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nackten küsse froren . Da berührte ihn warmer Odem und

es zog wie laue Luft um ihn her , seine Pulse flogen und
die Kälte war verschwunden . Immer weiter führte sie

ihn über einen Gletscher weg in andere Höhlen , darin


es wie fernes Leuchten schimmerte ; bald war lauter Licht
um sie her . Seine Augen schmerzten ihn vor Glanz , doch

die Nixe berührte nur seine Augenlider und er konnte ohne


Schmerzen in die unterirdischen Lichter und Sonnen

schauen . Da begannen sich seine Sinne zu verdüstern


und ihm war , als sollte er sich schlafen legen , als würden
seine Glieder leicht zum Schweben und dann wieder schwer

wie Blei . „ Du darfst nicht mehr schlafen ,“ sprach seine


Begleiterin und reichte ihm einen goldenen Becher dar .
Den trank er in vollen Zügen . Da zog es durch ihn mit
ganz anderer Lebenslust , rings sah er die Felsen sich öffnen ,
und wohin er schaute , lagen die Adern des Gebirges wie
flüssiges Gold und die Bäche zogen sich wie Silberbänder
hernieder . Doch die Sehnsucht nach der Aussenwelt war

nicht entschwunden und er musste fast weinen , wenn er


an sein Viitterlein dachte , das ihn gewiss jetzt vermissen
werde , an seinen treuen Hund , der winselnd seinen Herrn

suche und dessen Bellen er zu vernehmen glaubte . Die


schöne Frau sah seinen Kummer und sprach : „ Du musst
alles vergessen , du darfst nur mir gehören , niemanden
sonst , ich habe dich erkauft mit einem Theil meines Selbst

— trinke , trinke Vergessen . “ Er trank , er musste trinken ,


da war alles um ihn entschwunden . Nichts sah und hörte

er mehr als ihre Stimme und sie flüsterte : „ Wenn du

an etwas anderes denkst , als an mich , dann trinke aus


diesem Becher , nicht aus dem andern , hier ist nicht Ver¬
gessen , dort ist Wiedererinnern .“ Lange lebte er so . Da
war ' s ihm , als wehe eine kalte Luft um ihn her , als seien
seine Fiisse kalt . Nur in sein Gesicht blies ein lieisser Odem

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