Sie sind auf Seite 1von 25

Führungsdimension des

Public Management
Vorlesung:
Einführung in die Verwaltungswissenschaft und Public
Management

Herbstsemester 2014

Prof. Dr. rer. oec. Adrian Ritz


Kompetenzzentrum für Public Management
der Universität Bern
www.kpm.unibe.ch
6. Ethical Leadership

The demonstration of normatively appropriate


conduct through personal actions and interpersonal
relationships, and the promotion of such conduct to
followers through two-way communication,
reinforcement, and decision-making. (Brown et al. 2005)

Brown, M. E., L. K. Trevino, and D. A. Harrison. 2005. Ethical Leadership: A Social Learning Perspective for
Construct Development and Testing. Organizational Behavior and Human Decision Processes 97(2): 117–34
> «Moral Person»: ehrlich, zuverlässig, prinzipiengerechte
Beschlussfassung, sich um andere und die weitere
Gesellschaft kümmern, und sich sowohl im Arbeitsleben als
auch im persönlichen Leben ethisch verhalten

> «Moral Manager»: durch Kommunikation von ethischen


Wertaussagen, durch ethisches Modellverhalten, durch
Belohnungssystem Mitarbeiter für ethisches Verhalten
verantwortlich halten

«Walk the walk instead of talk the talk»


> Führungsverantwortung zum Aufbau und Erhalt eines
ethischen Organisationsklimas

> Ethische Werte auf Führungsebene, aber auch aus


Governance- und Demokratieperspektive wichtig:
— Bürgerzufriedenheit
— Vertrauen in Institutionen
— Ausmass von Bürgerbeteiligung
G. C. arbeitet bereits seit sieben Monaten nicht mehr als
Direktor der Strafanstalt Thorberg. Regierungsrat Hans-Jürg
Käser hat ihn am 2. Februar freigestellt, weil bekannt
geworden war, dass Caccivio Kontakte zu einer
drogensüchtigen Prostituierten gepflegt, angeblich Akten
manipuliert und einzelne Insassen in der Anstalt bevorzugt
hatte.
BZ Online, 3.9.2014
Beim Informatikprojekt Insieme der Eidgenössischen
Steuerverwaltung (ESTV) ist es zu schweren Verstössen gegen
Beschaffungsrecht gekommen. Die Hauptverantwortung trägt
ESTV-Direktor Urs Ursprung. Er wurde von Finanzministerin
Eveline Widmer-Schlumpf freigestellt.
[…] Der Bericht […] kommt zum Schluss, dass die Verantwortlichen
trotz wiederholter Aufforderung durch die Departementsführung
bewusst und über längere Zeit gegen Vorschriften des
Beschaffungsrechts verstossen haben […].
Unter anderem wurde das Projekt unzulässigerweise in einzelne
Aufträge unterteilt, deren Volumen jeweils knapp unter dem
Schwellenwert für WTO-Ausschreibungen lagen. Zudem wurden
Unterschriftenregelungen nicht immer eingehalten.
Tagesanzeiger, 19.6.2012
Lerntheorie von Bandura

> Grundsätzlich schauen Individuen auf das Verhalten Anderer


um Leitlinien für ethisches Verhalten zu lernen (Kohlberg
1969)
> Bandura: “If models do not abide by what they preach, why
should others do so?”

> Aneignungsphase:
— Aufmerksamkeitsprozesse
— Gedächtnisprozesse

> Ausführungsphase:
— Motorische Reproduktionsprozesse
— Verstärkungs- und Motivationsprozesse
Kohlberg, L. 1969. Stage and Sequence: The Cognitive-Developmental Approach to Socialization. In
The Handbook of Socialization Theory and Research, ed. David A. Goslin. Chicago: Rand McNally
> Man kann also nicht nicht führen!

> Führungskräfte wirken als positive oder negative Vorbilder:


— Macht, Status, Sympathie, Attraktion
— Fehlendes Selbstvertrauen, Erfahrungen, Wertvorstellungen,
Stimmungen
— Beziehungsqualität

> Wichtig ist die Bestärkung im ethischen Verhalten


> Kommunikation und Hervorhebung von ethischen
Grundsätzen und Verhaltensweisen
Ursache-Wirkungsmodell ethischer Führung

Absenteeism
Report Ethical Problems

Nach: Brown, Michael E., and Linda K. Treviño. 2006. Ethical Leadership:
A Review and Future Directions. Leadership Quarterly 17(6): 595–616.
> US Panel 2011 Conference on "Ethics, Trust & Transparency: Business,
Government and the Case for Voter Concern"
Dennoch ein Spannungsfeld…

> 55% der Bevölkerung der USA sind von der Unehrlichkeit von
Führungskräften überzeugt und 59% gehen davon aus, dass
kleinere Delikte an der Tagesordnung sind (Gini, 1998)
> Soziale und moralische Werte korrelieren nicht positiv mit
Erfolg (Thomas, 1997; Pöggeler, 1997)
> Unmoralisches Verhalten führt zu
Misserfolg: z. B. Ölplattform `Brent
Spar` von Shell, Deep Water Horizon
von BP; Korruptionsversuche durch
Siemens in Singapur; Grenzwert-
überschreitung bei Castor-
Transporten; Madoff etc. (Wiemeyer,
2000)

Pfister, A. 2012: Vorlesung Leadership I, öffentliche Vorlesung an der ETH Zürich


7. Motivation

Was bringt einen Menschen zu einem bestimmten Verhalten?


Motivation

> «Motivation bezeichnet Prozesse, bei denen bestimmte Motive


aktiviert und in Handlungen umgesetzt werden. Dadurch erhält
Verhalten eine Richtung auf ein Ziel, eine Intensitätsstärke und eine
Ablaufform. Die Motivation einer Person, ein bestimmtes Ziel zu
verfolgen, hängt von situativen Anreizen, persönlichen Präferenzen
und deren Wechselwirkung ab.» Quelle: Lexikon für Psychologie & Pädagogik

> Wechselwirkung zwischen:


— Person => Motive und Ziele
— Situation => Anreize
8. Motivationstheorien
a) Inhaltstheorien

Freude,
Spass
aufgrund
Arbeitsinhalt,
Arbeitsspiel-
raum,
Arbeitsvielfalt,
Entfaltungs-
möglichkeiten

Thom/Ritz (2008): 351


b) Prozesstheorien

Austausch-/Equity-Theorie (Adams, 1965):


> Fairness der Belohnungsverteilung: Zwei Personen werden
fair behandelt, wenn das Verhältnis ihrer Belohnungen zu
ihren Beiträgen gleich ist.
> Prinzip der relativen Gleichheit: hohe Leistung > hohe
Belohnung und vice versa
> Ungleichheit erzeugt Spannung, welche Motivation antreibt.
> Gleichgewichtswiederherstellung durch: Absenkung meines
Inputs, Erhöhung meines Outcomes, Aufwertung meiner
Leistung oder Abwertung der fremden Leistung (um den
Status quo psychologisch zu rechtfertigen), Flucht

Pfister, A. 2012: Vorlesung Leadership I, öffentliche Vorlesung an der ETH Zürich


c) Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 2000):

Motivation Amotivation Kontrolliert extrinsisch Autonom extrinsisch Autonom


Intrinsisch
Regulations- Keine Externe Introjezierte Identifizierte Integrierte Intrinsische
typ Regulation Regulation Regulation Regulation Regulation Regulation

Verhaltens- Verhalten Verhalten Verhalten Verhalten Verhalten Verhalten


ursache führt zu aufgrund aufgrund weil Wirkung weil es mit aufgrund
keinem Belohnung «schlechtem mit persön- Selbstver- Freude
Erfolg oder Zwang Gewissen» lichen Zielen ständnis etwas zu
überein- überein- erfahren, zu
stimmt stimmt erreichen
oder zu
erleben

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2000). The “what” and “why” of goal pursuits: Human needs and the self-determination of behavior. Psychological Inquiry, 4, 227–268
> Zu intrinsischer Motivation führt: (Motivatoren)

The
Intrinsic
Motivation

RAMP
9. Public Service Motivation (PSM)

> Kritik gegenüber klassischer Motivationstheorie:


(Shamir 1991 zit. n. Perry 2000)

— Individualistische Perspektive dominiert


— «Strong Situations» im Vordergrund
— Verhaltenscharakteristika und -unterschiede kaum
berücksichtigt
— Zu starker aufgabenspezifischer Fokus
— Normative Werte und Verpflichtungen ausgeklammert

Perry, J. L. (2000). Bringing Society in: Toward a Theory of Public-Service Motivation. Journal of Public Administration Research and Theory: J-PART, 10(2), 471-488.
> Definitionen:
„an individual's predisposition to respond to motives grounded primarily
or uniquely in public institutions and organizations“ (Perry & Wise
1990)
“[...] the belief, values and attitudes that go beyond self interest and
organizational interest, that concern the interest of a larger political
entity and that motivate individuals to act accordingly whenever
appropriate“ (Vandenabeele 2007: 547)

> Dimensionen: Perry (1990) Kim et al. (2013)


 Attraction to Policy Making  Attraction to Public Service
 Commitment to the Public Interest  Commitment to Public Values
 Compassion  Compassion
 Self-Sacrifice  Self-Sacrifice

Perry, J.L. & Wise, L.R. (1990). The Motivational Bases of Public Service. Public Administration Review, 50, 367-73.
Kim, S. et al. 2013. Investigating the Structure and Meaning of Public Service Motivation across Populations. Journal of Public Administration Research and Theory, 23(1) 79-102.
Amotivation Kontrolliert extrinsisch Autonom extrinsisch Autonom
Intrinsisch
Keine Externe Introjezierte Identifizierte Integrierte Intrinsische
Regulation Regulation Regulation Regulation Regulation Regulation

Fremdnutzen Eigennutzen

Pro-Soziale Intrinsische
Motivation Aufgaben-
motivation

Individuum Gesellschaft

User Public
Orientation Service
Motivation
Welche Bedeutung hat PSM für das Verhalten im
öffentlichen Sektor?

«…positiver Einfluss der PSM auf für den Erfolg öffentlicher


Verwaltungen wichtige Faktoren und Verhaltensweisen wie
Anreizpräferenzen, Arbeitszufriedenheit, individuelle und
organisationale Leistung aber auch integres, ethisches
Verhalten.» (Hammerschmid et al. 2009)

> Wie entsteht PSM?


> Selbstselektion aufgrund der PSM in den öffentlichen Sektor?
> Implikation für Arbeitgeber im öffentlichen Sektor?

Hammerschmid, G., Meyer, R.E., & Egger-Peitler, I. 2009. Das Konzept der Public Service Motivation. der moderne staat 1, 73-92.
Hinweise auf PSM in der Praxis

Grundlegende Ziele der Verwaltungsarbeit aus Sicht Kommunalpersonal:

Gleichbehandlung der Bürger

Beständiger Service Public

Innovations- und Bürgerorientierung

Regelorientierung

Kostenmanagement und Einsparungen

Leistungs- und Zufriedenheitsindikatoren

Mehr Wettbewerb

N=3664 aus 279 Kommunen


Motive zum Einstieg in die Kommunalpolitik:

N=7170 Exekutivmitglieder
«Unsere Top-Mitarbeitenden zeichnen sich durch das feine Gespür betreffend
politischer Verfahren und Entscheide aus. Sie sind fähig, frühzeitig zu erfassen,
was die vorgesetzten Stellen - also Exekutive und Parlament - wollen.»
Regierungsmitglied

«Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen über eine besondere Motivation,


die ganz zentral mit unseren Arbeitsinhalten zu tun hat. Entscheidend ist, dass sie
den Rechtsvollzug beherrschen, ein grosses Interesse für öffentliche und
politische Angelegenheiten zeigen und zudem über eine Art ‚Helfersyndrom‘
verfügen.»
Amtsleiter/in

«Unsere Mitarbeitenden wollen faire Löhne, aber auch geschätzt und gefordert
werden. Stellen beim Staat sind auch deshalb begehrt, weil die Arbeit für die
Gemeinschaft mehr Sinn macht als etwa für einen Aktionär.»
Personalchef
«Von einem obersten Stabsmitarbeiter im öffentlichen Sektor
und insbesondere von einem Kanzler auf Bundes- wie
kantonaler Ebene ist aber zusätzlich zu seiner fachlichen
Qualifikation ein Staatsverständnis zu erwarten, das auf
Respekt vor den staatlichen Institutionen, der
Gewaltentrennung, dem Primat des Rechts und einer
subsidiären Verantwortung gegenüber den Schwächeren der
Gesellschaft gründet. Ebenso war und ist wichtig, dass sich
der Mitarbeiter als Dienstleister gegenüber dem Bürger und
Steuerzahler versteht. Ein Dienstleister, der helfen und fördern
und nicht in erster Linie verhindern und sanktionieren will.»
Politiker

Das könnte Ihnen auch gefallen