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Pia Schlaunat, 12-1 27.10.

2021

Standpunktrede- Wie soll ein gerechter Richter sein

Platon war ein antiker griechischer Philosoph, der unter anderem einen Dialog zwischen Sokrates
und dessen Bruder Glaukon schrieb. Dabei geht es um die Frage, wie ein gerechter Richter sein
soll bzw. welche Eigenschaften und Voraussetzungen ein Mensch vorweisen muss, um nach
Platon ein gerechter Richter zu sein.

Zuallererst meint er, dass ein Richter „nicht von klein auf unter schlechten Seelen aufgewachsen
sein“ (Z. 2-3) sollte. Das heißt, dass er lange von Verbrechern und schlechten Menschen
ferngehalten werden soll, damit er deren schlechtes Verhalten nicht adaptiert. Er kann so die
Gerechtigkeit, mit der er aufgewachsen ist, mit der Ungerechtigkeit in Kontrast setzen und sie so
verurteilen. Ein Richter urteilt in diesem Sinne mit einer guten Seele über einer anderen Seele
(Z. 2). Des Weiteren soll er selbst keine Verbrechen in seiner Jugend begangen haben (Z. 4).
Platon sieht außerdem die Bedeutung im Alter. Er meint, dass ein guter Richter alt sein sollte
(Z. 10), da er durch seinen Geist „an andern in langer Mühe in seinem Wesen als ein Übel
erkannt haben muss“ (Z. 11-13). Im letzten Abschnitt thematisiert Platon einen Richter, welcher
aufgrund seiner Vorsicht und Skepsis sowie Verschlagenheit im Umgang mit ihm ähnlichen
Wesen gewieft ist. Grund dafür sei sein „Leitbild“ (Z.20). Dass daher sein Urteilsvermögen
eingeschränkt ist, zeigt sich bei „tüchtigen und schon älteren Menschen“ (Z.21). Das vielfältige
Denken fällt ihm dabei schwer, da er kein passendes Leitbild in sich trägt. Trotz allem wirkt er
auf andere Menschen intelligent, da er in der Großzahl mit schlechten Menschen zu tun hat.

Ich stimme Platons Argumentation im Wesentlichen nicht zu und habe einen anderen Standpunkt.

Wer gegen das Gesetz verstößt, muss bestraft werden. Darüber ist sich die Gesellschaft einig.
Doch ich denke nicht, dass sie Voraussetzung Richter zu werden, darin besteht, dass man
keinerlei Straftaten begangen haben darf. Klar ist- hier muss man zwischen dem Schweregrad der
Straftaten differenzieren. Ich frage mich zuallererst, wie ein Richter zu einem gerechten Urteil
kommen kann, wenn er noch nie Kontakt mit der Ungerechtigkeit hatte. Sie können sich also nur
bedingt in die Situation der Verbrecher hineinversetzen, weshalb ich denke, dass es manchmal
gar nicht so schlimm ist, wenn der Richter in seiner Jugendzeit etwas Schlechtes gemacht hat. Ein
Richter sollte aber kein Schwerverbrecher gewesen sein, zum Beispiel ein Mörder, und jetzt
Pia Schlaunat, 12-1 27.10.2021

womöglich immer noch mit den falschen Menschen Kontakt haben. Aber ich bin der Meinung,
wenn der Richter in seiner Jugendzeit zum Beispiel Drogen konsumiert hat, sollte das nicht dazu
führen, dass er seine Richteraufgabe nicht ausführen darf.

Zuallererst ist das lange her und der Richter kann sich verändert haben und mit den
Drogenkonsum aufgehört haben. 2007/2008 wurden deutschlandweit repräsentative
Schülerstichprobe in Jahrgangsstufe 9 durchgeführt. Das Ergebnis der Studie lautete, dass 43,7
Prozent der männlichen und 23,6 Prozent der weiblichen Befragten in den vergangenen zwölf
Monaten mindestens eines der dort erfragten Delikte verübt haben
(https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/gangsterlaeufer/203562/zahlen-und-fakten, 27.10.2021).

Dies ist meiner Meinung nach eine sehr hohe Zahl und spiegelt gerade die Delikte wieder, die der
Polizei nicht bekannt werden. Vergleicht man dies mit den Erwachsenen Gewaltverbrechen fällt
auf, dass junge Menschen im Vergleich zu Erwachsenen häufiger mit Gewaltdelikten in
Berührung kommen (https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/jugendkriminalitaet/Zahlen-
Daten-Fakten-Jugendgewalt_Mai_2021.pdf, 27.10.2021). Das heißt, dass viele Menschen in ihrer
Jugendzeit mal „Mist bauen“ und gegen das Gesetz verstoßen und dann im Erwachsenenalter
gesetzeskonform handeln. Nur weil sie in ihrer Jugend etwas falsch gemacht haben, können sie
doch trotzdem im Erwachsenenalter gerecht und vernünftig das Richteramt ausüben.

Außerdem kann er sich jetzt besser in mögliche Drogenprozesse hinein versetzen, da er selbst aus
seiner Jugendzeit weiß, wie diese wirken und was sie mit dem Körper machen. So kann er erstens
über das Strafmaß gerechter entscheiden, aber auch durch eine passende Strafe künftige
potenzielle Straftaten verhindern.

Besonders im Hinblick auf unsere heutige Gesellschaft finde ich Platons Ansicht zum Alter eines
Richters hinfällig, denn bis zum Richteramt ist es ein langer Weg. Zuallererst muss man ein Jura
Studium mit 8 Semestern hinter sich bringen. Danach ist eine zwei jährige Praxisphase, das
sogenannte Rechtsreferendariat an der Reihe, um juristische Praxiserfahrungen zu sammeln.
Doch damit ist man noch nicht am Ende seiner Ausbildung angekommen. Zunächst arbeitet man
noch mindestens drei bis fünf Jahre als Richter auf Probe
(https://www.azubiyo.de/berufe/richter/28.10.2021).
Pia Schlaunat, 12-1 27.10.2021

Es dauert also nach dem absolvierten Abitur in der Regel noch mindestens 10 Jahre bis man den
Dienst als Richter antreten kann und wird somit sowieso erst mit Anfang 30 ein Richter auf
Lebenszeit.

Allerdings ist es schwer zu beurteilen, weil man Platons Zeit, in der die Menschen meist nicht
älter als 30 Jahre alt wurden, und die heutige Gegenwart nicht vergleichen kann. Ich denke
trotzdem, dass der heutige Mensch mit 30 Jahren nach einem so langen Studium und Praxiszeit
das Wesen des Unrechts erfahren hat, Gesetzesbrecher erkennen kann und nicht nur aus
persönlicher Erfahrung, sondern auch durch sein Wesen erkennen kann, wer schuldig ist und
inwieweit dieser bestraft werden muss.

Ein weiteres Argument habe ich in einer Studie gefunden, die belegt, dass die leistungsfähigste
Zeit des Gehirns vor dem 30. Lebensjahr liegt. (expressantworten.com/wann-ist-das-gehirn-am-
leistungsfahigsten-alter/, 28.10.2021). Deswegen bin ich der Meinung, dass nicht nur alte
Menschen unserer Gesellschaft Richter sein sollten.

Im letzten Abschnitt muss ich Platon Recht geben, denn ein durchtriebener Richter sollte nicht
über Ordnungswidrigkeiten und Rechtsbrüche anderer urteilen und das jeweilige Strafmaß
aussprechen, wenn er selbst nach diesem Leitbild agiert. Zum Beispiel sollte er Vorbildfunktion
vor einem jugendlichen Einbrecher haben. Wie soll dieser ansonsten lernen, dass seine Tat
gesetzlich und moralisch falsch war und er es deswegen nicht wieder machen soll.

Des Weiteren kann er unschuldige Leute schlecht einschätzen, da sie ein anderes Leitbild haben
und urteilt deswegen falsch. Gerade deswegen würde ich Vorrausetzungen für einen gerechten
Richter nicht nur auf Vergangenheit und Alter beschränken, sondern auch sein Wesen und seine
Eigenschaften beachten.

Er sollte meiner Meinung nach unabhängig von äußeren Einflüssen, also objektiv entscheiden
und Argumentations- und Überzeugungsfähigkeit besitzen, damit der Angeklagte versteht was er
falsch gemacht hat und es im Besten falle nie wieder zu einer Straftat kommt.

Zusätzlich ist es wichtig, dass er ein gutes Einfühlungsvermögen hat und durchsetzungsstark ist,
um dann das richtige Strafmaß aussprechen zu können.
Pia Schlaunat, 12-1 27.10.2021

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich Platons Meinung zu einem gerechten Richter in
unserer heutigen Gesellschaft nicht zustimmen kann, denn Vergangenheit und Alter sind meiner
Meinung nach keine Voraussetzungen für einen guten Richter. Er sollte kein Schwerverbrecher
sein, aber wenn er in seiner Jugend mit den falschen Menschen zu tun hatte, würde ich das nicht
als Grund sondern eher als Vorteil sehen, sich in die verurteilten Menschen besser
hineinversetzen zu können. Wichtig sind für mich andere Eigenschaften, wie seine Objektivität.

Deswegen appelliere ich, dass weiterhin von kleineren Gesetzesbrüchen in der Vergangenheit
eines Richters abgesehen wird und weiterhin auch junge Menschen nach ihrem Studium das
Richteramt ausführen dürfen. Allerdings fordere ich, dass Richter in ihrer Berufszeit nicht
kriminell werden dürfen.

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