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1 Einführung

Der Begriff Business Process Reengineering geht auf die Arbeiten von den
amerikanischen Autoren Michael Hammer und James Champy zurück. Das
Buch, das die beiden Wissenschaftler im Jahr 1993 herausbrachten, hat
das Titel „Reengineering the Corporation“ (in deutscher Übersetzung
„Business Reengineering. Die Radikalkur für das Unternehmen“), und
vertrat die These, dass Führungskräfte es nötig haben, sich neuen
Prinzipien und Einstellungen zuzuwenden und so „eine Renaissance ihrer
Unternehmen herbeiführen und sie für den Wettbewerb in einer neuen
Welt rüsten können.“ Das beschriebene Konzept steht im Gegensatz zu
den bisher bekannten und angewandten Managementtheorien und wird
als eine Revolution bezeichnet.

Im Allgemeinen soll mit Business Process Reengineering die Neugestaltung


des Unternehmens gelingen und epochale Verbesserungen erreicht
werden. Die ureigenen Unternehmenszwecke sollen weiterhin
berücksichtigt und verfolgt werden, Schwerpunkt ist es dabei die
organisatorischen und operativen Grundsätze und Abläufe auf allen
Ebenen infrage zu stellen und das Bestehende mit ganz Neuem zu
ersetzen. Angestrebt wird nicht eine Optimierung der bekannten Abläufe,
sondern ein kompletter Neubeginn – eine radikale Umgestaltung der
Unternehmensprozesse mit dem Ziel einer dramatischen
Leistungssteigerung. Deswegen wird ein fundamentales Überdenken und
Redesign der vorhandenen Strukturen gefordert, damit von vorne
angefangen werden kann. Als neuartiger Ansatz stellt Business Process
Reengineering eine Herausforderung an das Management, seine
Führungskultur und Prozesse grundlegend und insgesamt zu verbessern.

2 Ausgangslage
Ausgangslage für den Einsatz des Konzepts Business Process Reenigeering
sind die veränderten Anforderungen an die Unternehmen. Die beiden
Autoren Hammer und Champty haben drei schon bekannte Kräfte
analysiert/beobachtet, die entweder einzeln oder zusammen eintreten und
deren Entwicklungsrichtung aber beängstigend und unbekannt für die
Führungskräfte war. Diese drei Faktoren sind Kunden, Wettbewerb und
Wandel. Im folgenden Punkt wird die Entwicklung ihrer Eigenschaften
vorgestellt, das an sich auch die Rahmenbedingungen zu einer
Veränderung erklärt.

2.1 Kunden

„Die Kunden übernehmen das Kommando.“

Bedingt durch die wachsenden Kundenanforderungen hat sich seit den


frühen achtziger Jahren insgesamt einen Wandel von Verkäufer – zu
Käufermärkten vollzogen.

Die Einstellungen der Kunden (darunter Verbraucher und Unternehmen


inbegriffen) haben sich so geändert, dass Produkte und Dienstleistungen
auf besondere und individuelle Bedürfnisse und Wünsche angefertigt und
geliefert werden sollen. Diese veränderten Kaufgewohnheiten entstanden
durch die breite Angebotspalette, die den verschiedenen Ansprüchen und
Geschmäcken Geltung verschaffen hat. So wurde auch der Massenmarkt in
einzelnen, oft sehr kleinen, Segmenten unterteilt, die individuelle
Beratung, entsprechende Qualität, angemessene Lieferzeiten und
Zahlungsbedingungen erwarten.

Das bedeutete, dass Kunden nicht mehr an ein bestimmtes Produkt oder
Dienstleistung angewiesen sind, sondern sich nur das Beste für das
individuelle Nutzen und Möglichkeiten aussuchen und auch bekommen
können. Dementsprechend wurde auch das Wettbewerb auf eine ganz
neue Grundlage aufgebaut und nämlich – besser und erfolgreicher wäre
nicht derjenige, der z.B. bei der Produktion mehr Herstellungskosten spart,
sondern derjenige der sich flexibler an die Bedürfnisse der Kunden
orientieren kann und ihre Vorlieben und Anforderungen festhalten kann.

2.2 Wettbewerb

In starker Abhängigkeit mit der Entwicklung der Käufermärkte und der


immer wachsender Bedürfnisorientierung der Angebote, veränderte sich
auch der Wettbewerb. Es ging nicht mehr um die breite Angebotspalette
und die Anzahl der Konkurrenten, sondern auch auf welche
Wettbewerbsgrundlage verkauft wurde –über den Preis oder über die
Produktvielfalt oder aufgrund des Service.

Die Globalisierung und der Abbau der Handelsschranken haben noch dazu
geführt, dass die ausländische Konkurrenz z.B. aus China, Indien oder
Russland, die heimische Märkte verunsichert und der Wettbewerb noch
intensiver gemacht haben. Das Streben sich in diesem Wettbewerb
überhaupt behaupten zu können, hat auch einen enormen Anstieg der
technologischen Entwicklungen mit sich gebracht. Das hat innovativen
Unternehmen ermöglicht mit dem Einsatz der Technologie z.B. vollkommen
neue Servicetechniken zu entwerfen und damit den Kunden noch mehr
Erwartungen zu geben.

2.3 Wandel

„Wandel ist heute die


Norm.“

Durch die steigende Dynamik auf dem Wettbewerbsmarkt, durch die


verkürzten Produktlebenszyklen und die ständig fortschreitende
technische Entwicklung, hat sich laut Hammer und Champy „die Natur des
Wandels selbst gewandelt“. Dementsprechend hat sich auch die Zeit
verkürzt, die Unternehmen für Produktentwicklung und – einführung zur
Verfügung steht. Das setzt ein insgesamt schnelleres Reaktionsvermögen
und Flexibilität voraus, damit die Unternehmen nicht stagnieren und
trotzdem ihre Stabilität bewahren.

3 Grundgedanken des Business Process Reengineering

3.1 Definition

Die beiden Autoren Hammer und Champy definieren Business Process


Reengineering als:

„fundamentales Überdenken und radikales Redesign von Unternehmen


oder wesentlichen Unternehmensprozessen. Das Resultat sind
Verbesserungen um Grössenordnungen in entscheidenden, heute
wichtigen und messbaren Leistungsgrössen in den Bereichen Kosten,
Qualität, Service und Zeit.“

Die Definition enthält vier Schlüsselworte, die im Folgenden näher


betrachtet werden.

3.1.1 Schlüsselworte

Als erstes stellt das Konzept alle bisherigen Vorgaben und Annahmen
„fundamental“ in Frage. Beim Business Process Reengineering wird zuerst
festgelegt, was ein Unternehmen zu tun hat, und erst danach wird die
Vorgehensweise bestimmt. Grundlegende Fragen, auf die sich die
Unternehmensleitung konzentrieren sollte sind, ob die richtigen Dinge
getan werden (doing the right things) und ob sie auch richtig getan
werden (doing the things right).

Beim Business Process Reengineering wird nichts mehr als


selbstverständlich genommen, sondern es wird „einen klaren
Trennungsstrich zur Vergangenheit“ gezogen. Es wird „radikal“
vorgegangen, indem grundlegende Veränderungen vorgenommen werden
und alles was die bisherige Organisation gemacht hat, bewusst ignoriert
wird. Eine völlige Neugestaltung des Unternehmens und das komplette
Lösen von alten Strukturen sind das Ziel.

Unter dem dritten Schlüsselwort – „Veränderungen um


Grössenordnungen“, sind, auch im Sinne von radikalen und fundamentalen
Veränderungen, solche Verbesserungen gemeint, die Spitzenleistungen
und „Quantensprünge“ versprechen. Dafür ist die Zerstörung des Alten
notwendig, damit der Aufbruch und die Erneuerung möglich werden.

Damit Veränderungen in diesem Aussmass überhaupt möglich werden, ist


wichtig die Aufmerksamkeit nicht einfach auf einzelne Aufgaben,
Positionen, Mitarbeiter und Strukturen zu richten, sondern auf die
kompletten „Unternehmensprozesse“. Darunter ist ein „Bündel von
Aktivitäten, für das ein oder mehrere unterschiedliche Inputs benötigt
werden und das für den Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugt“. Bei einem
Unternehmensprozess gibt es also einen fest definierten Beginn in Sinne
von Output (Materialien) und ein fest definiertes Ende- das Output
(Produkt und/oder Dienstleistung). Die Prozesse sollen eine Abkehr von der
aufbauorganisatorischen und Hinwendung zur ablauforganisatorischen
Orientierung bewirken. Die Ablauforientierung ist wiederum auf die
Befriedigung von Kundenwünschen ausgerichtet. Im Mittelpunkt der
Optimierung von Geschäftsprozessen steht die systematische Eliminierung
von Aktivitäten, die keinen Wert oder Kundennutzen stiften. Beim Business
Process Reengineering wird somit durch eine Aufspaltung funktionaler
Prozessaktivitäten und deren Zusammenführung zu sich ergänzenden
Prozessketten ein „neues Unternehmen“ geschaffen.

3.2 Abgrenzung von anderen Reorganisationsmassnahmen

„Was Business Reengineering nicht


bedeutet“

Es gibt in der Literatur eine Anzahl von Reorganisationsmassnahmen, die


unter der Bezeichnung „Reengineering“ zusammengefasst werden. Aus
diesem Grund bieten die beiden Autoren Hammer und Champy eine klare
Differenzierung an.

Demnach sollte das Konzept nicht mit Rationalisierung, Restrukturierung


oder „Downsizing“ verwechselt werden. Solche Massnahmen haben als
Grundlage, die Idee eines Kapazitätsabbaus meistens als Reaktion auf
einen Nachfragerückgang, was in der Praxis so umgesetzt wird, dass mit
weniger auch weniger hergestellt wird.

Business Process Reengineering ist auch klar zu unterscheiden von dem


Ansatz Total Quality Management (TQM), der auf kontinuierlichen,
inkrementellen Verbesserungen zielt.

Business Process Reengineering bedeutet im Allgemeinen einen neuen


Anfang und hat als Schwerpunkt die Suche nach neuen Modellen für die
Arbeitsorganisation und Neugestaltung der Unternehmensprozesse.

3.3 Merkmale des Konzepts Business Process Reengineering

Nach dem Business Process Reengineering unterscheiden sich


Unternehmensprozesse grundlegend von den bisher bekannten Prozessen
(sieh. 3.1.1). Es gibt keine genaue Vorgabe, wie so ein neugestalteter
Unternehmensprozess aussehen soll, aufgrund von Praxisbeobachtungen
lassen sich aber einige charakteristische, wiederkehrende Merkmale
beschreiben.

3.3.1 Konzentration auf Kernkompetenzen

Unter Kernkompetenzen sind diejenigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und


Technologien aufzufassen, die ein Unternehmen von den meisten anderen
Unternehmen unterscheiden. Kernkompetenzen sind das Faktor, das die
Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens ausmacht und ihm einen
Qualitätsvorsprung verschafft. Das hängt mit der Tatsache zusammen,
dass solche Fähigkeiten einen eindeutig erkennbaren Nutzen für den
Kunden darstellen.
Business Process Reengineering zielt darauf ab, solche Kompetenzen zu
identifizieren, indem folgende Kriterien in Bezug genommen werden.
Kernkompetenzen sind:

▪ relativ schwer von der Konkurrenz zu imitieren,

▪ schwer substituierbar,

▪ auf neue Produkte und Märkte übertragbar und

▪ stiften wahrnehmbar Vorzüge des Endprodukts für den Kunden, was


geschätzt und honoriert wird.

3.3.2 Prozessorientierung

Business Process Reengineering zielt darauf ab, die Prozesse zwischen


Beschaffungs- und Absatzmarkt möglichst ohne Schnittstellen zu
gestalten. Durch das Lösen von bekannten und erstarrten Strukturen
sollen fliessende Prozesse realisiert werden, die stärker auf die Kunden
ausgerichtet sind, Prozesse, die ein „Fenster zum Kunden“ schaffen. Die
Möglichkeit der Rückkopplung seitens des Kunden soll damit auch
ermöglicht werden. In diesem Sinne zeigt sich eine deutliche Abwendung
von den Ideen des Taylorismus, der eine ausgeprägte Arbeits- und
Aufgabenteilung proklamierte. Stattdessen steht eine ganzheitliche,
integrative Betrachtung der Wertschöpfungskette im Vordergrund.

Als Folge ist einen Vorrang der Prozesse über die Unternehmensstruktur
offenbar, indem eine Organisation in der Form gestaltet ist, dass sie zur
Implementierung anfangs dargelegter Strategien („structure follows
strategy“) passend aufgeht.

3.3.3 Kunden- und Serviceorientierung


Jedes Reengineering- Projekt hat das Ziel, die Kundenzufriedenheit und
Service zu erhöhen. Dementsprechend werden alle Massnahmen des
Unternehmens an die Bedürfnisse und Probleme des Kunden ausgerichtet.
Dazu gehört eine vertrauensvolle Kommunikation, damit mögliche
Störungen beseitigt und die Kundenwünsche exakt analysiert werden
können. Die Einhaltung von Terminzusagen, sowie ein professionelles
Beschwerdenmanagement und ein freundliches Auftreten und leichte
Erreichbarkeit der Mitarbeiter sind Voraussetzung für die Befestigung des
positiven Eindrucks.

Erfolgreich sind also nur diejenigen Business Process Reengineering -


Massnahmen, von denen sowohl externe als auch interne Kundengruppen
für sich einen Nutzen einsehen und entziehen können. Alle anderen
Tätigkeiten sind im Sinne des Konzepts zu eliminieren.

3.3.4 Business Process Reengineering als eine


„Bombenwurfstrategie“

Business Process Reengineering verläuft in der Praxis so, dass die


Veränderungen von der oberen Führungsschicht ausgearbeitet und bis zur
schlagartigen Implementation geheim gehalten werden. Das ist dadurch
zu erklären, dass nur der sogenannte Leader genug Einfluss und Autorität
besitzt, um das Team zu überzeugen, den radikalen Bruch zu akzeptieren.
Zwecks Konfliktvermeidung werden Mitarbeiter ausgeschlossen und nur
Manager der obersten Führungsregie nehmen an die Planung des Projekts
teil. Die vollendeten Tatsachen werden dann vorgestellt und unwiderruflich
in Kraft gesetzt, in diesem Sinne ist BPR eine typische top - down
Strategie.

Der Erfolg hängt von dem Überraschungseffekt ab und der Fähigkeit des
Managements, die entstehenden Reibungsverluste und Widerstände zu
brechen.

3.3.5 Die Rolle der Informationstechnologie bei BRP


Moderne Informationstechnologie, die dem neusten Stand der Technik
entspricht, ist ein zentraler Träger jedes BPR- Projekts. Die Kraft der
Technologie sollte aber nicht in der Verbesserung alter Prozesse eingesetzt
werden, sondern als Anknüpfungspunkt für komplett innovative Prozesse
im Rahmen einer einschneidenden Neuerung. Computer können eine
wichtige Hilfe bei der Neugestaltung von Geschäftsprozessengeben, auch
wenn es bislang nur begrenzt möglich war, komplexe Abläufe in allen ihren
Komponenten und Elementen (Funktionen, Daten, Organisation und
Ereignissteuerung) mittels Informationsverarbeitung zu strukturieren.
Voraussetzung war eine spezielle, dem eigenen Unternehmen und seinem
Reengineering-Projekt zugeschnittene Software-Entwicklung, die auch in
den letzten Jahren tatsächlich entwickelt wurde. Die geschaffenen
Werkzeuge können Reengineering – Massnahmen in einem
Simulationsmodell in Bezug auf ihren Einfluss auf Zielgrössen sowie die
Vereinfachung und Verkürzung von Abläufen durchschaubar gemacht
werden. Unter dem Einsatz solcher Programme lassen sich
Geschäftsprozesse am Laptop modellieren, analysieren, bewerten und neu
konzipieren. Der Nutzen solcher Informationstechnologie ist doppelt –
erstens wird die Basis der Steuerung und Kontrolle reorganisierter
Geschäftsporzesse einfacher und zweitens kann die Technologie selber als
Instrument im Reengineering genutzt werden.

Entscheidendes Kriterium für den Einsatz solcher Programme ist natürlich


die Frage, ob die EDV es ermöglicht die menschliche Kommunikation im
Unternehmen wirklich sinnvoll zu unterstützen.

4 Verlauf eines BPR – Projekts

4.1 Prozessmanagement und Beteiligte daran

BPR hat das Ziel, die Wertschöpfungskette neu zu gestalten, indem


erstmal alle Geschäftsprozesse in Frage gestellt werden. Um dramatische
Verbesserungen in Quantensprünge zu erzielen, ist dies notwendig, da
ansonsten eine radikale Reorganisation und Neugestaltung nicht zu
erreichen ist. Notwendig ist der Perspektivenwechsel, in dessen Zentrum
der Begriff des Prozesses und seines Managements steht. Das
Prozessmanagement, das horizontal am Ablauf der Geschäftsprozesse
ausgerichtet ist, bildet den eigentlichen Kern des BPR: „Man versteht
darunter eine kundenorientierte Führungsanstrengung, um Durchbrüche in
der Leistung funktionsübergreifendes Geschäftsprozesse zu erzielen.“
Unter Geschäftprozess sind alle Tätigkeiten, mit denen ein Produkt oder
eine Dienstleistung bereitgestellt werden, gemeint.

Natürlich müssen beim Prozessmanagement auch die strategischen Ziele


des Unternehmens berücksichtigt werden, damit klare Entscheidungen
getroffen und klare Aufgabenaufteilung erarbeitet werden können. Eine
gut überdachte Zusammensetzung des Reengineering – Teams sollte auch
wesentlich zum Erfolg beitragen. Der Auftrag so eines Projekts bekommen
im Regelfall der sogenannte Leader – das ist eine Person aus dem obersten
Management, die genügend Autorität und Einfluss besitzt, um überzeugen
und motivieren zu können. Der Process Owner hat die
Entscheidungskompetenz und –verantwortung für einen bestimmten
Unternehmensprozess. Ihm untersteht das Reengineering Team, das die
Aufgabe hat, alte Prozesse zu analysieren und Schwachstellen zu finden
und die neuen Prozesse detailliert zu gestalten und umzusetzen.

Der Reengineering Zar ist die Schnittstelle zwischen dem Team und soll es
dabei alle laufenden Aktivitäten unterstützen, kontrollieren und
koordinieren.

Am BPR- Projekt könnte auch der sogennante Lenkungsausschuss beteiligt


sein, der aus Führungskräften besteht und alle Grundsatzentscheidungen
trifft.

Meistens verlaufen BPR- Projekte mit dem Einsatz eines externen Beraters,
der auch aktiv mitarbeitet und das Projekt in jedem Aspekt unterstützt,
meistens durch Workshops, Coachen der Führungskräfte, Teamtrainings
etc.
4.2 Die fünf Phasen des BPR

Das Reengineering von Unternehmensprozessen verläuft als top- down


initiierter Prozess meistens in fünf Phasen, auf deren Schwerpunkte im
Folgenden eingegangen wird.

In der Voruntersuchungsphase werden die wichtigsten Geschäftsprozesse


identifiziert und die Ablauforganisation analysiert. Die Bereitschaft des
Unternehmens, sich auf umfangreiche Veränderungen einzulassen, ist in
dieser Phase ebenso abzuklären. Es müssen vom Hintergrund der
Ausgangssituation, die neuen Vorstellungen über Marktstellung und
Leitbild erarbeitet werden.

Bei der Prozessanalyse sollen die Geschäftsprozesse anhand quantitativen


und qualitativen Daten bewertet werden, um darüber aufgeklärt zu sein,
inwieweit die angestrebten Vorstellungen und Zielsetzungen mit der
bestehenden Organisationsform vereinbar sind. Falls es sinnvoll erscheint,
wird auch ein internes oder externes Benchmarking durchgeführt, um den
Handlungsbedarf zu konkretisieren. Diese Phase endet mit dem Entwurf
eines ersten Prozessdesigns ab.

In der Restrukturierungsphase werden die vorhandenen Prozesse und


Teilprozesse in ein Prozessmodell, das sämtliche Kernprozesse und
unterstützende Abläufe abbildet, eingebettet. Neue Abläufe werden
entwickelt und strukturiert und die eigentliche Prozessneugestaltung
erfolgt. Oftmals findet eine rechnergestützte Simulation des
Prozessmodells statt. Als Ergebnis soll eine möglichst detaillierte
Beschreibung des angestrebten Modells zusammengestellt werden, die im
Umfang von ca. 50 Seiten Information über die Annahmen des Teams, die
einzusetzende Technik, über alle organisatorische und
personalwirtschaftliche Massnahmen, die Erfolgsparameter und auch
kritische Erfolgsfaktoren, geben sollte. Zum Schluss dieser Phasen werden
die Prozessverantwortlichen festgelegt.

In der Reorganisationsphase wird der Umsetzungsplan erarbeitet und die


Veränderungen sollen realisiert werden.
Das Reengineering- Prozess endet mit der Reflexionsphase, in der
kontinuierliche Verbesserungen in Bezug auf die Veränderungen zu
bestimmten sind.

Gegebenenfalls findet auch eine sechste Phase statt, in der weitere


Reengineering- Projekte erarbeitet werden.

4.3 Einsatz von BPR - Massnahmen in der Praxis

Das Konzept BPR und seine Idee durch radikale Umgestaltung der
Unternehmensprozesse eine dramatische Leistungssteigerung zu bewirken
gewann seit der 90er Jahre an Popularität und Beachtung.

Obwohl am Anfang das Konzept als eine „vorübergehende


Organisationsmode“ bezeichnet wurde, wurde diese Annahme durch die
Einsicht ersetzt, dass der Einsatz von BPR oft auch als
Überlebensmöglichkeit notwendig war. Positiv hat sich herausgestellt, dass
sich durch die Veränderungen in der Umwelt das Bewusstsein für die
Bedeutung von Geschäftsprozessen geschärft hat und genau BPR Anstoss
für das Neue gab. Als besonders geeignet hat sich deswegen BPR für
solche Unternehmen erwiesen, unabhängig von der Branche und Grösse,
die:

▪ in einer Krise sind oder

▪ in absehbarer Zeit in eine Krise kommen könnten, als auch

▪ nachhaltig die Besten sein wollen.

5 Kritikpunkte

Der erste Hauptkritikpunkt des BPR – Ansatzes bezieht sich auf die
Methodik des Reorganisationsprozesses. BPR – Projekte verlaufen nämlich
im Sinne einer Bombenwurfstrategie, die von der Unternehmensleitung
initiiert wird und unwiderruflich in Kraft gesetzt wird. Das Wissen und die
Ideen der betroffenen Mitarbeiter werden nicht berücksichtigt, weil bis zur
Implementation das ganze Projekt geheim gehalten wird. Die soziale
Dimension des Arbeitslebens wird nicht beachtet, was mit sich die Gefahr
bringt, dass so ein Konzept gegen einen erheblichen Widerstand stossen
kann und schwer akzeptiert wird. In der Mühe, alte Strukturen durch völlig
neue zu ersetzten, werden nämlich auch Werte, Einstellungen,
Arbeitsweisen und Verhaltensweisen als falsch interpretiert und auch
abgeschafft. Das bringt den Betroffenen das Gefühl, dass sie bislang alles
falsch gemacht haben und könnte als Folge eine ausbleibende
Arbeitsmotivation im neugestalteten Unternehmen oder Ängste den
eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, haben. So werden Mitarbeiter durch
einen enormen Druck gesetzt. BPR ist aus dieser Sicht mit unzureichender
Anpassung und Schulung für Mitarbeiter und somit auch mit keinen
Lernprozessen verbunden.

Durch die bewusste Nicht – Involvierung der Mitarbeiter bei der


Projektplanung können oft Schwachstellen übersehen werden, die aber vor
Ort bekannt sind.

Bezogen auf den Schwerpunkt Prozessorientierung besteht die Gefahr,


dass die Kundenorientierung im Hintergrund geraten könnte und so in die
Richtung einer reinen Rationalisierung und Optimierung gearbeitet wird.
Prozessorientierung sollte nämlich nicht zum Selbstzweck werden, sondern
immer kundenspezifisch definiert und ausgerichtet sein. In diesem Bezug
sollte die ganze Vorgehensweise immer situationsgerecht und individuell
durchdacht sein und nicht auf standardisierte Modelle beruhen. Es wird
deswegen der Einsatz professioneller Berater zur Hilfe empfohlen, die als
„Mangelware“ bezeichnet werden. Aus diesem Grund wird nicht immer
eine kompetente Unterstützung und Beratung geleistet.

Abgesehen von den genannten Kritikpunkten besteht auch die Annahme,


dass BPR stark an die amerikanischen Gegebenheiten orientiert ist und
rein kulturell im europäischen Raum nicht dementsprechend realisierbar
ist.
6 Fazit

Business Process Reengineering zeichnet sich trotz der aufgezeigten


Schwachpunkte, als eine revolutionäre Managementkonzeption, die ihre
Schwerpunkte auf Innovationen und Kreativität setzt. Das ist besonders
heute sehr wichtig – in einer Zeit, in der Unternehmen flexibel,
reaktionsschnell, wettbewerbsfähig, effizient und profitabel sein wollen,
müssen sie unbedingt die Bereitschaft sich zu ändern zeigen. Aufgrund der
wachsenden Kundenwünsche und – anforderungen ist es notwendig die
Bemühungen zu leisten, seine Zielgruppe zu kennen, auch sich radikal zu
ändern, um sich nicht einfach den Platz am Markt zu sichern, sondern den
besten Platz zu kriegen. In diesem Sinne setzt BPR seinen Schwerpunkt
nicht mehr in der Kosten- und Gewinnorientierung, sondern löst sich von
den alten Denkweisen ab, und eröffnet völlig neue Sichtweisen, wie ein
Unternehmen überhaupt arbeiten sollte. Auf jeden Fall, damit so ein
umfangreiches Konzept mit Erfolg gepriesen wird, muss es ganz genau
durchdacht und mit ganz viel Überzeugung erarbeitet werden.

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