Gleichung 11.53 ist ein gutes besetzt werden.
Hilfsmittel, um festzustellen, ob eine Zusam- Diese Regel setzt allerdings voraus, dass die Ein-
menfassung auch tatsächlich der Minimallösung deutigkeit der Schaltung erhalten bleibt. Gekenn-
entspricht. zeichnet werden diese Felder mit einem Kreuz
Karnaugh-Veitch-Diagramme mit mehr als oder einem Stern, der als Platzhalter sowohl
6 Variablen werden zusehends unhandlicher. So „0“ als auch „1“ einnehmen kann. Im Allge-
hat bereits ein KV-Diagramm für sieben Variable meinen wird der Inhalt des Feldes (die entspre-
128 Felder, 8 Variable bringen es auf 256 Voll- chende Vollkonjunktion) mit einer „1“ als wahr
konjunktionen und damit auf ebenso viele Felder. gekennzeichnet. Dies erlaubt dann größtmögli-
che Zusammenfassungen, die nach Regel 5 und
Gl. 11.53 die größte Vereinfachung ergeben.
11.4.6 Beispiele zur
Karnaugh-Veitch-Minimierung Beispiel 11.4-6
Es sollen die Verknüpfungsgleichungen für
Der Umgang mit den Karnaugh-Veitch-Diagram- einen Kodewandler gefunden werden, der
men soll an zwei weiteren Beispielen unter Be- den BCD-Kode in einen Gray-Kode umwan-
achtung von Regel 10 gezeigt werden: delt. Anschließend sollen diese mit Hilfe
Regel 10: Werden nicht alle Vollkonjunktionen der Karnaugh-Veitch-Diagramme vereinfacht
in einem Karnaugh-Veitch-Diagramm werden.
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 569
Lösung
Man stellt zunächst die beiden Kodes gegen-
über:
BCD-Kode Gray-Kode
Eingangsvariable Ausgangsvariable
A B C D O P Q R
0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 1 0 0 0 1 Abb. 11.35 Minimierte Gleichung für den BCD=Gray-
0 0 1 0 0 0 1 1 Kode-Wandler
0 0 1 1 0 0 1 0
0 1 0 0 0 1 1 0 für die Ausgangsvariablen folgende Vereinfa-
0 1 0 1 0 1 1 1
chungen:
0 1 1 0 0 1 0 1
0 1 1 1 0 1 0 0 O DA P DACB
1 0 0 0 1 1 0 0
1 0 0 1 1 1 0 1
Q D .C B/ C .CN B/
N
Q DC ˚B
Für jede Ausgangsvariable O, P , Q und N C .CN D/
R D .C D/
R muss die Verknüpfungsgleichung gefunden R DC ˚B
werden. Dazu werden die Vollkonjunktionen
herangezogen, bei denen die Ausgangsvaria- Die Schaltung zu diesem Beispiel zeigt
ble wahr ist: Abb. 11.35. Die logischen Funktionen wer-
den durch die Grundelemente der Boole’schen
O D .A BN CN D/
N C .A BN CN D/ :
Verknüpfung (Abb. 11.37) realisiert.
P D .AN B CN D/
N C .AN B CN D/
C .AN B C D/N C .AN B C D/ Beispiel 11.4-7
In einem Speicher wird eine Dekodierung
C .A BN CN D/
N C .A BN CN D/ :
benötigt, die vier Adressbereiche ansprechen
Q D AN BN C DN C AN BN C D soll. Dazu sollen die Signale CS1 bis CS4
C AN B CN D C AN B CN D : aus den Adressleitungen A8 bis A11 nach
Tab. 11.22 gewonnen werden. Zu beachten ist,
R D .AN BN CN D/ C .AN BN C D/
N
dass diese Signale negiert auftreten.
C .AN B CN D/ C .AN B C D/ N
C .A BN CN D/ : Lösung
Da die Chip-Select-Signale (Auswahlsigna-
Für jede Ausgangsvariable legt man ein KV- le) aktiv low sind, also nur bei Erreichen
Diagramm an. Dabei werden die Vollkonjunk- des Wertes „0“ Gültigkeit haben, muss man
tionen nach obigen Gleichungen mit „1“ ein- hierbei von einer negativen Logik nach Ab-
getragen. Aus der Kode-Tabelle geht hervor, schn. 11.3.1 ausgehen. So werden in den fol-
dass nur zehn der 16 Felder benötigt wer- genden Gleichungen diejenigen Vollkonjunk-
den. Der BCD-Kode kennt nur die Zahlen 0 tionen herausgesucht, bei denen der Ausgang
bis 9, so dass die restlichen Felder nach der zu null wird:
Regel 10 frei definierbar sind, ohne dass der
BCD-Kode seine Eindeutigkeit verliert. Für CS1 D .A8 A9 A10 A11/
die Ausgangsvariablen ergeben sich somit die C .A8 A9 A10 A11/
KV-Diagramme gemäß Abb. 11.34a–d.
Durch die möglichen Zusammenfassun- C .A8 A9 A10 A11/
gen durch das KV-Diagramm ergeben sich C A8 A9 A10 A11
570 J. Gutekunst
Tab. 11.22 Übergangstabelle für Beispiel 11.4-7 und D D A8. Die Zusammenfassung ergibt für
Eingangsvariable Ausgangsvariable diese einfache Dekoderschaltung schließlich
A11 A10 A9 A8 CS4 CS3 CS2 CS1
0 0 0 0 1 1 1 0 CS1 D AN BN D A11 A10
0 0 0 1 1 1 1 0
CS2 D AN B D A11 A10
0 0 1 0 1 1 1 0
0 0 1 1 1 1 1 0 CS3 D A BN D A11 A10
0 1 0 0 1 1 0 1
CS4 D A B D A11 A10
0 1 0 1 1 1 0 1
0 1 1 0 1 1 0 1
0 1 1 1 1 1 0 1
1 0 0 0 1 0 1 1
1 0 0 1 1 0 1 1 11.5 Zur Übung
1 0 1 0 1 0 1 1
1 0 1 1 1 0 1 1 Ü 11.1-1 In einem Rechnersystem taucht die
1 1 0 0 0 1 1 1 Zahl 9 auf, ohne weitere Kennzeichnung. Wel-
1 1 0 1 0 1 1 1 chem der Zahlensysteme – hexadezimal, dezimal,
1 1 1 0 0 0 0 0
oktal – kann sie angehören?
1 1 1 1 0 0 0 0
CSn D f .A8; A9; A10; A11/, n D 1; : : : ; 4 Ü 11.1-2 Die Zahl 10 hat in den verschiedenen
Zahlensystemen unterschiedliche Werte. In wel-
chen Zahlensystemen kann sie vorkommen, und
CS2 D .A8 A9 A10 A11/ welchem dezimalen Wert entspricht dies?
C .A8 A9 A10 A11/
C .A8 A9 A10 A11/ Ü 11.1-3 Wandeln Sie die duale Zahl 01001101B
in eine dezimale Zahl um.
C .A8 A9 A10 A11/
CS3 D .A8 A9 A10 A11/ Ü 11.1-4 Die dezimale Zahl 999D soll in einem
C .A8 A9 A10 A11/ Rechnersystem als hexadezimale Konstante ver-
wendet werden. Wie lautet sie?
C .A8 A9 A10 A11/
C .A8 A9 A10 A11/ Ü 11.1-5 Quadrieren Sie die hexadezimale Zahl
CS4 D .A8 A9 A10 A11/ 14H . Überprüfen Sie mit Hilfe der dezimalen
Werte die Rechenoperation.
C .A8 A9 A10 A11/
C .A8 A9 A10 A11/ Ü 11.1-6 Warum kann die normalisierte Mantis-
C .A8 A9 A10 A11/ se einer positiven Gleitkommazahl nicht kleiner
als 0;5D werden?
Diese Vollkonjunktionen trägt man in ein
4 4-Karnaugh-Veitch-Diagramm ein. In die- Ü 11.2-1 Der Gray-Kode für die Zahlen 0 bis 9
sem Fall stehen jedoch an den Koordinaten- soll durch ein Paritäts-Bit ergänzt werden.
schnittpunkten aufgrund der negativen Lo- a) Bis zu welchem Gewicht können damit Fehler
gik „0“ und nicht wie bisher „1“. erkannt werden?
b) Können auch Fehler korrigiert werden?
Abbildung 11.36a–d zeigt die jetzt möglichen c) Stellen Sie die Tabelle für den dualergänzten
Zusammenfassungen. Gray-Kode auf.
Die Koordinaten der Diagramme haben dabei d) Überprüfen Sie das Ergebnis mit Hilfe der
die Zuordnung A D A11, B D A10, C D A9 Quersumme über alle 5 Bits.
11 Grundlagen der digitalen Schaltungstechnik 571
Ü 11.2-2 Zur Darstellung der Zahlen 0 bis 7 e) Wie viele Fehler können erkannt werden,
reicht ein dreistelliger Gray-Kode. wenn der Korrekturradius auf rk D 2 einge-
a) Ist dieser vom vierstelligen Gray-Kode ausge- schränkt wird?
hend zyklisch? f) Welches Gewicht haben diese Fehler?
b) Wenn nicht, welche Modifikation nach Glixon
ist notwendig? Ü 11.2-4 Bei einem Kode mit 11 Nutzbits sollen
alle einfachen Fehler korrigiert werden.
Ü 11.2-3 Zur Datenübertragung einer Richt- a) Welche Hammingdistanz ist notwendig?
funkstrecke wird ein Kode mit der Hammingdi- b) Wie viele Kontrollstellen ergeben sich?
stanz von dmin D 8 verwendet. c) Lässt sich damit auch noch ein Kode mit
a) In wie viel Stellen kann dieser Kode gestört 12 Nutzbits sichern?
werden, ohne dass ein neues gültiges Kode-
wort entsteht? Ü 11.3-1 Welche Gesetze beweisen, dass Dis-
b) Wie hoch ist das Gewicht eines solchen Feh- junktion und Konjunktion zusammenhängen?
lers?
c) Bis zu welchem Gewicht können Fehler korri- Ü 11.3-2 In einer Steuerschaltung werden die
giert werden? Variablen A bis E in folgender Weise verknüpft:
d) Können darüber hinaus noch weitere erkannt a) A B C D E
werden? b) A D E
572 J. Gutekunst
Unter digitalen Bauelementen versteht man Transistoren, wofür der Begriff Ultra Large Scale
Schaltkreise, die auf der Grundlage der Boole- Integration (ULSI) steht. Abbildung 12.1 gibt
schen Gleichungen (Abschn. 11.3) beruhen. Erst einen Überblick über die Integrationsdichte heu-
Mitte des letzten Jahrhunderts gelang es, meh- tiger Bauelemente.
rere Grundfunktionen auf einem einzigen Sili- Die zunehmende Integration komplexer Schal-
ciumplättchen zusammenzufassen. Es entstand tungen, für die früher mehrere Leiterplatten not-
eine monolithisch integrierte Schaltung, und das wendig waren, erfordern auch entsprechend mehr
Siliciumplättchen ging als Chip in den Sprach- Anschlusskontakte, Pins genannt. So integriert
gebrauch ein. Diese einfachen Booleschen Ver- man heute hochkomplexe Schaltungen in Gehäu-
knüpfungen bezeichnet man als Gatterfunktionen se, die mehr als 500 Pins besitzen können.
(engl.: Gates), da eine Information erst dann wei- Digitale Bauelemente werden in der Regel
terverarbeitet werden kann, wenn die Verknüp- nach Ihren Technologien bezeichnet, die sich
fungsfunktion erfüllt ist. Werden mehrere Chips meist hinter folgenden Abkürzungen verbergen:
in einem integrierten Schaltkreis (engl.: Integra- CMOS Complementary MOS
ted Circuit, IC) verwendet, so handelt es sich um ECL Emitter-Coupled-Logic
hybride Schaltkreise. FAST Fairchild-Advanced-Schottky TTL
HC(MOS) High-Speed-CMOS
I Unter einem monolithisch integrierten Schalt- HCT TTL kompatible HC-Bausteine
kreis versteht man die Zusammenfassung LSTTL Low-Power-Schottky TTL
mehrerer Gatterfunktionen auf einem Chip. MOS Metal-Oxide-Semiconductor
STTL Schottky TTL
Die ersten digitalen Schaltkreise umfassten
TTL Transistor-Transistor-Logik.
nur wenige Gatterfunktionen, wie UND und
Die Spannungen werden bei den Logikfami-
ODER, die auch noch heute in allen Logikfa-
lien im Allgemeinen mit dem Buchstaben „V “
milien zu finden sind. Diese Bausteine werden
angegeben (in manchen Datenbüchern auch mit
als Small Scale Integration (SSI)-Bauteile be-
dem Buchstaben „U “), wobei Indizes die angege-
zeichnet, da die Integrationsdichte auf dem Chip
bene Spannung bezeichnen. Die Festlegung und
gering ist. Steigt die Integrationsdichte, so spricht
Bezeichnungen der Spannungen für die logischen
man von Medium Scale Integration (MSI) und
Pegel zeigt Abb. 12.2.
Large Scale Integration (LSI) bis zu Very Large
Die einzelnen Spannungen bedeuten:
Scale Integration (VLSI). In neuester Zeit erlaubt
VIL Eingangsspannung für den Zustand
die Technik eine Integration von mehr als 1 Mio.
Low („0“)
J. Gutekunst () VIL max maximale Eingangsspannung für Low
E-Mail: jgutekunst@web.de VIL min minimale Eingangsspannung für Low
Beispiele
Digitale Bauelemente
Tab. 12.2 Geschwindigkeits-Leistungs-Produkt der Lo- Tab. 12.3 Logikpegel der einzelnen Familien
gikfamilien
Logikfamilie Pegel
Logikfamilie Geschwindigkeits- Typische Spannungen für
Leistungs-Produkt die logischen Zustände
HC=HCT 0,18 0 1
CMOS 0,25 TTL, STTL, LSTTL 0,5 V 3,5 V
TTL 150 FAST 0,4 V 3,5 V
FAST 255 CMOS 0,05 V 4,95 V
STTL 283 HC 0,1 V 4,9 V
LSTTL 363 HCT 0,1 V 4,9 V
ECL –1,7 V –0,9 V
abzüglich der maximalen Eingangsspannung für die aber mit dem Erscheinen der CMOS-Familie
den Low-Zustand (VIL max ). ebenfalls vom Markt verschwand.
Der Störspannungsabstand von logischen Die Kennzeichnung der TTL-Familien (und
Schaltkreisen ergibt sich aus den worst-case- auch der High-Speed-CMOS, siehe unten) er-
Spannungen für die logischen Zustände „1“ folgt auf den Bauteilen mit den führenden Buch-
und „0“. staben 74yyxxx (Industrieller Temperaturbereich
von 40 ı C bis C85 ı C) oder 54yyxxx (mi-
VHL D VIH min VIL max : (12.6) litärischer Temperaturbereich von 55 ı C bis
C125 ı C). Welcher der TTL-Familien der Bau-
Für die TTL-Familien ergibt sich mit den obigen teile zugeordnet werden muss, ergibt sich aus
Werten und Gl. 12.6 der Störspannungsabstand den nachfolgenden Buchstaben yy. Ist kein Buch-
zu stabe vorhanden, handelt es sich immer um die
VHL D VIH min VIL max ; Standard-TTL-Familie. Die nachfolgenden Zif-
VHL D 2;0 V 0;8 V ; fern xxx sind ein Schlüssel für die Funktion, die
VHLTTL D 1;2 V : in dem Bauteil realisiert ist. Tabelle 12.5 zeigt
eine Zusammenstellung von Familien und ihre
Die Low-Power-Schottky-TTL haben die Stan- Kennzeichnung auf den Bauteilen.
dard-TTL-Bauteile, wie sie Anfang der 60er Jah-
re vorgestellt wurden, gänzlich verdrängt. Der
wesentlich geringere Leistungsbedarf half auch 12.1.2 FAST
die Kosten für die erforderlichen Stromversor-
gungen zu senken. Auch andere Varianten der Die FAST-Familie (Fairchild-Advanced-Schott-
Standard-TTL-Familie hatten nur eine geringe ky-TTL) war eine konsequente Weiterent-
Lebensdauer. So wurde neben den Low-Power- wicklung der STTL-Familie durch die Firma
Schottky-Bauteilen auch eine High-Power-Fa- Fairchild. Durch die Entwicklung des Isoplanar-
milie (HTTL) entwickelt, die die Leistungsauf- II-Transistors konnte die notwendige Grundflä-
nahme und Geschwindigkeit der STTL-Familie che drastisch verringert werden.
nahezu erreicht, aber ohne die Schottky-Tran- Abbildung 12.9 veranschaulicht die Reduzie-
sistoren und Dioden auskommt. Ebenso wurde rung der notwendigen Chip-Fläche für einen
auch eine langsame störsichere Logik (LSLTTL) integrierten Transistor bei FAST. Ein weiteres
und eine Low-Power-TTL-Familie (LTTL) auf Merkmal ist die Verwendung von Siliciumdioxid
der Basis der Standard-TTL-Bauteile entwickelt, als Isolator, was eine Verminderung der seitli-
12 Digitale Bauelemente 583
12.1.3 CMOS
Abb. 12.11 Eingangsschaltung und Transfer-Charakteristik der CMOS-Bauteile bei verschiedenen Spannungen
schaften garantiert. Die Ruheleistung von 10 nW 0,05 V über dem Massepotenzial. Die Rausch-
pro Gatter bleibt dabei konstant. Mit zunehmen- spannungsabstände ergeben sich somit:
der Spannung verkürzen sich jedoch die Schalt-
zeiten und verbessern sich auch die Rausch- bei 5 V: VNM LowCMOS D 0;95 V ;
spannungsabstände. In Abb. 12.13 sind die cha- V NM HighCMOS D 0;95 V I
rakteristischen Grenzspannungen für drei unter- bei 10 V: VNM LowCMOS D 1;95 V ;
schiedliche Versorgungsspannungen (5 V, 10 V VNM HighCMOS D 1;95 V I
und 15 V) wiedergegeben.
bei 15 V: VNM LowCMOS D 2;45 V ;
Die Störspannungsabstände nach Gl. 12.6 sind
demnach V NM HighCMOS D 2;45 V :
Abb. 12.18 Eingangsschaltung und Transfer-Charakteristik der HC-Bauteile. a Typische Eingangsschaltung eines
HC Bausteins. b Transfer Charakteristik
Der Störspannungsabstand ergibt sich aus TTL-Familien garantieren jedoch eine minima-
Gl. 12.6. Auf die HC-Familie angewandt, erhält le Ausgangsspannung (worst case) von 2,5 V
man bzw. 2,7 V. Um diese Spannungslücke zu schlie-
ßen, wurde zusätzlich die HCT-Familie entwi-
UHL D 0;7 VCC 0;2 VCC ; ckelt.
(12.8)
UHL D 0;5 VCC : Bei der HCT-Familie steht der Buchstabe „T“
für den TTL-kompatiblen Eingang dieser Bautei-
Bei 5 V Betriebsspannung bedeutet dies eine le. Erreicht wird dies durch die Ankopplung der
Verdopplung des Störspannungsabstandes gegen- Eingangs-FET über eine Diode an die Versor-
über LSTTL. gungsspannung (Abb. 12.19).
Die Eingangsschaltung eines HC-Bauteils Mit dieser zusätzlichen Anpassung wird die
zeigt Abb. 12.18. Zwei Längswiderstände und HCT-Familie vollständig kompatibel zu den
zwei Dioden, von denen die zweite mit dem TTL-Familien. Allerdings wird durch die zusätz-
Widerstand verschmolzen ist, bilden eine Schutz- liche Schaltstufe die Schaltzeit (engl.: propaga-
schaltung gegen Überspannung durch statische tion delay) der Gatter geringfügig höher. Auch
Aufladung. geht der Störspannungsabstand VHL auf die Werte
Die Transfercharakteristik dieses Eingangs ist der TTL-Bauteile zurück (VHL D 1;2 V), wie aus
ebenfalls in Abb. 12.18 dargestellt. Die typische Abb. 12.20 zu entnehmen ist.
Umschaltspannung liegt bei 2,5 V. Unter ungüns- Eine enorme Steigerung erfährt jedoch der
tigen Bedingungen (z. B. hohe Umgebungstem- Rauschspannungsabstand des High-Zustandes.
peratur) kann diese jedoch von 2 V bis über 3 V Wie bei den HC-Bauelementen, liegt der High-
schwanken. Dieses Toleranzfeld ist im Schaubild Zustand des Ausgangs 0,1 V unter der Versor-
dargestellt. gungsspannung VCC . Davon abhängig ergibt sich
Die HC-Familie ist dabei, die sehr verbrei- nach Gl. 12.5:
teten LSTTL-Bauteile zu ersetzen. Doch dies
gelingt nicht ohne weiteres in allen Bereichen, VNM High D VOH min VIH min ;
da die unterschiedlichen Eingangspegel Anpas- VNM HighHCT D .VCC 0;1/ 2;0 :
sungsprobleme mit sich bringen. Dies gilt vor
allem für den High-Zustand. Dieser ist für Bei VCC D 5 V wird VNM HighHCT 2,9 V. Der
die HC-Familie bei 70% der Versorgungsspan- Versorgungsspannungsbereich der HCT-Familie
nung sichergestellt (für 5 V also bei 3,5 V). Die ist auf Grund der TTL-Kompatibilität einge-
12 Digitale Bauelemente 589
Abb. 12.19 Eingangsschaltung und Transfer-Charakteristik eines HCT-Bauteils. a Typische Eingangsschaltung eines
HCT-Bausteins. b Transfer Charakteristik
schränkt. Er liegt bei 4,5 V bis 5,5 V und lässt Sie sind durch ein nachfolgendes U (U: unbuf-
somit trotzdem eine höhere Toleranz als die TTL- fered) gekennzeichnet.
Bauteile zu (Abb. 12.4). Der Tri-State-Ausgang ist eine fünfstufige
Beispiele der gängigsten Ausgangsschaltun- Ausgangsschaltung (Abb. 12.21b), die durch eine
gen für HC- und HCT-Bauteile (sie unterschei- zusätzliche Steuerleitung hochohmig geschaltet
den sich nur durch die Eingangsschaltung) zeigt werden kann. Damit besitzt der Ausgang drei
Abb. 12.21. mögliche Schaltungszustände (Tri-State): Low-
Jeder Ausgang wird durch Schutzdioden ge- Pegel für die logische 0, High-Pegel für die logi-
gen statische Überspannungen von außen abgesi- sche 1 und hochohmig, was mit dem Buchstaben
chert. Die normale Ausgangsstufe (Abb. 12.21a) Z umschrieben wird. Der Z-Zustand des Aus-
stellt gleichzeitig eine Inverterstufe dar. Zur best- gangs erlaubt mehrere Ausgänge parallel auf eine
möglichen Entkopplung von Ein- und Ausgang Leitung zu schalten und zusammenzufassen.
werden in der Regel zwei (nicht invertierend) Den Open-Drain-Ausgang wendet man nur in
oder drei (invertierend) dieser komplementä- sehr wenigen Bauelementen an. Durch das Feh-
ren Schaltungen hintereinander geschaltet. Um len des komplementären Transistors kann dieser
kleinste Schaltzeiten zu erhalten, gibt es jedoch Ausgang nur die beiden Zustände 0 und Z einneh-
ein paar wenige Bauteile, die darauf verzichten. men (wenn der FET gesperrt ist, ist sein Ausgang
590 J. Gutekunst
und Rauschspannungsabstände wie HC=HCT in Taktfrequenzen von 30 MHz erzielt. Die 1968
Abb. 12.17 und 12.20. vorgestellte MECL III-Serie ist auch mehr als 20
Jahre später mit Taktfrequenzen über 500 MHz
und Schaltzeiten kleiner 1 ns die schnellste ver-
12.1.5 ECL fügbare Logik-Familie.
Diese enormen Schaltgeschwindigkeiten er-
Hinter der Abkürzung ECL (Emitter-Coupled- fordern abgeschlossene Signalleitungen (Trans-
Logic) verbirgt sich einst die schnellste Logik- mission-Lines), um Über- und Unterschwinger
familie. Praktisch hat sie heute auf Grund der durch Reflexionen zu vermeiden. Da diese in der
Weiterentwicklung der CMOS Bausteine keine Regel sehr niederohmig sind (50 bis 150 ),
Bedeutung mehr. Doch auf Grund der techni- müssen alle ECL-Bauteile in der Lage sein, eine
schen Besonderheiten soll der Vollständigkeit solche Übertragungsleitung zu treiben.
wegen in diesem Abschnitt auf diese Familie ein- Der Begriff emitter coupled („verbundene
gegangen werden. Emitter“) kommt vom Aufbau der Eingangs-
Ihr Hauptmerkmal ist, dass ihre Transistoren Differenz-Verstärker (Abb. 12.24).
im Gegensatz zu den anderen Logikfamilien nicht Sämtliche Eingangstransistoren sind emitter-
in die Sättigung gesteuert werden. seitig miteinander verbunden. Durch den gemein-
samen Emitter-Widerstand RE (779 ) fließt stets
I ECL war bis Ende der 90er Jahre die schnells- ein konstanter Strom. Sperren alle Eingangstran-
te Logikfamilie. ECL ist die einzige Logikfamilie, sistoren (Eingangspegel D 0), so muss der ge-
deren Schaltelemente (Transistoren) nicht in samte Strom durch den Differenz-Transistor T4
die Sättigung gesteuert werden. fließen. Dies ist nur möglich, wenn er durchge-
steuert ist, wobei seine Kollektorspannung eben-
Dieser ungesättigte Schaltvorgang hat den falls den Low-Pegel annimmt. Wird einer der
Vorteil, dass keine überschüssige Ladung ab- Eingangstransistoren T1 bis T3 durchgesteuert, so
transportiert werden muss, und somit die Schalt- nehmen diese den gesamten Strom auf und T4
zeiten sehr gering werden. sperrt. Der High-Zustand liegt nun auch am Aus-
Vorgestellt wurde diese Logikfamilie erstmals gang des Differenz-Verstärkers.
im Jahre 1962 von Motorola. Zu der Zeit wur- Man erkennt: Der Eingangs-Differenz-Ver-
den mit der MECL I-Serie (MECL: Motorola stärker wird stets vom Strom IE durch den Wider-
ECL) bereits Schaltzeiten von 8 ns und Flip-Flop- stand RE durchflossen. Diese konstante Strom-
592 J. Gutekunst
größe nicht mehr ausreicht und die Gehäuse- boten. Diese erlauben auf Grund ihrer kompakten
kosten zu hoch würden. Hochkomplexe Bautei- Bauform eine hohe Bestückungsdichte auf den
le (mit mehr als 100 Pins) besitzen daher ein Leiterplatten. In Abb. 12.27 sind die wichtigsten
Gehäuse, auf dessen Unterseite die Pins in ei- Gehäuseformen aufgezeigt.
nem Feld angeordnet sind (PGA-Gehäuse, Pin Flat-Pack-Gehäuse werden vor allem in der
Grid Array). Auch PLCC-Gehäuse (Plastic Lea- SMD-Technik (Surface Mounted Device) einge-
ded Chip Carrier) lassen durch einen Pinabstand setzt (Abschn. 1.9.3). Sie ermöglichen höchste
von 1;27 mm (1=20 Inch) an allen vier Kanten Packungsdichten auf den Leiterplatten und ge-
sehr hohe Pinzahlen zu. Inzwischen werden diese währleisten auch durch ihre kurzen Verbindungs-
PLCC-Gehäuse auch für die Gatterbauteile ange- wege ein Höchstmaß an Störsicherheit.
12 Digitale Bauelemente 595
Abbildung 12.28 zeigt den einfachen Aufbau I Ein Flip Flop speichert eine Zustandsinformati-
eines Flip Flops mit zwei UND Gatter mit inver- on ab: 1-bit Speicher.
tierendem Ausgang. Die Ausgänge werden dabei
über kreuz rückgekoppelt und erzwingen den sta-
bilen Zustand. RS Flip Flops werden häufig mit eine Taktein-
gang verknüpft. Dabei werden die beiden Set und
Reset Signale nur dann wirksam, wenn das Takt-
RS Flip Flop Diese einfachste Version eines signal diese frei schaltet. Abbildung 12.29 zeigt
Flip Flops wird auf Grund der beiden Eingän- neben dem Schaltsymbol (a) die dazu notwendige
ge R und S auch als RS Flip Flop bezeichnet Verknüpfungslogik (b) sowie das Pulsdiagramm
(RS D Reset=Set Flip Flop). Man spricht auch (c).
von einem ungetakteten oder asynchronen Flip Abbildung 12.30 zeigt eine weitere Möglich-
Flop. keit, das Flip Flop gezielt zu steuern.
Wird am SN Eingang eine „0“ angelegt solan- Diese Art der Taktverknüpfung wird auch oft
ge der RN Eingang auf „1“ ist, schaltet das obere als Enable bezeichnet, da nur während der High
UND Gatter ab und der Ausgang geht auf „1“, Periode des Steuereingangs E die Verknüpfung
da er negiert ist. Als Folge sind beide Eingänge gültig ist. Für E D 0 bleibt der Zustand des
des unteren Gatters auf „1“, so dass die ne- Eingangs D bedeutungslos. Das setzen des Flip
gierte UND Verknüpfung folgerichtig eine „0“ Flops erfolgt in diesem Beispiel durch E D 1
ergibt. Zurückgekoppelt auf das obere Gatter er- und D D 0, da durch die Invertierung des oberen
zwingt diese „0“ eine stabile „1“ am Ausgang. NAND Gatters die Setzbedingung des nachge-
Die Ausgänge Q und Q N nehmen demnach die Zu-
schalteten Flip Flops gegeben ist.
stände „1“ und „0“ ein.
Dieser Zustand bleibt stabil, auch wenn „0“
am Set Eingang wieder zurückgenommen wird. Synchrone Flip Flops Voraussetzung für syn-
Über den Reset Impuls R kann das Flip Flop chrone Flip Flops ist die Fähigkeit, den Ein-
wieder in seine Ausgangslage zurück gekippt gangszustand zu einer definierten Taktflanke zu
werden. Auch dieser Zustand verharrt, bis ein übernehmen. In diesem Fall spricht man auch von
nächster Set Impuls angelegt wird. einem taktflankengesteuerten Flip Flop.
12 Digitale Bauelemente 597
a
D d
& d
&
&
& Q
&
&
& Q
D &
C 1 1
c c
b c
c
D 1D Q
d
C Q
c
Die aktive Flanke kann dabei die ansteigende erwartenden Ereignis verbunden und der Daten-
Flanke oder die abfallende Flanke des Taktsi- eingang D auf beispielsweise logisch „1“ gesetzt.
gnals seins und ist von der verwendeten Schal- Erfolgt nun ein Flankenwechsel am Takteingang,
tung abhängig. Es erfolgt eine Differenzierung wird der Zustand des D-Eingangs übernommen
der Flanke unter Ausnutzung von Laufzeiten (sie- und abgespeichert. So lassen sich auch sehr kurze
he auch Abschn. 13.2). Die in Abb. 12.31 verein- Ereignisse „einfangen“.
fachte Schaltung nach dem Master-Slave Prinzip,
d. h. es sind 2 Flip Flop Kerne hintereinander ge-
schaltet, zeigt die Gewinnung des Schaltpunktes Toggle Flip Flop Darüber hinaus werden takt-
aus der abfallenden Flanke. Aus dem zugehörige flankengesteuerte Flip Flops in Zähler verwendet.
Pulsdiagramm ist zu erkennen, dass der Ein- Die einfachste Anwendung ist dabei als Takttei-
gangszustand von D mit jeder abfallenden Flanke ler durch eine Rückkopplung des Ausgangs Q N
übernommen wird um am Ausgang Q anliegt. auf den D Eingang. Mit jedem Taktimpuls wird
Flankengesteuerte Flip Flops haben eine große das Flip Flop umgesteuert, was ihm den Namen
Bedeutung beim Speichern von kurzen oder ein- Toggle Flip Flop aus dem Englischen eingebracht
maligen Ereignissen. Dazu wird der Takteingang hat. Abbildung 12.32 zeigt die Rückkopplung so-
nicht mit dem Takt selbst, sondern mit dem zu wie das daraus abgeleitete Pulsdiagramm.
598 J. Gutekunst
a
D
d d
&
&
&
&
C 1 Q
&
&
&
D &
1 Q
c c
b c
(D)
D Q
C
C Q Q
(Q)
a b c
J
& J
&
& Q
J 1J Q K
C C1 C
C
K 1K Q
& Q Q
&
K &
Q
JK-Master-Slave Flip Flop JK Flip Flops ha- Werden die beiden JK Eingänge auf „0“ ge-
ben ähnlich dem taktgesteuerten RS Flip Flop setzt, wird der letzte aktuelle Stand des Q Aus-
zwei Vorbereitungseingänge, die mit JK bezeich- gangs beibehalten. Es erfolgt keine Änderung
net werden. Ein JK Flip Flop ist immer flanken- mehr. Den Zusammenhang veranschaulicht auch
gesteuert und wird daher oft auch als JK-Master- nochmals Tab. 12.7.
Slave Flip Flop bezeichnet.
Der wesentliche Unterschied zum RS Flip
Flop ist die erweiterte Möglichkeit, beide Steue- 12.2.2 Zähler
rungseingänge auf „1“ zu setzen. In diesem Fall
arbeitet das JK Flip Flop als Toggle Flip Flop Flip Flops wie im Abschnitt zuvor beschrieben
und kann ebenfalls als Frequenzteiler eingesetzt sind die Grundbausteine für jede Zähleranwen-
werden. Abbildung 12.33 zeigt das Schaltsymbol dung. Dabei unterscheidet man grundsätzlich in
sowie das Zustandsdiagramm von Ein- und Aus- Asynchrone Zähler und
gängen. synchrone Zähler.
12 Digitale Bauelemente 599
Tab. 12.7 Ausgangsverhalten in Abhängigkeit der beiden Wechsel des nachfolgenden Flip Flops erst er-
Eingänge J und K folgen kann, wenn das Vorherige einen stabilen
Eingang J Eingang K Ausgang Q nach Taktwechsel Zustand erreicht hat. Abbildung 12.35 verdeut-
0 0 Q wird beibehalten licht diesen Zusammenhang.
0 1 0 Wie deutlich zu sehen ist, addieren sich die
1 0 1 Verzögerungszeiten bis zum letzten Bit. Praktisch
1 1 Q D C=2, Toggle Mode
bedeutet dies, dass der Zählerstand erst gültig ist,
nachdem das letzte Bit geschaltet wurde, bzw.
Q0 Q1 Q2 Q3
nachdem die Gesamtverzögerungszeit des Zäh-
lers abgelaufen ist.
Takt T T T T
Q t-valid D n tpd-FlipFlop Œns
(12.9)
Q0 Q1 Q2 Q3
Q0
1x t pd
Q1
2x t pd
Q2
3x t pd
Q3
4x t pd
Takt C1 C1 C1 C1
1K 1K 1K 1K
R R R R
Reset
Q0
1x t pd
Q1
1x t pd
Q2
1x t pd
Q3
1x t pd
zeigt.
12.3 Speicherbauteile
und Speicheraufbau
Q t-valid D 1 tpd-FlipFlop Œns
(12.10)
Für den Aufbau von Rechnern sind die Speicher
mit die wichtigsten Bauelemente. Dabei unter-
scheidet man zunächst in nicht flüchtige Speicher
In Abb. 12.37 ist dies dargestellt.
und flüchtige Speicher. Flüchtige Speicher verlie-
Die in Abb. 12.36 gezeigten JK Flip Flops
ren ihren Inhalt, wenn die Versorgungsspannung
werden bei synchronen Zähler in den Toggle
abgeschaltet wird. Sie werden als RAM (Random
Mode geschaltet (beide JK Eingänge D 1). Die-
Access Memory) bezeichnet und ermöglichen
se Bedingung ist für die Ausgänge Q2 und Q3
dem Benutzer Daten sowohl auszulesen als auch
nur dann erlaubt, wenn die vorherigen Schaltzu-
einzuschreiben.
stände „1“ sind. Im Pulsdiagramm Abb. 12.37 ist
das in den Takten T3 und T7 der Fall und spe- I Flüchtige Speicher verlieren ihren Speicherin-
ziell gekennzeichnet. Dies erklärt die zwei not- halt nach dem Abschalten der Versorgungs-
wendigen UND-Verknüpfungen der Schaltung in spannung. Sie werden als RAM (Random Access
Abb. 12.36. Memory) bezeichnet.
12 Digitale Bauelemente 601
Abb. 12.39 Grundelemente der wichtigsten Speicher. a Statische Speicherzelle, b statische MOS-Speicherzelle, c dy-
namische Speicherzelle
In der Zugriffszeit sind demnach auch die tegration sind dabei die bis heute erreichte maxi-
Durchschaltzeiten der Adressdekodierungen ent- male Chipfläche und die immer feiner werdenden
halten. Abbildung 12.39 zeigt die Grundelemente Strukturen auf dem Chip. (1,0 m und 0,8 m
der wichtigsten Speicher. feine Strukturen sind bei CMOS bereits Stand der
Abbildung 12.39a zeigt eine bipolare 2-Tran- Technik.)
sistor-Speicherzelle. Die Multiemitter-Transisto- Statische Speicher werden verwendet,
ren erlauben die Anwahl (Aktivierung) dieses wenn hohe Geschwindigkeiten und kein allzu
einfachen Flip-Flop-Kerns. Ist eine der Ansteu- großer Speicherbedarf erforderlich sind (kleiner
erleitungen (X oder Y) oder beide auf Null-Volt- 256 kByte). Ein typisches Beispiel dafür sind
Potenzial, so können die Emitterströme gegen Zwischenspeicher in Rechnersystemen, soge-
Masse abfließen, und die Speicherzelle ist deak- nannte Cache-Speicher, die eine Zugriffszeit von
tiviert. Erst wenn beide Leitungen auf „1“ sind, weniger als 5 ns besitzen. Dies ist nur durch
kann der Emitterstrom über die Datenleitung Dn den Einsatz bipolarer statischer RAM-Bautei-
abfließen. Der Nachteil bipolarer Speicher ist ihr le möglich. CMOS-RAM-Speicher hingegen
enormer Strombedarf (Abschn. 12.1, TTL und bieten wegen ihres geringen Ruhestroms und
ECL) und die damit verbundene Wärmeentwick- durch einen speziellen Standby-Mode (das Bau-
lung. Man findet sie deshalb nur in Sonderanwen- teil liegt an der Versorgungsspannung, wird aber
dungen. nicht aktiviert) die Möglichkeit, batteriegestützt
Ein wesentlicher Fortschritt bei der Energiebi- betrieben zu werden, so dass nach dem Aus-
lanz wurde mit der 6-Transistor-Speicherzelle in schalten der Versorgungsspannung die Daten
CMOS (Abschn. 12.1.3) erzielt. Auch sie stellt erhalten bleiben. In diesem Standby-Mode neh-
ein Flip-Flop dar, welches über die Datenlei- men die Bauteile nur wenige W Leistung auf
tungen Dn gesetzt und ausgelesen werden kann (Abschn. 12.3.3, Non Volatile RAM).
(Abb. 12.39b). Aktiviert wird der Speicherkern
durch die Wortleitung WL, an die mehrere Spei- Dynamischer RAM-Speicher Außer diesen
cherzellen angeschlossen sind. So können Spei- Flip-Flop-Speicherelementen eignen sich auch
cher 8 Bit breit organisiert werden und stellen in Kondensatoren zum Speichern von Informatio-
einem Schreib-Lesevorgang ein Byte (8 Bit) zur nen. Dieses Prinzip wird bei den dynamischen
Verfügung. Heute sind bereits mehr als 1 Milli- RAMs angewandt. Sie speichern ihren Inhalt in
on solcher Speicherzellen auf einem Chip inte- der Gate-Kapazität durch einen Transistor (1-
griert, was ca. 6 Millionen Transistorfunktionen Transistor-Speicherzelle). Die sehr geringen Ab-
entspricht. Die Grenzen für eine noch höhere In- messungen dieses Kondensators ermöglichen nur
12 Digitale Bauelemente 603
sehr kleine Kapazitäten von wenigen Femtofa- Der Aufbau des Speichers auf dem Chip er-
rad (fF: 1015 F). Aus diesem Grund muss der folgt in einer XY-Matrix. Dadurch kann mit Hilfe
Ladungsabfluss so gering wie möglich gehal- eines Dekoders jede Speicherzelle angesprochen
ten werden. Eine bipolare Lösung ist deshalb werden. Bei Speichern, die byteweise organisiert
undenkbar, weil die Leckströme der Transisto- sind (es werden immer acht Speicherzellen auf
ren zu groß sind. Deshalb werden dynamische einmal angesprochen), entfällt die X-Dekodie-
Speicher ausschließlich mit MOS-Transistoren rung auf der letzten Ebene, wie Abb. 12.40 zeigt.
gebaut (Abb. 12.39c). Trotzdem lässt sich ein Jede dieser Matrizen kann sich ihrerseits in
Ladungsabfluss nicht gänzlich vermeiden und einer übergeordneten XY-Matrix befinden, wo-
die Speicherzelle muss periodisch „aufgefrischt“ durch eine enorme Speicherkapazität erzielt wird.
werden. Dies geschieht etwa alle 10 ms. In die- Die Kontroll-Logik steuert den Adressbuffer so-
ser Zeit kann selbstverständlich kein Zugriff auf wie die Datenbuffer. Sie werden bei einem
den Dateninhalt erfolgen, weshalb die Speicher- Schreibbefehl als Eingangsbuffer geschaltet und
zellen im Durchschnitt langsamer werden. Ei- bei einem Lesebefehl als Ausgangstreiber.
ne Steuerlogik (engl.: refresh logic) sorgt dafür,
dass es zwischen dem Auffrischen der Speicher-
zelle und dem Datenzugriff keine Kollisionen 12.3.2 Nicht flüchtige Speicher
gibt.
Durch die Reduzierung der Speicherzelle auf Statische und dynamische Speicher zählen zu
nur noch einen Transistor ist der Platzbedarf den flüchtigen Speichern, da sie ihren Inhalt
gegenüber der statischen Speicherzelle drastisch verlieren, wenn die Versorgungsspannung abge-
gesunken. Höchste Packungsdichten sind mög- schaltet wird. Nicht flüchtige Speicher behalten
lich, so dass heute bereits Bauteile zur Verfügung dagegen ihre Information, auch wenn keine Be-
stehen, die mehr als 16 Mio. solcher Speicherzel- triebsspannung vorhanden ist. Dazu muss der
len auf einem Chip vereinen. Derartige Speicher Speicherinhalt durch einen von der Versorgungs-
werden vor allem in großen Massenspeichern spannung unabhängigen Prozess in das Spei-
eingesetzt, da sie trotz zusätzlicher Ansteuerlo- cherchip geschrieben werden. Dies erfolgt bei
gik (für die Auffrischung der Speicherzellen) sehr der Herstellung des Speichers oder durch spe-
preisgünstig sind. zielle Programmiergeräte im Labor (Ausnahme:
604 J. Gutekunst
EEPROM). Dies macht bereits deutlich, dass die Programmieren erfolgt durch das Einbinden „hei-
Informationen in dieser Art von Speichern im ßer“ Elektronen in die offene (isolierte) Basis des
Betrieb nur ausgelesen werden können, weshalb Zelltransistors, die bei einer Programmierspan-
man von einem Read-Only-Memory (ROM, Nur- nung von 12,5 V entstehen. Durch die kapazitive
Lese-Speicher) spricht. Bindung an diese Basis wird zusätzliche La-
Die interne Organisation der Lese-Speicher dung gebunden, was die Schwellspannung des
erfolgt wie bei den RAM-Speichern in einer XY- Transistors verändert. Gelöscht werden kann die-
Matrix (Abb. 12.40). Die Speicherkerne sind je- ser Vorgang nur durch ultraviolettes Licht, das
doch durch Speicherelemente der verschiedenen durch seine energiereiche Strahlung die Elektro-
ROM-Familien zu ersetzen. nen über diese Schwellspannung befördert. Da-
zu besitzen die EPROM auf der Oberseite des
Mask-ROM Beim Mask-ROM wird der Spei- Keramik-Gehäuses ein kleines Fenster, unter dem
cherinhalt während des Fertigungsprozesses direkt der zu bestrahlende Chip zu sehen ist. Im
durch den letzten Herstellungsschritt festgelegt. Betrieb wird zur Vermeidung von Datenverlusten
Dabei wird eine Maske aufgebracht, durch die dieses Fenster zugeklebt. Als Sonderform werden
nur bestimmte Verbindungen auf dem Chip zu- bei Kleinserien auch Kunststoffgehäuse verwen-
gelassen werden. Der Speicherinhalt wird so det, die kein Fenster haben, somit billiger sind,
nach den Angaben des Entwicklers direkt bei der aber nicht mehr gelöscht werden können.
Chipherstellung mit eingebracht. Dieses Verfah- Lange Zeit waren die EPROM Speicher als
ren wird nur bei sehr großen Stückzahlen und Massenspeicher in Steuerungen aller Art im Ein-
verhältnismäßig kleinen Speichern angewandt. satz. Mit Speicherkapazitäten von 8 MBit und
mehr konnten sie große Programme aufnehmen.
Nachteilig ist jedoch der aufwändige Lösch-
PROM Der PROM-Speicher (Programmable vorgang mit Hilfe einer UV Lampe, so dass
Read Only Memory) kann vom Benutzer selbst die EPROM immer mehr durch EEPROMS und
einmalig programmiert werden. Er hat in sei- Flash Speicher verdrängt wurden.
nen Speicherzellen kleine Sicherungen (engl.:
fuse links), die die Speicherzellen auf dem „1“- EEPROM Das EEPROM oder E2 PROM (Elec-
Zustand halten. Soll eine „0“ einprogrammiert trically Erasable Programmable Read Only Me-
werden, so wird diese Sicherung durch einen de- mory) basiert auf demselben Prinzip wie das
finierten Programmierstrom beim Programmie- EPROM. Die Rückführung der „heißen“ Elek-
ren zerstört (engl.: blow up). Abbildung 12.41 tronen erfolgt jedoch nicht durch ultraviolettes
zeigt eine einfache PROM-Speicherzelle im un- Licht, sondern durch eine Löschspannung, die ein
programmierten Zustand (die Sicherungen sind Überschreiben und Löschen des Bauteils im ein-
durch eine Wellenlinie dargestellt). gebauten Zustand ermöglicht. Dieses Rücksetzen
Außer den NMOS-PROM-Speichern (gerin- des Bauteils kann nicht beliebig oft erfolgen. Et-
ger Strombedarf) sind PROM-Speicher auch in wa 1 Mio. Schreibzyklen werden heute erreicht.
den bipolaren Technologien TTL und ECL (vgl. Danach sollte das Bauteil ausgetauscht werden,
Abschn. 12.1 und Abb. 12.38) erhältlich. Diese da die Datensicherheit nicht mehr gewährleistet
sehr schnellen Speicher werden deshalb auch für ist.
die Kodeumsetzung oder Datenkonvertierung be- Eingesetzt werden die EEPROM-Speicher
nutzt. dort, wo anlagen- oder gerätespezifische Daten
gehalten werden müssen (Firmware). Durch die
EPROM Im Gegensatz zum PROM ist der In- komfortable Möglichkeit eine Umprogrammie-
halt des EPROM-Speichers (Erasable Program- rung auch im eingebauten Zustand durchzufüh-
mable Read Only Memory) nicht irreversibel ren, finden sich diese Speicher heute in nahezu
eingebrannt, sondern kann mit Hilfe von ul- allen Mikrokontrollern. Ein Update kann so auf
traviolettem Licht wieder gelöscht werden. Das einfache Weise erfolgen.
12 Digitale Bauelemente 605
cherzelle lesen oder in sie schreiben. Vorausset- oder Vier-Tor-Speicher) i. a. konventionell und
zung dafür ist, dass beide Seiten nicht dieselbe durch eine externe Arbitrator-Logik aufgebaut.
Speicherzelle anwählen. In diesem Fall tritt die Das Problem ist dabei nicht die Integration auf
Arbitrator-Logik in Kraft, die dem ersten Zugrei- einem Chip, sondern vielmehr die Unterbrin-
fer Vorrang einräumt und dies dem zweiten durch gung der erforderlichen Anschluss Pins des Bau-
ein Steuersignal mitteilt (engl.: Busy-Signal). teils (pro Zugriffstor sind beim 1-kByte-Speicher
Dieser muss dann seinen Zugriff auf diese Spei- 22 Pins notwendig).
cherzelle wiederholen.
Dual-Port-RAM-Speicher gibt es heute bereits Non-Volatile-RAM Den Nachteil des Datenver-
in einer Größe von mehreren kBytes. Sie wer- lustes bei RAM-Speichern kann man durch eine
den dabei als Briefkastensystem für den Daten- zusätzliche Batterie vermeiden, da diese nach
austausch unterschiedlicher Rechner benutzt. So dem Abschalten der Versorgungsspannung das
können beispielsweise Zwischenergebnisse einer Bauteil weiter versorgen kann. Dabei spricht man
mathematischen Prozessorkarte abgelegt werden, von einem batteriegepufferten Speicher. Im Zu-
die anschließend von einem weiteren Rechner zur ge der Miniaturisierung wurden RAM-Bauteile
Weiterverarbeitung oder grafischen Darstellung entwickelt, die auf der Oberseite unter einem De-
abgeholt werden. Dabei arbeiten beide Rechner ckel zwei kleine Batterien beherbergen, so dass
völlig unabhängig voneinander. auf der Leiterplatte kein weiterer Platz für exter-
Sollen mehr als zwei Rechnersysteme auf ein ne Batterien zur Verfügung gestellt werden muss.
und denselben Speicher zugreifen, so werden die- So entstand das nicht flüchtige RAM (engl.: Non
se Mehr-Tor-Speicher (z. B. Drei-Tor-Speicher Volatile RAM).
12 Digitale Bauelemente 607
sation die äußeren Abmessungen des Speichers Gl. 12.11 sind für 2-MByte-Speicher
vor.
Speicher können intern bitweise (1 Bit breit), 2 MByte D 2 1:048:576 Byte oder
nibbleweise (4 Bit breit, also ein Halbbyte), byte- 2 MByte D 2:097:152 Byte
weise (8 Bit breit) oder sogar wortweise (16 Bit
notwendig. Jedes EPROM stellt 32 kByte, al-
breit) organisiert sein. Das bedeutet, dass bei der
so 32 kByte D 32:768 Byte zur Verfügung.
Anwahl einer Speicheradresse ein oder mehre-
Demnach werden für den Aufbau eines 2-
re Bits zur Verfügung gestellt werden. Tabel-
MByte-EPROM-Speichers
le 12.9 zeigt einen Überblick über die wichtigsten
Speicher und ihre mögliche interne Organisati- 2:097:152 Byte
ND D 64 Speicherbausteine
on. 32:768 Byte
Das Rechnersystem gibt die Anzahl der not-
benötigt. Würde man statt der 256-kBit-
wendigen Bits in einem Speicher vor, ebenso
Speicher Bauteile mit einer Größe von 4 MBit
den zur Verfügung stehenden Adressraum. Wer-
einsetzen, so verringert sich die Anzahl der
den beispielsweise EPROM-Speicher in einem
Bauelemente von 64 auf nur noch 8, da diese
Mikroprozessor-System (Abschn. 12.3) einge-
4-MBit-Bauteile 256 kByte (nicht kBit!) zur
setzt, so kann ihre byteweise Organisation direkt
Verfügung stellen.
ausgenutzt werden.
In der Praxis wird man darüber hinaus auch
den Platzbedarf und die Kosten eines solchen
Bauteils berücksichtigen.
Beispiel 12.2-1
Ein Speicher mit der Größe von 2 MByte
soll durch EPROM-Speicherbauteile aufge- 12.4 Mikrorechner
baut werden. Zur Verfügung stehen Bauteile,
die eine Größe von 256 kBit haben und byte- Die Idee, dem Menschen die Arbeit beim Um-
weise organisiert sind (Tab. 12.9). Es gilt die gang mit Zahlen zu erleichtern, verwirklichte be-
Anzahl der notwendigen Bauteile zu bestim- reits KONRAD Z USE (K. Z USE, geb. 1910) Ende
men. der dreißiger Jahre mit seinen ersten Rechenma-
schinen Z1 und Z2. Erst die Z3 brachte 1941 den
Durchbruch. Mit 600 Relais im Rechenwerk und
Lösung 1400 Relais im Speicherwerk war dies der ers-
Durch die byteweise Organisation der te vollfunktionsfähige 22-Bit-Rechenautomat der
Speicherbauteile stellen diese einen Speicher- Welt (Abb. 12.45).
raum von 32 kByte zur Verfügung (1 Byte D Für eine Multiplikation oder Division brauch-
8 Bit, 8 Bit 32 k D 256 kBit, was der Grö- te die Z3 damals rund 3 Sekunden. Nur 50 Jahre
ße des Speicherbauteils entspricht). Nach später erledigte dies ein 32-Bit-Mikroprozessor
12 Digitale Bauelemente 609
in weniger als 100 ns. Die Vielfalt der heu- Neue Bezeichnungen und Einheiten wurden
te zur Verfügung stehenden Mikrorechner zeigt notwendig, um die Leistung dieser neuen Bautei-
Abb. 12.46. le zu beurteilen. Im Folgenden sollen die wich-
Die rasante Entwicklung und die Möglichkeit tigsten erläutert werden.
zu höchsten Integrationsdichten auf einem Chip Die maximale Anzahl der bearbeiteten Ma-
verringerten die Abmessungen der Mikroprozes- schinenbefehle pro Sekunde wird in MIPS (Mil-
soren auf wenige Quadratmillimeter. lion Instructions Per Second) angegeben. Für
610 J. Gutekunst
die Rechner der kommenden Generation erwar- Abb. 12.46 Übersicht über die Mikroprozessoren
tet man Rechenleistungen, die bereits mit GIPS
(Giga Instructions Per Second) angegeben wer-
den können. 12.4.1 Mikroprozessoren
mehr als 200 Maschinenbefehle.) Er zählt somit abgeholt und in eine Sequenz von Mikrobe-
zu den CISC-Rechnern (Complex Instruction Set fehlen umgesetzt. Diese enthält die Zuweisung
Computer). der zu bearbeitenden Daten und die Ausfüh-
Die Arbeitsweise des Mikroprozessors ist rung der Rechenoperation durch das Rechen-
stackorientiert. Das bedeutet, dass der Prozessor werk, die ALU (Arithmetic Logic Unit). Vom
Zwischenergebnisse in einem reservierten Teil Ergebnis abhängig, setzt die ALU entsprechen-
des Hauptspeichers, also außerhalb des Mikro- de Flaggen (engl.: flags). Die wichtigsten hiervon
prozessors, ablegt. Dieser Speicherteil wird als sind:
Stapelspeicher oder Stack bezeichnet. Er ist so Overflow flag: Rechenergebnis ist größer als
angelegt, dass das letzte eingeschriebene Wort durch den Prozessor dargestellt
zuerst abgeholt werden muss (die Daten sind „ge- werden kann,
stapelt“). Sign flag: gibt das Vorzeichen an (0 positive
Zahl, 1 negative Zahl),
I Der Mikroprozessor arbeitet stack-orientiert. Zero flag: zeigt an, dass das Rechenergebnis
null ist,
Den Aufbau eines Mikroprozessors zeigt Carry flag: wird bei Ergebnissen gesetzt, die
Abb. 12.47. Es gibt das stark vereinfachte Block- einen Übertrag erfordern.
schaltbild eines 16-Bit-Mikroprozessors wieder. Das Ergebnis einer Rechenoperation kann so-
Die zwei wesentlichen Funktionseinheiten des wohl ein Datum (Wert) als auch eine Adresse
Mikroprozessors sind der Rechenkern (engl.: sein, auf die in der weiteren Verarbeitung zu-
Execution Unit) und die Schnittstelleneinheit gegriffen werden muss. Davon abhängig wird
(engl.: Bus Interface Unit). In der Schnittstellen- das Ergebnis über eine weitere Registereinheit
einheit gelangen ankommende Befehle zunächst der Schnittstelleneinheit an die eigentliche Bus-
in ein Schieberegister, die Befehls-Warteschlange Schnittstelle (engl.: Bus Interface) weitergege-
(engl.: instruction queue). Von dort werden sie ben und entweder auf den Daten-Bus oder den
über einen internen Bus vom Befehlsdekoder Adressbus gelegt.
612 J. Gutekunst
ten Programmierung in der Programmiersprache satz erstreckt sich beispielsweise von der Wasch-
BASIC. Neben diesen Speichern zeigt Abb. 12.50 maschinensteuerung bis zu verteilten Rech-
(rechte Hälfte) auch noch die Integration paralle- nern, bei denen Teilprobleme an unterschiedli-
ler und serieller Schnittstellen. chen Stellen sofort gelöst werden müssen. Dies
Da der interne Speicher begrenzt ist, kann kann beispielsweise die Messwertaufnahme und
über eine Bus-Schnittstelle zusätzlich ein exter- -bewertung in einer Fertigungsstraße sein. Ei-
ner Speicher angesprochen werden. nige Ein-Chip-Computer besitzen zu diesem
Ein-Chip-Computer sind heute vor allem in Zweck auch einen eingebauten Analog/Digital-
8-Bit- oder 16-Bit-Technik ausgeführt. Ihr Ein- Wandler.
614 J. Gutekunst
somit das gesamte Programm in allen Knoten- sind heute in der Lage, Transputer Programmie-
rechnern voraus. rung zu unterstützen.
Transputer eignen sich vor allem für die Ver-
I In parallelen Rechnersystemen ist in jedem arbeitung sehr großer Datenmengen. Dies ist
Knotenrechner das vollständige Bearbeitungs-
beispielsweise in Forschungszentren und bei der
programm vorhanden.
Simulation in Entwicklung und Konstruktion der
Fall.
Die Entwicklung digitaler Schaltungen stellt Nach dem Beschluss eines Entwicklungsvor-
heute immer höhere Ansprüche an den Planer. habens (Phase 1 abgeschlossen) muss man zu-
Die Qualität des Ergebnisses ist dabei von der nächst alle Anforderungen an die Entwicklung
Sorgfalt der Planung abhängig. Systematischen erfassen und als Spezifikationen beschreiben. Bei
Entwicklungsmethoden unterstützen dabei die umfangreichen Entwicklungen erstellt man i. a.
Herstellung komplexer Schaltungen. Ebenso mehrere Spezifikationen, um das Projekt über-
wie der Einsatz von modernen CAE- (Compu- sichtlich zu gestalten. Sie sind in einer überge-
ter Aided Engineering) und CAD-Werkzeugen ordneten Spezifikation, der Systemspezifikation,
(Computer Aided Design). Das Phasenmodell in zusammengefasst.
Abschn. 13.1 beschreibt eine mögliche Vorge- Im Wesentlichen unterscheidet man
hensweise. das Lastenheft und
das Pflichtenheft.
Das Lastenheft stellt dabei die Marktanforde-
13.1 Entwicklungsphasen rung dar. Es beschreibt die Anforderungen, die
notwendig sind, um ein marktgerechtes Produkt
Von der Idee bis zur realisierten Schaltung wer-
zu entwickeln.
den mehrere Entwicklungsphasen durchlaufen,
wie Abb. 13.1 zeigt.
Am Anfang jeder Entwicklung steht das Ent- I Das Lastenheft beschreibt die Anforderungen
wicklungsvorhaben (Phase 1), als Wunsch zur des Marktes.
Verwirklichung einer Idee. Um die Entwicklung
beginnen zu können, sind zuerst die Vorausset-
Im Lastenheft sind auch beispielsweise
zungen für eine erfolgreiche Durchführung zu
Zielvorgaben für Funktionen und Kosten nieder-
schaffen. Dazu gehören in erster Linie
geschrieben, sowie die Einsatzbedingungen des
die Finanzmittel,
Produktes. In der Regel wird dies durch Produkt-
die Personalmittel (Anzahl der notwendigen
management, Marketing oder Vertrieb erarbeitet.
Planer),
Aus dem Lastenheft wird das Pflichtenheft
die Sachmittel (Entwicklungsgeräte) und
abgeleitet. Das Pflichtenheft ist eine detaillierte
eine Zeitplanung.
Beschreibung der Aufgabe (auch Detailspezifika-
Ist eine dieser Bedingungen nicht erfüllbar, so
tion) und beschreibt den Lösungsweg.
ist das Entwicklungsvorhaben bereits in diesem
frühen Stadium gefährdet.
I Das Pflichtenheft ist die technische Vorgabe für
J. Gutekunst () den Entwickler, in der alle Informationen zur
E-Mail: jgutekunst@web.de Umsetzung in ein Produkt enthalten sind.
Hier sind beispielsweise auch Normen und lung, weshalb oft auch eine Machbarkeitsanaly-
Standards definiert, die für die Entwicklung not- se gefordert ist. Zwischen den einzelnen Phasen
wendig sind, oft aber dem Endanwender unbe- werden üblicherweise Meilensteine platziert, zu
kannt sind. Dies gibt auch gleichzeitig Anhalts- deren Zeitpunkt der korrekte Prozessfortschritt
punkte, welche Tests beispielsweise zur Produkt- überprüft wird.
freigabe durchzuführen sind.
Eine Detailspezifikation kann folgende Punkte Das V-Modell Ausgehend von den Entwick-
beinhalten: lungsphasen in Abb. 13.1 wurde das V-Modell
Definition der Schnittstellen (z. B. die Breite bereits Ende der 70er Jahre entwickelt. Das V-
des Adress- und Datenbusses zur Rechner- Modell entstand aus der Notwendigkeit, dass bei
schnittstelle), immer komplexeren Anforderungen die Überprü-
Definition der Ein- und Ausgangssignalpegel, fung der Ergebnisse in Bezug auf Einhaltung der
Definition der zu realisierenden Funktion, Anforderungen immer schwieriger wurde. Dies
Spezifikation der anzuwendenden Technologie wurde hauptsächlich durch die immer stärker
(z. B. Verwendung von SMD (Surface Moun- steigenden Anforderungen an Software getrieben
ted Devices), s. Abschn. 12.1.6), und dient in erster Linie der Qualitätssicherung.
Festlegung der Abmessungen der Baugrup- Ein wesentlicher Bestandteil des V-Modells ist
pe (z. B. Europaformat 100 mm 160 mm, die phasenweise Ableitung der Prüfkriterien. Da-
Doppel-Europaformat 233 mm 160 mm oder mit wird sichergestellt, dass die Anforderungen
ein anderes Maß der Leiterplatte), für die nächste Entwicklungsstufe auf geprüften
Einhaltung von landespezifischen Richtlinien, Ergebnissen beruhen. Abbildung 13.2 zeigt das
wie beispielsweise UL oder CE. V-Modell in vereinfachter Form.
Die den beiden Phasen beiden Phasen fällt Gut zu erkennen ist, dass die Erkenntnisse so-
die Entscheidung zur Umsetzung der Entwick- wohl aus den Tests in den einzelnen Phasen als
13 Entwicklung digitaler Schaltungen 621
Anforderungs- Testspezifikation
entwurf Abnahmetest
gegebenenfalls Korrekturen
Grobentwurf Systemtest
Detailentwurf Integrationstest
Modulentwicklung Modultest
Entwicklung Integration
auch aus der nach gelagerter Entwicklungsstufe unbenutzte Pins oder zwei gegeneinander ver-
in die einzelnen Entwurfsphasen zurückfließen. drahtete Ausgänge. Welche Funktionen heute ein
Dies stellt sicher, dass alle Anforderungen erfüllt CAE-Arbeitsplatz erfüllt, zeigt Abb. 13.3.
werden und am Ende ein markfähiges Produkt Die umfangreichen Programme zur Durchfüh-
entsteht. Ebenfalls ersichtlich wird die Tatsache, rung der einzelnen Entwicklungsschritte haben
dass mit steigender Komplexität der Aufwand dabei genau definierte Datenschnittstellen. Dies
für Test und Validierung während der Integrati- erlaubt den Datenaustausch der Programme un-
onsphase deutlich ansteigt (rechter Teil des V- tereinander. Besonders wichtig ist dies bei der
Modells). Entwicklung von Stromläufen und anschließen-
Mit Phase 3 in Abb. 13.1 (Detailentwurf nach der Erstellung der Leiterplatte (Layout).
Abb. 13.2) beginnt die eigentliche Entwicklung Das Entflechtungsprogramm zur Erstellung
der digitalen oder analogen Schaltung. Zu diesem der Leiterplatte benutzt dabei die vom Stromlauf
Zeitpunkt müssen genügend Informationen zur abgeleitete Netzliste, so dass diesem Programm
Verfügung stehen, um eine sichere Schaltungs- bereits alle Verbindungen bekannt sind. Die
entwicklung zu gewährleisten. Datenkanäle zwischen diesen Programmen las-
Bei der Schaltplanentwicklung stehen dem sen sich in beiden Richtungen benutzen. Wird
Entwickler heute eine Reihe von computerge- nachträglich etwas in den Stromlaufplan einge-
stützten Hilfsmitteln zur Verfügung, die unter fügt, das auch auf der Leiterplatte hinzuzufügen
dem Begriff CAE (Computer Aided Engineering) ist, so spricht man von Forward Annotation
zusammengefasst sind. Die Schaltplanerstellung (Vorwärtsmeldung). Umgekehrt können auch
erfolgt auf so genannten Workstations (sehr im Layoutsystem Änderungen vorgenommen
leistungsfähige Computer) mit Hilfe grafischer werden (z. B. Tauschen von Gattern gleicher
Eingabe-Programme (CAD, Computer Aided Funktion), was mit Backward Annotation (Rück-
Design). Diese Programme können heute neben meldung) wieder im Stromlauf übernommen
dem eigentlichen Stromlauf auch eine Verknüp- werden kann. Ein solcher CAE-Arbeitsplatz
fungsliste und eine Stückliste ausgeben sowie bietet in gleicher Weise eine Schnittstelle zu
eine umfangreiche logische und zeitliche Si- Simulationsprogrammen und erlaubt damit die
mulation digitaler und analoger Schaltungen Erstellung von Stücklisten.
durchführen. Einige Programme machen den Neben der logischen und zeitlichen Si-
Benutzer sogar bei der Schaltungseingabe auf mulation von digitalen Schaltungen führt der
etwaige Fehler aufmerksam, wie beispielsweise CAE-Arbeitsplatz in zunehmendem Maße auch
622 J. Gutekunst
Stromlaufentwicklung
Simulation
Netzlistenerzeugung
Leiterplatten -
entflechtung
Entwicklung ohne diese Hilfsmittel (Abb. 13.6a). Nachentwicklung, die erneut eine Testphase
Bei letzterer geht das Produkt mit einem höheren durchlaufen muss. Um dies zu vermeiden, führt
Anteil an Restfehlern auf den Markt. man zunehmend die Entwicklungsphasen von
Der Test einer Schaltung in seiner zukünftigen der Schaltplanerstellung bis zur Schaltungserpro-
Umgebung erfolgt in der 4. Entwicklungspha- bung auf dem Rechner durch und simuliert sie.
se. Hier werden erstmals die realen Ein- und Erst nach erfolgreichem Testabschluss erfolgt
Ausgangsbedingungen mit der Funktion auf die Überführung in die Serie (Phase 5). Hier muss
der entwickelten Karte zusammengebracht. Das der Planer die Möglichkeiten der Fertigung sei-
bis zu diesem Zeitpunkt als ideal angenomme- nes Produktes prüfen. Dabei sind folgende Krite-
ne Zeitverhalten hat sich nun auch unter dem rien zu erfüllen:
Einfluss äußerer Störgrößen wie z. B. der Elek- günstige Auswahl der Bauelemente (keine teu-
tromagnetischen Verträglichkeit (EMV) oder ren „Exoten“),
der Temperatur zu bewähren. Bei erheblichen Testbarkeit (evtl. sind in die Schaltung zusätz-
Mängeln erfolgt eine teure und aufwendige liche Testpunkte einzufügen) und
13 Entwicklung digitaler Schaltungen 625
a b
A=B
B
& D C
1
C
D
tpd
tpd
stand „1“ einnimmt) folgende Beziehung: T ), für die Zeit während der Laufzeit T (ge-
kennzeichnet durch T ) und für die Zeit danach
DDBC (gekennzeichnet durch T C). Zusammenfas-
j j send kann man die Schaltung folgendermaßen
N mit A D 1 und AN D 0
D D A A; beschreiben:
D D 0:
für T W N
D D A A; D D 0;
Wählt man das Eingangssignal A D 0, so für T W D D A A; D D 1;
wird wegen D D AN A der Ausgang D eben- für T CW D D AN A; D D 0 :
falls stets zu null (Absorptionsgesetz, s. Ab-
schn. 11.3.2). Dieses Beispiel zeigt, dass sich
die Boolesche Algebra nur für die Betrach- Der Einsatz des Pulsverfahrens ist für die-
tung von statischen (eingeschwungenen) Zu- sen Fall wesentlich einfacher und übersicht-
ständen eignet. Bei dynamischen Vorgängen, licher. Abbildung 13.9b veranschaulicht das
die von verschiedenen Laufzeiten abhängig Ergebnis, das sich sofort aus der Konjunktion
sind, muss bei der Erstellung der Booleschen der Signale B und C ergibt.
Gleichungen eine Zeitaufteilung erfolgen, wie Die Gatterlaufzeit des Inverters tpd hat da-
sie nachfolgend durchgeführt wird. bei einen maßgeblichen Einfluss auf die Breite
Betrachtet man die Laufzeiten durch die des Ausgangspulses. Oft reicht ein Inverter
Gatter, so zeigt sich, dass das invertierte Signal gar nicht aus, um einen Puls am Ausgang
um die Laufzeit T des Inverters später mit dem zu erzeugen, so dass man mehrere Inverter
unverzögerten Signal verknüpft wird. Für die- hintereinander schalten muss. Dies liegt dar-
se sehr kurze Zeit ist die UND-Verknüpfung an, dass neben der Gatterlaufzeit vor allem
des Ausgangsgatters wahr und am Ausgang die Anstiegs- und Abfallflanken des Pulses ei-
erscheint ein Puls. Wegen seiner Kürze be- ne Rolle spielen. Sie bewegen sich ebenfalls
zeichnet man ihn oft als Nadelpuls. Während in der Größenordnung der Gatterlaufzeit und
der Laufzeit T gilt für die Boolesche Verknüp- sind deshalb nicht zu vernachlässigen. Aus
fung der Eingangszustand des UND-Gatters: diesem Grund muss man von der idealisier-
ten Darstellung in Abb. 13.9 abgehen und die
D D A A; D D 1: typischen Flankenzeiten der tatsächlichen Pul-
se berücksichtigen. Abbildung 13.10 zeigt den
Die Beschreibung dieser Schaltung muss, wie Einfluss von unterschiedlichen Gatterlaufzei-
erwähnt, wegen der unterschiedlichen Lauf- ten (hier durch eine Aneinanderreihung meh-
zeit in drei Zeitabschnitten erfolgen: für die rerer Inverter realisiert) auf die Pulsbreite des
Zeit vor der maßgeblichen Gatterlaufzeit T Nadelimpulses. Die Abb. 13.10c sind mit einer
durch den Inverter (gekennzeichnet durch Oszilloskop-Kamera aufgenommen.
628 J. Gutekunst
Abb. 13.11 Überschwinger durch Bandbegrenzung. a Rechtecksignal auf bandbegrenzter Leitung, b Spektraldiagramm
der bandbegrenzten Leitung
I Die Übertragung digitaler Signale ist von der grenzten Signal. Abbildung 13.11 verdeutlicht
Steilheit der Schaltflanken abhängig und nicht diesen Einfluss in Abhängigkeit vom k-Faktor.
von der Taktfrequenz. Dieser gibt das Verhältnis der Leitungsbandbrei-
te zur Grundschwingung des digitalen Signals
Den Beweis dafür liefert die Fourier-Reihe an.
für periodische Signale. Außer der Grundschwin- Unabhängig von der Grundfrequenz sind in
gung (Periode) enthält diese, beispielsweise für Abb. 13.11 Leitungen aufgezeigt, welche nur die
ein Rechtecksignal, alle ungeraden harmonischen Grundfrequenz (k D 1) bzw. einen bestimmten
Schwingungsanteile (Abb. 13.11). Anteil an harmonischen Frequenzen übertragen
Die gewichteten Amplituden der Harmoni- (k D 3 bis k D 20). Die Begrenzung der Fourier-
schen fordern ein unendliches Frequenzspektrum Reihe und damit die Bandbegrenzung, ist in dem
für die Rechteckschwingung, wie Gl. 13.1 Spektraldiagramm darunter (Abb. 13.11b) durch
zeigt: Vielfache der Grundfrequenz f0 dargestellt.
1
Abbildung 13.11 zeigt eine weitere Eigen-
X 1 heit von Sprungantworten, die durch die Fourier-
y.x/ D A sin.2n 1/ x :
nD1
.2n 1/ Reihe wiedergegeben werden: Selbst bei Hin-
(13.1) zunahme weiterer Terme verschwindet der erste
Überschwinger nach dem Sprung nicht. Mit et-
Der hochfrequente Anteil eines digitalen Signals wa 9 % der Sprunghöhe (Amplitude) bleibt er
befindet sich also in dessen Schaltflanke. Kann bei allen Näherungen fast konstant. Dieses be-
eine Leitung nur Frequenzen bis zu einer be- zeichnet man als Gibbs’sches Phänomen. Es rührt
stimmten Höhe übertragen, so hat diese einen von einer Unstetigkeit der Rechteckkurve bei der
maßgeblichen Einfluss auf die Flankensteilheit, Bandbegrenzung her. Die Fourier-Näherung hat
und es entstehen Über- und Unterschwinger bei an dieser Stelle ihren größten Fehler mit 9 %.
den Übergängen von 0 auf 1, bzw. von 1 auf 0. Die Bandbegrenzung einer digitalen Leitung
In diesem Fall spricht man von einem bandbe- ist im Wesentlichen auf die Leitungskapazität
630 J. Gutekunst
und die Eingangskapazitäten der angeschlosse- sind. Der Leitwert G0 beschreibt den nicht
nen Gatter zurückzuführen. Für hohe Frequenzen idealen Isolator zwischen den beiden Leitungs-
wird dabei der Signalweg niederohmiger. Damit adern.
verdeutlicht sich auch der Einfluss der Anzahl der In dem vergrößert heraus gezeichneten, sehr
angeschlossenen Gatter auf die Übertragungs- kleinen Teilstück mit der Länge dx, sind die-
qualität des Signals (Abschn. 13.3.2.2). se typischen Elemente eingezeichnet. Entspre-
chend der homogenen Leitung sind alle Teil-
stücke dx und die sich darin befindenden Ele-
13.3.2 Reflexionen mente gleich. Da diese Teilstücke sehr klein sind,
spricht man vom Leitungsbelag, der die charak-
Neben der Bandbegrenzung digitaler Leitun- teristischen Verhältnisse pro Längeneinheit wie-
gen sind vor allem Leitungsreflexionen eine dergibt. Der Leitungsbelag wird folgendermaßen
häufige Ursache für Fehlfunktionen. Um Re- gemessen:
flexionen bei längeren Leitungen zu vermeiden, Kapazitätsbelag in pF=cm bzw. in pF=inch,
muss man die Gesetze der Hochfrequenztechnik Induktivitätsbelag in pH=cm bzw. in pH=inch,
für den Übertragungsweg anwenden. Für lange Widerstandsbelag in =cm bzw. in =inch.
Leitungen bedeutet dies einen entsprechenden Damit kann man eine Leitung unabhängig von
Leitungsabschluss (engl.: termination). Ist ei- ihrer Länge eindeutig beschreiben.
ne Übertragungsstrecke verhältnismäßig kurz, Mit Hilfe der Kirchhoff’schen Sätze und einer
so kann dieser Leitungsabschluss entfallen (Ab- anschließenden Differenzierung nach dx ergibt
schn. 13.3.2.2). sich die Telegrafengleichung
Da bei der Übertragung digitaler Signale vor al- auch der Reflexionskoeffizient Q der einspei-
lem der Einfluss hoher Frequenzen entscheidend senden Quelle ermitteln:
ist (Gl. 13.1), sind diejenigen Ausdrücke domi-
nant, in denen die Kreisfrequenz ! vorkommt. RQ Z0
Q D : (13.7)
Die Gleichstromgrößen R0 und G0 kann man RQ C Z0
vernachlässigen. Gleichung 13.3 vereinfacht sich
dann zu s RQ in Gl. 13.7 ist dabei der Ausgangswiderstand
j!L0 (Quellenwiderstand) der einspeisenden Schal-
Z0 D : (13.4)
j! C0 tung. Die Reflexionskoeffizienten werden zu null,
wenn die Leitung sowohl am Eingang als auch
In diesem Fall spricht man von einer verlustlosen am Ausgang angepasst ist. In diesem Fall gilt
Leitung.
RL D Z0 und RQ D Z0 : (13.8)
I Eine verlustlose Leitung hat nur frequenzab-
hängige Anteile (R0 D G0 D 0).
Die Reflexionskoeffizienten beschreiben die
Spannungsverteilung auf der Leitung. Analog
Der ideale Übergang am Ende einer Übertra-
hierzu lassen sich die Brechungsfaktoren bL und
gungsleitung lässt keinerlei Störung des Signals
bQ für die ausgekoppelte Spannung an den Enden
zu. In diesem Fall handelt es sich um eine ab-
bestimmen. Sie ergeben sich ebenfalls mit Hilfe
geschlossene Leitung und es gilt: RL D Z0
von Gl. 13.5. Für den Brechungsfaktor bL am
(RL ist der Abschlusswiderstand). Ist die Leitung
Leitungsende gilt
nicht mit dem Leitungswiderstand abgeschlossen
(RL ¤ Z0 ), so wird die Vorwärtsspannung U1
2 RL
am Leitungsende reflektiert. Dabei bestimmt der bL D : (13.9)
Reflexionskoeffizient die Höhe der reflektierten RL C Z0
Spannung Ur . Mit Hilfe des ohmschen Gesetzes
lässt sich der Reflexionskoeffizient folgenderma- und für den Brechungsfaktor bQ am Leitungsan-
ßen herleiten: Die Spannung am Abschlusswi- fang
derstand ist U1 C Ur , die gleich dem Produkt 2 RQ
bQ D : (13.10)
.I1 C Ir / RL sein muss. Da beide Spannungen RQ C Z0
auf der Übertragungsleitung anliegen, gilt weiter:
I1 D U1 =Z0 und Ir D Ur =Z0 . Das Minus- Die Brechungsfaktoren können Werte von 0 bis 2
zeichen zeigt dabei die zurücklaufende Welle an, annehmen. Dies bedeutet, dass bei einem Lei-
und für die Spannung am Abschlusswiderstand tungskurzschluss keine Spannung ausgekoppelt
gilt werden kann, und dass bei einem offenen Lei-
tungsende die Leitungsspannung zum Zeitpunkt
der Reflexion den doppelten Wert erreicht. Dieser
U1 Ur
U1 C Ur D RL : (13.5) Effekt kann für RL Z0 die Eingangsschal-
Z0 Z0
tungen mancher digitaler Bauteile zerstören (die
Der Reflexionskoeffizient L beschreibt das Ver- meisten sind jedoch durch Schutzdioden abgesi-
hältnis der reflektierten zur ankommenden Welle chert).
und ergibt sich deshalb mit Hilfe von Gl. 13.5 zu In Abb. 13.13 sind die vier Möglichkeiten ei-
nes Leitungsabschlusses am Ausgang nochmals
RL Z0 zusammengefasst. Nur für RL D Z0 erhält man
L D : (13.6)
RL C Z0 keine rücklaufende Welle.
Die rechte Spalte in Abb. 13.13 veranschau-
Analog zum Reflexionskoeffizienten L am Ab- licht zum Vergleich das Verhalten mechanischer
schlusswiderstand (Lastwiderstand) lässt sich Wellen eines Seiles. Auch für sie gelten die Re-
632 J. Gutekunst
flexionskoeffizienten nach Gl. 13.6. Beim offenen auf Z0 durch einen Längswiderstand erfolgt. Ab-
Ende addieren sich vor- und rücklaufende Welle bildung 13.14 zeigt eine nach Gl. 13.8 optimal
(doppelte Amplitude am Leitungsende), während angepasste digitale Leitung.
sie sich am festgebundenen Ende zwangsweise Bei einer angepassten Leitung ist neben den
aufheben und die rücklaufende Welle deshalb ne- Reflexionskoeffizienten und den Brechungsfakto-
gativ ist. Der Fall der Anpassung ist bei diesem ren auch der Einlauffaktor der Quelle aQ von Be-
mechanischen Beispiel durch die Ankopplung ei- deutung. Er beschreibt die eingekoppelte Span-
nes gleich dicken Seiles dargestellt. nung auf die Leitung. In Abhängigkeit von RQ ist
Um eine Leitungsanpassung bei digitalen Si- der Einlauffaktor stets 1. Es gilt:
gnalen zu erreichen, muss man den niedrigen
Ausgangswiderstand und den hohen Eingangs- Z0
aQ D : (13.11)
widerstand digitaler Bauelemente (Gatter, s. RQ C Z0
Abschn. 12.1) betrachten. Die Leitungsimpedanz
wird deshalb stets größer als der Ausgangswi- Die Anpassung von Leitungen hat den großen
derstand und kleiner als der Eingangswiderstand Nachteil, dass die Nutzsignale am Leitungsende
dieser Bauteile sein. Eine Leitungsanpassung am erheblich kleiner als die eingekoppelten Signale
Leitungsende erfolgt durch einen Parallelwider- sind. Für die ideale Einkopplung am Leitungsan-
stand zum Eingang des nachfolgenden Gatters, fang (Anpassung am Leitungsanfang, RQ D Z0 )
während die Erhöhung des Ausgangswiderstands wird der Einlauffaktor aQ D 0;5 und somit nur
13 Entwicklung digitaler Schaltungen 633
die halbe Spannung auf die Leitung eingekop- muss man neben den Pegeln auch den maximal
pelt. Damit steht bei einer ideal abgeschlossenen zulässigen Ausgangsstrom des treibenden Gatters
Leitung mit Z0 D RL ebenfalls nur die hal- betrachten und eine Verlustleistungsbilanz erstel-
be Spannung am Leitungsende zur Verfügung. len. Die Leitungsimpedanz darf deshalb den mi-
Allgemein ergibt sich die Ausgangsspannung U2 nimal zulässigen Ausgangswiderstand RQ nicht
in Abhängigkeit der Leitungsanpassung und der unterschreiten.
Eingangsspannung U1 , wobei Mehrfachreflexio-
nen ausgeschlossen sind: I Hinweis: Bei Mikrostrip-Leitungen kann man
U 2 D U 1 a Q bL durch Verändern der Leiterbahnbreite den
2 RL Z0 (13.12) Wellenwiderstand beeinflussen und gegebe-
U2 D U1 : nenfalls hochohmiger machen.
.RQ C Z0 / .RL C Z0 /
Da die logischen Pegel digitaler Signale
Unter Berücksichtigung des Störspannungs-
festgelegt sind (Abschn. 12.1), ist eine voll-
abstandes (Abschn. 12.1), ist auch eine definierte
ständige Leitungsanpassung ohne zusätzliche
Fehlanpassung am Leitungsende zulässig. Die
Leitungsempfänger nicht möglich. Um diesen
Pulsverformung (Über-=Unterschwinger) durch
zusätzlichen Aufwand zu vermeiden, verzichtet
die so entstehenden Mehrfachreflexionen dür-
man in der Regel auf eine Leitungsanpassung am
fen dabei keine weiteren Schaltvorgänge in
Leitungsanfang, was die vollständige Signalein-
den nachfolgenden Gattern auslösen. Abhängig
kopplung zur Folge hat (aQ D 1). Voraussetzung
von der Logikfamilie können Überschwinger
dafür ist, dass durch einen Leitungsabschluss
bis zu 20% toleriert werden. Eine Überprü-
am Leitungsende kein rücklaufendes Signal ent-
fung solcher Fehlabschlüsse erfolgt mit Hilfe
steht, das wegen Q D 1 Mehrfachreflexionen
des Lattice-Diagramms, mit dem allgemein das
hervorruft. Damit steht beispielsweise bei der
Pulsverhalten digitaler Signale auf einer Leitung
Einspeisung eines 5 V-Signals (z. B. Ausgang
beschrieben ist. Dabei werden die Reflexionsan-
eines High-Speed-CMOS-Gatters) am Leitungs-
teile an beiden Enden der Leitung überlagert, wie
ende der gesamte Pegel zur Verfügung, der direkt
nachfolgendes Beispiel veranschaulicht.
weiterverarbeitet werden kann.
I Bei einer abgeschlossenen Leitung kann eine
Beispiel 13.3-1
Anpassung am Leitungsanfang entfallen.
Auf eine Leitung wird ein Puls übertragen.
Allgemein ergibt sich damit für die Spannung Der Wellenwiderstand Z0 der Leitung beträgt
U2 am Leitungsende 50 und sie ist mit 80 abgeschlossen. Der
Ausgangswiderstand des Leitungstreibers be-
2 RL
U2 D U1 : (13.13) trägt 10 . Gesucht ist das Pulsverhalten auf
RL C Z0 der Leitung (Lattice-Diagramm) und die Puls-
Jedoch sind nicht alle Bauteile in der Lage, eine form am Eingang der nachfolgenden Schal-
abgeschlossene Leitung zu treiben. In diesem Fall tung.
634 J. Gutekunst
Tab. 13.1 Spannungsver- Laufzeit t Spannung im Punkt A Einkopplung Spannung im Punkt B Auskopplung
teilung auf der Leitung der normierten Spannung UA D 1 der gewichteten Eingangsspannung
0 aQ 0
tpd aQ aQ b L
2 tpd aQ C aQ b Q L aQ b L
3 tpd aQ C aQ b Q L aQ b L C aQ b Q L Q
4 tpd aQ C aQ b Q L C aQ b Q L Q aQ b L C aQ b Q L Q
5 tpd aQ C aQ b Q L C aQ b Q L Q aQ b L C aQ b Q L Q C aQ b Q L Q
den Reflexionskoeffizienten L und Q . Schließ-n gibt dabei an, wie oft das Signal nach Mehr-
lich gibt bL an, mit welchem Auskoppelfaktor diefachreflexionen an den Auskoppelpunkt ge-
Spannung am Leitungsende dem Verbraucher zur langt.
Verfügung steht. Neben diesen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen
In gleicher Weise gilt für den Spannungsver- sind in der Digitaltechnik vor allem verzweigte
lauf am Leitungsanfang Leitungen anzutreffen. Auch für diesen Fall lässt
hX1 i sich das Lattice-Diagramm entwickeln. Voraus-
UQ D UQ0 aQ Ln Qn1 bQ I setzung ist die Kenntnis der einzelnen Leitungs-
n1 impedanzen, dargestellt in Abb. 13.17.
für n D 0 (keine zurücklaufende Welle) Im Verzweigungspunkt entsteht eine Diskonti-
ist UQ D UQ0 : (13.15) nuität, die sich für alle Teilstrecken wie ein Fehl-
636 J. Gutekunst
b1 2 D b1 3 D b1 4 D b1 n D b1 ;
(13.18)
allgemein: bnm D bn :
Mit diesen Angaben lässt sich das Lattice- stand nicht. Die maximale Leitungslänge lmax
Diagramm nach Abb. 13.19 aufzeichnen. In lässt sich somit recht einfach bestimmen zu
Abb. 13.19b ist das Pulsverhalten an den vier
tS
Punkten A, B, C und D dargestellt. (Das Dia- lmax D : (13.19)
gramm wurde auf den Punkt A normiert.) 2 tpd
Abb. 13.19 Lattice-Diagramm und Pulsverhalten für Beispiel 13.3-2. a Lattice-Diagramm, b Pulsverhalten
Belastete offene Leitung Sämtliche digitalen (CL =Z0 ), von der Schaltflanke (tS ) und der
Bauelemente besitzen eine definierte Eingangs- Intrinsic-Laufzeit (tpd ) abhängig, wie Gl. 13.25
kapazität CL . Diese Eingangskapazität ändert zeigt:
die Eigenschaften der Signalleitung. Sowohl der
Wellenwiderstand Z0 als auch die Leitungslauf- 02 CL 0 t2
lmax C lmax 2S D 0 : (13.25)
zeit tpd sind davon maßgeblich betroffen. Für den C0 tpd
0
tatsächlichen Wellenwiderstand Z0 gilt
Da es keine negativen Leitungslängen gibt, ist die
0 Z0
Z0 D p (13.22) einzige Lösung der Gl. 13.25
1 C CL =C0
s
und für die tatsächliche Leitungslaufzeit 0 1 CL 1 CL2 tS2
lmax D C C : (13.26)
p 2 C0 2 C02 2
tpd
0
tpd D Z0 C0 1 C CL =C0 ;
0
p Wie wichtig diese Betrachtung der Leitungslänge
tpd D tpd 1 C CL =C0 : (13.23)
in Abhängigkeit von der angesteuerten Gatterzahl
Die beiden Gleichungen zeigen, dass der tat- ist, zeigt Tab. 13.3 am Beispiel der Streifenlei-
sächliche Wellenwiderstand Z 0 mit zunehmen- tung.
0
der kapazitiver Belastung abnimmt, und die tat-
0 Streifenleiter (Microstrip-Leitung) Die ge-
sächliche Leitungslaufzeit tpd zunimmt (C0 ist
die Intrinsic-Kapazität der Leitung und wird in bräuchlichsten Leitungen bei der Herstellung
pF=cm angegeben, CL ist die Summe der kapa- einer gedruckten Leiterplatte (engl.: PCB, Printed
zitiven Last der Gattereingänge). Damit verkürzt Circuit Board) sind die einfachen Streifenlei-
sich die maximale Leitungslänge lmax auf die tat- ter (Microstrip) und die Triplate-Streifenleiter
0 (Tab. 13.2 und Abschn. 1.9.2). Vor allem die Strei-
sächliche Leitungslänge lmax :
fenleiter gewinnen durch die Verwendung von
0 0
lmax D tS =tpd : (13.24) Multilayerplatinen (Mehrlagenleiterplatte) mit
zusätzlichen Masseebenen immer mehr an Be-
Setzt man Gl. 13.23 in 13.24 ein, so erhält man deutung (Abb. 13.20 und Abschn. 1.9.2).
für die maximale Leitungslänge eine quadra- Streifenleiter sind die typische Verbindung
tische Gleichung. Sie ist vom Verhältnis der auf zweiseitigen und mehrlagigen Leiterplatten.
Eingangskapazitäten zur Intrinsic-Kapazität Am gebräuchlichsten sind heute Materialien aus
13 Entwicklung digitaler Schaltungen 639
Koaxial-Kabel ZD 60
p ln D Der Wellenwiderstand koaxia-
"r d
ler Kabel wird meist von den
Herstellern bereits festgelegt.
Verdrillte Leitung ZD 120
p ln 2D Neben den geometrischen
"r d
(Twisted Pair-Leitung) Bedingungen hängt Z auch
von der Anzahl Schleifen pro
cm ab.
Zweiseitig geschirmter ZD 60
p ln 4b Wird nur in besonderen Fällen
"r d
Streifenleiter (Strip- 0;67 w .0;8C w / verwendet, wie beispielsweise
Leitung oder Triplate- in der HF-Technik.
Streifenleiter)
glasfaserverstärktem Epoxidharz. Sie haben bei- Die Intrinsic-Laufzeit tpd ist beim Streifenlei-
spielsweise die Bezeichnung FR-4 oder G-10 ter ausschließlich von der Permittivitätszahl "r
und bei einer Frequenz von 1 MHz eine typische abhängig. Die geometrischen Ausdehnungen ha-
Permittivitätszahl "r von 4,8 bis 5,4 (FR-4) und ben dabei keine Bedeutung. Es gilt
5,0 bis 5,4 (G-10). Der Wellenwiderstand einer p
Microstrip-Leitung ergibt sich nach Tab. 13.2 zu tpd D 0;0332 0;475 "r C 0;67 : (13.28)
87 5;98 h Für die weit verbreiteten glasfaserverstärkten
Z0 D p ln :
"r C 1;41 0;8 w C d Epoxidharzleiterplatten der Bezeichnung „FR-4“
(13.27) ("r D 5) erhält man so eine Intrinsic-Laufzeit tpd
von
Abbildung 13.21 zeigt einen Querschnitt durch
einen Streifenleiter. tpd-FR-4 D 0;0583 ns=cm: (13.29)
640 J. Gutekunst
Tab. 13.3 Leitungslängen in Abhängigkeit von der Anzahl Gatter (Werte gelten für eine Leiterbahnbreite von
0,254 mm)
Aufbau der Leiterplatte 2seitige Leiterplatte 4-Lagen-Multilayer
(Abstand der Leiterbahnen 1,5 mm) (Abstand der Leiterbahnen 0,3 mm)
Angekoppelte Gatter Logikfamilien
AC, AS, S HC, LS, ALS AC, AS, S HC, LS, ALS
(Schaltflanken: 2 ns) (Schaltflanken: 5 ns) (Schaltflanken: 2 ns) (Schaltflanken: 5 ns)
in cm in cm in cm in cm
1 13,02 37,89 14,60 39,90
2 10,07 33,54 12,47 37,15
3 8,01 29,80 10,73 34,61
4 6,59 26,59 9,33 32,28
5 5,51 23,86 8,18 30,14
6 4,73 21,54 7,25 28,19
7 4,13 19,56 6,48 26,41
8 3,67 17,86 5,84 24,79
9 3,29 16,40 5,32 23,31
Mehrebenen-Leiterplatten (Multilayer) Da
die Intrinsic-Laufzeit tpd nicht von den geo-
metrischen Abmessungen eines Streifenleiters diese Leitungen gelten in Abhängigkeit vom Ab-
abhängt, bleibt sie auch bei Mehrebenen- stand zur Masseebene die Gl. 13.13 bis 13.29.
Leiterplatten konstant. Dagegen ist der Wellen- Mit der Entwicklung immer schnellerer di-
widerstand Z0 der einzelnen Leitungen nach gitaler Schaltkreise hat die Bedeutung der
Gl. 13.27 vom Abstand der Leitung zur Mas- Leitungslängen auf gedruckten Schaltungen
seebene abhängig. Abbildung 13.21 zeigt einen zugenommen. So haben die heute üblichen Gat-
Querschnitt durch eine Vierlagen-Mehrebenen- terschaltungen (z. B. HCMOS, Abschn. 12.1.4)
Leiterplatte mit typischen Werten für die geome- Anstiegsflanken von 6 ns, neuere Gatterschal-
trischen Abmessungen. tungen, wie beispielsweise die Advanced-
Bei diesem Multilayer mit vier Ebenen wer- High-Speed-CMOS-Familien (Abschn. 12.1.4)
den die mittleren beiden Lagen als Spannungs- sogar nur noch 2 ns. Die Eingangskapazität der
versorgungsebenen ausgeführt. Lage 2 wird da- Gatter beträgt 5 pF (HC) und 4,5 pF (AC). In Ab-
bei als Masselage und Lage 3 als 5 V-Lage defi- hängigkeit von der Schaltflanke und der Anzahl
niert. Man erhält dadurch eine ganzflächige Ka- der angesteuerten Gatter lässt sich mit Gl. 13.26
0
pazität, die wegen fehlender Induktivitätsanteile die maximale Leitungslänge lmax bestimmen. Für
sehr gute Hochfrequenzeigenschaften besitzt. Die n D 1 bis 10 sind diese in Tab. 13.3 zusammen-
äußeren beiden Lagen sind die Signallagen. Für gefasst.
13 Entwicklung digitaler Schaltungen 641
Beispiel 13.3-3
Eine Rechnerkarte mit Speicher soll entwi-
ckelt werden. Der Daten- und Adressbus führt
zu insgesamt 6 Speicherbauteilen und zu ei-
nem Bustransceiver, der die Peripherie steuert.
Um zwischen den Anschlusspunkten der Bau-
elemente hindurchfahren zu können, wählt
man eine Leiterbreite von 0,5 mm (Dicke
d D 17 m). Die Speicherbauteile haben
eine Eingangskapazität von CL D 4 pF,
der Bustransceiver von CL D 5 pF. Bei ei-
ner Taktfrequenz von f D 12 MHz treten
Schaltflanken von 3 ns auf. Die Karte ist als Abb. 13.22 Leitungseinkopplung über Widerstände
Multilayer (FR-4) mit vier Lagen ausgeführt,
wobei die Signallagen zu den Spannungslagen
einen Abstand von h D 0;3 mm haben. Die (Abschn. 12.2) reicht dieser Platz gerade noch
maximale Buslänge ist zu bestimmen und das aus (Gehäusebreite: 1,5 cm).
je Auskopplung notwendige Teilstück.
Dieses Beispiel und die Tab. 13.3 zeigen, dass
Lösung die maximale offene Leitungslänge vor allem von
Nach Gl. 13.27 erhält man für den Wellenwi- der Schaltflanke tS in Verbindung mit der kapa-
derstand der Leitung Z0 D 50;14 . zitiven Last CL abhängt. Soll auch bei größeren
Mit Hilfe der Gln. 13.29 und 13.19 für Schaltungen von einem Leitungsabschluss abge-
die konstante Intrinsic-Laufzeit erhält man die sehen werden, oder werden sehr viele Bauteile
Intrinsic-Kapazität C0 : von einer Leitung aus angesteuert, so kann mit
Hilfe eines Längswiderstandes RQ die Schalt-
C0 D tpd =Z0 D 1;1 pF=cm: flanke abgeflacht werden. Die Leitungskapazität
C0CL (Intrinsic-Kapazität plus alle Eingangska-
Die kapazitive Last CL der Leitungen ergibt pazitäten) und der Längswiderstand RQ (Quel-
sich aus der Summe der Eingangskapazitäten lenwiderstand) bilden dabei ein Zeitglied:
zu
L D RQ Cgesamt : (13.30)
CL D 6 4 pF C 5 pF D 29 pF:
RQ ist dabei identisch mit dem Einkoppelwider-
Damit sind alle notwendigen Größen zur Län- stand RQ bei Leitungsanpassung in Gl. 13.7.
genbestimmung bekannt, und Gl. 13.26 ergibt Daher gelten auch die entsprechenden Gleichun-
0
schließlich lmax D 15;73 cm. gen für den Einkoppelfaktor aQ und das Span-
Da an diesen Bus insgesamt sieben Bau- nungsverhalten auf der Leitung. Um die Ein-
teile angeschlossen werden, steht zwischen koppelverluste möglichst klein zu halten, sollte
den Anschlüssen eine durchschnittliche Ver- RQ deutlich kleiner als der Wellenwiderstand der
bindungslänge dx von dx D 15;73=7 D Leitung gewählt werden. Damit sind die Mög-
2;25 cm für die Bauteile zur Verfügung. Für lichkeiten einer „Leitungsverlängerung“ einge-
heute übliche Speicher im DIL 28-Gehäuse schränkt. Abbildung 13.22 zeigt den Adressbus
642 J. Gutekunst
eines Mikroprozessor-Systems, bei dem über Wi- nen sind. Nur sehr schnelle Oszilloskope sind in
derstände eingekoppelt wird. der Lage, diese kurzen Ereignisse sichtbar zu ma-
chen.
Besonders in flankengetriggerten Systemen
13.4 Störfreier Entwurf können Glitches zu Fehlfunktionen führen.
digitaler Schaltungen Damit wird deutlich, dass Glitches in zustands-
(Glitch-Free-Design) gesteuerten Netzwerken, die auf Pegel reagieren,
kaum Schaden anrichten. Überall dort, wo Zu-
Nach der ausführlichen Erläuterung der Schal- stände mit einer Flanke (egal ob positiv oder
tungssynthese (Entwicklung und Aufbau einer negativ) übernommen werden, können sie die
Schaltung) und deren Optimierung in den vorigen prinzipielle Funktion der Schaltung blockieren.
Abschnitten sollen in diesem Abschnitt die mög-
lichen Störungen behandelt werden, die durch Entstehung der Glitches Glitches entstehen
eine Schaltungsminimierung auftreten können. durch Laufzeitunterschiede in den einzelnen
Die Minimierung einer Schaltung bedeutet Schaltungsteilen. Sind die Verknüpfungswege
stets die Realisierung der Funktion mit gerings- der einzelnen Eingangsvariablen beispielsweise
tem Aufwand. Dabei lässt man die dynamischen unterschiedlich lang, so kann bis zur Gültig-
Schaltvorgänge und die Gatterlaufzeiten zu- keit des Ergebnisses der Ausgang für kurze Zeit
nächst außer Acht. Um die Funktion unter einen anderen Zustand einnehmen und erzeugt
realen Bedingungen zu gewährleisten, muss man so einen Glitch. Laufzeitunterschiede können vor
die Schaltung nicht nur auf ihre logische Ver- allem durch unterschiedlich komplexe Signal-
knüpfung hin, sondern auch auf ihr zeitliches zweige entstehen. Bereits bei der Entwicklung
Verhalten hin optimieren. Zur Vermeidung von von Schaltungen muss man darauf achten, dass
Fehlfunktionen ist deshalb besonders auf den die Signallaufzeit in allen Zweigen annähernd
Ausgleich von Gatterlaufzeiten zu achten. gleich ist. Abbildung 13.23 zeigt zwei Schal-
Deshalb fügt der Planer oft nach der Mini- tungsvarianten, die beide derselben Booleschen
mierung wieder zusätzliche Bauteile (redundante Verknüpfung genügen. In Abb. 13.23a treten
Bauteile) ein. Redundante Bauteile haben keinen jedoch erhebliche Laufzeitunterschiede zwi-
Einfluss auf die Booleschen Gleichungen, sind al- schen den Signalen auf, wie die Tabelle für die
so logisch neutral. Sie beeinflussen jedoch durch Punkt-zu-Punkt-Laufzeit zeigt. Durch partielle
zusätzliche Gatterlaufzeiten das Zeitverhalten der Verknüpfung werden diese in Teilbild b vollkom-
Schaltung. Eine zeitliche Anpassung durch re- men ausgeglichen, so dass alle Eingangssignale
dundante Bauteile wird dann notwendig, wenn dieselben Laufzeiten bis zum Ausgang erhal-
Laufzeitunterschiede so genannte „Glitches“ ent- ten.
stehen lassen. Das Beispiel in Abb. 13.23 zeigt den
Unter Glitches versteht man sehr kurze Stör- Ausgleich von Laufzeitunterschieden ohne re-
pulse, die sowohl positiv (während einer logi- dundante Bauteile. Auch die Verwendung von
schen „Null“) als auch negativ (während einer verschiedenen Logikfamilien (z. B. Schottky und
logischen „1“) entstehen können. Obwohl sie nur LSTTL, Abschn. 12.1) innerhalb einer Schaltung
wenige Nanosekunden lang sind, können sie die kann wegen ihrer unterschiedlichen technischen
nachfolgenden Gatter zum Umschalten veranlas- Eigenschaften (z. B. Schaltgeschwindigkeit oder
sen. Da diese Glitches ungewollte Signale sind, Logikpegel) Glitches verursachen.
sorgen sie immer für eine Störung im digitalen
Signalablauf. Beispiel 13.4-1
Sie bestehen im Wesentlichen aus einer anstei- Die Variablen A, B, C und D treten am Aus-
genden und einer abfallenden Flanke (die Puls- gang eines Registers stets zum gleichen Zeit-
breite ist vernachlässigbar klein), wodurch sie mit punkt auf (sie sind durch das Register syn-
normalen Messmethoden oft gar nicht zu erken- chronisiert). Die Variable D soll dabei das
13 Entwicklung digitaler Schaltungen 643
Abb. 13.23 Vermeidung von Laufzeitunterschieden. a Sequentielle Verknüpfung der Eingangsvariablen A bis D, b Par-
allele Verknüpfung der Eingangsvariablen A bis D
Abb. 13.24 Störunterdrückung durch redundante Bauelemente. a Verknüpfung mit unterschiedlichen Laufzeiten,
b Verknüpfung mit Ausgleich der Laufzeiten
Kamera aufgenommenen Glitch. Das obere in der sehr komplexen Dekodierung einer
Signal entspricht dabei dem Freigabesignal D. Speicheradresse, die auf dem Chip in einen
Auf dem Foto in Abb. 13.25 ist deutlich Spalten- und Reihenvektor umgesetzt wird
zu erkennen, dass der Glitch erst dann ent- (Abschn. 12.3). Das nachfolgende Beispiel
steht, wenn das Freigabesignal D den logi- verdeutlicht die entstehenden Laufzeitunter-
schen Zustand 1 erreicht hat. Von da an dau- schiede.
ert es etwa 12,5 ns, bis die Verknüpfung von
A, B und C wieder die Null bewirkt. Die
Ursache des Glitches liegt im Laufzeitunter- Beispiel 13.4-2
schied zwischen der Verknüpfung und dem Am Beispiel einer Schaltung, die einen Spei-
Freigabesignal D. Dieser lässt sich durch das cher mit einer Taktfrequenz von 1 MHz aus-
Angleichen der Laufzeiten vermeiden, wie in liest, sollen die Laufzeitunterschiede inner-
Abb. 13.24b zu sehen ist. Dabei fügt man in halb von Bauelementen aufgezeigt werden.
die Freigabeleitung D zwei Inverter als re- Man betrachtet dabei nur eine Datenleitung
dundante Bauelemente ein. Für den logischen der Schaltung (Abb. 13.26), die ein Pulsmus-
Zustand des Signals verhalten sie sich neutral, ter zur Verfügung stellen soll. Der Ringzähler
zeitlich werden jedoch zwei Gatterlaufzeiten sorgt dafür, dass sich dieses Pulsmuster stän-
hinzuaddiert. Damit entspricht die Signallauf- dig wiederholt.
zeit für D in etwa der Verknüpfungszeit der Möchte man nun eine „0“ für die Dau-
NOR-Gatter. er von 20 Taktzyklen auslesen, so muss der
Nicht nur der eigene Entwurf einer Schal- Ringzähler 20 Speicherzellen nacheinander
tung enthält Quellen, aus denen Glitches ansprechen, die eine Null enthalten. Durch
entstehen können; auch käufliche Bauelemen- die Zeilen-=Spaltendekodierung innerhalb des
te können unterschiedliches Laufzeitverhalten Speichers entstehen unterschiedliche Lauf-
aufweisen. Am deutlichsten wird dies bei zeiten zu den adressierten Speicherzellen.
großen Speicherbauteilen. Dort zeigen sich Erst im eingeschwungenen Zustand (alle De-
zum Teil erhebliche Unterschiede in der kodierlaufzeiten sind verstrichen) liegt am
Zugriffszeit auf die verschiedenen Speicher- Ausgang der Inhalt der angewählten Speicher-
zellen und deren Inhalt. Dies liegt vor allem zelle. Während des Dekodiervorgangs kann
13 Entwicklung digitaler Schaltungen 645
Cosinus-Schwingungen. Unabhängig von den Gleichungen in Gl. 13.36 ein, so ergibt sich für
Phasenverschiebungen sei mit Hilfe der trigo- den Durchlassbereich des Tiefpasses die Diffe-
nometrischen Produktformel in Gl. 13.36 die renz der beiden Phasen:
Zurückführung der Multiplikation auf eine einfa-
'P D 'v 'Ref : (13.38)
che Addition bzw. Subtraktion gezeigt. Es gilt
Aus der Phasendifferenz 'v !Ref lässt sich die
cos.x/ cos.y/ Steuerspannung Ua am Ausgang des PD-Gliedes
1 ableiten. Mit den obigen Gleichungen erhält man
D .cos .x y/ C cos .x C y// :
2 nun die Beziehungen für die Übertragungspara-
(13.36) meter K einer Phasenregelschleife:
Abb. 13.29 PD-Glied vom Typ 2. a EXOR Verknüpfung, b 0ı Phasenverschiebung, c 90ı Phasenverschiebung, d 180ı
Phasenverschiebung
Abb. 13.31 Unsymmetrische Eingangssignale beim PD-Typ 2. Gleiche Tastverhältnisse TQ bei unterschiedlichen Pha-
senlagen ' von d1 und d2 . a ' D 0ı , b ' D 90ı , c ' D 0ı < ' < 90ı
650
Abb. 13.34 Eingerasteter PLL vom Typ 3. Tastverhältnisse TQ am Ausgang Q des PD-Typs 3 in Abhängigkeit von
unterschiedlichen Phasen '. a ' D 180ı , b ' D 30ı , c ' D 340ı
652
wird. Dies ist bei einem Tastverhältnis von 50% der Funktionsweise dieses PD-Gliedes vom Typ 4
der Fall. seien folgende vier Fälle betrachtet:
Nähern sich die beiden Eingangsfrequenzen a) Frequenzgleichheit mit Phasenvoreilung,
an, so tritt eine Wechselwirkung zwischen der b) Frequenzgleichheit mit Phasennacheilung,
Phasensensitivität und der Frequenzsensitivität c) Referenzfrequenz d1 > d2 ,
auf. Das Tastverhältnis TQ ändert sich periodisch d) Referenzfrequenz d1 < d2 .
zwischen 0% und 100%. Dabei verursacht der Sind beide Eingangssignale d1 und d2 gleich,
Phasensprung von 360ı auf 0ı ebenfalls einen so bereitet im Fall a) die positive Flanke des Re-
Sprung in der Steuerspannung, so dass der VCO ferenzsignals d1 den „UP“-Ausgang vor. Mit der
mit einer sägezahnförmigen Spannung modu- negativen Flanke von d1 wird dieser dann auf
liert wird (Abb. 13.35). Da keine negativen null gesetzt. Die negative Flanke von d2 setzt
Frequenzen entstehen können, ergibt sich die ihrerseits wieder das Ausgangssignal „UP“ auf
Frequenz der Sägezahnspannung aus j!1 !2 j. eins. Die Pulsbreite entspricht dabei dem zeitli-
Dies hat zur Folge, dass man bei annähernd glei- chen Versatz der beiden Signale (Phasenablage).
chen Eingangsfrequenzen der VCO aufgrund der Der „DOWN“-Ausgang bleibt während dieser
Steuerspannung nicht unterscheiden kann, wel- Zeit ständig auf eins. Da das PD-Glied vom Typ
ches der beiden Signale d1 oder d2 die höhere 4 mit negativer Logik (der Zustand „0“ wird als
Eingangsfrequenz besitzt. Deshalb tritt beim PD- „wahr“ angenommen) betrieben wird, steht die
Typ 3 in der Nähe des eingerasteten Zustandes „1“ am „DOWN“-Ausgang für den inaktiven Zu-
ein nicht exakt definierbarer Bereich auf. stand. Die Mittelung des inaktiven Ausgangs mit
Die Erweiterung des Typs 3 führt schließlich dem gepulsten „UP“-Ausgang zieht den VCO in
zum PD-Glied vom Typ 4. Der PD-Typ 4 be- seiner Frequenz nach oben (engl.: up). Dies er-
steht im Wesentlichen aus zwei RS-Flip-Flops folgt solange, bis der Phasenfehler ausgeglichen
(Reset=Set-Flip-Flops) und zwei nachgeschalte- ist. Analog dazu pulst im Fall b) der Ausgang
ten Latches („transparentes“ Speicherelement). „DOWN“. Er wird durch die positive Flanke von
Die Latches werden durch NAND-Gatter reali- d1 , während d2 eins ist, vorbereitet. In diesem
siert, wie Abb. 13.37 zeigt. Fall bleibt der Ausgang „UP“ ständig auf eins
Die beiden Ausgänge dieses PD-Typs werden (inaktiv).
mit „UP“ und „DOWN“ bezeichnet und ziehen Sind die beiden Eingangsfrequenzen d1 und d2
den VCO in die entsprechende Richtung. Die unterschiedlich groß, so erkennt das PD-Glied,
Steuerspannung gewinnt man dabei aus dem Mit- an welchem Eingang sich die höhere Frequenz
telwert der beiden Steuersignale. Zur Erläuterung befindet. Im Fall c) d1 > d2 wird der „UP“-
654
1Cj ! R2 C 1Cj ! R2 C
F .j !/ D 1
1Cj ! R C 1Cj ! C.R1 CR2 /
1
j! RC j ! R1 C
Kennlinie U U U U
ω ω ω ω
c) Wie reduziert sich die Ausgangsbelastung samt 18 Flip-Flop-Bauteile an, die eine Eingangs-
der Schaltung bei Anpassung am Leitungsan- kapazität von 4 pF besitzen. Die Schaltung ist
fang? auf einer Multilayer-Karte (FR-4) aufgebaut. Die
d) Ist diese eingangsseitige Leitungsanpassung Leiterbahnen haben eine Breite von 0,5 mm und
auch bei einem Wellenwiderstand von Z D einen Abstand von 0,3 mm zur Massefläche.
100 möglich? a) Wie groß ist der Wellenwiderstand der Lei-
tungen?
Ü 13-6 Zur Übertragung eines Fernsehsignals
b) Wie groß ist die Intrinsic-Kapazität der Lei-
wird ein 75 Koaxial-Kabel verwendet. Die Ein-
tung?
speisung in das Kabel erfolgt durch einen spezi-
c) Wie groß ist die gesamte kapazitive Last?
ellen Treiber ohne Anpassung. Das Kabelende ist
d) Welche maximale Leitungslänge ergibt sich
mit einem 68 -Widerstand abgeschlossen.
daraus?
a) Wie groß ist der Einlauffaktor aQ ?
e) Wie groß dürfen demnach die mittleren Lei-
b) Wie groß sind Brechungsfaktor und Reflexi-
tungslängen zwischen den Bauteilen sein? Ist
ons-Koeffizient am Leitungsende?
das realistisch?
c) Wie groß ist der Fehlabschluss?
f) Welche Möglichkeiten zur Abhilfe gibt es?
d) Zeichnen Sie das Lattice-Diagramm für 1 Re-
g) Da keine abgeschlossenen Leitungen ver-
flexion auf dem Kabel und tragen Sie den
wendet werden sollen, soll ein „Takt-Baum“
normierten Spannungsverlauf für beide Enden
(engl.: clock-tree) die Funktion sicherstellen.
auf.
Dazu werden Puffer-Bauteile (Buffer) ver-
Ü 13-7 In einem Verzweigungspunkt treffen sich wendet, deren Schaltflanken ebenfalls 3 ns
vier Leitungen. Am Leitungsanfang von L1 sitzt betragen. Ziel ist es, eine mittlere Leitungs-
eine ideal angepasste Quelle, so dass L1 die länge zwischen den Bauteilen von
3 cm
einspeisende Leitung in den Knoten ist. Die Lei- zu erhalten. Bestimmen Sie die Anzahl der
tungslängen L1 W L2 W L3 W L4 verhalten sich wie Bauelemente („Äste“) des Taktbaumes und
3 W 1 W 2 W 1. Die Wellenwiderstände der Leitun- zeichnen Sie die Schaltung.
gen sind Z1 D 150 , Z2 D 200 , Z3 D 75 h) Welche Gefahr besteht bei einem Takt-Baum?
und Z4 D 150 . Alle Leitungen sind mit 100 i) Prüfen Sie Punkt h) für obigen Takt-Baum
abgeschlossen. nach und ergänzen Sie ihn gegebenenfalls
a) Zeichnen Sie den Leitungsknoten mit den ent- durch redundante Bauelemente.
sprechenden Längenverhältnissen und tragen
Sie die Abschlusswiderstände ein. Ü 13-10 Glitches sind Störpulse in Schaltungen.
b) Bestimmen Sie aQ , bn und n für alle Stoß- a) Wodurch entstehen sie?
stellen. b) Durch welche zwei Möglichkeiten kann man
c) Erstellen Sie das Lattice-Diagramm. sie beseitigen?
d) Tragen Sie den Spannungsverlauf an allen
vier Leitungsenden auf. Ü 13-11 Die Adressdekodierung zur Speicher-
auswahl in einem Mikroprozessor-System ver-
Ü 13-8 Die meisten Schaltungen realisiert man
wendet die Adressleitungen A 20 bis A 23. Ein
mit nicht abgeschlossenen Leitungen.
4-zu-16-Dekoder mit einer Dekodierzeit von ma-
a) Welche Voraussetzung muss erfüllt sein, da-
ximal 22 ns erzeugt in Abhängigkeit von A 20 bis
mit ein störungsfreier Betrieb möglich ist?
A 23 das Chip-Select-Signal für die entsprechen-
b) Welche Größen haben darauf einen maßgeb-
de Speicherbank. Seinen Ausgang schaltet man
lichen Einfluss?
durch das Signal OE (engl.: output enable) aktiv.
Ü 13-9 In einer synchron arbeitenden Schaltung a) Welche zeitliche Anforderung besteht an das
werden alle Ereignisse durch einen 20 MHz-Takt Signal OE?
(Flankensteilheit 3 ns) synchronisiert und festge- b) Welche Gefahr besteht, wenn OE zu früh ak-
halten. Dazu steuert man durch den Takt insge- tiviert wird?
658 J. Gutekunst
c) Welche Möglichkeiten der Abhilfe hätte man Burton, E. A.: (1989) Transmission-Line Me-
im Fall b)? thods Aid Memory-Board Design. Elektronic
d) Könnte dem Problem in b) begegnet werden, Design (1989) Jan. S. 58=62
indem die Adressen synchronisiert werden Elektronik Lexikon. Klöckner Moeller.
und somit zum selben Zeitpunkt am Dekoder Föllinger, O., Kluwe, M.: (2011) Laplace- und
anstehen? Fourier-Transformation. 10. Auflage, VDE-
Verlag.
Föllinger, O.: (2008) Regelungstechnik.
13.7 Weiterführende Literatur 10. Auflage, Hüthig Verlag.
Keuper, A.: (1988) FFT in der Praxis. Elektron.
Al-Araji, S. R.: (2006) Digital Phase Lock J. (1988) Nr. 20, S. 104=110.
Loop. Springer Verlag. Spiegel, M. R.: Fourier-Analysis. McGraw-
Best, R.: (1993) Theorie und Anwendung des Hill. New York. Das Qualitäts ABC. Texas
Phase-locked Loops. Aarau: AT Verlag. Instruments.
ASIC
14
Jürgen Gutekunst
Steigende Anforderungen an Baugruppen und Struktur. Sie werden dem Kundenwunsch ent-
die Lösung komplexer Probleme durch Schal- sprechend nachträglich verdrahtet. Dies kann
tungen machen immer mehr den Einsatz indivi- durch ein programmierbares Verknüpfungsfeld
dueller Digital- und Analogbauteile notwendig. geschehen oder durch das nachträgliche Aufbrin-
Auch der Trend zur Verkleinerung bestehen- gen einer oder mehrerer Metallisierungsebenen.
der Schaltungen spielt dabei eine entscheidende Aus diesem Grund heißen sie auch Halbkun-
Rolle. Möglich wird dies durch Bauteilfamilien, den-Bauteile, da lediglich die Metallisierungs-
die unter dem Begriff kundenspezifische Bauteile ebenen dem Kundenwunsch entsprechend zu
oder ASIC (Application Specific Integrated Cir- fertigen sind. Kunden-ASICs baut man nicht
cuit) zusammengefasst sind. Grundsätzlich neu auf vorhandenen Fertigungsmasken auf, son-
ist der Begriff des kundenspezifischen Bauteils dern entwirft und fertigt sie völlig nach dem
nicht. Bereits Mitte der sechziger Jahre waren Wunsch des Anwenders. Abbildung 14.1 gibt ei-
sie bekannt, hatten jedoch erst Anfang der acht- ne Übersicht über die gebräuchlichsten ASIC-
ziger Jahre den notwendigen Durchbruch erzielt. Bauteile, eingeteilt in Kunden- und Halbkunden-
Durch ASIC werden Teilfunktionen einer Schal- ASICs.
tung oder sogar ganze Schaltungen auf einem Für die Verwirklichung einer Schaltung in
Silicium-Plättchen, dem Chip, zusammengefasst. einem kundenspezifischen Schaltkreis sprechen
Je nach Komplexität kann das Gehäuse mehr als viele Gründe:
400 Anschlüsse (Pins) haben. geringerer Platzbedarf,
Mit der raschen Verbreitung der kundenspezi- kürzere Schaltzeiten und damit schnellere Ver-
fischen Schaltkreise entstand auch eine verwir- arbeitung der Signale,
rende Anzahl von Begriffen und Abkürzungen, geringerer Leistungsbedarf bei gleicher Ge-
die zum Teil von Hersteller zu Hersteller ver- schwindigkeit,
schieden sind. In Abschn. 14.1 sind die gebräuch- verbesserte Störsicherheit wegen fehlender
lichsten Abkürzungen erläutert. Leitungsverbindungen,
Grundsätzlich lassen sich die ASIC-Bauteile kostengünstige Produktion, da nur noch weni-
in zwei Gruppen einordnen: Halbkunden-Bau- ge Bauteile auf der Leiterplatte zu bestücken
teile (Semi-Custom) und Kunden-Bauteile (Cus- sind,
tom, oft auch als Vollkundenschaltkreise, Full- kostengünstige Lagerhaltung, da die Vielfalt
Custom, bezeichnet). Als Halbkunden-ASIC be- der Bauelemente zurückgeht und
zeichnet man Bauteile mit einer vorgefertigten Schutz des eigenen Know-hows vor Plagiaten.
Diesen offensichtlichen Vorteilen stehen
J. Gutekunst () ein hoher Entwicklungsaufwand,
E-Mail: jgutekunst@web.de damit hohe Entwicklungskosten und
sign-Center vornehmen, in denen große Com- Matrix (OR-Array, Abschn. 14.2). Darüber hin-
puter zur Simulation zur Verfügung stehen. Der aus lassen flexible Ausgangsmodule eine Reihe
Einstieg in die kundenspezifischen Schaltkreise unterschiedlicher Konfigurationen zu, die sowohl
ist durch die kleineren programmierbaren Bautei- interne Rückkopplungen, als auch eine Ankopp-
le (PLD: Programmable Logic Device) selbst bei lung an ein Bussystem durch Tri-State-Ausgänge
Einzelstückzahlen sehr günstig. Abbildung 14.2 erlauben, die hochohmig geschaltet werden kön-
zeigen die Komplexität und der damit zusammen- nen. Das GAL-Bauteil erlaubt so höchste Flexi-
hängende Aufwand für die verschiedenen ASIC- bilität bei der Programmierung logischer Netz-
Familien. Die angegebenen Werte sind Richtwer- werke. Die Handhabung ist dabei durch ent-
te. sprechende Software-Unterstützung gleicherma-
Bei innovativen und strategischen Entwick- ßen einfach wie bei den PAL.
lungsvorhaben ist es möglich, dass der hohe Ent-
wicklungsaufwand, beispielsweise für ein Gate- EPLD EPLD steht für Erasable Programmable
Array, auch bei kleinen Stückzahlen gerechtfer- Logic Device. Mit diesem Bauteil ist es gelun-
tigt ist. gen, den Übergang zu einem löschbaren ASIC zu
schaffen, analog zum Übergang vom PROM zum
EPROM. Zur Programmierung und zum Löschen
14.1 Übersicht setzt man den von den EPROM her bekannten
Effekt (Einbindung heißer Elektronen in die Ba-
14.1.1 Digitale ASIC-Familien
siszone, s. Abschn. 12.3.2) ein und kann damit
Die Vielfalt der ASIC-Familien in Abb. 14.1 ist die programmierte logische Verknüpfung unter
das Ergebnis unterschiedlichster Anwendungen. der Einwirkung von ultraviolettem Licht wieder
Welche schließlich zum Einsatz kommt, hängt rückgängig machen. Der prinzipielle Aufbau und
nicht zuletzt von der Komplexität, den Kosten die Programmierung eines EPLD entspricht dem
und selbstverständlich auch vom Entwicklungs- eines PAL.
aufwand ab. Im nachfolgenden sei eine Dar-
stellung der wichtigsten ASIC-Bauteile gegeben. EEPLD Auch bei der Entwicklung der EEPLD
Darüber hinaus sind im Abschn. 14.1.2 die ge- (Electrical Erasable Programmable Logic De-
mischten analog-digitalen Gate-Arrays beschrie- vice) stand die Speicherentwicklung Pate. Das
ben. Verfahren, das bei den EEPROMs Verwendung
findet (Abschn. 12.3.2), erlaubt das Löschen ei-
PAL PAL steht für Programmable Array Logic
nes Bauteiles durch eine definierte Löschspan-
und wird auch oft mit PLA abgekürzt. In sei-
nung. Damit kann man Bauteile beispielsweise
nem Kern ist es ähnlich aufgebaut wie ein PROM
direkt in der Schaltung programmieren, löschen
(Abschn. 14.2). Im Wesentlichen zieht man für
oder rekonfigurieren.
die Realisierung der logischen Verknüpfung ein
AND-Array heran, das an ein OR-Array ange-
koppelt ist. Die Programmierung des PAL er- Gate-Array Mit dem Gate-Array steigt die
folgt im Entwicklungslabor mit einem einfa- Komplexität der ASIC stark an. Hier stehen
chen Programmiergerät, das in der Regel auch dem Anwender bereits mehr als 300.000 Gat-
für PROM (Programmable Read Only Memory) ter-Funktionen zur Verfügung, die zur Realisie-
und EPROM (Erasable Programmable Read Only rung seiner Schaltung nutzbar sind. Ein Gatter
Memory) Verwendung findet. Die PALs zählen (engl.: gate) entspricht dabei einer UND-Ver-
zu den preisgünstigen ASICs und lassen sich oft knüpfung und ist das kleinste Element eines
in kurzer Zeit verwirklichen. Gate-Arrays. Diese kann man jedoch nicht mehr
durch einen einfachen Programmiervorgang mit-
GAL Die GAL (Generic Array Logic) verfügen einander verknüpfen, sondern muss sie mit Hilfe
zusätzlich über eine programmierbare ODER- von Masken, die einen zusätzlichen, kundenspe-
662 J. Gutekunst
Die Verdrahtung dieses Chips erfolgt durch Schaltelemente zusammengestellt sowie Funkti-
eine zweilagige Metallisierung (engl.: Double onsmakros, die man daraus herstellen kann.
Layer Metallization). Wie diese für eine kleine- Analoge ASICs, bei denen die Funktion durch
re Schaltung zu realisieren ist, zeigt Abb. 14.4. die Verdrahtung vorgefertigter Makrozellen reali-
Mit Hilfe von CAE=CAD-Unterstützung siert wird, heißen auch Makrochips.
(Computer Aided Engineering, Computer Aided Das Einbinden analoger Funktionen ist bei
Design) setzt man die einzelnen analogen und den Standard-Zellen Bauteilen einfacher. Hier
digitalen Bauteile zu Makros zusammen. Da- greift man nicht auf bestehende Teilfunktionen
bei übernimmt der Computer die Konstruktion, zurück, sondern baut den Chip von Grund auf
beispielsweise eines Operationsverstärkers aus neu auf. Dadurch ergibt sich auch eine Optimie-
einzelnen Transistoren und Widerstandselemen- rung bei der Platzierung analoger Baugruppen,
ten. Auf analogen und gemischten Gate-Arrays eine wichtige Voraussetzung bei hohen Schalt-
befinden sich Schaltelemente, wie sie typisch für geschwindigkeiten und Verarbeitungsfrequenzen.
integrierte Schaltungen sind. Ein Beispiel da- So ist mit Hilfe von Standard-Zellen eine analoge
für ist der Multiemitter-Transistor, der auch bei Signalverarbeitung bei Frequenzen von 100 MHz
der Verwirklichung digitaler Schaltfunktionen und mehr (UKW-Bereich) möglich, spezielle
mit mehreren Eingängen Verwendung findet. Im GaAs-Bauteile arbeiten sogar bis weit in den
nachfolgenden Abb. 14.5 sind einige wichtige Giga-Hertz-Bereich.
14 ASIC 665
Abb. 14.6 Vergleich von PAL, PROM und FPAL. a PAL, programmierbares AND-Array, b PROM, programmierbares
OR-Array, c FPAL, programmierbares AND und OR-Array
im Entwicklungslabor. Damit hat der Entwickler dem OR-Array und der Ausgangsschaltung. Un-
ter einem Array versteht man ein Verknüpfungs-
die sehr schnelle und effiziente Möglichkeit, eine
logische Funktion auf einem Chip zu verwirkli- feld, das beispielsweise beim AND-Array aus
chen. So kann er Fehler sehr schnell erkennen programmierbaren UND-Verknüpfungen besteht
und durch einfaches Umprogrammieren beseiti- und beim OR-Array aus ODER-Verknüpfungen.
gen. PLD-Bauteile ersetzen durchschnittlich 10 Das OR-Array ist auf dem Chip fest mit den Aus-
Standard-Bauelemente und haben vor allem dort gängen verdrahtet, wie die Gesamtstruktur des
Einzug gehalten, wo Lösungen mit kombinatori- PAL in Abb. 14.6a zeigt. Die programmierbaren
Elemente in Abb. 14.6 sind durch ein X für den
scher Logik gefragt sind. Ein typisches Beispiel
hierfür sind Adressdekodierungen. Sequenzielle unprogrammierten Zustand gekennzeichnet.
asynchrone Schaltungen lassen sich hingegen nur Das PROM besitzt im Gegensatz zum PAL
schwer verwirklichen, da bis auf einige Ausnah-ein fest verdrahtetes UND-Feld (Abb. 14.6b),
men nur eine synchron getaktete Registerebene welches die Funktion der Adressdekodierung er-
zur Verfügung steht. füllt. Von hier aus greift man auf das program-
mierbare ODER-Feld zu, das der Speicherma-
Wegen der grundsätzlich gleichen Struktur der
Bauteile sei Aufbau, Programmierung und Rea- trix (einschließlich Leselogik) entspricht (Ab-
lisierung einer Schaltung in den nachfolgenden schn. 12.3.3, Abb. 12.42). Um jede Speicherzelle
Abschnitten exemplarisch am Beispiel des PAL- zu erreichen, muss die Adressdekodierung für
Bauteiles aufgezeigt. n Eingänge 2n UND-Verknüpfungen zur Verfü-
gung stellen.
Es liegt nun nahe, eine Kombination aus
14.2.1 Aufbau des PAL beiden programmierbaren Strukturen zu entwi-
(Programmable Array Logic) ckeln. Dies wurde bei den so genannten FPALs
(Field Programmable Array Logic) verwirklicht.
Das PAL lässt sich in vier Teilbereiche unter- Die dadurch erreichte hochflexible Struktur zeigt
teilen: der Eingangsschaltung, dem AND-Array, Abb. 14.6c.
14 ASIC 667
Abb. 14.11 Rückführung eines Ausgangssignals. a Kombinatorische Rückkopplung, b Rückkopplung über Ausgangs-
register
14.2.2 Realisierung einer Schaltung Tab. 14.1 Beispiele für Boolesche Operatoren in der
PAL-Schreibweise
Zeichen Beschreibung
Die Verwirklichung einer Schaltung mit Hilfe = Negierung
eines PALs erfolgt mit entsprechenden Entwick- UND-Verknüpfung (Konjunktion)
lungswerkzeugen auf einem Computer. Sie set- C ODER-Verknüpfung (Disjunktion)
:C: Exclusive ODER-Verknüpfung (Antivalenz)
zen die logische Verknüpfung in eine Datei um,
D kombinatorischer Ausgang
mit der die PALs programmiert werden können,
:D Registerausgang
ähnlich wie die PROMs. Für die Eingabe der D Latch-Ausgang
Schaltung stehen mehrere Möglichkeiten zur Ver-
fügung:
Eingabe der Booleschen Gleichungen, zeichen, sind in der Tab. 14.1 zusammenge-
Eingabe der Zustandstabelle, stellt.
grafische Eingabe des Stromlaufs und Nach der Eingabe der Gleichungen und des
Eingabe durch eine Wertetabelle. gewünschten Bauteiles erfolgt die Erstellung
Während die Eingabe der Booleschen Glei- der Programmier-Dateien durch das Pro-
chungen direkt von den verschiedenen Program- gramm.
men unterstützt wird, sind bei den anderen Mög- Eine Überprüfung dieser Programmierung
lichkeiten stets Umsetzungen notwendig. Die kann zusätzlich durch eine Simulation erfol-
Eingabe des Stromlaufplans setzt einen leistungs- gen. Dazu wird in einer Datei der zeitliche Ab-
fähigen Computer mit entsprechenden CAD-Pro- lauf der Eingangssignale als Befehlssequenz
grammen (Computer Aided Design) voraus. Aus abgelegt. Beim Abarbeiten dieser Datei liefert
der Verknüpfungsliste lassen sich anschließend der Simulator die durch die Schaltung erzeug-
die Booleschen Gleichungen zur Programmie- ten Ausgangssignale.
rung des PLD-Bauteiles ableiten. Zur weiteren Überprüfung hat der Entwickler
Die Vorgehensweise zur Entwicklung einer die Möglichkeit, sich eine ganze Reihe von
Schaltung mit Hilfe eines PAL-Bauteiles ist im Zwischen-Dateien anzusehen. So beispiels-
Wesentlichen dieselbe, wie bei der Entwick- weise die Simulations-Historie, den JEDEC-
lung mit Standardbauelementen. Die gesamte File (weltweit standardisierte Programmier-
Entwicklung führt man bis einschließlich der daten-Format) und den Fuse-Pattern-File, in
Programmierung des Bauteiles auf einem Rechner dem die Programmierzustände der Sicherun-
durch. gen abgelegt werden. Daraus lässt sich auch
Die Schritte für eine Schaltungsrealisierung ein Ausnutzungsgrad des PALs ableiten.
durch PAL seien im Einzelnen nochmals verdeut- Der letzte Schritt ist die tatsächliche Program-
licht: mierung des Bauteiles mit Hilfe eines uni-
Erstellen einer Spezifikation, die besagt, wel- versellen Programmiergerätes. Sämtliche Pro-
che Schaltung durch das PAL zu realisieren grammiergeräte sind dabei in der Lage, den
ist. Dies geschieht im Allgemeinen durch eine standardisierten JEDEC-File zur Programmie-
verbale Umschreibung sowie durch die Fest- rung von Bauteilen (gültig auch für PROM,
legung und Bezeichnung der Ein- und Aus- EPROM, PAL usw.) zu verarbeiten.
gangsvariablen und deren Zeitverhalten.
Im nächsten Schritt leitet man aus obiger Spe- Beispiel 14.2-1
zifikation die Boole’schen Gleichungen. Dabei Mit Hilfe eines PAL soll ein synchroner Zäh-
ist auf die spezielle Schreibweise der verschie- ler mit 4 Bit Breite aufgebaut werden, der in
denen Programmiersprachen zu achten, damit Abhängigkeit eines Steuersignals sowohl auf-
das nachfolgende Programm die Gleichun- wärts als auch abwärts zählen kann. Darüber
gen richtig verarbeiten kann. Beispiele für die hinaus soll er sich auf jeden beliebigen An-
wichtigsten Verknüpfungs- und Zuweisungs- fangswert setzen lassen.
672 J. Gutekunst
1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0
1 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0
1 0 0 1 0 0 0 1 1 0 0
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1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 0
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1 0 1 1 0 0 1 1 1 0 0
aufwärts zählen
1 0 1 1 1 1 0 0 0 0 0
1 1 0 0 0 1 0 0 1 0 0
1 1 0 0 1 1 0 1 0 0 0
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aufwärts zählen
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laden X X X X X D3 D2 D1 D0 1 0
zurück
X X X X X 0 0 0 0 X 1
setzen
X Zustand egal, D3 bis DO Eingangsdaten werden übernommen
674 J. Gutekunst
ellen Aufbau eines LCA-Bauteiles. Die konfigu- Steuerein- bzw. -ausgänge des LCA-Bautei-
rierbare Logik-Zelle mit ihren programmierbaren les sorgen für den synchronen Datenaustausch
Datenpfaden ist dabei vereinfacht herausgezeich- zwischen Boot-PROM und zu konfigurieren-
net. der LCA. Abbildung 14.23 veranschaulicht vier
Die Verbindung zwischen einzelnen Zellen grundsätzliche Möglichkeiten, ein LCA-Bauteil
stellt man durch programmierbare Schaltmatri- in der Schaltung zu programmieren.
zen her. Sie besitzen an den Knotenpunkten Wird das LCA-Bauteil mit Hilfe eines Mi-
eine 6-Transistor-Zelle, ähnlich den statischen kroprozessors konfiguriert (Slave Mode oder Pe-
SRAM-Speicherzellen (Static Random Access ripheral Mode), so dient die Datenleitung DO
Memory), die ständig neu beschrieben werden als serieller Datenkanal. Ein Treiber-Programm
können. Dies ermöglicht das Programmieren des sorgt für die Umsetzung der Programmierdaten in
Bauteiles in der Anwenderschaltung. einen seriellen Datenstrom auf der Leitung D0.
Jeder Umsteigepunkt des programmierbaren
Datenpfades ist jedoch mit einem Zeitverlust ver- 14.3.3.2 Field Programmable Gate-Array
bunden. Aus diesem Grund gibt es auf dem (FPGA)
LCA-Chip auch noch eine Reihe direkter Verbin- Wie das LCA bietet auch das FPGA (Field
dungen, deren Konfigurationsmöglichkeiten al- Programmable Gate-Array) bei kostengünstiger
lerdings eingeschränkt sind. Dafür ermöglichen Entwicklung und der selbstständigen Program-
sie kritischen Signalen auf schnellstem Weg zu mierbarkeit durch den Anwender (ähnlich den
anderen Zellen zu gelangen. In Abb. 14.22 ist PLD-Bauteilen) eine Integrationsdichte, die den
die Anordnung der Schaltmatrizen sowie der di- Gate-Arrays entspricht. Der Aufbau des Chips ist
rekten Verbindungen zu sehen, die man als Long jedoch im Unterschied zum LCA der Architek-
Line Interconnection bezeichnet. tur der Gate-Arrays sehr ähnlich (horizontale und
Im spannungslosen Zustand verliert das LCA- vertikale Verdrahtungskanäle). Während sich die
Bauteil seine Konfiguration, so dass es bei je- horizontalen Verbindungen zwischen den Logik-
dem Einschaltvorgang geladen werden muss. Blöcken befinden, werden die vertikalen Verbin-
Dies kann entweder durch ein kleines EPROM dungen über die Module geführt.
(Erasable Programmable Read Only Memory, Die Verbindungen zwischen den Modulen be-
Abschn. 12.3.2) erfolgen, das einen seriellen stehen aus unterschiedlich langen Leitungen. Ihre
Datenausgang besitzt, oder durch einen Mikro- Länge reicht dabei von minimal zwei Blocklän-
prozessor. Der Konfigurationsspeicher wird als gen bis schließlich zu Leitungen, die den gesam-
Boot-PROM bezeichnet (engl. boot: obendrein). ten Kanal durchqueren.
680 J. Gutekunst
Die kurzen Leitungssegmente bieten dabei ein hängig von der realisierten Booleschen Funktion.
Höchstmaß an Flexibilität. Benötigt man in ei- Die Boole’schen Verknüpfungen sind in einer Ta-
nem Design mehrere lange Leitungen, so kön- belle abgelegt, so dass die Eingangssignale der
nen die einzelnen Verbindungselemente zusam- Verknüpfung entsprechend auf einen Tabellen-
mengeschaltet werden. Allerdings bedeutet jeder platz zeigen. Der Inhalt dieses Tabellenplatzes
Umsteigepunkt von einer Leitung auf eine an- gibt dann das Ergebnis der Verknüpfung wieder.
dere eine Verzögerung des Signals. Speziell bei Da die Funktionsweise der Look-Up-Tabellen
Entwicklungen mit Datenbussen ist auf die lang- dem Aufbau von Speichern ähnlich ist, können
samste Datenleitung zu achten. sie auch in kleinerem Umfang als Speicher konfi-
Die Makrozellen, die bei den FPGA-Bauteilen guriert werden.
Verwendung finden, erfahren eine ständige Wei- Auch andere Hersteller bedienen sich dieser
terentwicklung. Die ersten Strukturen, die fest- Look-Up-Tabellen, um Boole’sche Verknüpfun-
programmierbar auf diesem Chips realisiert wur- gen auf dem Chip zu verwirklichen.
den, entsprachen im Wesentlichen den LCA- Im Gegensatz zu den PLD-Bauteilen, bei de-
Zellen (Abb. 14.21). Ende 1990 stellten Actel nen die nicht genutzten Sicherungselemente zer-
und XILINX eine neue Generation hochkomple- stört werden, werden bei den FPGA die leitenden
xer FPGA-Bauteile vor. Die konfigurierbaren Lo- Verbindungen zwischen den Modulen und den
gikblöcke (CLB, Configurable Logic Block) der Leitungen programmiert. Dazu erzeugt man so-
Firma XILINX besitzen dabei zwei unabhängige genannte Anti-Fuses (umgekehrte Sicherungen),
Flip-Flops und eine umfangreiche kombinatori- ein Verbindungselement, das bei Anlegen einer
sche Logik. Insgesamt bieten 13 Eingänge und 4 Programmierspannung dauerhaft in den leiten-
Ausgänge den Zugriff auf die Verknüpfungsmög- den Zustand übergeht. Diese Art der Verbin-
lichkeiten des CLB. Eine Neuerung stellt dabei dungsherstellung hat einen entscheidenden Vor-
die Verwirklichung der Booleschen Gleichungen teil: Da bei einem Schaltungsentwurf nur ein ge-
durch sogenannte Funktionsgeneratoren dar. Drei ringer Teil der möglichen Verbindungen benötigt
von ihnen sind in der XILINX-Makrozelle imple- wird, bleiben alle anderen verfügbaren Knoten-
mentiert (Abb. 14.24). stellen von der Programmiersoftware unbeachtet.
Die Durchlaufzeit (engl.: Propagation Delay) Hingegen werden bei den PROM und PAL al-
durch die Funktionsgeneratoren ist dabei unab- le nicht benötigten Verbindungen (oft mehr als
14 ASIC 681
90%) durch die Programmierung zerstört. Bei lem die Spannungsversorgungen (C5 V und Mas-
den FPGA, mit mehr als 700.000 möglichen pro- se), aber auch eine spezielle Takt-Leitung, die
grammierbaren Verbindungen, würde dies einen über gesonderte Leitungstreiber zu jedem Modul
erheblichen Zeitaufwand bedeuten. geführt werden. Damit vermeidet man Taktver-
Ein weiterer Vorteil der Anti-Fuse-Program- zögerungen (engl.: clock-skew), wie sie durch
mierung ist die deutliche Verringerung des Pro- programmierbare Umsteigepunkte erzeugt wer-
grammier-Stresses des Chips. Geringere Ausfall- den. Darüber hinaus stehen für Testzwecke noch
wahrscheinlichkeit und eine Erhöhung der Chip- eine Reihe von Zugriffsmöglichkeiten auf die
lebensdauer, angegeben als MTBF (Mean Time einzelnen Logikblöcke und Signalleitungen zur
Between Failure) in Stunden, sind das Ergebnis. Verfügung.
Die Programmierung der Anti-Fuse-Verbin-
dungen erfolgt durch das Anlegen einer über-
höhten Spannung. Dies lässt sich direkt mit 14.4 Standard-Zellen-ASIC
den Kontaktierungen eines Gate-Arrays zwischen
den verschiedenen Metallisierungsebenen ver- PAL- und Gate-Array-Entwicklungen können bei
gleichen. Damit alle Knoten anwählbar sind, sehr großen Stückzahlen (100.000 pro Jahr und
befinden sich zwischen den Leitungssegmenten mehr) für Fertigung und Produktion sehr kost-
Transistoren, die man durch horizontale und ver- spielig werden. Die Voraussetzung für die Ent-
tikale Kontroll-Leitungen steuern kann. Abbil- wicklung eines Vollkundenschaltkreises muss da-
dung 14.25 zeigt die Programmierung einiger mit aber noch nicht erfüllt sein. Geschlossen
Anti-Fuses und die sich dadurch ergebenden bei- wird diese Lücke durch die Standard-Zellen-
den Datenpfade zwischen den Logikblöcken. ASICs, die zu den Halbkunden-Bauteilen zäh-
Neben diesen konfigurierbaren Leitungen be- len.
finden sich noch weitere Leitungen auf dem Chip, Durchgesetzt haben sich die Standard-Zellen-
deren Funktion festgelegt ist. Dies sind vor al- ASIC zuerst in der Konsumelektronik. Die dort
682 J. Gutekunst
scheidet man in mittel, hoch und niedrig. Abbil- gen. Da die Einrichtungskosten und die Pro-
dung 14.29 verdeutlicht den Vorteil unterschied- grammierung unabhängig von den Stückzahlen
licher I=O-Profile. erfolgt, ist man beim Elektronenstrahl-Direkt-
Bei kleinen Schaltungen mit hoher Pinzahl Schreibverfahren nicht auf bestimmte Losgrößen
lässt sich die Chipfläche durch die Verwendung festgelegt. So können auch sehr kleine Stückzah-
des hohen I=O-Profils optimieren, umgekehrt fin- len, theoretisch auch Einzelstücke, auf einem Wa-
den niedrige Profile bei komplexen Designs und fer neben anderen Designs verwirklicht werden.
wenigen Ein- und Ausgängen Verwendung. Ein ebenfalls großer Vorteil ist die einfache
Archivierung der Designs. Sie werden auf Ser-
vern (früher Magnetbändern) gespeichert und
14.4.2 Elektronenstrahl-Direkt- abgelegt. Masken hingegen müssen in klimati-
Schreibverfahren sierten Lagerräumen sehr sorgfältig aufbewahrt
werden, damit sich in den oft nur wenige m
Einen völlig neuen Weg zu kundenspezifischen breiten Strukturen keine Verzerrungen ergeben
Schaltkreisen ging die Firma ES2 (European Si- oder gar eine Schrumpfung des Films erfolgt.
licon Structures). Ihr Ziel war es, Prototypen in Die Aufbereitung der Design-Daten des ASIC
kurzer Lieferzeit und in kleinen Stückzahlen her- erfolgt mit Hilfe eines Großrechners. Dabei wer-
zustellen. Dazu ging sie von der Maskentechnik den die geometrischen Leitungszüge in mehrere
ab und entwickelte ein völlig neues Produkti- Polygone zerlegt (engl.: Fracturing). Ein weiterer
onsverfahren. Die hohe Flexibilität der Standard- Rechner steuert den Elektronenstrahl. Dabei wird
Zellen sollte erhalten bleiben und die erforderli- nicht nur die Richtung und Intensität gesteuert,
che Stückzahl erheblich verringert werden. Die sondern auch die Form des Elektronenstrahles.
Lösung dieser Herausforderung führte zu dem Abbildung 14.30 zeigt den prinzipiellen Aufbau
Elektronenstrahl-Direkt-Schreibverfahren. eines Elektronenstrahl-Direkt-Schreibautomaten.
Das Schreiben der Geometrien direkt auf den Ein Strahl, dessen Geometrie rechteckig oder
Wafer erspart die Herstellung teurer Masken und dreieckig sein kann, zudem mit einstellbarer Kan-
ermöglicht größere Freiheiten bei der Erstel- tenlänge, wird von zwei unterschiedlichen Ab-
lung kundenspezifischer Schaltkreise. Auch kann lenkeinheiten gesteuert. Dabei steuert die große
man ohne Mehraufwand verschiedene Struk- und damit langsamere Einheit den Strahl von ei-
turen auf einem Wafer gleichzeitig unterbrin- nem Layoutbereich zum anderen, also von Chip zu
14 ASIC 685
gen Kontakte sind heute nahezu alle Varianten Ellwein, Ch.: (1998) Programmierbare Logik
denkbar. mit PAL und CPLD, Oldenbourg Industriever-
Hybride Schaltkreise lassen sich auch ganz lag.
Fricke, K.: (2009) Digitaltechnik. 6. Auflage,
ohne Gehäuse herstellen. In diesem Fall wird der
ViewegCTeubner Verlag.
Chip direkt auf die Leiterplatte geklebt, und die
Müller. D., Herrmann, G.: (2004) ASIC – Ent-
Kontakte werden mit sehr feinen Drähten, so ge-
nannten Bond-Drähten, hergestellt. Zum Schutz wurf und Test. Hanser Verlag.
vor Umwelteinflüssen wird der gesamte hybri- PAL Device Handbook. AMD and MMI.
Programmable Gate Arrays. AMD.
de Schaltkreis anschließend mit einem Schutzlack
Reichardt, J.: (2011) Lehrbuch Digitaltechnik:
überzogen. Abbildung 14.32 zeigt einen Chip von
wenigen Quadratmillimetern Größe zwischen ei- Eine Einführung mit VHDL. 2. Auflage, Ol-
nigen passiven Bauelementen. Im Bild links be- denbourg Wissenschaftsverlag.
Reichardt, J., Schwarz, B.: (2012) VHDL-
findet sich eine Diode, die kaum größer als ein
Stecknadelkopf ist. Synthese: Entwurf digitaler Schaltungen und
Systeme. 6. Auflage, Oldenbourg Wissen-
schaftsverlag.
14.5 Weiterführende Literatur Rottner, E.: (1990) Testen und Programmie-
ren von Logikbausteinen. Markt & Technik
ACT Field Programmable Gate Arrays. Actel. Design & Elektronik (1990) Nr. 9. Sonder-
ASIC Data Book. Mietec. druck.
Schnittstellen, Bussysteme und Netze
15
Jürgen Gutekunst
Schnittstellen, Bussysteme und Netze finden sich und nutzen diesen gemeinsam. Bei parallelen
heute in nahezu allen technischen Bereichen und Bussystemen werden zusätzliche Steuerleitungen
stellen die Basis der Kommunikationssysteme dar. zur Verwaltung verwendet.
Im nachfolgenden Abschnitt wird auf die wich- Bei Bussystemen ist grundsätzlich eine Adres-
tigsten eingegangen. sierung der Teilnehmer notwendig, damit das
In der Norm sind die Begriffe folgendermaßen Datenpaket – unabhängig ob seriell oder par-
definiert: allel verschickt – an den richtigen Ort ge-
langt. Entsprechend aufwändig ist die dazugehö-
Schnittstelle Unter Schnittstelle versteht man rige Arbitrierung (Abschn. 15.2.1 und Abschn.
die Verbindung zweier Systeme. Die beiden Sys- 15.4.1).
teme (oder Geräte) sind über die Schnittstel- Serielle Bussysteme haben in den letzten Jah-
lenleitungen miteinander verbunden. Schnittstel- ren immer mehr Bedeutung erlangt. Dies liegt
len sind charakterisiert durch die technischen vor allem im einfachen Aufbau der Busstruk-
Beschaffenheiten, die Art der mit der Schnitt- tur, aber vor allem an der sehr kostengünstigen
stellenleitung übertragenen Signale und die Be- Implementierung bei gleichzeitig hoher Daten-
deutung der übertragenen Signale. Standardisier- leistung.
te Schnittstellen erleichtern den Austausch von
kommunizierenden Funktionseinheiten. Schnitt-
stellen stellen in der Regel eine Punkt-zu-Punkt- Netz Netze spiegeln die inhomogene Architek-
Verbindung dar (Abschn. 15.2). Die Schnittstelle tur über Busgrenzen hinweg wider. Man spricht
beschreibt nicht nur die Zahl der Leitungen und auch von lose gekoppelten Systemen, an dem
deren Bezeichnung, sondern mechanische, funk- viele einzelne, räumlich getrennte Rechner oder
tionale und elektrische Eigenschaften der einzel- Geräte angeschlossen sind. Die Kommunikation
nen Verbindungen. erfolgt durch den Austausch von Nachrichten un-
ter Beachtung bestimmter Regeln.
Bussysteme Ein Bussystem stellt ein Verbin- Dabei können in einem Netzwerk durchaus
dungssystem zwischen mehreren Teilnehmern unterschiedliche Protokolle und Medien verwen-
(bzw. Schaltwerken) dar. Dabei teilen sich die det werden. Beim Umstieg von einem Protokoll
Teilnehmer denselben Datenübertragungsweg auf ein anderes werden Gateways oder Proxies
eingesetzt.
J. Gutekunst () In Abb. 15.1 sind Schnittstellen, Bussysteme
E-Mail: jgutekunst@web.de und Netzwerke gegenübergestellt.
Anschluss
Stecker
Teilnehmer 1 Teilnehmer 2
Übertragungsstrecke
• Seriell z.B.
• parallel drahtlos
Übertragungsstrecke Übertragungsstrecke
• Seriell • verschiedene
• parallel Topologien
• drahtlos Teilnehmer 3 • unterschiedliche
Medien
Stecker
Teilnehmer 2
Teilnehmer n
Teilnehmer 2
Teilnehmer 1 Teilnehmer 1
Teilnehmer 1
Teilnehmer 2 Teilnehmer 2
Teilnehmer 3 Teilnehmer 3
Teilnehmer 4 Teilnehmer 4
Teilnehmern Teilnehmern
Alle Teilnehmer
Teilnehmer 2 werden
angesprochene angesprochen
Gruppe
Serielle Datenübertragung
Parallel/Seriell Umsetzer Seriell/Parallel Umsetzer
Daten Daten
Takterzeugung Taktrückgewinnung
Parallel Datenübertragung
Daten
Daten Adressen Daten
Steuerleitungen
Teilnehmer 1 Teilnehmer 2
Taktrückgewinnung
Parallel/ Erweiterung um aus Seriell/
Seriell Synchronisations Synchronisations parallel
Umsetzer Bits Bits Umsetzer
Daten + Sync.
Daten Daten
Takt
Daten
Daten Daten
Takt
Takterzeugung
sendebereit
Anfrage RTS -
S E 1 S E
empfangsbereit
S E 1
Freigabe S E -
CTS
Daten
Daten
S E 1
Datenübertragung S E 1
CTS
„Daten erhalten“
S E 1 Quittierung
Quittierung
Ʃ Übertragungszyklen: 4 Ʃ Übertragungszyklen 1
Daraufhin übermittelt der Sender die Nachricht Abb. 15.7 ist ebenfalls gut zu sehen, dass das
(z. B. einen Text). Der Empfänger bestätigt den CTS-Signal während der ganzen Übertragungs-
Empfang. Abbildung 15.7 verdeutlicht das in der dauer aktiviert anliegt (ebenfalls rot gekennzeich-
linken Hälfte. net). Liegt eine Störung beim Empfänger vor, so
Der Hardware-Handshake, in Abb. 15.7 rechts wird das CTS-Signal inaktiv gesetzt und der Sen-
dargestellt, benutzt drei Leitungen: eine Datenlei- der stoppt die Datenübertragung.
tung zur Datenübertragung und zwei Handshake- Handshakes werden immer dann eingesetzt,
Leitungen: wenn beispielsweise der Empfänger neben der
Request to send (RTS), sendebereit und Kommunikation noch andere Aufgaben wahr
Clear to send (CTS), empfangsbereit. nimmt und nicht immer verfügbar ist. In diesem
Die Handshake Signale RTS und CTS stehen un- Fall kann zwar der Empfangspuffer eine defi-
mittelbar zur Verfügung und sind daher für die nierte Anzahl von Daten aufnehmen, diese ist
Gesamtübertragungszeit nicht von Bedeutung. In aber begrenzt. Damit keine Daten verloren gehen,
692 J. Gutekunst
Ausgangsregister
Adressregister
A0
A1
Adressleitung
An
Datenregister
D0
D1
Ausgangs-/
Datenleitung
Dm
wird die Empfangsbereitschaft inaktiv gesetzt, al- plette Datensatz als ganzes zur Verfügung steht
so das Handshake-Signal deaktiviert. und daher erheblich schneller abgearbeitet wer-
Da der Hardware-Handshake wesentlich den kann. Dies setzt eine entsprechend aufwän-
schneller ist als der Software-Handshake, da we- dige Datenverbindung voraus. Grundsätzlich sind
niger Zeichen zu übertragen sind, wird er bevor- immer drei Informationsgruppen zur parallelen
zugt eingesetzt (Abschn. 15.3.1). Auch erreicht Datenübertragung notwendig:
man dadurch eine höhere Datensicherheit. die Datengruppe oder auch Datenbus genannt,
die Adressgruppe oder Adressbus und
die Steuergruppe.
15.1.3 Grundlagen zur parallele Abbildung 15.8 zeigt eine allgemeine Darstel-
Datenübertragung lung einer parallelen Datenübertragung.
Wie aus Abb. 15.8 zu ersehen, ist für die
Die parallele Datenübertragung wird vor allem Adressierung nur 1 Teilnehmer verantwortlich,
beim Austausch sehr großer Datenmengen bei der auch zugleich die Steuerung übernimmt. Da-
sehr hohen Geschwindigkeiten verwendet. Sie bei wird auch in den meisten Fällen ein Taktsi-
geht zurück auf die ersten Rechner, bei denen gnal übertragen, das das sichere und synchrone
in den 80er Jahren der Prozessorbus – meist ein Einlesen der Daten ermöglicht.
8 Bit breiter Bus – auch für die Ansteuerung der Für die Ansteuerung von Peripherie hat man
Peripherie verwendet wurde. schnell erkannt, dass die aufwändige parallele
Parallele Datenübertragung kann in den we- Übertragung mit steigender Bit-Breite nicht mehr
sentlichen Verbindungsformen, wie in Abschn. sinnvoll umsetzbar ist. So würden Verbindungs-
15.1.1 beschrieben, erfolgen: leitungen mit extrem hoher Adernzahl notwen-
als Punkt-zu-Punkt Verbindung oder dig, mit entsprechend hohen Kosten.
als Bussystem mit Multicast und Broadcast Ei- Aus diesem Grund hat man schon früh begon-
genschaften. nen, Teile der Information zu multiplexen. Da-
Der wesentliche Unterschied zur bitseriellen bei werden beispielsweise Daten und Adressen
Übertragung (Abschn. 15.1.2) ist, dass der kom- auf denselben Leitungen übertragen und an der
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 693
Ausgangsregister
Adressregister
D0 A0 AS
D1 A1
Datenleitung
Eingangsregister
Dn An
Datenregister
Ausgangs-/
Steuerung
Empfangsseite wieder getrennt. Abbildung 15.9 gestiegen ist, dass die parallelen Schnittstellen als
veranschaulicht die modifizierte parallele Daten- Verbindung von peripheren Geräte nahezu bedeu-
übertragung. tungslos geworden sind. Einzig der Messgeräte-
Im Steuerbus werden dazu zwei zusätzli- Bus nach IEC findet sich nach wie vor in den La-
che Signale benötigt, der Adress-Strobe und der bors, weshalb auf ihn im Abschn. 15.2.1 näher
Daten-Strobe. Üblicherweise werden die Adres- eingegangen wird, sowie der SCSI-Bus in Ab-
sen zuerst gesendet und anschließend mit dem schn. 15.2.2.
Adress-Strobe in das Adressregister geladen. Un-
mittelbar danach werden die Daten mit Hilfe des
Daten-Strobes in das Datenregister des Empfän- 15.1.4 Topologien
gers geladen und stehen nun dem Empfänger zur
Verfügung. Serielle und parallele Bussysteme gibt es in un-
Bei der parallelen Datenübertragung erfolgt terschiedlichen Ausprägungen. Ein wesentliches
die Adresserkennung mit wenigen Ausnahmen Merkmal ist dabei, wie die Struktur des Netzwer-
immer auf der Empfängerseite. Das heißt, dass kes aufgebaut ist. Man unterscheidet:
die nachgeschaltete Adressdekodierung entschei- Sternstruktur,
det, ob das empfangene Datum für diese Bau- Ringstruktur,
gruppe gültig ist oder verworfen wird. Busstruktur und
Wichtige Vertreter von parallelen Datenüber- Baumstruktur.
tragungssystemen sind: Dabei können auch Kombinationen der oben auf-
der IEC-Bus zur Messgeräte-Steuerung (Ab- geführten Strukturen auftreten. Abbildung 15.10
schn. 15.2.1) gibt hierzu eine Übersicht und nennt auch einige
der VME-Bus als Rückwandbus für Rechner- Beispiele.
systeme und Damit auf dem gemeinsamen Busmedium
der SCSI-Bus als periphere Rechnerschnitt- (Buskabel) Daten ausgetauscht werden können,
stelle (Abschn. 15.2.2). muss der Zugriff geregelt werden. In Abhängig-
Allgemein kann gesagt werden, dass die Leis- keit der Kommunikationsinitiative unterscheidet
tungsfähigkeit der seriellen Schnittstellen derart man
694 J. Gutekunst
M: Master
Aufbau S: Slave M
M
M S S
M S S
S
S S S
S S
S S S S
M: Master S
S: Slave
M: Master
S: Slave
M: Master
S: Slave
S S
D1
D2 Datenleitungen
D1 – D8
D8
5 Steuerleitungen:
EOJ, REN, SRQ, IFC und ATN
Datenleitungen Beim IEC-Bus stehen 8 Daten- empfangen können. Sind die anstehenden Daten
leitungen zur Verfügung, die zur Ein- und Aus- übernommen, so teilen dies die Empfänger durch
gabe dienen, d. h. man kann sowohl Daten emp- die NDAC-Leitung (keine Daten empfangen) mit.
fangen als auch senden. Somit ist der Datenbus Anschließend erklärt der Sender durch die DAV-
ein bi-direktionaler Bus, dessen Kommunikati- Leitung (Daten stehen bereit) die Daten solange
onsrichtung durch entsprechende Steuerleitungen für ungültig, bis neue Daten auf den Datenlei-
eingestellt wird. tungen bereitstehen. Sind die Empfänger mit der
Verarbeitung der übernommenen Daten fertig, so
Handshake-Leitungen Der IEC-Bus hat drei teilen sie dies durch die NRFD- und NDAC-Lei-
Handshake-Leitungen. tungen über den Handshake-Bus mit.
DAV: Data Valid, Daten stehen bereit,
NRFD: Not Ready For Data, keine Bereitschaft Steuerleitungen Zur Steuerung des Datenflus-
zur Datenübernahme und ses dienen beim IEC-Bus folgende fünf Leitun-
NDAC: No Data Accepted, keine Daten empfan- gen:
gen. REN: Remote Enable, Fernsteuerungssignal,
Am Bus können zwar mehrere Sender vorhan- EOI: End or Identify, Ende- oder Identifikati-
den sein, jedoch darf nur jeweils ein Sender aktiv onssignal,
sein. Man darf auch nur dann senden, wenn alle IFC: Interface Clear, Interface betriebsbereit
angesprochenen Teilnehmer sich als empfangsbe- schalten,
reit gemeldet haben (der Kommunikationsablauf SRQ: Service Request, Bedienungsanforde-
ist entsprechend dem Hardware-Handshake nach rung und
Abb. 15.7). Durch die Leitung DAV (Daten ste- ATN: Attention, Achtung- oder Null-Leitung.
hen bereit) teilt der Sender mit, dass auf den Durch die REN-Leitung schaltet man die an den
Datenleitungen Daten zum Empfang bereitste- Bus angeschlossenen Geräte auf Fernsteuerungs-
hen. Anschließend erklären die Empfänger über betrieb um und schaltet die Bedienungsfunktio-
die NRFD-Leitung (keine Bereitschaft zur Da- nen an den Geräten aus. Nach dem letzten Byte
tenübernahme), dass sie keine weiteren Daten eines Datenblocks wird die EOI-Leitung (Ende-
696 J. Gutekunst
Signal) aktiviert oder die ATN-Leitung (Ach- 1 Mbyte=s. Maximal kann man 15 Geräte an-
tung) meldet, welche der angeschlossenen Gerä- schließen, wobei mindestens zwei Geräte vorhan-
te einen Datentransfer benötigen. Anschließend den sein müssen, von denen eines als Steuerein-
werden alle angeschlossenen Geräte in einen de- heit (IEC-Bus-Controller) eingerichtet sein muss.
finierten Grundzustand versetzt (Reset). Mit der
SRQ-Leitung (Bedienungsanforderung) fordert Nachrichten und Befehle im IEC-Bussystem
ein am Bus angeschlossenes Gerät eine Bedie- Zusätzlich zu den Handshake-Leitungen sendet
nung vom Steuergerät (Controller) an. Die ATN- man Befehle und Nachrichten auch als Byte-
Leitung zeigt an, ob sich gültige Daten auf den folgen über den Bus. Diese Nachrichten lassen
Datenleitungen befinden oder ob Adressen und sich in vier Gruppen einteilen: Universalbefeh-
Gerätenachrichten über die Datenleitungen aus- le (für alle Teilnehmer), adressierte Befehle (nur
getauscht werden. für bestimmte Teilnehmer gültig), Adressen (an-
geschlossene Geräte können als Sender oder
Elektrische Festlegungen Die elektrischen Pe- Empfänger eingestellt werden) und Unteradres-
gel der Bussignale entsprechen den Pegeln von sen und Sekundärbefehle (Geräte mit Zwei-Byte-
TTL-Bauteilen (Abschn. 12.1.1). Das heißt, gül- Adressen).
tige Pegel sind 0 V US 0;8 V und 2;4 V Abbildung 15.12 zeigt die Steckerbelegung
US 5 V. Die Zuordnung der Pegel zu logischen für den IEC-Bus, einmal für den Stecker nach
Werten entspricht der einer negativen Logik, d. h. IEEE-488 und den 25-poligen Sub-D-Stecker
eine Spannung US 0;8 V entspricht dem Wert nach IEC-625.
„1“ und eine Spannung US
0;8 V entspricht Tabelle 15.1 stellt die einzelnen Signale ge-
dem Wert „0“. Die Signale der einzelnen Gerä- genüber.
te werden mit logisch- UND verknüpft, d. h., die
Spannung US kann nur dann den Wert 2,4 V über- 15.2.2 SCSI-Bus
schreiten, wenn alle Geräte diesen Pegel senden.
Eine Gesamtkabellänge von 20 m sollte man SCSI steht für Small Computer System Interface
nicht überschreiten und die Abstände zwischen und ist bereits seit mehr als 25 Jahren nicht mehr
den Geräten sollten nicht größer als 2 m sein aus der Rechnertechnik wegzudenken. Es ist ein
(Ausnahme: Zwischen dem Controller und ers- 8=16-Bit paralleles Interface, das zunächst nur für
tem Gerät dürfen bis zu 4 m Abstand sein). die Anschaltung von schnellen Peripheriegeräten
Die Ausgabegeschwindigkeit liegt, abhängig von geplant war, wie beispielsweise Festplattenspei-
den Ausgabebauteilen, zwischen 250 Byte=s und cher und später Brenner für CD-ROMs.
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 697
Tab. 15.1 Signalbelegung der Steckerkontakte nach 640 MByte=s zu übertragen. Tabelle 15.2 gibt
IEEE-488 und IEC-625 eine Übersicht über die unterschiedlichen Evo-
Kontakt Nr. IEEE-488 IEC-625 lutionsstufen und die damit zusammenhängende
1 D1 D1 Performance Steigerung.
2 D2 D2 Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, basiert die
3 D3 D3 Standard Variante immer auf einem 8-Bit Da-
4 D4 D4 tenbus, während die Wide Variante einen doppelt
5 EOI REN
breiten Datenbus, also 16-Bit, besitzt. Die letzten
6 DAV EOI
Entwicklungen, Ultra-160, Ultra-320 und Ultra-
7 NRFD DAV
640 haben grundsätzlich einen 16 Bit breiten
8 NDAC NRFD
9 IFC NDAC
Datenbus. Für diese Ausprägungen findet man
10 SRQ IFC auch die Bezeichnung Ultra-3, Ultra-4 und Ultra-
11 ATN SRQ 5 SCSI.
12 Abschirmung ATN Der SCSI-Bus wird heute vorwiegend in Re-
13 D5 Abschirmung chenzentren bei Serversystemen eingesetzt. Die
14 D6 D5 unterschiedlichen Ausprägungen haben auch un-
15 D7 D6 terschiedliche Stecker und Verbindungsleitungen
16 D8 D7 hervorgebracht (rechte Spalte in Tab. 15.2).
17 REN D8 Die Weiterentwicklung hat auch Einfluss auf
18 GND GND die elektrischen Signale gehabt. So gibt es heute
19 GND GND
3 elektrische Standards:
20 GND GND
Single-Ended SCSI (SE),
21 GND GND
Low-Voltage-Differential SCSI (LVD) und
22 GND GND
23 GND GND
High-Voltage-Differential SCSI (HVD).
24 GND GND Letzteres wird nur in großen Rechnersystemen
25 – GND eingesetzt und ist nicht kompatibel zu SE und
LVD. LVD-Geräte sind hingegen meist rück-
wärtskompatibel und können auch im SE-Mode
gefahren werden.
SCSI hat über die Zeit verschiedene Innova- Typischer Weise werden für SCSI-Verbindun-
tionszyklen erlebt und ist heute in der schnells- gen 50-polige bzw. 68-polige Leitungen verwen-
ten Variante als SCSI-640 in der Lage, etwa det. Einzige Ausnahme ist die neueste Generation
Datenleitungen Da der gesamte Datenaus- Kontakt Nr. 6: DSR (Data Set Ready), Betriebs-
tausch der V.24-Schnittstelle bitseriell erfolgt, bereitschaft und
braucht man nur zwei Leitungen (eine Hin- und Kontakt Nr. 8: DCD (Data Channel Received
eine Rückleitung). Diese sind: Line Signal Detector), Empfangssignal-
Kontakt Nr. 2: TXD (Transmit Data), Sendeda- pegel.
ten und
Kontakt Nr. 3: RXD (Received Data), Emp- Taktleitungen Um eine synchrone Datenüber-
fangsdaten. tragung zu ermöglichen, müssen Taktleitungen
vorhanden sein, die den Sende- und Empfangs-
schrittakt des Senders zum Empfänger bzw.
Steuerleitungen Sie dienen zum Ein- und Aus-
umgekehrt übermitteln. Dabei kann man unter-
schalten des Senders vom Empfänger aus und zur
schiedliche Geschwindigkeiten zum Senden bzw.
Festlegung des Übertragungszustandes des Sen-
zum Empfang benutzen, und zwar mit folgenden
ders. Diese sind:
Leitungen:
Kontakt Nr. 4: RTS (Request To Send), Sender
Kontakt Nr. 15: TC (Transmitter Signal Ele-
einschalten und
ment Timing), Sendeschrittakt vom Sender
Kontakt Nr. 20: DTR (Data Terminal Ready),
(DÜE) an den Empfänger (DEE),
Endgerät betriebsbereit (kann auch als
Kontakt Nr. 17: RC (Receiver Signal Element Ti-
BUSY-Signal des Empfängers angesehen
ming), Empfangsschritt-Takt vom Sender
werden).
(DÜE) an den Empfänger (DEE) und
Kontakt Nr. 24: Transmitter Signal Element Ti-
Meldeleitungen Um die Betriebsbereitschaft ming, Sendeschritt-Takt vom Empfänger
und die Sendebereitschaft des Senders anzuzei- (DEE) an den Sender (DÜE).
gen, bedient sich der Sender zweier Leitungen
(CTS und DSR). Der Empfänger zeigt mit Hilfe Stromversorgungsleitungen Für einen siche-
der Leitung DCD an, ob bei den empfange- ren Betrieb, verbindet man beim Sender und
nen Informationen die richtigen Pegelverhältnis- Empfänger die Schutzerde und die Betriebser-
se (s. elektrische Eigenschaften) herrschen. Diese de (Bezugspotenzial 0 V) miteinander. Dies ge-
Leitungen sind: schieht mit den Leitungen Stift Nr. 1: (Protective
Kontakt Nr. 5: CTS (Clear To Send), Sendebe- Ground), Schutzerde und Stift Nr. 7: (Signal
reitschaft, Ground), Betriebserde.
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 701
bzw. abbrechen muss. Dazu muss zuerst bekannt dung findet. Abbildung 15.15 zeigt die Signalbe-
sein, ob die beiden zu verbindenden Geräte Sen- legung beider Stecker.
der oder Empfänger sind (DÜE oder DEE), weil Die Datenleitungen RXD und TXD sowie die
dann gekreuzte oder gerade Kabel zu benutzen wichtigsten Handshake Leitungen CTS und RTS
sind. Im Weiteren ist zu prüfen, mit welchem sind in Abb. 15.15 rot hervorgehoben. Sie sind für
Protokoll und über welche Leitungen die beiden eine schnelle und sichere Datenverbindung min-
Geräte kommunizieren sollen. destens notwendig und wird weiter unten in der
Von den verschiedenen Arten von Protokol- 5-Draht Variante näher erläutert.
len sind die wichtigsten das XON=XOFF-Proto- Für den Verbindungsaufbau zwischen zwei
koll und das ETX=ACK-Protokoll (ETX: End of Geräten haben sich nachfolgende Verdrahtungs-
Text; ACK: Acknowledge). Beim XON=XOFF- varianten etabliert.
Protokoll benutzt man Zeichen, um die Sende-
berechtigung zu erteilen (Software Handshake), Die Dreidrahtverbindungen Im einfachsten
während man beim ETX=ACK-Protokoll sowohl Fall kann man zwei V.24=RS232-Geräte mit den
die Steuerleitung DTR als auch Zeichen verwen- beiden Datenleitungen verbinden und dem korre-
det. Je nach Art des Protokolls werden also zur spondierendem Bezugspotenzial. In diesem Fall
Steuerung der Kommunikation mehr oder weni- können jedoch keinerlei Informationen über den
ger Leitungen betrieben. Zustand der Kommunikation ausgetauscht wer-
den und es ist zwingend ein Software Hand-
15.3.1.4 Anschlussmöglichkeiten shake nach Abschn. 15.1.2 notwendig. Abbil-
Aufgrund der umfangreichen Nutzung der unter- dung 15.16 zeigt den einfachen Aufbau, die not-
schiedlichen Steuersignale gibt es entsprechend wendige Verdrahtung und Pin-Belegung.
viele Anschlussmöglichkeiten. Für den Betrieb
einer RS-232-Schnittstelle haben sich jedoch nur 5-fach Variante und Mehrdrahtverbindungen
ein paar wenige etabliert, die im Folgenden erläu- Zusätzlich zu den Datenleitungen können zur
tert werden sollen. Kommunikationssteuerung die Signale CTS und
Im Wesentlichen werden als physikalische RTS verwendet werden.
Schnittstelle ein Hier liegt bereits ein einfaches Handshake-
25-poliger D-Sub Stecker oder ein Verfahren vor: Über die Meldeleitung CTS teilt
9-poliger D-Sub Stecker der Sender mit, dass er weitere Daten bereit
verwendet. Der 9-polige Stecker hat sich vor al- hält, während der Empfänger über die Leitung
lem bei den Heimcomputern durchgesetzt, wäh- RTS mitteilt, dass er Daten empfangen kann. Die
rend der 25-polige Stecker bei Endgeräten wie Übertragung findet nur dann statt, wenn beide Si-
Scanner, Bar-Code-Leser oder Drucker Verwen- gnale einen „1“-Pegel besitzen.
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 703
7 Signal GND 7
2 2
TXD TXD
3 3
RXD RXD
Da Datenendgeräte sowohl 25-polige Stecker Abbildung 15.18 zeigt eine praktische Aus-
als auch 9-polige Stecker aufweisen, wird oft führung des oben beschriebenen Kabels.
ein Adapterkabel angewendet. Auf der Basis der Eine weiterführende Form dieses Handshakes
5-fach-Variante wird in Abb. 15.17 die Verschal- ist der Mehrdraht-Handshake, bei dem zusätz-
tung aufgezeigt. lich noch die Leitungen DSR (DSR: Data Send
704 J. Gutekunst
15.3.1.5 Funktionsüberprüfung
Abb. 15.18 Verbindungskabel zwischen 25-poligen und Mit einem Teststecker (Abb. 15.20) kann man
9-poligen DEE Teilnehmern die Funktion der Schnittstelle überprüfen und mit
einem einfachen Programm Zeichen senden und
wieder empfangen.
Ready; Betriebsbereitschaft) und DTR (DTR: Der Teststecker in der linken Hälfte von
Data Terminal Ready; Endgerät betriebsbereit) Abb. 15.20 wird auch als „Loop-Back-Connec-
benutzt werden (Abb. 15.19). Wiederum erfolgt tor“ bezeichnet.
eine Übertragung erst dann, wenn alle Meldelei- In der rechten Hälfte von Abb. 15.20 wird die
tungen einen „1“-Pegel führen. Rückführung des Handshake-Signales auch dazu
Falls beide Geräte über eigene Taktgeber ver- genutzt, um unterschiedlich ausgeprägte RS232
fügen, können auch noch die Leitungen TC (TC: Schnittstellen zu verbinden. Damit der Teilneh-
SDA
SCL
mer mit Handshake-Signalen die Kommunikati- Abb. 15.22 sind die beiden Pull-Up-Widerstän-
on durchführen kann, müssen seine Handshake- de eingezeichnet. Sie kommen in einem I2 C-Bus-
Signale entsprechend dem Teststecker verdrah- System nur einmal vor.
tet werden. Die Kommunikation selbst entspricht Die Widerstände RS (serieller Einkoppelwi-
der 3-Draht-Verbindung in Abb. 15.16, was Soft- derstand) und die Kapazitäten C dienen zum
ware-Handshakes empfiehlt. Leitungsabschluss und bedämpfen die harmoni-
schen Anteile des Takt- und Datensignals. Ihre
Dimensionierung ist abhängig von
15.3.2 I2 C -Schnittstelle der Länge,
der Anzahl der Teilnehmer,
Die I2 C-Schnittstelle wurde in den 80er Jahren der Übertragungsrate und dem
von Philips entwickelt und lag schließlich 1992 physikalischen Aufbau auf der Leiterplatte.
in der Spezifikation 1.0 vor. Sie ist ausschließ-
I Hinweis: Insbesondere bei hohen Übertra-
lich eine geräteinterne Schnittstelle und dient zur
gungsraten ist zur Einhaltung der EMV-Ab-
seriellen Kommunikation von digitalen Baustei-
strahlungsrichtlinien die serielle Einkopplung
nen untereinander. I2 C leitet sich dabei von Inter
notwendig. Durch die RC-Zeitkonstante erfolgt
Integrated Circuit ab. Die I2 C-Schnittstelle zählt
die Bedämpfung der Taktflanke und somit
zu den taktsynchronen Kommunikationsschnitt-
die der ungeradzahligen harmonischen Antei-
stellen.
2 le (Abschn. 13.3.1).
Die wesentlichen Eigenschaften des I C-Bus
sind: Der Bus-Master bestimmt die Übertragungsge-
2-Draht BusleitungCBezugspotenzial (GND), schwindigkeit. Dabei sind folgende 4 Grundmodi
jeder Teilnehmer hat eine eindeutige Adresse, möglich:
die Kommunikation erfolgt nach dem Master- Standard Mode: 100 kHz.
Slave Prinzip und Fast Mode: 400 kHz.
die Baud-Rate ist variable und wird von der Fast Mode Plus: 1 MHz
Takt-Leitung gesteuert. High Speed Mode: 3,4 MHz.
Abbildung 15.21 zeigt eine einfache Übersicht Die angegeben Taktraten sind jeweils das Maxi-
über ein durch I2 C gesteuerten Master-Slave Bus. mum in diesem Mode und können theoretisch vom
In Abb. 15.21 ist auch zu erkennen, dass die Master beliebig verlangsamt werden. Dabei ist al-
beiden Busleitungen SDA (Serial Data) und SCL lerdings auf die angeschlossenen I2 C-Teilnehmer
(Serial Clock) über einen Pull-Up-Widerstand zu achten, die unter Umständen für die Datenauf-
an die Versorgungsspannung Vcc angeschlossen bereitung eine Mindesttaktrate benötigen.
werden. Dies ist notwendig, da alle Ausgänge Der Datenaustausch erfolgt durch das Startsi-
der I2 C Teilnehmer nach dem open collector- gnal des Masters, gefolgt von der Adresse des
Prinzip arbeiten und nur gegen die Bezugsmas- anzusprechenden Slaves. Bei der Adresse werden
se aktiv geschaltet werden. Das Bussystem stellt dabei nur 7 der 8 Bit als Adressierung verwendet,
so ein „Wired-OR“ für das Low-Signal bzw. das 8te Bit dient zur Einstellung der Kommuni-
ein „Wired-AND“ für das High-Signal dar. In kationsrichtung: Lesen oder schreiben.
706 J. Gutekunst
Pull Up Widerstände
VDD VDD
serielle Einkoppelwiderstände
für jeden Teilnehmer
SDAIN SDA
RS
Querleitungs-
SDAOUT kapazität CC (Cross)
SCLIN SCL
RS
SCLOUT CP CP
GND GND
parallel Kapazitäten
Slave
S Address W ACK Data 1 ACK Data 2 ACK Data n ACK P
SDA
x7 x8
SCL
Damit ergibt sich für den I2 C-Master ein theo- Jede Übertragung eines Datums, unabhängig
retischer Adressraum von maximal 128 Teilneh- ob Adresse oder Daten, wird dabei mit einem
mern, wobei allerdings 16 Adressen für Sonder- Acknowledge quittiert. Wie in Abb. 15.23 eben-
aufgaben reserviert sind. Somit beschränkt sich falls dargestellt, können auch mehrere Telegram-
die maximale Teilnehmerzahl auf 112. Abbil- me an eine Adresse versendet oder abgeholt wer-
dung 15.23 zeigt den Übertragungsablauf. den.
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 707
Abb. 15.25 Master SPI Master SPI Slave 1 SPI Slave 2 SPI Slave 3
mit mehreren Slave
Select-Leitungen SCLK SCLK SCLK SCLK
MOSI MOSI MOSI MOSI
MISO MISO MISO MISO
SS SS SS
SS1
SS2
SS3
708 J. Gutekunst
SS
MISO
CPHA = 0
MOSI
MISO
CPHA = 1
MOSI
15.3.4 USB USB Port und USB Stecker sind durch das USB
Symbol gekennzeichnet (Abb. 15.27), das für die
USB steht für Universal Serial Bus und wurde Version USB 3.0 mit einem doppelten S für Super
1994 von sieben Firmen (Compaq, Intel, IBM, Speed ergänzt ist.
Norton, DEC, NRC und Microsoft) zur Harmo- USB stellt kein Netzwerk dar, sondern baut
nisierung der Schnittstellenvielfalt an Compu- eine logische Punkt-zu-Punkt Verbindung auf.
tern entwickelt. Die Spezifikation für USB 1.0 Dies resultiert in einer Sterntopologie, bei der der
stand 1996 zur Verfügung und Intel, ein wesent- Sternknoten (Hostadapter) den Kommunikations-
licher Treiber dieser neuen Schnittstelle, brachte aufbau steuert.
schließlich Ende der 90er Jahre die ersten Penti- Über die letzten 20 Jahre hat sich USB für
um Chips mit USB 1.0 auf den Markt. nahezu alle Applikationen empfohlen und wurde
USB standardisierte die Schnittstellen zu Dru- kontinuierlich weiterentwickelt. Diese Weiterent-
cker, Tastaturen, Eingabegeräte (z. B. Maus, Joy- wicklung ging insbesondere in zwei Richtungen:
stick), Scanner, Kameras und vielen anderen Ge- Performance, d. h. höhere Geschwindigkeiten
räten durch und
ein einheitliches Protokoll und Miniaturisierung, um auch den Anschluss von
eine einheitliche mechanische Schnittstelle immer kleiner werdenden Endgeräten, wie
(Stecker). beispielsweise Smartphones zu ermöglichen.
1 2 3 4
D- +5V
2 1
USB Stecker Typ B
(Geräteseite)
3 4
D+ GND
USB in der Ausbaustufe 3.1 ist in der Lage, bis In der Zwischenzeit gibt es auf der Geräteseite
zu 10 GBit/s zu übertragen. Tabelle 15.5 zeigt eine ganze Reihe von herstellerspezifischen USB
eine Übersicht über die Entwicklung der Über- Anschlüssen, die eine Vereinheitlichung der Da-
tragungsrate seit der ersten Version: tenkabel erschwert hat.
Neben der Anforderung immer höhere Über- Die Signalübertragung erfolgt im USB Ka-
tragungsgeschwindigkeiten zu realisieren, war bel als differenzielles Signal D und DC (sie-
auch die Miniaturisierung in den letzten Jahren he auch Abb. 15.28 und 15.29). Damit erreicht
eine wesentliche Herausforderung für die Indus- man eine höhere Störfestigung, insbesondere bei
trie. Auf der Host Seite (Computer Seite) hat sich Gleichtaktstörungen. Die anderen beiden Adern
der USB-Stecker Typ A bis heute gehalten und im USB Kabel dienen zur Spannungsversor-
bildet den Anschluss-Standard für jeden Rechner. gung des USB Gerätes. Dazu muss der Control-
USB-Geräte wurden hingegen mit dem Stecker ler mindestens 100 mA bei 5 V zur Verfügung
Typ B angeschlossen, so dass eine eindeutige stellen, optional sogar 500 mA. Spezielle Con-
Trennung durch die Stecker-Geometrie gegebe- troller, die als USB-PD (USB-Power Device)
nen war (Abb. 15.28). bezeichnet werden, können bis zu 2,5 A also
Die Miniaturisierung auf der Geräteseite zeigt 100 W bereitstellen, was insbesondere zum La-
Abb. 15.29 mit den Bauformen Mini und Micro den von Akkubetrieben Geräten genutzt werden
USB. Dabei wurde auch das 4-polige Interface kann.
durch einen 5. Pin ergänzt, der zur Kodierung ver- Der Verbindungsaufbau bei USB erfolgt
wendet wird. Prinzipiell ist die Signalbelegung grundsätzlich vom Controller aus, also vom
dieselbe. Computer. Es ist eine Punkt-zu-Punkt Verbin-
710 J. Gutekunst
Typ A Typ B
Signalbelegung
(Computer-Seite) (Geräteseite)
5 4 3 2 1 5 4 3 2 1
Mini USB
Pin Funkon
1 +5V
2 - Daten
3 + Daten
5 43 2 1 5 43 2 1
4 ID (GND oder nicht belegt)
5 GND
Micro USB
dung (auch Peer-to-Peer), die das USB-Gerät Datenraten und Paketgrößen. Tabelle 15.6 zeigt
selbst nicht aktiv bedienen kann. eine Übersicht.
Wie in Tab. 15.6 zu sehen ist, erfolgt bei
der isochronen Übertragung keine Wiederholung
I USB ist eine Master-Slave Verbindung, die von
fehlerhafter Datenpakete. Dies liegt vor allem
der Controllerseite aufgebaut wird. Der Con-
darin begründet, dass bei einer Wiederholung
troller fragt dazu das Endgerät zyklisch ab.
des Datenpaketes die isochrone Zeitvorgabe nicht
mehr eingehalten werden kann. So nimmt man
Steht eine Verbindung, spricht man von einer beispielsweise bei Applikation wie Audio- und
sogenannten „Pipe“. Die Pipes sind durch 4- Videostreaming in Kauf, dass einzelne Datenpa-
Bit adressiert, so dass zu einem Endgerät bis kete ausfallen, da ein nicht ruckfreies Bild eher
zu 16 Pipes aufgebaut werden können. Aller- wahrgenommen wird als ein fehlender Pixel.
dings wird die Adresse 0 zur Initialisierung ver-
wendet und ist der einzige bi-direktionale Ka-
nal. 15.3.5 Bluetooth
Für die Datenübertragung stehen vier unter-
schiedliche Modi zur Verfügung: Bei Bluetooth handelt es sich um eine drahtlose
Bulk Modus, Verbindung zwischen zwei Geräten. Sie wurde
Isochroner Modus, in den 90er Jahren entwickelt und sollte vor al-
Interrupt Transfer und lem die lästigen Kabel rund um den Computer
Kontroll Transfer. ersetzen.
Die verschiedenen Modi sind anwendungsbezo- Namensgeber für die Funkschnittstelle Blue-
gen sinnvoll und arbeiten mit unterschiedlichen tooth ist der dänische König Harald Blåtand
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 711
Tab. 15.7 Bluetooth Ver- Bluetooth Version 1.0/1.1/1.2 2.0/2.1 3.0 C HS Netto Datenrate
sionen und Datenraten Basis Datenrate 1 Mbit/s 1 Mbit/s 723,2 kbit/s
EDR 2 Mbit/s 1446,2 kbit/s
(Enhanced Data Rate) 3 Mbit/s 3 Mbit/s 2169,6 kbit/s
HS (High Speed C WLAN) 54 Mbit/s
oft auch über Jahre hinweg erhalten bleibt. Auch zeitfähige Feldbussystem angeschlossen. Damit
neue Möglichkeiten zur Energiebereitstellung auf ist IO-Link feldbusunabhängig.
der Basis von Energy Harvesting (Energiege-
winnung aus der Umwelt) könne so erschlos- I IO-Link beschreibt eine feldbusunabhängige
sen werden. Die maximale Reichweite beträgt Kommunikation zwischen Sensoren und Akto-
10 m. ren und der Maschinensteuerung.
Allerdings wird damit auch deutlich, dass
hoch performante Übertragungen, wie beispiels- Abbildung 15.32 zeigt, wie sich IO-Link in der
weise Audio- und Video-Streaming mit Blue- Kommunikationspyramide nach Abb. 15.28 ein-
tooth 4 nicht sinnvoll möglich sind Somit wird es gliedert. Dabei ist gut zu erkennen, wie die Kom-
eine Koexistenz zwischen den bestehenden Blue- munikation nach unten in die Sensor-Aktorebene
tooth Varianten und Bluetooth 4 geben. ergänzt wird. Dies ist schlussendlich die Voraus-
setzung für
flexible Fertigung,
sichere Kommunikation mit intelligenten De-
15.3.6 IO-Link vices,
Diagnose und
Der Wunsch, in der Fabrikautomation über die damit alle Arten von Reduktion von unprodukti-
Sensor-/Aktorleitung mehr als nur das Schaltsi- ven Zeiten an Maschinen und Anlagen. Insbeson-
gnal zu übertragen, ist mit IO-Link Wirklichkeit dere vor dem Hintergrund der Digitalisierung der
geworden. Die erste Vorstellung von IO-Link Produktion im Rahmen von Industrie 4.0 kommt
erfolgte auf der Hannover Messe 2006, erste Pro- IO-Link eine große Bedeutung zu.
dukte sind seit 2008 auf dem Markt. Die wesentlichen Eckpunkte von IO-Link
In der Zwischenzeit ist IO-Link in der IEC sind:
61131-9 niedergeschrieben und als weltweiter Punkt-zu-Punkt Datenverbindung,
Standard verfügbar. Dies garantiert die Interope- 3 Geschwindigkeiten: 4,8 kBaud, 38,4 kBaud
rabilität der Produkte. Kennzeichen der IO-Link und 230 kBaud,
Schnittstelle ist der bidirektionale Pfeil im Kreis, großer Störabstand (24 V Spannungshub),
sowie ein genormter Schriftzug (Abb. 15.31), der Prozessdaten- und Servicedatenübertragung,
ebenfalls geschützt ist und von den Konsortial- basierend auf dem Standard UART Datenpro-
mitgliedern exklusiv genutzt werden kann. tokoll (siehe Abb. 15.29).
Anders als die vorangegangenen Feldbusse Bei der Spezifikation der IO-Link Datenüber-
basiert IO-Link auf einer Punkt-zu-Punkt Kom- tragung wurde vor allem auch auf die Rück-
munikation und ist daher kein Bussystem. IO- wärtskompatibilität zu den schaltenden Gerä-
Link ermöglicht die Kommunikation mit intelli- ten wie Näherungsschalter und Hydraulikventile
genten Sensoren und Aktoren (Devices genannt) Wert gelegt. Die Masteranschaltung muss da-
mit ihrer aktiven Anschaltbox, dem IO-Link Mas- her auch die Standardfunktionen eines normalen
ter. Dieser wiederum ist an das eigentliche echt- Ein- oder Ausgangs abbilden können. Diese bei-
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 713
Leit-
ebene
Feldkommunikaon
Steuerungs-
ebene
Feldbusebene
IO-Link
Sensor-/Aktorebene
den unterschiedlichen Betriebsarten verdeutlicht Die Kommunikation mit dem Device basiert auf
Abb. 15.33. dem Pulsen der Schaltspannung. Dabei wird der
Demnach kann ein IO-Link Port folgende drei gesamte Spannungshub von 24 V ausgenutzt (sie-
Zustände einnehmen: he Abb. 15.33). Der Datenrahmen entspricht
IO-Link Kommunikation mit einem IO-Link dabei dem typischen UART Rahmen (siehe Ab-
Device nach IEC 61131-9, schn. 15.4.2, Abb. 15.38) und wird durch eine
Standard Eingang nach IEC 61131-2 und zusätzliche Prüfsumme gesichert. In Abb. 15.34
Standard Ausgang zum Ansteuern von Akto- ist beispielhaft ein Datenrahmen für Prozess und
ren. Diagnosedaten dargestellt. Dabei werden im
714 J. Gutekunst
a
Master Request Telegram CMD CHK/TYPE
b
Master Request Telegram CMD CHK/TYPE Service
Abb. 15.34 Aufbau eines Telegramms vom Typ 2.4 für 2 Eingangsbytes. a 2 Byte Eingangsdaten C1 Byte Diagnose-
daten, b 2 Byte Eingangsdaten C1 Byte Parameterdaten (Servicedaten) für das Device
Tab. 15.9 Telegrammtypen bei IO-Link Gründen wurde der neue Frame Typ 2.V entwi-
Telegrammtyp Eingangsprozess- Ausgangsprozess- ckelt, der eine variable Anzahl von bis zu 32 Byte
Frame Type datenlänge datenlänge Nutzdaten zulässt, ohne das die Übertragung un-
in Byte in Byte terbrochen wird (Streaming).
0 0 0
Mit dieser zusätzlichen Kommunikation kön-
1 variabel variabel
nen nun eine ganze Reihe erweiterter Daten vom
2.1 1 0
Sensor/Aktor an die Steuerung übertragen wer-
2.2 2 0
2.3 0 1 den. Dabei unterscheidet man im Wesentlichen 2
2.4 0 2 Datentypen:
2.5 1 1 Prozessdaten, die den Zustand der Maschi-
2.V variabel ne/Anlage melden und
Servicedaten, die zur Einstellung oder Dia-
gnose eines Devices führen.
Prozessdaten können insbesondere auch Analog-
Fall a) 8 Bit Diagnosedaten vom Sensor ausge- werte von Drucksensoren oder Füllstandsmess-
lesen, hier als Service Data bezeichnet. Im Fall geräte sein. Das analoge Signal wird dabei vom
b) schreibt der Master beispielsweise Parameter- Mikroprozessor des Sensors gleich in das IO-
daten in das IO-Link Device. In beiden Fällen Link Datenformat verpackt, so dass keinerlei Ver-
werden jedoch 2 Bit Eingangsdaten angefordert, luste entstehen. Ein weiterer Vorteil ist die we-
so dass es sich um den Frame Typ 2.4 handelt. sentlich robustere Datenübertragung zum Master
Eine Übersicht ist der Tab. 15.9 zu entnehmen. im Vergleich zu einer analogen Datenleitung bis
Die Übertragungsrate für 2 Byte Prozessda- in die Steuerungszentrale.
ten und 1 Byte Servicedaten beträgt 2,3 ms bei Ebenfalls eine wesentliche Bedeutung kommt
38,4 kBaud Übertragungsrate. den Servicedaten zu. Hier unterscheidet man in
Die Telegramm Rahmen (Frame Types) 2.1 zwei weitere Kategorien:
bis 2.5 setzen dabei auf maximal 2 Bytes Pro- den Parameterdaten zur Einstellung der Devi-
zessdaten auf und werden somit, wie Abb. 15.34 ces und
zeigt, in einem Kommunikationszyklus übertra- den Diagnosedaten, insbesondere bei Fehlern
gen. Der Telegrammtyp 1 erlaubt die Übertra- oder Verschleiß.
gung von mehr als nur 2 Bytes, die allerdings Beispiele für Parameterdaten sind:
in mehreren aufeinanderfolgenden Kommunika- Druckparameter: Schaltpunkte, Hysterese,
tionszyklen übertragen werden. Aus Performance Verzögerung, Mittelwert,
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 715
24V
0V
Schaltparameter: Schaltpunkte, Hintergrund- somit stabiler und für die Auswertesteuerung bes-
ausblendung, Farbrezepte, ser beherrschbar. Zudem kann das geschirmte
Signalinvertierung und Kabel durch eine Standard Sensor/Aktor-Leitung
Schwellwerte. ersetzt werden, die erheblich kostengünstiger und
Beispiele für Diagnosedaten sind: durch ihren einfachen Aufbau auch mechanisch
interner Fehler, robuster ist.
gemessene Lichtleistung zu schwach, Die IO-Link Devices werden durch eine Gerä-
Überspannung, Unterspannung und tedatei beschrieben, der IODD (IO-Link Device
Leitungskurzschluss. Description). Darin sind alle herstellerspezifi-
Will ein IO-Link Master mit einem schaltenden schen Variablen beschrieben und in indizierten
Device kommunizieren, muss er vom Standard Speicherbereichen abgelegt. Die IODD besteht
IO Modus (SIO Mode) in den Kommunikati- aus einem oder mehreren XML-Files, die durch
onsmodus umschalten. Dies erfolgt mit Hilfe die Steuerung entsprechend interpretiert werden.
eines „Wake-Up“ Impulses an das Device, wor- Auch alle unterstützen Fremdsprachen sind dar-
auf dieses für den Empfang von Daten bereit ist in abgelegt. Wesentliche Bestandteile der IODD
(Abb. 15.35). sind:
Ist die Parameterübertragung abgeschlossen, Physik (Frametyp),
kann der Master das Device wieder in den Baudrate (4,8 kBaud, 38,4 kBaud oder
schaltenden zustand zurücksetzen, was als „Fall 230 kBaud) und
Back“ bezeichnet wird. So können beispielswei- Die Minimum Cycle Time (beschreibt die in-
se Prozessparameter bei Rezepturwechsel sehr terne Laufzeit des Devices).
einfach an die Sensoren weitergegeben werden, Diese Daten sind notwendig, damit der Master
ohne dass ein manuelles Eingreifen notwendig die Kommunikation aufnehmen kann. Ebenfalls
ist. abgelegt werden ergänzende Informationen, z. B.
Ein wesentlicher Vorteil der IO-Link Kommu- Vendor ID (Hersteller Identifikation),
nikation ist auch die Übertragung von analogen Vendor Name (Hersteller im Klartext),
Werten auf digitale Weise (kontinuierliche Kom- Device ID (Geräte Identifikation) und
munikation). Damit erreicht man eine wesentlich Device Symbol.
höhere Störfestigkeit sowie eine deutliche Re- Alle Daten werden über eine indizierte Tabelle im
duzierung des Rauschanteils. Die Werte werden Device abgelegt.
716 J. Gutekunst
Phase 1: 1 2 3 4 Senden
Phase 2: 1 2 3 4
Kollision
1 2 3 4 Rückzug
Phase 3:
1 2 3 4 Wiederholung
Phase 4:
Protokoll- Übertragungsrate
Komplexität (Geschwindigkeit) Teilnehmerzahl
11 Bit Gesamtlänge
8 Bit Nutzdaten
D0 D1 D2 D3 D4 D5 D6 D7 P
Startbit
Stoppbit
Paritätsbit
Abb. 15.38 UART Datenrahmen
maximal 127 Stationen mit Repeater, Reaktionen der Maschinensteuerung in das Feld
maximale Buslänge: übertragen.
– 100 m bei 12 MBit=s Profibus-DP wurde seit 1993 in zwei Schrit-
– 200 m bei 500 kBit=s ten sukzessive den Anforderungen entsprechend
– 1200 m bei 93;75 kBit=s und erweitert. Aus der ursprünglichen Version, heute
9-poliger D-Sub Steckverbinder. DP-V0 genannt, wurden
Realisiert werden heute bei Profibus-DP Datenra- DP-V1 für zusätzlich asynchrone Dienste und
ten bis 12 MBit=s. DP-V2 für isochrone Dienste
Im Feldbusbereich (Maschinenumgebung) hat entwickelt. Dabei können in der Variante DP-
sich der Profibus-DP einen festen Platz erobert V2 auch die Slaves untereinander kommunizieren
und soll daher im Folgenden näher betrachtet und Daten mit Zeitstempel versehen werden.
werden. Die Datenübertragungsrate beträgt typisch
Der Profibus-DP stellt eine Untermenge des in 1;5 MBit=s und 12 MBit=s und liegt damit deut-
der EN 50170 spezifizierten Busprotokolls dar. lich über den Profibussystemen FMS und PA. Der
Die Anzahl der Datentypen wurde dabei auf nur Profibus-DP wurde so für die hohen Anforderun-
noch einen Typ reduziert: das SRD-Telegramm gen an die Übertragungsgeschwindigkeit und die
(SRD: Send-Request-Data). Dies hat den enor- Echtzeit optimiert.
men Vorteil, dass die angeschlossenen Teilneh- Der Datenrahmen des Profibusprotokolls ba-
mer nur noch einen einzigen Typ dekodieren siert auf der Übertragung, wie sie von seriellen
müssen. Dies übernimmt in der Regel bereits die Schnittstellen verwendet wird (UART: Universal
Busanschaltung, so dass der lokale Prozessor kei- Asynchronous Receiver Transmitter) und gliedert
ne weitere Interpretation durchführen muss. Die sich in folgende vier Bestandteile:
Reaktionszeiten im Feldbereich wurden dadurch Startbit,
deutlich verkürzt. 8 Bit Daten,
Die Reduzierung auf einen Typ hat auch einige Parity Bit und
Nachteile mit sich gebracht. Diese sind: Stopp Bit.
eingeschränkte Funktionsvielfalt, Abbildung 15.38 zeigt diesen Aufbau, wie er
keine Downloads möglich und von allen gängigen programmierbaren UART-
keine Multimasterfähigkeit. Bausteinen ermöglicht wird. Mit dieser kleinsten
Dadurch entsteht beim Profibus-DP ein Mo- Einheit lässt sich das Profibus-Protokoll aufbauen.
no-Master-System, das ständig seine Teilnehmer Es umfasst bis zu 154 Bits. Wichtige Bestandteile
(Slaves) abfragen muss. In diesem Fall spricht sind:
man auch von einem Scanner, der die aktuellen die Zieladresse,
Maschinenzustände in einem festen Raster zur der Datentyp (bei DP nur einer!),
SPS liefert. In gleicher Weise werden etwaige
720 J. Gutekunst
121 Bit
CAN_L
len Datenbus. Er benötigt eine aktive Busvergabe der anderen Teilnehmer, ohne dass seine Daten
(Bus-Arbitrierung) der Teilnehmer. zerstört werden. Dies wird als CSMA=CA Verfah-
Dies wird ermöglicht, in dem der sendewil- ren bezeichnet. Dabei bedeutet:
lige Teilnehmer seine Absicht durch das Auf- CS: Carrier Sense: jeder Teilnehmer hört die
schalten von dominanten und rezessiven Bits auf Busleitung mit;
die Zweidrahtleitung anzeigt. Dabei unterschei- MA: Multiple Access: jeder Teilnehmer ist
det man dominant high und dominant low so- gleichberechtigt und kann zu jeder Zeit auf
wie rezessiv high und rezessiv low. Diese vier den Bus zugreifen und
Möglichkeiten werden durch die beiden Signal- CA: Collision Avoidance: die Arbitrierung er-
leitungen CAN_H und CAN_L übertragen. Auf folgt zerstörungsfrei.
der Leitung CAN_H (CAN-Bus High dominant) In Abb. 15.41 ist dieser Mechanismus dargestellt.
wird der „1“-Zustand als dominant und der „0“- Teilnehmer 2 „verliert“ bereits im zweiten Bit-
Zustand als rezessiv übertragen. Auf der Lei- feld seine Sendeberechtigung, da die dominante
tung CAN_L wird der „0“-Zustand als dominant „0“ von Teilnehmer 1 und 3 die „1“ von Teil-
und der „1“-Zustand als rezessiv übertragen. Do- nehmer 2 überschreiben. Schließlich wird Teil-
minant bedeutet dabei, dass die Leitung vom nehmer 1 durch Teilnehmer 3 im fünften Bitfeld
initiierenden Master aktiv auf dieses Potenzial überschrieben und Teilnehmer 3 geht als „Sieger“
gelegt wird, während der andere Zustand (re- dieses Arbitrierungszyklus hervor. Auf der Bus-
zessiv) durch einen Pull-Up- oder Pull-Down- leitung selbst wird das Signal von Teilnehmer 3
Widerstand erreicht wird. Abbildung 15.40 zeigt von allen angeschlossenen Stationen unverzögert
schematisch, wie dies für die Leitung CAN_L bei zurückgelesen. Abbildung 15.42 verdeutlicht den
vier Teilnehmern erreicht wird: Jeder Teilnehmer Rücklesevorgang bei einem Teilnehmer, der die
ist mit seiner Busankopplung in der Lage, die im Sendeberechtigung verliert.
Ruhezustand positive Leitung (High-Potenzial) Die Arbitrierungsphase erfolgt während der
aktiv auf „0“-Potenzial zu ziehen. Sendung des Identifiers. Dabei überwacht der In-
Da nur der Null-Zustand erzwungen werden itiator seine Kennung (Priorität) und zieht sich
kann, ist die „1“ rezessiv. zurück, wenn ein rezessives Bit von einem an-
Jeder Teilnehmer ist gleichberechtigt (Multi- deren Master durch ein dominantes Bit über-
Master-System), so dass eine Buszuteilung er- schrieben wird. Es können also nur rezessive Bits
folgen muss. Dies geschieht durch die Anzahl überschrieben werden, so dass ein Master mit
dominanter und rezessiver Bits, die ein sendewil- vielen dominanten Bits im Identifier als hoch-
liger Teilnehmer auf den Bus legt. Dabei gilt: priorisierter Busteilnehmer gilt.
Je höher die Anzahl dominanter Bits ist, desto Hochpriorisierte Busteilnehmer sehen die
höher ist seine Priorität. Kollisionssituation nicht, so dass sie nach dem
Ein Teilnehmer hoher Priorität überschreibt erfolgreichen Senden ihrer Priorität den Bus für
durch seine dominanten Bits die Sendemarken sich beanspruchen und Daten übertragen können.
722 J. Gutekunst
Startbit
Identifier
Teilnehmer 1 verliert
rezessiv
rezessiv
Teilnehmer 1
dominant
rezessiv
rezessiv
Teilnehmer 2
Teilnehmer 2 verliert dominant
rezessiv
Teilnehmer 3
dominant
Bussignal
entspricht Teilnehmer 3
Abb. 15.41 Busvergabe mit Hilfe dominanter und rezessiver Bits bei CAN
Bus
senden
dominant
rezessiv
Teilnehmer zieht
Teilnehmer verliert sich zurück dominant
rezessiv
mithören
dominant
Teilnehmer liest zurück:
Abb. 15.42 Verlust der Sendeberechtigung durch Mithören der dominanten Bits
Alle anderen Busteilnehmer senden während die- wodurch insgesamt 211 Telegramme (D 2048)
ser Zeit nicht. unterschieden werden können. Den gesamte Auf-
Das Datenformat beim CAN-Bus besteht aus bau eines Datenfeldes (engl.: Message Frame)
drei Hauptteilen: verdeutlicht Abb. 15.43.
dem Kopf (engl.: Header), der im Wesentli- Hier wird auch deutlich, dass das CAN-
chen die Arbitrierung beschreibt, Protokoll nachrichtenorientiert arbeitet und nicht
dem Datenfeld und verbindungsorientiert. Das bedeutet, dass ei-
dem Prüffeld (Trailer), das Prüfsumme und ne Nachricht von jedem Teilnehmer empfan-
Rahmensicherung beinhaltet. gen werden kann. Wichtige Telegramme be-
Zur Arbitrierung wird der Identifier verwendet. kommen dabei einen hochpriorisierten Identi-
Er gibt auch die maximale Anzahl von mögli- fier, weniger wichtige werden hingegen durch
chen Telegrammen in einem CAN-Bus-System entsprechend viele rezessive Bits gekennzeich-
wieder. Das Standard-Format umfasst 11 Bits, net.
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 723
A-Del.
A-Slot
RTR
SOF
IEB
0 Idenfier 10 0 DLC 3 0-8 Bytes 0 CRC 14 EOF
Bus Idle Arbitraon Control Data Field CRC Field Ack. End of Inter- Bus Idle
Field Field Cyclic Redundancy Field Frame mission
Check
Abb. 15.43 Datenrahmen für das Standard CAN Telegramm mit 11-Bit-Identifier
11 Bit
A-Del.
A-Slot
RTR
0 Idenfier 10 0 17 0 0
~~
Bus Idle Arbitraon Control Data Field CRC Field Ack. End of Inter- Bus Idle
Field Field Cyclic Redundancy Field Frame mission
Check
Tab. 15.11 Übersicht über die Bitanzahl bei Standard und Extended Identifier des CAN Busses
Signal Bezeichnung Länge (Standard Format) [Bit] Länge (Extended Format) [Bit]
SOF Start of Frame 1 1
ID1 Identifier Field 1 11 11
SRR Substitute Remote Request – 1
RTR Remote Transmission Request 1 –
DIE Identifier Extension 1 1
ID2 Identifier Field 2 – 18
RTR Remote Transmission Request – 1
r0 Reserved 0 1 1
r1 Reserved 1 – 1
DLC Data Length Control 4 4
Data Field 0, 8, 16, 26, . . . , 64 0, 8, 16, 26, . . . , 64
CRC Cyclic Redundancy Check 15 15
ACKS Acknowledge Slot 1 1
ACKD Acknowledge Delimiter 1 1
EOF End of Frame 7 7
ITM Inter Transmission Gap 3 3
Maximale Telegrammlänge: 110 130
Durch diese Sicherungsmaßnahmen weist der zeitlichen Ablauf für die Standard Applikationen
CAN-Bus die höchste Datensicherheit bei den vollständig unter Kontrolle.
Feldbussystemen auf (Hamming-Distanz 6). Dar- Das Zugriffsverfahren, sowie das DeviceNet-
um findet er neben dem Anlagen- und Maschi- Protokoll wird durch das CIP-Modell beschrie-
nenbau auch Anwendung in der Medizintechnik, ben (CIP: Common Industrial Protocol). Der
der Gebäudevernetzung, der Robotik und mehr. Aufbau von CIP und das Zusammenspiel mit
CAN, dem Physical Layer, zeigt Abb. 15.45.
Ebenfalls in Abb. 15.45 zu erkennen ist
die Spezifikation der Übertragungsschicht. Dar-
15.4.3.1 DeviceNet in sind neben möglichen Steckertypen auch das
Auf dem Kommunikationsprinzip CAN baut Kabel und seine Eigenschaften beschrieben. Die
die von Rockwell Automation entwickelte Einhaltung dieser Spezifikation ist die Voraus-
DeviceNet-Kommunikation auf, die heute maß- setzung, dass Geräte unterschiedlicher Hersteller
geblich durch die ODVA (Open DeviceNet miteinander kommunizieren.
Vendor Association) überwacht und kontrolliert
wird. Neben Profibus ist heute DeviceNet einer I Hinweis: Über die normale Prozessdaten-
der meist verbreitetsten Feldbusse für Maschinen Kommunikation hinaus verfügt DeviceNet auf
und Anlagen und hat vor allem in Nordamerika Grund der CAN-Bus-Technologie über die Mög-
große Bedeutung erlangt. lichkeit, sogenannte Events unabhängig von
Grundsätzlich wurde dabei die auf CAN ba- der Steuerung zu signalisieren. Dies ist beson-
sierende Kommunikation beibehalten. Allerdings ders vorteilhaft bei zeitkritischen Ereignissen,
wurde eine signifikante Änderung durch eine hö- wie beispielsweise Störungen.
herer Protokollschicht eingeführt:
die CSMA=CA-Arbitrierung wurde durch ein Die Kernmerkmale von DeviceNet sind:
Zugriffsverfahren ersetzt. typische Übertragungsraten von 125 kBaud,
Damit reduziert sich das Multimaster-System 250 kBaud und 500 kBaud,
wieder auf die normale Single Master=Multiple bis zu 64 Teilnehmer am Bus (inklusive Steue-
Slave-Zugriffstechnik und die Steuerung hat den rung, in der Regel Adresse 0),
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 725
Übertragungsschicht
nach OSI Adapon der Spezifikaon Spezifikaon
Schicht Aufgabe
7 Anwendung Device Profile, Applicaon Objects
CIP
6 Darstellung (IEC 61158)
Implicit messages Explicit messages
5 Sitzung
4 Transport DeviceNet Spec
Connecon Manager (IEC 62026)
3 Netzwerk
CAN Spec
2 Sicherung CAN (Controller Area Network) (ISO 11898)
1 Übertragung Master-Slave, Mul -Master, max. 64 Knoten DeviceNet Spec
(IEC 62026)
Abb. 15.45 Einbindung des Common Industrial Protokolls in das OSI Modell
maximale Netzwerklänge von 100 m bei wohl im Protokoll als auch in der elektrischen
500 kBaud und bis zu 500 m bei 125 kBaud Schnittstelle.
und
Netze können sind dabei nicht lokal begrenzt.
normiert in IEC 62026.
Abbildung 15.46 zeigt eine Einteilung der Net-
In dieser Norm sind beispielsweise auch un-
ze nach ihrem Einsatzbereich, den Netzarten, den
terschiedliche Kabeltypen wie Rundkabel oder
Systemen und den Systemmodellen.
Flachbandkabel festgelegt sowie die dazugehö-
Netze lassen sich nach Abb. 15.46 je nach
rigen Stecker. Eine Besonderheit dabei ist, dass
Einsatzgebiet in folgende grundlegende Gruppen
bei einfachen DeviceNet-Teilnehmern die Span-
einteilen:
nungsversorgung und die Datenkommunikation
GAN (Global Area Networks),
in einem Kabel geführt werden kann. Dieses
WAN (Wide Area Networks) und
Hybridkabel vereinfacht die Installationstechnik
LAN (Local Area Networks).
erheblich.
Die Komplexität der Netze und insbesondere
deren Steuerung nehmen mit der geografischen
Ausdehnung erheblich zu.
15.5 Netze Um den Aufbau und die Arbeitsweise von
Netzen aus der Applikation heraus zu vereinheit-
15.5.1 Einführung lichen und damit auch zu vereinfachen, wurden
Modelle entwickelt. Dabei handelt es sich um rei-
Unter Netze versteht man ein Kommunikations- ne Organisationsmodelle mit eindeutigen Regeln
verbund unterschiedlicher Infrastrukturen. Das zum zeitlichen Ablauf, inhaltlichen Formaten,
können auch unabhängige Rechnersysteme sein, logischen Strukturen, Vereinbarungen zur Berei-
die die für sie notwendigen Informationen aus nigung von Fehlersituationen und über Ausfüh-
den anderen Systemen erhalten zu können. Um rungsvorschriften für die Informationsübertra-
dies zu ermöglichen, müssen in der Regel sowohl gung. Das wichtigste Modell ist das OSI-Modell
physikalische Schnittstellen als auch das Proto- (Open Systems Interconnection) nach ISO (Ab-
koll für die jeweilige Gruppe angepasst werden. schn. 15.5.2).
Neben dem OSI-Modell sind in der Informa-
I In Netzen ist die physikalische Infrastruktur, tik auch noch das SNA-Modell (System Network
über die die Teilnehmer kommunizieren, un- Architecture) und das DNA-Modell (Digital Net-
terschiedlich. Das benötigt ein Umsetzen so- work Architecture) zu finden.
726 J. Gutekunst
Netze
• ISDN • Ethernet
Technologie • BITNET
• DATEX-P/L • WLAN
(Beispiele) • Internet
• MAN • Profibus-PA
• militärische Netzwerke
Metropolitan Area Network
• Standleitungen
Teilnehmer A Teilnehmer B
Applikations-
Schicht 7 Anwendung Anwendung Schicht 7
schichten
Schicht 6 Darstellung Darstellung Schicht 6
Transport-
schichten
Schicht 3 Vermittlung Vermittlung Schicht 3
Das Schichtprotokoll hat bestimmte Aufga- (physical layer) zur Verfügung stellt, ganz gleich,
ben zu erfüllen. Dabei fügt jede Schicht auf der ob das nun eine Richtfunkstrecke oder ein Kupfer-
Senderseite der Nachricht genau diejenigen In- kabel oder eine Satellitenübertragungsstrecke ist.
formationen hinzu, die für den Empfänger zur Im Folgenden seien die einzelnen Schichten des
Interpretation notwendig sind. Diese Informatio- OSI-Modelles genauer beschrieben.
nen werden dann von der entsprechenden Schicht
beim Empfänger wieder entfernt, so dass am En- 15.5.2.2 Schichten des OSI-Modells
de die reine Nachricht übrig bleibt.
Zwischen den einzelnen Schichten gibt es Bitübertragungsschicht (Schicht 1: physical
genau definierte Schnittstellen (SAP: Service layer) Die Bitübertragungsschicht stellt die un-
Access Points). Die Aufgaben der einzelnen terste Ebene der Übertragung dar auf der binären
Schichten lassen sich folgendermaßen veran- Signale ungesichert übertragen werden. Sie ist im
schaulichen: Angenommen, ein englisch spre- Wesentlichen durch den physikalischen Aufbau
chender Chef (application layer) möchte mit ei- gekennzeichnet, was die Übertragungsstrecke be-
nem deutsch sprechenden Chef kommunizieren. trifft. Dies sind beispielsweise
Der Übersetzer (presentation layer) macht nun die Stecker,
aus dem englischen Wort „Eagle“ das deutsche das Kabel,
Wort „Adler“ und aus dem deutschen Wort „Igel“ die Signalpegel und
das englische Wort „Hedgehog“. Man könnte weitere elektrische und mechanische Eigen-
sich auch vorstellen, ein Chinese kommuniziert schaften
mit einem Franzosen, und die Übersetzer kom- Beispiele für Übertragungsstrecken sind 2-Lei-
munizieren in englischer Sprache miteinander. ter-Technik, Koaxial-Kabel, Lichtwellenleiter,
Diese Nachrichten werden von den Sekretä- Funkverbindungen, etc.
rinnen (session layer) über das Telefon (transport In diesen Schichten befinden sich bereits ein-
layer) weitergegeben. Die Vermittlungsstelle (net- fache Fehlererkennungsmechanismen, um Lei-
work layer) sucht über die Telefonnummer den tungsunterbrechungen oder den Zusammenbruch
richtigen Weg. In der Vermittlungsstelle sitzt ein eines Übertragungskanals feststellen zu können.
Leitungswähler (link layer), der eine freie Leitung Bei der Basisbandübertragung (baseband) wer-
728 J. Gutekunst
den die Signale nacheinander, d. h. im Multiplex- BSC Binary Synchronous Control (IBM),
verfahren, übertragen. Dieses Verfahren ist kos- SDLC Synchronous Data Link Control (IBM),
tengünstig und wenig störanfällig. Bei der Breit- ADLCP Advanced Data Link Control Protocol
bandübertragung (broadband) teilt man den zur (ANSI) und
Verfügung stehenden Frequenzbereich in einzel- HDLC High Level Data Link Protocol (ISO);
ne Kanäle auf und kann in ihnen gleichzeitig ver- LAP Line Access Procedure (CCITT).
schiedene Nachrichtensignale übertragen; es fin- Bei den zeichenorientierten Protokollen verwen-
det also ein Frequenzmultiplex statt. Diese Art der det man Steuerzeichen zur Signalisierung. Die-
Übertragung eignet sich besonders zur Übertra- se Steuerzeichen sind in einer Kodetabelle ver-
gung von Sprach- und Videosignalen, da hier ge- einbart (z. B. ISO-7-Bit-Kode, CCITT Nr. 5,
nügend hohe Bandbreiten zur Verfügung stehen. DIN 6603). Dabei fasst man die zu übermitteln-
den Nachrichten als Block zusammen. Ist ein
Sicherungsschicht (Schicht 2: link layer) Auf- solcher Block komplett übertragen, so schickt die
gabe der Sicherungsschicht ist es, eine zuverlässi- Empfangsseite eine Bestätigung (ACK: Acknow-
ge Datenübertragung zu garantieren. Dazu gehört ledge) bzw. eine Nichtbestätigung (NAK: Not
sowohl der geordnete Zugriff auf das übertra- Acknowledge) des Empfangs zurück. Wichtig
gende Medium, als auch die Strukturierung der beim Einsatz von zeichenorientierten Protokollen
Daten. Die ISO-Norm 8802 teilt deshalb die Si- ist, dass die beteiligten Systeme den gleichen Zei-
cherungsschicht in folgende zwei Teilebenen ein: chensatz verwenden.
In die LLC-Teilebene (Logic Link Control Bitorientierte Protokolle benutzen strukturier-
Sublayer), welche die Strukturierung der Da- te Blöcke nach DIN (engl.: frames) mit ört-
ten vornimmt und lich festgelegten Feldern (Rahmen oder Block)
in die MAC-Teilebene (Medium Access Con- für die Aufnahme von Steuer- bzw. Nutzinfor-
trol Sublayer), die den Zugriff auf das Über- mationen zur Übertragung. Ein Rahmen wird
tragungsmedium vornimmt. von bestimmten Bitmustern (flags) begrenzt, die
Die Datenstruktur in der Sicherungsschicht be- durch spezielle Aufbereitung der Nutzinformatio-
steht aus einem Datenblock mit Nutzdaten sowie nen (Bitstopfen) innerhalb eines Rahmens nicht
Kontrollinformationen wie Blocklänge, Prüfsum- mehr vorkommen können. Somit ist die Über-
me, Sender- und Empfängerkennung. Mit Hil- tragung unabhängig von einem bestimmten Zei-
fe dieser Angaben stellt die Sicherungsschicht chensatz möglich. Die bitorientierten Protokolle
eine Verbindung für die fehlerfreie und voll- können, da sie wesentlich komfortabler aufge-
ständige Übertragung her. Unzulänglichkeiten ei- baut sind als die zeichenorientierten Protokolle,
ner Übertragungsstrecke werden den höheren die geforderten Aufgaben der zweiten Ebene des
Schichten berichtet. Das Protokoll der Siche- OSI-Modelles erfüllen.
rungsschicht sorgt dabei für die Sicherung der
Datenübertragung und für die Korrektur von Vermittlungsschicht (Schicht 3: network layer)
Übertragungsfehlern. Bei den Protokollen in die- Sie legt fest, wie eine Netzverbindung zwischen
ser Schicht wird zwischen den zeichenorientier- den Endsystemen aufgebaut und überwacht
ten Übertragungsverfahren (basic data link con- wird. In Zusammenarbeit mit der Sicherungs-
trol procedures) und den bitorientierten (high schicht bewältigt sie die Wegfindung (Routing)
level data link control procedures) unterschieden. durch das Netzwerk. Dazu müssen Netzkno-
Das bekannteste Protokoll dieser Schicht ist das ten mit ausreichender Speicherkapazität für die
XON=XOFF-Protokoll für festgeschaltete Punkt- Zwischenspeicherung gesucht werden. Bei Dif-
zu-Punkt-Verbindungen über V.24-Schnittstellen, fusionsnetzen ist die Vermittlungsschicht im
in dem nur zwei Zeichen zum Beginn und Wesentlichen für die Verbindung mit anderen
Beenden einer Übertragung definiert sind. Be- Netzen über Gateways wichtig. Die Vermitt-
kannte Vertreter für Leitungsprotokolle (LLC- lungsschicht verknüpft gesicherte Leitungen
Protokolle) sind: zu Endsystemverbindungen. Dabei haben die
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 729
Ring Bus
1 Token
1 3
2 4
2 4
Token
a
Feldbus Anschaltung
SPS
Bus - Bus - Bus - Bus -
Teilnehmer 1 Teilnehmer 2 Teilnehmer 3 Teilnehmer 4
Ethernet Anschaltung
SPS
Switch
Maschinen und Anlagen Einzug gehalten und ist der Ethernet Hub und
nun dabei, die Standard-Feldbusse abzulösen. der Ethernet Switch.
Allerdings ist der Übergang in diese neue Während der Hub in der Installationstechnik eher
Technologie zuerst mit einem Umdenken in der eine untergeordnete Rolle spielt, ist der Ethernet
Topologie verbunden: Während die Standard- Switch fester Bestandteil der Installationstechnik.
Feldbussysteme mindestens physikalisch immer Dabei kann er als separates Gerät angeschaltet
einer Linienstruktur folgen, setzen die Ether- werden oder in den einzelnen Busteilnehmern in-
net-Busse vorwiegend auf eine Sternstruktur tegriert sein.
(Abb. 15.49). In Abschn. 15.6.2 wird der Funktion und Un-
Um dies effizient zu verwirklichen, werden terschied zwischen Hub und Switch erläutert.
neue Komponenten für die Kommunikation be-
nötigt:
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 733
Header
Header Payload
Payload
max. 12208
max. 12208
Anzahl Bits: 64
64 48
48 48
48 368 --12000
368 12000 32
Senderadresse
Präambel
Zieladresse
Frame Typ
CRC
Daten
15.6.1 Einführung die der Anwender zuweisen kann. Die OUI um-
fasst die ersten 24 Bit und wird dabei von der
15.6.1.1 Aufbau des Ethernet Telegramms IEEE Organisation vergeben. Jeder Hersteller ei-
Im Vergleich zu den Standard-Feldbussen ist der nes Ethernet-Teilnehmers muss diese beantragen
Datenrahmen des Ethernet-Telegramms deutlich und kann so weltweit identifiziert werden. Ab-
größer und umfangreicher. In seiner maximalen bildung 15.51 zeigt die Aufteilung der MAC-
Länge kann er mehr als 12.000 Bits umfassen. Adresse.
Aber auch seine einfachste Variante mit 72 Bytes Dem Anwender stehen mit XX:XX:XX ins-
oder 576 Bits ist schon deutlich länger als die be- gesamt weitere 24 Bit zur Identifikation seiner
kannten Standards. Geräte zur Verfügung. Damit können 224 , also
Abbildung 15.50 zeigt den Aufbau des Ether- mehr als 16 Millionen Geräte gekennzeichnet
net Telegramms. Als erstes fällt der variable werden.
Datenrahmen (Container) auf, der in Abhängig-
I Hinweis: Es gibt auch herstellerunabhängige
keit der zu übertragenden Information zwischen
MAC-Adressen. Die wichtigste ist FF:FF:FF:FF:
46 Bytes und 1500 Bytes variieren kann. Der Vor-
FF:FF, die für eine Broadcast-Meldung steht
teil liegt dabei darin, dass bei geringer „Nutzlast“
und so von allen Teilnehmern empfangen wird.
(payload) die Übertragungszeit für den verkürz-
Firmen, die Ihre Identität nicht preisgeben
ten Rahmen ebenfalls erheblich verkürzt werden
wollen, haben die MAC-Adresse AC:DE:48:XX:
kann.
XX:XX. Die Liste der Hersteller ist im Internet
Die Präambel besteht aus einer Folge von ab-
verfügbar.
wechselnden Nullen und Einsen. Dies ermöglicht
die Synchronisierung auf den eintreffenden Da- 15.6.1.2 IP-Adresse und Subnet-Mask
tenrahmen. Gefolgt wird die Präambel von der Wie im vorigen Abschnitt beschrieben, ist die
Zieladresse, für die die Daten im Datencontainer MAC-Adresse (Medium Access Control Address)
bestimmt sind. Dies kann auch eine Broadcast- die eindeutige Identifikation des Produktes in ei-
Adresse sein, also eine Adresse, bei der sich mehr nem Netzwerk. Zur besseren Adressierung und
als nur ein Teilnehmer angesprochen fühlt. einfacheren Handhabung in herstellerübergrei-
Die Sendeadresse ist stets eindeutig in einem fenden Netzen wird allerdings die IP-Adresse
Netzwerk. Sie wird auch als MAC-Adresse oder verwendet (IP: Internet Protocol).
MAC ID bezeichnet (MAC: Medium Access Con- Die IP-Adresse
trol). Sie besteht aus 2 Teilen: identifiziert jeden Sender und Empfänger in
der OUI (Organizationally Unique Identifier, einem Netzwerk,
Hersteller-Kennung) und wird jedem Gerät vor der Kommunikation zu-
einer fortlaufenden Nummer, gewiesen (automatisch oder manuell) und
734 J. Gutekunst
48 Bit
Fortlaufende Nummer
Hersteller Kode durch den Hersteller
festgelegt
00 19 31 xx xx xx
Geräte
Netzwerk ID
ID
Auf diese einfache Weise können Netzwerk- neuten Versuch nach einer zufälligen Zeit. Dies
Adressen und Geräte-Adressen von einander ge- wird als CSMA=CD-Verfahren bezeichnet (Ab-
trennt werden, bzw. Netzwerke identifiziert wer- schn. 15.2). Dabei bedeutet:
den. CS: Carrier Sense: jeder Teilnehmer hört die
Wird in einem Netzwerk eine Adresse ange- Busleitung mit;
sprochen, die außerhalb des durch die Subnet MA: Multiple Access. jeder Teilnehmer ist
Mask festgelegten Bereiches liegt, muss auf ein gleichberechtigt und kann zu jeder Zeit auf
Gateway (Tor) zugegriffen werden. Dieses Gate- den Bus zugreifen und
way wird unter einer bestimmten Adresse ange- CD: Collision Detect: der Buszugriff wird ab-
sprochen, die als Gateway-Adresse abgelegt ist. gebrochen, sobald eine Kollision erkannt wird.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass ei- Das CSMA=CD-Zugriffsverfahren hat den Vor-
ne Ethernet-Kommunikation auf folgenden drei teil, dass keine Schiedsstelle, ein Arbitrator, be-
Adressen beruht: nötigt wird. Sobald der Bus frei ist, kann jeder
der IP-Adresse, Teilnehmer auf diesen zugreifen. Kollisionen tre-
der Subnet Mask und ten dann auf, wenn auf Grund von Laufzeiten auf
der Gateway-Adresse. dem Kabel zwei entfernte Teilnehmer den Bus als
Hier wird bereits deutlich, dass mit dem Ein- frei erkennen und zu senden beginnen. In diesem
zug der Ethernet Feldbusse auch eine erheblich Fall werden sich nach der erkannten Kollision
komplexere Inbetriebnahme und die dazu not- beide Teilnehmer zurückziehen und einen neuen
wendigen Kenntnisse erforderlich werden. Tools Versuch nach Ablauf einer zufälligen Zeit starten.
vereinfachen zwar viele Schritte, bei großen Aus- Im Abschn. 15.4.1 ist dies durch Abb. 15.36 dar-
dehnungen und bei der Kommunikation über gestellt.
Zellengrenzen hinweg sind jedoch IT-Kenntnisse
notwendig. I CSMA=CD ist eine zerstörerische Arbitrierung,
da beide Buspartner nach Erkennen der Kolli-
sion die Sendung abbrechen.
15.6.1.3 CSMA=CD
Ethernet-Bussysteme gehören zu den Multi- Hier wird schnell erkennbar, dass ein determi-
Master-Bussen. Das bedeutet, dass jeder Busteil- nistisches Kommunikationssystem, wie es in der
nehmer selbst die Initiative ergreifen kann, den Automatisierungstechnik benötigt wird, nur be-
Bus zu beanspruchen. Dieser wahlfreie Zugriff dingt mit diesem Protokoll erfolgreich sein kann.
auf die Kommunikationsleitung setzt die perma- Die Wartezeiten sind in Abhängigkeit der Bus-
nente Abhörung der Leitung durch den sende- auslastung nicht vorhersehbar, weshalb man von
willigen Teilnehmer voraus. Bei einer erkannten einem nicht deterministischen Zugriffsverfahren
Kollision zieht er sich zurück und startet einen er- spricht.
736 J. Gutekunst
Um diesen Nachteil zu vermeiden, haben Segmente bis zu 100 m lang sein können (z. B.
die Steuerungshersteller unterschiedliche Echt- für 100Base-T).
zeitprotokolle entwickelt. Tabelle 15.15 zeigt die Damit wird auch deutlich, dass mit steigender
bekanntesten echtzeitfähigen Ethernet-Protokolle Anzahl von Teilnehmern die Gefahr von Kollisio-
in einer Übersicht, die federführenden Organisa- nen in jedem Teilsegment steigt. Die Teilnehmer
tionen und deren Web Adresse. teilen sich die zur Verfügung stehende Bandbrei-
te, man spricht auch von einem Shared Ethernet.
Hubs haben heute nahezu keine Bedeutung
15.6.2 Ethernet Hub und Ethernet mehr, da die Wahrscheinlichkeiten von Kollisio-
Switch nen steigt und Telegrammwiederholungen erfor-
dert.
Der Ethernet Hub stellt einen Kommunikations- Anders als der Hub besitzt der Switching
knoten dar, an dem alle Teilnehmer angeschlos- Hub – oder kurz Switch – Intelligenz. Während
sen werden. Der Hub ist ein Multiport Repeater des Einschaltvorgangs lernt der Switch, welche
und stellt alle an einem Port eingehenden Daten Teilnehmer an welchen Ports angeschlossen sind.
an allen anderen Ports zur Verfügung. Da das Ethernet-Telegramm in der Präambel so-
Abbildung 15.54 zeigt vereinfacht, wie die wohl die Sendeadresse als auch die Zieladresse
Ethernet-Telegramme durch einen Hub verteilt beinhaltet, kann nun der Switch ein ankommen-
werden, hier am Beispiel der Teilnehmer 1 des Telegramm eindeutig einem Port zuordnen
und 4 (rot). Beide Teilnehmer sind aktiv und die und routet so die Information an den entsprechen-
Telegramme werden in jedes Segment gesendet den Zielteilnehmer.
und somit jedem Teilnehmer zur Verfügung ge- Der Vorteil ist vor allem bei großen Netz-
stellt. werken und Netzwerken mit hohem Datenauf-
Ebenfalls in Abb. 15.54 zu erkennen ist die kommen spürbar. Es werden keine unnötigen
dazu notwendige Stern-Topologie, bei der die Telegramme in Ethernet-Segmente geschickt, so
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 737
dass in den einzelnen Bereichen stets die volle Setzen von Adressfiltern,
Bandbreite verfügbar ist. Kollisionen und so- Gezieltes Ab- und Zuschalten von Ports,
mit Telegrammwiederholungen werden vermie- Auslesen von Fehlerzählern,
den. Abbildung 15.55 zeigt vereinfacht die Funk- Separieren von Teilsegmenten,
tion eines Switches und die damit verknüpfte Versenden von Broadcast-Messages an alle
Namensgebung („Weiterschalten von Telegram- Teilnehmer oder Gruppen und
men“). Synchronisieren von Telegrammen und Ereig-
In diesem Beispiel ist Teilnehmer 4 exklusiv nissen.
mit Teilnehmer 3 verbunden, ebenso Teilneh- Auf eine detaillierte Beschreibung wird verzich-
mer 1 mit Teilnehmer 6 (rot dargestellt). Alle tet und auf die entsprechende weiterführende
anderen Teilnehmer und Kommunikationsverbin- Literatur im Anhang hingewiesen.
dungen werden nicht mit den Telegrammen von 1
und 4 beaufschlagt.
Dazu muss der Switch alle eingehenden Te- 15.6.3 TCP=IP
legramme einlesen und die Zieladresse mit sei-
ner intern abgespeicherten Adresszuordnungslis- TCP=IP steht für Transmision Control Protocol=
te vergleichen. Dieses Verfahren wird store-and- Internet Protocol und ist heute der meist verbrei-
forward-Prinzip genannt. tete Standard bei der Ethernetkommunikation.
Die Abarbeitung der Zuordnung benötigt na- Das TCP=IP-Protokoll ist eines der ersten ge-
türlich Zeit. Doch durch die hohe Datenrate normten Protokolle auf einem Ethernet-Netzwerk
und leistungsfähige Mikrokontroller sind das und ist heute der Standard für die Büro-Kom-
nur wenige Mikrosekunden. Demgegenüber steht munikation. Es wurde in den 70er Jahren des
die volle Bandbreite auf jedem Kanal zur Verfü- letzten Jahrhunderts im Auftrag des amerikani-
gung. schen Verteidigungsministeriums entwickelt. Im
Neben dieser grundlegenden Funktion kann Maschinen- und Anlagenbau hat TCP=IP inzwi-
durch die Intelligenz dem Switch eine ganze Rei- schen einen festen Platz eingenommen. Es stellt
he von weiteren Leistungsmerkmalen zugeordnet die Verbindung zwischen den Produktionsmitteln
werden. Die wichtigsten sind: und der Leitebene dar und ermöglicht so neben
SNMP: small network management protocol, der Prozessbeobachtung auch Diagnose- und Pro-
IGMP: internet group message protocol und gramm-Downloads.
VLAN: virtual local area network. TCP=IP ist nicht echtzeitfähig, wird aber meist
Oben genannte Protokolle ermöglichen das Ma- als Ergänzung zu den Echtzeitprotokollen ver-
nagen von Ports, wie beispielsweise wendet. Damit lassen sich auch allgemeine An-
738 J. Gutekunst
Übertragungsschicht
TCP/IP Frame Aufbau
nach OSI
Schicht Aufgabe
7 Anwendung z.B. FTP, HTTP Sender Daten Empfänger
6 Darstellung -
5 Sitzung -
1 Übertragung Ethernet
Übertragung
wendungen an der Maschine nutzbar machen, Maschinen ist das nicht ausreichend. Hier werden
wie beispielsweise deterministische Antwortzeiten gefordert, also
Programm-Downloads, Antworten, die in einem bestimmten und vorher-
Grafikoberflächen oder sogar sehbaren Zeitraum erfolgen. Ist dieser Umstand
Webcams zur Prozessbeobachtung. erfüllt, spricht man von Echtzeitanwendungen.
Die wesentlichen Merkmale des Transmission
Control Protocols (TCP) sind: I Echtzeit Ethernet Protokolle liefern eine deter-
Sichere Datenübertragung, ministische Antwort.
verbindungsorientiertes Protokoll (Ab-
schn. 15.2 Datenrahmen), Nach dieser Definition hat Echtzeit Datenüber-
verpackt Nachrichten in einen Bytestrom und tragung zunächst nichts mit Geschwindigkeit zu
umgekehrt und ist tun; ausschließlich das rechtzeitige und vorher-
unabhängig von Medien. sehbare Eintreffen der Antwort ist relevant.
TCP ist also für das richtige Senden und Emp- Allerdings erreicht man mit hohen Datenraten
fangen von Daten zuständig. Dazu durchläuft und geringer Buslast nahezu ähnliche Ergebnisse,
die Information insgesamt 4 Schichten, wodurch so dass auch mit TCP/IP ein „Quasi-Echtzeit-
die Daten mit zusätzlichen Informationen ergänzt System“ aufgebaut werden kann.
werden. Abbildung 15.56 verdeutlicht dies. Für industrielle Steuerungen wurde jedoch das
Die IP-Schicht addiert schließlich die eigene Standard-Protokoll erweitert, um so die Echt-
und die Zieladresse hinzu, so dass das Telegramm zeitanforderungen zu erfüllen. Die bekanntestens
eindeutig zuordenbar ist. Vertreter zeigt Tab. 15.16.
Aus dieser Übersicht sollen 2 Beispiele näher
betrachtet werden.
15.6.4 Echtzeit Ethernet-Protokolle
ProfiNet
Da das Standard Ethernet Protokoll das Zu- ProfiNet ist der ethernetbasierende Nachfolger
griffsverfahren CSMA/CD anwendet (siehe Ab- von Profibus und wird hauptsächlich in Euro-
schn. 15.6.1.3), sind verfahrensbedingt die Ant- pa vorangetrieben und in der Profibus Nutzeror-
wortzeiten auf Anfragen stets unterschiedlich. ganisation (PNO, siehe Tab. 15.16) entwickelt.
Für den Betrieb in industrieller Umgebung, ins- ProfiNet hat mittlerweile eine große Verbreitung
besondere bei der Steuerung von Anlagen und erzielt, insbesondere ist es fast überall in der
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 739
Automobilindustrie für zukünftige Projekte vor- plex Verfahren. Dabei ist sowohl die drahtge-
geschrieben. bundene Variante als auch die optische Variante
ProfiNet basiert auf der TCP/IP Technology möglich:
mit einem zusätzliche Softwareteil für die Echt- 100Base-T bzw.
zeitkontrolle. Man unterscheidet zwei Funktions- 100Base-FX (optisch).
klassen: Durch die Verwendung des Vollduplex-Betriebs
ProfiNet CBA (Component Based Automati- und Switches, sind Kollisionen ausgeschlossen.
on) und Die Übertragungsphysik, das Datenkabel, ist
Profinet IO (Input Output). durch die PNO festgelegt. Anders als bei der
Letzteres weist einen reduzierten Funktionsum- Bürokommunikation wird nicht auf ein zwei-
fang aus. Dafür konnte die Leistungsfähigkeit paarig geschirmte Leitung aufgesetzt (STP, shiel-
(Perfomance) deutlich gesteigert werden. Profi- ded twisted pair), sondern auf einen sogenann-
Net CBA nutzt hingegen die Intelligenz der Netz- ten Stern-Vierer (Quad Star), bei dem die vier
werkkomponenten, um die Automatisierungsauf- Adern um eine zentrale Zugfaser angeordnet
gaben zu verteilen. Man spricht auch von einer sind. Abbildung 15.58 verdeutlich den Aufbau ei-
verteilten Automatisierung, die allerdings noch nes Stern-Vierers.
keine große Verbreitung gefunden hat. Typisch für Ethernet Steckverbindungen ist
Im Folgenden soll speziell auf ProfiNet IO der ebenfalls in Abb. 15.58 zu sehende M12
eingegangen werden, da in diesem Bereich das Rundsteckverbinder. Gegenüber ähnlichen M12
größte Wachstum stattfindet. Steckern weist er eine D-Kodierung auf, die aus
Grundsätzlich unterscheidet man 3 Leistungs- einer positiven und inversen Nase besteht. Bei
klassen: Ethernet gibt’s es diese nur als Stift Ausführung,
Basierend auf TCP/IP (siehe Abschn. 15.6.3), so dass alle Ethernetgeräte die M12 Buchse ha-
ProfiNet RT (Real Time) und ben müssen.
ProfiNet IRT (Isochrones real Time).
Entsprechend schnell sind die zu erwartenden I Hinweis: Neben dem M12-D-kodierten Ste-
Reaktionszeiten, wie Abb. 15.57 zeigt. cker sind auch noch eine Reihe anderer Ether-
ProfiNet IO basiert grundsätzlich auf der Fast net Stecker im Feld zu finden. Insbesondere
Ethernet Übertragung mit 100 Mbit im Volldu- gibt es unterschiedliche Ansätze den handels-
740 J. Gutekunst
Datenauommen
TCP/IP
RT
IRT
Reakons-
geschwindigkeit
10 ms
100 μs
100 ms
1 ms
Abb. 15.57 Leistungsklassen bei ProfiNet und die zu erwartende durchschnittliche Reaktionszeit
Schirm
Mantel rot
weiß blau
gelb
üblichen Bürostecker RJ45 wasserdicht zu ver- Die Datenübertragung bei Profinet IO unter-
packen. In der Automobilindustrie wurde dar- scheidet
über hinaus von der AIDA (AIDA: Automation Zyklische Daten oder Prozessdaten und
Initiative of German Domestic Automobil Ma- azyklische Daten, wie beispielsweise Parame-
nufacturers) ein Push Pull Konzept eingeführt, ter Daten.
dass in den nächsten Jahren in vielen deut- Prozessdaten sind dabei alle Daten, die direkt
schen Automobilwerken Einzug halten wird. im Zusammenhang mit dem Maschinenzustand
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 741
5 Sitzung - -
4 Transport - UDP
3 Netzwerk - IP
2 Sicherung CSMA/CD
stehen. Hierzu gehören die Eingangsdaten von Sie ist ähnlich einer XML Datei aufgebaut und
Schaltern, Sensoren (analog oder digital) bzw. die wird daher auch GSDML genannt (ML: Markup
Ausgangsinformationen zum Steuern von Venti- Language).
len und Motoren.
Azyklische Daten sind: Ethernet/IP
Anlaufparameter, Ethernet/IP wurde erstmals 2001 vorgestellt und
Parameterdaten für komplexe Sensoren und wurde im Wesentlichen von Rockwell Automa-
Diagnosedaten, tion in Zusammenarbeit mit der ODVA (Open
Kennfelder, DeviceNet Vendor Association) entwickelt. Das
Schaltpunkte usw. Kürzel IP in Ethernet/IP steht in diesem Fall nicht
Azyklische Daten werden mit Hilfe des Internet für Internet Protokoll, sondern vielmehr für In-
Protokolls (IP) übertragen, während Prozessda- dustrial Protocol, was zugleich der Hinweis auf
ten direkt auf der MAC-Adresse aufsetzen. Damit die Echtzeitfähigkeit im industriellen Einsatz ist.
wird der Übertragungsprozess sehr effektiv und Ethernet/IP bedient sich dabei der bekannten
schnell. Allerdings büßt man die Routingfähig- Ethernet Technology und kann daher alle diese
keit durch die fehlende IP Adresse ein, was aber Vorteile nutzen. Beispiele sind:
in der Praxis durch die Segmentierung kein Nach- Medienunabhängiges Protokoll,
teil ist. In Abb. 15.59 ist die ProfiNet-Kommuni- Integration von Internet Protokolle wie http,
kation am 7-schichtigen ISO-Modell gespiegelt. FTP oder SNMP,
Die synchrone Datenübertragung wird als RT Übertragungsraten von 10 MBit, 100 MBit
(Realtime) bezeichnet. Sie wird im Wesentlichen und 1 GBit und
durch die Ablaufzyklen in der ProfiNet-Anschal- Topologien wie Stern, Ring, Glasfaser oder
tung bestimmt. Wird diese zyklische Datenüber- gar Funk.
tragung mit einem Takt gekoppelt, so spricht man Ethernet/IP basiert dabei auf denselben Me-
von Isocronous Real Time, IRT. chanismen wie DeviceNet, CIP (Common In-
Die Projektierung von ProfiNet erfolgt analog dustrial Protocol, IEC 61158). Im 7-schichtigen
zu Profibus durch eine Gerätesteuer-Datei (GSD). OSI-Modell (Open System Interconnection) setzt
742 J. Gutekunst
5 Sitzung - -
4 Transport - UDP
3 Netzwerk - IP
2 Sicherung CSMA/CD
1 Übertragung 10/100/1000Base-TX
CIP nach der Transportschicht auf, also beim Ses- vice Daten als explicit messages. Diese dienen
sion Layer (Abb. 15.60). vor allem zur Diagnose, Programm Download
Während die Standard Ethernet Kommunika- oder Parameter-Übertragung und sind daher ge-
tion auf dem Source-Destination-Modell basiert genüber den IO-Daten niederprior. Explicit mes-
(eindeutige Zuordnung von Sender und Empfän- sages verwenden dabei die Dienste von TCP/IP
ger, Abschn. 15.6) setzt das Ethernet/IP-Netz- um Informationen über das Netzwerk zu übertra-
werk durch CIP auf ein producer – consumer- gen.
Modell auf. Diese Nachrichtenstruktur macht es Damit sind die Voraussetzungen gegeben, fol-
möglich, dass mehrere Teilnehmer dieselben Da- gende 3 Klassen von Netzwerkgeräten zu unter-
ten empfangen können. Dazu wird anstelle der stützen:
Zieladresse eine Verbindungskennung (connecti- Messaging Class,
on ID) verwendet. Adapter Class und
Darüber hinaus kann Ethernet/IP auf folgende Scanner Class.
zwei Arten konfiguriert werden: Die Messaging Class umfasst alle Geräte, die auf
Entweder als Master/Slave (vergleichbar mit der Basis der explicit messages kommunizieren.
DeviceNet) oder als D. h., sie sind Standard-Ethernet-Teilnehmer und
Peer-To-Peer-Netzwerk, haben auch die Möglichkeit, eigene Meldungen
was insbesondere durch die Sternstruktur unter- abzusetzen.
stützt wird und somit die maximale Bandbrei- Die Adapter Class-Geräte sind hingegen das
te für die Datenkommunikation zur Verfügung Ziel der IO-Daten, die ein Scanner Class Gerät
stellt. verschickt. Sie können von sich aus keine Realti-
Dabei werden, wie aus Abb. 15.60 ersichtlich, me IO-Daten empfangen oder senden, wenn nicht
zwischen zwei Nachrichten Typen unterschieden: ein Scanner sie dazu aufgefordert hat. Sie sind die
Den IO-Daten (Prozessdaten) und Basis für die Echtzeitanforderungen in der Ma-
Den azyklischen Service Daten. schine.
IO-Daten werden bei Ethernet/IP auch als impli- Darüber hinaus können Adapter Class-Geräte
zite Daten (implicit messages) bezeichnet, Ser- auch explicit messages empfangen, um beispiels-
15 Schnittstellen, Bussysteme und Netze 743
aufwand sehr groß und die Fehlersuche mühse- lutions in Kempten (www.codesys.com) sein. Sie
lig. Komplexe Steuerungssysteme dieser Art sind verkaufte im Jahre 2015 ca. eine Million Lauf-
extrem fehleranfällig, da ein Drahtbruch oder ei- zeitlizenzen ihres Produktes CODESYS (Con-
ne fehlerhafte Verdrahtung unter Umständen den troller Development System), in Summe bereits
teilweisen oder gesamten Ausfall des Systems mehr als 5 Millionen. Nach Angaben von 3S-
nach sich ziehen kann. Smart Software Solutions ist CODESYS heute
Die erste SPS wurde 1968 unter dem Namen mit über 400 OEM-Kunden und Zehntausenden
Modicon 084 von Richard E. Morley entwickelt. von Endanwendern das meistgenutzte herstel-
Sie bestand aus drei Platinen: einem Prozessor, lerunabhängige IEC-61131-3-Automatisierungs-
einem Rechenwerk für logische Verknüpfungen tool weltweit.
und einer Speicherplatine mit bis zu 4 kByte Die Marktanteile der verschiedenen Hard-
Kernspeicher. 1973 brachte Siemens die S3 auf ware-SPSen lassen sich nicht genau ermitteln
den Markt, und 1974 folgte, ebenfalls in Deutsch- und unterscheiden sich stark je nach Kontinent.
land, die Firma Klaschka mit der Secon. Nur In Amerika gilt Rockwell Automation, in Asi-
drei Jahre später stellte Siemens bereits die S5 en Mitsubishi Electric und in Europa Siemens
vor, die auch heute noch in vielen Anlagen ihren mit der S7 als Marktführer. Nach einer älte-
Dienst tut. Die Möglichkeiten der ersten SPSen ren Siemensstatistik verteilen sich die weltweiten
waren sehr beschränkt, und die Ausführungszeit Marktanteile für Hardware-SPSen (Abb. 16.1)
der Befehle im Vergleich zu heutigen SPSen noch wie folgt (Zahlen aus „40 Jahre SPS“ in der „open
sehr lang. Aber man konnte sie schon mit einem automation“, VDE Verlag, April 2008):
Programmiersystem mit einer stromlaufplanähn- Wie diese Zahlen eindrucksvoll belegen, lohnt
lichen Darstellung für die jeweilige Aufgabe pro- es sich auf jeden Fall, sich mit den beiden Steue-
grammieren. Ein Umverdrahten und Ändern der rungssystemen S7 und CoDeSys zu befassen,
verbauten Komponenten war bei Aufgabenände- wenn es um die SPS-Programmierung geht. Dies
rung somit schon nicht mehr notwendig. geschieht im vorliegenden Abschnitt. Allerdings
Im Laufe der Zeit führten immer mehr Her- liegt der Schwerpunkt hier eindeutig auf der Sie-
steller verschiedenste SPSen am Markt ein. Allen mens-SPS. Zunächst aber werden noch einige
gemeinsam war, dass der Anwender sie mittels Grundlagen für die Programmierung erläutert,
einer Software programmiert. Allerdings wurde die unabhängig von der verwendeten SPS sind.
durch die Vielzahl an Anbietern auch eine Viel-
zahl an „Dialekten“ bei den Programmierspra- Zahlenformate und -darstellungen Eine SPS
chen entwickelt, und die Programme für SPS A arbeitet intern nicht mit dem Dezimalsystem,
ließen sich nicht für die SPS B verwenden. Des- sondern verwendet zur Bearbeitung und Adres-
halb wurde Anfang der 90er Jahre die Vereini- sierung der Operanden das Dualsystem (Kap. 11).
gung PLCopen (www.plcopen.org) mit dem Ziel Zum besseren Verständnis dienen einige Erläute-
gegründet, eine Standardisierung in diesem Be- rungen zum allgemein gebräuchlichen Dezimal-
reich einzuführen. Das Ergebnis ist die heute sehr system: Hier kann jede Stelle einer Zahl zehn
bekannte Norm IEC 61131-3 für die Applikati- verschiedene Werte von 0 bis 9 annehmen, wo-
onsentwicklung in der Industrieautomation. Wie bei die null bei der höchstwertigen Stelle wenig
wichtig diese Norm ist, zeigt die Tatsache, dass Sinn ergibt. Von rechts nach links haben die
sogar Siemens seit der Einführung der S7 im Jah- Ziffern immer eine um den Faktor zehn höhe-
re 1995 Programmiersprachen bietet, die gemäß re Wertigkeit. Die Zahl 234dez bedeutet somit
Siemenspublikationen diese Norm erfüllen (sie- 2 102 C 3 101 C 4 100 D 200 C 30 C 4 D
he dazu „IEC_61131_Normerfuellung.pdf“ unter 234. Jeder Stelle innerhalb einer Dezimalzahl
support.automation.siemens.com). Der deutsche ist somit direkt einer Zehnerpotenz zugeordnet.
Hersteller von IEC-61131-3-Entwicklungsumge- Im Dualsystem hingegen kann jede Stelle einer
bungen mit den meist verkauften SPS-Laufzeit- Zahl genau zwei verschiedene Werte annehmen,
systemen wird die Firma 3S-Smart Software So- und zwar 0 oder 1. Es handelt sich somit um
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 747
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
Siemens Rockwell Mitsubishi Schneider Omron GE Fanuc Moeller Hitachi Fuji Electric
Automation Electric Electric
ein binäres Zahlensystem. SPSen oder Computer Tab. 16.1 Vergleich der Zahlensysteme
können diese Information leicht auswerten und Dez Bin Hex
verarbeiten. Jeder Stelle innerhalb einer Dual- 8 4 2 1
zahl ist eine Zweierpotenz zugeordnet. Die Zahl 0 0 0
1101bin bedeutet somit 1 23 C 1 22 C 0 21 C 1 1 1
1 20 D 8 C 4 C 0 C 1 D 13. Eine einzel- 2 1 0 2
ne Stelle im Dualsystem entspricht einem Bit. 3 1 1 3
Damit größere Zahlen für den Menschen leicht 4 1 0 0 4
lesbar sind, wurde der BCD- (Binär-Codierte-De- 5 1 0 1 5
6 1 1 0 6
zimalzahl) Code eingeführt. Hierbei kann jede
7 1 1 1 7
Stelle Werte von 0 bis 9 annehmen. Für die Dar-
8 1 0 0 0 8
stellung eines Wertes werden aber immer vier 9 1 0 0 1 9
Bits in einer Gruppe zusammengefasst. Eine sol- 10 1 0 1 0 A
che Tetrade wird auch als Nibble bezeichnet. 11 1 0 1 1 B
Die Zahl 234bcd wird mit folgender Binärfolge 12 1 1 0 0 C
dargestellt: 0010 0011 0100. Im Gegenzug dazu 13 1 1 0 1 D
entspricht die Zahl 234dez folgender Binärfolge: 14 1 1 1 0 E
1110 1010. Daraus ist leicht ersichtlich, dass für 15 1 1 1 1 F
die Speicherung von BCD-Zahlen mehr Spei-
cherplatz benötigt wird. Im Hexadezimalsystem
kann jede Stelle 16 verschiedene Werte von 0 entspricht EAhex und 1110 1010bin . Die Gegen-
bis 15 annehmen. Die Werte von 10 bis 15 wer- überstellung der Zahlensysteme ist in Tab. 16.1
den durch die Buchstaben A, B, C, D, E und F ersichtlich.
dargestellt. Jede Stelle benötigt für die Speiche- Für die Umwandlung einer Dezimalzahl in ein
rung der Informationen vier Bits. Die Zahl 234dez anderes Zahlensystem gilt folgende Regel:
748 R. Hönle
Die ganzzahlige Dezimalzahl wird so lange Ein 32-Bit-Wert im Speicher kann somit ein
durch die Basis des Zielsystems dividiert, bis das DWORD, DINT, UDINT, REAL oder TIME
Ergebnis Null ergibt. Der bei der Division auf- darstellen. Auch bei unterschiedlicher Darstel-
tretende Rest ergibt aneinandergereiht die Zahl lungsweise und Bedeutung bleibt aber die interne
im Zielsystem. Die Reste werden von rechts nach Speicherung der Bits identisch. Auch ist nicht je-
links aufgestellt, womit die niederwertigste Stel- de Bitfolge als REAL darstellbar; denn es gibt
le als erste bestimmt wird. Die Dezimalzahl 123 hier Kombinationen für ungültige Zahlen.
lässt sich wie folgt in das Hexadezimalsystem Wenn die Operandengröße wichtig bzw. nicht
umrechnen: Schritt 1: 123=16 D 7 Rest B; Schritt eindeutig erkennbar ist, besteht die Möglichkeit,
2: 7=16 D 0 Rest 7. Das Ergebnis lautet somit 7B. diese zusätzlich zum Wert mit anzugeben. Dies
Weitere Informationen sind in Kap. 11 zu finden. geschieht durch Voranstellen von B# für BYTE,
Für die jeweilige Zahlenbasis existieren ver- W# für WORD, DW# für DWORD und L# für
schiedene Möglichkeiten der Kennzeichnung. Im DINT. W#16#12 bedeutet in dieser Schreibweise
SPS-Umfeld ist es üblich, bei Angabe einer Zahl ein WORD (16 Bits) in hexadezimaler Angabe
die Zahlenbasis gefolgt von einem ‚#‘ voranzu- mit dem Wert 18dez . Diese Angabe ist eventuell
stellen. So stellt 16#1234 eine Hexadezimalzahl notwendig, da 18 klein genug ist, um in ein Byte
dar und 2#1001 eine Binärzahl. Für das Dezimal- zu passen.
system entfällt der Hinweis auf die Zahlenbasis
zehn. In seltenen Fällen taucht auch 8#1234 auf. Ablage der Zahlen im Speicher Die Zahlen
Hierbei handelt es sich dann um eine Oktalzahl, werden auf verschiedenen Geräten unterschied-
deren Stellen Potenzen der Basis acht darstel- lich im Speicher abgelegt. Es gibt dabei zwei
len. Die Berechnung gilt analog zu den Binär- Hauptformen: Little Endian und Big Endian. Big
und Hexadezimalzahlen. Bei Hexadezimalzahlen Endian bedeutet, dass das Byte mit den höherwer-
sind Darstellungen mit vorangestelltem ‚0x‘ oder tigen Bits zuerst im Speicher angelegt wird, also
nachgestelltem ‚h‘ ebenfalls gängig, 16#1234 D an der niedrigeren Adresse liegt. Bei Little Endian
0x1234 D 1234h. BCD-Zahlen werden durch ein ist es genau umgekehrt, und das Byte mit den hö-
vorangestelltes C# gekennzeichnet. herwertigen Bits liegt an der größten Adresse im
Wichtig an dieser Stelle ist zu verstehen, dass Speicher. Da die Byteanordnung normalerweise
die Binär-, Dezimal- und Hexadezimaldarstel- vom verwendeten Prozessor abhängt, werden die
lungen nur verschiedene Darstellungen eines be- Anordnungen auch nach den Prozessorherstellern
stimmten Wertes im Speicher sind. benannt, die diese Anordnung verwendet haben.
Little Endian wird deshalb auch „Intel-Format“
Operandengrößen und Datentypen In den und Big Endian „Motorola-Format“ genannt.
SPSen gibt es verschiedene Operandengrößen. Am Beispiel von 439:041:101dez D 1A 2B 3C
Die kleinste Informationseinheit ist dabei ein Bit, 4Dhex wird die Ablage der Zahlen im Speicher
das die Zustände 0 und 1 annehmen kann. Acht sehr schnell ersichtlich (Tab. 16.3).
Bits zusammen ergeben ein Byte. Ein Byte be- Wird eine Zwei-Byte-Zahl in eine Vier-Byte-
steht also auch aus zwei Nibblen. Zwei Bytes Zahl gewandelt bzw. erweitert, so hat das folgen-
(16 Bits) zusammen sind ein Wort. Vier Bytes de Auswirkungen: Auf einer Little-Endian-Ma-
(zwei Worte oder 32 Bits) sind ein Doppelwort. schine sind lediglich zwei Null-Bytes an das En-
Acht Bytes (vier Worte oder zwei Doppelworte de anzufügen, ohne dass sich die Adresse der
oder 64 Bits) sind ein Quadwort. Zahl im Speicher ändert. Derselbe Vorgang auf
Ein Byte, Wort, Doppelwort oder Quadwort einer Big-Endian-Maschine erfordert, dass zu-
stellen zuerst einmal nur eine Ansammlung von erst der ursprüngliche Wert um zwei Bytes im
Bits dar. Wie die Inhalte zu interpretieren sind, Speicher verschoben wird und dann am Anfang
hängt vom Datentyp ab, der diese Bits beinhaltet. zwei Null-Bytes hinzugefügt werden. Auch die
Folgende Datentypen finden bei den jeweili- umgekehrte Umwandlung gestaltet sich auf ei-
gen SPSen Verwendung (Tab. 16.2): ner Little-Endian-Maschine wesentlich einfacher.
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 749
Hier werden ausschließlich die beiden höherwer- schiebung der beiden Bytes um zwei Bytes im
tigen Bytes verworfen, ohne dass sich die Spei- Speicher einher. Allerdings ist bei dieser Art der
cheradresse ändert. Bei einer Big-Endian-Maschi- „Konvertierung“ bei beiden Maschinenarten der
ne hingegen geht diese Änderung mit einer Ver- Wertebereich der Zahl unbedingt zu beachten;
750 R. Hönle
Tab. 16.5 Ergebnisse der E 0.0 E 0.1 AND AND NOT OR OR NOT XOR XOR NOT
Binärverknüpfungen 0 0 0 0 0 1 0 1
0 1 0 0 1 0 1 0
1 0 0 1 1 1 1 0
1 1 1 0 1 1 0 1
Abb. 16.2 Unter- 7.. Bit ..0 7.. Bit ..0 7.. Bit ..0 7.. Bit ..0 7.. Bit ..0 7..Bit ..0
schiedliche Zugriffe auf
den Speicher bei einer EB 0 EB 1 EB 2 EB 3 EB 4 EB 5
Siemens-SPS EW0 EW 2 EW 4
EW 1 EW 3
ED 0
ED 1
ED 2
denn sonst kann es leicht zu ungewollten Wertver- griff muss man hier Vorsicht walten lassen, denn
änderungen und somit falschen Ergebnissen kom- die Bits 0 bis 7 von EW 2 liegen in EB 3 und die
men. Tabelle 16.4 zeigt die Darstellung der Spei- Bits 8 bis 15 von EW 2 liegen in EB 2. Um auf die
cheradressen für Little Endian und Big Endian. einzelnen Bits zuzugreifen, ist der Operandenbe-
Die SPSen der Firma Siemens sind Big-Endi- reich, die Byteadresse und das gewünschte Bit an-
an-Maschinen. Dies ist wichtig zu wissen; denn zugeben. Soll zum Beispiel auf das vierte Bit (null-
auf denselben Speicherbereich kann mit ver- basiert) des Eingangsbytes EB 0 zugriffen werden,
schiedenen Operandengrößen zugegriffen wer- so ist die Beschreibung E 0.4 zu verwenden.
den. Selbst überlappende Zugriffe sind mit den
Siemens-SPSen einfach realisierbar. Logische Verknüpfungen Im Bereich der SPS-
In der folgenden Abbildung (Abb. 16.2) wird Programmierung kommen sehr häufig Bitver-
der unterschiedliche Zugriff auf die Eingangs- knüpfungen vor. Aus diesem Grund folgt an
bytes EB 0 bis 5 dargestellt. Es wird die übli- dieser Stelle eine kurze Übersicht zu den Grund-
che Notation verwendet, in der EB Eingangsbyte, lagen der Binärlogik (Abschn. 11.3). Bei den
EW Eingangswort und ED Eingangsdoppelwort S7-SPSen gibt es sechs elementare Verknüpfun-
bedeutet. gen. Dies sind AND, AND NOT, OR, OR NOT,
An Hand der Darstellung in Abb. 16.2 wird XOR und XOR NOT. Tabelle 16.5 zeigt die ent-
deutlich, dass das höherwertige Byte von EW 2 an sprechenden Verknüpfungsergebnisse.
der niedrigeren Adresse liegt, da es sich um eine Das Ergebnis einer Binärverknüpfung wird bei
Big-Endian-Maschine handelt. Speziell bei Bitzu- den Siemens-SPSen in einem speziellen Register,
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 751
Tab. 16.6 Unterschiede der Programmierung bei Sie- ben erledigt worden sind. Diese zyklische Bear-
mens und CoDeSys beitung ermöglicht es, dass das Programm immer
Siemens CoDeSys wieder auf die geänderten Signale der Peripherie
U Operand1 LD Operand1 reagieren kann. Damit dieser Vorgang auch sicher
U Operand2 AND Operand2 und fehlerfrei abläuft und das Programm nicht zu
D Operand3 ST Operand3 lange für die Bearbeitung braucht, beispielsweise
auf Grund einer falsch programmierten Schleife,
dem VKE (Verknüpfungsergebnis), gespeichert. wird die Zykluszeit überwacht. Bei Erreichen der
Für die Manipulation dieses Registers gibt es eingestellten maximalen Zykluszeit geht die SPS
noch drei weitere Befehle: NOT (Negiere das in den Stopp-Zustand und sämtliche Ausgänge
VKE), CLR (Setze das VKE auf 0) und SET (Set- werden auf 0 gesetzt.
ze das VKE auf 1). Bei den S7-Steuerungen gibt es in der
Hier gibt es einen wichtigen Unterschied zwi- CPU-Einheit die Speicherbereiche Ladespeicher,
schen Siemens- und CoDeSys-SPSen, der zu Arbeitsspeicher bzw. Anwenderspeicher, Sys-
beachten ist (Tab. 16.6): Bei CoDeSys-SPSen temspeicher und Peripherie (Tab. 16.7).
muss als erstes ein Ladebefehl auf einen Operan- Arbeitsspeicher bzw. Anwenderspeicher: Dieser
den ausgeführt werden, bevor die Verknüpfungen dient der Speicherung des kompletten SPS-
stattfinden können. Bei Siemens hingegen exis- Programms einschließlich der Datenbaustei-
tiert intern ein Erstabfragebit, bei dem dann auto- ne. Von den Programm- und Datenbausteinen
matisch der Operand geladen wird. werden nur die wirklich benötigten Informa-
tionen in den Arbeitsspeicher übernommen.
Der Arbeitsspeicher ist nicht erweiterbar und
16.2 Aufbau und Funktionsweise hängt vom CPU-Typ ab.
einer SPS Ladespeicher: Dies ist ein Zwischenspeicher für
die Bausteine, bevor sie in den Arbeitsspei-
Eine modulare SPS besteht mindestens aus einem cher übernommen werden. Hier sind noch
Baugruppenträger, einer Stromversorgung, einer weitere Informationen wie Adressen der
Zentralbaugruppe mit der CPU-Einheit und Spei- Sprungmarken in Programmbausteinen oder
cher sowie Karten mit digitalen und=oder analo- auch Datentypinformationen in Datenbaustei-
gen Ein- und Ausgängen. Bei einer Kompakt-SPS nen vorhanden. Diese zusätzlichen Informa-
kann dies alles in einem einzigen Gehäuse inte- tionen sind für die Programmbearbeitung
griert sein. Optional kommen noch je nach Anfor- nicht notwendig und werden deshalb nicht in
derung und Aufgabenstellung Busanschaltungen, den Arbeitsspeicher kopiert. Der Ladespei-
beispielsweise Profibus oder Profinet, Kommu- cher lässt sich durch RAM-, EPROM- oder
nikationsmodule, Inkrementalzählermodule, Po- FLASH-Karten erweitern. Bei den SPSen der
sitioniermodule oder Regelungsmodule hinzu. Er- neueren Generationen kommen hier MMC
fordert die Komplexität der Anlage mehrere Bau- (Micro-Memory-Cards) zum Einsatz. Dabei
gruppenträger, so sind zusätzlich Interfacemodule handelt es sich um Spezialkarten; kosten-
notwendig, um diese miteinander zu verbinden. günstige handelsübliche Speicherkarten eig-
Die Signale der Sensoren (z. B. Endschalter, nen sich nicht für diesen Einsatz. Der La-
Temperatur, Drehzahl) werden über die Eingänge despeicher kann mehr Bausteine enthalten,
eingelesen, im SPS-Programm verarbeitet. Über als aktuell für das Programm benötigt wer-
die Ausgänge steuert die SPS daraufhin die Ak- den. Mit entsprechenden SPS-Befehlen kön-
toren (Ventile, Schütze, Motoren etc.) an. Das nen diese Bausteine zur Laufzeit ge- und
gesamte SPS-Programm wird dabei zyklisch be- entladen werden. Auf diese Weise lassen sich
arbeitet. Dies bedeutet, dass am Ende eines jeden beispielsweise verschiedene Rezepte nachla-
Durchlaufs das Programm wieder am Anfang den, ohne dass ein Programmiergerät notwen-
startet – sobald noch einige interne Systemaufga- dig ist. Mit dem Ladespeicher hat der SPS-
752 R. Hönle
Programmierer ansonsten nur zu tun, wenn losen Zustand seine Werte behält. Bei manchen
aufgrund der Größe keine Bausteine mehr in CPUs ist die Größe des Bereichs, der immer bei
die SPS übertragen werden können. Merkerbyte 0 beginnt, frei einstellbar.
Systemspeicher: In diesem Speicherbereich lie- Temporäre Lokaldaten: In diesem Bereich befin-
gen die Operandenbereiche Eingänge, Aus- den sich die temporären Variablen innerhalb
gänge, Merker, temporäre Lokaldaten, Zeiten eines Bausteines. Diese Werte sind nur in-
und Zähler. nerhalb des aktuellen Aufrufs gültig. Bei der
Eingänge: Hierunter versteht man das Prozessab- normalen PC-Programmierung würde dieser
bild der Eingänge. Die Zustände der physikali- Bereich dem Stack entsprechen.
schen Eingänge werden am Zyklusbeginn ein- Zeiten: Zeiten werden bei der S7 zur Unterschei-
gelesen und in das Prozessabbild der Eingän- dung zu den IEC-Zeiten auch Simatic-Zeiten
ge kopiert. Ein Vorteil des Prozessabbilds Ein- genannt. Sie liegen an einer festen Adresse
gänge besteht darin, dass über den kompletten im Systemspeicher. Diese Zeiten haben einen
Zyklus hinweg die gleichen Eingangszustände festen Nummernbereich, deren Anzahl abhän-
bei den Abfragen vorliegen. Würde die Abfra- gig vom verwendeten CPU-Typ ist. Mit diesen
ge auf die Peripherie durchgreifen, könnte dies Zeiten lassen sich verschiedene Start- und
unter Umständen mit jedem Zugriff zu geän- Ablaufbedingungen realisieren. Mehr zu den
derten Werten führen. Das Prozessabbild um- verschiedenen Zeitarten folgt später in die-
fasst nicht zwangsläufig alle physikalischen sem Abschnitt. Im Gegensatz zu den Simatic-
Eingänge. Oft werden die analogen Eingänge Zeiten liegen die IEC-Zeiten in Datenbau-
dort nicht abgebildet. Bei einigen SPS-Typen steinen im Anwenderspeicher, bieten andere
besteht die Möglichkeit, die Größe des Pro- Möglichkeiten und werden über Systembau-
zessabbildes einzustellen. steine angesprochen. Auch auf diese Zeiten
Ausgänge: Hierunter versteht man das Pro- wird später noch eingegangen.
zessabbild der Ausgänge. Das Prozessabbild Zähler: Zähler werden bei der S7 zur Unterschei-
wird am Zyklusende auf die physikalischen dung mit den IEC-Zählern auch Simatic-Zäh-
Ausgänge geschrieben. Es gelten hier sinnge- ler genannt. Sie liegen an einer festen Adresse
mäß die gleichen Anmerkungen wie bei den im Systemspeicher. Diese Zähler haben einen
Eingängen. Der Vorteil des Prozessabbilds festen Nummernbereich, deren Anzahl abhän-
Ausgänge besteht darin, dass vorübergehen- gig vom verwendeten CPU-Typ ist. Mit diesen
de Änderungen (z. B. durch Setze=Rücksetze- Zählern kann bei Flankenwechsel in einem
Operationen) nicht an die Peripherie weiterge- bestimmten Wertebereich hoch- und runterge-
reicht werden und dass die aktuellen Zustände zählt werden.
auch zurück gelesen werden können. Peripherie-Eingänge: Dies ist der tatsächliche
Merker: Merker sind Speicher für beliebige Werte Speicher der Eingangsbaugruppe und somit
und werden verwendet, wenn Zwischenergeb- die direkte Schnittstelle zur gesteuerten Ma-
nisse über Bausteingrenzen hinweg Gültigkeit schine. Mit Ladebefehlen lässt sich auch di-
haben müssen. Ein Teil der Merker kann als re- rekt und unter Umgehung des Prozessabbildes
manent eingestellt werden. Dies bedeutet, dass auf diesen Speicher zugreifen. Dies ist aller-
der Inhalt dieses Bereiches auch im spannungs- dings nur ratsam, wenn der aktuelle Wert des
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 753
Eingangs unmittelbar benötigt wird oder der immer der Fall ist). Denn ein „Schutztür vorne
Bereich nicht im Prozessabbild liegt. Zu be- zu“ lässt viel eher auf die Bedeutung des Operan-
achten ist, dass der direkte Zugriff auf die den schließen als ein „E 27.3“. Trotzdem ist die
Peripherie Zeit kostet und es schneller geht, absolute Adressierung wichtig zu verstehen; denn
über das Prozessabbild zuzugreifen. generell kann in der S7-Welt nur einem gültigen
Peripherie-Ausgänge: Dies ist der tatsächliche absoluten Operanden ein symbolischer Operand
Speicher der Ausgangsbaugruppe und somit zugewiesen werden. Hier gibt es jedoch eine Än-
die direkte Schnittstelle zur gesteuerten Ma- derung bzw. Aktualisierung. Denn als Siemens
schine. Mit Transferbefehlen kann auch direkt in 2009 das Totally Integrated Automation (TIA)
und unter Umgehung des Prozessabbildes auf Portal auf den Markt brachte, wurde für die
diesen Speicher zugegriffen werden. Es gelten S7-1200 die Möglichkeit geschaffen, auf die Be-
hier sinngemäß die gleichen Anmerkungen standteile eines Datenbausteines rein symbolisch
wie bei den Peripherie-Eingängen. zuzugreifen. Die Möglichkeit des ausschließlich
symbolischen Zugriffs wurde bei der Einführung
Operanden der SPS Nach Erläuterung der not- der S7-1500 im Jahre 2012 nicht nur beibehalten,
wendigen Hintergrundinformationen wie Zah- sondern als die optimale Lösung präsentiert. Die
lenformate, Operandengrößen, Datentypen und Verwaltung der absoluten Adressen obliegt hier
mögliche Speicherbereiche einer SPS folgt nun nicht mehr dem Programmierer sondern dem Pro-
die Vorstellung der Adressierung der Operanden grammiersystem. Es geht sogar so weit, dass die
und Variablen. Dann sind die wichtigsten Grund- absoluten Adressen für den Programmierer gar
lagen erarbeitet, und die SPS-Programmierung nicht mehr sichtbar sind. Er weiß also nicht ein-
kann in Angriff genommen werden. mal mehr, an welcher Stelle sich seine Operanden
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ar- im Speicher des Datenbausteines befinden. Wird
ten der Adressierung: die absolute Adressierung immer noch der alte und absolute Zugriff verwen-
und die symbolische Adressierung. Bei der ab- det, so wird laut Siemens-Aussagen die Zyklus-
soluten Adressierung wird direkt der Operand zeit der SPS deutlich erhöht. Aus diesem Grund
mit seiner tatsächlichen Adresse im jeweiligen spricht Siemens mittlerweile nicht mehr vom
Speicherbereich angegeben. Da diese Methode symbolischen sondern vom optimierten Zugriff.
wenig über die Funktion des Operanden aus- Mit der Einführung des TIA-Portals hat sich
sagt, besteht die Möglichkeit, einem Operanden auch die Schreibweise für absolute Operanden
ein Symbol zuzuordnen und diesen Operanden geändert. In Tab. 16.8 und 16.9 werden beide
dann wie eine Variable zu verwenden. Hierdurch üblichen absoluten Adressierungsnotationen für
lässt sich die Lesbarkeit des Programmes deutlich die S7 dargestellt.
steigern, wenn die symbolischen Namen sinnvoll Bei CoDeSys werden programmübergreifend
vergeben wurden (was in der Praxis leider nicht (global) bzw. am Beginn eines Programmbau-
754 R. Hönle
steines die entsprechenden Variablen deklariert. (Tab. 16.10). KOP entspricht dem Stromlaufplan,
Diesen Variablen können absolute Operanden zu- der es erlaubt, die Zusammenhänge zu erkennen.
gewiesen werden. Das sieht dann folgenderma- FUP stellt das Programm ähnlich einem Logik-
ßen aus: diagramm dar. Jedes Programm in KOP und FUP
kann auch in AWL dargestellt, aber nicht jedes
AWL-Programm kann in KOP oder FUP ange-
Adressierung in CoDeSys zeigt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, die
Programm SPS-Programmierung SPS in den Programmiersprachen SCL (Struc-
tured Control Language), einer Pascal-ähnlichen
VAR Hochsprache, und S7-Graph, einer grafischen
Variable1 AT {%}IX0.0 : BOOL; Ablaufsprache, zu programmieren. Die weite-
(* Bitvariable für E 0.0 *)
Variable2 AT {%}QB1 : BYTE; ren Ausführungen beschränken sich jedoch auf
(* Bytevariable für AB 1 *) die allgemein üblichen Basisdarstellungen AWL,
Variable3 : WORD; KOP und FUP. Tabelle 16.10 zeigt den Aufbau
(* Wortvariable ohne einer AWL-Zeile.
Absolutadresse *)
END_VAR
16.3.1 Basisfunktionen
Der Bereichspräfix I verweist dabei auf Eingän-
ge und Q auf die Ausgänge. Nachfolgend werden Basis-Verknüpfungsarten in
einer Gegenüberstellung der Sprachen AWL,
KOP und FUP dargestellt.
16.3 Befehle einer SPS
Zur Programmierung der SPS stehen verschie- 16.3.1.1 Binärverknüpfungen
dene Darstellungsarten zur Verfügung. Dies sind Die Basis für die Ergebnisse der Binärverknüp-
AWL (Anweisungsliste), KOP (Kontaktplan) und fungen bilden die in Abschn. 16.1 aufgeführ-
FUP (Funktionsplan). In AWL werden die ein- ten logischen Verknüpfungen. Zusätzlich werden
zelnen Befehle in der Textform geschrieben hier einige Siemens-spezifische Dinge erläutert.
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 755
Das Ergebnis einer Binärverknüpfung wird eine Klammer öffnen und das aktuelle VKE auf
bei den Siemens-SPSen in einem speziellen dem Klammerstack für die weitere Verknüpfung
Register, dem VKE (Verknüpfungsergebnis) ge- zwischenspeichern. Der Klammerstack kann bei
speichert. Jede Binärverknüpfung ihrerseits ver- der S7 maximal sieben Einträge enthalten. Diese
knüpft den Zustand des Operanden mit dem Grenze wird bereits durch das Programmiersys-
VKE. Damit das VKE immer einen definier- tem geprüft und bei Überschreiten des Limits
ten Zustand hat, wird die Binärverknüpfung wird ein Fehler angezeigt. Zwei dieser Varianten
abhängig von Erstabfragebit (=ER) einmal als und die schließende Klammer sind ebenfalls in
Ladebefehl (=ER D 0) und das andere Mal Abb. 16.8 und 16.9 dargestellt.
als Verknüpfung gemäß Operation (=ER D 1) Die Zuweisung (Abb. 16.3) ist die einfachs-
verarbeitet. Nach Zuweisungen (D, S, R) und te der Binärverknüpfungen. Hierbei wird nur der
Sprungbefehlen wird =ER auf 0 gesetzt. Es Zustand der Eingangsvariablen abgefragt und in
handelt sich bei diesen Befehlen um sogenann- die Ausgangsvariable übertragen. Zu beachten
te VKE-begrenzende Befehle. Wichtig ist, dass ist, dass sich nur die UND-Abfrage in KOP oder
ein Netzwerk-Ende-Befehl alleine nicht VKE- FUP darstellen lässt, obwohl die ODER-Abfrage
begrenzend ist; es muss schon ein entsprechender dasselbe Ergebnis liefert, wenn =ER D 0 ist.
Befehl vor dem Netzwerk-Ende stehen. Ansons- In KOP ist dies verständlich, da kein Parallel-
ten wird im nächsten Netzwerk mit dem aktuellen zweig für das ODER existiert. In FUP könnte
VKE weitergearbeitet. Dies kann passieren, wenn aber das ODER-Symbol problemlos genauso wie
in AWL einzelne Befehle zu Testzwecken aus- das UND-Symbol mit nur einem Eingang be-
kommentiert werden. Bei der KOP- oder FUP- schaltet werden.
Programmierung wird dies nicht passieren, da Die Negation (Abb. 16.4) ist ebenfalls eine
eine Sequenz immer mit einer Zuweisung abge- sehr einfache Binärverknüpfung. Hierfür gibt es
schlossen sein muss. zwei Möglichkeiten. Bei Variante 1 wird direkt
Die einfachen Binärverknüpfungen sind das VKE vor der Zuweisung an die Ausgangs-
UND, ODER, EXKLUSIVE ODER, UND variable negiert. In diesem Fall invertiert sich
NICHT, ODER NICHT und EXKLUSIVE die komplette Verknüpfungslogik. Bei Variante 2
ODER NICHT. Von diesen Verknüpfungen exis- wird nur eine einzelne Eingangsvariable negiert.
tieren auch jeweils Varianten, die automatisch In diesem Beispiel liefern beide Varianten dassel-
756 R. Hönle
be Ergebnis, da es sich nur um eine Zuweisung Dieses Beispiel mit drei Eingängen verdeutlicht,
handelt. Finden aber komplexere Verknüpfungen dass ein normaler Eingang im stromlosen Zu-
statt, wird das Ergebnis mit Sicherheit unter- stand geöffnet ist. Dieser Typ wird als Schließer
schiedlich ausfallen. bezeichnet. Der negierte Eingang ist im stromlo-
Bei der UND-Verknüpfung (Abb. 16.5) er- sen Zustand geschlossen. Dieser Typ heißt Öff-
kennt man speziell in KOP sehr gut, dass der ner.
Ausgang nur gesetzt wird, wenn beide Eingän- Dieses Beispiel zeigt die „VerODERung“ von
ge den Wert 1 enthalten. Wenn es sich bei den zwei UND-Abfragen (Abb. 16.8). Hier müssen
Eingängen um Schalter handelt und der Ausgang jeweils zwei Eingangsvariablen in Reihe den
eine Lampe ist, dann leuchtet diese Lampe nur, Wert 1 beinhalten, damit die Ausgangsvariable
wenn beide Schalter geschlossen sind. gesetzt wird. In AWL ist diese Verknüpfung auf
Bei einer ODER-Verknüpfung (Abb. 16.6) ge- zwei unterschiedliche Arten darstellbar. Beide
nügt es, wenn einer der beiden Eingänge den Varianten sind in KOP oder FUP darstellbar, sie
Wert 1 enthält, um den Ausgang zu schalten. In sind identisch, und das Ergebnis ist in beiden
diesem Beispiel genügt ein Schalter um die Lam- Fällen das gleiche. Der Grund für die unter-
pe zum Leuchten zu bringen. schiedliche Darstellung liegt in der UND-vor-
Bei den Verknüpfungen sind auch mehr als ODER-Verarbeitung der S7-Steuerung. In diesen
zwei Eingangsvariablen möglich (Abb. 16.7). Fällen kann auf die ODER-Klammern verzichtet
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 757
Nicht darstellbar
werden, womit das SPS-Programm etwas kürzer, Werden zwei ODER-Abfragen „verUNDet“,
kompakter und ein klein wenig schneller wird. sind die Klammern auf Grund der UND-vor-
Eins ist zu beachten: Wenn die erste Variante pro- ODER-Regel zwingend erforderlich (Abb. 16.9).
grammiert und dann von AWL nach KOP oder Eine weitere einfache Operation stellt
FUP umgeschaltet und dies abgespeichert wird, die EXKLUSIVE ODER-Verknüpfung dar
dann wird bei Zurückschalten nach AWL auto- (Abb. 16.10), die auch mit mehr als zwei Ope-
matisch die zweite Variante angezeigt. Dies liegt randen möglich ist. Das Ergebnis ist immer 1,
daran, dass beim Speichern die grafischen Ver- wenn eine ungerade Anzahl Eingangsvariablen
knüpfungen nach AWL „übersetzt“ werden, und den Wert 1 enthält und immer 0, wenn eine ge-
hier gilt implizit die UND-vor-ODER-Regel. rade Anzahl von Eingangsvariablen den Wert 1
758 R. Hönle
Abb. 16.11 Nachbildung der XOR-Verknüpfung mit zwei Eingangsvariablen für KOP
Nicht darstellbar
Abb. 16.12 Nachbildung der XOR-Verknüpfung mit drei Eingangsvariablen für KOP
enthält. In der obigen Darstellung könnte die Ver- Lösung, dass nur ein einziger Eingang oder alle
knüpfung genauso gut mit U E 0.0 bzw. O E 0.0 drei Eingänge den Wert 1 enthalten, abgebildet
beginnen wenn =ER D 0 ist. werden; denn eine Exklusive-Oder-Verknüpfung
Um in KOP die obige EXKLUSIVE ODER- liefert genau dann den Wert 1, wenn eine unge-
Verknüpfung nachzubilden (Abb. 16.11), ist rade Anzahl von Eingangsvariablen den Wert 1
etwas mehr Programmieraufwand notwendig. beinhaltet.
Hierbei muss die Regel der ungeraden Eingangs-
variablenanzahl angewendet werden. Das heißt, 16.3.1.2 Speicherfunktionen
dass bei zwei Eingängen entweder der Erste 1 Oft kommt es vor, dass wenn eine Eingangsva-
und der Zweite 0 oder der Erste 0 und der Zweite riable den Wert 1 hat, eine Ausgangsvariable auf
1 sein muss. 1 gesetzt und mit dem 1-Zustand einer anderen
Noch aufwändiger ist es, wenn mit mehr Eingangsvariablen dieser Ausgang auf 0 gesetzt
als zwei Eingangsvariablen eine EXKLUSIVE werden soll. Der Wert 0 der Eingangsvariablen
ODER-Verknüpfung gebildet werden soll. Dar- beeinflusst dabei den Wert der Ausgangsvaria-
gestellt ist exemplarisch die Variante mit drei blen nicht. Für diese Zwecke stehen die Setzen-
Eingangsvariablen (Abb. 16.12). Hier muss die und Rücksetzen-Funktionen zur Verfügung. Es
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 759
gibt hierbei zwei verschiedene Arten: die eine Art Tab. 16.11 Zustandstabelle für Setzen=Rücksetzen mit
setzt vorrangig den Ausgang und die andere rück- Rücksetzen vorrangig
setzt den Ausgang vorrangig. Vorrangig bedeutet Eingang 0 Eingang 1 Ausgang alt Ausgang neu
in diesem Fall, dass wenn beide Eingangsva- 1 0
riablen den Zustand 1 haben, ist der Wert der 1 0 1
Ausgangsvariablen gemäß Vorrang. Diese Ver- 0 0 1 1
0 0 0 0
knüpfungsart wird auch als Flipflop bezeichnet.
Im obigen Beispiel ist ein Setzen=Rücksetzen
(mit vorrangigem Rücksetzen) aufgeführt
(Abb. 16.13). In AWL wird schnell klar, woher sem Fall zu tun ist, wird zuerst eine Zustandsta-
das vorrangige Rücksetzen kommt: der Rücksetz- belle der Ein- und Ausgangsvariablen (für Rück-
befehl wird nach dem Setzbefehl bearbeitet und setzen vorrangig) erstellt, in die auch der aktuelle
überschreibt gegebenenfalls dessen Setzen der Zustand der Ausgangsvariablen mit in die Ver-
Ausgangsvariablen. Am Ende der AWL-Sequenz knüpfung einfließt (Tab. 16.11). Ein für einen
steht ein „NOP 0“. NOP ist dabei die Kurzform Zustand bedeutet, dass dieser für das Ergebnis
für No Operation. Der Parameter 0 ist hierbei der nicht relevant ist.
Standardwert. Dieser Befehl kommt immer dann Der Ausgang nimmt also genau dann den Zu-
zum Einsatz, wenn bei der grafischen Program- stand 1 an, wenn (Eingang 0 D 1 und Eingang
mierung Ein- oder Ausgänge nicht beschaltet 1 D 0) oder (Eingang 0 D 0 und Eingang 1 D 0
sind, und dient den grafischen Editoren als Hilfe und Ausgang alt D 1) ist. Den Zustand 0 nimmt
für die „Übersetzung“ von AWL nach KOP oder der Ausgang in allen anderen Fällen an. Diese
FUP. Bedingungen müssen nun so verknüpft werden,
In diesem Beispiel mit vorrangigem Set- dass für die Ausgangsvariable eine Zuweisung
zen wird der Ausgang beschaltet und für das verwendet werden kann. Abbildung 16.15 zeigt
„Zwischenergebnis“ ein Merkerbit verwendet das hierfür notwendige SPS-Programm.
(Abb. 16.14).
Gäbe es die Setze=Rücksetze-Möglichkeit 16.3.1.3 Flankenauswertung
nicht, so müssten das Flipflop ebenso wie die Bei der SPS-Programmierung wird manchmal
XOR-Verknüpfung in KOP „von Hand“ program- nur der Zustandswechsel einer Bitvariablen be-
miert werden. Um zu verdeutlichen, was in die- nötigt, um eine bestimmte Aktion auszuführen.
760 R. Hönle
Für diesen Fall werden die Flankenwechsel aus- kenwechsel und die Speicherung des letzten Wer-
gewertet. Hierbei gibt es die Möglichkeit, den tes in zwei getrennten Schritten erfolgen. Das
positiven Flankenwechsel, die Änderung des Si- SPS-Programm dafür ist in Abb. 16.17 ersicht-
gnalzustands von 0 auf 1, oder den negativen lich.
Flankenwechsel, die Änderung des Signalzustan- In diesem Beispiel wird der positive Flanken-
des von 1 auf 0, abzufragen. Grundvoraussetzung wechsel erkannt (Abb. 16.17). Dieser zeichnet
für die Erkennung eines Zustandswechsels ist im- sich dadurch aus, dass der aktuelle Zustand 1
mer die Speicherung des Zustandes im letzten und der letzte Zustand 0 ist. Nach der Prüfung
Zyklus, damit dieser mit dem aktuellen Zustand wird dem Flankenhilfsmerker der nun aktuelle
verglichen werden kann. Diese Speicherung ge- Zustand zugewiesen. Der Flankenmerker hat nun
schieht in dem sogenannten Flankenhilfsmerker. bei einem positiven Flankenwechsel für genau
Dieser darf nicht in den temporären Lokaldaten einen SPS-Zyklus den Wert 1.
liegen, denn sonst ist dessen eigener Zustand, wie
bei jeder uninitialisierten Stackvariablen, nicht 16.3.1.4 Zeitfunktionen
definiert. In Abb. 16.16 ist das SPS-Programm für Um zeitliche Vorgänge in einem SPS-Programm
die Flankenauswertungen dargestellt. realisieren zu können, werden die Simatic-Zeiten
Um eine Flankenerkennung „von Hand“ nach (oder die IEC-Zeiten) benötigt. Die Zeiten wer-
zu programmieren, muss die Abfrage auf Flan- den mit dem entsprechenden Wert in das Low-
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 761
Word des Akku1 geladen und mit einem po- selt. Die Zeit läuft, solange am S-Eingang das
sitiven Flankenwechsel der binären Eingangs- VKE D 1 ist. Wechselt der S-Eingang auf 0 bevor
variablen gestartet. Zusätzlich gibt es noch die die Zeit abgelaufen ist, wird die Zeit angehal-
Möglichkeit, eine Zeit freizugeben oder zurück- ten. Erfolgt ein erneuter Wechsel von 0 auf 1,
zusetzen. Der aktuelle Rest-Zeitwert kann bi- dann wird die Zeit wieder von vorne gestartet.
när oder BCD-codiert (Abschn. 11.1.3) ausge- Der Zeitwert muss sich beim Starten im Low-
lesen und der Status der Zeit abgefragt wer- Word des Akku1 befinden. Der Ausgang einer
den. Der aktuelle Zeitwert muss nicht abge- Zeit als Impuls liefert eine 1, solange die Zeit
fragt werden. Allerdings muss dann in die- läuft (Abb. 16.19).
sem Fall für die grafischen Programmiersprachen SV startet die Zeit als verlängerten Impuls
KOP und FUP für jeden Ausgang wieder ein (Abb. 16.20), wenn das VKE am S-Eingang von 0
NOP 0 gesetzt werden. Es gibt fünf verschie- auf 1 wechselt. Die Zeit läuft, bis sie entweder
dene Simatic-Zeitarten. Diese unterscheiden sich abgelaufen oder am R-Eingang das VKE D 1
darin, unter welchen Bedingungen die Zeit ge- ist. Wechselt der S-Eingang auf 0, bevor die Zeit
startet wird und wann der Status der Zeit 0 abgelaufen ist, läuft die Zeit trotzdem weiter.
bzw. 1 liefert. Nachfolgend sind alle fünf ver- Wechselt der S-Eingang wieder auf 1, so wird
schiedenen Typen aufgeführt und die jeweiligen die Zeit erneut gestartet. Der Zeitwert muss sich
Unterschiede in einem Impuls-Diagramm darge- beim Starten im Low-Word des Akku1 befinden.
stellt. Der Ausgang einer Zeit als verlängerter Impuls
SI startet die Zeit als Impuls (Abb. 16.18), liefert eine 1, solange die Zeit noch nicht abge-
wenn das VKE am S-Eingang von 0 auf 1 wech- laufen ist (Abb. 16.21).
762 R. Hönle
SE startet die Zeit als Einschaltverzögerung einer Zeit als Einschaltverzögerung liefert eine 1,
(Abb. 16.22), wenn das VKE am S-Eingang von sobald die Zeit abgelaufen und am S-Eingang das
0 auf 1 wechselt. Die Zeit läuft, solange am VKE D 1 ist (Abb. 16.23).
S-Eingang das VKE D 1 ist. Wechselt der S- SS startet die Zeit als speichernde Einschalt-
Eingang auf 0 bevor die Zeit abgelaufen ist, wird verzögerung (Abb. 16.24), wenn das VKE am
die Zeit angehalten. Erfolgt ein erneuter Wechsel S-Eingang von 0 auf 1 wechselt. Die Zeit läuft,
von 0 auf 1, dann wird die Zeit wieder von vor- solange am S-Eingang das VKE D 1 ist. Wech-
ne gestartet. Der Zeitwert muss sich beim Starten selt der S-Eingang auf 0, bevor die Zeit abgelau-
im Low-Word des Akku1 befinden. Der Ausgang fen ist, läuft die Zeit trotzdem weiter. Erfolgt ein
erneuter Wechsel von 0 auf 1, dann wird die Zeit für die Abfrage des Ausgangs zwingend zurück-
wieder von vorne gestartet. Der Zeitwert muss gesetzt werden, sonst erhält man bereits nach
sich beim Starten im Low-Word des Akku1 be- einmaligem Ablauf immer 1 (Abb. 16.25).
finden. Der Ausgang einer Zeit als speichernde SA startet die Zeit als Ausschaltverzögerung
Einschaltverzögerung liefert eine 1, sobald die (Abb. 16.26), wenn das VKE am S-Eingang von
Zeit abgelaufen und am R-Eingang das VKE D 0 1 auf 0 wechselt. Die Zeit läuft, solange am
ist. Eine speichernde Einschaltverzögerung muss S-Eingang das VKE D 0 anliegt. Wechselt der S-
764 R. Hönle
Eingang auf 1, bevor die Zeit abgelaufen ist, wird folgte und der aktuelle Zählwert kleiner als 999
die Zeit angehalten. Erfolgt ein erneuter Wechsel ist. Beim Rückwärtszählen muss beim positiven
von 1 auf 0, dann wird die Zeit wieder von vorne Flankenwechsel des VKE am ZR-Eingang der
gestartet. Der Zeitwert muss sich beim Starten im aktuelle Zählwert größer als 0 sein, damit eine
Low-Word des Akku1 befinden. Der Ausgang ei- Änderung stattfindet.
ner Zeit als Ausschaltverzögerung liefert eine 1, Neben dem vollständigen Zähler gibt es
solange die Zeit läuft oder am S-Eingang das auch reine Vorwärts- und reine Rückwärtszähler
VKE D 1 und am R-Eingang das VKE D 0 ist (Abb. 16.28). Wie bereits weiter oben erläu-
(Abb. 16.27). tert, werden unbeschaltete Ein- und Ausgänge
in AWL als Übersetzungshilfe für die grafischen
Editoren mit einem „NOP 0“ dargestellt. In die-
16.3.1.5 Zählfunktionen sem Beispiel kommt noch eine weitere Besonder-
Wenn im SPS-Programm Werte im Bereich zwi- heit hinzu, der Befehl „BLD 101“. BLD-Befehle
schen 0 und 999 gezählt werden sollen, dann sind Bild-Befehle, die ausschließlich als Unter-
stehen die integrierten Simatic-Zähler zur Ver- stützung für die grafischen Editoren eingeführt
fügung. Damit kann ein Startwert gesetzt, der wurden und im SPS-Programm rein gar nichts be-
Zähler rückgesetzt und vorwärts bzw. rückwärts wirken – die jedoch Speicherplatz benötigen und
gezählt werden. Hierzu ist jeweils ein Flanken- eventuell etwas Zykluszeit beanspruchen.
wechsel an dem entsprechenden Eingang not-
wendig. Dies bedeutet, dass beispielsweise der
Zählwert nur geladen wird, wenn beim VKE am 16.3.2 Digitalfunktionen
S-Eingang ein Wechsel von 0 auf 1 stattfand. Das
Vorwärtszählen findet statt, wenn ein positiver Um diesen Funktionsbereich besser zu verste-
Flankenwechsel beim VKE am ZV-Eingang er- hen, muss zuerst der interne Registeraufbau einer
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 765
die Symbole noch einen EN-Eingang und einen mit 16-Bit-Operanden), OW (bitweises ODER
ENO-Ausgang. Die Operation wird nur durch- mit 16-Bit-Operanden), XOW (bitweises EX-
geführt, wenn das VKE am EN-Eingang 1 ist, KLUSIVE ODER mit 16-Bit-Operanden), UD
ansonsten wird die Operation übersprungen. Der (bitweises UND mit 32-Bit-Operanden), OD (bit-
ENO-Ausgang hat den gleichen Signalzustand weises ODER mit 32-Bit-Operanden) und XOD
wie der EN-Eingang und kann somit für eine (bitweises EXKLUSIVE ODER mit 32-Bit-Ope-
Verkettung von Funktionen verwendet werden. randen). Hierbei wird die gewählte Logikope-
Der EN-Eingang muss nicht beschaltet werden. ration auf jedes einzelne Bit angewendet. Die
In diesem Fall wird die Operation bedingungs- Logiktabelle dazu wurde bereits in Tab. 16.5
los, also immer, ausgeführt. Das NOP 0 am Ende dargestellt und erläutert. Das Ergebnis der Ver-
in AWL dient ausschließlich dazu, bei Bedarf knüpfung wird in Akku1 gespeichert. Zusätzlich
ein Sprungziel mittels einer Sprungmarke ange- werden auch noch einige Statusbits gesetzt, da-
ben zu können. Dieses Thema wird ausführlich mit nach der Operation einfach geprüft werden
im Abschn. 16.3.3 behandelt. Der Vollständigkeit kann, ob das Ergebnis der Logikverknüpfung 0
halber ist in Abb. 16.29 auch ein Beispiel mit war. Abbildung 16.30 zeigt einige Verknüpfungs-
beschaltetem Freigabe-Eingang und Sprungmar- kombinationen.
ke vorhanden. In Abb. 16.30 ist im fünften Beispiel die direk-
Es gibt auf der S7 noch weitere Lade=Trans- te logische Verknüpfung mit einem Absolutwert
ferbefehle. Diese greifen dann auf bestimmte dargestellt. Dies entspricht funktionell exakt dem
Register in der CPU oder sogar über Zeiger auf dritten Beispiel im Bild, ist aber wesentlich kom-
den Speicherbereich der SPS zu. Das hier zu pakter. Dafür ist die Verknüpfung in dieser Art
erläutern, würde allerdings den Umfang dieses nicht in KOP oder FUP darstellbar.
Abschnittes deutlich sprengen.
16.3.2.3 Vergleichsfunktionen
16.3.2.2 Wort- und Bei den Vergleichsfunktionen können die Werte,
Doppelwortverknüpfungen die sich in Akku1 und Akku2 befinden, mitein-
Bei den Wort- und Doppelwortverknüpfungen ander verglichen werden. Die Vergleiche erfol-
wird der Inhalt von Akku1 gemäß der gewählten gen dabei als 16-Bit-Ganzzahl mit Vorzeichen,
Logikoperation mit einer Konstanten oder dem 32-Bit-Ganzzahl mit Vorzeichen oder als 32-
Inhalt von Akku2 verknüpft. Zu den möglichen Bit-Gleitpunktzahl. Bei den Ganzzahlen ist jede
Logikoperationen gehören: UW (bitweises UND Bitkombination gültig, bei den Gleitpunktzahlen
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 767
gemäß IEEE 754 gibt es ungültige Bitkombi- und A1 D 0) ist. In Abb. 16.31 sind einige Ver-
nationen, die auch als NaN (Not A Number) gleichsoperationen aufgeführt.
bezeichnet werden. Vergleiche mit ungültigen Diese Operationen vergleichen immer Akku2
Gleitpunktzahlen liefern „ungültig“ als Ergeb- mit Akku1; denn auf Grund der beiden Lade-
nis. Beim 16-Bit-Ganzzahlvergleich wird nicht befehle befindet sich der zuerst geladene Wert
der komplette Akku2 mit dem Akku1 vergli- in Akku2 und der zuletzt geladene Wert in Ak-
chen, sondern nur der Lowteil davon. Was in ku1. Statt der Zuweisung am Ende könnte auch
dem Highword der Akkumulatoren steht, ist für ein Sprung an die gewünschte Programmstelle
den Vergleich nicht relevant. Als Vergleichsar- erfolgen. Dieses Thema wird ausführlich im Ab-
ten stehen folgende Prüfungen zur Verfügung: schn. 16.3.3 behandelt.
gleich, ungleich, kleiner, kleiner gleich, größer
und größer gleich. Die Auswertung erfolgt über 16.3.2.4 Wandlungsfunktionen
die beiden Bits A0 und A1 im Statuswort der Wandlungsfunktionen werden benötigt, um Zah-
CPU. Diese Bits sagen aus, ob das Ergebnis len eines Datentyps in einen anderen Datentyp
gleich (A0 D 0, A1 D 0), kleiner (A0 D 1, bzw. eine andere interne Datenrepräsentation zu
A1 D 0), größer (A0 D 0, A1 D 1) oder ungül- wandeln. Hier sei angemerkt: Die Ausgabe von
tig (A0 D 1, A1 D 1) ist. So wird beispielsweise Werten in hexadezimaler, dezimaler (mit oder oh-
beim Prüfen auf kleiner gleich das VKE gesetzt, ne Vorzeichen) und binärer Form hat nichts mit ei-
wenn (A0 D 0 und A1 D 0) oder (A0 D 1 ner Wandlung zu tun, dies ist nur eine andere Dar-
768 R. Hönle
stellung desselben Bitmusters. Auf der S7 existie- Mit dem Befehl BTI wird eine 16-Bit-BCD-
ren Umwandlungsbefehle beispielsweise von 16- Zahl in eine 16-Bit-Ganzzahl gewandelt. Bit 15
Bit-Ganzzahl in 32-Bit-Ganzzahl, von BCD nach wird dabei als Vorzeichen behandelt und die Bits
Ganzzahl und umgekehrt, von Festpunkt nach 0 bis 11 geben den Wert der BCD-Zahl an. Zuläs-
Gleitpunkt und umgekehrt sowie verschiedene sige Werte sind hierbei 999 bis C999. Liegen
Negier- und Byteorderänderungsfunktionen. Al- mindestens in einem Nibble Werte von 10 bis 15
le Wandlungsfunktionen werden mit Akku1 bzw. vor, dann wird ein Fehler ausgelöst und die SPS
dem Lowword von Akku1 durchgeführt. Für KOP geht in Stopp-Modus. Dies lässt sich nur durch
und FUP ist für die Darstellung des entsprechen- die Programmierung eines sogenannten Fehler-
den Wandlungssymbols immer noch ein Lade- OBs verhindern. Mit dem Befehl ITB wird eine
und Transferbefehl sowie das „NOP 0“ am Ende 16-Bit-Ganzzahl in eine 16-Bit-BCD-Zahl ge-
für die Sprungmarke wegen eventueller Verwen- wandelt. Liegt hier der Wertebereich außerhalb
dung des EN-Einganges notwendig. von 999 Undankbarkeit C999, werden nur zwei
Mit dem Befehl ITD wird eine 16-Bit-Ganz- Bits (OV und OS) im Statuswort gesetzt, ein Feh-
zahl in eine 32-Bit-Ganzzahl gewandelt. Bei ei- ler und Stopp der SPS wird nicht ausgelöst. Das
ner positiven Zahl (0 bis 32.767) werden die negative Vorzeichen wird durch die Bitkombi-
Bits 16 bis 31 auf 0 gesetzt. Bei einer negativen nation 1111 in den Bits 12 bis 15 dargestellt.
Zahl (1 bis 37:678) werden die Bits 16 bis 31 Die Befehle BTD und DTB führen die BCD=
auf 1 gesetzt. Dieser Befehl führt also eine Vor- Ganzzahl-Wandlung mit 32-Bit-Werten durch.
zeichenerweiterung von Bit 15 auf die Bits 16 bis Der Wertebereich liegt hierbei bei 9:999:999
31 durch. Abbildung 16.32 zeigt das zugehörige bis C9.999.999, ansonsten ist das Verhalten iden-
SPS-Programm. tisch wie bei BTI und ITB. In Abb. 16.33 sind
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 769
alle BCD-Ganzzahl-Wandlungssequenzen darge- Ein Wert von 200;7 wir nach TRUNC zu 200
stellt. und ein Wert von 200;7 wird nach TRUNC
Mit dem Befehl DTR wird eine 32-Bit-Ganz- zu 200. Der Befehl RNDC rundet die Gleit-
zahl in eine 32-Bit-Gleitpunktzahl gewandelt. Zu punktzahl zur nächst größeren Ganzzahl auf.
beachten ist hierbei allerdings, dass die Genau- Ein Wert von 200,5 wir nach RNDC zu 201
igkeit einer Ganzzahl höher ist als die einer und ein Wert von 200;5 wird nach RNDC zu
Gleitpunktzahl. Denn bei der Ganzzahl zählt je- 200. Durch RND wird die Gleitpunktzahl zur
des Bit. Bei der Gleitpunktzahl werden Bits für nächst kleineren Ganzzahl abgerundet. Ein Wert
den Exponenten benötigt und stehen somit nicht von 200,5 wird nach RND zu 200 und ein
mehr für die Genauigkeit zur Verfügung. Wenn Wert von 200;5 wird nach RNDC zu 201.
eine 16-Bit-Ganzzahl in eine Gleitpunktzahl ge- In Abb. 16.34 sind die Ganzzahl-Gleitpunktzahl-
wandelt werden soll, dann muss zuvor noch der Wandlungsfunktionen dargestellt.
Befehl ITD ausgeführt werden. Für die Wand- Für alle Gleitpunktzahlen nach Ganzzahl-
lung einer Gleitpunktzahl in eine Ganzzahl gibt Wandlungsfunktionen gilt, dass wenn ein Fehler
es vier verschiedene Funktionen. Mittels RND auftritt (Vorliegen einer NaN oder einer Gleit-
wird die Zahl zur nächsten Ganzzahl gerundet. punktzahl, die auf Grund des zu großen Wer-
Liegt der Wert genau zwischen einer geraden tes nicht als 32-Bit-Ganzzahl dargestellt werden
und einer ungeraden Zahl, wird zur geraden Zahl kann), wird die Umwandlung nicht ausgeführt,
hin gerundet (also nichts mit ab „x,5“ aufrun- und es wird ein Überlauf im Statuswort (OV und
den). Ein Wert von 200,5 wir nach RND zu 200 OS) angezeigt.
und ein Wert von 200;5 wird nach RND zu Die Zahlen in Akku1 können mit einem ein-
200. Ein Wert von 201,5 wir nach RND zu fachen Befehl negiert werden. Dabei muss bei
202 und ein Wert von 201;5 wird nach RND Ganzzahlen zwischen dem Einerkomplement und
zu 202. Durch TRUNC wird einfach der Nach- dem Zweierkomplement unterschieden werden.
kommaanteil der Gleitpunktzahl abgeschnitten. Das Einerkomplement invertiert einfach alle Bits
770 R. Hönle
der Zahl. Der betragsmäßige Wert der Zahl än- die zwei Bytes des Lowwords von Akku1 und
dert sich dadurch. Aus C3 wird 4 und aus 128 mit dem Befehl TAD werden alle vier Bytes von
wird C127. Beim Zweierkomplement werden al- Akku1 in ihrer Reihenfolge so vertauscht, dass
le Bits invertiert und danach eins addiert. Durch aus Little-Endian Big-Endian wird bzw. auch um-
diese Vorgehensweise erhält man beim Zwei- gekehrt, da es sich um reversible Funktionen
erkomplement immer die gleiche Zahl nur mit handelt. Abbildung 16.36 zeigt die Funktionen
anderem Vorzeichen, aus C3 wird 3 und aus zur Änderung der Bytefolge.
128 wird C128. Der Befehl INVI bildet das
Einerkomplement einer 16-Bit-Ganzzahl, INVD 16.3.2.5 Rechenfunktionen
das einer 32-Bit-Ganzzahl. Der Befehl NEGI Als Basisrechenfunktionen existieren bei allen
bildet das Zweierkomplement einer 16-Bit-Ganz- Datentypen (16-Bit-, 32-Bit-Ganzzahl und 32-
zahl, NEGD das einer 32-Bit-Ganzzahl. Der Be- Bit-Gleitpunktzahl) die Grundrechenarten: Plus,
fehl NEGR negiert eine 32-Bit-Gleitpunktzahl. Minus, Mal und Geteilt. Dargestellt wird dies
In Abb. 16.35 sind die Negationsbefehle darge- durch das Rechensymbol mit angehängtem Zei-
stellt. chen für den Datentyp. Beispielsweise addiert CI
Den Abschluss der Umwandlungsfunktionen zwei 16-Bit-Ganzzahlen in Akku1 und Akku2
bilden die Funktionen zum Ändern der Byteorder. und speichert das Ergebnis in Akku1, D multi-
Mit diesen Funktionen können Werte zwischen pliziert zwei 32-Bit-Ganzzahlen und =R dividiert
dem Little-Endian- und Big-Endian-Format ge- die Gleitpunktzahl in Akku2 durch die Gleit-
wandelt werden. Mit dem Befehl TAW werden punktzahl in Akku1 und speichert das Ergebnis
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 771
als Gleitpunktzahl in Akku1. Bei den Ganzzah- Bei den Gleitpunktzahlen kommen noch er-
len gibt es neben dem Befehl C, dieser addiert weiterte Rechenfunktionen hinzu. Der Befehl
eine 16- oder 32-Bit-Konstante zu dem Wert in ABS bildet den Absolutwert einer Zahl, SQR
Akku1, noch den Befehl MOD, dieser dividiert quadriert eine Zahl, SQRT zieht die Quadrat-
den Wert von Akku2 durch den Wert von Ak- wurzel, EXP bildet den Exponentialwert und LN
ku1 und speichert den Divisionsrest in Akku1. In den natürlichen Logarithmus einer Zahl. An tri-
Abb. 16.37 sind einige der Basisrechenfunktio- gonometrischen Funktionen stehen SIN, COS,
nen dargestellt. TAN, ASIN, ACOS und ATAN zur Verfügung. In
772 R. Hönle
Abb. 16.38 sind einige Beispiele der erweiterten beispielsweise im Zusammenhang mit dem EN-
Rechenfunktionen dargestellt. Eingang hingewiesen. In diesem Abschnitt geht
es nun um die wichtigsten Sprungoperationen.
16.3.3 Sprungoperationen Da in KOP und FUP nur zwei Sprungarten und
die Sprungmarke realisiert werden können, be-
Auf die Möglichkeit, innerhalb eines SPS-Pro- schränkt sich dieses Kapitel auf die Darstellung
gramms zu springen, wurde bereits weiter oben in AWL und weist bei den beiden Varianten
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 773
textuell auf KOP und FUP hin. Zur besseren Er- den sich unter anderem das VKE-Bit, das OV-
läuterung der einzelnen Befehle werden in der Bit (Überlauf, wird beispielsweise bei Überlauf
Darstellung Kommentare im SPS-Programm ver- einer Wandlung gesetzt) und das OS-Bit (spei-
wendet. chernder Überlauf, wird im Gegensatz zu OV
Bei der Programmierung unterscheidet man nicht bei der nächsten Wandlung neu gesetzt,
zwischen bedingten und unbedingten Sprüngen. sondern behält den gesetzten Zustand bei). Die-
Bei den unbedingten Sprüngen gibt es den ab- se Sprungbefehle selbst beeinflussen durch den
soluten Sprung SPA, der auch in KOP und FUP Sprung oder Nichtsprung wieder die verschie-
darstellbar ist, und einen Sprungverteiler bzw. denen Bits im Statuswort. Beispielsweise wird
eine Sprungleiste. Dieser Sprungverteiler ist am durch einen VKE-abhängigen Sprungbefehl das
ehesten mit einer „switch case“-Anweisung in VKE immer auf 1 gesetzt, egal ob der Sprung
C=CCC bzw. „select case“-Anweisung in Visu- ausgeführt wird oder nicht. Die VKE-abhängigen
al Basic zu vergleichen. In Abb. 16.39 sind diese Sprünge lassen sich auch in KOP und FUP dar-
beiden Sprungvarianten dargestellt. Die Funkti- stellen. Weitere Details sind in Abb. 16.40 und
onsbeschreibung geht dabei aus den Zeilenkom- den entsprechenden Kommentaren ersichtlich. Es
mentaren eindeutig hervor. existieren neben den aufgeführten Befehlen noch
Die bedingten Sprünge werden, wie der Na- zusätzlich spezielle Sprungbefehle, die allerdings
me schon sagt, abhängig von Bedingungen aus- den Rahmen dieses Kapitels sprengen würden.
geführt. In der Regel sind dies dann einzelne Weitere Sprungoperationen können auf Grund
Bits aus dem Statuswort der SPS. Hier befin- des Ergebnisses einer Rechenoperation erfolgen:
774 R. Hönle
AWL
AWL
Abb. 16.40 Bedingte Sprungoperationen mit einzelnen Bits aus dem Statuswort
SPZ springt, wenn das Ergebnis 0 war. SPMZ springt, wenn das Ergebnis kleiner oder
SPN springt, wenn das Ergebnis nicht 0 war. gleich 0 war.
SPP springt, wenn das Ergebnis größer 0 war. SPU springt, wenn das Ergebnis ungültig war,
SPM springt, wenn das Ergebnis kleiner 0 war. beispielsweise wegen einer NaN.
SPPZ springt, wenn das Ergebnis größer oder In Abb. 16.41 sind einige ergebnisabhängige
gleich 0 war. Sprungoperationen dargestellt.
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 775
AWL
Der Vollständigkeit halber soll noch ein weite- haben kein Gedächtnis und liefern bei gleichen
rer Sprungbefehl erwähnt werden: LOOP. Dieser Funktionsparametern immer dasselbe Ergebnis
Befehl dekrementiert den Inhalt von Akku1 und zurück. Diese Art nennt man Funktionen oder
springt zu der angegebenen Sprungmarke, wenn FC. Die anderen haben ein Gedächtnis, merken
der Inhalt von Akku1 größer als 0 ist. Hierbei sich also die Werte aus dem letzten Aufruf. Die-
ist äußerste Vorsicht geboten. Unter Umständen se Art nennt man Funktionsbausteine oder FB.
kann es sonst passieren, dass eine Endlosschleife Das „Gedächtnis“ der Funktionsbausteine wird
programmiert wird und die SPS in Stopp-Zustand mittels eines Datenbausteins realisiert, den der
geht. FB übergeben bekommt. In dem Datenbaustein
ist somit die Schnittstelle des FB abgebildet. In
Abb. 16.42 sind hier Beispiele dargestellt. Wenn
16.3.4 Programmfluss-Steuerung diese Funktionen oder Funktionsbausteine bereits
im Betriebssystem der SPS integriert sind, spricht
Eine S7 bearbeitet, sofern sie sich nicht im Stopp man von Systembausteinen und SFBs bzw. SFCs.
befindet, immer den OB 1. Zu Beginn eines Beispielsweise sind die IEC-Zeiten als SFBs aus-
Zyklus werden die Daten aus den Peripherieein- geführt. Dadurch, dass „beliebig“ viele DBs mit
gangsbaugruppen in das Prozessabbild Eingänge dessen Aufrufschnittstelle angelegt werden kön-
geschrieben. Danach wird das SPS-Programm nen, können auch „beliebig“ viele IEC-Zeiten
im OB 1 bearbeitet. An dessen Ende schreibt verwendet werden und nicht nur die festgelegte
die S7 die Daten vom Prozessabbild Ausgänge Anzahl von Simatic-Zeiten. Die Anzahl der mög-
in die Peripherieausgangsbaugruppen und führt lichen Zeiten hängt von der SPS und der Anzahl
einige Systemfunktionen durch, bevor es wie- der möglichen DBs ab.
der am Anfang weitergeht. Damit sich nicht das Bei FBs und SFBs gibt es folgende Bereiche: In
gesamte Programm in einem Baustein befindet, IN werden die Eingangsparameter vor dem Auf-
besteht die Möglichkeit verschiedene Baustei- ruf in den Parameter-Datenbaustein geschrieben.
ne anzulegen und aufzurufen. Diese Bausteine Dieser Parameter-Datenbaustein wird auch In-
können am ehesten mit Funktionen bei den PC- stanz-Datenbaustein genannt. In OUT werden die
Hochsprachen verglichen werden. Hierbei gibt Daten nach dem Funktionsaufruf aus den DB ge-
es zwei verschiedene Funktionsarten: die einen lesen und in die Aktualparameter geschrieben. In
776 R. Hönle
AWL
INOUT werden die Parameter vor dem Aufruf in werden und über die Schnittstelle parametriert
den Instanz-DB geschrieben und nach dem Auf- werden. Dies erspart dann natürlich Programm-
ruf in die Aktualparameter zurückgeschrieben. code und Programmierzeit.
In STAT sind statische Daten für den FB selbst Nicht immer sollen die Bausteine bis zum
vorhanden. Hier kann alles definiert werden, was Ende ausgeführt werden. Es kann Situationen ge-
zwischen den Aufrufen erhalten bleiben soll. In ben, bei denen ein vorzeitiger Rücksprung, ähn-
TEMP sind temporäre Daten vorhanden, die nach lich „return“ bei den PC-Hochsprachen, sinnvoll
dem Aufruf nicht mehr existieren, da sie auf dem ist. Hierzu gibt es drei Befehle: BE und BEA sind
Stack angelegt werden. Abbildung 16.42 zeigt in der Funktionsweise identisch, beenden den
unterschiedliche Varianten der Bausteinaufrufe. Bausteinaufruf bedingungslos und kehren zum
Bei FCs und SFCs existieren die Bereiche IN, aufrufenden Baustein zurück. BEB hingegen be-
OUT, INOUT, TEMP und zusätzlich RETURN. endet den Bausteinaufruf abhängig vom Zustand
Hier kann der Rückgabewert der Funktion defi- des VKE und kehrt bei VKE D 1 zum aufrufen-
niert werden. Der Bereich STAT existiert bei FCs den Baustein zurück.
und SFCs nicht.
In Abb. 16.42 Teil 1 ist der mehrfache Auf-
ruf einer IEC-Zeit als Einschaltverzögerung über 16.4 Programmierung einer SPS
den dazugehörigen Systembaustein dargestellt. In
Abb. 16.42 Teil 2 wird eine benutzerdefinierte Im Folgenden werden einfache Beispiele zur
Funktion FC 10 mit einer Schnittstelle aufge- SPS-Programmierung vorgestellt.
rufen. In Abb. 16.42 Teil 3 ist diese Funktion
dargestellt. Das „#“ vor dem Parameternamen Beispiel 1:
zeigt an, dass es sich um einen Parameter oder Einfaches Förderband An einem Förder-
eine Lokaldatenvariable auf dem Stack und nicht band sind am Anfang und am Ende jeweils ein
um eine symbolische Variable handelt. Start- und ein Stopp-Taster angebracht. Wird
Funktionen und Funktionsbausteine dienen einer der beiden Start-Taster betätigt, beginnt
der Strukturierung eines SPS-Programms. Mit das Band zu laufen. Wird einer der beiden
deren Hilfe können auch immer wiederkehren- Stopp-Taster betätigt, hört das Band auf zu
de Aufgaben in einzelne Bausteine ausgelagert laufen. Zusätzlich befindet sich am Auslauf
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 777
des Bandes eine Lichtschranke, die durch die ein Setzen=Rücksetzen Flipflop. In Tab. 16.12
Werkstücke unterbrochen wird. Wird damit sind die verwendeten Sensoren und Aktoren
ein Werkstück erkannt, dann stoppt das Band aufgeführt, in Abb. 16.43 ist der Programm-
ebenfalls. Das Band soll vorrangig stoppen, code der Lösung dargestellt.
nicht dass ein Werkstück vom Band fällt wenn
ein Start-Taster betätigt wird.
Beispiel 2:
Lösung zu Beispiel 1 Richtungserkennung eines Förderbandes
Das Band soll dann starten, wenn Start_Ein- An einem Förderband sind zwei Lichtschran-
lauf oder Start_Auslauf gedrückt wird und ken angebracht. Jedes Werkstück, das auf dem
LS_Auslauf nicht unterbrochen ist. Das Band Band transportiert wird, ist länger als der Ab-
soll dann stoppen, wenn Stopp_Einlauf oder stand der beiden Lichtschranken. Über diese
Stopp_Auslauf gedrückt oder LS_Auslauf un- beiden Lichtschranken soll nun die Laufrich-
terbrochen wird. Zum Einsatz kommt somit tung des Förderbandes erkannt und damit je-
AWL
KOP FUP
weils eine Lampe für die Richtungsanzeige mit jedem Ablauf der Zeit das Merkerbyte
links bzw. rechts angesteuert werden. inkrementiert werden. Dies bedeutet, dass bei-
spielsweise das Merkerbit x.0 immer im Ras-
Lösung zu Beispiel 2: ter der Zeit den Zustand zwischen 0 und 1
Da das Werkstück länger ist als der Abstand wechselt. Das Merkerbit x.1 wechselt den Zu-
zwischen den beiden Lichtschranken, wird stand nur im doppelten Raster der Zeit. Mit
erst eine Lichtschranke unterbrochen und da- dem Merkerbyte können somit 8 verschiede-
nach die zweite und die erste ist noch unter- ne Frequenzen realisiert werden. Die geringste
brochen. Somit kann ganz einfach die Lauf- Periodendauer entspricht dabei dem doppel-
richtung des Bandes festgestellt werden. Wenn ten Zeitwert. Die maximale Frequenz beträgt
der Impuls der einen Lichtschranke durch ei- 1=.2 T /. Für das Beispiel soll ein Zeitwert
ne negative Flanke kommt und die andere von 50 ms und somit eine maximale Frequenz
Lichtschranke noch nicht unterbrochen wurde, von 10 Hz verwendet werden.
dann fährt das Band in Richtung der anderen Zusatzfrage: Mit welcher Genauigkeit kann
Lichtschranke. War die andere Lichtschran- bei den Taktmerkern gerechnet werden? Dazu
ke schon unterbrochen, dann ist nichts zu tun bitte den zyklischen Ablauf und die Zykluszeit
denn das Werkstück läuft gerade durch. Wenn der SPS mit in die Überlegungen einbeziehen.
keine der beiden Lichtschranken unterbrochen
ist, dann kann auch nicht festgestellt werden, Lösung zu Beispiel 3:
in welche Richtung das Band läuft. Die Auf- Als erstes wird der richtige Zeittyp ausge-
gabe wird hier mit einem Setzen=Rücksetzen wählt. Idealerweise kommt eine Zeit als ver-
Flipflop und zwei Flankenmerkern gelöst. In längerter Impuls zum Einsatz. Diese Zeit wird
Tabelle 16.13 sind die verwendeten Sensoren, gestartet, wenn das VKE am Eingang von 0
Aktoren und Hilfsvariablen aufgeführt und in auf 1 wechselt und der Ausgang der Zeit bleibt
Abb. 16.44 ist der Programmcode der Lösung auf 1, solange die Zeit läuft. Erst wenn die
dargestellt. Zeit abgelaufen ist, wird das Merkerbyte in-
In Abb. 16.44 ist auch die zweite mög- krementiert. Dies bedeutet, dass solange die
liche Darstellung für Flankenmerker ersicht- Zeit läuft, der Programmteil zum Inkrementie-
lich. Ein Unterschied in der Funktion besteht ren des Merkerbytes nicht bearbeitet werden
nicht, nur in der Darstellung. Und in AWL muss. Nach Ablauf wird die Zeit gleich wieder
wird ein „BLD 100“ sowie ein “U(“ und “)“ gestartet. In Tab. 16.14 sind die verwende-
zusätzlich eingefügt, damit das Programm in ten Variablen aufgeführt, in Abb. 16.45 ist der
KOP oder FUP dargestellt werden kann. Programmcode der Lösung dargestellt. Der
Hilfsmerker ist deshalb notwendig, damit auch
Beispiel 3: tatsächlich der Zustand der Zeit vor einem
Erzeugung von Taktgebern mit einem Tast- eventuellen Neustart verwendet wird. Ansons-
verhältnis 1:1 Mit Hilfe einer Zeit soll über ten wird die Zeit durch die Abfrage gestartet
ein Merkerbyte je nach Merkerbit verschiede- und das Inkrementieren findet nie statt, da die
ne Frequenzen realisiert werden. Hierzu soll Zeit immer läuft.
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 779
AWL
KOP FUP
Damit das Netzwerk 3, das Inkrementieren, durchgeführt. Im Mittel wird die Genauigkeit
auch in KOP und FUP dargestellt werden kann, bei der halben SPS-Zykluszeit liegen, wenn
kann man statt dem verwendeten INC-Befehl diese geringer als die Hälfte des gewählten
auch den Ganzzahl-Addierer verwenden. Der Zeitwerts ist. Die Hälfte deshalb, da ein Ti-
Haken an der Sache ist allerdings, dass es die- mer nur gestartet wird, wenn ein Wechsel am
ser nicht für Byteoperanden existiert. Somit VKE von 0 auf 1 stattfindet und somit mindes-
müsste hier ein Wort verwendet werden. tens für eine SPS-Zyklus eine 0 anliegen muss.
Die Genauigkeit der Taktmerker hängt von Ist die SPS-Zykluszeit größer als die halbe
der Zykluszeit der SPS ab. Die SPS kann gewählte Zeit und kleiner als die gewählte
die Abfrage durchführen, wenn die Zeit ge- Zeit, dann wird es im Mittel zu einer Abwei-
rade eben abgelaufen oder gerade eben noch chung von 2 SPS-Zykluszeit – gewählter Zeit
nicht abgelaufen ist. Im zweiten Fall wird kommen, da immer im zweiten SPS-Zyklus
das Inkrementieren im nächsten SPS-Zyklus die Zeit wieder gestartet wird. Ist die SPS-
AWL
KOP FUP
AWL
KOP FUP
Bei den Zuständen 1 bis 4 werden weite- stand wird über Sprungleiste realisiert. Als
re Grünanforderungen ignoriert, bei den Zu- Zeittyp wird wieder der verzögerte Impuls
ständen 0 und 5 bis 7 wird die Grünanfor- verwendet. In Tab. 16.17 sind die verwende-
derung gespeichert damit nach Ablauf der ten Variablen aufgeführt, in Abb. 16.47 ist
Mindestzeit der Zyklus erneut gestartet wer- der Programmcode der Lösung dargestellt.
den kann. Dies wird über drei Vergleicher In KOP und FUP sind aus Gründen der
gelöst. Die Verzweigung im jeweiligen Zu- Übersichtlichkeit nur die ersten Netzwerke
784 R. Hönle
AWL
KOP FUP
dargestellt. Die prinzipielle Vorgehensweise spiel werden auch nicht mehr die absoluten
ist allerdings auch in KOP oder FUP nach- Operanden sondern die symbolischen Ope-
vollziehbar. Der genaue Programmcode mit randen verwendet. Das Programm wird da-
den dazugehörenden Kommentaren kann in durch gleich wesentlich einfacher zu verste-
AWL nachvollzogen werden. In diesem Bei- hen.
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 789
sein können. Die Aufgaben können dadurch sehr fungen unterstützt die LOGO! UND, ODER, EX-
kompakt und ohne zusätzliche Visualisierungs- CLUSIVE ODER, UND NICHT, ODER NICHT,
komponenten gelöst werden. NOT, UND mit Flanke (FP) sowie UND NICHT
In diesem Kapitel wird speziell auf die Klein- mit Flanke (FN). Zusätzlich sind viele Sonder-
steuerungen der Firma Siemens, die LOGO!, ein- funktionen (z. B. Ein- und Ausschaltverzögerung,
gegangen. Laut Siemens schließt die LOGO! die Betriebsstunden- und Impulszähler, Selbsthalte-
Lücke zwischen Schützen, Hilfsrelais, Zeitschalt- relais, PI-Regler, Wochenschaltuhr, Astrotimer,
uhren und der SPS-Technik. Mit der LOGO! kön- Jahresschaltuhr, Stoppuhr etc.) integriert. Mit
nen Funktionen per Mausklick einfach logisch diese Funktionen können bis zu 400 Blöcke in ei-
verbunden und müssen nicht aufwändig verdrah- ner LOGO! programmiert werden.
tet werden. Die LOGO! ist in der Leistung unter- Mit der 2011 eingeführten Version 7 der LO-
halb der S7-1200 angesiedelt und wird mit einer GO! erhielt diese standardmäßig einen Slot für
eigenen Software, der LOGO!Soft Comfort, pro- SD-Karten, eine Datenloggingmöglichkeit für bis
grammiert und in Betrieb genommen. Als Pro- zu 2.000 Datensätze und eine Ethernetschnitt-
grammiersprachen stehen für die LOGO! sowohl stelle. Dadurch können mehrere LOGO!-Geräte
KOP als auch FUP zur Verfügung. Die Program- miteinander vernetzt werden. In der 2014 vorge-
mierung erfolgt sehr einfach über Drag und Drop. stellten Version 8 wurde die Vernetzungsfunktion
Mit der integrierten Simulation kann die Pro- für den Anwender deutlich vereinfacht, die Ge-
grammlogik getestet werden, ohne dass diese auf räte mit einem microSD-Kartenslot ausgerüstet,
die Steuerung übertragen werden muss. Von den die Datenloggingkapazität auf 20.000 Datensätze
in Abschn. 16.3.1.1 aufgeführten Binärverknüp- erhöht und zusätzlich ein Web-Server integriert.
16 Speicherprogrammierbare Steuerungen 791
Auf den Web-Server kann mittels PC, Tablet Ü 16-4 Ein Motorschütz am Ausgang A 0.1 ei-
oder Smartphone zugegriffen werden und somit ner SPS soll eingeschaltet werden (A 0.1 D 1),
die Meldetexte und Zustände einfach beobach- wenn zwei Taster T1 und T2 an den Eingängen
tet werden. Für die LOGO! sind viele Erweite- E 0.1 und E 0.2 gleichzeitig betätigt werden. Das
rungsmodule erhältlich. Dadurch sind nicht nur Schütz soll ausgeschaltet werden, wenn wenigs-
die Ein- und Ausgänge erweiterbar, sondern es tens einer der beiden Taster T3 und T4 an den
stehen auch Kommunikationsmodule z. B. zur Eingängen E 0.3 und E 0.4 betätigt wird.
Positionsermittlung mittels GPS, zur Uhrzeitsyn-
chronisation über das Network Time Protocol Ü 16-5 Sofern ein Schalter S1 am Eingang E 0.1
(NTP) oder zum Versenden von SMSen zur Ver- eingeschaltet ist, soll ein Warntongeber am Aus-
fügung. gang A 0.2 einer SPS eingeschaltet werden, wenn
Der Datenaustausch mit den anderen Siemens- der Taster T2 am Eingang E 0.2 nicht jeweils
SPSen ist seit Version 7 problemlos möglich, da innerhalb der Zeit t1 D 20 s nach dem letzten
die LOGO! über die Ethernetschnittstelle das- Drücken erneut betätigt wird. Der Warntongeber
selbe Protokoll verwendet wie die S7-200. So- soll durch Drücken des Tasters T3 am Eingang
mit können auch die Bedienpanels der größeren E 0.3 wieder ausgeschaltet werden können.
Steuerungen für die LOGO! verwendet oder Da-
ten mit S7-SPSen ausgetauscht werden. Ü 16-6 Durch Betätigung eines Tasters T1 am
In Abb. 16.48 ist die die Software LOGO!Soft Eingang E 0.1 einer SPS soll das Ventil V1 am
Comfort dargestellt. Im Editor ist eine ODER- Ausgang A 0.1 sofort und das Ventil V2 am Aus-
Verknüpfung sichtbar. Die einzelnen Elemente gang A 0.2 mit einer Verzögerung von t1 D 2 s
der Verknüpfung werden normalerweise mittels eingeschaltet werden. Durch Betätigung des Tas-
Drag und Drop aus dem linken Menübaum auf ters T2 am Eingang E 0.2 sollen beide Ventile
die Editorfläche gezogen. Auf dieser Fläche kön- sofort ausgeschaltet werden.
nen nicht nur Logikverschaltungen sondern auch
freier Text, z. B. zur Kommentierung und Erläu- Ü 16-7 Die Belegung eines Parkhauses mit 50
terung eingegeben werden. Stellplätzen soll mit einer SPS überwacht wer-
den. Dazu soll bei der Öffnung des (leeren)
Parkhauses durch Betätigung eines Tasters T0
am Eingang E 0.0 der SPS ein Vorwahlzähler
16.6 Zur Übung
auf die Vorwahlzahl 50 entsprechend der An-
zahl der zur Verfügung stehenden Plätze gestellt
Ü 16-1 Erstellen Sie das SPS-Programm für ein werden können. Die ein- und ausfahrenden Fahr-
Setzen=Rücksetzen, indem Sie gemäß Tab. 16.11 zeuge werden über zwei Geber G1 und G2 an
die Verknüpfungen für Ausgang neu D 0 pro- den Eingängen E 0.1 und E 0.2 der SPS erfasst
grammieren und das Ergebnis vor der Zuweisung und im Zähler gezählt. Jeder von einem einfah-
negieren. renden Fahrzeug über G1 and E 0.1 erzeugte
0=1-Wechsel soll den Zählerstand um 1 ernied-
Ü 16-2 Erstellen Sie zuerst die Zustandstabelle rigen. Jeder von einem ausfahrenden Fahrzeug
für ein Setzen vorrangig und dann das SPS- über G2 an E 0.2 erzeugte 0=1-Wechsel soll den
Programm dafür. Wählen Sie hierzu die Lösung Zählerstand um 1 erhöhen. Wenn das Parkhaus
für Ausgang neu D 1. mit 50 Fahrzeugen voll belegt ist, d. h., wenn der
Zählerstand null erreicht ist, soll am Ausgang
Ü 16-3 Erstellen Sie das SPS-Programm für die A 0.1 der SPS ein Stopp-Signal (A 0.1 D 1) aus-
Erkennung eines negativen Flankenwechsels. gegeben werden.
792 R. Hönle
Geräte zur Umwandlung technischer Versor- kenden und die von ihr gegebenenfalls ausgehen-
gungsspannungen in geregelte Spannungen sind den physikalischen Einflüsse beachtet werden.
für die Stromversorgung von großer Bedeutung. Die äußeren Bedingungen sind entscheidend für
Stromversorgungen benötigt man beispiels- die Wahl einer jeweils optimalen Technik und da-
weise zur Speisung elektronischer Einrichtun- mit auch für deren Preis.
gen. Zu Stromversorgungs-Systemen gehören die Ein elektronisches Gerät tauscht mit der um-
ihnen zugeordneten Überwachungs- und Signa- gebenden Luft Wärme aus und kann Feuchtigkeit
lisierungs-Einrichtungen. Hat die Stromversor- aufnehmen. Im Zusammenwirken mit der Tem-
gung einen Netz-Eingang, also einen Anschluss peratur ist die Luftfeuchtigkeit wichtig. Beim
an das Netz der Energieversorgungs-Unterneh- Unterschreiten des Taupunktes führt die hohe
men, so spricht man von einem Schaltnetzteil, Luftfeuchtigkeit zur Kondensation des aus der
wenn eine getaktete Technik verwendet wird (Ab- Luft aufgenommenen Wassers und damit zu ei-
schn. 17.2). Bei einem Gleichspannungseingang ner meist unerwünschten Betauung der elektroni-
sind Spannungswandler und Konverter die am schen Geräteteile. Ständig betriebene Stromver-
häufigsten verwendeten Begriffe. sorgungsgeräte sind wärmer als ihre Umgebung,
Als Energiequelle dient vorzugsweise die so dass an diesen kein Wasserdampf konden-
aus dem öffentlichen Netz bereitgestellte Wech- sieren kann. Probleme können auftreten, wenn
selspannung, die technische Wechselspannung ein kaltes Gerät in eine feuchte und warme
(230=400 V, 50 Hz in Europa) oder eine dar- Umgebung gelangt. (Siehe hierzu IEC-Publika-
aus abgeleitete lokale Gleichspannungsversor- tion 68-1, Appendix A (IEC-Klimakategorie)
gung mit einer Spannung bis zu 120 V. Eine und DIN 40 040 (Anwendungsklassen) und VDI-
Übersicht zeigt die Tab. 17.1. Richtlinie 2067, Blatt 3: h; x-Diagramm nach
Mollier für feuchte Luft beim Druck von p D
1;013 bar.)
17.1 Trafonetzgeräte Funkstörungen können eine Stromversorgung
sowohl beeinflussen als auch von ihr selbst aus-
Die Verbindungen einer Stromversorgung mit der gehen. Für die Störfestigkeit (passiv) und für
Umgebung sind in Abb. 17.1 wiedergegeben. Ne- die Störaussendung (aktiv) ist der Sammelbegriff
ben Strom und Spannung an den Eingangs- und Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) üblich
den Ausgangsklemmen einer Stromversorgung (Abschn. 17.4). Funkstörungen können sowohl
müssen auch die auf die Stromversorgung einwir- leitungsgebunden als auch gestrahlt sein.
Mechanische Belastungen treten vor allem bei
J. Gutekunst () Beschleunigungen auf, die sehr unterschiedli-
E-Mail: jgutekunst@web.de che Ursachen haben können. Die Beschleunigung
wobei f die Frequenz, N die Windungszahl, Das bedeutet: die Spannungen U sind proportio-
A die magnetisch wirksame Fläche und BO der nal und die Ströme I sind umgekehrt proportio-
796 J. Gutekunst
nal zu den Windungszahlen N . Dies nutzt man Sicherung (Schmelzsicherung) F1 , einem Voll-
beispielsweise bei Stromwandlern zum potenzi- brücken-Gleichrichter (D1 , D2 , D3 und D4 ) und
alfreien Messen von Strömen aus. Eine streu- und einem Elektrolytkondensator C1 zur Siebung der
verlustarme Bauweise vorausgesetzt, kann man gleichgerichteten Wechselspannung.
reelle Widerstände, aber auch komplexe Wider- Für die meisten Anwendungen benötigt man
stände transformieren. Die übersetzten Größen eine stabile Spannung mit niedrigem Innenwi-
R0 ; L0 , und C 0 für den Widerstand R, die Induk- derstand und kleiner Welligkeit. Die an dem
tivität L und die Kapazität C verhalten sich wie Siebkondensator C1 anliegende, in ihrer Ampli-
folgt: tude schwankende Spannung wird dazu durch
R0 D uR 2 R einen Längsregler (Verlustregler) nachgeregelt.
Als Längsregler verwendet man meistens einen
L0 D uR 2 L (17.5) integrierten Spannungsregler (z. B. vom Typ A
1 7805 C für eine Ausgangsspannung von 5 V)
C0 D 2C :
uR zusammen mit einem ausgangsseitigen Elektro-
lytkondensator C2 (Abschn. 17.1.5).
Für ein einfaches Ladegerät (z. B. für Blei-
17.1.3 Transformator-Netzteil akkumulatoren) reicht ein Gleichrichter an der
Sekundärseite des Transformators aus; ein La-
Transformator Netzteile findet man nach wie vor degerät für Nickel-Cadmium-Akkumulatoren be-
in allen Leistungsklassen. Ihr einfacher Aufbau nötigt nur noch einen zusätzlichen Widerstand.
macht sie auch heute noch für kleinere Leistun- Wird anstelle eines Verlustreglers ein pulsbrei-
gen attraktiv und weist eine Reihe von Vorteilen tengeregelter Spannungswandler verwendet, so
auf: spricht man von einer sekundär getakteten Strom-
geringe Kosten, versorgung (Abschn. 17.2).
hohe Zuverlässigkeit und
geringe Funkstörungen.
Bei technischen Wechselspannungen verwendet 17.1.4 Gleichrichter-Schaltungen
man zur sicheren elektrischen Trennung und
zur Spannungsuntersetzung Transformatoren mit Die nachfolgenden Beschreibungen beziehen
Kernen aus Dynamoblech (DIN 41 302 T1). So- sich auf den Betrieb von Gleichrichter-Schaltun-
genannte EI-Blechschnitte, die zu Blechpaketen gen an einem 50-Hz-Netztransformator.
zusammengeschweißt werden, ermöglichen ei-
ne automatische und damit eine kostengünstige 17.1.4.1 Einweg-Gleichrichter
Fertigung. Ein einfaches Transformator-Netzteil, Die Einweggleichrichtung erfolgt mit nur ei-
dessen Schaltung Abb. 17.4 wiedergibt, besteht ner Diode (Abb. 17.5). Während jeder positi-
im Wesentlichen aus den folgenden Bauelemen- ven Halbwelle wird der Kondensator C fast bis
ten: einem Transformator Tr mit einer eingebau- auf den Spitzenwert der Transformator-Wech-
ten Temperatursicherung F2 , einer Geräteschutz- selspannung UT aufgeladen. Sobald die positive
17 Spannungsversorgungen 797
Amplitude der Wechselspannung unter die am den, da der speisende Transformator mit einem
Kondensator C anliegende Spannung absinkt, Gleichanteil belastet wird. Dieser Nachteil ist mit
sperrt die Gleichrichterdiode D, und es fließt nur einer Vollweg-Gleichrichterschaltung zu vermei-
noch Strom aus dem Kondensator in den Lastwi- den (Abb. 17.7).
derstand RL .
Der Spannungsverlauf am Lastwiderstand RL 17.1.4.2 Halbbrücke oder
ist dabei von der Last und die Größe des Konden- Mittelpunkt-Schaltung
sators abhängig. Der Kondensator hat dabei die Mit Vollweg-Gleichrichtern werden die positive
Aufgabe, die Zeit zwischen zwei Halbwellen zu und die negative Spannungshalbwelle gleichge-
überbrücken, was zu einem exponentiellen Span- richtet. Der Ladekondensator C wird mit der
nungsverlauf zwischen zwei Spitzenwerten führt, doppelten Netzfrequenz geladen, so dass im Ver-
wie in Abb. 17.5 rechts dargestellt ist (Entlade- gleich zum Einweg-Gleichrichter eine kleinere
kurve). Brummspannung erreicht wird (Abb. 17.6). Bei
Bei reiner Widerstandslast und mit einer idea- der Mittelpunkt-Schaltung fließt der Strom in ei-
len Diode würde für die Dauer einer halben Peri- ner Periode T durch jede der beiden Dioden und
ode ein rein sinusförmiger Strom fließen. Durch jede Teilwicklung für die Zeitdauer von t < T =2.
die Kapazität des Siebkondensators und den In- Der Wickelsinn der Transformator-Wicklun-
nenwiderstand des Transformators fließt inner- gen ist durch einen Punkt gekennzeichnet. Bei
halb jeder Halbperiode nur kurzzeitig Strom. einer positiven Halbwelle auf der Primärseite
Hierdurch können der Dioden-Spitzenstrom und liegt an allen gekennzeichneten Teilwicklungen
sein Effektivwert wesentlich größer werden als des Transformators Tr ebenfalls eine positive
der Mittelwert des Diodenstroms. Da nur eine Spannung. Solange die Spannung an der oberen
Diode an dem Stromfluss beteiligt ist, entspricht Sekundärwicklung größer als die Spannung am
der mittlere Diodenstrom auch dem Ausgangs- Kondensator C ist, leitet die Diode D1 .
gleichstrom IA . Die Einwegschaltung sollte für Die Spannungen an den beiden Wicklungen
Transformator-Netzteile nicht angewendet wer- sind entgegengesetzt gleich groß. Deshalb ist
798 J. Gutekunst
Beispiel 17.2-1
Wie hoch ist die Zenerspannung UD2 , wenn
bei der angegebenen Dimensionierung die
Abb. 17.12 Einfacher Aufbau eines Längsreglers mit Hil- Ausgangsspannung UA D 5;2 V ist? Die
fe einer Zenerdiode
Offsetspannung und die Eingangsströme des
Operationsverstärkers können vernachlässigt
werden.
terfolgers ist in Abb. 17.12 wiedergegeben. Ein
Soll-Istwert-Vergleich fehlt bei dieser Lösung.
Die Ausgangsspannung UA ist die Diffe- Lösung
renz von Zener- und Basis-Emitter-Spannung des Mit UZ D UA 1 C R 1
R2
wird die Zenerspan-
Längstransistors T . nung UZ D 6;3997 V.
In Abb. 17.13 ist im Teil a die Schaltung Solange die Strombegrenzung nicht aktiv
eines mit Operationsverstärkern IC realisierten ist, bleibt die Diode D1 gesperrt. Als Reg-
und vollständig dimensionierten Längsreglers mit ler für die Strombegrenzung ist der Teil 1.2
rückläufiger Kennlinie (engl.: fold back) darge- des Operationsverstärkers D vorgesehen. Die
stellt. Durch eine rückläufige oder einziehen- Strombegrenzung setzt ein, wenn der mit dem
de Strom-Begrenzungskennlinie vermindert sich Widerstand R8 gemessene Strom den gleichen
die Verlustleistung PV im Längstransistor (Stell- Spannungsabfall ergibt, wie den an dem Wi-
glied). Diese kann bei aktiver Strombegrenzung derstand R6 eingestellten. Über die Diode D1
mit der Formel wird dem Spannungs-Regelverstärker IC1:1 ei-
ne zu hohe Ausgangsspannung simuliert. Die
Vergleichsspannung an dem Widerstand R6
IA Ik
PV D IA UE UA nom (17.6) wird aus der Summe der Kollektorströme
IA max Ik
IC der Transistoren T1 und T2 gebildet. Bei
Vernachlässigung der Basisströme sind die
beschrieben werden. Emitterströme gleich den Kollektorströmen
Abbildung 17.13b zeigt die Ausgangskenn- (Anmerkung: n-Kanal-MOSFET-Transistoren
linien für einen maximalen Ausgangsstrom wären an dieser Stelle nahezu ideal, da der
IA max D 1 A und drei unterschiedliche Kurz- Drain-Strom gleich dem Source-Strom ist).
schluss-Ströme IK . Der Kollektorstrom IC2 des Transistors T2
Die am Stellglied bei einer Eingangsspannung wird von der Referenz-Spannung durch den
von UE D 8 V auftretende Verlustleistung PV ist Widerstand R9 und der Kollektorstrom IC1
in Abb. 17.13c dargestellt. Um auch Lasten (elek- von der Spannung über R7 bestimmt. Die
tronische Schaltungen) versorgen zu können, die Spannung, die an dem Widerstand R7 liegt, ist
mit sehr großen Kondensatoren abgeblockt wer- mit der Ausgangsspannung identisch.
den oder deren Kennlinie nichtlinear ist, wer-
den Kurzschussströme IK > 0 A gewählt. In den
meisten Fällen ist ein Kurzschlussstrom von Beispiel 17.2-2
IK D 0;3 Imax ausreichend. Der Spannungsreg- a) Bei welchem Strom IA max setzt die Strom-
ler besteht aus den Transistoren T3 und T4 , einem begrenzung ein?
Operationsverstärker (Teil 1 vom Typ LM 324) b) Wie hoch kann der Kurzschlussstrom IK
und der geteilten Zenerspannung (Abb. 17.8a). werden?
802 J. Gutekunst
Abb. 17.13 Längsregler mit rückläufiger Kennlinie. a Stromlaufplan, b rückläufige UI -Ausgangskennlinie, c Verlust-
leistung PV am Stellglied
Abb. 17.15 Integrierter Shuntregler TL 431. a Innen- und Außenbeschaltung, b Stromlaufsymbol (amerikanische Dar-
stellungsweise)
Um den Innenwiderstand zu verringern, darf man eine Referenz-Spannungsquelle (URef ) und einen
den Ausgang mit C2 und parallel zu R2 mit einem Operationsverstärker mit nachgeschaltetem Dar-
Kondensator C3 beschalten. Um bei längeren lington-Transistor und ist universell einzusetzen.
Eingangsleitungen (1
15 cm/ ein Oszillieren Der Regler dient als einstellbare Zenerdiode und
zu vermeiden, wird der Eingang mit C1 abge- auch als Referenz-Spannungsquelle für U > URef
blockt. Unter Abblocken ist das Einfügen von nach Abgleich eines externen Spannungsteilers
Kondensatoren zu verstehen, die den Einfluss der oder für pulsbreitengeregelte Stromversorgun-
Induktivität von Zuleitungen oder der Schaltung gen. Hierzu wird in Serie zum Widerstand RV
auf die Versorgungsspannung beseitigen. die Diode eines Optokopplers geschaltet. Mit den
Beispielsweise verhält sich die Ausgangsim- Widerständen R1 und R2 wird die Ausgangsspan-
pedanz des Spannungsreglers LM 317 induktiv. nung auf den Wert der Referenzspannung geteilt.
Um ein Schwingen dieses Reglers und vergleich-
barer Typen zu vermeiden, soll für den aus-
gangsseitigen Abblockkondensator C2 der Kapa-
zitätsbereich 0;1 F C2 20 F vermieden 17.2 Spannungswandler
werden. Außerdem soll der Kondensator C2 kei-
ne hohe Güte haben, weshalb Folienkondensato- In elektrischen Geräten und Anlagen sind eine
ren zum Abblocken von Längsreglern ungeeignet Vielzahl unterschiedlicher Spannungen notwen-
sind. dig. Während ein Elektromotor eine sehr hohe
Spannung benötigt, sind für den Betrieb von
17.1.5.3 Shuntregler Mikroprozessoren und Ablaufsteuerungen sehr
(Parallel-Stabilisierung) kleine Spannungen notwendig. Die Anpassung
Werden nur kleine Ströme benötigt (mA- an die geforderten Gegebenheiten übernehmen
Bereich), so kann die Verwendung eines Shunt- Spannungswandler.
reglers vorteilhaft sein. Spannungswandler sind in unterschiedlichen
In Abb. 17.15 ist der Regler TL 431 zusam- Ausführungen verfügbar. Die bedeutendsten
men mit seiner externen Beschaltung dargestellt. sind:
Bei ihm ist der als Stellglied dienende Transistor Netztransformatoren (Abschn. 17.1),
zwischen dessen Eingang und seiner Bezugs- Sperrwandler,
masse angeordnet. Der Regler ist mit Querströ- Durchflusswandler und
men bis zu IS 100 mA belastbar. Er enthält Resonanzwandler.
17 Spannungsversorgungen 805
Leistungsbereich
bis 200 W bis 200 W bis 100 W bis 200 W 200 W bis 3.000 W
Wirkungsgrad
hoch gut mittel mittel hoch
Anwendungen
Spannungskonstanthalter Spannungshochsetzungen Mehrfachspannungen, einfache Netzteile für hohe
Nachregelungen Sonderausgangs- z.B. PC-Netzteil, Eingangsspannungen
spannungen Videorekorder und hohe Leistung
Kosten
niedrig niedrig niedrig mittel hoch
Hilfsspannung Leistungs-
endstufe Gleich-
richter Filter Filter
Option
U0
Oszillator Optokoppler U
Option
Steuerung Regelverstärker
und Referenz
galvanische
Trennung
gebiete, ihre Vorteile und deren Kosten in einergegenüber Längsreglern (Verlustregler) wesent-
Übersicht zusammen. lich größeren Wirkungsgrad. Bei konstanter Aus-
Die wichtigsten Baugruppen eines vollständi- gangsleistung bleibt auch die Eingangsleistung
konstant. Die Eingangskennlinie ist demnach hy-
gen Wandlers sind in Abb. 17.18 dargestellt: Über
zwei Filter gelangt die Eingangsspannung UE perbelförmig, woraus sich ein negativer Ein-
an den Transformator der Leistungsendstufe, in gangswiderstand ergibt. Normalerweise wird die
welcher sie in diesem Beispiel von einem MOS- Schaltfrequenz fs konstant gehalten, das heißt,
FET zerhackt wird. Die gleichgerichtete und mit die Einschaltzeit tein und die Ausschaltzeit taus
nur einer Stufe gefilterte Sekundärspannung wirdsind variabel. Abbildung 17.19 verdeutlicht die
von einem Regelverstärker mit einer Referenz- variablen Ein- und Ausschaltzeiten bei konstan-
spannung verglichen. Dem Regelverstärker nach- ter Schaltfrequenz. Das Verhältnis von Pulsbreite
zu Pulspause wird als Duty-Cycle bezeichnet und
geschaltet ist ein Optokoppler zur potenzialfrei-
en Informationsübertragung auf die Primärseite. wird üblicherweise in Prozent angegeben.
Der Fototransistor ist mit einem Pulsbreitenmo- Meistens wählt man für die Schaltfrequenz
dulator (PWM) verbunden, der seinerseits die fs eine Frequenz, die deutlich über dem Hörbe-
Leistungsendstufen ansteuert. Der Regelkreis istreich des menschlichen Ohres liegt. Zum Beispiel
somit geschlossen. ist eine Pulsbreitenmodulation mit variabler Fre-
Eine Hilfsspannung versorgt die Steuerelek- quenz und konstanter Einschaltzeit oder starrer
tronik, die üblicherweise aus der Leistungsend- Ausschaltzeit möglich, aber wegen des oft hohen
stufe gewonnen wird. Nur während der Ein- Aufwandes zur Funkentstörung nicht sinnvoll. In
schaltphase oder bei einem Fehler erhält man dieder Praxis verwendet man Schaltfrequenzen im
Hilfsspannung direkt aus der Eingangsspannung. Bereich 20 kHz < fs < 150 kHz, wobei der Be-
reich 30 kHz < fs < 50 kHz am häufigsten anzu-
Steuerung durch Pulsbreitenmodulation Die treffen ist.
Steuerung oder Regelung der Ausgangsspannung
bei getakteten Wandlern erfolgt durch Pulsbrei-
tenmodulation. Dabei wird die Eingangspannung 17.2.2 Durchflusswandler
UE periodisch unterbrochen und mit variabler
Pulsbreite wieder eingeschaltet. Die Verwendung Die Bezeichnung Durchflusswandler beschreibt
von Pulsbreitenmodulation zur Spannungsrege- die prinzipielle Arbeitsweise eines im Folgenden
lung von Stromversorgungen ermöglicht einen nur noch Flusswandler genannten Spannungsum-
808 J. Gutekunst
UA D d UE : (17.7)
d D t1 =T : (17.8)
– –
Drosselstrom
i
i2
ΔIL
iA i
1
Diodenspannung T
UD
t1 t2 t
für ΔIA > ΔIL/2
UA
UF
t minimaler
tein taus Drosselstrom
i
i2
iA
ΔIL
i1
t1 t2 t
Kernstück des Tiefsetzstellers ist der Schal- Zeitpunkt t2 erneut geschlossen wird. Es gilt:
ter S. Im geschlossenen Zustand fließt der Strom
I1 durch die Speicherdrossel L in den Konden- IL D UA tAus =L ;
(17.11)
sator C2 und in die Last RL . Über der Drossel IL D UA .T tein /=L :
liegt die Differenzspannung zwischen Eingang
und Ausgang (UE – UA ). Der Drosselstrom steigt Der Drosselstrom durch die Induktivität hat einen
dabei von seinem Minimalwert zum Zeitpunkt t0 dreiecksförmigen oder trapezförmigen Verlauf.
über die Zeit um den Betrag IL linear an. Dies Wird der Schalter im selben Moment wieder ge-
wird durch folgendes Integral beschrieben: schlossen, wenn der Drosselstrom zu null wird,
so erhält man einen dreieckförmigen Verlauf mit
der Amplitude IL (Abb. 17.20). Dieser Strom
ZT IL kennzeichnet den kleinsten kontinuierlichen
1
IL D IL min C ULdt (17.10) Drosselstrom und damit auch den minimalen Aus-
L gangsstrom.
0
tisierungsstrom ImT überlagert. Für den Primär- Diode D3 in den Eingang zurück. An der
strom gilt damit: Wicklung N3 liegt die Spannung UN3 D UE
UF .D3/ . Demnach ist in der Sperrphase die
I1 D ImT C I1S N1 =N2 : (17.14) Spannung an der Wicklung N1
gesättigten in den gesperrten Betrieb, niemals Anhand nachstehender Beziehungen kann man
überschritten werden kann. das Windungsverhältnis N1 =N2 ermitteln. Unter
Die Wahl einer geeigneten Gleichrichter- Berücksichtigung der Dioden-Fluss-Spannung
Technologie (Schottky-Dioden oder bipolare Di- gilt:
oden mit schneller Sperrerholzeit) ist von der UA D d ŒUN2 C UF(D1)
werden. Dieses geschieht durch den zusätzlichen In der Sperrphase bestimmt der Kondensator
Transformator Tr2 . Außerdem sind jeweils zwei mit der jeweils höheren Spannung den weiteren
Leistungstransistoren und Abmagnetisierungsdi- Ablauf. Solange in der Sperrphase der Kondensa-
oden notwendig. tor C3 eine höhere Spannung hat als der Konden-
sator C2 , bewirkt dieser über den Strom i3:2 und
Eintakt-Flusswandler mit Koppeldrossel Die- die als Transformator wirkende Koppeldrossel
se Schaltungsvariante eines Durchflusswandlers den Strom i3:1 . Die transformatorische Kopplung
(Abb. 17.23) verzichtet auf separate Speicher- bleibt solange wirksam, bis für die Ströme gilt:
drosseln für jeden Ausgang. Dieses Prinzip ist
bei jedem Flusswandler anwendbar und beson- iS1 D iS2 und i3:1 D i3:2 :
ders vorteilhaft, wenn die Ausgangsspannungen
gleich hoch sind. Wenn außerdem beide Aus- Gegentaktwandler Bei einem Gegentaktwand-
gangsströme gleich sind, arbeitet die Koppeldros- ler (engl.: push pull converter; Abb. 17.24) arbei-
sel wie zwei voneinander getrennte Speicherdros- ten die beiden Transistoren T1 und T2 im Gegen-
seln. takt. Jeder der beiden Transistoren wird innerhalb
Bei ungleichen Ausgangsströmen wirkt die einer Periode für eine jeweils gleich große Zeit-
Koppeldrossel zusätzlich als Transformator. Wäh- dauer durchgeschaltet. Durch die gegenpolige
rend der Flussphase des Transistors T verhalten Aussteuerung des Transformator-Kernmaterials
sich die Ausgänge, als wären die Transformator- werden alle vier Quadranten der BH-Schleife
wicklungen N2:1 und N2:2 wechselspannungsmä- durchlaufen. Der Mittelwert des Flusses im
ßig parallel geschaltet. Wird beispielsweise der Transformator ist gleich null. Prinzipiell kann
Ausgang 2 weniger belastet als der Ausgang 1, der Transformator eines Gegentaktwandlers klei-
dann steigt die Spannung der Wicklung N2:2 et- ner sein als derjenige eines Eintaktwandlers, da
was an, die Diodenfluss-Spannung UF(D5) sinkt, der Transformatorkern, zumindest theoretisch,
und die Spannung am Kondensator C3 steigt über um B D 2BO aussteuerbar ist. Bei Eintaktwand-
den Wert der Spannung des Kondensators C2 an. lern ist der Kern des Transformators nur um
814 J. Gutekunst
Analog zum Wechselrichter besteht die USV konventionellen Aufbau auch die Ankopplung
aus drei Funktionsblöcken: über einen zusätzlichen Transformator bewährt,
Eingangsfilter und Gleichrichtung und der den Batteriekreis erst im Abschaltmoment be-
Zwischenkreis, bestehend aus nötigt. Dies hat den Vorteil, dass während des
– Laderegler und normalen Betriebs die Energie aus dem gleichge-
– Akkumulator sowie richteten Zwischenkreis der Netzspannung bezo-
Wechselrichter. gen werden kann. Abbildung 17.30 verdeutlicht
Abbildung 17.29 zeigt die einzelnen Funktions- diese Variante.
gruppen in einem Blockschaltbild. Unabhängig vom Funktionsprinzip gibt es drei
Wird die Zwischenkreisspannung auf dem Ni- Betriebsarten der USV. Diese sind:
veau der Batteriespannung gehalten (meist 24 V
oder 48 V), so sind enorme Stromstärken für Off-Line USV,
die Umrichtung in die Wechselspannung erfor- On-Line USV und
derlich. Aus diesem Grund hat sich neben dem On-Line USV mit Bypass.
In Abb. 17.31 sind die drei Prinzipien gegenüber- Der Einsatz in Rechenanlagen ist allerdings
gestellt. nicht ganz unproblematisch. Als hauptsächlicher
Unter Off-Line USV (Abb. 17.31a) versteht Nachteil ist der
man eine Stromversorgung, die erst nach einem kurze Spannungseinbruch
Netzausfall zugeschaltet wird. Dies hat folgende als Folge des Umschaltens zu nennen. Dieser
Vorteile: beträgt in Abhängigkeit des eingesetzten Um-
keine Zwischenkreisspannung erforderlich, schaltrelais bis zu einigen 100 ms oder – wie es
niederohmige Netzankopplung und in der Fachsprache heißt – mehrere Netzhalbwel-
kostengünstige Lösung. len. Diese Unstetigkeit in der Netzspannung wird
17 Spannungsversorgungen 819
in der Regel von den Überwachungseinrichtun- Störeinstrahlungen (RFI, radio frequency in-
gen in den Rechnern erkannt und führt zu einer terference),
Notabschaltung. aufmodulierte Absenkungen und Überspan-
Demgegenüber steht die On-Line USV, Abb. nungen (engl. sags and surges),
17.31b. Darunter versteht man eine echte un- Frequenzschwankungen,
terbrechungsfreie Spannungsversorgung, die per- Ausfall eines Teils oder einer ganzen Netzhalb-
manent aus dem Netz gespeist wird. Der Wech- welle (engl. drop-out) und
selrichter ist dabei stets aktiv, und die maximale Netzausfall.
Last richtet sich nach der maximalen Ausgangs- In Abb. 17.32 sind die häufigsten Netzstörungen
leistung der USV. Der große Vorteil ist die gegenübergestellt. Im Nachfolgenden sollen ei-
absolut unterbrechungsfreie Energieversor- nige Ursachen und Erklärungen zu den obigen
gung Begriffen diskutiert werden.
der angeschlossenen Teilnehmer. Ein eingebau- Spannungsspitzen
ter Mikroprozessor erlaubt darüber hinaus die Spannungsspitzen sind kurze, einmalige Er-
gezielte Steuerung der angeschlossenen Geräte eignisse, die sich additiv auf die Netzspannung
sowie die Auswertung gespeicherter Daten für auswirken. Ursachen können beispielsweise
Statistiken. Als Nachteil ist sein:
der höhere Aufwand und – Blitzschlag,
die begrenzte Leistung – Abschaltung großer induktiver Verbraucher
zu nennen. Für Prozess- oder Leitrechner sowie (z. B. Schmelzöfen) oder
für Steuerungen im Maschinen- und Anlagenbau – Netzum- oder -zuschaltungen des Energie-
sind diese USVs zu bevorzugen. unternehmens.
Die dritte Betriebsart (Abb. 17.31c) sieht zu- Transienten
sätzlich einen Bypass-Schalter vor. Damit kön- Bei Transienten handelt es sich um synchrone
nen kurzzeitige Überlastungen abgefangen und Störungen, die von Maschinen oder Geräten
dem Verbraucher die notwendige Energie bereit- verursacht werden, die aus demselben Netz
gestellt werden. Eine Überwachung meldet die gespeist werden. Entsprechend findet man auf
Überlast im einfachsten Fall durch eine optische jeder Halbwelle eine Störung des Kurvenver-
Anzeige. Ist dieser Zustand permanent gegeben, laufs.
kann die USV bei Spannungseinbruch die gefor- Brown-Out
derte Leistung nicht zur Verfügung stellen. Es Als Brown-Out wird das Absinken der Netz-
droht ebenfalls Datenverlust. Der Planer muss in spannung infolge hoher Last bezeichnet. Da-
diesem Fall das System neu überdenken. bei erfasst ein typischer Brown-Out in der
Regel einen ganzen Ortschaftsteil und nicht
nur die entsprechende Werkhalle.
17.3.2 Störunterdrückung Frequenzschwankungen
durch die USV Im öffentlichen Netz treten heute kaum noch
Frequenzschwankungen auf. Meist werden
Neben dem offensichtlichen Entgegenwirken bei diese von eigenen Generatoren verursacht.
Spannungseinbrüchen, ist der Einsatz einer USV Drop-Out
auch bei einer ganzen Reihe weiterer Netzstörun- Mit Drop-Out wird ein sehr kurzer Span-
gen empfehlenswert. Dabei spielt die Netzumge- nungsausfall bezeichnet, der nur für einen Teil
bung, ob Industrie oder Büro, eine große Rolle. der Halbwelle auftritt. Ursächlich hierfür sind
Folgende Störungen können auftreten: meist Umschaltungen im Leitungsnetz.
Spannungsspitzen, Da die USV die Eingangsspannung gleichrichtet
Transienten (Schaltstörungen), und daraus die Ausgangsspannung selbst erzeugt
Spannungsabsenkung durch Überlast (engl. (Generator), können alle obengenannten Netz-
brown-out), störungen beseitigt werden. Dies ermöglicht den
820 J. Gutekunst
CY1 CY1
Netz C L Last Netz CXN Last Netz Last
CXN R CXL
CY2 CXN CY2
Metallgehäuse 100
asymmetrische
L1 = 1 mH Messung
L1 L1‘ 80
Einfügedämpfung a0 in dB
L2 = 1 mH
60
L2 L2‘
L3 = 1 mH
40
L3 L3‘
20 symmetrische
Netz Netz Messung
C1 bis C3 = 2,2 μF
0
PE PE
Schutzleiter 1k 10k 100k 1M 10M 100M 1G
Frequenz f in Hz
Abb. 17.37 Einfaches 3-Phasiges Netzfilter Abb. 17.38 Einfügedämpfung eines Netzfilters als Funk-
tion der Frequenz
PE PE
b
Einfügedämpfung a0 in dB 100
80
60
40
Messung:
unsymmetrisch,
Abschluss der Nachbarzweige
20 asymmetrisch (common mode)
symmetrisch (differential mode)
0
10k 100k 1M 10M 100M
Frequenz f in Hz
Ü 17-4 Wählen Sie für die folgenden Einsatz- Franz, J.: (2012) EMV: Störungssicherer Auf-
gebiete die richtige USV und begründen Sie die bau elektronischer Schaltungen, 5. Auflage,
Wahl: Springer Vieweg.
a) Leitrechner für den Fertigungsablauf Ivers-Tiffée, E., Münch, W.: (2012) Werkstoffe
b) CNC-Steuerung eines Bearbeitungszentrums der Elektrotechnik. ViewegCTeubner.
824 J. Gutekunst
Schlienz, U.: (2012) Schaltnetzteile und ihre VDE-Vorschriftenwerk, Katalog der Normen,
Peripherie: Dimensionierung, Einsatz, EMV. VDE-Verl. Berlin (Bestell-Nr. 910100 für Ka-
4. Auflage, ViewegCTeubner. talog und Sachverzeichnis=Register auf MS-
Schwab, A. J., Kürner, W.: (2010) Elektroma- DOS – kompatibler Diskette).
gnetische Verträglichkeit. 6. Auflage, Springer Weber, A.: (2004) EMV in der Praxis. 3. Auf-
Verlag. lage, Hüthig Verlag.
Lösungen der Übungsaufgaben
18
Ekbert Hering, Klaus Bressler, Rolf Martin, Jürgen Gutekunst
und Rainer Hönle
RE D 270 ; 5 GHz:
RB1 D 1 M ; RB2 D 56 k ;
Re D 31;5 k ; Ra D 6;58 k : XL D 314;2
Z L D 48;77 C j 3;76
Ü 3.2-2: Z L =Z0 D 0;98 C j 0;16
RC D 5;5 k ; RE D 270 ; r D 0;08=92;5ı
RB2 D 47 k ; RB1 D 560 k : (fast vollständige Anpassung)
Ü 3.2-3: Ü 4-3:
UE 7 V ; a) Abbildung 4.16b, d, f, h, k, l, m, n, o, p, q;
b) L2 D 4 nH, C2 D 0;58 pF.
RE D 150 ; RE D 749 ;
R2 D 240 ; R1 D 180 ; Ü 4-4: Es wird empfohlen, zuerst ein Block-
Re D 90 : schaltbild zu zeichnen. 80 MHz mit 4 Vss sind
1,41 Veff . Nach Abschn. 1.6.5 hat die 3. Harmo-
Der Eingangswiderstand wird vorwiegend durch
nische 470 mV. Ein Bandpassfilter mit 240 MHz
den Basisspannungsteiler bestimmt.
Mittenfrequenz dämpft alle unerwünschten Fre-
Ü 3.2-4: quenzen. 470 mV an 50 ergeben 4;42 mW D
6;45 dBm. Bei Berücksichtigung der Verluste
R1 D 3;3 k ; R2 D 12 k ; hebt ein nachfolgender Verstärker mit 10 dB Ver-
Ri D 20 k ; stärkung den Pegel auf 15 dBm bis 16 dBm an.
Pmax D 313 mW ;
Ü 4-5:
wenn der Spannungsabfall am Verbraucher 0 V Aufbau: Vorkreisfilter mit 433 MHz Mittenfre-
ist. quenz, Vorverstärker mit 26 dB, LO mit
422,3 MHz und Mischer. 10,7 MHz Band-
passfilter, Verstärker, Demodulator.
18.4 Hochfrequenz (HF)-Verstärker
Pegelverhältnisse:
Eingang: 70 dBm, am Ausgang verlangt:
Ü 4-1:
100 mV D 7 dBm.
21 1;5 1 Dämpfung Vorkreis-Filter: 1 dB, Vorverstär-
N FG D 0;8 dB C dB C dB
10 10 11 ker C26 dB, Dämpfung Mischer 7 dB.
D 1;01 dB : Pegel am Mischerausgang: 53 dBm.
828 E. Hering et al.
Dämpfung 10,7 MHz Bandpass: 2 dB, De- bei 0 ı C: Ith .0 ı C/ D Ith;0 exp.273 K=T0 / D
modulator 4 dB. 53 dBm 2 dB 4 dB C 14;4 mA, mit Ith,0 D 0;176 mA.
Vx dB D 7 dBm. Der Verstärker muss noch
52 dB verstärken. Zwei Verstärker je 26 dB Ü 6-6:
in Reihe oder je 1 Verst. vor und nach dem a) Die Kennliniengerade schneidet die Abszisse
10,7 MHz-Filter. bei Ith D 21;2 mA;
b) ˚O D 0;296 mW;
c) Ith,2 D 16;8 mA;
18.5 Bauelemente der
d) Die neue Kennliniengleichung lautet ˚e D
Leistungselektronik
4;97 mW C 0;296 .W=A/ IF . Damit
˚e .30 mA/ D 3;91 mW.
18.6 Optoelektronik
p Ü 6-7: L D
2 =.2 n ı
/ D 128 m.
Ü 6-1: r D Iv 0 =Ev D 71 mm.
Ü 6-8: p
Ü 6-2: a) NEP D A B=D D 3;2 1012 W;
a) ext D .e ˚e /=.Eph IF / D 4 % b) Aus ˚e D NP Eph folgt für den Photonen-
mit Eph D 1;24 m eV=
D 2;1 eV; strom NP D 2;4 107 s1 .
b) R D IF =e D 1;25 1017 s1 .
Ü 6-9:
Ü 6-3: RV D .U UF /=IF D 1;02 k a) Nach der Spannungsteilerregel gilt UL,d D
mit UF D 1;8 V nach Tab. 6.3. UB RLRCR
L
d
D 60 V und UL,l D UB RLRCR L
l
D
60;12 V. Damit ist die Spannungsänderung
Ü 6-4: U D 120 mV;
a) Rv D .UB UF / =IF D 14;9 I b) Die elektrische 3-dB-Grenzfrequenz ist er-
b) Bei UB D 8;1 V ergibt der Schnittpunkt der reicht, wenn p 1 2 D p12 oder ! D 1.
1C.!/
Widerstandsgeraden mit der Kennlinie den
Damit ist fgr D 2 1
D 637 Hz;
Strom IF D 343 mA. Das entspricht einer
c) Für die Spannungsänderung gilt allgemein
Abnahme von 14;3 %; Rd Rl
U D UB RL CRd CR l CRd Rl =RL
. Mit R D
c) Bei UB D 5 V ist der Vorwiderstand Rv D
Rd Rl folgt für R Rd W U D
4;93 ;
UB R C2RR . Diese Funktion wird maxi-
d) Bei UB D 4;5 V beträgt der Strom 313 mA. L d CRd =RL
2
R
v =4
,9
I F / mA
800 Ω
Strom
400 Rv = 14
,9 Ω
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Spannung UF / V
fungskoeffizienten ˛ D 10 dB
L lg 1 C ˚
˚.L/ D Schaltung mit v D 1 (Abb. 8.21) muss folgen,
darin ist R1 D R2 .
5;4 dB=km.
Ü 8-3: Schaltung nach Abb. 8.39,
Ü 6-12: t D ML
D 384 ps.
p
q Ueff D 1;110= 2 ;
Ü 6-13: AN D n21 n22 D 0;214, Akzep-
tanzwinkel: D 12;3ı . Verstärkung nach Gl. 8.19,
p
R2 D 2;2 Ri = 2 I
Ü 6-14: Die Faser ist eine Einwellenfaser für
2;405 D 1;13 m.
2a A N
Ri so festlegen, dass Imax 1 mA ist.
18.7 Sensoren Ü 8-5: Schaltung nach Abb. 8.68, der Wert eines
Bauelements ist frei wählbar, die weiteren wer-
den berechnet. Ansatz:
18.8 Analoge integrierte
Schaltungen C D 330 nF ; 2 C D 660 nF ;
R D 9;646 k ; R=2 D 4;823 k :
Ü 8-1: Schaltung nach Abb. 8.23, R2 =R1 D 19,
Festlegung: R2 D 10 k, R1 D 470 . Die Werte dürfen höchstens 0,5% vom berech-
neten Wert abweichen, sonst verschiebt sich die
Ü 8-2: Schaltung nach Abb. 8.34, R0 wird auf Mittenfrequenz oder die Unterdrückung wird
20 k festgelegt. schlecht. Um benachbarte Frequenzen wenig zu
schwächen, wird der Rückkoppelfaktor a D 0;75
R1 D 4 k ; R2 D 2 k ; R1 D 1 k : gewählt.
830 E. Hering et al.
18.9 Digital-Analog- und Daraus folgen dann der Frequenz-, der Amplitu-
Analog-Digital-Wandler den- und der Phasengang:
Frequenzgang:
18.10 Elektronische Regler ua .j!/ 1 j!T
G.j!/ D D
ue .j!/ 1 C j!T
Ü 10.1: Die Spannung u2 kann direkt auf Basis
der Diskussion des Tiefpasses in Abschn. 10.2.2 Amplitudengang:
direkt angegeben werden. Durch die Reihen- q
schaltung von jeweils einem Widerstand mit ei- j1 j!T j 12 C .!T /2
jG.j!/j D Dq D1
nem Kondensator müssen die Spannungen an den j1 C j!T j
12 C .!T /2
beiden Kondensatoren und den beiden Wider-
ständen jeweils gleich sein: Phasengang:
u2 .t/ D 5 V 1 et =T mit T D R C †G.j!/ D † .1 j!T / † .1 C j!T /
!T C!T
bzw. D arctan arctan
C1 C1
u1 .t/ D ue .t/ u2 .t/ D 2 arctan .!T /
D 5 V 5 V 1 et =T
Die Schaltung erzeugt also bei sinusförmiger An-
D 5 V et =T regung eine Ausgangsspannung mit gleicher Am-
ua .t/ D u2 .t/ u1 .t/ D 5 V 1 2 et =T plitude (frequenzunabhängig!), aber eine Phasen-
verschiebung von 180ı bei großen Frequenzen.
t D 0: Schaltungen mit Allpassverhalten werden in der
Signalverarbeitung zur Signalentzerrung und zur
ua .t/ D 5 V 1 2 e0 D 5 V Erzeugung von Signallaufzeiten oder Totzeiten
eingesetzt.
t ! 1:
Ü 10.2: Zunächst werden die Reglerparameter
ua .t/ D 5 V .1 2 0/ D C5 V
für die drei Parameter gemäß Tab. 10.2 bestimmt:
Das heißt die Ausgangsspannung ua springt erst a) RD D 0, C kurzgeschlossen ) P-Regler
auf 5 V, um dann exponentiell mit der Zeit- RP 500 k
konstanten T auf 5 V anzusteigen. Die beiden KP D D 100
R2 4,7 k
Spannungen u1 und u2 können mit der Span-
nungsteilerregel direkt im Bildbereich angeben b) CI kurzgeschlossen ) PD-Regler
werden: RP 500 k
KP D D 100 (s.o);
1 R2 4,7 k
u2 .s/ D sC
ue .s/ kV nAs
R C sC 1
TV D RD CD D 100 1 D 0;1 ms
A V
1 1
D ue .s/ D ue .s/ c) PID-Regler
1 C sRC 1 C sT
R
u1 .s/ D ue .s/ KP 100 (s.o);
R C sC 1
TV D 0;1 ms (s.o);
sRC sT
D ue .s/ D ue .s/ kV nAs
1 C sRC 1 C sT TN D RI CI D 100 100 D 10 ms
A V
ua .s/ D u2 .s/ u1 .s/
1 sT Damit können die Übertragungsfunktionen ange-
D ue .s/ geben werden:
1 C sT
18 Lösungen der Übungsaufgaben 831
60
50
Magnitude (dB)
40
30
20
10
90
60
Phase (deg)
30
-30
-60
-90
101 102 103 104 105
Frequency (rad/sec)
Abb. 18.1 Bodediagramme zu Ü 10.2: P- (rot), PD- (schwarz) und PID-Regler (gestrichelt)
tan.90ı 53ı /
D D 4;186 s1 18.11 Grundlagen der digitalen
180 s Schaltungstechnik
Bei der Durchtrittfrequenz muss der Amplituden-
gang die 0 dB-Linie schneiden: Ü 11.1-1: Hexadezimal und Dezimal.
jG0u .j!D /j D 1
ˇ ˇ
ˇ KPu R ˇ Ü 11.1-2:
D ˇˇ ˇ
j!D TNu .1 C j!D TS / ˇ Hexadezimalsystem 10H D 16D ,
KPu R Dezimalsystem 10D D 10D ,
D q Oktalsystem 10O D 8D ,
!D TNu 1 C .!D TS /2 Dualsystem 10B D 2D .
q
!D TNu 1 C .!D TS /2
KPu D
R p Ü 11.1-3: 77D .
4;186 s1 500 s 1 C .4;186 s1 180 s/2
D
1
A
D 2;6 Ü 11.1-4: 3E7H .
V
18 Lösungen der Übungsaufgaben 833
Ü 11.2-1: Ü 11.3-4:
a) Nur Fehler mit dem Gewicht 1;
a) D3 D2 D1 D0 PZ Primzahl
b) nein; 0 0 1 1 1 3
D3 D2 D1 D0 Paritäts-Bit d) Quersumme 0 1 0 1 1 5
0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 7
0 0 0 1 1 0 1 0 1 1 1 11
0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 1 13
0 0 1 0 1 0
b)
c) 0 1 1 0 0 0
.D0 D1 D2 D3 /
0 1 1 1 1 0
0 1 0 1 0 0 C .D0 D1 D2 D3 /
0 1 0 0 1 0
C .D0 D1 D2 D3 /
1 1 0 0 0 0
1 1 0 1 1 0 C .D0 D1 D2 D3 /
Ü 11.2-2: C .D0 D1 D2 D3 / D PZ
a) Ja;
b) –. c)
PZ D D0 Œ.D1 D2 D3 /
Ü 11.2-3: C .D1 D2 D3 /
a) 7; C .D1 D2 D3 /
b) 7;
c) 3; C .D1 D2 D3 /
d) Ja, Fehler mit dem Gewicht 4; C .D1 D2 D3 /
f) 3, 4 und 5.
Ü 11.2-4:
a) dmin D 3;
b) 4;
834 E. Hering et al.
d) Schaltung zu c: b)
D0 D .G R A Y/ C .G R A Y/
C .G R A Y/ C .G R A Y/
C .G R A Y/ C .G R A Y/
C .G R A Y/ C .G R A Y/
D1 D .G R A Y/ C .G R A Y/
C .G R A Y/ C .G R A Y/
C .G R A Y/ C .G R A Y/
Ü 11.4-1: 128, 256, 1024 und 4096 Felder.
C .G R A Y/ C .G R A Y/
D2 D .G R A Y/ C .G R A Y/
A B U A B O A B E C .G R A Y/ C .G R A Y/
0 0 0 0 0 0 0 0 0 C .G R A Y/ C .G R A Y/
0 1 0 0 1 1 0 1 1 C .G R A Y/ C .G R A Y/
1 0 0 1 0 1 1 0 1
D3 D .G R A Y/ C .G R A Y/
1 1 1 1 1 1 1 1 0
C .G R A Y/ C .G R A Y/
C .G R A Y/ C .G R A Y/
C .G R A Y/ C .G R A Y/
c)
Ü 11.4-3:
a)
Gray-Kode Hexadezimale Zahlen
G R A Y D3 D2 D1 D0
0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 1 0 0 0 1
0 0 1 1 0 0 1 0
0 0 1 0 0 0 1 1
0 1 1 0 0 1 0 0
0 1 1 1 0 1 0 1
0 1 0 1 0 1 1 0
0 1 0 0 0 1 1 1
1 1 0 0 1 0 0 0
1 1 0 1 1 0 0 1
1 1 1 1 1 0 1 0
1 1 1 0 1 0 1 1
1 0 1 0 1 1 0 0
1 0 1 1 1 1 0 1 d) Für D0 lassen sich keine Zusammenfassun-
1 0 0 1 1 1 1 0 gen nach den Gesetzen von Karnaugh-Veitch
1 0 0 0 1 1 1 1 finden. Jedoch stellen die vier 2 2-Qua-
drate Exclusive-ODER-Verknüpfungen dar
(Untergruppen), wie sie in der Übungsaufga-
be 11.4-2 enthalten sind. Auch die Boolesche
Algebra (Abschn. 11.3) führt hier eher zum
18 Lösungen der Übungsaufgaben 835
D0 D ŒG R .A ˚ Y/
C ŒG R .A ˚ Y/
e D .A B C D/ C .A B C D/
C ŒA Y .G ˚ R/
C ŒA Y .G ˚ R/
C .A B C D/ C .A B C D/
D1 D .G R A/ C .G R A/ f D .A B C D/ C .A B C D/
C .G R A/ C .G R A/ C .A B C D/ C .A B C D/
D2 D .G R/ C .G R/ C .A B C D/ C .A B C D/
D2 D G ˚ R g D .A B C D/ C .A B C D/
D3 D G C .A B C D/ C .A B C D/
C .A B C D/ C .A B C D/
Ü 11.4-4:
C .A B C D/
a) BCD-Zahlen Angesteuerte Segmente Zahl
A B C D a b c d e f g d) Siehe Abb. 18.2.
0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 0 0 e)
0 0 0 1 0 1 1 0 0 0 0 1 a D .A C/ C .A B D/
0 0 1 0 1 1 0 1 1 0 1 2 C .A B D/ C .A B C/
0 0 1 1 1 1 1 1 0 0 1 3
b D .A B/ C .B C/
0 1 0 0 0 1 1 0 0 1 1 4
0 1 0 1 1 0 1 1 0 1 1 5 C .A C D/ C .A C D/
0 1 1 0 1 0 1 1 1 1 1 6
c D .A B/ C .A D/ C .B C/
0 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0 7
1 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 8 d D .A C D/ C .A B C/
1 0 0 1 1 1 1 1 0 1 1 9 C .B C D/ C .A B C D/
b) 7 e D .A C D/ C .B C D/
c)
f D .A B D/ C .A B C/
a D .A B C D/ C .A B C D/
C .A C D/ C .A B C/
C .A B C D/ C .A B C D/
g D .A B C/ C .A C D/
C .A B C D/ C .A B C D/
C .A B C/ C .A B C/
C .A B C D/ C .A B C D/
b D .A B C D/ C .A B C D/ Durch die Anwendung der Regel 10 lässt sich
das Ergebnis von e) wie folgt vereinfachen:
C .A B C D/ C .A B C D/
C .A B C D/ C .A B C D/ a D A C C C DB C DB
C .A B C D/ C .A B C D/ b D A C B C ACD C CD
c D .A B C D/ C .A B C D/ c D A C D C B C AC
C .A B C D/ C .A B C D/ d D A C CB C DB C BCD C ACD
C .A B C D/ C .A B C D/ e D BD C CD
C .A B C D/ C .A B C D/ f D A C BD C CD C ABC
C .A B C D/ g D A C BD C BC C ABC
d D .A B C D/ C .A B C D/
C .A B C D/ C .A B C D/
836 E. Hering et al.
C .D0 D1 D2 D3 D4 /
C .D0 D1 D2 D3 D4 / Eingangssignal:
C .D0 D1 D2 D3 D4 /
differen-
C .D0 D1 D2 D3 D4 / zierte
Rückflanke
C .D0 D1 D2 D3 D4 /
b) Eingangssignal:
C .D0 D1 D2 D3 D4 /
Ü 13-7:
c) Ja. a)
d)
Ü 13-8:
a) Die Laufzeit auf der Leitung muss gerin-
ger sein als die Anstiegs- oder Abfallzeit der
Flanken.
b) Die Flankenzeiten selbst und die kapazitive
Belastung.
18.14 ASIC
18.16 Speicherprogrammierbare
Steuerungen
Ü 16-1:
Ü 16-2:
Ü 16-3:
Ü 16-4:
Ü 16-5:
Ü 16-6:
842 E. Hering et al.
Ü 16-7:
A Avalanche-Durchbruchspannung, 227
Abblockkondensator, 586 AWL (Anweisungsliste), 754
Abschnürbereich, 211
Absorptionsgesetze, 554 B
Absorptionskoeffizient, 341, 346, 355 Backwarddiode, 166
Abtast- und Halteschaltung, 482 Balkenanzeige, 336
Adaptive Filter, 497 Ball-Grid-Array, 595
Addierender Verstärker, invertierend, 435 Bandabstands-Referenzelement, 461
Addierer, 276 Bandabstandsspannung, 85
AD-Wandler, 467 Bandbreite-Länge-Produkt, 373, 374
Aktiver Filter, 448
Bändermodell, 65, 68, 73, 82
Aktives Bauelement, 167, 283
Bandgap Voltage Reference, 461
Akustischer Längensensor, 389
Bandgap-Referenzelement, 480
Akzeptor, 72, 74, 80, 82, 86
Bandgap-Spannung, 464
Alphanumerische Anzeige, 330, 331, 339
Bandpass, 454, 457
Amplitudendurchtrittsfrequenz, 515
Bandpassfilter, 278
Amplitudengang, 513
Bandsperre, 456
Amplitudenrand, 515
Basisschaltung, 195
Amplitudenspektrum, 57
Bauelement, 49, 95
Analog-Digital-Wandler, 467, 477
Analoger ASIC, 662 Baugruppe, 95
Analoger Verstärker, 229 Bauteile, 95
AND-Array, 667 BCD-Code, 747
Anlage, 95 BCD-System, 534
Anlaufkondensator, 283, 294 BCD-Zahlensystem, 534
Anpassnetzwerk, 272 BCD-Zähler, 480
Anstiegsgeschwindigkeit, 411 Beschleunigungs-Sensor, 395
Anti-Fuse, 680 Beweglichkeit, 75–77, 79, 80, 86
Antivalenz, 553 Big-Endian-Maschine, 748
Anwendungsklasse, 95 Bildgebender Sensor, 403
APD, 340, 342, 352–355, 360, 371 Bildsensor, 363, 364, 366, 367
Aperiodischer Grenzfall, 509 Bilineare Transformation, 494
Application Specific Standard Products (ASSP), 685 Binär Codiertes Dezimalsystem, 534
Äquivalente Umwandlung, 54 Binäre Verknüpfung, 551, 754
Äquivalente Zweipole, 24 Binäres Zahlensystem, 529, 530
Arbeitsbereich, 180 Bit, 529
Arbitrator-Logik, 606 Bit-fill-Block, 477
Arbitrierung, 716 BLD-Befehl, 764
Arbitrierungsverfahren, 716 Bode-Diagramm, 417
ASIC, 501, 659 Bond-Draht, 686
Assoziativgesetz, 554 Boole’sche Algebra, 551
ASSP, 665 Boole’sche Gleichung, 671
Ausfallwahrscheinlichkeit, 674 Bootstrapschaltung, 195
Ausgangsleitwert, 174 Brückenschaltungen, 32
Ausgleichsvorgänge, 77 Bussystem, 687, 716
Austastanschluss, 458 Byte, 531, 748
C Diffusionsstrom, 78
Cache-Speicher, 602 Digital-Analog-Wandler, 467
CAN-Bus, 720 Digitale Signalverarbeitung (DSV), 490
Candela, 311 Digitaler PLL, 648
CCD-Sensor, 364, 367, 368 Digitalfunktion, 764
C-Filter, 820 DIN 40 170, 593
Charge-Coupled-Devices, CCD, 396 Diode, 146
ChemFET, 396 Diodenkennlinie, 83
Chemical-Vapour-Deposition, 397 Dirac-Impuls, 507
Chemischer Sensor, 396, 400 Direct Memory Access, 615
Chip, 575 Direktform I, 493, 496
Chiplayout, 685 Direktform II, 493, 496
Chopperverstärker, 420 Disjunktion, 553
CIM, 623 Display, 316, 318, 319, 329–331, 333, 335–337, 339, 340
CISC-Rechner, 611 Distributivgesetz, 554
Closed-loop-Methode, 525 Donator, 72, 82, 86
CMOS Active-Pixel Sensor, 364, 367, 368 Doppelgate-MOSFET, 223
CoDeSys, 751, 753 Doppel-T-Filter, 456
Common Mode Rejection Ratio, CMRR, 414 Doppelwort, 531, 748
Computer-Aided-Design, 621, 664 Doppelwortverknüpfung, 766
Computer-Aided-Engineering, 621, 664 Dotierung, 72, 74, 75, 77
Computer-Integrated-Manufacturing, 623 Drahtwiderstände, 108
Computer-Integrated-Manufacturing, CIM, 402 Drehkondensator, 135
Constant Coefficient Multiplier (KCM), 502 Drehzelle, 332, 333
Crestfaktor, 46 Driftgeschwindigkeit, 75, 76
CSMA/CA, 717, 721 Drossel, 284
CSMA/CD, 717, 735 Druck-Sensor, 391, 395
CVD-Verfahren, 397 DSP (Digitaler Signalprozessor), 490
Dual slope technique, 478
D Duales Zahlensystem, 530
DAC (Digital to Analog Converter), 467 Dual-Gate-MOSFET, 223
Dämpfung, 59 Dual-Port-RAM, 605
Dämpfungsfaktor, 451 Dualsystem, 746
Darlingtonschaltung, 204, 298 Dünnschicht-Technologie, 93
Das V-Modell, 620 Durchbruch, 84, 85
Dauerkurzschlussfest, 412 Durchbruchbereich, 211
DA-Wandler, 467, 476 Durchflusswandler, 807
De Morgan, 555 Durchlasskennlinie, 149
Decimator, 486 Durchlass-Spannung, 153
Deglitcher, 473 Durchschnittliche Lebensdauer, 99
Dehnmess-Streifen (DMS), 388 Dynamische Rückkopplung, 443
Delogarithmierschaltung, 441 Dynamischer Innenwiderstand, 429
Delon-Schaltung, 798 Dynamischer RAM-Speicher, 602
Delta-Sigma, 476
Delta-Sigma Modulator, 477 E
Delta-Sigma-Wandler, 477, 486 E5-Kern, 287
Demodulator – Detektor, 280 EEPROM, 604
Detektivität, 342, 344, 345, 349, 378 EF5-Kern, 286
Deterministik, 694, 716 Effektive Masse, 70
DeviceNet, 724 Effektivwert, 44
Diac Triggerdiode, 159 Eigeninduktivität, 293
Dickschichttechnik, 398 Eigenleitung, 68, 69, 73, 75
Dickschicht-Technologie, 93 EI-Kern, 286
Differenzielle Stromverstärkung ˇ, 173 Einerkomplement, 535
Differenzierer, 447 Eingangsfehlspannung, 410
Differenzverstärker, 199, 203, 221, 409 Eingangswiderstand, 410
Diffusionskonstante, 78, 79, 86 Eingebettetes Bauteil, 94
Diffusionslänge, 78, 79, 83, 86 Einheit, 1
Diffusionsspannung, 81, 83, 86 Einschaltverzögerungszeit, 149
Sachverzeichnis 845