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Lexikalische Semantik:

Der Teilbereich der Lexikologie, der sich mit der Bedeutung in ihrer Komplexität
befasst, ist die sog. lexikalische Semantik oder Wortsemantik. Das gröβte Problem ist, dass
Inhalte oder Bedeutungen für uns nicht greifbar, unmittelbar nicht zugänglich sind. Der
Begriff ’Bedeutung’ ist eng mit psychologischen, sprachsoziologischen und phylosophischen
Auffassungen verbunden, so erklärt es sich, dass im Verlauf der Bedeutungsgeschichte immer
wieder Gegenstand heftiger Diskussionen war und auch heute noch ist.
Mit sprachlichen Zeichen nehmen wir Bezug auf Gegenstände der Welt. Diese nennen
wir Referenten. Somit ergibt sich ein semantisches Dreieck. Das Verhältnis zwischen Inhalt,
Ausdruck und Referent ist derart, dass die an die Ausdrücke geknüpften Inhalte eine Referenz
ermöglichen. Eine Reihe von Bedeutungskonzepten basieren auf einem solchen Modell des
sprachlichen Zeichens.

Bedeutungstheorien:

Im Rahmen der Referenztheorie wird die Bedeutung mit dem Referenten, d. h. mit
dem bezeichneten Gegenstand oder Sachverhalt identifiziert. Wenn wir aber nur daran
denken, wie viele Referenten z. B. der sprachliche Ausdruck meine Mutter allein je nach
Sprecher haben kann, müssen wir einsehen, dass dieses Bedeutungskonzept nicht akzeptabel
ist.
Der Ideationstheorie nach kann die Bedeutung auch als der Inhalt, die Vorstellung
oder der Gedanke in unserem Gehirn beschrieben werden, die mit der Form verbunden ist.
Auch die Ideationstheorie ist nicht frei von Fehlern: z. B. wie sollen wir die Bedeutung eines
abstrakteren Wortes wie Kind erfassen? Sollen wir an ein Mädchen oder an einen Jungen
denken?
Im Sinne des Behaviorismus, der eigentlich eine antimentalistische Konzeption ist, ist
die Bedeutung das Resultat des kommunikativen Verhaltens. Die Sprache ist eine spezifische
Art des Verhaltens, sie ist messbar durch direkte Beobachtung.
Das Gebrauchs- oder Handlungstheoretische Bedeutungskonzept geht davon aus,
dass die Bedeutung nur in Handlungen entsteht und sie nur in Handlungen beobachtbar ist.
Wittgensteins berühmte Definition beleuchtet das Wesen dieser Theorie: „Die Bedeutung
eines Wortes ist sein Gebrauch.” Die Sprache wird nicht als System verbaler Zeichen
aufgefasst, sondern in den Zusammenhang sprachlichen Handelns gestellt. Sprachliches
Handeln ist regelgeleitet; Sprache ist ein Regelsystem.

Zeichentheoretische Auffassung:

Wortschatz ist ein Vorrat von Zeichen. Bedeutungen werden mit Bezug auf Zeichen
definiert; sie sind objektiv und existieren unabhängig vom aktuell sprechenden Subjekt. Bei
Zeichenmodellen werden unterschiedliche Beziehungen betont:

• Referentielle Beziehung: das Zeichen in seiner Beziehung zum Bezeichneten


(Bezeichnetes: worauf man mit dem Zeichen referiert = Referent)
• Pragmatische Beziehung: das Zeichen in seiner Bezihung zu Sender und
Empfänger
• Syntaktische Beziehung: das Zeichen in seiner Beziehung zu anderen Zeichen
• Semantische Beziehung: die Beziehung des Zeichenkörpers (Formativ) auf
den Zeicheninhalt (Bedeutung)
Bedeutung kann … erklärt werden:

• als die Beziehung des Formativs auf das Objekt, das durch ein Wortzeichen
vertreten oder symbolisiert wird (referentielle Bedetung)
• als mentaler Inhalt, den die Sprecher einer Sprache auf das Formativ beziehen;
der Inhalt kann Abbild, Begriff, Wissen vom Bezeichneten sein (denotative
Bedeutung)
• mentaler Inhalt kann auch Mitinformationen, Konnotationen umfassen
(konnotative Bedeutung)
• als Beziehung zwischen Formativ und mentalem Inhalt, als Beziehung
zwischen Formativ und bezeichneten Objekten, Menschen und anderen
Zeichen (relationelle Bedeutungsaffassung)

Zeichenmodelle sind Dreiecke, die den Kern wesentlicher Bedeutungsauffassungen


ausdrücken:

• Bedeutung meint das Bezeichnete (referentielle Bedetung)


• Bedeutung ist eine Bewusstseinstatsache und kann als Begriff, Wissen, Idee,
Vorstellung betrachtet werden (denotative Bedeutung), (zusätzliche
Mitinformationen bilden die konnotative Bedeutung)
• Bedeutung ist eine Relation; die Beziehung des Zeichenkörpers auf das
Bezeichnete (relationelle Bedeutung)

Alle diese Modellierungen lassen sprachliches Zeichen statisch erscheinen, aber


Bedeutung ist nicht fest und untrennbar mit dem Formativ verbunden, sondern sie ist
dynamisch und veränderlich.

Analytische und holistische Beschreibungsmodelle:

Die Merkmalsemantik (oder Komponentialsemantik, Komponentenanalyse,


Semanalyse) ist das wichtigste analytische Beschreibungsmodell. Dieses Konzept besagt, dass
Wortbedeutungen in kleinere Bestandteile oder Komponenten zerlegt werden können. Die
sog. semantischen Merkmale oder Seme sind definiert als kleinste nicht mehr zerlegbare
Elemente, die notwendig und hinreichend sein müssen. Folglich kann die Bedeutung als
Merkmalbündel repräsentiert werden. Die Bedeutung wird auch als Semem bezeichnet.
Die Merkmalbeschreibung erfolgt nach dem Prinzp „Alles oder Nichts”. Entweder
gehört ein Ding zur Klasse X, oder es gehört nicht dazu. Ein Merkmal ist entweder da, oder
nicht da. Merkmale sind deshalb binär mit den Werten + oder – angelegt.
Methodische Forderungen:

• Merkmale sollen elementar (nicht weiter zerlegbar) und generell sein


• Merkmale müssen universell sein (auch für andere Sprachen relevant)
• Vertreter derselben Kategorie haben denselben Status
• Begriffe besitzen scharfe Grenzen
• Die Zugehörigkeit eines Begriffs zu einer Kategorie kann eindeutig bestimmt
werden, sofern man die wesentlichen Seme kennt
Merkmalsemantik wird oft kritisiert, denn sie lässt sich nicht bei allen Klassen von
Lexemen (z. B. bei Funktionswörtern und Verben) anwenden und Bedeutungen müssen
bereits bekannt sein, um das Seminventar bestimmen zu können.
Als ein holistisches, d .h. ganzheitliches Modell der Bedeutungsbeschreibung ist die
sog. Prototypentheorie anzusehen. Der Prototyp ist die mentale Repräsentation eines
typischen Mitglieds einer Kategorie, der ideale Repräsentant einer Kategorie. Die Kategorie
ist nicht klar definiert, sondern vielmehr durch ein Netz von Ähnlichkeiten strukturiert, das als
Familienähnlichkeit bezeichnet wird. Die Zugehörigkeit zu einer Kategorie, die global
entschieden wird, ergibt sich aus dem Grad der Ähnlichkeit mit dem Prototyp. Merkmale sind
nicht grundsätzlich binär d. h. es treffen nicht immer „entweder-oder” zu, sondern manchmal
auch „weniger-mehr”. Je mehr ein Exemplar die Typikalitätsbedingungen erfüllt, desto
besserer Vertreter der Kategorie ist.

Komponenten der Bedeutung:

In der modernen Linguistik unterscheidet man im Allgemeinen zwei Komponenten der


Bedeutung: die denotative und die konnotative Bedeutung.
Die Klasse von Objekten, auf die sich ein Zeichenkörper bezieht, nennen wir das
Denotat des Lexems. Die Bedeutung, die sich als Kenntnis des Denotats beschreiben lässt,
wird als denotative Bedeutung bezeichnet.
Unter konnotative Bedeutung versteht man diejenigen mit dem Zeichenkörper
(Formativ) fest verbundenen Informationen, die über die denotative Bedeutung hinausgehen.
Sie sind als objektive, in der gegebenen Sprachgemeinschaft konventionalisierte
Bedeutungselemente zu betrachten, die über eine sehr wichtige Tatsache, nämlich über die
Gebrauchsbedingungen des Lexems informieren. Konnotationen signalisieren usuelle/übliche
kommunikative Rahmenbedingungen der Wortverwendung.
Als kommunikative Rahmenbedingungen können Konnotationen verweisen auf:

• die kommunikative Ebene des Sprachgebrauchs (z. B. umgangssprachlich,


salopp : den Löffel abgeben, förmlich, offiziell : Gattin, Vermählung usw.)
• die kommunikative Funktionsbereiche, wie fachsprachlich : allegretto, oder
administrativ
• die regionale Bindung des Wortgebrauchs (z. B süddt., norddt.)
• die zeitliche Gebundenheit des Wortgebrauchs (z. B. Soldat vs. Krieger, K. ist
archaisch konnotiert)
• die soziale Geltung des Wortgebrauchs (z. B. jugendspr. : poppig, Jargon,
Fachspr. : OP-Saal)
• den politischen Geltungsbereich des Wortgebrauchs (z. B. DDR-konnotiertes
Wortgut : LPG = Landwirtschaftliche Produktionsgesellschaft)
• die emotionalen Bedingungen des Wortgebrauchs (z. B. Täubchen)

Wortfeldforschung:

Unter Wortfeld verstehen wir die Gruppierung von Wörtern, die bedeutungsverwandt
oder bedeutungsähnlich sind. Wir unterscheiden lexikalische Felder, grammatisch-
semantische Felder und funktional-semantische Felder.
Lexikalische Felder bestehen aus Wörtern einer Wortart (z. B. das Feld der
menschlichen Fortbewegung) Grammatische Felder bestehen nur aus grammatischen Mittel
(z. B. Besitzverhältnis : des, von, meine) Funktional-kommunikative Felder (z. B. Feld der
Modalität / Temporalität) Die Sprachen decken die objektive Realität immer anders.
Motivation:

Die Wörter einer Sprache sind konventionelle Zeichen, d. h., dass in unserem Kopf ein
Zeichenkörper konventionell mit einer bestimmten Bedeutung verbunden ist. Diese komplexe
Einheiten bestehen aus einer Verbindung von Ausdruck (Bezeichnendes) und Inhalt
(Bezeichnetes). Wörter können durch die Durchsichtigkeit ihrer Wortform Hinweise auf das
Benannte geben. Diese Erscheinung nennen wir Motivation.
Lautmalerische und lautnachahmende Wörter sind phonetisch-phonemisch
motiviert, weil es zwischen Lauform und Bedeutung eine kausale Beziehung ist (miauen,
Uhu). Die meisten wörter sind jedoch auf der Basis der Morpheme entstanden, d. h.
morphologisch motiviert. Grad der Motiviertheit:

• Vollmotiviertheit: Tierfutter (Futter der Tiere), Kochlöffel (Löffel zum


Kochen)
• Teilmotiviertheit: Großmutter (sie ist nicht eine große Mutter..)
• Demotiviertheit: Nachtigall, Zeitung (nicht mehr durchsichtig)

Bei semantischer Motivation wird die Bedeutung überliefert (z. B. Menü in der
Mensa, in der Computerlinguistik). Zeichenfeldmotivation.

Paradigmatische Bedeutungsrelationen:

Paradigmatische Bedeutungsrelationen sind semantische Beziehungen zwischen


sprachlichen Elementen, die in einem Kontext ausgetauscht werden können und sich
gegenseitig aussschließen.
Synonyme sind lexikalische Einheiten oder Strukturen, die sich formal unterscheiden,
aber ähnliche oder gleiche Bedeutung haben und deshalb im Kern der Bedeutung
übereinstimmen. Es gibt zwei Arten der Synonymie: totale, und partielle. Unter der totalen,
oder absoluten Synonymie versteht man eine vollständige, hundertprozentige
Bedeutungsidentität, also eine Bedeutungsgleichheit (z. B. beginnen – anfangen, Tischler –
Schreiner). Der Begriff partielle Synonymie bezieht sich auf eine Bedeutungsähnlichkeit
zwischen sprachlichen Ausdrücken (z. B. Ferien – Urlaub, bekommen – erhalten).
Als Antonyme gelten Lexeme, wenn sie auf einer Skala von Möglichkeiten
entgegengesetzte Extreme bezeichnen (z. B. groß – klein). Es ist nicht möglich, Antonymie
mit der Negation zu schaffen.
Bei der Heteronymie haben wir es mit mehr oder weniger geschlossenen Wortreihen
zu tun, die einen Bedeutungs- oder Sachverhaltsbereich in einer bestimmten Dimension
tendenziell zu 100% abdecken. Es kann sich um geordnete Reihen handeln (z. B.
Wochen-/Monatstage) oder ungeordnete (Farbadjektive). Die Einzelwörter können sich
gegenseitig aussschließen (Wochentage) oder auch nicht so klar (Farbadjektive).
Komplementarität ist eine Entweder-Oder Relation. Im Falle einer komplementären
Beziehung schließen die gegensätzlichen Lexeme einander aus (z. B. verheiratet – ledig,
Mann – Frau). Komplementarität schafft man auch mit der Negation (z. B. Eva ist im Mai
geboren. – Eva ist nicht im Mai geboren.)
Während bei der Konversion 1 derselbe Sachverhalt aus zwei Perspektiven gesehen
wird (z. B. kaufen – verkaufen), werden bei der Konversion 2 zwei gegensätzliche
Sachverhalte aus einer identischen Perspektive gesehen.
Das Hyponym (Unterbegriff) impliziert das Hyperonym (Oberbegriff), z. B.
Linguistin – Wissenschaftlerin.

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