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15.1.1 Einführung
Kosten: Unter Kosten versteht man den Wert aller verbrauchten Güter und
Dienstleistungen einer Periode, die direkt zur Leistungserstellung not-
wendig waren.
Stückkosten: Der Begriff ist auch unter dem Namen Durchschnittskosten
bekannt. Hierbei werden die Gesamtkosten oder bestimmte Kostengruppen
durch die Ausbringungsmenge dividiert (z. B. direkte Betriebskosten).
Grenzkosten: Hierunter versteht man die zur Ausbringung einer zusätz-
lichen Produktionseinheit erforderlichen Kosten. Ist die Gesamtkosten-
funktion differenzierbar, ergibt die erste Ableitung die Grenzkosten-
funktion.
Fixe Kosten: Dies sind Kosten, die unabhängig von einer betrachteten
Einflussgröße sind. Sie verändern sich also nicht, wenn sich andere
Variablen ändern (z. B. Flugzeit, Flughöhe).
Variable Kosten: Variable Kosten sind, wie der Name schon sagt, ver-
änderlich. Sie ändern sich in Abhängigkeit der „Beschäftigung“ des Unter-
nehmens. Unter dem Begriff Beschäftigung ist der Output gemeint, den ein
Unternehmen liefert. Die Beschäftigung in einer Fluggesellschaft kann
demnach mehrere Parameter haben (z. B. angebotene Sitzkilometer, Flug-
stunden, zurückgelegte Entfernung etc.). In der vorliegenden Ausarbeitung
steht die „Beschäftigung“ für die zurückgelegte Entfernung in nautischen
Meilen pro Flugzeug.
Einzelkosten: Kosten, die einem Flug direkt zugerechnet werden können
(z. B. Flugsicherungsgebühren, Landegebühren).
Gemeinkosten: Kosten, die einem Flug nicht direkt zugerechnet werden
können (wie z. B. administrative Kosten des Flugbetriebs). Während in der
Regel flugstundenabhängige Instandhaltungskosten zu den Gemeinkosten
gezählt werden, da sie nicht auf die Streckenergebnisrechnung umgelegt
werden können, sind für die vorliegende Betrachtung relevant.
15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft 343
Direkte Betriebskosten
Abb. 15.3 Aufteilung der DOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)
Indirekte Betriebskosten
Abb. 15.4 Aufteilung der IOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)
346 15 Wirtschaftliches Fliegen
Durch den massiven Anstieg des Treibstoffpreises hat sich die Kosten-
struktur der Fluggesellschaften verschoben. Während noch vor 10 Jahren
die Anteile der direkten und indirekten Kosten ausgeglichen waren, stellt
der Anteil der direkten Betriebskosten nun einen Anteil von 58 % an den
Gesamtkosten dar. Dieser Trend beschleunigt sich noch durch den Abbau
an administrativen Arbeitsplätzen in der Verwaltung.
x Treibstoffkosten
Gerade im Technikbereich fallen viele Kosten an, die zwar variabel sind,
aber nicht zeitabhängig, sondern ereignisgetrieben. Ein Beispiel hierfür
sind Kosten für die Überholung des Fahrwerks. Die Belastung des Fahr-
werks ergibt sich aus dem Startlauf oder bei der Landung durch den so-
genannten Landestoß. Welche Zeit das Flugzeug zwischen Start und
Landung in der Luft war, ist für diesen Kostenblock nicht relevant.
Die nachstehende Abbildung zeigt die Technikkosten in Abhängigkeit von
„Trip Kosten“ und „Flight Hour“ Kosten.
Abb. 15.6 Einfluss von Ereignis und Flugzeit auf die DMC (© Airbus 1998)
Demnach sind die fixen Kosten nicht optimierungsfähig. Die Kosten für
verpasste Anschlussflüge durch Verspätung (sogenannte misconnex costs)
bedürfen einer sehr aufwendigen Untersuchung und können bei reiner
Schätzung den Cost Index Wert und abgeleitete Geschwindigkeiten maß-
geblich beeinflussen.
Aus Gl. (15.2) ergeben sich die optimierungsfähigen, zeitabhängigen
variablen Kosten (CO):
CO C F CT (15.4)
348 15 Wirtschaftliches Fliegen
15.2.1 Einführung
CT (15.5)
CI
CF
Diese Geschwindigkeit nennt man in der Fachterminologie Econ Speed
bzw. Econ Mach Number.
Im vorherigen Kapitel wurde die Cost Index Gleichung bereits kurz an-
gesprochen. Nachfolgend soll die Herleitung dargestellt werden.
Der benötigte Treibstoff entspricht dem Quotienten aus Reichweite (R)
und spezifischer Reichweite (SAR) und die Flugzeit (t) entspricht dem
Quotienten aus Reichweite und Geschwindigkeit. Daraus ergibt sich:
R R R (15.6)
Fuel und t bzw.
SAR TAS aM
Einsetzen von Gl. (15.6) in Gl. (15.4) ergibt:
350 15 Wirtschaftliches Fliegen
R R (15.7)
CO Cf Ct
SAR aM
Unter econ cruise speed versteht man die Geschwindigkeit, die zu einem
Minimum der variablen Zeitkosten und Treibstoffkosten führt. Daraus
folgt, dass ein ökonomischer Reiseflug dann vorherrscht, wenn
dCO/dM = 0 ist. Daraus folgt:
dCO § 1 · § dSAR · Ct R § 1 · (15.7)
Cf R ¨
2 ¸ ¨ ¸ ¨ 2 ¸
dM © SAR ¹ © dM ¹ a ©M ¹
Ct Cf dSAR (15.9)
aM2 2
SAR dM
Daraus folgt:
Ct § a T M 2 · dSAR (15.10)
¨ 0 ¸
Cf ¨ SAR 2 ¸ dM
© ¹
mit:
Ct ª EUR/min º (15.11)
CI « »
Cf ¬ EUR/kg ¼
Der CI hat demnach die Einheit [kg/min]. Dadurch lassen sich Zeitkosten
in Treibstoffmengen umrechnen, wobei der Treibstoffpreis hierbei wie
eine Art Umrechnungsfaktor, ähnlich einer Währung handhabbar ist. Die
Zeitkosten werden hierbei also wie eine Art „zusätzlicher“ Treibstoffver-
brauch dargestellt.
Besonders deutlich wird dies durch Umstellung der Gleichung (15.4) unter
Verwendung des CI.
CO CI C f t C f m f (15.12)
Die Division von Gl. (15.12) durch den Treibstoffpreis ändert die
Dimension bei CO von EUR in kg.
15.2 Die Cost Index Idee 351
CO (15.13)
COkg CI t m f
Cf
Der Vollständigkeit halber soll noch kurz die Herleitung der sogenannten
Econ Cruise Cost Function (ECCF) dargestellt werden.
Hierzu dividiert man die Gl. (15.4) durch NAM und erhält die Kosten für
eine zurückgelegte Entfernungseinheit.
CO t mf (15.14)
CI C f Cf
R R R
t ª h º 1 m f ª kg º FF 1
Mit und erhält man:
R «¬ NAM »¼ TAS R «¬ NAM »¼ TAS SAR
CO § CI FF · (15.15)
C f ¨ ¸
NAM © TAS ¹
Dividiert man Gl. (15.15) durch den Treibstoffpreis CF erhält man die
Econ Cruise Cost Function.
CO CI FF >kg / h@ (15.16)
ECCF
NAM C f TAS >NAM / h@
Zur Umsetzung des Cost Index in die fliegerische Praxis wird die
Gleichung der spezifischen Reichweite variiert und zur ökonomischen
spezifischen Reichweite (SRECON) ausgebaut.
geflogene Strecke R NAM (15.17)
SARECON bzw. bzw.
optimierungsfähige Kosten COkg kg
TAS VW (15.18)
SRECON
d
dt
COkg
Einsetzen von Gl. (15.13) in (15.18) ergibt:
TAS VW a 0 T M VW (15.19)
SRECON
d CI FF
CI t m f
dt
In dieser Form ist die Gleichung jedoch noch nicht nutzbar, da Daten zum
Treibstoffdurchfluss nicht direkt vorliegen. Allerdings liegen in der Regel
die Leistungsangaben zur spezifischen Reichweite vor. Um diese ver-
wenden zu können, wird im nächsten Schritt Gl. (15.10) in Gl. (15.19) ein-
gesetzt. Es ergibt sich:
SRECON
a 0 T M VW
SAR a 0 T M VW (15.20)
§ M · SAR CI a 0 T M
CI a 0 T ¨ ¸
© SAR ¹
Mit Hilfe der obigen Gleichung kann die ökonomische Reichweite unter
Verwendung von wenigen Variablen errechnet werden. Es gilt diejenige
Machzahl, also Fluggeschwindigkeit, zu finden, die zu einer Maximierung
der SREcon führt.
Der Cost Index kann sinnvoll nur innerhalb bestimmter Grenzen an-
gewendet werden.
Ein Cost Index von „null“ entspricht der maximum range cruise speed. In
diesem Fall werden keine Zeitkosten berücksichtigt. Ein Cost Index von
„999“ entspricht der maximal möglichen Machzahl.
Ein hoher Cost Index wäre denkbar, wenn die Zeitkosten weit über den
Treibstoffkosten liegen. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine
unpünktliche Landung unverhältnismäßig hohe Folgekosten, z. B. durch
verpasste Anschlussflüge, generieren würde.
15.3 Das ökonomische Flugprofil 353
In der Praxis wird der obere Wert des Cost Index durch einen Abschlag an
der maximalen Reisefluggeschwindigkeit begrenzt, da der Grenznutzen
einer höheren Geschwindigkeit den enorm höheren Treibstoffverbrauch
auf der Kurz- und Mittelstrecke nicht mehr aufwiegen kann. Die Erhöhung
der Geschwindigkeit hat dort seine Grenzen (Maximum CI), wo der Mehr-
verbrauch pro Minute Zeitgewinn höhere Treibstoffkosten verursacht als
die Folgekosten einer Verspätung.
Lässt man äußere Einflussfaktoren, wie z. B. Wind, außen vor, kann man
grundsätzlich die Aussage treffen, dass ein Flug in großer Höhe hinsicht-
lich des Treibstoffverbrauchs günstiger ist, als in niedriger Flughöhe.
Daher wird vielfach nur der Streckenflug optimiert. Dies ist aber im Sinne
einer Gesamtoptimierung nicht ausreichend. Gerade im Kurzstreckenver-
kehr stellt der horizontale Streckenflug oft nur einen geringen Anteil am
gesamten Flugprofil dar. Daher sollte grundsätzlich auch der Steig- und
Sinkflug in die Optimierung einbezogen werden.
In Abb. 15.9 deutlich, dass eine hohe Steiggeschwindigkeit (= hoher Cost
Index) zu einem flacheren Steigwinkel führt. Die Reiseflughöhe wird folg-
lich später erreicht. Umgekehrt verhält es sich bei einem niedrigen Cost
Index (CI = 0) bzw. einer niedrigen Geschwindigkeit. Der Leistungsüber-
schuss der Triebwerke resultiert in einem höheren Steigwinkel, was dazu
führt, dass die Reiseflughöhe früher erreicht wird. Beide Verfahren haben
Auswirkungen auf die Gesamtflugzeit.
354 15 Wirtschaftliches Fliegen
15.4.1 Treibstoffpreis
Die Ausgaben für Treibstoff gehören schon immer zu den größten Aus-
gabenblöcken einer Luftverkehrsgesellschaft. Mittlerweile hat der Preis
allerdings ein Niveau erreicht, das die Fluggesellschaften zu einem nach-
haltigen Handeln zwingt. Die nachstehende Abbildung zeigt die Preis-
steigerung in den letzten 16 Jahren und maßgebende äußere Einflüsse.
Für die Ermittlung des firmen- und flottenspezifischen Cost Index sind
lediglich die Kosten von Interesse, die tatsächlich durch eine Verlängerung
oder Verkürzung der Flugzeit eines spezifischen Fluges entstehen oder ent-
fallen. Sie werden daher mit dem Zusatz „optimierungsfähige“ Kosten be-
zeichnet, da der Begriff der zeitabhängigen Kosten alleine nicht die tat-
sächlich gesuchte Größe hinreichend genau beschreibt.
Zeitabhängige relevante Technik-Kosten entstehen einerseits durch zeit-
bedingte Wartungs- oder Überholungskosten und andererseits durch zeit-
bedingten Verschleiß. Da auch der Verschleiß wiederum zu Instand-
haltungsereignissen führt, können die Technik-Kosten über die
Kennzahlen des Instandhaltungssystems des Betreibers ermittelt werden.
Wie der Name schon sagt, geht es bei der Instandhaltung darum, die Flug-
zeuge des Betreibers in einem betriebsbereiten Zustand zu halten. Hierzu
gehört:
x Gewährleistung maximal möglicher betrieblicher Sicherheit,
x Erlangung und Beibehaltung einer hohen Einsatzzuverlässigkeit,
x Optimierung der Wirtschaftlichkeit im Betriebsablauf,
x Gewährleistung eines hohen Passagierkomforts und eines ordentlichen
Erscheinungsbildes.
Instandhaltungskosten von Flugzeugen entstehen bei jeder Durchführung
von Instandhaltungsmaßnahmen und den dazugehörigen Materialauf-
wendungen. Die Instandhaltung ist ein Sammelbegriff, der eine Vielzahl
von Funktionen beinhaltet.
Die Hauptfunktionen der Instandhaltung „Wartung“ und „Überholung“
müssen hinsichtlich relevanter Kosten überprüft werden:
Die Wartung sorgt für die Betriebsfähigkeit des Flugzeuges bis zur
nächsten Überholung. Ein Wartungsereignis beinhaltet die Durchführung
verschiedener Kontrollen mit und ohne technisches Hilfsgerät. Die
Reparatur ist Teil der Wartung. Die Wartung wird in der Regel während
der flugplanbedingten Bodenzeiten und daher auch vielfach nachts durch-
geführt.
Unter Überholung versteht man eine umfassende Wartung und Reparatur
des Flugzeugs bei weitgehender Zerlegung der technischen Systeme. Sie
wird im Rahmen von Sonderliegezeiten durchgeführt. Für die Ermittlung
15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten 357
Präventive Instandhaltungsmaßnahmen
Korrektive Instandhaltungsmaßnahmen
Die hohen Kosten für eine präventive Instandhaltung führen bei den Flug-
gesellschaften immer mehr zu dem Versuch, die statischen TBO-Zeiten zu
verlängern. Der Austausch eines Teils soll also nicht mehr nach festen
Intervallen erfolgen, sondern nur noch, wenn es sein Zustand erfordert. Es
werden also Fehler im Betrieb zugelassen, die erst im Anschluss beseitigt
werden. Eine solche Instandhaltungsmethode benötigt aber ein um-
fassendes Überwachen bestimmter Parameter, die bei Abweichungen vom
Sollzustand eine Warnung generieren. Eine solche Überwachung ist bei-
spielsweise das Engine Trend Monitoring.
15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten 359
Mit Hilfe der korrektiven Instandhaltung konnte in den 70er Jahren das
starre Hard-Time-Verfahren teilweise abgelöst werden und zu einem
System der variablen TBO umgewandelt werden.
Zu ermitteln sind die Kostenanteile, die sich durch eine weitere Betriebs-
minute ergeben würden. Also, die Kostenanteile, die von der tatsächlichen
Betriebszeit, also der Flugzeit, und welche Kosten durch ein Flugereignis,
dem cycle, abhängen.
Hierbei müssen auch die Kosten berücksichtigt werden, die sich durch
zurückgestellte technische Beanstandungen ergeben, die aus Zeitgründen
früher durchgeführt werden müssen.
Von großer Bedeutung im Zusammenhang der optimierungsfähigen
Kosten ist, welche Vertragsarten im Bereich der Instandhaltung vorliegen
und ob das Flugzeug geleast oder gekauft ist.
Die Wartungsereignisse für hoch belastete Bauteile, wie z. B. Schub-
umkehr und Fahrwerk, richten sich häufig nach der Anzahl der cycles und
sind daher unabhängig von den Flugminuten.
Die Lebensdauer vieler anderer Komponenten hängt von den tatsächlich
erbrachten Betriebsminuten ab und werden in Abhängigkeit der Flugzeit
gewartet.
Auf Basis der internen Kostenrechnung und der Wartungsverträge
müssen alle Technikkosten hinsichtlich ihrer Abhängigkeit analysiert
werden. Dazu können folgende Prämissen beachtet werden:
x Viele Instandhaltungskosten bei neuen Flugzeugmustern werden in den
ersten Jahren zu einem großen Teil über die Garantie abgedeckt.
x Wartungskosten für die Flugzeugzelle fallen häufig im Rahmen eines C-
Checks an. Hier muss die jeweilige Fluggesellschaft prüfen, ob der
„Treiber“ für den C-Check tatsächlich die Flugstunde ist, oder eher die
technische Reserveplanung und einem damit verbundenen Engpass.
x Triebwerksüberholungen sind sehr häufig abhängig von den Flugereig-
nissen. Ausnahme stellen sogenannte power-by-the-hour Verträge dar,
was dann zur Abrechnung eines Kostensatzes pro Flugstunde führt.
Erfolgt ein Rückgriff auf Leihtriebwerke, sind diese Kosten in der Regel
flugstundenabhängig anrechenbar.
x Überholungen der APU richten sich nach deren Laufzeit in Stunden.
Eine APU-Stunde fällt im Wesentlichen während der Bodenstandzeit
und teilweise auch bei Start und Landung an.
x Reparaturen bei Bremsen und Fahrwerken richten sich nach geflogenen
cycles und sind daher nicht anrechenbar.
360 15 Wirtschaftliches Fliegen