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Jugend sang wieder ilir schönes Lied — vor einem ganzen


Grabe und freute sich schon auf das nächste Mal , denn in

heftiger Gemüthshewegung ward verordnet , für das schöne


Singen jedem Kind einen halben Batzen sammt Käs und

Brod auszurichten . So hat der ewige Jude seine Ruhe ge¬


funden .

Michel N . ist auch ein Merliger , hat viel erlebt und


weiss noch mehr zu erzählen . „ Der Teufel ist los , “ beten
vielerorts die alten Weiher , wenn es um den Grat stöhnt
und ächzt , als sollte aus dem Schooss der Erde ein neuer

Berg geboren werden . Da lächelt der Michel schlau : „ Das


ist nur das Friesenheer , ich kenne es schon . “ Doch weiter

bringt ihr den Mann über diesen Gegenstand nicht so

leicht zum Sprechen . Es ist der Angelpunkt , um den sich


ein grosser Theil seines Denkens bewegt . Er hat einmal

die „ Jagd “ belauscht , es ist ihm theuer zu stehen gekom¬


men , aber er sinnt aufs Neue auf Mittel und Wege , das
Friesenheer zu schauen , so recht in der Nähe zu betrach¬

ten . Doch wenn ihr mit Michel gut steht , dann flüstert er :
„ Eigentlich hilft alles Lauschen nichts , denn je näher man
dabei ist , um so weniger sieht man .“ Ist er soweit , dann
fahrt ihm hei Leihe nicht in die Rede , sonst habt ilir ’s mit
ihm verloren ; dann heisst ’s auch : „ Je näher man dabei ist ,
um so weniger bekommt man zu hören .“

Auf engem Raum zusammengekauert sassen wir ,


die Pfeifen dampften und wurden schweigend in Gluth
erhalten — denn Michel war am Erzählen . Wenn ein

schweigsamer Mann , dem die Gabe des Erzählens in

wunderbarem Masse zu Theil geworden , einmal losbricht ,


dann fühlt ihr euch nicht als ein Verdurstender , welcher

lropfen um Tropfen spärlich erhaschen muss , sondern frei


aller Bande schifft ihr dal lin auf dem stolzen Strom seiner

Bede . An eurem geistigen Auge fliegen die Ufer vorbei ,

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