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Training für Geist und Körper: Eliteschulen des

Sports

Besondere Lehranstalten wie die „Eliteschulen des Sports“ ebnen Nachwuchsprofis


den Weg in die Medaillenränge
der Medaillenrang, die Medaillenränge: hier: Medaillen gewinnen

- und machen sie gleichzeitig fit fürs normale Arbeitsleben nach der Karriere.

Marius Braun ist in doppeltem Sinn ein Sieger. Als Sportler steht der 18-Jährige auf
Platz eins der Juniorenrangliste im Deutschen Fechter-Bund (DFB). Als Schüler hat
er gerade sein Abitur bestanden: „Dank fünf Jahren im Sportinternat habe ich jetzt
einen Schulabschluss, mit dem ich jedes Fach an der Universität studieren kann“,
sagt der Fechter stolz.
Seinen Doppelerfolg verdankt Braun laut eigner Aussage einer der „Eliteschulen des

Sports“ in Bonn. Sie war früher schon das akademische wie sportliche Sprungbrett

von Absolventen wie Peter Joppich, der 2003 Florettweltmeister wurde, oder Claudia

Bokel, Degen-Weltmeisterin von 2001.

Schulalltag muss ausgefochten werden


Drei Kooperationspartner wirken bei Brauns Bonner „Eliteschule“ mit: das Internat

des DFB, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Bonner

Tannenbusch-Gymnasium, das einige exklusive Sportlerklassen hauptsächlich für

Fechter und Fünfkämpfer hat. Der dortige Stundenplan ist mit dem Trainingspensum

der Sportler abgestimmt. Bei den Talenten drückt Schulleiter Wolf Hellberg allerdings

kein Auge zu. „Im Hinblick auf die spätere Berufsperspektive müssen die Leistungen

in allen Fächern stimmen“, lautet seine Überzeugung. „Das Fechten sichert auch

einem Star kein lebenslanges Auskommen, wie das in anderen Sportarten vielleicht

möglich ist.“ Deswegen stehen Hellweg und der DFB-Internatsleiter Holger Sievert,

selbst studierter Sportlehrer, in ständigem Kontakt.


Rund vierzig Eliteschulen unterstützt der DOSB insgesamt: für alle olympischen

Disziplinen vom Badminton über die Leichtathletik bis hin zu Schwimmen, Ski und

Volleyball. Die Oberaufsicht führt ein Gremium mit Vertretern des DOSB, der

deutschen Kultus- und der Sportministerkonferenz sowie der Stiftung Deutsche

Sporthilfe und der Sparkassen Finanzgruppe als Hauptsponsoren. Auch der

Deutsche Fußballbund fördert seine Nachwuchs-Profis teils an diesen Schulen.

Dabei leben meist Athleten zahlreicher Sportarten, etwa des Sommer- oder

Wintersports, unter einem Dach. In der Regel gibt es nur wenige Schülerinnen und

Schüler, die abends nach Hause fahren können. Das Bonner Eliteinternat ist

insoweit eine doppelte Ausnahme: weil es ausschließlich rund fünfzig Nachwuchs-

Fechterinnen und Fechtern dient. Und weil diese zu einem großen Teil lediglich

tagsüber im „Teilinternat“ pauken und trainieren. Wer bleibt, wird auf dem Fechter-

Campus, einer eigenen Welt im Grünen, wie in einem Vier-Sterne-Hotel versorgt.

Strikt geregeltes Tagesprogramm


Die Doppelbelastung verlangt von den Eliteschülern einen strikten Tagesablauf. In

Bonn ist um halb sieben Wecken, dann gibt’s Frühstück. Um acht beginnt zumeist

die Schule in der Nachbarschaft. Nach dem gemeinsamen Mittagessen und einer

kurzen Pause müssen die Schulaufgaben gemacht werden: in der Regel anderthalb

Stunden, welche die 12- bis 16-Jährigen unter Aufsicht von Lehrern absolvieren. Ab

17 Uhr stehen dann Übungen und sportlicher Einzelunterricht („Lektionen“) mit

deutschen Fechtern der Spitzenklasse auf dem Programm. Bei Nachwuchstalent

Marius Braun war auch schon der diesjährige Olympiasieger Benjamin Kleibrink

dabei.
Nach dem Abendessen für die Sportschüler im „Vollinternat“ folgt noch etwas

Zerstreuung beim Fernsehen oder am Billardtisch, Nachtruhe ist ab zehn. „Die

Jüngeren sind dann längst todmüde“, erläutert Internatsleiter Sievert. „Unseren

Tagesrhythmus finde ich trotzdem ganz prima“, ergänzt die 14-Jährige Anna Braun,

die nur zufällig den gleichen Nachnamen wie ihr Vorbild Marius trägt. „Zu Hause ging

einfach zu viel Zeit verloren, weil ich zum Training immer einen langen Anfahrtsweg

hatte.“

Sport als Profilierungschance


Auf die Eliteschule des Sports kann man sich bewerben – oder wird auf einem

Turnier von einem Trainer darauf hingewiesen. Das Rekrutierungsfeld für die rund

12.000 Plätze umfasst mindestens die 90.000 Mädchen und Jungen, die am

Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ teilnehmen. Und das ist ungefähr jeder

zehnte Schüler in ganz Deutschland

Durch den hohen Stellenwert des Sports wird ein entsprechendes Angebot im

Wettbewerb um eine leistungsmotivierte Schülerklientel auch an normalen Schulen

immer mehr zum Profilmerkmal. Bei enger Zusammenarbeit mit den Vereinen vor

Ort werden viele von ihnen zu offiziell anerkannten „Partnerschulen des

Leistungssports“. Zu dieser Gruppe gehört auch die Lessing-Schule in Düsseldorf

mit verstärktem Sportunterricht von sieben Stunden pro Woche ab der fünften

Klasse. Hier dient der Unterricht gezielt der Talentsichtung und –beratung für diese

oder jene Disziplin.

In allen Bundesländern gibt es zudem so genannte „sportbetonte Schulen“, im

dichtbevölkerten Nordrhein-Westfalen ein gutes Dutzend. Das sind regionale

„Eliteschulen“ für die Allerbesten aus ganz Deutschland, nur eben ohne

Internatsanschluss. Durch all diese Initiativen etabliert sich der Sport als schulische
Alternative zu der traditionellen Schwerpunktsetzung in den mathematisch-

naturwissenschaftlichen, sprachlichen oder musischen Fächern. So wird Schule das,

was sie programmatisch immer schon sein will: ein Trainingsplatz für Geist und

Körper.

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