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Das Deutsche Kaiserreich Und Der Erste Weltkrieg - BPB
Das Deutsche Kaiserreich Und Der Erste Weltkrieg - BPB
URL: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/kaiserreich/138902/einfuehrung
Pfad: Geschichte / Deutsche Geschichte / Deutsches Kaiserreich / Einführung
Wolfgang Kruse
Apl. Prof. Dr. Wolfgang Kruse, geb. 1957, ist Akademischer Oberrat
und außerplanmäßiger Professor im Arbeitsbereich Neuere
Deutsche und Europäische Geschichte am Historischen Institut der
Fernuniversität Hagen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten
gehören die Geschichte des Ersten Weltkriegs, die Geschichte der
Französischen Revolution, Geschichte der deutschen und
internationalen Arbeiterbewegung und die Geschichte des
politischen Totenkults. Von Kruse ist u.a. erschienen: Wolfgang
Kruse: Der Erste Weltkrieg, Darmstadt 2009 (Geschichte Kompakt
der WBG).
Das Deutsche Kaiserreich von 1871 bis 1918 hat in der Geschichtswissenschaft immer wieder eine herausgehobene Rolle
gespielt. Lange wurde es als Höhepunkt, ja sogar als eine Art Vollendung der deutschen Nationalgeschichte betrachtet, die im
"Reichsgründer" Otto v. Bismarck ihre Personalisierung fand. Grundlegend geändert hat sich diese Sichtweise erst seit den
1970er Jahren, als eine jüngere Generation von Historikern begann, die neuere deutsche Geschichte nicht nur der Weimarer
Republik als Vorgeschichte des Nationalsozialismus zu betrachten und betont kritisch zu untersuchen. Das wohl
ein ussreichste und zugleich am meisten diskutierte historische Werk dieser Zeit war Hans-Ulrich Wehlers "Das Deutsche
Kaiserreich". Erstmals 1973 erschienen, wurde "Wehlers Kaiserreich" für lange Jahre zum zentralen Bezugspunkt fast aller
Untersuchungen und Auseinandersetzungen über die deutsche Geschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
In den Mittelpunkt rückte das Deutsche Kaiserreich von 1871. Dabei schien es sich nicht nur um eine "verspätete Nation"
(Helmut Plessner) zu handeln. Herausgearbeitet wurde vor allem der obrigkeitsstaatliche, militaristische Charakter des
Kaiserreichs, dessen Fürsten- und Adelsherrschaft in einem eklatanten Widerspruch zu den dynamischen Basisprozessen
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einer sich rapide industrialisierenden und modernisierenden Gesellschaft stand. Den "alten Eliten" aus vorindustrieller Zeit
gelang es, so das Deutungsmuster, durch eine Mischung aus integrativen und manipulativen Herrschaftstechniken ihre
überkommene Herrenstellung gegen alle Modernisierungstendenzen zu verteidigen. Dieser Deutung folgend gelang es den
"alten Eliten auch", das Bürgertum als Juniorpartner zu integrieren und so die vollständige Durchsetzung eine bürgerlich-
demokratischen Gesellschaft nachhaltig zu behindern. Als Folge davon wurde eine Blockierung und Radikalisierung der
Reichspolitik sowie eine Deformation der politischen Kultur des Kaiserreichs festgestellt, die nicht nur in den Ersten Weltkrieg
und zum Untergang des Kaiserreichs geführt, sondern auch den Aufbau einer demokratischen Staats- und
Gesellschaftsordnung nach 1918 nachhaltig behindert habe.
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Die weiteren Diskussionen und Forschungen zum Kaiserreich haben sich vor allem auf die Rolle des Bürgertums konzentriert.
Dabei wurde deutlich, dass das deutsche Bürgertum vor allem im kulturellen, aber auch im gesellschaftlichen Bereich
tatsächlich eine enorme Gestaltungskraft entwickeln konnte, während seinem politischen Ein uss doch deutliche Grenzen
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gesetzt blieben. Weitere sozial- und kulturgeschichtliche Forschungen haben ferner die enorme Modernisierungsdynamik der
Gesellschaft um die Jahrhundertwende aufgezeigt, die das wilhelminische Kaiserreich in mancher Hinsicht näher an die
Weimarer Moderne heranrückt als an seine Gründerjahre. Schließlich ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der
Geschichtswissenschaft getreten, wie sehr das Kaiserreich in eine umfassende Globalisierung eingebunden war, an ihr
teilhatte und von ihr geprägt wurde. Dabei geht es keineswegs allein um die seit den 1880er Jahren betriebene Kolonialpolitik
und den imperialistischen Anspruch auf einen "Platz an der Sonne", sondern um vielfältige ökonomische, soziale, kulturelle und
politische Ver echtungen und Austauschverhältnisse mit großen Teilen der Welt. An ihrem vorläu gen Ende stand allerdings
keine friedliche globalisierte Zukunft, sondern ein globaler Krieg.
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Zum Kaiserreich:
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Die Texte werden nicht nur durch Literaturhinweise ergänzt, sondern auch durch ausgewählte Quellen, die der Vertiefung und
Veranschaulichung dienen sollen. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Quellengattungen: Neben zeitgenössischem
Schrifttum, das in der Regel auf wesentliche Passagen hin gekürzt wurde, nden sich Statistiken, Tabellen und Graphiken.
Für dieses einleitende Texte wurden allerdings für die Dokumentation keine Quellen, sondern grundlegende wissenschaftliche
Texte ausgewählt, in denen sich die Entwicklung des Bildes vom Kaiserreich in der neueren historischen Forschung spiegelt.
Einführende Literatur
A. Einführungen und Darstellungen zur Geschichte des Kaiserreichs
Berghahn, Volker R.: Das Kaiserreich 1871-1918. Industriegesellschaft, bürgerliche Kultur und autoritärer Staat, Stuttgart 2003
(Gebhard Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 16)
Conrad, Sebastian u. Jürgen Osterhammel (Hg.), Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871-1914, Göttingen
2004
Mommsen, Wolfgang J: Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reichs
unter Otto v. Bismarck 1850-1890, Berlin 1993
Ders.: Bürgerstolz und Weltmachtstreben. Deutschland unter Wilhelm II. 1890-1918, Berlin 1995
Müller, Sven Oliver u. Cornelius Torp (Hg.): Das deutsche Kaiserreich in der Kontroverse, Göttingen 2009
Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. I: Arbeitswelt und Bürgergeist, München 1990
Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. II: Machtstaat vor der Demokratie, München 1992
Ullrich, Volker: Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Niedergang des deutschen Kaiserreichs 1871-1918, Frankf./M. 1997
Ders., Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3: Von der "deutschen Doppelrevolution" bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges
1849-1914, München 1995
Blackbourn, David und Geoff Eley: Mythen deutscher Geschichte. Die gescheiterte bürgerliche Revolution von 1848, Frankf./M.
a. a. 1980
Faulenbach, Bernd: Ideologie des deutschen Weges. Die deutsche Geschichte in der Historiographie zwischen Kaiserreich und
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Grebing, Helga: Der "deutsche Sonderweg" in Europa 1806-1945. Eine Kritik, Stuttgart 1986
Chickering, Roger: Das Deutsche Reich und der Erste Weltkrieg, München 2002
Kocka, Jürgen: Klassengesellschaft im Krieg. Deutsche Sozialgeschichte 1914-1918, Frankf./M. 1988 (zuerst Göttingen 1973)
Mommsen, Wolfgang J.: Die Urkatastrophe Deutschlands. Der Erste Weltkrieg 1914-1918, Stuttgart 2002 (Gebhard Handbuch
der deutschen Geschichte, Bd. 17
D. Quellensammlungen
Bruch, Rüdiger vom u. Björn Hofmeister (Hg.): Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen, Bd. 8: Kaiserreich und Erster
Weltkrieg 1871-1918, Stuttgart 2000
Hohorst, Gerd u. a. (Hg.): Materialien zur Statistik des Kaiserreichs 1870-1914, München 1975
Ernst Johann (Hg.): Innenansicht eines Krieges. Deutsche Dokumente 1914-1918, Frankf./M. 1968
Ritter, Gerhard A. (Hg.): Das Deutsche Kaiserreich 1871-1914. Ein historisches Lesebuch, Göttingen 1975
Ders. u. Jürgen Kocka (Hg.): Deutsche Sozialgeschichte. Dokumente und Skizzen, Bd. 2: 1870-1914, München 1974
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