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SAMMLUNG KURZER
GRAMMATIKEN GERMANISCHER
DIALEKTE
HERAUSGEGEBEN VON
THOMAS KLEIN, INGO R E I F F E N S T E I N
U N D H E L M U T GNEUSS
A. HAUPTREIHE N R . l
B R A U N E / H E I D E R M ANNS
GOTISCHE GRAMMATIK
MIT LESESTÜCKEN U N D WÖRTERVERZEICHNIS
VON
WILHELM BRAUNE
20. AUFLAGE
NEU BEARBEITET VON F R A N K H E I D E R M A N N S
1. Auflage 1880
2. Auflage 1882
3. Auflage 1887
4. Auflage 1895
5. Auflage 1900
6. Aiiflage 1905
7. Auflage 1909
8. Auflage 1912
9. Auflage 1920
10. Auflage 1928
11. Auflage 1939
12. Auflage 1947
bearbeitet von Karl Helm
13. Auflage 1952
14. Auflage 1953
15. Auflage 1956
16. Auflage 1961
17. Auflage 1966
bearbeitet von Ernst A. Ebbinghaus
18. Auflage 1973
19. Auflage 1981
Nach zwei Jahrzehnten ist eine Neuauflage der Gotischen Grammatik fällig
geworden; keine bisherige Ausgabe hat länger vorgehalten. Die Rezensio-
nen zu den Bearbeitungen durch meinen Vorgänger Ebbinghaus haben
nicht nur viel Lob ausgesprochen, sondern auch manch förderliche Kritik
beigesteuert. Ich lasse eine Liste der mir bekannt gewordenen Besprechun-
gen folgen. 16. Aufl.: F. G. Banta, ZDP 81 (1962), 349f.; S. Grosse, ASNSL
198 (1961/62), 391 f.; O. F. Jones, JEGP 61 (1962), 667 ff.; M. Marache,
EG 17 (1962), 181; G. Redard, Kratylos 6 (1961), 207f.; Th. Schumacher,
Germanistik 3 (1962), 208f.; St. Sonderegger, IF 68 (1963), 231 ff. -
17. Aufl.: F. J. Goergens, Orbis 17 (1968), 187ff. - 18. Aufl.: J. Udolph,
IF 80 (1975[76]), 303f. - 19. Aufl.: Anneliese Bammesberger, PBB 105
(1983), 421 ff.; A. Liberman, GL 22 (1982), 121 f.; G.Neumann, KZ 95
(1981), 312ff.; J. Udolph, IF 93 (1988), 371 f.; N.Wagner, BNF N.F. 17
(1982), 65 ff.
Ein Rezensent der 19. Auflage verkündete euphorisch: „Gotische
Grammatik has reached a stage of perfection at which stylistic improvement,
bibliographical additions, and elimination of the few factual errors are no
longer a very urgent matter". Nach gründlicher Durchsicht des Buches kann
ich diese Einschätzung nicht ganz unterschreiben. Durch die an unzähligen
Stellen angebrachten inhaltlichen und bibliographischen Einschübe haben
Übersicht und Klarheit gelitten. Andererseits fanden sich unerwartet viele
inhaltliche Lücken, Inkonsistenzen und Versehen. Da der Verlag dankens-
werterweise eine elektronische Fassung der Grammatik hergestellt hat, war
ich in die Lage versetzt, die überfallige formale Durcharbeitung anzugehen.
Ich habe mich bemüht, den Wildwuchs in den Abkürzungen zu bereinigen;
es ist einiger Aufwand getrieben worden, um die Zitierweise einerseits zu
vereinheitlichen, andererseits klarer zu gestalten. Ältere Literaturangaben,
die sich auf einzelne Wörter beziehen, habe ich meist durch Hinweise auf
Feist ersetzt, wenn sie dort auch zu finden sind. Die überwiegend noch von
Braune stammenden Hinweise auf Rezensionen konnten entfallen, da sie
auch in Mossés Bibliographie verzeichnet sind.
Der Gotischen Grammatik kommt heute eine zweifache Aufgabe zu:
Einführungsseminaren dient sie als Lehrbuch, der Forschung als Referenz-
werk. Für den ersten Zweck stehen auch andere Hilfsmittel zur Verfügung
(§ B4); es gibt aber kein weiteres Buch, das einigermaßen vollständig und
aktuell über die Diskussion und die Literatur zu den einzelnen grammati-
schen Phänomenen orientiert. Auch in anderer Hinsicht besitzt die Gotische
Grammatik eine doppelte Funktion: sie wendet sich gleichermaßen an Ger-
V
Vorwort
VI
Vorwort
VII
AUS DEM VORWORT ZUR 19. AUFLAGE
Als Wilhelm Braune vor 100 Jahren seine Gotische Grammatik veröffent-
lichte, wollte er damit dem Mangel an einer kurzen, verläßlichen Einfüh-
rung in das Bibelgotische abhelfen, die dem Studenten für Vorlesungen und
Übungen wie auch zum Selbststudium das nötige Material der Grammatik
nebst einer repräsentativen Auswahl von Texten an die Hand gebe. Unter
diesem Gesichtspunkt ist das Buch in den folgenden Auflagen von ihm
selbst (bis zur 9. Aufl. von 1920), später von Karl Helm (bis zur 15. Aufl. von
1956), und dann von mir weitergeführt worden. Braune selbst sprach im
Vorwort der ersten Auflage von einem ,Abriß', womit die Begrenzung des
Buches nicht nur im äußeren Umfang, sondern auch im Inhalt deutlich
umschrieben ist: die Einführung in das Bibelgotische ist der alleinige Zweck;
der Ausblick auf Sprachvergleichung und Sprachgeschichte, die nicht Auf-
gabe dieses Buches sind, kann nur durch Literaturnachweise in Auswahl
angedeutet werden.
In der Anlage ist das Buch seit seinem ersten Erscheinen nahezu unver-
ändert geblieben (vgl. die Vorworte zur 10. und 16. Aufl.). Hier habe ich die
alphabetisch geordnete Bibliographie zur Syntax fortfallen lassen, da sie nur
das dupliziert, was in Mossés Bibliographie in weit brauchbarerer Form
geboten wird. Der eingesparte Platz ist anderem zugute gekommen.
Inhaltlich ist das Buch von Auflage zu Auflage dem jeweiligen Stande der
Forschung folgend gründlich durchgearbeitet worden. In der vorliegenden
Auflage hat das Entgegenkommen von Herausgeber und Verleger verschie-
dene Veränderungen ermöglicht, die m. E. schon seit geraumer Zeit not-
wendig waren. Sie finden sich meist in den Kapiteln über Schrift und Laut-
lehre, doch auch anderwärts. Ganz besonders dringlich schien es mir, die
belegten von den unbelegten Formen säuberlich zu trennen; das ist gerade
im Bibelgotischen besonders wichtig, und ich habe nun (wie ich hoffe) alles
Unbelegte durch * oder [ ] gekennzeichnet [...]. Lediglich in den Paradigmen
und bei den die Klasse beschreibenden Verbbeispielen der §§ 172 ff. habe ich
aus pädagogischen Gründen davon abgesehen. Auch die Nachweise von
belegten Formen sind, wo es mir nötig schien, angeführt oder vermehrt;
hierin weiterzugehen, wie ich es mir gewünscht hätte, verbietet der Umfang
[...].
VIII
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abkürzungen der Handschriften und Texte XIII
Abkürzungen der Bibelstellen XIII
Grammatische Abkürzungen XIV
Zum Gebrauch der Symbole XV
Abgekürzt zitierte Zeitschriften und Reihen XVI
Abgekürzt zitierte Festschriften und Gedenkschriften . . . . XVIII
Abgekürzt zitierte Bücher XX
AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE (§§ B l - B l l ) XXIV
EINLEITUNG
Kapitel I. Die Goten und ihre Sprache (§§E1-E4) 3
Kapitel II. Die Quellen der gotischen Sprache (§§ E5-E20) . . . 6
LAUTLEHRE
Kapitel I. Die Schrift (§§1-2) 19
Kapitel II. Die Vokale (§§2a-26) 27
Anhang: 1 r m η (§27) 47
Kapitel III. Übersicht über den gotischen Vokalismus 48
A. Phonologisches System (§28) 48
B. Historisches System (Ablautreihen) (§§29-36) 49
Kapitel IV. Die Konsonanten (§37) 54
A. Sonoranten 54
1. Halbvokale (§§38^5) 54
2. Liquide (§§46-47) 59
3. Nasale (§§48-50) 60
B. Geräuschlaute (§50a) 61
1. Labiale (§§51-56) 62
2. Velare (§§57-68) 66
3. Dentale (§§69-78) 73
Kapitel V. Übersicht über den gotischen Konsonantismus . . . . 81
A. Phonologisches System (§78a) 81
B. Regelmäßige Lautveränderungen (§§ 79-82) 82
FLEXIONSLEHRE
Kapitel I. Deklination der Substantive 87
A. Allgemeine Vorbemerkungen 87
1. Formenbestand (§§83-85) 87
IX
Inhaltsverzeichnis
XI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
XIII
Abkürzungsverzeichnis
Grammatische Abkürzungen
a.a.O. = am angegebenen Ort
Adj. = Adjektiv
Adv. — Adverb
ae. = altenglisch
afrs. = altfriesisch
ahd. = althochdeutsch
aisl. = altisländisch
A(kk). = Akkusativ
Akt. = Aktiv
an. = anomal
A(nm). - Anmerkung
as. = altsächsisch
D(at). = Dativ
Dekl. = Deklination
dens., ders., dies. = denselben, derselbe, dieselbe
Du. = Dual
ebd. = ebenda
Ev. - Evangelium
f., Fem. — Femininum
FIN. - Flußname
Fs. = Festschrift
G(en). = Genitiv
germ. = germanisch
got. — gotisch
gr(iech). - griechisch
Gs. - Gedenkschrift
Hrsg. = Herausgeber
Hs. - Handschrift
idg. - indogermanisch
Ind. = Indikativ
Inf. — Infinitiv
Instr. = Instrumental
intrans. = intransitiv
Ipv. = Imperativ
Jh. = Jahrhundert
Kard. = Kardinalzahlwort
Kompar. = Komparativ
Kompos. = Kompositum
Konj. = Konjunktion
lat. - lateinisch
Lit. - Literatur
LN. - Ländername
m., Mask. = Maskulinum
mhd. = mittelhochdeutsch
mnl. mittelniederländisch
n., Ntr. - Neutrum
nhd. neuhochdeutsch
N(om). = Nominativ
ON. = Ortsname
XIV
Abkürzungsverzeichnis
Opt. = Optativ
Ord. = Ordinalzahlwort
Part. = Partizip
Pass. = Passiv
Perf. = Perfekt
PN. = Personenname
Präp. = Präposition
Präs. = Präsens
Prät. = Präteritum
Pron. = Pronomen
s(ch)w. = schwach
st. = stark
Subst. — Substantiv
Superi. = Superlativ
s.v(v). = sub voce (vocibus)
trans. = transitiv
u.ö. = und öfter
Vb. = Verb
V(ok). = Vokativ
XV
Abkürzungsverzeichnis
XVI
Abkürzungsverzeichnis
XVII
Abkürzungsverzeichnis
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
XX
Abkürzungsverzeichnis
XXI
Abkürzungsverzeichnis
XXII
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE
XXIV
Auswahlbibliographie §B3.
b) Für die Feststellung der handschriftlichen Überlieferung sind wichtig die Le-
sungen von A. Uppström, nach denen er genaue Textabdrucke veranstaltet hat:
Anders U p p s t r ö m , Codex Argenteus si ve sacrorum evangelionim versionis
Gothicae fragmenta quae iterum recognita adnotationibusque instructa per
lineas singulas ad fidem codicis, additis fragmentis evangelicis Codicum
Ambrosianorum et tabula lapide expressa. Uppsala 1854.
D e r s., Decern Codicis Argentei rediviva folia cum foliis contiguis et inter-
mediis. Uppsala 1857.
D e r s . , Fragmenta Gothica Selecta ad fidem Codicum Ambrosianorum
Carolini Vaticani. Uppsala 1861.
D e r s . , Codices Gotici Ambrosiani sive epistularum Pauli Esrae Nehemiae
versionis goticae fragmenta, quae iterum recognovit, per lineas singulas de-
scripsit, adnotationibus instruxit. Stockholm 1864-1868.
Dazu sind heranzuziehen die Lesungen der Codd. Ambros. durch W. Braun bei
Streitberg 1,481-488. Ferner Otto ν. F r i e s e n , Om läsningen av Codices gotici
Ambrosiani. Uppsala/Leipzig 1927; E b b i n g h a u s , GL 25 (1985), 72f.
c) Einen kritisch hergestellten Text mit kritisch-exegetischen Anmerkungen und
Beifügung eines rekonstruierten griech. Textes gibt Ernst B e r n h a r d t , Vulfila
oder die gotische Bibel. Halle 1875 (zitiert als Bernhardt).
d) Handausgabe von Wulfilas Bibelübersetzung, ohne griech. Text, mit Glossar
und Grammatik von F. L. S t a m m , Ulfilas oder die uns erhaltenen Denkmäler
der gotischen Sprache. Paderborn 1858. Seit der 3. Aufl. (1865) bearbeitet von
M. H e y n e , seit der 9. Aufl. (1896) von M. H e y n e und F. W r e d e ; seit der
11. Aufl. (1908) unter dem Titel: Stamm-Heyne's Ulfilas, oder die uns erhalte-
nen Denkmäler der gotischen Sprache. Text, Grammatik, Wörterbuch. Neu
hrsg. von Ferdinand W r e d e . Zuletzt 13./14. Aufl. Paderborn 1920 (zitiert als
Wrede/Heyne).
e) Kritische Ausgabe von Wilhelm S t r e i t b e r g , Die gotische Bibel. I. Teil: Der
gotische Text und seine griechische Vorlage. Mit Einleitung, Lesarten und Quel-
lennachweisen sowie den kleineren Denkmälern als Anhang. Heidelberg 1908;
7. Aufl. mit einem Nachtrag von Piergiuseppe S c a r d i g l i , Heidelberg 2000. -
II. Teil: Gotisch-griechisch-deutsches Wörterbuch. Heidelberg 1910; 2. Aufl.
1928. Vollständige Ausgabe mit rekonstruiertem griech. Text nach der Rezen-
sion von Konstantinopel, Paralleldruck der mehrfach überlieferten got. Stücke
und kritisch-exegetischen Anmerkungen, wichtig vor allem durch die Verwen-
dung der Lesungen Brauns (s.o. unter b). Der II. Teil enthält das nach wie vor
beste got. Handwörterbuch, das durch reiche Stellenangaben und genaue An-
führung der griech. Entsprechungen ein für die meisten Zwecke ausreichendes
Hilfsmittel bietet (zitiert als Streitberg I/II).
f) Andere Textausgaben: Ernst B e r n h a r d t , Die got. Bibel des Vulfila und die
Skeireins. Halle 1884 (Textabdruck der großen Ausgabe [s.o. unter c] mit kur-
zem Glossar). - G. H. B a l g , The First Germanic Bible Translated from the
Greek by the Gothic Bishop Wulfila ... and the Other Remains of the Gothic
Language. With an introduction, a syntax, and a glossary. Milwaukee 1891.
a) G a b e l e n t z / L o e b e (§B2,a)II,2, 1-107.
b) W r e d e / H e y n e (§B2,d) 283-375.
XXV
§B3. Auswahlbibliographie
XXVI
Auswahlbibliographie § B6.
I. E i n f ü h r u n g e n u n d E l e m e n t a r b ü c h e r (Auswahl): §B4.
a) Joseph Wright, A Primer of the Gothic Language. With grammar, notes and
glossary. 2. Aufl. Oxford 1899.
b) Friedrich von der Ley en, Einführung in das Gotische. München 1908.
c) Hermann J a n t z e n , Gotische Sprachdenkmäler. 6. Aufl. Leipzig 1929.
d) Heinrich Hempel, Gotisches Elementarbuch. 4. Aufl. Berlin 1966.
e) Wolfgang Β innig, Gotisches Elementarbuch. 5., völlig neubearbeitete Auf-
lage der Darstellung von Heinrich Hempel. Berlin/New York 1999.
f) Enrico C a m p a n i l e , Introduzione alla linguistica germanica. I: Il gotico.
Napoli 1970.
g) William H. B e n n e t t , An Introduction to the Gothic Language. Parti: Ele-
mentary grammar, readings, glossary. Ann Arbor 1972 (3. Aufl. von Bennett,
§ B3,o).
h) Subhadra Kumar Sen, A Gothic Primer. Calcutta 1979.
i) Jan de Vries, Elementair Gotisch. Muiderberg 1982.
II. K n a p p e S k i z z e n (Auswahl):
j) James W. M a r c h a n d , Gotisch, in: Kurzer Grundriß der germanischen Phi-
lologie I, Hrsg. L. E. Schmitt, Berlin 1970,94-122 (zitiert als Marchand, Got.),
k) Orrin W. R o b i n s o n , Gothic, in: Old English and its Closest Relatives, A sur-
vey of the earliest Germanic languages, Stanford, Calif. 1992, 43-68.
1) Winfred P. L e h m a n n , Gothic and the reconstruction of Proto-Germanie, in:
The Germanic Languages, Hrsg. E. König/J. van der Auwera, London/New
York 1994,19-37 (zitiert als Lehmann, Reconstr.).
m) Petra M. Vogel, Minimalgrammatik des Gotischen. Göppingen 1995.
n) Rüdiger S c h m i t t , Gotische Sprache, RGA2 12 (1998), 458^61.
Wichtige Arbeiten zur L a u t l e h r e (für Lit. zur Phonologie des Got. s. § 28 § B5.
A.2):
a) D i e t r i c h , Ausspr. (1862).
b) Leo Meyer, Die gothische Sprache. Ihre Lautgestaltung insbesondere im
Verhältniss zum Altindischen, Griechischen und Lateinischen. Berlin 1869.
(Sprachvergleichende Behandlung der got. Lautlehre mit vollständigem Mate-
rial. - Zitiert als Meyer.)
c) Die Behandlung der got. Lautlehre in Adolf H o l t z m a n n , Altdeutsche Gram-
matik. Bd. 1,1. Leipzig 1870.
d) J a c o b s o h n 1/11(1916/20).
e) William H. B e n n e t t , The phonemic status of Gothic w, h, q. Lg 35 (1959),
427-432.
0 William H. B e n n e t t , The stress patterns of Gothic. PMLA85(1970), 463-472.
g) M a r c h a n d (1973).
h) Asbury Wesley J o n e s , Gothic Final Syllables. A new look at the phonological
and morphological developments from Germanic. Diss. Chapel Hill (Univ. of
North Carolina) 1979.
XXVII
§B6. Auswahlbibliographie
l e h r e (vgl. Mossé Β. 295ff.; S1. 178f.; S2. 189; S3. 338; S4. 208f.; S5.
330f.). Zur Komposition s. § 88a A.4, zur Präfigierung § 217a A.3.
a) G a b e l e n t z / L o e b e (§ B2,a) 11,2, 108-135.
b) J e l l i n e k (§B3,g) §§206-239.
c) M o s s é (§B3,k)§§ 163-215.
d) G u c h m a n (§B3,m) 194-213.
e) Hans-Jürgen S c h u b e r t , Die Erweiterung des bibelgotischen Wortschatzes
mit Hilfe der Methoden der Wortbildungslehre. München 1968.
f) Karin W e b e r , Derivation der Substantiva im Gotischen. Diss. Jena 1991.
g) Antje C a s a r e t t o , Nominale Wortbildung der gotischen Sprache. Die Deri-
vation der Substantive. Diss. Köln 2002.
XXVIII
Auswahlbibliographie § B9.
XXIX
§B9. Auswahlbibliographie
I. Gesamtdarstellungen:
II. Kürzere, für den Anfänger nützliche, z.T. auf selbständiger Forschung
beruhende Abrisse der got. Syntax:
i) T. Le M a r c h a n t D o u s e , An Introduction Phonological, Morphological,
Syntactic to the Gothic of Ulfilas. London 1886. 208-268.
j) Ernst B e r n h a r d t , Kurzgefaßte gotische Grammatik. Anhang zur gotischen
Bibel des Vulfila. Halle 1885. §§ 131-194.
XXX
Auswahlbibliographie § Β11.
k) W r e d e / H e y n e (§B2,d)§§ 227-280.
1) Balg (§B2,0 222-292.
XXXI
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Abb. 1. Cod. arg. fol. 5r (Mt. 6,9-16). Von David Landau (Univ. Tampere) zur
Verfügung gestellte Photographie auf der Basis des Faksimile (s. § E6 A.2),
etwa 'h der natürlichen Größe. Beispiel für den (jüngeren) S-Typ.
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Die got. Sprache ist die Sprache des germ. Volkes der Goten (Γούτωνες, § El.
Guiones). Wohl im frühen 3. Jh. spalteten sich diese in zwei Stämme, die
in alter Überlieferung als Ostrogotae und Visigotae, heute allgemein als Ost-
und Westgoten bezeichnet werden (s. Anm. 2) und die in der Völkerwan-
derungszeit eine nicht unbedeutende geschichtliche Rolle spielten. Mit dem
Untergang des Ostgotenreiches in Italien und des Westgotenreiches in Spa-
nien verschwinden die Goten aus der Geschichte.
A n m . 1. Der Name der Goten ist in seiner germ.-got. Form als *Gutans (vielleicht
auch *Gut6s) anzusetzen, also mit t, nicht (mit Kremer, PBB 8 [1882], 447 nach
J. Grimm) mitp (das <tk> in lat. Gothi, <9> in gr. γόθοι, γότθοι, γόθθοι ist eine ab dem
3. Jh. auftretende rein graphische Neuerung). In got. Überlieferung belegt ist erstens
die Form gutani auf dem Goldring von Pietroassa (§ E17), die in der Regel als Gen.Pl.
*gutanê interpretiert wird (W. Krause, Die Runeninschriften im älteren Futhark,
Göttingen 1966, 91 ff.); zweitens der Dat. ana gutpiudai έν γοτθία, in Gothia, Kai. 8
(Friedrichsen, MLR 22 [192η, 90f.; Feist 226f. mit Lit.). Formal identisch mit dem
Gotennamen ist der η-Stamm altschwed. Guti Sg. (Beiname), Gutar PI. (Einwohner
Gotlands). - Lit. zu Form, Flexion und Etymologie des Namens: Schönfeld 120ff.;
Streitberg § 5 A.l-3; Jellinek § 1; Krause § 3; Mossé § 8; Mossé Β. 252f.; Andersson,
Fs. Elmevik (1996), 33ff.; ders., Namn och Bygd 84 (1996), 5ff.; ders., RGA 2 12
(1998), 402 f.
A n m . 2. Die von Jordanes (Get. XIV) nach Ablabius vorgetragene und auch in
neuerer Zeit nicht selten vertretene Auffassung der Namen (Austro- >) Ostro-
got(h)ae (-i) als 'Ost'-goten und Visi- (Vesi-)got(h)ae (-i), Ουισίγοτθοι als 'West'-
goten beruht auf früher Volksetymologie. Der Name der Visigotae lautet nach älterer
Überlieferung Visi ( Vesi) und hat nichts mit dem germ. Wort für 'West(en)' zu tun. -
Lit. zu Austro-, Ostro-: Schönfeld 38 f. (mit Lit.); Feist 381; Krause §6,1; zu Visi-:
Schönfeld 267f. (mit Lit.); Feist 568; Krause a.a.O.; ferner Mossé Β. 252f.; s. § 138
A.l.
Nach der Abwanderung der Goten aus Südrußland verblieb ein kleiner Teil § E2.
des Volkes in der Krim, wo ihr Name im Namen der kirchlichen Eparchie
Gothia bis 1779 erhalten blieb. - In den Jahren 1560-1562 berichtet der
flandrische Gelehrte und Diplomat Ogier Ghislain de Busbecq (1522-1592)
anläßlich einer Gesandtschaft zur türkischen Pforte in Konstantinopel von
„germanischen" Einwohnern in der Krim, doch bleibt er unentschieden, ob
sie „Gothi an Saxones" seien. Er teilt eine Liste von 86 Wörtern mit, von
denen die meisten durchaus germ. Charakter tragen. Von germanistischer
Seite wird seit langer Zeit fast einstimmig angenommen, daß Busbecqs
Material Reste des in der Krim überlebenden Gotischen (sogen. K r i m -
g o t i s c h ) darstelle. Bewiesen ist das nicht. Angesichts der Lage des Mate-
rials und der sonstigen Nachrichten, die wir über Gothia und die Krim
3
§ E2. Einleitung - 1 . Die Goten und ihre Sprache
§ E3. Die Goten gehören zu einer Gruppe germ. Stämme, die man nach ihnen oft
als die „got. Gruppe" oder mit dem älteren Plinius (Hist. nat. IV, 99) als die
„wandilische Gruppe" (Wandilier; Vandili, Βανδίλοι) bezeichnet. Bedeu-
tendere Glieder dieser Gruppe sind neben den Goten die Gepiden, Wan-
dalen, Burgunder, Heruler, Rugier und Skiren. Diese saßen zu Anfang un-
serer Zeitrechnung im nordöstlichen Mitteleuropa etwa von der Elbe bis
östlich der Weichsel. Ihre Sprachen müssen nah verwandt gewesen sein (vgl.
Prokop III, 2, 1-5), doch sind vom Gotischen abgesehen nur äußerst spär-
liche sprachliche Reste erhalten (s. Anm. 2), so daß sich eine genauere Be-
urteilung der Verwandtschaftsverhältnisse zwischen diesen Sprachen ver-
bietet. D a ß diese enge Sprachverwandtschaft im allgemeinen als alt ange-
sprochen werden könne, ist unwahrscheinlich; man wird vielfach mit jün-
gerer gegenseitiger Beeinflussung zu rechnen haben (Jellinek § 10).
A n m . 1. Literatur:
a) zur Urheimatfrage: E. C. G. Oxenstierna, Die Urheimat der Goten, Leipzig/
Stockholm 1948; R. Hachmann, Die Goten und Skandinavien, Berlin 1970 (mit rei-
cher Lit.); Penzl, IF 90 (1985), 147ff.;
b) zu Ethnographie, Archäologie und Geschichte: Bremer, Grdr. III, 825ff.;
E. Schwarz, Germanische Stammeskunde, Heidelberg 1956, 83ff.; Mossé Β. 249ff.;
L. Schmidt, Die Ostgermanen, 2. Aufl. München 1941,195 ff. ; E. A. Thompson, The
Visigoths in the Time of Ulfila, Oxford 1966; ders., The Goths in Spain, Oxford 1969;
N. Wagner, Getica, Untersuchungen zum Leben des Jordanes und zur frühen Ge-
schichte der Goten, Berlin 1967; D. Claude, Geschichte der Westgoten, Stuttgart
1970; J. Orlandis, Historia de España: La España Visigótica, 1977; L. Hermodsson,
Goterna, Ett krigarfolk och dess bibel, Stockholm 1993; P. Heather, The Goths,
Oxford 1996; Bierbrauer, RGA 2 12 (1998), 407ff.; Pohl, ebd. 427ff.; H. Wolfram, Die
Goten, 4. Aufl. München 2001;
4
I. Die Goten und ihre Sprache §E4.
A n m . 2. Unsere Kenntnis der übrigen ostgerm. Sprachen beschränkt sich fast aus-
schließlich auf Eigennamen in nichtgerm. Überlieferung. Eine Sonderstellung nimmt
allenfalls das Wandalische ein, dem einzelne Textfragmente zugeschrieben worden
sind:
a) ein Syntagma froia arme 'Herr, erbarme dich' (dazu Tiefenbach, HS 104 [1991],
251 ff.);
b) das sogen, „gotische Epigramm" (§ E19) ist von Scardigli, PBB-T 96 (1974), 17ff.
für wandalisch erklärt worden.
A n m . 1. Die Gliederung der germ. Sprachen ist Aufgabe der vergleichenden germ.,
nicht der got. Grammatik. Aus der umfangreichen Lit. zu der in älterer und auch in
neuerer Zeit stark umstrittenen Einteilungsfrage:
a) über die alte Ansicht, die, Nord- und Ostgermanen zusammenschließend, diese als
Ostgerm. den Westgerm. gegenüberstellte, vgl. H. Zimmer, Z D A 19 (1876), 393 ff.;
Braune, PBB 9 (1884), 546ff.; Kluge, Grdr. 1,420ff.; Noreen, ebd. 521 f.; Kossinna,
IF 7 (1896), 276ff., wozu Brate, Z D W 12 (1910), l l l f f . ; Bremer, Grdr. III, 809ff.;
R. Loewe, Die ethnische und sprachliche Gliederung der Germanen, Halle 1899;
K. Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde IV, Berlin 1900, 121; Jellinek § 8ff.
b) Neueres: W. Streitberg, Geschichte der indogermanischen Sprachwissenschaft
11,2, Berlin/Leipzig 1927, 9ff.; E. Schwarz, Goten, Nordgermanen, Angelsachsen,
Bern/München 1951; Krause §30ff., wozu Penzl, Lg 30 (1954), 414; Philippson,
Symposium 3 (1954), 18ff.; Adamus, Germanica Wratislaviensia 7 (1962), 115ff.;
ders., Kwartalnik Neofilologiczny 9 (1962), 373ff.; L. Rösel, Die Gliederung der
germanischen Sprachen nach dem Zeugnis ihrer Flexionsformen, Nürnberg 1962;
Kufner, in: Coetsem/Kufner (1972), 71 ff.; T. L. Markey, Germanic Dialect Group-
ing and the Positioning of Ingvaeonic, Innsbruck 1976 (mit reicher Bibliographie
79-84); Η. F. Nielsen, The Early Runic Language of Scandinavia, Heidelberg 2000.
5
KAPITEL II.
§ E5. Unsere Kenntnis der got. Sprache ist durch die Überlieferungslage in vieler
Hinsicht sehr eng begrenzt. Von der Sprache der Ostgoten liegen ausschließ-
lich Namen in fremder Überlieferung vor (vgl. Wrede, Ostg.). Vom West-
gotischen besitzen wir abgesehen von einigen kleineren und kleinsten Denk-
mälern nur einen umfangreichen Text, der, was für die sprachliche Beurtei-
lung wesentlich ist, von e i n e m Verfasser herrührt: die Fragmente einer
Bibelübersetzung, die mit Sicherheit dem westgot. Bischof Wulfila zuge-
schrieben wird. Wulfila wurde wahrscheinlich im Jahre 311 n. Chr. geboren
und starb 382 oder 383 in Konstantinopel. Er wurde 341 zum westgot.
Bischof geweiht und war von da an bis zu seinem Tode Bischof des Teiles der
Westgoten, der sich 348 unter dem Druck der Christenverfolgung unter
seiner Führung von den heidnischen Westgoten trennte und von Kaiser
Constantius unter Aufnahme in das röm. Reich südlich der D o n a u in Nie-
dermösien Wohnsitze zugewiesen erhielt (Moeso-Goten, Goti minores).
Die Überlieferungslage legt es nahe, die Quellen des Got. in zwei Gruppen
einzuteilen:
1. Fragmente von Wulfilas Bibelübersetzung (§§ E6-E10), alle aus dem 5.
oder 6. Jh.;
2. Quellen außerhalb der wulfilanischen Bibelübersetzung (§§ E l 1-E20).
A n m . 2. Lit. zu Überlieferung und Literatur des Got.: Sonderegger, Gotische
Literatur, in: Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen
Literatur, Bd. II, Hrsg. G. Ineichen et al., Zürich 1964, 721 ff.; E. Stutz, Gotische
Literaturdenkmäler, Stuttgart 1966; dies., Codices Gotici, RGA 2 5 (1984), 52ff.;
W. Griepentrog, Zur Text- und Überlieferungsgeschichte der gotischen Evangelien-
6
1. Fragmente von Wulfilas Bibelübersetzung § E6.
A η m. 1. Das Luk.-Ev. zeigt vielfach Sprachformen, die von denen der übrigen Texte
abweichen; vgl. §§ 7 A.2; 14 A.3; 56 A. 1; 62 A.3; 67 A.2; 74 A.l; 88a A.2; 105 A.2; 204
A. 1; 210 Α. 1. Die Besonderheiten wurden lange Zeit dem Einfluß ostgotischer Schrei-
ber zugeschrieben (vgl. Wrede, Ostg. 200 f.); der Geschichte der Handschriften nach
haben wir aber mit westgotischen Schreibern in Frankreich zu rechnen. Die sprach-
lichen Eigenheiten des Luk.-Ev. weisen eher auf durch uneinheitliche Überlieferung
der Evangelien entstandene Dialektmischung; vgl. ZDP 31 (1899), 93ff.; 43, 30ff.;
Jacobsohn I; Wilmart, Revue biblique 36 (1927), 44-61; Friedrichsen, Gospels 23,
243; Marchand, Dialect Characteristics in our Gothic Mss., Orbis 5 (1956), 141 ff.
A n m . 2. Erster Druck des Cod. arg. durch Franciscus Junius, Dordrecht 1665 (in
den got. Buchstaben nachgebildeten Lettern). Frühe Pionierarbeit zum Cod. arg.:
F. A. Knittel, Einige kritische Bemerkungen über Ulphilas gothische Uebersetzung
der Evangelien, Allgemeine Bibliothek der biblischen Litteratur 7,5 (1796), 783-830
(Nachdruck in Petersen [2002]). Über die Entdeckung des Cod. arg. und frühe Stu-
dien des Got. vgl. R. van de Velde, Handelingen der Koninkl. Zuidnederl. Maat-
schappij voor Taal- en Letterk. en Gesch. 15 (1961), 296-308. - Faksimile des Cod.:
Codex argenteus Upsaliensis jussu Senatus Universitatis phototypice editus (a O. v.
Friesen et A. Grape), Upsaliae 1927. - Grundlegende Untersuchung der Handschrift
und ihrer Geschichte: Friesen/Grape (1928). Vgl. ferner Friedrichsen, The Silver Ink
of the Codex argenteus, JTS 31 (1930), 189ff.; Mosse Β. 257; T. Kleberg, Codex
argenteus, The Silver Bible at Uppsala, 2. Aufl. Uppsala 1958; J.-O. Tjäder, in: Studia
Gotica, Hrsg. U. E. Hagberg, Stockholm 1972,144ff; dens., NTBB 61 (1974), 51 ff;
Andersson-Schmitt, NTBB 62/63 (1975/76), 16ff; L. Munkhammar, The Mystery of
the Thousand Years, The hidden history of Codex argenteus, in: Petersen (2002).
7
§ E6. Einleitung - II. Die Quellen der gotischen Sprache
den Abbruch von fol. 335 (187^ des Cod. arg. anschließt, machten es
bereits sehr wahrscheinlich, daß es sich um das bisher verschollene
fol. 336 des Cod. arg. handelt (Ebbinghaus, G L 13 [1973], 96fT.); zur
Sicherheit erhoben wurde diese A n n a h m e durch die Feststellung über-
einstimmender Wurmlöcher (Tjäder, N T B B 61 [1974], 51 ff.).
A n m . 3. Fundbericht von Haffner, Pfälzer Heimat, Jahrgang 22 (1971), 1 ff. Aus-
gaben der Vorderseite des Blattes: Stutz, KZ 85 (1971), 85ff.; Scardigli, Studi Ger-
manici Ν. S. 9 (1971), 5ff.; Szemerényi, Lg48 (1971), Iff. Ausgabe der Rückseite:
Garbe, ZDA 101 (1972), 225f. (unzureichend); Stutz, KZ 87 (1973), I f f ; Ebbing-
haus, GL 20 (1980), 209ff. - Weitere Lit.: Scardigli, Goten (Anhang II); Pollak, ZDP
92 (1973), 61 ff.; 93 (1974), 125ff.; Tjäder, NTBB 61 (1974), 51 ff. (mit Lit.); Uhi/
Schömann, Archivalische Zeitschrift 71 (1975), Iff. (mit Lit. und guten Abbildun-
gen); Andersson-Schmitt, NTBB 62/63 (1975/76), 16ff.; B. Thiebes, Das Speyer-
Fragment des Codex Argenteus, Speyer 1978; Hermodsson, StN 59 (1987), 231 ff.;
Streitberg(/Scardigli) I, 50 Iff.
8
1. Fragmente von Wulfilas Bibelübersetzung § ElO.
A n m . 3. Zu Cod. Ambros. E s. § E l l .
9
§ ElO. Einleitung - II. Die Quellen der gotischen Sprache
XXXV-XLVI; ders. § 12; ders., RGA 4, 570f.; die Kontroverse zwischen Jülicher,
Kauffmann und Lietzmann: ZDA 52 (1910), 365ff; 53 (1912), 369ff.; 56 (1919),
249ff.; ZDP43 (1911), 118fF.; P. Odefey, Das gotische Lukasevangelium, (Diss. Kiel)
Flensburg 1908; W. Linke, Das gotische Markusevangelium, Diss. Berlin 1920; be-
sonders Friedrichsen, Gospels (1926); ders., Epistles (1939); ders., The Greek Text
Underlying the Gothic Version of the New Testament. The Gospel of St. Luke, Fs.
Mossé (1959), 161 ff.; ders., Gothic Studies, Oxford 1961; ders., NTSt 9 (1962/63),
39 ff. („Gotica Veronensia"); ders., The Gothic Text of Luke in its Relation to the
Codex Brixianus (f) and the Codex Palatinus (e), NTSt 11, 281 ff.; T. Hansen, Über
gewisse rhythmische Tendenzen im Codex Argenteus, Bergen/Oslo 1961; Pollak,
ZDP 91 (1972), 49ff.; Stutz, in: Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments, die
Kirchenväterzitate und Lektionare, Hrsg. K. Aland, Berlin/New York 1972, 375ff.;
B. M. Metzger, The Early Versions of the New Testament (1977), 375ff. (mit Bei-
trägen von Friedrichsen); W. Griepentrog, Zur Text- und Überlieferungsgeschichte
der gotischen Evangelientexte, Innsbruck 1990; Schäferdiek, RGA 2 12 (1998), 445 ff.
- Vgl. ferner § BIO zur Synonymik.
10
2. Quellen außerhalb der wulfilanischen Bibelübersetzung § E14.
Bibel das Gegenteil, so daß diese Theorie heute meistens abgelehnt wird; vgl. Streit-
berg, Literar. Zentralbl. 1903,1124f.; Behaghel, Litbl 1903,193 ff.; Jellinek, ADA 29
(1904), 281fT.; Schönbach, Österr. Litbl 13,175; Ehrismann, ZDP 38, 382ff.; Lenk,
Die Syntax der Skeireins, PBB 36 (1910), 237-306; Mossé § 17,2; Krause § 12; Helm,
PBB 80(1958), 201 ff.; Ebbinghaus, MLN 75 (1960), 339fT.; Bennett, The Function of
Present Participial Constructions in the Skeireins, Fs. Mossé (1959), 32ff.; Hofmann,
Zum Gebrauch der Partizipien in der Skeireins, Fs. Krause (1960), 24ff.; del Pezzo
Costabile, Il lessico della Skeireins, AION 20 (1977), 213ff.; Ebel, Zur Folge SVO in
der Skeireins, Sprachw 3 (1978), 49ff.; Schäferdiek, ZDA 110 (1981), 175ff.; ders.,
RGA 2 12 (1998), 450f.
Wesentliche Arbeiten zur Textkritik aufgrund von Neukollation lieferte Bennett,
PMLA 65 (1950), 1263-1281; 69 (1954), 655-676; Annales Universitatis Saraviensis
4 (1955), 73-88; PMLA 72 (1957), 555-562. Vgl. ferner die wesentlichen Arbeiten von
Friedrichsen: Gothic Notes, Medium Aevum 21,184 ff.; ferner NTSt 8,43ff.; 9,44 ff.;
10, 368ff., 499ff.; 16, 277ff. - Wesentliche ältere Lit. und Ausgaben weitgehend bei
Bennett, passim; vgl. Mossé Β. 264.
Ein Bruchstück eines g o t i s c h e n K a l e n d e r s , das auf Seite 196 des Cod. § E12.
Ambros. A (= S. 405 der got. Handschrift) erhalten ist (zur Handschrift vgl.
§ E9,1).
A n m . 1. Zuerst gedruckt zusammen mit den alttestamentlichen Stücken und den
Matthäusbruchstücken aus den Codd. Ambros. von Castiglione, Mailand 1819. Das
Kalenderbruchstück ist in den Ausgaben der got. Bibel mit enthalten. - Darüber
gehandelt haben: J. Grimm, GGA 1816, 729-734 (= Kl. Sehr. 4, 381 fT.); ebd. 1820,
393-408 (= Kl. Sehr. 4,125 ff.); Achelis, ZNW 1 (1900), 308-335; Delehaye, Analecta
Bollandiana 31 (1912), 161-300; Loewe, ZDA 59 (1922), 245-290; Friedrichsen,
MLR 22 (1927), 90ff.; Wrenn, MLN 25 (1930), 188ff.; Streitberg 1,472-474; Guten-
brunner, ZDP 83 (1964), 257flf.; Schwab, Helikon (Messina) 7 (1967), 357ff.; Mar-
chand, Got. 97f.; Ebbinghaus, GL 15 (1975), 36ff. (Neuausgabe); ders., JTS N. S. 27
(1976), 140ff.; ders., JEGP77(1978), 183ff.; Lacy, GL 20 (1980), 99ff.; Reichert, in:
Germanische Rest- und Trümmersprachen, Hrsg. H. Beck, Berlin/New York 1989,
119ff.; Schäferdiek, ZNW 79 (1988), 116fT.; ders., RGA 2 12 (1998), 451 ff.
11
§ E14. Einleitung - II. Die Quellen der gotischen Sprache
§ E16. Bei Ausgrabungen auf dem Friedhof von Hács Béndekpuszta (Ungarn) sind
in einem Grab Fragmente eines B l e i t ä f e l c h e n s gefunden worden, das
(anscheinend beidseitig) got. Buchstaben trägt. Das Grab wird anhand
einer Brosche in das letzte Drittel des 5. Jh.s datiert. Ursprünglich war das
Bleitäfelchen gefaltet und besaß die Ausmaße eines Quadrates mit ca.
5,5 cm Kantenlänge. Offenbar versuchten Grabräuber, es auseinanderzu-
falten; dabei zerbrach es in eine unbestimmte Zahl kleiner Stücke. Einige
Teile konnten im Zuge der Ausgrabung geborgen werden, doch eine unbe-
kannte Anzahl ist verloren. Bedauerlicherweise wurden die Bruchstücke nur
von einer Seite fotografiert. Die Fragmente ergeben für Grammatik und
Wortschatz des Got. nichts Neues; Harmatta (s. Anm. 1) hat eine Reihe von
zwölf Buchstaben mit dem Passus [in na]min pe[i]namm[a], pan[zei atgaft
mis] Jh. 17,11 identifiziert. Der Text ist aber paläographisch von höchster
Bedeutung; er stellt das älteste Dokument mit Wulfilas Alphabet dar, und
zwar mit beiden Schrifttypen (§ 1,E).
12
2. Quellen außerhalb der wulfilanischen Bibelübersetzung § E17.
13
§ E17. Einleitung - II. Die Quellen der gotischen Sprache
b) Die „Runenschnalle von Pforzen" (Landkreis Ostallgäu, Ende 6. Jh.) enthält eine
Inschrift, die etwa folgendermaßen gelesen wird: aigil andi aïlrun \ Itahu gasokun.
Korrekte Segmentierung vorausgesetzt, weist andi 'und' auf das Ahd.; gasokun,
offensichtlich eine Verbalform, wird teilweise als got. angesehen, wäre aber auch mit
frühem Ahd. vereinbar. Vgl. den Sammelband: Pforzen und Bergakker, Neue Un-
tersuchungen zu Runeninschriften, Hrsg. A. Bammesberger, Göttingen 1999.
§ E18. Die große Zahl got. E i g e n n a m e n , die in griech. und mehr noch in lat.
Quellen vorliegt, gibt wichtige Aufschlüsse über die Sprache. Das Material
ist verwertet von Dietrich, Ausspr.; A. Bezzenberger, Über die Λ-Reihe der
gotischen Sprache, Göttingen 1874,7ff.; Kremer, PBB 8 (1882), 445ff.; vgl.
ferner Höfler, PBB-T 79 (1957), 161 ff.; Mitzka, ZDA 96 (1967), 247ff.;
Ebbinghaus, GL 19 (1979), 69ff.; Reichert, in: Germanische Rest- und
Trümmersprachen, Hrsg. H. Beck, Berlin/New York 1989, 119ff.; Scardi-
gli, RGA 2 12 (1998), 403 f.
Das reiche westgot. Namenmaterial aus spanischen und portugiesischen
Urkunden wurde zusammengestellt von Meyer-Lübke, Sb. Wiener Ak., 149
(Wien 1904); vgl. auch E. Gamillscheg, Romania Germanica I, Berlin/
Leipzig 1934, 302-399; M.-Th. Morlet, Les noms de personne sur le terri-
toire de l'ancienne Gaule du Vie au Xlle siècle, Bd. I, Paris 1968. Für in-
schriftliches Material s. José Vives, Inscripciones cristianas de la España
Romana y Visigoda, Barcelona 1969. Eine umfassende Dokumentation und
Analyse bieten J. M. Piel / D. Kremer, Hispano-gotisches Namenbuch, Hei-
delberg 1976 (mit weiterer Lit.). Eine monographische Behandlung der ost-
got. Namen gab Wrede, Über die Sprache der Ostgoten in Italien, Straßburg
1891. Über die altgerm. Namen s. Schönfeld (1911) sowie H. Reichert,
Lexikon der altgermanischen Namen, Wien 1987/90. - Vgl. Mossé Β. 314f.
§ E19. Einige anscheinend gotische (doch s. § E3 A.2) Wörter finden sich in dem
lat. Gedicht „de conviviis barbarie", dem sog. g o t i s c h e n E p i g r a m m .
Es handelt sich um einen Trinkspruch; der Text lautet (nach A. Riese, An-
thologia Latina I, Leipzig 1894, 221, Nr. 285): inter eils goticum scapia
matzia ia drincan \ non audet quisquam dignos edicere uersus (vgl. § 21 A.l).
A n m . 1. Darüber gehandelt haben: Maßmann, ZDA 1 (1841), 279ff.; A. Grabow,
Ein gotisches Epigramm, Progr. Oppeln 1880; Luft, ADA 23 (1897), 392ff.; Möller,
ADA 25 (1899), 103f.; van Helten, PBB 29 (1904), 339ff; Streitberg §§ 5,15; Krause
§ 17; s. Mossé Β. 268,D. Vgl. ferner Scardigli, PBB-T 96 (1974), 17ff.; Ebbinghaus,
GL 30 (1990), 75ff.; Huld, MGS 16 (1990), 120ff.
14
2. Quellen außerhalb der wulfilanischen Bibelübersetzung § E20.
B. Bischoff hat 1984 einige got. Eintragungen bekanntgemacht, die sich im § E20.
Pariser Ms. Lat. 528 (um 850) auf fol. 7 Γ finden ( „ G o t i c a P a r i s i n a " ) .
Es handelt sich um sieben biblische Personennamen in lat. Schrift (die ersten
sechs stammen aus der Genealogie in Lk. 3,23 ff., außerdem Petrus); dar-
übergesetzt ist die jeweilige Aussprache (vgl. § 2 A.4). Darüber hinaus ste-
hen am Seitenende die neun Buchstaben uwofplawd in Wulfilas Alphabet
mit ihrer lat. Entsprechung; dabei ist das erste w mit lat. u, das zweite w mit i
(s. Anm. 2), das p mit t überschrieben.
A n m . 1. Vgl. B. Bischoff, Ein karolingisches Denkmal des Gotischen (zweite Hälfte
des neunten Jahrhunderts), in: Anecdota novissima, Texte des 4. bis 16. Jahrhun-
derts, Stuttgart 1984, 256ff.; Scardigli, RGA 2 12 (1998), 406; W. Binnig, Gotisches
Elementarbuch, Berlin/New York 1999, 139f.; Streitberg(/Scardigli) I, 514f.
A n m . 2. Zur Wiedergabe von w durch ι vgl. Didimus für gr. Δίδυμος Jh. 11,16
(§9A.l).
15
LAUTLEHRE
(Mosse Β. 280-288; S1. 175ff.; S2. 184ff.; S3. 335f.; S4. 205ff.; S5. 321 ff.)
KAPITEL I.
Die Schrift
(Mossé Β. 280ff.; S . 175f.; S2. 184f.; S3. 335; S4. 205f.; S5. 321 f.)
1
B. Tatsächlich sind alle bekannten Denkmäler der got. Sprache (mit Aus-
nahme der in §§ E17-E20 genannten) in verschiedenen Varianten einer al-
phabetischen Schrift überliefert, die sich paläographisch aus einer einzigen
Grundform herleiten lassen. Unter Annahme der erwähnten alten Nach-
richten schreibt man diese Grundform allgemein dem Wulfila zu. Dem-
entsprechend sind diese nicht überlieferte Grundform und die daraus ent-
wickelten Schriftformen der vorliegenden Texte zusammenfassend als
W u l f i l a s S c h r i f t ( A l p h a b e t ) zu bezeichnen.
A n m . la. Die Bezeichnungen „Wulfilas Schrift" und „Wulfilas Alphabet" sind ge-
genüber den weithin gebräuchlichen Bezeichnungen „Gotische" oder „Visigotische"
Schrift („Gotisches Alphabet" usw.) aus Gründen der Eindeutigkeit der paläo-
graphischen Terminologie vorzuziehen; vgl. Ebbinghaus, GL 19 (1979), 18f. Streng-
genommen läßt es sich nicht beweisen, daß Wulfila tatsächlich der Urheber dieser
Schrift gewesen ist, doch liegen keine Gründe vor, die alten Nachrichten anzuzwei-
feln; vgl. Lendinara, GL 32 (1992), 217ÍT.
19
§1- Lautlehre -1. Die Schrift
D. Wie sich zeigen läßt, steht von diesen Typen der Σ-Typ Wulfilas ur-
sprünglichem Alphabet näher als der S-Typ und ist daher älter. Der jüngere
S-Typ ist aus ihm unter lat. Einfluß entwickelt.
A n m . 3. Der älteren Forschung war nur der S-Typ bekannt, der in den schon früh
entdeckten Codices arg. und Carol. (§E6f.) vorliegt. Mit der Entdeckung der
Codices Ambros. (§ E9) wurde der Σ-Typ bekannt. Darauf hingewiesen hat zuerst
H. F. Maßmann (Skeireins aiwaggeljons Jjairh Üohannen, München 1834, IXf.; Fra-
bauhtabokos oder Die gothischen Vrkunden von Neapel und Arezzo, Wien 1838,
6 f.), dem jedoch das richtige Altersverhältnis zwischen diesen Typen noch entging. -
Lit.: Gabelentz/Loebe 11,2, § 12; Friesen/Grape 87ff.; Friedrichsen, JTS 31 (1930),
189ff.; Fairbanks/Magoun, Speculum 15 (1940), 315f.; 16(1941), 122; Marchand,
Got. 106 f.
F. Die Tabelle auf S. 21 gibt in 5 Kolumnen zuerst den Zahlwert von Wul-
filas Buchstaben, dann die Alphabete von Cod. Ambros. B, Cod. Vindob.
795 („Wiener Alphabet") und Cod. arg. (Hand I; vgl. § E6,a), zuletzt die
Umschreibung.
20
I. Die Schrift §1.
1 A > κ a
2 tí ü κ b
3 Γ Γ Γ g
4 Λ V d
5 F c-; 6 e
6 υ u υ q
7 y. t ζ
8 h η h h
9
r r Ψ 1>
10 // I ι if iï
20 U κ Κ k
30 X Λ Χ 1
40 M M Μ m
50 AV Ν Ν η
60
$
Ί1
<> 9 j
70 9 η u
80 η IT π Ρ
90 ^ -
100 M it- fi
r
200 £ C s s
300 T τ τ t
400
y y V w
500
P ι- Ρ f
600 X + χ X
700 C) o u ο h;
800 Ä ft SL o
900 t -
21
§1. Lautlehre - 1 . Die Schrift
A n m . 4. Über die Transkription von Wulfilas Buchstaben ist erst in neuerer Zeit
Einheitlichkeit erzielt worden. Zur Umschreibung des 6. Buchstabens wurde früher
kv, kw oder qu statt q angewendet (s. § 39 A.3); für den 9. Buchstaben wurde früher th
statt des heute gebräuchlichen (den altengl. Runen entlehnten)p angewendet; für den
25. Buchstaben benutzte man früher hv, hw (so noch Wrede/Heyne § 74) oder w
(Germania 1 [1856], 129) statt des künstlich geschaffenen Zeichens h ; für den 24.
Buchstaben wird wie hier χ oder gr. χ angewendet. Aus drucktechnischen Gründen
werden auch heute noch gelegentlich th und hv verwendet.
A n m . 5. Wie das griech., so dient auch Wulfilas Alphabet als Zahlensystem. Stehen
die Buchstaben als Zahlzeichen, so werden sie in verschiedener Weise gekennzeich-
net: 1. der Buchstabe erhält einen waagerechten Strich übergesetzt, è = '5'; 2. er erhält
außerdem einen waagerechten Strich untergesetzt, J = '60'; 3. er steht zwischen zwei
Punkten und hat einen waagerechten Strich darüber, .ib. = '12'. Ebenso behandelt
werden die ausschließlich als Zahlzeichen begegnenden Zeichen für '90' und '900'.
Weitere Einzelheiten bei Gabelentz/Loebe 11,2, § 14; Friesen/Grape 75ff.; Ebbing-
haus, GL 15 (1975), 38.
A n m . 6. Der 10. Buchstabe ist wie im griech. Alphabet durch zwei Formen vertre-
ten, i'und ι. Das i'steht: 1. im Wortanlaut (île, ïddja) und im mit i anlautenden Grund-
wort von Verbalkomposita (usïddja,fraïtip); 2. im Wortinneren im Silbenanlaut nach
Vokal (sauïl, saiïp, tauï). Sonst, d.h. im Silbeninlaut und -auslaut, steht i. Die Unter-
scheidung ist in diesem Buch nur in besonderen Fällen kenntlich gemacht. Lit.:
Wrede/Heyne § 3 A.5; Schulze, Kl. Sehr. 484,491; Streitberg, IF 24 (1909), 174ff.
22
I. Die Schrift §1-
23
§1. Lautlehre - 1 . Die Schrift
werden muß (z.B. Mossé § 19; Krause § 47), bleibt doch die Frage, welches
der drei Systeme jeweils die einzelnen Buchstaben geliefert hat, bis in die
jüngste Zeit umstritten.
H. Die Tatsache, daß Wulfilas eigene Schrift, d.h. das Originalalphabet des
Σ-Typs, nicht überliefert ist, erschwert zwar die Beantwortung der Frage
nach dem Alphabet, das Wulfila zur Vorlage genommen haben muß, macht
sie aber nicht unmöglich. Im Anschluß an die Ausführungen von Boüüaert
und Ebbinghaus (s. Anm. 11) wird hier die Annahme der Mischung meh-
rerer alphabetischer Systeme abgelehnt und als Wulfilas einzige Grundlage
eine griechische Kursive des 4. Jh.s angenommen. Nur für den derivativen
S-Typ steht aufgrund der Nasalkürzung für m und der Form des s Einfluß
der lat. (unzialen) Schrift fest.
§ 2. Wulfilas Alphabet besteht aus 27 Zeichen. Von diesen sind zwei, das 18. und
das 27., nur Zahlzeichen ohne phonetischen Wert (s. § 1 A.5). Es bleiben
demnach 25 Zeichen, zu denen sich die vier Digraphe (Buchstabenverbin-
dungen) <ei>, <iu>, <ai> und <au> gesellen, für die der Lautwert und dessen
sprachgeschichtliche Entwicklung zu ermitteln sind. Für die meisten dieser
Zeichen sind die Lautwerte für die Zeit der Entstehung von Wulfilas
Bibelübersetzung so weit bekannt, wie das für eine ausgestorbene Sprache
möglich ist. Bei einer geringen Anzahl von Graphemen und Digraphen ist
jedoch der Lautwert bis heute umstritten.
24
I. Die Schrift §2.
A n m . 1. Die genannten Mittel für die Erforschung der Aussprache von Wulfilas
Gotisch sind von höchst unterschiedlichem Wert. Hier werden die unter 1., 2. und 3.
angeführten Mittel als die grundsätzlich wesentlichsten angesehen; dagegen wird
dem Studium der unter 5. angeführten Erscheinungen eine untergeordnete Bedeu-
tung beigemessen, weil hier der Einfluß späterer Schreiber ins Spiel kommt. Das
Ergebnis der unter 4. genannten Vergleichung mit anderen germ. Sprachen ist, je-
denfalls früher, oft stark überschätzt worden. Von der Entwicklung germ. Laute in
den west- und nordgerm. Sprachen auf deren Entwicklung im (Ostgerm.-)Gotischen
zu schließen, ist methodisch verfehlt. Die Ergebnisse der Sieversschen Schallanalyse
(6.) werden hier, wie allgemein, abgelehnt (und auch nicht länger zitiert), da sich die
ihr zugrunde liegende höchst individualistische Methodik jedem kritischen Zugriff
entzieht (vgl. Wrede/Heyne Xlf.; Güntert, Fs. Schrijnen [1929], 488).
25
§2. Lautlehre - 1 . Die Schrift
A η m. 3. Einige alte, bruchstückhafte Hinweise zur Aussprache des Got. finden sich
auf fol. 20v im Cod. Vindob. 795 (§ E14). Der Text lautet wie folgt (die got. Wörter
sind kursiv gesetzt, die spitzen Klammern (} umschließen eine Emendierung [s.u.]):
uuorthun .otan .auar euang-eliü ther lucan.
waurjjun u ^ a n . afar aiwaggeljo J>airh lokan
uuorthun auar thuo iachuedant ia chuatun.
waur^un afarjw jahqejjun
ubi dicit/.genuit. j. ponitur | ubi gabriel .g. ponunt & alia his sim. | ubi aspirationë
(dicunt (oder producunt) h ponitur (oder ponunt)). ut dicitur | gahlibeda .jahlíbaida. \
diptongon .ai. p(ro) e.longa | p(ro) ch .q. ponunt.
Edition und Kommentar bei Streitberg 1,475 ff. Das Alter dieser Bemerkungen bleibt
zunächst unbestimmt. Zur Erklärung W. Grimm, Kl. Sehr. 3, 85 ff.; A. Kirchhoff,
Das gothische Runenalphabet, 2. Aufl. Berlin 1854, 20ff.; von Grienberger, PBB 21
(1896), 192 ff. (die Emendierung dort 197); W. Luft, Studien zu den ältesten germa-
nischen Alphabeten, Gütersloh 1898,76ff.; A. Kisch, Versuch einer neuen Erklärung
der in der Alkuinhandschrift Nr. 795 der k. u. k. Hofbibliothek in Wien enthaltenen
gotischen Fragmente, Progr. Prag-Neustadt 1902, 33-48; Jellinek § 12; Baesecke,
DVjs. 23 (1949), 177ff.; Krause §§ 13,48; Ebbinghaus, Fs. Springer (1978), 93 ff. (mit
Neukollation); ders., GL 21 [1981], 20; 23 [1983], 48f.
A η m. 4. Auch die Eintragungen auf fol. 71v des Pariser Ms. Lat. 528 (§ E20) geben
entsprechende Hinweise. Für sieben lateinschriftliche Personennamen wird die Aus-
sprache angegeben: Laiueis pro Leuis, Mailkeis pro Melcis, Zauraubabelis pro Zo-
robabelis, Airmodamis pro Ermodamis, Simaion pro Simeon, Aileiaizeris pro Eliezer,
Paitrus Petrus.
26
KAPITEL I I .
Die Vokale
II. Es war lange Zeit allgemein üblich, für das Got. Kurz- und Langvokale
aufgrund der historisch-vergleichenden Grammatik anzusetzen. Seit einiger
Zeit wird aber zunehmend die Auffassung vertreten, Langvokale seien im
wulfilanischen Got. entweder nicht funktionell oder gar nicht mehr vorhan-
den gewesen.
A n m . 2. Gegen die Annahme von (funktioneller) Länge z.B. Marchand, GL 1
(1955), 85f.; Lg 33 (1957), 236; Hamp, Lg 34 (1958), 359f.; Szemerényi, KZ 93
(1979), 114; vgl. Marchand 91 ff. Für Länge wiederum Vennemann, Lg 47 (1971),
90ff. (mit reicher Lit.); Beck, IF 78 (1973), 113ff.; Moulton, Fs. Hoenigswald (1987),
281 ff.; Schmitt, RGA 2 12 (1998), 459.
27
§ 2a. Lautlehre - II. Die Vokale
§ 3. Got. <α> bezeichnet in den meisten Fällen ein kurzes lai (§ 4), selten auch ein
langes /a:/ (§ 5). Ob mit dem quantitativen ein qualitativer Unterschied ver-
bunden war, läßt sich nicht ermitteln. Vgl. Marchand 74.
A n m . 1. Kurzes α in griech. und lat. Namen und Lehnwörtern bei Wulfila: z.B.
Annas Ά ν ν α ς , Akaja 'Αχαΐα, barbar[us] βάρβαρος (Kol. 3,11), aggilus άγγελος;
Akk. karkara lat. career, Dat. sabana lat. sabanum.
28
e §6.
Weit seltener steht got. <a> für einen fremden oder einen ererbten L a n g - § 5.
v o k a l /a:/.
a) In f r e m d e n Namen und Fremdwörtern: Silbanus (lat. Silvänus),
Peilatus, aurati* (lat. orärium, vgl. Grienberger 37; Kluge, PBB 35 [1909],
569), *faskja (lat.fascia, vgl. ahâ.faasgv, Feist 143 mit Lit.), spaikulatur
(lat. speculätörem; Jellinek § 242).
b) In einigen g o t . Wörtern (s. Anm. l):fâhan'fangen' (ahd.fâhan), gafäh*
'Fang' (Schulze, Kl. Sehr. 548); hähan* (redupl. Vb.) 'hängen', hâhan*
(sw. Vb.) 'hangen', faurhâh, faûrahâh 'Vorhang', gahâhjô 'zusammen-
hängend'; pâhta (Prät. zu pagkjan 'denken'), andapâhts 'bedächtig';
brähta (Prät. zu briggan 'bringen'); framgähts* 'Fortschritt', unatgähts*
'unzugänglich'. Dazu nochpâhô* 'Lehm' (ahd. dâha), unwâhs* 'untadel-
haft' (ae. wöh 'böse').
Das Zeichen <e> bezeichnet einen geschlossenen (nach i hin liegenden) §6.
e-Laut. Über die Quantität s. Anm. 1 sowie §§ 7, 8 , 9 A . l , 10 A.6; vgl. Mar-
chand 75.
A n m . 1. In Namen und Wörtern aus dem Griech. steht <e> regelmäßig für η (doch
vgl. §§ 9 A.l, 16 A.l) und ist demgemäß als lang anzunehmen: z.B. Gabriel, Kefas,
Nom.Pl. Kretes Κρήτες, aikklesjô έκκλησία. - In 6 Fällen steht <e> für gr. i:
29
§6. Lautlehre - II. Die Vokale
Laudekaion Kol. 4,16 Β (gegen Laudeik- Kol. 4,13.15.16 Λαοδικ[ε]ία usw.); TWkekus
Kol. 4,7 Β (gegen Twkeik- Kol. 4,7 A; Eph. 6,21 B; 2.Tim. 4,12 Α Τυχικός);
paissalaunekaium 2.Ths. Β Überschr. (gegen paissalauneik- 2.Ths. A Überschr.;
2.Ths. 1,1 AB; Php. 4,16 B; 2.Tim. 4,10 AB Θεσσαλονίκη usw.); ailoe Mk. 15,34
αίλωι; Punteau l.Tim. 6,13 AB (gegen Puntiau Mt. 27,2; Lk. 3,1 Πόντιος);
Nekaudemus Skeir. 2,2 (gegen Neikaudaimau Skeir. 8,3 Ν[ε]ικόδημος, s. § 16 A.l);
dazu vielleicht auch ^Naem (aus <maem gebessert) Lk. 7,11 Ναϊμ. Angesichts der
Überlieferungslage kann man hier vielleicht an Schreibfehler <e> statt <ei> denken
(Luft 302; Gaebeler 7, 24). - Ausnahmslos steht <e> für gr. ε in dem Lehnwort
aiwaggeljd εύαγγέλιον und seinen Verwandten aiwaggeli, aiwaggelista, aiwaggeljan*.
Entgegen allgemeiner Annahme bezeichnet <e> hier keinen langen, sondern einen
geschlossenen kurzen Vokal [e]. Der Gegensatz zu dem offen gesprochenen ε des
Griech. hängt mit der Entlehnung über lat. evangelium zusammen: franz. évangile
weist mit seinem i auf einen geschlossenen e-Laut (Ebbinghaus, GL 33 [1993], 220 f.).
Ahnlich ist die viermalige e-Schreibung in Formen von aggilus zu erklären (§ 9 A.2). -
Isoliert steht <e> in G. Iaredis (Lk. 3,37) Ίαρεδ (vielleicht Angleichung an germ.-got.
Namen auf *-rëd(us), vgl. Bethge § 19,2). - Lit.: Gaebeler 55ff.; Streitberg § 19,2;
Schulze, Kl. Sehr. 512ff.
30
e §7.
d) in anderen Wörtern wie jêr* 'Jahr', lêkeis 'Arzt', ména 'Mond', mêrjan
'verkünden', qêns 'Ehefrau', mana-sêps 'Welt' (Menschen-Saat) usw.;
e) in Bildungssilben: fahêps 'Freude', 2.Sg. Ind. Prät. sw. Vb. -dès (nasidês*
§ 184);
f) vermutlich in der charakteristisch got. Endung -ê des Gen.Pl. der meisten
Deklinationen, z.B. dagê, anabusnê;
A n m . 1. Zum vielumstrittenen Ursprung dieser Endung s. van Helten, PBB 27
(1893), 570ff; 35 (1909), 273ff.; Brugmann, IF 33 (1913), 272ff; Wood, StPh 20
(1923), 107f.; Jellinek §111,3; Vendryes, IF 45 (1927), 364ff.; Sehrt, Fs. Collitz
(1930), 95ff.; Bazell, JEGP 36 (1937), 1ff.;Must, Lg 28 (1952), 219ff; Groselj, Lin-
guistica 6 (1964), 85f.; Morgenroth, PBB 87 (1965), 328ff.; Lehmann, Fs. Dostert
(1967), 108 ff.; Krause § 122; Kurylowicz, Gs. Brandenstein (1968), 87; Bech, Lingua
23 (1969), 55ff; A. W. Jones, Gothic Final Syllables [§ B5,h], 64ff.; Shields, LB 68
(1979), 257ff.; Fullerton, MGS 9 (1983), 113ff.; Eska, IF 93 (1988), 186ff.; Shields,
AJGLL 9 (1997), 239ff.; Markey, JEGP 100 (2001), 57ff. (Nachdruck in Petersen
[2002]).
A n m . 3. In 20 Fällen (Marchand, Orbis 5 [1956], 146 mit A.l) findet sich statt dieses
ê auch <» (etwas gehäuft im Luk.-Ev.), z.B. birusjôs Lk. 2,41; qipeina 8,56 9,21;
tawidideina 6,11; duatsniwun Mk. 6,53; vgl. Hirt, PBB 21 (1896), 160. Für wripus
'Herde' (nur Lk. 8,33) wird wegen ae. wrœô gewöhnlich ^wrêpus konjiziert (BB 3,114;
Pokorny 1151).
A n m . 4. Umgekehrt wird statt/und ei auch <e> geschrieben (§§ 10A.6,17A.1).-Zu
Anm. 2-4 vgl. Wrede, Ostg. 161 sowie § E6 A.l.
31
§8. Lautlehre - II. Die Vokale
§ 8. Das dem germ. ë2 entsprechende got. ê findet sich nur in zwei germ.-got.
Wörtern: hêr 'hier' (vgl. das Pron. hi-, § 155) und fera 'Seite' (vgl. ahd .fiara-,
Etymologie unklar), außerdem in dem alten Lehnwort Krêks 'Grieche' (s.
Jellinek § 42; Gusmani, StG 9 [1971], 20ff.). Dazu kommt das ê von mes*
'Tisch', welches meist aus lat. mensa (lat. f, vgl. Leumann § 152 c,d) her-
geleitet wird (Feist 355f.; Belardi, Fs. Mastrelli [1985], 65ff.).
A n m . 1. Lit. zur Genese von ë2: Brugmann 1,206f.; Bethge§§ 6,33; ADA 28 (1902),
21; Janko, IF 20 (1906), 229ff.; van Helten, IF 23 (1908), 92ff.; Streitberg § 57; Lüdt-
ke, Phonetica 1 (1957), 157 ff.; Connolly, PBB 101 (1979), 1 ff.; Fr. van Coetsem, The
Vocalism of the Germanic Parent Language, Heidelberg 1994, 98 ff.; ders.,
NOWELE 31/32 (1997), 423 ff.
§ 9. Das Zeichen <i> (bzw. <i>, § 1 A.6) bezeichnet einen ¡-Laut, der offener war als
der durch <ei> bezeichnete z'-Laut (§ 16); dieser Laut setzt allgemein einen
kurzen Vokal fort. Vgl. Marchand 75.
A n m . 1. Ingriech. Wörtern und Namen gibt <i>gr. ι wieder, z.B. Zsrae/Ίσραήλ, Isak
Ίσα(α)κ, doch s. auch §§ 16 A.l; 43 mit A.2. - Selten steht <i> als langes [i:] für gr. η
(vgl. § 6 A.l), z.B. Dat. Aunisimau Όνησίμψ Kol. 4,9 AB (hier könnte griech.
Distanzassimilation η - 1 > ι - 1 vorliegen), Dat. Bipaniïn Βηθανίαν Mk. 11,1 (gegen 7
Bep-)\ vgl. Luft 302f.; van Helten, IF 14 (1903), 60ff.; Gaebeler 21. - In Didimus
Δίδυμος Jh. 11,16 steht <(> für gr. υ (vgl. § E20 A.2). - In griech. und lat. Überlieferung
wird got. ι durch ι bzw. i wiedergegeben, z.B. Φριτίγερνος, Fritigemus (*fripi-),
Φριδερίχ, Frideric(h)us.
A n m . 2. Got. </> für gr. ε in aggilus άγγελος und in Makidonja (18 Maki- gegen 1
Make-, 2 Makai-), das mit „volkstümlicher" Entlehnung begründet worden ist (Gae-
beler 13f., 21,49, 54ff.), dürfte auf Entlehnung über das Lat. beruhen. Im Falle von
aggilus weist die viermalige Schreibung mit <e> statt <i> (Lk. 9,26 15,10; Rom. 8,38 A;
Gal. 4,14) jedenfalls auf Entlehnung aus lat. angelus (mit geschlossenem [e], parallel
zu aiwaggeljô, vgl. § 6 A. 1).
A n m . 4. Got. <i> neben <ei> in Esalas (Mk. 7,6 u.ö.) gegenüber Esaeias (Jh. 12,39 u.ö.)
beruht auf dem griech. Wechsel αϊ : αει.
§ 10. In Stamm- und Mittelsilben ist das got. i aus mehreren idg. Lauten ent-
wickelt: 1. aus idg. e > germ, ë, das a) schon germ, vor Nasal + Konsonant
oder vor i, j, zu i wird und so im Got. außer vor r, h, h (s. § 20) erhalten
bleibt, b) got. außer vor r,h,h>zui wird; 2. aus idg. i, das got. außer vor r, h,
h erhalten bleibt; 3. vereinzelt tritt idg. e (das die Entwicklung unter 1.
mitmacht) ein, um schwer sprechbare Schwundstufen zu beseitigen (§§ 33
A.l, 34 A.2; bis zur 19. Aufl. dieses Buches wurde hierfür ein „Reduktions-
vokal" idg. b angesetzt).
32
i §10.
1) i - idg. e (ahd. ¿'oder i, vgl. Ahd.Gr. §§ 28-30), im Präs. der st. Verben der
III.-V. Ablautreihe (§§ 32-34) niman (ahd. nëman), giban (ahd. gëban),
giba (ahd. gëba), itan 'essen', hlifari* 'stehlen', ferner in swistar (ahd.
swëster), fìdwór 'vier'; bindan* (ahd. bintan), midjis* 'der mittlere', gifts
'Gabe', wailaqiss 'Segen'.
2) i = idg. i (ahd. i, Ahd.Gr. § 31), z.B. lists* ' L i s t \ f i s k s * 'Fisch', is 'er', wissa
'ich wußte', -skritnan* 'zerreißen' (intrans.); Plur. Prät. und Part. Prät.
der st. Verben der I. Ablautreihe (§ 30); bitun*, bitans* (zu beitan*),
stigun*, stigans* (zu steigern*), lipuri*, lipans* (zu leipan*).
3) i im Part. Prät. der st. Verben der V. Ablautreihe: gibans*, lisans*,
qipans*.
A n m . 1. Der Übergang e > i gilt im allgemeinen als ein „spontaner" Lautwandel.
Dagegen vertritt Sverdrup die Ansicht, e sei zunächst nur vor i, j, u der folgenden
Silbe und vor Nasal zu ι geworden, in anderen Stellungen beruhe das i auf Analogie;
vgl. NTS 1 (1928), 189ff.; 4 (1930), 471 fT.; Lg 28 (1952), 339fT.
A n m . 2. Auslautendes i ist a) gekürzt aus langem fin der 3.Sg. Opt. Prät. nêmi und
im Nom.Sg. einiger langstämmiger Feminina wie bandi (§ 96); - b) vokalisiert aus in
den Auslaut geratenem -j im NASg. der neutralen ya-Stämme (kuni, § 95) und im
Akk.Sg. der entsprechenden Maskulina (hari, § 92,b). In der Flexion wechseln die
unter a) und b) genannten i mit inlautendem j (§ 45); - c) sonstige auslautende i
verschiedener Herkunft in ni, bi, si, hiri.
A n m . 3. Auslautendes i wird vor folgendem i eines enklitischen Wortes elidiert in
nist (< ni-ist), sei (< si-ei), niba (< ni-iba); vgl. §§ 4 A. 1,204 A.3.
A n m . 4. Vor h, h und r wird i zu ai „gebrochen", vgl. § 20.
A n m . 5 Die Folge <ip findet sich in ija 'eam\prija 'tria\frija- (Nom.Sg. freis § 126
A.2) 'hei', frijón 'lieben', fijan 'hassen', sijum 'wir sind' usw. (s. § 204 A.l), Part. Prät.
Ntr. uskijanata 'gekeimt' (§ 172 A.2) u.a. Statt <//> wird seltener einfaches <i> geschrie-
ben, z.B. 1 χfiandgegen 5x fljand, 12x sium gegen 35χ sijum (§ 204 A.l) usw. Auffällig
häufig ist die Schreibung ohne ψ in friapwa 'Liebe': 65 Belege (in verschiedenen
Kasus), wozufriapwamildjai Rom. 12,10, gegen 26 frijapw-; vgl. dazu W. Begemann,
Das schwache Präteritum der germanischen Sprachen, Berlin 1873, 9Iff.; Jacob-
sohn I.
A n m . 6. In 16 Fällen (Marchand, Orbis 5 [1956], 146 mit A.2) ist <e> statt ¿geschrie-
ben, z.B. usdrebi Mk. 5,10, seneigana l.Tim. 5,1 B, swekunpamma Lk. 8,17,filegrja
'Höhle' Lk. 19,46 (neben filigrja Mk. 11,17; s. Grienberger 67), ne Jh. 18,40. Vgl.
Grimm 1,30 A.2; Wrede/Heyne 289f. Das zweite <e> im PN. Werekan Akk. (Kai. 7) ist
wohl ebenso zu beurteilen; die Menologjen haben Ούήρ(ι)κας (vgl. Schönfeld 261). -
In drei Fällen steht <ei> für i: usdreibeina Mk. 9,18, kunnei Jh. 17,23, andbahtei I.KOT.
4,1 A {andbahti B).
A n m . 7. Zu /' im Diphthong iu s. §§ 18, 19.
A n m . 8. Über Scheidung der beiden i (= ahd. ë und i) in ostgot. Namen s. Wrede,
Ostg. 162; ZDP 31 (1899), 95.
33
§11. Lautlehre - II. Die Vokale
§ 11. D a s Zeichen <o> steht für einen n a c h u hin liegenden o-Laut, der geschlos-
sener w a r als das durch <au> repräsentierte o f f e n e [o] bzw. [o:] (§ 24ff.); vgl.
M a r c h a n d 75 f.
A n m . 1. In griech. Wörtern und Namen gibt <o> regelmäßig ω wieder und ist somit
als lang zu beurteilen, z.B. ailoe αϊλωι, Gen. Kosamis Κωσαμ, Iohannes 'Ιωάννης.
Weit seltener steht <o> für gr. o, z.B. D. Antiokjai Άντιόχειαν Gal. 2,11 (gegen
Antiaukiai 2.Tim. 3,11 AB, vgl. Gaebeler 14f., 83); zu Aiodian Εύοδίαν Php. 4,2 AB
s. Schulze, Kl. Sehr. 516; durchgehend in Makidonja Μακεδονία, Makidoneis (nach
Schulze, Kl. Sehr. 529 im Suffix an Rumoneis* angeglichen; s. § 9 A.2). Ganz selten
steht <o> für gr. ου: Gen. Sairokis Σερούχ Lk. 3,35, Akk. Lokan (transkribiert Lucan)
Cod. Vindob. 795, fol. 20v (s. Gaebeler 24). - Für griech. und lat. Schreibung westgot.
Namen fehlt sicheres Material, doch vgl. ostgot. * Tötila: Τωτίλας, Τουτίλας;
T(h)ot(h)ila, Tutila.
§ 12. G o t . o setzt germ, langes ô fort ( = ahd. uo, s. A h d . G r . § 38 ff.), in d e m die idg.
L a n g v o k a l e ä u n d δ zusammengefallen sind, w e s h a l b es hier als ó bezeichnet
wird (s. § 6a A . l ) . Es ist in allen Stellungen häufig:
1) in W u r z e l s i l b e n : a) < idg. ä: brôpar 'Bruder', stòma m . 'Grundlage'; -
b) < idg. δ: blâma* 'Blume', fôtus 'Fuß', die Präterita der VI. R e i h e (§ 35)
und z.T. die der ê/ô-Reihe (§ 36): and-hôf, ga-dôf, af-slôh, Plur. and-hôfun
usw.; lailôt, lailôtum; - der ursprüngliche Vokalismus v o n bôka 'Buch-
stabe' u n d frôps 'klug' ist unklar;
2) in E n d u n g e n u n d a u s l a u t e n d : a ) < idg. ä: N o m . P l . gibôs, schw. Ver-
ben II salbôn, salbôda, saibó-, Pron. F e m . h>ô,pô, sô\ hanô-h, ainnô-hun; -
b) < idg. δ: N o m . P l . dagôs\ Gen.Pl. F e m . gibó*, qinônô; Adverbien auf -ó
(§ 211); im auslautenden -ô im N A S g n . der « - S t ä m m e (Typ haírtó), vgl.
Bammesberger, N o m e n 169.
A n m . 1. Statt eines 6 wird viermal <«> geschrieben (Marchand, Orbis 5 [1956], 147):
uhtêdun 'sie fürchteten' Mk. 11,32 (zu ôg); sunjus Eph. 1,13 A (sunjôs B); supuda
Mk. 9,50 (zu supôn* 'würzen', vgl. gasupôda Lk. 14,34); einmal gakrotuda cruv-
θλασθήσεται Lk. 20,18 (mit Grienberger 86, Feist 187, Pokorny 391 zu ga-krôtôn*;
anders Streitberg § 23 A: verschrieben für *gakrutoda). In ostgot. Namen steht häufig
<«> für ô, s. Wrede, Ostg. 164.
A n m . 2. In der Stellung vor Vokal erscheint ein <au> anstelle eines ursprünglichen ô
(§26).
A n m . 3. In der Flexion von fort, Gen. funins 'Feuer' wechselt ó mit u (§ 118). Die in
früheren Auflagen nach Streitberg 1,490 und von Kraus, ZDA 66 (1929), 210 ange-
führte Lesung t/v« (Akk.), Got. Veron. XVIII, ist falsch; eine von Marchand freund-
licherweise überlassene Photographie der Stelle zeigt deutlich fon.
34
u §14.
u
Das Zeichen <«> bezeichnet in den meisten Fällen ein kurzes /u/ (§ 14), § 13.
seltener auch ein langes /u:/ (§ 15). Möglicherweise wurde der Kurzvokal
offener gesprochen als der Langvokal (§ 28); beweisen läßt sich das nicht.
Vgl. Gaebeler 26 f.; Marchand 75.
A n m . 1. <«> vertritt in Fremdwörtern regelmäßig gr. ου, z.B. Iudaius'Ιουδαίος. Öfter
aber steht es auch in unbetonter Silbe für gr. o, z.B. diabaulus Jh. 6,70, diabaulau Jh.
8,44 gegen 12 diabul- διάβολος; aber apaustaulus (etwa 40 Belege in verschiedenen
Kasus) gegen apaustuluns Lk. 6,13, apaustulu Php. 2,25 άπόστολος (vgl. § 120 A.3);
A. paintekusten l.Kor. 16,8 AB (keine anderen Belege) πεντηκοστή; durchgehend
Iairusalem, Iairusaulwma 'Ιερουσαλήμ, 'Ιεροσόλυμα. Vgl. Luft 301; Bethge 29;
Gaebeler 22, 32f„ 56f.
A n m . 2. Selten steht <u> für <5 (§ 12 A.l); zu <u> für àu s. § 105 A.2.
Sehr häufig setzt got. u einen kurzen w-Laut fort. Dieser ist zweifachen § 14.
Ursprungs:
a) Er entspricht altem idg. u: juk* 'Joch', sunus 'Sohn', drus 'Fall', usdrusts*
'das Fallen', fralusts 'Verderben', fra-lusnan* 'verlorengehen'; - im Plur.
Prät. und Part. Prät. der starken Verben der II. Reihe (§ 31), z.B. gutum*,
gutans*, fra-lusum*, -lusans; - im Auslaut, z.B. Endungen der
M-Deklination (handus, handu, § 104ff.), pu 'du', nu 'jetzt', -u Frage-
partikel (§ 216).
b) Er ist im Germ, aus idg. silbischem ¡, r, ni, η entwickelt („/ sonans" usw.,
vgl. § 27 A.l; dazu Banta, Linguistics6 [1964], 29ff.): wulfs 'Wolf, wulla*
'Wolle', gaqumps* 'Zusammenkunft', gulp* 'Gold', swumfsl 'Teich',
hunda Pl. Ί00', sibun '7', taíhun ΊΟ\ fulls 'voll', un- Privativpräfix; -
im Plur. Prät. und Part. Prät. der starken Verben der III. Reihe (§ 32):
bundum*, bundans; - im Part. Prät. der Verben der IV. Reihe (§ 33):
numans*, stulans*, trudans* (dazu auch Präs. trudan 'treten'), brukans*
(mit us-bruknan* 'abgebrochen werden').
A n m . 1. Vor ableitendeny'-Suffixen fällt stammauslautendes u aus, z.B. ga-hardjan*
'härten' (zu hardus), us-agljan* 'bedrängen' (zu aglus*), manwjan 'bereiten' (zu
manwus), ufarassjan 'vermehren' (zu ufarassus*); s. Meyer 325 f. In ufar-skadwjan*
'beschatten' und dem von gaskadweins* 'Beschattung' vorausgesetzten *ga-skadwjan
(zu skadus 'Schatten') liegt ursprünglicher iva-Stamm vor (§§ 42,3, 91 A.3), vgl. Jel-
linek, ZDA 36 (1893), 268f.; Streitberg, Fs. Windisch (1914), 225f. - Ü b e r u neben w
vgl. §42.
A n m . 2. Vor h (h) und r wird kurzes uzaaú „gebrochen", vgl. § 24. - In anderen
germ. Sprachen bezeichnet der Terminus „Brechung" abweichende Vorgänge, z.B. im
Ahd. die Senkung eines u zu o vor einem a der Folgesilbe.
A n m . 3. Etwa lOmal (meist im Luk.-Ev.) ist u durch <o> wiedergegeben (Marchand,
Orbis 5 [1956], 147 mit A.l): fraistobnjô Lk. 4,13, widowô 7,12, ainomêhun 8,43, sunjos
'Söhne' 16,8 (vgl. Bernhardt LIV), ushôfon 17,13, lauhmoni 'Blitz' 17,24,
gawondôndans 20,12; dazu noch faiho 'Geld' Mk. 10,23, aljakonjai Eph. 2,19 AB. -
Hierher wohl auch aldomin 'Greisenalter' Lk. 1,36 (§ 139 A.2); kaum jedoch afdôbn
'verstumme' Lk. 4,35 neben afdumbn Mk. 4,39.
35
§14. Lautlehre - II. Die Vokale
§ 15. Seltener steht got. <«> für langes /u:/; dieses wird hier mit û bezeichnet. Zwei
Fälle sind zu unterscheiden:
a) Es setzt den idg. Langvokal ü fort: ût 'hinaus' (ûta usw.), hraiwa-dûbô*
'Turteltaube', runa 'Geheimnis' (ga-rûni, bi-rûnains*), rûms 'geräumig'
(ur-rûmnan*), faúr-múljan* 'das Maul verbinden', brûps* 'junge Frau'
(nhd. Braut), gud-hüs* 'Gotteshaus', skûra 'Schauer', hlûtrs* 'lauter', fûls
'faul', pûsundi Ί000', brûkjan 'brauchen' (Prät. brûhta, Adj. brûks),
hûhjan* 'aufhäufen' (oder mit *-unh- nach Absatz b, s. Streitberg § 65,2),
hrûkjan* 'krähen' (s. PBB 6 [1879], 379; Grienberger 120), us-lûkan 'öff-
nen' (§§ 31 A . l , 173 A.2), ferner im Suffix -düps wie mikildûps (§ 103; vgl.
PBB 6 [1879], 380).
b) Es ist bei Ausfall von η vor germ, h aus kurzem u gedehnt (§§ 5,b, 50 A. 1):
pûhta (Prät. zu pugkjan* 'dünken'), pûhtus* 'Gewissen', Adj. -pûhts,
hûhrus 'Hunger' (huggrjan* 'hungern'), jûhiza 'jünger' ( z u j u g g s * ) , bi-ûhts
'gewohnt' (s. Heidermanns, E W G P 639), ûhtwô* 'Morgendämmerung',
ûhteigs*, ûhtiugs* 'rechtzeitig'.
A n m . 1. In einigen Fällen ist die Quantität des u umstritten. Mit langem /u:/ sind
anzusetzen *mûks (in mûka-môdei* 'Sanftmut', s. Heidermanns, EWGP 415),
prûts-fill 'Aussatz' (vgl. aisl. prútinn 'geschwollen', ae. prüstfell, PBB 9 [1884], 254;
Feist 503; aber Persson, BB 19,268). Dagegen haben wohl kurzes /u/ kunawida 'Fes-
sel' (Pokorny 397; aber ZDP 27,445f.; Grienberger 143) und lun* (luns*7) 'Lösegeld'
(Feist 338; Pokorny 682; aber nach Brugmann I, 112 mit [u:]). Ganz unsicher sind
anabusns 'Gebot' (PBB 9 [1884], 152; 10 [1885], 497; Brugmann 11,1,289; Feist 41 f.;
Pokorny 151), hnupô (2.Kor. 12,7 A; hnutô Β) σκόλοψ, 'spitzer Pfahl' (Grienberger
118; Feist 266; Pokorny 563), lesus oder -ûs (s. § 120 A.lb; Streitberg § 66 Anm.;
Wrede/Heyne § 176 A.l; Ebbinghaus, GL 11 [1971], 152 A.l), jus 'ihr' (§ 150 A.2),
sutis (1 .Tim. 3,3 AB; Überlieferung problematisch) 'mild' (für /u:/ J. Schmidt, KZ 26
[1882], 380; Grienberger 203; Uhlenbeck, PBB 30 [1905], 311; für /u/ Braune, Litbl
1908, 328; Streitberg § 65 A.2; vgl. Mayrhofer, KZ 71 [1954], 74f.; 73 [1956], 116f.).
Auch fidar- und -uh werden von einigen mit /u:/ angesetzt (vgl. § 24 A.2).
A n m . la. In ju-pan Mk. 15,44 und pu Mt. 11,3, Lk. 7,19.20 wird meist langes [u:]
(aus ju, pu + Fragepartikel -u, § 216 A.l) angenommen (Schulze, Kl. Sehr. 589ff.);
dagegen Jones, Fs. Kunstmann (1959), 208ff.; ders., Orbis 14 (1965), 393ff.
36
ei §17.
ei
Mit <ei> wird der Laut des geschlossenen (langen) [i:] bezeichnet, im An- § 16.
schluß an das Griech., das zu Wulfilas Zeit ebenfalls das ει bereits als [i:]
aussprach.
A η m. 1. In griech. Wörtern gibt <ei> regelmäßig ει wieder, das niemals durch got. <i>
ausgedrückt wird. Außerdem aber entspricht <ei> überwiegend dem griech. ι in offener
Silbe (vor einfachen Konsonanten), wo dieses als geschlossenes (langes) [i:] aus-
gesprochen wurde; z.B. Teimaupaius Τιμόθεος, Neikaudemus* Ν(ε)ικόδημος (nur
Neikaudaimau Skeir. 8,3, s. § 6 A.l). In 10 Fällen wird auch gr. η durch <ei> wieder-
gegeben, z.B. Kwreirtaius* Κυρηναΐος, Auneiseifaurus* Όνησίφορος. Vgl. Luft
302f., 304; van Helten, IF 14 (1903), 60f.; Gaebeler 21, 22f., 39,41 f. und bes. 44f.
In got. Wörtern kommt <ei> in Stamm-, Mittel- und Endsilben vor. Es ent- § 17.
spricht meist germ. I, in dem idg. f u n d ei zusammengefallen sind: im Präs.
der starken Verben der I. Reihe (§ 30; hier überwiegend idg. ei), z.B. beitan*
'beißen', steigern*·, - in sonstigen Wurzelsilben, z.B. foeila* 'Zeit', eisarn*
'(Eisen)fessel', leipu* 'Obstwein', skeirs 'klar'; weis 'wir', meins, peins', - sehr
häufig in Suffixen und Endungen, z.B. Adj. auf -eigs und -eins (vgl. lat. -icus
und -ïnus) wie mahteigs, aiweins* 'ewig', N o m i n a actionis auf -eins (laiseins
'Lehre'), N G S g . der mask. ya-Stämme hairdeis 'Hirt', laisareis 'Lehrer',
Nom.Pl. der i-Dekl. gasteis (idg. ei), Opt. Prät. nêmeis (idg. Î); - auslautend
in Feminina auf ei: managei (§ 113), im Imperativ sôkei usw. (§ 186), in der
Relativpartikel ei (§ 157) nebst den damit gebildeten Zusammensetzungen.
In einer kleinen Zahl von Fällen ist germ. Γ (unter Ausfall von « vor germ.
h) aus kurzem i gedehnt (§ 50 A. 1 ): leihts* 'leicht', peihs 'Zeit', peihô* 'Don-
ner'. Zu den starken Verben leihan, peihan, preihan*, weihan s. § 172 A.5.
A n m . 1. In etwa 38 Fällen (Marchand, Orbis 5 [1956], 145 mit A.l) wird langes /i:/
durch <e> wiedergegeben, z.B. aketis Mt. 27,48 (akeitis Mk. 15,36); wêhsa Mk. 8,26.27;
akê Gal. 2,14; izê Mk. 9,1, Lk. 8,13.15 u.ö.; s. Hirt, PBB 21 (1896), 161; Kock, IF 30
(1912), 250f.; Vennemann, Lg 48 (1972), 863ff. Ebenso birêkjai Lk. 8,23 'gefährdet'
neben bireikjai 1 .Kor. 15,30 A, dazu bireikei* 'Gefahr', achtmal mit ei in 2.Kor. 11,26
Β (Griepentrog, HS 104 [1991], 108 ff). - Entgegen Grienberger 112 gehört der Akk.
hêpjôn 'Kammer' Mt. 6,6 nicht hierher, vgl. Feist 254, Pokorny 586. - Mit Bremer,
PBB 11 (1886), 32; Grienberger 39 wird häufig auch das dreimal mit <e> überlieferte
awêpi (Nom., Akk. Jh. 10,16,1 .Kor. 9,7; Gen. 1 .Kor. 9,7) hierhergestellt (s. Feist 70;
Pokorny 784). Jedoch kann das ê hier durchaus alt sein; vgl. Schmidt, Neutra 70 A.2;
Bammesberger, MSS 34 (1976), 5 ff.
37
§17. Lautlehre - II. Die Vokale
iu
§ 18. /iu1 ist der einzige Diphthong des Got. (§ 28). Es handelt sich um einen
fallenden Diphthong, in dem i als betonter Vokal, u als Halbvokal gespro-
chen wird, /iu/ setzt meist den idg. Diphthong eu fort, der erste Bestandteil
entspricht also dem auf idg. e zurückgehenden got. i (§ 10,1).
A n m . 1. Die Lateiner geben got. iu durch <eu>, <eo> wieder: Theudis, Theodoricus. Vgl.
hierzu Wrede, Wand. lOOf.; dens., Ostg. 167; ZDP 31 (1899), 95.
A n m . 2. In folgenden Formen ist <iu> zweisilbig: sium usw. (§ 10 A.4), niu, biugitai
Lk. 18,8 (mit Fragepartikel u: ni-u, bi-u-gitai§ 216), ni-un 'neun' (so Lk. 15,4, vgl. §§ 1
A.7,141), stiur 'Stier' (§ 78 A.2). Vgl. auch bi-ûhts 'gewohnt' mit langem Iu:/ (§ 15,b).
A n m . 3. Jones, Lg 34 (1958), 353ff., Hamp, ebd. 359ff. und Durante, AFLLS 6
(1975), 205 ff. haben versucht, für «u> monophthongische Aussprache [y] zu erweisen;
vgl. dazu Ebbinghaus, JEGP 59 (1960), 597ff.; Jones, JEGP 61 (1962), 73ff.;Bennett,
Linguistics 32 (1967), lOf.; Ebbinghaus, GL 11 (1971), 99f.; Marchand 76.
§ 19. iu ist normaler Präsensvokal der II. Ablautreihe (§ 31): biugan* 'biegen',
-biudan* 'bieten', tiuhan 'führen'. - In anderen Wörtern z.B. piuda 'Volk',
dius* 'Tier', liuhap 'Licht', diups* 'tief, siuks 'krank', niujis 'neu', iup 'auf-
wärts'. - In Suffixen und Endungen kommt iu normalerweise nicht vor; zu
dem vereinzelten Beleg ûhtiug 'rechtzeitig' l.Kor. 16,12 Β (neben ühteigs*)
s. Feist 515 mit Lit.
A n m . 1. Im Silbenauslaut kann iu aus iw entstanden sein, mit dem es deshalb in der
Flexion wechselt: weina-triu 'Weinstock' neben Dat.Pl. triwam 'Holz'; anaqiujan
'beleben' neben Prät. mipgaqiwida (§ 42,2); vgl. Bennett, Linguistics 32 (1967), 5ff.In
siuns 'Gesicht' geht iu auf älteres *iw zurück, dessen w auf Labiovelar beruht.
ai
§20. Der Digraph <ai> steht im Got. (nach griech. Vorbild) für einen offenen
e-Laut [ε] bzw. [ε:]; vgl. Marchand 74 ff. Historisch gesehen setzt er mehrere
etymologisch verschiedene Laute des Idg. und Germ. fort.
38
ai §20.
I. <α/> entspricht einem idg.-germ. kurzen e oder i (= ahd. ë oder i). In diesen
Fällen ist der Laut zweifellos kurz; wir bezeichnen ihn hier durch einen
Akzent auf dem i: ai. Der Vokal ai findet sich:
1. vor den Konsonanten r, h und h, die vorhergehendes kurzes i in offenes e
(phonet. [ε]) verwandeln („Brechung", s. Anm. 1), z.B. airpa 'Erde',
wairpan 'werfen', bairhts* 'hell', widuwairna* 'Waise'; faihu 'Vermögen'
(ahd. fihu 'Vieh'), maihstus* 'Mist', raihts 'recht', taihun '10', praihun
Plur. Prät. zu preihan 'drängen'; salivan 'sehen';
2. in der Reduplikationssilbe (§ 178 ff.), z.B. haihait, af-aiaik, lailôt, salso
(s. A n m . 4);
3. wahrscheinlich in der Konjunktion aippau 'oder' (= ahd. ëddo Ahd.Gr.
§ 167 A . l l ) , s. Cercignani, JIES 12 (1984), 329ff. (mit reicher Lit.); vgl.
ferner J. E. Härd, Mnd. 'oder', 'oft' und Verwandtes, Stockholm 1967;
Lühr, M S S 34 (1976), 77ff.
A n m . 2. Nicht j e d e s ai vor A, h, r ist ai, es kann auch der germ. Diphthong /ai/
vorliegen (hier als ei bezeichnet, vgl. § 21), z.B. Prät.Sg. páih (wie ur-rais), aber Plur.
ga-paihup (wie ur-risun § 30), áih 'ich habe', äihts* 'Eigentum', háihs* 'einäugig', dir
'früh' (ahd. er), sdir 'Schmerz' (ahd. ser), áirus* 'Bote'. Die Entscheidung, ob ài oder
ai vorliegt, können in den meisten Fällen nur die übrigen germ. (bzw. idg.) Sprachen
liefern.
A n m . 3. In got. Namen gibt die griech. und lat. Orthographie das ai durch ε, e
wieder, z.B. Έρμενάριχος, Ermanaricus = got. *Airmanareiks, Ermenberga - got.
*Airminbaírga. Vgl. Wrede, Ostg. 162.
A n m . 4. Der Lautwert [ε] für alle Reduplikationssilben kann als Analogie nach
lautgesetzlichen Formen wie haihait erklärt werden, aber auch auf proklitischer Stel-
lung beruhen. Vgl. H. Osthoff, Zur Geschichte des Perfects im Indogermanischen,
39
§20. Lautlehre - II. Die Vokale
Straßburg 1884, 276ff.; Brugmann 11,3, 24, 480ff.; Krause §61,4; Bennett, Lg 43
(1967), 661 ff.; dens., in: Coetsem/Kufner (1972), 112f.; Cercignani, KZ 93 (1979),
126fT.; Ebbinghaus, GL 31 (1991), 177ff.
A n m . 5. In den Wörtern baitrs* 'bitter', jains 'jener', waila 'wohl' ist mit Blick auf
ahd. bittar, jener, wëla das <ai> vielfach auf alten Kurzvokal zurückgeführt worden.
Tatsächlich liegt in baitrs* und jains alter Diphthong vor; für waila allerdings fehlt es
nach wie vor an einer plausiblen Erklärung. Vgl. Cercignani, JIES 12 (1984), 322ff.
(mit reicher Lit.).
A n m . 6. Nach Schulze, Kl. Sehr. 525f. wäre ai anzusetzen in haipnó Έλληνίς Mk.
7,26, in Umbildung von gr. τα έθνη; vgl. Feist 237f. (mit älterer Lit.); Lehmann 172f.
A n m . 7. Die tab statt a der Kompositionsfuge in Cod. A (§ 88a A.2) sind vielleicht
nur Schreibfehler. Anders Schütte, ZDA 70 (1933), 121 ff., der hier jüngere Sprach-
formen mit Umlaut annimmt.
§ 21. II. <ai> entspricht dem germ. Diphthong ai (< idg. oi, ai), der im Ahd. als ei
(ai) oder ê (Ahd.Gr. §§ 4 3 , 4 4 ) , im As. als ê, im Aisl. als ei vertreten ist. Im
folgenden bezeichnen wir dieses ai als ài, w o es mit ai (§ 20) verwechselt
werden kann. Der Lautwert, den dieser Digraph wiedergibt, ist bis in die
jüngste Zeit umstritten. Wir sehen darin einen Monophthong, und zwar
einen offenen, sehr wahrscheinlich langen e-Laut [ε:]; andere halten ài für
einen Diphthong [at],
A n m . 1. In der älteren Forschung herrschte fast ausnahmslos die Ansicht, es handle
sich um einen Diphthong, doch schon bei Gabelentz/Loebe 11,2, § 28 wird Mono-
phthong angenommen.
a) Für die Geltung als D i p h t h o n g werden hauptsächlich folgende Argumente
angeführt: 1. Die Tatsache, daß der entsprechende Laut in anderen germ. Sprachen
z.T. als Diphthong auftritt, was natürlich nichts beweist. - 2. Das Wort hailag (= ahd.
heilag) in der Runeninschrift des Ringes von Pietroassa (§ E17); doch bleibt es frag-
lich, ob diese Inschrift westgot. ist; ferner ist die Datierung äußerst unsicher, und falls
sie wirklich, wie von einigen angenommen, bis ins 3. Jh. hinaufzuverlegen (und tat-
sächlich westgot.) wäre, könnte sie nichts für die Sprache Wulfilas aussagen. - 3. Das
lat. Gedicht „de conviviis barbaris" (§ E19) enthält das Wort eils, das im Metrum
zweisilbig gelesen werden muß; doch kann das Gedicht auf ein vorwulfilanisches
Got. weisen (Ebbinghaus, GL 30 [1990], 75ÍT.). - 4. Die Wiedergabe got. Eigenna-
men mit germ. Diphthong ai bei lat. Schriftstellern durch <ai>, <ei>. Hierbei ist jedoch
zweierlei zu beachten: erstens sind solche Schreibungen traditionell und zählebig,
repräsentieren also gewöhnlich einen älteren Sprachzustand; zweitens setzen sich
vom Ende des 4. Jh.s an statt <ai>, <ei> die Schreibungen <e>, <i> durch (Gizericus bei
Jordanes). - 5. Die Substitution von westgot. ai durch a bei Entlehnungen ins Ok-
zitanische und Iberoromanische: während der Diphthong ai in den aufnehmenden
Sprachen nicht zur Verfügung stand und daher substituiert werden mußte, wäre (im
Falle monophthongischer Aussprache) die Rezeption durch roman. ( möglich ge-
wesen (Dietz, Sprachw 24 [1999], 453ff.). Die wenigen einschlägigen Lehnwörter
vermögen die direkt das Bibelgot. betreffende Evidenz der Umsetzung griech. Wörter
(s.u.) nicht zu erschüttern; sie werden sich mit der von Dietz (ebd. 152) als Ausweg
angedeuteten Annahme eines Dialektunterschieds innerhalb des Westgotischen er-
klären lassen. Vgl. § 25 A.l zur Rezeption von westgot. au.
b) Für die Geltung des ài als M o n o p h t h o n g spricht in erster Linie die Organisa-
tion von Wulfilas Alphabet und Orthographie; αι in seinem Musteralphabet gibt stets
40
ai §21.
einen offenen ¿-Laut wieder. Es muß berücksichtigt werden, daß Wulfila verschie-
dene Möglichkeiten zur Verfügung standen, einen qualitativen Unterschied zwischen
Vokalen wiederzugeben, wie er zwischen einem offenen [ε:] und einem Diphthong
besteht; vgl. Hirt, HU I, § 39; Marchand 63 f., 83. Außerdem wird das αι (phonet. [ε:])
griech. Wörter und Namen regelmäßig durch <ai> wiedergegeben (§ 23). Vgl. ferner die
Aussagen in § 24 ff. über monophthongisches <au>.
A n m . 2. Aus der äußerst umfangreichen Literatur über diese Frage seien angeführt:
a) für die Geltung als Diphthong: Kluge § 35a; Streitberg § 34,7; Jellinek § 40; Wrede/
Heyne § 21ff.;Krahe/Seebold §§ 7,15; Krause §§ 49,2,56,2; Sehrt, Fs. Frings (1956),
1 ff.; Lehmann, Reconstr. 23;
b) für die Geltung als Monophthong: Gabelentz/Loebe 11,2, § 28; W. Scherer, Zur
Geschichte der deutschen Sprache, 2. Aufl. Berlin 1890, 202; Hirt, Idg.Gr. I, § 108;
ders., HUI, §31,2; Mosse §25ff.; Bennett, Lg25 (1949), 15ff; Penzl, JEGP 49,
225ff.;Marchand 63f., 83; ders., PBB 81 (1959), 436ff; van der Lee, Fs. Hammerich
(1962), 125ff.; Bennett, Linguistics 32 (1967), 5ff.; Wienold, FL 3 (1969), 134ff.;
Beck, IF 78 (1973), 113ff.; R. J. E. d'Alquen, Gothic Aland AU, The Hague/Paris
1974.
Dieses got. ai geht in der überwiegenden Zahl aller Fälle auf idg. oi und ai
zurück, die in germ, ai zusammenfielen. Es begegnet an allen Stellen des
Wortes. Beispiele:
Für die Stammsilben: mit idg. oi: im Prät. Sing, der I. Ablautreihe (§ 30),
z.B. bait* (nur and-bait) 'ich biß' (zu beitan*), Staig* (nur at-, us-staig) 'ich
stieg' (zu steigan*) usw., wait 'ich weiß' (§ 197); in ains 'ein', hlaifs 'Brot',
staiga* 'Pfad', laisjan 'lehren'; - mit idg. ai (z.T. unsicher): haitan 'heißen',
maitan* 'schneiden', skaidan 'scheiden', aiws* 'Zeit'; hails 'Heil', dails* 'Teil'
(für die Stellung vor h, fv, r vgl. § 20 A.2).
In Flexionssilben erscheint in- und auslautend ai (verschiedener Her-
kunft) im Gen.Sg. der /-Deklination mahtais usw. (§ 102), im starken Adj.
gôdaizôs usw. (§ 123), im Opt. Präs. qipais usw., in der III. schw. Konjuga-
tion (§ 191) habais, habaida', - auslautend im Dat.Sg. der fem. ô- und i-
Stämme: gibai, mahtai; im DSgf., NPlm. des starken Adj. blindai-, in der
3.Sg. Opt. nimai; ferner in den einsilbigen Wörtern pai NPlm. 'diese', twai
'zwei', bai 'beide', jai 'ja', sai 'siehe!', wai 'wehe'.
A n m . 3. Uber das aus germ, ai (aus idg. Kurz- und Langdiphthongen) in Flexions-
silben entstandene got. αι wurde verschiedentlich gesondert gehandelt und seine Gel-
tung als Monophthong in vielen oder allen Fällen gefordert, ohne dabei durchweg
Monophthongierung auch in haupttonigen Silben anzunehmen. Vgl. W. Scherer,
Zur Geschichte der deutschen Sprache, 2. Aufl. Berlin 1890,200,529f.; Hirt, PBB 18
(1894), 284. Gesondert behandelt von Jones, Gothic αϊ in Inflectional Syllables, Lg 32
(1956), 633 ff.; Marchand 95.
41
§22. Lautlehre - II. Die Vokale
§ 22. III. Eines besonderen Kommentars bedarf das vor Vokal stehende <ai> der
redupl.-ablautenden Verben (§ 182) saian 'säen' und waian* 'wehen' (ähn-
lich <au>, § 26). Bei altem Diphthong wäre vor Vokal ein Übergang zu aj
zu erwarten; jedoch entspricht diesem <ai> ein etymologisches ë in got.
manasêps 'Menschheit', ebenso im Ahd. â (nicht ei): säen, wâen (Ahd.Gr.
§ 359 A.3). M a n m u ß also von Formen mit germ. ël ausgehen.
Die beste Erklärung ist die von Braune bis zur 9. Aufl. dieses Buches
vorgetragene (s. A n m . 3): das geschlossene [e:] von *sëan, *wêan ist vor
Vokal zu offenem [ε:] geworden, das durch <ai> wiedergegeben ist (vgl. § 23);
so auch N T S 4 (1930), 469; Ebbinghaus, G L 19 (1979), 32.
A n m . 1. Vor dem i der Endung (3.Sg. Präs. saiïp, § 1 A.6) stehen im Cod. arg. und in
A Formen mit j (vgl. § 44 A.3): saijip Mk. 4,14; saijip 2.Kor. 9,6 A (= saiïp B); Gal.
6,7.8 A (= saiïp Β). Dagegen steht vor a nur einmal j in saijands Mk. 4,14. Vgl. hierzu
Bremer, PBB 11 (1886), 75f.; Grienberger 178; Kluge, Fs. Viëtor (1910), 106ff.;
Jacobsohn I.
A n m . 3. Helm war ab der 10. Aufl. dieses Buches von./-Bildungen germ. *sëjan,
*wëjan ausgegangen, wobei germ, ëj vor Vokal durch Verschiebung der Silbengrenze
zum Diphthong ai verkürzt worden sei (anders Jellinek § 85: è vor Vokal diphthon-
giert). Die Annahme ist abzulehnen, weil sie der sonst zu beobachtenden got. Regel
über die Behandlung von Diphthongen vor Vokal widerspricht. Auch Jacobsohns
Beobachtungen über den Gebrauch des j in Schreibungen wie saijip, saijands
(s. Anm. 1) weisen nicht auf diphthongische Geltung, da das y nach Palatalvokal als
sekundärer Gleitlaut aufgefaßt werden kann: [se:(j)an], [we:(j)an]. Um altes j kann es
sich nicht handeln: bei den Verba pura ist intervokalisches j gemeingerm. geschwun-
den (G. I>órhallsdóttir, The Development of Intervocalic *j in Proto-Germanic, Diss.
Cornell Univ. 1993).
A n m . 4. Vgl. über die lautliche Geltung der hier in Rede stehenden <αι> besonders
Bremer, PBB 11 (1886), 51 ff.; Brugmann I, 284; Wrede, Wand. 99, der in diesem <ai>
mit Holtzmann das kurze αϊ erblicken wollte; Noreen, Ltl. 35 f.; van Helten, PBB 21
(1896), 467ff.; ders., IF 14 (1903), 62ff.; Gaebeler 52f.; für diphthongisches ai Jacob-
sohn I; Streitberg § 71; Wrede/Heyne § 22a; Krause § 58.
§ 23. D a ß der got. Digraph <ai>, wie es die in § 22 angeführte Erklärung verlangt,
sowohl kurzes als auch langes e (phonet. [ε] bzw. [ε:]) bezeichnen kann, geht
aus seiner Vertretung griech. Laute hervor. Es steht regelrecht <ai> = gr. ε:
aikklesjô εκκλησία, Aileisabaip 'Ελισάβετ (-θ), Baiailzaibul Β ε ε λ ζ ε β ο ύ λ ,
Gainnesaraip Γεννησαρέτ; ebenso = gr. αι (phonet. [ε:]): Idumaia Ί δ ο υ μ α ί α ,
Haibraius Ε β ρ α ί ο ς , hairaiseis αιρέσεις usw. Selten entspricht got. <ai> auch
dem griech. η, z.B. Hairodiadins Gen. zu Ή ρ ω δ ί α ς Mk. 6,17, Neikaudaimau
Skeir. 8,3 Ν ( ε ) ι κ ό δ η μ ο ς (gegenüber Nikaudemus Jh. 7,50), und vor Vokal
42
au §24.
au
Der Digraph <au> steht im Got. für einen offenen o-Laut [o] bzw. [o:]; vgl. § 24.
Marchand 76. Historisch gesehen setzt er mehrere etymologisch verschie-
dene Laute des Idg. und Germ. fort.
I. <au> bezeichnet im Got. einen offenen o-Laut, der sich unter bestimmten
Bedingungen (s.u.) aus germ, kurzem u entwickelt hat und zweifellos kurz
ist. Wir bezeichnen das <au> in diesen Fällen mit einem Akzent auf dem u: αύ
(zur Unterscheidung von dem du aus § 25). D i e Entsprechung dieses Lautes
im Ahd. ist o oder u (Ahd.Gr. § 32).
D a s au steht in got. Wörtern vor r und h (tv) und ist hervorgegangen aus
kurzem u, welches vor diesen Lauten zu [o] „gebrochen" wird; z.B. waúrms
'Schlange', haúrn* 'Horn', baúrgs (ahd. bürg) 'Stadt', undaúrni-mats* 'Mit-
tagessen' (as. undorrì), waurd 'Wort', (us-)waúrpum Plur. Prät. zu wairpan
'werfen' (vgl. § 32), saúhteis* Pl. 'Krankheiten' (ahd. suht), daühtar 'Toch-
ter', GP1. aùhsnê Ochsen', taúhun Plur. Prät. zu tiuhan 'führen' (§31),
baühta Prät. zu bugjan* 'kaufen'.
A n m . 1. Vor anderen Lauten als r und h (für b fehlen Belege) ist das Brechungs-
produkt au nicht nachzuweisen. Die Verben bi-sauljan* 'beflecken', bi-saulnan* 'sich
beflecken' und uf-bauljan* 'aufblasen' führen sicher auf Diphthong (Feist 94f., 511
mit Lit.). Vor diesem Hintergrund ist auch für auftô 'etwa, vielleicht' schwerlich αύ
(Feist 63 mit Lit.), sondern alter, mit dem u in uftô Mt. 27,64 ablautender Diphthong
anzusetzen (Cercignani, JIES 12 [1984], 336f.).
43
§ 24. Lautlehre - II. Die Vokale
A n m . 4. Über das au, das in den Endungen der u-Deklination für u eintritt, vgl. § 105
A.2.
§ 25. II. <au> entspricht, außer vor h und r (doch z.T. auch vor diesen: § 24 A.3)
dem germ. Diphthong au, der im Ahd. als au, ou oder ô (Ahd.Gr. §§ 4 5 , 4 6 ) ,
im As. als ô, im Aisl. als au vorliegt. Wo eine Unterscheidung von aú nötig
ist, wird dieser Laut im folgenden durch âu bezeichnet.
Wir nehmen an, daß germ, au in der Sprache Wulfilas zu einem offenen,
sehr wahrscheinlich langen o-Laut [o:] monophthongiert war, der durch den
Digraph <au> bezeichnet wurde. Diese Ansicht ist nicht unbestritten, und bis
in die jüngste Zeit halten einige an der Annahme fest, das v o m germ, au
hergeleitete wulfilanische <au> repräsentiere einen Diphthong [au],
A n m . 1. Die ältere Forschung war fast ausnahmslos der Ansicht, got. âu repräsen-
tiere einen Diphthong, doch ist Widerspruch gegen diese Ansicht schon bei Gabe-
lentz/Loebe 11,2, § 29 zu finden. Die Frage ist hier fast gleich gelagert wie bei ài (§ 21).
a) Für die Geltung als D i p h t h o n g wird hauptsächlich geltend gemacht: 1. Die
Tatsache, daß in den übrigen germ. Sprachen an der etymologisch entsprechenden
Stelle meist Diphthong steht, was ohne Beweiskraft ist. - 2. Die Wiedergabe got.
Namen mit germ, au durch <au> bei lat. Schriftstellern. Die ακ-Schreibungen gelten
jedoch nur für die ältere Zeit, während sich um 400 Schreibungen mit <o> durchsetzen
(um 300 Austrogoti, um 400 Ostrogotih)í); hierbei ist zu berücksichtigen, daß Schrei-
bertradition zählebig ist und die Schreibungen Lautwandel einer fremden Sprache
nur mit Verzögerung widerspiegeln. - 3. Die Vertretung von westgot. au durch den
Diphthong au bei Entlehnungen ins Altprovenzalische, obwohl (im Falle mono-
phthongischer Aussprache) eine Rezeption durch roman, ç möglich gewesen wäre
(Dietz, Sprachw 24 [1999], 127 ff.). Hierfür gilt dasselbe wie für die Behandlung von
westgot. ai (§ 21 A.l): wir haben mit Dialektunterschieden innerhalb des Westgot. zu
rechnen.
b) Als sicherstes Argument für die Aussprache des au als Μ o η o p h t h o η g [o:] und
nicht als Diphthong ist die Tatsache zu betrachten, daß gr. αυ (mit konsonantischem
υ) im Bibelgot. durch <aw> und nicht durch <au> repräsentiert wird: Pawlus Παύλος.
44
au §26.
Auch die späte Urkunde von Neapel hat kawtsjôn für lat. au, was allerdings für die
Sprache Wulfilas nichts beweisen kann.
A n m . 2. Aus der umfangreichen Literatur über diese Frage seien angefühlt:
a) für die Erhaltung des Diphthongs: Kluge § 36a; Streitberg §§ 34,8,74; Jellinek § 41 ;
Wrede/Heyne § 25ff.; Sehrt, Fs. Frings (1956), 1 ff.; Krahe/Seebold §§ 7, 15; Krause
§§49,2, 56,4;
b) für Monophthong: Gabelentz/Loebe 11,2, § 29; Marchand 76; ferner die § 21 A.2
angeführte Literatur.
c) Über Monophthongierung des äu bei den Ostgoten s. Wrede, Ostg. 165 f.; Jellinek,
ZDA 36 (1893), 273 A.2.
Dieses got. au geht in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle auf idg. ou
und au zurück, die in germ, au zusammengefallen sind. Es begegnet in allen
Stellungen. Beispiele:
Für die Stammsilben: mit idg. ou: im Prät. Sing, der II. Ablautreihe
(§31), z.B. -baup (nur ana-,faur-baup) 'ich bot' (zu -biudan* 'bieten'),plauh*
(nur ga-, unpa-plauh) 'ich floh' (zu pliuhan 'fliehen'); in laugnjan* 'leugnen',
daupjan 'taufen', galaubjan 'glauben', galaubeins 'Glaube', raups* 'rot',
daupus 'Tod'; - mit idg. au: aukan* 'vermehren', ausò Ohr'; -hlaupan* 'lau-
fen', stautan* 'stoßen'; haubip 'Haupt', augô 'Auge'.
In Flexionsendungen und auslautend erscheint au in der «-Deklination
Gen.Sg. sunaus (idg. ou), Dat.Sg. sunau (idg. eu) und in ahtau 'acht' (idg. öu).
Die Herkunft des -au ist strittig bei den Verbalformen l.Sg. Opt. Präs.
nimau, Prät. (and-)nêmjau, 3.Pers. Ipv. at-steigadau, lausjadau, liugandau,
Opt. haitaidau (s. Anm. 6).
A n m . 3. Das u in au wechselt vor Vokal mit w (vgl. §42), z.B. taujan Prät. tawida
'tun', mawi G. maujôs 'Mädchen', sniwan* Prät. snau(-h) 'eilen'; vgl. Bennett, Lin-
guistics 32 (1967), 5 ff.
A n m . 4. In der u-Deklination steht für äu öfter u (§§ 24 A.4, 105 A.2).
A n m . 5. Zweisilbig ist wohl das <au> zu lesen, das durch Anfügung der enklitischen
Fragepartikel -u (§ 216 A.l) entsteht, z.B. ja-u 'ob' (§ 216), ga-u-laubjats; desgleichen
in Fremdnamen wie G. Naumis Ναούμ, Kafarnaum Καφαρναούμ (Bethge 23).
A η m. 6 [früher § 26a], Die ältere Forschung hat das -au im Opt. und Ipv. auf langes
*-δ zurückgeführt, indem sie die Imperative mit lat. Formen wie legitö zusammen-
stellte und den Ursprung des optativischen -au in alten Konjunktivformen auf idg.
*-äm (germ. *-öm > *-ö > got. -au) suchte; vgl. Brugmann, IF 39 (1921), 51 ff.; Streit-
berg, UG§ 222 f. (mit Lit.). Vermutlich beruht die l.Sg. Opt. auf germ. *-aiu(rt) <idg.
*-οί-ψ, der Ausgang dau kann eine Partikel -u enthalten. - Ältere Lit. bei Jellinek
§ 183; dazu ferner Jones, Lg 34 (1958), 33ff.; Krause §§ 216, 217,4; Markey, StL 26
(1972), 42ff.; Marchand 95; Bammesberger, GL 21 (1981), 79ff.; Suzuki, IF 89
(1984), 169ff.; Benediktsson, NOWELE 1 (1983), 31 ff.; ders., Fs. Lehiste (1987),
307 fT.
III. Ähnlich dem <ai> in § 22 ist das <au> vor Vokal in den folgenden zwei § 26.
Wortgruppen zu beurteilen, w o in etymologisch zugehörenden Wörtern und
Formen 6 bzw. û auftritt.
45
§26. Lautlehre - II. Die Vokale
A n m . 2. ô vor dem Vokal u findet sich jedoch in den Präteritalformen waiwôun (zu
waian*, § 182) und lailôun (zu *Iaian oder *lauan, §§ 22 A.2, 179,4) sowie in fvóuh
2.Kor. 6,15.16 (§§ 24 A.2, 164 A.4). In diesen Fällen ist ô analogisch erhalten geblie-
ben; vgl. Bremer, PBB 11 (1886), 74 A.2; Haröarson, Prät. 36.
A n m . 3. Nach au steht in den Handschriften <i>, dazwischen liegt also eine Silben-
grenze (sauïl, bauïp § 1 A.6).
A n m . 4. Helm war ab der 10. Aufl. dieses Buches von Formen mit Langvokal + w
ausgegangen, woraus durch Verschiebung der Silbengrenze und Verkürzung der
Diphthong au entstanden sei (auch hier Jellinek § 86 f. und Krause § 59 z.T. anders:
ô und « vor Vokal diphthongiert). Die Annahme ist aus zwei Gründen abzulehnen:
1. das im Ahd. und Aisl. auftretende û müßte als Tiefstufe neben der dem Got.
zugrunde liegenden Hochstufe öw betrachtet werden, obwohl Ablautvarianten sonst
selten nach Sprachen verteilt sind; 2. auch hier bleibt der dann zu erwartende Wandel
des au zu aw vor Vokal aus. - Die frühere über diese Frage erwachsene Literatur
findet sich bei Noreen, Ltl. 34; vgl. noch Wrede/Heyne § 26a; van Helten, PBB 21
(1896), 467; dens., IF 14 (1903), 62ff.; Brugmann I, 332f.; Gaebeler 52f.; Idg. Jb 4,
178; Streitberg § 75; Krause § 59; Haröarson, Prät. 24-36.
46
Anhang: 1 r m η §27.
Anhang: 1 r m η
47
KAPITEL I I I .
A. Phonologisches System
§ 28. Die got. Vokale sind im Vorhergehenden nach den Graphemen vorgeführt
worden. Jetzt ordnen wir sie nach der Systematik der P h o n e m e . Dabei
legen wir die Opposition offen : geschlossen zugrunde, die offenbar bei der
Einrichtung von Wulfilas Alphabet und Orthographie maßgeblich gewesen
ist. Geschlossene Vokale sind stets lang, offene Vokale können kurz oder
lang sein (s. Anm. 1). Bei dieser Sicht ergibt sich folgendes Schema (zu den
Konsonanten s. § 78a):
Offene Vokale Geschlossene Vokale
11/ =<i> (§9 f.) Ii:/ = <ei> (§ 16f.)
/ε/ /ε:/ = <ai> (§20ff.) le:/ =<e> (§6ff.)
/a//a:/ = <a> (§3 ff.)
hl h:l =<au> (§24ff.) lo:l =<o> (§11 ff.)
ΙυΙ = <«> (§13 f.) /u:/ =<κ> (§15)
Diphthonge
/iu/ =<iu> (§18 f.)
Zur Illustration folgen ausgewählte (Quasi-)Minimalpaare:
/I/ - Ii:l wis 'Meeresstille' Mt. 8,26 - weis 'wir' Mt. 6,12 u.ö.
Ii:l-Ie:l wein 'Wein' Mt. 9,17 u.ö. - wen Akk. 'Hoffnung' Rom. 15,4
u.ö.
/e:/ - /ε:/ pê 'dadurch' Skeir. 4,4 - pai 'die' Mt. 5,46 u.ö.
/ε/ - /ε:/ ga-taíhun 'sie verkündeten' Mt. 8,33 u.ö. - ga-täih 'er verkün-
dete' Lk. 14,21 u.ö. (§ 20 A.2)
/ a / - / a : / pahands 'schweigend' Lk. 1,20 - pâhôns 'des Lehms' Rom.
9,21
hl - h:l ga-taúhun 'sie führten' Mt. 27,2 u.ö. - ga-täuh 'er führte' Lk.
4,9 (§ 24 A.3)
h:/ - /o:/ tauja 'ich tue' Jh. 8,28 u.ö. - tôja 'Werke' Jh. 8,41 (§ 26,a)
/o:/ - /u:/ brôpar 'Bruder' Mt. 5,23 u.ö. - brûp Akk. 'junge Frau' Mt.
10,35
l\J/ - /u:/ runa 'dem Lauf Lk. 8,43, Mk. 5,25 - runa 'Geheimnis' Eph.
3,3 u.ö.
A n m . 1. Zur Annahme einer systematischen Quantitätsopposition in Wulfilas Spra-
che vgl. § 2a und die dort angeführte Lit.
48
Β. Historisches System (Ablautreihen) §29.
49
§ 29. Lautlehre - III. Übersicht über den gotischen Vokalismus
Als Beispiel für das Auftreten der Ablauterscheinungen diene die in den
verschiedenen idg. Sprachen gut belegte Wurzel des Wortes für 'Fuß'. Sie
gehört der idg. e/o-Reihe an, die auch den germ.-got. ablautenden Verben
der Klassen I-V zugrundeliegt.
idg.: einzelsprachlich:
V ped- lat. Gen.Sg./>e<Äi
A pod- gr. Akk.Sg. πόδα
D pëd- lat. Nom.Sg. pës (< *pëd-s)
DA pöd- got. Nom.Sg.fôtus
S pd- avest. Akk.Sg. fra-bdsm 'Vorderfuß' (< *-pd-)
Für die germ. Sprachen, so auch für das Got., ist der Ablaut von besonderer
Wichtigkeit. Er ist hier in besonderer Weise systematisiert worden und bil-
det u.a. die Grundlage für die Tempusbildung der danach benannten ablau-
tenden und reduplizierend-ablautenden Verben. Die folgende Aufzählung
von Beispielen für den Ablaut im Got. schließt sich deshalb an die Klassen
dieser Verben an.
Man unterscheidet sechs Klassen ablautender und eine Klasse redupli-
zierend-ablautender Verben. Die Klassen I-V der ablautenden Verben be-
ruhen auf der idg. e/o-Reihe. Ihre Verschiedenheit ist durch die verschiede-
nen, dem ablautenden Vokal folgenden Konsonanten bedingt. Der Klasse
VI liegen verschiedene idg. Ablautmuster zugrunde (§ 35 A. 1). Die redu-
plizierend-ablautenden Verben der Klasse VII zeigen einen germ.-got. Ab-
laut ë : ô. Vom germ.-got. Standpunkt sind daher sieben Ablautreihen zu
unterscheiden.
A n m . 3. Über die Verteilung der einzelnen Ablautstufen auf die Verbalformen s.
§171 ff.
A η m. 4. Es ist zu beachten, daß nicht jeder Ablaut in den idg. Einzelsprachen auf das
Idg. zurückgeht. Besonders im Germ., und hier besonders in der Stammbildung der
ablautenden Verben, ist vieles auf Analogie begründet; s. Brugmann, IF 32 (1913),
179ff.; Streitberg, UG §95ff.; Hirt, Idg.Gr. II, §200ff. et passim; dens., H U H ,
§ 115 ff. Die nachfolgenden Beispiele sind vom Standpunkt des Germ.-Got. aus zu-
sammengestellt ohne Rücksicht darauf, ob es sich im einzelnen um alten, d.h. idg.
Ablaut handelt oder um germ. Neuerung.
50
Β. Historisches System (Ablautreihen) §32.
A n m . 2. Das u in dieser Reihe beruht auf idg. u (s. § 14, a), das aü entsteht nach § 24.
III. Reihe. Die Stämme in dieser Reihe haben nach dem ablautenden idg. e § 32.
stets zweifache Konsonanz, und zwar meistens Liquid oder Nasal (Ν) nebst
einem weiteren Konsonanten (K), der ebenfalls Liquid oder Nasal sein
kann. Dazu treten einzelne Fälle mit anderer Doppelkonsonanz, bei denen
der Liquid vor dem ablautenden Vokal steht.
idg. V eNK AoNK S ΝΚ
germ. V iNΚ AaNK SuNK
got. V iN ΚI airΚ A aNK S uNKIaúrK (s. Anm. 1)
51
§32. Lautlehre - III. Übersicht über den gotischen Vokalismus
§ 34. V. Reihe. Dem ablautenden idg. e folgt einfacher Konsonant (Κ), der nicht
Liquida oder Nasal ist.
idg. V eK AoK D ëK V eK
germ. V eK AaK D ëK Y eK
got. V iK/aíh AaK D êK V iKlaíh (s. Anm. 2)
Beispiele: Vgiban, Aga/, Dgêbun, V-gibans 'geben', Vgiba 'Gabe',
A gabei 'Reichtum' (Feist 175f.; Schubert [§B6,e] 45); - V sitan 'sitzen',
A satjan* 'setzen', D anda-sêts* 'verabscheuungswürdig'; - V -mitan 'mes-
sen', mitón 'ermessen', mitaps* 'Maß', D us-mêt* 'Lebensführung'; - V ga-
nisan 'genesen, gerettet werden', ga-nists 'Rettung', A ga-nasjan 'retten'.
52
Β. Historisches System (Ablautreihen) §36.
VI. Reihe. In dieser Reihe zeigt sich im Germ.-Got. ein Wechsel zwischen § 35.
kurzem a und langem ô (vgl. § 171). Dem ablautenden Vokal folgt meist ein
einfacher Konsonant.
Beispiele: wakan* 'wachen' (s. §177 A.l), ga-waknan* 'erwachen',
wahtwô* 'Wache' : wôkains* 'das Wachen'; - f r a p j a n (Prät./ro/») 'verstehen',
frapi* 'Verstand' : frôps 'klug\frôdei* 'Verstand'; - -hafjan (Prät. -hôf) 'he-
ben', ufar-hafnan* 'sich überheben' : dazu vielleicht un-ga-hôbains* 'Unent-
haltsamkeit' (doch s. Feist 229f.); - agis 'Furcht', un-agands 'furchtlos',
us-agjan 'erschrecken' : ôg 'ich fürchte (mich)', ôgjan 'in Furcht versetzen'; -
sakan 'streiten', sakjô* 'Streit' : un-and-sôks* 'unwiderleglich' (Heider-
manns, EWGP 528), dazu vielleicht sôkjan 'suchen', sôkns* 'Streitfrage,
Untersuchung' (Feist 407,442; Kluge/Seebold 897).
A n m . 1. Hinter dem einheitlichen germ.-got. Ablautschema a : ô können sich ver-
schiedene idg. Ablaute verbergen, da idg. a, o, 3 zu germ.-got. a und idg. ä und ö zu
germ.-got. ô geworden sind (s. §§ 4, 12). Bei den in diese Reihe gehörenden ablauten-
den Verben liegen weitgehend germ. Neubildungen vor. Vgl. Brugmann, IF 32
(1913), 179ff.; Hirt, Idg.Gr. IV, § 118 et passim; Prokosch §§ 54,b,d, 60f.; Kortlandt,
NOWELE 23 (1994), 69ff.
VII. Reihe. Ein Wechsel zwischen ê und ô findet sich in den sogenannten § 36.
reduplizierend-ablautenden Verben: -lêtan - lailôt usw.; saian (< *sëan, § 22)
- salso usw., vgl. § 180ff.
A n m . 1. Dieser Reihe liegt wohl der idg. Ablaut V ë : Α δ zugrunde. In der Verbal-
flexion der übrigen germ. Sprachen zeigt sich nur in altschwed. lot (: dän. lodi) noch
ein Rest davon (ASNSL 141, 66f.). In der Wortbildung dagegen tritt dieser Ablaut
weit deutlicher zutage, z.B. (germ, ë : ô > ahd. â : ô, uo) ahd. tât f. : tön, tuon 'tun'; -
knâan 'kennen' : knôt, chnuat f. 'Geschlecht'. Vgl. PBB 11 (1886), 262ff.
53
KAPITEL I V .
Die Konsonanten
A. Sonoranten
1. Halbvokale
§ 38. Germ, w und j sind konsonantische Realisierungen der Vokale u und i, die
sich in der Position vor Vokal ergeben. Daraus resultiert im Got. ein Wech-
sel zwischen u und w bzw. i und j, je nach der Stellung im Wort und der
dadurch bedingten Funktion der Laute als Vokal oder als Konsonant. Diese
konsonantischen u und i (sogenannte „Halbvokale"), die in manchen an-
deren Sprachen graphisch nicht von vokalischen u und i geschieden sind,
haben im Got. besondere Zeichen: <w> und <j>.
w
§ 39. Das Zeichen des got. Alphabets, das wir durch <w> wiedergeben, ist nach
Form und alphabetischer Stelle das griech. υ. Dieses vertritt es auch durch-
weg in griech. Fremdwörtern. Es wird also geschrieben Pawlus Παύλος,
Daweid Δαυ(ε)ίδ, aiwaggeljô εύαγγέλιον, paraskaiwe παρασκευή. Aber
nicht nur in diesen Verbindungen αυ, ευ, in denen gr. υ damals wohl schon
spirantische Geltung hatte, wird got. <w> geschrieben, sondern auch für
alleinstehendes gr. υ, also in vokalischer Funktion, z.B. Swmaion Συμεών,
swnagoge συναγωγή. Die meisten Textausgaben verwenden in letzterem
Falle für gr. υ statt <w» das Zeichen <y> (Symaion, synagoge).
A n m. 1. Bemerkenswert, doch nicht beweisend für Wulfilas Sprache, ist got. kawtsjô
(= lat. cautio) in der Urkunde aus Neapel (§ E13). Vgl. Wrede, Ostg. 166; Jellinek,
ZDA 36 (1893), 273; Grienberger 140. - Ü b e r Pawlus (Jellinek, ZDA 36 [1893], 269f.)
> span. Pablo s. Loewe, PBB 44 (1920), 187; Jellinek § 91 A.2.
A n m . 2. Auch gr. οι, das im 3./4. Jh. zu [y:] monophthongiert worden war (vgl. E. H.
Sturtevant, The Pronunciation of Greek and Latin, 2 1940, § 51 f.), wird durch got. <w>
wiedergegeben in fwnikiska Φοινίκισσα Mk. 7,26, in Iwstrws έν λύστροις 2.Tim. 3,11
AB. Zu den durch <w> transkribierten griech. Zeichen vgl. Luft 303, 307ff.; Gaebeler
24 f.
54
Α. Sonoranten - 1. Halbvokale §42.
A n m . 3. Früher wurde das got. Zeichen meist als <v> transkribiert. Wegen der
(ursprünglichen) Geltung als Halbvokal (s. § 40) ist die Verwendung von <w> aber
vorzuziehen. Vgl. Braune, PBB 12 (1887), 216ff.
In got. Wörtern hatte <w> ursprünglich die lautliche Geltung des Halbvokals § 40.
u (= engl. w). Verschiedentlich wurde für die Zeit des Wulfila spirantische
Aussprache postuliert, jedoch weisen mehrere Indizien auf halbvokalische
Geltung (vgl. die Lit. in Anm. 1). Die unterschiedliche Behandlung von
auslautendem w und j (waürstw, aber kuni) ist nicht phonetisch, sondern
morphologisch begründet (§ 42,3).
A n m . 1. Lit.: Jellinek, ZDA 36 (1893), 266ff.; van Helten, ZDA 37 (1893), 121 ff.;
Jellinek, ZDA 41 (1897), 369f.; ADA 28 (1902), 23; van Helten, IF 14 (1903), 69ff.;
Streitberg §35,1; Krause §88; Sturtevant, GR 32 (1957), 314ff.; Bennett, Lg 35
(1959), 427flf.; Jones, Lg 36 (1960), 508ff.; Marchand 77f.; Vennemann, in: Phono-
morphology, Hrsg. E. Gussmann, Lublin 1985, 206ff.; Barrack, in: Insights in Ger-
manic Linguistics II, Hrsg. I. Rauch / G. F. Carr, Berlin/New York 1997, 1 ff.
A n m . 2. Bei lateinischen Schriftstellern wird w in got. Eigennamen gewöhnlich
durch <uu> wiedergegeben: Uuilia, Uualamir\ häufig erscheint aber auch < Ubr. Ubadila
(= * Wadila), Ubadamirus (= * Wadamêrs) usw. Griech. Schriftsteller geben das an-
lautende got. w meist durch οΰ wieder (z.B. Οΰάνδαλοι; Οίιήρ(ι)κας = * Wéreka,
Kai. 7), aber auch durch β (z.B. Βάνδαλοι). Vgl. Dietrich, Ausspr. 77ff.; Wrede,
Wand. 102, Ostg. 167 f.
Got. w steht im A n l a u t häufig, meist vor Vokal: z.B. wasjan* 'kleiden', §41.
witan 'wissen', wiljan 'wollen', wair 'Mann', warmjan* 'wärmen'; - auch vor
/ und r, z.B. wlits 'Angesicht', wrikan* 'verfolgen', wrôhjan 'anklagen',
wruggô* 'Schlinge'.
w kommt auch nach den anlautenden Konsonanten t, d,J>, s vor, z.B. twai
'zwei', dwals 'töricht',pwahan 'waschen', swistar 'Schwester'.
Auch im I n l a u t steht w meist vor Vokal, z.B. awistr* 'Schafstall',
saiwala 'Seele', ûhtwô* 'Morgendämmerung', taihswô 'rechte Hand', nidwa
'Rost'; hneiwan 'sich neigen', siggwan 'singen'; - auch vor j, z.B. hnaiwjan*
'erniedrigen' (s. § 42).
A n m . 1. Früher wurden auch q und b als Verbindungen eines w mit k und h aufge-
faßt. Inzwischen hat Bennett (Lg 35 [1959], 427 ff.) klargestellt, daß es sich bei q und
fv um einfache Phoneme (labialisierte Velare) handelt (vgl. §§ 59 A.2,63 A. 1). Daß die
Entsprechungen im Hochdeutschen genauso behandelt werden wie die got. Konso-
nantengruppen tw, gw usw., bei denen inlautend das w ausfallt (z.B. got. ûhtwô*,
siggwan = ahd. ûhta, singan, ebenso got. sigqan*, saítvan = ahd. sinkan, sehan), ist für
die Geltung der g o t . Zeichen ohne Belang.
55
§42. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
56
Α. Sonoranten - 1 . Halbvokale §43.
a) im Auslaut: bei dem ntr. Adj. triggw 'wahr' (5 Belege) kam ein Über-
tritt in die «-Klasse nicht in Betracht, weil deren u nach § 131 nicht mit w,
sondern mit j alterniert; das Prät. us-blaggw Jh. 19,1 übernimmt den
Wurzelauslaut v o n bliggwan* 'schlagen', desgleichen fra-walw Lk. 8,29
denjenigen von wilwan 'rauben'; - b) vor dem -s des N o m . : triggws 'treu,
zuverlässig' (häufig; s.o.); - c) vor j: arwjô Adv. 'umsonst' (§ 211); ufar-
skadwjands Part, 'beschattend' Mk. 7,9 (s.o.); hier hätte sich durch
Vokalisierung des w die Silbenzahl vermehrt.
Vgl. Jellinek, Z D A 36 (1893), 277; A . Walde, D i e germanischen Auslaut-
gesetze, Halle 1900, 157 ff.; Anglia, Beiblatt 22 (1911), 261.
A η m. 1. Es gibt also keine Folge awj, iwj, im Auslaut kein aw, iw oder aws, iws (vgl.
Nom.Pl. sunjus, Gen. suniwé). Die einzige Ausnahme ist lasiws 'schwach' (nur 2.Kor.
10,10; daneben lasiwôstai l.Kor. 12,22): die lautgesetzliche Form flasjus wurde ver-
mieden, weil eine Alternation u/w nicht zu den u-Adj. paßt (s.o. zu triggw). Vgl.
Jellinek, ZDA 36 (1893), 277; Grienberger 145; Sturtevant, JEGP 24 (1925), 195f.;
Feist 322.
A n m . 2. Statt des früher angesetzten f usskawjan 'nüchtern machen' ist 2.Tim. 2,26
AB usskarjaindau zu lesen. Nach dem Adj. Nom.Pl. unskawai l.Ths. 5,8 'nüchtern'
(s. § 124 A.3) ist statt usskarjan* jedoch auch fusskaujan konjiziert worden (Bethge
203, Grienberger 228; Braune, Litbl 1908, 327; dagegen Streitberg § 89 A.2; Heider-
manns, EWGP 486,490); vgl. auch Feist 523, 534f.
A n m . 3. Nach germ, δ ist antevokalisches w geschwunden, anschließend hat sich δ
im Hiat zu <au> [o:] entwickelt (§ 26).
j
D a s Zeichen ψ gibt oft gr. ι vor Vokalen wieder, z.B. Akaja 'Αχαία, Marja § 43.
Μ α ρ ί α , Judas Ι ο ύ δ α ς , Iskarjotes Ι σ κ α ρ ι ώ τ η ς . Häufiger aber, und in vielen
Wörtern neben <j>, wird für gr. ι vor Vokalen got. <i> gebraucht, z.B.
Iskariotes, Zakarias, Gabriel, ludas.
D a s Zeichen φ hat in der Aussprache des Got. wahrscheinlich die Gel-
tung des konsonantischen i, nicht den Lautwert unseres spirantischen j
gehabt (Streitberg § 35,2; Marchand 78; Barrack, in: Insights in Germanic
Linguistics II, Hrsg. I. Rauch / G. F. Carr, Berlin/New York 1997,1 ff.).
A n m . 1. Lehnwörter aus dem Lat. mit got. j sind: *faskja m. oder *faski n. (nur
Dat.PI. faskjam Jh. 11,44; s. Feist 143) fascia, urtkja* uncia (Urk. Arezzo), kawtsjô
(§ 39 A.l), laiktjô lectio. Inplapja* πλατεία (nur Gen.Pl. plapjô Mt. 6,5; *platija nach
Grienberger 170) hat lat. platea eingewirkt; vgl. Feist 383.
A n m . 2. Die Transkription von gr. ι vor Vokal durch </> bedeutet eine Anpassung an
das gesprochene Got. (Gaebeler 23, 50ff., 54f., 59f.). Während die heiligen Namen
Jesus und Maria die griech. Schreibung beibehalten, herrscht ψ in eingebürgerten
Lehnwörtern wie aikklesjô έκκλησία und Makidonja Μακεδονία (vgl. § 9 A.2), eben-
so wie Marja für Μαρία (mit germ. Akzent) nur steht, wo nicht die Gottesmutter
gemeint ist, doch s. § 120 A.5 (vgl. Ahd.Gr. § 225 A.2). In Antiokjai(Dat., Gal. 2,11 Β)
Άντιόχειαν vertritt </> gr. ει (über <o> für gr. o s. § 11 A.l); daneben Antiaukiai (Dat.,
2.Tim. 3,11 AB).
57
§44. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
A n m . 2. Statt des inlautenden <i/> vor Vokalen wird öfter nur <i> geschrieben (§ 10
A.5).
A n m . 3. In der Flexion von saian begegnet sporadisch ein ψ (saijip neben saiip), vgl.
§ 22 A.l,3. Auch in fremden Namen steht im Cod. arg. zuweilen überleitendes ψ
zwischen zwei i, z.B. Bepanijin Lk. 19,29, Jh. 12,1 neben Bepaniin zu Bepania
Βηθανία, Abijins Gen. Άβιά Lk. 1,5; in Β vor ai bzw. e in Akaïjai Άχαϊςι 2.Kor. 1,1,
Akaïje 'Αχαίας 1 .Kor. 16,15. Vgl. Bethge 209; Schulze, Kl. Sehr. 535f.; Jacobsohn I. -
Statt freihals steht in A dreimal freijhals: 2.Kor. 3,17 (freihals B); Eph. 3,12; Gal. 2,4.
Die Schreibungen zeigen an, daß h hier nur schwach artikuliert wurde (vgl. § 61);
Gaebeler 12f., 40f. erklärt sie als jüngere Schreibervarianten.
A n m . 4. Eine Geminata <//> kommt im Got. nicht vor. Über die Entwicklung von
germ, jj zu ddj s. § 73 A. 1.
§ 45. Ein j, das durch die Auslautgesetze in den A u s l a u t geraten ist, erscheint
stets als i (§ 10 A.2), z.B. kuni 'Geschlecht', Dat. kunja; taui 'Tat', Dat. tôja.
A n m . 1. Über den Wechsel von aj und ais. § 21 A.5; über das Schicksal von auslau-
tendem w s. § 42.
58
Α. Sonoranten - 2. Liquide §47.
2. Liquide
l
l (= idg. I) ist im Got. in allen Positionen häufig (zum Laut vgl. Marchand § 46.
77). Beispiele:
a) a n l a u t e n d : laggs* 'lang', laúhmuni* 'Blitz', liuhap 'Licht';
b) i n l a u t e n d : nach Vokal wiljan 'wollen', aljis* 'anderer'; nach Konso-
nant blâma* 'Blume';
c) a u s l a u t e n d : nach Vokal mèi 'Zeit, Stunde', skal 'soll, muß'; nach Kon-
sonant hunsl 'Opfer' (s. Anm. 1).
Die Geminata <//> (s. Anm. 3) liegt z.B. vor in *fill 'Fell, Haut',/«//i 'voll',
wulla* 'Wolle'. Sie kann auch durch Assimilation des auslautenden -h von
jah an folgendes / entstehen (§ 62 A.3): jal-laggei Eph. 3,18 A (=jah laggei Β
'und die Länge'); jal-liban 2.Kor. 1,8 A (= jah liban Β 'und leben').
Anm. 1. Uber die Frage eines silbebildenden / in hunsl Opfer', stikls 'Kelch',
swumfsl 'Teich', tagl* 'Haar' usw. s. § 27.
A η m. 2. Got. </> entspricht gr. λ. Zugesetzt ist es in einmal überliefertem alabalstraun
balsanis άλάβαστρον μύρου 'Salbengefäß aus Alabaster' Lk. 7,37: entweder nach
Horn, ASNSL 155 (1929), 249 volksetymologisch an das nachfolgende Wort balsan
'Salbe' angeschlossen, oder einfach durch balsan ausgelöster Schreibfehler; kaum mit
Ebbinghaus, GL 21 (1981), 19 durch „assimilatory increase" wie in lat. ballista > ital.
baléstra 'Armbrust' u.a.
Anm. 3. In sigljô 'Siegel' (lat. sigillum) 1 .Kor. 9,2,2.Tim. 2,19 wird die lat. Geminata
<//> aufgrund ihrer palatalen Aussprache durch got. dp wiedergegeben (§110; vgl.
auch Sturtevant, JEGP 39 [1940], 458f.). Daraus ist zu schließen, daß der got. Ge-
minata db eine andere Aussprache zukam; die Wiedergabe von gr. δδ durch <//> in
Gen. Fallasuris Φαδδασσουρ Neh. 7,41 könnte auf spirantische Geltung weisen (wie
bei kymr. II).
r
r (- idg. r) kommt im Got. in allen Positionen häufig vor (zum Laut vgl. § 47.
Marchand 77; R. M. Runge, Proto-Germanic kl, Göppingen 1974). Bei-
spiele:
a) a n l a u t e n d : raihts 'recht', rôdjan 'reden, sprechen';
b) i n l a u t e n d : nach Vokal bairan 'tragen'; nach Konsonant baprô 'wo-
her?';
c) a u s l a u t e n d : nach Vokal brôpar 'Bruder',fîdwôr 'vier'; nach Konso-
nant silubr 'Silber' (s. Anm. 1).
Die Geminata <m begegnet in folgenden Wörtern: fairra 'fern' (mit
fairraprô 'von ferne'), qairrus 'sanftmütig', and-staúrran* 'murren'; außer-
dem in den Fremdnamen Gaumaurra (Anm. 4) und Sarra* (Dat.Sg. Rom.
9,9). In fidur-ragini*,fair-rinnan*, ufar-ranneins* steht die Geminata an der
Kompositionsfuge (zum Typ ur-reisan s. Anm. 3). Sie kann auch durch As-
59
§ 47. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
A n m . 2. Vor r werden kurzes /' und u zu ai bzw. au „gebrochen" (§§ 20, 24).
A n m . 3. Über r, das durch Assimilation aus ζ entstanden ist, s. § 78 A.4; vgl. auch
§ 24 A.2.
A n m . 4. Nur scheinbar steht <r> für gr. λ in Airmodamis Έλμωδάμ Lk. 3,28, wo ein
griech. Wechsel λ > ρ zugrunde liegt (vgl. dazu Οΰρφίλας z.B. bei Philostorgius
gegenüber Ούλφίλας bei Sokrates, Sozomenos, Theodoret), s. Schwyzer 213; Eb-
binghaus, GL 11 (1971), 14f. - Einmaliges Gaumaurjam (Dat., Mk. 6,11) gegenüber
Gaumaurra Γόμορρα Rom. 9,29 dürfte ebenfalls auf griech. Vorbild beruhen
(Ebbinghaus, GL 12 [1972], 169f.).
3. Nasale
m
§ 48. m (- idg. m) findet sich in allen Stellen des Wortes (zum Laut vgl. Marchand
77). Beispiele:
a) a n l a u t e n d : mizdô 'Lohn', ména 'Mond';
b) i n l a u t e n d : ams* 'Schulter', guma 'Mann';
c) a u s l a u t e n d : nam 'nahm', in Endungen Dat.Pl. dagam usw., 1.P1.
nimam, nêmum usw.
Die Geminata <mm> liegt z.B. vor in swamms* 'Schwamm' (vgl. § 80 A.l),
wamm* 'Fleck' und im pronominalen Dat.Sg. imma, blindammo. Sie kann
auch durch Assimilation des auslautenden -h von jah an folgendes m ent-
stehen (§ 62 A.3): jam-mundôp Php. 3,17 A (=jah mundôp Β).
A n m . 1. Über die Frage eines silbebildenden m in maipms (Mk. 7,11) 'Geschenk',
bagms 'Baum' usw. s. § 27.
I)
§ 49. η (= idg. n) ist in allen Positionen häufig (zum Laut vgl. Marchand 77).
Beispiele:
a) a n l a u t e n d : nahts 'Nacht', niujis 'neu', ni 'nicht';
b) i n l a u t e n d : kuni 'Geschlecht', ains 'ein';
c) a u s l a u t e n d : laun* 'Lohn', niun 'neun', vielfach in der Flexion (Dat.Sg.
attin, Inf. niman, 3.PI. Prät. nêmun usw.).
Die Geminata <nn> ist häufig, z.B. brinnan* 'brennen', rinnan* 'laufen', kann
'ich weiß', kannjan 'bekannt machen', manna 'Mensch', brunna 'Brunnen',
minniza 'kleiner'. Im Auslaut und vor j bleibt <««>, aber vor anderen Kon-
sonanten wird es vereinfacht (s. § 80): kant, kunpa (zu kann), urrant (2.Sg.
60
Β. Geräuschlaute § 50a.
Vor tautosyllabischem Velar wurde η zu dem velaren Nasal [g], Dieser wird § 50.
im Got. (im Anschluß an die griech. Schreibweise) durch <g> (<gg>) bezeichnet
(zu Weiterem s. § 67).
A n m . 1. Dieser Nasal schwindet im Germ, vor χ (got. A), wobei der vorangehende
Vokal nasaliert und gedehnt wird (sogen. Ersatzdehnung), vgl. §§ 5,b, 15,b, 17. Die
Nasalierung schwindet erst einzelsprachlich, wie z.B. das Altengl. und das Altnord,
zeigen (vgl. Streitberg, U G § 93; Ae.Gr. § 80; Aisl.Gr. § 50). Ob die ersatzgedehnten
Vokale im Got. noch nasaliert waren, läßt sich nicht feststellen. Vgl. Brugmann 1,382;
Wrede/Heyne § 29 A . l .
B. Geräuschlaute
Die idg. Verschlußlaute haben sich in den germ. Sprachen durch Verände- § 50a.
rung ihrer Artikulationsart zu verschiedenen Geräuschlauten (d.h. Ver-
schlußlauten oder Reibelauten) entwickelt. Da dieser Vorgang die germ.
Sprachen in ihrer Gesamtheit gegenüber den übrigen idg. Sprachen kenn-
zeichnet, nennt man ihn die „Germanische Lautverschiebung". Sie besteht
darin, daß die idg. Tenues zu stimmlosen Spiranten (Reibelauten) wurden,
die idg. Medien zu Tenues und die idg. aspirierten Medien zu stimmhaften
Spiranten.
Bei der Lautverschiebung sind zwei (ihrerseits regelmäßige) Sonderfälle
zu berücksichtigen. Die erste Ausnahme betrifft die Stellung nach Spirans:
in den Lautgruppen sp, sk, st, ht, f t bleibt die Tenuis unverschoben (vgl. § 81
A.3).
Der zweite Sonderfall ist der „grammatische Wechsel", der durch K. Ver-
ner (KZ 23 [1877], 97-130) seine Erklärung fand („Vernersches Gesetz"). Er
besteht darin, daß unter bestimmten Bedingungen (s. die genaue Formulie-
rung in Anm. 2) die stimmlosen Spiranten des Germ. f , h (χ), β sowie das
ererbte s in die entsprechenden stimmhaften Spiranten 6, g, d, ζ übergehen.
Die sich daraus ergebende Verschiedenheit im Lautstand zusammengehö-
render Wörter und Wortformen (Wechsel zwischen/und b, h und g,p und d,
s und z) spielt im Got. nur noch in der Wortbildung eine größere Rolle,
während sie in der Verbalflexion, wo andere germ. Sprachen konservativer
sind (s. Ahd.Gr. § 100 ff.), nur noch in wenigen Resten (vgl. parf§ 56 A.4,
aih § 203 mit A.2) vorhanden, im übrigen durch Ausgleich zugunsten des
stimmlosen Lautes beseitigt ist (Lit. s. Anm. 1).
61
§ 50a. Lautlehre - IV. Die K o n s o n a n t e n
A n m . 1. Lit. über Verners Gesetz im Got. (zum Germ. s. Anm. 2): F. A. Wood,
Verner's Law in Gothic, Germanic Studies II (Chicago 1895), 5-26; Prokosch, JEGP
11, Iff.; Streitberg § 131ff.; Jellinek §64; Krause § 101 ff.; van Bakel, TNTL 89
(1973), 52ff.; Milroy, in: Papers from the 5th International Conference on Historical
Linguistics (Hrsg. Ahlqvist 1982), 223ff.; Suzuki, IF 99 (1994), 217ff. (dazu§ 79 A.3);
Woodhouse, PBB 120(1998), 194ff.; 122(2000), 187ff.
1. L a b i a l e
§ 51. D a s Zeichen ψ> gibt den stimmlosen Verschlußlaut (gr. π ) wieder. Dieser
entspricht in got. Wörtern, außer in der idg. Lautgruppe sp, d e m idg. b u n d
ist nicht sehr häufig.
62
Β. Geräuschlaute - 1. Labiale §53.
A n m . la. Die Geminata φρ> tritt nur vereinzelt auf. Der Beleg <wippja> Jh. 19,2
enthält wohl sprachwirkliche Geminata (Vergleichsmaterial bei Lühr, Expressivität
361), die durch Kontamination in wipja* 'Kranz' (§ 97a) eingedrungen ist. Außerdem
liegt <pp> vor in den griech. Namen Filippus Φίλιππος (§ 52) und Arkippus*
"Αρχιππος.
/
Got. </> entspricht in Fremdwörtern dem griech. φ, z.B. Filippus Φίλιππος, § 52.
Kajafa Καϊάφας (Luft 296). Lat. Schriftsteller geben got. / durch </> wie
auch durch <ph> wieder (Dietrich, Ausspr. 75), z.B. Atavulfus, Atavulphus,
Άτάουλφος (= * Apawulfs7). Es wird weithin angenommen, daß das g o t . /
b i l a b i a l e r und nicht labiodentaler Spirant gewesen ist; die griech. und lat.
Umschreibungen lassen darüber jedoch nichts erkennen.
A n m . 1. Vgl. Wrede/Heyne § 58; Streitberg § 35,3. Als labiodental betrachtet d a s /
JeUinek, ZDA 36 (1893), 275f.; vgl. dazu ADA 31 (1907), 2; Marchand 35.
63
§53. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
§ 55. Got. b kann im Anlaut nur auf idg. b\ in anderer Stellung auf ¿ / o d e r (nach
dem Vernerschen Gesetz, s. § 50a mit A.2) auf ρ zurückgehen. Beispiele:
a) für den A n l a u t : bairan 'tragen', beitan* 'beißen', -biudan* 'bieten',
bôka 'Buchstabe' (γράμμα); brikan* 'brechen', brôpar 'Bruder', brûkjan
'brauchen'; uf-blêsan* 'aufblasen', blôma* 'Blume'; bnauan* 'zerreiben';
b) für den I n l a u t : Huba (sw. m. Adj.) 'lieb', ga-laubjan 'glauben', graban
'graben', sibja* 'Verwandtschaft', orbi 'Erbe', kalbô* 'junge Kuh'. -
haubip ' K o p f , sibun 'sieben', haban 'haben', skaban 'schaben', liban 'le-
ben', bi-raubôn* 'rauben', salbôn 'salben'; - h l a i b i s (Gen. zu hlaifs) 'Brot'.
A n m . 1. Schwund des i in der Lautfolge mbr wurde verschiedentlich angenommen
bei dem häufig (auch mit Komposita) belegten timrjan* 'bauen' (wozu timreins*,
timrja 'Zimmermann'), woneben nur 2mal timbrjan (Lk. 14,28.30): da die übrigen
germ. Sprachen hier b zeigen (aisl. timbr, ae. timber, ahd. zimbar 'Bauholz'), galt
dieses als alt. Tatsächlich liegt eine germ. Neubildung mit der Folge mr vor, die im
64
Β. Geräuschlaute - 1. Labiale §56.
Got. erhalten geblieben ist (vgl. Feist 478; Kieckers § 79,2); älteres mr führt im Germ,
über mbr zu mpr (Heidermanns, EWGP 100). - Ausgelassen ist b einmal in Mamrês
2.Tim. 3,8 A (= Mambrês Β) Μαμβρής (nach Streitberg §31 „umgekehrte Schrei-
bung").
A n m . 2. <bb> kommt nur in Fremdwörtern vor, z.B. abba άββά, sabbato σαββάτφ.
Außerdem gibt es 3 Belege für eine Assimilation des auslautenden -h von jah an
folgendes b (§62 A.3): jab-bi Gal. 3,29, jab-biudis l.Kor. \Q,2\, jab-brusts 2.Kor.
7,15 A.
Im A u s 1 a u t und vor dem .9 des Nominativs (für die Stellung vor dem t der § 56.
2.Sg. Prät. fehlen Belege) bleibt <b> nach Konsonanten (/, m, r) erhalten, weil
es dort früh zum Verschlußlaut geworden ist; dagegen ist nach Vokalen das
hier spirantisch gebliebene <b> in den entsprechenden stimmlosen Spiranten/
gewandelt („Auslautverhärtung"). Also giban 'geben', Prät. 1.3.Sg. gaf, 2.
gaft, 2.Sg. Ipv. gif:; hlaifs 'Brot', Akk.Sg. hlaif Nom.Pl. hlaibôs; - aber lamb
'Lamm', dumbs 'stumm', -swairban* 'wischen', Prät. bi-swarb.
A n m . 1. Die Regel „auslautendes/für inlautendes b nach Vokalen" zeigt in unseren
Texten einige Ausnahmen, aber die überwiegende Anzahl der dazu passenden Belege
beweist die Gültigkeit der Regel, die phonetisch begründet ist und in as. geban/gaf
liobolliof (aber lamb) ein treffendes Analogon hat. Die abweichenden Fälle mit b im
Auslaut, im ganzen 20, stehen nur in bestimmten Teilen der Quellen (5 im Luk.-Ev., 4
im Joh.-Ev., 4 in den Ths.-Briefen, 4 in der Skeireins; in sämtlichen übrigen Texten
nur je 1 in Mrk., 1 .Tim. und Eph., vgl. die Belege bei Streitberg, IF 18 [1906], 396). Sie
finden sich ferner nur nach langem Stammvokal oder in unbetonter Silbe (twalib).
Man darf die anomalen b wohl dem Urtext absprechen und sie den jüngeren Schrei-
bern der betreffenden Stücke zuweisen. Auch in der aus dem 6. Jh. stammenden
Urkunde von Arezzo ist Gudilub geschrieben. - Vgl. auch das in § 74 A.l über den
Wechsel zwischen d und p Bemerkte.
Die Ausnahmen sind im Verb selten, nur grob Lk. 6,48 und ga-dôb Skeir. 3,3 (zum
Adj. gadôb s.u.); - d i e Formen mit/sind belegt in gaf, gaft, gi/(sehr häufig);je einmal:
us-grôf Mk. 12,1 (zu graban), swaif (τα sweiban*), -skauf (zu -skiuban*). Zu -dreiban
wird also das Prät. -draij* lauten. - Zu bilaif Kai. 8 wird, falls es sich um ein finîtes
Verb handelt, der Inf. als *bi-leifan (statt *bi-leiban, wie meist geschieht) anzusetzen
sein; vgl. Feist 91 (mit Lit.); Pokorny 670; Schwab, Helikon (Messina) 7 (1967),
357fr.; Lacy, GL 20 (1980), 99ff.; Suzuki, HS 106 (1993), 129ff. Ganz anders Schme-
ja, PBB 120 (1998), 355fT. (< *bi-hlaifs 'Mitbruder', vgl. ga-hlaiba* 'Kamerad').
Im Nomen ist nur hlaifs häufiger belegt: Nom. hlaifs lOmal: Jh. 6,33.35.
41.48.50.51,58 (2mal); 1 .Kor. 10,16.17, dxaihlaibs Lk. 4,3; Akk. hlaif I9mal (5 hlaib);
- twalif'zwölf (12mal gegen 2 twalib), danach auch ainlif* (zu ainlibim Mk. 16,14;
l.Kor. 15,5 A).
Danach setzt man gewöhnlich an die Nominative *stafs 'Stab' (nur Dat.Pl. stabim
'Elemente'), laufs* 'Blatt' (nur Akk. lauf und laubös, vgl. § 91 A.6), daufs* 'taub' (nur
daubata), ga-laufs* 'kostbar' (nur galaubamma 2x,filugalaubis, galaubaim), ga-döfs*
'passend' (lx gadôf gegen 6x gadôb), liufs* 'lieb' (nur mehrsilbige Formen belegt;
liubai, liuba, liubana usw.). Als Wulfilas Form ist auch anzusetzen piufs* (= as. thiof)
'Dieb', obwohl der Nom. zufallig nur als piubs (Jh. 10,10 12,6; l.Ths. 5,2.4) belegt ist,
neben piubôs (2x), piubê.
65
§56. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
A n m . 3. Unter die Regel fallen auch die Präp. af und uf, welche vor vokalisch
anlautender, enklitischer Partikel b aufweisen: ab-u, ub-uh-wôpida Lk. 18,38. In der
nominalen Komposition dagegen s t e h t f . af-étja 'Fresser' (z.B. Mt. 11,19), uf-aipeis*
'vereidet' (vgl. us § 78 A.4).
A n m . 4. Nach r steht regelmäßig auslautend b: biswarb Lk. 7,38.44, Jh. 11,2 12,3,
fveilahairb 2.Kor. 4,17, gapaúrbs Tit. 1,8, parb (Adj.) Php. 2,25. Vgl. ZDA 54, 10f.;
Streitberg § 35 A. 15. - Scheinbare Ausnahme ist parf 'ich bedarf zum Plur. paúrbum;
aber parf hat germ./(§ 53), das mit dem b des Plur. in grammatischem Wechsel steht
(s. Ahd.Gr. § 101); vgl. § 50a. - Auch aflifnan* 'übrigbleiben', PI. laibós 'Überbleibsel'
zeigen grammatischen Wechsel.
2. Velare
§ 57. Got. <b entspricht in Fremdnamen und Lehnwörtern gr. κ, lat. c, z.B. Kefas
Κ η φ ά ς , aikklesjô έκκλησία, laiktjô lectio. Got. <k> vertritt in griech. Wör-
tern in der Regel auch χ, z.B. Kaurazein Χ ο ρ α ζ ε ί ν , arkaggilus* ά ρ χ ά γ γ ε λ ο ς ;
zu got. <x> für gr. χ s. § 58a.
A n m . 1. Labialisiertes k (kw) hat im Got. ein eigenes Zeichen: <φ (§ 59).
A n m . 2. Auf vorwulfilanischer Entlehnung beruht die Wiedergabe des gr.-lat. g
durch got. k in marikreitus* μαργαρίτης margarita und Kréks Graecus. Vgl. Kossin-
na, Fs. Weinhold (1896), 27ff.; Luft 294f.; Behaghel, ZDW 4 (1903), 250f.; Loewe,
KZ 40 (1906), 550ff.; Thumb, ZDW 7 (1906), 264; Feist 314, 346f.
§ 58. In got. Wörtern geht k, außer in der idg. Lautgruppe sk, auf idg. g zurück. Es
ist in allen Stellungen häufig:
a) a n l a u t e n d : kniu* 'Knie', kaum* 'Getreide', kuni 'Geschlecht', kalds*
'kalt', kaürus* 'schwer', kiusart* 'prüfen', kalbô* 'Kalb';
b) i n l a u t e n d : brikan* 'brechen', aukan* 'mehren', akrs 'Acker', reikeis*
'mächtig', mikils 'groß', waúrkjan 'wirken', laikan* 'springen', uf-rakjan*
'aufrecken';
c) a u s l a u t e n d : ik 'ich', mik ' m i c h \ j u k * 'Joch'.
A n m . 1. <kk> kommt nur vor in den Lehnwörtern aikklesjô 'Kirche', sakkus* 'Sack',
smakka* 'Feige' (vgl. Feist s.w.) sowie in den Fremdnamen Raibaikka 'Ρεβέκκα und
Zakkaius Ζακχαΐος (daneben Gen.Sg. \Zaxxaiaus, s. § 58a A.2). - In einem Fall ist
66
Β. Geräuschlaute - 2. Velare §59.
Hin und wieder verwenden die Handschriften für gr. χ nicht das Zeichen <k> § 58a.
(§ 57), sondern oc>; der Lautwert ist offenbar der acA-Laut [χ] (vgl. § 65).
Dies geschieht stets in der Abkürzung xs usw. 'Christus' (§ 1 A.7), auch in
galiugaxristjus (Mk. 13,22); ferner vereinzelt in griech. Namen und Wörtern
(z.T. hebräischen Ursprungs): Gen.Sg. Zaxariïns (Lk. 3,2, neben Zakarias
Ζ α χ α ρ ί α ς in verschiedenen Kasus, z.B. Lk. 1,5.12.13.21.40.59), Αχαΐα
Α χ α ΐ α (2.Kor. 9,2 Β, neben Akaja A), Gen.Sg. Saixaineiins Σεχενίου (Neh.
6,18); pasxa π ά σ χ α (Jh. 6,4 18,28.39, neben paska Mt. 26,2; Lk. 2,41; Mk.
14,12.14; l.Kor. 5,7 A), Akk.Sg. aiwxaristian εύχαριοτίαν (2.Kor. 9,11 B;
A fehlt).
Vgl. Wrede, Ostg. 54; Luft 297; Gaebeler 19f., 48ff.; Jellinek §28;
Ebbinghaus, Fs. Nolte (1963), 3 ff.
A n m . 1. In einem Fall steht got. <x> für gr. κ: Xreskus Κρήσκης 2.Tim. 4,10 A
(Krispus B).
A n m . 2. Für <xx> gibt es nur einen unsicheren Beleg, nämlich den Gen.Sg.
^Zaxxaiaus Neh. 7,14; sonst wird gr. Ζακχαως durch Zakkaius wiedergegeben (§ 58
A.l).
1
Das dem griech. Digamma entstammende Zeichen <q> entspricht in lat. §59.
Wörtern dem qu (qartus Rom. 16,23); auch seinem Lautwert nach kommt es
dem lat. qu gleich, das einen labialisierten fc-Laut, also einen einfachen, nicht
positionsbildenden Konsonanten darstellt. Sprachgeschichtlich setzt das q
echt gotischer Wörter den idg. Labiovelar g- fort.
A n m . 1. Daß q als zweifache Konsonanz gewirkt habe (vgl. §7 A.2), ist ausge-
schlossen; Bennett, Lg 35 (1959), 427ff. erweist Iql in klarer Beweisführung als Pho-
nem. - Vgl. noch ZDP 12 (1881), 481 f.; ADA 28 (1902), 24; Streitberg, IF 14 (1903),
495 ff. (got. <q> Verbindung von k mit stimmlosem w); Marchand, ZD A 86 (1956),
269; Sen, NOWELE 36 (2000), 67 ff.
A n m . 2. Neben <φ wird das got. Zeichen auch mit <kw> oder <kv> transkribiert, weil
ihm in den verwandten germ. Sprachen eine Konsonantenverbindung entspricht, die
sich als ein k mit eng angeschlossenem iv-Laut darstellt und durch zwei Zeichen
wiedergegeben wird: im Ae. durch <cw>, im Aisl. durch <kv>, im Ahd., Mhd., Nhd.
durch <qu>. Also got. qipan 'sagen' = ae. cweöan, aisl. kveöa, ahd. quedan. Der Laut-
wert des got. <q> wird dadurch nicht berührt.
67
§60. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
h
§ 61. Got. h ist (über einen stimmlosen Spiranten, s. § 50a) auf idg. k zurück-
zuführen. Man setzt meistens im Wortanlaut vor Vokal Aussprache als
Hauchlaut an, in allen anderen Stellungen aber als Spirant (schwächer als
der nhd. ac/i-Laut), also im Anlaut vor Konsonanten (hl, hn, hr), im Inlaut
zwischen Vokalen (hier aber wohl ganz schwach artikuliert), vor und nach
Konsonant und im Auslaut (vgl. die Assimilationen § 62 A.3 und die Bre-
chung §62 A.l). Das Ausfallen der Transkriptionen vom Got. ins Lat.
(Anm. 1) und vom Griech. ins Got. (Anm. 2) macht eine genauere Be-
schreibung des h zunächst schwierig; doch s. Marchand 77.
Die Aussprache von got. <Λ> wird kontrovers beurteilt; vgl. ZDA 41,
371 f.; Bethge 201 f.; Streitberg §35,5; Janko, Prager deutsche Studien 8
(1908), 59ff.; de Vries, TNTL 49, 199ff.; Moulton, Lg 30 (1954), 3ff.;
Ebbinghaus, GL 21 (1981), 259ff.
A n m . 1. Die Römer geben got. h durch ihr <A> wieder (z.B. Hildibald, Hildericus),
lassen es aber auch manchmal weg (z.B. Ariamirus); vgl. Dietrich, Ausspr. 77. Wegen
der schwankenden Schreibung des h im Lat. lassen sich jedoch hieraus keine Schlüsse
auf die Artikulation oder etwaige Lautentwicklung im Got. ziehen.
A n m . 2. In einigen griech. Wörtern scheint anlautendes got. h den Spiritus asper
wiederzugeben, z.B. Haibraius Εβραίος, Herodes Ηρώδης; andererseits wird der
Spiritus asper sehr oft unbeachtet gelassen, so stets in Iairusaulwma 'Ιεροσόλυμα,
Esaïas (meist Ησαΐας). Da der Spiritus asper zur Zeit des Wulfila im Griech. nicht
mehr gesprochen wurde, erklärt sich dieser Gebrauch des got. <A> durch Anschluß
an die Schultradition und die Tradition der alten lat. Bibel. Vgl. Luft 310ff.; Schulze,
Kl. Sehr. 516f.; Streitberg § 20,9; Gaebeler 16ff.
A n m . 3. Im Inlaut zwischen Vokalen ist, der lat. Bibel folgend, zuweilen bei fremden
Namen <A> eingeschoben, z.B. Iohannes Ιωάννης, Abraham 'Αβραάμ. Vgl. Tegnér,
Tidskr N. R. 6 (1884), 304ff.; ADA 23 (1897), 331; Luft 312; Gaebeler 17.
A n m . 4. Das labialisierte h hat im Got. ein eigenes Zeichen: <b> (§§ 63, 64).
68
Β. Geräuschlaute - 2. Velare §62.
Beispiele für h:
a) a n l a u t e n d : haúrn* 'Horn', hana 'Hahn', hairtô 'Herz', hawi 'Heu',
hails 'heil', hunda N o m . P l . 'hunderte', -haßan 'heben'; - anlautende Ver-
bindungen: hlaifs 'Brot', hliuma 'Gehör', hlifan* 'stehlen', hlûtrs* 'lau-
ter', hlahjan* 'lachen', hnaiws* 'niedrig', hrains 'rein', hrôpjan 'rufen',
hrôt* 'Dach';
b) i n l a u t e n d : faihu 'Vermögen', taihun 'zehn', ga-teihan* 'berichten',
tiuhan 'führen', saihs 'sechs', naht s 'Nacht', liuhtjan* 'leuchten', fllhan
'verbergen', swaihra 'Schwiegervater';
c) a u s l a u t e n d : jah 'und', -uh 'und' (vgl. § 2 4 A.2), -täuh (zu tiuhan)·, -
auslautende Verbindungen: pairh 'durch', alh (zu alhs 'Tempel'), -falh (zu
filhan).
A n m . 1. Uber „Brechung" des i und u vor h s. §§ 20,24; vgl. auch Howell, Fs. Banta
(1988), 27ff.
A n m . 3. Auslautendes h in -uh (oder -h § 24 A.2), jah, nih, nuh kann an den Anlaut
des folgenden Wortes assimiliert werden. In den Evangelien (Cod. arg.) und in Cod. Β
geschieht dies jedoch nur selten und nur vor Partikeln oder Pronomina, die mit p
anlauten; häufig dagegen, und auch vor anderen Konsonanten, in Cod. A und Skeir.,
z.B. wasuppan (= wasuh-pan 'aber es war') Mk. 1,6, sumaippan (= sumaih-pan 'aber
einige') Mt. 26,67, sijaippan (= *sijaih-pan 'aber es sei') Mt. 5,31, jappé (= *jah-pé 'und
wenn'), nippan (= *nih-pan 'und nicht'); - vor a n d e r e n Konsonanten in A: jalliban
(= jah liban Β 'und leben') 2.Kor. 1,8, jarragin (= jah ragin Β 'und der Rat') 2.Kor.
%,\0,jammundôp (= jah mundôp Β 'und seht a u f ) Php. 3,17, nukkannt (= *nuh könnt
'denn weißt du') l.Kor. 7,16, jaggatraua (= jah gatraua 'und ich vertraue') Rom.
14,14, jaddu (= jah du 'und zu') 2.Kor. 2,16,jabbrusts (=jah brusts Β 'und das Herz')
2.Kor. 7,15, ausnahmsweise auch im Cod. arg., aber nur im Luk.-Ev.: janni (=jah ni)
Lk. 7,32, nissijai (= *nih sijai) Lk. 20,16. Vgl. dazu Janko, Prager deutsche Studien 8
(1908), 61 ff.; Jacobsohn II 132ff.
69
§62. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
den meisten Herausgebern getilgt, doch in der Summe weisen sie auf schwache
Artikulation des h und dadurch verursachte Assimilation (vgl. §§ 65, 82 A. 1).
Auch überschüssiges h kommt vereinzelt vor: z.B. gawaúrhtai Eph. 3,18 AB (statt
fgawaurtai, hyperkorrekt auf gawaúrkjan bezogen, s. § 209 A.3), snauh l.Ths. 2,16
(st. snau, doch vielleicht angehängtes -uh § 24 A.2). Vgl. Bernhardt Llllf.; Bethge 210;
H. Pipping, Neuphilol. Mitteilungen (Helsingfors) 1904, 148 ff.
A n m . 5. In der Wortbildung findet sich h anstelle von k vor t (§ 58 A.2), ebenso
anstelle von g, sowie grammatischer Wechsel von h und g (§ 66 A.l).
h
§63. Das Zeichen <h» bezeichnet einen dem Got. eigenen Laut, welcher im
Griech. und Lat. keine Entsprechung findet. Das got. Zeichen steht im Al-
phabet an der Stelle des griech. ψ und ist von ihm abgeleitet, s. Marchand,
Z D A 86 (1956), 274f.; Ebbinghaus, G L 19 (1979), 25f. Es steht für einen
labialisierten Α-Laut, vgl. Bennett, Lg 35 (1959), 427ff.
A n m . 1. Das got. Zeichen wurde früher vielfach mit <Av> oder <hw> umschrieben.
Dem lag die Annahme zugrunde, daß das Zeichen nicht ein, sondern zwei Phoneme
repräsentiere, nämlich Ixwl, da die übrigen germ. Sprachen in entsprechenden Wör-
tern (wenigstens im Anlaut) <hw>, <hu> oder <Av> zeigen, z.B. got. heits*: ahd. hwTz, ae.
hwlt, aisl. hvitr 'weiß'. Gegen diese Ansicht sprechen mehrere Gründe: a) <h> wird nie
als <hw> verschrieben. - b) <h> wird nie zur Wiedergabe von in der Komposition
zusammentreffenden -h und w- verwendet (pairhwakandans Lk. 18,38, doch ist hier-
bei bis zu einem gewissen Grade die etymologische Schreibung zu berücksichtigen,
vgl. Litbl 50,403). - c) h wird in der Reduplikation als einfacher Konsonant behan-
delt (haihôp § 178). - d) Das als zweiter Bestandteil von h angenommene [w] verhält
sich völlig anders als das got. w (§ 39): in isolierten Formen schwindet es auslautend
(nih), bei analogischer Bewahrung wird es im Auslaut (sah) oder vor Konsonant
(saht) nie vokalisiert (§ 64,c); zudem begegnet es nur tautosyllabisch nach h. - Lit.:
Streitberg, IF 14 (1903), 495ff.; ZDP 12,481 f.; Braune, PBB 12 (1887), 218ff.; ADA
28 (1902), 25; ADA 31 (1907), 2; Litbl 1909, 90; Streitberg § 35,6; Marchand 77;
Cubbin, KZ 91 (1977), 304 ff.
70
Β. Geräuschlaute - 2. Velare §66.
A n m . 2. Ihil bewirkt wie /h/ „Brechung" eines vorangehenden i (§62 A.l); für u
fehlen Belege.
g
<g> entspricht dem griech. γ, auch in der Geltung als velarer Nasal (vgl. §§ 50, § 65.
67), z.B. swnagoge* συναγωγή, aggilus άγγελος. - Die Aussprache des got.
g war im Anlaut wohl die eines stimmhaften Verschlußlauts; für Inlaut und
Auslaut ist teilweise auch mit spirantischer Aussprache zu rechnen. Das
Problem besteht darin, daß auslautendes <g> im Gegensatz zu <b> und <d>
nicht der „Auslautverhärtung" (§§ 56,74) unterliegt. Deren Ausbleiben, das
zu einer kontroversen Debatte Anlaß gab (s. Anm. 2), läßt sich aber mit
dem Fehlen eines stimmlosen Korrelats begründen: das h kam als Hauch-
laut bzw. schwach artikulierter Reibelaut (vgl. § 62 A.4) dafür nicht in Be-
tracht; das auf die Wiedergabe von gr. χ beschränkte Zeichen co (§ 58a)
beweist gerade, daß dem Got. der Laut [χ] fehlte. Folglich dürfte <g>, parallel
zu <b> und <d>, nach Konsonanten als Verschlußlaut, nach Vokalen als Reibe-
laut einzustufen sein.
A n m . 1. Lat. und griech. Schriftsteller gaben g in got. Namen durch <g> (<γ>), aber
auch durch <c> wieder, z.B. Caina neben Gaina (Jordanes), Γαϊνας (4. Jh.),
Commundus (= Gummundus); im Inlaut ist es, besonders vor /', oft geschwunden, z.B.
Eila (neben Agila, Egila), Aiulf (= Agiulf), Athanaildus (= Athanagildus), vgl. Diet-
rich, Ausspr. 73 f.
g geht in got. Wörtern im Anlaut stets auf idg. g\ in anderen Stellungen auf § 66.
idg. gh oder (nach dem Vernerschen Gesetz, s. § 50a mit A.2) auf k zurück.
Es ist in allen Stellungen häufig. Beispiele:
a) a n l a u t e n d : gasts 'Fremder', guma 'Mann', gulp* 'Gold', gôps 'gut',
giutan* 'gießen', greipan 'greifen', graban 'graben';
b) i n l a u t e n d : agis 'Schrecken', wigs 'Weg', ga-wigan* 'bewegen', steigan*
'steigen', ligan* 'liegen', pragjan* 'laufen'; augô 'Auge', tagr* 'Träne',
tigus* 'der Zehner', aigum 'wir haben'; - im Suffix: mahteigs 'mächtig',
môdags 'zornig'; - nach Konsonanten balgs* 'Schlauch', tulgus 'fest',
bairgan* 'bergen', azgô* 'Asche' (über η + g s. § 67);
c) im A u s 1 a u t bleibt <g> (zumindest graphisch) unverändert: ôg 'ich fürch-
te (mich)', mag 'ich kann', wig (Akk. zu wigs 'Weg') usw.
71
§66. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
A n m . 1. Vor suffixalem t wechselt g mit h (§ 81), z.B. mahts, mahta (zu mag), ôhta (zu
ôg), baúhta (zu bugjan* 'kaufen'), brähta (zu briggari)\ aber die 2.Sg. zu mag erscheint
stets in der Form magt (§ 170 A.2). - In einigen Fällen steht g in grammatischem
Wechsel mit h (§ 50a): taihun '10' und tigus* 'Zehner', filhan 'verbergen' und fulgins*
Adj. 'verborgen', faginôn 'sich freuen' und fahéps 'Freude', huggrjan* 'hungern' und
hährus 'Hunger', juggs* 'jung', Kompar. jûhiza; über den Wechsel in áih - aigum,
aihum s. § 203 A.2.
§ 67. <g> dient nach griech. Vorbild (vgl. Schulze, Kl. Sehr. 262 f.; Klio 22, 404)
auch in got. Wörtern zur Bezeichnung des velaren Nasals (s. § 50). Beispiele:
tog]: laggs* 'lang', briggan 'bringen', tuggô 'Zunge', flggrs* 'Finger',
gaggan 'gehen';
[ijk]: drigkan 'trinken', pagkjan 'denken', pugkjan* 'dünken';
foq]: igqis 'euch beiden', sigqan* 'sinken', stigqan 'stoßen'.
A η m. 1. Der velare Nasal [η] wird vor g regelmäßig durch <g> bezeichnet; nur einmal
steht <gg>: atgagggand Mt. 9,15, was die Herausgeber als Fehler beseitigen. In der
Urkunde von Arezzo begegnet der Akk.Pl. killigggans (für skilliggans Urk. Neapel).
Vor k, q dagegen steht häufiger <gg>: gasaggq Mk. 1,32, driggkip Jh. 6,54, iggqis Mt.
9,29; in Cod. Β ist das die Regel. In drei Fällen ist [rj] anscheinend unbezeichnet:
fauragagjins (= -gaggj-) Lk. 8,3, fauragagjan Lk. 16,1, unmanarigwai 2.Tim. 3,3 A
(= -riggwai Β) άνήμεροι, s. § 68,1 (in gaag\ hvein Skeir. 1,3 ist das fehlende <g> nachge-
tragen). Der Gedanke, daß hier <g> für den velaren Nasal [g] stehe und also ein
Lautwandel [gg] > [g] vorliege, läßt sich mit diesen wenigen Belegen allerdings nicht
stützen. Vgl. Bernhardt LI.
An m. la. Nicht hierher gehört die durch Assimilation entstandene Folge <gg> wie
z.B. in jaggatrauada (< *jah gatrauada) Rom. 14,14, vgl. § 62 A.3.
A n m . 2. Allein im Luk.-Ev. begegnet einige Male die lat. Schreibung des velaren
Nasals durch <«>, z.B. bringip 15,22, pank 17,9, inqis 19,31. Dazu noch unkja* (lat.
uncia) in der (allerdings späteren) Urkunde von Arezzo.
§ 68. Besonders zu beachten ist die graphische Verbindung <ggw>. Sie ist historisch
verschiedenen Ursprungs.
1. Sie setzt germ. *ygw fort, wie etwa in aggwus* 'eng' (ahd. engi, aisl. çngr,
Akk. çngvari), siggwan 'singen' (ahd. singan, aisl. syngva), saggws* 'Ge-
sang'. Hierher auch un-manariggws* 'ungezähmt, wild' (urspr. 'für den
Menschen nicht leicht', zu ahd. ringi 'leicht, gering', s. Heidermanns,
EWGP 445f. mit Lit.; anders Grienberger 228).
2. Ein zweites <ggw> ist aus urgerm. *ww entstanden („Verschärfung",
s. Anm. 1); ihm steht im Westgerm, uw (vgl. Ahd.Gr. §§112, 113), im
Aisl. gg(v) gegenüber. Z. B. triggws 'treu' (ahd. triuwi, aisl. tryggr),
bliggwan 'schlagen' (ahd. bliuwan), glaggwô, glaggwaba, Adv. zu einem
Adj. *glaggws 'genau' (ahd. glauwêr, aisl. glçggr; s. § 131 A.2), skuggwa
'Spiegel' (aisl. skyggja, zu ahd. scouwôn).
72
Β. Geräuschlaute - 3. Dentale §69.
3. D e n t a l e
Got. Φ hat den Lautwert von gr. τ; es entspricht, außer in den Lautgruppen § 69.
st, f t und ht, etymologisch dem idg. d. In got. Wörtern ist es in allen Stellun-
gen häufig:
a) a n l a u t e n d : tunpus* 'Zahn', triu* 'Holz', tuggô 'Zunge', tagr* 'Träne',
taihun 'zehn', twai 'zwei', ga-tamjan 'zähmen', trauan 'trauen';
b) i n l a u t e n d : watô 'Wasser', hairtô 'Herz', baitrs* 'bitter', itan 'essen',
giutan* 'gießen', sitan 'sitzen', witan 'wissen';
c) a u s l a u t e n d : wait 'ich weiß', at 'zu', wit 'wir zwei'.
A n m . 1. Die Geminata <;/> steht in atta 'Vater' und in dem wahrscheinlich nicht
germanischen skatts 'Geld' (Feist 429; Kluge/Seebold 795); ferner in der Komposi-
tionsfuge (at-têkan, at-tiuhan) sowie in dem Fremdnamen Mattapius*.
A n m . 2. Vor einem/der Wortbildung oder der Flexion steht s statt <(§ 81), z.B. 2.Sg.
Prät. waist (zu wait), haihaist (zu haitan), sw. Prät. gamôstedun (zu ga-môtan*),
kaupastêdun (zu kaupatjan); diese st sind sämtlich unursprünglich und erst analogisch
an die Stelle von í í getreten, das in wissa (Prät. zu witan) erhalten ist (s. § 81). Die
Folge ss ist nur vor Vokal zu erwarten; vor Konsonant ergibt sich st: blôstreis 'An-
beter' (zu blötan).
73
§69. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
A η m. 3. Fünfmal ist fälschlich <p> für t geschrieben: gaparhips Gal. 2,11; aflêpanda
Mk. 2,9; afleipandans (für aflêtandans) Lk. 5,11; witups (für wituts) Mk. 10,38;
usblöpeinai Β (usblôteinai A) 2.Kor. 8,4. Die Erscheinung weist auf Aspiration in
spätgot. Zeit (Bethge 208). - Dagegen ist die durchgehende Schreibung Aileisabaip
'Ελισάβετ (8mal) wohl durch lat. Elisabeth zu erklären, vgl. Gaebeler 16.
§ 70. Got. φ> entspricht dem griech. θ (z.B. Pomas Θωμάς, G. Napanis Ν α θ ά ν ,
Mappaius* und Matpaius* Ματθαίος); seine lautliche Geltung war die eines
stimmlosen dentalen Spiranten, entsprechend dem stimmlosen th im heuti-
gen Englisch. Auch das griech. θ bezeichnete schon damals, wie noch heute
im Neugriech., einen solchen Laut.
§ 71. p ist in got. Wörtern sehr zahlreich; es geht im Anlaut und Inlaut (meist vor
Vokal) auf idg. t zurück:
a) im A n l a u t : pulan 'dulden', uf-panjan* 'ausdehnen', paúrsus 'dürr',
paúrstei* 'Durst', pata 'das', pu 'du', preis* 'drei', pwahan 'waschen';
b) im I n l a u t : brôpar 'Bruder', tunpus* 'Zahn', wiprus ' L a m m \ frapjan
'verstehen', anpar 'anderer', hapar 'welcher von beiden', wairpan 'wer-
den', qipan 'sagen';
c) vor Nominativ-j und im A u s l a u t (neben inlautendem p): piup 'das
Gute' (Gen. piupis), qap (zu qipan), aips* 'Eid', Dat. aipa. Meist aber ist
ein p in diesen Stellungen erst aus <d> „verhärtet" (§ 74).
A n m . 1. <pp> kommt erstens vor in aippau 'oder' (§20), appan 'aber', mippan-ei
'während'; zweitens durch Assimilation aus h-p in duppê, nippan usw. (s. § 62 A.3);
schließlich in dem Fremdnamen Mappaius* (neben Matpaius*).
A n m . 2. Anlautendes pl- in pliuhan, plaúhs, plahsjan*, ga-plahsnan*, ga-pláihan,
plaqus entspricht west- und nordgerm./?-. Während einige hier dem Got. die Bewah-
rung des germ. Lautstandes zuschreiben wollen und unter Annahme eines Wandels
idg. tl- > germ.-got. pl- einen west- und nordgerm. Lautwandel pl- > ß- annehmen
(Kieckers § 44; Hirt, HU I, § 54b; Krause § 38,3), hat bereits Noreen, Ltl. 197f. diese
Annahme als unbegründet zurückgewiesen; ihm folgten Zupitza, Gutt. 131 und Pro-
kosch §29d. Grundsätzlich G. Nordmeyer, Lg 11 (1935), 216-219: die Etymologie
der betreffenden Wörter weist eindeutig auf idg. pl- (> germ, β-); der Wandel von
germ, β- > got. pl- sei speziell der Sprache Wulfilas eigen. Gegenüber diesen Fällen
74
Β. Geräuschlaute - 3. Dentale §73.
von pi- < germ./7- findet sich in 5 Wörtern got./7- < germ. fl-·. flahtom, Dat.Pl., 1 .Tim.
2,9 (ahd. flehtan)\flauteip, 3.Sg. Ind. Präs., l.Kor. n,A,flautai, Nom.Pl. mask., Gal.
5,26 (ahd.flaozzan);flôdus,Nom.Sg. mask., Lk. 6,49 (as., ae.flöd);faiflôkun, 3.P1.
Ind. Prät., Lk. 8,52 (ae./Zöcan). Das hier erhaltenefl- will Nordmeyer ostgot. Einfluß
zuschreiben, der auch sonst für sprachliche Eigentümlichkeiten in Lk. und den Epi-
steln angenommen wird (vgl. § E6 A.l); so noch Mossé § 48, A.3. Dagegen läßt sich
geltend machen, daß neben fl- auch pl- in Lk. und den Episteln begegnet (gaplahsnan
Lk. 1,29); vgl. Marchand, Orbis 5 (1956), 149f. - K. Matzel (Sprache 8 [1962], 220ff.)
erklärt den Übergang fl- > pl- aus dem Zusammenwirken des got. alveolaren / und
der im Stammauslaut der betreffenden Wörter stehenden h, hs, q.
Der Gegenstand wird weiterhin ausgiebig diskutiert: Salmons/Iverson, Dia-
chronica 10 (1993), 87ff.; Davis/Iverson, HS 107 (1994), 155ff.; Kjellmer, Word 46
(1995), 207ff.; Woodhouse, HS 108 (1995), 102f.; Davis/Iverson, HS 109 (1996),
276ff.; Woodhouse, HS 111 (1998), 296ff.; Nilsson, NOWELE 35 (1999), 53ff.; M. J.
Jones, Word 53 (2002), 1 ff.
A η m. 3. Die s anstelle vonp vor t, z.B. 2.Sg. Prät. qast (zu qipan), warst (zu wairpan),
ufsnaist (Lk. 15,30 zu sneipan* 'schneiden'), sind wie die s für / in § 69 A.2 zu be-
urteilen (s. § 81).
A n m . 4. <d> für inlautendesp steht in weitwôdida 'Zeugnis(ablegung)' Skeir. 4,3.
d
Das Zeichen <d> ist von gr. δ hergeleitet. Gr. δ war im 4. Jh. weitgehend (außer § 72.
in der Folge νδ) stimmhafter post- oder interdentaler Spirant geworden ([ö] =
engl, stimmhaftes th). Es wird weithin angenommen, daß auch das got. Zei-
chen im Inlaut nach Vokal einen solchen Spiranten bezeichne, während es im
Anlaut und im Inlaut nach Konsonant stimmhafter dentaler Verschlußlaut
[d] sei. Diese Annahme stützt sich auf den Wechsel von postvokalischem d mit
p im Auslaut oder vor dem Nominativ-s („Auslautverhärtung", § 74). Der
got. Wechsel könnte aber auch einen früheren Sprachzustand reflektieren;
dann wäre das einst vorhandene [ö] in der Sprache Wulfilas zum Verschluß-
laut geworden (so Streitberg § 35,8 A.2). - Vgl. Marchand 76 f.
d geht in got. Wörtern im Anlaut stets auf idg. dh, in anderen Stellungen auf § 73.
idg. dh oder (nach dem Vernerschen Gesetz, s. § 50a mit A.2) ι zurück. Es ist
in allen Stellungen häufig:
a) a n l a u t e n d : daiir 'Tor, Tür', daúhtar 'Tochter', dal* 'Tal', dawns 'Ge-
ruch', daddjan* 'säugen', ga-daúrsan 'wagen', driusan* 'fallen', dwals*
'töricht';
b) i n l a u t e n d : nach Vokal: sidus 'Sitte', wadi 'Wette', midjis* 'der mittlere',
widuwô 'Witwe', -biudan* 'bieten'; fadar 'Vater', frôdei 'Verstand' (zu
frôps, frôdamma 'klug'), fidwôr 'vier', pridja 'der dritte', piuda 'Volk',
Suffix -ida z.B. in aupida 'Wüste' (§ 79 A.4); - nach Konsonant: bindan*
'binden', hairda 'Herde', waldan 'herrschen', mizdô 'Lohn', gazds 'Sta-
chel'; gahugds* 'Verstand', gards 'Haus', hardus 'hart', hunda 'hunderte',
pund 'Pfund' (aus lat .pondo), and'an, a u f , kalds* 'kalt'.
75
§73. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
A n m . 1. <dd> steht in got. Wörtern nur in der Verbindung tddp, welcher aisl. <ggj>,
westgerm. <//> entspricht; zugrunde liegt urgerm. yy, das wie urgerm. ww im Ost- und
Nordgerm. eine „Verschärfung" erfahrt: (baürgs-, grundu-)waddjus 'Mauer' (aisl.
veggr), daddjan* 'säugen', twaddjê (Gen. zu twai 'zwei', aisl. tveggia, ahd. zwei[i\o),
iddja 'ich ging'. Nach twaddjê ist zu bai (§ 140 A.l) ein Gen. *baddjê (aisl. beggja) zu
erschließen. Das got. Wort für 'Ei' kann man als *addi (aisl. egg) erschließen, zu dem
sich dann „krimgot." ada 'Ei' stellen würde. Vgl. die § 68 A.l angeführte Literatur. -
In einem Fall ist <dd> durch Assimilation des auslautenden -h von jah an folgendes d
entstanden (§ 62 A.3): jad-du 2.Kor. 2,16 A.
A n m . 2. In griech. Namen findet sich <dd> für gr. δδ (Addeins τοϋ Άδδεί, Aidduins
Έδδουά); dagegen für gr. δ in dreimaligem Gaddarene (Gen.Pl., Lk. 8,26.37; Mk.
5,1) zu gr. Γαδαρηνός; auch hier ist griech. Vorbild möglich.
§74. Im A u s l a u t und vor dem Nominativ-s bleibt <d> nur nach Konsonanten
erhalten, weil es dort früh zum Verschlußlaut geworden ist, z.B. und, nimand
3.PI. Präs., gards, skulds, gazds, gahugd Akk. (§ 73). Dagegen ist nach Vo-
kalen das hier spirantisch gebliebene <d> in denselben beiden Fällen in den
entsprechenden stimmlosen Spiranten p gewandelt („Auslautverhärtung").
Die große Masse der got. auslautenden p sind solche aus inlautendem <d>
entstandene, die geringere Zahl sind alte, auch inlautende p (§ 71,c).
Beispiele: s taps, Gen. stadis 'Ort' (aber staps*, Dat. stapa 'Gestade');
haubip, haubidis ' K o p f ; liuhap, liuhadis 'Licht'; frôps, frodammo 'klug',
gôps, gôdis 'gut'; ana-baup Prät. zu -biudart*; bidjan 'bitten', Prät. bap\ - alle
Part. Prät. zu schw. Verben, z.B. daupips, daupidai; lapôps, lapôdai; ferner
a l l e p in den Verbalendungen der 3.Sg. und 2.P1., z.B. nimip, nêmup, atgêbeip;
Adverbien wie hap 'wohin'; die Präp. mip 'mit'. - Vor vokalisch anlauten-
den Enklitika tritt die Auslautverhärtung nicht ein; vgl. Verbalformen mit
-uh (-m): qipid-uh, witaid-uh, wileid-u\ Adverbien mit -ei: pad-ei 'wohin'
(§213). D i e Stimmhaftigkeit kann nicht erst durch die Enklise bewirkt sein,
denn altes p bleibt vor Enklitika stimmlos (z.B. qap-uh). Folglich ist die
Auslautverhärtung jünger als die Enklise.
76
Β. Geräuschlaute - 3. Dentale §75.
Zur Erklärung dieses jüngeren d (und ebenso des b für/, § 56 Α. 1, sowie des ζ für s,
§78 A.l) vgl. Bethge 200, 406, der Angleichung an den Inlaut annimmt, ferner
Hench, JEGP 1,49ff. und dazu Bethge, Jsb 1897,173f.; im Grunde ebenso Lg 30,4
A.10; JEGP 49, 223; Marchand 48 f.; etwas abweichend Wrede/Heyne § 63 Anm.
(ausi, d, b junge ostgot. Verschlußlaute) und dazu van Helten, IF 14 (1903), 71 ff. -
Andere, schwerlich annehmbare Auffassungen: Litbl 1885,276 und Streitberg §§ 25,
116; ders., IF 18 (1906), 383ff.; ders., IF 24 (1909), 175ff.; IF 27 (1910), 287ff.;
Braun, GRM 5 (1913), 367ff. (nimip und *nimid „Satzdubletten": die mit d auslau-
tenden Formen ursprünglich nur vor stimmhaftem Anlaut; dagegen Jacobsohn II
129ff.). Kock (ZDA 25 [1881], 226ff.; KZ 36 [1900], 571 ff.) beobachtet, daß diese d
für p am häufigsten sind nach unbetonten Vokalen (z.B. mitads), nach dem betonten
Vokal nur, wenn dieser lang oder ein Diphthong ist, selten dagegen nach kurzem
betonten Vokal (z.B. mididdjêdun Lk. 7,11; mipiddjêdun Lk. 14,25). Er schließt dar-
aus, daß spätgot. Sonorisierung der auslautenden p und/unter Einfluß des Akzents
stehe, der nach kurzem Vokal am stärksten, in den übrigen Fällen schwächer gewesen
sei. Dagegen Bethge, Jsb 1900,30ff. - Kluge, Got. 26 erklärt die d für p überwiegend
als Schreibirrtümer. Vgl. auch Wilmanns I, 199ff.; Jellinek § 69; Marchand 48f.
Im schwachen Präteritum erscheint der Dental (s. §§ 183 A.l, 209 Α. 1) nach § 75.
Vokal und nach /, η als d: nasida*, habaida·, skulda, munda. Bei velarem und
labialem Stammauslaut erscheint er als t, vor welchem der Stammauslaut
77
§75. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
als Spirans h,f auftritt: pâhta, brâhta, pûhta, brûhta, waúrhta, baúhta, ôhta,
mahta, áihta, paurfta. Bei dentalem Stammauslaut tritt lautgesetzlich ss ein
(wissä), das in kaupasta*, môsta*, daúrsta* durch st ersetzt ist. Das p von
kunpa steht nicht für d, sondern beruht auf idg. t. In keinem Fall ist für das
Got. ein Lautwandel von dzut(p) anzunehmen.
Die zugehörigen Verbaladjektive (Part. Prät.) stimmen im Dental mit
den Präteritalformen überein: einerseits nasips*, habaips*, skulds, munds,
andererseits -waúrhts*, baúhts*, mahts, bi-naúhts*, paúrfts, kunps. Vgl.
§§187 A.l, 197ff., 208,209.
§76. s ist stimmloser dentaler Spirant und entspricht lautlich und sprach-
geschichtlich idg. s. In got. Wörtern ist 5 ungemein häufig, besonders im
Anlaut. Beispiele:
a) a n l a u t e n d : vor Vokal: sunus 'Sohn', sitan 'sitzen'; - vor Konsonant:
skadus 'Schatten', speiwan 'speien', standan 'stehen', straujan* 'streuen',
slêpan 'schlafen', smalista (l.Kor. 15,9) 'der kleinste', snutrs* 'weise',
swaihra 'Schwiegervater';
b) i n l a u t e n d : kiusan* 'prüfen', wisan 'sein', wasjan* 'kleiden', pûsundi
'tausend', gasts 'Fremder', fisks* 'Fisch', asneis 'Lohnarbeiter', hansa
'Schar', hunsl 'Opfer', paúrsus 'dürr';
c) a u s l a u t e n d (vgl. Anm. 2): gras Akk. 'Gras', hals Akk. 'Hals', was 'er
war' (dazu wasuh 'und er war'), suns 'sogleich' (dazu sunsei, sunsaiw);
2.Du. auf -ts, z.B. gaggats 'ihr beide geht'; vgl. Bethge 204.
A n m . 1. Die Geminata <ss> (zur Entstehung s. § 81 mit A.2,3) ist recht häufig, z.B.
hasset* 'Strenge', gaqiss* 'Verabredung', wissa (Prät. zu wait), Suffix -assus
(piudinassus 'Königreich' usw., vgl. § 105,a). Sie kommt im Got. nur nach Vokal vor;
nach Konsonant wäre Vereinfachung zu erwarten (so vielleicht in hunsl 'Opfer',
s. Kölligan, HS 115 [2002], 101). - In nasseinais l.Ths. 5,8 ist <ss> für einfaches s
verschrieben; über <ss> für gr. σ in lassen Rom. 16,21 s. Ebbinghaus, GL 12 (1972),
169.
A n m . 2. Auslautendes s ist in der Mehrzahl der Fälle nicht direkte Fortsetzung des
idg. s, sondern aus einem nach Verners Gesetz (§ 50a mit A.2) aus s sonorisierten ζ
durch die got. „Auslautverhärtung" wieder stimmlos geworden. Besonders in der
Flexion ist auslautendes s meist Vertreter dieses ζ (vgl. § 78). Über Wegfall des Nom.-i
s. § 78 A.2.
78
Β. Geräuschlaute - 3. Dentale §78.
A η m. 4. Über den phonetischen Unterschied zwischen den Spiranten s und¡¡ vgl. die
Lit. in § 70 A.3.
Ζ
<z> entspricht in Wörtern griech. Ursprungs dem <ζ>, z.B. Gen. Zaibaidaiaus § 77.
Ζεβεδαίου, Gen.Pl. azwmê άζύμων Mk. 14,12. Der Lautwert des <z> ist der
dem s entsprechende stimmhafte Laut, also stimmhafter dentaler Spirant
(phonet. [z]). Diesen Laut bezeichnete damals auch schon (wie im Neu-
griech.) das griech. <ζ>.
A n m . 1. Inpraizbwtairei* (3 verschiedene Kasus) πρεσβυτέριον und G. Aizleimis
χοΰ Έσλίμ (Lk. 3,25) entspricht <z> dem griech. σ, das in dieser Stellung stimmhaft ist.
Vgl. Luft 298; Gaebeler 19, 43. - Über <z> = gr. σ in der got. Flexion griechischer
Namen s. § 79 A.2. - Einmaliges <zz> für ζ in Lazzaru Lk. 16,23 ist wohl phonetische
Umschrift, s. Ebbinghaus, GL 12 (1972), 169.
a) z ist in got. Wörtern (abgesehen von der Position vor Konsonant) stets § 78.
nach dem Vernerschen Gesetz aus idg. s sonorisiert; es steht dement-
sprechend nie im Α η 1 a u t.
b) Häufig ist ζ im I η 1 a u t ; es kommt vor nach Vokal sowie nach den Kon-
sonanten /, r, n, m (in bijandzup-pan 'darüber hinaus' [§ 133 A.5] auch
nach d). Beispiele: azêtaba 'gern', hazjan 'loben', hazeins 'Lob', dius*,
Dat.Pl. diuzam 'Tier', hat is, D. hatiza 'Haß', hatizôn* 'zürnen'; vor Kon-
sonant: gazds 'Stachel', huzd 'Schatz', mizdô 'Lohn', razda 'Sprache',
azgô* 'Asche', fairzna 'Ferse', marzjan* 'ärgern', talzjan* 'belehren'; -
Komparative: maiza, Pl. fròdozans (Lk. 16,8), alpiza (Lk. 15,25) usw.;
Pronominal- und Adjektivformen, z.B. izwara, pizôs, pizê, niujaizôs
(2.Kor. 3,6); 2.Sg. Pass., z.B. haitaza (Lk. 1,76).
c) A u s l a u t e n d e s z i s t dagegen zu s geworden („Auslautverhärtung",
vgl. § 79). Die meisten der got. -s, insbesondere diejenigen in der Flexion,
sind aus germ, ζ entstanden. Wenn dagegen eine enklitische Partikel an-
getreten ist, bleibt das ζ erhalten, z.B. das -s des Nominativs: has 'wer?',
aber hazuh (dagegen wasuh mit altem s, § 76,c); is 'er', aber izei 'welcher';
Adj. ains 'eins', ainzu l.Kor. 9,6; - us 'aus', aber uzuh uzu; dis- 'zer-',
dizuh-pan-sat Mk. 16,8; - pôs NPlf., pôzuh\ weis 'wir', weizuppan (§ 150
A.2a); - wileis 2.Sg., wileizu Lk. 9,54; - Kompar.-Adv. mais 'mehr',
maiza; äiris 'früher', áirizans* 'Vorfahren'; usw. (vgl. die Belege bei
Streitberg, IF 18 [1906], 388). Als Ausnahmen beachte man sumsuh
1 .Kor. 7,7, sumansup-pan Eph. 4,11 (2mal) und bidjandansup-pan Mt. 6,7
(§ 133 A.5); vgl. Streitberg, IF 24 (1909), 177; dens. § 116 A.2.
A n m . 1. Vereinzelt ist im Auslaut <z> statt <s> geschrieben: aiz '(Erz)münze' Mk. 6,8;
mimz 'Fleisch' l.Kor. 8,13; minz 'weniger' 2.Kor. 12,15 Β (sonst mini); Mosez2.Kor.
3,13 A (sonst Moses, § 79 A.2); riqiz 'Finsternis' Mt. 6,23, Jh. 12,35, Eph. 5,8 (neben
riqis, Gen. riqizis, § 115a). Vgl. Kock, KZ 36 (1900), 578, Wrede/Heyne XIII; Streit-
berg § 25 und oben § 74 Α. 1. - Eine andere Auffassung der auslautenden i für ζ hält
Wilmanns 1,200 für möglich.
79
§78. Lautlehre - IV. Die Konsonanten
A η m. 2. Die Endung -s (< *-z) des Nom.Sg. fallt in zwei Fällen weg: 1. nach s (ss, ζ):
drus m., D. drusa 'Fall', swês, D. swêsamma Adj. 'eigen', laus, Pl. lausans 'los', us-síass
f., G. usstassais 'Auferstehung'; 2. nach r, wenn ein kurzer Vokal unmittelbar vor-
hergeht: wair, Pl. wairôs 'Mann ',frumabaitr 'Erstgeborener', Saúr 'Syrer', hapar 'wer
von zweien', anpar 'der zweite', unsar 'unser' (zu ga-faurs 'ehrbar' s. § 124 A.l);
dagegen bleibt s nach r nach langer Silbe: hors 'Ehebrecher', skeirs 'klar', swêrs
'geehrt', gâurs 'betrübt' (stiur 'Stier' hat kein -s, weil es nach Schulze, Kl. Sehr. 483,
496 zweisilbig ist, vgl. § 18 A.2). Hierher auch akrs usw., wo freilich Braune und
andere silbisches r für die Erhaltung verantwortlich machen (§ 27).
Lit.: Brugmann I, 934; Wrede, Ostg. 177ff.; Hirt, PBB 23 (1898), 329; Kock,
KZ 36 (1900), 579ff.; Jsb 1900, 31ff.; ADA 28 (1902), 21'; Streitberg § 115; v. d.
Meer, PBB 42 (1917), 337 f.; Boer, Neophil 6 (1921), 228ff.;Loewe, KZ 48 (1918), 93;
Neckel, KZ 50 (1922), 218; Jellinek §75; Heffner, JEGP 29 (1930), 319ff.; NTS 4
(1930), 470; Adolf, ZDP 55 (1930), 257ff.; JEGP 69, 580ff. - Später, besonders
ostgot., schwindet das Nom.-s in weiterem Umfang (Wrede, Ostg. 177ff.; Wagner,
BNF N. F. 19 [1984], 145ff.);vgl. dazu in den Urkunden: Gudilub (Arezzo), Ufìtahari
(Neapel).
A n m . 3. Ein Nebeneinander von ζ und .s findet sich im Prät. von slêpan* 'schlafen':
saislêp (Mt. 8,24; Lk. 8,23; l.Ths. 4,14), aber gasaizlêp (Jh. 11,11; l.Kor. 15,6); -
ferner bei den Neutra auf -is (Gen.Sg. agisis, aber Gen.Pl. hatizê), s. §§ 79 A.4, 115a.
A n m . 4. Das ursprüngliche ζ der Präp. us wird bei Präfigierung an folgendes r
assimiliert (vgl. §24 A.2), z.B. urruns '(Sonnen)aufgang', urreisan 'aufstehen',
urrûmnan* (urrûmnôda 2.Kor. 6,13) 'sich erweitern'; einmal auch in präpositioneller
Stellung: ur riqiza 2.Kor. 4,6. - Sonst behält us in der Komposition stets diese Form,
z.B. usagjan* 'erschrecken', usbeidan* 'erwarten' (vgl. § 56 A.3). Nur in uzôn (Mk.
15,37.39, Prät. zu uz-anan* 'aushauchen') und uzêtin (Dat. zu uzêta* 'Krippe') Lk.
2,7.12.16 begegnet ζ statt s vor Vokal.
A n m . 5. Wenn us vor ein mit st beginnendes Wort tritt, so wird bisweilen nur ein s
geschrieben: ustaig Mk. 3,13 (neben 4 usstaig zu us-steigan), ustôp Lk. 8,55 10,25
(neben 8 usstôp), ustandip Mk. 10,34 (us-standip Mk. 9,31), ustassai Lk. 14,14
(usstassai Lk. 2,34). - Vgl. mit twis- (§ 149 A.2): twistandands 2.Kor. 2,13 Β
(= twisstandands A), twistasseis Gal. 5,20 A (= twis-stasseis B); mit dis-: diskritnôda
Mt. 27,51 (dis-skritnôda Mk. 15,38). Für sp fehlt ein Analogon.
80
KAPITEL V .
A. Phonologisches System
Die got. Konsonanten sind im Vorhergehenden nach den Graphemen vor- § 78a.
geführt worden. Jetzt ordnen wir sie nach der Systematik der P h o n e m e .
Dabei ergibt sich folgendes Schema (zu den Vokalen s. § 28):
Labiale Dentale Velare Labiovelare
stl. Plosive /p/ (§51) Ιϋ (§69) IkJ (§ 57f.) Iql (§59f.)
sth. Plosive/ Ibi (§ 54ff.) Idi (§ 72 ff.) Igl (§65 ff.)
Spiranten
stl. Spiranten /f/ (§ 52 f.) φ / (§70f.) Ihl (§61 f.) /hV (§63f.)
stl. Sibilanten /s/ (§76)
sth. Sibilanten /z/ (§ 77 f.)
Nasale /m/ (§48) Ini (§49 f.)
Laterale ZV (§46)
Vibranten Irl (§47)
Halbvokale /w/ (§ 39 ff.) /j/(§43ff.)
Zur Illustration der Spiranten und Sibilanten folgen ausgewählte (Quasi-)
Minimalpaare:
Iii-Ibi hafanana 'gehoben' Mk. 2,3-haban 'haben' Lk. 8,18 u.ö.;
parf'ichbedarf Lk. 14,18, l.Kor. 12,21 -parbai'demMangel'
Php. 4,11 (§56 A.4)
/J>/-/d/ piupa 'dem Guten' Rom. 12,21 - piuda 'Volk' Jh. 18,35, Lk.
7,5;
hunp 'Fang' Eph. AS-hunda 'hundert' Lk. 7,41 u.ö.
/h/-/g/ hauh Ntr. 'hoch' Mk. 9,2 - daug 'es nützt' 1 .Kor. 10,23,2.Tim.
2,14;
maht Ntr. 'möglich'Jh. 10,35 u.ö.-magt 'du kannst' Mt. 5,36
u.ö. (§§66 A.l, 170 A.2)
Isl-IzJ naseins 'Rettung' Lk. 19,9, Rom. 13,11 -hazeins 'Lob' l.Kor.
4,5,2.Kor. 8,18;
wasuh 'war aber' Mt. 8,30 u.ö. - hazuh 'jeder' Mt. 5,22 u.ö.
A n m . 1. Ein in Einzelheiten abweichendes Schema bietet Marchand 94; u.a. fehlen
dort die Labiovelare Ihil und /q/, weil sie als Phonemverbindungen eingestuft sind
81
§ 78a. Lautlehre - V. Übersicht über den gotischen Konsonantismus
(zum Phonemcharakter von Λυ/ und Iql s. §§ 41 Α. 1 ; 59 A.2; 63 Α. 1). - Zur Phono-
logie des Got. allgemein vgl. die in § 28 A.2 genannte Lit. Zu den got. Geräuschlauten
s. Moulton, Lg 31 (1954), Iff.; G. I. Alexander, Fortis and Lenis in Germanic, Bern
u.a. 1983, 32 ff.
B. Regelmäßige Lautveränderungen
A n m . 3. Suzuki (IF 99 [1994], 217ff.) will die weitgehende Beseitigung des gram-
matischen Wechsels (§ 50a) auf die Auslautverhärtung zurückführen; der Ansatz
scheitert sowohl an chronologischen als auch an phonologjschen Erwägungen.
A n m . 4. In unbetonten Silben, meist nach kurzem Vokal, wechseln im Got. öfter die
Spiranten b, d, ζ und / , p, s derart, daß bei stimmlosem Anlaut der vorhergehenden
Silbe b, d, z, dagegen bei stimmhaftem/, p, s stehen (Spirantendissimilation, „Thur-
neysens Gesetz"). Daher fraistubni*, fastubni*, witubni*, aber waldufni, wundufni*
(§§ 56 A.4, 95, 98); wratôdus*, manniskôdus*, aber gabaurjôpus*; aupida, wairpida
gegenüber sonstigem -ipa (z.B. mildipa*, mêripa, aber auch diupipa, hauhipa); -
Neutra auf -is (§ 115a): Dativ hatiza, riqiza, aber agisa, rimisa; arfvaznôs, aber
hlaiwasnôs. Von einem ähnlichen Wechsel zwischen g und h sind Spuren vorhanden,
z.B. stainahs* gegenüber wulpags*, aber auch môdags usw. - Zu walisa* 'recht, lauter'
s. § 135 A.la.
Lit.: DLZ1897,177f. (Wrede/Heyne XIV); Thurneysen, IF 8 (1897), 208 ff.; Hirt,
PBB 23 (1898), 323 ff.; Streitberg, IF 14 (1903), 493 fT., 497; ders., IF 18 (1906), 404ff.;
ders. § 117; K. Brugmann, Das Wesen der lautlichen Dissimilationen (Sb. der sächs.
Ges. 27), 175f.; Streitberg, Fs. Windisch (1914), 226; Jacobsohn II 191; Jellinek § 63;
Hirt, HU I, § 62; Flickinger, Papers from the Regional Meetings of the Chicago
Linguistic Society 17 (1981), 67ff.; Roberge, IF 88 (1983), 109ff.; Suzuki, PBB 114
(1992), 28ff.; Woodhouse, PBB 120 (1998), 194ff.; 122 (2000), 187ff.
82
Β. Regelmäßige Lautveränderungen §81.
83
§81. Lautlehre - V. Übersicht über den gotischen Konsonantismus
§ 82. Assimilationserscheinungen zeigt das Got. nur bei h (§ 62 A.3) und bei us
(§78 A.4).
A n m . 1. Als eine Art Assimilation läßt sich auch die in den übrigen germ. Sprachen
ebenfalls häufige Erscheinung betrachten, daß von drei (oder mehr) zusammentref-
fenden Konsonanten einer, meist der mittlere, in der gesprochenen Sprache schwin-
det (vgl. Aisl.Gr. § 281, Ahd.Gr. § 99 A.3). Die Schriftsprache verdeckt diesen Vor-
gang gern durch sogenannte etymologische Schreibung und läßt ihn nur in einzelnen,
dann fehlerhaft erscheinenden Schreibungen erkennen, z.B. swumsl (Jh. 9,7) gegen
swumfsl (Jh. 9,11); uswaurts (2.Kor. 9,9 B) gegen uswaurhtais (2.Kor. 9,10 B);
pairwakands (Lk. 6,12) gegen pairhwakandans (Lk. 2,8); Akk.Pl. drausnôs (Skeir. 7,4)
gegen drauhsnôs (Jh. 6,12); fhaiftais (Php. 1,15), haifteis(l .Tim. 6,4 B) gegen haifsteis
(A) zu haifsts* 'Streit' (vgl. mit verschiedener Vereinfachung aisl. heipt, ae. hast, afrs.
haest; s. Streitberg § 104, doch Aisl.Gr. § 291 A.2); die Partizipialendung -ans gegen
-ands (§§ 62 A.4, 75 A.5; Marchand 46). Vereinzelt sind auch Wortfolgen betroffen:
2.Sg. Prät. atgaf mis Jh. 18,9 (für atgaft mis Jh. 17,4 u.ö.); Gen.Sg. managein flskê Lk.
5,6 (sonst manageins); firn tiguns Lk. 16,6 (wogegen etwa flmftaihunim Jh. 11,18).
Auch die Vereinfachung von Doppelkonsonanten vor Konsonanten (§§ 80, 78 A.5)
gehört zu diesem Vorgang. In einigen Fällen bietet die Uberlieferung ausschließlich
die vereinfachte Form, so z.B. in waurstw 'Werk' (< *waurhstw, häufig) und den
dazugehörigen Ableitungen (in waurswa Jh. 6,28 noch weiter reduziert); ebenso wohl
(*-numpts >) andanumts Rom. 11,15 (dazu 3x -numtais Lk. 9,15; l.Tim. 1,15 4,9),
doch ist hier die geringe Zahl der Belege zu berücksichtigen. Vgl. Wilmanns I, 131;
II, 331; Streitberg § 31b; Bahder, Verbalabstracta 72; Marchand 46f., 53f.
84
FLEXIONSLEHRE
KAPITEL I.
A. Allgemeine Vorbemerkungen
1. Formenbestand
D i e got. Deklination umfaßt, wie die der übrigen altgerm. Sprachen, drei § 83.
Genera: M a s k u l i n u m , N e u t r u m und F e m i n i n u m .
A n m . 1. Das Neutrum steht in allen Deklinationsklassen formal dem Maskulinum
sehr nahe und unterscheidet sich von ihm nur in Nom. und Akk. beider Numeri.
A n m . 2. Die Genusunterscheidung fehlt nur bei dem persönlichen Pronomen der
1. und 2. Person nebst Reflexivum (§ 150) sowie bei den adjektivischen Zahlwörtern
'4'-Ί9'(§141).
87
§86. Flexionslehre -1. Deklination der Substantive
88
Α. Allgemeine Vorbemerkungen - 3. Zur nominalen Komposition § 88a.
89
§ 88a. Flexionslehre -1. Deklination der Substantive
1932; Grewolds, KZ 60 (1933), 1ff.;61 (1934), 145ff.; Ambrosini, ASNSP Ser. 2,24
(1955), 260ff; 27 (1958), 225; Meid § 20ff; Seebold, KZ 82 (1968), 69ff.; Toporova,
VJ 38,1 (1989), 64ff.; V. Dolcetti Corazza, Fs. Mazzuoli Porro (1988/90), 115ff;
dies., La Bibbia gotica e i bahuvrîhi, Alessandria 1997.
A n m . 5. Zur Betonung der got. Nominalkomposita s. §217a A.l.
1. α-Deklination
§ 89. Die got. α-Deklination enhält nur Maskulina und Neutra. Man unterschei-
det reine α-Stämme, ya-Stämme und wa-Stämme. Vgl. Jellinek § 114ff.;
Krause § 119ff.; Bammesberger, Nomen 35ff.
A n m . 1. Die wa-Stämme, die nur in wenigen Wörtern vertreten sind, zeigen im Got.
ziemlich unbedeutende Abweichungen von den reinen α-Stämmen (§§91 A.3,93,94
A.l). Anders als bei denya-Stämmen hängen die Besonderheiten nicht von der Quan-
tität der Wurzelsilbe ab, sondern von dem vor dem w stehenden Laut (§ 42).
Maskulina
§ 90. Paradigmen der Maskulina: a) reine α-Stämme (§ 91): dags 'Tag' (aus germ.
*daga-z < idg. *-o-s, § 88 A.2), hlaifs 'Brot' (< *xlaiba-z); - b) ya-Stämme
(§ 92): hairdeis 'Hirt', harjis 'Heer'. - Zu den wa-Stämmen s. § 91 A.3.
Sing. Nom. dags hlaifs hairdeis harjis
Gen. dagis hlaibis hairdeis harjis
Dat. daga hlaiba hairdja harja
Akk. dag hlaif hairdi hari* (§ 92 A.5)
Vok. dag hlaif hairdi hah* (s.o.)
90
Β. Vokalische Deklination - 1. α-Deklination §92.
A n m . 1. Die Deklination dieser Mask, ist mit der /-Dekl. im ganzen Sing, und im
Gen.Pl. (zum Ursprung von -ê s. §7 A.l) identisch (§99). Nur der NDAP1. ent-
scheidet über die Zugehörigkeit; Maskulina, von denen diese Pluralkasus nicht belegt
sind, können daher nicht sicher eingeordnet werden. Viele Wörter werden unter
Berufung auf andere germ. Sprachen als α-Stämme eingestuft; z.B. akrs 'Acker',
biups* (Gen. biudis § 74 A.2) 'Tisch', maipms 'Geschenk', maúrgins 'Morgen', mêgs
'Schwiegersohn', snaiws 'Schnee'.
A n m . 2. Wörter, die nicht im Nom.Sg. oder im NAP1. belegt sind, können entweder
Mask, oder Ntr. sein, z.B. Gen. akeitis 'Essig', Dat. stapa 'Gestade', Akk. atisk 'Saat,
Saatfeld'. Bei einigen dieser Wörter geben syntaktisch kongruierende Adjektive Si-
cherheit. Andere werden nach dem Zeugnis der übrigen germ. Sprachen als Mask,
angesetzt; z.B. aúhns* 'Ofen' (nur Akk.Sg. Mt. 6,30), môps* 'Zorn' (Gen. môdis § 74
A.2), slêps* 'Schlaf, wôkrs* 'Zins'. Der allein belegte Akk. tweifl 'Zweifel' (Skeir. 2,2)
kann Mask, oder Ntr. sein, vgl. ahd. zwîval, mnl. twivel m./n.
A n m . 2a. Der Vok.Sg. liegt nur vor in skalk Lk. 19,17.22 undpiudan Mk. 15,18.
A n m . 3. Nach den Regeln über in- und auslautendes w (§42) wird zu den allein
belegten tiG¥\.piwôs,piwê 'Knecht' der Nom.Sg. als pins*, AVSg. als piu* angesetzt;
vgl. piu-magus 'Knecht' (§ 88a A. 1). Der ehemalige wa-Stamm skadus 'Schatten' ist in
die «-Klasse übergetreten (§§ 14 A.l, 105,c); dasselbe ist für alle mask. wa-Stämme
mit postkonsonantischem w zu erwarten (§ 42,3). Weil der im Speyrer Fragment
überlieferte Dat.Sg. farwa 'Gestalt' Mk. 16,12 (dazu Hamp, IF 78 [1973], 141 ff.;
ders., NOWELE 4 [1984], 51f.) keine «-Flexion aufweist, muß er als Ntr. nach § 94
A.l eingestuft werden. Diejenigen mask. wa-Stämme, in denen w nach Langvokal
steht, zeigen keine Abweichung; als solche kommen nur snaiws (Anm. 1) und viel-
leicht aiws* (Anm. 5) in Betracht.
A n m . 4. Nach § 78 A.2 fällt das -s des Nom.Sg. ab in freihals 'Freiheit' 2.Kor. 3,17
(Dat. -halsa), stiur 'Stier' Neh. 5,18, waír 'Mann' (7 Belege). Danach setzt man an
Nom.Sg. ans* 'Balken' (Dat. anza Lk. 6,41.42.42), hals* 'Hals' (Akk. hals Lk. 15,20),
ga-baúr* 'Festmahl' (Nom.Pl. gabaurôs Gal. 5,21). Ob der Akk.Pl. amsans 'Schulter'
Lk. 15,5 hierher gehört (Nom. ams*) oder n-Stamm ist (Nom. amsa*), bleibt zwei-
felhaft. Zu GDSg. kaisaris, kaisara ist sicher Nom.Sg. kaisar* (ohne -s) anzunehmen.
- Lit.: Jellinek, ZDA 37 (1893), 319; Grienberger 200; Dietrich, Skeir. 28; Wrede/
Heyne Xlllf.; Streitberg §§ 76 A.2, 235 Α.; Idg. Jb 4, 205.
A n m . 6. Wie hlaifs auch laufs* 'Blatt' (Nom.Pl. laubös φύλλα Mk. 13,28). Das
daneben belegte lauf φύλλα Mk. 11,13 ist wohl nicht als Akk.Sg. hierzu (vgl. § 56
A.l), sondern mit H. Zimmer (Die Nominalsuffixe A und Ä in den germanischen
Sprachen, Straßburg 1876, 208) als kollektives Ntr. 'Laub' aufzufassen.
91
§92. Flexionslehre -1. Deklination der Substantive
A n m . 2. Nur im Plur. gebraucht wird pai bêrusjôs 'die Eltern' (§ 33); vgl. Feist 87f.
(mit Lit.); Bammesberger, PBB 117 (1995), 3ff.
A n m . 3. Nach Akk.Pl. hlijans 'Hütten' (Mk. 9,5) kann man den Nom.Sg. als hleis*
(wie freís § 126 A.2) ansetzen (H. Zimmer, Die Nominalsuffixe A und À in den ger-
manischen Sprachen, Straßburg 1876, 308) oder als hlija* nach § 107 (Grienberger
117). - Zu Akk.Sg. mêki 'Schwert' (Eph. 6,17) setzt man gewöhnlich nach dem Aisl.
und Ae. den Nom.Sg. als mêkeis* an (vgl. Szemerényi, KZ 93 [1979], 1 lOff.).
A n m . 4. Der nur einmal belegte Nom.Pl. silbawiljôs 'Freiwillige' (2.Kor. 8,3) ist als
Subst. einzustufen; vgl. Ebbinghaus, GL 14 (1974), 156 mit Lit.
A n m . 5. Die unbelegten AVSg. der kurzsilbigen ja-Stämme werden als hart* ange-
setzt. Der Vok.Sg. der langsilbigenya-Stämme liegt nur vor in laisari (häufig) und leiki
Lk. 4,23 (zu lêkeis).
Neutra
i 93. Paradigmen: a) reine α-Stämme: waúrd 'Wort', haubip 'Kopf (§ 94); - b)
ννα-Stämme: triu* 'Holz' (§ 94 A.l);-c)ya-Stämme: kuni'Geschlecht' (§ 95).
Sing. Nom. waúrd haubip triu kuni
Gen. waúrdis haubidis triwis kunjis
Dat. waúrda haubida triwa kunja
Akk. waúrd haubip triu kuni
¡94. Die Zahl der nach waúrd (in allen Formen belegt) gehenden Neutra ist
ungemein groß, z.B. blôp (Gen. blôpis) 'Blut', gras (Gen.Pl. grasé) 'Gras',
gulp* 'Gold', hatirn* 'Horn', juk* 'Joch', jêr* 'Jahr', maürpr 'Mord', sdir
'Schmerz', sauil 'Sonne', silubr* 'Silber', wein 'Wein'; - ehemalige s-Stämme
(§ 115a), z.B. agis 'Furcht', ahs 'Ähre', hatis 'Haß' (s. Anm. S),peihs 'Zeit'; -
Deminutiva auf -ein, z.B. gaitein* 'Zicklein' (Kluge § 57ff.; H. Osthoff,
92
Β. Vokalische Deklination - 1. α-Deklination §94.
A n m . 2. Nach § 91 A.2 ist bei ungenügend belegten Wörtern Zweifel möglich, ob sie
Maskulina oder Neutra sind. Als Neutra werden aus den dort angegebenen Gründen
meist angesetzt z.B. paúrp* 'Feld', mapl* 'Markt'; zweifelhaft bleibt die Ansetzung
von *dal'Tal' (vgl. aisl. dalrm.), *lun 'Lösegeld' (vgl. § 15 A.l), *til'Gelegenheit' (nur
Akk.Sg. Lk. 6,7). Zu lêw* 'Gelegenheit' s. Anm. 1.
A n m . 3. Eine besondere Schwierigkeit bietet das got. Wort für 'Gott'. Es ist der
Form nach Neutrum, wird aber für den Christengott als Maskulinum gebraucht.
Belegt ist es folgendermaßen: 1. Im Singular werden ausschließlich Kontraktionen
(s. § 1 A.7) verwendet, Nom., Vok., Akk. gp, Gen. gps, Dat. gpa. - 2. Im Plural
begegnet einmal die Kontraktion gpa (Gal. 4,8 Α; Β fehlt), zweimal ausgeschriebenes
guda (Nom. Jh. 10,34, Akk. Jh. 10,35), das formal dem Neutrum entspricht
(= waúrda, § 93); doch läßt sich das Genus nicht bestimmen. - 3. In der Komposition
begegnen: a) gpaskaunein (Dat.Sg. 'Gottesgestalt', Php. 2,6), vielleicht gpblôstreis
(Nom.Sg. 'Gottesverehrer', Jh. 9,31), doch ist es nicht sicher, ob hier ein Komposi-
tum vorliegt oder ob gp als selbständiger Akk.Sg. aufzufassen ist, vgl. Ebbinghaus,
JEGP 60 (1961), 490; b) gudafaúrhts (Nom.Sg. 'gottesfürchtig', Lk. 2,25), gudalausai
(Nom.Pl. 'gottlos', Eph. 2,12 Α; Β unleserlich), gudhusa (Dat.Sg. 'Gotteshaus', Jh.
18,20); gudtskamma, gudiskai, gudiskaizôs (DSgn., DSgf., GSgf. 'göttlich', Skeir.
1,2.3; 2.Tim. 3,16 A, gudiskaizô B); c) galiugaguda (Nom.Pl. 'Götzen', l.Kor.
10,19.20 Α; Β fehlt), galiugagudê (Gen.Pl., Eph. 5,5 Β; A fehlt; Gal. 5,20 AB; Kol. 3,5
AB), galiugagudam (Dat.Pl., l.Kor. 8,10 Α; Β fehlt).
Aus diesen Belegen ergibt sich die Frage, wie das p der Kontraktionen in den
Fällen zu erklären ist, in denen das ausgeschriebene Wort dzeigt: Nom.Pl. gpa - guda,
gpaskaunein - gudafaúrhts, ferner die Frage, wie die Kontraktion in den obliquen
Kasus des Sing, aufzulösen ist: Gen. gps = *gup(i)s oder *gudis, Dat. gpa = *gupa
oder *guda. Nach älterer Ansicht ist für die aufgelösten Formen durchgehend p
anzusetzen, während man später fast allgemein zu der Auffassung neigte, daß *gudis,
*guda anzusetzen sei, was durch die überlieferten ausgeschriebenen Formen gestützt
zu werden scheint; vgl. die unten angeführte Literatur. Die Frage ist eingehend von
Ebbinghaus untersucht worden (JEGP 60 [1961], 477-490), der aufgrund eines Ver-
93
§94. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
gleiches der Struktur dieser Kontraktion mit der der übrigen Kontraktionen Ja, xus,
ius (s. § 1 A.7) zu der Ansicht gelangt, daß der Gen.Sg. mit größter Wahrscheinlich-
keit in *gups aufzulösen sei (vgl. § 118 A.2), während für den Dat. paläographisch
gesehen sowohl *gupa als *guda möglich seien.
Aus der umfangreichen Literatur seien genannt: Hench, PBB 21 (1896), 562ff.;
L. Traube, Nomina Sacra (München 1907), 271 ff.; Streitberg§ 133 Anm.; Feist 227f.
(mit Lit.). Späteres bei Ebbinghaus, JEGP 60 (1961), 477ff.; vgl. noch Beekes,ABäG
54 (2000), 29 f. - In den Texten dieses Buches bleiben die Kontraktionen gp usw.
unaufgelöst, während die übrigen Kontraktionen aufgelöst sind.
Anm. 4. Zu fadrein (Ableitung von fadar 'Vater', § 114 A.2) ist Folgendes zu be-
merken. 1. Es übersetzt πατριά '(väterliches) Geschlecht': allfadreinis Eph. 3,15; der
Gen. fadreinais Lk. 2,4 kann als Neubildung in Anlehnung an die i'-Abstrakta von
§ 103 A.l (Losch, Germ 32 [1887], 231 f.) oder als die gelegentlich zu beobachtende
Schreibung von <ai> für <i> angesehen werden, vgl. GSgm. meinais Eph. 6,19 (Jellinek
§ 108). - 2. Wenn es das Wort γονείς 'Elternpaar' übersetzt, wird es mit dem PI. mask,
des Demonstrativums und dem PI. des Verbs konstruiert: pai / pans fadrein Jh. 9,20;
9,18 u.ö. - 3. In der Übersetzung von γονείς, πρόγονοι 'Elternpaare, Vorfahren'
bildet es Pluralformen, von denen der Dat. (fadreinam) häufiger belegt ist, z.B. 2.Kor.
12,14AB;2.Tim. 3,2 AB; l.Tim. 5,4 AB. Der Nom. PI./¿¡¿rema einmal in 2.Kor. 12,14
AB. - Vgl. Schmidt, Neutra 14; Kluge, PBB 36 (1910), 225f.; Brugmann 11,2, 444;
Jellinek § 115 A.2; Feist 133f.; Krause § 121,3; Ebbinghaus, GL 12 (1972), 32ff.;
Bammesberger, PBB 117 (1995), 3ff.
Anm. 5. Von hatis 'Haß' (§ 115a) ist einmal (Eph. 2,3 B) der (konsonantisch flektier-
te?) Gen.Sg. als hatis belegt (hatizê A). Anders Wrede, Ostg. 77; Grienberger 111
(hatis Gen. eines α-Stamms *hats m. oder *hat n.).
§ 95. Wie kuni (belegt N G D A S g . , NP1.) flektieren sowohl kurzsilbige als auch
langsilbige ya-Stämme:
a) kurzsilbig: hierher gehören badi* 'Bett', fani ' K o t ' (nur Akk.Sg. Jh.
9,6.11.14.15), faúra-daúri* 'Gasse' (nur Akk.Pl. -daurja Lk. 10,10),
faúra-tani* 'Wunder' (Akk.Pl. -tanja, Dat.Pl. -tanjam), nati 'Netz',
un-witi 'Torheit' (mit Gen.Sg. -witjis Eph. 4,18 AB), wadi 'Pfand', weina-
basi* 'Weinbeere' (nur PI. -basja Mt. 7,16, Lk. 6,44); gawi, Gen. gaujis
'Gau', hawi, Dat. hauja 'Heu' (§ 42,2); zu haúri* s. Anm. 2;
b) langsilbig: z.B. taui, Dat. tôja 'Tat' (§ 26), reiki*, Gen. reikjis 'Reich', arbi,
Gen. arbjis 'das E r b e',fairguni 'Berg', awêpi, Gen. awêpjis 'Schafherde'; -
Abstrakta auf -i, z.B. galigri* 'Beilager', gawaúrki 'Geschäft', garûni*
'Beratung', andwairpi 'Gegenwart'; - Verbalabstrakta auf -ubni, -ufni
(§ 79 A.4; Kluge § 150; F . Specht, Der Ursprung der Indogermanischen
Deklination, Göttingen 1 9 4 4 , 2 7 5 f . ) , z.B. witubni*, witubnjis 'Kenntnis'.
Anm. 1. Neben -jis ist ein Gen. auf -eis nach Sievers' Gesetz (§§44,c, 92) nur bei
wenigen lang- und mehrsilbigen Neutra belegt (vgl. Streitberg §§ 86 A.l, 146 A.4):
trausteis Eph. 2,12 AB (zu trausti* 'Bündnis'), fauramapleis Neh. 5,14.18 (zu faura-
mapli* 'Vorsteheramt'); von andbahti 'Amt' neben andbahtjis (4mal) einmal
andbahteis Lk. 1,23; von ga-wairpi 'Friede' gawairpjis (8mal), gawairpeis (7mal);
von waldufni 'Gewalt' waldufneis Skeir. 7,1 neben waldufnjis (3mal). Der Gen.
praizbwtaireis l.Tim. 4,14 gehört wohl nicht zu einem ntr.ya-Stamm "fpraizbwtairi,
sondern (unter Ausfall eines Nasalstrichs) zu dem fem. «-Stamm praizbwtairei*
(Streitberg II 105).
94
Β. Vokalische Deklination - 2. ô-Deklination §97.
A n m . 2. Der Akk. haúrja 'Kohle(n)' (άνθρακίαν Jh. 18,18, άνθρακας Rom. 12,20
AC) wird meist als Plur. eines ntr.ya-Stamms Amin* eingestuft; es könnte sich aber
auch um den Sing, eines fem./ô-Stamms handeln (§ 97a A.l).
2. ô-Deklination
Die got. ô-Deklination enthält nur F e m i n i n a . Man scheidet auch hier §96.
reine ό-Stämme und yo-Stämme; bei letzteren sind solche mit kurzer und
solche mit langer Wurzelsilbe zu unterscheiden (s. Anm. 1). Der ursprüng-
liche Stammauslaut -o ist vor konsonantischer Endung noch sichtbar, bei
vokalischem Ausgang in der Regel zu -a gekürzt. Vgl. Jellinek § 123 f.; Krau-
se § 127 ff.; Bammesberger, Nomen 99 ff.
Im einzelnen ergeben sich folgende Paradigmen: a) reine ö-Stämme: giba
'Gabe' (§ 97); - b) kurzsilbige y'd-Stämme: wrakja 'Verfolgung' (§ 97a); -
c) langsilbigeyo-Stämme: bandi 'Fessel', mawi 'Mädchen' (§ 98). - Zu den
wo-Stämmen s. § 97 A.3.
Sing. Nom. giba wrakja bandi mawi
Gen. gibôs wrakjôs bandjôs maujôs
Dat. gibai wrakjai bandjai maujai
Akk. giba wrakja bandja mauja
95
§97. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
A η m . 2. Von heila 'Zeit, Stunde' ist vor dem enklit. -hurt der Akk.Sg. beilô- belegt in
ni heilôhun, s. § 163 A.2 (zur Form vgl. ainôhun § 163,c, ASgf. harjôh § 165).
§ 97a. Der Typ wrakja unterscheidet sich nur im Nom.Sg. von bandi (§ 98). Wie
wrakja (belegt NASg., DAP1.) flektieren noch:
1 .banja* 'Wunde', nur im Plur.: Gen. Lk. 16,20; Akk. Lk. 10,30 16,21;
l.brakja 'Ringkampf: nur Nom.Sg. Eph. 6,12;
3.halja 'Hölle': Vok. l.Kor. 15,55; Dat. Lk. 16,23; Akk. Mt. 11,23, Lk.
10,15;
4.ludja* 'Angesicht': nur Akk.Sg. Mt. 6,17;
5.plapja* 'Straße': nur Gen.Pl. Mt. 6,5 (§ 43 A.l);
e.sibja* 'Verwandtschaft': nur Akk.Sg. Gal. 4,5;
l.skalja* 'Ziegel': nur Akk.Pl. Lk. 5,19;
K.sulja* (s. Anm. 1) 'Sohle': nur Dat.Pl. Mk. 6,9;
9.sunja 'Wahrheit': häufig belegt im gesamten Sing, (dazu sunjaba 'in
Wahrheit', § 210 A.2);
10.winja* 'Weide': nur Akk.Sg. Jh. 10,9;
11 .wipja* 'Kranz': nur Akk.Sg. Mk. 15,17. - Jh. 19,2 begegnet der Akk.
<wippjar, sofern die Geminata sprachwirklich ist (§ 51 A.la), gehört der
Beleg zu § 98.
A n m . 1. Ein Subst. wie suljôm (s.o. 8), das nur im Dat.Pl. überliefert ist, kann auch
dem Typ qinô § 112 angehören (vgl. § 98 A.l). - Zu haurja 'Kohle(n)' s. § 95 A.2.
§ 98. Nach bandi (belegt NGSg., DAP1.) gehen diejenigen7'0-Stämme, die lange
Wurzelsilbe aufweisen oder mehrsilbig sind. Sie enden im Nom. (Vok.) Sing,
auf -i, in allen übrigen Formen flektieren sie wie wrakja (vgl. § 96 A. 1). Wie
mawi, das (unter Beachtung von § 42) völlig mit bandi übereinstimmt, flek-
tiert noch piwi, piujôs 'Dienerin'.
Hinsichtlich der Wortbildung sind hauptsächlich folgende Typen zu
unterscheiden:
a) weitere Verbalabstrakta auf -i, z.B. haiti* 'Befehl' (nur Dat.Sg. haitjai
1 .Kor. 7,6,1 .Ths. 4,16; zu haitan 'befehlen'), laudi* 'Gestalt' (nur Dat.Sg.
laudjai Glosse zu Gal. 4,19; zu liudan* 'wachsen');
b) Verbalabstrakta auf -ubni, -ufni (§§ 56 A.5, 79 A.4): fraistubni* 'Ver-
suchung' (vgl. aisl. freista 'versuchen'), wundufni* 'Geißel, Plage' (vgl.
ga-wundôn* 'verwunden');
c) Verbalabstrakta mit anderen Suffixen: hôftuli 'Rühmen, Ruhm' Qvôpan
'sich rühmen'), wasti* 'Bekleidung' (wasjan* '[sich] kleiden');
d) Motionsfeminina, z.B. frijôndi* 'Freundin' (nur Akk.Pl. frijôndjôs Lk.
15,9; zu frijônds 'Freund', §115), mawi 'Mädchen' (magus 'Knabe'),
Saúrini 'Syrerin' (Saúr 'Syrer');
e) Komposita mit Kompositionssuffix -i, z.B. aiha-tundi* 'Dornstrauch'
(tunpus* 'Zahn'), piudan-gardi 'Königreich' (gards 'Haus');
96
Β. Vokalische Deklination - 3. /-Deklination §101.
f) im Germ, isoliert ist haipi* 'Feld' (Gen.Sg. haipjôs Mt. 6,28.30, Lk. 15,15;
Dat.Sg. haipjai Lk. 17,7.31).
A n m . 1. Ein Nom.Sg. auf -i kommt auch bei den ntr. ya-Stämmen vor (Typ kuni
§ 95); bei nur in diesem Kasus bezeugten Wörtern kann die Zuordnung unsicher
bleiben, so bei ga-bindi 'Band' Kol. 3,14. - Ein Subst., das nur im Dat.Pl. vorliegt,
kann auch dem Typ qinô § 112 angehören (vgl. § 97a Α. 1 ). In Frage kommen folgende
Wörter: aurahjôm 'Gräber' Mk. 5,2.3.5, hilftrjôm 'Sarg' Lk. 7,14, kalkjôm 'Hure'
Lk. 15,30.
3. /-Deklination
Die /-Deklination (vgl. § 88 A.2) enthält nur Maskulina und Feminina. Das § 99.
alte Neutrum *mari 'Meer' ist im Got. zu einem Fem. marei der ein-Klasse
geworden (§§ 88a, 113); der Übergang wurde durch einen kollektiven Plural
*marï vermittelt (Schmidt, Neutra 45 f.). Bei den idg. /-Stämmen stimmten
Mask, und Fem. in ihrer Flexion völlig überein. Im Got. wie im Germ, ist
dies im Plur. auch noch der Fall; im Sing, hat aber das Mask, den Gen. und
Dat. bereits urgerm. an die α-Deklination angeglichen. Vgl. Jellinek § 118 f.;
Krause § 131 ff.; Bammesberger, Nomen 123ff.
Maskulina
Paradigma: gasts 'Fremdling, Gast' (germ. *gasti-z). § 100.
Sing. Nom. gasts Plur. Nom. gasteis
Gen. gastis Gen. gasté
Dat. gasta Dat. gastim
Akk. gast Akk. gastins
Vok. gast
Nach gasts (belegt NASg., NDAP1.) flektieren nicht allzu viele Maskulina; § 101.
diese zerfallen in zwei Gruppen:
a) Ableitungen (meist Abstrakta) von starken Verben (Kluge § 115; Schul-
ze, Kl. Sehr. 547f.; Weber, WZUJ 39 [1990], 569ff.), z.B. jugga-laups
'Jüngling' (mit Nom.Pl. -laudéis Mk. 14,51; zu liudan* 'wachsen'), muns
'Gedanke' (mit Akk.Pl. munins 2.Kor. 2,11 AB), saggws* 'Gesang'
(s. Anm. 4), saups*, Dat.Pl. saudim 'Opfer' (zu weiteren Subst. s. Anm. 1
und 2);
b) sonstige Subst., z.B. balgs* 'Schlauch' (nur Nom.Pl. balgeis, Akk.Pl.
balgins; s. Kluge/Seebold 85), gards 'Haus' (s. Anm. 4), hups* 'Hüfte'
(mit Akk.Pl. hupins Eph. 6,14 AB), mats 'Speise' (mit Akk.Pl. matins),
97
§ 101. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
staps 'Ort' (mit Dat.Pl. stadim, Akk.Pl. stadins). Das auf den Sing, be-
schränkte Kompos. brûp-faps 'Bräutigam' läßt sich nach dem Dat.Pl.
pûsundi-fadim Mk. 6,21 als /-Stamm bestimmen.
A n m . 1. Wörter, die nicht im NDAP1. belegt sind, können nicht mit Sicherheit
hierhergesetzt werden (vgl. § 91 A. 1). Oft beruft man sich auf das Zeugnis der übrigen
germ. Sprachen, z.B. bei saiws* 'der See' (Dat.Sg. saiwa, Gen.Pl. saiwê, Akk.Sg. in
mari-saiw; vgl. Ahd.Gr. §216 A.5). Im Falle von Verbalabstrakta wie drus 'Fall'
(s. Anm. 2), gréts 'Weinen', krusts 'Knirschen', qums 'Ankunft', runs (Akk.Sg. run)
'Lauf, striks 'Strich', wlits 'Gesicht' gibt die Wortbildung den Ausschlag.
A n m . la. Der Vok.Sg. liegt nur vor in juggalaud Lk. 7,14. - Zum Fem. s. § 103 A.7.
A n m . 2. Das Nom.-i fällt unter den in § 78 A.2 genannten Voraussetzungen ab; z.B.
drus Mt. 7,27, Dat. drusa Lk. 2,34; ur-runs Lk. 1,78, Dat. ur-runsa Mt. 8,11, Mk. 7,19
(zu dem Fem. ur-runs* s. § 103 A.3). Neben dem Dat.Pl. baúrim 'der Geborene, Sohn'
Mt. 11,11, Lk. 7,28 steht der Nom.Sg. fruma-baúr 'Erstgeborener' Kol. 1,15.18 AB
(§ 88a).
A n m . 3. Nach den Regeln über w (§ 42) erklärt sich naus 'der Tote' Lk. 7,12.15 neben
naweis Lk. 7,22, nawins Lk. 9,60. Danach wird der AVSg. als nau* angesetzt.
A n m . 4. Die i-Flexion alterniert in wêgs und aiws* mit der a-Dekl. (§91 A.5), in
andins Akk.Pl. mit der ya-Dekl. (§92 A.l). gards ist als Simplex reiner /-Stamm
(Dat.Pl. gardim, Akk.Pl. gardins), tritt aber sowohl im Kompos. (garda-, s. § 88a A.2)
als auch im Nord- und Westgerm. (aisl. gardr, ae. geard usw.) als α-Stamm auf; die
Verteilung läßt die i-Flexion als Neuerung erscheinen. Auch bei arms 'Arm' (Akk.Pl.
armins Lk. 2,28, Mk. 9,36), barms* 'Schoß' (Dat.Pl. barmim Lk. 16,23), laists* 'Spur'
(Dat.Pl. laistim 2.Kor. 12,18), saggws* 'Gesang' (Dat.Pl. saggwim, Akk.Pl. saggwins)
steht die got. i-Flexion im Gegensatz zu α-Flexion im Nord- und Westgerm.
Feminina
! 102. Paradigma: mahts 'Macht, Kraft' (germ. *mahti-z).
Sing. Nom. mahts Plur. Nom. mahteis
Gen. mahtais Gen. mahtê
Dat. mahtai Dat. mahtim
Akk. mäht Akk. mahtins
i 103. Wie mahts, das in sämtlichen Formen belegt ist, flektiert eine große Zahl
von Feminina: asans 'Ernte', dails* 'Teil', naups, D. naupai 'Not', qêns 'Ehe-
frau', taikns 'Zeichen' (außergot. Ntr.), wêns 'Hoffnung'; arbaips (d)
'Arbeit', fahêps, D. fahêdai 'Freude', magaps* (p) 'Jungfrau'; - einzelne
Verbalnomina von starken Verben wie siuns 'Gesicht', sôkns* 'Streitfrage'
(Kluge § 147); - zahlreiche Abstrakta auf -eins, -ôns, -ains zu schwachen
Verben (s. Anm. 1); - die Adjektivabstrakta auf -dûps, -dupais (Kluge § 132;
Meid § 126): ajukdûps* 'Ewigkeit', gamaindûps 'Gemeinschaft', managdûps
'Menge', mikildûps 'Größe'.
Recht häufig sind Verbalabstrakta mit Dentalsuffix -ti- {-pi-, -di-), die
von Primärverben gebildet werden (Kluge § 127ff.; Schulze, Kl. Sehr.
98
Β. Vokalische Deklination - 3. /-Deklination §103.
A n m . 1. Hierher gehören auch die von den schwachen Verben gebildeten Abstrakta
auf -eins zur I., -ôns zur II., -ains zur III. schw. Konjugation (Bahder, Verbalabstracta
83; Kluge § 148); z.B. naseins 'Rettung' (zu nasjan), laiseins 'Lehre', hmtheins 'Er-
höhung', ga-laubeins 'Glaube', naiteins* 'Lästerung'; lapons 'Einladung' (zu lapon),
mitons 'das Ermessen', salbôns* 'Salbe'; pulains* 'Geduld' (zupulan), libains 'Leben'.
- Jedoch bilden die Abstrakta auf -eins ihren NGP1. nach der o-Deklination, also
z.B.:
Die Belege: Nom.Pl. naiteinôs Mk. 3,28, bi-rôdeinôs 2.Kor. 12,20 AB, Gal. 5,20 AB,
uf-swatteinôs 2.Kor. 12,20; Gen.Pl. bleipeinô 2.Kor. 1,13, ga-bleipeinô Php. 2,1,
ufar-hauseinô 2.Kor. 10,6, hazeinô Php. 4,8, hraineinô Skeir. 3,2, and-huleinô 2.Kor.
12,7 AB, laiseinô Mk. 1,27, l.Tim. 4,1 AB, bi-sauleinô 2.Kor. 7,1, ga-prafsteinô Php.
2,1. Nur in einem Fall ist auch der Dat.Pl. so gebildet: un-kaûreinôm 2.Kor. 11,9
(anders Jellinek § 130 A.3). Die Abstrakta auf -ôns und -ains bilden ihren Plur. re-
gelmäßig, z.B. mitôneis Lk. 2,35, Mk. 7,21, mitônê Rom. 14,1, pulainê 2.Kor. 1,5.6.7,
Php. 3,10 AB. Vgl. hierzu besonders Losch, Germ 32 (1887), 223ff. - Auch bei haims*
alternieren i- und ¿-Flexion, s. Anm. 4.
A n m . 3. Das Nom.-i fallt nach §78 A.2 ab, z.B. faf-stass 'Abfallen' 2.Ths. 2,3,
us-stass 'Auferstehung' Jh. 11,25, l.Kor. 15,12.13.21, Gen. -stassais. Zu ga-runsai
Dat.Sg. 'Markt, Straße' Lk. 7,23, ur-rwns Akk.Sg. 'Ausgang' Lk. 9,31 ist derNom.Sg.
als -runs* anzusetzen (zu dem Mask, ur-runs s. § 101 A.2).
A n m . 4. haims* 'Dorf, das im Sing, der /-Flexion folgt (Dat. haimai Jh. 11,1, Akk.
haim), bildet den Plur. nach der ¿-Deklination (belegt sind GDAP1. haimô, haimôm,
haimôs). Die Alternation hängt mit dem Genus- und Flexionsunterschied gegenüber
den α-Stämmen aisl. heimr m. bzw. ahd. heim n. zusammen (Hirt, PBB 22 [1897],
236f.; Bethge 576 A.3). Der ursprünglich mask. Nom.Pl. haimôs* wurde aufgrund
der häufigen Verbindung mit dem Fem. baúrgs 'Städte' (Mk. 1,38 5,14 6,56 9,35; Lk.
8,1) als Fem. empfunden und ließ die anderen Pluralkasus folgen. Im Sing, ließ der
Dat. haimai, der im Zuge des Synkretismus von Dat. und Lok. (§ 85 A.l) aus dem
Lok. 'daheim' umgedeutet wurde (vgl. as. heme, ahd. heimi 'zu Hause' sowie § 120
A.2a zum alten Lok. Rumai), das Wort als /-Stamm erscheinen. - Vgl. die Abstrakta
auf -eins (Anm. 1); zu einem Nebeneinander von a- und /-Flexion s. § 91 A.5.
99
§103. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
A n m . 5. Der einmalige Gen.Sg. fadreinais πατριός Lk. 2,4 berechtigt kaum zum
Ansatz eines /-Stamms *fadreins (vgl. § 94 A.4). - Neben dem Gen.Sg. wulprais Gal.
2,6 A steht in Β wulpr°is mit hochgestelltem a (vgl. Streitberg zur Stelle); s. dazu Dal,
NTS 15 (1949), 392ff.; Bammesberger, Sprache 18 (1972), 55fF.; Dal, Sprache 19
(1973), 64f.
A n m . 6. Zu ahaks 'zahme Taube' und gaits 'Ziege', die oft als /-Stämme eingestuft
werden, s. § 116 mit A.2.
A n m . 7. Der Vok.Sg. des Fem. ist nicht belegt. Ein Ansatz *maht (nach dem Mask.,
s. § 101 A. la) kommt kaum in Betracht. Angesichts der Ausgänge -u und -au bei den
u-Stämmen (§ 104) ist eher an -i oder -ai zu denken; gehört hierher der auffallige Vok.
Iesu Nazorenai Mk. 1,24 (neben Nazorenu Lk. 4,34, § 105 A.2)?
4. «-Deklination
100
Β. Vokalische Deklination - 4. «-Deklination §105.
101
§ 105. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
Im Vok. dürften beide Varianten ererbt sein. Die übrigen Nebenformen fanden
lange Zeit keine allseits akzeptierte Erklärung. Unsicherheit späterer Abschreiber,
wie von Braune angenommen, ist zwar grundsätzlich sehr wahrscheinlich, vermag
aber die E n t s t e h u n g der Schwankungen nicht zu erklären. Keinesfalls liegt ein
got. Lautwandel vor: erstens stehen beide Varianten nebeneinander, zweitens kommt
das Schwanken zwischen -«(-) und -au(-) nur im Sing, dieses Paradigmas vor und
niemals bei anderen Formen (Plur., Ntr. oder Verbalendungen). Da Analogie nach
einer anderen Flexionsklasse nicht in Betracht kommt, liegt offenbar ein Archaismus
vor, nämlich ein alter („amphidynamischer") Nebentyp der u-Flexion mit idg. *öu im
Nom.Sg. und *ou im Akk.Sg. (Ebbinghaus und Schaffner, s.u.).
Lit.: Hirt, PBB 18 (1894), 280 A. 1; Koch, PBB 21 (1896), 432ff.; van Helten, IF 14
(1903), 78f.; Wrede/Heyne XIV; Streitberg § 153; Gaebeler 27fT., 97fT., 104f.; Ja-
cobsohn I 85ff.; Loewe, KZ 51 (1923), 67ff.; ders., PBB 46 (1922), 51fT.; 51 (1927),
142fr.; Jellinek § 121; Marchand, Orbis 5 (1956), 141 ff.; Krause § 135 A.2; Ebbing-
haus, GL 11 (1971), lOOff.; Schaffner 493.
A n m . 3. Für den verschiedentlich angesetzten u-Stamm faúhsus (neben «-stäm-
migem aiihsa*) liegen keine eindeutigen Belege vor (§ 108 A.l).
Neutra
102
C. Konsonantische Deklination - 1. «-Deklination §108.
C. Konsonantische Deklination
Maskulina
Zu den maskulinen «-Stämmen vgl. Jellinek § 126 f.; Krause § 137 ff. § 107.
Paradigma: atta 'Vater' (dazu § 114 A.2).
Sing. Nom. atta Plur. Nom. attans
Gen. attins Gen. attanê
Dat. attin Dat. attam
Akk. attan Akk. attans
Wie atta, das in allen Kasusformen belegt ist, flektieren sehr viele Masku- § 108.
lina:
a) Bezeichnungen für Menschen und Tiere, z.B. guma 'Mann' (NDSg.,
GPL), hana 'Hahn' (NGSg.), skula 'Schuldner', sta.ua 'Richter' (NDSg.),
swaihra 'Schwiegervater' Jh. 18,13 (vgl. swaíhró § 112), weiha 'Priester'
Jh. 18,13, Skeir. 4,4; maguía 'Knäblein' Jh. 6,9, Skeir. 7,1, Plur.
brôprahans 'Brüder' Mk. 12,20 (Schmidt, Neutra 16); der PN. Wereka*
(Akk.Sg. Werekan Kai. 7);
b) andere Subst. auf -an-, z.B. ahma 'Geist' (sehr häufig), blâma* 'Blume'
(nur Akk.Pl. blômans Mt. 6,28, Ansatz als «-Stamm nach aisl. blómi, ahd.
bluomo), hliuma 'Gehör' (NSg., NAP1.), ména 'Mond' (nur Nom.Sg. Mk.
13,24), milhma 'Wolke' (NDASg., DPI.); - wilja 'Wille' (häufig) ist nicht
mitya«-Suf!ix (s.u. d) gebildet, sondern gehört als ««-Bildung zu wiljan
'wollen';
c) hierher gehört auch das Maskulinum der schwachen Adjektive (§ 132);
d) mit ya«-Suffix werden denominale Personenbezeichnungen gebildet,
meist Nomina agentis (Kluge § 12; Meid § 92), z.B. arbja 'der Erbe'
(NSg.Pl.; vgl. arbjô § 112),fiskja* 'Fischer' (nur Nom.Pl. Lk. 5,2, Mk.
1,16),frauja 'Herr' (sehr häufig), haúrnja* 'Hornbläser' (nur Akk.Pl. Mt.
9,23), mana-maúrprja 'Mörder' (nur Nom.Sg. Jh. 8,44), timrja 'Zimmer-
mann' (NSg.Pl.), waúrstwja 'Arbeiter' (häufig).
A η m. 1. Zwei Maskulina bilden einige vom Paradigma § 107 abweichende Formen,
was auf archaischem Suffixablaut begründet ist (vgl. die Neutra in § 110 A.l): 1. aba
'Mann' bildet den Gen.Pl. abnê l.Kor. 11,3.4 und den Dat.Pl. abnam Eph. 5,22.24;
103
§108. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
vgl. Sen, NOWELE 40 (2002), 105 ff. - 2. aúhsa* (ahd. ohso, ae. oxa, aisl. uxa, oxe)
'Ochse', das nur in folgenden Formen belegt ist: Dat.Sg. fauhsin l.Tim. 5,19 (die
Lesung ist unsicher: auhsin nach Uppström, auhsau nach Streitberg, unentscheidbar
nach Snaedal XXVI), Akk.Sg. auhsan l.Kor. 9,9 (Streitberg unrichtig auhsau);
Gen.Pl. auhsnê Lk. 14,19, Akk.Pl. auhsnuns l.Kor. 9,9 (Streitberg unrichtig Dat.Pl.
auhsum). Aus den angeführten falschen Lesungen erwuchs der Ansatz eines
M-Stamms taúhsus, vgl. Braune, Litbl 1908,327; ADA 51 (1932), 11; Thurneysen, Fs.
Streitberg (1924), 351 ff.; Feist 66, 580; Bammesberger, Nomen 170 A.278; s. jedoch
Friesen 15f.; Ebbinghaus, GL 12 (1972), 170f. - Vgl. Restelli, AGI 62 (1977), 54fT.;
Szemerényi 169.
A n m . 2. Bei den langsilbigen Mask, auf -ja erscheint im GDSgJi nicht nach Sievers'
Gesetz (§ 44,c) als ei: Gen. bandjins 2.Tim. 1,8 Α Β, faúra-gagjins (für *-gaggjins) Lk.
8,3, nêhundjins Rom. 13,10; Dat. wai-dêdjin Mk. 14,48, dulga-haitjin Lk. 7,41,
nêhmndjin Eph. 4,25 AB. Dies gilt auch für das schw. Adj., vgl. Oat. fatrnjin Lk. 5,36,
Mk. 2,21; eine Ausnahme ist un-sêleins Eph. 6,16 Β (-sêljins A, s. § 132 A.l).
A n m . 3. In vier bis fünf Fällen zeigt der Akk.Sg. statt-an die Endung-m: pridjin Mt.
27,64, attin Mk. 10,29, matjandin Rom. 14,3, missataujandin Gal. 2,18 A; hierher
vielleicht auch lukarnastapin Mt. 5,15 (Schuhmann, HS 115 [2002], 303ff.)Dies wird
meistens als Schreibfehler abgetan (Bethge 578 A.3; Streitberg § 155 A.2); hier kann
jedoch die Endung des Akk. an die des Dat. angeglichen sein, also eine jüngere
Sprachform vorliegen (Kieckers 121). - Umgekehrt hat der Dat.Sg. einmal -an statt
-in: spédistan Jh. 11,24.
Neutra
104
C. Konsonantische Deklination - 1. «-Deklination §112.
belegt: Nom. namna Lk. 10,20, Php. 4,3 AB; Akk. namna Mk. 3,17; Gen. namnê Eph.
1,21 AB, Skeir. 5,3; Dat. namnam Skeir. 5,2. Von watô (urspr. heteroklitischer rln-
Stamm, vgl. ahd. wazzar usw.) ist der Dat.Pl. watnam Mt. 8,32, Lk. 8,25 belegt.
A η m. 2. Zum got. Wort für 'Sonne' ist Folgendes zu bemerken. Es begegnet zweimal
ein Dat.Sg. sunniti (at sunnin urrinnandin Mk. 4,6 16,2), der wohl als Ntr. (nicht
Mask.) anzusehen ist. Der dazugehörige Nom.Sg. kann in dem sunnô von Lk. 4,40,
Eph. 4,26 AB, Neh. 7,3 vorliegen, das allgemein, doch ohne zureichenden Grund, als
Fem. angesehen wird. Ein ASgf. liegt tatsächlich vor in sunnôn seina Mt. 5,45. Es
scheint, daß das Wort auf dem Wege ist, als Fem. personifiziert zu werden. - Das
gleichbedeutende Ntr. sauïl (nur Nom.Sg. Mk. 1,32 13,24) wird aufgrund eines alten
heteroklitischen //«-Stammes etymologisch mit sunnô verbunden; vgl. G. Mahlow,
Die langen Vokale Α Ε O in den europäischen Sprachen, Berlin 1888,156; Streitberg
§ 155 A.4; dens., IF 19 (1906), 391 ff.; Pokorny 881 f.
A n m . 3. Das früher als Ntr. betrachtete gajukô ist Fem.: walisô gajukô, vokativisch
gebrauchter Nom.Sg. γνήσιε σύζυγε Php. 4,3, vgl. Bernhardt z. Stelle.
Feminina
Die Feminina der n-Deklination zerfallen in zwei Klassen, Stämme auf -ôn- § 111.
und auf -ein- (§ 87); in der Flexion gehen sie völlig parallel. Vgl. Jellinek
§129f.; Krause § 139ff.
Paradigmen: a) qinô 'Frau' (§ 112); - b) managei 'Menge' (§ 113).
Sing. Nom. qinô managei
Gen. qinôns manageins
Dat. qinôn managein
Akk. qinôn managein
Wie qinô, das in allen Kasusformen belegt ist, flektieren viele Substantive: § 112.
a) Personenbezeichnungen, z.B. swaihrô 'Schwiegermutter' (NASg.; vgl.
swaihra § 108), mawilô 'Mägdlein' (nur Vok.Sg. Mk. 5,41);
b) sonstige Substantive auf -ôn-, z.B. azgô* 'Asche' (DASg.), gatwô*
'Gasse' (Akk.Pl. Lk. 14,21), stairnô* 'Stern' (Nom.Pl. Mk. 13,25), tuggô
'Zunge' (NGDSg.), ûhtwô* 'Morgendämmerung' (Dat.Sg. Mk. 1,35);
einige (Verbal)abstrakta (Kluge § 109), z.B. brinnô und heitô 'Fieber',
reirá 'Zittern', wikô* 'Reihenfolge' (Dat.Sg. Lk. 1,8), wohl auch armaiô
'Erbarmen, Almosen';
c) Substantive auf -jôn-, z.B. arbjô 'Erbin' (l.Kor. 15,50 AB; vgl. arbja
§ 108), brunjó* 'Panzer' (Dat.Sg. Eph. 6,14 AB, l.Ths. 5,8), nipjô 'Ver-
wandte' (Lk. 1,36; vgl. nipjis § 92,b), rapjô 'Rechnung' (NDASg.), tainjô*
'Korb' (NAP1.); dazu die häufigen Lehnwörter aikklesjô 'Kirche',
aiwaggeljô 'Evangelium' (vgl. Gaebeler 67, 111 f.).
105
§112. Flexionslehre -1. Deklination der Substantive
Das Femininum des schwachen Adjektivs wird in der Regel ebenfalls nach
qinô flektiert (§ 132).
A n m . 1. Zu dem Dat.Pl. suljôm s. § 97a A.l, zu aurahjôm, h>ilftrjôm, kalkjôm s. § 98
A.l. - Zu sunnô vgl. § 110 A.2.
A n m . 2. Das substantivierte Adjektiv (§ 132 A.2) unhulpô δαιμόνιον hat Mt. 9,33
zweimal ein mask. Prädikat neben sich (vgl. auch Mk. 3,22); daneben tritt das Mask.
unhulpa auf, PBB 18 (1894), 151 f.
A n m . 3. In Cod. A. finden sich zweimal Nebenformen nach der starken Flexion: zu
winnô 'Leiden' Akk.Sg. winna Kol. 3,5 (= winnôn B); zu bandwô 'Zeichen' Dat.Sg.
bandwai l.Kor. 14,22 (wó-Stamm, s. § 97 A.l). - Gr. ψαλμός ist wohl zunächst im
Dat.Sg. ψαλμφ entlehnt worden, wovon die got. Flexion ausgegangen ist. Belegt sind
Akk.Sg. psalmon l.Kor. 14,26, Dat.Pl. psalmom Eph. 5,19, Kol. 3,16. Einmal steht
psalmo Lk. 20,42, wo syntaktisch Gen.Pl. zu erwarten ist; man wird hier wohl un-
flektierte Form anzunehmen haben und nicht einen besonders gebildeten Gen.Pl.
Dasselbe kann auch für die Randglosse psalmo Eph. 4,8 zutreffen, wenn hier nicht
einfach die transkribierte griech. Form vorliegt; vgl. Gaebeler 77 ff. - Als ein durch
voranstehendes sô verursachter Schreibfehler wird meist angesehen sô daúrawardó
(statt *daúrawarda) 'Türhüterin' Jh. 18,17, doch ist gegen diese regelmäßige Bildung
nichts einzuwenden, auch wenn unmittelbar vorher, Jh. 18,16, daúrawardai (Dat.)
steht, vgl. Streitberg II, 25; Feist 551. Sonst st. M. daürawards 'Türhüter' Jh. 10,3.
Vgl. aber Grimm IV, 678 f.; Streitberg 1,486.
§ 113. a) Die Substantive, die wie das in allen Kasusformen belegte Wort managei
flektieren, sind fast durchweg von Adjektiven abgeleitet (vgl. Kluge
§ 116; Meid §93; zur Genese Mezger, Lg 22 [1946], 348fif.). Zu vielen
Adjektiven existiert ein solches Abstraktum auf -ei (daneben -ipa § 97;
zur Verteilung s. Gürtler, ZDP49 [1923], 82ff.; Seebold, PBB-T 90 [1968],
1 fT.; Pimenova, PBB 122 [2000], 3 ff.), z.B. bleipei 'Güte', braidei'Breite',
diupei 'Tiefe', frôdei* 'Klugheit', laggei 'Länge', mikilei* 'Größe',
harduhairtei* 'Hartherzigkeit'. Zu Partizipien gehören etwa drugkaneins
PI. 'Gelage', baúrpei* 'Bürde' (s. Anm. 3) und paürstei* 'Durst' (Dat.Sg.
2.Kor. 11,27; zu germ. *purs-ta-, s. Heidermanns, EWGP 632), zu dem
Subst. magaps* (§ 103) gehört magapei* 'Jungfrauschaft' (Dat.Sg. Lk.
2,36).
b) Nur sehr wenige Substantive haben konkrete Bedeutung (z.T. alte Zuge-
hörigkeitsbildungen): aipei 'Mutter' (häufig; s. § 114 A.2), hairnei*
'Schädel' (nur Gen.Sg. hairneins Mk. 15,22; oder Adj. auf -eins, s. Streit-
berg § 157), kilpei* 'Mutterleib' (Akk.Sg. Lk. 1,31), marei 'Meer' (häufig;
s. § 99), prams tei* 'Heuschrecke' (Akk.Pl. Mk. 1,6).
c) Nach managei bilden ihr Femininum der Komparativ (§ 136), die Stei-
gerungsbildung auf -ma (§ 139) und das Partizip Präsens (§ 133), vgl.
§132 A.4.
A n m . 1. Die Adjektivabstrakta auf -ei berühren sich mit den Verbalabstrakta auf
-eins (vgl. § 103 A.l), z.B. häuhei 'Höhe' zu häuhs, aber häuheins 'Erhöhung' zu
háuhjan. In beiden Deklinationen endet der Akk.Sg. auf -ein, der Gen.Pl. auf -einô;
daher traten leicht Kontaminationen ein. Zu wajamêreins 'Lästerung' ist Jh. 10,33
106
C. Konsonantische Deklination - 2. Andere kons. Klassen § 115.
der Gen.Sg. wajamêreins gebildet, so daß man für diese Stelle einen Nom. *wajamêrei
anzusetzen pflegte, der aber der Bedeutung nach unmöglich ist. Über Annahme
weiterer Fälle vgl. Losch, Germ 32 (1887), 233 ff.; Jellinek, ADA 29 (1904), 282; ADA
32 (1908), 6; ZDP 48 (1920), 212ff.; Jellinek § 119; Streitberg § 157 A.l. Vgl. auch
Szadrowsky, PBB 52 (1928), 1 ff.
A n m . 2. In Cod. Β ist dreimal ein Nom.Sg. auf -ein überliefert: liuhadein 'Erleuch-
tung' 2.Kor. 4,4 (-eins A, vgl. Bernhardt zur Stelle; Losch, Germ 32 [188η, 232),
wiljahalpein 'Gunst' Kol. 3,25 (A fehlt), gagudein 'Frömmigkeit' l.Tim. 4,8 (-ei A).
Vgl. Braune, Litbl 1908, 327.
A n m . 3. Bei baurpei* (nur Akk.Sg. baurpein Gal. 6,5 AB), dessen Wortbildung
kontrovers beurteilt wird, dürfte es sich um ein em-Abstraktum handeln, das von
einem neugebildeten Part. *bur-pa- ohne gramm. Wechsel abgeleitet ist (idg. V e r -
bildete als Durativum kein fo-Part.). Vgl. noch Kluge, ZDW 10 (1908), 64; Schaffner
374f.
Eine Reihe substantivierter Partizipien des Präs., die als Täterbezeichnun- § 115.
gen (Nomina agentis) gebraucht werden, weist noch die ererbte konsonan-
tische Flexion auf (-nd- < idg. *-«/-). Dabei sind Gen.Sg. und Dat.Pl. nach
der α-Deklination umgeformt; der Vok. ist endungslos (s. Anm. 2). Hin-
107
§115. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
gegen hat das reguläre Part. Präs. die alte Flexion aufgegeben und wird als
schwaches Adjektiv dekliniert (§ 133).
Paradigma: nasjands '(Retter >) Heiland' (im NGDASg. belegt):
Sing. Nom. nasjands Plur. Nom. nasjands
Gen. nasjandis Gen. nasjandê
Dat. nasjand Dat. nasjandam
Akk. nasjand Akk. nasjands
Vok. nasjand
So kommen außerdem vor:
1 .fijands,fiands* 'Feind': häufig, alle Formen außer DVSg. belegt;
l.frijônds 'Freund': häufig, belegt NVSg., NDAP1. (dazu frijôndi* 'Freun-
din', §98);
h.fraujinônds* 'Herrscher': nur Vok.Sg.fraujinôndfrauja δέσποτα Lk. 2,29
(s. Anm. 2);
4.gibands* 'Geber': nur Akk.Sg. 2.Kor. 9,7 B;
5.bi-sitands* 'Nachbar', nur im Pl.: Nom. Lk. 1,58; Gen. Lk. 4,14; Akk.
Lk. 7,17, Mk. 1,28;
6.talzjands* 'Lehrer': nur Vok.Sg. (s. Anm. 2);
7.all-waldands 'der Allmächtige': nur Nom.Sg. 2.Kor. 6,18 AB;
8.garda-waldands 'Hausherr': Nom.Sg. Lk. 14,21; Akk.Sg. Mt. 10,25.
9.daupjands 'Täufer' zeigt eine Mischflexion: Nom.Sg. Iohannes sa
daupjands Lk. 7,20.33, Mk. 6,14; Akk.Sg. Iohannen pana daupjand Lk.
9,19, Mk. 8,28; sonst mit schw. Flexion: Gen. Iohannis pis daupjandins
Mt. 11,12, Mk. 6,24.25; Dat. lohanne pamma daupjandin Mt. 11,11, Lk.
7,28;
lO.nur im Nom.Sg. belegt: mêrjands 'Verkündiger' l.Tim. 2,7, 2.Tim. 1,11;
midumônds 'Mittler' l.Tim. 2,5ifra-weitands 'Rächer' Rom. 13,4, l.Ths.
4,6.
A n m . 1. Lit.: Gering, ZDP 5 (1874), 315; ADA 23 (1897), 333 A.l; Streitberg, UG
§ 164; Cosijn, IF 10 (1899), 112; 11 (1900), 204; Jellinek § 132; Ebbinghaus, GL 12
(1972), 83 ff.; Bammesberger, Nomen 214f.
A n m . 2. Der Gen.Sg. ist nur infijandis Lk. 10,19 und nasjandis (öfters) bezeugt. -
Der einzige Dat.Sg. ist nasjand Lk. 1,47, Tit. 1,4. - Der Vok.Sg. liegt nur vor in
fraujinônd Lk. 2,29 (Subst., s. Streitberg, IF 23 [1908], mñ.)Jrijónd Lk. 14,10und
talzjand (6 Belege); vgl. § 133 A.2.
§ 115a. Die neutralen j-Stämme des Germ. (idg. NASg. *-os, sonst *-es-) sind im
Got. alle in die α-Flexion (§ 94) übergetreten; vgl. Schenker, PBB-T 93
(1971), 46ff.; Bammesberger, Nomen 208ff.; Casaretto, HS 113 (2000),
210fTf. In Abhängigkeit vom Wurzelauslaut sind drei Typen zu unterschei-
den:
a) nach den meisten Konsonanten zeigt das Suffix die Form -is: agis
'Furcht', tga-digis 'Gebilde' (Konjektur für <gadikis> Rom. 9,20; s. Wag-
ner, HS 101 [1988], 296ff.), hatis 'Haß' (s. § 94 A.5), rimis* 'Ruhe', riqis
'Finsternis', sigis 'Sieg', skapis 'Unrecht';
108
C. Konsonantische Deklination - 2. Andere kons. Klassen § 116.
b) nach h erscheint das Suffix als bloßes -s: ahs 'Ähre', peihs 'Zeit', weihs
'Dorf;
c) nach Diphthong erscheint das Suffix als -z: aiz '(Erz)münze' (nur
Akk.Sg. Mk. 6,8; dazu aizasmipa 'Erzschmied' 2.Tim. 4,14); hierher
wohl auch haiz* 'Fackel' (nur Dat.Pl. haizam Jh. 18,3).
A n m . 2. Nach Ausweis der a- und /-Stämme (Nom.Sg. dags < *dagaz, gasts
< *gastiz) ist der Vokalschwund in b) lautgesetzlich. Die Folge hs ist im Got. auch
sonst geläufig (wahsjan, taihswa usw.); in a) dagegen wflrde der Schwund unge-
bräuchliche Konsonantengruppen erzeugen. Folgen wie gs, qs, ts, ps können im
Inlaut nicht lautgesetzlich entstehen und sind dem phonologischen System daher
fremd; sie werden nur in der Flexion geduldet, wo sie unter paradigmatischem Zwang
stehen (dag-s, wraiq-s*, mat-s, naup-s). Der Auslaut -is ist von den obliquen Kasus
(Gen. agisis, Dat. agisa usw.) übertragen: nur dort ist der Vokal i (idg. Suffix *-es-)
berechtigt. Umgekehrt hat in b) die Vokallosigkeit auch den Inlaut erfaßt (ahsa;
peihsa; weihsa, weihsis).
Wurzelnomina sind solche Nomina, die ohne stammbildendes Element die § 115b.
Flexionsendung unmittelbar an die Wurzel antreten lassen; vgl. lat. rëx
(*rëg-s), Gen. rëg-is 'König'. Die Flexion dieser Wörter ist im Germ, im
Verfall begriffen, doch sind Reste bei einer Anzahl von Wörtern auch im
Got. noch vorhanden. Hinsichtlich der Flexion unterscheiden sich die Wur-
zelnomina nicht von Stämmen mit konsonantischem Dentalsuffix; beide
werden daher im folgenden gemeinsam behandelt. Vgl. Bammesberger,
Nomen 188ff.; Griepentrog (passim).
109
§116. Flexionslehre -1. Deklination der Substantive
110
D. Deklination der Fremdwörter §118.
Das N e u t r u m fôn 'Feuer' zeigt diese Form im NASg., bildet dagegen den § 118.
GO. funins, funin heteroklitisch mit «-Suffix (§§ 12 A.3, 110); ohne dieses
Suffix das Sekundäradj. funisks* 'feurig' (§ 124,c). - Lit.: PBB 6 (1879),
377ff., 564; Grienberger 70f.; Feist 158f. (mit Lit.).
Anm. 1. Über den neutralen Gen.Sg. hatis s. § 94 A.5.
A n m . 2. Sollte der Gen. gps mit Streitberg und Ebbinghaus als gups aufzulösen sein,
so wäre er als alter konsonantischer Gen. eines neutralen Wurzelnomens gup zu
betrachten. Vgl. § 94 A.3; Streitberg §§ 133,162,2; Ebbinghaus, JEGP 60 (1961), 485.
Ili
§119. Flexionslehre - 1 . Deklination der Substantive
§ 119. a) Eine größere Anzahl von Lehnwörtern, die nicht in Zusammenhang mit
der Christianisierung stehen, ist schon früh in die got. Sprache aufge-
nommen worden. Sie entstammen durchweg dem Lat. und sind zur Zeit
der Bibelübersetzung den verschiedenen got. Flexionen so vollkommen
angepaßt, daß ihre fremde Herkunft nur noch etymologisch nachzuwei-
sen ist; z.B. pund* n. 'Pfund', Krêks m. 'Grieche', karkara* f. 'Kerker',
alew* n. 'Öl' (s. Zupitza, PBB 22 [1897], 574f.; Untermann, PBB 76
[1955], 390ff.; Polomé, Fs. Knobloch [1985], 309ff.), kaisar* m. 'Kaiser'
(§ 91 A.4), kubitus* m. 'Lager am Tisch' (vgl. ana-kumbjan 'sich zu Tische
legen').
b) Erst unter dem Einfluß des Christentums sind griech. Wörter in die got.
Sprache eingedrungen. Soweit sie schon vor der Bibelübersetzung in der
gesprochenen Sprache lebten, haben sie sich als Lehnwörter der got.
Flexion angeschlossen. Solche Wörter sind aiwaggeljô, aikklesjô (§ 112),
psalmô (doch s. § 112 Α.3), aggilus (§ 9 A.l) u.a.
A n m . 1. Daß vorchristliche Lehnwörter aus dem Griech. der got. Sprache fehlen,
zeigt Schulze, Griech. Lehnworte (Kl. Sehr. 496ff.). Denn auch ursprünglich griech.
Wörter wie marikreitus* 'Perle' (Loewe, KZ 40 [1906], 550ff.), paurpura* 'Purpur',
Saur 'Syrer' (vgl. §24 A.5) sind durch römische Vermittlung übernommen. Eine
Aufzählung der lat. Lehnwörter findet sich bei Schulze, Kl. Sehr. 511 A.2; ausführ-
liche Diskussion bei V. Corazza, Le parole latine in gotico, Roma 1969.
A n m . 2. Zu den griech. Lehnwörtern vgl. bes. Gaebeler 2ff., 56, 77ff., 88f.: als
älteste Schicht griechischer Entlehnungen sind einige geographische Namen wie
Makidonja (§ 11 A. 1 ; § 43 A.2), Akaja, Antiokja* (§ 43 A.2) anzusehen, während alle
sonstigen griech. Lehnwörter kirchlichem Einfluß verdankt werden. - Über Lehn-
bildungen nach griech. Vorbild (v.a. bei Komposita) vgl. die Arbeiten von Rice und
Grewolds (s. § 88a A.4); ferner Casaretto, in: Akten der XI. Fachtagung der Indo-
germanischen Gesellschaft in Halle/Saale, 17.-23. September 2000, Wiesbaden.
§ 120. Eine große Anzahl von Fremdwörtern, vor allem Eigennamen, ist dem Got.
(wohl zumeist literarisch) durch die Bibelübersetzung zugeführt worden. Sie
entstammen dem Griech. (letztlich z.T. dem Hebräischen). Einige dieser
Wörter schließen sich naheliegenden got. Deklinationen an, andere er-
scheinen mit griech. Flexionsendungen, bilden scheinbar willkürliche
Kasusformen oder bleiben unflektiert; vgl. Anm. 1-6. Der Befund ist durch
die Untersuchung von Lühr, MSS 46 (1985), 139ff., weitgehend aufgehellt.
A n m . 1. Die Maskulina auf gr. -ος, lat. -us folgen im Sing, der u-Dekl. (§ 104f.), z.B.
Paitrus, Barpaulaumaius*, Teitus, aipiskaupus έπίοκοπος, apaustaulus άπόστολος
(s. Anm. 3), Iudaius 'Ιουδαίος. Wo Plurale begegnen, gehen diese im Akk. und Dat.
nach der u-Dekl., Iudaiuns, apaustaulum, während Nom. und Gen. nach der i-Dekl.
(§ 100) gebildet werden, apaustauleis, Iudaieis; apaustaulê, Iudaie. So auch aggilus
άγγελος (§ 119,b), von dem jedoch neben einem Nom.Pl. aggileis (Mk. 1,13) drei
Nom.Pl. auf -jus begegnen (Lk. 2,15, Mk. 12,25, Rom. 8,38); dem schließt sich
galiugaxristjus ψευδόχριστοι (Mk. 13,22) an (vgl. Lühr, a.a.O. 147f.). Ein Gen.Pl.
auf -iwê ist nicht überliefert. - Der Wechsel zwischen u- und i-Flexion dürfte vom lat.
Nom.Sg. -us neben Nom.Pl. -rausgegangen sein (vgl. weiter Lühr, a.a.O. 142f.).
112
D. Deklination der Fremdwörter §120.
A η m. la. Für das meist als Nom. diakamus* διάκονος angesetzte Wort sind belegt:
NDSg. dkn· (Urk. Arezzo, was dem angesetzten Nom. zu widersprechen scheint),
Dat.Sg. diakuna, diakona (Urk. Neapel), Nom.Pl. diakaunjus l.Tim. 3,12, Akk.Pl.
diakaununs l.Tim. 3,8. Vgl. Gaebeler 94ff.; Ebbinghaus, GL 22 (1982), 191ff. -
Bemerkenswert ist der Gen.Sg. Mattapiwis (angelehnt an pius*, G. piwis § 91 A.3)
Lk. 3,25 neben G. Mattapiaus Lk. 3,26 zu N. Mattapius* (?) Ματταθίας (vgl. Lühr,
а.a.O. 148).
A n m . Ib. Der Name Iesus (Iêsûsi § 15 A.l) 'Ιησούς, von dem Pluralformen nicht
vorkommen, wird ganz wie ein a- (oder mask. /'-) Stamm dekliniert; an den schein-
baren Stamm Iesu- treten die entsprechenden Endungen: Nom. Iesus, Vok. Iesu, Gen.
Iesuis, Dat. Iesua, Akk. Iesu. Im Dat. begegnet auch die Form Iesu, die älter und
nichts als die transkribierte griech. Dativform Ίησοΰ ist. Vgl. Gaebeler 116; Bethge
§ 339; zur Erklärung s. Ebbinghaus, GL 11 (1971), 151 ff.; Lühr, a.a.O. 144f.
A n m . 2a. Fremde Länder- und Städtenamen auf -a zeigen eine auffallige Misch-
flexion: Nom. -a (Akaja), Gen. -ais (z.B. Asiais), Dat. -ai (z.B. Asiai), Akk. -a (z.B.
Makidonjä). Die den fem. ¡'-Stämmen entsprechende Flexion im Gen. und Dat. findet
nach Lühr (a.a.O. 141 f.) ihren Ausgangspunkt im lat. Lokativ Romae: dieser wurde
direkt in got. Rumai übernommen, der im Lat. gleichlautende Gen. wurde zur Dif-
ferenzierung mit dem Gen.-Zeichen -s versehen (vgl. auch § 103 A.4 zum alten Lok.
haimat).
A n m . 4. Das Ntr. σάββατον wird meist durch das indeklinable Mask, sabbato,
sabbato dags (erstarrter griech. Dat. σαββάτφ) wiedergegeben, s. Schulze, Kl. Sehr.
514ff. Daneben stehen nach Anm. 1 flektierte Kasusformen: sabbataus (Gen. Lk.
18,12); sabbatê(Gen.Pl. l.Kor. 12,2); sabbatim (Dat.Pl. Lk. 4,31). Einmal, Kol. 2,16,
sabbatum = σαββάτων. Vgl. Gaebeler 79f.; Streitberg, IF 31 (1913), 323ff.; Ebbing-
haus, GL 21 (1981), 20f.; Lühr, a.a.O. 145.
A n m . 6. Bei den übrigen Klassen von Fremdnamen ist keine durchgehende Regel-
mäßigkeit zu erkennen. Hier durchkreuzen sich verschieden motivierte Einzelanalo-
gien; als Auslöser kommen einzelne griech. oder lat. Endungen, aber auch der syn-
taktische Kontext in Betracht (vgl. Lühr, a.a.O. 145ff.).
113
KAPITEL I I .
§ 121. Das Adjektiv hat im Got. wie in allen germ. Sprachen eine zweifache Dekli-
nation, die s t a r k e und die s c h w a c h e . Dieser Doppelheit liegen zwei
verschiedene Arten der Stammbildung zugrunde. Die s t a r k e Flexion ist
unter charakteristischen Abweichungen (§ 122) aus der ursprünglichen idg.
Adjektivflexion erwachsen, die s c h w a c h e ist erst im Germ, als besondere
Adjektivflexion ausgebildet worden (§ 132). Jedes normale Adjektiv kann
auf beide Weisen flektiert werden. Im Gebrauch besteht ein syntaktischer
Unterschied: die s c h w a c h e Form steht nach dem Pronomen sa, sô, pata
(sogen. „Artikel", s. § 153), nur selten in anderen Gebrauchsweisen; die
s t a r k e Form herrscht in allen anderen Fällen, besonders bei prädikativem
Gebrauch und attributiv ohne Demonstrativpronomen. Demgemäß wird
auch vom „bestimmten" (schwachen) und „unbestimmten" (starken) Ad-
jektiv gesprochen.
A. Starkes Adjektiv
§ 122. Die starke Flexion des Adjektivs war ursprünglich mit der vokalischen
(starken) Flexion des Substantivs identisch. Im Germ, hat sich das Adjektiv
jedoch in einigen Kasus an die Pronominalflexion (vgl. § 149a) angelehnt, so
daß seine Flexion nur noch teilweise mit der des Substantivs übereinstimmt.
Der NASg. des Neutrums hat zwei Formen, eine nominale (ohne Endung)
und eine pronominale (auf -ata-, s. Anm. 2).
Wie die Substantive, so verteilen sich auch die Adjektive im Got. auf
mehrere vokalische Deklinationen:
114
Α. Starkes Adjektiv § 123.
A n m . 1. Die starke Form des Vok. ist dem Nom. gleich (s. § 85 A.2) und steht stets
beim Possessivpronomen (s. § 152 A.l), z.B. gup meins Mt. 27,46; Mk. 15,34. Sonst
nur vereinzelt: baups Mk. 9,25, audahafta Lk. 1,28, ushauhida Mt. 11,23 und die Part.
Präs. § 133 A.2. Auch hails! χαίρε (Mk. 15,18; Jh. 19,3) ist wohl als Vok. zu fassen,
dazu vielleicht eils im got. Epigramm (§ E19), anders Wrede/Heyne § 272 A.2. - Beim
attributiven Adj. (außer dem Possessivum) wird der VSg. regelmäßig schwach gebil-
det, z.B. atta weiha πάτερ άγιε Jh. 17,11. Vgl. Grimm IV, 650f.
115
§123. Flexionslehre - II. Deklination der Adjektive
A n m . 2. In Skeir. endet der Dat.Pl.f. in allen drei Fällen auf -ôm: missaleikôm 2,4,
judaiwiskôm 3,2, sinteinóm 3,2. Hier ist auf die fem. o-Stämme zurückgegriffen wor-
den, um das Genus eindeutig zu markieren: Jellinek, ADA 20 (1894), 153 A.l;
29 (1904), 282; ders. § 161 A.2.
116
Α. Starkes Adjektiv §126.
Die Adjektivstämme, die ein j vor den Endungen aufweisen (/a-//o-Stämme), § 125.
stimmen in den meisten Formen mit dem Paradigma blinds überein. Nur
wenige Formen erfahren durch die Einwirkung des j eine Änderung. Auf-
grund von „Sievers' Gesetz" (§ 44,c) sind wie beim Substantiv kurzsilbige
und langsilbige ja-ljô-Stämme zu unterscheiden.
Paradigma eines kurzsilbigen Stammes: midjis* 'der mittlere':
Mask. Ntr. Fem.
Die rein nominalen Formen von midjis* (belegt DASgf., DAPlm.) folgen im §126.
Mask, dem Typ des Subst. harjis (§§ 90,92), im Ntr. dem Typ kuni (§§ 93,95),
im Fem. dem Typ wrakja (§§ 96, 97a).
Außer midjis* gehören nur wenige Adjektive hierher: aljis* 'ein anderer'
(Anm. la), harjis 'welcher' (§ 160); - ferner solche, deren Wurzel auf Vokal
endet (§ 44,c): niujis 'neu\fulla-tôjis 'vollkommen', ubil-tôjis 'übeltäterisch'
(s. Anm. 1).
Ob die Präfixbildungenga-wiljis* 'einmütig' (Rom. 15,6, l.Kor. 7,12.13)
und un-sibjis* 'ungesetzlich' (Mt. 7,23, Mk. 15,28, l.Tim. 1,9 AB) sowie die
Komposita grinda-frapjis* 'kleinmütig' (nur sw. APlm. -frapjans l.Ths.
5,14) und sama-frapjis* 'einmütig' (nur NPlm. -frap jai Php. 2,2) als kurzsil-
big oder als langsilbig behandelt werden, geht aus den Belegen nicht hervor
(ebenso bei den mask. y'a-Stämmen anda-stapjis* und silba-wiljis*, § 92,c).
A n m . 1. Bei der geringen Zahl dieser Adj. sind einzelne Formen des obigen Para-
digmas nicht belegt: so der Gen.Pl. aller Genera, der für Mask., Ntr. als midjaizê*, für
117
§126. Flexionslehre - II. Deklination der Adjektive
Fem. als midjaizô* anzusetzen wäre; NAPlf., für die midjôs* zu erwarten ist (nach
wrakjôs § 96, blindôs § 123). Ebenfalls unbelegt ist die kurze Form des NASgn., die
nach den langsilbigen y'a-Stämmen (§ 127) als midi* zu erschließen wäre; für niujis
sollte sie niwi* lauten (belegt Akk.Sg. niujata Mt. 9,17, Lk. 5,37), für die Komposita
auf-tôjis (§ 26,a) wäre *-taui zu erwarten. - Der NSgm. ist nur belegt von ivarjis (Lk.
9,46, Mk. 9,34), niujis (1 .Kor. 5,7) und den Komposita auf-tójis (fulla- Mt. 5,48; ubil-
Jh. 18,30,2.Tim. 2,9). Der NSgf. liegt vor in gawilja (l.Kor. 7,12), harja (Mk. 12,28)
und niuja (2.Kor. 5,17 AB, Gal. 6,15 AB; anders das Subst. ¡>iwi § 98).
A n m . la. Von aljis* sind nur drei Kasusformen überliefert: DSgf. aljai Skeir. 7,2;
GSgn. aljis Gal. 5,10 Β, l.Tim. 1,10 Β; APln. alja 2.Kor. 1,13 AB (2x); ferner das
Adv. aljaleikô l.Tim. 6,3. Sonst stehen in vergleichbarer Verwendung Formen von
anpar (mit dem Adv. anparleikô l.Tim. 1,3).
A n m . 2. Der Adjektivstamm *frija- 'frei', von dem das Fem.Sg. frija,frijaizôs,frijai,
frija, sowie die mask. Formen Akk.Sg. frijana, Nom.Pl. frijai, Akk. frijans belegt
sind, bildet den NSgm. freis (l.Kor. 7,21.22 9,1, Eph. 6,8, Gal. 3,28, Kol. 3,11);
vermutlich ist auch der nicht belegte Gen.Sg. als freis* anzusetzen.
A n m . 3. Ein Adjektiv ^sunjis 'wahr', wie es verschiedentlich angesetzt wurde,
existiert nicht (§ 210 A.2).
i 128. D a s Mask, schließt sich dem subst. Typ hairdeis (§§ 9 0 , 9 2 ) an, das Fem. dem
Typ bandi (§§ 96, 98). Wie wilpeis flektieren sicher alpeis 'alt', fairneis* 'alt',
waila-mêreis* 'löblich' (doch s. Anm. 2), wôpeis* 'angenehm'. Über die be-
legten und nicht belegten Formen s. Anm. 2.
A n m . 1. Adjektive, die nicht im Nom.Sg. belegt sind, könnten auch wie hrains
(§ 130) flektieren. Zur ya-Klasse gehören wahrscheinlich noch airzeis* 'irregeführt'
(nur Pl. airzjai; s. Heidermanns, EWGP 177 f.), uf-aipeis* 'vereidigt' (nur PI. -jai Neh.
6,18), af-haimeis* 'fern der Heimat' (nur PI. -jai), ana-haimeis* 'anwesend' (Nom.Pl.
-jai, Dat.Pl. -jairri), aupéis* 'öde' (DASgm., DPlm.; s. EWGP 111), daupubleis* 'tod-
geweiht' (nur Akk.Pl. -jans l.Kor. 4,9), *mildeis 'liebevoll' (Nom.Pl. un-mildjai 'lieb-
los' 2.Tim. h,"h,friapwa-mildjai 'liebend' Rom. 12,10), reikeis* 'mächtig' (sw. GPlm.
-janê Neh. 6,17; s. EWGP 451), sleideis* 'beschwerlich' (NPlm. -jai, η. -ja', s. Grien-
berger 192; EWGP 509). Sehr wahrscheinlich ist auch aufgrund der Bildung anzu-
setzen framapeis* 'fremd' (ASgm., NPlm., DPlf.), s. Streitberg II, 37; Feist 164 (an-
ders Kluge § 233; Krause § 159).
A n m . 2. Im Nom.Sg. sind nur belegt Mask, alpeis Skeir. 2,2.3, wilpeis Rom. 11,17;
Fem. wôpi 2.Kor. 2,15 AB; Ntr. Nom.Akk. fairni Lk. 5,39, waila-mêri Php. 4,8 (doch
Snaedal XXIII liest waila-mêr), wilpi Mk. 1,6 (vgl. Braune, Litbl 1908, 328). Der
GSgm. ist nicht sicher bezeugt; in Rom. 11,24 steht eine Form, die eher fwilpjis als
118
Α. Starkes Adjektiv §130.
\wilpeis zu lesen ist (Snaedal XVIII; entgegen Braune, a.a.O. ist hier keine schwache
Form zu erwarten). Der DSgn. liegt vor infairnjamma 1 .Kor. 5,8, der DSgf. in wôpjai
Eph. 5,2 AB, der ASgm. infairnjana Mt. 9,16, Lk. 5,36, Mk. 2,21. - Die nicht belegten
Formen des Paradigmas werden allgemein folgendermaßen angesetzt: NASgn.
wilpjata*, GSgf. wilpjaizôs*, ASgf. wilpja*; für das Ntr. vgl. § 95, für das Fem. § 125.
Die ursprüngliche Flexion der adjektivischen i- und «-Stämme ist im Got. § 129.
nur noch in Resten greifbar, nämlich im Nom.Sg. aller drei Genera sowie im
ASgn. (zum GSgmn. s. Anm. 1). Alle übrigen Kasus, soweit belegt, sind in
die Flexion dery'a-Stämme (§§ 125-127) übergetreten. Auch die schwachen
Formen (§ 132 A.l) werden so gebildet.
A n m . 1. Der GSg(m)n. der i'-Dekl., der durch skeiris (... waurdis) Skeir. 5,1 bezeugt
ist (vgl. § 130 A.2), kann keine alte /-stämmige Form sein: der Ausgang stimmt mit
dem der a-Adj. überein (blindis). Folglich gehört das i nicht zum Stamm, sondern zur
Endung; vgl. Dal, NTS 15 (1949), 392fT.; Heidermanns, Fs. Seebold (1999), 163 A.80.
Der zur u-Dekl. gehörige adverbielle Gen. filaus bleibt als subst. Form (§131 A.3)
ohne Beweiskraft für das Adjektiv.
A n m . 2. Zur Herkunft der adjektivischen i'-Flexion Heidermanns, Fs. Seebold
(1999), 145ff.; zum Ursprung der «-Flexion ders., KZ 99 (1986), 278ff.
Die nominalen Formen der adjektivischen /-Stämme schließen sich an die § 130.
Substantivtypen gasts bzw. mähts an (§§ 99-103). Paradigma hrains 'rein':
Mask. Ntr. Fem.
119
§ 130. Flexionslehre - II. Deklination der Adjektive
(hrains, hrairi) belegt, so kann das Wort nach blinds (§ 123) gehen; finden sich nur
j-Kasus (z.B. hrainjamma), so kann es nach wilpeis, midjis*, hardus (§§ 127, 125, 131)
gehen. Die Zugehörigkeit von skeirs zu dieser Klasse steht durch den NSgf. Skeir. 4,2
völlig fest (frühere Zweifel ADA 31 [1907], 6; vgl. Streitberg § 183 A.2; nicht ganz
richtig Krause § 159 A. 1, dem der Bezug auf das Fem. mikildûps entgeht); zum GSgn.
skeiris s. § 129 A.l.
Auch ohne genügenden Beleg werden einige Adjektive nach anderen Erwägungen
hierhergesetzt, so riurs* 'vergänglich', skauns* 'schön', ga-dôfs* 'passend', un-qêps*
'unaussprechlich'. Entgegen früheren Auflagen dieses Buches gehören bleips 'gütig'
und hauns 'niedrig' eher in die α-Klasse (§ 123), aupéis* 'öde',framapeis* 'fremd' und
reikeis* 'mächtig' in dieya-Klasse (§ 128 A.l); vgl. EWGP s.w. - Lit.: PBB 14 (1889),
167; PBB 15 (1891), 489; Bethge 593; Kluge §§ 178, 197, 229-231.
A n m . 3. Ein NSgmf. auf -is ist vielleicht belegt in fsutis m. 'mild' l.Tim. 3,3 AB
(sonst nur ASgf. sutja l.Tim. 2,2 AB), nawis f. 'tot' Rom. 7,8, doch hatte Uppström
fsuts, fnaus gelesen (vgl. Subst. naus, § 101 A.3); ferner \airknis 'heilig' (Glosse zu
1 .Tim. 3,3 B, die Lesung ist nicht ganz sicher), das wegen der übrigen Belege (Nom.Pl.
2.Tim. 3,2 mairknai B, unairknans A, Dat.Pl. unairknaim l.Tim. 1,9 AB) meist zu
*airkns geändert wird. Möglicherweise handelt es sich um Genitive (Seebold, PBB-T
89 [1967], 42ff.). - Angesichts der Unsicherheit über die Form sutis sollte man nicht
nach ihrem Muster zu unnutjans l.Tim. 6,9 einen Nom.Sg. tun-nutis (statt un-nuts*)
ansetzen. Vgl. Feist 461 f. (mit Lit.); Krause § 160.
A n m . 4. Adverbien auf -iba können auf /-Adjektive (z.B. arniba, gatêmiba) oder -
nach langer Silbe - aufya-Adjektive weisen (andaugiba, s. § 210 A.3).
120
Β. Schwaches Adjektiv §132.
A n m . 3. filu 'viel' wird nur substantivisch und adverbial gebraucht, dazu ein adver-
bialer Gen. filaus 'um vieles' (§ 106 A.1,2). Nach Wurzelablaut und Verwendung
handelt es sich um ein altes Subst. (Brugmann 11,1,177; anders in früheren Auflagen
dieses Buches).
B. Schwaches Adjektiv
Verschiedene idg. Sprachen können durch eine Stammerweiterung mit Hilfe § 132.
eines «-Elements Adjektive substantivieren; vgl. zum Adj. lat. catus 'schlau'
den P N . Catö, Catönis. D a s Germ, hat diese Möglichkeit genutzt zur Aus-
bildung einer neuen, der schwachen, Adjektivflexion (vgl. § 121), die infolge
dieser Herkunft mit der Flexion der substantivischen «-Stämme überein-
stimmt. So auch im Got.: Mask, und Ntr. gehen nach atta und hairtô, das
Femininum normalerweise nach qinô (vgl. §§ 107-112; s. aber Anm. 4). -
Beispiel eines durchflektierten schwachen Adjektivs (blinds § 123):
Mask. Ntr. Fem.
121
§ 132. Flexionslehre - II. Deklination der Adjektive
unséljin Mt. 5,39; Jh. 17,15, vgl. Schulze, Kl. Sehr. 536f. Wenn neben unsêljins Eph.
6,16 A in Β einmal unsêleins erscheint, so ist es doch nicht geraten, danach mit
Streitberg § 186 A.l in Rom. 11,24 A durch Konjektur ^wilpeins (statt f wilpjis) her-
zustellen. Vgl. § 128 A.2 und Braune, Litbl 1908, 327f. - Von faimjin Mk. 2,21; Lk.
5,36 zu fairneis* 'alt' (§ 128) ist fairnin 2.Kor. 8,10 9,2 AB (in der Formel af fr am
fairnin jêra) zu trennen und zu einem Adj. * faims 'nächstvergangen' zu setzen (Schul-
ze, Kl. Sehr. 536 fr.).
§ 133. Das Partizip Präsens hat die alte Flexion der nrf-Stämme (§115) aufgegeben
und flektiert wie ein schwaches Adjektiv, aber mit dem Femininum auf -ei
(§ 132 A.4). Der NSgm. geht meist auf -s aus, daneben findet sich seltener die
schwache Form (Anm. 3); vereinzelt endet auch der NSgf. auf -s (Anm. 4).
Paradigma gibands 'gebend':
Mask. Ntr. Fem.
A n m . 2. Der Vok. ist wie beim Adj. dem Nom. gleich (vgl. § 123 A.l): gatairands,
gatimrjands Mk. 15,29, unródjands Mk. 9,25. Deshalb ist fraujinônd Lk. 2,29 als
Subst. 'Herrscher!' zu fassen (§ 115,3 mit A.2).
122
D. Steigerangsformen - 1. Komparativ § 135.
A n m. 2a. Der Ausgang -ands ist verschiedentlich zu -ans vereinfacht; vgl. §§ 74 A.5,
82A.1.
A n m . 3. Die Herkunft des NSgm. auf -s ist umstritten (zum Fem. s. Anm. 4). Es
handelt sich wohl nicht um eine starke (vokalische) Form, sondern um einen Rest der
alten konsonantischen nrf-Deklination (s. § 115; Ebbinghaus, G L 12 [1972], 83 ff. mit
Lit.). - Über die seltenere schwache Form des NSgm., die nur nach dem „Artikel"
vorkommt (sa qimanda neben sa qimands), s. Sommer, PBB 37 (1912), 481 ff.;
Behaghel, PBB 40 (1915), 522ff.; Jellinek § 159 A . l ; Trutmann, Adj., bes. 161 ff.;
Melazzo, Sprachw 17 (1992), 133ff.
A n m . 4. A n (mindestens) vier Stellen fungiert ein Nom.Sg. auf -ands als Attribut
eines fem. Substantivs (Seebold, PBB-T 90 [1968], 216): nimandsfrawaurhts Rom. 7,8
A;frawaurhts... nimands Rom. 7,11 A; tulgus grunduwaddjus... habands 2.Tim. 2,19
(vgl. §§ 105,b, 131 A.l); qinô blôparinnands Got. Veron. VIIf.,13. Ein Muster für eine
Neubildung ist nicht zu erkennen; folglich dürfte es sich um einen Archaismus aus der
konsonantischen Deklination handeln (vgl. Anm. 3). Zur endgültigen Klärung müß-
ten allerdings alle entsprechenden Belege auf ihr Genus hin überprüft werden.
A n m . 5. Falls sich in bijandzup-pan 'darüber hinaus' Phm. 1,22 ein isoliertes Part,
verbirgt (urspr. 'hinzukommend' oder 'hinzufügend', zu idg. *(h¡)ei- 'gehen'?), zeigt
die Nom.Sg.-Endung vor enklitischer Partikel die ältere Gestalt -z; in dem regulären
Part, bidjandansup-pan Mt. 6,7 erscheint die Pl.-Endung als -s (§ 78,b,c).
Das Partizip Präteritum wird wie ein gewöhnliches Adjektiv, stark und § 134.
schwach, dekliniert, z.B. von dem starken Verb giban (§ 176):
Mask. Ntr. Fem.
Part. Prät. stark: gibans giban, gibanata gibana
schwach: gibana gibanô gibanô
A n m . 1. Über den Wechsel zwischen p und d im Part. Prät. der schw. Verben s. § 74.
1. Komparativ
Das Got. verfügt über zwei Komparativsuffixe: a) das aus der idg. Grund- § 135.
spräche ererbte Suffix -iz-; b) das nur den germ. Sprachen eigene Suffix -ôz-,
a) Die Bildungen mit -iz- sind bei weitem häufiger und finden sich bei Ad-
jektiven aller Stammklassen, z.B. managiza* (zum α-Stamm manags*
§ 123ff.), alpiza (zum ya-Stamm alpeis § 127f.), sutiza* (zum /-Stamm
fsutis § 130 A.3), hardiza* (zum «-Stamm hardus § 131).
b) Bildungen mit -ôz- kommen nur bei α-Adjektiven vor: framaldrôza*,
frôdôza*, garaihtôza, handugôza*, hlasôza (s. Anm. 3), swinpôza,
paùrftôza*, unswikunpôza*, usdaudôza. Die Beschränkung auf α-Stämme
entspricht dem Vorkommen der Adverbien auf -ô (§ 211).
123
§ 135. Flexionslehre - II. Deklination der Adjektive
A n m . 1. Das Adj. juggs* 'jung' bildet den Kompar. jûhiza mit grammatischem
Wechsel und Schwund des η vor germ, h (§§ 50a mit A.2; 50 Α. 1 ; vgl. aisl. œri 'jünger',
Aisl.Gr. § 438 A.3); ein Superlativ ist nicht belegt.
A n m . la. Das Adj. walisa* 'recht, lauter' setzt wohl einen absolut gebrauchten
Kompar. fort, mit s für ζ nach Thurneysens Gesetz (§ 79 A.4); vgl. Bammesberger,
PBB 102 (1980), Iff.; Heidermanns, EWGP 650.
A n m . 2. Das Suffix -iz- stammt aus der Schwundstufe *-is- des idg. Komparativ-
suffixes *-ies-, *-ios-, *-iös- (unter Wirkung von Verners Gesetz, § 50a A.2); vgl.
Trutmann, Adj. 40 Α. 104. Zu dem Suffix -ôz- s. G. Mahlow, Die langen Vokale Α Ε O
in den europäischen Sprachen, Berlin 1888, 46; W. Streitberg, Zur germanischen
Sprachgeschichte, Straßburg 1892, 19ff.; Kluge, Grdr. I, 482f.; Krause § 165; Bam-
mesberger, Nomen 232; Szemerényi 195 f.
A n m . 3. Wie R. Wagner (Die Syntax des Superlativs im Gotischen ..., Berlin 1910,
89 ff.) gesehen hat, steht das Suffix -ôz- abgesehen von hlasôza (Php. 2,28 AB) nie
direkt nach kurzer erster Silbe. Die Ausnahme ist hinfällig, wenn Mas* 'heiter' aus
*hlahsa- dissimiliert und zu hlahjan* 'lachen' gebildet ist (Heidermanns, EWGP 293).
Allerdings sind Adjektive mit kurzer Wurzelsilbe überhaupt selten. - Zum Superlativ
auf -ôsta- vgl. § 137 A. 1.
2. Superlativ
§ 137. D i e Superlative w e r d e n gebildet d u r c h A n t r i t t des idg. Suffixes *-to- an d a s
K o m p a r a t i v s u f f i x . D a r a u s ergeben sich f ü r d a s G o t . zwei Bildungen, a u f
-ista- u n d a u f -ôsta- ( o h n e Sonorisierung des Λ· u n d m i t e r h a l t e n e m idg. t
n a c h § 50a), z.B. managists* (zu manags*), armôsts* (zu arms). D i e Super-
lative w e r d e n g a n z wie echte A d j e k t i v e flektiert, also s t a r k (§ 123 f.) u n d
schwach (§ 132), vgl. Jellinek § 166 A .
A n m . 1. Von Bildungen auf -ôsta- sind nur armôstai (l.Kor. 15,19) und lasiwôstai
(l.Kor. 12,22) belegt. Nichts spricht gegen die Annahme, daß alle Adjektive, die im
Kompar. das Suffix -iz- annehmen, den Superi, mit -ista- bilden (entsprechend Kom-
par. -ôz- : Superi, -ôsta-), vgl. § 135 mit A.3; Jellinek § 165.
124
D. Steigerungsformen - 3. Unregelmäßige Steigerung § 139.
A n m . 2. Beim stark flektierten Superlativ ist die pronominale Form des Neutrums
auf -ata (§ 122 A.2) nicht belegt, wohl um die Lautfolge f-tata zu vermeiden (Streit-
berg §189 A.l).
3. Unregelmäßige Steigerung
I. Eine sehr alte Erscheinung ist es, daß einige Eigenschaftsadjektive des § 138.
Grundwortschatzes von einer bestimmten Wurzel entweder nur einen Po-
sitiv, oder nur Komparativ und Superlativ bilden (vgl. dt. gut : besser, best,
lat. parvus : minor, minimus). Hier stellt man Positive mit semantisch ent-
sprechenden Komparativen und Superlativen zusammen, die ihrerseits kei-
nen Positiv haben (sogenannte suppletive Steigerung). Grundlegend dazu
H. Osthoff, Vom Suppletivwesen der indogermanischen Sprachen, 1899;
vgl. ferner Jaberg, Fs. Serra (1959), 27ff.; Linguistics 28 (1967), 82ff.; Spra-
che 15 (1969), 8 ff.
Zu vier got. Adjektiven werden suppletive Komparationsformen gebil-
det:
Positiv Komparativ Superlativ
II. Anders zu beurteilen ist sineigs 'der Alte'. Hier ist im Positiv ein germ.
Stamm *sena- 'alt' mit dem Suffix *-ïga- (§ 124,d) erweitert (Heidermanns,
EWGP 478). Ein Komparativ ist nicht belegt. Dem Superlativ liegt die
germ. Wurzel *sen- zugrunde, an die das Superlativsuffix -ista- direkt ange-
treten ist: *sen-ista(n)- > got. smista πρεσβύτερος 'der Älteste'. Sowohl
sineigs als auch sinista sind im Got. Substantive; als Adjektive dienen alpeis
und fairneis* 'alt' (§ 128).
A n m . 1. Ein anderer Komparativ der Bedeutung 'besser' liegt vor in dem nur Gal.
4,1 belegten iusiza (wohl mit altem Ablaut zu *wesu- 'gut', vgl. Vesi-(Visi-)gothae
§ El A.2), s. Feist 298f.; Pokorny 1174; Heidermanns, EWGP 179.
A n m . 2. Zu dem Positiv gôps gehört auch das suppletive Adv. waila §211 A.3. -
Über die Komparativ-Adverbien watrs, mais, mins sowie das Superlativ-Adverb
maist s. § 212 mit A.2.
A n m . 3. Das Subst. PI. áirizans* 'Vorfahren' ist vom Kompar. äiris des Adv. äir
abgeleitet, s. §§ 212 mit A.l, 214 A.l.
Eine alte idg. Superlativbildung mit einem (einfachen oder erweiterten) § 139.
w-Suffix (vgl. lat. primus, optimus) findet sich im Got. in sechs von Lokal-
adverbien abgeleiteten Wörtern: aftuma* 'der letzte', aühuma 'der höhere'
(Anm. la),fruma 'der erste' (§ 146), hleiduma* 'der linke', iftuma* 'der fol-
gende', innuma 'der innerste'. Ihre Bedeutung ist in der Regel elativisch oder
125
§139. Flexionslehre - II. Deklination der Adjektive
zum Positiv geworden, vgl. Szemerényi, PBB-T 82 (1960), Iff. Die Bildun-
gen folgen der schwachen Flexion, im Fem. den «'«-Stämmen (also ganz wie
die Komparative, § 136).
Zu einigen dieser Bildungen sind (wie sonst nur im Anglofriesischen, s.
Kluge, Grdr. 1,484) neue Superlative mit dem Suffix -ista- (§ 137) gebildet
worden: aftumists, aúh(u)mists (Anm. l a ) , f r u m i s t s (afrs.formest·, § 146). So
auch hindumists* 'der äußerste', spêdumists* 'der letzte' (zu *spêdeis neben
regelmäßigen spêdiza*, spêdists*), die auf nicht belegte *hinduma, *spêduma
schließen lassen. Den Substantiven miduma* f. 'Mitte' und midumônds 'Ver-
mittler' («¿/-Stamm, § 115) muß ebenfalls eine solche m-Bildung zugrunde
liegen (vgl. ae. me(o)d(u)me, midmest, Ae.Gr. § 314).
126
KAPITEL I I I .
Zahlwörter
(Mosse Β. 292,6; S . 178; S2. 188,6. - Koppitz, ZDP 32 (1900), 456ff.;
1
Α. Kardinalzahlen
Die Zahlen von Ί ' bis '3' sind in allen Kasus und Genera deklinierbar. §140.
Die Zahl Ί ' : m. ains, n. ain und ainata, f. aina wird vollständig wie ein
starkes Adj. nach blinds (§ 123) flektiert; schwache Flexion findet sich nicht
(§ 122 A.l). In der Bedeutung 'einzig, allein' kommen auch Pluralformen
vor. Das Wort ist Bestandteil mehrerer Komposita, z.B. ainabaúr* m. 'ein-
geboren' Skeir. 5,4, ainfalps* 'einfach' Mt. 6,22 (§ 148).
Die Zahlen '2' und '3':
Mask. Ntr. Fem.
'drei': Nom.
Gen. prijê
Dat. prim
Akk. prins prija prins
A n m . 2. Der Akk.Ntr. prija ist nur Mk. 14,5 bezeugt (entgegen der 19. Aufl. dieses
Buches nicht Nom.), der Akk.Fem. prins nur Lk. 9,33. Von den nicht belegten For-
men läßt sich mit Sicherheit der Nom.Ntr. als prija* (nach dem Akk.), der Gen.Ntr.
127
§140. Flexionslehre - III. Zahlwörter
als prijê* (nach dem Mask.) ansetzen; der Nmf. lautete mit hoher Wahrscheinlichkeit
preis* (aisl. prir; vgl. § 17 A.4), der Gen.Fem. prijô*.
§ 141. Die Zahlwörter von '4' bis '19' sind eingeschlechtig. Diese Zahlen werden
normalerweise unflektiert gebraucht; im Gen. und Dat. können sie jedoch
flektierte Formen nach der ¿-Deklination §99 ff. bilden (s. Anm. 2). Fol-
gende Formen sind belegt:
'4': fidwôr (NGDA.), Dat. \fidwôrim (Konjektur für -in) Mk. 2,3 (zu
fidur- s. Anm. 1);
'5': fimf (NDA.);
'6': saihs (DA.);
'7': sibun (NDA.);
'8': ahtau (nur Nom. Lk. 2,21 9,28), dazu ahtaudôgs 'achttägig' Php. 3,5
AB;
'9': niun{ NA.; zweisilbig wie as. nigun, s. § 18 A.2), Gen. niunê Lk. 15,7;
'10': taihun (NDA.), dazu taihuntêweis* 'zehnreihig' l.Kor. 15,6 (§ 144
A.1);
'11': nur Dat. ainlibim Mk. 16,14, l.Kor. 15,5 A (s. § 56 A.l);
'12': twalif, twalib (NDA.), Gen. twalibê Jh. 6,71 u.ö., Dat. twalibim
Jh. 6,67 u.ö., dazu twalibwintrus 'zwölfjährig' Lk. 2,42;
'14': fldwôrtaihun (nur Akk. 2.Kor. 12,2 B, Gal. 2,1 A);
'15': nur Dat.fimftaihunim Jh. 11,18.
A n m . 1. Der Stamm von '4' erscheint in der Komposition als fidur- (§24 A.2):
fìdurdógs 'viertägig' Jh. 11,39, fldurfalps* 'vierfaltig' Lk. 19,8, fidurragini* 'Vier-
herrschaft' Lk. 3,1 (3x). Vgl. Kluge, PBB 6 (1879), 394; Brugmann 11,2,13f.; Feist 149.
A n m . 2. Die flektierten Genitive und Dative werden gebraucht, wenn das Zahlwort
nicht adjektivisch unmittelbar vor seinem Substantiv steht oder wenn es als Subst.
gebraucht wird, z.B. wintriwê twalibê Lk. 8,42,framfìdwórim Mk. 2,3, aber af fidwôr
windam Mk. 13,27. Über die einzige Ausnahme niuntéhundis jah niunê garaihtaizê
Lk. 15,7 s. §143.
§ 142. Von '20' bis '60' werden die Zehner gebildet mit dem Plural tigjus* (Gen.
tigiwê, Dat. tigum, Akk. tiguns, «-Stamm nach § 104; der Sing. *tigus, etwa
'Dekade', ist nicht belegt) und dem davorgesetzten Einer; die gezählten
Objekte stehen im Gen. vor oder hinter dem Zahlwort. Es folgt eine Auf-
zählung der Belege:
'20': Dat. mip twaim tigum pûsundjô Lk. 14,31;
'30': Gen. jêrê prijê tigiwê Lk. 3,23; Akk. prins tiguns silubr(e)inaizê
Mt. 27,3.9;
'40': Akk .flmf sinpam fidwôr tiguns 2.Kor. 11,24, dagê fidwôr tiguns
Lk. 4,2, Mk. 1,13;
'50': Akk. firn tiguns Lk. 16,6 (§ 82 A.l), fimf tiguns Lk. 7,41 9,14, fimf
tiguns jêrê Jh. 8,57;
'60': Dat. spaúrdé saihs tigum Lk. 24,13, saihs tigum jêrê l.Tim. 5,9 AB.
A n m . 1. Lit.: Ross, TPS (1954), 116ff.; Bammesberger, Fs. Klingenberg(1986), 3ff.
128
Α. Kardinalzahlen §144.
Die Zehner von '70' bis Ί 0 0 ' zeigen Bildungen, die auf -têhund (bzw. § 143.
-taihund) ausgehen. Einerzahlen werden mit jah 'und' angeschlossen, ge-
zählte Objekte stehen im Gen.:
'70': sibuntêhund{Nom. Lk. 10,17; Akk. Lk. 10,1);
'80': Akk. ahtautêhundLk. 16,7; - '84': Gen.jêrêahtautêhundjahfidwôr
Lk. 2,37;
'98': N o m . fniuntêhundjah .h. (Konjektur für miunhuncb) Neh. 7,21; -
'99': Akk. niuntêhund jah niun Lk. 15,4; Gen. in niuntêhundis jah
niunê garaihtaizê Lk. 15,7;
'100': Akk. taihuntêhund lambê Lk. 15,4, aber taíhuntaíhund kasê Lk.
16,6, taíhuntaíhund mitadê Lk. 16,7, dazu taíhuntaíhundfalp Akk.
'hundertfältig' Lk. 8,8 (§ 148).
Die Zahlen auf -têhund sind Substantive, die indeklinabel gebraucht wer-
den. Einmal begegnet jedoch der flektierte Gen.Sg. niuntêhundis jah niunê
(s.o.). Dieser Gen.Sg. scheint zu zeigen, daß zur Zeit des Wulfila das Zahl-
wort '90' Sing, war; daraus ergibt sich die Bildung dieser Zahlengruppe als
sibun-têhund 'Dekade von Siebenern' usw. Diese Annahme ist jedoch bis
heute umstritten, vgl. Behaghel, PBB 42 (1917), 165ff.; Jellinek § 169 A.
Die Hunderte werden gebildet mit dem neutralen Plural hunda ( N A . hunda, § 144.
D. hundam-, der Sing. *hund 'das/ein Hundert' ist nicht belegt). Es gibt sechs
Belege:
'200': Dat. twaim hundam skattê Jh. 6,7;
'300': Akk. prija hunda skattê Mk. 14,5;
'500': Dat. fimf hundam taihuntêwjam brôprê l.Kor. 15,6 (s. Anm. 1);
Akk. skattê fimf hunda Lk. 7,41;
'973': N o m . niun hunda .ug. Neh. 7,39;
fragmentarischer Beleg:... hunda .m.e. Neh. 7,13.
129
§145. Flexionslehre - III. Zahlwörter
§ 145. Das Zahlwortpûsundi'l000' ist ein fem. Subst. (Typ bandi § 96) und hat den
Gen. nach sich; zur Bezeichnung mehrerer Tausende kommt der Plur.
pûsundjôs zur Anwendung. Das Wort ist auch in dem Kompos. pûsundi-faps
'Anführer von Tausend' verbaut (§§ 88a, 101).
Die folgenden Kombinationen kommen vor (in verschiedenen Kasus):
Ί017': Nom.pûsundi.i.z. Neh. 7,42;-Ί052':pûsundi.n.b. Neh. 7,40;-
Ί247': pûsundi .s.m.z. Neh. 7,41; - Ί254': pûsundi .s.n.d. Neh.
7,34;
'2000': Nom. twôspûsundjôs Mk. 5,13; - '2222': .b. pûsundjuss.k.b. Neh.
7,17;
A n m . 1. Der von Castiglione und Uppström Neh. 7,19 gelesene neutrale Plur. twa
pûsimdja wird von W. Braun (bei Streitberg) bestritten; es stehe .b. pûsundjôs j.q.
'2066', vgl. Streitberg, Fs. Windisch (1914), 226ff.
B. Ordinalzahlen
§ 146. Die ersten beiden Ordinalia sind etymologisch verschieden von den betref-
fenden Kardinalzahlen.
Ί . ' : m.fruma, n.frumô, i.frumei 'der erste' flektiert als schwaches Adj.
(nur an einer Stelle im Plur.: frumans 'die ersten' Mk. 10,31 [2mal]); daneben
frumists 'der erste' (§ 139).
'2.': anpar 'der zweite, andere' wird als starkes Adj. flektiert (§§ 122 A.l,
124 A. 1,4).
Alle folgenden Ordinalzahlen lehnen sich an die jeweiligen Grundzahlen
an und werden als schwache Adjektive flektiert (§ 132 A.3). Die folgenden
Bildungen sind bezeugt:
'3.': pridja (16 Belege);
'5.': *fimfta, nur in fimfta-taihunda* '15.' (s.u.);
'6.': saihsta (4 Belege);
'8.': ahtuda*, nur DSgm. in daga ahtudin Lk. 1,59;
'9.': niunda* (4 Belege);
'10.': taihunda*, nur ASgf. taihundôn dail Lk. 18,12;
'15.': fimftataihunda*, nur DSgn. in jêrapan fimftataíhundin Lk. 3,1; der
Beleg zeigt, daß nur der zweite Teil flektiert wird.
130
C. Andere Zahlarten §149.
C. Andere Zahlarten
Iterative Zahladverbien auf die Frage 'wie viel mal?' werden ausgedrückt § 149.
durch die Dative sinpa, sinpam (zu N o m . *sinps m. oder *sinp n. 'Gang', § 74
A.3) mit vorgesetzter Kardinalzahl:
ainamma sinpa 'einmal' 2.Kor. 11,25 u.ö.;
twaim sinpam 'zweimal' Lk. 18,12; Mk. 14,72;
prim sinpam 'dreimal' Mt. 26,75 u.ö.;
fìmf sinpam 'fünfmal' 2.Kor. 11,24;
sibun sinpam 'siebenmal' Lk. 17,4 (2x).
Mit der Ordinalzahl: anparamma sinpa 'zum zweiten Mal' Mk. 14,72; 2.Kor.
13,2 AB.
A n m . 1. Bei den Ordinalzahlen wird auch das Ntr. in iterativer Bedeutung verwen-
det. Die regulären Ordinalia sind dabei mit dem Pron.pata verbunden:patafrumô το
πρότερον 'zum ersten Mal' Gal. 4,13; pata anpar 'zweitens' 2.Kor. 13,11 u.ö.; pridjô
pata 'zum dritten Mal' 2.Kor. 12,14 13,1. Dagegen steht der Superi, frumist τό
πρώτον 'zum ersten Mal, zuvor' (häufig, z.B. Jh. 10,40) stets allein, ist also Adverb
(§ 212). Vgl. Loewe, KZ 47 (1916), 108ff.
A n m . 2. Ein altes Adv. *twis 'zweimal' ist enthalten in twis-standan* 'sich trennen'
(nur Part. Präs. 2.Kor. 2,13 AB), twis-stass* 'Zwiespalt' (nur Nom.Pl. -eis Gal. 5,20
AB); vgl. §§78 A.5,217a.
131
KAPITEL I V .
Pronomina
(Mossé Β. 292f.; S1. 178; S5. 328. - Jellinek § 141 ff.; Krause § 175 ff.)
§ 149a. Das System der Pronomina wird wie folgt gegliedert: A. Personalprono-
mina und Reflexivpronomen (§ 150 f.); - B. Possessivpronomina (§ 152); -
C. Demonstrativpronomina (§§ 153-156);-D. Relativpronomina (§ 157 f.);
- E. Interrogativpronomina (§§ 159-161); - F. Indefinitpronomina
(§§ 162-166).
Die geschlechtigen, d.h. nach dem (natürlichen oder grammatischen)
Geschlecht differenzierten Pronomina zeigen in einer Reihe von Kasus
charakteristische Erweiterungen teils des Stammes, teils der Endung, die
z.T. auch beim starken Adjektiv Eingang gefunden haben (pronominale
Flexion, s. § 122); man vergleiche besonders ASgm., NASgn., DSgmn.,
GDSgf., GPlmfn., beim Demonstrativum und seinen Weiterbildungen auch
NPlm. und DPlmfn.
132
Β. Possessivpronomina §152.
An m. 2. Der nicht belegte Nom.Du. 2.Pers. kann als jut* erschlossen werden (See-
bold, Pron. 16). Die Vokalquantität vonjus ist unklar (s. Brugmann 11,2,384f., 410f.;
Krause § 175; Seebold, Pron. 30); vgl. § 15 A.l.
A η m. 2a. Das -s im Nom.Pl. der 1. und 2. Pers. erscheint im gedeckten Auslaut als -z
(§ 78,c): weiz-up-pan,juz-up-pan (beide l.Kor. 4,10 A),juz-ei(Lk. 16,15 u.ö.); so auch
Dat.Pl. izwiz-ei (Gal. 3,1).
A n m . 3. Im DAP1. l.Pers. sind uns und unsis je nach Kasus unterschiedlich verteilt:
während beide Formen im Dat. etwa gleich häufig auftreten (66 uns : 59 unsis),
begegnet uns im Akk. rund fünfmal so oft wie unsis (124 uns : 24 unsis; Zahlenangaben
nach Snaedal). Vgl. Dickhoff, ZDA 54 (1913), 466ff.; Streitberg, Idg. Jb 2 (1914),
131 f.; Jellinek § 141 A; Seebold, Pron. 33, 39; St. Howe, The Personal Pronouns in
the Germanic Languages, Berlin/New York 1996, 125 ff.
A n m . 4. Der Gen. des Reflexivpronomens seina ist nur einmal belegt, und zwar in
pluralischer Geltung: wôpjandam seina missô Lk. 7,32. Er ist auch enthalten in seinai-
gairnai (statt *seina-g., § 88a A.2) 'eigensüchtig' (Glosse zu 2.Tim. 3,20 A).
D a s Pronomen der dritten Person (anaphorisches Pronomen) ist nach dem § 151.
Geschlecht differenziert (vgl. § 149a). (152)
Mask. Ntr. Fem.
A n m . 1. VomNtr. ist der AGP1., vom Fem. der Nom.Pl. nicht belegt. Man kann die
Formen als ija*, izê* (nicht tijê) und ijôs* ansetzen. - Zum Pron. *hi- vgl. § 155.
B. Possessivpronomina
Von den Stämmen der Personalpronomina (§ 150 f.) werden adjektivische § 152.
Possessivpronomina abgeleitet. (151)
1. Pers. Sing.: m. meins, n. mein, meinata, f. meina 'mein';
2. Pers. Sing.: peins 'dein';
1. Pers. Dual: nicht belegt, nach der 2. Pers. als *ugqar anzusetzen;
2. Pers. Dual: belegt ist nur der Dat.Sg.f. iggqarai Mt. 9,29 (zu iggqara s.
§ 150 A . l ) , der Nom.Sg.m. ist als igqar* anzusetzen;
1. Pers. Plur.: unsar 'unser';
2. Pers. Plur.: izwar 'euer';
3. Pers. aller Numeri: sein- 'sein, ihr' (s. Anm. 2).
133
§152. Flexionslehre - IV. Pronomina
A η m. 1. Die Flexion dieser Pronominaladjektive ist der des starken Adjektivs völlig
gleich; über unsar, izwar vgl. § 124 A.1,4. - Schwache Flexion kommt nicht vor. Vgl.
§§ 122 A.l, 123 A.l.
A n m . 2. Der Stamm sein- fungiert als Possessivpronomen für die 3. Person aller
Numeri; Beispiel für pluralisches Subjekt: wairôs skulun frijón seines qênins 'Männer
sollen ihre Frauen lieben' (Eph. 5,28). Das Pron. bezieht sich logisch stets auf das
Subjekt des Satzes und kommt demzufolge nur im Gen. Dat. Akk. vor (Streitberg
§§ 165, 279,2).
A n m . 3. Die Formen meinna (Mt. 11,10), izwana (Php. 2,25) sind wohl Schreibfehler
für meinana (Mt. 8,21 u.ö.), izwarana (Mt 5,16 u.ö.).
C. Demonstrativpronomina
A n m . 2. Der neutrale Instrumentalpê (vgl. § 85 A.l) ist nicht mehr als Kasus im
Gebrauch. Er steht nur einmal selbständig vor Komparativ: ñipé haldis (Skeir. 4,4)
'dadurch nicht mehr' = 'trotzdem nicht' (Jellinek § 146), außerdem in den adver-
biellen Verbindungen und Konjunktionen bi-pé, du-pê (duppêj, jappé (§62 A.3).
Auch die Zusammensetzungen pêh (§ 154 A.2) und pêei (§ 157 A.l) werden nur als
Adverbien und Konjunktionen gebraucht.
A n m . 2a. Der Ntr.Pl. pô wird von Hiersche (KZ 78 [1963], 155ff.) auf einen idg.
Dual zurückgeführt; zur Syntax vgl. § 121 A.2.
134
C. Demonstrativpronomina §156.
Ein defektives Pronomen *hi- (Flexion wie « § 151) mit der Bedeutung 'die- § 155.
ser' kommt nur vor bei Zeitbestimmungen in den Formen des DSgmn.
himma und des ASgmn. hiña, hita. Folgende Wendungen sind belegt: himma
daga 'heute' (§ 214), fram himma (nu) 'von nun an'; und hina dag 'bis heute',
und hita (nu) 'bis jetzt'. Dabei ist nu ein ntr. Subst. 'Nu, Moment', vgl .fram
pamma nu 'von jetzt an'.
A n m . 1. Wurzelverwandt ist das Adv. hêr 'hier', urspr. 'an dieser Stelle' (§§ 8, 213).
Das Pronomen m.jains, n. jainata, i.jaina 'jener' (über den Vokal vgl. § 20 § 156.
A.5) wird als starkes Adj. flektiert wie blinds (§ 124), aber ohne die nomi-
nale, endungslose Form des Neutrums (vgl. § 122).
Als schwache Adjektive flektieren silba 'selbst' und sama oder sa sama
'derselbe' (vgl. § 132 A.3).
135
§157. Flexionslehre - IV. Pronomina
D. Relativpronomina
A n m . 1. Der Instr. Ntr. pêei wird nur als Konjunktion gebraucht (s. § 153 A.2). -
Der nicht belegte GPlf. kann als pizôei* erschlossen werden.
A n m . 2. Eine Nebenform von patei ist pei; diese wird aber nur in Verbindung mit
bah (§ 164 A.l) und (wiepatei) als Konjunktion 'daß' gebraucht. Vgl. Paul, PBB 4
(1877), 467; PBB 6 (1879), 402; ZDA 29, 366f.; Grienberger 60f.; Streitberg § 345;
Music, PBB 53 (1929), 228ÍT.; Sturtevant, GR 8 (1933), 207; Dal, NTS 9, 193.
A n m . 3. Statt des NSgm. saei wird auch eine mit dem Pronomen der 3. Person
(§151) gebildete Form izei (vgl. Anm. 4) gebraucht, statt des NSgf. sóei auch sei (d.i.
*si-ei, § 10 A.2). Die Form sei ist sogar weit häufiger als sôei. Einige Male steht izei als
NPlm. (statt des nicht vorkommenden *eizei), z.B. pai izei bimaitanai sind Gal. 6,13.
Für izei findet sich öfter die Schreibung izê(vgl. § 17 A.l). Daher werden izei und sei
von Streitberg § 346 (zuerst Gabelentz/Loebe 11,2, § 203,3) als indeklinable Partikeln
eingestuft; aus dem dort vorgetragenen Material ergibt sich aber höchstens der
Schluß, daß izei im Begriff ist zu erstarren.
A n m . 4. Auslautendes s erscheint vor ei in der älteren Lautung ζ (§ 78,c).
§ 158. Bezieht sich der Relativsatz auf eine erste oder zweite Person, so wird die
Relativpartikel ei (§ 157) an das betreffende Personalpronomen angefügt:
ikei (1 .Tim. 1,13 u.ö.) '(ich), der'; - puei (Rom. 14,4) '(du), der', puzei '(du),
dem' (z.B. Mk. 1,11), pukei (Mk. 1,11, Randglosse) '(dich), den'; -juzei (Lk.
16,15 u.ö.) '(ihr), die', izwizei (Gal. 3,1) '(ihr), den' (vgl. § 150 A.2a).
136
E. Interrogativpronomina §161.
E. Interrogativpronomina
Das Interrogativum (vgl. ahd. [h\wer, lat. quis) lautet got. has (α-Stamm) § 159.
'wer?'. Es bildet auch Femininformen, die den anderen germ. Sprachen feh-
len (zu hô s. Matzel, KZ 96 [1982/83], 119ff.). Ein Plur. ist nicht vorhanden
(s. Anm. 2). Ein Subst. steht nach has meist im Gen., das Pron. übernimmt
dabei das Genus des Subst. (z.B. hô mizdônô Mt. 5,46). Adjektivischer Ge-
brauch ist ganz selten: has piudans Lk. 14,31, has manna Lk. 15,4. Vgl.
Jellinek § 149 Α.; Krause § 186,1.
Mask. Ntr. Fem.
Vom Stamm *ha- (§ 159) sind abgeleitet hapar 'wer von zweien?' und harjis § 160.
'welcher?'. Beide flektieren wie starke Adjektive: hapar wie anpar (§ 124
A.1,4), harjis wie midjis* (§ 125), Ntr. harjata* (nach harjatôh § 165). Mit
hapar ist einmal der Gen. pizê (Lk. 7,42), aber nie ein Substantiv verbunden;
harjis ist Substantiv (Jh. 10,32 mit abhängigem Gen.), Adjektiv nur l.Ths.
4,2.
Anm. 1. Zu harjis vgl. Sen, NOWELE 16 (1990), 91f.
137
§162. Flexionslehre - IV. Pronomina
F. Indefinitpronomina
§ 162. Das unbestimmte Pronomen 'irgendein' (gr. τις, τι) lautet im Got. m. sums,
η. sum, sumata, f. suma. Es wird als starkes Adjektiv flektiert und adjek-
tivisch gebraucht, kommt aber auch substantivisch in der Bedeutung
'jemand' vor.
Α η m . 1. Bei Aufzählungen, die gr. ό μέν - ό δέ 'der eine - der andere' entsprechen,
wird sums - sums gebraucht. Meist wird dem zweiten Glied -uh (§ 24 A.2) angehängt,
zuweilen auch noch dem ersten, d.h. sumai - sumáih oder sumäih - sumäih 'die einen -
die anderen'.
A n m . 2. Als Indefinitum 'irgend ein' wird auch das Interrogativum has (§ 159)
gebraucht, jedoch nur auf unbestimmte Größen bezogen, besonders in negierten
Sätzen, entsprechend dem Gebrauch von lat. quis, während sums dem lat. quidam 'ein
gewisser' entspricht. Vgl. Behaghel, PBB 42 (1917), 158ff.
§ 163. Wenn manna, has und ains mit der enklitischen Partikel -hun verbunden
sind, dienen sie als Indefinitpronomina, die stets die Negation ni bei sich
haben und zusammen mit dieser 'niemand, keiner' bedeuten.
a) Zu manna sind folgende Formen belegt: ni mannahun (Mk. 9,39), Gen.
nimanshun (Mk. 12,14), Dat. ni mannhun (Jh. 8,35 u.ö.), Akk. ni
mannanhun (Lk. 3,14 10,4). Diese Formen werden nur alleinstehend ge-
braucht, Bedeutung 'niemand'.
b) Ebenfalls nur alleinstehend gebraucht wird das nur im NSgm. belegte
nifvashun (Mt. 9,16 u.ö.) 'niemand'. - Analog das Adverb ni hanhun
(Lk. 15,29 u.ö.) 'niemals' (zu ban § 214 A.l).
c) Bei weitem am häufigsten ist ni ainshun, sowohl alleinstehend 'niemand'
als auch mit einem Substantiv in der Bedeutung 'kein'. Das Subst. steht
dabei stets im partitiven Gen., z.B. ni ainshunpiwê 'kein Diener' Lk. 16,3;
Präpositionen treten hinter ni: ni du ainaihun Lk. 4,26 (Schulze, Kl. Sehr.
550). Ohne ni steht ainshun fragend mit negativem Sinn Jh. 7,48; 1 .Kor.
1,16. - Die Formen von ainshun weichen von denen des einfachen ains
(§ 140) ab: Langvokale, die beim Simplex im Auslaut gekürzt wurden,
blieben hier durch die Partikel gedeckt erhalten (vgl. Jacobsohn II
172 ff.).
Mask. Ntr. Fem.
Sing. Nom. ainshun ainhun ainôhun
Gen. ainishun -
Dat. ainummêhun ainaihun
Akk. ainnôhun ainhun ainôhun
ainôhun
A n m . 1. ainnôhun (Php. 4,15) im NSgf. neben ainôhun (Lk. 10,19) wird vielfach als
Schreibfehler in Β aufgefaßt (vgl. Gal. 5,15), denn der ASgf. heißt ainôhun. Dagegen
im ASgm. 4 ainôhun gegen 9 ainnôhun-, vgl. dazu Helm, PBB 80 (1958), 203, anders
Ebbinghaus, M L N 75 (1960), 341 f. - Über ainummêhun vgl. § 4 A.2, über ainomêhun
§ 14 A.3.
138
F. Indefinitpronomina § 165.
A n m . 2. Mit dem Akk.Sg. des Subst. heila (§97) erscheint -hun verbunden in
ni heilôhun ούδέ προς ώραν 'nicht eine Stunde lang' Gal. 2,5.
Der Begriff 'jeder' wird bezeichnet durch Anfügung von -uh an has und § 164.
harjis: hazuh und harjizuh. Beide fungieren in Verbindung mit abhängigem
Gen. als Substantive, dagegen (außer in fveilô höh l.Kor. 15,30) mit Zeit-
angaben als Adjektive (dag hanôh Lk. 9,29, daga hammêh Mk. 14,49); vgl.
Streitberg § 283; Jellinek § 150 A.3; Lühr, Fs. Narten (2000), 161 ff. Ebenso
wie bei ainshun (vgl. § 163,c) weicht die Flexion von derjenigen der einfachen
Wörter ab: die dort im Auslaut gekürzten Langvokale sind hier erhalten
(zur Verteilung von -uh und -h s. § 24 A.2).
a) hazuh 'jeder':
Mask. Ntr. Fem.
139
§165. Flexionslehre - IV. Pronomina
140
KAPITEL V .
Konjugation
(Mossé Β. 293fF.; S'. 178; S2. 188; S3. 337f.; S4. 207f.; S5. 328ff.
- Jellinek § 178ff.; Krause §203ff.; Bammesberger, Verbalsystem.)
A. Allgemeines
A n m . 4. Zu den schwachen Verben auf -nan, denen vielfach mediopassive bzw. rein
passive Bedeutung zugeschrieben wurde, s. § 194.
141
§167. Flexionslehre - V. Konjugation
A n m . 5. Über die 1.P1. des Imperativs vgl. Behaghel, PBB 43 (1918), 324flf. - Der
idg. Konjunktiv ist nur in zweifelhaften Resten bewahrt, s. §§ 25 A.6, 202 A.2.
A n m . 7. Zu Dualbelegen im st. Verb s. § 170 A.4, im schw. Verb s. § 192 A.2. Der
Dual steht im Got. gegen das griech. Original, das einen Dual nicht kennt. Doch
kommen in den got. Texten schon Fälle des Plur. vor, wo der Dual zu erwarten wäre;
vgl. Meillet, De l'emploi du duel, MSL 15 (1908), 78 ff.; Gusmani, Sull'uso del duale
verbale, RIL102 (1968), 272ff.; Seppänen, On the use of the dual in Gothic, ZDA 114
(1985), Iff. - Das Fehlen der 3.Du. ist durch das Verschwinden des Duals in der
nominalen und pronominalen Deklination verursacht (§ 84 A. 1). Nur die auch in den
übrigen altgerm. Sprachen festgehaltenen Duale des Pron. der 1. und 2. Person haben
die entsprechenden got. Verbalformen so lange bestehen lassen. - Zur Herkunft der
Dualendungen s. K. M. Schmidt, Linguistics 130 (1974), 83ff.; Shields, IF 84(1979),
216ÍT.; Bammesberger, PBB 105 (1983), 169flf.; dens., Verbalsystem 98f.; Shields,
NOWELE 38 (2001), 115ff.
5. Drei Verbalnomina: I n f i n i t i v P r ä s e n s ; P a r t i z i p P r ä s e n s , P a r -
tizip Präteritum.
A n m . 8. Der Infinitiv Präsens hat aktive Bedeutung: er vertritt zugleich die griech.
Infinitive des Aor. und des Perf. Akt. Bisweilen dient er auch zur Übersetzung pas-
siver Infinitive; vgl. Streitberg § 312; Joseph, JEGP 80 (1981), 369ff.; Suzuki, PBB
109(1987), Iff.
A n m . 9. Das Partizip Präteritum hat bei transitiven Verben passive Bedeutung
(iqipans 'gesagt'), dagegen bei intransitiven aktive (qumans 'gekommen'); bei transi-
tiven Verben gibt es auch das griech. Part. Präs. Pass, wieder. Von intransitiven
Verben durativer Bedeutung wie standan, wisan, ligan*, sitan, liban (hierher auch die
Inchoativa: § 195) wird kein Part. Prät. gebraucht, vgl. ADA 14 (1889), 286.
142
Α. Allgemeines §168.
A n m . 10. Über die Flexion der Partizipien s. §§ 133,134; über ihren Gebrauch vgl.
Gering, Ueber den syntactischen Gebrauch der Participia im Gotischen, ZDP 5
(1874), 294 ff., 393 ff.; Bennett, The Function of Present Participial Constructions in
the Skeireins, Fs. Mossé (1959), 32ff.; Hofmann, Zum Gebrauch der Partizipien in
der Skeireins, Fs. Krause (1960), 24ff.
A n m . 11. Reste des idg. Part. Perf. Akt. sind als Adj. erhalten in manwus 'bereit'
(Heidennanns, KZ 99 [1986], 289ff.; ders., EWGP 403f.), als Subst. in weitwôds
'Zeuge' (eigentlich 'der Wissende, gesehen Habende'; s. Schulze, Kl. Sehr. 109f., 574)
und in bêrusjôs 'Eltern' (eigentlich NPlf. 'die getragen Habenden, die Mütter', dann
in der neuen Bedeutung als Mask, behandelt; s. Bammesberger, PBB 117 [1995], 3 ff.).
Hierher vielleicht auch jukuzt* 'Joch', s. Bammesberger, Lg 41 (1965), 416ff.
Vom germ.-got. Standpunkt aus sind die Verben einzuteilen nach der Art § 168.
der Bildung ihres Präteritums im Verhältnis zum Präsens. Wir erhalten da-
nach drei Klassen: starke Verben, schwache Verben und besondere Bildun-
gen.
I. Die starken Verben (§§ 169-182) bilden ihr Präteritum ohne ein Suffix,
lediglich durch Wechsel des Wurzelvokals bzw. durch Reduplikation
(s. Anm. 1). Danach erhalten wir folgende Unterabteilungen:
a) a b l a u t e n d e Verben (§§171-177). Diese bilden ihr Präteritum ohne
Reduplikation; sie unterscheiden es vom Präsens durch einen regelmä-
ßigen Vokalwechsel, den sog. Ablaut (vgl. § 29), z.B. qima 'ich komme',
qam 'ich kam'. Hierher gehören ursprünglich auch die P r ä t e r i t o -
p r ä s e n t i e n (s.u. III);
b) r e d u p l i z i e r e n d e Verben (§ 178f.). Das Präteritum hat Reduplika-
tion, aber keinen Vokalwechsel, z.B. häita 'ich heiße', haíháit 'ich hieß';
c) r e d u p l i z i e r e n d - a b l a u t e n d e Verben (§§ 180-182). Eine geringe
Anzahl von Verben vereinigt beide Mittel zur Bildung des Präteritums,
z.B. lêta 'ich lasse', laîlôt 'ich ließ'.
II. Die schwachen Verben (§§ 183-195) bilden ihr Präteritum mit Hilfe eines
Suffixes, das mit einem Dental beginnt (s. § 183), z.B. nasja* 'ich rette',
nasida* 'ich rettete'.
Die schwachen Verben sind (mit wenigen Ausnahmen) abgeleitete
Verben. Die alten Bildungsprinzipien sind im Got. z.T. stark verwischt. Wir
teilen sie nach der got. Form des Ableitungssufilxes, wie es sich im Präter-
itum zeigt, in vier Klassen:
1. Suffix i (im Präsens j; §§ 185-188): nasja*, nasi-da*;
2. Suffix ó (§ 189f.): saibó, salbó-da;
3. Suffix ai (im Präsens nur in einigen Formen; §§ 191-193): haba, habai-da;
4. Suffix nô (im Präsens «; § 194f.): fullna*,fullnô-da*.
III. Eine kleine Zahl von Verben, die Reste alter Bildungen darstellen, fügt
sich in die Einteilung in starke und schwache Verben nicht oder nur teilweise
ein (§§ 196-209). Es handelt sich um folgende Fälle:
143
§168. Flexionslehre - V. Konjugation
B. Starke Verben
144
Β. Starke Verben - 1. Flexion §170.
A n m . 3. Das athematische Optativzeichen ist idg. ië, ï(ieh,, ih,), got. ei [i:], i; das
thematische Optativzeichen ist idg. oí, got. ai.
A n m . 4. Für die Formen des got. starken Verbs gilt in der Hauptsache folgendes
Aufbauschema (Wz = Wurzel, Th = Themavokal, Opt = Optativzeichen, Edg =
Endung):
Präs. Ind. Wz + Th + Edg nim-a-nd
Präs. Opt Wz + Th + Opt + Edg nim-a-i-s
Prät. Opt Wz + Opt + Edg nêm-ei-s
Prät. Ind. Wz + Edg nam-t, nêm-un
Pass. Ind. Wz + Th + Edg nim-a-da
Pass. Opt Wz + Th + Opt + Edg nim-a-i-dau
a) Aktiv §170.
Präsens
Indikativ
Sing. mma biuda haita
nimis biudis haitis
nimip biudip haitip
Optativ
Sing. tiitnau biudau haitau
nimais biudais haitais
nimai biudai haitai
Imperativ
Sing. mm biup hait
nimadau biudadau haitadau
145
§170. Flexionslehre - V. Konjugation
Infinitiv
biudan haitan
Partizip
nimands biudands haitands
Präteritum
Indikativ
Sing. nam baup haihait
namt baust haihaist
nam baup haihait
Dual
nemuts buduts haihaituts
Optativ
Sing. nemjau budjau haihaitjau
nêmeis budeis haihaiteis
nêmi budi haihaiti
Dual
Partizip
budans haitans
b) Passiv
Präsens
Indikativ
Sing. 1.3. nimada biudada haitada
2. nimaza biudaza haitaza
146
Β. Starke Verben - 1. Flexion §170.
Optativ
Sing. 1.3. nimaidau biudaidau haitaidau
2. nimaizau
mmaizau biudaizau haitaizau
A n m . 1. Bei -biudan* kommen die Regeln über die Auslautverhärtung von inlau-
tend stimmhaften Spiranten (§ 79) zur Anwendimg: Ipv.Sg. -biup*, Prät. ana-baup
(vgl. § 74). Von giban ebenso Ipv. gif Prät. gaf (vgl. § 56).
A n m . 2. In der 2.Sg. Prät. (vgl. Bech, StN 41 [1969], 75ff.) beeinflußt die Endung -/
einige vorangehende Konsonanten (§ 81). Folgende Fälle sind zu unterscheiden:
a) Nasale und Liquide bleiben unverändert erhalten: namt l.Kor. 4,7, andnamt
l.Kor. 4,7, Kol. 4,17, ganamt 2.Tim. 3,14 (niman), qamt Mt. 8,29 u.ö. (qiman);
skalt Lk. 16,5.7 (skal§ 200). Geminaten werden gegebenenfalls vereinfacht: urrant
Jh. 16,30 (ur-rinnan*), kant Jh. 16,30 u.ö. (neben kamt 1 .Kor. 7,16, zu kann § 199).
b) Auch stimmlose Frikative bleiben erhalten: andhôft Lk. 10,28 (and-hafjan), parft
Jh. 16,30 (]>arf§ 199); affalht Lk. 10,21 (af-filhan*); saht Jh. 8,57, gasaht Jh. 9,37
(sailvan); wast Mt. 26,69 u.ö. (wisan). Dabei ist ñvl analogisch restituiert: der
Labiovelar erscheint sonst nie vor Konsonant (§ 64 A. 1).
c) Die durch <¿» und <g> bezeichneten stimmhaften Frikative verhalten sich unein-
heitlich. Während der Labial sich zu / wandelt, bleibt der Velar (jedenfalls gra-
phisch) erhalten: gaft Jh. 17,22 u.ö., atgaft Jh. 17,2 u.ö. (giban), aber magt Mt. 5,36
u.ö. (mag § 203). Die nach § 81 lautgesetzliche Form gaft blieb bestehen, weil sie
von dem/in der 1.3.Sg. (Auslautverhärtung, § 56) gestützt wurde; dagegen wurde
tmaht durch magt ersetzt, da es an einer Stütze mit h fehlte (vgl. § 65).
d) Der Wurzelauslaut wurde also überall dort restituiert, wo das lautgesetzliche Er-
gebnis keinen Anhalt im Paradigma fand (saht, magt). Daher ist auch bei ρ und k,
wofür es keine einschlägigen Belege gibt, Restitution zu erwarten: *gaskôpt (ga-
skapjan*, § 51 A.2), *wôkt (wakan*, § 58 A.2).
e) Für Dental erscheint s (§§69 A.2, 71 A.3, 75 A.l): bigast Lk. 1,30 (bi-gitan),
andhaihaist l.Tim. 6,12 (and-haitan*), waist Jh. 19,10 u.ö. (wait § 197); bilaist Mt.
27,46, Mk. 15,34 (ibi-leipan*), qast Lk. 20,39 u.ö. (qipan), ufsnaist Lk. 15,30 (uf-
sneipan*), warst Jh. 9,34 u.ö. (wairpan); anabaust Lk. 14,22 (ana-biudan*), ga-stôst
Rom. 11,20 (ga-standan*).
f) Zu saian, saïsô (§ 182) ist die 2.Sg. Prät. saisôst Lk. 19,21 belegt; ob alle vokalisch
auslautenden Stämme die Endung -st annehmen, geht aus der Beleglage nicht
hervor. Zur Erklärung vgl. van Helten, PBB 35 (1909), 302f.; Sihler, MSS 47
(1986), 193ff.; Nielsen, NOWELE 14 (1989), 74ff.; Bammesberger, NOWELE 16
(1990), 93 ff.
A n m . 3. Die 3.Sg. des I m p e r a t i v s ist nur von einem starken Verb (2mal) belegt:
at-steigadau καταβάτω Mt. 27,42, Mk. 15,32 (zu den schw. Verben s. § 186 A.l). Die
3.P1. setzt man nach dem schw. Verb (§ 192 A.l) als nimandau* usw. an. Zur Endung
-dau s. § 25 A.6 mit Lit.
A n m . 4. Der D u a l des Verbs begegnet ziemlich selten. Im starken Verb sind fol-
gende Dualformen belegt (zum schw. Verb s. §§ 186 A.2, 192 A.2):
a) Ind.: Präs. l.Du. bidjôs Mk. 10,35, ga-leipôs Jh. 14,23; - 2.Du. bidjats Mk. 10,38,
and-bindats Lk. 19,33, driggkats Mk. 10,39, bi-gitats Lk. 19,30, Mk. 11,2. - Prät.
1.Du. nicht belegt, nach magu § 203 und siju § 204 als nêmu* usw. anzusetzen; -
2.Du. ga-sêhuts Lk. 7,22, vgl. auch wituts und maguts Mk. 10,38 (§§ 197,203).
147
§170. Flexionslehre - V. Konjugation
b) Opt.: Präs. 1 .Du. sitaiwa Mk. 10,37; - 2.Du. qipaits Lk. 19,31, Mk. 11,3 14,14. -
Prät. 1 .Du. nicht belegt, nach der Präsensform sitaiwa als nêmeiwa* angesetzt (zu
*wileiwa s. § 205 A.l); - 2.Du. ebenfalls nicht belegt, nach wileits (§ 205 A.2) als
nêmeits* usw. anzusetzen.
c) Ipv.: 2.Du. gaggats Lk. 19,30, Mk. 11,214,13 (zwei Belege, davon einmal <gaggast>
mit Metathese), saihats Mt. 9,30, ga-teihats Lk. 7,22, at-tiuhats Mk. 11,2.
A n m . 5. Vom P a s s i v kommen nur die 3. Personen häufig vor. Es folgt eine Auf-
zählung sämtlicher Passivformen des starken Verbs (zum schw. Verb s. § 183 A.4):
- Ind. 1 .Sg.: fra-qimada 2.Kor. 12,15 AB, wrikada Gal. 5,11.
- Ind. 2.Sg.: haitaza Lk. 1,76, us-maitaza Rom. 11,22.
- Ind. 3.Sg.: bi-aukada Mk. 4,24, ga-bairada Lk. 1,35, Skeir. 2,1.3, ga-bairgada Mt.
9,17, uf-blêsada l.Kor. 13,4, gibada Lk. 6,38 (2x) 8,18 19,26, Mk. 4,25, at-gibada
Mt. 26,2, Lk. 18,32, Mk. 4,29 9,31 10,33, us-gildada Lk. 14,14, haitada Mt. 5,19
(2x) 27,17, Jh. 11,16, Lk. 1,26.32.35.36 2,4.23 19,29, Mk. 11,17, Rom. 7,3 9,7,
l.Kor. 7,22, Kol. 4,11 AB, and-haitada Rom. 10,10, us-kiusada Lk. 17,25, bi-
laikada Lk. 18,32, Gal. 6,7 AB, bi-leipada Lk. 17,34.35, af-lêtada Mk. 3,28, pa-
letada Lk. 7,47, ga-lisada Jh. 15,6, us-maitada Mt. 7,19, Lk. 3,9, mitada Lk. 6,38,
Mk. 4,24, af-nimada Mt. 9,15, Lk. 5,35 8,18 19,26, Mk. 2,20 4,25,2.Kor. 3,16 AB,
us-nimada Lk. 17,34.35, qipada Rom. 9,26, saiada Mk. 4,15.31.32, ga-sakada
l.Kor. 14,24, Skeir. 7,1, saltada Mk. 9,49 (2x), siggwada 2.Kor. 3,15 AB, bi-
speiwada Lk. 18,32, ga-tairada l.Kor. 15,26, 2.Kor. 3,14 AB 5,1, us-tiuhada Lk.
18,31, 2.Kor. 7,10 AB 12,9 AB, us-wairpada Jh. 12,31 15,6, weipada 2.Tim. 2,5.
- Ind. 1.P1.: at-gibanda 2.Kor. 4,11, bip-pan-gitanda l.Kor. 15,15,preihanda 2.Kor.
1,6, fra-wilwanda l.Ths. 4,17.
- Ind. 2.P1.: fra-lêtanda Lk. 6,37, tiuhanda Gal. 5,18 AB, preihanda 2.Kor. 6,12 AB.
- Ind. 3.P1.: faianda Rom. 9,19 (§ 182 A.l), bi-gitanda Skeir. 8,3, haitanda Rom.
9,26, af-lêtanda Mt. 9,2.5, Lk. 5,20.23 7,47.48, Mk. 2,5.9, lisanda Mt. 7,16, Lk.
6,44, ga-tairanda 1 .Kor. 13,8, tiuhanda 2.Tim. 2,26 3,6 AB, us-wairpanda Mt. 8,12.
- Opt. l.Sg.: fra-gibaidau Phm. 1,22, bi-gitaidau 2.Kor. 12,20 AB, Php. 3,9 AB,
haitaidauLk. 15,19.21, l.Kor. 15,9,ana-qipaidau l.Kor. 10,30.
- Opt. 2.Sg.: fraisaizau Gal. 6,1, haitaizau Lk. 14,10, ga-saihaizau Mt. 6,18.
- Opt. 3.Sg.: ga-bairaidau Skeir. 2,2.3, ga-fâhaidau Gal. 6,1 AB, frapjaidau Php. 2,5,
gibaidauMk. 8,12, Eph. 6,19 AB,fra-gildaidauRom. 11,35,bi-gitaidau l.Kor. 4,2,
haitaidau Lk. 1,60.61, lêtaidau Rom. 12,19 A (leitaidau C), us-siggwaidau Kol. 4,16
(2x), l.Ths. 5,27 AB, skabaidau l.Kor. 11,6, fra-slindaidau 2.Kor. 5,4 AB, ga-
tairaidau Jh. 7,23, ga-teihaidau Rom. 9,17, af-wairpaidau Eph. 4,31 AB.
- Opt. 1.P1.: bi-gitaindau 2.Kor. 5,3 AB.
- Opt. 2.Pl.: fra-qimaindau Gal. 5,15.
- Opt. 3.P1.: bi-gitaindau 2.Kor. 11,12, ga-kiusaindau l.Tim. 3,10, af-lêtaindau
Mk. 4,12.
A n m . 6. Einige st. Verben bilden ihr Präs. abweichend mit j bzw. mit Nasal (§ 206).
148
Β. Starke Verben - 2. Bildung der Tempusstämme § 172.
a) Ablautende Verben
Die ablautenden Verben bilden ihre Tempusstämme durch einen regel- § 171.
mäßigen Wechsel des Wurzelvokals, den sog. Ablaut. Die einzelnen Ablaut-
reihen und die Bedingungen ihres Eintretens sind schon in §§ 29-35 vorge-
führt worden. In jede dieser Reihen gehören ablautende Verben, so daß wir
sechs Klassen derselben unterscheiden müssen. Innerhalb der Klassen I-V
verteilen sich die einzelnen Ablautstufen so, daß für jede der folgenden vier
Formengruppen je eine Ablautstufe gilt:
1. für das gesamte Präsens (Präs. Ind., Präs. Opt., Part. Präs., Inf.);
2. für den Sing. Ind. Prät.;
3. für den Dual und Plur. Ind. Prät. und den gesamten Opt. Prät.;
4. für das Part. Prät.
Danach ergibt sich für den Stammvokal der Klassen I-V folgendes Schema
(vgl. zum Folgenden §§ 29-34):
1 2 3 4
Klasse I Nei A ài Si (ai) S i (ai)
Klasse II V iu A âu S u (au) S u (au)
Klasse III V i (ai) A a S u (aú) S u (aü)
Klasse IV \ i (ai) A a De- S u (au)
Klasse V Y i (ai) A a Dé Vi (ai)
A n m . 1. ai neben i und aú neben u sind keine besonderen Ablautformen, sondern
jeweils durch die got. „Brechung" (§§ 20, 24) hervorgerufene Varianten derselben
Ablautstufe.
In Klasse VI gilt eine Ablautstufe für das gesamte Präsens und das Part.
Prät., eine zweite für das gesamte Präteritum; die Stammvokale sind nach
obigem Schema got. a-ô-ô-a, vgl. § 35.
Um die Flexion eines starken Verbs genau zu bestimmen, pflegt man
daher vier Formen anzugeben: 1) l.Sg. Ind. Präs. oder auch Inf. Präs.;
2) l.Sg. Ind. Prät.; 3) 1.P1. Ind. Prät.; 4) Part. Prät.
Im folgenden werden die ablautenden Verben nach den einzelnen Klas-
sen geordnet vorgeführt.
Klasse I. Verben nach der ersten Ablautreihe: ei - ài - i(aî) - i(aí) (zum § 172.
Ablaut s. § 30), z.B. greipa, graip, gripum, gripans 'greifen'; vor h (fv) mit
Brechung des i zu ai (§ 20): gateiha, gatáih, gataihum, gataihans 'anzeigen'.
A n m . 1. So gehen noch: steigan* 'steigen', leihan 'leihen', peihan 'gedeihen',
preihan* 'drängen', weihan 'kämpfen'; - beitan* 'beißen', dis-skreitan* 'zerreißen',
-smeitan* 'schmieren',-weitan (in-weitan* 'anbeten', fra-weitan 'einem rächend Recht
verschaffen'), beidan* 'warten', -leipan 'gehen', sneipan* 'schneiden'; - weipan* 'be-
kränzen', dreiban* 'treiben', *bi-leifan (unsicher, s. § 56 A.l), sweiban* 'aufhören'; -
ur-reisan 'aufstehen', skeinan 'scheinen'; - hneiwan 'sich neigen', speiwan 'speien'
(dazu Collitz, MPh 15 [1921], 103ff.).
149
§172. Flexionslehre - V. Konjugation
A η m. 4. Durch das Part. Präs. pamma digandin Rom. 9,20 (dazu Part. Prät. gadigans
l.Tim. 2,13, digana 2.Tim. 2,20) wird ein im Präsensvokal abweichendes digan* 'kne-
ten' geboten (Seebold 151). Zweifel bestehen bei and-weihan* 'widerstreiten', von
dem nur andweihandô Rom. 7,23 belegt ist. Diese Form wurde oft als fandwaihandô
verlesen und danach ein Verb *and-waihan angesetzt (s. Friesen 13; Seebold 544f.).
§ 173. Klasse II. Verben nach der zweiten Ablautreihe: iu -áu- u(aú) - u(aú) (zum
Ablaut s. § 31), z.B. -biuda, -baup, -budum, -budans 'bieten'; mit Brechung
(§ 24): tiuha, täuh, taúhum, taúhans '(weg)führen'.
A n m . 1. So gehen noch: siukan 'krank sein' (nur Präs.), biugan* 'biegen', driugan*
'Kriegsdienst tun', liugan* 'lügen', pliuhan 'fliehen'; - giutan* 'gießen', us-priutan*
'belästigen', niutan 'erlangen', liudan* 'wachsen'; - dis-hniupan* 'zerreißen', sliupan*
'schlüpfen', af-skiuban* 'wegschieben'; hiufan* 'klagen'; - driusan* 'fallen', kiusan*
'prüfen', fra-liusan* 'verlieren', kriustan* 'knirschen' (vgl. Grienberger 142).
150
Β. Starke Verben - 2. Bildung der Tempusstämme § 176.
Klasse III. Verben nach der dritten Ablautreihe: i(ai)-a- u(aú) -u(aü) (zum § 174.
Ablaut s. § 32), z.B. binda, band, bundum, bundans 'binden'; mit Brechung
(§§ 20,24): waírpa, warp, waúrpum, waürpans 'werfen'.
A n m . 1. Außerdem gehören hierher: brinnan* 'brennen', du-ginnan* 'beginnen',
af-linnan* 'weichen', rinnan* 'laufen', spinnan* 'spinnen', winnan 'leiden'; - ana-
trimpan* 'hinzutreten' (?, vgl. Seebold 507); - fra-slindan* 'verschlingen', -windan*
'winden', -hinpan* 'fangen\finpan* 'erfahren', at-pinsan* 'herziehen'; siggwan 'sin-
gen', sigqan* 'sinken', stigqan 'stoßen', drigkan 'trinken'; - -gildan 'gelten', swiltari*
'sterben', hilpan 'helfen', fllhan 'verbergen', wilwan 'rauben'; - bairgan* 'bergen',
-gairdan* 'gürten', wairpan 'werden', ga-pairsan* 'verdorren', -swairban* 'wischen',
hairban* 'wandeln'; - priskan* 'dreschen', ga-wrisqan* 'Frucht bringen' (diese bei-
den nur im Präs. belegt); bliggwan* 'schlagen' (z.B. bliggwand Mk. 10,34, usblaggw
Jh. 19,1, usbluggwun, usbluggwans 2.Kor. 11,25; s. § 173 A.3). - Auch das von man-
chen durch Konjektur hergestellte fus-stiggan würde hierher gehören (vgl. § 179 Α. 1).
A n m . 2. Dem Präs. nach gehört auch briggan 'bringen' hierher, das ein schwaches,
ablautendes Prät. brâhta bildet (§ 208).
Klasse IV. Verben nach der vierten Ablautreihe: i(ai) - a - ê - u(aú) (zum § 175.
Ablaut s. § 33), z.B. nima, nam, nêmum, numans 'nehmen'; mit Brechung
(§§ 20, 24): baíra, bar, bêrum, baúrans 'tragen'.
A n m . 1. So gehen noch: qiman 'kommen', ga-timan* 'geziemen', stilan* 'stehlen',
-tairan 'reißen'; - brikan* 'brechen' (§ 33 A.2).
A n m . 2. Schwundstufiges u im Präsens hat trudan Lk. 10,19 'treten', Part. Prät.
ga-trudan Lk. 8,5 (aisl. troâa, trad, trádum, troöinn; ahd. nach Klasse V tretan, trat,
trätum, tretan). Nach trudan ist auch mtlari* 'sieden' (3.Sg. Ind. Präs. wulip 2.Tim.
2,17, Part. Präs. wulandans Rom. 12,11) hierher zu stellen (Seebold 552).
Klasse V. Verben nach der fünften Ablautreihe: i(ai) - a - ê - i(aí) (zum § 176.
Ablaut s. § 34), z.B. mita, mat, mêtum, mitans 'messen', giba, gaf, gêbum,
gibans 'geben'.
A n m . 1. So gehen außerdem: wrikan* 'verfolgen' (Part. Prät. wrikanai 2.Kor. 4,9),
rikan* 'anhäufen' (nur im Präs., s. Seebold 373), ligan* 'liegen', ga-wigan* 'bewegen',
saihan 'sehen' (§ 34 A. 1 ); - hlifan* 'stehlen'; - bi-gitan 'erlangen', sitan 'sitzen'; fltan*
151
§176. Flexionslehre - V. Konjugation
'gebären' (belegt fita Gal. 4,19, sô fitandei Gal. 4,29), -widan* 'binden', qipan 'sagen';
-lisan* 'sammeln', ga-nisan 'genesen', wisan 'bleiben'. - Der Ansatz eines st. Verbs
*nipan 'helfen' (nur 2.Sg. Opt. ñipáis Php. 4,3 AB) bleibt fraglich; zur Beurteilung vgl.
Seebold 360.
Α η m. 2. Hierher stellt man gewöhnlich auch sniwan* 'eilen', doch ist das beweisende
Part. Prät. nicht belegt (sniwans*, oder snuwans* nach Kl. IV?). Belegt sind u.a.
Prit.Sg. faur-snau (Mk. 14,8, §42), Prät.Pl. ga-snêwum Php. 3,16 AB. Einmal steht
das Prät. snauh mit zugesetztem h (l.Ths. 2,16, vgl. § 62 A.4), einmal du-at-sniwm
(Mk. 6,53) statt *-snêwun § 7 A.3. - Nach (pata) diwanô 'sterblich' (1 .Kor. 15,53.54;
2.Kor. 5,4), auch in undiwanei* 'Unsterblichkeit', setzt man ein Verb *diwan 'sterben'
hierher (vgl. aber Seebold 147f.).
A n m . 3. Für itati 'essen' ist der Sing. Prät. nicht belegt, doch ist nach dem Kom-
positum fra-itan 'aufessen', 3.Sg. Prät .fret (< *fra-êt, §4 A.l; §7,b) Lk. 15,30, *êt
anzusetzen, also gedehnte e-Stufe wie in den übrigen germ. Sprachen, aisl. ät, ae.
(wests.)ät (frœt), ahd. âz (frâz)\vg\. Ae.Gr. § 391 A.3; Engl. Studien 3,154; Ahd.Gr.
§ 343 A.5; Seebold 179.
A n m . 5. bidjan 'bitten' hat das j nur im Präsensstamm: bidja, bap, bêdun, bidons*
(vgl. § 206,a). Zweimal findet sich das Präsens ohne j: bidan l.Kor. 7,5; usbida Rom.
9,3.
A n m . 6. Zu den durativen Verben ligan*, sitan, wisan wird nach § 167 A.9 kein Part.
Prät. gebildet.
§ 177. Klasse VI. Verben nach der sechsten Ablautreihe: a-ô-ô-a (zum Ablaut
s. § 35), z.B. slaha, slôh, slôhum, slahans 'schlagen'.
A n m . 1. Wie slahan* gehen noch: sakan 'streiten', pwahan 'waschen'; af-hlapan*
'beladen'; ga-daban 'sich ereignen', graban 'graben', skaban 'schaben'; swaran
'schwören' (dazu vielleicht der Beleg maiswon Mk.6,19, s. § 172 A.3), uz-anan* (§ 78
A.4) 'aushauchen'. Das Part. Prät. gadraban (Mk. 15,46) 'ausgehauen', das meist auf
ein entsprechendes starkes Verb bezogen wird, kann auch für (allerdings unbezeug-
tes) *ga-grabans verschrieben sein (Seebold 160). Nach dem Beispiel der übrigen
germ. Sprachen werden vielfach auch einige Verben hierher gestellt, die nur im Präs.
belegt sind: alan* 'sich nähren', faran* 'wandern', (ga-)dragan* 'aufladen', malan*
'mahlen'. Oft wird auch das im Prät. unbelegte wakan* 'wachen' hierher gerechnet
(vgl. aisl. vakinn, ae. wöc), doch könnte es sich auch um ein schw. Verb III handeln
(s. § 193; vgl. Krause § 244,1). - Über agan* 'sich fürchten' s. § 202 A.2.
A n m . 2. Einige Verben dieser Klasse weisen im Präsensstamm ein j auf, das im Prät.
und Part. Prät. fehlt (vgl. § 206,a); z.B. bildet hafjan* 'heben' die Formen hafja* (u.a.
andhafjip Mk. 11,29), hôf (ushôfMt. 11,1 u.ö.), hôfum* (ushôfum Jh. 11,41), hafans*
(hafanana Mk. 2,3). Ebenso gehen: frapjan 'verstehen', hlahjan* 'lachen', ga-skapjan*
'schaffen', ga-skapjan* 'schaden', wahsjan 'wachsen'. Zweifelhaft ist der nur auf dem
Part. Prät. garapana (Mt. 10,30) beruhende Ansatz von *ga-rapjan 'zählen' (s. See-
bold 365).
A n m . 3. standan 'stehen' hat das η nur im Präsensstamm (vgl. § 206,b), also standan,
stôp, stôpun Jh. 18,18 (vgl. engl, stand : stood). Ein Part. Prät. wie aisl. stadinn gibt es
nach § 167 A.9 nicht.
152
Β. Starke Verben - 2. Bildung der Tempusstämme §179.
b) Reduplizierende Verben
Der Normaltyp der reduplizierenden Verben bildet das Präteritum ohne § 178.
Veränderung des Wurzelvokals, nur durch Voranstellung der Reduplika-
tionssilbe (zu den redupl.-ablautenden Verben s. § 180 ff.). Diese besteht aus
dem Anfangskonsonanten, gefolgt von dem konstanten Reduplikations-
vokal <ai>; der Vokal hat die Geltung eines kurzen [ε], s. § 20 und A.4 (mit
Lit.). Daher haita 'ich heiße', Prät. haihait; hôpa 'ich rühme mich', haitvôp.
Beginnt das Wort mit zwei Konsonanten, so wird nur der erste wiederholt,
z.B. fraisa* 'ich versuche', faifrais* (usfaifraisi Ths. 3,5). Die anlautenden
Verbindungen st und sk (für sp fehlen Belege) werden jedoch als ganze
wiederholt, z.B. ga-stalda 'ich erwerbe', gastaistald (Neh. 5,16); skaida* 'ich
scheide', afskaiskaid (Gal. 2,12). Beginnt das Wort mit einem Vokal, so wird
nur der Reduplikationsvokal vorgeschlagen, z.B. auka* 'ich vermehre', ana-
aiauk (Lk. 3,30 u.ö.).
Das Part. Prät. wird ohne Reduplikation gebildet: haitans,fraisans usw.
A n m . 1. Im Nord- und Westgerm, haben sich die redupl. Verben zur VII. Klasse der
ablautenden Verben entwickelt. - Ausgewählte Lit.: C. Karstien, Die reduplizierten
Perfekta des Nord- und Westgermanischen, Gießen 1921; Flasdieck, Anglia 60
(1936), 241 ff.; G. Bech, Das germanische reduplizierte Präteritum, Kopenhagen
1969; Gunnarsson, NTS 27 (1973), 41 ff.; Voyles, Lingua 52 (1980), 89ff.; Suzuki,
Linguistics 259/260 (1982), 587ft; ders., Linguistic Analysis 13 (1984), 7fT.; Fulk,
PBB 109 (1987), 159ff., Kim, Linguistic Analysis 20 (1990), 104«".; Kortlandt,
NOWELE 18 (1991), 97ff.; Vennemann, in: Insights in Germanic Linguistics II,
Hrsg. I. Rauch / G. F. Carr, Berlin/New York 1997, 297ff.; Mottausch, NOWELE
33 (1998), 43 ff.
Man kann die reduplizierenden Verben nach ihren Wurzelvokalen in fünf § 179.
Klassen einteilen: 1. a (á); 2. é; 3. ai; 4. ô; 5. au. Diese Vokale bleiben im
gesamten Paradigma unverändert; eine Verschiedenheit der Flexion wird
durch sie nicht bedingt.
Zu folgenden reduplizierenden Verben ist ein finîtes Präteritum wirklich
belegt:
1. falpan* 'falten' (nur Prät. faifalp Lk. 4,20), ga-staldan (l.Ths. 4,4) 'er-
werben' (Prät. gastaistald Neh. 5,16); - fâhan (Jh. 7,44) 'fangen' (Prät.
faifäh Jh. 8,20, Pl. gafaifâhun Rom. 9,30, Part. Prät. gafähans Php. 3,12),
ebenso hâhan* 'hängen' (§ 62 A.2).
2. slêpan* 'schlafen' (Prät. saislêp und gasaizlêp, vgl. § 78 A.3).
3. af-aikan 'leugnen', fraisan* 'versuchen', haitan 'heißen', laikan* 'sprin-
gen', maitan* (maimaitun Mk. 11,8) 'abschneiden', skaidan 'scheiden'.
4. fvôpan 'sich rühmen', flôkan* 'betrauern', vgl. Anm. 4. - Zu dem Prät.
lailôun (Jh. 9,28) ist vielleicht nach § 26 A.2 das Präs. als *lauan 'schmä-
hen' anzusetzen. Vgl. § 22 A.2.
5. aukan* (anaaukan Mt. 6,27) 'vermehren'.
153
§179. Flexionslehre - V. Konjugation
A n m . 1. Eine Anzahl von Verben, zu denen kein finîtes Präteritum belegt ist, wird
nach dem Beispiel anderer germ. Sprachen hierher gesetzt: 1. blandem 'mischen' (nur
Präs.), haldan 'halten' (Präs. und Part. Prät.), saltan* 'salzen' (nur saltada Mk. 9,49
[2x]), waldan 'walten' (nur Präs.). Bei us-alpan* 'alt werden' und ana-praggan* 'be-
drängen', die beide nur im Part. Prät. belegt sind, bleibt die Zugehörigkeit unsicher (s.
Seebold 77f. und 364). Nach dem nur Mt. 5,29 überlieferten Imperativ usstagg εξελε
ist ein Verb us-staggan* 'ausstechen' zu erschließen, das ebenfalls in diese Klasse
gehört (Seebold 462,470; Ebbinghaus, GL 12 [1972], 32). Seit Uppström wird jedoch
häufig tusstigg gelesen und dazu ein *us-stiggan angesetzt, das in Klasse III der
ablautenden Verben zu setzen wäre (§ 174 A.l; Feist 535 mit Lit.). - 2. uf-blêsan
'aufblasen' (Präs. und Part. Prät.). - 3. gapläihan 'liebkosen' (nur Präs.). - 4. blôtan
'verehren' (nur Präs.). - 5. us-hlaupan* 'aufspringen', stautan* 'stoßen' (beide nur
Präs.).
A n m . 2. bauan 'wohnen', das nach Ausweis anderer germ. Sprachen früher hierher
gehörte (vgl. Seebold 124ff), bildet das schw. Prät. bauaida (2.Tim. 1,5) und wird
auch durch das Fem. bauains (§ 103 A.l) in die dritte schw. Konjugation (§ 193)
verwiesen. Die 3.Sg. Ind. Präs. lautet jedoch stets bauip (5 Belege), gehört also noch
der starken Konjugation an. Nicht festzustellen ist die got. Flexion des nur einmal
belegten bnauan* 'zerreiben' (bnauandans Lk. 6,1), dessen aisl. Entsprechung *bnúa,
(g)núa (Aisl.Gr. § 506 A.2, vgl. ZDP 17 [1885], 250) ebenso wie ahd. nûan, niuwan
(Ahd.Gr. § 334 A.5) der starken Flexion folgt (vgl. Seebold 123f.). Völlig schwach
wird dagegen trauan 'trauen' flektiert. - Zum Lautlichen vgl. § 26,b.
A n m . 3. gaggan 'gehen' bildet einmal (Lk. 19,12) ein neugeschaffenes Prät. gaggida
nach dem Muster der schw. Verben; sonst wird stets das suppletive Prät. iddja,
iddjêdum verwendet (§ 207). Der einzige Beleg des Part. Prät. ist us-gaggana (Mk.
7,30).
A n m . 4. Zu dem allein belegten Prät. faiflôkun (Lk. 8,52) ist das Präsens nicht nach
§ 181 als tflêkan, sondern als *flôkan anzusetzen. Vgl. A. Bezzenberger, Uber die
Λ-Reihe der gotischen Sprache, Göttingen 1874, 56 A.4; Gallée, Noord en Zuid 4,
54f.; Seebold 205f.
A n m . 5. Als ein redupl. Verb mit ./-Präsens (§ 206,a) ist vielleicht arjan* 'pflügen'
anzunehmen (vgl. ahd. erien, iar, giaran, Ahd.Gr. § 350 A.5), obwohl die einzig
belegte Form arjandan (Lk. 17,7) das nicht zu beweisen vermag (vgl. Kieckers 221;
Seebold 81 ff.). Nach Matzel, Fs. Rosenfeld (1989), 455ff. handelt es sich um ein
schwaches Verb der 1. Klasse.
c) Reduplizierend-ablautende Verben
§ 180. Eine Anzahl von Verben, die im Präsens den Wurzelvokal ê (bzw. im Wur-
zelauslaut ai) zeigen, lauten nach der é/ó-Reihe ab (s. § 36). Das Präteritum
weist den Vokal ô auf, aber außerdem noch die Reduplikation. Das Part.
Prät. zeigt den gleichen Vokal wie das Präsens. Nach dem Präsensvokal
zerfallen diese Verben in zwei Klassen (vgl. Bammesberger, Verbalsystem
59 ff.).
§ 181. I. Die konsonantisch ausgehenden Wurzeln haben ê im Präs. Folgende
Verben gehören hierher:
154
C. Schwache Verben §183.
grêtan 'weinen', gaigrôt (Mt. 26,75; Lk. 19,41), gaigrôtun (Lk. 8,52);
lêtan* 'lassen' (af-lêtan Lk. 5,21 u.ö., fra-lêtan Mt. 27,15 u.ö., us-lêtan
Gal. 4,17), lailôt (Mk. 11,16 u.ö.), lailôtun (Mk. 11,6), lêtans* (af-
leitana Lk. 16,18; zur Schreibung s. § 7 A.2);
ga-rêdan* 'Vorsorge treffen\faura-ga-rairó¡> (Eph. 1,5);
têkan* 'berühren' (at-têkan Lk. 6,19), taitôk (Lk. 8,46 u.ö.), taitôkun*
(at-taitôkun Mk. 6,56).
C. Schwache Verben
Die vier Klassen der schwachen Verben (§ 168) zeigen im Präs. ihrer ver- § 183.
schiedenen Bildung entsprechend erhebliche Flexionsunterschiede. Dage-
gen stimmen sie in Bildung und Flexion ihres Präteritums überein; ebenso
bilden sie übereinstimmend das Part. Prät. durch ein Suffix -da- (Nom.Sg.
m. -ps), das in allen Klassen an den Auslaut des Verbalstamms gefügt wird.
A n m . 1. Völlig klar ist die Bildung des Part. Prät.; es ist ein Verbaladjektiv mit
demselben Dentalsuffix wie die lat. und griech. Verbaladjektive auf -tus bzw. -τος.
Das finite Präteritum wird von manchen gleichfalls aus idg. Bildungen mit -to- er-
klärt. Andere sehen darin periphrastische Bildungen mit Formen der idg. Verbal-
wurzel *dhë- (*dhehr) '(setzen, stellen >) tun': das Suffix -dêd-, das im got. Plural und
im Optativ vorliegt, paßt lautlich genau zu ahd. tâtum, Prät. Plur. zu tuon. Offenbar
haben sich im schwachen Präteritum zwei verschiedene Quellen vereinigt.
Lit. : W. Begemann, Das schwache Präteritum der germanischen Sprachen, Berlin
1873; ders., Zur Bedeutung des schwachen Präteritums der germanischen Sprachen,
Berlin 1874; Paul, PBB 7 (1880), 136ff.; Möller, ebd. 457ff.; F. Lorentz, Über das
schwache Präteritum des Germanischen..., Leipzig 1894; Loewe, IF 4 (1894), 365ff.;
8 (1898), 254ff.;Streitberg, UG§ 218; H. Collitz, Das schwache Präteritum und seine
Vorgeschichte, Göttingen 1912; Brugmann, PBB 39 (1914), 84ff.; O. von Friesen,
Om det svaga preteritimi i germanska sprâk, Uppsala 1925; Jellinek § 192; A. W. M.
Odé, Das schwache Präteritum in den germanischen Sprachen, Amsterdam 1926;
Rogge, PBB 50 (1927), 321 ff.; Collitz, PMLA 43 (1928), 593ff; Kieckers § 157;
Sverdrup, NTS 2 (1929), 5-96; Sehrt, Lg 20 (1944), 238ff.; Must, Lg 27 (1951), 121 ff.;
28 (1952), 104ff.; Wagner, ZCP 28 (1960), 1ff.;Wisniewski, PBB-T 85 (1963), 1 ff.;
G. Bech, Die Entstehung des schwachen Präteritums, Kopenhagen 1963; Hamme-
rich, Fs. Starck (1964), 12ff.; ders., ZDS 20 (1964), 129ff.; Ball, TPS (1968), 162ff.;
155
§183. Flexionslehre - V. Konjugation
Krause §214 A.2; W. Meid, Das germanische Praeteritum, Innsbruck 1971; Bech,
StN 44 (1972), 142ff.; G. Tops, The Origin of the Germanic Dental Preterit, Leiden
1974; G. Schmidt, ΚΖ 90 (1976), 262ff.; G. L. Fullerton, Historical Germanic Verb
Morphology (1977); Lühr, in: Das Germanische und die Rekonstruktion der indo-
germanischen Grundsprache, Hrsg. J. Untermann / B. Brogyanyi, Amsterdam/
Philadelphia 1984, 41 ff.; Mañczak, KZ 97 (1984), 99ff.; Bammesberger, Verbal-
system 68 ff.
A n m . 4. Das Ρ a s s i ν ist im schwachen Verb fast ganz auf die 1. Klasse beschränkt,
wo es gemäß deren Funktion naheliegt. In der 2. und 3. Klasse kommt das Passiv
selten, in der 4. Klasse überhaupt nicht vor (§ 194). Nur die 3. Personen sind häufiger
bezeugt. Es folgt eine Aufzählung sämtlicher Passivbelege des schwachen Verbs (zum
starken Verb s. § 170 A.5).
a) 1. Klasse:
- Ind. 1 .Sg.: daupjada Mk. 10,38.39, us-hauhjadaJh. 12,32, hunsljada 2.Tim. 4,6 AB.
- Ind. 2.Sg.: ga-drausjaza Lk. 10,15, ga-lagjaza Mt. 5,25.
- Ind. 3.Sg.: in-brannjada Jh. 15,6, ga-dailjada Mk. 3,24.25, faur-dammjada 2.Kor.
11,10, af-dômjada Mk. 16,16, ga-fulljada Lk. 1,15, us-fulljada Lk. 3,5, Rom. 13,9,
2.Kor. 10,6, Gal. 5,14, gaurjada Rom. 14,15, in-gramjada l.Kor. 13,5, ga-
hnaiwjada Lk. 3,5 14,11 18,14, us-hauhjada Lk. 14,11 18,14, and-huljadahk. 17,30,
at-lagjada Mt. 7,19, ga-lagjada Lk. 3,9, ga-lausjada Rom. 7,2, ga-lêwjada Mk.
14,41, ana-mahtjada Mt. 11,12, Lk. 18,32, af-marzjada 2.Kor. 11,29, ga-marzjada
Mt. 11,6, Lk. 7,23, mêrjada Mk. 14,9, l.Kor. 15,12, 2.Kor. 1,19, Php. 1,18,
waila-mêrjadaLk. 16,16,2.Kor. 1,19,mikiljadaPhp. 1,20,namnjadaEph. 3,15 AB,
ga-nasjada Lk. 8,50, naupjada Lk. 16,16, ana-niujada 2.Kor. 4,16, rôdjada Mk.
14,9, saljada l.Kor. 10,19, ga-skeirjada Jh. 9,7, us-sôkjada l.Kor. 14,24, stôjada
1.Kor. 10,29, dis-tahjada Jh. 16,32, timrjada l.Kor. 8,\0,fra-wardjada 2.Kor. 4,16,
ga-wasjada l.Kor. 15,54, waurkjada 2.Kor. 4,17.
- Ind. 1 ,P\.: ga-daupjandaRom. 8,36, in-maidjanda l.Kor. 15,51.52 AB,ga-satjanda
Rom. 14,10, ga-prafstjanda 2.Kor. 1,6, id-weitjanda l.Tim. 4,10.
- Ind. 2.P1.: af-dômjanda Lk. 6,37, uf-hlôhjanda Lk. 6,21, af-wandjanda Gal. 1,6.
- Ind. 3.P1.: bugjanda Mt. 10,29, us-fulljanda Lk. 1,20, ga-hrainjanda Lk. 7,22, ga-
marzjanda Mk. 4,17, waila-mêrjanda Mt. 11,5, Lk. 7,22, rahnjanda Rom. 9,8, in-
sandjanda Rom. 10,15, in-trusgjanda Rom. 11,23.24, ga-wagjanda Mk. 13,25.
- Opt. l.Sg.: ga-brannjaidau l.Kor. 13,3, af-satjaidau Lk. 16,4, in-trusgjaidau Rom.
11,19, us-sôkjaidau l.Kor. 4,3.
- Opt. 3,Sg.: af-agjaidau l.Ths. 3,3, ga-bairhtjaidau Mk. 4,22, Gal. 4,19 AB,
brûkjaidau Kol. 2,22 AB, fra-bugjaidau l.Kor. 10,25, af-daupjaidau Mk. 7,10, us-
fulljaidau Jh. 15,11, Rom. 8,4, hauhjaidau Jh. 11,4 14,13, and-huljaidau Mt. 10,26,
kaurjaidau l.Tim. 5,16, faur-lagjaidau l.Kor. 10,27, ga-lagjaidau Mk. 9,42, fus-
lausjaidau l.Kor. 1,17, waja-mêrjaidau Rom. 14,16, l.Tim. 6,1 AB, mikiljaidau
2.Ths. 3,1, namnjaidau Eph. 5,3 AB, rahnjaidau 2.Tim. 4,16, satjaidau Mk. 4,21
(2x), ga-waljaidau l.Tim. 5,9 AB, ana-wammjaidau 2.Kor. 6,3 AB.
156
C. Schwache Verben - 1. Präteritum §184.
Dual 1. - _
2. nasi-dêduts -
157
§185. Flexionslehre - V. Konjugation
§ 185. Die erste Klasse umfaßt Präsentien verschiedener Herkunft: solche mit idg.
ie,io (z.T. primär) und solche mit idg. eie, eio (darunter viele Denominativa
und Kausativa). Im Got. werden diese Bildeweisen nicht mehr in alter Ver-
teilung auseinandergehalten. Sämtliche Verben zeigen das j vor dem hier
ebenso wie beim starken Verb auftretenden Themavokal (vgl. § 169), auch
vor ι, wo das hier ursprünglich getilgte j im Got. restituiert ist. In diesen
Formen sollten die Verben nach ihrer ursprünglichen Bildung so geschieden
sein, daß bei den kausativen und anderen Bildungen auf eie ein got. ei
(< *iji) aufträte, sonst ji. Diese Scheidung ist aufgegeben, und die Verben
unterscheiden sich nur gemäß der Quantität der Wurzel (Sievers' Gesetz,
§ 44,c):
a) Verben mit kurzer Wurzelsilbe, z.B. nasjan 'retten', sowie Verben auf
langen Vokal, z.B. stôjan 'richten', behalten ji;
b) Verben mit langer auf Konsonant ausgehender Wurzelsilbe, z.B. sôkjan
'suchen', sowie solche mit mehrsilbiger Basis, z.B. mikiljan* 'preisen',
haben ei statt ji.
Vor dem Dental des Präteritums erscheint j als Vokal i.
A n m . 1. Lit.: Jellinek § 197; Krause § 238f.; Erdmann, Lg 48 (1972), 407ff.; Kort-
landt, NOWELE 8,27 ff.
§186. Aktiv
Präsens
Indikativ
Sing. 1. nasja stôja sôkja
2. nasjis stôjis sôkeis
3. nasjip stôjip sôkeip
158
C. Schwache Verben - 2. Bildung und Präsensflexion § 186.
Optativ
Sing. 1. nasjau stôjau sôkjau
2. nasjais usw. usw.
3. nasjai
Dual 1. _
2. -
Plur. 1. nasjaima
2. nasjaip
3. nasjaina
Imperativ
Sing. 2. nasei - sôkei
3. nasjadau stôjadau sôkjadau
Dual 2. - -
Infinitiv
nasjan stôjan sôkjan
Partizip
nasjands stôjands I sôkjands
Präteritum
nasida stauida sôkida
(Flexion s. § 184)
Partizip
nasips stauips sôkips
159
§186. Flexionslehre - V. Konjugation
Passiv
Präsens
Indikativ
Sing. 1.3. nasjada stôjada sôkjada
2. nasjaza stôjaza sôkjaza
Optativ
Sing. 1.3. nasjaidau stôjaidau sôkjaidau
2. nasjaizau stôjaizau sôkjaizau
A n m . 1. Die 3.Sg. Ipv. ist belegt durch lausjadau φυσάσθω Mt. 27,43 (zum starken
Verb s. § 170 A.3). Die 3.P1. Ipv. ist nur in der 3. schw. Konjugation belegt: liugandau
(1 .Kor. 7,9); nach dieser Form setzt man gewöhnlich an nasjandau*, stôjandau* usw.,
vgl. § 192 A.l. Zur Endung -dau s. § 25 A.6 mit Lit.
A n m . 2. Im Dual (s. §§170 A.4, 192 A.2) sind nur Indikativformen belegt: Präs.
1.Du. ga-taujôs Jh. 14,23; 2.Du. ga-u-laubjats Mt. 9,28, taujats Mk. 11,3.5; Prät.
2.Du. ga-hausidêduts Lk. 7,22. - Die 1. und 2.Du. Opt. Präs. lassen sich nach dem
starken Verb als nasjaiwa*, nasjaits* ansetzen, ebenso die 2.Du. Ipv. als nasjats* (vgl.
hirjats § 187 A.4).
A n m . 2a. Die Belege für das Passiv sind in § 183 A.4,a verzeichnet.
A n m . 3. Die 2.Sg. Ipv. von stôjan müßte nach § 26 in Übereinstimmung mit dem
Prät. stauida* (nur stauidês Lk. 7,43) als stauei* angesetzt werden. Das Part. Prät.
stauips* wird nach afmauidai (Gal. 6,9), afdauidai (Mt. 9,36) angesetzt. - Einmal
scheint ein Dat.Pl. af gastöjanaim ά π ό των άτοπων 2.Ths. 3,2 vorzuliegen, doch ist
die Lesimg unsicher. Sollte die Form so bestehen, so ist sie schwerlich mit Feist 455
als Part. Prät. aufzufassen und zu stôjan zu stellen; vgl. Grienberger 189; Sturtevant,
PhQ 7 (1928), 78f.; Pollak, ZDP 94 (1975), 116f.
§ 187. Weitere Vertreter dieser sehr zahlreichen Klasse (zur Einteilung s. § 185):
a) 1. kurzsilbige: waljan* 'wählen', ga-tamjan 'zähmen', uf-panjan* 'ausdeh-
nen', warjan* 'wehren', hugjan* 'denken', lagjan 'legen', us-wakjan* 'auf-
wecken', satjan* 'setzen', wasjan* 'kleiden', hazjan 'loben', huljan 'ver-
hüllen'; - 2. vokalisch auslautende: taujan 'tun' (2.Sg. Ipv. tawei, Prät.
tawida, Part. Prät. tawips* [nur ga-tawidôs 2.Kor. 12,12]); straujan*
'streuen' (nur Prät. (uf-)strawidêdun Mk. 11,8; Lk. 19,36 und Part. Prät.
ga-strawip Mk. 14,15); ga-qiujan* 'lebendig machen' (Prät. mip-ga-
qiwida Eph. 2,5; Kol. 2,13); ana-niujan* 'erneuern' (Part. Prät. ana-
niwidin Kol. 3,10); siujan* 'nähen' (nur siujip Mk. 2,21); - über *môjan
'mühen' und *dôjan 'abmatten' s. § 26,a;
160
C. Schwache Verben - 2. Bildung und Präsensflexion §188.
Die Verben dieser Klasse sind meist von starken Verben, Adjektiven oder § 188.
Substantiven abgeleitet (vgl. § 185). Die Deverbativa weisen den im Sing.
Prät. des starken Verbs vorliegenden Stamm auf. Sie sind in der Regel Kau-
sativa: z.B. wandjan* 'wenden' (zu *windan 'winden'), dragkjan* 'tränken'
(zu drigkan), ur-raisjan 'zum Aufstehen bringen' (zu ur-reisan 'aufstehen'),
ga-drausjan* 'zu Fall bringen' (zu driusan* 'fallen'). Daneben finden sich
einige Intensiva (García García [s. Anm. 1] 13): draibjan* 'belästigen' (zu
dreiban* 'treiben'), kausjan 'prüfen' (zu kiusan* 'prüfen'), wrakjan* 'verfol-
gen' (zu wrikan* 'verfolgen').
Die von Adjektiven und Substantiven abgeleiteten Verben fungieren
meist als Faktitiva, z.B. häuhjan* 'hoch machen' (zu häuhs*), hailjan 'heilen'
(zu hails), warmjan* 'wärmen' (zu einem Adj. *warms); - dailjan 'teilen' (zu
dails*), taiknjan* 'ein Zeichen machen, zeigen' (zu taikns) usw. Dazu kom-
men jedoch etliche intransitive Verben wie z.B. sipônjan* 'Schüler sein',
faúrhtjan* 'sich fürchten'.
A n m . 1. Neuere Lit. zur Semantik der jan-Yerben: de Vries, Fs. Damsteegt (1981),
236ff.; West, ZDP 100 (1981), 321 ff.; Luisa García García, Die deverbalen jan-
Verben im Gotischen, Diss. Köln 1995.
161
§189. Flexionslehre - V. Konjugation
Aktiv
Präsens
Indikativ Optativ Imperativ
Dual
Infinitiv
salbôn
Partizip
salbônds
Präteritum
salbôda, -dès, -da (usw., s. § 184)
Partizip
salbôps
162
C. Schwache Verben - 2. Bildung und Präsensflexion §191.
Passiv
Präsens
Indikativ Optativ
A n m . 1. Das Paradigma dieser und der 4. schw. Klasse ist am spärlichsten belegt.
Von den fehlenden Formen kann man nach anderen Konjugationen mit mehr oder
minder großer Sicherheit ansetzen: Akt. Ind. Du. 1.2. salbôs*, salbôts*, Opt. Du. 1.2.
salbôwa*, salbôts*, Ipv. Sg. 3. salbôdau*, Du. 2. salbôts*, Pl. 1.3. salbôm*, salbôndau;
Pass. Ind. Sg. 2. salbôza*, Opt. Sg. 2. salbôzau*. Die Belege für das Passiv sind in § 183
A.4,b verzeichnet.
Die Zahl der Verben der zweiten Klasse ist größer als die der dritten, steht § 190.
aber hinter denen auf -jan weit zurück. Die got. Verben sind zum kleinsten
Teil primär, wie etwa mitón 'denken'. Die meisten sind Denominativa; z.B.
sunjôn* 'entschuldigen', ga-paidôn* 'bekleiden', karôn* 'sorgen', idreigôn*
'bereuen' zu sunja,paida*, kara, idreiga*. Die Bildung ist dann auch über ihr
ursprüngliches Maß hinaus produktiv geworden, z.B. piudanôn 'König
sein', faginôn 'sich freuen', fraujinôn 'herrschen', und danach mit Über-
tragung des Elementes -inôn: reikinôn 'Herr sein', skalkinôn 'Knecht sein'.
Auch hausjôn für hausjan (§ 187 A.3) zeigt das Umsichgreifen der Bildung.
A n m . 1. Neuere Lit. zur Semantik der ón-Verben: West, ZDP 100 (1981), 321ff.;
Schaefer, Sprachw 9 (1984), 356ff.; 10 (1985), 365.
163
§192. Flexionslehre - V. Konjugation
Aktiv
Präsens
Dual habôs
Infinitiv
haban
Partizip
habands
Präteritum
Partizip
habaips
Passiv
Präsens
Indikativ Optativ
164
C. Schwache Verben - 2. Bildung und Präsensflexion §194.
A n m . 1. Nur in dieser Konjugation ist die 3.P1. des Imperativs belegt durch
liugandau γαμησάτωσαν l.Kor. 7,9 (s. § 186 Α. 1).
A n m. 2. Von den Dualformen (s. §§170 A.4,186 A.2) ist nur die 1. Ind. belegt: habós
l.Kor. 9,6. Die 2.Du. Ind. und Ipv. wurde früher oft als habats* angesetzt, doch ist
der Ansatz habaits* vorzuziehen (Collitz, BB 17 [1891], 52; vgl. Krause § 254). Von
den übrigen Formen kann man vielleicht ansetzen: 2.Du. Opt. habaits*, Ipv. Sg. 3.
habadau*, Pl. 1. habam* und Pass. Ind. Sg. 2. habaza*. Die Belege für das Passiv sind
in § 183 A.4,c verzeichnet.
Die hierher gehörenden Verben sind meist Intransitiva (zur Funktion vgl. § 193.
Dishington, Lg 52 [1976], 851 ff.). Ihre Zahl ist verhältnismäßig gering.
Beispiele: pahan* 'schweigen', pulan 'dulden', liban 'leben', ana-silan 'still
werden' (zur Lesung des Inf. s. Snaedal XI, XXIV; außerdem nur Prät.
anasilaida Mk. 4,39), fijan 'hassen', trattari 'trauen' (vgl. § 26), saúrgan 'sor-
gen', liugan 'heiraten', hâhan* 'hangen' (daneben das redupl. Verb hâhan*
trans, 'hängen', § 179). Ob auch das nur im Präs. belegte wakan* 'wachen' zu
dieser Klasse gehört (so Krause § 244,1), ist umstritten, s. § 177 A.l.
A n m . 1. Hierher stellt man gewöhnlich auch hatan* 'hassen', obwohl nach dem
einzig belegten Part. Präs. (hatandans Lk. 6,27, hatandanê Lk. 1,71) eine sichere
Entscheidung nicht möglich ist. Daneben begegnen 2 Belege des Part. Präs.
hatjandam (Mt. 5,44 und Randglosse zu fljandam Lk. 6,27, s. Streitberg zur Stelle).
Das gewöhnlich für Rom. 7,15 angeführte ^hatja (1 .Sg. Präs.) beruht auf Fehllesung;
nach W. Braun bei Streitberg 483 ist fija zu lesen; vgl. auch Streitberg zur Stelle. Der
Sprachvergleich legt nahe, die Formen mit -j- nicht als flexivische Schwankung auf-
zufassen, sondern auf ein selbständiges schw. Verb Kl. I hatjan* zu beziehen (vgl.
vielleicht nhd. hetzen). - bauan 'wohnen' bildet das schw. Prät. bauaida (2.Tim. 1,5),
aber das starke Präs. bauip (Rom. 7,18 u.ö.), vgl. § 179 A.2.
A n m . 2. Uber uf-kunnan 'erkennen' s. § 199 A.l; über maúrnan* 'sorgen für' s. § 174
A.4.
165
§194. Flexionslehre - V. Konjugation
Präsens
Indikativ Optativ Imperativ
Dual 1.
2.
Plur. 1. fullnam
2. fullnip fullnaip
3. fullnand fullnaina
166
D. Besondere Verbalbildungen - 1. Präteritopräsentien § 196.
Infinitiv
fullnan
Partizip
fullnands
Präteritum
fullnôda, -dès, -da (usw., s. § 184)
A n m . 1. Vom Ipv. ist in dieser Klasse nur die 2.Sg. durch af-dôbn Lk. 4,35, af-dumbn
Mk. 4,39 und us-lûkn Mk. 7,34 belegt.
A n m . la. Das Paradigma dieser Klasse ist ebenso spärlich belegt wie das der ôn-
Verben. Nach anderen Konjugationen setzt man die fehlenden Formen mit mehr
oder weniger großer Sicherheit an als: Ind. Du. 1.2. fullnôs*, fullnats*, Opt. Sg. 2.
fullnais*, Du. 1.2. fullnaiwa*, fullnaits*, Ipv. Sg. 3. fullnadau*, Du. 2. fullnats*,
PI. 1.2.3. fullnam* ,fullnip*,fullnandau*.
A n m . 2. Einmaliges uskeinôda εφυεν (Lk. 8,8) ist Neubildung zu dem nur spärlich
belegten starken Präs. keinan* 'keimen' (nur keinip Mk. 4,27; dazu Komposita
uskeinand Mk. 13,28, uskijanata Lk. 8,6, mipuskeinandans Lk. 8,7). Der Bedeutung
nach kann das Präs. nicht zur 4. schw. Klasse gehören; vgl. § 172 A.2. - Viermaliges
infeinôda (Mt. 9,36; Mk. 8,2; Lk. 7,13 15,20) will Grienberger 127f. ebenfalls als
Angleichung an die ηαη-Klasse erklären (zu einem starken «-Präs. *-fei-n-an wie
fraihnan), doch paßt das Verb in-feinan* (ohne Annahme eines primären «-Präs.) der
Bedeutung nach durchaus in die 4. schw. Klasse; vgl. Uhlenbeck, PBB 30 (1905), 294;
Feist 293.
1. Präteritopräsentien
Die Präteritopräsentien sind primäre Verben, die die Form und Flexion § 1%.
eines starken Präteritums, aber die Bedeutung eines Präsens haben. Das
ihnen zugrundeliegende Präsens ist verlorengegangen. Nach ihrem Ablaut-
verhalten lassen sich die meisten dieser Verben den Klassen der starken
Verben (§§ 172-177) zuordnen. Die Präteritopräsentien bilden großenteils
mit Hilfe eines Dentals ein neues Präteritum, das wie die schwachen Präter-
ita (§ 184) flektiert wird. Im Got. finden sich 13 solcher Verben (vgl. Jellinek
§202).
A n m . 1. Die Erscheinung der Präteritopräsentien ist auch aus anderen idg. Spra-
chen bekannt (dort „Perfektopräsentien" genannt); das Verb got. wait, gr. οίδα,
altind. veda ist gemeinidg. (s. Szemerényi 243 f.). Zum Germ. vgl. Th. Birkmann,
167
§196. Flexionslehre - V. Konjugation
168
D. Besondere Verbalbildungen - 1. Präteritopräsentien § 203.
169
§203. Flexionslehre - V. Konjugation
magjau (Mt. 9,28); Prät. mahta, Opt. Prät. mahtêdi, mahtêdeina (2.Kor.
3,4), Part. Prät. mahts, Part. Präs. magands (Lk. 1,20).
13. äih'ichhabe'(Jh. 10,16u.ö.;s. Anm. 3 ) , P l u r . \ . a i g u m ( ) ± . 3,8; Jh. 8,41)
und äihum (Jh. 19,7; Gal. 2,4 AB), 2. âihup (nur Kol. 4,1), 3. aigun (Mt.
8,20; Lk. 9,58); Opt. Sing. 3. aigi, Plur. 2. aigeip, 3. aigeina; Prät. 3.Sg.
àihta, 3.P1. àihtêdun; Opt. 2.Sg. àihtêdeis; Part. Präs. aigands (5 Belege)
neben äihandans (2.Kor. 6,10), Inf. im K o m p o s . f a í r - á i h a n 'teilhaben'
(l.Kor. 10,21). - Dazu die Subst. äihts* f. (nur Akk.Pl. aihtins l.Kor.
13,3; 2.Kor. 12,14 AB) und aigin n. 'Eigentum' (mit ga-aiginôn* 'in
Beschlag nehmen').
A n m . 1. Bis zur 9. Aufl. dieses Buches wurde mag zu Klasse V gestellt, ebenso bei
Wrede/Heyne § 142, Krahe/Seebold § 100, Krause § 248; aber der Vokal des Plur.
paßt nicht. Auch ursprüngliche Zugehörigkeit zu Klasse VI (Osthoff, PBB 15 [1891],
211 ff.; Prokosch § 65,g) ist sehr zweifelhaft. Das Verb ist ein Beleg dafür, daß die
Präteritopräsentien nicht vollständig der Ablautregularisierung der starken Verben
unterworfen waren.
A n m . 2. Der Vokal des Sing. Ind. von äih paßt zur ersten Reihe; wegen des ai im
Plur. und Optativ dachte Braune an ursprüngliche Präsensform, vergleichbar den
redupl. Verben wie haitan. Andererseits ist das Schwanken zwischen g und h wichtig,
das in den meisten Formen stattfindet, aber doch so, daß im Sing. h vorherrscht, in
den anderen Formen dagegen g (vgl. §§ 50a, 66 A.l). - Zwar scheint der grammati-
sche Wechsel für ein Präteritum nach Klasse I mit frühem Vokalausgleich zwischen
Sing, äih und Plur. *igum zu sprechen; vgl. ZDP 43 (1911), 382f.; PBB 43 (1918),
350fF.; Krause § 248; Prokosch § 65b. Das Fehlen jeglicher Vokalabstufung, auch in
den Nominalbildungen, nötigt aber dazu, das Verb der αι-Reihe zuzuordnen (See-
bold 69 ff.).
A n m . 3. Die bei Streitberg § 222 für l.Kor. 7,13 angegebene Form faig existiert
nicht, dort steht vielmehr der Opt. aigi.
Präsens
Indikativ Optativ
Sing. 1. im sijau
2. is sijais
3. ist sijai
Dual 1. siju
2.
Plur. 1. sijum sijaima
2. sijup sijaip
3. sind sijaina
170
D. Besondere Verbalbildungen - 3. Das Verb 'wollen' § 205.
Infinitiv
wisan
Partizip
wisands
Präteritum
Indikativ
was, wast, was (usw.)
Optativ
wêsjau (usw.)
A n m . 1. Statt der Formen mit ij (Opt. und Du.PI. Ind. Präs.) finden sich auch
vereinzelt solche mit einfachem i (§ 10 A.5), z.B. Plur. Ind. 1. sium (12 Belege), 2. siup
(8 Belege; außerdem siud, s. Anm. la), Opt. siau (nur Lk. 9,41) usw. Die Formen sind
aber gegenüber den massenhaft vorkommenden vollen Formen verhältnismäßig sel-
ten, sie sind auf die Briefe beschränkt, außerdem nur im Luk.-Ev. (5,10 8,25 9,12.41
14,31), das auch sonst vielfach abweichende Formen bietet. Wo zwei Handschriften
vorhanden sind (z.B. 2.Kor. 2,17 3,2; Php. 4,5; Kol. 4,6), hat stets die eine die Form
mit j (vgl. Jacobsohn 184).
A n m . la. Die 2.Plur. Präs. erscheint einmal (Lk. 5,10) in der Form siud (vgl. § 74
A.1).
A n m . 2. Statt des Imperativs werden die Optativformen Sing, sijais, sijai, Plur. sijaip
gebraucht. Die einmal (2.Kor. 12,16 AB) dem griech. Ipv. έστω entsprechende Form
sai ist entweder fehlerhaft für sijai, siai, oder als Inteijektion sai 'siehe!' (§ 219) auf-
zufassen, vgl. PBB 8 (1882), 311; Friedrichsen, Epistles 64.
171
§ 205. Flexionslehre - V. Konjugation
Präsens
Sing. 1. wiljau
2. wileis
3. wili
Dual 1. - ( s . Anm. 1)
2. wileits (s. Anm. 2)
Plur. 1. wileima
2. wileip
3. wileina
Infinitiv
wiljan
Partizip
wiljands
A n m . 2. Nach der 2.Du. wileits (nur Mk. 10,36) kann die nicht überlieferte Endung
der 2.Du. Opt. Prät. der starken Verben als *-eits angesetzt werden (§ 170 A.4,b).
4. Verschiedene Besonderheiten
§206. P r ä s e n s m a r k i e r u n g e n . Bei den starken ablautenden Verben besteht
der Unterschied zwischen Präsensstamm und Präteritalstamm nur im
Wechsel des Vokals. Das konsonantische Gerippe des Wortes bleibt stets
dasselbe. Das war nicht immer so: im Urgerm., wie in anderen indogerm.
Sprachen, gab es Präsensbildungen, die durch Zusatz konsonantischer Ele-
mente gebildet wurden (vgl. Bammesberger, Verbalsystem 36 ff.). Davon
sind im Got. noch einige Reste vorhanden.
a) Präsensbildungen mit j. In den hierher gehörenden Wörtern, die im Prä-
sens ganz wie schwache Verben der Klasse I (nach nasjan, sôkjan, vgl.
§ 187 A.2) flektiert werden, ist das j nur Präsenssuffix; es fehlt dem Prät.
und Part. Prät. Die Verben sind schon oben genannt: bidjan (§ 176 A.5),
frapjan, hafian*, hlahjan*, ga-skapjan*, ga-skapjan*, wahsjan (§ 177 A.2).
Vgl. dazu § 209. - Zu arjan* s. § 179 A.5, zu intrusgjan s. § 174 A.3.
b) Präsensbildungen mit Nasal liegen in zwei Typen vor. Bei keinan* (§ 172
A.2) und fraihnan (§ 176 A.4) folgt der Nasal auf die Wurzel, bei standan
(§ 177 A.3) ist der Nasal infigiert.
172
D. Besondere Verbalbildungen - 4. Besonderheiten § 209.
Das Verb gaggan, das nach der Form seines Präsens und seines Part. Prät. § 207.
sowie nach dem Zeugnis der übrigen germ. Sprachen zu den reduplizieren-
den Verben gehört (§ 179 A.3), hat ein schwaches Prät. gaggida, das aber nur
einmal (Lk. 19,12) belegt ist (zur Erklärung s. Mottausch, HS 107 [1994],
124; 109 [1996], 76). Gewöhnlich wird das Prät. zu gaggan und Kompos.
vertreten durch das suppletive iddja 'ich ging', das wie ein schwaches Prät.
(§ 184) flektiert wird. Belegt sind davon z.B.: Ind. Sing. 1.3. iddja, Plur.
1. iddjêdum (2.Kor. 12,18), 2. iddjêdup (Eph. 2,2; Kol. 3,7), 3. iddjêdun (15
Belege), Opt. Plur. 3. at-iddjêdeina (Lk. 5,7). Der einzige Beleg des Part.
Prät. ist us-gaggana (Mk. 7,30).
A n m . 1. Got. iddja hat seinen nächsten Verwandten in gleichbedeutendem ae. ëode.
Etymologisch gehören beide zu der idg. Wurzel *(h,)ei- 'gehen' (Pokorny 293ff.);die
phonologische und morphologische Analyse bleibt Gegenstand der Diskussion.
Neuere Lit.: Cowgill, Lg 36 (1960), 483ff.; Lindeman, IF 72 (1967), 275ff.; Seebold
174ÍT.; G. Schmidt, Sprachw 9 (1984), 21 Iff.; Mottausch, HS 107 (1994), 123ff.;
Schumacher, Sprache 40,2 (1998), 179ff.
A n m . 2. Das „Krimgot." (§ E2) bietet den an das Westgerm, erinnernden Inf. geen.
briggan 'bringen' ist seinem Präs. nach ein starkes Verb III, s. § 174 A.2. §208.
Das Prät. wird aber schwach gebildet und lautet außerdem ab: brähta
(< *branhta nach § 5,b); zur Bildung vgl. § 209. Das Part. Prät. ist wohl als
*brähts anzusetzen, ae. brun^en (poetisch, Ae.Gr. §407 A.8) und ahd.
prungen (Ahd.Gr. § 336 A.4) können sekundär an den Normaltyp ange-
glichen sein (Seebold 136f.).
Einige Verben, deren Präsens nach der ersten schwachen Konjugation flek- § 209.
tiert wird (z.T. vielleicht zu § 206,a gehörend), bilden das Prät. und das Part.
Prät. zwar schwach, aber ohne das Ableitungssuffix i. Die Wurzel endet stets
auf g oder k (doch s. Anm. 2 und 4):
brükjan 'gebrauchen', Prät. brûhta (2.Kor. 1,17 AB);
bugjan* 'kaufen', Prät. baiihta (Lk. 14,18), baûhtêdun jah frabaùhtêdun
(Lk. 17,28), Part. Prät. fra-baúhts (Jh. 12,5; Rom. 7,14), us-bauhts*
(l.Kor. 7,23);
pagkjan 'denken', Pfàt. pâhta (Lk. 1,29 9,7; vgl. § 5,b),pâhtêdun (Lk. 20,5
u.ö.), Part. Prät. in anda-pâhts 'bedächtig';
pugkjan* 'dünken', Prät. pûhta (Lk. 19,11 u.ö.; vgl. § 15,b), pûhtêdun
(Gal. 2,9; Skeir. 6,1), Part. Prät. in hàuh-pûhts (l.Tim. 6,4 AB), mikil-
pûhts* (Lk. 1,51) 'hochmütig';
waúrkjan 'bewirken', Prät. waúrhta (Mk. 6,21 u.ö.), waúrhtédun (Rom.
7,5). Das Part. Prät. ist nur in Komposita belegt: handu-waúrhts* (Mk.
14,58; Eph. 2,11 AB), un-handu-waúrhís* (Mk. 14,58; 2.Kor. 5,1 AB);
ferner in fra-waürhts (häufig) 'sündig', us-waúrhts* (Mt. 9,13 u.ö.) 'ge-
recht' (s. Anm. 3).
173
§209. Flexionslehre - V. Konjugation
Hierher gehört auch das Prät. (und vielleicht das Part. Prät.) von briggan,
s. § 208.
A n m . 1. Diese Preterita haben nicht etwa einen Bindevokal verloren, sondern sind
alte bindevokallose Bildungen, deren Ursprung in vorgotische Zeit zurückreicht.
Darauf geht auch das hier regelmäßig auftretende ht zurück; vgl. § 81.
A n m . 2. Hierher gehört teilweise auch kaupatjan 'ohrfeigen': das Prät. kaupastêdi
(2.Kor. 12,7 AB) wird ohne i, das Part. Prät. kaupatidai (l.Kor. 4,11 A) aber mit i
gebildet (§ 187 A.l).
A n m . 3. ga-waúrhtai (Eph. 3,18 AB) 'eingewurzelt' gehört semantisch zu waúrts
'Wurzel', ist aber formal an ga-waürkjan angelehnt (§ 62 A.4).
A n m . 4. Ebensolche bindevokallosen Präterita liegen bei den Präteritopräsentien
vor, s. § 197ff.; auch dort begegnen die charakteristischen Lautgruppen ht und ss.
A n m . S. Eine Aufzählung aller alten bindevokallosen Präterita des Germ, findet
sich bei Sverdrup, NTS 2 (1929), 81 ff. Vgl. F. Krüer, Der Bindevokal und seine Fuge
im schwachen deutschen Praeteritum bis 1150, Berlin 1914; Prokosch, The Old
English weak preterits without medial vowel, PMLA 42 (1927), 331 ff.
174
KAPITEL V I .
Unflektierbare Wörter
(Mossé Β. 291 f.; S . 337; S s . 327f. - A. Bezzenberger, Untersuchungen über die
3
Das Got. kennt, ebenso wie das Germ, und Idg., verschiedene Typen un- § 209a.
flektierbarer Wörter. Unsere Darstellung gliedert sich wie folgt: A. Adjek-
tivadverbien (§§ 210-212); - B. Sonstige Adverbien (§§ 213-215); - C. Ad-
verbiale Partikeln (§ 216); - D. Präpositionen und Präfixe (§§ 217-217a); -
E. Konjunktionen (§ 218); - F. Inteijektionen (§ 219).
A. Adjektivadverbien
Das häufigste Verfahren zur Bildung von Adjektivadverbien ist durch das § 210.
typisch got. Suffix -ba gekennzeichnet, das an den stammauslautenden Vo-
kal des Adjektivs angefügt wird (Meid § 116; zu Gebrauch und Ursprung s.
Heidermanns, HS 109 [1996], 257ff.).
Also von α-Stämmen (§ 123 f.) z.B. bairhtaba 'glänzend', ubilaba 'böse',
von ^a-Stämmen (§ 125fT.) gabaúrjaba 'gern' (s. Anm. 2 und 3). Auch die
ursprünglichen i- und κ-Stämme (§§ 129-131) zeigen hier noch ihre Stamm-
elemente -/-, -u-, z.B. analaugniba 'verborgen' (Jh. 7,10), un-anasiuniba
'unsichtbar' (Skeir. 8,1), amiba 'sicher' (Mk. 14,44), gatêmiba 'geziemend'
(Skeir. 2,4); harduba 'hart' (Mt. 8,6; 2.Kor. 13,10), manwuba 'bereit' (2.Kor.
10,6).
Aus der Distribution geht klar hervor, daß der Ausgang -ba gegenüber
dem älteren -ô (§211) den jüngeren, produktiven Typ darstellt (Heider-
manns, HS 109 [1996], 265).
A n m . 1. In hardaba 2.Kor. 13,10 A findet sich a statt u (aber harduba B), in
glaggwuba Lk. 1,3 umgekehrt u statt a (glaggwaba Lk. 15,8; s. § 131 A.2). - Vgl.
brôpralubôn (Rom. 12,10 A; doch brôprulubôn 1 .Ths. 4,9 B), § 88a A.2.
A n m . 2. sunjaba 'in Wahrheit' verweist nicht auf ein Adjektiv ^sunjis (§ 126 A.3),
sondern auf das Substantiv sunja 'Wahrheit' (§ 97a), vgl. Frisk, GHÂ 41, 30 (1935),
4 ff.
A n m . 3. Sofern andaugiba 'freimütig, offen' von demya-stämmigen Subst. and-augi
'Antlitz' abgeleitet ist (§211), geht daraus hervor, daß der Stammauslaut -ja- nach
langer Silbe zu -i- reduziert wird (vgl. § 130 A.4). Dieselbe Verteilung gilt für den
Fugenvokal in der Nominalkomposition (§ 88a).
Adjektivadverbien werden aber auch sehr oft gebildet durch das Suffix -ô § 211.
(idg. Ablativendung *-öd); dieser Ausgang ist gegenüber -ba der ältere,
relikthafte Typ, s. § 210.
175
§211. Flexionslehre - VI. Unflektierbare Wörter
Nur bei α-Stämmen ist -ô noch auf innergot. bezeugte Adjektive bezogen;
z.B. andwairpô 'gegenwärtig' (and-wairps), ûhteigô 'zur rechten Zeit'
(uhteigs*), glaggwô 'genau' (neben glaggwaba und glaggwuba, s. § 131 A.2).
Mehrfach ist ein entsprechendes Adj. nicht (mehr) vorhanden: missô
'wechselseitig' (Heidermanns, EWGP 413), sprautô 'schnell' (ebd. 536),
sniumundô 'eilig'. - Ausgehend von Bildungen wie galeikô 'ähnlich' (zu ga-
leiks, § 124,e) hat sich früh ein komplexes Suffix -leikô etabliert (vgl. engl.
-ly), das dann auch direkt an Subst. tritt, z.B. wairaleikô taujaip 'handelt wie
ein Mann' l.Kor. 16,13 (im Gegensatz zu guma-kunds* 'männlich'; s. Hei-
dermanns, HS 109 [1996], 259).
In den übrigen Adjektivklassen lassen sich keine lebendigen ô-Adverbien
nachweisen. Die belegten Adverbien auf -jô gehen meistens von Substanti-
ven aus (vgl. Anm. la): andaugjô 'freimütig, offen' (zu and-augi 'Antlitz',
daneben andaugiba nach §210 A.3), gahâhjô 'zusammenhängend' (nach
Wilmanns II, 421 f. zu dem Subst. *hâh in faùr(a)-hâh 'Vorhang'), piubjô
'heimlich' (zu piubs 'Dieb' oder piubi* 'Diebstahl'). allandjô 'vollständig,
ganz und gar' l.Ths. 5,23 AB (zu andéis 'Ende') ist dem gr. όλοτελής nach-
gebildet; arwjô 'umsonst, vergebens' ist vielleicht aus einem ja-Verb rück-
gebildet (Heidermanns, HS 109 [1996], 263). - Das einzige Adv. auf -wô ist
glaggwô 'genau' (nur l.Ths. 5,2); da Adjektivadverbien auf -ô sonst nur bei
α-Adjektiven vorkommen, muß dieses ebenso beurteilt werden (s. § 131
A.2).
Die Beschränkung auf α-Stämme entspricht dem Vorkommen der Kom-
parative auf-dz- (§ 135).
A n m . 1. Die gleiche Adverbialendung auch in auftô 'etwa', sundrä 'besonders', ufará
'darüber', undarô 'unter' (nur Präp.), aftarô 'hinten, von hinten'.
A n m . la. Die zu Substantiven gehörigen Adverbien auf -(j)ô scheinen in eine Zeit
zurückzureichen, in welcher der Ablativ noch als Kasus verfügbar war. Zu andaugjô
vgl. Seebold, Sprache 15 (1969), 25.
Anm. 3. Zu gôps 'gut' gehört das suppletive Adv. waila (§§ 20 A.5, 138).
§ 212. Bei Mengenadjektiven dient die endungslose Form des Akk.Sg.Ntr. als Ad-
verb: leitil 'wenig' (s. Anm. 1), manag 'viel', managfalp 'vielfaltig', fidurfalp
'vierfaltig' (§ 148). Z u f i l u 'viel' s. § 131 A.3.
Hierher gehören ferner die zu Steigerungsformen gebildeten Adverbien.
Das Adverb des Komparativs geht direkt, d.h. ohne die im Adj. vorliegende
schwache Flexion (§ 135 f.), auf das Komparativsuffix -is (< *-iz) aus, z.B.
häuhis 'höher', äiris 'früher' (s. Anm. 2), haldis 'mehr',/ra/nw 'weiter', mais
'mehr', nêhis 'näher'. Mit dem Komparativsuffix -äs erscheinen aljaleikôs
176
Β. Sonstige Adverbien §213.
B. Sonstige Adverbien
Adverbien des O r t e s werden auf die Frage ' w o h i n ? ' gebildet entweder § 213.
ohne Suffix oder mit den Suffixen-/» (-d) und -drê, auf die Frage ' w o ? ' m i t
den Suffixen -r und -a, auf die Frage ' w o h e r ? ' mit den Suffixen -prò und
-ana. Von Pronominalstämmen sind auf diese Weise folgende Korrelativa
gebildet:
zusammen'
A n m . 1. Zupaprô 'daher'und 'von hier'vgl. Schulze, Kl. Sehr. 570f.; zu iup s. MLN
49, 39 ff.
177
§214. Flexionslehre - VI. Unflektierbare Wörter
§ 214. Adverbien der Z e i t werden meist durch Kasus von Substantiven gebildet.
Beispiele: Gen .framwigis 'fortwährend', gistradagis 'morgen'; Dat. daga jah
daga 'Tag für Tag, täglich' 2.Kor. 4,16, himma daga 'heute' (§ 155), du
maürgina 'morgen'; Akk. ni aiw 'niemals' (zu aiws* 'Zeit').
§ 215. Oblique Kasus (meist der Gen.) dienen auch zur Bildung von Adverbien mit
anderer Funktion. Von Subst.: z.B. tandis 'über Land', sunja und bi sunjai
'wahrhaftig'; von Adj. und Pron.: allis 'überhaupt', raihtis 'denn' (§218
A.l), andwairpis 'gegenüber' (nur Präp.).
A n m . 1. Bei bisunjanê, weithin als Adv. 'ringsum' interpretiert (z.B. Bethge 601;
Grienberger 49f.; auch in der 19. Aufl. dieses Buches), handelt es sich nach Seebold
(Sprache 15 [1969], 14ff.) um einen Gen.Pl. 'der Herumwohnenden' zum alten Part.
Präs. *sundj- 'seiend' (§ 204 A.4).
C. Adverbiale Partikeln
178
D. Präpositionen und Präfixe § 217a.
A n m . 2. Zum Gebrauch der Präp. im Got. und Griech. s. Klein, TPS 90 (1992), 1 ff.
Zu den temporalen Präp. s. M. Krause, Fs. Marcq (1994), 18ff.; zu den lokalen Präp.
s. dies., Sprachw 20 (1995), 1 ff.
A n m . 1. In der Nominalkomposition (vgl. § 88a) liegt der Hauptton auf dem Präfix
(hier durch Fettdruck markiert), z.B. anda-nêms 'angenehm', in-kilpô 'schwanger',
us-haista 'dürftig'. Auch die mit ga- gebildeten Nomina müssen ursprünglich dieser
Regel gefolgt sein (Kluge, KZ 26 [1883], 68ff.); es liegt nahe, aus Ableitungen wie
gagaleikon* 'sich verwandeln', gagawairpnan 'sich versöhnen' auf Anfangsbetonung
der Grundwörter zu schließen: galeiks, *gawairps (§ 194 A.l). Es ist jedoch nicht
festzustellen, inwieweit sich schon zur Zeit des Wulfila die in den übrigen altgerm.
Sprachen durchgeführte Proklise des Nominalpräfixes ga- geltend machte. - Lit.:
Streitberg §§ 36,2, 231; Michels, Fs. Sievers (1925), 63ff; Bennett, Fs. Sehrt (1968),
53ff.; ders., PMLA 85 (1970), 463ff; ders., in: Coetsem/Kufner (1972), 99ff.
179
§ 217a. Flexionslehre - VI. Unflektierbare Wörter
E. Konjunktionen
180
F. Interjektionen §219.
F. Interjektionen
Im Got. sind folgende Interjektionen belegt: ô 'o! ei!', sai 'siehe!' (Anm. 1), § 219.
wai 'wehe!', wainei 'o daß doch, wenn doch' (< *wai nei 'wehe, daß nicht',
s. Luft, K Z 36 [1900], 143f.). Außerdem ist auf drei nach dem Numerus
unterschiedene Formen hinzuweisen, die inteijektionell in der Bedeutung
'her! hierher!' gebraucht werden: Sing, hiri, Du. hirjats, Plur. hirjip (vgl. §§ 20
A.l, 187 A.4; Krause § 6l,e).
A n m . 1. sai (ahd. sé) 'siehe!' ist kaum mit Krause § 60,c direkt zu saüvan 'sehen' zu
stellen, sondern besteht aus dem Pronomen sa (§ 153) und deiktischem i. Anschei-
nend ist es aber volksetymologisch mit saihan in Berührung getreten: es übersetzt in
den meisten Fällen gr. ΐδε, Ιδού. Vgl. PBB 8 (1882), 311; Grienberger 177ff.; Brug-
mann, Demonstrativpronomina (Abh. d. Sächs. Ges. 1904), 28,62; Endzelin, KZ 52
(1924), 117f.; Feist 403; Derolez/Simon-Vandenbergen, Fs. Polomé (1988), 97ff.
181
LESESTÜCKE
Α. Aus dem Evangelium des Matthäus
(Codex argenteus)
Kap. V. V.
17 Ni hugjaij) ei qemjau gatairan 17 Μή νομίσητε δτι ήλθον κατα-
witojj a i ^ a u praufetuns; ni qam ga- λΰσαι τον νόμον ή τους προφήτας -
tairan, ak usfulljan. ουκ ήλθον καταλΰσαι άλλα
πληρώσαι.
18 amen auk qijja izwis: und Jjatei 18 άμήν γάρ λέγω ύμΐν - εως αν
usleij)i|) himins jah airjja, jota ains παρέλθη ό ούρανός και ή γη, Ιώτα
ai^Jjau ains striks ni usleiJjiJ} af εν ή μία κεραία ού μή παρέλθη άπό
witoda, unte aliata wair^ij). του νόμου, εως αν πάντα γένηται.
19 φ saei nu gatairij) aina anabusne 19 δς έάν οΰν λύση μίαν των έν-
t>izo minnistono, jah laisjai swa τολών τούτων των έλαχίστων και
mans, minnista haitada in {)iudan- διδάξη ούτως τους άνθρώπους,
gardjai himine; φ saei taujijj jah έλάχιστος κληθήσεται εν τη βασι-
laisjai swa, sah mikils haitada in λεία των ουρανών - δς δ' αν ποιήση
{jiudangardjai himine. και διδάξη, ούτος μέγας κληθήσε-
ται έν τη βασιλεία των ουρανών.
20 Qi|)a auk izwis Jjatei nibai mana- 20 Λέγω γαρ ύμΐν δτι εάν μή περισ-
gizo wairJjiJj izwaraizos garaih- σεύση υμών ή δικαιοσύνη πλεΐον
teins {jau J>ize bokaije jah Farei- τών γραμματέων καί Φαρισαίων,
saie, ni {)au qimij) in f)iudangardjai ού μή είσέλθητε εις τήν βασιλείαν
himine. τών ούρανών.
21 hausidedujj {jatei qi^an ist jDaim 21 ήκούσατε δτι έρρέθη τοις
airizam: ni maurjjijais; φ saei maur- άρχαίοις· ού φονεύσεις· δς δ' αν
JjreiJj, skula wair^ij) stauai. φονεύση, ένοχος εσται τη κρίσει.
22 aJ){jan ik qij)a izwis Jjatei lvazuh 22 εγώ δέ λέγω ύμΐν δτι πας δ δρ-
modags bro^r seinamma sware, γιζόμενος τω άδελφώ αύτοΰ εΙκή,
skula wair^if) stauai: ij> saei qiJ)i{j ένοχος εσται τη κρίσει- δς δ' αν
brojjr seinamma raka, skula wair- εϊπη τφ άδελφώ αύτού φακά,
1>φ gaqumjjai; aJjJ^an saei ς φ φ ένοχος εσται τω συνεδρίψ - δς δ' αν
dwala, skula wair^ij) in gaiainnan εϊπη μωρέ, ένοχος εσται είς τήν
funins. γέενναν τού πυρός.
23 jabai nu bairais aibr1 J>ein du 23 εάν ούν προσφέρης το δώρόν
hunslastada, jah jainar gamuneis σου επί το θυσιαστήριον κάκέί
{jatei bromar freins habai}) Iva bi μνησθής δτι δ άδελφός σου εχει τι
l>uk, κατά σού,
1
sic Hs.t fast allgemein nach J. Grimm zu *tibr geändert; s. Feist 19, doch
Streitberg zur Stelle; JEGP 62, 718 ff.
185
Lesestücke
24 aflet jainar J)o giba J>eina in and- 24 αφες έκεΐ τό δώρόν σου Εμπροσ-
wair{>ja hunslastadis, jah gagg faur- θεν τοΰ θυσιαστηρίου και υπάγε
{>is gasibjon bro{>r {jeinamma, jah πρώτον διαλλάγηθι τω άδελφώ
bijie atgaggands atbair JDO giba σου, και τότε έλθών πρόσφερε τό
{jeina. δώρόν σου.
25 sijais waila hugjands andastauin 25 ϊσθι εύνοών τω άντιδίκω σου
J>einamma sprauto, und {jatei is in ταχύ, εως ότου ει εν τη όδώ μετ'
wiga η ι φ imma, ibai Ivan atgibai αύτοΰ- μήποτέ σε παραδώ ό αντί-
{rak sa andastaua stauin, jah sa δικος τω κριτή, και ό κριτής σε
staua t)uk atgibai andbahta, jah in παραδώ τω υπηρέτη, και εις φυλα-
karkara galagjaza. κήν βληθήση.
26 amen qif>a {>us: ni usgaggis jam- 26 άμήν λέγω σοι, ού μη έξέλθης
uro, unte usgibis fiana minnistan εκείθεν, εως αν άποδφς τον εσχα-
kintu. τον κοδράντην.
1
sic Hs., Wrede!Heyne, Streitberg; vgl. § 179 A.l.
2
Iva I lvazuh Hs.
3
άποστάσιον] Die Vorlage des W. hatte βιβλίον άποστασίου, vgl. ZDP 30,179;
Streitberg z. St.
186
Α. Aus dem Evangelium des Matthäus - Kap. V
32 φ ik qijja izwis {>atei hjazuh saei 32 εγώ δέ λέγω ύμιν ότι ος αν άπο-
afletif» qen seina, inuh fairina kalki- λύσΐ)1 την γυναίκα αύτοΰ, παρεκ-
nassaus, taujij) J)o horinon; jah sa τός λόγου πορνείας, ποιεί αύτήν
ize afsatida liugaij), horino{>. μοιχάσθαι, καί δς εάν άπολελυ-
μένην γαμήση μοιχάται.
33 Aftra hausideduj) Jjatei qijjan ist 33 Πάλιν ήκούσατε δτι έρρέθη τοις
f>aim airizam: ni ufarswarais, φ us- άρχαίοις· ουκ έπιορκήσεις, άπο-
gibais îratijin aijmns Jjeinans. δώσεις δέ τω κυρίω τους δρκους
σου.
34 ajilan ik qijDa izwis ni swaran 34 έγώ δέ λέγω ύμιν μή όμόσαι
allis, ni bi himina, unte stols ist gj)s; δλως, μήτε εν τω ούρανω, δτι
θρόνος έστιν του θεού,
35 nih bi airj>ai, unte fotubaurd ist 35 μήτε εν τή γή, δτι ύποπόδιόν
fotiwe is, nih bi Iairusaulwmai, unte έστιν των ποδών αύτοΰ, μήτε είς
baurgs ist f>is mikilins {ñudanis; Ιεροσόλυμα, δτι πόλις έστιν του
μεγάλου βασιλέως.
36 nih bi haubida {reinamma swa- 36 μήτε έν τή κεφαλή σου όμόσης,
rais, unte ni magt ain tagl Iveit δτι ού δύνασαι μίαν τρίχα λευκήν ή
ai^Jjau swart gataujan. μέλαιναν ποιήσαι.
37 sijaiJj-Jjan waurd izwar: ja, ja; 37 εστω δέ ό λόγος ύμών ναι ναί,
ne, ne; φ Jjata managizo J>aim us οΰ oír το δέ περισσόν τούτων έκ
fiamma ubilin ist. του πονηρού έστιν.
1
δτι πάς ό άπολύων Bernhardt.
2
Vgl. V. 34.
187
Lesestücke
188
Α. Aus dem Evangelium des Matthäus - Kap. VI
1
fulhsja Hs.
2
fulhlsnja Hs.
3
Zum Folgenden vgl. A b b . 1.
189
Lesestücke
190
Α. Aus dem Evangelium des Matthäus - Kap. VI
1
Am Rande faihufra ..., d. i. faihujjraihna Lk. 16,13.
191
Lesestücke
30 jah paride pata hawi haijjjos him- 30 εί δέ τον χόρτον του άγροϋ
ma daga wisando jah gistradagis in σήμερον δντα και αύριον είς κλί-
auhn galagij) gip swa wasjij), lvaiwa βανον βαλλόμενον ó θεός οϋτως
mais izwis, leitil galaubjandans? άμφιέννυσιν, ού πολλώ1 μάλλον
ύμάς, όλιγόπιστοι;
31 ni maurnaij) nu qijjandans: Iva 31 μή ούν μεριμνήσητε λέγοντες-
matjam aif^au Iva drigkam, ai^fau τί φάγωμεν ή τί πίωμεν ή τί περι-
lue wasjaima? βαλώμεθα;
32 all auk fata {Ñudos sokjand; 32 πάντα γάρ ταΰτα τα εθνη έπι-
waituh J>an atta izwar sa ufar himi- ζητεΐ - οίδεν γάρ ό πατήρ υμών ό
nam Jsatei faurbuf - - ουράνιος ότι χρήζετε (τούτων
άπάντων).
Kap. I. I.
1 Anastodeins aiwaggeljons Iesuis
1 Αρχή του ευαγγελίου Ίησοΰ
Xráíaus sunaus gj)s.
Χρίστου υΐοΰ του θεού.
192
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. I
9 Jah war}) in jainaim dagam, qam 9 Καί έγένετο έν έκείναις ταΐς ήμέ-
lest/s fram NazaraiJ) Galeilaias jah ραις ήλθεν 'Ιησούς άπό Ναζαρέθ
daupi{)s was fram Iohanne in Iaur- της Γαλιλαίας καί έβαπτίσθη υπό
dane. 'Ιωάννου εις τον Ίορδάνην.
10 jah suns usgaggands us ftamma 10 καί ευθέως άναβαίνων εκ του
watin gasah; usluknans4 himinans ύδατος ειδεν σχιζομένους 5 τους
jah ahman swe ahak atgaggandan ουρανούς καί τό πνεύμα ώς περι-
ana ina. στεράν καταβαΐνον έπ' αυτόν.
11 jah stibna qam us himinam: J)u is 11 καί φωνή έγένετο έκ των ουρα-
sunus meins sa liuba, in Jmzei waila ν ώ ν συ ει ό υίός μου ó αγαπητός,
galeikaida.6 έν ω ευδόκησα.
12 jah suns sai, ahma ina ustauh in 12 καί ευθύς τό πνεύμα αυτόν έκ-
aujîida. βάλλει είς τήν ερημον.
13 jah was in J)izai aujjidai dage 13 καί ήν έν τή έρήμω ημέρας τεσ-
fidwor tiguns fraisans fram Satanin, σαράκοντα πειραζόμενος ύπό του
jah was mij) diuzam, jah aggileis σατανά, καί ή ν μετά τών θηρίων,
andbahtidedun imma. καί άγγελοι διηκόνουν αύτώ.
1
matida Hs.
2
Glosse wil/ii.
3
βαπτίζω Bernhardt.
4
sic Hs., s. GabelentzlLoebe ζ. St.; ZDWl, 172; Streitberg I, 487.
5
ήνεφγμένους Bernhardt.
6
Am Rande ]}ukei wilda.
193
Lesestücke
194
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. I
1
πνεΰμα άκάθαρτον Bernhardt.
195
Lesestücke
1
haimon Hs.
2
έλήλυθα Bernhardt.
3
Vgl. IF 23, 117 f.
4
ή λέπρα άπήλθεν άπ' αύτοΰ Bernhardt.
196
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. II
197
Lesestücke
1
afletanda Hs. (§ 69 Α.3).
2
gasehm (mit Nasalstrich für n) Hs., gasehmn WredetHeyne; Streitberg.
3
fraurhtaim Hs.
198
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. II
17 jah gahausjands lews qa[) du im: 17 και άκουσας ό 'Ιησούς λέγει αύ-
ni Jjaurbun swinjjai lekeis, ak £>ai τοις· οι) χρείαν εχουσιν οί Ισχύον-
ubilaba habandans; ni qam la£>on τες Ιατρού, άλλ' ο'ι κακώς εχοντες·
uswaurhtans, ak frawaurhtans. οι) κ ήλθον καλέσαι δικαίους, άλλά
άμαρτωλούς.
1
Vgl. ZDΡ 30,181.
2
όδόν ποιοΰντες τίλλειν Bernhardt.
199
Lesestücke
1
οί μαθηταί σου Bernhardt.
200
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. III
13 Jah ustaig2 in fairguni jah at- 13 Και άναβαίνει εις τό ορος και
haihait Ranzel wilda is, jah galijmn προσκαλείται ους ήθελεν αύτός,
du imma. και άπήλθον προς αύτόν.
14 jah gawaurhta twalif du wisan 14 και έποίησεν δώδεκα ϊνα ώσιν
mi}) sis, jah ei insandidedi ins mer- μετ' αύτοΰ, και ινα άποστέλλη
jan, αύτούς κηρύσσειν
15 jah haban waldufni du hailjan 15 και εχειν έξουσίαν θεραπεύειν
sauhtins jah uswairpan unhul]jons. τάς νόσους και έκβάλλειν τά δαι-
μόνια.
Galeilaian Hs.
2
ustaig Hs.\ usstaig Bernhardt.
201
Lesestücke
20 Jah atiddjedun in gard, jah ga- 20 Και έρχονται εις οίκον και συν-
ïddja sik2 managei, swaswe ni mah- έρχεται πάλιν ό οχλος, ώστε μή δύ-
tedun nih hlaif matjan. νασθαι αυτούς μήτε αρτον φαγεΐν.
21 jah hausjandans fram imma 21 και άκούσαντες ol παρ' αύτοΰ 3
bokaijos jah anjrarai usiddjedun έξήλθον κρατήσαι αυτόν ελεγον
gahaban ina; qefiun auk Jratei us- γαρ δτι έξέστη.
gaisijjs ist.
22 jah bokarjos Jrai af Iairusaulw- 22 και oi γραμματείς oi άπό 'Ιερο-
mai qimandans qej^un {ratei Baiail- σολύμων καταβάντες ελεγον δτι
zaibul habaijj, jah Jjatei in Jramma Βεελζεβούλ εχει, και δτι έν τω
reikistin unhul^ono uswairpij) Jraim αρχοντι τών δαιμονίων έκβάλλει
unhuljjom. τα δαιμόνια.
23 jah athaitands ins in gajukom 23 και προσκαλεσάμενος αυτούς
qab du im: tvaiwa mag Satanas έν παραβολαΐς ελεγεν αύτοΐς· πώς
Satanan uswairpan? δύναται σατανάς σατανάν έκ-
βάλλειν;
24 jah jabai Jîiudangardi wijsra sik 24 και έάν βασιλεία έφ' έαυτήν
gadailjada, ni mag standan so μερισθή, ού δύναται σταθήναι ή
Jriudangardi jaina. βασιλεία εκείνη.
25 jah jabai gards wijjra sik gadail- 25 και εάν οικία έφ' έαυτήν μερι-
jada, ni mag standan sa gards jains. σθή, ού δύναται σταθήναι ή οίκία
έκείνη.
1
Πέτρος Bernhardt.
2
aftra nach sik ergänzt Streitberg.
3
άκούσαντες περί αύτοΰ oi γραμματείς καί οι λοιποί Bernhardt.
202
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. III
26 jah jabai Satana usstoj) ana sik 26 και εί ό σατανάς άνέστη έφ'
silban jah gadailijjs war}), ni mag εαυτόν και μεμέρισται, ού δύναται
gastandan, ak andi habaij). σταθήναι, άλλά τέλος εχει.
27 ni manna mag kasa swings 27 ουδείς δύναται τα σκεύη του
galeijjands in gard is wilwan, niba ισχυρού είσελθών εις την οίκίαν
faurjjis Jjana swinjDan gabindib; jah αυτού διαρπάσαι, έάν μή πρώτον
pan1 bana gard is diswilwai. τον ίσχυρόν δήση, και τότε την
οίκίαν αύτού διαρπάση.
28 amen, qi^a izwis, J>atei aliata 28 άμήν λέγω ύμΐν οτι πάντα
afletada b a t a frawaurhte sunum άφεθήσεται τα αμαρτήματα τοις
manne, jah naiteinos swa managos υίοΐς των άνθρώπων, και βλασφη-
swaswe wajameijand; μίαι, δσας αν βλασφημήσωσιν
29 abban saei wajamereij) ahman 29 ος δ' αν βλασφημήση εις τό
weihana, ni habaib fralet aiw, ak πνεύμα τό αγιον, ούκ εχει αφεσιν
skula ist aiweinaizos frawaurhtais. εις τον αιώνα, άλλ' ενοχός έστιν
αΙωνίου άμαρτήματος.
30 unte qe{)un: ahman unhrainjana 30 δτι ελεγον πνεύμα άκάθαρτον
habaij). εχει.
31 Jah qemun ban ai^ei is jah brobr- 31 "Ερχονται ουν ή μήτηρ αυτού
jus is jah uta standandona insandi- και οί άδελφοί αύτού, και εξω
dedun du imma, haitandona ina. έστώτες απέστειλαν προς αυτόν
φωνούντες 2 αυτόν.
32 jah setun bi ina managei; qejjun 32 και έκάθητο περί αυτόν δχλος,
ban du imma: sai, ai|)ei Jjeina jah ειπον δέ αύτφ· ιδού ή μήτηρ σου
bro^ijus Jjeinai jah swistijus Reinos και οί άδελφοί σου και ai άδελφαί
uta sokjand buk. σου εξω ζητούσίν σε.
33 jah andhof im qibands: Ivo ist so 33 και άπεκρίθη αύτοϊς λέγων τίς
aijiei meina aibbau bai brojjrjus έστιν ή μήτηρ μου ή οί άδελφοί
meinai? μου;
34 jah bisailvands bisunjane bans bi 34 και περιβλεψάμενος κύκλω
sik sitandans qaj>: sai, aij>ei meina τούς περί αύτόν καθημένους λέγει-
jah bai brobrjus meinai. ιδε ή μήτηρ μου και οί άδελφοί
μου,
35 saei allis waurkeib wiljan gj>s, 35 δς γαρ αν ποιήση τό θέλημα τού
sa jah bromar meins jah swistar jah θεού, ούτος άδελφός μου και
aijjei ist. άδελφή και μήτηρ εστίν.
1
Fehlt Hs.
2
καλούντες Bernhardt.
203
Lesestücke
1
galeijjan Hs. Doch vgl. Germ. 24, 167; ZDP 5, 399 f.; WredelHeyne XI.
2
συνήχθησαν Bernhardt.
3
έν] εν Bernhardt.
4
έν] εν Bernhardt.
5
èvj εν Bernhardt.
204
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. IV
205
Lesestücke
20 jah Jjai sind Jjai ana airj)ai {lizai 20 και ούτοι είσιν oi έπί την γην την
godon saianans, t>aiei hausjand Jjata καλήν σπαρέντες, οιτινες άκού-
waurd jah andnimand, jah akran ουσιν τον λόγον και παραδέχον-
bairand, ain ·!· jah ain j· jah ain r·. ται, και καρποφοροΰσιν έν1 τριά-
κοντα καί έν2 έξήκοντα και έν3
εκατόν.
21 Jah qa{3 du im: ibai lukarn qimijD 21 Καί ελεγεν αύτοΐς· μήτι ό λύχ-
duj)e ei uf melan satjaidau aiJjJjau νος έρχεται ϊνα υπό τον μόδιον
undar ligr? niu ei ana lukarnastajjan τεθή ή υπό την κλίνην; ούχ ϊνα έπί
satjaidau? την λυχνίαν τεθη;
22 nih allis ist Iva fulginis J>atei ni 22 οι) γάρ έστίν τι κρυπτόν δ έάν μή
gabairhtjaidau; nih warf» analaugn, φανερωθή - ουδέ έγένετο άπόκρυ-
ak ei swikunf» wairjjai. φον, άλλ' ϊνα είς φανερόν έλθη.
23 jabai Ivas habai ausona hausjan- 23 εΐ τις έχει ωτα άκούειν, άκου-
dona, gahausjai. έτω.
24 Jah qa}> du im: sailvij}, Iva hau- 24 Καί ελεγεν αύτοϊς· βλέπετε τί
seif»! In {)izaiei mitaf) η ώ φ , mitada άκούετε. έν ω μέτρω μετρεΐτε,
izwis jah biaukada izwis {jaim ga- μετρηθήσεται ύμιν καί προστεθή-
laubjandam. σεται ύμϊν τοις άκούουσιν. 4
25 unte J>ish;ammeh saei habaif) 25 ός γάρ αν έχη δοθήσεται αύτφ·
gibada imma: jah saei ni habaif» jah καί δς ουκ έχει καί δ έχει άρθήσε-
J>atei habaij) afnimada imma. ται άπ' αύτοϋ.
26 Jah qa£>: swa ist {riudangardi g{)s, 26 Καί ελεγεν οϋτως έστίν ή βα-
swaswe jabai manna wairpij} fraiwa σιλεία τοΰ θεοΰ, ώς έάν άνθρωπος
ana airj)a, βάλη τον σπόρον έπί της γης,
27 jah slepit? jah urreisij) naht jah 27 καί καθεύδη καί έγείρηται νύκ-
daga, jah Jjata fraiw keinij) jah τα καί ήμέραν, καί ó σπόρος βλασ-
liudij) swe ni wait is. τάντ) καί μηκύνηται, ώς ουκ όίδεν
αυτός.
28 silbo auk airjja akran bairi}}; 28 αύτομάτη γαρ ή γή καρποφορεί,
frumist gras, J)a})roh ahs, JraJjroh πρώτον χόρτον, ειτα στάχυν, ειτα
fulleij)5 kaurnis in jjamma ahsa. πλήρη σΐτον έν τώ στάχυϊ.
έν] εν Bernhardt.
2
έν] i v Bernhardt.
3
έν] έν Bernhardt.
4
τοις άκούουσιν fehlt Bernhardt.
5
fullib Streitberg (Kluge § 131).
206
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. IV
1
stasis Cosijn (Streitberg II, 129).
207
Lesestücke
Kap. V. V.
1 Jah qemun hindar marein in landa 1 Και ήλθον εις το πέραν της
Gaddarene. θαλάσσης εις την χ ώ ρ α ν τών
Γαδαρηνών.
2 jah usgaggandin imma us skipa 2 και έξελθόντι α ύ τ ώ εκ τοϋ
suns gamotida imma manna us πλοίου ευθέως άπήντησεν αύτώ έκ
aurahjom in ahmin unhrainjamma, τών μνημείων άνθρωπος 1 έν πνεύ-
ματι ά κ α θ ά ρ τ ω ,
3 saei bauain habaida in aurahjom: 3 ος την κατοίκησιν ειχεν έν τοις
jah ni naudibandjom eisarneinaim μνήμασιν, και οϋτε άλύσεσιν ού-
manna mahta ina gabindan. δείς έδύνατο αύτόν δήσαι,
4 unte is ufta eisarnam bi fotuns ga- 4 δια τό αύτόν πολλάκις πέδαις και
buganaim jah naudibandjom eisar- άλύσεσιν δεδέσθαι και διεσπάσθαι
neinaim gabundans was, jah ga- ύ π ' αύτοΰ τάς άλύσεις και τάς
lausida af sis J>os naudibandjos, jah π έ δ α ς συντετρΐφθαι, καί ούδείς
{JO ana fotum eisarna gabrak jah ϊσχυεν αύτόν δαμάσαι.
manna ni mahta ina gatamjan. 2
5 jah sinteino nahtam jah dagam in 5 και διαπαντός νυκτός και ήμέρας
aurahjom jah in fairgunjam was έν τοις μνήμασιν και έν τοις ορεσιν
hropjands jah bliggwands sik stai- ην κ ρ ά ζ ω ν καί κατακόπτων εαυ-
nam. τόν λίθοις.
6 gasailvands 3 f>an Iesu fairrajjro 6 ίδών δε τον Ίησοΰν μακρόθεν
rann jah inwait ina, εδραμεν και προσεκύνησεν αύτόν,
1
άνθρωπος έκ τών μνημείων Bernhardt.
2
Randglosse gabindan.
3
gasaisailvands Hs.
208
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. V
7 jah hropjands stibnai mikilai qajj: 7 και κράξας φωνή μεγάλη ειπεν·
Iva mis jah JJUS, Imi, sunau gj>s bis τί έμοί και σοί, 'Ιησού υιέ του θεού
hauhistins? biswara £uk bi guda, ni του υψίστου; ορκίζω σε τον θεόν,
balwjais mis! μή με βασανίσης.
8 unte qaj) imma: usgagg, ahma 8 ελεγεν γαρ αύτφ· εξελθε, το
unhrainja, us bamma mann! πνεύμα τό άκάθαρτον, έκ του
άνθρώπου.
9 jah frah ina: Iva namo t>ein? jah 9 και έπηρώτα αυτόν· τί ονομά σοι;
qaj) du imma: namo mein Laigaion, και λέγει αύτω· λεγεών ονομά μοι,
unte managai sijum. ότι πολλοί έσμεν.
10 jah bab ina filu ei ni usdrebi im 10 καί παρεκάλει αυτόν πολλά ίνα
us landa. μή άποστείλη αυτούς εξω της
χώρας.
11 wasuh ban jainar hairda sweine 11 ήν δε έκεΐ άγέλη χοίρων
haldana at Jjamma fairgunja. βοσκομένη προς τω ορει.
12 jah bedun ina alios J>os unhul- 12 καί παρεκάλεσαν αυτόν πάντες
bons qibandeins: insandei unsis in οί δαίμονες λέγοντες· πέμψον
bo sweina, ei in f>o galei£>aima. ημάς εις τους χοίρους, ίνα εϊς
αύτοΰς είσέλθωμεν.
13 jah uslaubida im I&SMS suns, jah 13 καί έπέτρεψεν αύτοίς ευθέως ό
usgaggandans ahmans bai unhrain- Ίησοΰς. καί εξελθόντα τά πνεύ-
jans galibun in bo sweina, jah rann ματα τά άκάθαρτα είσήλθον είς
so hairda and driuson in marein; τούς χοίρους, και ώρμησεν ή άγέλη
wesunut)-J)an swe twos Jmsundjos, κατά του κρημνού είς την θάλασ-
jah aflvapnodedun in marein. σαν, ήσαν δέ ως δισχίλιοι, καί έπ-
νίγοντο εν τή θαλάσση.
14 jah t>ai haldandans J)o sweina 14 καί ol βόσκοντες τούς χοίρους
ga{>lauhun jah gataihun in baurg jah εφυγον καί άπήγγειλαν είς την πό-
in haimom, jah qemun sailvan Iva λιν καί είς τους άγρούς, καί ήλθον
wesi bata waurjjano. ίδεϊν τί έστιν τό γεγονός.
15 jah atiddjedun du I&yua, jah ga- 15 καί έρχονται προς τον Ίησούν,
sailvand bana wodan sitandan jah καί θεωροϋσιν τον δαιμονιζόμενον
gawasidana jah frajjjandan, J>ana καθήμενον καί ίματισμένον καί
saei habaida laigaion, jah ohtedun. σωφρονούντα, τον έσχηκότα τον
λεγεώνα, καί έφοβήθησαν.
16 jah spillodedun im J>aiei ga- 16 καί διηγήσαντο αύτοίς οί Ιδόν-
selvun, Ivaiwa warb bi })ana wodan τες πώς έγένετο τω δαιμονιζομένω
jah bi J)o sweina. καί περί των χοίρων.
17 jah dugunnun bidjan ina ga- 17 καί ήρξαντο παρακαλεΐν αύτόν
leiban hindar markos seinos. άπελθεΐν άπό τών όρίων αύτών.
18 jah inngaggandan ina in skip bab 18 καί έμβάντος αυτού είς τό πλοΐ-
ina, saei was wods, ei mij) imma ον παρεκάλει αυτόν ό δαιμονισ-
wesi. θείς ϊνα μετ' αύτοΰ ή.
209
Lesestücke
19 jah ni lailot ina, ak qajj du imma: 19 και ούκ άφήκεν αυτόν, άλλα
gagg du garda J>einamma du J?ei- λέγει αύτω· ϋπαγε εις τον οΐκόν
naim, jah gateih im, Ivan filu {JUS σου προς τους σούς, και άνάγγει-
frauja gatawida jah gaarmaida {juk. λον αύτοις δσα σοι δ κύριος πε-
ποίηκεν και ήλέησέν σε.
20 jah galaijj jah dugann merjan in 20 και άπήλθεν και ήρξατο κηρύσ-
Daikapaulein, Ivan filu gatawida σειν εν τη Δεκαπόλει δσα έποίησεν
imma lest/s; jah allai sildaleiki- αύτω ό Ίησοΰς, και πάντες έθαύ-
dedun. μαζον.
210
Β. Aus dem Evangelium des Markus - Kap. V
211
Lesestücke
1
wisandin kindina Swriais ist offenbar eine in den Text geratene Randglosse der
Vorlage. Nach Wrede/Heyne ist umgekehrt raginondin Saurim das Glossem. Vgl.
KZ 41, 168; ZDF 43, 12.
212
C. Aus dem Evangelium des Lukas - Kap. II
213
Lesestücke
214
C. Aus dem Evangelium des Lukas - Kap. II
1
frauja Glosse nach Streitberg IF 23, 117 ff.; doch vgl. Streitberg I, 486.
2
anandwairfja Hs.
215
Lesestücke
ώς fehlt Bernhardt.
2
Vgl ΡΒΒ 39, 209.
3
wisedun Hs.
4
έγνωσαν Bernhardt.
216
C. Aus dem Evangelium des Lukas - Kap. II
1
allh Hs.
217
Lesestücke
Kap. I.2 I.
1 Pawlus apaustaulus Ieiuis 1 Παΰλος απόστολος Ίησοΰ Χρισ-
Xráfaus J)airh wiljan gj)s jah Tei- τ ο ί δια θελήματος θεοΰ και Τιμό-
mau£>aius bromar aikklesjon gj>s θεος ό άδελφός τή έκκλησία του
{>izai wisandein in Kaurinjîon mij) θεοΰ τη οΰση έν Κορίνθω συν τοις
allaim Jjaim weiham })aim wisan- άγίοις πάσιν τοις ούσιν έν ολη τή
dam in allai Akaijai: Άχαϊα·
2 ansts izwis jah gawairjji fram gjja 2 χάρις ύμΐν και ειρήνη άπό θεοΰ
attin unsaramma jah îraufm Iesu πατρός ήμών και κυρίου Ίησοΰ
Xráfau. Χρίστου.
3 ï>iulîil>s gj> jah atta íraujms unsaris 3 Εύλογητός ό θεός και πατήρ τοΰ
Ieíuis Xráíaus, atta blei^einojah g[) κυρίου ήμών Ίησοΰ Χριστοΰ, ό
allaizo gajjlaihte, πατήρ των οίκτιρμών καί θεός
πάσης παρακλήσεως,
4 saei gajjrafstida uns ana allai 4 ό παρακαλών ή μας έπί πάση τη
aglon unsarai, ei mageima weis θλίψει ήμών, είς το δΰνασθαι ήμάς
gajjrafstjan jjans in allaim aglom παρακαλεΐν τους έν πάση θλίψει
J)airh l>o gajìlaiht Jìizaiei ga{)rafsti- δια της παρακλήσεως ής παρα-
dai sijum silbans fram g|)a. καλούμεθα αυτοί υπό τοΰ θεοΰ.
5 unte swaswe ufarassus ist bul ai ne 5 δτι καθώς περισσεύει τα παθή-
Xráíaus in uns, swa jah l>airh Xráfti ματα τοΰ Χριστοΰ είς ημάς, ού-
ufar filu ist jah gajjrafsteins unsara. τως 3 δια τοΰ Χριστοΰ περισσεύει
και ή παράκλησις ήμών.
6 ajilan jaJ)J>e [jreihanda, in izwa- 6 εϊτε δέ θλιβόμεθα, υπέρ της υμών
raizos gajriaihtais jah naseinais παρακλήσεως καί σωτηρίας της
Jjizos waurstweigons in stiwitja J)izo ένεργουμένης έν υπομονή τών
samono {>ulaine, {jozei jah weis win- αυτών παθημάτων ων καί ήμεΐς
nam, jah wens unsara gatulgida faur πάσχομεν, καί ή έλπίς ήμών βε-
izwis; jajDj>e gajjrafstjanda in izwa- βαία υπέρ υμών· είτε παρακαλού-
raizos gablaihtais jah naseinais, μεθα, υπέρ τής υμών παρακλή-
σεως καί σωτηρίας,
1
Vgl. dazu Kauffmann, ZDP 35, 4 3 3 f f .
2
Nach cod. B, von V. 8 an mit den Varianten von A.
3
ούτως καί Bernhardt.
218
D. Aus dem zweiten Korintherbrief- Kap. I
1
ιών παθημάτων έστέ Bernhardt.
2
In A: swaswe afswaggwidai weseima jal-liban, dazu Randglosse skamaidedeima.
Vgl. ZDP 35, 436/, 453; PBB 30, 255 (afaggwidai?).
3
τηλικούτου θανάτου Bernhardt, vgl. ZDP 35, 434.
4
ετι fehlt Bernhardt.
5
usmetum A.
6
και fehlt Bernhardt.
219
Lesestücke
1
Xristaus fehlt Α.
2
Χρίστου fehlt Bernhardt.
3
ja Μ ·
4
Makaidonja Α.
5
Makaidonjai Α.
6
ei ni sijai Β (vgl. Streitberg I, 282).
7
jan Λ.
8
meijada Α.
9
Teimaijsaiu ni Α.
10
jan Α.
11
jal) Α.
220
D. Aus dem zweiten Korintherbrief - Kap. II
Kap. Π.3 Π.
1 Afijan gastauida J>ata silbo at mis, 1 Έκρινα δέ έμαυτώ τοΰτο, τό μη
ei aftra in saurgai ni qimau at izwis. πάλιν έν λύπη έλθεϊν προς ύμας.
2 unte jabai ik gaurja izwis, jah Ivas 2 εί γαρ έγώ λυπώ ύμάς, κα'ι τίς
ist saei gailjai mik, niba4 sa gaurida έστιν δ εύφραίνων με, εί μη δ
us mis? λυπούμενος έξ έμοϋ;
3 jaj)-5 Jjata silbo gamelida izwis, 3 και έγραψα ύμιν τοΰτο αυτό 7 ίνα
ei qimands saurga ni habau fram μη έλθών λύπην έχω άφ' ών εδει με
Jjaimei skulda faginon, gatrauands χαίρειν, πεποιθώς έπί πάντας ύμάς
in allaim izwis fiatei meina fahejjs6 δτι ή έμή χαρά πάντων ύμών έστιν.
allaize izwara ist.
4 at)J)an us managai aglon jah 4 έκ γάρ πολλής θλίψεως και συν-
aggwijjai hairtins gamelida izwis οχής καρδίας έγραψα ύμιν διά
})airh managa tagra, ni Jjeei saur- πολλών δακρύων, ούχ Ινα λυπηθή-
gaijj, ak ei frija^wa 8 kunneij) Jîoei τε, άλλα την άγάπην Ινα γνώτε ην
haba ufarassau du izwis. εχω περισσοτέρως ε'ις ύμάς.
5 ajilan jabai Ivas gaurida, ni mik 5 εί δέ τις λελύπηκεν, ούκ έμέ
gaurida, ak bi sum ain, ei ni ana- λελύπηκεν, άλλα άπό μέρους, ϊνα
kauijau allans izwis. μη έπιβαρώ πάντας ύμάς.
1
uns Α.
2
salbonsd Α.
3
Kap. II. III nach A mit den Varianten von Β.
4
nibai Β.
5
jah Β.
6
faheds Β.
7
και τοΰτο αυτό έγραψα ύμιν Bernhardt.
8
friajjwa Β.
221
Lesestücke
1
jah Ä
2
υμάς μάλλον Bernhardt.
3
inuh Β.
4
Für fragaf beide Male fragiba B.
5
Randglosse ni gafaihondau in A; vgl. ZDP 35, 437. 453.
6
aiwaggeljon B.
7
twistandands imma B.
8
in Makidonja B.
9
awiliud B.
10
fairh uns hinter stadim in B.
222
D. Aus dem zweiten Korintherbrief - Kap. III
1
Glosse fralusnandam Α.
2
sumaim auk dauns clausus B\ vgl. ZDP 35, 437,458 und Streitberg ζ. St.
3
jah Β.
4
έκ θανάτου Bernhardt.
5
έκ ζωής Bernhardt.
6
sijum Β, swe fehlt Β.
7
ή Bernhardt.
8
sijut> Β.
9
swikunj) Β.
10
sijuj) Β.
11
swartizla Β; vgl. Grienberger 204.
12
laiktjo am Rande B.
223
Lesestücke
5 ni Jjatei wairfai sijaima fagkjan 5 ούχ δτι ικανοί έομεν άφ' έαυτών
Iva af uns silbam, swaswe af uns λογίσασθαι τι,2 ώς έξ έαυτών, άλλ'
silbam1, ak so wairfida unsara us ή Ικανότης ήμών έκ τοϋ θεοϋ,
g f a ist,
6 izei jah wairf ans brahta uns and- 6 δς και Ικάνωσεν ημάς διακόνους
bahtans niujaizos triggwos, ni bo- καινής διαθήκης, ου γράμματος
kos, ak ahmins; unte boka usqimif, άλλά πνεύματος· τό γαρ γράμμα
ψ ahma gaqiujif. άποκτείνει, τό δε πνεύμα ζωο-
ποιέ!.
7 a f f a n jabai andbahti daufaus in 7 ει δέ ή διακονία τοϋ θανάτου έν
gameleinim gafrisahtif in stainam γράμμασιν έντετυπωμένη έν λίθοις
warf wulfag, swaei ni mahtedei- έγενήθη έν δόξη, ώστε μή δύνα-
na 3 sunjus Israelis fairweitjan du σθαι άτενίσαι τους υ ίου ς 'Ισραήλ
wlita Mosezis in wulf aus wlitis is f i s είς τό πρόσωπον Μωσέως δια τήν
gataurnandins, δόξαν τοϋ προσώπου αυτοϋ τήν
καταργουμένην,
8 h>aiwa nei mais andbahti ahmins 8 πώς ούχι μάλλον ή διακονία του
wairf ai in wulf au? πνεύματος εσται έν δόξη;
9 jabai auk andbahtja 4 wargifos 9 εί γάρ ή διακονία 6 τής κατα-
wulfus, und filu mais ufarist and- κρίσεως δόξα, πολλώ μάλλον
bahti garaihteins in5 wulf au. περισσεύει ή διακονία τής δικαιο-
σύνης έν δόξη.
10 unte ni was wulfag ¡Data wulfago 10 και γαρ ου δεδόξασται τό
in fizai halbai in ufarassaus wul- δεδοξασμένον έν τούτω τω μέρει
faus; ένεκεν τής ύπερβαλλούσης δόξης.
11 jabai auk f a t a gataurnando 11 εί γαρ τό καταργούμενον δια
fairh wulfu, und filu mais f a t a δόξης, πολλώ μάλλον τό μένον έν
wisando in wulf au. δόξη.
224
D. Aus dem zweiten Korintherbrief- Kap. IV
1
Glosse afblindnodedun in Α; vgl. ZDP 35,438,454.
2
κείται nach κάλυμμα Bernhardt.
3
freijhals A.
4
wulj>au B.
5
Kap. IV. V. nach Β, mit den Varianten von A.
6
andbahtei A.
7
wairj>am A\ vgl. ZDP 35, 454.
8
ni Α.
9
sunjus Α.
225
Lesestücke
1
liuhadeins Α.
1
ungasaihjanins fehlt Α. Vgl. Streitberg ζ. St., WredelHeyneXlf.
3
unskalkans Α.
4
Ίησοϋν Χριστόν Bernhardt.
5
laiktjo am Rande B.
6
Mit unsaram bricht A ab.
1
Das kursiv Gedruckte fehlt in der Hs. und ist nach dem griech. Original ergänzt;
vgl. Streitberg.
8
σώματι ήμών Bernhardt.
226
D. Aus dem zweiten Korintherbrief - Kap. IV
1
διό και Bernhardt.
2
tveiht Hs.
3
παραυτίκα πρόσκαιρον και έλαφρόν Bernhardt.
4
πρόσκαιρά έστιν Bernhardt.
227
Lesestücke
Kap. V. V.
1 Witum auk fjatei jabai sa air}>eina 1 Οΐδαμεν γάρ δτι εάν ή επίγειος
unsar gards Jjizos hlei^ros gataira- ημών οικία τοΰ σκήνους κατα-
da, ei gatimijon us1 gjja habam, λυθή, οίκοδομήν2 έκ θεού εχομεν,
gard unhanduwaurhtana aiweinana οίκίαν άχειροποίητον αίώνιον έν
in himinam. τοις ούρανοΐς.
2 unte jah in jjamma swogatjam, 2 και γάρ έν τούτω στενάζομεν, τό
bauainai unsarai {rizai us himina οίκητήριον ημών τό έξ ουρανοί)
ufarhamon gairnjandans, έπενδύσασθαι έπιποθοΰντες,
3 jabai swe^auh jah 3 gawasidai, ni 3 εΐ γε και ένδυσάμενοι, ού γυμνοί
naqadai bigitaindau. εύρεθησόμεθα.
4 jah auk wisandans in J>izai hleijjrai 4 και γαρ οί δντες έν τφ σκήνει
swogatjam kauridai, ana Cammei στενάζομεν βαρούμενοι, έφ φ ού
ni wileima afhamon, ak anahamon, θέλομεν έκδύσασθαι άλλ' έπενδύ-
ei fraslindaidau J>ata diwano fram σασθαι, ίνα καταποθή τό θνητόν
libainai. υπό της ζωής.
5 a^Jjan saei jah 4 gamanwida uns du 5 ó δε κατεργασάμενος ημάς εις
J>amma gj), saei jah gaf uns5 wadi αύτό τούτο θεός, ό και δούς ήμΐν
ahman. τον άρραβώνα τοΰ πνεύματος.
6 gatrauandans nu sinteino jah wi- 6 θαρρούντες οΰν πάντοτε και εΐ-
tandans Jjatei wisandans in jDamma δότες δτι ενδημούντες έν τφ σώμα-
leika afhaimjai sijum fram fraujm; τι έκδημούμεν άπό τοΰ κυρίου·
7 unte J>airh galaubein gaggam, ni 7 δια πίστεως γάρ περιπατοΰμεν,
}>airh siun; ού διό. είδους·
8 a ^ a n gatrauam jah waljam mais 8 θαρρούμεν δέ και εύδοκοΰμεν
usleijjan us £>amma leika jah ana- μάλλον έκδημήσαι έκ τοΰ σώματος
haimjai6 wisan at îraujm. και ένδημήσαι προς τον κύριον.
9 inuh7 J)is usdaudjam, jaJ)J>e ana- 9 διό και φιλοτιμούμεθα, είτε έν-
haimjai jaJjJje afhaimjai, waila ga- δημοΰντες είτε έκδημοΰντες, εύ-
leikan imma. άρεστοι αύτω είναι.
10 unte allai weis ataugjan skuldai 10 τους γαρ πάντας ημάς φανε-
sijum faura stauastola Xráíaus, ei ρωθήναι δει εμπροσθεν τοΰ βήμα-
ganimai Ivarjizuh J>o swesona leikis, τος τοΰ Χριστού, ϊνα κομίσηται
afar Jjaimei gatawida, j a ^ e J^iuJî έκαστος τα ϊδια 8 τοΰ σώματος
ja}){)e unj)iuj>. προς α. επραξεν, είτε άγαθόν εϊτε
κακόν.
' Hier tritt A wieder ein.
2
δτι οίκοδομήν Bernhardt.
3
jah fehlt A.
4
jag A
5
unsis A.
6
anahaimjaim Streitberg.
7
ίηιφ Α.
8
s. Streitberg zur Stelle.
228
D. Aus dem zweiten Korintherbrief- Kap. V
111 Witandans nu agis ïraufms man- 11 ΕΙδότες ουν τόν φόβον τοΰ κυ-
nans fullaweisjam, φ g{>a swikunjjai ρίου ανθρώπους πείθομεν, θεφ δέ
sijum. aJ)J)an wenja jah in mijiwis- πεφανερώμεθα· έλπίζω δέ και έν
seim izwaraim swikunjjans wisan ταϊς συνειδήσεσιν ύμών πεφανε-
uns, ρώσθαι.
12 ni ei aftra uns silbans uskannjai- 12 ού γαρ πάλιν έαυτούς συν-
ma2 izwis, ak lew gibandans izwis ιστάνωμεν ύμιν, άλλ' άφορμήν
Ivoftuljos fram uns,3 ei habaij) wi^ra δίδοντες ύμΐν καυχήματος υπέρ
t>ans in andwairfeja Ivopandans jah ημών, ίνα έχητε προς τους έν
ni hairtin.4 προσώπω καυχωμένους και ου
καρδΰ}.
13 unte ja{3|3e usgeisnodedum, g{)a, 13 είτε γαρ έξέστημεν, θεώ· είτε
jat>t>e fullafraj)jam, izwis. σωφρονοϋμεν, ύμΐν.
14 unte friafciwa Xrwíaus dishabaij) 14 ή γαρ άγάπη τοΰ Χρίστου συν-
uns. έχει ημάς.
15 domjandans fiata {Datei ains faur 15 κρίνοντας τοΰτο, δτι εις ύπέρ
allans gaswalt, fiannu allai gaswul- πάντων άπέθανεν· άρα ol πάντες
tun; jah faur allans gaswalt, ei J>ai άπέθανον· και ύπέρ πάντων άπ-
libandans ni ftanaseijjs sis silbam έθανεν, ίνα ol ζώντες μηκέτι έαυ-
libaina,5 ak {>amma faur sik ga- τοΐς ζώσιν άλλα τω υπέρ αυτών
swiltandin jah urreisandin. άποθανόντι και έγερθέντι.
16 swaei weis fram fiamma nu ni 16 ώστε ημείς άπό τοΰ νυν ούδένα
ainnohun kunnum bi leika; φ jabai οΐδαμεν κατά σάρκα· εί δέ έγνώ-
ufkun})edum bi leika XristvL, akei nu καμεν κατά σάρκα Χριστόν, άλλά
ni jianaseifjs ni kunnum ina.6 νυν ούκέτι γινώσκομεν.
17 swaei jabai h>o in Xrwiau niuja 17 ώστε εΐ τις έν Χριστώ, καινή
gaskafts, {30 alcona uslijjun; sai, κτίσις, τα αρχαία παρήλθεν, Ιδού
waurfmn niuja alla. γέγονεν καινά τα πάντα.
18 aJ)J)an alia us gj>a, Jjamma ga- 18 τα δέ πάντα έκ τοΰ θεοΰ τοΰ
frijxmdin uns sis7 £>airh Xristu jah 8 καταλλάξαντος ημάς έαυτώ διά
gibandin uns9 andbahti gafrijjonais, Χριστοΰ και δόντος ήμΐν τήν δια-
κονίαν της καταλλαγής,
1
laiktjo am Rande Β.
2
Glosse anafilhaima A; vgl. ZDP 35, 438.
3
unsis A.
4
jan-ni in hairtin A; vgl. ZDP 35, 454.
5
libainai B.
6
ina fehlt A.
7
uns sis] unsis AB.
8
jag A.
9
unsis A.
229
Lesestücke
Über Johannes VI, 8-13. Der Text beruht auf den Lesungen von Bennett.
Hochstellung bedeutet Korrekturen des Schreibers oder Korrektors der
Handschrift; Kursivschrift kennzeichnet Auflösung von Abkürzungen.
1
bidjandans Α, δεόμενοι und daraufκαταλλαγηναι (= gagawairfnan) Bernhardt,
vgl. ZDP 35, 438,454.
2
Vgl. die vorige Anm.
3
izeA.
4
Vgl. Friedrichsen, NTSt 16, 281-283.
230
E. Aus der Skeireins
mahtais filusna ustaiknida, ak jah in J>aim fiskam, swa filu auk swe gatawida
i n s JjalTo l a s ize wairjjan, swaei ainluaijanoh swa filu swe wilda andniman is
gatawida; jah ni in waihtai waninassu J^izai filusnai wairjja« gatawida, akei
4 nauh us {Damma filu mais siponjans fullafahida jah anjjaraws gamau-
dida gauwjan, {jatei is was sa sama, saei in au^idai -m- jere attans ize fodida.
{Danuh, bijje sadai waurjjun, qaj) siponja/M seinaim: galisijD {DOS aflifnandeins
drausnos, ei waihtai ni fraqistnai {Danuh galesu« jah gafullidedun -ib-
tainjons gabruko us J)aim e· hlaibam barizeinam jah -b- fiskam, {Datei
aflifnoda at J>aim (...)
8 Qa{> ains jjize siponje is, Andraias, 8 Λέγει αύτφ εις έκ των μαθητών
bromar Paitraus Seimonaus: αυτού, 'Ανδρέας ó άδελφός Σίμω-
νος Πέτρου-
9 ist maguía ains her, saei habai{D -e- 9 εστίν παιδάριον εν ώδε δ εχει
hlaibans barizeinans jah -b- fiskans; πέντε άρτους κρίθινους και δύο
akei {Data Iva ist du swa managaim? όψάρια- άλλα ταύτα τί έστιν εις
τοσούτους;
10 φ Iesus qa{>: waurkeijD {Dans mans 10 είπεν δέ ό 'Ιησούς- ποιήσατε
anakumbjan. wasuh {Dan hawi ma- τους ανθρώπους άναπεσεΐν. ήν δέ
nag ana {Damma Stada. {Daruh ana- χόρτος πολύς έν τώ τόπω. άνέπε-
kumbidedun wairos rajDjon swaswe σον ούν οι άνδρες τον άριθμόν
fimf {jusundjos. ώσεί πεντακισχίλιοι.
11 namuh {Dan {Dans hlaibans Iesus 11 ελαβεν δέ τούς άρτους ó 'Ιησούς
jah awiliudonds gadailida {Daim και εύχαριστήσας, διέδωκεν τοις
anakumbjandam; samaleiko jah άνακειμένοις, ομοίως και έκ τών
t>ize fiske, swa filu swe wildedun. όψαρίων δσον ήθελον.
12 {Danuh, bi{De sadai waurjDun, qa{D 12 ώς δέ ένεπλήσθησαν, λέγει τοις
du siponjam seinaim: galisi(> {DOS μαθηταΐς αυτού- συναγάγετε τά
aflifnandeins drauhsnos, f>ei waih- περισσεύσαντα κλάσματα, ίνα μη
tai ni fraqistnai. τι άπόληται.
13 {Danuh galesun jah gafullidedun 13 συνήγαγον ουν και έγέμισαν
ib· tainjons gabruko us fimf hlai- δώδεκα κοφίνους κλασμάτων έκ
bam {Daim barizeinam, {Datei af- τών πέντε άρτων τών κρίθινων, &
lifnoda {Daim matjandam. έπερίσσευσεν τοις βεβρωκόσιν.
231
WÖRTERVERZEICHNIS
233
Wörterverzeichnis
234
Wörterverzeichnis
alan* st. Vb. (177) 'sich nähren'. halb' (έφ' φ) 2.Kor. 5,4. - 2. Adv.
ala-parba sw. Adj. (132 A.2) 'arm'. 'außerdem, darauf. - 3. Präfix
aldoma* (aldumcfí 14 A.3; 139 A.2) m. (217a).
(-/no* η.?) γήρας, 'Greisenalter'. ana-busns (-büsnsl) f. (15 A.l; 31 A.l;
aids* f. 'Menschenalter, Zeit, Leben'. 75 A.l) 'Gebot, Auftrag'.
oleina f. 'Elle'. ana-fllh n. 'Empfehlung' (zu fllhan).
alew* n. (94 A.l; 119) lat. oleum, 'Öl'. ana-haimeis* Adj. (128 A.l) 'in der
aleweis* sw. Adj. (42,2) 'Öl-'. Heimat befindlich, anwesend'.
Alfaius PN. Άλφαΐος. anaks Adv. (214 A.l) 'plötzlich'.
alhs f. (116) ίερόν, ναός, 'Tempel'. ana-kunnains* f. άνάγνωσις, 'Lesung'
alja Konj. 'außer, nur'; Präp. (217). (vgl. ana-kunnan).
alja-kuns Adj. (14 A.3; 88a; 130) 'von ana-laugniba Adv. (210) 'im gehei-
anderswoher stammend, fremd'. men'.
alja-leikô (126 A.la), alja-leikôs (212) ana-laugns* Adj. (130) 'verborgen'.
Adv. 'anders'. ana-leikô Adv. 'ähnlich'.
aljar Adv. (213) 'anderswo'. us-, uz-anan* st. Vb. (78 A.4; 177 A.l)
aljap Adv. (213) 'anderswohin'. 'aushauchen'.
aljaprô Adv. (213) 'anderswoher'. ana-siuns* Adj. (130 'sichtbar'. - Adv.
aljis* Adj. (126 mit A.la) 'ein ande- un-ana-siuniba (210) 'unsichtbar'.
rer'. ana-stôdeins f. 'Anfang' (zu ana-
allandjô Adv. (211) 'vollständig, ganz stôdjari).
und gar'. and Präp. mit Akk. (217) 'über etwas
allaprô Adv. (213) 'von allen Seiten hin, entlang; auf, in, über'. - Präfix,
her'. bei Nomina auch anda- (217a).
allis 1. Adv. (215) 'überhaupt, ganz anda-beit n. 'Tadel' (vgl. and-beitan).
und gar', ni - allis 'überhaupt anda-hafts f. 'Antwort, Erwiderung;
nicht'; 2. Konj. (stets nachgesetzt) Verteidigung' (vgl. and-hafjan).
'denn' (218). anda-nahti n. 'Abend'.
alls Adj. (122 A.l) 'all, ganz, jeder'. anda-neips* Adj. 'feindlich, entgegen';
all-waldands Part. m. (115,7) 'der All- pata andaneipô 'im Gegenteil' (zu
mächtige'. neip* n. 'Neid').
us-alpan* redupl. Vb. (179 A.l) 'alt anda-nêm n. (33) 'Empfang, Annah-
werden'. me'.
alpeis Adj. (128) 'alt'; Ntr.Pl. pô anda-nêms Adj. (33; 130; 217a A.l)
alpjôna 'das Alte'. 'angenehm'.
Amalaberga PN. (54 A.2). anda-numtsf. (33; 82 A.l) 'Annahme'.
Amalafrigda PN. (3 A.2). anda-sêts* Adj. (34; 130) 'verabscheu-
amen άμήν 'wahrlich'. ungswürdig'.
ams* (oder amsa*l) m. (91 A.4) anda-stapjis* m. (92,c) 'Widersacher'.
'Schulter'. anda-staua m. 'Gegner vor Gericht'.
an Fragepart. (216) 'denn?'. anda-pähts Adj. (5; 209) 'bedächtig,
ana 1. Präp. mit Dat. und Akk. (217) verständig'.
'an, auf; in, über'; ana pammei 'wes- and-augiba, and-augjô Adv. (130 A.4;
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210 A.3; 211 mit A.la) 'freimütig, arbjô f. (112) 'die Erbin'.
offen' (zu and-augi n. 'Antlitz'). arhazna* f. (79 A.4) 'Pfeil'.
anda-waúrdi η. 'Antwort'. Ariaricus PN. (3 A.2).
anda-wleizn n. (?) 'Angesicht'. arjan* redupl. Vb. (179 A.5) 'pflü-
and-bahti n. (95 A.l) 'Amt, Dienst'. gen'.
and-bahtjan sw. Vb. (187) mit Akk. ark-aggilus* m. (57) 'Erzengel'.
'etwas leisten'; mit Dat. 'jemandem Arkippus* PN. (51 A.la)"Αρχιππος.
dienen'. arma-haírtipa f. έλεημοσύνη, 'Almo-
and-bahts m. (a) 'Diener'. sen'.
andéism. (92 A.l) 'Ende'. armaiô f. (22 A.2; 112) 'Erbarmen; Al-
and-huleins* f. 'Enthüllung, Offenba- mosen'.
rung' (vgl. and-huljan). arman* sw. Vb. 'sich erbarmen'. -
andi-laus Adj. (88a A.2) 'endlos'. Kompos. ga-arman* dass.
andiz-uh Konj. (218) 'anders, sonst'. arms m. (101 A.4) 'der Arm'.
Andraias, Gen. Andraiïns, Akk. amiba Adv. (130 A.4; 210) 'sicher'.
Andraian PN. 'Ανδρέας. arwjô Adv. (42,4; 211) 'umsonst, ver-
and-waírpi η. (95) 'Gegenwart, Ange- gebens'.
sicht'; faúra und in andwairpja 'in Asaf PN. (79 A.2) Άσάφ.
Gegenwart, vor'. asans f. (103) 'Ernte, Sommer'.
and-wairpis Adv. (216), Präp. mit Dat. Aser* PN. Άσήρ.
(217) 'gegenüber'. Asia* f. ON. Asien.
and-wairps Adj., -waírpó Adv. (211) asilu-qaírnus f.? (105) 'Eselsmühle'.
'gegenwärtig'. asilus* m. f. (105) 'Esel, Eselin'.
Anna PN. "Αννα. asneis m. (92) 'Lohnarbeiter, Miet-
Annas PN. (3 A.l) "Αννας. ling'.
ans* m. (91 A.4) 'Balken'. asts m. (a) 'Ast'.
ansteigs Adj. (124,d) 'gnädig'. at Präp. mit Dat. und Akk. (217)
ansts f. (103) 'Freude; Gunst, Gnade; 'bei, zu'. 1. räumlich nur mit Dat.
Gnadengesuch, Gabe'. 'bei, zu, an'. 2. zeitlich mit Akk.
Antiokja* (Antiaukia*) ON. (11 A.l; 'auf: at dulp 'auf das Fest'; mit Dat.
43 A.2) 'Αντιόχεια. besonders zur Verstärkung des
anpar Adj. (122 A.l; 124 A.l,4; 126 Zeitbegriffs bei den Dat. absol.
A.la; 146) 'anderer, zweiter, übri- (z.B. Mk. 4,6.35, Lk. 2,2). - Präfix
ger'. (217a).
apaustauius m. (120 A.l) άπόστολος, Athanaildus PN. (65 A.l).
'Apostel'. - apaustulus* (13 A.l; Athanaricus PN. (3 A.2).
120 A.3). atisk* n. (oder atisks* m., 91 A.2)
aqizi f. 'Axt'. 'Saat, Saatfeld'.
arbaidjan* sw. Vb. 'arbeiten, dulden'. atta m. (69 A.l; 107 f.; 114 A.2)
arbaips f. (103) 'Arbeit, Drangsal'. 'Vater'.
arbin. (95) 'das Erbe'. appan Konj. (218) 'aber, doch, aber
arbi-nnmja m. (88a) 'der Erbe'. doch, aber ja, denn zwar' (stets am
arbja m. (108) 'der Erbe'. Anfang des Satzes).
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Wörterverzeichnis
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Wörterverzeichnis
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Wörterverzeichnis
bôtjan* sw. Vb. mit Akk. 'besser ma- daddjan* sw. Vb. (73 A.l) 'säugen'.
chen, bessern, helfen, nützen'. dags m. (90) 'Tag'; - daga jah daga
braideii. (113) 'Breite'. 'Tag für Tag, täglich'; himma daga
braips*, braids Adj. (74 A.2) 'breit'. 'heute' (214).
brakja f. (33 A.2; 97a) 'Ringkampf, daigs m. (91,a) 'Teig'.
Ringen'. Daikapaulis*, Dat. Daikapaulein ON.
in-brannjan* sw. Vb. (80 A.l; 187) 'in Δεκάπολις.
Brand setzen'. dailjan sw. Vb. (188) 'teilen'. - Kom-
briggan an. Vb. (174 A.2; 208) 'brin- pos. ga-dailjan* 'teilen, zerteilen'.
gen, führen, herbeibringen', 'zu dails* f. (103) 'Teil'.
etw. machen' (z.B. wairpans dal* n.? (94 A.2) 'Tal'.
briggan 'würdig machen'). dalap Adv. (213) 'abwärts'.
brikan* st. Vb. (33 A.2; 175 A.l) 'bre- dalapa Adv. (213) 'unten'.
chen'. - Kompos. ga-brikan* 'ent- dalaprô Adv. (213) 'von unten'.
zweibrechen, zerbrechen'. ga-dars Prät.-Präs. (199) 'ich wage';
brinnan* st. Vb. (174 A.l) 'brennen' Inf. ga-daúrsan.
(intrans.). - Kompos. uf-brinnan* daubipa* f. 'Taubheit, Verstocktheit'.
'verbrennen'. af-daubnan* sw. Vb. 'taub, verstockt
brinnô f. (112) 'Fieber'. werden' (vgl. daufs*).
brôpar m. (114) 'Bruder'. us-daudjan* sw. Vb. 'sich beeifern, sich
brôpru-lubô* f. (88a A.2. 3; 114 A.l; befleißigen' (zu us-daups*).
210 A.l)'Bruderliebe'. daufs* Adj. (56 A.l; 124 A.2) 'taub'.
brûkjan an. Vb. (15; 209) 'gebrauchen' daug Prät.-Präs. (198) 'es nützt'.
(mit Gen.); leihtis brûkjan 'leicht- dauhtar f. (114) 'Tochter'.
sinnig handeln'. dauns f. εύωδία, 'Geruch, Wohlge-
us-bruknan* sw. Vb. (194) 'abbrechen' ruch'.
(intrans.). daupeins f. 'Taufe; Abwaschung'.
brûks Adj. (15; 130) 'nützlich, brauch- daupjan sw. Vb. 'taufen' - daupjands
bar'. Part. m. (115,9)'Täufer'.
brunjô* f. (112) θώραξ, 'Brustpanzer'. daúr η. 'einflügeliges Tor'.
brunna m. 'Brunnen, Quell'. daúra-warda* f. (112 A.3) 'Türhüte-
-brunsts f. (49) in ala-brunsts όλο- rin'.
καύτωμα, 'Brandopfer'. daúra-wardó f. (112 A.3) dass, (nur
brusts f. PI. (116)'Brust'. Jh. 18,17).
brûp-faps, Gen. -fadis m. (88a A.l; daúra-wards m. (112 A.3) 'Türhüter'.
101) 'Bräutigam'. ga-daúrsan s. ga-dars.
brûps* f. (15; 103) 'junge Frau'. daupeins* f. 'das Sterben, Absterben'
bugjan* an. Vb. (209) 'kaufen'. (idaupjan* sw. Vb. 'töten').
and-bundnan* sw. Vb. (194) 'sich ga-daupnan sw. Vb. (194) 'sterben'.
lösen'. daups, Gen. daupis Adj. 'tot' (zu
*diwari).
ga-daban st. Vb. (177 A.l) mit Akk. daupubleis* Adj. (128 A.l) 'dem Tode
'sich ereignen'. - Vgl. ga-dôfs*. geweiht'.
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Wörterverzeichnis
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Wörterverzeichnis
\fadreins* f. (94 A.4; 103 A.5) 'Ge- -faps m. 'Herr', s. brüp-, swnagoga-*,
schlecht'.] püsundi-faps.
faginôn sw. Vb. (66 A.l; 190) 'sich faúr Präp. mit Akk. (217) 'vor, vor -
freuen'. hin, längs - hin; für, um - willen, in
fagrs* Adj. 'passend'. betreff. - Präfix (217a).
fâhan redupl. Vb. (5,b; 179) 'fangen'. faúra 1. Adv. 'vorn, vorher'. 2. Präp.
fahêps (fahêds) f. (103) 'Freude' (Akk. mit Dat. (217) 'vor'. - Präfix
faheid 7 A.2). (217a).
faian* redupl. Vb. (22 A.2; 182 A.l) faúra-dauri* n. (95) 'Gasse'.
'tadeln'. faúra-gaggja m. (67 A.l; 108 A.2)
faihu n. (106) 'Vermögen'. 'Verwalter'.
faihu-praihns* (m.?, oder -praihn* η.?) faùra-hâh, faùr-hâh n. (5,b) 'Vorhang'.
'Reichtum'. faúra-mapleis m. (92) 'Vorsteher'.
fair- Präfix (217a) 'ver-, ent-, er-'. faüra-mapli* n. (95 A.l) ηγεμονία,
fairguni n. (95) 'Berg'. 'Oberbefehl'.
fairhus m. (105) 'Welt'. faüra-tani* n. (95) 'Wunder'.
fairina f. 'Schuld, (Anklage)grund, faùr-hâh s.faùra-hâh.
Tadel'. faurhtei f. 'Furcht'.
faimeis* Adj. (108 A.2; 128; 132 A.l) faúrhtjan* sw. Vb. (188) 'furchtsam
'alt'. sein, sich fürchten'.
faims* Adj. (132 A.l) 'vorjährig'. faurhts* Adj. 'furchtsam'.
fairra Adv. (47; 213; 217) 'fern'; mit faúr-lageins* f. 'Vorlegung': hlaibôs
Dat. 'fort von jemandem'. faúrlageinais 'Schaubrote' (zu
fairraprô Adv. (47; 213) 'von ferne'. lagjari).
fair-weitl n. (217a) 'Schauspiel'. faúr pis Adv. 'zuvor, vorher, früher'.
fairzna f. 'Ferse'. faúrpiz-ei (-ê) Konj. (218) 'bevor, ehe'.
Fallasur* PN. (46 A.3) Φαδδασσουρ. fawai Adj. Pl. (124 A.3) 'wenige'.
falpan* redupl. Vb. (179) 'falten'. in-feinan* sw. Vb. (194 A.l) 'gerührt
-falps* Adj. (148) '-fáltig'. werden, sich erbarmen'.
fana* m. 'Stück, Zeug'. fera f. (8) 'Gegend, Seite'.
fani η. (95) 'Kot'. *fldur- Kard. 'vier' (in Kompos.: 15
Fanuel* PN. Φανουήλ. A.l; 24 A.2; 141 A.l).
Farais* PN. (79 A.2) Φαρές. fidur-falps* (148; 212) 'vierfältig'.
faran* st. Vb. (177 A.l) 'wandern'. fidwôr Kard. (141) 'vier'; fidwôrtaihun
Fareisaius m. Φαρισαΐος, 'Pharisäer'. (141) 'vierzehn'; fidwôr tigjus*
farw* n. (Dat .fama 91 A.3; 94 A.l) (142) 'vierzig'.
'Gestalt'. figgra-gulp n. (88a) 'Fingerring'.
*faskjam. (5,a; 43 A.l) 'Binde'. figgrs* m. 'Finger'.
fastan sw. Vb. 'festhalten, bewahren, fijan {fian* 10 A.5) sw. Vb. (193) 'has-
etw. beobachten; fasten'. - Kom- sen'.
pos. ga-fastan 'behalten, bewahren'. fijands, fiands* Part. m. (115,1)
fastubni* n. (79 A.4) 'Dienst, Festhal- 'Feind'.
ten an etw.; das Fasten'. fijapwa* f. (97 A.l) 'Feindschaft'.
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Wörterverzeichnis
filhan st. Vb. (174 A.l) 'verbergen, be- fra-gifts* f. 'Verleihung'. Pl.: 'Ver-
graben'. - Kompos. a) af-filhan* lobung'.
(170 A.2) 'verbergen'; b) ana-fllhan fraihnan* st. Vb. (176 A.4) 'fragen'. -
'übergeben,überliefern,empfehlen'. Kompos. ga-fraihnan 'erfragen'.
filigri* n. (10 A.6) 'Höhle'. fraisan* redupl. Vb. (179) 'jemanden
Filippus PN. (51 A.la; 105 A.2) Φίλιπ- versuchen'.
πος. fraistubni* f. (14 A.3; 79 A.4; 98) 'Ver-
*fill n. (46) 'Fell, Haut' (in prûts-fill). suchung'.
filleins* Adj. 'ledern'. fraiw n. (42,2; 94 A.l) 'Same'.
filu Ntr., Adv. (131 A.3; 212) 'viel, fra-lêts* m. (oder fralêt* η.?) 'Erlaß,
sehr'; - filu manageins 'viel Volk'; Vergebung'.
han filu 'wie viel'; - bei Kompar. fra-lusts f. (103) 'Zerstörung, Ver-
filu mais 'viel mehr', und filu mais derben'.
'um viel mehr'; bei Kompar. auch fram Präp. mit Dat. (217) 1. räumlich:
Gen. filaus 'um vieles', z.B. filaus 'von - her, fern von'; 2. zeitlich:
maizô 'etwas viel Größeres' Skeir. 'von - an, seit'; 3. tropisch: 'von,
7,3. von Seiten jemandes; bei, über,
filusna f. 'Vielheit, Menge'. für'.-Präfix (217a).
filu-waúrdei* f. (88a) 'vieles Reden'. fram-aldrs* Adj. 'im Alter vorge-
filu-waúrdjan* sw. Vb. 'viele Worte schritten, bejahrt'.
machen'. framapeis* Adj. (128 A.l; kaum
fimf Kard. (141) 'fünf; fimftaihun* »framaps, 130 A.2) 'fremd'.
(141) 'fünfzehn'; fimf tigjus (142) fram-gâhts* f. (5,b) 'Fortschritt'.
'fünfzig'. fr amis Adv. Kompar. (212) 'weiter,
fimfta-taihunda* Ord. (146) 'der fünf- weiter fort'.
zehnte'. fram-wigis Adv. (214) 'fortwährend'.
finpan* st. Vb. (174 A.l) 'erkennen, frapi n. (74 A.3) 'Verstand, Einsicht'.
erfahren'. frapjan st. Vb. (177 A.2) 'verstehen,
fiskja* m. (107) 'Fischer'. erkennen, verständig sein'. Vgl.
fiskôn sw. Vb. (190) 'fischen'. fulla-frapjan.
fisks* m. (91) 'Fisch'. frauja m. (1 A.7; 108) 'Herr'.
fitan* st. Vb. (? 176 A.l) 'gebären'. fraujinôn sw. Vb. (190) 'Herr sein,
fiôdus (105) 'Flut'. herrschen', fraujinônds* Part. m.
flôkan* redupl. Vb. (179 mit A.4) 'be- (115,3; 133 A.2)'Herrscher'.
trauern'. fra-waúrhts Adj. (209) 'sündig'; Subst.
fôdeins* f. 'Nahrung'. m. 'Sünder'. Vgl. us-waürhts*.
fôdjan* sw. Vb. 'ernähren, aufziehen'. fra-waúrhts* f. (103) 'Sünde'.
fori, Gen. funins n. (12 A.3; 110; 118) fra-weitands Part. m. (115,10) s.
'Feuer'. -weitan.
fôtu-baùrd η. (88a) 'Fußbrett, Sche- freidjan* sw. Vb. mit Akk. oder Gen.
mel'. 'schonen'.
fétus m. (105) 'Fuß'. frei-hals m. (44 A.3; 88a A.l; 91 A.4)
fra- Präfix (217a) 'ver-'. 'Freiheit'.
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Wörterverzeichnis
freis Adj. (17 A.4; 126 A.2) 'frei'. fullô f. 'Fülle, Ausfüllung'.
frijapwa, friapwa f. (10 A.5; 97 A.l) fulls Adj. (122 A.l) 'voll'.
'Liebe'. fäls Adj. (15) 'faul'.
frijón (10 A.5; 190) sw. Vb. 'lieben'. funins Gen. s.fôn.
frijôndi* f. (98; 115,2) 'Freundin'. funisks* Adj. (118; 124,c) 'feurig'.
frijônds Part. m. (115,2) 'Freund'. fwnikisks* Adj. (39 A.2) 'phönikisch'.
ga-frisahtjan* sw. Vb. 'abbilden'.
ga-frisahtnan* sw. Vb. (194 A.l) 'Ab- ga- Präfix (217a) - nhd. ge-.
bild werden'. ga-baúr* m. (91 A.4) 'Festmahl'.
fri-sahts f. 'Bild, Beispiel'. ga-baúrjaba Adv. (210) 'gern'.
ga-fripôn sw. Vb. 'Frieden stiften, ver- ga-baúrjópus* m. (79 A.4; 105) 'Lust'.
söhnen'. ga-baúrps* f. (103) 'Geburt; Abstam-
frius* n. oder m. 'Kälte'. mung; Geburtsland'.
fródei* f. (74 A.3; 113) 'Verstand, gabei f. (34) 'Reichtum'.
Klugheit, Einsicht'. gabigs, gabeigs Adj. (17 A.3) 'reich'.
frôps Adj. (35; 124 A.2) 'klug, weise'. ga-binda* f. (32) 'Band'.
*frum n.? (139 A.3) 'Anfang'. ga-bindif./n. (98 A.l) dass.
fruma urspr. Superi, 'der erste'; Gabriel PN. (6) Γαβριήλ.
frumists Superi. (139; 146),frumist ga-bruka* f. (33 A.2) 'Brocken'.
Adv. (149 A.1; 212)'zuerst'. ga-bundi* f. (32) 'Band'.
fruma-baúr m. (88a; 101 A.2) 'Erst- ga-daila m. 'Teilnehmer'.
geborener'. Gaddarenus* PN. (73 A.2) Γαδαρη-
fugls* m. (91) 'Vogel'. νός.
fulgins* Adj. (66 A.l) 'verborgen'. ga-dêps* f. (ζ) 'Tat'.
fulhsni* n. das 'Verborgene'. fga-digis n. (Konjektur für <gadikis>,
fulla-fahjan sw. Vb. 'Genüge tun, be- 115a)'Gebilde'.
friedigen'. ga-dôfs* Adj. (56 A.l; 130 A.2) 'pas-
fulla-frapjan* sw. Vb. 'bei vollem Ver- send'; gadôb ist πρέπει, 'es ziemt
stände sein'. Wg\.frapjan. sich' (zu ga-daban).
fulla-tôjis Adj. (26; 88a; 126) 'voll- ga-fâh* n. (5,b) 'Fang'.
kommen'. ga-faúrs Adj. (124 A.l; 130 mit A.2)
fulla-weisjan* sw. Vb. 'jemanden über- 'ehrbar; besonnen'.
zeugen'. ga-fripôns* f. 'Versöhnung' (zu ga-
fulleips* f. (fulleip* n.?) (17 A.3; 103 fripôn).
A.2) 'Fülle'. gaggan an. Vb. (179 A.3; 207) 'gehen,
fulljan* sw. Vb. 'füllen'. - Kompos. a) hingehen, wandeln, kommen'. -
ga-fulljan 'anfüllen'; b) us-fulljan Kompos. a) af-gaggan* 'wegge-
'ausfüllen, erfüllen'. hen'; b) afar-gaggan 'nachgehen,
fullnan*, fulnan* (80) sw. Vb. (195) nachfolgen'; c) at-gaggari* 'hinzu-
'voll werden, erfüllt werden'. - gehen, hingehen, hinzukommen,
Kompos. a) ga-fullnan* 'angefüllt kommen', du-at-gaggan*, inn-at-
werden, sich anfüllen'; b) us- gaggan* dass.; d) ga-gaggan* 'zu-
fullnan* 'erfüllt werden'. sammenkommen, sich versam-
243
Wörterverzeichnis
244
Wörterverzeichnis
ga-riuds (p) Adj. (74 A.2) 'ehrbar'. us-geisnan* sw. Vb. (194 A.l) 'sich
ga-rûni* η. (15,a; 95) 'Beratschlagung' entsetzen' (s. us-gaisjan*).
(s. runa). giba f. (96) 'Gabe'.
ga-runs* f. (103 A.3) 'Markt, Straße'. giban st. Vb. (56 mit A.l; 176) 'geben'.
ga-sinpja* m. 'Reisegefährte'. - Kompos. a) at-giban 'hingeben,
ga-skadweins* f. (14 A.l; 42,3) 'Be- übergeben'; b) fra-giban 'vergeben,
schattung, Bedeckung'. verleihen (jemandem etwas)'; c)
ga-skafts f. (51 A.2; 103) 'Schöpfung, us-giban 'erstatten, bezahlen, zu-
Geschöpf (s. ga-skapjan). rückzahlen, erfüllen'. - gibands*
gasti-gôps* Adj. (88a) 'gastfrei'. Part. m. (115,4) 'Geber'.
ga-stôjans* Part. Prät.? Adj.? (186 -gifts* f. (56 A.5) 'das Geben': in fra-
A.3) 'frevelhaft' (Feist 455). gifts*.
gasts m. (100) 'Fremdling, Gast'. -gildan st. Vb. (174 A.l) 'bezahlen'
ga-taúra m. 'Riß' (s. ga-taíran). (nur in fra-gildan*, us-gildan 'ver-
ga-taúrps* f. (103) 'Zerstörung'. gelten').
ga-têmiba Adv. (33; 130 A.4; 210) 'ge- gilstr* n. (75 A.l) 'Steuer'.
ziemend'. gilstra-mêleins f. 'Einschreibung in die
ga-timrjô f. 'Gebäude' (s. timrjan). Steuerliste' (s. mêljan).
gatwô* f. (112) 'Gasse'. gilpa* f. 'Sichel'.
ga-paúrbs Adj. (56 A.4) 'enthaltsam'. du-ginnan* st. Vb. (174 A.l) 'begin-
ga-plàihts* f. 'Trost, freundliches Zu- nen'.
reden' (s. ga-pläihan). gistra-dagis Adv. (214) 'morgen'.
ga-prafsteins f. 'Trost' (s. ga- bi-gitan st. Vb. (176 A.l) 'finden, an-
prafstjan). treffen, erlangen'.
ga-prask* n. (32) 'Ausdrusch'. giutan* st. Vb. (173 A.l) 'gießen'.
gaiunjan sw. Vb. 'sehen, wahrneh- glaggwaba, glaggwô, glaggwuba Adv.
men'. (68; 131 A.2; 210 A.l; 211)'genau'.
gaunôn sw. Vb. 'klagen'. glitmunjan* sw. Vb. (187,b) 'glänzen'.
gâurjan* sw. Vb. 'jemanden kränken'. gôljan sw. Vb. 'grüßen, begrüßen, will-
gáurs Adj. (24 A.3) 'betrübt, traurig'. kommen heißen'.
ga-wairpi n. (95 A.l; 217a A.l) 'Frie- gôps, Gen. gôdis Adj. (124 A.2; 138 I)
de'. 'gut, tüchtig, schön'.
ga-ga-wairpnart sw. Vb. (194 A.l; 217a graba* f. (35) 'Graben'.
A.l) 'sich versöhnen'. graban st. Vb. (56 A.l; 177 A.l) 'gra-
ga-waúrki η. (95) 'Geschäft'. ben'. - Kompos. a) uf-graban* 'auf-
ga-waúrstwa m. 'Mitarbeiter'. graben'; b) us-graban* 'ausgraben'.
îga-waûrts Adj. (62 A.4; 209 A.3) 'ein- gras*, Gen.Pl. grasé η. (94) 'Gras,
gewurzelt'. Kraut'.
gawi n. (42,1; 95) 'Gau'. grêdags Adj. 'hungrig'.
ga-wiljis* Adj. (126) 'einmütig'. greipan st. Vb. (172) 'greifen'. - Kom-
ga-wiss* f. 'Verbindung'. pos. a) fair-greipan* 'ergreifen'; b)
gazds m. 'Stachel'. und-greipan 'ergreifen, greifen'.
ga-geigan* sw. Vb. (80 A.l) 'gewinnen'. grêtan redupl. Vb. (181) 'weinen'.
245
Wörterverzeichnis
246
Wörterverzeichnis
haipnô f. (20 A.6) Έλληνις, 'Heidin'. häuhipa f. (79 A.4; 97) 'Höhe'.
haiz*, Dat.Pl. haizam n. (115a) hàuhjan sw. Vb. (188) 'erhöhen, prei-
'Fackel'. sen'.
halba* f. 'Hälfte, Seite'; in pizai halbai us-hàuhjan sw. Vb. (123 A.l) 'er-
'in dieser Hinsicht'. höhen'.
halbs* Adj. (122 A.l) 'halb'. häuhs* Adj. (24 A.3) 'hoch'.
haldan redupl. Vb. (179 A.l) 'hüten, hâuh-pûhts Adj. (88a A.l; 209) 'hoch-
weiden'. mütig'.
haldis Adv. (212) 'mehr'. hauns Adj. (130 A.2) 'niedrig'.
halja f. (97a) 'Hölle'. haúrds f. 'Tür'.
hals* m. (91 A.4) 'Hals'. haürja n. Pl.? (95 A.2) 'Kohle(n)'.
hamfs* Adj. (53) 'verstümmelt'. haúrn* n. (94) 'Horn'.
-hamôn sw. Vb. nur Kompos.: a) af- haúrnja* m. (108) 'Hornbläser'.
hamôn 'die Bekleidung ablegen, haúrnjan* sw. Vb. (187) 'auf dem
ausziehen'; b) ana-hamôn 'anzie- Horn blasen'.
hen'; c) ufar-hamôn mit Dat. 'etw. hausjan sw. Vb. (187), selten hausjôn
darüberziehen, womit überkleidet sw. Vb. (187 A.3) 'hören, anhören,
werden'. zuhören'. - Kompos. a) and-
hana m. (108) 'Hahn'. hausjan* 'erhören'; b) ga-hausjan
handugei f. 'Weisheit'. 'vernehmen'; c) uf-hausjan mit Dat.
handugs Adj. (124,d) 'weise'. 'auf jemanden hören, ihm gehor-
handus f. (105) 'Hand'. chen', uf-hausjands 'gehorsam, Un-
handu-waúrhís* Adj. Part. (209) 'mit tertan'.
der Hand bereitet'. hawi* n. (42,1; 95) 'Gras (Heu)'.
hansa f. (97) 'Schar'. hazeins f. 'Lob, Loblied'.
ga-hardjan* sw. Vb. (14 A.l) 'verhär- hazjan sw. Vb. (187) 'loben, preisen'.
ten'. heitô f. (112) 'Fieber'.
harduba Adv. (210 mit A.l) 'hart'. hêr Adv. (8; 155 A.l; 213) 'hier, her'.
hardu-hairtei* (88a; 113) 'Hartherzig- Herodes PN. (61 A.2) Ηρώδης.
keit'. Herodianus* m. Ήρωδιανός, 'Anhän-
hardus Adj. (131) 'hart, streng'. ger des Herodes'.
harjis m. (90) 'Heer, Menge'. hêpjô* (17 A.l) f. 'Kammer'.
hatan* s. hatjan*. hidrê Adv. (7,g; 213) 'hierher'.
hatis n. (79 A.4; 94 mit A.5; 115a) Hildericus PN. (61 A.l).
'Haß'. HildibaldPN. (54 A.2; 61 A.l).
hatizôn* sw. Vb. (78,b) 'hassen'. hilpan st. Vb. (174 A.l) 'helfen'.
hatjan* (und hatan* 193 A.l) sw. Vb. himina-kunds* Adj. (88a; 124,e)
'hassen'. 'himmlisch'.
haubip n. (93) 'Haupt, Kopf. himins m. (91) 'Himmel'.
häuhei f. (113 A.l) 'Höhe'. himma, hiña, hita (155) Formen eines
háuheins f. (113 A.l) 'Erhöhung'. defektiven Pron. 'dieser'. - himma
háuhis Adv. (212) 'höher'. daga (214) 'heute', undhina dag 'bis
hàuhisti* n. 'die höchste Höhe'. heute'.
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hindana Adv. mit Gen. (213) 'von hin- hneiwan st. Vb. (172 A.l) 'sich neigen,
ten, jenseits'. sich bücken'. - Kompos. ana-
hindar Präp. mit Dat. und Akk. hneiwan* dass.
(217,c) 'hinter, jenseits, über'. - *ga-hnipnan (ga-nipnands 62 A.4)
Präfix (217a). 'traurig werden'.
hindumists* Superi. (139) 'äußerster'. dis-hniupan* st. Vb. (173 A.l) 'zer-
-hinpan* st. Vb. ( 174 A. 1 ) nur in Kom- reißen'.
pos.: fra-hinpan* 'gefangen neh- hnupô f. (15,a) σκόλοψ, 'spitzer Pfahl'.
men', mip-fra-hinpan* 'mit gefan- hôrinôn sw. Vb. 'huren, Ehebruch be-
gen nehmen', us-hinpan* 'erbeu- gehen'. - Kompos. ga-hôrinôn*
ten'. dass.
hiri Interj. Ipv. (20 A.l; 187 A.4; 219) hors m. 'Hurer, Ehebrecher'.
'komm! hierher!'. hraineins* f. 'Reinigung'.
hiufan* st. Vb. (173 A.l) 'klagen'. hrainja-hairts* Adj. (88a A.2) 'reinen
hiuhma m. (62 A.4) 'Menge'. Herzens'.
hlahjan* st. Vb. (177 A.2) 'lachen'. - hrainjan* sw. Vb. (187) 'reinigen'. -
Kompos. bi-hlahjan* 'verlachen'. Kompos. ga-hrainjan dass.
hlaifs, Gen. hlaibis m. (56 A.l; 90) hrains Adj. (130) 'rein, ehrbar'.
'Brot'. hraiwa-dûbô* f. (15) 'Turteltaube'.
hlaiw* n. (42,2; 94 A.l) 'Grab' (nur hrôpjan sw. Vb. 'rufen, schreien'. -
Sing.). Kompos. uf-hrôpjan* 'aufschreien,
hlaiwasnôs f. PI. (79 A.4) 'Gräber'. ausrufen'.
hlas* Adj. (135 A.3) 'heiter, fröhlich'. hrôt* η. 'Dach'.
af-hlapan* st. Vb. (177 A.l) 'beladen'. hrôpeigs* Adj. 'siegreich'.
us-hlaupan* redupl. Vb. (179 A.l) hrûkjan* sw. Vb. (15,a) 'krähen'.
'aufspringen'. huggrjan* sw. Vb. (66 A.l) 'hungern'.
hleiduma* Kompar. (139) 'der linke'. - hugjan* sw. Vb. (187,a) 'denken, mei-
hleidumei Subst. f. 'die linke Hand'. nen, gesinnt sein'.
hleis* oder hlija* m. (92 A.3) 'Hütte'. hugsis Gen.Sg. (115a A.3) 'Landgut'.
hleipra* f. 'Hütte'. hûhjan* sw. Vb. (15,a) 'aufhäufen'.
hleipra-stakeins* (hlêpra-) f. (88a) hûhrusm. (15,b; 66 A.l; 105)'Hunger'.
'Laubhüttenfest'. hulistr n. 'Hülle, Decke'.
hlifan* st. Vb. (176 A.l) 'stehlen'. huljan sw. Vb. (187) '(verhüllen'. -
hliftus m. (105) 'Dieb'. Kompos.: a) and-huljan 'enthüllen,
hlija* s. hleis*. aufdecken'; b) ga-huljan* 'verhül-
hliuma m. (108) 'Gehör'. len, bedecken'.
hlûtrei* f. 'Lauterkeit'. -hun enkl. Partikel (163) 'irgend'.
hlûtripa* f. dass. hunda Pl. η. (144) 'hundert'.
hlûtrs* Adj. (15,a) 'lauter'. *hunda-falps Adj. (148) 'hundertfäl-
hnaiwjan* sw. Vb. (42,2; 187,b) 'er- tig'·
niedrigen'. hunsl n. (46 Α. 1 ; 76 Α. 1) Opfer'.
hnaiws* Adj. 'niedrig'. hunsla-staps* m. (¿) (88a) 'Opferstätte,
hnasqus* Adj. (131) 'weich'. Altar'.
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nawis Adj. (130 A.3) 'tot'. *nipan st. Vb. (176 A.l) 'helfen'.
Nazaraip ΟΝ. Ναζαρέθ. nipjis m. (92) 'der Verwandte'.
Nazorenus*, Vok. Nazorenu, Ναζο- nipjô f. (112) 'die Verwandte'.
renai PN. (103 A.7; 105 A.2) ni-u interrog. Partikel (216) 'nicht?
Ναζωρηνός. nicht wahr?'.
né Adv. (216) 'nein'. ana-niujan* sw. Vb. (187) 'erneuern'.
nêfo Adv. (64; 213) 'in die Nähe'. niuja-satips* Part. m. (88a A.l) 'Neu-
nêha Adv. Präp. (213; 217) 'nahe'. ling'.
nêhis Adv. Kompar. (212) 'näher'. niujis Adj. (126) 'neu, jung'.
nêhjan* (64 A.l) und Kompos. at- niuklahei* f. 'Unverstand, Kleinmut'
nêhjan* sw. Vb. (mit oder ohne sik) (niuklahs Adj. 'kindisch, unmün-
'sich nähern, heranziehen'. dig')·
nêhmndja m. (108 A.2) 'der Nächste'. niun Kard. (18 A.2; 141) 'neun'.
nei Fragepartikel 'nicht?'. niunda* Ord. (146) 'der neunte'.
Neikaudaimus*, Nekaudemus s.Nikau- niuntêhund Kard. (143) 'neunzig'.
demus. niutan st. Vb. (173 A.l) 'erlangen, fan-
[tneiwan st. Vb. (172 A.3).] gen; einer Sache froh sein'.
Mi Negationspartikel (216) 'nicht, auch ga-nôhjan* sw. Vb. 'Genüge leisten,
nicht, nicht etwa'. befriedigen'.
niba und nibai (10 A.3) Konj. (218) nòta* m.? 'Hinterteil des Schiffes,
'außer, wenn nicht, es sei denn Heck'.
daß'; nibai fvan 'daß nicht etwa'. nu Adv. und Konj. (214 A.l; 218)
nidwa f. (97 A.l) βρώσις, 'Rost (das 'jetzt, nun, also, demnach'. - Ntr.
Verzehren)'. Subst. (155) 'Nu, Moment': fram
nih (20 A.l; 62 A.3) Konj. (218) 'und himma nu, fram pamma nu 'von
nicht; auch nicht; nicht'; nih - nih, jetzt an', und hita nu 'bis jetzt'.
nih - ni, ni - nih 'weder - noch'. nuh Adv. (216; 218) 'also, denn'.
Nikaudemus (auch Neikaudaimus*, -numja m. (33) 'Nehmer' (in arbi-
Nekaudemus) PN. (6 A.l; 16 A.l; numja).
23) Ν(ε)ικόδημος. nunu Konj. (218) 'also, daher'.
niman st. Vb. (170; 175) 'nehmen, an- nuta* m. 'Fänger, Fischer'.
nehmen, aufnehmen'. - Kompos.:
a) af-niman 'abnehmen, wegneh- ô Interj. (219) 'o!'.
men'; b) and-niman 'annehmen, ôg Prät.-Präs. (35; 202) 'ich fürchte
aufnehmen, empfangen'; c) ga- (mich)'; auch mit refi. sis.
mmati 'zu sich nehmen, mitneh- ôgjan sw. Vb. (35) 'in Furcht verset-
men, aufnehmen, erhalten'; d) us- zen'.
niman* 'herausnehmen, wegneh- osanna ωσαννά (aus aram. hö-sa 'nä').
men'.
ga-nipnands s. hn-. paida* f. (51) χιτών, 'Hemd, Unterge-
ga-nisan st. Vb. (176 A.l) 'gerettet wand'.
werden, selig werden, gesund wer- paintekuste* (13 A.l) πεντηκοστή,
den, genesen'. 'Pfingsten'.
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sipônjan* sw. Vb. (187,b; 188) 'Schüler leuchten, glänzen'. - Kompos. bi-
sein'. skeinan 'umleuchten'.
sitan st. Vb. (176 A.l) 'sitzen'. - Kom- skeireins f. 'Erklärung'.
pos.: a) bi-sitan* 'herumsitzen', ga-skeirjan* sw. Vb. 'erklären'.
bisitands* Part. m. (115,5) 'Um- skeirs Adj. (78 A.2; 129 A.l; 130)
wohner, Nachbar'; b) ga-sitan 'sich 'klar'.
setzen'. skêwjan* sw. Vb. (42,2) 'wandeln'.
siujan* sw. Vb. (187) 'nähen'. skilliggs* m. (67 A.l) Münzbezeich-
siukan st. Vb. (173 A.l) 'krank sein'. nung.
siuks Adj. (124,a) 'krank, schwach'. skip* η. 'Schiff.
siuns f. (42,1 ; 103) 'das Sehen, Gesicht; af-skiuban* st. Vb. (56 A.l; 173 A.l)
Erscheinung; Gestalt'. 'verstoßen, von sich stoßen'.
skaban st. Vb. (177 A.l) 'schaben'. skôhs* m. 'Schuh, Sandale'.
skadus m. (14 A.l; 42,3; 91 A.3; 94 dis-skreitan* st. Vb. (172 A.l) trans.
A.l; 105,c) 'Schatten'. 'zerreißen'.
-skadweins* s. ga-skadweins*. dis-skritnan* sw. Vb. (194) intrans.
ufar-skadwjan* sw. Vb. (14 A.l; 'zerreißen'.
42,3,4) 'überschatten'. skuggwa* m. (68) 'Spiegel'.
skaidan redupl. Vb. (179) 'scheiden'. skula m. Adj. (132 A.2) 'schuldig, (ei-
ga-skaidnan* sw. Vb. (194) 'sich schei- ner Strafe) verfallen'; Subst. (108)
den'. 'Schuldner'.
sfca/Prät.-Präs. (200) 'ich bin schuldig, skulds s. skal.
soll, muß'. - skuld ist 'es ist Pflicht, skûra f. (15) 'Schauer'.
es ziemt sich, es ist erlaubt, man slahan* st. Vb. (177 A.l) 'schlagen'.
muß'. slahs* m. (z) 'Schlag, Plage'.
skalja* f. (97a) 'Ziegel'. af-slaupjan sw. Vb. 'in Angst verset-
skalkinôn sw. Vb. 'dienen'. zen'.
skalks m. (91) 'Knecht'. af-slaupnan sw. Vb. 'sich entsetzen'.
skaman* sik sw. Vb. 'sich schämen; slawan* sw. Vb. 'schweigen'. - Kom-
verzweifeln'. pos. ga-slawan* dass.
ga-skapjan* st. Vb. (177 A.2) 'schaf- sleideis* Adj. (128 A.l) 'beschwerlich'.
fen'. slêpan* redupl. Vb. (179) 'schlafen'.
skattja* m. (80) 'Geldwechsler'. slêps* m. (91 A.2) 'Schlaf.
skatts m. (69 A.l) 'Geld, Münze'. fra-slindan* st. Vb. (174 A.l) 'ver-
skapis n. (115a) 'Unrecht'. schlingen'.
skapjan* st. Vb. (177 A.2) 'schaden'. sliupan* st. Vb. (173 A.l) 'schleichen,
skauda-raip* n. (-raips* m.?) schlüpfen'.
'(Schuh)riemen'. smakka* m. (58 A.l) 'Feige'.
us-skaujan* sw. Vb. (42 A.2) 'nüchtern smalista Superi. Adj. 'klein, gering'.
machen'. ga-smeitan* st. Vb. (172 A.l) 'schmie-
skauns* Adj. (130 A.2) 'schön'. ren auf.
*skaus (?) Adj. (124 A.3) 'nüchtern'. snaga* m. 'Kleid, Mantel'.
skeinan st. Vb. (172 A.l) 'scheinen, snaiwsm. (42,2; 91 A.l,3) 'Schnee'.
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piudan-gardi f. (88a A.l; 98) 'König- pulains* f. (103 A.l) 'das Dulden, die
reich'. Geduld'; Plur. 'passiones'.
piudanôn sw. Vb. (190) 'König sein'. pulan sw. Vb. (193) 'dulden, leiden'. -
piudans m. (a) 'König'. Kompos. ga-pulan 'erdulden'.
piudinassus m. (105) 'Königreich'. pûsundi Kard. (15; 145) f. 'tausend'.
piu-magus m. (88a A.l; 91 A.3) pûsundi-faps m. (88a; 101; 145) χιλί-
'Knecht'. αρχος, 'Anführer von Tausend'.
pius* m. (42,1; 91 A.3) 'Haussklave'. pwahan st. Vb. (177 A.l) 'waschen,
piup, Gen. piupis n. 'das Gute, Gutes'. sich waschen'.
piupi-qiss* f. (88a A.2) 'Segnung'. pwahl* n. (27 A.2) 'Bad'.
piupjan* sw. Vb. (187) 'segnen'. - ga-pwastjan* sw. Vb. 'festmachen,
Kompos. ga-piupjan* dass. stärken'.
piwadw n. (42,3; 94 A.l) 'Knecht-
schaft'. -u, enklitische Partikel zur Bezeich-
piwi f. (42,1; 98) 'Dienerin'. nung der Frage (216), z.B. skuld-u
ga-pláihan redupl. Vb. (71 A.2; 179 ist 'ist es erlaubt?', ab-u (af + u) pus
A.l) 'liebkosen, trösten'. silbin pu pata qipis 'sprichst du das
plaqus Adj. (71 A.2; 131) 'weich'. von dir selbst?'. - Nach dem Präfix
plauhs m. (71 A.2) 'Flucht'. ga- (216 A.l). - Vgl. niu.
pliuhan st. Vb. (71 A.2; 173 A.l) 'flie- Ubadamirus PN. (40 A.2).
hen'. - Kompos.: a) ga-pliuhan* Ubadila PN. (40 A.2).
'entfliehen'; b) unpa-pliuhan* ubilaba Adv. (210) 'übel'.
(217a) 'entfliehen'. ubils Adj. (124,a; 138,1) 'übel,
Pomas PN. Θωμάς, Thomas. schlecht, böse'; - Ntr., Subst. pata
prafstjan* sw. Vb. 'trösten'. - Kom- ubil und pata ubilo,
pos. ga-prafstjan dass. ubil-tôjis Adj. (126) 'übeltäterisch',
pragjan* sw. Vb. 'laufen'. Subst. 'Übeltäter'.
pramstei* f. (113) 'Heuschrecke'. ubizwa* f. (97 A.l)'Halle'.
preihan* st. Vb. (172 A.l,5) 'drängen'. uf (56 A.3; 217) Präp. mit Dat. und
Preis* Kard. (140) 'drei'. Akk. 'unter'. - Präfix uf- (139 A. la;
pridja Ord. (146; 149 A.l) 'der dritte'. 217a) 'auf-'.
priskan* st. Vb. (174 A.l) 'dreschen'. uf-aipeis* Adj. (56 A.3; 128 A.l) 'ver-
us-priutan* st. Vb. (173 A.l) 'belästi- eidet'.
gen, schmähen'. ufar Präp. mit Dat. und Akk. (217)
prûts-fill η. (15 A.l; 88a A.3; 115a A.3) 'über'. - Präfix (217a).
'Aussatz' (ae. prüst-fell). ufarassjan sw. Vb. 'machen, daß etwas
pu Pron. (150)'du'. im Überfluß da ist; vermehren'.
pugkjan* an. Vb. (209) 'glauben, mei- ufarassus* m. 'Überfluß, Übermaß',
nen'; unpers. pugkeip mis 'mich Dat. ufarassau Adv. 'im Überfluß,
dünkt, ich meine'. im höchsten Grade'.
-pühts Adj. (15,b) 'denkend', s. ufará Adv. (211 A.l) 'darüber'; Präp.
hâuh-pûhts, mikil-pûhts*. mit Gen. und Dat. (217) 'über'.
pûhtus* m. (15,b) 'Gewissen'. ufta Adv. (214 A.l) 'oft'.
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-weitan st. Vb. (172 A.l; 197 A.l), wis η. (2a) 'Meeresstille'.
nur in Kompos.: a) fra-weitan 'rä- wisan st. Vb. (176 Α. 1; 204. -Präs. im; 3.
chen', Part, m .fraweitands (115,10) p. ist, mit ni: nist, mit pata: patist 204
'Rächer'; b) in-weitan προσκυνεΐν A.3) 'sein' (Hilfsverbum), 'da sein,
τινι, 'Verehrung erweisen, begrü- vorhanden sein, bleiben, angehö-
ßen'. ren' (mit Gen.), 'haben' (mit Dat.). -
fair-weitjan sw. Vb. 'umherspähen, In der Bedeutung 'bleiben' wird
hinspähen auf etwas' (mit Gen., du auch der Ind. und Opt. Präs. von
oder in), wisan gebraucht, z.B. wisip 2.Kor.
weitwôdei f. 'Zeugnis'. 3,14. - Kompos.: a) at-wisan* 'da
weitwôdipa f. (71 A.4) 'Zeugnisable- sein'; b)pairh-wisan* (63 A.l) 'blei-
gung)'. ben'; c) ufar-wisan* 'über etwas sein,
weitwôps*, weitwôds* m. (30; 74 A.2; im Überfluß vorhanden sein'.
117) 'Zeuge'. witan Prät.-Präs. s. wait,
wênjan* sw. Vb. 'hoffen, erwarten'. witan sw. Vb. (197 A.l) 'auf etwas
wêns* f. (103) 'Hoffnung, Erwartung'. sehen, acht geben; bewachen'.
tuz-wêrjan* sw. Vb. (217a) 'zweifeln'. witöp, Gen. witôdis η. (94) 'Gesetz'.
ga-widan* st. Vb. (176 A.l) 'verbin- witubni* n. (30; 79 A.4; 95) 'Kennt-
den'. nis'.
widuwairna* m. (20) ορφανός, 'Wai- wipra Präp. mit Akk. (217) 'gegen,
se'. wider, gegenüber, vor'. - Präfix
widuwô f. (14 A.3) 'Witwe'. (217a).
ga-wigan* st. Vb. (176 A.l) 'bewegen'. wiprus m. '(jähriges) Lamm' (nhd.
wigs m. (91,a) 'Weg'. Widder),
wikô* f. 'feste Reihenfolge'. wlaitôn* sw. Vb. 'umherblicken'.
wilja m. (108) 'Wille'. - Uuilia PN. (40wlitsm. (101 A.l) 'Angesicht'.
A.2). wôkains* f. (35) 'das Wachen'.
wilja-halpei f. (88a; 113 A.2) 'Gunst, wôkrs* m. (91 A.2) 'Zins' (nhd.
Parteilichkeit'. Wucher).
wiljan an. Vb. (205) 'wollen'. wôpjan sw. Vb. 'rufen, laut ausrufen'. -
wilpeis Adj. (127) 'wild'. Kompos. uf-wôpjan* (63 Α. 1) 'aus-
wilwan st. Vb. (174 A.l) 'rauben'. - rufen'.
Kompos. dis-wilwart* 'ausrauben'; wôpeis* Adj. 'angenehm'.
fra-wilwan (42,4) 'fortreißen'. wôps*, wôds (74 A.2) Adj. 'wütend,
-windan* st. Vb. (174 A.l) 'winden'; besessen'.
nur in Kompos.: bi-windan* 'um- wrakja f. (96; 97a) 'Verfolgung'.
winden'. wrakjan* sw. Vb. (188) 'verfolgen'.
winds m. (α) 'Wind'. wratôdus* m. (79 A.4) 'Reise'.
winja* f. (97a) 'Weide'. wratôn* sw. Vb. 'gehen, reisen',
winnan st. Vb. (174 A.l) 'leiden, twrêpus m. (7 A.3; 105) 'Herde'.
Schmerz empfinden'. wrikan* st. Vb. (176 A.l) 'verfolgen'.
winnô* f. (112 A.3) 'das Leiden'. ga-wrisqan* st. Vb. (174 A.l) 'Frucht
wipja* (-pp-) f. (51 A.la; 97a) 'Kranz'. bringen'.
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SACHREGISTER
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Sachregister
272
Sachregister
273
Sachregister
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Sachregister
Thematische Verben: 168 A.2; 169 mit Wandalen, Wandilier: E3 mit A.2.
A.2; 185; 195. Wiener Alphabet: E14.
Theodoret: 47 A.4. Wortbildung: B6.
Thurneysens Gesetz: 79 A.4; 135 A.la. Wortbrechung: 1 A.9; 80 A.l; 172 A.3.
Trinkspruch: E19. Wörterbücher: s. Etymologie, Lexi-
kographie.
Umlaut: 7 A.2; 20A.7;29. wu- Adjektive: 131 A.2.
Urheimat: E3 A. 1. Wulfila: E5.-47A.4.
Urkunden: s. Arezzo, Neapel. Wurzelnomina: 86; 115b—118.
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