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LICHTBOGENHANDSCHWEISSEN
WELDSCRIPT
M1,02,0006,DE

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 1
WISSENSWERTES ZUR
GESCHICHTE DES LICHTBOGEN-
HANDSCHWEISSENS
Geschweißt wird heutzutage fast überall. Unter Wasser und im Weltraum, an
großen Bauwerken und in kleinsten Bauteilen. Aber hätten Sie gedacht, dass
das Verbinden von Werkstoffen schon über 5.000 Jahre alt ist?

Ungefähr 3.000 v. Chr. wurden Gold, Silber und Kupferstücke durch ther-
misches Löten miteinander verbunden. Und mit dem Feuerschweißen von
schmiedbarem Eisen gelang es damals, Kunstgegenstände und Waffen herzu-
stellen. Seit diesen frühen Anfängen hat sich die Schweißtechnik enorm weiter-
entwickelt und dabei verschiedenste Verfahren hervorgebracht. Eines davon ist
das Lichtbogenhandschweißen. Ein paar Meilensteine aus der Entstehungs-
geschichte dieses Schweißverfahrens können Sie hier nachlesen:

Dem Physiker Georg Christoph Lichtenberg gelingt


es, mit Hilfe von künstlicher Elektrizität eine Uhrfeder
1782 und eine Messerklinge miteinander zu verschmelzen.
Dieses Ereignis markiert den Beginn der Lichtbogen-
technik im deutschsprachigen Raum.

Professor Wassili Petrow aus St. Petersburg beschäf-


tigt sich mit dem Vorgang der Lichtbogenentladung.
1802 Dabei untersucht er auch die Möglichkeit, die Ent-
ladungswärme zum Verschmelzen von Metallen zu
verwenden.

Der englische Chemiker und Physiker Sir Humphrey


Davy befasst sich mit den Möglichkeiten des Licht-
1812
bogens und dessen Ablenkung durch magnetische
Felder.

Der russische Mediziner und Maschinenbauer Niko-


lai Nikolajewitsch Bernados nutzt einen Kohlelicht-
1885 bogen, um damit Metall aufzuschmelzen. Ein Zusatz-
stab stellt dabei stromlos die nötige Verbindung her.
(Kohle-Werkstück-Lichtbogen)

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 2
Dr. H. Zerener aus Berlin lässt sich einen Apparat
patentieren, mit dem sich durch elektrische Ströme
oder einen elektrischen Lichtbogen feste Körper er-
1889
wärmen und schmelzen lassen. Der Lichtbogen ent-
steht bei diesem Verfahren zwischen zwei Kohleelek-
troden. (Kohle-Kohle-Lichtbogen)

Der russische Ingenieur Nicolai Gawrilowitsch Sla-


wjanow entwickelt Bernados Idee weiter und ver-
zichtet auf eine zusätzliche Elektrode. Stattdessen
erzeugt er den Lichtbogen zwischen dem Werk-
stück und einer Metallelektrode, die gleichzeitig als
Schweißzusatz dient (Metall-Werkstück-Lichtbogen).
Aus diesem Ansatz entwickelte sich nach und nach
die am weitesten verbreitete Technik des Lichtbogen-
schweißens.

Die von Slawjanow benutzte Elektrode war blank


und daher sehr schwer zu verschweißen. Man fand
1890 jedoch bald heraus, dass der Schweißvorgang we-
sentlich stabiler ablief, wenn der Schweißstab in sei-
nem Inneren einen größeren Anteil nichtmetallischer
Einschlüsse besaß. Diese Einschlüsse waren meist
oxydischer oder silikatischer Natur und entstanden
während der Herstellung des Schweißstabes. Beim
Schmelzen beeinflussten diese Einschlüsse die
Oberflächenspannungen des Tropfens und ließen
sich außerdem leichter im Lichtbogen ionisieren. Der
Versuch, diese nichtmetallischen Stoffe zahlreicher
und gezielter in den Schmelzstab einzubringen, führ-
te schließlich zur Entwicklung der Selenelektrode mit
einem Kern aus nichtmetallischen Bestandteilen.

Oscar Kjellberg erhält das Kaiserliche Reichspatent


Nr. 231733 „Elektrode und Verfahren zum elektri-
schen Löten“ und gilt damit als Erfinder der umman-
telten Schweißelektrode. Damit setzt er einen wei-
teren, wichtigen Meilenstein in der Entwicklung des
1907
Lichtbogenhandschweißens.

Das Schweißen mit umhüllten Stabelektroden hat bis


heute eine hohe Bedeutung in der Schweißtechnik ‒
zum Beispiel im Pipelinebau.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 3
INHALT
WISSENSWERTES ZUR GESCHICHTE DES LICHTBOGENHANDSCHWEISSENS ................................................................. 2

HERZLICH WILLKOMMEN! ................................................................................................................................................. 7

1. DIE LERNZIELE ....................................................................................................................................................... 8

2. BASISWISSEN: FÜGEN VON WERKSTOFFEN ......................................................................................................... 9

3. DER SCHWEISSPROZESS „LICHTBOGENHANDSCHWEISSEN“ ............................................................................. 10


3.1 Bezeichnungen ........................................................................................................................................... 10
3.2 Merkmale und Anwendungsbereiche .......................................................................................................... 10
3.3 Aufbau und Grundprinzip ............................................................................................................................ 11
3.4 Vor- und Nachteile des Lichtbogenhandschweißens .................................................................................. 12
3.5. Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 12

4. SCHWEISSPOSITIONEN ......................................................................................................................................... 13
4.1 Definition .....................................................................................................................................................13
4.2 Klassifizierung ............................................................................................................................................. 13
4.3 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 14

5. DIE ELEKTRIZITÄT UND DAS LICHTBOGENHANDSCHWEISSEN ........................................................................... 15


5.1 Elektrischer Strom ....................................................................................................................................... 15
5.2 Elektrische Spannung ................................................................................................................................. 15
5.3 Elektrischer Widerstand .............................................................................................................................. 16
5.4 „Das Ohm’sche Gesetz“ .............................................................................................................................. 16
5.5 Stromkreise ................................................................................................................................................. 17
5.6 Kurzschluss .................................................................................................................................................18
5.7 Spannungsarten und Stromarten ................................................................................................................ 19
5.7.1 Gleichspannung .......................................................................................................................................... 19
5.7.2 Gleichstrom ................................................................................................................................................. 19
5.7.3 Wechselspannung ....................................................................................................................................... 20
5.7.4 Wechselstrom.............................................................................................................................................. 20
5.8 Der Schweißstromkreis ............................................................................................................................... 21
5.9 Der Lichtbogen ............................................................................................................................................ 21
5.10 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 22

6. SCHWEISSGERÄTETECHNIK .................................................................................................................................. 23
6.1 Schweißstromquellen .................................................................................................................................. 23
6.1.1 Streukerntransformatoren ........................................................................................................................... 23
6.1.2 Thyristorgesteuerte Stromquellen ............................................................................................................... 24
6.1.3 Inverter-Stromquellen .................................................................................................................................. 25
6.1. AccuPocket ................................................................................................................................................26
6.1.5 Schweißumformer ....................................................................................................................................... 28
6.2 Zubehör .......................................................................................................................................................28
6.2.1 Vorbereiten des Lichtbogenhandschweißprozesses/Zubehörkontrolle ....................................................... 28

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 4
6.2.2 Schweißkabel .............................................................................................................................................. 28
6.2.3 Elektrodenhalter .......................................................................................................................................... 29
6.2.4 Stromrückleitung und Massezwinge ........................................................................................................... 30
6.3 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 30

7. STROMQUELLENKENNLINIE – LICHTBOGENKENNLINIE – ARBEITSPUNKT ......................................................... 31


7.1 CC- und CV-Charakteristik .......................................................................................................................... 31
7.2 Technologische Parameter .......................................................................................................................... 33
7.2.1 Stromstärke und Lichtbogenlänge .............................................................................................................. 33
7.2.2 Arbeitsspannung ......................................................................................................................................... 34
7.2.3 Dynamik (Arc-Force-Control) ...................................................................................................................... 34
7.2.4 Anti-Stick-Funktion ...................................................................................................................................... 34
7.2.5 HOT-Start ....................................................................................................................................................35
7.2.6 SOFT-Start ..................................................................................................................................................35
7.3 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 35

8. UMHÜLLTE STABELEKTRODEN .............................................................................................................................. 36


8.1 Aufgaben der Elektrodenumhüllung ............................................................................................................ 36
8.2 Einteilung der umhüllten Stabelektroden .................................................................................................... 37
8.3 Umhüllungstypen und ihre charakteristischen Eigenschaften ..................................................................... 37
8.3.1 Sauerumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen A) ......................................................................................... 37
8.3.2 Celluloseumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen C) .................................................................................... 38
8.3.3 Rutilumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen R) ........................................................................................... 38
8.3.4 Basischumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen B) ...................................................................................... 39
8.3.5 Übersicht über Umhüllungstypen und ihre Eigenschaften .......................................................................... 40
8.4 Ausbringung und Ausziehlänge von Stabelektroden ................................................................................... 40
8.5 Lagerung .....................................................................................................................................................41
8.6 Rücktrocknung ............................................................................................................................................ 41
8.7 Anforderungen an umhüllte Stabelektroden ................................................................................................ 42
8.7.1 Schweißtechnische Anforderungen an Stabelektroden .............................................................................. 42
8.7.2 Metallurgische Anforderungen an Stabelektroden ...................................................................................... 42
8.7.3 Wirtschaftliche Anforderungen an Stabelektroden ...................................................................................... 42
8.8 Die Kennzeichnung umhüllter Stabelektroden ............................................................................................ 43
8.8.1 Kennzeichnung auf der Stabelektrode ........................................................................................................ 43
8.8.2 Kennzeichnung auf der kleinsten Verpackungseinheit ................................................................................ 43
8.8.3 Kennzeichnung nach Norm ......................................................................................................................... 44
8.8.4 Grundschema zur Bezeichnung einer unlegierten umhüllten Stabelektrode zum
Lichtbogenhandschweißen nach DIN EN ISO 2560-A ................................................................................ 44
8.8.5 Grundschema zur Bezeichnung einer hochlegierten umhüllten Stabelektrode zum Schweißen
von austenitischen, nichtrostendem Stahl nach DIN EN ISO 3581 ............................................................ 45
8.9 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 45

9. DURCHFÜHRUNG DER SCHWEISSUNG ALLGEMEIN ............................................................................................ 46


9.1 Nahtarten (Nahtformen) .............................................................................................................................. 46
9.2 Nahtvorbereitung ......................................................................................................................................... 46
9.3 Elektrodenführung ....................................................................................................................................... 47
9.4 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 48

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 5
10. FEHLER BEIM LICHTBOGENHANDSCHWEISSEN ................................................................................................... 49
10.1 Fehlerarten und Fehlerursachen ................................................................................................................. 49
10.2 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 50

11. DIE BLASWIRKUNG DES ELEKTRISCHEN LICHTBOGENS ..................................................................................... 51


11.1 Magnetische Felder und deren Wirkung ..................................................................................................... 51
11.2 Magnetische Felder bei Stahl und anderen stark
magnetisierenden Werkstoffen.................................................................................................................... 52
11.3 Maßnahmen zum Umgang mit der Blaswirkung ......................................................................................... 52
11.4 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 53

12. FUGENHOBELN ...................................................................................................................................................... 54


12.1 Arcair-Fugenhobeln ..................................................................................................................................... 54
12.2 Anleitung zum Arcair-Fugenhobeln ............................................................................................................. 55
12.3 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 55

13. AUSRÜSTUNG EINES SICHEREN ARBEITSPLATZES ZUM LICHTBOGENHANDSCHWEISSEN ............................... 56


13.1 Arbeitssicherheit .......................................................................................................................................... 57
13.2 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 57

14. UNFALLVERHÜTUNG UND GESUNDHEITSSCHUTZ ............................................................................................... 58


14.1 Gefahren durch Lichtbogenstrahlung .......................................................................................................... 58
14.2 Gefahren durch elektrischen Strom ............................................................................................................ 59
14.2.1 Leerlaufspannung ....................................................................................................................................... 59
14.2.2 Schutzmaßnahmen für den Umgang mit elektrischem Strom ..................................................................... 60
14.3 Gefahren durch Schweißrauch und Gase ................................................................................................... 61
14.4 Verständnisfragen ....................................................................................................................................... 62

15. GLOSSAR ............................................................................................................................................................... 63

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 6
HERZLICH WILLKOMMEN!
Wir freuen uns über Ihr Interesse an unserem Training zum Lichtbogenhand-
schweißen.

Mit dieser Teilnehmerunterlage möchten wir Sie bei Ihrem Training unterstüt-
zen. Auf den folgenden Seiten finden Sie daher viele hilfreiche Informationen
rund um das Lichtbogenhandschweißen. So können Sie Wissenswertes nach-
schlagen und zu aufkommenden Fragen die passenden Antworten finden.

Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg bei Ihrem Trainingsprogramm!

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 7
1. DIE LERNZIELE
Wenn Sie unser Training „Lichtbogenhandschweißen“ vollständig absolviert ha-
ben, dann wissen Sie anschließend eine ganze Menge über diesen Schweiß-
prozess:

Sie kennen die Grundlagen zum Schweißverfahren und zur Gerätetechnik.


Sie kennen die Aufgaben und Eigenschaften der Stabelektrode.
Sie können den Prozess des Lichtbogenhandschweißens erklären.
Sie können die für das Lichtbogenhandschweißen benötigte Gerätetechnik
nennen und erklären, warum die Schweißstromquellen eine steil fallende
Kennlinie besitzen müssen.
Sie können die wichtigsten Faktoren nennen, die die Höhe der Schweiß-
stromstärke beeinflussen.
Sie wissen, welche Aufgaben die Stabelektrodenumhüllung erfüllt.
Sie können erklären, wie sich der Umhüllungstyp und die Umhüllungsdicke
der Stabelektrode auf den Schweißvorgang auswirken.
Und Sie können die charakteristischen Eigenschaften der verschiedenen
Umhüllungstypen nennen.

Neugierig geworden? Los gehts!


Sehr gut, dann kann das Training beginnen!

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 8
2. BASISWISSEN: FÜGEN VON
WERKSTOFFEN
Es gibt unterschiedliche Fertigungsverfahren, unter anderem gehören dazu das
Umformen, das Trennen, das Beschichten und das Fügen von Werkstoffen.

Nach der DIN 8580 „Fertigungsverfahren – Begriffe, Einteilung“ stellt das Fü-
gen von Werkstoffen eine Hauptgruppe dar, zu der alle Verfahren gehören bei
denen zwei oder mehr feste Körper mit geometrisch bestimmter Gestalt dauer-
haft verbunden (gefügt) werden.

lösbare und unlösbare


Beim Fügen von Werkstoffen wird unterschieden zwischen Verbindungen
lösbaren und unlösbaren Verbindungen.

Beispiele für lösbare Verbindungen:


Schrauben, Stift- und Bolzenverbindungen, Keile.
Beispiele für unlösbare Verbindungen:
Schweißen, Löten, Kleben, Nieten.

stoffschlüsige,
Eine weitere Einteilung für das Fügen von Werkstoffen bezieht formschlüssige und
sich auf die Art und Weise der Verbindung. Hier unterscheidet kraftschlüssige Ver-
bindungen
man zwischen stoffschlüssigen, formschlüssigen und kraft-
schlüssigen Verbindungen.

Stoffschlüssige Verbindungen stellen eine Verbindung im Werkstoff selbst


her. Dazu zählen Schweiß- und Lötverbindungen.
Formschlüssige Verbindungen nutzen die Form der Bauteile um sie zu
verbinden. Dazu zählen Haken und Ösen.
Kraftschlüssige Verbindungen werden durch Reibungskräfte zusammen-
gehalten.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 9
3. DER SCHWEISSPROZESS
„LICHTBOGENHANDSCHWEISSEN“
3.1 Bezeichnungen

Für den Schweißprozess „Lichtbogenhandschweißen“ gibt es verschiedene


Bezeichnungen:

GELTUNGSBEREICH BEZEICHNUNG
weltweite Norm DIN EN ISO 4063 Schweißprozess mit der Nummer 111
Deutschland E-Hand
Großbritannien Manual Metal Arc Welding (MMAW)
USA Shielded Metal Arc Welding (SMAW)
Tab. 1: Bezeichnungsvarianten für das Lichtbogenhandschweißen.

Fast alle Metalle las-


Der große Vorteil des Lichtbogenhandschweißens liegt darin, sen sich mit dem Licht-
dass man mit diesem Verfahren nahezu alle Metalle verschwei- bogenhandschweißen
verbinden.
ßen kann.

3.2 Merkmale und Anwendungsbereiche

Hauptanwendungsbereich des Lichtbogenhandschweißens ist der Stahl- und


Rohrleitungsbau. Auch im Metallhandwerk und in der Metallindustrie kommt
das Verfahren häufig zum Einsatz. Das Lichtbogenhandschweißen wird be-
vorzugt im Montagebereich angewendet, da der maschinelle Aufwand im Ver-
gleich zu anderen Verfahren verhältnismäßig gering ist.

Eine Lichtbogenhandschweißung kann auch unter ungünstigen Witterungsver-


Das Lichtbogenhandschwei-
hältnissen, beispielsweise bei Wind und Regen, noch fehlerfrei durchgeführt ßen überzeugt durch geringen
werden. Dies ist beispielsweise bei Außenarbeiten nützlich. maschinellen Aufwand und viel-
seitige Einsatzmöglichkeiten.

Ein weiterer Vorteil des Lichtbogenhandschweißens gegenüber anderen Ver-


fahren ist, dass die Schweißung häufig, auch dann noch mängelfrei durchge-
führt werden kann, wenn die Schweißfuge nicht vollständig metallisch blank ist.

Lichtbogenhandschweißen ist auch unter Wasser möglich.

Am gesamten Verbrauch von Schweißzusatzwerkstoffen in Europa hat das


Lichtbogenhandschweißen einen Marktanteil von 5 bis 10 %.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 10
3.3 Aufbau und Grundprinzip

Der Aufbau: An einer Stromquelle mit zwei Polen werden an einem Pol die
Stabelektrode, am anderen das Werkstück angeschlossen. Die Verbindung Die Verbindung von Stromquelle,
Werkstück und Stabelektrode.
der Stabelektrode mit dem Pol erfolgt durch ein Schweißkabel und den Elek-
trodenhalter, die Verbindung zwischen Pol und Werkstück ebenfalls über ein
Schweißkabel und durch eine Werkstückklemme (Abbildung 1).

Zum Lichtbogenhandschweißen kann Gleich- oder Wechselstrom verwendet


werden, jedoch sind nicht alle Elektroden am Wechselstrom schweißbar.

1 Netzkabel
2 Stromquelle
3 Schweißkabel (Elektrode)
4 Schweißkabel (Werkstück)
5 Elektrodenhalter
6 Stabelektrode
7 Werkstück

Abb.1: Komponenten und Aufbau eines Arbeitsplatzes zum Lichtbogenhandschweißen.

Beim Lichtbogenhandschweißen wird die Schweißwärme durch einen elektri-


der Lichtbogen
schen Lichtbogen erzeugt. Ein Lichtbogen ist eine kurze Strecke aus Luft oder
Gas, durch die elektrischer Strom fließt.

Das Grundprinzip: Der Lichtbogen wird nach dem Einschalten der Stromquel-
le durch eine Berührung von Stabelektrode und Werkstück gezündet. Dabei
werden die beiden Pole für einen Sekundenbruchteil kurzgeschlossen, sodass Schlacke und Schutzgasglocke
anschließend Strom fließen kann. Der gezündete Lichtbogen brennt zwischen
dem Werkstück und einer abschmelzenden, umhüllten Elektrode. Dadurch ent-
steht die erforderliche Schmelzwärme. Durch den abschmelzenden Kerndraht
und die ebenfalls abschmelzenden Umhüllung liefert die Elektrode außerdem
die schützende Schlacke und die Schutzgasglocke.

Zum Lichtbogenhandschweißen benötigt man eine niedrige Spannung und


eine hohe Stromstärke. Die Schweißstromquelle wandelt die vorhandene hohe Spannung und Stromstärke
Netzspannung in eine wesentlich niedrigere Schweißspannung um. Gleich-
zeitig liefert die Stromquelle die benötigte hohe Stromstärke, die sich mit der
Schweißstromquelle zudem einstellen und regeln lässt.

Beim Lichtbogenhandschweißen ist die Stromstärke der wichtigste Parame-


ter für die Qualität der Schweißverbindungen. Deshalb ist es wichtig, dass die
fallende Kennlinien
Stromstärke möglichst gleich bleibt – auch dann, wenn sich die Lichtbogen-
länge verändert. Um eine gleichbleibende Stromstärke zu garantieren, haben
Schweißstromquellen für das Lichtbogenhandschweißen immer fallende Kenn-
linien (siehe dazu auch S. 27f.).

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 11
3.4 Vor- und Nachteile des Lichtbogenhandschweißens

Vorteile Nachteile
+ einfache Handhabung - geringe Schweißgeschwindig-
keit
+ ortsunabhängig und universell
einsetzbar: in der Werkstatt, im - große Rauchentwicklung
Außenbereich, unter Wasser
- Auftreten von Blaswirkung
+ geringe Lärmbelästigung
- Vermehrte Fehlerquelle durch
(bei Gleichrichter)
Endkrater und Ansatzstellen Die Vor- und Nachteile
+ geringe Anschaffungskosten des Schweißverfahrens
- der Elektrodendurchmesser ist auf einen Blick
+ Schutz der Schweißnaht durch abhängig von Blechdicke und
Schlackenbildung Schweißposition
+ relative Unempfindlichkeit - Hohe Rüst- und Nebenzeiten:
gegen Verunreinigung wie Rücktrocknen von standardver-
Rost, Zunder, Öle, Fette packten Elektroden, Einspan-
nen der Elektroden, Entfernen
+ fast alle metallischen Werkstof-
der Reststummel, Entfernen
fe können verschweißt werden
von Schlacke und Spritzern
+ hohe Schweißnahtqualität und
- nicht mechanisierbar
hohe mechanische Gütewerte

3.5. Verständnisfragen

Welche Bezeichnungen werden für das Lichtbogenhandschweißen noch


verwendet?

Welche Bestandteile kennzeichnen den Aufbau an einem Arbeitsplatz zum


Lichtbogenhandschweißen?

Was ist unter dem Grundprinzip der Lichtbogenhandschweißung zu verste-


hen?

Was sind die Vor- und Nachteile des Lichtbogenhandschweißens?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 12
4. SCHWEISSPOSITIONEN
4.1 Definition

Aus der Art und Weise, wie die Bauteile zusammengeschweißt werden, ergibt
sich eine grundlegende Unterscheidung in:

1. Stumpfnähte
2. Kehlnähte

Bei Stumpfnahtverbindungen liegen die Bauteile im 180°-Winkel zueinander


und werden daher eben verschweißt. Damit sich die Schweißnaht durch das
Stumpfnähte
gesamte Werkstück zieht, wird es ab einer Materialstärke von ca. 5 mm zuvor
mit einem Winkelschleifer so bearbeitet, dass zwischen den zu verbindenden
Werkstücken eine V-förmige Öffnung entsteht.

Bei Kehlnahtverbindungen stehen die zusammenzuschweißenden Bautei-


le in einem (meist rechten) Winkel zueinander. Je nach Art der Verbindung
Kehlnähte
der Bauteile zueinander unterscheidet man verschiedene Arten des Kehlnaht-
schweißens, wie z. B. Flankennaht, Stirnnaht, Stegnaht, Halsnaht oder Ecknaht.

Definition von
Schweißpositionen beschreiben die Lage der Schweißnaht wäh- Schweißpositionen.
rend des Schweißvorgangs.

Jede Schweißposition erfordert eine bestimmte Schweißtechnik, die wiederum


die Wahl der Elektroden und/oder der Stromstärke beeinflussen kann.

Durch die Lage der zu schweißenden Werkstücke und die Position der Elektro-
de zur Naht ergeben sich verschiedenste Schweißpositionen.

4.2 Klassifizierung

Die Einteilung der Schweißpositionen erfolgt nach der internationalen Norm


DIN EN ISO 6947. Nach dieser Norm gibt es für die verschiedenen Schweiß-
positionen eine Klassifizierung, die weltweit gültig ist (Abbildung 2):

PA Wannenposition für Stumpf- PF Steigposition


und Kehlnähte PG Fallposition Einteilung der
Schweißpositionen
PB Horizontalposition PH Rohrposition, Steigend- nach DIN EN ISO
PC Querposition schweißen 6947.

PD Horizontal-Überkopfposition PJ Rohrposition,
PE Überkopfposition Fallendschweißen

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 13
Abb. 2: Schweißpositionen nach DIN EN ISO 6947.

4.3 Verständnisfragen

Wie lautet nach DIN EN ISO 6947 die Schweißposition für die Steigposition
an Blechen?

Wie lautet nach DIN EN ISO 6947 die Schweißposition für die Überkopf-
position an Blechen?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 14
5. DIE ELEKTRIZITÄT UND DAS
LICHTBOGENHANDSCHWEISSEN
5.1 Elektrischer Strom

Formelzeichen: I Einheit: Ampere (A)

Strom ist die gerichtete Bewegung von negativ geladenen Ladungsträgern


(Elektronen). Das Formelzeichen I beschreibt die Menge an Strom, die inner-
halb einer gewissen Zeit durch den Leiter fließt.

Damit Strom fließen kann, benötigt er eine elektrische Spannung. Sie entsteht
zwischen zwei unterschiedlich geladenen Polen und ist die treibende Kraft, die
die Bewegung der elektrischen Ladung verursacht, ähnlich dem Wasserdruck.
Je höher die Spannung ist, desto mehr Strom kann fließen.

Der Widerstand ist der „Gegner“ der Spannung, denn an jedem Widerstand
geht Spannung verloren.

Atome haben in ihrem Kern Protonen und Neutronen und auf der aus mehreren
Atome, Protonen
Schichten bestehenden Atomhülle Elektronen. Das Proton ist positiv geladen,
und Elektronen.
das Neutron hat keine Ladung und das Elektron ist negativ geladen. Die An-
zahl der Protonen, Neutronen und Elektronen ist zwar bei jedem Material unter-
schiedlich, aber sie ist immer so, dass der Atomkern positiv geladen ist.

Die technische Stromrichtung (z.B. in Zeichnungen) verläuft technische und


vom Pluspol zum Minuspol. physikalische
Stromrichtung
Die tatsächliche physikalische Stromrichtung verläuft vom Mi-
nuspol zum Pluspol.

5.2 Elektrische Spannung

Formelzeichen: U Einheit: Volt (V)

Elektrische Spannung entsteht zwischen zwei Punkten mit unterschiedlichem


Ladungspotenzial, beispielsweise zwischen einem Plus- und einem Minuspol. Elektrische Spannung verursacht
den Stromfluss.

Verschieden große Ladungen versuchen sich durch das Fließen eines Stroms
auszugleichen. Diesen Unterschied nennt man die Spannung. Je größer die
Spannung ist, desto größere Entfernungen können überbrückt werden. Erst
durch die Spannung kann also Strom fließen.

Das Formelzeichen U gibt an, wie groß der Unterschied der elektrischen La-
dung ist.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 15
5.3 Elektrischer Widerstand

Formelzeichen: R Einheit: Ohm (Ω)

Der elektrische Widerstand gibt an, wie stark die Elektronen gebremst wer-
Elektrischer Widerstand bremst
den, während der Strom fließt. Deshalb ist der Widerstand der Kehrwert zur den Stromfluss.
Leitfähigkeit: Stoffe mit hoher elektrischer Leitfähigkeit besitzen einen geringen
Widerstand, schlechte Leiter einen hohen.

Alle Stoffe weisen verschieden hohen Widerstand gegen den Fluss von Elek-
tronen auf. Man unterscheidet Leiter, Halbleiter und Nichtleiter. Bei elektri-
schen Leitern (Metalle etc.) sind die elektrischen Ladungsträger beweglich. Bei
Nichtleitern (z. B. Glas oder Gummi) sind sie an ihren Ort gebunden.

5.4 „Das Ohm’sche Gesetz“

Das Ohm’sche Gesetz wurde nach seinem Entdecker Georg Simon Ohm be-
nannt. Er fand heraus, dass zwischen Strom, Spannung und Widerstand ein
linearer Zusammenhang besteht:

1. Die elektrische Stromstärke und die elektrische Spannung sind voneinander


abhängig.
2. Bei konstantem Widerstand erhöhen sich die Stromstärke und die Spannung
verhältnisgleich.
3. Bei konstantem Strom verhalten sich Spannung und Widerstand verhältnis-
gleich: Je größer der Widerstand, desto höher die Spannung.
4. Bei konstanter Spannung verhält sich die Stromstärke indirekt proportional
zum Widerstand: Wird der Widerstand größer, verringert sich der Strom.

Das „Ohm’sche
Die Formel des Ohm’schen Gesetztes lautet demzufolge: U = R x I Gesetz“

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 16
5.5 Stromkreise

Ein elektrischer Stromkreis besteht mindestens aus einer Stromquelle sowie


verschiedenen elektrischen Bauelementen, die zusammengeschaltet werden
können.

Die Basiskomponenten eines Stromkreises:


Spannungs- bzw. Stromquelle als Leistungserzeuger
(Netzgerät, Batterie, Dynamo etc.)
Basiskomponenten
Leistungsverbraucher, über Leitungen miteinander eines Stromkreises
verbunden (Motor, Lampe etc.)
Schalter
Leitungen

Es gibt zwei unterschiedliche Stromkreisvarianten:


1. geschlossene Stromkreise
Stromkreisvarianten
2. offene Stromkreise

Im geschlossenen Stromkreis sind die einzelnen Elemente so miteinander ver-


bunden, dass Ladung transportiert werden kann: Es fließt Strom (Abbildung 3).

I: Strom
Spannungsquelle/
Leistungserzeuger
Leistungsverbraucher geschlossener
Stromkreis
A: Strommessgerät
S: Schalter
R: Widerstand/Sicherung
: Fließrichtung des Stroms

Abb. 3: Geschlossener Stromkreis.

Für das Lichtbogenhandschweißen ist es wichtig, Stromkreise und Schweiß-


stromkreise zu verstehen und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu
kennen.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 17
Im offenen Stromkreis ist die Verbindung unterbrochen, es fließt daher kein
Strom (Abbildung 4). Die Unterbrechung kann entweder bewusst mit einem
Schalter ausgelöst werden oder unbeabsichtigt passieren, z. B. durch einen
Wackelkontakt, ein fehlendes Kabel oder Ähnliches.

Spannungsquelle/
Leistungserzeuger
offener
Leistungsverbraucher Stromkreis.
A: Strommessgerät
S: Schalter
R: Widerstand/Sicherung

Abb. 4: Offener Stromkreis.

5.6 Kurzschluss

Ein elektrischer Kurzschluss ist eine nahezu widerstandslose Verbindung der


beiden Pole einer elektrischen Strom- oder Spannungsquelle. Die Spannung
fällt bei einem Kurzschluss nahezu auf Null.

Bei einem Kurzschluss erreicht der Strom seinen Maximalwert (Anfangskurz-


schlussstrom). Dieser Strom wird nur durch den Widerstand der Leitung und
den Innenwiderstand der Strom- bzw. Spannungsquelle begrenzt.

Spannungsquelle/
Leistungserzeuger
Kurzschluss Leistungsverbraucher Kurschluss.
A: Strommessgerät
S: Schalter
R: Widerstand/Sicherung

Abb. 5: Kurzschluss

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 18
5.7 Spannungsarten und Stromarten
5.7.1 Gleichspannung

Technisch gesehen und dargestellt fließt Strom immer vom Pluspol zum Minus-
pol einer Spannungsquelle. Wenn sich die Belegung der Pole nicht ändert und
damit auch die Fließrichtung des Stroms unverändert bleibt, spricht man von
einer Gleichspannung.

Definition von
Gleichspannung ist eine elektrische Spannung, bei der sich Stär- Gleichspannung
ke (Wert) und Richtung (Polarität) nicht ändern (Abbildung 6).

5.7.2 Gleichstrom

Bezeichnungsvarianten:

DEUTSCHE BEZEICHNUNG Gleichstrom


INTERNATIONALE BEZEICHNUNG Direct Current
ABKÜRZUNG DC
SYMBOL

Tab. 2: Bezeichnungsvarianten für Gleichstrom.

Gleichstrom ist ein elektrischer Strom, bei dem sich Stärke (Wert) Definition von
Gleichstrom
und Richtung (Polarität) nicht ändern (Abbildung 6).

Stromspannung
Strom

Abb. 6: Gleichstrom und Gleichspannung.

Mischstrom mit einem überwiegenden Gleichanteil wird ebenfalls als Gleich-


strom bezeichnet, wenn die auftretenden Schwankungen für die beabsichtigte
Nutzung unwesentlich sind.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 19
5.7.3 Wechselspannung

Es gibt Spannungsquellen (z. B. Steckdosen), bei denen sich die Polarität in


einem wiederkehrenden Rhythmus ändert. Durch den Wechsel der Spannung
wechselt auch die Fließrichtung des Stroms. In diesem Fall spricht man von
einer Wechselspannung.

Wechselspannung ist eine elektrische Spannung, bei der sich Definition von
in regelmäßigen, wiederkehrenden Abständen die Stärke (Wert) Wechselspannung

und die Richtung (Polarität) ändern (Abbildung 7).

5.7.4 Wechselstrom

Bezeichnungsvarianten:

DEUTSCHE BEZEICHNUNG Wechselstrom


INTERNATIONALE BEZEICHNUNG Alternative Current
ABKÜRZUNG AC
SYMBOL

Tab. 3: Bezeichnungsvarianten für Wechselstrom.

Wechselstrom ist ein elektrischer Strom, bei dem sich in regel-


mäßigen, wiederkehrenden Abständen Stärke (Wert) und Rich- Definition von
tung (Polarität) ändern. Durch die periodische Wiederholung von Wechselstrom

positiven und negativen Werten ist die Stromstärke im zeitlichen


Mittel Null (Abbildung 7).

Es gibt verschiedene Arten von Wechselstrom. Die Kurvenform der Wechsel-


spannung beschreibt die Wechselgröße. Reine Wechselgrößen sind die Recht-
eckspannung, die Sägezahnspannung, die Dreieckspannung und die Sinus-
spannung oder eine Mischung aus allen diesen Varianten.

Stromspannung
Strom

90 ° 180 ° 270 ° 360 °

Abb. 7: Wechselstrom und Wechselspannung.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 20
5.8 Der Schweißstromkreis

Ein Schweißstromkreis verhält sich wie ein elektrischer Stromkreis, deshalb gilt
auch für den Schweißstromkreis das Ohm’sche Gesetz.

Im Gegensatz zu einem elektrischen Stromkreis besteht ein Schweißstrom-


kreis allerdings aus anderen Komponenten.

Die Komponenten eines Schweißstromkreises:


Stromquelle
Elektrodenhalter Komponenten eines
Schweißstromkreises
Elektrode
Werkstück

Der Schweißstromkreis ist ausschlaggebend für die Entstehung des Lichtbo-


gens, ohne den das Lichtbogenhandschweißens nicht möglich ist.

Im Schweißstromkreis ist das Formelzeichen für den Schweißstrom Is (A),


die Schweißspannung wird mit Us (V) angegeben.

5.9 Der Lichtbogen

Die Grundvoraussetzung für das Entstehen eines Lichtbogens ist ein geschlos-
sener Stromkreis. Jeder Stromkreis besitzt einen positiv und einen negativ ge-
ladenen Pol. Am negativ geladenen Pol (Kathode) herrscht ein Überschuss
Elektronenfluss vom
an Elektronen, die vom positiv geladenen Pol (Anode) angezogen werden. negativen zum positiven Pol
Durch diese Anziehungskraft entsteht ein Elektronenfluss vom negativen zum
positiven Pol (physikalische Stromrichtung). Die Stromquelle innerhalb des
Schweißstromkreises sorgt dafür, einen kontrollierten Elektronenfluss aufrecht-
zuerhalten (Abbildung 8).

Abb.8: Elektronenfluss zwischen den Polen.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 21
Im geschlossenen Schweißstromkreis müssen die Elektronen während des
Elektronenflusses eine räumliche Lücke zwischen Elektrode und Werkstück
Der Lichtbogen als
überwinden. Das Überbrücken dieser Distanz geschieht durch den Lichtbogen. elektrischer Leiter
Er schließt als beweglicher elektrischer Leiter den Schweißstromkreis und sorgt
dafür, dass die Elektronen fließen können. Der Lichtbogen stellt im Schweiß-
stromkreis auch den Widerstand dar.

Der Zustand, der im Lichtbogen entsteht, wird als „Plasma“ bezeichnet. Ein
wichtiges Merkmal des Plasmas ist, viel Wärmeenergie in einem eng begrenz-
ten Raum zu generieren, wodurch letztlich der Schweißlichtbogen entsteht.

Plasma ist der vierte Aggregatzustand neben fest, flüssig und Plasma
gasförmig.

5.10 Verständnisfragen

Wie wird die Einheit für elektrische Spannung bezeichnet?

Wie wird die Einheit für den elektrischen Strom bezeichnet?

Welche Strom- und Spannungsarten gibt es?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 22
6. SCHWEISSGERÄTETECHNIK
6.1 Schweißstromquellen

Das Lichtbogenschweißen erfordert eine hohe Stromstärke und eine niedrige


elektrische Spannung. Um das zu erreichen, ist eine Schweißstromquelle er-
forderlich. Schweißstromquellen wandeln den aus dem Stromnetz verfügbaren Aufgaben der
Schweißstromquelle
Strom mit hoher Spannung und niedriger Stromstärke in einen Strom um, der
für das Schweißen geeignet ist. Darüber hinaus sorgen Schweißstromquellen
dafür, die aus dem Netz kommende Wechselspannung gleichzurichten (außer
beim Streukerntransformatoren) und den Schweißstrom zu regeln.

Folgende Schweißstromquellentypen können für das Lichtbogenhandschwei-


ßen genutzt werden:

6.1.1 Streukerntransformatoren
Streukerntransforma-
In der Schweißgerätetechnik sind Streukerntransformatoren (Abbildung 9), die toren
Geräte mit dem einfachsten Aufbau.

Der Transformator besteht aus zwei getrennten Wicklungen auf einem gemein-
samen Eisenkern (Abbildung 10). Die Primärspule besitzt viele Windungen, die
Sekundärspule wesentlich weniger. Der Schweißstrom wird durch das Anzap-
fen der Primärspule geregelt. Um eine stufenlose Regelung der Schweißstrom-
Jochregelung
stärke zu ermöglichen, wird häufig zwischen der Sekundär- und der Primärspu-
le ein bewegliches Joch montiert, mit dem sich die Streuung des Magnetfeldes
ändern lässt (Jochregelung). Ein Streukernstransformator liefert ausschließlich
Wechselstrom.

= Wechselstrom

Abb. 9: Streukerntransformator. Abb. 10: Schematischer Aufbau des


Streukerntransformators.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 23
Vorteile Nachteile
+ geringe Anschaffungskosten - hoher Blindstromanteil
+ große Robustheit durch einfa- - hohes Gewicht
che Konstruktion Die Vor- und Nachteile
- große Baugröße der Streukerntransfor-
matoren auf einen Blick
- Ferneinstellung des Stroms nur
durch erheblichen mechani-
schen Aufwand
- wegen des Wechselstroms sind
nicht alle Elektrodentypen ver-
schweißbar

6.1.2 Thyristorgesteuerte Stromquellen

Thyristor-Stromquellen (Abbildung 11) nutzen


einen Gleichrichter, durch den Wechselstrom
in gleichgerichteten Schweißstrom umgewan-
delt wird (Abbildung 12). Die Stromregelung er-
folgt über die ansteuerbaren Schaltelemente des
Gleichrichters: die Thyristoren. Eine eingebaute
Drosselspule glättet unerwünschte Stromstär- Abb. 11: Thyristorgesteuerte
ke-Spitzen, wodurch weniger Schweißspritzer Stromquelle.
auftreten.

Abb. 12: Funktionsweise der thyristorgesteuerten Stromquelle.

Vorteile Nachteile
+ gut steuerbar und regelbar - hoher Platzbedarf, große Bau-
größe
+ Fernregelung möglich
- großes Gewicht Die Vor- und Nachteile
+ Gleichstrom als Schweißstrom der thyristorgesteuerten
- langsamer Regelungsprozess Stromquelle auf einen
+ einfache, preisgünstige War-
Blick.
tung - höhere Anschaffungskosten als
beim Schweißtransformator
+ mäßige Blaswirkung
- durch die notwendige, volumi-
nöse Ausgangsglättungsdros-
sel beträgt der Wirkungsgrad
nur 70 Prozent

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 24
Steuerkerntransformatoren und thyristorgesteuerte Schweiß-
Streukerntransforma-
stromquellen werden mit einer Netzfrequenz von 50 Hz betrie- toren und thyristor-
ben. Daher benötigen beide Gerätetypen einen verhältnismäßig gesteuerte Stromquel-
len werden von der
großen Schweißtransformator und eine große Glättungsdrossel. Inverter-Technologie
Beides macht die Geräte im Gewicht schwer und in ihrer Bau- abgelöst.
größe sehr voluminös. Beide Schweißstromquellentypen werden
heute industriell kaum mehr eingesetzt.

6.1.3 Inverter-Stromquellen

Inverter-Stromquellen (Abbildung 13) entsprechen dem aktuellen Stand der


Technik. Die Geräte bilden aus der Netzspannung eine gepulste Spannung mit
hoher Frequenz. Bei Inverter-Stromquellen wird die Netzspannung sofort nach
dem Hauptschalter gleichgerichtet (daher der Name Inverter) und anschlie-
ßend von einer Transistorstufe zerlegt. Diese Transistorstufe, auch Primärmo-
dul genannt, arbeitet je nach Gerätetyp mit 25 bis 100 kHz, das bedeutet, der
Schweißtransformator wird nicht mit 50 Hz versorgt, sondern mit bis zu 100.000
Hz. Diese Spannung gelangt an den Schweißtransformator, der aufgrund der
hohen Frequenz leicht, kompakt und effizient konstruiert werden kann.

Auch Inverter-Stromquellen verfügen über ei-


nen Gleichrichter. Die geringe Welligkeit des
Transformator-Ausgangsstroms erlaubt jedoch
eine wesentlich kompaktere Ausführung, zum
Teil entfällt die Ausgangsdrossel sogar kom-
plett. Bei Inverter-Stromquellen besteht der
Gleichrichter daher lediglich aus ungesteuerten Abb. 13: Invertergesteuerte
Dioden. Stromquelle.

1: Eingang: sinusförmiger
Wechselstrom
2: Gleichrichten (primär)
3: Puffern und Schalten
4: Transformieren
5: Gleichrichten (sekundär)
6: Glätten
7: Ausgang für Schweißung
Abb. 14: Funktionsweise einer Inverter-Stromquelle.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 25
Die neueste Generation der E-Handinverter verfügt über einen sogenannten
Resonanzinverter mit speziell angeordneten Kondensatoren. Durch Wechsel-
Resonanzinverter
wirkung mit dem Schweißtransformator erzeugen die Kondensatoren Energie und Resonanz
und speichern diese. Gleichzeitig baut auch der Schweißtransformator Energie
auf, indem er aus dem selbst erzeugten Magnetismus bei Entladung wiederum
Elektrizität gewinnt. Wenn Transformator und Kondensatoren so aufeinander
abgestimmt sind, dass sie sich wechselseitig hochladen, spricht man von Re-
sonanz.

Die ausgeklügelte Verbindung von Resonanz und Speicherfunktion schafft


wertvolle Leistungsreserven, die bei Bedarf dem Lichtbogen zur Verfügung
stehen. Das Ergebnis ist eine ideale Kennlinie, die jederzeit reproduzierbare,
perfekte Schweißergebnisse und eine optimale Prozesssicherheit ermöglicht.
Selbst Netzzuleitungen von mehr als 100 m Länge, Netzschwankungen oder
ein Generatorbetrieb wirken sich nicht negativ auf das Schweißergebnis aus.
Ein weiterer Vorteil der Resonanz-Inverter liegt darin, dass sich damit alle Elek-
trodentypen verschweißen lassen.

Vorteile Nachteile
+ kleine Größe, geringes Gewicht - komplexe Konstruktion
+ fernregelbar - höherer Wartungsaufwand Die Vor- und Nachteile
der inverter gesteuerten
+ gute Schweißeigenschaften Stromquelle auf einen
durch schnelle Regelung Blick.
+ Gleichstrom als Schweißstrom
+ mit Resonanzinvertern las-
sen sich alle Elektrodentypen
schweißen

6.1.4 AccuPocket

Schweißstromquellen, die über einen Akku betrieben werden, bieten eine


große Bewegungsfreiheit. In der Praxis lassen sich damit bessere Schweiß-
ergebnisse erreichen als mit vergleichbaren, rein netzbetriebenen Elektro-
den-Schweißgeräten. Außerdem verringert sich der Aufwand bei den Schweiß-
vorbereitungsarbeiten, da lange Netzzuleitungen oder große Generatoren nicht
mehr erforderlich sind.

Akkubetriebene, mobile Schweißstromquellen umfassen folgen-


de Komponenten:
Komponenten
1. Schweißstromquelle einer akkubetriebenen
Schweißstromquelle
2. Akku
3. Akku-Ladegerät

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 26
Die über Akkus betriebenen Stromquellen verbinden ein verhältnismäßig
geringes Gewicht und die Unabhängigkeit vom Stromnetz mit einer relativ
langen Arbeitsdauer. Mit diesem Schweißsystem (Abbildung 15) beispiels-
weise lassen sich mit einer vollen Akkuladung bis zu sechs 3,25 mm-
Elektroden oder 16 Elektroden mit 2,5 mm Durchmesser verschweißen.

Die Akkus solcher stromnetzunabhängigen Schweißstromquellen sind auf die


Geräte abgestimmt. Spezielle Steuerungssysteme (AccuBoost-Technologie)
gewährleisten, dass Akku, Stromquelle und Schweißelektronik ideal zusam-
menarbeiten.

Abb. 15: AccuPocket. Abb. 16: Active Charger.

Da mobile, akkubetrieben Schweißstromquellen meist schnell einsatzbereit


sein müssen, stellt dies besondere Anforderungen an die Ladegeräte der Ak-
kus. Um eine kurze Ladezeit zu ermöglichen, nutzen Ladegeräte wie der Acti-
veCharger (Abbildung 16) deshalb die Active Inverter-Technologie. Durch diese
Technik wird es möglich, die Batterie im Schnelllademodus in kurzer Zeit fast
vollständig aufzuladen – auf bis zu 90 % in nur 30 Minuten.

Vorteile Nachteile
+ geringes Gewicht - Leistungsdauer abhängig von Die Vor- und Nachteile
des AccuPockets auf
Akkuleistung
+ leistungsstarker Akku einen Blick.
- begrenzte Lebensdauer der
+ große Bewegungsfreiheit
Akkus
+ schnell einsatzbereit

6.1.5 Schweißumformer
Schweißumformer, auch Schweißaggregat oder
Schweißgenerator genannt, werden durch einen
Verbrennungskraftmotor angetrieben (Abbildung
17). Deshalb werden Schweißumformer dort einge-
setzt, wo kein elektrisches Versorgungsnetz erreich-
bar ist, beispielsweise auf Baustellen. Meist ist die
Verwendung von Schweißumformern auf Spezial-
gebiete beschränkt, wie z. B. die Feldschweißung Abb. 17: Dieselschweiß-
von Pipelines. aggregat und Stromerzeuger

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 27
Vorteile Nachteile
Die Vor- und Nachteile
+ stromnetzunabhängig - große Lautstärke des Schweißumformers
auf einen Blick
- großes Gewicht
- Anwendung nur in Spezialge-
bieten

6.2 Zubehör

Der richtige Umgang mit passendem Zubehör in einem einwandfreien Zustand


ist eine notwendige Voraussetzung für einen stabilen Lichtbogen und ein gutes
Schweißergebnis.

Zum Zubehör beim Lichtbogenhandschweißen gehören:


Zubehör für das Licht-
Schweißkabel bogenhandschweißen.
Elektrodenhalter

6.2.1 Vorbereiten des Lichtbogenhandschweißprozesses/ Zubehörkontrolle

Vor jeder Inbetriebnahme ist Folgendes zu prüfen:

Ist die Isolation der Schweißkabel unbeschädigt?


Ist die Isolation des Elektrodenhalters unbeschädigt? Checkliste beachten

Sind die Querschnitte an den Anschlussstellen in Ordnung und


nicht durch Litzenbrüche verringert?

Beschädigte Teile müssen SOFORT instandgesetzt oder ausgetauscht Wichtiger Sicher-


heitshinweis!
werden!

6.2.2 Schweißkabel

Bei Schweißkabeln gilt:


1. Je länger die Kabel sind und je kleiner ihr Leistungsquerschnitt ist, umso
größer ist der elektrische Widerstand.
2. Mit steigender Stromstärke (z. B. über 200 A) steigen auch die Spannungs-
verluste. Die Kabellänge und die Kupferquerschnitte müssen aufeinander
abgestimmt werden, um die Schweißkabel nicht zu überlasten und die
Spannungsverluste gering zu halten.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 28
Wichtig:
1. Schweißkabel und Massekabel IMMER vor dem Einschalten
des Schweißgerätes anschließen.
Wichtige Sicherheitshinweise
2. Beim Umpolen der Schweißkabel MUSS das Gerät abge- zum Umgang mit Schweiß-
schaltet werden, sofern kein Polumschalter vorhanden ist. kabeln!

3. Massekabel direkt am Werkstück oder an der Werkstückauf-


lage und SO NAH WIE MÖGLICH an der Schweißstelle an-
klemmen.

Die nachfolgende Tabelle stellt die Belastbarkeit von Schweißkabeln bei einer
Einschaltdauer von 60 % dar:

SCHWEISS- KABELQUER- KABELQUER- KABELQUER- KABELQUER-


STROM- SCHNITT BIS SCHNITT SCHNITT SCHNITT
STÄRKE 10 M BIS 50 M BIS 100 M AB 100 M
150 A 16 mm² 25 mm² 35 mm² 50 mm²
200 A 25 mm² 35 mm² 50 mm² 70 mm²
250 A 35 mm² 50 mm² 70 mm² -
300 A 50 mm² 70 mm² 95 mm² -
400 A 70 mm² 95 mm² - -
500 A 95 mm² -

Tab. 4: Zusammenhang zwischen Schweißstromstärke und Kabelquerschnitten.

Erklärungsbeispiel: Bei 250 Ampere und einer Lei-


tungslänge von 25 Metern muss eine Stromleitung mit
mindestens 50 mm2 verwendet werden.

Für eine gute Stromübertragung sind außerdem für


den Anschluss der Kabel an die Schweißstromquelle
die Kupplungen (Abbildung 18) wichtig.

Abb. 18:Schweißkabel
mit Kupplungen.
6.2.3 Elektrodenhalter

Beim Benutzen der Elektrodenhalter sollten Sie diese Dinge un-


bedingt beachten:
Um Elektrisierungen zu verhindern ist es notwendig, voll iso- Wichtige Hinweise
lierte Elektrodenhalter zu verwenden. zum Umgang mit Elek-
trodenhaltern.
Elektrodenhalter dürfen nicht unter den Arm geklemmt wer-
den.
Verwenden Sie möglichst Elektrodenhalter, mit denen sich
Elektroden in unterschiedlichen Winkeln einspannen lassen.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 29
Abb. 19: Isolierter Elektrodenhalter, 150 A, Abb. 20:Isolierter Elektrodenhalter, 250 A,
60 % ED. 60 % ED.

6.2.4 Stromrückleitung und Massezwinge

Die Schweißstromrückleitung wird unmittelbar am Werkstück oder an der Auf-


lage angeschlossen. Dazu verwendet man entweder Klemmen oder magneti-
sche Haftpole.

Andere Teile, wie z. B. Stahlkonstruktionen, Gleise, Rohrleitun- Wichtiger Sicher-


gen, Krantragseile, Ketten o. Ä. dürfen nicht für die Schweiß- heitshinweis!

stromrückleitung verwendet werden.

Abb. 21: Stromrückleitungen und Masseklemmen bzw. Massemagnet.

6.3 Verständnisfragen

Was ist der Vorteil einer Inverter-Stromquelle?

Was ist bei längeren Schweißkabeln zu beachten?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 30
7. STROMQUELLENKENNLINIE –
LICHTBOGENKENNLINIE –
ARBEITSPUNKT
7.1 CC- und CV-Charakteristik

Eine Schweißstromquelle muss dazu in der Lage sein, den eingestellten


Schweißstrom auch dann zu halten, wenn sich die Länge des Lichtbogens (der
Abstand zwischen Elektrode und Werkstück) verändert.

Wird der Lichtbogen länger, erhöht sich die Schweißspannung. Definition vom Regel-
verhalten
Wird der Lichtbogen kürzer, wir die Schweißspannung geringer.
Dieser Zusammenhang wird Regelverhalten genannt.

Laut dem Ohm’schen Gesetz U = R x I gilt für die Stromstärke I:

Spannung (U)
Stromstärke (I) =
Widerstand (R)

Nach dieser Formel müssen sich Spannung und Widerstand proportional zu-
einander verhalten, um den Stromwert gleich zu halten.

Beim Lichtbogenhandschweißen ist es nicht möglich, die Lichtbogenlän-


ge 100-prozentig konstant zu halten. Deshalb verwendet man bei diesem
Schweißverfahren eine sogenannte Constant-Current-Charakteristik (CC-Cha- Constant Current-
Charakteristik
rakteristik). Die CC-Charakteristik regelt die Lichtbogenlänge über die elektri-
sche Spannung. Dadurch bleibt die Stromstärke konstant und der Lichtbogen
wird auch dann aufrechterhalten, wenn sich die Elektrodenführung ändert.

Die Schweißspannung Us (V) wiederum ergibt sich aus der Lichtbogenkennli-


nie. Deren Lage und Position hängt vom verwendeten Elektrodendurchmesser
und vom Elektrodentyp ab.

Darstellung einer CC-Charakteristik:


Die Schweißspannung Us (V) wird kontinuierlich angepasst, der Schweißstrom
stark fallende Kenn-
Is (A) wird konstant gehalten. Man spricht daher auch von Konstantstrom. Die linien
Kennlinie, auch Konstantstrom-Kennlinie genannt, ist stark fallend (Abbildung
22).

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 31
Langer Lichtbogen = höhere Spannung,
gleichbleibende Stromstärke
Schweißspannung Us (V)

Us
Is=
R

niedrige Spannung
I=
hoher Widerstand

Kurzer Lichtbogen = niedrige Spannung,


1 gleichbleibende Stromstärke

Us
Is=
R
2
hohe Spannung
I=
niedriger Widerstand

Schweißstrom Is (A)

Abb. 22: Die stark fallende Kennlinie der CC-Charakteristik.

Beim Lichtbogenhandschweißen erfolgt die Einstellung der Schweißstromstär-


ke Is (A) über die Wahl der Stromquellenkennlinie

Werden die Stromquellenkennlinie und die Lichtbogenkennlinie zusammen in


einem Diagramm dargestellt (Abbildung 23), lässt sich aus deren Schnittpunkt
der statische Arbeitspunkt ablesen. Er kennzeichnet den im Lichtbogen wirk-
samen Schweißstrom Is (A) und die Schweißspannung Us (V)..
Schweißspannung Us (V)

Lichtbogen
lang
Ermitteln des Arbeitspunktes
Lichtbogen durch Stromquellenkennlinie
1 optimal und Lichtbogenkennlinie.

2 Lichtbogen
kurz
3

Schweißstrom Is (A)

Abb. 23: Stromquellenkennlinie-Lichtbogenkennlinie-Arbeitspunkt

CV-Charakteristik:
Das Gegenteil einer Konstant-Stromkennlinie ist eine Konstant-Spannungs- Current Voltage-Charakte-
ristik
kennlinie, engl.: Constant-Voltage-Charakteristik (CV-Charakteristik).

Bei Stromquellen mit CV-Charakteristik bleibt die Schweißspannung Us (V)


während des Schweißens konstant und die Schweißtromstärke Is (A) wird
kontinuierlich angepasst. Um den Schweißprozess zu regulieren, wird der
Schweißstrom erhöht oder verringert.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 32
Stromquellen mit CV-Charakteristik sind für das Lichtbogenhandschweißen
nicht geeignet, da mit jedem Zurückziehen der Elektrode der Lichtbogen sofort
erlöschen würde. Eine Ausnahme sind Multiprozessanlagen.

Stromquellen mit CV-Charakteristik werden deshalb für das Metall-Inert-


gas-Schweißen (MIG) und das Metall-Aktivgasschweißen (MAG) genutzt.

7.2 Technologische Parameter


7.2.1 Stromstärke und Lichtbogenlänge
Hauptparameter beim Lichtbogenhandschweißen ist die Schweißstromstärke
Is (A).

Die Schweißstromstärke
… wird am Schweißgerät stufenlos eingestellt.
… ist abhängig vom Kerndrahtdurchmesser.

Formel zur Berech-


Faustformel für den Schweißstrom Is: nung der Schweiß-
Is (A) = Kerndrahtdurchmesser (mm) x 40 stromstärke

Aus der gewählten Lichtbogenlänge ergibt sich die Schweißspannung Us (V).


Sie variiert in einem Bereich zwischen ca. 20 und 35 V und wird mit der Hand
durch das möglichst gleichmäßige Halten der Lichtbogenlänge bestimmt. Ge-
schweißt wird hauptsächlich unter Gleichstrom.

Rutilelektroden lassen sich gut unter minuspoligem Gleichstrom verschwei-


ßen.
Basische Elektroden lassen sich gut unter pluspoligem Gleichstrom ver-
schweißen.

Die Lichtbogenlänge ist vom Elektrodentyp abhängig. Grundsätzlich sollte der


Lichtbogen aber immer relativ kurz gehalten werden.

Als Faustformeln gelten:


Rutile-, Saure- und Cellulose-Elektrodentypen: Zusammenhang zwi-
schen Elektrodenart
Lichtbogenlänge = 1 x Kerndrahtdurchmesser
und Lichtbogenlänge

Basische-Hochlegierte Elektrodentypen:
Lichtbogenlänge = 0,5 x Kerndrahtdurchmesser

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 33
7.2.2 Arbeitsspannung

Die Arbeitsspannung Us (V) ist bei Stromquellen für das Lichtbogenhand-


schweißen nach DIN EN 60974-1 genormt.

Es gilt: Formeln zur Berech-


nung der Arbeitsspan-
Us = 20 + 0,04 (Is) für (Is)≤ 600 A bzw. nung
Us = 44 (Is) für (Is)≥ 600 A

7.2.3 Dynamik (Arc-Force-Control)

Werden Elektroden mit einem grobtropfigen Werkstoffübergang mit nur we-


nig Strom, also unterbelastet verschweißt, besteht grundsätzlich die Ge-
fahr, dass die Elektrode kleben bleibt. Um dies zu verhindern, wird durch die Arc-Force-Control
Arc-Force-Control kurz vor dem Klebenbleiben für den Bruchteil einer Sekunde
mehr Strom zugeführt. Dadurch brennt sich die Elektrode wieder frei und das
Festkleben bleibt aus.

Mit der Arc-Force-Control ist es deshalb möglich, Stabelektroden mit sehr nied-
riger Stromstärke zu verschweißen, was z. B. bei Kantenauftragungen vorteil-
haft ist.

Us (V)

80

70

60

50

40

30

20

10

0 100 200 300 400 500 Is (A)

Abb. 24: Beeinflussung der Konstantstromkennlinie durch den Dynamikregler.

7.2.4 Anti-Stick-Funktion

Klebt die Elektrode fest, kommt es zum Kurzschluss. Um die Elektrode nicht zu
zerstören, schaltet sich das Schweißstromgerät durch die Anti-Stick-Funktion
sofort und automatisch ab.

Anti-Stick-Funktion
V

10 V
Zeit

Abb. 25: Anti-Stick-Funktion.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 34
7.2.5 HOT-Start
Um die Elektrode leichter zünden zu können, wird beim HOT-Start am Schweiß-
gerät bei der Zündung für den Bruchteil einer Sekunde der Strom erhöht.

Is (A)
150 % 200

HOT-Start
50 % 150
HOT-Start
0% 100

0 1,0 Zeit (Sekunden)

Abb. 26: Zündphase mit HOT-Start. Eingestellter Schweißstrom Is: 100 A.

7.2.6 SOFT-Start

Die SOFT-Start-Methode wird speziell bei basischen Elektroden während des


Zündvorgangs genutzt, um die Porenbildung zu reduzieren.

Beim SOFT-Start wird durch die anfangs geringere Energie der Grundwerkstoff
nicht tief aufgeschmolzen. Damit wird es möglich, den Ansatz zu überschwei-
ßen und das Schweißbad besser ausgasen zu lassen. Dies verhindert die An-
satzporenbildung.
Schweißspannung U (V)

SOFT-Start

Zeit (Sekunden)
Abb. 27: SOFT-Start-Zündung.

7.3 Verständnisfragen

Welche Schweißstromquellen werden für das Lichtbogenhandschweißen


verwendet?

Nach welchem Prinzip wird beim Lichtbogenhandschweißen die Lichtbo-


genlänge geregelt?

Welche Zusatzfunktion besitzen moderne Schweißstromquellen, um das


Zünden mit basisch umhüllten Stabelektroden zu erleichtern?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 35
8 UMHÜLLTE STABELEKTRODEN
8.1 Aufgaben der Elektrodenumhüllung

Die Umhüllung der Elektrode erfüllt während des Schweißvorgangs verschie-


dene Aufgaben:
Ionisierung der Luftstrecke
Bildung einer Schutzgasglocke
Die Schutzgasglocke entsteht durch das Zersetzen und Verdampfen von
organischen Stoffen (z. B. Cellulose), von Mineralen (z.B. Calcium, Kohlen-
stofftrioxid, Kalkspat) und von Metallen (z. B. Magnesium)
Bildung der Schlacke Wirkung der Elektrodenum-
hüllung
Dieser Prozess lässt sich mit der Stahlherstellung vergleichen: Die Schla-
cke überzieht die Metalltropfen, die von der Elektrode aus ins Schweißbad
übergehen. Dadurch werden die Metalltropfen vor einem unkontrollierten
Kontakt mit der Luft geschützt. Die flüssige Schlacke beeinflusst außerdem
Tropfengröße, Raupenform, das Benetzungs- und das Fließverhalten des
Schweißbades.
Stabilisierung des Lichtbogens
Steuerung der Desoxidation
Steuerung der Auf- und Ablegierungsvorgänge im Schweißbad
Beeinflussung der Abkühlgeschwindigkeit der Schweißnaht
Erhöhen der Abschmelzleistung (Ausbringung)

Diese Eigenschaften der Stabelektroden beeinflussen den Schweißprozess


(Abbildung 28).

1 Kernstab
2 Umhüllung
3 Metalltropfen
4 Schutzgasglocke Schweißen mit umhüllten
Stabelektroden
5 Schweißgut, flüssig
6 Schweißgut, fest
7 Werkstück
8 Schlacke, flüssig
9 Schlacke, fest
10 Lichtbogen

Abb. 28: Schematische Darstellung des Schweißprozesses mit


einer umhüllten Stabelektrode.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 36
8.2 Einteilung der umhüllten Stabelektroden

Umhüllte Stabelektroden lassen sich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten


einteilen.
Verwendungszweck
z. B. Auftragschweißen, Verbindungsschweißen, Schneiden, Unterwasser-
schneiden oder Unterwasserschweißen.
Chemische Zusammensetzung des Schweißgutes
z. B. unlegierte, niedrig legierte oder hoch legierte Stabelektroden für Kriterien für die Unterschei-
hochfeste, warmfeste, hitzebeständige, korrosionsbeständige Stähle oder dung von Stabelektroden
NE-Metalle sowie Gusseisen.
Technologische Eigenschaften
z. B. die mechanisch-technologischen Gütewerte des Schweißgutes,
die Stromart, die Polung, die Abschmelzleistung, die Ausbringung, die
Schweißposition, die Nahtform und der Wasserstoffgehalt im Schweißgut
Herstellungsart
z. B. Pressmantel, Doppelpressmantel, Tauchelektroden
Umhüllungstyp

Nach der DIN EN 2560-A werden bei Stabelektroden folgende Umhüllungs-


typen unterschieden:

KURZZEICHEN ELEKTRODENTYP
A sauerumhüllt
C zelluloseumhüllt
R rutilumhüllt Kurzbezeichnungen von
Elektrodentypen
RR dick rutilumhüllt
RC rutilzellulose-umhüllt
RA rutilsauer-umhüllt
RB Rutilbasisch-umhüllt
B basischumhüllt

Tab. 5: Elektrodentypen nach DIN EN 2560- A.

8.3 Umhüllungstypen und ihre charakteristischen Eigenschaften


8.3.1 Sauerumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen A)
Die Umhüllung dieser Elektroden besteht aus hohen Anteilen von Eisenoxid, sauerumhüllte Stabelektroden
Ferromangan und Quarz.

Die Elektroden haben eine gute Lichtbogenstabilität und eignen sich deshalb
gleichermaßen für Wechselstrom (AC) und Gleichstrom (DC). Bei der Verwen-
dung von sauerumhüllten Stabelektroden entsteht ein hochflüssiges Schmelz-
bad, deshalb sind diese Stabelektroden für Schweißarbeiten in Zwangslage
nicht geeignet. Das Schweißgut der Stabelektroden besitzt nur mäßige mecha-
nisch-technologische Gütewerte. Sauerumhüllte Stabelektroden werden heute
nur noch selten verwendet.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 37
Typenbeispiel für Sauerumhüllte Elektroden nach EN ISO 2560-A:
E-35 0 A 12

8.3.2 Celluloseumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen C)

Stabelektroden dieses Typs enthalten in ihrer Umhüllung einen großen Anteil


an Cellulose.

Bei der Verwendung von celluloseumhüllten Stabelektroden entsteht ein inten-


siver Lichtbogen. Deshalb eignen sich diese Stabelektroden besonders gut für
das Schweißen in Fallposition (PG; PJ). Damit dieser intensive Lichtbogen ent- celluloseumhüllte Stabelektro-
den
stehen kann, ist allerdings eine definierte Restfeuchtigkeit in der Elektroden-
umhüllung notwendig. Durch den hohen Vergasungsgrad der Zellulose bildet
sich beim Schweißen wenig Schlacke. Durch die starke Entwicklung von Was-
serstoff wird das Schweißbad außerdem „heiß“ und schmilzt eine beträchtli-
che Menge des Grundwerkstoffes auf. Die Schweißung hat somit bei geringer
Schlackenmenge im Bad einen tiefen Einbrand.

Bei der Verwendung celluloseumhüllter Elektroden sind die mechanisch-tech-


nologischen Güteeigenschaften des Schweißgutes hervorragend, das optische
Erscheinungsbild ist allerdings weniger gut. Außerdem lassen sich diese Stab-
elektroden nicht rücktrocknen. Celluloseumhüllte Stabelektroden werden mit
Gleichstrom verschweißt und hauptsächlich im Pipelinebau verwendet.

Mit celluloseumhüllten Stabelektroden schweißt man Wurzellagen am kühle-


ren Minuspol, um ein Durchbrennen zu verhindern. Für Hotpass-, Füll- und
Deckenlagen werden die Elektroden am wärmeren Pluspol angeschlossen. Er
liefert mehr Abschmelzleistung und eine sauberere Kantenerfassung.

Typenbeispiele für celluloseumhüllte Stabelektroden sind nach DIN EN ISO


2560-A:
E 383 2 C 21 (Fox Cel) und E 46 41 NI C 25 (Fox Cel 85)

Vorteile Nachteile
+ eintropfiger Werkstoffübergang - sehr schwierig zu verschwei- Die Vor- und Nachteile
der celluloseumhüllten
ßen
+ tiefer Einbrand Stabelektronen auf einen
- nicht für alle Schweißmaschi- Blick
+ für alle Schweißpositionen ge-
nen geeignet
eignet, besonders für fallende
- große Rauchentwicklung
+ gute mechanische Gütewerte

8.3.3 Rutilumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen R)

Als Hauptkomponente in der Umhüllung dieser Stabelektroden ist Rutil (TiO2)


rutilumhüllte Stabelektroden
enthalten. Es wirkt im Lichtbogen weniger oxidierend, die Lichtbogenatmo-
sphäre ist neutraler, der Legierungsabbrand ist geringer.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 38
Die mechanisch-technologischen Gütewerte des Schweißgutes von rutilum-
hüllten Elektroden sind besonders bei Stählen mit höherem Mangan-Gehalt zu
beachten.

Rutilumhüllte Stabelektroden verursachen einen gröberen Tropfenübergang als


dick rutilumhüllte Elektroden, deshalb eignen sich die Stabelektroden vom Typ
R vor allem für das Schweißen von dünnen Blechen. Rutilumhüllte Stabelek-
troden können mit Wechselstrom oder Gleichstrom am Minus-Pol verschweißt
werden. Die Elektrodenart kann für fast alle Schweißpositionen genutzt wer-
den, eignet sich jedoch nicht für das Schweißen von Fallpositionen (PG; PJ).

Ein Nachteil der rutilumhüllten Stabelektroden ist die starke Endkraterbildung.

Typenbeispiel für dick rutilumhüllte Elektroden nach EN ISO 2560-A:


E- 42 0 RR 12

Vorteile Nachteile
+ feintropfiger Werkstoffübergang - nicht alle Schweißpositionen
sind möglich Die Vor- und Nachteile
+ leicht zu verschweißen
der rutilumhüllten Stab-
- niedrigere mechanisch-techno-
+ schöne, flache Naht elektroden auf einen
logische Gütewerte als basi- Blick.
+ geeignet für Gleichstrom und sche Elektroden
Wechselstrom
- schlechte Spaltüberbrückbar-
keit

8.3.4 Basischumhüllte Stabelektroden (Kurzzeichen B)

Basischumhüllte Stabelektroden haben ausgezeichnete Festigkeits- und Zä-


higkeitseigenschaften bis -50 °C. Diese Stabelektrodenart eignet sich für hoch-
wertige Schweißverbindungen im Stahl-, Kessel-, Behälter-, Fahrzeug-,Schiff-
und Maschinenbau, als Pufferlage bei Auftragschweißungen an hoch gekohlten
Stählen sowie zum Schweißen von Stählen mit geringer Reinheit und höherem
Kohlenstoffgehalt. Besonders geeignet sind basischumhüllte Stabelektroden
für Offshore-Konstruktionen.

Da basischumhüllte Stabelektroden Feuchtigkeit aufnehmen, müssen sie mög-


lichst trocken gelagert werden. Das Schweißgut von basischumhüllten Stab-
elektroden hat einen hohen Wasserstoffgehalt und eine Ausbringung von
ca. 110 %. Besonders bei tiefen Temperaturen ist die Kerbschlagarbeit des
Schweißgutes höher als bei allen anderen Umhüllungstypen. Basischumhüllte basischumhüllte Stabelektroden
Stabelektroden haben von allen Elektrodenarten die mit Abstand beste Riss-
sicherheit. Bei Heißrissen ergibt sich diese Risssicherheit aus dem hohen me-
tallurgischen Reinheitsgrad des Schweißgutes. Die geringe Kaltrissempfind-
lichkeit ist im geringen Wasserstoffgehalt (H) begründet. Dieser ist niedriger als
bei allen anderen Typen und sollte als Obergrenze H=5 ml/100 g Schweißgut
nicht überschreiten. Die Kaltrisssicherheit setzt aber voraus, dass die Stab-
elektroden trocken sind.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 39
Basischumhüllte Stabelektroden sind für das Schweißen in fast allen Positio-
nen geeignet, eine Ausnahme bildet die Fallnaht. Im Pipelinebau werden des-
halb basischumhüllte Fallnahtelektroden mit spezieller Umhüllungszusammen-
setzung genutzt.

Vorteile Nachteile
+ grobtropfiger Werkstoffübergang - etwas schwieriger zu ver- Die Vor- und Nachteile
schweißen als rutilumhüllte der basischumhüllten
+ vielseitige Positionsver- Stabelektroden auf einen
Elektroden
schweißbarkeit Blick
- standardverpackte Elektroden
+ hohe mechanisch-technologi-
sollten rückgetrocknet werden
sche Gütewerte
+ meist DC+-verschweißt

Typenbeispiel: E 42 5 B 42 H5 (FOX EV 50)

8.3.5 Übersicht über Umhüllungstypen und ihre Eigenschaften

Sauer Typ A Cellulose Typ C Rutil Typ R Basisch Typ B


Magnetit Fe3O4 50 Cellulose: 40 Rutil TiO2 45 Flussspat CaF2 30
Quarz SiO2 20 Rutil TiO2 20 Magnetit Fe3O4 10 Kalkspat CaCO330
Kalkspat CaCO310 Quarz SiO2 25 Quarz SiO2 20 Quarz SiO2 10
Umhüllungstypen und ihre
Fe Mn 20 Fe Mn 15 Kalkspat CaCO310 Fe Mn 5
Eigenschaften
Fe Mn 15 FeSi 7
Eisenpulver 18
Wasserglas Wasserglas Wasserglas Wasserglas
Tropfenübergang: Tropfenübergang: Tropfenübergang: Tropfenübergang:
feintropfig-sprühre- mitteltropfig mittel- bis feintropfig mittel- bis grob-
genartig tropfig
Zähigkeitswerte: Zähigkeitswerte: Zähigkeitswerte: Zähigkeitswerte:
normal gut gut sehr gut

Tab. 6: Umhüllungtypen und ihre wesentlichen Eigenschaften.

8.4 Ausbringung und Ausziehlänge von Stabelektroden

Die Ausbringung beschreibt das Verhältnis zwischen der Masse des abge-
schmolzenen Kernstabes und der Masse des aufgetragenen Schweißgutes:

Ausbringung in % = Masse des aufgetragenen Schweißgutes x 100


Masse des abgeschmolzenen Kernstabes

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 40
Die mit einer Stabelektrode geschweißte Nahtlänge wird auch
Ausziehlänge genannt und mit dem Formelzeichen L angege-
Die Ausziehlänge gibt
ben. Durch die Ausziehlänge weiß der Schweißer genau, wie Hinweise auf die Wär-
viele Zentimeter er schweißen darf bzw. schweißen muss, um meeinbringung und die
Abkühlzeit.
eine konstante Streckenenergie zu erreichen.
die für den Werkstoff günstige Abkühlzeit zu erreichen, die
sich aus der Streckenenergie ergibt.

Die Ausziehlänge hängt immer vom Elektrodentyp ab. Unterschiedliche Elek-


trodensorten haben daher unterschiedliche Ausziehlängen. Die festgelegte
Ausziehlänge für den jeweiligen Elektrodentyp kann der Schweißer leicht um-
setzen, wenn er die elektrodenspezifische Stromstärke strikt einhält.

Weil der Wert aus Stromstärke und Abschmelzzeit praktisch immer konstant
bleibt, beeinflusst die Ausziehlänge die Streckenenergie E. Die Schweißge-
schwindigkeit v ist beim Lichtbogenhandschweißen eine qualitative Größe.

Ausgehend von der Ausziehlänge lassen sich die Schweißgeschwindigkeit v


und die Streckenenergie E berechnen. Im Gegensatz zur Ausziehlänge ist das
Ermitteln der Schweißgeschwindigkeit allerdings meist aufwändig und erfordert
daher vom Schweißer besondere Kenntnisse.

8.5 Lagerung

Elektrodenumhüllungen nehmen Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft auf. Dies


kann eine Rissbildung in der Schweißnaht verursachen, deshalb sollten Stab-
Lagerung von Stabelektroden
elektroden bis zu ihrer Verarbeitung in trockenen Räumen und in unbeschä-
digter Standardverpackung aufbewahrt werden. Für einen zusätzlichen Schutz
sind die Karton-Elektrodenpakete außerdem häufig in eine Folie eingeschweißt,
die vor Nässe und Schmutz schützt.

8.6 Rücktrocknung

Bestimmte Anteile in der Elektrodenumhüllung nehmen Wasserstoff aus der


Luft auf, das heißt, sie sind hygroskopisch.

Abhängig vom jeweiligen Umhüllungstyp der Stabelektrode kann die aufge-


nommene Feuchtigkeit unschädlich sein oder aber Schäden an der Schweiß- Rücktrocknung von Stabelek-
troden
naht verursachen. Ein zu hoher Wasserstoffanteil in der Schweißnaht kann
z. B. eine Rissbildung hervorrufen. Deshalb müssen viele Stabelektroden nach
längerer Lagerung rückgetrocknet werden.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 41
Das Rücktrocknen erfolgt im Ofen, wobei die Stabelektroden maximal dreilagig
aufgeschichtet werden dürfen. Beim Einlegen der Elektroden sollte die Ofen-
temperatur bei maximal 100 ° C liegen und die Aufheizgeschwindigkeit von
maximal 150 ° C/Stunde nicht überschreiten. Die Rücktrocknung dauert etwa
zwei bis drei Stunden. Anschließend sollten die Elektroden langsam abkühlen.

8.7 Anforderungen an umhüllte Stabelektroden

Bei den Anforderungen, die Stabelektroden erfüllen müssen, sind schweiß-


technische, metallurgische und wirtschaftliche Aspekte entscheidend.

8.7.1 Schweißtechnische Anforderungen an Stabelektroden


gute Zündbarkeit und Wiederentzündbarkeit
gute Spaltüberbrückbarkeit
gute Verschweißbarkeit in Zwangslagen schweißtechnische Anforderun-
stabiler Lichtbogen gen an Stabelektroden

widerstandsfähige Umhüllung
geringe Rauchentwicklung
ungiftige Gase und Dämpfe

8.7.2 Metallurgische Anforderungen an Stabelektroden


hohe mechanisch-technologische Gütewerte
Porensicherheit
Unempfindlichkeit gegen Rost, Zunder, Öl und Schmutz aus der metallurgische Anforderungen
Stahloberfläche an Stabelektroden

Unempfindlichkeit gegen Seigerung in Bezug auf S- und P-Verunreinigun-


gen im Grundwerkstoff
Sicherheit gegen Heiß- und Kaltrisse
Unempfindlichkeit gegen Feuchtigkeitsaufnahme der Umhüllung

8.7.3 Wirtschaftliche Anforderungen an Stabelektroden


hohe Abschmelzleistung, hohe Ausbringung
geringe Spritzerverluste wirtschaftliche Anforderungen an
Stabelektroden
gute Schlackenentfernbarkeit
hohe Schweißgeschwindigkeit
große Ausziehlänge
schöne Nahtoberfläche

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 42
8.8 Die Kennzeichnung umhüllter Stabelektroden
8.8.1 Kennzeichnung auf der Stabelektrode
Umhüllte Stabelektroden müssen mit einer rückverfolgbaren Handelsbezeich-
nung und einer gültigen Normbezeichnung dauerhaft beschriftet sein. Die
Kennzeichnung steht auf der Umhüllung und ist nahe dem Einspannende plat-
ziert (Abbildung 29).

Abb. 29: Stempelaufdruck mit Handelsbezeichnung des Herstellers und/oder


Bezeichnung nach Norm.

8.8.2 Kennzeichnung auf der kleinsten Verpackungseinheit

Nach Vorschrift befinden sich auf jedem Elektrodenpakete ausführliche Hin-


weise zur Herstellung, zur Zusammensetzung sowie zur Anwendung und zum
Gesundheitsschutz (Abbildung 30).

Im Detail sind folgende Angaben in der Kennzeichnung enthalten:


Name des Herstellers und Fabrikationsnummer
Chargen und Fertigungsnummern
Handelsbezeichnung des Herstellers
Auf Elektrodenpaketen stehen
Normbezeichnung nach Internationaler Norm vorschriftsmäßig zahlreiche
Stromart und empfohlener Strombereich Informationen zur Herkunft und
Anwendung.
Schweißbarkeit in verschiedenen Schweißpositionen
Maßangaben zu Durchmesser und Länge
Stückzahl und/oder Nettogewicht
Eignungsprüfung und Zulassungen (z. B. TÜV, ÖBB)
Rücktrocknungsvorschriften (z. B. bei basischen Elektroden)
Gesundheitsschutz und Sicherheitshinweise

Abb. 30: Bezeichnung auf der Verpackung.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 43
8.8.3 Kennzeichnung nach Norm

Welche Stabelektroden für welchen Werkstoff verwendet werden dürfen, wird


durch verschiedene internationale Normen festgelegt. In den Normen ist auch
festgelegt, wie die Stabelektroden gekennzeichnet werden müssen.

unlegierte u. Nickel u.
hochfeste warmfeste nichtrosten- Normen legen fest, welche
MATERIAL FK- Nickelegie-
Stähle Stähle de Stähle Elektrode für welchen Werkstoff
Stähle rungen
verwendet werden darf.
DIN EN ISO DIN EN ISO DIN EN ISO DIN EN ISO DIN EN ISO
NORM
2560 18275 3580 3581 14172
Tab. 7: Werkstoffe und die dazugehörenden Normen.

Die Kennzeichnung einer Stabelektrode nach Norm folgt immer demselben


Prinzip. Dieses kombiniert die Angabe der betreffenden Norm mit einem Kenn-
zeichnungscode, der verbindliche und nicht verbindliche Angaben enthält.

Norm und Kennzeich-


Ein Beispiel: DIN EN ISO 2560: E 42 5 B 42 H5 nungscode geben
Auskunft über die
Zusammensetzung
und Verwendung der
Stabelektrode.
Norm Kennzeichnungscode

8.8.4 Grundschema zur Bezeichnung einer unlegierten umhüllten Stabelektrode


zum Lichtbogenhandschweißen nach DIN EN ISO 2560-A

verbindliche Angaben nicht verbindliche Angaben

E 46 6 Mn1Ni B 4 2 H5

Kurzzeichen für den Schweißprozess


Kennziffer für Mindeststreckgrenze und Mindestdehnung
Kennziffer für die Prüftemperatur der Kerbschlagarbeit
Kurzzeichen für die chemische Zusammensetzung
Kurzzeichen für den Umhüllungstyp

Kennziffer für Ausbringung und Stromart


Kennziffer für die Schweißposition
Kennziffer für den diffusiblen Wasserstoff

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 44
8.8.5 Grundschema zur Bezeichnung einer hochlegierten umhüllten Stabelektrode
zum Schweißen von austenitischen, nichtrostendem Stahl nach DIN EN ISO
3581

EN ISO 3581 E 19 12 2 R 32

verbindliche Angaben nicht verbindliche Angaben

Erläuterung des Kennzeichnungscodes:


E = Bezeichnung
19 12 2 = Chemische Zusammensetzung (19 % Chrom 12 % Nickel,
2 % Molybdän)
R = Die Stabelektrode ist rutilumhüllt
3 = geeignet für Wechselstrom (AC) und Gleichstrom (DC), Ausbringung 120 %
2 = geeignet für alle Schweißpositionen außer Fallnaht (2)

8.9 Verständnisfragen

Welche Umhüllungstypen von Stabelektroden gibt es?

Wie beeinflussen die Umhüllungstypen das Schweißverhalten?

Was ist bei der Lagerung und der Rücktrocknung von Schweißelektroden
zu beachten?

Was versteht man unter der Ausbringung einer Stabelektrode?

Was ist mit der Ausziehlänge einer Stabelektrode gemeint?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 45
9. DURCHFÜHRUNG DER
SCHWEISSUNG ALLGEMEIN
9.1 Nahtarten (Nahtformen)

Die Nahtaht bzw. Nahtform legt zwei wesentliche Aspekte des Schweißprozes-
ses fest:
Nahtarten beeinflussen den
1. Die Vorbereitung der Schweißfuge Schweißprozess

2. Die Form der Schweißnaht


Welche Nahtform gewählt für den Schweißprozess infrage kommt, ist abhängig
von verschiedenen Faktoren:
Werkstoffart
Werkstoffdicke
Schweißprozess

Die häufigste Nahtform ist die Kehlnaht, bei der die Werkstücke im Winkel mit-
einander verschweißt werden. Stumpfnähte verbinden Werkstücke, die sich auf
einer Ebene (180°-Winkel) befinden (siehe dazu auch Seite 10).

Wenn bei Stumpfnähten eine völlige, einseitige Durchschweißung erforderlich


ist, ist ab einer Wanddicke von ca. 4 mm eine Kantenanarbeitung notwendig.

technisches
Nahtart Symbol

I-Naht

Kehl-Naht Doppel Kehl-Naht


V-Naht

Nahtarten und ihre Darstellung in


X-Naht technischen Zeichnungen.

Y-Naht

Doppel U-Naht Überlapp-Naht Eck-Naht

Abb. 31: Nahtarten und ihre technische Darstellung.

9.2 Nahtvorbereitung

Eine saubere Nahtvorbereitung erleichtert die Schweißarbeiten und ermöglicht


eine schnellere Schweißgeschwindigkeit.

Bevor mit dem Lichtbogenhandschweißen begonnen wird, sollte die Nahtstel-


le daher gründlich gereinigt werden. Das heißt, Oxidschichten, die z. B. beim
Brennschneiden entstehen, Beschichtungen, Farben etc. werden entfernt.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 46
Bei kleineren Rohrdurchmessern im Rohrleitungsbau erfolgt die Nahtvorberei-
tung meist durch Schleifen mit Winkelschleifern.

Bei dickwandigen Rohren, z. B. im Hydraulik- und Kraftwerksbau, bietet sich oft


eine U-Naht-Vorbereitung an. Diese ist wegen des geringeren Nahtvolumens
wirtschaftlicher.

9.3 Elektrodenführung

Für eine fehlerfreie Schweißverbindung, sind die richtigen Schweißparame-


ter und die Schweißausführung entscheidend. Die Schweißausführung hängt
in hohem Maß davon ab, wie die Stabelektrode gehalten und während des
Schweißvorgangs geführt wird (Abbildung 32). Ideal ist ein Winkel von 70 °.

Der Winkel beim Schweißen sollte


etwa 70 ° betragen.

Abb. 32: Der Winkel beim Schweißvorgang sollte ca. 70° Neigung betragen.

Bei normaler Schweißgeschwindigkeit und ohne eine Querbewegung (Pen-


normale Schweißnahtdicke
deln) ist die Schweißnaht etwa 2-3 mm größer als der Elektrodendurchmesser.

Wenn beim Schweißen eine Pendelbewegung ausgeführt wird, kann die


Schweißnaht doppelt oder sogar dreifach größer sein als der Durchmesser der
Schweißnahtdicke bei Pendelbe-
Elektrode. Wird der Pendelausschlag größer als der dreifache Elektrodendurch- wegungen
messer, ist der Schutz des Schmelzbades gefährdet. Dadurch verschlechtert
sich die Qualität der Schweißverbindung. Deshalb sollten beim Schweißen zu
große Pendelbewegungen unbedingt vermieden werden.

Eine Pendelbewegung kann


auf unterschiedliche Arten
ausgeführt werden. Wel-
che Pendelbewegung in-
frage kommt, hängt von der Beispiele für Pendelbe-
wegungen
Schweißposition ab. Wich-
tig ist, dass die Bewegung
gleichmäßig ausgeführt wird.

Abb. 33: Beispiele für Pendelbewegungen.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 47
Besonders wichtig ist die richtige Elektrodenführung beim Wurzelschweißen
(Abbildung 34) und beim Einlagen-Verbindungsschweißen von dünnen Ble-
chen (Abbildung 35). In beiden Fällen ist es entscheidend, durch das richtige
Führen der Elektrode die Fugenflanken völlig aufzuschmelzen. Das garantiert
ein Durchschweißen und verhindert gleichzeitig ein Durchbrennen.

Werkstücke mit einem größeren Querschnitt werden nach einer entspre-


chenden Nahtvorbereitung in mehreren Lagen geschweißt (Abbildung 36). Um
typische Schweißfehler wie Schlackeneinschlüsse, Bindefehler und Einbrand-
kerben zu vermeiden, sind dabei vor allem drei Dinge zu beachten.

1. Genaues Einhalten der Lagenfolge.


2. Sauberes Entfernen der Schlacke nach jeder Schweißraupe.
3. Einwandfreies Aufschmelzen der Fugenflanken.

Wurzelschweißen, steigend Schweißen von Decklagen Schweißen von Füllagen

Elektrodenführung bei speziellen


Kehlnaht senkrecht V-Naht senkrecht
Schweißaufgaben.

Kehlnaht horizontal V-Naht horizontal

Abb. 34: Elektroden- Abb. 35: Pendelformen Abb. 36: Lagenfolge bei einer
führung von einlagigen beim Lichtbogenhand- mehrlagigen V-Naht-Schwei-
V- und Kehlnähten. schweißen. ßung.

Beim Schweißen in Quer-, Senkrecht- und Überkopfpositionen wirkt sich die


Hinweise zum Schweißen in Quer-,
Schwerkraft ungünstig auf den Schweißprozess aus. Das Schmelzbad muss Senkrecht- und Überkopfposition
deshalb möglichst klein sein und schnell erstarren können. Dies erreicht man
durch einen kurzen Lichtbogen, eine schnelle Elektrodenführung und eine ge-
ringe Stromstärke.

Das Schweißen in Überkopfposition (PE) stellt besondere Anforderungen an


den Schweißer und an den Schweißprozess. Der hohe Schwierigkeitsgrad die-
ser Schweißposition kann leicht zu Fehlern führen. Außerdem besteht durch
die Zwangslage die Gefahr, dass die Zahl der nichtmetallischen Einschlüsse in
der Überkopfnaht erheblich steigt. Beim Überkopfschweißen werden deshalb
geringere Güteanforderungen gestellt.

9.4 Verständnisfragen

Worauf ist bei der Nahtvorbereitung zum Lichtbogenhandschweißen zu


achten?

Wie heißen die wichtigsten Nahtformen?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 48
10. FEHLER BEIM LICHTBOGEN-
HANDSCHWEISSEN
10.1 Fehlerarten und Fehlerursachen

Auch bei guter Vorbereitung und einer optimalen Elektrodenführung kann es


passieren, dass beim Lichtbogenhandschweißen Fehler auftreten. Im Fachjar-
gon spricht man auch von Unregelmäßigkeiten oder Diskontinuitäten.

Man unterscheidet verschiedene Fehlertypen:


Fehlerursachen beim
1. Verfahrensabhängige Fehler. Lichtbogenhand-
schweißen
2. Fehler, die vom Können des Schweißers abhängig sind.
3. Fehler, die vom Werkstoff abhängig sind.

Verfahrensabhängige Fehler beim Lichtbogenhandschweißen mit umhüllten


Stabelektroden sind
Einbrandkerben
verfahrensabhängige Fehler
Schlackeneinschlüsse
Porenbildung
Endkraterlunker

Einbrandkerben an Nahträndern entstehen, wenn der Grundwerkstoff zwar


Einbrandkerben
aufgeschmolzen, aber nicht ausreichend mit Schweißzusatz gefüllt wurde.
Auch ein zu langer Lichtbogen kann Einbrandkerben verursachen.

Schlackeneinschlüsse im Schweißgut können unterschiedliche Ursachen ha-


ben. Solche Einschlüsse entstehen beispielsweise, wenn die Schlacke während
des Schweißprozesses der Schweißrichtung vorausläuft. Außerdem können
Schlackeneinschlüsse
Schlackeneinschlüsse auftreten, wenn beim Lagenschweißen die Schlacke der
vorher geschweißten Raupe nicht ordnungsgemäß entfernt wurde. Rost, Fett
oder Farbe verstärken ebenfalls die Häufigkeit von Schlackeneinschlüssen.

Eine Porenbildung entsteht durch Gasbläschen, die beim Erstarren des


Schweißgutes eingeschlossen werden. Wenn Spalten zwischen den zu ver-
bindenden Blechen entstehen, zum Beispiel bei Kehlnähten oder Überlapp-
nähten, spricht man von einer mechanischen Porenbildung. Eine metallurgi- Porenbildung
sche Porenbildung durch Stickstoff tritt auf, wenn beim Schweißen mit einem
zu langen Lichtbogen Stickstoff aus der Umgebungsluft in das Schmelzbad
gelangt. Auch feuchte Umhüllungen von Stabelektroden können eine Wasser-
stoffporosität – und damit eine Porenbildung – verursachen.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 49
Im Gegensatz zu den Poren sind Endkraterlunker Erstarrungs- oder Schwin-
dungshohlräume. Ihre Bezeichnung resultiert daraus, dass sie meist am Ende
einer Schweißnaht zu beobachten sind.

Nicht durchgeschweißte oder nicht erfasste Wurzeln sind Fehler, die vom Kön-
nen des Schweißers abhängen. Im Gegensatz dazu hat eine Rissbildung ihren
Ursprung meistens im Werkstoff.

10.2 Verständnisfragen

Welche Fehler können bei der Verarbeitung von umhüllten Stabelektroden


entstehen?

Wie lassen sich diese Fehler vermeiden?

Wodurch können Einbrandkerben entstehen?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 50
11. DIE BLASWIRKUNG DES
ELEKTRISCHEN LICHTBOGENS
11.1. Magnetische Felder und deren Wirkung

Wenn elektrischer Strom durch einen


Leiter fließt, entsteht um diesen Leiter
herum ein Bereich, in dem magnetische
Kräfte fließen. Mit einer Magnetnadel
oder mit feinem Eisenpulver, das ringför-
mig um den Leiter verteilt wird, lässt sich
dieses Magnetfeld sichtbar machen.
Abb. 37: Magnetisches Kraftlinienfeld
eines stromdurchflossenen Leiters.

Auch beim Lichtbogenhandschweißen entstehen durch den Stromfluss solche


magnetischen Felder. Sie treten rund um die Elektrode, den Lichtbogen und
die Strombahn im Werkstück auf. Durch ihre Anordnung lenken diese magne-
tischen Felder den beweglichen Lichtbogen ab, der dann zu flattern beginnt.
Diesen Effekt nennt man Blaswirkung.

Als Blaswirkung des elektrischen Lichtbogens bezeichnet man Definition von Blas-
wirkung.
das unregelmäßige Flattern des Lichtbogens in unerwünschte
Richtungen. Die Blaswirkung entsteht durch magnetische Felder.

Wird der Lichtbogen durch die Blaswirkung abwechselnd kürzer und länger,
besteht die Gefahr, dass der Grundwerkstoff teilweise nicht genügend auf-
geschmolzen wird. Dadurch können Randkerben, Schlackeneinschlüsse und
Spritzer entstehen, die die Qualität der Schweißnaht mindern.

Lichtbogenbewe-
Wichtig: Die Blaswirkung des elektrischen Lichtbogens hat nichts gungen durch Wind
oder andere äußere
mit der Ablenkung des Lichtbogens bei Schweißarbeiten im Freien Einflüsse sind keine
(z. B. durch Wind) oder bei Zuglufteinwirkung zu tun! Blaswirkung.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 51
11.2 Magnetische Felder bei Stahl und anderen stark
magnetisierenden Werkstoffen

Stahl gehört zu den Werkstoffen, die in besonders hohem Maß magnetisieren.


Das heißt, im Stahl bilden sich magnetische Felder sehr stark aus. Somit ist
auch die Blaswirkung besonders kräftig. Wo und in welcher Größe die magneti-
schen Felder auftreten, lässt sich meist nicht vorhersagen. Für einige Fälle gibt
es jedoch Hinweise über die Wahrscheinlichkeit:

Hinweise zur Entstehung für die Blaswirkung bei stark magnetisierenden


Werkstoffen

Der Lichtbogen wird immer in die Richtung abgelenkt, in die sich die Elek-
trode neigt (Abbildung 38). Denn durch die Neigung der Elektrode werden
die Kraftlinien so stark verdichtet, dass sie den Lichtbogen in Richtung der
Elektrodenneigung drücken.
Große Stahlmassen ziehen den Lichtbogen an (Abbildung 39). Beim Auf-
tragsschweißen wird der Lichtbogen von der vorher gelegten Schweißraupe
angezogen, beim Schweißen von Überlappnähten lenkt das aufgelegte
Blech den Lichtbogen ab!
Der Lichtbogen bläst immer vom Rand des Werkstückes in Richtung der
Mitte (Abbildung 40). Magnetische Kraftlinien drängen sich an den Kanten
eines Werkstückes zusammen, weil sie sich an diesen Stellen besser ver-
teilen können als z. B. am Schweißspalt mit seiner schlecht leitenden Luft.
Durch diese Anhäufung der Kraftlinien entsteht eine magnetische Kraft, die
für die „Kantenwirkung“ des Lichtbogens verantwortlich ist.

Abb. 38: Der Lichtbogen Abb. 39: Stahlmassen ziehen den Abb. 40: Der Lichtbogen
ist ähnlich der Neigung. Lichtbogen an. bläst vom Rand zur Mitte.

11.3 Maßnahmen zum Umgang mit der Blaswirkung

Um die Blaswirkung des elektrischen Lichtbogens zu beherrschen, gibt es ver-


schiedene Möglichkeiten. Diese können alleine und in Kombination angewen-
det werden:
Die wichtigste Maßnahme gegen die Blaswirkung ist das Schrägstellen der
Elektrode während des Schweißens. Je nach Neigungswinkel der Elektrode Tipps zum Umgang mit Blas-
kann man so den lichtbogenablenkenden Kräften entgegenwirken. wirkung bei stark magnetisieren
Werkstoffen.
Zahlreiche, kräftige Heftstellen an den zu verbindenden Teilen wirken sich
günstig auf die magnetischen Kraftlinien aus, sodass diese den Lichtbogen
nicht mehr so stark beeinflussen können.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 52
Schweißen der Naht im „Pilgerschritt“. Dabei werden abwechselnd Naht-
segmente aus dem vorderen und dem hinteren Teil der zu schweißenden
Strecke geschweißt.
Anlegen von Ansatzstücken.
Auflegen von zusätzlichen Stahlmassen.
Verwendung eines beweglichen Masseanschlusses oder Folgepols.
Den Stromanschluss nicht einseitig, sondern beidseitig vorsehen.
Schweißen mit Wechselstrom.
Verwendung kalter Elektroden, denn Stellen, die einer starker Blaswir-
kung ausgesetzt sind, lassen sich mit warm gewordenen Elektrodenenden
manchmal nicht. Nach dem Austausch gegen eine kalte Elektrode gelingt
die Schweißung oft ohne Schwierigkeiten.
Wahl eines kleineren Elektrodendurchmessers.
Wahl einer Elektrode mit starker Umhüllung, denn je stärker die Umhüllung
ist, desto weniger Blaswirkung entsteht.
Entmagnetisieren des Werkstücks mit Kabelwicklungen und Transformator.

11.4 Verständnisfragen

Was versteht man unter magnetischer Blaswirkung?

Welche Maßnahmen können getroffen werden, um die Blaswirkung zu be-


herrschen?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 53
12. FUGENHOBELN
Das Fugenhobeln ist ein Verfahren, mit dem sich überschüssiges Metall vom
Werkstück entfernen lässt. An der betreffenden Stelle wird das Metall zunächst
erhitzt und aufgeschmolzen und anschließend abgetragen.

Das Fugenhobeln lässt sich für


Der Vorteil des Fugenhobelns liegt darin, dass sich das Verfahren für viele An- viele Zwecke einsetzen
wendungszwecke nutzen lässt. Dazu gehören unter anderem:
Vorbereiten von Schweißfugen
Ausarbeitung von Kehlnähten
Entfernen fehlerhafter Schweißnähte
Aushobeln von Schweißnahtwurzeln
Auskreuzen von Rissen in der Schweißnaht
Beseitigen von überschüssigem Metall
Vorbereitung von Nachschweißarbeiten

12.1 Arcair-Fugenhobeln

Das Arcair-Fugenhobeln gehört


zum Bereich des Lichtbogen-Fu- Fugenhobeln mit dem
Arcair-Prinzip
genhobelns. Bei diesem Ver-
fahren wird zunächst ein elekt-
rischer Lichtbogen erzeugt, der Abb. 41: Schematische Darstellung
des ArcAir-Fugenhobelns.
das Material zum Schmelzen
bringt. Dieses aufgeschmolzene
Metall wird anschließend weg-
geblasen. Neben einer Graphit-
kohleelektrode wird dazu auch
Druckluft benötigt (Abbildung
41).
Abb. 42: Carbon-Elektrode.

Das Arcair-Fugenhobeln wird angewendet, um aus Werkstücken Lunker, Poren


oder Schlackeneinschlüsse zu entfernen. In Gießereibetrieben werden mit dem
Arcair-Verfahren auch Angüsse abgetrennt oder ganze Werkstückoberflächen
abgearbeitet. Außerdem kann das Arcair-Fugenhobeln genutzt werden, um bei
Grobblechen die Kanten vorzubereiten.

Neben dem Lichtbogen-Fügenhobeln gibt es zwei weitere Fugenhobel-


Varianten:

1. Brennschneiden-Fugenhobeln
2. Plasma-Fugenhobeln
3. Ausnutelektrode (Spezialelektrode zum Ausnuten verschiedener Werkstoffe
ohne Sauerstoff.)

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 54
12.2 Anleitung zum Arcair-Fugenhobeln

1. Das Stromanschlusskabel des Fugenhobels in die Strombuchse des Plus-


Pols der Anlage einstecken und durch Drehung nach rechts verriegeln
(Kabelquerschnitt mindestens 70 mm²).
2. Den Pressluftanschluss des Fugenhobels mit dem Kompressor verbinden. Anleitung zum Fu-
genhobeln mit dem
Dabei auf einen konstanten Luftdruck zwischen 6 bis 10 bar achten. Arcair-Prinzip
3. Das Massekabel in die Strombuchse des Minus-Pols der Anlage einstecken
und verriegeln.
4. Die Verbindung mit dem Werkstück herstellen und dabei für einen guten
Kontakt sorgen.
5. Den Netzstecker einstecken.
6. Den Hauptwahlschalter von „0“ auf „Ein“ stellen.
7. Die Kohleelektrode so einspannen, dass der Abstand zur Elektrodenspitze
ca. 100 mm beträgt und sich die Luftaustrittsöffnungen des Fugenhobels
unten befinden.
8. Das Pressluftventil im Griff des Fugenhoblers öffnen (Luftmenge kann hier
reguliert werden) und anschließend das Ausnuten einleiten.

Die Tiefe der Fuge wird durch den Anstellwinkel der Kohleelek- Regulierung der Fu-
gentiefe
trode und das Verändern der Fugengeschwindigkeit bestimmt.

12.3 Verständnisfragen

Welche Polarität ist beim Arcair-Fugenhobeln für das Stromanschlusskabel


zu wählen?

Worauf ist bei der Druckluftzuführung zu achten?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 55
13 AUSRÜSTUNG EINES SICHEREN
ARBEITSPLATZES ZUM LICHT-
BOGENHANDSCHWEISSEN
13.1 Arbeitssicherheit

Die Arbeitssicherheit für den Schweißer spielt während des gesamten Schweiß-
prozesses eine besonders wichtige Rolle. Dabei sind die Schweißnahtvor- und
die -nachbereitung ausdrücklich mit eingeschlossen.

Um dem Schweißer eine bestmögliche Sicherheit zu garantieren, sind bei der


Ausstattung eines Arbeitsplatzes zum Lichtbogenhandschweißen verschiede-
ne Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen.

Zu einem sicher ausgestatteten Arbeitsplatz zum Lichtbogen-


handschweißen gehören:
eine örtliche Entlüftung oder eine Gesamtraumentlüftung
(Abbildung 43)
Arbeitsschutzkleidung (Abbildung 44)
ein Schutzschild oder Schutzhelm mit genormten Schutzglä-
sern (Abbildung 45) Sicherheitsmaßnah-
men am Schweiß-
Schutzhandschuhe (Abbildung 46) arbeitsplatz

eine Schutzbrille als Schutz gegen seitlich eindringende


Strahlen und gegen abspringende Schlackenteilchen bei der
Nahtbearbeitung
vollisolierte Elektrodenhalter
Schweißkabel (Elektrodenhandkabel und Massekabel) mit
einem Mindestquerschnitt, der zur Schweißstromstärke und
zur Kabellänge passt.

Abb. 44: schwer entflamm-


Abb. 43: Mobile Absauganlage.
bare Schutzkleidung.

Abb. 45: Schweißhelm mit Fremdbelüftung. Abb. 46: Handschuhe mit Stulpen.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 56
Weiteres notwendiges Zubehör für einen Arbeitsplatz zum Lichtbogenhand-
schweißen sind
Schraubenzwinge oder magnetischer Folgepol
Schlackenhammer (Abbildung 47)
Drahtbürste
Feuerzange
Elektrodenköcher

Abb. 47: Handschirm und Schlackenhammer, Drahtbürste und Elektroden-Trockner-Set.

13.2 Verständnisfragen

Was sind die wichtigsten Gegenstände einer Schweißplatzausrüstung für


das Lichtbogenhandschweißen?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 57
14. UNFALLVERHÜTUNG UND
GESUNDHEITSSCHUTZ
14.1 Gefahren durch Lichtbogenstrahlung

Der elektrische Lichtbogen sendet verschiedene Strahlen aus, die sowohl sicht-
bar als auch unsichtbar sind. Wie stark diese Strahlen sind, hängt von der Art
des Schweißverfahrens und der gewählten Sschweißstromstärke ab.

Der elektrische Lichtbogen sendet folgende Strahlenarten aus:


sichtbare Strahlen, unsichtbare infrarote Strahlen oder Wär- Strahlenarten des
Lichtbogens
mestrahlen und ebenfalls unsichtbare ultraviolette Strahlen.
Der elektrische Lichtbogen sendet beim Elektroschweißen aber
keine röntgenähnlichen Strahlen aus.

Sichtbare Lichtstrahlen
Gefährdungspotenzial:
Bei fehlendem oder zu geringem Schutz verursachen sichtbare Lichtstrahlen
eine störende Blendung der Augen. Wenn sichtbare Lichtstrahlen wiederholt, sichtbare Lichtstrahlen
häufig und dauerhaft auf die Augen treffen, kann dies die Sehfähigkeit – vor
allem in der Dämmerung – langfristig beeinträchtigen.

Schutzmaßnahmen:
Um sich vor den sichtbaren Strahlen zu schützen, verwendet man Schweiß-
schirme oder Kopfhelme mit genormten und geeignet dunkel getönten Schutz-
gläsern (Schweißerschutzfilter).

Infrarote Strahlen oder Wärmestrahlen


Gefährdungspotenzial:
Die unsichtbaren infraroten oder Wärmestrahlen erwärmen vor allem die Kö-
perstellen, die sich in unmittelbarer Nähe der zur schweißende Stelle befinden, infrarote Strahlen und Wärme-
strahlen
also vor allem die Hände und den Oberköprer. Auch bei den Augen besteht
ein Unfallrisiko. Denn wenn diese unsichtbaren Strahlen dauerhaft auf unzu-
reichend oder nicht geschützte Augen treffen, kann dies zu einer Trübung der
Augenlinse (Wärmestar) führen.

Schutzmaßnahmen:
Zum Schutz gegen die Wärmewirkung der Strahlen trägt der Schweißer eine
wärmeresistente Schutzkleidung und spezielle Schweißerhandschuhe. Die
Augen werden gegen infrarote Strahlen oder Wärmestrahlen mit genormten
Schutzgläsern geschützt.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 58
Ultraviolette Strahlen
Gefährdungspotenzial:
Ultraviolette Strahlen (UV-Strahlen) sind ebenfalls unsichtbar. Innerhalb kür-
zester Zeit können diese Strahlen zu einem „Verblitzen“ des Auges führen. ultraviolette Strahlen

Auch Verbrennungen an ungeschützten Körperteilen sind bei UV-Strahlung be-


reits nach kurzer Zeit möglich.

Schutzmaßnahmen:
Eine wärmeresistente Schutzkleidung, bestehend aus Arbeitsschutzanzug und
Handschuhen, beugt Verbrennungen vor. Genormte Schutzgläser schützen die
Augen vor einer möglichen Verblitzung. Ist es beim Schweißen wegen man-
gelnder Schutzmaßnahmen zum Verblitzen der Augen gekommen, hilft es, kal-
te Umschläge aufzulegen und, nach Rücksprache mit dem Arzt, Augentropfen
zu verwenden.

14.2 Gefahren durch elektrischen Strom


14.2.1 Leerlaufspannung
Wenn kein Lichtbogen brennt, verursacht die Schweißstromquelle beim Licht-
bogenhandschweißen an zwei Stellen eine Leerlaufspannung UL. Sie herrscht
zum einen zwischen der Anschlussklemme der Werkstückleitung und der
Schweißleitung, zum anderen zwischen den Spannbacken des Elektrodenhal-
Gefahren durch Leerlaufspan-
ters und dem Werkstück. nung

Diese Spannungen können lebensgefährlich sein, wenn der Schweißer die


metallischen Spannbacken des Elektrodenhalters und das Werkstück mit den
blanken Händen berührt. Noch gefährlicher wird die Leerlaufspannung, wenn
die Haut feucht ist, denn Feuchtigkeit leitet den Strom.

Ein wirksamer Schutz vor der bestehenden Leerlaufspannung ist die Isolierung
durch Schuhe, Arbeitskleidung und Lederhandschuhe.

BEMESSUNGSWERT DER
BETRIEBSBEDINGUNGEN
LEERLAUFSPANNUNG

Gleichstrom 113 Volt Scheitelwert


Erhöhte elektrische Gefährdung Wechselstrom 68 Volt Scheitelwert
und 48 Volt Effektivwert
Gleichstrom 113 Volt Scheitelwert
Ohne erhöhte elektrische Gefährdung Wechselstrom 113 Volt Scheitelwert
und 80 Volt Effektivwert
Gleichstrom 141 Volt Scheitelwert
Maschinell geführte Lichtbogenbrenner mit
Wechselstrom 141 Volt Scheitelwert
erhöhtem Schutz für den Schweißer
und 100 Volt Effektivwert
Tab. 8: Gefahren durch Strom.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 59
Wegen der elektrischen Leitfähigkeit von Nässe und Feuch-
tigkeit darf man sich NIE mit feuchter, durchgeschwitzter oder Wichtiger Sicher-
heitshinweis!
durchnässter Arbeitskleidung direkt auf das Werkstück setzen
oder legen!

Beim Schweißen in engen oder feuchten Räumen besteht eine erhöhte elek-
trische Gefährdung. In diesen Situationen sind nur Schweißstromquellen mit
folgender Kennzeichnung zu verwenden:

Diese Kennzeichnung ist die notwendige Voraussetzung des Schweiß-


gerätes um ein Schweißen unter erhöhter elektrischer Gefährdung
durchführen zu können.

Das CE-Zeichen zeigt, dass dieses Produkt gemäß dem technischen


Standard produziert und geprüft wurde.

Symbol für Schweißstrom (---Gleichstrom


˜ Wechselstrom)

Normvorschrift für Hersteller


Symbol für primär getaktete Stromquelle
Leistungsbereich
Symbol für Schweißprozess Einschaltdauer

Schutzklasse

Leerlaufspannung
Max. auftretende Peakspannung Primärer Aufnahmestrom bei max. Schweißstrom

Symbol für Zulassung zum Arbeiten unter Primärer Aufnahmestrom bei 100% ED
erhöhter elektrischer Gefährdung

Vorgeschriebene Netzabsicherung
Symbol für Netzanschluss

Abb. 48: Leistungsschild.

14.2.2 Schutzmaßnahmen für den Umgang mit elektrischem Strom

Um sich vor den Gefahren des elektrischen Stroms beim Lichtbogen-


handschweißen zu schützen, sollten Sie unbedingt folgende Sicherheits-
maßnahmen beachten:
Fassen Sie den Elektrodenhalter nur mit Lederhandschuhen an.
Sicherheitsmaßnahmen beim
Schweißen Sie nie mit nacktem Oberkörper, auch wenn es sehr warm ist. Lichtbogenhandschweißen

Klemmen Sie Elektrodenhalter oder -kabel nie unter die Achselhöhle.


Tragen Sie keine Schuhe mit benagelten Sohlen.
Setzen oder legen Sie sich nie ohne eine Unterlage aus Holz oder Filzmat-
ten auf Metall.
Lehnen Sie sich in Behältern und engen Räumen nicht ohne eine Zwi-
schenlage aus Holz oder Filz an die Metallwände an.
Verwenden Sie keine schadhaften Kabel.
Schweißen Sie in Behältern, großen Gehäusen, Kastenträgern usw. nie
mit üblichen Transformatoren; und verwenden Sie an diesen Orten keine
üblichen Handlampen mit Netzspannung, sondern nur solche mit höchstens
42 Volt.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 60
14.3 Gefahren durch Schweißrauch und Gase

Beim Schweißen bilden sich gas- und partikelförmige Schadstoffe mit einer
Partikelgröße meist unter 1 μm. Aufgrund dieser geringen Größe dringen Absaugung von Schweißrauch
und Schweißgasen
Schweißrauche bis in die Lungenbläschen vor, sie sind also alveolengängig.
Zum Schutz des Schweißers müssen deshalb in Werkstätten Schweißrauche
bereits dort abgesaugt werden, wo sie entstehen.

Gefahrenpotenzial besteht auch durch nicht entfernte Farben oder Beschich-


tungen an der zu schweißenden Stelle. Wenn solche Beläge im Lichtbogen
verdampfen, können gefährliche Gase wie z. B. Zinkoxid entstehen, das eine
Vergiftung hervorruft. Gerade beim Lichtbogenhandschweißen muss die
Schweißstelle deshalb mit besonderer Sorgfalt vorbereitet werden!

Ein weiteres, besonders erwähnenswertes Gefährdungspoten-


zial besteht bei der Nutzung von CrNi-Elektroden. Basische
CrNi-Elektroden erfor-
CrNi-Elektroden enthalten sehr hohe Anteile an Chrom VI-Ver- dern eine besondere
bindungen und Nickeloxiden, was krebserregende Schweißrau- Handhabung!
che versursacht. Rutile CrNi-Elektroden weisen eine wesentlich
geringere Belastung auf. In beiden Fällen ist jedoch eine sehr
gute Absaugung dringend gefordert (siehe auch BGI 616 /9/).

14.4 Verständnisfragen

Welche Gefährdungen können, allgemein betrachtet, beim Lichtbogenhand-


schweißen auftreten?

Welche Strahlenarten sendet der elektrische Lichtbogen aus?

Wie schützt man sich und andere vor gesundheitsgefährdenden Auswirkun-


gen durch den elektrischen Strom?

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ 61
GLOSSAR
Anode A
Die Gegenelektrode zur Kathode ist die Anode, die Elektronen abgibt und an
der reduzierende Prozesse ablaufen.

Ausgasen
Ausgasen bezeichnet den Austritt von Gasen aus flüssigem oder festem Mate-
rial während des Schweißvorganges.

Blindstrom B
Blindstrom ist ein Phänomen, das nur bei Wechselstrom und Drehstrom ent-
steht: Die Energie pendelt zwischen Stromerzeuger und Stromverbraucher hin
und her, sodass die Leitung ohne Nutzeffekt belegt ist.

Dynamikregler D
Der Dynamikregler beeinflusst die Kurzschlussstromstärke im Moment der
Tropfenablöse.

Entmagnetisieren E
Die Entmagnetisierung ist ein Vorgang, durch den das Magnetfeld verschwin-
det, das den Lichtbogen beeinflusst

Fallende Kennlinien F
Beim Schweißen mit Elektroden will man den Schweißstrom möglichst kons-
tant halten, auch bei Abstandsänderungen der Elektrode zum Werkstück. Das
wird durch die sogenannten „fallenden“ Kennlinien“ der Stromquelle erreicht.

Glättungsdrossel G
Eine Glättungsdrossel dient dazu, die Restwelligkeit zu verringern und be-
stimmt dadurch entscheidend die Schweißeigenschaften, z. B. das Zünden des
Lichtbogens und die Spritzerbildung.

Gleichrichter
Ein Gleichrichter wandelt den Dreiphasenwechselstrom (Drehstrom) in Gleich-
strom zum Schweißen um.

Güteanforderungen
In Abhängigkeit von den Belastungen und Einsatzbedingungen des geschweiß-
ten Bauteils werden genormte, nachweisbare Güteanforderungen für jede
Schweißnaht festgelegt.

Kathode K
Die Kathode ist die Gegenelektrode zur Anode. Zwischen diesen beiden Elek-
troden wandern Ionen oder freie Elektronen.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ I
GLOSSAR
Kraftlinien
Bauteile, die einer vorwiegend dynamischen Beanspruchungen unterliegen,
benötigen sanfte Schweißnahtübergänge (Kraftlinienverläufe), um eine Kerb-
wirkung zu vermeiden.

Legierungsabbrand L
Chemische Reaktionen im Lichtbogen beeinflussen den tatsächlichen Legie-
rungsgehalt eines Schweißgutes. Durch einen Legierungsabbrand entstehen
Unterschiede im Legierungsgehalt der Elektrode und des abgeschmolzenen
Schweißgutes.

Lichtbogenkennlinie
Die Lichtbogenkennlinie gibt das Verhältnis von Lichtbogenspannung zu Licht-
bogenstrom an.

Masseklemme M
Die Masseklemme ist eine schnell lösbare, mechanische Verbindung zwischen
dem Werkstück und Stromrückleitung im Schweißstromkreis.

Mechanische Gütewerte
Mechanisch Gütewerte eines Grundwerkstoffes oder einer Schweißverbindung
bilden die Grundlage bei der statischen Berechnung für Tragwerke. Deshalb
sind die mechanischen Gütewerte die Grundlage für die Auswahl des für die
Herstellung und die Fertigung zu verwendenden Grundwerkstoffs und der Zu-
satzwerkstoffe.

Schlacke S
Stabelektroden besitzen eine Umhüllung, die ebenfalls im Lichtbogen ab-
schmilzt und teils verdampft und dabei Schutzgase und Schlacke bildet. Schla-
cke deckt die Schweißnaht ab und muss nach dem Abkühlen entfernt werden.

Schweißstromrückleitung
Durch die Schweißstromrückleitung wird der Stromkreis sicher zwischen der
Elektrode und dem Schweißgerät geschlossen.

Schweißzusatzwerkstoffe
Schweißzusatzwerkstoffe bilden die Schweißnaht der zu verbinden Bautei-
le. Die Auswahl der Schweißzusatzwerkstoffe hängen in erster Linie vom zu
schweißenden Grundwerkstoff und der Anwendung des Bauteils ab.

Sinusspannung
Sinusspannung ist eine pendelnde Wechselspannung wie die Netzspannung
im öffentlichen Energieversorgungsnetz. Die Sinusspannung pendelt zwischen
einer maximalen und minimalen Spannung in einer definierten Periodendauer
hin und her.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ II
GLOSSAR
Statischer Arbeitspunkt
Der Arbeitspunkt beim Schweißen ist der Schnittpunkt der eingestellten Strom-
quellenkennlinie und der Lichtbogenkennlinie.

Transistorstufe T
Die Transistorstufe ist ein elektronischer Schalter.

Wirkungsgrad W
Der Wirkungsgrad beschreibt das Verhältnis zwischen der aufgenommenen
und der abgegebenen elektrischen Leistung einer Stromquelle.

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ III


NOTIZEN

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ IV
NOTIZEN

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ V
NOTIZEN

Trainingsunterlage „Lichtbogenhandschweißen“ VI

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