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15 Wirtschaftliches Fliegen

Dieses Kapitel soll die Grundlagen schaffen, um wirtschaftliche Flugver-


fahren und deren Zusammenhänge zu verstehen. Hierzu muss man sich zu
Beginn mit den Kosten einer Fluggesellschaft befassen.
Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird dann auf das Cost-Index-
Verfahren und die Ermittlung ökonomischer Fluggeschwindigkeiten ein-
gegangen.

15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft

15.1.1 Einführung

Jede Leistungserstellung eines Unternehmens ist mit Kosten verbunden.


Für die Strukturierung dieser Kosten gibt es in der betrieblichen Praxis
verschiedene brancheninterne Lösungen. Für die Luftverkehrsbranche
existieren mehrere Empfehlungen zur Strukturierung des betrieblichen
Rechnungswesens.
Um die ereignisbezogenen flugzeitabhängigen Kosten zu ermitteln, muss
man das betriebliche Rechnungswesen konsultieren. Hier werden alle
quantitativen Daten (Mengen- und Wertgrößen) und betriebswirtschaft-
liche Sachverhalte erfasst, aufbereitet und ausgewertet. In diesem Sinne
dient das Rechnungswesen der Dokumentation und Kontrolle wirtschaft-
licher Zustände und Abläufe mit dem Ziel, die gewonnenen Informationen
für Planungs-, Steuerungs- und Kontrollzwecke innerhalb des Betriebes
oder auch zur Information von Außenstehenden zu verwenden. Man unter-
scheidet das interne und externe Rechnungswesen.
Während das externe Rechnungswesen betriebswirtschaftliche Vorgänge
finanzieller Art zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt abbildet,
beschäftigt sich das interne Rechnungswesen mit dem innerbetrieblichen
Verzehr von Produktionsfaktoren und den dabei entstehenden Leistungen.
342 15 Wirtschaftliches Fliegen

Darüber hinaus überwacht es die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und


die Leistungserstellung.
Ein Hauptbestandteil des internen Rechnungswesens ist die sogenannte
Kosten- und Leistungsrechnung. Ihr obliegt es, die Kosten für die
Leistungserstellung zu ermitteln.

15.1.2 Begriffe des Rechnungswesens

Kosten: Unter Kosten versteht man den Wert aller verbrauchten Güter und
Dienstleistungen einer Periode, die direkt zur Leistungserstellung not-
wendig waren.
Stückkosten: Der Begriff ist auch unter dem Namen Durchschnittskosten
bekannt. Hierbei werden die Gesamtkosten oder bestimmte Kostengruppen
durch die Ausbringungsmenge dividiert (z. B. direkte Betriebskosten).
Grenzkosten: Hierunter versteht man die zur Ausbringung einer zusätz-
lichen Produktionseinheit erforderlichen Kosten. Ist die Gesamtkosten-
funktion differenzierbar, ergibt die erste Ableitung die Grenzkosten-
funktion.
Fixe Kosten: Dies sind Kosten, die unabhängig von einer betrachteten
Einflussgröße sind. Sie verändern sich also nicht, wenn sich andere
Variablen ändern (z. B. Flugzeit, Flughöhe).
Variable Kosten: Variable Kosten sind, wie der Name schon sagt, ver-
änderlich. Sie ändern sich in Abhängigkeit der „Beschäftigung“ des Unter-
nehmens. Unter dem Begriff Beschäftigung ist der Output gemeint, den ein
Unternehmen liefert. Die Beschäftigung in einer Fluggesellschaft kann
demnach mehrere Parameter haben (z. B. angebotene Sitzkilometer, Flug-
stunden, zurückgelegte Entfernung etc.). In der vorliegenden Ausarbeitung
steht die „Beschäftigung“ für die zurückgelegte Entfernung in nautischen
Meilen pro Flugzeug.
Einzelkosten: Kosten, die einem Flug direkt zugerechnet werden können
(z. B. Flugsicherungsgebühren, Landegebühren).
Gemeinkosten: Kosten, die einem Flug nicht direkt zugerechnet werden
können (wie z. B. administrative Kosten des Flugbetriebs). Während in der
Regel flugstundenabhängige Instandhaltungskosten zu den Gemeinkosten
gezählt werden, da sie nicht auf die Streckenergebnisrechnung umgelegt
werden können, sind für die vorliegende Betrachtung relevant.
15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft 343

15.1.3 Betriebskosten einer Luftverkehrsgesellschaft

Jede Branche hat spezifische Kostenverursacher. Abb. 16.1 zeigt die


typischen Kostenverursacher für den Luftverkehr.

Abb. 15.1 Kostenverursacher im Luftverkehr (Mensen 2003)

Bei Fluggesellschaften unterscheidet man hinsichtlich der Kosten


zwischen direkten Betriebskosten (Direct Operating Costs, DOC) und in-
direkten Betriebskosten (Indirect Operating Costs, IOC).
Die Summe aus direkten und indirekten Betriebskosten ergeben die
Gesamtbetriebskosten (Total Operating Costs, TOC).
TOC DOC  IOC (15.1)
344 15 Wirtschaftliches Fliegen

Abb. 15.2 Betriebskosten im Luftfahrtunternehmen (Scheiderer 2007)

Direkte Betriebskosten

Die direkten Betriebskosten beinhalten die unmittelbar mit dem Betrieb


des Flugzeuges verbundenen Kosten. Sie unterteilen sich nach fixen und
variablen Kosten.
DOC C F  CT  CC  C FIX  C MC (15.2)

- CF = Treibstoffkosten (cost of fuel) [EUR]


- CT = operationelle Zeitkosten (cost of time) [EUR]
- CC = ereignisabhängige Kosten (cycle cost) [EUR]
- CFIX = Fixkosten [EUR]
- CMC = Verspätungskosten (misconnex cost) [EUR/min]
mit:
CF C f
˜ m f , CT Ct ˜ t und CMC Cmc ˜ t (15.3)

- Cf = Kosten pro Treibstoffmengeneinheit [EUR/kg]


- mf = Treibstoffmasse [kg]
15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft 345

- Ct = operationelle Kosten pro Zeiteinheit [EUR/min]


- Cmc = Verspätungskosten proZeiteinheit
- t = Flugzeit [min]
Die nachstehende Abbildung zeigt die Verteilung der direkten Betriebs-
kosten des Jahres 2003 im Vergleich zum Jahr 2005.

Abb. 15.3 Aufteilung der DOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)

Hierbei sind folgende Tendenzen hinsichtlich der Treibstoffpreisent-


wicklung zu erkennen:
x Der Anteil der Treibstoffkosten ist von 24 % auf 34 % der direkten Be-
triebskosten gestiegen.
x Der Anteil der Treibstoffkosten an den Gesamtkosten (Total Operating
Cost) beträgt 19,7 %.

Indirekte Betriebskosten

Abb. 15.4 zeigt die Verteilung der indirekten Betriebskosten:

Abb. 15.4 Aufteilung der IOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)
346 15 Wirtschaftliches Fliegen

Durch den massiven Anstieg des Treibstoffpreises hat sich die Kosten-
struktur der Fluggesellschaften verschoben. Während noch vor 10 Jahren
die Anteile der direkten und indirekten Kosten ausgeglichen waren, stellt
der Anteil der direkten Betriebskosten nun einen Anteil von 58 % an den
Gesamtkosten dar. Dieser Trend beschleunigt sich noch durch den Abbau
an administrativen Arbeitsplätzen in der Verwaltung.

Erweiterter Begriff der variablen direkten Betriebskosten

Von besonderem Interesse im Sinne des Cost-Index-Verfahrens sind die


optimierungsfähigen relevanten Kosten. Bei der Aufteilung und Zu-
ordnung von Kosten zu einem spezifischen Flug ist eine detaillierte Aus-
einandersetzung mit den einzelnen Kosten unerlässlich. In der Abb. 16.5
werden diese Kosten kursiv dargestellt.
Für die Untersuchung der relevanten Kosten reicht die Unterteilung in fixe
und variable direkte Betriebskosten nicht aus. Vielmehr sind die variablen
Kosten weiter zu unterscheiden in ereignis- bzw. cycle- und zeitabhängige
Kosten, wobei die zeitabhängigen Kosten hinsichtlich ihrer Optimierungs-
fähigkeit zu untersuchen sind.

Abb. 15.5 Aufspaltung der DOC (Scheiderer 2007/2)

Unter den optimierungsfähigen zeitabhängigen variablen Kosten versteht


man nur die Kosten, die sich tatsächlich ausschließlich aufgrund der Flug-
zeit für einen spezifischen Flug ändern. Dies sind hauptsächlich die
folgenden Kosten:
x zeitabhängige Personalkosten
x zeitabhängige Technikkosten
x Kosten, die durch Verspätung entstehen (sogenannte misconnex costs)
15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft 347

x Treibstoffkosten
Gerade im Technikbereich fallen viele Kosten an, die zwar variabel sind,
aber nicht zeitabhängig, sondern ereignisgetrieben. Ein Beispiel hierfür
sind Kosten für die Überholung des Fahrwerks. Die Belastung des Fahr-
werks ergibt sich aus dem Startlauf oder bei der Landung durch den so-
genannten Landestoß. Welche Zeit das Flugzeug zwischen Start und
Landung in der Luft war, ist für diesen Kostenblock nicht relevant.
Die nachstehende Abbildung zeigt die Technikkosten in Abhängigkeit von
„Trip Kosten“ und „Flight Hour“ Kosten.

Abb. 15.6 Einfluss von Ereignis und Flugzeit auf die DMC (© Airbus 1998)

Demnach sind die fixen Kosten nicht optimierungsfähig. Die Kosten für
verpasste Anschlussflüge durch Verspätung (sogenannte misconnex costs)
bedürfen einer sehr aufwendigen Untersuchung und können bei reiner
Schätzung den Cost Index Wert und abgeleitete Geschwindigkeiten maß-
geblich beeinflussen.
Aus Gl. (15.2) ergeben sich die optimierungsfähigen, zeitabhängigen
variablen Kosten (CO):
CO C F  CT (15.4)
348 15 Wirtschaftliches Fliegen

15.2 Die Cost Index Idee

15.2.1 Einführung

Um die Idee des Cost-Index-Verfahrens einordnen zu können, muss man


die sonstigen gängigen Flugverfahren mit konstanter Geschwindigkeit be-
trachten.
Häufig basiert die Flugplanung auf vorgegebenen Plangeschwindigkeiten
und auf Daten, die vom Flugzeughersteller geliefert werden. Manche Flug-
zeughersteller liefern lediglich Daten für wenige festgelegte Geschwindig-
keiten. Unter Daten versteht man in diesem Zusammenhang die
Kombination aus Treibstoffverbrauchsdaten in Abhängigkeit der Mach-
zahl, Flughöhe, Temperatur und Fluggewicht. Auf Basis dieser Daten
werden von den Fluggesellschaften Standardgeschwindigkeiten festgelegt,
die einem Optimum zwar nahe kommen, dies aber nicht unter allen Um-
ständen immer treffen.
Denn beim Fliegen mit konstanter Geschwindigkeit ergeben sich zwangs-
läufig nicht genutzte Potenziale. So erhöht eine Rückenwindkomponente
die Geschwindigkeit über Grund, was häufig zu einer zu frühen Ankunft
führt. Diese zusätzliche Geschwindigkeit könnte genutzt werden, die
Leistung des Triebwerks und damit auch den Treibstoffverbrauch zu
reduzieren. Bei starkem Gegenwind könnte hingegen ein Flug verspätet
ankommen, wenn die Crew nicht schneller fliegt. Die Frage, die sich
sowohl aus dem Rückenwind, als auch aus dem Gegenwindszenario für die
Crew ergibt, ist folgende:

Welche Geschwindigkeit ist die wirtschaftlich Richtige?

Soll man lieber schneller fliegen? Das bedeutet erhöhter Treibstoffver-


brauch, aber dafür kürzere Flugzeit mit entsprechend reduzierten Zeit-
kosten. Oder soll man lieber langsam fliegen? Dies resultiert in längerer
Flugzeit, höheren Zeitkosten, aber geringerem Treibstoffverbrauch?
Die Idee des Cost-Index-Verfahrens ist, mit Hilfe eines Quotienten aus
variablen Zeitkosten und Treibstoffkosten eine Verhältniszahl zu schaffen,
mit deren Hilfe eine optimale Geschwindigkeit errechnet werden kann und
damit ein verbrauchsoptimales Profil erflogen werden kann.
15.2 Die Cost Index Idee 349

CT (15.5)
CI
CF
Diese Geschwindigkeit nennt man in der Fachterminologie Econ Speed
bzw. Econ Mach Number.

Abb. 15.7 ECON-Machzahl in Abhängigkeit von den Ereigniskosten

15.2.2 Mathematische Herleitung der Cost Index Gleichung

Im vorherigen Kapitel wurde die Cost Index Gleichung bereits kurz an-
gesprochen. Nachfolgend soll die Herleitung dargestellt werden.
Der benötigte Treibstoff entspricht dem Quotienten aus Reichweite (R)
und spezifischer Reichweite (SAR) und die Flugzeit (t) entspricht dem
Quotienten aus Reichweite und Geschwindigkeit. Daraus ergibt sich:
R R R (15.6)
Fuel und t bzw.
SAR TAS a˜M
Einsetzen von Gl. (15.6) in Gl. (15.4) ergibt:
350 15 Wirtschaftliches Fliegen

R R (15.7)
CO Cf  Ct
SAR a˜M
Unter econ cruise speed versteht man die Geschwindigkeit, die zu einem
Minimum der variablen Zeitkosten und Treibstoffkosten führt. Daraus
folgt, dass ein ökonomischer Reiseflug dann vorherrscht, wenn
dCO/dM = 0 ist. Daraus folgt:
dCO §  1 · § dSAR · Ct ˜ R §  1 · (15.7)
Cf ˜ R ˜¨ ˜
2 ¸ ¨ ¸ ˜¨ 2 ¸
dM © SAR ¹ © dM ¹ a ©M ¹

dCO ª§ C f ·§ dSAR · CT º (15.8)


 R ˜ «¨¨ ¸
2 ¸¨ ¸ 2»
0
dM ¬«© SAR ¹© dM ¹ a ˜ M ¼»

Ct Cf dSAR (15.9)

a˜M2 2
SAR dM
Daraus folgt:

Ct § a ˜ T ˜ M 2 · dSAR (15.10)
¨ 0 ¸
Cf ¨ SAR 2 ¸ dM
© ¹
mit:
Ct ª EUR/min º (15.11)
CI « »
Cf ¬ EUR/kg ¼
Der CI hat demnach die Einheit [kg/min]. Dadurch lassen sich Zeitkosten
in Treibstoffmengen umrechnen, wobei der Treibstoffpreis hierbei wie
eine Art Umrechnungsfaktor, ähnlich einer Währung handhabbar ist. Die
Zeitkosten werden hierbei also wie eine Art „zusätzlicher“ Treibstoffver-
brauch dargestellt.
Besonders deutlich wird dies durch Umstellung der Gleichung (15.4) unter
Verwendung des CI.
CO CI ˜ C f ˜ t  C f ˜ m f (15.12)

Die Division von Gl. (15.12) durch den Treibstoffpreis ändert die
Dimension bei CO von EUR in kg.
15.2 Die Cost Index Idee 351

CO (15.13)
COkg CI ˜ t  m f
Cf

Der Vollständigkeit halber soll noch kurz die Herleitung der sogenannten
Econ Cruise Cost Function (ECCF) dargestellt werden.
Hierzu dividiert man die Gl. (15.4) durch NAM und erhält die Kosten für
eine zurückgelegte Entfernungseinheit.
CO t mf (15.14)
CI ˜ C f  Cf
R R R
t ª h º 1 m f ª kg º FF 1
Mit und erhält man:
R «¬ NAM »¼ TAS R «¬ NAM »¼ TAS SAR
CO § CI  FF · (15.15)
C f ˜¨ ¸
NAM © TAS ¹
Dividiert man Gl. (15.15) durch den Treibstoffpreis CF erhält man die
Econ Cruise Cost Function.
CO CI  FF >kg / h@ (15.16)
ECCF
NAM ˜ C f TAS >NAM / h@

15.2.3 Praktische Umsetzung

Zur Umsetzung des Cost Index in die fliegerische Praxis wird die
Gleichung der spezifischen Reichweite variiert und zur ökonomischen
spezifischen Reichweite (SRECON) ausgebaut.
geflogene Strecke R NAM (15.17)
SARECON bzw. bzw.
optimierungsfähige Kosten COkg kg

Im Nenner wird nun allerdings nicht nur die Treibstoffmasse berück-


sichtigt, sondern die im Sinne optimierungsfähigen Kosten des Fluges ins-
gesamt, die vorher auf eine „Massebasis“ umgerechnet wurden.
Wie schon bei der SAR, wird auch diese Gleichung nach der Zeit ab-
geleitet. Es ergibt sich unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Wind-
komponente:
352 15 Wirtschaftliches Fliegen

TAS  VW (15.18)
SRECON
d
dt

COkg
Einsetzen von Gl. (15.13) in (15.18) ergibt:
TAS  VW a 0 ˜ T ˜ M  VW (15.19)
SRECON
d CI  FF
CI ˜ t  m f
dt
In dieser Form ist die Gleichung jedoch noch nicht nutzbar, da Daten zum
Treibstoffdurchfluss nicht direkt vorliegen. Allerdings liegen in der Regel
die Leistungsangaben zur spezifischen Reichweite vor. Um diese ver-
wenden zu können, wird im nächsten Schritt Gl. (15.10) in Gl. (15.19) ein-
gesetzt. Es ergibt sich:

SRECON
a 0 ˜ T ˜ M  VW
SAR ˜ a 0 T M  VW (15.20)
§ M · SAR ˜ CI  a 0 ˜ T ˜ M
CI  a 0 ˜ T ˜ ¨ ¸
© SAR ¹
Mit Hilfe der obigen Gleichung kann die ökonomische Reichweite unter
Verwendung von wenigen Variablen errechnet werden. Es gilt diejenige
Machzahl, also Fluggeschwindigkeit, zu finden, die zu einer Maximierung
der SREcon führt.

15.2.4 Grenzen der Anwendung

Der Cost Index kann sinnvoll nur innerhalb bestimmter Grenzen an-
gewendet werden.
Ein Cost Index von „null“ entspricht der maximum range cruise speed. In
diesem Fall werden keine Zeitkosten berücksichtigt. Ein Cost Index von
„999“ entspricht der maximal möglichen Machzahl.
Ein hoher Cost Index wäre denkbar, wenn die Zeitkosten weit über den
Treibstoffkosten liegen. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine
unpünktliche Landung unverhältnismäßig hohe Folgekosten, z. B. durch
verpasste Anschlussflüge, generieren würde.
15.3 Das ökonomische Flugprofil 353

Abb. 15.8 Obere und untere Grenze des Cost Index

In der Praxis wird der obere Wert des Cost Index durch einen Abschlag an
der maximalen Reisefluggeschwindigkeit begrenzt, da der Grenznutzen
einer höheren Geschwindigkeit den enorm höheren Treibstoffverbrauch
auf der Kurz- und Mittelstrecke nicht mehr aufwiegen kann. Die Erhöhung
der Geschwindigkeit hat dort seine Grenzen (Maximum CI), wo der Mehr-
verbrauch pro Minute Zeitgewinn höhere Treibstoffkosten verursacht als
die Folgekosten einer Verspätung.

15.3 Das ökonomische Flugprofil

Lässt man äußere Einflussfaktoren, wie z. B. Wind, außen vor, kann man
grundsätzlich die Aussage treffen, dass ein Flug in großer Höhe hinsicht-
lich des Treibstoffverbrauchs günstiger ist, als in niedriger Flughöhe.
Daher wird vielfach nur der Streckenflug optimiert. Dies ist aber im Sinne
einer Gesamtoptimierung nicht ausreichend. Gerade im Kurzstreckenver-
kehr stellt der horizontale Streckenflug oft nur einen geringen Anteil am
gesamten Flugprofil dar. Daher sollte grundsätzlich auch der Steig- und
Sinkflug in die Optimierung einbezogen werden.
In Abb. 15.9 deutlich, dass eine hohe Steiggeschwindigkeit (= hoher Cost
Index) zu einem flacheren Steigwinkel führt. Die Reiseflughöhe wird folg-
lich später erreicht. Umgekehrt verhält es sich bei einem niedrigen Cost
Index (CI = 0) bzw. einer niedrigen Geschwindigkeit. Der Leistungsüber-
schuss der Triebwerke resultiert in einem höheren Steigwinkel, was dazu
führt, dass die Reiseflughöhe früher erreicht wird. Beide Verfahren haben
Auswirkungen auf die Gesamtflugzeit.
354 15 Wirtschaftliches Fliegen

Abb. 15.9 Betrachtungssegment Steigflug

Der Sinkflug ergibt ein ähnliches Bild.

Abb. 15.10 Betrachtungssegment Sinkflug


15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten 355

15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten

Zu den optimierungsfähigen Kosten gehören neben den Technik- und


Personalkosten auch diejenigen Kosten, die durch eine Verspätung ver-
ursacht werden. Die Ermittlung dieser Kosten ist sehr komplex, weshalb in
dieser Betrachtung aufgrund des Umfangs auf eine Darstellung verzichtet
wird.

15.4.1 Treibstoffpreis

Die Ausgaben für Treibstoff gehören schon immer zu den größten Aus-
gabenblöcken einer Luftverkehrsgesellschaft. Mittlerweile hat der Preis
allerdings ein Niveau erreicht, das die Fluggesellschaften zu einem nach-
haltigen Handeln zwingt. Die nachstehende Abbildung zeigt die Preis-
steigerung in den letzten 16 Jahren und maßgebende äußere Einflüsse.

Abb. 15.11 Treibstoffpreisentwicklung 1990 – 2006 (nach Lufthansa)

Im Jahr 2005 beliefen sich die Ausgaben der europäischen Fluggesell-


schaften für Treibstoff auf ca. 18 Milliarden US-Dollar. Im Gegensatz
hierzu beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2003 auf ca. 9 Milliarden
Dollar. Erwartungsgemäß werden die Ausgaben in 2006 nochmals an-
steigen, da die noch teilweise bestehenden Vorteile durch Treibstoffpreis-
sicherungsgeschäfte nach und nach auslaufen.
Der Treibstoffpreis, ursächlich abhängig vom Ölpreis, unterliegt vielen
äußeren Einflüssen. Dies sind unter anderem:
x Weltweite Nachfrage und generelle Versorgungssituation mit Kerosin
x OPEC-Politik und Versorgung von Non-OPEC-Ländern
x Politische Situation (regionale Stabilität, Krieg)
x Externe Faktoren wie Wetter, Unfall oder Streik.
356 15 Wirtschaftliches Fliegen

15.4.2 Ermittlung der relevanten Technikkosten

Für die Ermittlung des firmen- und flottenspezifischen Cost Index sind
lediglich die Kosten von Interesse, die tatsächlich durch eine Verlängerung
oder Verkürzung der Flugzeit eines spezifischen Fluges entstehen oder ent-
fallen. Sie werden daher mit dem Zusatz „optimierungsfähige“ Kosten be-
zeichnet, da der Begriff der zeitabhängigen Kosten alleine nicht die tat-
sächlich gesuchte Größe hinreichend genau beschreibt.
Zeitabhängige relevante Technik-Kosten entstehen einerseits durch zeit-
bedingte Wartungs- oder Überholungskosten und andererseits durch zeit-
bedingten Verschleiß. Da auch der Verschleiß wiederum zu Instand-
haltungsereignissen führt, können die Technik-Kosten über die
Kennzahlen des Instandhaltungssystems des Betreibers ermittelt werden.

Entstehung von Instandhaltungsereignissen

Wie der Name schon sagt, geht es bei der Instandhaltung darum, die Flug-
zeuge des Betreibers in einem betriebsbereiten Zustand zu halten. Hierzu
gehört:
x Gewährleistung maximal möglicher betrieblicher Sicherheit,
x Erlangung und Beibehaltung einer hohen Einsatzzuverlässigkeit,
x Optimierung der Wirtschaftlichkeit im Betriebsablauf,
x Gewährleistung eines hohen Passagierkomforts und eines ordentlichen
Erscheinungsbildes.
Instandhaltungskosten von Flugzeugen entstehen bei jeder Durchführung
von Instandhaltungsmaßnahmen und den dazugehörigen Materialauf-
wendungen. Die Instandhaltung ist ein Sammelbegriff, der eine Vielzahl
von Funktionen beinhaltet.
Die Hauptfunktionen der Instandhaltung „Wartung“ und „Überholung“
müssen hinsichtlich relevanter Kosten überprüft werden:
Die Wartung sorgt für die Betriebsfähigkeit des Flugzeuges bis zur
nächsten Überholung. Ein Wartungsereignis beinhaltet die Durchführung
verschiedener Kontrollen mit und ohne technisches Hilfsgerät. Die
Reparatur ist Teil der Wartung. Die Wartung wird in der Regel während
der flugplanbedingten Bodenzeiten und daher auch vielfach nachts durch-
geführt.
Unter Überholung versteht man eine umfassende Wartung und Reparatur
des Flugzeugs bei weitgehender Zerlegung der technischen Systeme. Sie
wird im Rahmen von Sonderliegezeiten durchgeführt. Für die Ermittlung
15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten 357

der relevanten Technikkosten ist die Frage der zeitabhängigen planbaren


Wartung- und Überholungsereignisse wichtig. Unplanbare Ereignisse, die
zu einer Wartung oder Überholung führen, sind zwar insgesamt für die
technischen Betriebskosten relevant, aber nicht für die Betrachtung im
Rahmen der CI-Entwicklung. Aufgrund der unterschiedlichen Belastung
einzelner Flugzeugsysteme unterscheiden sich die Wartungsintervalle.
Vorgeschriebene Überprüfungsintervalle enthält das sogenannte
maintenance planning document (MPD), welches dem technischen Betrieb
genau angibt, wann welches System zu überprüfen ist. Planbare Instand-
haltungsereignisse können entweder in präventive oder korrektive Maß-
nahmen gegliedert werden.

Präventive Instandhaltungsmaßnahmen

Die präventiven Instandhaltungsmaßnahmen beinhalten den fest geplanten


Ausbau oder die vorprogrammierte Wartung einzelner Komponenten oder
des gesamten Flugzeuges. Alle Maßnahmen richten sich nach einem festen
Zeitplan, weshalb diese Instandhaltungsweise auch hard time maintenance
genannt wird.
Impulsgeber für die Planung ist entweder ein flugstundenbezogenes Ereig-
nis oder das Erreichen einer bestimmten Anzahl von Flugbewegungen
(cycles).
Eine Übersicht der einzelnen Instandhaltungsereignisse zeigt die folgende
Tabelle, wobei FH für Flugstunde und MH für Mannstunde steht.

Tabelle 15.1 Intervalle, Aufwendungen und Umfang von Instandhaltungsereig-


nissen (nach Mensen 2003)
E ZI L A DA
Trip Check Pro Flug 0,5 h 0,5 mh walkaround und cockpit check
Sichtkontrollen, kleine Wartungs-
arbeiten durch Cockpit und/oder
Wartungspersonal
Ramp Check 1d 1h 2 mh walkaround
Funktionsüberprüfungen durch
Wartungspersonal
Service Check 9 d 4h 20 mh Beinhaltet den ramp check,
Sicht-, Zustandskontrollen und
Reinigungsarbeiten
A-Check 350 fh 6 h 40 mh Beinhaltet service check,
(ca. 4 w) Kabineninspektion,
Systemüberprüfungen an den
jeweiligen Stationen
358 15 Wirtschaftliches Fliegen

B-Check 5m 12 h 150 mh Beinhaltet den A-Check und


zusätzliche Überprüfungen der
Struktur und Systeme
C-Check 15 m 30 h 700 mh Beinhaltet den B-Check und Zer-
legung einzelner Komponenten zur
Überprüfung von Struktur und
Systemen.
IL20 66 m 2 w 12.000 mh Spezielle Untersuchungen des
Rumpfes und der Struktur,
eventuell Lackieren und Polieren.
D-Check 130 m 4 w 30.000 mh Struktur- und Systemüberholung,
beinhaltet alle oben genannten
Überprüfungen
E Ereignis, ZI typisches Zeitintervall (d Tage, m Monate, fh Flugstunden), L
Liegezeit (h Stunden, w Wochen), A Aufwand (mh Mannstunden), DA durch-
geführt Arbeiten.
Die Methode der präventiven Instandhaltung ist eine gut planbare, aber
auch sehr teure Methode, da sie statische Wartungsintervalle vorsieht, die
mit teuren Liegezeiten verbunden sind.
Vor Einführung eines neuen Flugzeugmusters wird durch eine sogenannte
Maintenance Steering Group (MSG), die sich aus dem Flugzeughersteller
und Vertretern der Fluggesellschaft, der Behörden und des
Triebwerkherstellers zusammensetzt, ein Erstinstandhaltungssystem ent-
wickelt. Hierbei werden für einige Bauteile maximale Betriebsstunden-
grenzen vorgesehen, die zu einer so genannten time between overhaul
(TBO) führen.
Nicht selten kommt es vor, dass Einzelteile aufgrund der erreichten
maximalen Betriebsstundengrenze ausgewechselt werden müssen, obwohl
es auch technischer Sicht noch lange nicht notwendig wäre.

Korrektive Instandhaltungsmaßnahmen

Die hohen Kosten für eine präventive Instandhaltung führen bei den Flug-
gesellschaften immer mehr zu dem Versuch, die statischen TBO-Zeiten zu
verlängern. Der Austausch eines Teils soll also nicht mehr nach festen
Intervallen erfolgen, sondern nur noch, wenn es sein Zustand erfordert. Es
werden also Fehler im Betrieb zugelassen, die erst im Anschluss beseitigt
werden. Eine solche Instandhaltungsmethode benötigt aber ein um-
fassendes Überwachen bestimmter Parameter, die bei Abweichungen vom
Sollzustand eine Warnung generieren. Eine solche Überwachung ist bei-
spielsweise das Engine Trend Monitoring.
15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten 359

Mit Hilfe der korrektiven Instandhaltung konnte in den 70er Jahren das
starre Hard-Time-Verfahren teilweise abgelöst werden und zu einem
System der variablen TBO umgewandelt werden.

Die optimierungsfähigen Kosten

Zu ermitteln sind die Kostenanteile, die sich durch eine weitere Betriebs-
minute ergeben würden. Also, die Kostenanteile, die von der tatsächlichen
Betriebszeit, also der Flugzeit, und welche Kosten durch ein Flugereignis,
dem cycle, abhängen.
Hierbei müssen auch die Kosten berücksichtigt werden, die sich durch
zurückgestellte technische Beanstandungen ergeben, die aus Zeitgründen
früher durchgeführt werden müssen.
Von großer Bedeutung im Zusammenhang der optimierungsfähigen
Kosten ist, welche Vertragsarten im Bereich der Instandhaltung vorliegen
und ob das Flugzeug geleast oder gekauft ist.
Die Wartungsereignisse für hoch belastete Bauteile, wie z. B. Schub-
umkehr und Fahrwerk, richten sich häufig nach der Anzahl der cycles und
sind daher unabhängig von den Flugminuten.
Die Lebensdauer vieler anderer Komponenten hängt von den tatsächlich
erbrachten Betriebsminuten ab und werden in Abhängigkeit der Flugzeit
gewartet.
Auf Basis der internen Kostenrechnung und der Wartungsverträge
müssen alle Technikkosten hinsichtlich ihrer Abhängigkeit analysiert
werden. Dazu können folgende Prämissen beachtet werden:
x Viele Instandhaltungskosten bei neuen Flugzeugmustern werden in den
ersten Jahren zu einem großen Teil über die Garantie abgedeckt.
x Wartungskosten für die Flugzeugzelle fallen häufig im Rahmen eines C-
Checks an. Hier muss die jeweilige Fluggesellschaft prüfen, ob der
„Treiber“ für den C-Check tatsächlich die Flugstunde ist, oder eher die
technische Reserveplanung und einem damit verbundenen Engpass.
x Triebwerksüberholungen sind sehr häufig abhängig von den Flugereig-
nissen. Ausnahme stellen sogenannte power-by-the-hour Verträge dar,
was dann zur Abrechnung eines Kostensatzes pro Flugstunde führt.
Erfolgt ein Rückgriff auf Leihtriebwerke, sind diese Kosten in der Regel
flugstundenabhängig anrechenbar.
x Überholungen der APU richten sich nach deren Laufzeit in Stunden.
Eine APU-Stunde fällt im Wesentlichen während der Bodenstandzeit
und teilweise auch bei Start und Landung an.
x Reparaturen bei Bremsen und Fahrwerken richten sich nach geflogenen
cycles und sind daher nicht anrechenbar.
360 15 Wirtschaftliches Fliegen

x Personalkosten von Technikpersonal sind Fixkapazitäten. Mehr- oder


minder geflogene Flugzeit im Rahmen eines Flugereignisses führen
nicht zu Kapazitätsanpassungen.
x Kosten für Materialeinsatz, Verbrauchsmaterial und Gerätekosten sind
individuell zu analysieren.
x Diese Kostensätze müssen im Laufe der Zeit hinsichtlich neuer Be-
dingungen überwacht und angeglichen werden (z. B. Auslauf von
Garantien)

15.4.3 Ermittlung der relevanten Personalkosten

Die Einbeziehung der Personalkosten in die flugminutenabhängigen


Kosten hängt erstrangig vom jeweiligen Bezahlungsmodell der Airline ab.
Während einige Gesellschaften ihrem fliegenden Personal einen auf
Blockstunden basierten Stundenlohn bezahlen, das eine Berechnung relativ
einfach macht, gibt es andere Gesellschaften mit hochkomplexen Tarif-
werken und daraus resultierenden Bezahlungsmodalitäten.
Bei den meisten Fluggesellschaften existiert ein Grundgehalt, dem ein be-
stimmtes zu leistendes Arbeitspensum gegenübersteht. Wird diese Grund-
zeit überschritten, erhält der Mitarbeiter zusätzlich zum Grundgehalt eine
Mehrflugstundenzulage.
Neben der Art des Bezahlungsmodells hängt oftmals die Frage, wie die
Personalkosten in ein Cost Index basiertes Modell einfließen sollen, vom
Betrachtungszeitraum ab.
Kurz- und mittelfristig betrachtet, wirkt sich eine Verringerung der Flug-
zeit nur auf die Personalkosten aus, die im Mehrflugstunden-Bereich
liegen. Wichtig ist die Erkenntnis, dass nur diese kurz- und mittelfristigen
Personalkosten in die CI-Berechnung einfließen, denn die Einspar-
potentiale müssen in einem direkten zeitlichen Zusammenhang mit den
Ausgaben stehen.
Langfristig betrachtet ergeben sich keine weiteren Auswirkungen. Die An-
nahme, dass beispielsweise über eine höhere Fluggeschwindigkeit die
Gesamtblockzeit des Flugplannetzes verringert wird und dadurch die für
die Personalplanung angesetzte Produktivität pro Flugzeug und Einsatztag
steigt, ist eher ein theoretischer Ansatz und gerade im Kurz- und Mittel-
streckenbereich nicht relevant.
Fazit: Die Anwendung des Cost Index Verfahrens kann zu signifikanten
Einsparungen führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine fundierte
Identifizierung und Analyse der unternehmensspezifischen Kosten.

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