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Universität Mannheim

Deutsche Sprachprüfung
für den Hochschulzugang ausländischer Studienbewerber
(DSH)

Leseverstehen (Bearbeitungszeit: 60 Minuten)

Armut macht dick und krank

1 I. Vielen Kindern in Europa geht es nicht gut. Sorgen drücken sie, sie ernähren sich nicht gut
2 und sie bewegen sich zu wenig. Sogar in einem reichen Land wie Deutschland sind mehr als
3 zwei Millionen Kinder einem „erhöhten Armutsrisiko“ ausgesetzt, weil sie in Haushalten
4 leben, denen weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung
5 stehen. Jedes siebte Kind ist in Deutschland von Hartz IV abhängig. Für ihre Gesundheit und
6 ihr Wohlbefinden hat das massive Folgen.
7 Wie sehr Krankheitsrisiken und Lebenserwartung vom Einkommen und der Ausbildung
8 abhängen, zeigt eine der bisher größten Studien zur Kindergesundheit in Europa. Mehr als
9 16000 Kinder im Alter zwischen zwei und zehn Jahren aus acht Ländern nahmen daran teil.
10 Der Großteil von ihnen wurde noch mehrere Jahre weiter beobachtet, bis sie zwischen neun
11 und siebzehn Jahre alt waren. Auf diese Weise konnte der Einfluss der Familie und des
12 sozialen Umfelds auf ihr Gesundheitsverhalten genauer analysiert werden.

13 II. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen wie auch den sozialen Schichten
14 sind enorm. Während im sozial benachteiligten Süditalien etwa 40 Prozent der Kinder unter
15 zehn Jahren übergewichtig oder gar fettleibig sind, beträgt der Anteil im vergleichsweise
16 wohlhabenden Belgien weniger als zehn Prozent. Mädchen sind häufiger dick als Jungen. In
17 allen Ländern zeigt sich ein Gewichtsunterschied, der stark von der sozialen Klasse abhängig
18 ist. Während in Deutschland etwa 14 Prozent der Kinder in der höchsten Einkommens- und
19 Bildungsschicht als übergewichtig gelten, beträgt der Anteil der dicken Kinder in den weniger
20 wohlhabenden Schichten hingegen ungefähr 25 Prozent.
21 Kinder aus benachteiligten Familien müssen mehr Unterstützung und Extraanstrengungen
22 durch die Politik erhalten, denn sie schneiden in vielen gesundheitlichen Aspekten schlechter
23 ab. Den Betroffenen und ihren Familien gelingt es nicht, die Kindergesundheit zu verbessern
24 und beispielsweise das Übergewicht anzugehen.
25 So zeigen weitere Beobachtungen der Forscher, dass aus sozial benachteiligten Familien mit
26 etwa 20 Prozent doppelt so viele Kinder in der Zeit vom Grundschul- bis zum Jugendalter
27 dick werden wie in der wohlhabenden Schicht, in der nur etwa zehn Prozent stark an
28 Gewicht zulegen.

29 III. Es sind offenbar das soziale Umfeld und die dort erlebten prägenden
30 Lebensgewohnheiten, zu wenig Bewegung und ungesunde Ernährung, die dazu beitragen,
31 dass manche Kinder dick werden – und andere nicht.
32 Der Versuch, mit Präventionsprogrammen das Gesundheitsverhalten von Kindern zu
33 verbessern, schlug leider weitgehend fehl. Obwohl die Wissenschaftler Lehrer schulten, wie
34 sie „Gesundheitsbotschaften“ in den Unterricht integrieren können, und obwohl sie
35 Informationsveranstaltungen für Eltern ausrichteten, Broschüren verteilten und im
36 schulischen Umfeld zu mehr Bewegung anregten, waren die Auswirkungen auf die
37 Gesundheit der Kinder, ihre körperliche Aktivität und Ernährung nur gering. Immerhin zeigte
38 sich, dass Eltern wie Kinder nach fünf Jahren etwas weniger gesüßte Speisen und Getränke
39 zu sich nahmen.
40 Europaweit lässt sich feststellen, dass Kinder zu oft und zu viel energiereiche Nahrung zu sich
41 nehmen, das heißt zu süß und zu fett essen und zu häufig zu Fast Food und Fertiggerichten
42 greifen. Aber auch hier zeigen sich die sozialen Unterschiede: Wer weniger verdient und
43 schlechter ausgebildet ist, greift eher zu Pommes, Fertigpizza, Dosennahrung und anderen
44 kalorienreichen Lebensmitteln. Die Eltern sind dabei das natürliche Rollenmodell für die
45 Kinder. Wenn zum Beispiel beide Eltern sich zuckerreich ernähren und Softdrinks und
46 Limonaden auf dem Tisch stehen, ist es dreimal so wahrscheinlich, dass die Kinder auch zu
47 einer süßen Ernährung neigen.
48 Eine der Gesundheit schadende Lebensführung kann man nicht nur am Gewicht der Kinder
49 erkennen. Sind Kinder und Jugendliche dicker, schlafen sie auch oft zu wenig, was sich
50 wiederum negativ auf ihre Gesundheit auswirkt, die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt
51 und die Neigung zu Infektionen erhöht: ein Teufelskreis.

52 IV. Zudem fehlt es Kindern europaweit an Bewegung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO


53 empfiehlt ein Minimum von einer Stunde Sport oder vergleichbarer körperlicher Betätigung
54 pro Tag für Kinder, damit sie gesund und psychisch stabil bleiben. Auch das Ausmaß an Sport
55 ist stark schichtenabhängig. Denn Kindern aus benachteiligten Familien fehlt oft der Zugang
56 zu Spiel- und Fußballplätzen, zu Radwegen, Schwimmbädern oder zu Sportvereinen. Das
57 führt dazu, dass sie sich weniger bewegen als ihre Altersgenossen aus wohlhabenderen
58 Familien.

59 V. Neben Familie und sozialem Umfeld spielt auch der Medienkonsum eine Rolle für das
60 Wohlergehen der Kinder. So zeigt die Studie, dass Kinder mehr Softdrinks, Fast Food und
61 Fertigprodukte zu sich nehmen, wenn sie Werbung dafür im Fernsehen sehen. Entsprechend
62 häufiger sind sie übergewichtig. Schauen sie gar während der Mahlzeiten fern oder verfügen
63 über einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer, ist das Risiko besonders groß, dass sie
64 übergewichtig werden und sich nicht wohlfühlen.

65 VI. Der Einfluss des sozialen Umfelds ist nicht zu unterschätzen – im Guten wie im
66 Schlechten. Kinder orientieren sich sowohl mit ihrem Gewicht an Freunden und Familie als
67 auch mit dem Ausmaß körperlicher Aktivität. Ist der beste Freund dick, ist die Gefahr groß,
68 selber dick zu werden. Das gilt allerdings auch umgekehrt und lässt immerhin hoffen: Sind
69 die Freunde im Sportverein oder sonst ständig auf den Beinen, färbt das gute Vorbild
70 höchstwahrscheinlich auch ab.

805 Wörter, 5580 Zeichen ohne Leerzeichen, 71 Zeilen, aus: Süddeutsche Zeitung, 10.2.2017

Worterklärung:
Hartz IV: finanzielle Sicherung des Existenzminimums durch den Staat
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Fragen zum Text

1. Ordnen Sie bitte die folgenden Überschriften den Abschnitten I bis VI zu.
Achtung: 2 Überschriften passen nicht! 4 Punkte

a. Übergewicht durch Fastfood


b. Soziales Umfeld als entscheidender Faktor
c. Medienkonsum als Risiko
d. Studie zeigt: Gesundheit abhängig vom Einkommen
e. Großes Übergewichtsproblem in Italien
f. Orientierung am sozialen Umfeld: Chance und Risiko
g. Fehlende Bewegung
h. Einfluss der Herkunft auf das Gewicht

Überschrift
Abschnitt I

Abschnitt II

Abschnitt III

Abschnitt IV

Abschnitt V

Abschnitt VI
2. Wovon hängen die Gewichtsunterschiede bei Kindern ab? (Abschnitt II)
Ergänzen Sie sinngemäß! Sie dürfen Wörter aus dem Text benutzen. 2 Punkte

Das Risiko von Übergewicht bei Kindern steigt, wenn

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

3. Erklären Sie, welchen Einfluss die Eltern auf die Ernährung der Kinder haben!
Formulieren Sie um! 2 Punkte

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

4. Nennen Sie die Auswirkungen einer ungesunden Lebensführung auf Kinder und
Jugendliche! Sie dürfen die Wörter aus dem Text benutzen! 3 Punkte

1.__________________________________________________________________________

2.__________________________________________________________________________

3.__________________________________________________________________________

5. Fassen Sie Abschnitt IV zusammen! Formulieren Sie um! 3 Punkte

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________
6. Erläutern Sie, welche Rolle der Medienkonsum spielt! Formulieren Sie um! 3 Punkte

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

7. Was bedeutet „abfärben“ (Zeile 69/70) im Text? Kreuzen Sie an! 1 Punkt

 die eigene Farbe (unerwünscht) auf etwas anderes übertragen


 Einfluss auf jemanden/etwas ausüben
 sich negativ auf jemanden/etwas auswirken
 die Farbe verlieren

8. Welche Aussagen sind auf der Grundlage des Textes richtig, welche falsch? Wenn falsch,
bitte die richtige Aussage aus dem Text abschreiben! Sie müssen NICHT umformulieren!
2 Punkte

a. Präventionsprogramme zur Verbesserung des Gesundheitsverhaltens von Kindern waren


erfolgreich.
richtig  falsch 

Korrekt:_____________________________________________________________________

b. Freunde und Familie haben keinen großen Einfluss auf das Gewicht und das Ausmaß
körperlicher Aktivität von Kindern.
richtig  falsch 

Korrekt:_____________________________________________________________________

insgesamt: 20 Punkte
erreicht: Punkte

Datum Unterschrift des Korrektors/in


Wissenschaftssprachliche Strukturen
(Bearbeitungszeit: 30 Minuten)

I. Bitte erklären Sie aus der Wortbildung und verwenden Sie eine Präposition!
Beispiel: Krankenhaus: Haus für Kranke

1. „Konzentrationsfähigkeit“ 1 Punkt

___________________________________________________________________________

II. Verbalisieren Sie folgende präpositionale Ausdrücke bzw. nominalisieren Sie den
Nebensatz!
Beispiel: Seitdem sie geschieden ist, arbeitet sie wieder.
Seit der Scheidung arbeitet sie wieder.

1. Obwohl Wissenschaftler die Lehrer schulten, waren die Auswirkungen auf die Kinder
gering. 1 Punkt

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

III. Formen Sie das Partizipialattribut in einen Relativsatz um bzw. umgekehrt!


Beispiel: Das schreiende Kind sitzt allein im Auto.
Das Kind, das schreit, sitzt allein im Auto.

1. Kinder aus benachteiligten Familien brauchen mehr Unterstützung. 1 Punkt

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

2. Eine der Gesundheit schadende Lebensführung kann man nicht nur am Gewicht der
Kinder erkennen. 1 Punkt

___________________________________________________________________________

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IV. Ersetzen Sie das Modalverb durch einen entsprechenden Ausdruck bzw. umgekehrt!
Beispiel: Er darf an der Prüfung teilnehmen.
Es ist ihm erlaubt, an der Prüfung teilzunehmen.
1. Eine ungesunde Lebensführung kann man nicht nur am Gewicht der Kinder erkennen.
1 Punkt
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___________________________________________________________________________

2. Kinder aus benachteiligten Familien müssen mehr Unterstützung durch die Politik
erhalten. 1 Punkt

___________________________________________________________________________

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V. Formen Sie bitte Aktivsätze in Passivsätze um bzw. umgekehrt!


Beispiel: Der Hund beißt den Mann.
Der Mann wird vom Hund gebissen.
1. Der Einfluss der Familie auf ihr Gesundheitsverhalten konnte analysiert werden.
1 Punkt
___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

2. Obwohl die Wissenschaftler Lehrer schulten, waren die Auswirkungen auf die Kinder
gering. 1 Punkt

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

VI. Worauf beziehen sich „dort“ in Zeile 29 und „das“ in Zeile 56?

Es sind offenbar das soziale Umfeld und die dort erlebten prägenden Lebensgewohnheiten.
1 Punkt
Dort bezieht sich auf _________________________________________________________

Das führt dazu, dass sie sich weniger bewegen als ihre Altersgenossen aus wohlhabenderen
Familien. 1 Punkt

Das bezieht sich auf __________________________________________________________


insgesamt: 10 Punkte
erreicht: Punkte

Datum Unterschrift des Korrektors/in

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