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Weihnachtliche Traditionen der Ostkirchen

Von MANFRED STRABERGER


Zunächst die Fakten, die allen ostkirchlichen Traditionen, unabhängig von den sprachlichen
und regionalen Unterschieden, gemeinsam sind:
 Die offizielle ostkirchliche Bezeichnung, die dem westlichen „Weihnachten“, „X-mas“
etc. entspricht ist „Geburt unseres Herrn und Gottes und Retters Jesus Christus im
Fleische“
 Dieses Hochfest „Christi Geburt“ wird seit dem Konzil von Chalzedon (451) von allen
Orthodoxen (ausgenommen Armenier) am 25. Dezember gefeiert! Dass diese Feier an 2
verschiedenen Tagen stattfinden kann, ist den unterschiedlichen Kalendern geschuldet:
mehrere orthodoxe Landeskirchen halten nach wie vor am Julianischen Kalender fest
(Russen, Ukrainer, Weißrussen, Serben, Nordmazedonier, Georgier, Athos …), während
andere 1924 den Neo-julianischen Kalender eingeführt haben, der mit Ausnahme der
beweglichen Feste dem westlichen Gregorianischen Kalender entspricht und dem
Julianischen dzt. um 13 Tage „vorauseilt“. Deshalb fällt der 25. Dez. der „Altkalendarier“
auf den gregorianischen 7. Jänner.
 Dem Hochfest geht eine 40-tägige Fastenzeit (Weihnachts-/Philippus-Fasten) voraus,
beginnend am Tag nach dem Hl. Philipp, 15. November. An diesen Tagen ist Abstinenz
von Fleisch, Eiern, allen Milchprodukten, Wein und Öl die Regel. Sie dauert „bis zum
Stern“ am
 24. Dezember (Hl. Abend, russ. Рождественский сочельник; serb. Бадњи дан; rumän.
Ajunul Crăciunului; ukrain. Святий Вечір; griech. Παραμονή των Χριστουγέννων):
am Abend Vesper (8 Lesungen aus dem AT: Prophezeiungen) und Große Komplet
(Gesang „ ... mit uns ist der Gott, verstehet ihr Völker“ [Jes]).
Es wird streng gefastet („bis zum [ersten] Stern [am Abendhimmel]“): die Familie (im
weitesten Sinne: dazu gehören auch verstorbenen Verwandten, auch für sie wird ein
Gedeck vorbereitet!) versammelt sich um den Tisch. Bei den Ukrainern z. B. werden 12
Fastenspeisen (symbolisch für die 12 Apostel) angeboten: gefüllte Teigtaschen
(вареники), Rote Rüben-Suppe (борщ), Süßspeise aus gekochten Weizenkörnern (кутя)
(ähnlich wie bei den Griechen Κόλυβα zum Gedenken an die Verstorbenen), Fisch und
weitere Fastenspeisen. Heu wird unter die Tischdecke und auf den Boden gelegt und eine
Weizengarbe (дідух) in die Schöne Ecke gestellt. Bei den Russen und Serben gibt es
Linsen сочиво, Kutja (кутя), Fischsuppe (уха), [vegetarische] Häppchen (закуски) …
Bei den Rumänen werden am 24. Dezember (Moș Ajun) als Fastenspeisen Krautwickler
(Sarmale), Polenta (Mămăligă) und Kuttelsuppe (Ciorbă) gegessen. Außerdem gibt es
Feiertagskuchen aus Hefeteig mit süßen Zutaten (Cozonac), (bulg.: козунак).
Bei den Serben wird vom Familienoberhaupt ein Eichenzweig oder eine junge Eiche
geschlagen, in der Kirche geweiht und nach Hause gebracht. Männer kümmern sich um
das Spanferkel, Frauen backen Brot aus Weizenmehl (чесница, Божићна погача), in
dem eine Münze steckt, die dem Glück bringen soll, der sie findet. Ähnlich bei den
Bulgaren die Pita (пита). Einen ähnlichen Brauch gibt es bei den Griechen: keine
Geschenke am 24., dafür aber am 31. Dezember (s. d). Auch gibt es „Christi Brot“
(Χριστόψωμο), Weihnachtsfrüchtebrot (τσουρέκι) und natürlich Butter-Mandel-Kekse
(κουραμπιέδες) und Gebäck mit Honigsirup (μελομακάρονα).
Auch bei den Russen ist die „Bescherung“ am 31. Dezember.
 Am 25. Dezember (Fest der Geburt des Herrn) dauert die festliche Nacht-Liturgie
mehrere Stunden. Das Evangelium nach Mt 2, 1–12 widmet sich dem Besuch der
Sterndeuter. Die Liturgie wird mit dem immer wiederkehrenden Weihnachtsgruß
beendet:
Serb.: „Христос се роди!“ (Christus ist geboren!) – [Antwort:] „Ваистину се роди!"
(Er ist wahrhaftig geboren!)
Rumän.: „Hristos S-a născut!“ (Christus ist geboren!) – „Adevarat S-a nascut!“ (Er ist
wahrhaftig geboren), aber auch “Crăciun fericit!” (Fröhliche Weihnachten)
Russ.: „С Рождеством Христовым!“ (Zur Geburt Christi!)
Ukrain.: „Христос рождається!“ (Christus ist geboren!) – „Славімо його!“ (Preisen
wir Ihn!)
Griech.: «Χριστός γεννάται!» (Christus ist geboren!) – «Δοξάσατε!» (Preiset [Ihn])!
– also anders als die Weihnachtswünsche im Westen!
Zur Matutin wird der gesamte Kanon Christus ist geboren gesungen, und die Gläubigen
beten vor der Ikone der Geburt Jesu.

Різдво Христове (Ikone, geschr. v. Angela Straberger)

Jetzt erst gibt es das festliche Weihnachtsessen, kein Fasten, auch nicht am Freitag!
Nach dem Gottesdienst ziehen die «Sternsinger» von Haus zu Haus und singen
Weihnachtslieder (russ. коляды; ukr. коляди; rum. colinde [de Crăciun]; griech.
κάλανδα), wünschen Glück und Gesundheit für das Neue Jahr. Das als Koledovanie
(bulg. коледуване, serb. коледа, russ. колядование, ukr. колядування) bezeichnete
Weihnachtssingen ist ein weit verbreiteter Brauch in Bulgarien, Serbien, Russland,
Ukraine, Weißrussland. Mit den Liedern sollen die bösen Geister vertrieben werden. Die
Leute beschenken die Koledari (коледари/колядки, rum. Colindători) in ihrer
traditionellen Kleidung mit Brezeln, Wein, Obst oder auch Geld.
 26. Dezember: Synaxis der Hochheiligen Gottesmutter und Immerwährenden Jungfrau
Maria.
Verwandtenbesuche, das Feiern und Singen von Weihnachtsliedern wird fortgesetzt.
 31. Dezember/1. Jänner (Beschneidung des Herrn, Hl. Basilius, Evangelium: Lk 2,20-
21; 40-52): bei den Griechen wird das Neujahrsbrot, Βασιλόπιτα/Vasilópita (bei den
Zyprioten βασιλοπούλλα/Vasilopoulla) mit einer darin versteckten Münze angeschnitten.
Bei den Russen kommt „Großväterchen Frost“ (Дед Мороз, bulg. Дядо мраз), begleitet
von seiner Enkelin „Schneeflöckchen“ (Снегурочка). Nach einer Legende fährt er in
einer Troika, einem Schlitten, der von 3 Pferden gezogen wird und den Kindern
Geschenke bringt.
 6. Jänner (Taufe des Herrn – Theophanie): Basilius-Liturgie (Ev.: Mt 3, 13-17)

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