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William Kempe († um oder vor 1610), gemeinhin bekannt als Will Kemp, war ein

englischer Schauspieler und Tänzer. Er spielte vor allem komische Rollen und war
als einer der originellen wie auch kreativen Darsteller in den frühen Werken
William Shakespeares bekannt. So brachte er insbesondere die Figur des Falstaff mit
außergewöhnlicher Komik und Improvisation auf die Bühne. Für seine Zeitgenossen
galt er als der würdige Nachfolger des berühmten Clowns Richard Tarlton.

Im Dezember 1598 war er zusammen mit Shakespeare und Richard Burbage einer der fünf
Schauspieler der Lord Chamberlain’s Men, die zugleich Geschäftsanteile an der
Theatertruppe besaßen (sogenannte ‘shareholders’). Als es kurz darauf zu
Streitigkeiten innerhalb der Truppe kam, trennte er sich von dieser.

Der Nachwelt ist er bis heute bekannt geblieben durch seine Darbietung des
volkstümlichen Morris dance, die er 1599 über neun Tage auf einer 177 Kilometer
langen Tour von London nach Norwich aufführte.
Inhaltsverzeichnis

1 Leben
2 Nine Days Wonder
3 Letzte Jahre
4 Darstellungsform
5 Zeitgenössische Erwähnung
6 In modernen Werken
6.1 Film und Fernsehen
6.2 Literatur
6.3 Theaterstücke
7 Literatur
8 Weblinks
9 Einzelnachweise

Leben

Über Kempes Herkunft gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.

Allerdings wird in einem Gerichtsverfahren aus dem Jahr 1615, das gegen John
Heminges von seiner Tochter Thomasina angestrengt wurde, der kurz zuvor verstorbene
Schauspieler William Kempe als Gentleman erwähnt (Willelmo Kempe nuper de Londonia
generoso defuncto).[1]

So wird mitunter behauptet, dass er ein Angehöriger der Familie Kempe von Olantigh,
einem Anwesen eine Meile nördlich von Wye in Kent, gewesen sein könnte.

In dem renommierten Oxford Dictionary of National Biography als der maßgeblichen


englischen Nationalbiographie heißt es dazu in dem Eintrag vom September 2004:

(ins Deutsche übersetzt): Kempes Abstammung ist unbekannt, obwohl vermutet


wurde, dass er trotz seiner volkstümlichen Art der Darstellung in irgendeiner Weise
mit den Kempes von Ollantighe in der Nähe von Ashford in Kent verbunden war, die
eine wohlhabende katholische Dynastie waren. Sir Thomas Kempe (1517–1591) hatte
zwar einen Sohn namens William. Dennoch kann diese mutmaßliche Behauptung nicht
zutreffen, da der hier angeführte William Kempe bereits am 27. März 1597 in der
Kirche von Wye beerdigt wurde (Honneyman, 125–9; Bannerman, 3; private Information,
A. Findlay). Nichtsdestotrotz könnte Annahme einer solchen Verbindung dazu
beitragen, die ansonsten recht überraschende Geschichte zu erklären, die in dem
Stück The Travailes of the Three English Brothers (von Day, William Rowley und
George Wilkins aus dem Jahr 1607) dramatisiert wird. Demzufolge war William Kempe,
der Schauspieler, 1601 in Italien und hatte eine Begegnung mit dem berühmten
Reisenden Sir Anthony Shirley. Dieser und seinen beiden ebenso berühmten Brüder
waren durch ihre Mutter, die Tochter von Sir Thomas Kempe, mit den Kempes von
Ollantighe verwandt. Möglicherweise war der Schauspieler weitläufig mit den Kempes
von Ollantighe verwandt; vielleicht nutzte er aber den Namen, den er mit Shirleys
Mutter teilte, auch nur opportunistisch aus, indem er sich dem berühmten Shirley
empfahl.[2]

Das genaue Geburtsdatum Kempes ist nicht bekannt; einzelne Quellen wie etwa die
Encyclopædia Britannica geben als ungefähres Datum den Zeitraum um 1560 an.[3] In
überlieferten historischen Aufzeichnungen taucht Kempe erstmals als Mitglied der
Leicester’s Men im Mai 1585 auf anlässlich eines Auftritts bei deren Schirmherren
Robert Dudley, 1. Earl of Leicester in dessen Stadthaus.[4] Seine Dienste als
Schauspieler für den Earl of Leicester setzte er auch fort, als dieser auf dem
Gebiet der heutigen Niederlande am Achtzigjährigen Krieg teilnahm.

Leicesters Neffe, Philip Sidney, gab einem Mann, den er „Will, my Lord of Lester's
jesting player“ nannte, seine Briefe nach Hause mit. Es wird heute allgemein
angenommen, dass es sich hierbei um Kempe handelte. In einem Brief, den er an
Francis Walsingham schickte, beklagte Sidney, dass „Will“ die Briefe anstatt an
Sidneys Frau, Francis Walsingham, an Lady Leicester überbracht hatte. Nach einer
kurzen Rückkehr nach England begleitete Kempe zwei künftige Mitglieder der Lord
Chamberlain’s Men, George Bryan und Thomas Pope, nach Helsingør (englisch veraltet:
Elsinore), wo sie zur Unterhaltung von Friedrich II. von Dänemark spielten.[5]

Über den Verbleib Kempes in den späteren 1580er Jahren ist nichts bekannt, aber
sein Ruhm als Darsteller während dieser Periode schien zu wachsen. So finden sich
Hinweise auf seine zunehmende Popularität in An Almond for a Parrot (1590) von
Thomas Nashe: Nashe widmete sein Stück Kempe und nannte ihn den „würdigen
Statthalter des Geistes von Dick Tarlton“ („vicegerent general to the ghost of Dick
Tarlton“)[6]
Die Titelseite von A Knack to Know a Knave wirbt mit Kempes „Heiterkeiten“. Da
Titelseiten damals wie heutzutage ein Mittel waren, um die Aufmerksamkeit auf ein
Buch zu lenken, deutet die Erwähnung Kempes darauf hin, dass er zu einer
eigenständigen Attraktion geworden war

Kritiker bemängelten im Allgemeinen, dass die Szenen, in denen Kempe auftritt, eher
flach seien.[7] Es wird aber angenommen, dass die Szenen einen Rahmen boten, in dem
Kempe improvisieren konnte. Einträge in den Registern der Worshipful Company of
Stationers and Newspaper Makers weisen darauf hin, dass drei von Kempe
möglicherweise geschriebene Jigs (vergleichbar kurzen Sketchen) zwischen 1591 und
1595 veröffentlicht wurden. Zwei davon sind erhalten.

Von 1592 an war Kempe ein Mitglied der Schauspieltruppe Lord Strange’s Men, die
auch beim Privy Council registriert war, was ihr ermöglichte, bis zu sieben Meilen
außerhalb Londons aufzutreten. 1594, nach der Auflösung des Ensembles, schlossen
sich Kempe, Burbage und Shakespeare den Lord Chamberlain’s Men an und blieben bei
dieser Kompanie, bis Kempe Anfang 1599 aus ungeklärten Gründen ausschied.

Obwohl er an der Planung des Globe Theatres beteiligt war, wird er in keiner
Besetzungsliste der Theaterproduktionen aufgeführt, die in dem Mitte 1599
eröffneten Theaters stattfanden. Seine letzte Rolle in einem Stück Shakespeares
spielte Kempe im Jahr 1598.[8]

Als Indiz für sein Ausscheiden aus der Truppe der Lord Chamberlain’s Men wird vor
allem der Wegfall seiner Rolle des Falstaff in Shakespeares Heinrich V. gesehen.
Gleichermaßen wird die Klage Hamlets über die improvisierte Clownerie der Spieler
(Akt III, Szene 2, Zeile 1–34, insbesondere Z. 28–34) in dieser drei Jahre später
erschienenen Tragödie als weiterer Hinweis auf sein Ausscheiden gedeutet.[9]
Allerdings könnte nach Meinung anderer Forscher hier auch Richard Tarlton gemeint
sein.[10]
Nine Days Wonder
Holzskulptur mit Kempe in Chapelfield Gardens, Norwich

Nach seinem Ausscheiden von den Chamberlain’s Men zu Anfang 1599, verfolgte Kempe
weiter seine Schauspielkarriere. In Februar und März 1600 unternahm er etwas, was
er später als sein „Neun Tage Wunder“ bezeichnete, wobei er im Morris Dance, einem
englischen rhythmischem Volkstanz (charakteristisch sind die an den Beinen
befestigten Schellen) von London nach Norwich (ca. 110 Meilen, bzw. 177 km) lief;
eine Reise die zusammen neun Tage, verteilt jedoch auf mehrere Wochen, in Anspruch
nahm.

Zugrunde soll eine Wette liegen. Begleitet wurde er dabei von dem Pfeifer und
Taborspieler Thomas Slye, seinem Diener William Bee und einem Gewährsmann namens
George Sprat, der die korrekte Ausführung der Wette beglaubigen sollte. Kempe
startete mit seiner Entourage am ersten Montag der Fastenzeit 1599 (1. März) vom
Londoner Stadtteil Whitechapel aus. Er tanzte („daunst“) in Richtung Essex, sah
einen Bearfight (Bärenkampf) in Stratford, ruhte in Romford und wurde von Menschen
umdrängt in Chelmsford. Zwischen Chelmsford und Braintree fiel einer seiner stets
wechselnden, freiwilligen Begleiter in ein schlammiges Schlagloch und versank darin
bis zur Hüfte. Nach Braintree ging es weiter nach Sudbury. Dort gesellte sich ein
kräftiger, großgewachsener Metzgersbursche zu ihm, der ihn bis Bury (eine Strecke
von rund 28 km) tanzend begleiten wollte. Kempe willigte ein, jedoch bereits nach
einer halben Meile (800 Meter) gab er auf mit den Worten, dass er nicht einmal für
100 Pfund willens wäre weiterzugehen und entfernte sich. Eine „stämmiges
Landmädchen“ rief ihm hinterher, dass er ein „feiger Kerl“ sei und bot, unter
Belustigung der Umstehenden, an ihrerseits mitzugehen, auch „wenn es sie das Leben
kosten würde“. Wenn Kempe ihr nur ein paar Schellen ausleihen würde, würde sie eine
Meile lang tanzen.

Kempe schreibt:

“I lookt vpon her, saw mirth in her eyes, heard boldnes in her words, and
beheld her ready to tucke vp her russet petticoate, I fitted her with bels: which
she merrily taking, garnisht her thicke short legs, and with a smooth brow bad the
Tabrer begin. The Drum strucke, forward marcht I with my merry Maydemarian: who
shooke her fat sides: and footed it merrily to Melfoord, being a long myle”

„Ich sah sie an, sah Heiterkeit in ihren Augen, hörte Kühnheit in ihren Worten
und sah sie bereit, ihren rotbraunen Petticoat zu raffen; ich stattete sie mit
Glocken aus, die sie fröhlich nahm und ihre dicken kurzen Beine schmückten und ein
sanftes Heben der Augenbraue ließ den Taborer beginnen. Die Trommel schlug,
vorwärts marschierte ich mit meiner „merry Maid Marian“, die ihre fetten Hüften
schüttelte und zu Fuß glücklich bis nach Melfoord trug, was eine Meile war.“

– William Kempe (in seinem Buch „nine daies vvonder“ (1600))

Zum Abschluss gab er ihr, der erkennbaren Trinkerin, einen Crown, um ein Getränk zu
kaufen.

In Bury St Edmunds musste er aufgrund starken Schneefalls einige Tage pausieren.

An einem Samstag (vermutlich) erreichte er dann das Tor von Norwich und wurde von
der bewundernden Menge empfangen. Der Bürgermeister Roger Wiler, in Begleitung
weiterer Würdenträger (Norwich City Corporation), sicherte ihm einen jederzeitigen
freien Zugang der Stadt Norwich zu (für reisende Schauspieler keine
Selbstverständlichkeit zu dieser Zeit) sowie die Zahlung von jährlich 40 Schilling
bis an das Ende seines Lebens. (zum Vergleich: Ein Theaterbesuch kostete je nach
Ausstattung des Theaters (geschlossen, bzw. überdacht oder offen) und Platz
(Stehplatz oder Sitzmöglichkeit) zwischen einem zwölftel (= ein Pence) und einem
halben Schilling).
Bei der Abreise sprang Kempe mit Anlauf über eine sehr hohe Kirchumfriedung. Der
Sprung war derart aufsehenerregend, dass seine Schuhe („Buskins“) zu Ehren dieser
sportlichen Leistung an die Wand des Gildehauses genagelt wurden.

Da zuvor im Jahr 1582 eine Kalenderanpassung (Julianischer Kalender zu


Gregorianischer Kalender) erfolgte, kamen Zweifel an der zeitlichen Korrektheit
dieses „Jigs“ auf. Kempe veröffentlichte dann eine genaue Beschreibung der Aktion
unter dem Titel „Kemps nine daies vvonder“, um die Zweifler zu besänftigen.

Die Phrase „Nine days’ wonder“ fand Eingang in die englische Sprache und dient
heute, verschieden interpretiert, auch als Buch- oder Musiktitel. Hauptsächlich
aber meint man damit eine Neuheit, welche nach wenigen Tagen ihren Reiz verliert.
Allerdings soll diese Phrase durchaus bereits früheren Ursprungs sein und Kempe
lehnte sich in der Beschreibung seiner Aktion daran an.[11]
Letzte Jahre

Seine weiteren Aktivitäten nach Kempes berühmter Performance sind jedoch so dunkel
wie seine Herkunft. Ein Hinweis von The Travels of the Three English Brothers ist,
dass er womöglich eine weitere, europäische Reise unternahm und dabei vermutlich
auch Deutschland und Italien erreichte. Ein „John Kempe“ begleitete 1601 eine
Gruppe von 11 Schauspielern („Engellender“), die in Amsterdam, Köln, Steinfurt und
Münster (hier vom 26. November bis 2. Dezember) gastierten.[5][12] Allerdings ist
belegt, dass er sich 1601 von Philip Henslowe Geld lieh und Mitglied der
Worcester’s Men wurde. Die letzte sichere Erwähnung Kempes erfolgte Ende 1602 in
Henslowes Tagebuch.

In den Aufzeichnungen der Pfarrgemeinde von Southwark (St. Saviour) findet sich am
Ende des Jahres 1603 der Eintrag „Kempe, a man“. Selbst, wenn es sich hierbei nicht
um den berühmten Komiker handeln sollte, deckt es sich gleichwohl mit dem
zeitlichen Ende aller Erwähnungen Kempes.
Darstellungsform

Zu seiner Zeit war Kempe bekannter für seine Jigs, als für sein Schauspiel im
regulären Drama. Der Jig, eine Art rustikaler Cousin der Commedia dell’arte,
stellte bis zu fünf Darsteller in einer teilweise improvisierten Gesangs- und
Tanznummer vor. Jigs hatten Handlungen, oft unbeholfen, aber der Schwerpunkt lag
auf Tanz und körperlich dargestellter Comedy. Zwei der Jigs von Kempe sind in
englischer Sprache erhalten, zwei weitere in deutscher Sprache. Jig-Beispiele
können der Manuskriptsammlung von John Dowland entnommen werden (heute in der
Cambridge University Library). Ein bekannter Jig des 16. Jahrhunderts trägt
treffenderweise gleich den Namen Kemp’s Jig[13] Er wurde im Erstlingswerk von John
Playford, The English Dancing Master von 1651 veröffentlicht. Die Melodie hat über
die Jahre eine Reihe moderner Interpretationen erfahren, so etwa vom
niederländischen Jazzgitarristen Jan Akkerman oder der Band Gryphon.

Als Schauspieler wird Kempe gesichert mit zwei Rollen in Verbindung gebracht:
Dogberry in Viel Lärm um nichts und Peter in Romeo und Julia. Identifiziert wird er
auf den Titelseiten beider Stücke sowie im Shakespeares Folio bei Viel Lärm um
nichts in den Präfixen der Sprechrollen und den Regieanweisungen. Aus diesen
Hinweisen wurde eine Liste von Kempes Rollen abgeleitet, die zwar nur mutmaßlich,
aber gleichwohl nicht unwahrscheinlich sind: Costard in Verlorene Liebesmüh, Nick
Bottom in Ein Sommernachtstraum, Lancelot Gobbo in Der Kaufmann von Venedig und Cob
in Ben Jonsons Every Man in His Humour. Falstaff ist gesondert zu betrachten;
obwohl Falstaff einige Merkmale eines elisabethanischen dramatischen Clowns zeigt,
ist sein Charakter in der Klasse höher und komplexer als die anderen Rollen, mit
denen Kempe in Verbindung gebracht wird.
Zeitgenössische Erwähnung
Kempe erschien als Figur in den Parnassus-Stücken, mutmaßlich verfasst zu
seinen Lebzeiten oder kurz danach. Darin lobt er Shakespeare dafür, dass er
Dramatiker mit Universitätsabschluss übertroffen hat.

In modernen Werken
Film und Fernsehen

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