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Seminar 1: Einführung

Definition
„Arbeitssicherheit ist ein anzustrebender gefahren-freier Zustand bei der Berufsausübung. Die auf
den Menschen bezogenen Auswirkungen von Gefahren sind Personenschäden als Folge von
Verletzungen (Unfällen), Berufskrankheiten und sonstigen schädigenden Einflüssen auf die
Gesundheit.“

(Skiba, 2000)

 Schwierig an dieser Definition ist, dass Arbeitssicherheit durch die Abwesenheit von
Gefährdungen definiert wird. Arbeit ist sicher, wenn es keine Unfälle gibt bzw. alle Faktoren
ausgeschaltet sind, die zu Unfällen führen können oder die für den Menschen eine Gefährdung
darstellen.

Psychologie der Arbeitssicherheit


 Welche individuellen, sozialen und organisationalen Faktoren wirken auf die Wahrnehmung
und das Verhalten von Menschen in Bezug auf Arbeitssicherheit?
 Wie lassen sich Fehlerquellen zuverlässig identifizieren?
 Wie entsteht sicherheitskritisches Verhalten?
o Unter sicherheitskritischem Verhalten ist Verhalten bzw. Handeln zu verstehen, das
Gefahren auslöst bzw. die Person in den Wirkbereich von Gefährdungen bringt und
somit zu gefährlichen Arbeitssituationen führt.
o Dies kann in mehr oder weniger bewusster bzw. beabsichtigter Form (riskantes,
sicherheitswidriges Verhalten) oder nicht bewusster bzw. nicht beabsichtigter Form
(fehlerhaftes Verhalten) geschehen.
 Wie kann man menschliche Fehler vermeiden?

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Seminar 3: Individuelle Faktoren 2 – Gewissenhaftigkeit
Ausgangsfragestellung
 Lassen sich Persönlichkeitsmerkmale als Prädiktoren für Unfallhäufigkeit nutzen?
 Grundlage für diese Fragestellung:
Z.B. Fehlertheorie nach Freud
 Gewissenhaftigkeit liegt nahe
 Oder spezifische sicherheitsrelevante Persönlichkeitseigenschaften

Wallace & Vodanovich (2003)


 Untersuchung von Gewissenhaftigkeit, cognitive failure (CF) und ihrem Zusammenhang mit
Arbeitsunfällen
 CF abgeleitet von den „execution failures“ aus der Klassifikation nach Reason (1988)
o Fehler bei der Ausführung einer Tätigkeit
o NICHT Fehler bei der Planung (Mistake)
o CF ist ein „traitlike“ Construct

Theoretischer Hintergrund
 Manche Personen neigen eher zu CF als andere
o Rigider Aufmerksamkeitsfokus
o Unflexible Regulierung der Kognition
o Können in dynamischen Situationen schlecht adaptieren
o Verstärkt selektive Aufmerksamkeit (kein Multitasking)
 Fehler entstehen bei geringer Aufmerksamkeit
 Zusammenhang mit Unfällen?

 Gewissenhaftigkeit (conscientiousness) aus dem Modell der Big-5


 Gewissenhafte Personen sind verlässlich, diszipliniert und vorsichtig
 Zeigen weniger unsicheres Verhalten und konzentrieren sich mehr auf die Arbeit, daher
weniger Unfälle
 ABER: CF und Gewissenhaftigkeit sind nicht dasselbe

Hypothesen
 H1: Positiver Zusammenhang von CF mit Unfällen und unsicherem Verhalten
 H2: Negativer Zusammenhang von Gewissenhaftigkeit mit Unfällen und unsicherem
Verhalten
 H3: CF klärt bei Kontrolle für Gewissenhaftigkeit eigene Varianz auf
o Um zu zeigen, dass CF über Gewissenhaftigkeit mehr Varianz aufklärt.  Dann
haben beide einen unabhängigen Mehrwert und sind nicht das gleiche.
 H4: CF moderiert den Zusammenhang von Gewissenhaftigkeit mit den beiden AVs
o Gewissenhaftigkeit hat nur dann eine hohe negative Wirkung, wenn beide sehr
schlecht sind.  Ansonsten kann das eine das andere ausgleichen

Studie 1
 219 Mitarbeiter aus der Produktion
 Fragebogenerhebung in einem Stück
o Cognitive Failure Questionnaire
o Workplace Safety Questionnaire
o Accident Data Sheet
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o Conscientiousness Measure
 Ausfüllen zu Hause am Computer
 Freiwillige Teilnahme und anonyme Erhebung

Studie 2
 Replikation von Studie 1
 263 Militärangestellte
 Unfälle und unsichere Verhaltensweisen werden nun von Vorgesetzten gerated bzw.
berichtet
o Weniger common method bias
o AV nun aus objektiven Unfallberichten

Ergebnisse

 H1 und H2 werden bestätigt


 Die Hypothesen 1 und 2 haben sich auch in der ersten Studie bestätigt!
 Wie testet man H3?  mit hierarchischer Regressionsanalyse (Gewissenhaftigkeit in Schritt
1, CF in Schritt 2)
 Wie testet man H4?  man schaut, ob die Interaktion der beiden Prädiktoren signifikant
wird (Bei hierarchischer Regression: HEs in Schritt 1 aufnehmen, IE in Schritt 2)

Diskussion
 Alle Hypothesen wurden bestätigt
 Zusammenhang zwischen Gewissenhaftigkeit, CF und Unfällen hat
sich gezeigt
 Wie lassen sich diese Erkenntnisse jetzt
in der Praxis nutzen?

Führen geringe Gewissenhaftigkeit und hohe Anfälligkeit für CF wirklich zu mehr Unfällen?
 Reine Korrelationsstudien
o Autoren schlussfolgern trotzdem kausal  Publikationsdruck
 Kausale Richtung nicht überprüfbar
o Wenn man mehr Unfälle hat, schätzt man sich eventuell als weniger gewissenhaft
und anfälliger für Unfälle ein?
 Vorsicht mit dem Unfallmaß!
o Was, wenn gerade erst ein Unfall passiert ist?
o Wie viele Unfälle passieren überhaupt?

Fehlertheorien
 2 Grundlegend verschiedene Überzeugungen
o Individuumszentrierte Fehlermodelle
o Systemische Fehlermodelle
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 Eine Frage der Sichtweise

Individuumszentrierte Sicht
 Fokus individuelle Handlungsfehler
 Z.B. bei der juristischen Aufarbeitung von Unfällen oder Behandlungsfehlern
o Häufig steht im Zentrum die Frage, ob einer Person ihre fehlerhafte Handlungsweise
bewusst war (Vorsatz)
 Eher unikausale Interpretation von Fehlern
 Problem des Naming, Blaming, Shaming
o Reden vom „menschlichen Versagen“

Ethische Erwägungen
 Wollen wir „Unfallerpersönlichkeiten“
gezielt herauspicken?
 Betrifft eine schwer veränderbare Persönlichkeitseigenschaft (Trait)
 Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit wir solche Theorien propagieren?
o Empirische Befundlage nicht eindeutig
o Sammeln von Evidenz für Nullhypothese (kein Zusammenhang von
Persönlichkeitsmerkmal und Unfallgefahr) grundsätzlich schwerer

Systemische Theorien
 Folgt aus den Vorarbeiten von Norman (1981) und Reason (1990), sowie der Analyse großer
Kathastrophen (Tschernobyl)
 Fehler sind ein systemisches Phänomen, zu dem alle Ebenen eines komplexen
soziotechnischen Systems beitragen können
 Daher Betrachtung des ganzen Systems
 Multikausale Interpretation von Fehlern
 Ermöglicht Konzepte wie „Sicherheitskultur“

Fazit Fehlertheorien
 Individuumszentrierte Theorien heute nicht mehr „state of the art“
 Üben dennoch einen großen Reiz aus
o Sehr einfache Erklärungsmodelle
o Interventionen und Anwendungsmöglichkeiten liegen auf der Hand (z.B. für
Personalauswahl)
 Systemische Theorien ermöglichen dagegen eine ganzheitliche Analyse
o Interventionen auch auf latenten Ebenen möglich

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Seminar 4: Soziale Faktoren – Soziale Normen am Arbeitsplatz
Sozialer Einfluss
Definition: „Eine Veränderung der Urteile, Meinungen und Einstellungen einer Person infolge der
Konfrontation mit den Auffassungen anderer Menschen.“
(W. Stroebe, M. Hewstone, J.-P. Codol & G.M. Stephenson, S. 452)

Wir unterscheiden zwei grundlegende Arten sozialen Einflusses:

 Informationaler Einfluss
o Einfluss wird zugelassen mit dem Ziel: Akkurate und Valide Urteile und
Entscheidungen treffen
o Need to be right
 Normativer Einfluss
o Einfluss wird zugelassen mit dem Ziel: Soziale Bestätigung und Harmonie in der
Gruppe
o Need to be liked

Das Asch-Paradigma
 7 – 9 männliche Teilnehmer in einer Session, davon nur eine naive Versuchsperson
 Die eingeweihten Konföderierten der Versuchsleitung wählen einheitlich eine
(offensichtlich) falsche Antwort
 Ergebnis: Bei individueller Beantwortung 99% Akkuratheit, als Gruppenaufgabe jedoch nur
63.2% Akkuratheit
 Sowohl normativer als auch informationaler Einfluss sind laut Asch wirksam!

Soziale Konformität
„We conform to others when perceived or real pressure from them causes us to act differently from
how we would act if alone.“ (Cialdini & Trost, 1998, p. 162)

 Compliance
Es findet lediglich eine öffentliche Meinungsänderung statt, die private Meinung bleibt
unberührt
o Häufig eine Reaktion auf normativen sozialen Einfluss
 Conversion
Es findet eine öffentliche und private Meinungsänderung statt (daher auch private
acceptance)
o Häufig eine Reaktion auf informationalen Einfluss

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Compliance
„Compliance refers to a particular kind of response – acquiescence - to a particular kind of
communication - a request. […] in all cases, the target recognizes that he or she is being urged to
respond in a desired way.“
(Cialdini & Trost, 1998, p. 168)

 Prinzipien, mit denen Druck zu Compliance (Einwilligung) aufgebaut wird


o Eine Gegenleistung für etwas Erhaltenes (z.B. Geschenke, Gefallen, Dienste)
erbringen
o Konsistenz mit vorherigen Zugeständnissen zeigen
o Das tun, was ähnliche Personen getan haben
o Denen einen Gefallen tun, die wir kennen und mögen
o Sich einer legitimen Autorität beugen
o Seltene Gelegenheiten nutzen, wenn sie sich bieten
 Klassisches Beispiel: foot-in-the-door-technique
o Zunächst wird nach einem kleinen Gefallen oder Zugeständnis gefragt, zu dem das
Gegenüber in den meisten Fällen bereit ist
o Anschließend wird nach einem größeren Gefallen gefragt, der mit dem ersten in
Verbindung steht
o Wurde der ersten Bitte entsprochen, wird der zweiten Bitte auch eher entsprochen
 Konsistentes Verhalten zeigen (Preference for Consistency)
 Ein positives Selbstbild aufrecht erhalten

Folgen sozialen Einflusses


 Sozialer Einfluss spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung sozialer Normen
o Wir erlernen soziale Normen durch unser direktes soziales Umfeld
(durch Beobachtung & Kommunikation)
o Soziale Normen verbreiten sich durch sozialen Einfluss in der Gesellschaft (siehe auch
Social Impact Theory)

Soziale Normen
Definitionen:

 „[…] customs, traditions, standards, rules, values, fashions, and all other criteria of conduct
which are standardized as a consequence of the contact of individuals.“ (Sherif, 1936, p. 3)
 „Social norms are rules and standards that are understood by members of a group, and that
guide and/or constrain social behavior without the force of laws. These norms emerge out of
interaction with others.“ (Cialdini & Trost, 1998, p. 152)

Beispiele für soziale Normen

 Mord ist inakzeptabel


 Personal Space Norm
 Reziprozitätsnorm

Gründe zur Einhaltung sozialer Normen (nach Cialdini & Trost, 1998)

 Effektives Handeln
o Erlernen deskriptiver Normen (was tun die Anderen?)
o Korrektes Verhalten wird durch Andere demonstriert

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 Beziehungen aufbauen & erhalten
o Erlernen injunktiver Normen (was sollte man tun & lassen?) sichert soziale Akzeptanz
 (Positives) Selbst-Konzept steuern
o Durch das Einhalten sozialer Normen, sehen wir uns selbst als gute & hilfsbereite
Menschen

Soziale Normen und die Entstehung von Arbeitsunfällen


Soziale Validierung
 Social Comparison Theory (Festinger, 1954)
o Wir validieren unsere eigenen Verhaltensweisen in Abwesenheit objektiver
Informationen an anderen Menschen, die uns ähnlich sind
 Beispiel Helmpflicht auf Baustellen
o Was machen meine Kollegen?
o Je mehr Leute dasselbe tun, als umso korrekter wird das gezeigte Verhalten bewertet
o Konformitätsdruck führt zum Umgehen von Sicherheitsrichtlinien, die man sonst
beachtet

Schlechte Sicherheitskultur
Die Sicherheitskultur eines Unternehmens besteht aus geteilten Wahrnehmungen und Einstellungen
bezüglich Arbeitssicherheit bei allen Beteiligten (also auch im Management)

 Wie wichtig ist sicheres Verhalten?


 Haben Profit oder Arbeitssicherheit Vorrang?
 Wie viel wird für Sicherheit insgesamt getan?
 Wie wird über Arbeitssicherheit kommuniziert?

 Alle Aspekte von Sicherheitskultur werden über sozialen Einfluss und Gruppennormen geteilt
und geformt
 Wenn geteilte Wahrnehmungen und Einstellungen negativ sind (z.B. niedriger Stellenwert von
AS im Unternehmen), verbreiten sich diese durch sozialen Einfluss
 Entwicklungen finden über lange Zeit statt, keine kurzfristige Intervention möglich

Soziale Normen im Dirty Dozen

 Auch Praktiker erkennen also die potentielle Gefahr sozialer Normen für die Arbeitssicherheit!

Nutzung sozialer Normen zur Erhöhung von Arbeitssicherheit


Einfluss des Managements
Hofmann & Morgeson, 1999 (Safety-Related Behavior as a Social Exchange: The Role of Perceived
Organizational Support and Leader-Member Exchange):

 Studie mit Bezug auf Reziprozitätsnorm


 Wahrgenommener Organizational Support bezüglich Arbeitssicherheit erhöht den Druck zu
sicherem Verhalten von Mitarbeitern und reduzieren Arbeitsunfälle
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 Management kann Mechanismen sozialer Normen zur Verbesserung der Situation nutzen

Einfluss von Führungskräften


Michael et al., 2006 (Production supervisor impacts on subordinates' safety outcomes: an
investigation of leader-member exchange and safety communication):

 Direkter Bezug zu Social Exchange Theory und Reziprozitätsnormen


 Positiver Leader-Member-Exchange (LMX) zwischen direkten Vorgesetzten und Mitarbeitern
beeinflusst Sicherheits-Outcomes
 Wenn Führungskräfte kommunizieren, dass ihnen das Wohlergehen der Mitarbeiter wichtig
ist, verhalten diese sich sicherer

Einfluss von Kollegen


Fugas et al., 2011 (The “Is” and the “Ought”: How Do Perceived Social Norms Influence Safety
Behaviors at Work?):

 Längsschnittstudie (2 Zeitpunkte)
 (Deskriptive) Sicherheitsnormen der Kollegen zu Zeitpunkt 1 beeinflussen proaktives sicheres
Verhalten zu Zeitpunkt 2
 Moderiert wird dieser Einfluss durch das Verhalten und die Kommunikation von Vorgesetzten

Fazit
 Soziale Normen spielen eine entscheidende Rolle für sicheres Verhalten
 Die Mechanismen des sozialen Einflusses können genutzt werden, um (z.B. durch
Reziprozitätsnorm oder Compliance) sicheres Verhalten & Sicherheitskultur positiv zu
verändern
 ABER: Keine kurzfristigen Interventionen, sondern strategische, langfristige
Veränderungsprozesse

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Seminar 5: Soziale Faktoren II – Teamwork und Kommunikation
Kommunikation

Teamwork

Beispiel: Der Absturz von United Airlines Flug 173


 28. Dezember 1978
 Flug von New York nach Portland
 Absturz 11 km vor dem Flughafen
 Menschen an Bord der Maschine: 189
 Überlebende: 179 (davon 23 verletzt)

Unfallhergang

 Probleme beim Ausfahren des Fahrwerks führen zum Abbruch des Landeanflugs
o Lauter Knall und Vibrationen
o Keine Sensorbestätigung, dass das Fahrwerk korrekt ausgefahren wurde, Piloten
wussten es nicht
o Es war Nacht, deshalb konnte auch vom Boden aus nicht geguckt werden
 Über eine Stunde Beratungen an Bord des Flugzeugs (Damals Flugingenieur Bestandteil der
Cockpit-Crew) und mit dem Tower
 Landung wegen plötzlich festgestelltem Treibstoffmangel unausweichlich
 Flugzeug erreicht wegen ausfallenden Triebwerken nicht mehr den Flughafen und stürzte im
Wald ab.
o Wurde von den Bäumen gebremst
o Keine Explosion, weil kein Kerosin mehr vorhanden

Unfallursachen

 Laut NTSB Versagen der Besatzung Cockpit hinsichtlich Kommunikation und Teamwork
 Aufmerksamkeit zu stark auf anstehende Notlandung und Fahrwerksstörung gerichtet und
Treibstoffanzeige nicht beachtet
 Crew kommt trotz akkurater Informationen zur Treibstoffmenge nicht darauf, dass es ein
Problem gibt
o Treibstoffverbrauch evtl. falsch eingeschätzt? (Luftwiderstand bei ausgefahrenem
Fahrwerk?)

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o Kapitän sagte Treibstoffstand immer wieder durch, merkte aber nicht, dass es kritisch
war.
o Kritische Treibstoffsituation wurde vom Flugingenieur erkannt, aber nicht mit
Nachdruck beim Kapitän zur Beachtung gebracht
 Sagte es zwar, aber Kapitän nahm es nicht zur Kenntnis

Wie kam das zustande?

 Starkes Hierarchiegefälle in Flugzeugcrews (Piloten & Kabinenpersonal)


 Sozialer Druck, legitime Autoritäten nicht zu hinterfragen (Compliance)
o Kapitän war unumstrittene Autorität und wurde nicht hinterfragt
 Autoritätsheuristik führt zu Unfällen
o Offensichtliche Fehler des Piloten wurden weder vom Co-Pilot, noch von anderen
Crewmitgliedern korrigiert
o Passivität trotz Erkennen eines Fehlers führte in vielen Fällen zur Katastrophe

Konsequenz: NASA-Konferenz zu Unfallursachen in der Luftfahrt (1979)

 Die Mehrheit aller Unfälle ging laut den präsentierten Forschungserkenntnissen auf
menschliche Fehler zurück (bis zu 70%)
o Fehler in der Kommunikation
o Entscheidungsfehler
o Führungsfehler
 Ergebnis: Cockpit Resource Management (CRM) Trainings werden in die Ausbildung der
Flugzeugbesatzungen integriert
CRM-Trainings
 Spezielle Übungen zum Erwerb wichtiger Kompetenzen im Bereich Teamwork und
Kommunikation
o Autoritäre Führung im Cockpit abbauen
o Durchsetzungsvermögen anderer
Crewmitglieder steigern
o Erreichen, dass Piloten auf andere Besatzungsmitglieder hören
o Zunächst nur für Cockpitbesatzungen (Cockpit Ressource Management)

Kritik an Cockpit Resource Management Trainings (1. Generation)

 Nur genereller (unspezifischer) Ansatz, der Wissen zu Führungsverhalten und


Persönlichkeitseigenschaften vermittelte
 Keine klaren Vorgaben zu korrektem Verhalten im Cockpit
 Einmaliges Training nicht ausreichend, das Wissen muss regelmäßig erneuert werden
 Kritik von Piloten: Trainings sind auf Manipulation der Persönlichkeit angelegt ( &
„Psychogelaber“)

Kontinuierliche Verbesserungen am Trainingsansatz

 Erweiterung des Trainings auf gesamte Flugzeugbesatzung und später auch Bodenpersonal
(z.B. Wartung)
 Spezifischerer Zuschnitt auf Luftfahrt & konkrete Situationen im Flugzeug
o Zum Beispiel standardisierte Kommunikationsrichtlinien wie Checklisten zur Kontrolle
vor dem Start
 Erweiterung der behandelten Themen
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 Integration in reguläre Piloten- & Crewausbildung

Fazit

 Erfolg von CRM anhand von Unfallzahlen nicht überprüfbar (viele Einflussfaktoren, wenig
Unfälle)
 Indikator 1: Regelmäßige CRM Trainings mit Simulator-Anteilen führen zu besserem
Verhalten von Flugzeugbesatzungen
 Indikator 2: Einstellung von Besatzungsmitgliedern gegenüber sicherheitsrelevanten
Faktoren hat sich gebessert (gemessen z.B. mit Flight Management Attitudes Questionnaire,
FMAQ)
 CRM funktioniert nicht bei allen
 Mit der Zeit werden bestimmte CRM Grundsätze selbst bei regelmäßigem Training
missachtet
 CRM wird niemals alle Unfälle verhindern können (siehe NAT)
 Dennoch: CRM ist ein enorm wichtiger Bestandteil der Ausbildung von Flugzeugbesatzungen
und die Sinnhaftigkeit wurde (zurecht) niemals in Frage gestellt

Patientensicherheit im OP
Ausgangslage:

 In 35 bis 66 % aller Operationen kommt es zu Zwischenfällen


 Menschliche Fehler sind auch im medizinischen Bereich die Hauptunfallursache
o Teamwork
o Führung
o Kommunikation
o Situation Awareness
o Entscheidungsfindung
 Folgen menschlicher Fehler im OP
o Analyse von Sentinel Events (Kritische Vorfälle im Krankenhaus, die nicht mit der
eigentlichen Krankheit der Patienten in Verbindung stehen)
o 75% der betroffenen Patienten (2004) sind gestorben
 In 70% der Fälle waren Kommunikationsfehler ursächlich
o Auch zurückführbar auf unterschiedliche Kommunikationsstile von Ärzten und
Pflegepersonal

Gegenmaßnahmen

 Trainieren der sog. Non-technical Skills


o Führungsverhalten
o Entscheidungsfindung
o Durchsetzungsvermögen
o Team Koordination
o Kommunikation
 Einführung von CRM-Methoden aus der Luftfahrt
o Standardisierte Kommunikationsrichtlinien
o Verbesserte Dokumentation von Zwischenfällen

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Wie überprüfen wir den Erfolg unserer Trainings?
 Wie in der Luftfahrt: Unfallzahlen sind in der Regel kein geeigneter Indikator
 Simulatortrainings sind noch kein Standard in der medizinischen Ausbildung (kommt aber)
 Geeigneter Indikator: Einstellungen zu sicherheitsrelevanten Aspekten, erhoben z.B. mit
dem SAQ (Safety Attitudes Questionnaire)

Safety Attitutes Questionnaire


 Sexton et al. (2006)
 Adaptation des FMAQ aus der Luftfahrt
 6 Subskalen
o Teamwork climate
o Job satisfaction
o Perceptions of management
o Safety climate
o Working conditions
o Stress recognition
 SAQ kann auf verschiedene Berufsgruppen angepasst werden
o Übertragung auf andere Bereiche möglich und im Gange
 Andere Adaptation des FMAQ
o Operating Room Management Questionnaire (ORMAQ; z.B. Flin et al. 2006)

Fazit
 Kommunikation & Teamwork sind entscheidende Erfolgs- oder Fehlerfaktoren in komplexen
Hochrisikosituationen (Luftfahrt, medizinische Eingriffe, etc.)
 Fähigkeiten in diesen Bereichen lassen sich trainieren und regelmäßige Trainings zeigen
auch Erfolge, die man aber nicht direkt mit Unfallzahl in Verbindung bringen kann
 Statt Unfallzahlenanalyse ist eine sorgfältige Evaluation der Trainingsmaßnahmen notwendig
 Die Einstellungen von Arbeitnehmern bezüglich Arbeitssicherheit sind der primäre Indikator
für den Erfolg einer Intervention
 Messen lassen sich solche Einstellungen z.B. mit dem SAQ

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Seminar 6: Organisationale Faktoren – Sicherheitskultur und Sicherheitsklima
Organisationskultur
Definition von Schein (2004):

„The culture of a group can now be defined as a pattern of shared basic assumptions that was
learned by a group as it solved its problems of external adaption and internal integration, that has
worked well enough to be considered valid and, therefore, to be taught to new members as the
correct way to perceive, think, and feel in relation to those problems.” (Schein, 2004, S.17)
 Set von Überzeugungen, Normen, Verhalten
 neue Mitglieder lernen dann an Beobachtung die Werte und Normen der Organisation und passen sich an, bis das Set bei allen
übereinstimmt, das Set wird dann genutzt um die Organisationsziele zu verfolgen
 Über sozialen Einfluss lernen wir Kultur
o Beobachtung: Wie funktioniert es? Und dann passen wir uns an.

Die 3 Ebenen einer Organisationskultur nach Schein:

die Grundannahmen übernehmen wir ohne darüber Bescheid zu wissen, es lohnt sich also nicht diese Grundannahmen abzufragen

oben: 3. Ebene, z.B. wie jemand sein Büro einrichtet (z.B. Fotos von Familie aufstellen) oder wie sich jemand verhält; auf dieser Ebene ist
alles beobachtbar

Warum braucht man das? Warum entstehen Organisationskulturen?

 Sinn einer solchen Kultur?


„It creates a homogeneous set of assumptions and decision premises which, when they are
invoked on a local and decentralized basis, preserve coordination and centralization.”
(Weick, 1987, S. 124)
wenn ich diese geteilten Annahmen habe, dann kann ich davon ausgehen, dass trotzdem alle Abläufe in einer Organisation noch
koordiniert sind und im Einklang miteinander stehen  effektive Koordination; Leute werden berechenbar  Möglichkeit mir
auszurechnen, wie Menschen auf Situationen reagieren werden und wie sie sich verhalten werden  Homogenität, Vorhersagbarkeit hilft
dann dabei, dass Prozesse ohne Absprache koordiniert ablaufen werden; Dezentralisierung: Verantwortung an die Leute verlagern, die
tatsächlich Entscheidungen treffen müssen

 Verlässliche Vorhersagen, wie sich andere Gruppenmitglieder verhalten werde


 Ermöglicht effektive Koordination
 Eine Organisationskultur macht Arbeit produktiver
o Ich weiß was meine Aufgabe ist
o Geringer Kommunikationsbedarf
Organisationskulturen lassen sich aufsplitten, sie haben unterschiedliche Facetten: eine davon = Sicherheitskulturkonzept

Entwicklung des Sicherheitskulturkonzepts


 Sicherheitskultur ist eine Facette von Organisationskultur

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Beispiel: die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl
Stromausfall simulieren, reicht das Drehen der Turbinen aus, wenn das passiert bis dann der Notstromgenerator anspringt.

Ein Jahr vorher hatte man das in einem anderen Reaktorblock probiert, es hat nicht geklappt, aber man hat jetzt Tele ausgetauscht und
gehofft, dass es klappt

Sie haben die Leistung des Reaktors stark reduziert, damit das rumgepfusche nicht so gefährlich ist, aber Lastverteiler sagt, bitte
unterbrecht den Test und liefert weiter Strom, haben sie gemacht, obwohl das nicht vorgesehen war, sie haben den nur bei 50&iger
Leistung laufen lassen und hatte aber kritische Nebenwirkungen, da trat Material aus und dann ließ sich langfristig der Reaktor schlechter
steuern und sie haben das Notkühlsystem abgeschaltet, was eigentlich ein strenger Verstoß war, einfach weil sie das Ding genervt hat;
haben nach den paar Stunden mit dem Test weitergemacht und das Notkühlsystem nicht wieder eingeschaltet; Schichtwechsel! Trottel
fährt Reaktor zu weit runter (1%)  da muss man Reaktor ausschalten, sonst lagert sich zu viel kack Material da an und der Reaktor ist
unsteuerbar, aber das haben sie einfach ignoriert (erst nicht gemerkt, dass er zu weiter runter ist, Leistung erhöhen ging nicht richtig und
einfach nicht ausgeschaltet) Dann haben sie den Test gestartet. Großes Problem, deswegen Notabschaltung  Leistung aber dadurch
nochmal krank angestiegen (enorme Hitze und Druck)  Vollkatastrophe

Evakuierungsmaßnahmen dann auch noch verzögert weil Falschinformationen (ist nochmal gut gegangen) durchgegeben wurden statt
Warnung und Ruf nach Hilfe

 Simulation eines Stromausfalls, um die Notstromversorgung zu testen


 Abschaltung von Sicherheitssystemen, um einen ungestörten Versuchsablauf zu ermöglichen
 Betrieb des Reaktors bei unzulässig niedriger Leistung führt zu nicht geplantem
Leistungsanstieg bei Versuchsbeginn
 Durch bauartbedingte Besonderheiten des Reaktors führt die Notabschaltung zur Katastrophe
 Explosion des Reaktors
 Untersuchung der Unfallursachen durch die International Nuclear Safety Advisory Group
(INSAG) verfasst mehrere Unfallberichte, Ergebnisse:
o Missachtung von Sicherheitsvorschriften
o (Eventuell) Bedienfehler im Steuerraum nach Schichtübergabe
o Konstruktionsbedingte Besonderheiten des Reaktors wurden nicht berücksichtigt
o Nach Explosion: Zu späte Reaktion der Behörden, unzureichende
Schutzmaßnahmen Vertuschungsaktion
Wie kann man sowas zukünftig verhindern?

Einführung des Begriffs „Sicherheitskultur“ durch die INSAG:


„The IAEA should devote special effort to […] giving assistance in the field of operator qualification,
education and training so as to create a ‘nuclear safety culture’ in nuclear power plant operation.”
(INSAG, 1986)

„Safety Culture is that assembly of characteristics and attitudes in organizations and individuals
which establishes that, as an overriding priority, nuclear plant safety issues receive the attention
warranted by their significance.” (INSAG, 1991, S. 1)
Sicherheitskultur führt dazu, dass Sicherheit in der Organisation die Priorität hat, die sie braucht

In der Folge uneinheitliche Definition des Konzepts, aber gemeinsame Kernmerkmale (nach
Guldenmund, 2000) Was macht eine Sicherheitskultur aus?

1. Sicherheitskultur ist ein abstraktes Konstrukt, es handelt sich nicht um ein vollständig
beobachtbares Phänomen (macht Sinn, denk an den Kulturkern, der ist ja unbewusst)
2. Dieses Konstrukt ist relativ stabil über die Zeit
3. Sicherheitskultur ist ein mehrdimensionales Konzept, eine gemeinsame Festlegung auf
konkrete Dimensionen fehlt bislang allerdings.
4. Sicherheitskultur ist etwas, das von einer Gruppe von Personen geteilt wird, also eine
Gemeinsamkeit dieser Gruppe darstellt

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5. Eine Sicherheitskultur ist eine Facette der generellen Unternehmenskultur neben anderen
Facetten, zum Beispiel einer Servicekultur oder einer Kreativkultur.
6. Sicherheitskultur erzeugt Handlungen, das heißt sie liefert den Rahmen und die
Rechtfertigung für bestimmte Verhaltensweisen praktische Relevanz; wir können die Sicherheitskultur als
Hebel benutzen, um Verhalten (Entstehen von Arbeitsunfällen weniger wahrscheinlich zu machen) zu beeinflussen

Sicherheitskulturmodell nach Berends (1995)


2 Ebenen einer Sicherheitskultur a) Überzeugungen (Schein: Grundannahme) und Normen

Beispiel zu Überzeugungen (Mitglieder der Organisation):


1) Kontrollierbarkeit von Sicherheit: ich glaube, ich kann gar nicht verhindern, dass Unfälle passieren, das passiert halt und ist
normal oder ich glaube, dass ich Unfälle verringern kann  beeinflusst meine Einstellung zur Arbeitssicherheit
2) wie viel Einfluss hat der Einzelne auf Sicherheit
3) Unfallursachen: ich bin der Meinung dass es immer einen Schuldigen gibt (individuell) oder dass da Faktoren zusammenspielen
4) menschl. Natur: z.B. Menschen kann man keine Verantwortung übertragen ohne sie zu kontrollieren
5) wenn ich mich sicher verhalte, ist das nicht so wichtig, eher kacke, weil dann leiste ich wenig oder es ist richtig gut, weil man das
braucht
6) ab wann ist eine Situation gefährlich, welche Risiken kann ich noch eingehen (die Maschine funktioniert schon noch…)

Diese Überzeugungen interagieren mit Normen (wie bei Schein auch), die sind allesamt beobachtbar und erfassbar
individuell: proaktiv dazu beitragen, dass es sicher bleibt (z.B. von Problemen berichten) oder immer darauf warten, dass mir jemand sagt,
wie ich mich verhalten soll
sozial: sprech ich meine Fehler bei Kollegen an oder senkt das mein Ansehen
organisational: Arbeitsumgebung gestalten mit Ziel Sicherheit oder halt nicht, Verhalten mehr oder weniger kontrollieren,
Sicherheitsprobleme transparent verarbeiten oder unter den Teppich kehren

Ziele bei der Einführung / Verbesserung von Sicherheitskultur


 Implementierung gewünschter Verhaltensnormen in einer Organisation
 Verminderung von Unfällen und Verletzungen
 Sicherheitsrelevanten Themen die Aufmerksamkeit verschaffen, die ihnen zusteht
 Sichergehen, dass Mitglieder einer Organisation gleiche Ideen und Ansichten über Risiken,
Unfälle und Krankheiten teilen
 Das Sicherheitsengagement der Mitarbeiter steigern (individuell: mehr aktives Verhalten)

Probleme bei der Veränderung von Sicherheitskultur

 Sicherheitskultur gilt als zeitlich stabiles Konstrukt Veränderungen auf dieser Ebene brauchen ewig
 Kein direkter Zugriff auf den Kulturkern möglich verändern ohne direkt darauf zuzugreifen – na toll
 Veränderungen nur langsam über die Beeinflussung geteilter Werte & Normen
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 Wirksamkeit von Interventionen schwer überprüfbar weil ja kein Zugriff aus Kulturkern
Atomindustrie und Luftfahrt: Sicherheitskultur extrem wichtig, müssen kommunizieren, dass sie super sicher sind – diese Industrien sind
eigentlich Vorbilder dafür, was man erreichen kann, wenn man auf gute Sicherheitskultur setzt; man kann hohe Arbeitssicherheit erreichen

Sicherheitskultur vs. Sicherheitsklima


Sicherheitsklima nach Zohar: Zusammenhang mit Burnout – Mitglieder der Organisation teilen ein Set von Wahrnehmungen +
Fragebogen, um das zu messen; schon große Übereinstimmungen, aber es geht nur um Wahrnehmungen

[…] coherent sets of organizational perceptions, when shared and summarized for individual
employees, are defined here as organizational climates. (Zohar, 1980, pp. 96-97)

Review von Guldenmund (2000)

 Sicherheitsklima wird häufig als Synonym für Sicherheitskultur verwendet


 Andernfalls als Teilaspekt von Sicherheitskultur, als geteilte (Wahrnehmungen,) Werte &
Normen

Die 3 Ebenen einer Organisationskultur nach Schein mit Einordnung von Sicherheitsklima

Sicherheitsklima = eine Facette der gemeinsamen Werte und Normen

Voraussetzungen für eine positive Sicherheitskultur nach Reason


Die informierte Kultur Synonym für gute Sicherheitskultur

 Eine gute Sicherheitskultur entspricht nach Reason der informierten Kultur


o Sicherheitsrelevante Informationen werden gesammelt und systematisch
ausgewertet
 Unfälle, Beinaheunfälle & Zwischenfälle
 Weitere Sicherheitsindikatoren
o Entscheidungsträger nutzen die so gewonnen Erkenntnisse, um eine hohe
Arbeitssicherheit zu gewährleisten
 Dafür gibt es 4 Voraussetzungen: Bild
 Gute Berichtskultur
o Informationen werden aus allen Ebenen der Organisation zusammengetragen
o Mitarbeiter machen freiwillig eigene Fehler öffentlich und dokumentieren diese
 Gerechte Kultur dann auch bessere Berichtskultur; sag ihnen was passiert, wenn sie ihre Fehler zugeben
o Transparenz bei der Aufarbeitung und Handhabung von menschlichen Fehlern
o Fairer Umgang mit Mitarbeitern, aber kein Entbinden von der Verantwortung für
Fehler Sanktionen schon, aber diese sind fair, man muss halt schon Verantwortung übernehmen
 Flexible Kultur

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oFlache Hierarchien ermöglichen kritische Entscheidungen direkt am Ort des
Geschehens
o Kurze Befehlsketten ermöglichen schnelles Reagieren auf veränderte Situationen
 Gute Lernkultur was passiert dann nachdem ich die Infos zu Fehlern gesammelt hab…
o Informationen müssen genutzt werden, um aus Fehlern zu lernen
o Intensive Auseinandersetzung mit Fehlern und Ableitung geeigneter Maßnahmen

 Reason integriert menschliche Fehler in die Entstehung einer guten Sicherheitskultur


 Fehler nicht nur als zu vermeidendes Übel, sondern auch als Chance zur Verbesserung
 Der Umgang mit Fehlern unterscheidet Organisationen mit (guter) Sicherheitskultur von
Organisationen mit schlechter bzw. ohne Sicherheitskultur

Wie messe ich eigentlich Sicherheitskultur und wie weise ich nach, dass meine Intervention klappt?

Sicherheitskulturmessung
 Eine Organisationskultur ist schwer zu Erfassen
o Keine direkte Beobachtung bzw. Messung des Kulturkerns möglich
o Geteilte Werte & Normen sind teilweise unbewusst
o Andere Einflussfaktoren lassen sich schwer kontrollieren
 Klinisches Erhebungsmodell nach Schein
o Qualitative Analyse mit Interviews, Gruppendiskussionen &
Verhaltensbeobachtungen
o Umfassende Erhebung der Artefakte und Werte/Normen-Ebene ermöglicht
begründete Rückschlüsse auf Kulturkern
o Nur erfolgversprechend, wenn Mitarbeiter freiwillig und motiviert an einer
Untersuchung teilnehmen
 In der Praxis oftmals Fragebogenerhebungen
o Fokus auf die Ebene geteilter Werte & Normen
o Auch geteilte Wahrnehmungen als Indikator für Sicherheitskultur  Sicherheitsklima
o Fragebogen vereinfacht die Erhebung in Organisationen – erfasst Sicherheitsklima
o Kritik: Wird dem ganzheitlichen Sicherheitskulturbegriff nicht gerecht! – erfasst nur
Teilaspekt der Sicherheitskultur
o Methodenmix wünschenswert leider übel aufwändig
Fazit
 Sicherheitskultur beschreibt die Anstrengungen für hohe Arbeitssicherheit innerhalb einer
Organisation ganzheitlich
 Sie ist Mitarbeitern nur teilweise bewusst, außerdem zeitlich stabil und somit nur
langsam veränderbar
 Ein entscheidender Ansatzpunkt zur Verbesserung ist der Umgang von Organisationen mit
Fehlern

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Anwendung Analyse zur Arbeitssicherheit
Grundregeln
 Immer den Auftrag im Blick behalten
 Maßnahmen und Tätigkeiten, die der Erfüllung des Auftrags dienen
 Keine Tätigkeiten außerhalb des gestellten Auftrags (außer nach Absprache)
 Planung mit dem Auftraggeber abstimmen

Plan einer Arbeitssicherheitsuntersuchung


Schritt 1: Ideen/Hypothesen/Theorien generieren

 In der Regel qualitativ, z.B. mit Interviews


 Sachverhalte aus verschiedenen Perspektiven (Interviewpartnern) beleuchten
 Hierzu im Vorfeld klären:
o Welche Informationen sind wichtig?
o Wer sind relevante Informationsgeber?

Schritt 2: Hypothesen prüfen, Evidenz sammeln

 In der Regel quantitativ, z.B. Fragebögen


 Belastbare Daten zur Untermauerung der eigenen Aussagen / Vermutungen
 Auftraggeber müssen überzeugt werden

Schritt 3: Interventionen erarbeiten

 Kriterien für erfolgreiche Interventionen


o Bewährt (Auf frühere Erfolge hinweisen)
o Zielgerichtet (Auftragsstellung im Blick)
o Durchführbar (Bedingungen beim Auftraggeber)
o Ökonomisch (Wichtiges Verkaufsargument)

Interviews
Probleme beim Führen von Interviews

 Fehlende Teilnahmebereitschaft
 Misstrauen bzgl. Anonymität
 Abschweifen vom Thema
 Persönliche Motive
 Beeinflussung des Interviewers
 Falschaussagen
 Respektvoller, höflicher Umgang
 Vertrauen aufbauen
 Ehrlichkeit & Transparenz
 Privatsphäre respektieren
 Nicht penetrant nachbohren
 Keine Suggestivfragen

Konzeption einer quantitativen Erhebung


 Fokus nicht auf die Operationalisierung und inhaltliche Details, sondern auf das Konzept
 Welche Daten brauche ich, um meine Hypothese(n) zu überprüfen?
 Wie erfolgt die Auswertung (Grob umrissen)?
 Welche Befundmuster erwarte ich?
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 Wann würde ich eine Hypothese als bestätigt ansehen, wann als widerlegt?
 Auf welche Probleme muss ich achten?

Hypothesenprüfung mit quantitativen Methoden

 Mögliche Probleme bei Fragebögen


o Sozial erwünschtes Antwortverhalten
 Decken –und Bodeneffekte
 Geringe Varianz (schlecht für Zusammenhänge)
o Schlechte Items / Konstrukte
 Decken –und Bodeneffekte
 Geringe Varianz (schlecht für Zusammenhänge)
 Antwortverweigerung
o Common Method Bias
o Zu hohe Komplexität / großer Umfang
 Schlecht für Compliance
o Geringe Rücklaufquote
 Wichtige Hinweise
o Hypothesen am besten mehrfach absichern
o Möglichst solche Daten erheben, die eine eindeutige Prüfung zulassen
o Keine Überinterpretation von Konstrukten (Ein Konstrukt misst nur, was es misst.
Nichts hineininterpretieren!)
o Keine Evidenz für eine Hypothese zu finden bedeutet nicht automatisch, dass diese
widerlegt ist!
 Bei mehreren Alternativhypothesen
o Normalfall: Beide Hypothesen unabhängig voneinander prüfen
o Aber: Auch gleichzeitige Überprüfung von mehreren Hypothesen mit einem Item /
Fragebogen denkbar
o Wichtig: Gegenüberstellung, die klare Schlüsse zulässt, welche Hypothese (eher)
zutrifft
o Grundsätzliche Frage: Schließen sich die Hypothesen aus? (Muss nicht immer sein!)
 Worauf sonst achten?
o Alle notwendigen Daten / geeignete Daten erhoben, um Hypothesen zu prüfen?
(Erwartete Ergebnismuster im Auge behalten!)
o Ökonomie der Umfrage ist bei Auftragsforschung ein sehr wichtiger Aspekt
o Anonymität gewährleistet oder aus guten Gründen nicht möglich? (persönliche
Daten erfragt, die eine Identifizierung erlauben?)

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