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Campus Die Letzte Journal Die Zeitung der Universität Zürich Nr. 5, Oktober 2010

STIMMT ES, DASS… AUF DEN PUNKT GEBRACHT

... Schlafgewohnheiten und Schlafqualität «Herr Sarrazin hat die Wissen-


schaft missverstanden.»
Marianne Sommer, SNF-Förderungsprofessorin

sich im Laufe des Lebens ändern? an der Forschungsstelle für Sozial- und Wirt-
schaftsgeschichte, zu Thilo Sarrazins Aussage,
alle Juden teilten ein bestimmtes Gen. Quelle:
www.uzh.ch/news, 7. Oktober.

Inge Strauch stimmen. Die späteren Bettzeiten sind zu- nächst als erschwertes Einschlafen, wäh- «Wenn ich weg bin, bin ich weg
Ja, in unserer Langzeitstudie, die 33 Jahre dem verbunden mit einer steigenden Ten- rend nächtliches Aufwachen erst ab dem und wenn ich da bin, bin ich
umspannt, zeigt sich deutlich ein solcher denz, abends besonders munter zu sein. dritten Lebensjahrzehnt zunimmt. ganz da.»
Wandel von der späten Kindheit bis ins Er- Gelegentliche Einschlafprobleme gibt es Daria Pezzoli-Olgiati, Professorin für Religions-
wachsenenalter: In der Pubertät verkürzt Wunsch nach mehr Schlaf in allen Entwicklungsphasen, aber sie ver- wissenschaft und Mutter zweier Kinder, in einem
sich die Schlafdauer, und mit dem Älter- Im dritten Lebensjahrzehnt gehen die jun- festigen sich im Jugendalter noch nicht, Podiumsgespräch zur Frage, wie es ihr gelinge,
werden nimmt die Schlafqualität ab, weil gen Erwachsenen vor Arbeitstagen ge- sondern treten meistens sporadisch auf. Kinderbetreuung und Beruf zu vereinbaren.
Quelle: www.uzh.ch/news, 1. Oktober.
Schlafunterbrechungen zunehmen. wöhnlich gegen 23 Uhr schlafen, an Wo- Wenn sie auftreten, dann stehen sie aller-
Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jah- chenenden eine Stunde später. Die dings in deutlichem Zusammenhang mit
ren haben noch einen optimalen Ausgleich Schlafdauer beträgt jetzt 7.5 Stunden, an psychischer Anspannung und unregelmä- «Dem Vergessen wird in der
zwischen Wachen und Schlaf. Sie werden Wochenenden gut eine Stunde länger. Im- ssigen Schlafgewohnheiten. Aus den indi- Geschichtsschreibung viel zu
mehrheitlich von den Eltern zwischen 20 mer noch wünschen sich die meisten von viduellen Verläufen ist zu ersehen, dass ein
wenig Bedeutung zugemessen.
und 21 Uhr ins Bett geschickt, sie schlafen ihnen mehr Schlaf, aber die Anzahl derjeni- labiler Schlaf in jungen Jahren durchaus
leicht ein, und wenn sie gegen 7 Uhr aufste- gen, die genügend lange schlafen, hat zuge- das Risiko seiner Fortdauer erhöht. Der
Wenn bisher vom Vergessen die
hen müssen, fühlen sie sich nach zehn Stun- nommen, was für eine bessere Regulation Schlaf kann sich im späteren Alter aber Rede war, dann im moralisch
den Schlaf ausgeruht und munter. des Schlafverhaltens spricht. Noch stärker auch verbessern. abwertenden Sinn. Dabei wurde
als im Jugendalter ist die Tendenz ausge- ausgeblendet, dass es ohne Ver-
Morgens müde, abends wach prägt, am Abend besonders aktiv zu sein. Eulen und Lerchen gessen gar nicht geht.»
Vom 16. Lebensjahr an, wenn die Heran- Im fünften Lebensjahrzehnt hat sich die Bei allen Schlafmerkmalen zeigte sich in- Gerald Schwedler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
wachsenden zunehmend selbst entschei- Schlafdauer im Alltag nochmals verkürzt. nerhalb einer Befragung eine beträchtliche am Historischen Seminar, anlässlich der Tagung
den können, wann sie schlafen gehen, lie- Jetzt stehen die Frauen und Männer eine Spannweite. Die Wahl der Bettzeiten vari- «Damnatio in memoria» an der UZH. Quelle:
gen die Zeiten des Zubettgehens zwischen halbe Stunde früher auf und schlafen wäh- iert, Einschlafgewohnheiten sind vielfältig, www.uzh.ch/news, 22. September.
22 und 23 Uhr und an Wochenenden durch- rend der Woche nur noch knapp sieben es gibt Lang- und Kurzschläfer, Eulen und
schnittlich zwei Stunden später. Da die Ju- Stunden. Vor freien Tagen liegt die Schlaf- Lerchen sowie robuste und empfindliche
gendlichen an Schultagen zwischen 6 und 7 dauer bei acht Stunden und entspricht der Schläfer. Darüber hinaus sind diese Schlaf-
ZUGABE!
Uhr aufstehen müssen, hat sich ihre Schlaf- gewünschten Schlafzeit. Im Alltag hinge- merkmale auch individuell nicht konstant,
dauer auf 7,5 bis 8 Stunden verkürzt. Nur gen schlafen sie nur so viel wie mindestens sondern können sich im Laufe der Jahre in Thomas Poppenwimmer
an Wochenenden und in den Ferien schla-
fen sie rund zwei Stunden länger.
nötig, wobei ihre mehrheitliche Müdigkeit
am Morgen darauf hinweist, dass ein
Zusammenhang mit den jeweiligen Le-
bensumständen verändern. Sofa
Die kürzere Schlafdauer während der Schlafdefizit besteht. Insgesamt gesehen «Wir sollten endlich wieder mal etwas
Woche geht eindeutig mit einem Schlafdefi- sind die Bettzeiten während der Woche re- unternehmen.» Meine Herzdame setzt
zit einher, was sich an längeren Anlaufzei- gelmässiger geworden, was wohl in Zusam- Inge Strauch ist emeritierte Professorin der klini- sich neben mich und unseren Kater
ten und Morgenmüdigkeit zeigt. Offen- menhang mit den festen Verpflichtungen in schen Psychologie. Literaturhinweis: Inge aufs Sofa. «Wie wär’s mit Kino? Der
sichtlich fällt es vielen Jugendlichen schwer, Familie und Beruf gesehen werden muss. Strauch: Schlafgewohnheiten und Schlafqualität letzte Film, den wir gesehen haben, war
ihren Wunsch, länger auf zu bleiben, mit Schlafprobleme treten in jedem Alter auf von der späten Kindheit bis ins Erwachsenen- ‹Titanic›!»
dem Bedürfnis nach genügend Schlaf abzu- und äussern sich in der späten Kindheit zu- alter. Schattauer Verlag, Stuttgart 2010. Das ist zwar leicht übertrieben, aber
ich muss reagieren: «Es laufen nur Ac-
tionfilme in 3-D oder ein moderner Hei-
matfilm mit schlechten Kritiken.»
Doch so leicht gibt meine Kulturbe-
DAS UNIDING NR. 27: «GEHEGE» auftragte nicht auf. «Oder ins Theater?»
«Das ist entweder langweilig oder kin-

Tierische Kunst mit alpiner Tarnkappe disch», erwidere ich skeptisch. «Martha-
ler ist schon lange nicht mehr hier und
Schlingensief ist gestorben», erfasst
meine Herzdame meine Bedenken.
Sascha Renner «Und wie wär’s mit einem Konzert?»
Eine idyllische Berglandschaft. Alles so, Auch dagegen habe ich Argumente:
wie es sein soll. Kantige Felsen fügen sich «Zu laut, zu voll und neulich habe ich
zu einem imposanten Massiv; Kräutlein, gelesen, dass du nach einer Rauch-
Moose, Flechten und Enziane umschmie- pause draussen nicht mehr ins Konzert
gen es. Natürlich ist hier aber kein einziger hineinkommst.» Letzteres ist für meine
Grashalm. Das Werk des Schweizer Künst- Herzdame überzeugend.
lerduos Monica Studer und Christoph van Um meinem Image als Dauernörgler
den Berg, ein digitales Trompe-l'oeil, wurde etwas entgegenzuwirken, ist es nun an
komplett am Computer erschaffen. Jede der Zeit für einen eigenen Vorschlag:
Felsspalte, jede Blume, jeder Grasbüschel «Wir könnten doch wieder mal fein es-
wurde im Programm einzeln als Form kon- sen gehen!» «Gute Idee, aber wir haben
struiert und auf 138 Stahlblech-Polygonen grad gegessen. Ausserdem ist in Res-
platziert. Entstanden ist so ein über 15 Me- taurants gehen das Einzige, was wir
ter langer und 4 Meter hoher Brocken. noch unternehmen», entgegnet meine
Die jüngste Kunst-am-Bau-Arbeit der Pragmatikerin.
UZH steht im neu eingeweihten Tierspital, Inzwischen ist eine Stunde vergan-
nennt sich «Gehege», und ist hinter einer gen. «Ich hol’ mir Chips und ein Glas
Glaswand installiert. Aber welches Tier ist Wein. Willst du auch was?» «Einen
oder war denn hier Mieter? Keine Ahnung. Whisky bitte.» So bleiben wir auch die-
Digitale Modelle von Wirklichkeit, beson- sen Abend gemütlich auf dem Sofa sit-
ders von Landschaften und Orten, sind die zen, streicheln den Kater und lesen uns
Spezialität von Studer / van den Berg. Darin gegenseitig aus der Zeitung vor, was
Bild zVg

wohnen einzig Geschichten, Bilder und gestern an Kulturellem in unserer Stadt


Vorstellungen – im «Gehege» solche über ablief.
Natur, Tierhaltung, Domestizierung. Hier wird Natur gemacht: Aufbau der Arbeit «Gehege» von Studer/van den Berg in der Kleintierklinik.

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