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Merkblatt 447

Wärmebehandlung von Stahl –


Nitrieren und Nitrocarburieren

Stahl-Informations-Zentrum
Merkblatt 447

Stahl-Informations-Zentrum Impressum
Das Stahl-Informations-Zentrum Die Pressearbeit richtet sich Merkblatt 447
ist eine Gemeinschaftsorganisation an Fach-, Tages- und Wirtschafts- „Wärmebehandlung von Stahl –
Stahl erzeugender und verarbei- medien und informiert kontinuier- Nitrieren und Nitrocarburieren“
tender Unternehmen. Markt- und lich über neue Werkstoffentwick- Ausgabe 2005
anwendungsorientiert werden fir- lungen und -anwendungen. ISSN 0175-2006
menneutrale Informationen über Das Stahl-Informations-Zentrum
Verarbeitung und Einsatz des zeichnet besonders innovative Herausgeber:
Werkstoffs Stahl bereitgestellt. Anwendungen mit dem Stahl- Stahl-Informations-Zentrum,
Verschiedene Schriftenrei- Innovationspreis aus (www. Postfach 10 48 42,
hen bieten ein breites Spektrum stahlinnovationspreis.de). Er ist 40039 Düsseldorf
praxisnaher Hinweise für Kon- einer der bedeutendsten Wettbe-
strukteure, Entwickler, Planer werbe seiner Art und wird alle Autor:
und Verarbeiter von Stahl. Sie fin- drei Jahre ausgelobt. Dr.-Ing. Dieter Liedtke,
den auch Anwendung in Ausbil- Für die Aus- und Weiterbildung 71636 Ludwigsburg
dung und Lehre. von Bauingenieuren steht das
Vortragsveranstaltungen Stahlbau-Lehrprogramm mit Redaktion:
schaffen ein Forum für Erfahrungs- Fachbeiträgen und Berechnungs- Stahl-Informations-Zentrum
berichte aus der Praxis. beispielen auf CD-ROM zur Verfü-
Messebeteiligungen und gung. Die dieser Veröffentlichung zu-
Ausstellungen dienen der Präsen- Die Internet-Präsentation grunde liegenden Informationen
tation neuer Werkstoffentwicklun- (www.stahl-info.de) informiert wurden mit größter Sorgfalt re-
gen sowie innovativer, zukunfts- u. a. über aktuelle Themen und cherchiert und redaktionell be-
weisender Stahlanwendungen. Veranstaltungen und bietet einen arbeitet. Eine Haftung ist jedoch
Als individueller Service Überblick über die Veröffentli- ausgeschlossen.
werden auch Kontakte zu Institu- chungen des Stahl-Informations-
ten, Fachverbänden und Spezialis- Zentrums. Schriftenbestellungen Ein Nachdruck – auch auszugs-
ten aus Forschung und Industrie sowie Kontaktaufnahme sind on- weise – ist nur mit schriftlicher
vermittelt. line möglich. Genehmigung des Herausgebers
und bei deutlicher Quellenangabe
gestattet.

Titelbild:
Plasmanitrieren/-nitrocarburieren
von Zahnrädern (Fa. Plasma Tech-
nik Grün).
Mitglieder des Stahl-Informations-Zentrums:
• AG der Dillinger Hüttenwerke
• Agozal Oberflächenveredelung GmbH
• Arcelor RPS Sàrl, Luxemburg
• Benteler Stahl/Rohr GmbH
• EKO Stahl GmbH, Gruppe Arcelor
• Gebr. Meiser GmbH
• Georgsmarienhütte GmbH
• Mittal Steel Germany GmbH
• Rasselstein GmbH
• Remscheider Walz- und Hammerwerke Böllinghaus u. Co. KG
• Saarstahl AG
• Salzgitter AG Stahl und Technologie
• Stahlwerke Bremen GmbH, Gruppe Arcelor
• ThyssenKrupp Electrical Steel GmbH
• ThyssenKrupp GfT Bautechnik GmbH
• ThyssenKrupp Stahl AG
• ThyssenKrupp VDM GmbH
• Wickeder Westfalenstahl GmbH

2
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

Inhalt
Seite Seite Seite
1 Allgemeines ..................... 4 7 Durchführung des 10 Prüfen nitrierter und
1.1 Zweck des Nitrierens und nitrocarburierter
Wärmebehandelns .......... 4 Nitrocarburierens ......... 23 Werkstücke ................... 31
1.2 Begriffsbestimmungen 7.1 Allgemeines ................... 23 10.1 Dicke der
für das Nitrieren und 7.2 Gasnitrieren und Verbindungsschicht ...... 31
Nitrocarburieren ............. 4 Gasnitrocarburieren ...... 23 10.2 Nitrierhärtetiefe ............ 31
1.3 Zweck des Nitrierens 7.3 Salzbadnitro-
und Nitrocarburierens .... 5 carburieren ................... 27 11 Hinweise für die
7.4 Pulvernitro- Konstruktion nitrierter
2 Die Wechselwirkung carburieren ................... 27 und nitrocarburierter
zwischen Eisen und Werkstücke ................... 32
Stickstoff bzw. zwischen 8 Vorbehandeln und 11.1 Stahlauswahl ................. 32
Eisen, Stickstoff und Vorbereiten der 11.2 Wärmebehandlungs-
Kohlenstoff ..................... 6 Werkstücke ................... 27 gerechte
8.1 Vorbehandlung ............. 27 Formgestaltung ............. 32
3 Die Vorgänge in der 8.1.1 Spannungsarm- 11.3 Zeichnungsangaben ...... 33
Werkstoffrandschicht glühen ........................... 27
beim Nitrieren und 8.1.2 Normalglühen ............... 28 12 Anwendungsbeispiele .... 33
Nitrocarburieren ............. 7 8.1.3 Vergüten ....................... 28 12.1 Bauteile ......................... 33
8.2 Vorbereiten der 12.2 Werkzeuge .................... 36
4 Aufbau der Nitrier- Werkstücke ................... 28 12.2.1 Kaltarbeitswerkzeuge ... 36
und Nitrocarburier- 8.2.1 Reinigen der 12.2.2 Warmarbeits-
schicht ......................... 10 Werkstücke ................... 29 werkzeuge .................... 36
4.1 Verbindungsschicht ...... 10 8.2.1.1 Waschen ..................... 29 12.2.3 Werkzeuge aus
4.2 Diffusionsschicht ......... 11 8.2.1.2 Entgraten .................... 29 Schnellarbeitsstählen ... 38
8.2.1.3 Strahlen ...................... 29
5 Wirkung der Stickstoff- 8.2.1.4 Beizen ......................... 29 13 Hinweise zur
anreicherung auf den 8.2.2 Voroxidieren ................. 29 Anlagentechnik ............. 39
Werkstoffzustand .......... 13 8.2.3 Vorbereiten für ein 13.1 Allgemeines .................. 39
5.1 Härte und Härteprofil .... 13 örtlich begrenztes 13.2 Anlagen zum Salzbad-
5.2 Geometrie ..................... 17 Nitrieren oder nitrocarburieren ............ 39
5.2.1 Maße und Formen ......... 17 Nitrocarburieren ........... 30 13.3 Anlagen zum
5.2.2 Oberflächenrauheit ....... 18 Gasnitrieren/
9 Nachbehandeln ............. 30 -nitrocarburieren ........... 39
6 Wirkung des Nitrierens/ 9.1 Reinigen ........................ 30 13.4 Anlagen zum
Nitrocarburierens auf 9.2 Auslagern ...................... 30 Plasmanitrieren/
die Werkstückeigen- 9.3 Nachoxidieren .............. 30 -nitrocarburieren ........... 41
schaften ........................ 19 9.4 Diffusionsbehandeln ..... 30
6.1 Statische Festigkeit 9.5 Spanendes Bearbeiten .... 30 14 Literaturangaben ........... 41
und Schwingfestigkeit ... 19
6.2 Verschleißverhalten ..... 21
6.3 Korrosionsverhalten ..... 22

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Merkblatt 447

1 Allgemeines Ausfall oder ein Versagen vergrö- Bei einer weiteren Gruppe von Ver-
ßert oder bei gleich großer Sicher- fahren zielt das Wärmebehandeln
1.1 Zweck des heit die Abmessung verringert zwar primär auf die Randschicht
Wärmebehandelns werden kann. ab, jedoch ist es unvermeidbar,
Wärmebehandeln heißt nach dass auch das Werkstückinnere
Der Werkstoffzustand, in dem DIN EN 10052 „ein Werkstück ebenfalls beeinflusst wird. Dies ist
Werkstücke aus Stahl, Gusseisen ganz oder teilweise Zeit-Tempe- der Fall beim Einsatzhärten – vgl.
oder Sintereisen hergestellt und ratur-Folgen zu unterwerfen, um Merkblatt 452 – oder z. B. bei den
bearbeitet werden, erfüllt nur sel- eine Änderung seiner Eigenschaf- Diffusionsbehandlungen Borieren
ten gleichzeitig auch die Anforde- ten und/oder seines Gefüges her- und Chromieren.
rungen, die sich aus dem Anwen- beizuführen. Gegebenenfalls kann Bild 1 gibt eine Übersicht über
dungszweck ergeben. Um die er- während der Behandlung die che- die derzeit industriell gebräuch-
forderlichen Gebrauchseigenschaf- mische Zusammensetzung des lichsten Verfahren zum Ändern
ten herzustellen, ist es daher not- Werkstoffs geändert werden“. von Randschichteigenschaften.
wendig, den Werkstoffzustand zu Je nach Werkstoff und Ziel des In diesem Merkblatt werden das
ändern. Hierzu eignet sich beson- Wärmebehandelns stehen mehrere Nitrieren und Nitrocarburieren
ders ein Wärmebehandeln. Damit unterschiedliche Verfahren zur behandelt.
lassen sich Härte, Verschleißwider- Auswahl. Bei einigen Verfahren
stand, Festigkeit bei ruhender und wird der Werkstoffzustand gezielt
schwingender Belastung, Korro- über den gesamten Querschnitt 1.2 Begriffsbestimmungen
sionswiderstand sowie weitere verändert. Dies trifft auf das Glü- für das Nitrieren und
Eigenschaften den vorliegenden hen, Härten, Anlassen, Vergüten Nitrocarburieren
Anforderungen optimal anpassen. oder Bainitisieren zu, vgl. Merk-
Gleichzeitig lässt sich damit auch blatt 450. Bei anderen Verfahren Nach DIN EN 10052 soll der
das Verhältnis zwischen Belastbar- ist vorzugsweise eine Veränderung Begriff Nitrieren für das „thermo-
keit und Werkstückform und -ab- der Randschicht beabsichtigt, wie chemische Behandeln zum Anrei-
messung optimieren, so dass die beim Randschichthärten, beim Ni- chern der Randschicht eines Werk-
Sicherheit gegen einen frühzeitigen trieren oder beim Nitrocarburieren. stückes mit Stickstoff“ benutzt wer-

Wärmebehandlungsverfahren
zur Verlängerung der Lebensdauer von Werkstücken und Werkzeugen
durch Ändern der Randschicht

Randschichthärten Thermochemische Diffusionsbehandlung


Verfahren, bei denen die chemische Verfahren, bei denen
Zusammensetzung der Randschicht die chemische Zusammensetzung
nicht verändert wird der Randschicht verändert wird

ohne weitere anschließende oder mit weiterer anschließender oder


nachfolgende Wärmebehandlung*) nachfolgender Wärmebehandlung*)

Induktionshärten Aluminieren Sulfidieren Aufkohlen

Flammhärten Borieren Sulfonitrieren Borieren

Härten mittels konduktiver Chromieren Sulfonitrocarburieren Carbonitrieren


Erwärmung der Randschicht
Nitrocarburieren Vanadieren Chromieren
Härten mittels Hoch- Nitrieren Vanadieren
energieerwärmung der
Randschicht: Impuls-, Elektronen- Silicieren
strahl-, Laserstrahlhärten *) Zwecks Härtung der Randschicht und
gegebenenfalls des Grundwerkstoffs.

Bild 1: Übersicht über die Wärmebehandlungsverfahren zum Ändern von Randschichteigenschaften

4
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

den. Statt von Nitrieren wird in der


industriellen Praxis gelegentlich Beanspruchungsart Zielgröße Werkstoff Verfahren
auch der Begriff Aufsticken – ana-
log dem Aufkohlen – verwendet. Adhäsions-Verschleiß Stähle, Gusseisen, Nitrocarburieren
VS
Beim Nitrocarburieren han- („Fressen“) Sinterstähle (Nitrieren)
delt es sich dagegen um ein „ther- Abrasions-Verschleiß Stähle, Gusseisen,
mochemisches Behandeln zum An- VS Nitrocarburieren
(Furchungsverschleiß) Sinterstähle
reichern der Randschicht eines
Nht Nitrierstähle Nitrieren
Werkstücks mit Stickstoff und
Kohlenstoff unter Bildung einer Wälzverschleiß Nitrierstähle Nitrieren
Verbindungsschicht. Unter der Nht
Verbindungsschicht befindet sich Legierte Nitrieren
eine mit Stickstoff angereicherte Vergütungsstähle (Nitrocarburieren)
Diffusionsschicht.“ Tribooxidation Stähle, Gusseisen,
Aus diesen Festlegungen geht VS Nitrocarburieren
(„Passungsrost“) Sinterstähle
hervor, dass der Unterschied zwi-
schen den beiden Verfahren haupt- Dauerschwingfestigkeit Nitrierstähle Nitrieren
sächlich darin besteht, dass zum Nht Stähle, Gusseisen,
Nitrieren Behandlungsmittel ver- Nitrocarburieren
Sinterstähle
wendet werden, die der Werk-
stückrandschicht nur Stickstoff Tabelle 1: Nitrier- bzw. Nitrocarburier-Verfahren in Abhängigkeit
anbieten, während zum Nitrocar- von der Beanspruchungsart und vom Werkstoff
burieren Mittel benutzt werden,
die neben Stickstoff gleichzeitig
auch Kohlenstoff anbieten. Die
Begriffsbestimmung für das Nitro- 1.3 Zweck des Nitrierens metern Tiefe, sollten vorzugs-
carburieren macht deutlich, dass und Nitrocarburierens weise speziell legierte Stähle, die
die aufgestickte Randschicht den Nitrierstähle, benutzt und nitriert
Charakter einer Doppelschicht hat, Mit dem Nitrieren und Nitro- werden. Die Nitrierstähle (Tech-
was in den Kapiteln 3 und 4 erläu- carburieren wird bezweckt, bei nische Lieferbedingungen siehe
tert wird. Zu beachten ist, dass Werkstücken und Werkzeugen aus DIN EN 10085) sind legierte Stäh-
im Regelfall auch beim Nitrieren Eisenwerkstoffen das le mit Kohlenstoffanteilen zwi-
eine Verbindungsschicht und eine – Verschleißverhalten schen 0,30 und 0,40 Masse-%,
Diffusionsschicht entstehen. Die – Festigkeitsverhalten ähnlich den Vergütungsstählen,
Verbindungsschicht ist allerdings – Korrosionsverhalten aber im Hinblick auf die angestreb-
nicht vorrangig die Zielgröße der zu verbessern. In Tabelle 1 sind ten spezifischen Eigenschaften mit
mit dem Nitrieren beabsichtigten wichtige Verschleißmechanismen speziellen metallischen Elementen
Eigenschaftsänderungen. und die Dauerschwingfestigkeit legiert. Damit können ähnliche
Erfolgt das Nitrieren in einem den durch das Nitrieren bzw. Ni- Werkstoffzustände wie nach dem
Mittel, das neben Stickstoff auch trocarburieren angestrebten Ziel- Einsatzhärten erreicht werden.
Sauerstoff anbietet, ist der Begriff größen Verbindungsschicht VS und Beim Nitrocarburieren steht
Oxinitrieren zu verwenden; bietet Nitrierhärtetiefe Nht (Kriterium demgegenüber die Erzeugung
das Behandlungsmittel außer für die wirksame Nitriertiefe siehe einer sehr stickstoffreichen und
Stickstoff auch Schwefel an, der DIN 50190-3 und Kapitel 5.1) so- kohlenstoffhaltigen Verbindungs-
Begriff Sulfonitrieren (Das Sulfoni- wie den hierfür zweckmäßiger- schicht im Vordergrund. Mit dieser
trieren wird vorzugsweise in weise zu verwendenden Werk- soll gezielt der Reibungskoeffi-
Frankreich angewendet). Sinnge- stoffen gegenübergestellt. Daraus zient erniedrigt werden, um so
mäße Bezeichnungen gelten auch ist zu entnehmen, dass die Verbin- den Verschleißwiderstand gegen-
für das Nitrocarburieren. dungsschicht zwar bei nahezu über Adhäsion und Abrasion zu
Darüber hinaus kann es zweck- allen Eisenwerkstoffen ausgebil- erhöhen. Außerdem ergibt sich
mäßig sein, das Verfahren durch det werden kann, dass es jedoch aus dem Charakter der Verbin-
die Bezeichnungen Gasnitrieren, zweckmäßig ist, hierzu das Nitro- dungsschicht ein günstigeres Ver-
Gasnitrocarburieren, Salzbadnitro- carburieren und nicht das Nitrieren halten gegenüber Korrosions-
carburieren, Plasmanitrieren, Plas- anzuwenden. Erfordern die Bean- angriffen.
manitrocarburieren usw. genauer spruchungen eine hohe Härte an
zu kennzeichnen. der Oberfläche bzw. eine hohe
Härte in einigen Zehntel Milli-

5
Merkblatt 447

2 Die Wechselwirkung C
zwischen Eisen und 10
Stickstoff bzw. zwischen
9
Eisen, Stickstoff und
χ
Kohlenstoff 8

χ
[%

Z+
7

f
Die Stickstoffatome sind etwa

tof
Z

ens
halb so groß wie die Eisenatome.

χ+
Z.+
6

ohl

ε
χ+
Das ermöglicht ein Einlagern auf

ε
ile
Zwischenplätzen des Eisengitters. 5

nte
Aus energetischen Gründen kom-

na
4

sse
men hierfür hauptsächlich die Ok-
ϒ+Z.

Ma

.+ϒ
taederlücken in Frage. Die Menge 3

α+Z
des interstitiell lösbaren Stickstoffs ϒ+ε=ϒ′+Z.
ist nicht beliebig, sondern ergibt 2 α+ϒ+ϒ′ ε
sich aus dem Lösungsvermögen α+Z.
der jeweils vorliegenden Gefügean- 1 ϒ′ ϒ′+ε
α+ϒ ϒ+ϒ′ α+ϒ′ ϒ′
teile. Im Ferrit sind beispielsweise α
0 N
bei 590 °C höchstens 0,115 und im Fe 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Austenit bei 650 °C höchstens 2,8 Massenanteile Stickstoff [%]
Massenanteile Stickstoff in % löslich
(im Vergleich dazu sind im Ferrit
bei 723 °C nur 0,02 und im Auste- Bild 3: Dreistoff-Zustands-Schaubild Eisen-Kohlenstoff-Stickstoff, Schnitt bei 575 °C
nit bei 1146 °C nur 2,08 Massen- nach G. Langenscheidt [2]
anteile Kohlenstoff in % löslich).
Die Löslichkeit ändert sich mit der
Temperatur: Bei Raumtemperatur nitriden ist zwischen den stabilen entsprechend Fe2-3N. Die Struktur
beträgt sie im Ferrit nur noch γ‘- und ε-Nitriden und dem meta- ist hexagonal. Für das α“-Nitrid
0,001 Masse-%. Vorhandene Legie- stabilen α“-Nitrid zu unterscheiden. gilt ein stöchiometrischer Stick-
rungselemente beeinflussen das In der Zweistofflegierung Eisen- stoffanteil von 2,95 Masse-%, und
Lösungsvermögen. Stickstoff besitzt das γ‘-Nitrid bei die Zusammensetzung wird mit
Daneben ist Stickstoff aber ca. 680 °C einen stöchiometrischen Fe16N2 bzw. Fe8N angegeben.
auch dazu fähig, mit dem Eisen und Stickstoffanteil von 5,88 Masse-%, Unterhalb von 500 °C und, bei
einer ganzen Reihe seiner Legie- entsprechend Fe4N. Es besitzt eine einem Massenanteil Stickstoff über
rungselemente wie z. B. Alumini- kubisch flächenzentrierte Gitter- 11,1 % kann auch ein ζ-Nitrid mit
um, Chrom, Titan, Vanadium oder struktur, ähnlich dem Austenit. der Summenformel Fe2N existie-
Molybdän Verbindungskristalle zu Das ε-Nitrid hat einen Stickstoff- ren. Die Existenzbereiche der
bilden, die Nitride. Bei den Eisen- anteil von 7,7 bis 11,1 Masse-%, Eisen-Stickstoff-Mischkristalle und
der Nitride in Abhängigkeit von
Temperatur und Zusammenset-
900 zung lassen sich im Eisen-Stick-
stoff-Zustandsschaubild darstellen,
800 siehe Bild 2. Daraus ist abzulesen,
Fe4N

dass bei einer Temperatur von


700 680ºC±5ºC 575 °C und einem Stickstoffanteil
Temperatur [ºC]

650 ºC
von rd. 2,35 Masse-% ein Eutektoid
2,8 4,55
600 existiert, das als Braunit bezeichnet
Fe2N

0,1 2,35 590ºC 5,6 wird, ähnlich wie der Perlit im Zu-
500 standsdiagramm Eisen-Kohlenstoff.
γ′ ζ
ε
Bei Temperaturen über 575 °C
400 5,7 6,1 11,0 11,35 wandelt sich das Gefüge in Auste-
Bild 2: nit um.
Zweistoff- 8,25 Technische Eisenwerkstoffe
300
Zustands-Schaubild 0 2 4 6 8 10 12 und Stähle enthalten jedoch auch
Eisen-Stickstoff Stickstoffanteil [Masse-%] Kohlenstoff und weitere Legie-
nach Hansen [1] rungselemente, und das Gefüge

6
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

besteht aus Ferrit und Carbiden. Die Stickstoffübertragung er- Wert von ca. 6 Masse-%, entstehen
Die Carbide können ebenfalls Stick- folgt in den Teilschritten γ‘-Nitride. Ausgehend von einzel-
stoff aufnehmen. Für den Zementit – Antransport des Stickstoffspen- nen Keimpunkten – meist den
wurde beispielsweise eine Löslich- ders an die Werkstückoberfläche, Punkten, an denen die Ecken
keit von 0,1 Massenanteilen Stick- – Adsorption des Stickstoffspen- mehrerer Körner zusammensto-
stoff in % nachgewiesen. Die Be- ders und Freisetzen von Stick- ßen – vergrößern sich diese Nitri-
trachtung der Existenzbereiche der stoffatomen an der Werkstück- de und wachsen allmählich zu
verschiedenen Phasen muss dann oberfläche, einer geschlossenen Schicht zu-
allerdings in Mehrstoff-Zustandsdia- – Durchdringen (Absorption) der sammen. Dadurch verringert sich
grammen erfolgen. Als Beispiel ist Werkstückoberfläche durch die Geschwindigkeit des Stickstoff-
in Bild 3 ein Schnitt des Schau- Stickstoffatome, Massestroms etwas, da der Stick-
bilds Eisen-Kohlenstoff-Stickstoff – Diffusion von Stickstoffatomen stoff beim Durchdringen dieser
bei 575 °C wiedergegeben. Hieraus entlang der Korngrenzen und Schicht gebremst wird. Im weite-
ist ersichtlich, dass der Existenz- durch die Körner hindurch ren Verlauf des Aufstickens neh-
bereich des ε-Nitrids durch die weiter in das Werkstückinnere. men Dicke der Nitrierschicht und
Anwesenheit von Kohlenstoff deut- Stickstoffkonzentration zu. Bei
lich zu kleineren Stickstoffantei- Dadurch entsteht zunächst einer Stickstoffkonzentration über
len als 7 Masse-% erweitert wird. ein stetiges Stickstoff-Konzentra- 7,7 Masse-% entstehen schließlich
Daraus resultiert, dass das Wachs- tionsgefälle in der Werkstückrand- ε-Nitride.
tum der Verbindungsschicht durch schicht. In Bild 4 sind einige cha- Beide Arten der Nitride liegen
eine Eindiffusion von Kohlenstoff rakteristische Stickstoffkonzentra- gewöhnlich nebeneinander vor.
simultan zu der des Stickstoffs (➝ tionsprofile verschiedener unter- Lediglich bei Reineisen ist ein sand-
Nitrocarburieren) gefördert wird. schiedlich aufgestickter Stähle wichartiger Aufbau einer äußeren
Aber auch Stähle mit höherem gegenübergestellt. ε-Nitridschicht und einer darunter
Kohlenstoffgehalt begünstigen die Erreicht die Stickstoffkonzen- liegenden γ‘-Nitridschicht zu be-
Bildung einer an ε-Nitriden reichen tration am äußeren Rand einen obachten. Zusammen mit den im
Verbindungsschicht.

6
Gasnitriert 500 ºC 36 h:
3 Die Vorgänge in der 1 16MnCr5+N
3 2 34CrAlNi7-10
Werkstoffrandschicht 2 Salzbadnitrocarburiert 570ºC 180 min:
beim Nitrieren und 3
4
16MnCr5+N
C15+N
Nitrocarburieren 1
5
5
6
34CrAlMo5-10+QT
E335
Massenanteile Stickstoff [%]

Das Nitrieren wird üblicher-


weise im Temperaturbereich von 2
450 bis 600 °C, vorzugsweise je- 1
doch zwischen 500 bis 550 °C, und
das Nitrocarburieren vorzugsweise 3
bei 570 bis 580 °C durchgeführt. 4
0,1
Dies ist ein Temperaturbereich, in
dem der Ausgangs-Gefügezustand
der Eisenwerkstoffe – Ferrit und
Carbide – sofern er thermisch sta-
6
bil ist, erhalten bleibt (beim Guss-
eisen kommen hierzu noch die Gra-
phitausscheidungen). Bei Tempe-
0,01
raturen oberhalb von 585 °C kann
jedoch, je nach Stahl, Austenit ent-
stehen, vgl. das Zustandsschaubild 0,005
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8
in Bild 2.
Randabstand [mm]

Bild 4: Charakteristische Stickstoffkonzentrationsprofile verschiedener Stähle nach


unterschiedlichem Nitrieren bzw. Nitrocarburieren

7
Merkblatt 447

Verbindungsschicht Diffusionsschicht

Ferrit

Perlit

Bild 5: Lichtmikroskopische Aufnahme der Randschicht des Bild 6: Verbindungsschicht des gasnitrocarburierten Stahls C15,
Stahls C15 nach einem Nitrocarburieren (geätzt mit Nital) geätzt mit chlor- und jodhaltigem Ätzmittel zur Strukturierung
der Verbindungsschicht (Vergrößerung 1000:1)

Ausgangszustand vorhandenen Die Eindringtiefe des Stick- Während bei den unlegierten
Carbiden, die sich bei den relativ stoffs endet jedoch nicht an der Eisenwerkstoffen das Vorhanden-
niedrigen Behandlungstemperatu- Phasengrenze. Die Stickstoffauf- sein von Stickstoff unterhalb der
ren nicht auflösen können, bilden nahme reicht bis in eine Tiefe von Verbindungsschicht lichtmikro-
sie die so bezeichnete Verbin- einigen Zehntel Millimeter, jedoch skopisch nicht zu erkennen ist,
dungsschicht, kurz: VS, wie sie ist die Stickstoffkonzentration nicht lässt sich bei den legierten Werk-
lichtmikroskopisch in Bild 5 zu hoch genug, um eine geschlossene stoffen die Nitrierschicht durch
sehen ist. Sie ist normalerweise Nitridschicht zu bilden. Dieser mit das Ätzen sichtbar machen, vgl.
einige Mikrometer dick. Stickstoff angereicherte Rand- den dunkler gefärbten Bereich in
Die Verbindungsschicht er- schichtbereich wird als Diffusions- Bild 7.
scheint in dieser Aufnahme hell schicht oder Stickstoff-Mischkris- Für das Wachstum von Ver-
und strukturlos. Es ist eine deutlich tallschicht bezeichnet (diese Be- bindungs- und Diffusionsschicht
ausgeprägte Grenzlinie („Phasen- zeichnung darf jedoch nicht darü- gilt ein Quadratwurzel-Zeitgesetz.
grenze“) zwischen der Verbin- ber hinwegtäuschen, dass die Ver- Dies bedeutet, dass mit zunehmen-
dungsschicht und dem darunter- bindungsschicht ebenfalls durch der Diffusionsdauer das Schicht-
liegenden Bereich zu erkennen, der einen Diffusionsvorgang entstan- dickenwachstum nur noch propor-
hier aus Ferrit und Perlit („Normal- den ist). Ihr lichtmikroskopisches tional zur Quadratwurzel aus der
glühgefüge“) besteht und sich ge- Aussehen zeigt Bild 7. Dauer zunimmt. In Bild 8 ist dies
genüber dem Ausgangszustand
nicht sichtbar verändert hat.
Werden anstelle des üblichen
Ätzmittels Nital (Nital ist eine
schwache Lösung von Salpeter- Verbindungs-
säure in Alkohol) andere Ätzmittel schicht
wie z. B. Pikrinsäure benutzt, wird
innerhalb der Verbindungsschicht
eine Strukturierung sichtbar. Dies
deutet auf das Vorhandensein der
beiden Nitridphasen ε und γ‘ hin,
vgl. Bild 6. Die Aufnahme lässt
außerdem erkennen, dass die bei-
den Nitridphasen nebeneinander
vorliegen und dass innerhalb der
VS ein Konzentrationsgefälle des Diffusionsschicht
Stickstoffs vorhanden ist. Dieses
lässt sich durch eine Mikroanalyse, Bild 7: Lichtmikroskopische Aufnahme der Randschicht des ver-
wie z. B. das GDOES-Verfahren, güteten Nitrierstahls 34CrAlMo5-10 nach einem Nitrocarburieren
nachweisen. (geätzt mit Nital, Vergrößerung 500:1)

8
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

für die Verbindungsschicht am Bei-


spiel von je zwei Einsatz- und Ver- 40
gütungsstählen beim Nitrocarbu- unlegierte Stähle Salzbad Gas
rieren dargestellt. Für die Schicht- legierte Stähle Salzbad Gas
dicke wurden metallographisch C15E
die Mittelwerte bestimmt. Der Dar- Cf45
30
stellung ist außerdem zu entneh-
men, dass im Unterschied zum Auf- Gas

Schichtdicke dVS, dVSp [µm]


kohlen die Wachstumsrate von der
Werkstoffzusammensetzung ab- Verbindungsschicht 16MnCrS5
41CrS4
hängt: Die Werkstoffe, die Nitrid 20 Salzbad
bildende Legierungselemente ent-
halten, müssen signifikant länger
nitriert/nitrocarburiert werden,
um die gleiche Schichtdicke zu er- unlegierte
Stähle poröser
halten wie unlegierte Werkstoffe. 10 Bereich
Das Wachstum der Verbindungs-
schicht und ihr Gehalt an stick-
stoffreichen ε-Nitriden wird durch legierte
Kohlenstoff, entweder durch Zu- Stähle
gabe einer Kohlenstoff spenden- 0
den Komponente im Behandlungs- 0 1 2 3 4 5 6 7
Nitrocarburierdauer t [h]
mittel wie beim Nitrocarburieren
oder durch den Kohlenstoffgehalt
des verwendeten Werkstoffs, ge-
fördert. 1,6
Beispiele für das Wachstum der 1,4 1 C15
Diffusionsschicht beim Nitrieren 2 C45
Gesamt-Nitriertiefe [mm]

1,2 3 34Cr4
sind in den Bildern 9 und 10 zu
4 E335
sehen. Auch hier ist die Wachs- 1,0 5 42CrMo4
1
tumsrate proportional zur Quadrat- 6 50CrV4 2
wurzel aus der Behandlungsdauer, 0,8 7 37MnSi5
8 Al-legierter 3
und sie nimmt mit zunehmendem 0,6 Nitrierstahl 4
Gehalt an Nitrid bildenden Legie- 5 6
rungselementen unter sonst glei- 0,4 7
chen Behandlungsbedingungen 8
0,2
deutlich ab. Dies hängt damit zu-
sammen, dass ein Teil des eintref- 0
0 30 60 90 120 180 240 360
fenden Stickstoffs mit Legierungs- Nitrierdauer [min]
elementen Nitride bildet und nur
der Rest weiter in das Werkstück-
innere diffundiert. Eine höhere
Nitriertemperatur beschleunigt die 0,8
Diffusion und erhöht dadurch die Gasnitriert 520 ºC:
Nitriertiefe. 1 32AlCrMo4
0,6 2 34CrAl6-10
Nitrierhärtetiefe [mm]

3 31CrMoV9
Gasnitriert 500 ºC:
4 34CrAl6-10
Bild 8 (oben): Zusammenhang zwischen
Dicke der Verbindungsschicht und Be- 0,4
handlungsdauer [3] 1 2

3 4
Bild 9 (Mitte): Zusammenhang zwischen 0,2
Nitrierdauer und Gesamt-Nitriertiefe

Bild 10 (unten): Zusammenhang zwi- 0


0 1 2 4 6 8 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
schen Nitrierhärtetiefe und Nitrierdauer
Nitrierdauer [h]
für Nitrierstähle

9
Merkblatt 447

Bild 11: Lichtmikroskopische Aufnahme der Randschicht eines Bild 12: Lichtmikroskopische Aufnahme der Randschicht
Automatenstahls nach einem Nitrocarburieren, Abschrecken in von Gusseisen mit Kugelgraphit nach einem Nitrocarburieren
Wasser und Auslagern bei 300 °C (geätzt mit Nital, Vergrößerung (geätzt mit Nital, Vergrößerung 1000:1)
1000:1)

4 Aufbau der Nitrier- und schicht nur dort entstehen kann, stehen, die schließlich zu den licht-
wo Eisen vorhanden ist, nicht mikroskopisch sichtbaren Poren
Nitrocarburierschicht aber dort, wo z. B. ein Graphitein- aufgeweitet werden. Die Poren
schluss direkt an der Oberfläche können unterschiedlich angeord-
4.1 Verbindungsschicht
liegt. net sein. Meist treten sie jedoch
Die Verbindungsschicht ent- Beim Sinterstahl sind in der konzentriert in Form eines Saums
steht infolge der Veränderung der Verbindungsschicht die Poren des auf, vgl. die Bilder 5, 11 und 12.
Randschicht durch die Stickstoff- Ausgangszustands wiederzufinden, Bild 14 zeigt Beispiele für die mög-
aufnahme. Daraus ergibt sich im siehe Bild 13. liche Porenausbildung der Verbin-
Regelfall bei einem unlegierten Wie bereits in Bild 5 zu sehen dungsschicht. Die Porosität ist
Stahl mit einem niedrigen Kohlen- ist, weist die Verbindungsschicht typisch für das Nitrieren und Nitro-
stoffgehalt ein Schichtaufbau wie an ihrem äußeren Rand Poren auf. carburieren und nicht zu vermei-
er in Bild 5 im Lichtmikroskop zu Die Ursache hierfür ist auf den re- den. Wie Bild 6 zu entnehmen ist,
sehen ist. Die Verbindungsschicht lativ hohen Stickstoffgehalt zurück- wächst die Dicke des porösen Be-
entsteht nicht durch eine Abschei- zuführen. Dadurch können Stick- reichs schneller als die Gesamt-
dung wie bei einem Beschich- stoffatome zu Molekülen rekom- dicke der VS. Sie lässt sich lediglich
tungsvorgang. Deshalb enthält sie binieren. Es entsteht dabei ein so durch nicht zu dicke Verbindungs-
weiterhin die Carbide und auch hoher Druck, dass örtlich die Bin- schichten und die Verwendung
alle anderen Ausscheidungen des dungen im Eisengitter getrennt legierter anstelle unlegierter Stähle
Ausgangszustands, z. B. Oxide, werden und Mikrohohlräume ent- minimieren.
Mangansulfide, beim Gusseisen
Graphit, sowie beim Sintereisen
die Poren. Ein Beispiel für die
Mangansulfidausscheidungen bei
einem Automatenstahl ist in Bild
11 wiedergegeben.
Bild 11 belegt darüber hinaus
noch einen weiteren Effekt: Inner-
halb der Ferritkörner sind nadelför-
mige Ausscheidungen sichtbar. Es
handelt sich dabei um ausgeschie-
dene γ‘-Nitride. Dieses Phänomen
wird im Kapitel 4.2 erklärt.
In Bild 12 ist beispielhaft die
Randschicht von Kugelgraphit-
guss, in Bild 13 die von Sinter- Bild 13: Lichtmikroskopische Aufnahme der Randschicht
eisen zu sehen. In Bild 12 wird eines unlegierten Sinterstahls nach einem Nitrocarburieren
deutlich, dass die Verbindungs- (geätzt mit Nital, Vergrößerung 1000:1)

10
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

Wird das Nitrieren oder das hen. Das lichtmikroskopische Aus- 4.2 Diffusionsschicht
Nitrocarburieren bei Temperatu- sehen zeigt Bild 16.
ren über 590 °C durchgeführt, im Der Restaustenit lässt sich Die beim Nitrieren/Nitrocar-
angelsächsischen Schrifttum wird durch ein nachträgliches Auslagern burieren aufgenommenen Stick-
dies als „austenitic nitrocarburiz- bei Temperaturen über 300 °C in stoffatome befinden sich bei unle-
ing“ bezeichnet, dann entsteht Bainit umwandeln. gierten Stählen in der Diffusions-
Austenit, vgl. das Eisen-Stickstoff- Für eine technische Anwen- schicht, also unterhalb der Ver-
Zustandsschaubild. Bei legierten dung können beide Gefügeausbil- bindungsschicht, auf Zwischenplät-
Stählen sind dazu höhere Tempe- dungen genutzt werden. Eine aus- zen des Ferritgitters. Ihre Menge
raturen nötig. Die höhere Tempe- tenithaltige Schicht unter der Ver- übersteigt das Lösungsvermögen
ratur beschleunigt das Wachstum bindungsschicht würde z. B. in der des Ferrits. Durch rasches Abküh-
der Verbindungsschicht, und Einlaufphase von Zahnradpaarun- len, z. B. Abschrecken in Wasser,
unterhalb der VS entsteht eine gen bei entsprechender Belastung wird dieser Zustand quasi einge-
geschlossene Schicht von sehr durch plastische Verformung des froren, es liegt ein übersättigter
stabilem Austenit. Dieser wandelt Austenits zu einer besseren Form- (Ferrit-)Mischkristall vor. Durch
sich bei langsamer Abkühlung in schlüssigkeit führen. Andererseits Lagern bei Raumtemperatur ent-
das perlitähnliche Gefüge Braunit erhöht eine martensitische Schicht stehen dann im Zeitraum von acht
um, siehe die lichtmikroskopische unterhalb der VS deren Tragfähig- bis zehn Tagen Ausscheidungen
Aufnahme in Bild 15. keit, was bei unlegierten Stählen von α“-Nitriden, die lichtmikros-
Wird dagegen rasch abgekühlt, bei entsprechend hoher spezifi- kopisch nicht sichtbar sind. Dieses
wandelt sich der Austenit teilweise scher Flächenbelastung von Inter- Ergebnis kann durch Warmausla-
in Martensit um, ein Teil des Aus- esse sein kann. gern bei Temperaturen über 50 °C
tenits bleibt als Restaustenit beste- erheblich beschleunigt werden.

Bild 14 a: Typ 1, feine Streuporen, Bild 14 b: Typ 2, feine Poren, perl- Bild 14 c: Grobe Streuporen, perl-
am Außenrand der VS saumartig schnurartig senkrecht zur Oberfläche schnurartig parallel zur Oberfläche
konzentriert angeordnet (Reineisen, Vergrößerung angeordnet
~ 2000:1)

Bild 15: Braunit unter der Verbindungsschicht des Stahls C15 Bild 16: Austenit und Martensit unter der Verbindungsschicht des
(gasnitrocarburiert bei 650 °C, langsam abgekühlt, Vergrößerung Stahls C15 (gasnitrocarburiert bei 650 °C, in Wasser abgeschreckt,
1000:1) Vergrößerung 1000:1)

11
Merkblatt 447

Bild 17: Stahl C15, normalgeglühter Ausgangszustand, Bild 18: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Stahls
nitrocarburiert, abgeschreckt in Wasser und bei 300 °C 30 min C15 nach einem Nitrocarburieren, Abschrecken in Wasser und
ausgelagert (Vergrößerung 100:1) Auslagern bei 250 °C für 2 h

Anstelle der α“-Nitride entstehen nach dem Nitrocarburieren lang- minium-, Vanadium-, Molybdän-
größere und dadurch lichtmikros- sam abgekühlt, werden entspre- und anderen Nitriden. Dies redu-
kopisch sichtbare γ‘-Nitride. In chend dem mit abnehmender Tem- ziert den Korrosionswiderstand in
Bild 17 ist dieser Zustand in ge- peratur verringerten Lösungsver- der Diffusionsschicht, so dass die-
ringer und in Bild 18 in hoher mögen für Stickstoff, Nitride aus- ser Bereich, wie bereits in Bild 7
(REM) Vergrößerung zu sehen. geschieden. Diese erscheinen aller- zu sehen, infolge des stärkeren
An der Breite des auch als „Nadel- dings im Unterschied zum Aus- Ätzangriffs, im Lichtmikroskop
zone“ bezeichneten Bereichs kann lagern größer und sind nur in dunkel erscheint. Bild 20 zeigt
näherungsweise die Eindringtiefe geringerer Zahl vorhanden, vgl. hierzu die Aufnahme eines Werk-
des Stickstoffs ermittelt werden. Bild 19. zeugstahls, in der außerdem die
Die Ausscheidungen erschei- Im Unterschied zu den unle- in der Verbindungsschicht vor-
nen allerdings nur in der zwei- gierten Stählen treten bei den mit handenen Carbide deutlich zu er-
dimensionalen Abbildung nadel- nitridbildenden Elementen legier- kennen sind.
förmig. In Wirklichkeit handelt es ten Stählen und unlegierten Stäh-
sich um dreidimensionale, plätt- len mit ferritfreiem Gefüge diese
chenförmige und unebene Gebil- Ausscheidungen nicht auf. Statt-
de, wie bei der höheren Vergrö- dessen entstehen bereits während
ßerung in Bild 18 zu erkennen ist. des Nitrierens/Nitrocarburierens
Werden Stähle, die im Gefüge lichtmikroskopisch nicht sichtbare
Ferrit enthalten (normalgeglüht), Ausscheidungen von Chrom-, Alu-

ausgeschiedene
γ′-Nitride

Bild 19: Lichtmikroskopische Aufnahme der Randschicht des Bild 20: Randschicht des Stahls X165CrMoV12,
Stahls C15, nach dem Nitrocarburieren langsam abgekühlt salzbadnitrocarburiert, 570 °C, 2 h/Öl

12
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

5 Wirkung der Stick- Bild 21:


460
Härteänderung
stoffanreicherung auf unlegierter Stähle
salzbadnitrocarburiert 105 min/Wasser
440
den Werkstoffzustand nach Nitro-
420

Oberflächenhärte [HV 5]
carburieren und
C60
5.1 Härte und Härteprofil Abschrecken auf
400
Raumtemperatur
Die Erhöhung des Stickstoff- 380
gehalts bewirkt eine Steigerung der 360 C35
Härte und der Festigkeit der Eisen-
werkstoffe. Im Gegensatz zur mar- 340
tensitischen Härtung resultiert dies 320
jedoch aus dem kristallographi- C15
schen Aufbau der Verbindungs- 300 10S20
schicht und dem Mechanismus ei-
101 102 103 104
ner Ausscheidungshärtung durch
Auslagerungsdauer bei Raumtemperatur [min]
die Nitride in der Diffusionsschicht.
Die Veränderung ist an einer höhe-
ren Härte an der Oberfläche und
am Rand aufgestickter Werkstücke 4,981 N gemessen wird. Der Ver- In den Bildern 22 bis 24 sind
deutlich messbar. Dabei ist zu lauf der Härte unterliegt folgen- einige Beispiele für Härteprofile
beachten, dass wegen der Aus- den Einflüssen: von nitrierten und nitrocarburier-
härtungsvorgänge bei unlegierten – Art und Menge der vorhandenen ten Stählen wiedergegeben.
Stählen erst nach ca. acht bis zehn Legierungselemente; wobei Alu- Sie zeigen deutlich, dass die
Tagen gemessen werden sollte, minium eine besonders starke Werkstückrandschicht umso här-
wie Bild 21 zu entnehmen ist. Bei Wirkung hat ter wird, je größer der Gehalt an
legierten Stählen dagegen kann dies – Temperatur beim Nitrieren/ Nitrid bildenden Legierungselemen-
unmittelbar nach dem Nitrieren/ Nitrocarburieren ten ist. Parallel dazu wird der
Nitrocarburieren vorgenommen – Dauer des Nitrierens/Nitrocar- Gradient der Härteverlaufskurven
werden, da die Ausscheidungs- burierens steiler und die Nitriertiefe kleiner.
härtung – Ausscheidung von Nitri- – Gefügezustand vor dem Nitrie- Aluminium hat dabei einen beson-
den – bereits während der Behand- ren/Nitrocarburieren ders großen Einfluss.
lung eintritt und sich auch beim – Stickstoffangebot beim Nitrie- Das erreichbare Härteprofil
Auslagern bei Raumtemperatur ren/Nitrocarburieren hängt davon ab, welche Menge an
nicht mehr ändert. – Art und Weise eines gegebe- Legierungselementen tatsächlich
Die Härte, gemessen im poren- nenfalls vorangegangenen Ver- für die Nitridbildung bereitsteht
freien Bereich der Verbindungs- gütens. und nicht etwa schon in Form
schicht, ermittelt bei Messungen
im Querschliff mit Prüfkräften von
0,1 bis 0,2 N, beträgt bei unlegier- 800
ten und niedrig legierten Stählen
700 Nitrocarburiert
ca. 700 bis 800 HV und erreicht 570 ºC 90 min/Öl:
bei legierten Stählen Werte über 600 1 18CrNi8+QT
1 2 16MnCr5+N
1000 HV. Im porösen Bereich er- 3 C15+N
geben sich weniger als 500 HV. 4 10S20+N
Härte [HV 0,1]

500
Auslagern bei Raumtemperatur
führt hier zu keiner Änderung. 400
Das Messen der Härte über den 2
Werkstückquerschnitt ergibt Härte- 300 3
profile analog zu denen rand-
200
schicht- oder einsatzgehärteter
Werkstücke. Hierbei ist nach DIN Bild 22: 4
100
50190-3 vorzugehen, wobei im Härteprofile unle-
Regelfall mit einer Prüfkraft von gierter und legierter 0
Einsatzstähle nach 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8
einem Salzbadnitro- Abstand von der Oberfläche [mm]
carburieren

13
Merkblatt 447

1100 1100

1000 Gasnitriert 550 ºC 25 h: 1000 Gasnitriert 525 ºC 30 h:


1 1 X40CrMoV5-1 1 34CrAlMo5-10+QT
900 2 32CrMoV12-10 900 1 2 31CrMoV9+QT
3 31CrMoV9
4 42CrMo4
800 2 800

700 3 700 2

Härte [HV 0,5]


Härte [HV 0,5]

600 600

500 4 500

400 400

300 300

200 200

100 100

0 0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8
Abstand von der Oberfläche [mm] Abstand von der Oberfläche [mm]

Bild 23: Härteprofile legierter Stähle nach einem Gasnitrieren Bild 24: Härteprofile zweier typischer Nitrierstähle
nach einem Gasnitrieren

von Carbiden abgebunden ist. nur noch begrenzt für die Bildung stitution der Nitridausscheidungen
Dies ist speziell dann relevant, von Nitriden verfügbar sind. zu suchen.
wenn vor dem Nitrieren/Nitro- Ein weiterer Einfluss auf das Aus dem Härteprofil wird nach
carburieren ein Vergüten durch- Härteprofil ist die Nitriertempera- DIN 50190-3 für eine Grenzhärte,
geführt wird. Durch das Anlassen tur. Bild 25 zeigt ein Beispiel da- die im Regelfall auf 50 HV über
wird je nach Temperatur und Dau- für, wie durch eine höhere Nitrier- der Ist-Kernhärte festgelegt ist,
er ein mehr oder weniger großer temperatur die Randhärte verrin- die Nitrierhärtetiefe, kurz: Nht,
Teil der Legierungselemente als gert wird. Die Ursache hierfür ist ermittelt, siehe Bild 26. Dies ist
Carbid abgebunden, so dass sie in einer anderen Menge und Kon- allerdings bei unlegierten Stählen
wegen des sehr flachen Verlaufs
der Härteprofile, vgl. Bild 22, un-
800 zweckmäßig.
700 Gasnitriert 25 h:
Stahl 31CrMoV9+QT
600
Härte [HV 0,5]

500 530 ºC
Härteverlaufs-
400 550 ºC kurve
Härte [HV 0,5]

Grenzhärte GH =
300 Kernhärte KH
+ 50 HV
200
GH
50 HV
100 KH
Nht
0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8
Abstand von der Oberfläche [mm] Abstand von der Oberfläche [mm]

Bild 25: Einfluss der Nitriertemperatur auf die Randhärte Bild 26: Ermittlung der Nht nach DIN 50190-3 aus dem Härteprofil

14
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

1100

1000 Stahl 31CrMoV9


1 gasnitriert
900 500 ºC 36 h
1 2 pulvernitrocarburiert
560 ºC 24 h
800 3 salzbadnitrocarburiert 800
570 ºC 4 h
4 plasmanitriert
700 510 ºC 20 h 700 Stahl 16MnCrS5+N
570 ºC / SW
Härte [HV 0,1]

600 600 salzbad-nitrocarburiert


gas-nitrocarburiert

Härte [HV 0,1]


500 500
2
400 3 400 Haltedauer: 6 h

300 4 300
Haltedauer: 2 h
200 200
Haltedauer: 1 h
100 100

0 0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8
Abstand von der Oberfläche [mm] Abstand von der Oberfläche [mm]

Bild 27: Härteprofile des Stahls 31CrMoV9 nach Nitrieren und Bild 28: Einfluss der Haltedauer auf das Härteprofil
Nitrocarburieren mit unterschiedlichen Verfahren beim Nitrocarburieren

Für den Härteverlauf ist es im schrecken) führt zu einem bei scheidet sich aus dem Ferrit eine
Prinzip unerheblich, nach wel- Raumtemperatur mit Stickstoff das Lösungsvermögen übersteigen-
chem Verfahren die Eindiffusion übersättigten Ferrit-Mischkristall de Menge Stickstoff in Form von
des Stickstoffs erfolgte. Durch mit dem oben beschriebenen Aus- γ‘-Nitriden aus, siehe Bild 19. Die
entsprechende Modifikation der härtungseffekt beim Auslagern. Härteprofile nach unterschiedli-
Behandlungsparameter Stickstoff- Wird stattdessen langsam in mil- chem Abkühlen sind am Beispiel
angebot, Temperatur und Dauer dem Öl, im Gas (z. B. Stickstoff des Stahls C15 in Bild 29 darge-
lassen sich quasi deckungsgleiche oder Luft) oder im Ofen abgekühlt, stellt.
Härteprofile und damit gleiche
Nht-Werte erzielen. Vgl. Bild 27,
in dem am Beispiel des Stahls 340
31CrMoV9 die nach unterschied-
Stahl C15
lichen Behandlungen erreichten 300 salzbadnitrocarburiert 570 ºC 2 h:
Härteprofile gegenübergestellt sind. 1 abgeschreckt in Salzwasser
1 2 abgeschreckt in Öl
Die noch vorhandenen Unterschie- 3 abgekühlt an Luft
260 2
de lassen sich durch eine bessere 4 ausgelagert 325 ºC 10 min
Härte [HV 0,5]

5 C15 weichgeglüht und


Abstimmung der Behandlungspara- 3 nitrocarburiert
meter noch verringern. 220
Wie die Haltedauer beim Nitro-
carburieren das Härteprofil beein- 180 4
flusst, ist am Beispiel des Stahls 5
16MnCrS5 in Bild 28 zu sehen:
Eine längere Haltedauer verschiebt 140
das Härteprofil und vergrößert die
Nitriertiefe. 100
Bei den unlegierten Stählen 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9
wird das Härteprofil außer vom Abstand von der Oberfläche [mm]
Ausgangszustand auch noch von
der Abkühlgeschwindigkeit beein- Bild 29: Einfluss des Abkühlens nach dem Nitrocarburieren auf das Härteprofil
flusst. Ein rasches Abkühlen (Ab- unlegierter Stähle am Beispiel des Stahls C15

15
Merkblatt 447

Bild 30: Entnimmt man den Härtepro-


Zusammenhang 0,6 filen von Stählen, die unterschied-
zwischen Nitrier- lich lange, aber ansonsten unter
0,5

Nitrierhärtetiefe Nht [mm]


härtetiefe Nht gleichen Bedingungen nitriert
und Nitrierdauer 0,4 oder nitrocarburiert wurden, die
beim Gasnitrieren Nht und stellt diese in Abhängig-
des Stahls 0,3 keit von der Haltedauer, wird
34CrAlMo5-10 Gasnitriert 525 ºC: die in Kapitel 3 beschriebene
0,2 Stahl 34CrAlMo5-10+QT Gesetzmäßigkeit für den Zusam-
y = 0,1056Ln(x) + 0,1137 menhang deutlich. Ein Beispiel
0,1 2
R = 0,9994 dafür ist in Bild 30 am Stahl
0 34CrAlMo5-10 zu erkennen, der
0 5 10 15 20 25 30 35 bei 525 °C gasnitriert wurde.
Nitrierdauer [h] Die unterschiedlich große
Wirkung der verschiedenen Legie-
rungselemente auf die Härtesteige-
rung lässt sich verdeutlichen, wenn
die Härte in Abhängigkeit vom Ge-
1100 halt an Legierungselementen dar-
X40CrMoV5-1
Randhärte in 0,05 mm Tiefe [HV 0,5]

1000 34CrAlNi7-10 gestellt wird. Dies ist in Bild 31


34CrAlMo5-10 zu sehen. Dazu wurde Härteprofi-
900 len verschiedener, unter gleichen
15CrMoV5-9
32CrMoV12-10 Bedingungen gasnitrierter Stähle,
800
34CrAl6 16CrMnMo8-4-6 die Randhärte im Abstand von
700 0,05 mm von der Oberfläche ent-
16MnCr5 31CrMoV9
600 nommen. Außerdem wurde ange-
30CrNiMo8 nommen, dass die Nitrid bildenden
Gasnitriert 550 ºC 25 h:
500 2
Legierungselemente – der Norm
42CrMo4 y = -5,4161x + 113,41x + 443,52
2
400 R = 0,8869 DIN EN 10085 wurden dazu die
mittleren Werte der chemischen
300
Zusammensetzung entnommen –
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Summe Massenanteile Nitridbilder (Cr, Mo, V, Al) [%]
vollständig zur Nitridbildung zur
Verfügung stehen und dass sie ad-
Nicht für Funktion berücksichtigt
ditiv wirken. Die eingezeichnete
Schätzfunktion wurde ohne die
Bild 31: Zusammenhang zwischen den Nitridbildnern beiden Werte der Nitrierstähle
und der Randhärte verschiedener Stähle 34CrAlMo5-10 und 34CrAlNi7-10
berechnet.
Zum Ermitteln der Oberflä-
chenhärte muss die Prüfkraft auf
800 die Nitrierhärtetiefe gemäß DIN
700
6773 abgestimmt werden: Bei zu
hoher Prüfkraft im Verhältnis zur
1 Nht ergeben sich zu niedrige
600
Oberflächenhärte [HV 10]

2
Werte, weil der verwendete Ein-
500 dringprüfkörper nicht nur die här-
3 tere Nitrierschicht, sondern auch
400 4 die weicheren darunter liegenden
5 Bereiche erfasst. Außerdem muss
300 6
berücksichtigt werden, dass wegen
Bild 32: 200 des beschriebenen Alterungsef-
1 18CrNi8+QT 4 C35+QT
Einfluss der 2 16MnCr5+N 5 C35+N fektes unlegierte Stähle erst nach
100 3 C60+QT 6 C15+N
Behandlungsdauer acht bis zehn Tagen ihre „wahre“
auf die Oberflächen- 0 Härte aufweisen. In den Bildern
härte verschiedener 0 15 30 45 60 90 120 150 180 32 und 33 ist die Oberflächen-
Stähle beim Salz- Behandlungsdauer [min] härte, gemessen mit HV 10, in Ab-
badnitrocarburieren hängigkeit von der Haltedauer

16
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

1000

900

800
1
2
700
Oberflächenhärte [HV 10]

600 3
4 Stahlsorte Härte in HV 10
500 5
Unlegierte Stähle 300 – 400
400 6 Legierte Einsatzstähle 600 – 700
300 Legierte Vergütungsstähle 500 – 650

200 Nitrierstähle 800 – 1100


1 31CrMoV9+QT 4 30CrNiMo8+QT
2 34CrAlMo5-10+QT 5 34Cr4+QT Wälzlagerstahl ca. 600
100 3 42CrMo4+QT 6 C35+QT
Ledeburitischer Kaltarbeitsstahl ca. 1000
0
0 15 30 45 60 90 120 150 180 Warmarbeitsstähle ca. 900
Behandlungsdauer [min]
Schnellarbeitsstähle 1200 – 1400

Bild 33: Einfluss der Behandlungsdauer auf die Oberflächenhärte Tabelle 2: Oberflächenhärte nach zweistündigem
verschiedener Stähle beim Salzbadnitrocarburieren Nitrocarburieren

beim Nitrocarburieren wiederge- wiedergegeben, bei der die Durch- dauer zu, und zwar beim Stahl
geben. Der Kurvenverlauf zeigt, messeränderung zylindrischer 16MnCr5 wegen der geringeren
dass die Oberflächenhärte bei Proben aus 16MnCr5 und C45 Nitriertiefe etwas weniger als beim
den unlegierten Stählen bis zu mit Abmessungen zwischen 10 unlegierten Stahl C45. Aus dem
einer Behandlungsdauer von rd. und 100 mm Durchmesser beim Vergleich der beiden Größen er-
60 min ansteigt, danach bleibt sie Nitrocarburieren bis 3 Stunden er- gibt sich, dass die Durchmesser-
konstant. Bei den legierten Stäh- mittelt wurde. Die beiden oberen zunahme etwa 50 % der jeweiligen
len erstreckt sich der Anstieg Linien entsprechen der mittleren mittleren Schichtdicke entspricht.
über eine Behandlungsdauer von Schichtdicke der VS beider Stähle, Das heißt, bei einer Verbindungs-
180 min. die beiden unteren der mittleren schichtdicke von 10 Mikrometer
Tabelle 2 enthält charakteris- Durchmesserzunahme. Diese ist eine Durchmesserzunahme von
tische Härtewerte für die verschie- nimmt linear mit der Behandlungs- 5 Mikrometer zu erwarten.
denen Stahlgruppen nach einem
zweistündigen Nitrocarburieren.
35 35
Verbindungsschichtdicke [µm]
Durchmesserzunahme [µm]

30 30
5.2 Geometrie Verbindungsschichtdicke
25 Stahl C45+N 25
Stahl 16MnCr5+N
5.2.1 Maße und Formen 20 20

Die Stickstoffanreicherung 15 15
vergrößert das Volumen der Werk- 10 10
stückrandschicht, was sich zwangs- Durchmesserzunahme
läufig auf die Werkstückabmessun- 5 Stahl C45+N 5
Stahl 16MnCr5+N
gen auswirkt. Die Längenänderun- 0 0
gen betragen jedoch im allgemei- 0 60 120 180 240 300 360 420
nen nur einige Mikrometer. Dies Nitrocarburierdauer [min]
ist deutlich weniger als beim Här-
ten, Einsatzhärten oder Rand-
schichthärten. In Bild 34 sind die Bild 34: Einfluss der Nitrocarburierdauer auf das Wachstum des Durchmessers von
Ergebnisse einer Untersuchung Rundproben [4]

17
Merkblatt 447

Die Maß- und Formänderungen Einfluss einer gegebenenfalls heraus. Hinzu kommt die Rekris-
sind jedoch größer und ungleich- zu raschen Erwärmung auszu- tallisation der beim vorangegange-
mäßiger, wenn schließen; nen Bearbeiten des Werkstücks ver-
– beim Erwärmen auf und Abküh- – kompliziert geformte Teile mög- formten oberflächennahen Rand-
len von Behandlungstemperatur lichst langsam abzukühlen; schicht. Beim Salzbadnitrocarbu-
im Werkstück größere Tempe- – beim Chargieren darauf achten, rieren in Salzschmelzen werden
raturunterschiede zwischen dass alle Werkstückbereiche außerdem sehr kleine Partikel aus
Rand und Kern oder verschie- einer gleichmäßigen Wirkung dem porösen Bereich der Verbin-
denen Werkstückbereichen auf- des Behandlungsmittels aus- dungsschicht herausgelöst. Der
treten, so dass auf Grund hoher gesetzt sind und gleichmäßig Betrag, um den die Oberflächen-
innerer Spannungen plastische abkühlen. rauheit vergrößert wird, richtet
Verformungen entstehen; sich nach der Rauheit vor dem
– bei Behandlungstemperatur in- Werden diese Grundregeln Nitrieren/Nitrocarburieren: Je grö-
stabile Werkstoffzustände, z. B. beachtet, kann mit geringen und ßer diese ist, umso mehr wird sie
gehärtete, einsatz- oder rand- reproduzierbaren Maß- und Form- vergrößert. Im Allgemeinen muss
schichtgehärtete oder vergütete änderungen gerechnet werden. bei einer Ausgangsrauheit von 0,5
Werkstücke, die nicht genügend Diese können gegebenenfalls beim bis 2 µm bei einer 10 bis 15 µm
hoch oder nicht lange genug Fertigbearbeiten vor dem Nitrie- dicken Verbindungsschicht mit
angelassen wurden, nitriert/ ren/Nitrocarburieren vorgehalten einer Zunahme von 1 bis 3 µm ge-
nitrocarburiert werden (diese werden. rechnet werden. In Bild 36 sind
erfahren dann beim Nitrieren/ Unvermeidbar ist die Formän- Ergebnisse eines Versuchs wieder-
Nitrocarburieren ein Anlassen, derung an Werkstückkanten. Hier gegeben, bei dem die Rautiefe Rt
was zu einer Volumenverkleine- erfolgt die Stickstoffaufnahme von von Rundstäben aus C45 mit einem
rung führt); zwei Seiten, und die Eindiffusion Durchmesser zwischen 5 und 100
– Werkstücke nitriert/nitrocarbu- ist tiefer. Dies führt im Regelfall Millimeter vor und nach einem
riert werden, die vom Ausgangs- zu einem Kantenaufwurf in der Salzbadnitrocarburieren gemessen
material her oder durch das Be- Größenordnung von einigen wurde. Die Oberflächen besaßen
arbeiten (Zerspanen mit stump- Mikrometern. Bild 35 zeigt dies eine Rautiefe Rt zwischen 0,3 und
fen Werkzeugen, Schweißen schematisch. Gegebenenfalls kann 1,4 µm. Nach dem Nitrocarburie-
u. Ä.) mit Eigenspannungen be- es zweckdienlich sein, an Kanten ren wurde eine Rautiefe Rt zwi-
haftet sind; eine Fase anzubringen. schen 1,0 und 3,0 µm, mit Ausrei-
– Werkstücke mit ungleichmäßi- ßern bis 3,5 µm gemessen. Eine
ger Formgestaltung nitriert/nitro- Korrelation mit der Abmessung
carburiert werden, z. B. einseitig 5.2.2 Oberflächenrauheit der Versuchsteile war nicht fest-
geschlossene Hülsen, Hebel, zustellen.
Zahnstangen; Durch das Nitrieren/Nitrocar- Wegen der relativ hohen
– Werkstücke in verschiedenen burieren wird die Werkstückober- Härte der Verbindungsschicht
Bereichen absichtlich oder un- fläche messbar aufgeraut. Dafür wirkt die aufgerauhte Oberfläche
absichtlich ungleichmäßig auf- sind je nach Verfahren unterschied- in Verschleißsystemen wie eine
gestickt werden. liche Einflüsse maßgebend. Zum Schleifscheibe. Werden nitrierte
einen wachsen die Nitridkristallite oder nitrocarburierte Werkstücke
Dementsprechend ist es auch einige Nano- bzw. Mikrome- mit weichen Gegenwerkstoffen
zweckmäßig, ter aus der Werkstückoberfläche (Lagermetalle, Kunststoffe, Gummi
– Eigenspannungen durch ein
Spannungsarmglühen vor dem
Nitrieren/Nitrocarburieren zu
reduzieren; Diffusions-
– gehärtete, einsatz- oder rand- Verbindungsschicht richtung
(Diffusionsschicht) Kantenaufwurf
schichtgehärtete Werkstücke
Außenkontur nach dem
vor dem Nitrieren/Nitrocarbu- Nitrieren/Nitrocarburieren
rieren 30 °C oberhalb der vor-
gesehenen Nitrier-/Nitrocarbu- Ausgangskontur
riertemperatur mindestens eine Bild 35: Diffusionsrichtung
Stunde lang anzulassen; Entstehen eines
– beim Salzbadnitrocarburieren Kantenaufwurfs Maßänderung durch
diffusionsbedingte
die Werkstücke bei 350 bis beim Nitrieren/ Volumenaufweitung
400 °C vorzuwärmen, um den Nitrocarburieren

18
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

Bild 36:
Änderung der Rau-
tiefe von Zylindern
mit einem Durch-
messer zwischen
3,0
5 und 100 mm aus
Rautiefe Rt nach dem Nitrocarburieren [μm]

C45+N durch Salz-


badnitrocarburieren

2,0

1,0

0
0 1,0 2,0
Rautiefe Rt vor dem Nitrocarburieren [μm] Bild 37: Risse in der Verbindungsschicht nach einem Glattwalzen
(nach F. Hoffmann [5], Vergrößerung 500:1)

o. Ä.) gepaart, kann es notwendig 6 Wirkung des Nitrierens/ gekehrt verringert sich dadurch
sein, durch eine spanende Nach- das Formänderungsvermögen. Da-
bearbeitung die Oberflächenrau-
Nitrocarburierens bei wirken sich die Veränderungen
heit zu verringern. Dies vergrö- auf die Werkstück- in der Nitrierschicht auf das ge-
ßert auch generell den Tragflä- eigenschaften samte Werkstück aus. In Tabelle 3
chenanteil aufeinander gleitender sind Ergebnisse von Zugversuchen
Flächen und wirkt sich positiv auf 6.1 Statische Festigkeit mit normalgeglühten, vergüteten
das Verschleißverhalten aus. und Schwingfestigkeit und nitrocarburierten Zugproben
Wegen der relativ geringen aus dem Stahl 34Cr4 mit 12 Milli-
Dicke der Verbindungsschicht Entsprechend der Härteerhö- meter Durchmesser wiedergege-
darf allerdings das Nachbearbeiten hung in der aufgestickten Rand- ben. Sie lassen erkennen, dass sich
nicht durch ein Schleifen erfolgen, schicht nimmt auch die Festigkeit die Zugfestigkeit und die Streck-
da – ausgenommen das Ultrapräzi- zu. Dazu kommen ferner im Regel- grenze nur wenig gegenüber dem
sionsschleifen – die Spantiefe nicht fall Druckeigenspannungen. Um- normalgeglühten Zustand ändern.
in der erforderlichen Tiefe von
weniger als 5 µm einstellbar ist
und dementsprechend die VS mehr
oder weniger abgetragen wird. Gefügezustand Zug- Streck- Bruchein- Bruch-
Stattdessen kommen nur Feinst- festigkeit grenze schnürung dehnung
bearbeitungen wie Läppen, Polie- Rm in N/mm2 Rp in N/mm2 Z in % A 5 in %
ren, Gleitschleifen, Superfinishen
in Frage. Von einem Glattwalzen normalgeglüht 660 377 54 26
sollte abgesehen werden, da hier- vergütet 900 832 68 18
bei je nach Walzkraft in der VS
Anrisse entstehen, siehe Bild 37. nitrocarburiert 90 min 682 – 31 18

nitrocarburiert 180 min 673 394 22 16

Tabelle 3: Ergebnisse von Zugversuchen am Stahl 34Cr4

19
Merkblatt 447

600
höherer Stickstoffgehalt
500

Schubspannung [N/mm 2 ]
kritischer
Schubspannungsverlauf:
400 τκ (Abstand)
größere Nitriertiefe
300 höhere Kernfestigkeit

200
Lastspannungsverlauf
bei ungekerbten
100 Lastspannungs- Bauteilen
verlauf bei
gekerbten Bauteilen
0
0 1 2 3 4 5
Bild 38: Zugproben aus dem Stahl 34Cr4 mit unterschiedlichem Abstand von der Oberfläche [mm]
Gefügezustand

Bild 39: Schematische Darstellung des Zusammenhangs


zwischen Bauteilfestigkeit im nitrocarburierten Zustand und
Beanspruchung durch Biegung (nach Krzyminski [6])

Die Brucheinschnürung und die bruch wird in den Bereich oberhalb Die höchsten Werte werden
Bruchdehnung dagegen werden der Raumtemperatur verschoben. durch einen vergüteten Ausgangs-
deutlich verringert. Im Vergleich Bei unlegierten Stählen kann eine zustand und eine ausreichende
zum vergüteten Zustand ist die größere Zähigkeit durch rasches Nitriertiefe (Nht) erreicht. In Bild
Steigerung der Festigkeit bei stati- Abschrecken von Nitrier-/Nitrocar- 39 ist ein Modell zur Erklärung
scher Belastung allerdings so ge- buriertemperatur und unmittelbar der Zusammenhänge zwischen
ring, dass daraus kein technischer folgendes Auslagern bei Tempera- Schwingfestigkeit, Kernfestigkeit,
Nutzen zu ziehen ist. turen über 100 °C erzielt werden. Kerbwirkung und Nitriertiefe dar-
Das Aussehen der geprüften Im Unterschied zu statischen gestellt. Daraus ist zu entnehmen,
Zugproben lässt bei den beiden Beanspruchungen haben die Eigen- dass das Werkstoffversagen bei un-
nitrocarburierten deutlich das ver- schaften der Nitrierschicht für gekerbten Bauteilen durch Anrisse
ringerte Formänderungsvermögen Wechselbeanspruchungen, insbe- unterhalb der Oberfläche eintritt,
erkennen (Bild 38). Außerdem ist sondere für gekerbte Bauteile, eine solange eine kritische Belastung
die gesamte Oberfläche mit einer große technische Bedeutung. Die nicht überschritten wird. Die Be-
Vielzahl radialer Risse übersät. Hier höhere Festigkeit und die Druck- lastbarkeit kann in diesem Fall
spiegelt sich die geringe Zähigkeit eigenspannungen in der Rand- durch eine höhere Kernfestigkeit
der aufgestickten Randschicht, schicht erhöhen die Schwingfes- gesteigert werden. Bei gekerbten
insbesondere der Verbindungs- tigkeit. Verantwortlich ist dafür Bauteilen kann die kritische Schub-
schicht, wider. Daraus resultiert, im Wesentlichen die durch die spannung sowohl an der Oberflä-
dass die Randschicht bei örtlicher Nitridbildung entstehende Aus- che als auch darunter überschritten
Überbeanspruchung ohne nen- scheidungshärtung. Die Nitride, werden. Im ersten Fall kann die
nenswerte Verformung spontan aber auch der interstitiell gelöste Belastbarkeit durch die Verwen-
anreißen und sich der Riss rasch Stickstoff, behindern das durch dung legierter Stähle mit einem
über den gesamten Querschnitt Verformungen hervorgerufene höheren Gehalt an Nitrid bildenden
ausbreiten kann, wenn eine form- Gleiten von Versetzungen („innere Legierungselementen, im zweiten
ändernde Belastung oder eine Be- Reibung“). Fall durch Erhöhen der Kernfestig-
anspruchung unterhalb der Raum- Die bisher bekannten Werte keit und/oder Vergrößern der
temperatur auftritt. für die Erhöhung der Schwingfes- Nitriertiefe erhöht werden.
Bei Kerbschlagbiegeversuchen, tigkeit liegen im Bereich von 20 bis Mit zunehmender Abmessung
die häufig zur Beurteilung des Ver- 200 %. Sie hängen von der Art der nimmt die Wirkung des Nitrierens/
haltens der Werkstoffe und Werk- Schwingbeanspruchung, der Form Nitrocarburierens bei ungekerb-
stoffzustände bei hoher Formände- und Abmessung sowie dem Kerb- ten Bauteilen ab. Nach Untersu-
rungsgeschwindigkeit herangezo- faktor des Bauteils, dem verwen- chungen von Koch [7] u. a. liegt
gen werden, zeigt sich ebenfalls deten Werkstoff und dessen Aus- bei Rundstäben die Grenze bei
der Versprödungseffekt: Der Über- gangszustand sowie der Nitrier-/ 200 mm Durchmesser. Bei ge-
gang vom Verformungs- zum Spröd- Nitrocarburierbehandlung ab. kerbten Proben ist auch bei die-

20
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

ser Abmessung noch eine deutli- Dauerschwingfestigkeit ist deutlich gestellt. Bei Gusseisen und Temper-
che Steigerung der Schwingfestig- zu erkennen. Noch höhere Werte guss kann ebenfalls mit einer Stei-
keit zu erwarten [6, 8]. Liegt der der Schwingfestigkeit werden aller- gerung der Schwingfestigkeit ge-
Anrissbeginn unterhalb der Ober- dings erst bei längerer Behand- rechnet werden, bei Lamellengra-
fläche, ist es zweckmäßig, die lungsdauer, d. h. größerer Nitrier- phitguss dagegen nicht. Es fällt auf,
Nitriertiefe durch Verlängern der tiefe erzielt. dass die Steigerung der Schwing-
Behandlungsdauer zu vergrößern, Je größer der Gehalt an Nitrid festigkeit im Zeitfestigkeitsbereich
liegt er an der Oberfläche, ist bildenden Legierungselementen ist, relativ gering ist und die Grenz-
eine Querschnittsvergrößerung umso größer ist der Effekt des Ni- linie, unterhalb derer mit Brüchen
der bessere Lösungsansatz. trierens und Nitrocarburierens auf zu rechnen ist, flacher verläuft als
In Bild 40 sind Werte der die Schwingfestigkeit. Die absolut z. B. nach einem Einsatzhärten.
Dauerschwingfestigkeit salzbad- höchsten Werte werden bei hoch- Es ist weiter zu beachten, dass
nitrocarburierter Vergütungsstähle festen Stählen mit hoher Kernfes- auch noch bei Lastschwingspiel-
mit unterschiedlicher Kernfestig- tigkeit ermittelt [11, 12]. In Bild zahlen oberhalb von 106 Brüche
keit dargestellt. Die Zunahme der 41 sind entsprechende Werte dar- auftreten können.
Bei unlegierten Werkstoffen
wird die optimale Schwingfestig-
800 keit nur erreicht, wenn nach dem
Dauerschwingfestigkeit ± δbw [N/mm 2 ]

Nitrieren/Nitrocarburieren rasch
700 salzbadnitrocarburiert 570 ºC 2 h / SW
auf Raumtemperatur abgekühlt
600 wird, so dass der interstitiell ge-
löste Stickstoff in diesem Zustand
500
verbleibt. Langsames Abkühlen
400 oder Auslagern oberhalb 50 °C
führt dagegen nur zu einer gerin-
300 vergütet, nicht nitrocarburiert
gen Steigerung der Schwingfestig-
200 keit.
Stahl 34Cr4 Stahl C45E
100 gekerbt (ακ=2,0) ungekerbt
0 6.2 Verschleißverhalten
600 700 800 900 1000
Kernfestigkeit [N/mm2] Die Nitrierschicht erniedrigt
den Reibungskoeffizienten und die
Adhäsionsneigung zu metallischen
Bild 40: Dauerschwingfestigkeit vergüteter und nitrocarburierter Vergütungsstähle Verschleißpartnern, erhöht den Ab-
(nach J. Müller/H. Krzyminski [9], [10]) riebwiderstand und die Festigkeit
gegen Ermüdung durch Wechsel-
verformungen. Hinzu kommt eine
800 Verminderung der Reaktionsbe-
Umlaufbiegewechselfestigkeit [N/mm 2 ]

1 reitschaft mit reaktiven Mitteln der


700 Umgebung (Tribooxidation). Die
salzbadnitrocarburiert
570 ºC 2 h / SW
2 Ursachen sind im spezifischen
600
3 Aufbau der Verbindungsschicht,
nicht
500 nitro- ihrem Stickstoffgehalt, ihrer relativ
carburiert 4 hohen Härte sowie der Härte und
5
400 1 Festigkeit der darunter liegenden
1 HFX510
Diffusionsschicht begründet. Die
2 34Cr4+QT 2
300 Diffusionsschicht besitzt die Fähig-
3 X50CrMnNiV22-9
4 X20Cr13 3 4
keit zur Verminderung von Adhä-
200 sion und Reibung sowie des Oxi-
5 C15
5 dationswiderstands in geringerem
100
3
10 10 4
10 5
106
107 Maße als die Verbindungsschicht.
Lastschwingspielzahl N

Bild 41: Umlaufbiegewechselfestigkeit verschiedener Stähle nach einem


Nitrocarburieren (nach B. Finnern [11])

21
Merkblatt 447

30
ohne
4000 gasnitrocarburiert Verbindungs-
im Gas
Stahl 26 schicht
salzbadnitrocarburiert in Salzschmelze
Cf45+QT
jeweils
Dauerwälzfestigkeit R DPo max. [N/mm2 ]

nitrocarburiert 570 ºC
22

Abrieb (Verschleißweg) [µm]


Stahl VS ≥ 10 µm
3000 41CrS4+QT

18
Stahl
16MnCrS5+N
2000 14
geglättet
Rt < 2 µm
10
ohne
1000 Porensaum
6

2
0 0
r1 = r2 = 26 mm r1 = 26 mm
r2 = 87,5 mm

Bild 42: Dauerwälzfestigkeit ermittelt für 107 Überrollungen Bild 43: Verschleißverhalten von Scheiben (Stift-Scheibe-
von nitrocarburierten Rollen mit 26 mm Durchmesser Tribometer), die nach dem Nitrocarburieren unterschiedlich
nachbearbeitet wurden

Dafür ist sie maßgebend für einen Unterschiedlich wird von der dies auch auf den Gefügebildern
höheren Wälzverschleißwider- Fachwelt nach wie vor der Einfluss in Kapitel 3 zu sehen ist.
stand, insbesondere wenn legierte der Relation von ε- und γ‘-Nitriden Nach den praktischen Erfah-
Stähle benutzt werden. In diesem auf das Verschleißverhalten der rungen wird durch die Verbin-
Fall ist auch ein hoher Widerstand Verbindungsschicht sowie ihres dungsschicht gegenüber Industrie-
gegen Abrasion zu erwarten. Bild porösen Bereichs hinsichtlich klima und Salznebel eine äquiva-
42 gibt die Ergebnisse von Wälz- seiner Bedeutung als potentielles lente Resistenz wie von galvanisch
verschleißversuchen mit drei ver- Schmierstoffdepot beurteilt. Ein- aufgebrachten Schutzschichten er-
schiedenen Stählen wieder, die deutig ist jedoch, dass sich die reicht. Gegenüber Säuren ist der
rd. 3 h lang nitrocarburiert wur- positiven Wirkungen der Verbin- Widerstand dagegen nicht so aus-
den. Möglicherweise lassen sich dungsschicht auch für Werkzeuge geprägt. Es ist zu beachten, dass
durch Verwendung legierter Stäh- mit höheren Betriebstemperaturen höher legierte Werkstoffe, insbe-
le und ein länger dauerndes Nitrie- nutzen lassen, da die Härte und sondere die rostbeständigen Stäh-
ren ähnlich hohe Werte wie nach die Verbindungsschicht bis ca. le, durch das Aufsticken anfälliger
einem Einsatzhärten erreichen. 500 °C erhalten bleiben. gegenüber dem Korrosionsangriff
Die Porosität der Verbindungs- werden, da z. B. das korrosions-
schicht kann das Verschleißver- hemmende Chrom zu Nitrid ab-
halten beeinträchtigen. Insbeson- gebunden wird. Tribooxidation
dere Porenanordnungen in Form 6.3 Korrosionsverhalten lässt sich jedoch wirkungsvoll
von parallel zur Oberfläche vorhan- mit Nitrierschichten bekämpfen.
denen „Porenketten“, vgl. Bild 14, Die Bereitschaft der Ober-
können den Verschleißwiderstand fläche und der Randschicht von
herabsetzen. Bild 43 zeigt hierzu Bauteilen zu chemo-physikali-
die Ergebnisse von Tribometerver- schen Reaktionen mit einer kor-
suchen mit unterschiedlich nach- rosiven Umgebung wird durch
bearbeiteten nitrocarburierten Pro- die Nitrierschicht verringert. Die
ben. Aus ihnen geht hervor, dass Verbindungsschicht leistet hier-
durch das Entfernen des porösen bei dem Korrosionsangriff einen
Bereichs der Abrieb deutlich mini- wesentlich größeren Widerstand
miert werden kann. als die Diffusionsschicht, wie

22
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

7 Durchführung des hungsfreies“ Verfahren als Alterna- keit von Temperatur, Begasungs-
tive zum Einsatzhärten propagiert rate, Druck und Oberfläche des
Nitrierens und [13]. Ammoniak zersetzt sich ther- Behandlungsgutes stellen sich ein
Nitrocarburierens misch bedingt, wobei die Ober- bestimmter Ammoniak-, Wasser-
fläche der aufzustickenden Werk- stoff- und Stickstoffgehalt ein, wo-
7.1 Allgemeines stücke als Katalysator wirkt. Der bei sich die Nitrierwirkung mit der
frei werdende atomare Stickstoff Gaszusammensetzung ändert. Die
Die derzeit industriell bewähr- („in statu nascendi“) diffundiert Menge des eindiffundierenden
ten Verfahren zum Nitrieren und teilweise in die Werkstückrand- Stickstoffs ist so gering, dass sie in
Nitrocarburieren sind in Bild 44 schicht ein, teilweise wird er als der Stoffbilanz vernachlässigt wer-
zusammengestellt. Daraus ist zu molekularer Stickstoff Bestandteil den kann.
entnehmen, dass als Stickstoffspen- der Ofenatmosphäre. Die Zerset- Unter industriellen Bedingun-
der flüssige, gasförmige und pul- zung des Ammoniaks findet außer gen stellt sich ein Zersetzungs-
verförmige Mittel benutzt werden an der Werkstückoberfläche auch oder Dissoziationsgrad des Am-
können. an den Innenwänden des Ofens moniaks ein, der meist zwischen
und an den Chargiervorrichtun- 20 und 80 % liegt. Er kann im ein-
gen statt. Die dabei ablaufende fachsten Fall mit einer so bezeich-
7.2 Gasnitrieren und Reaktion neten Schüttelflasche gemessen
Gasnitrocarburieren werden. Dies ist ein verschließ-
2 · NH3 ↔ 2N + 3 · H2
barer, mit einer Skala versehener
Die Verwendung von Ammo- bzw. Glaskolben. Er wird mit dem am-
niakgas als Stickstoffspender wur- 3 moniakhaltigen Gas gefüllt und
NH3 → [N] + –– · H2
de für die industrielle Anwendung 2 verschlossen. Danach wird ein
erstmals in den 20er Jahren des ist mit einer Verdopplung des Gas- angeschlossener zweiter, mit Was-
20. Jahrhunderts für ein „verzie- volumens verbunden. In Abhängig- ser gefüllter Glaskolben geöffnet,

Nitrieren Nitrocarburieren

Bei Atmosphären- Unterhalb Atmosphä- In belüfteter Bei Atmosphären- In Pulver mit


druck in Ammoniak, rendruck mit Glimm- Salzschmelze: druck in Ammoniak Zugabe von
ohne oder mit Zugabe entladung, in Stick- ➞ Salzbad- und Kohlenstoff- Aktivator:
von Stickstoff und/ stoff, ohne oder mit nitrocarburieren spender: ➞ Pulver-
oder Wasserstoff: Zugabe von Wasser- (Tenifer-Verfahren) ➞ Gas- nitrocarburieren
➞ Gasnitrieren stoff und Argon: nitrocarburieren
➞ Plasmanitrieren

Über Atmosphären- In belüfteter Salz-


druck in Ammoniak, schmelze mit Zugabe
ohne oder mit Zugabe von Schwefel: ➞
von Stickstoff: Sulfonitrocarburieren
➞ Drucknitrieren (Sulf-Inuz-Verfahren)

Bei Atmosphären- Unterhalb Atmosphä-


druck in Ammoniak, rendruck mit Glimm-
ohne oder mit entladung, in Stick-
Zugabe von Stick- stoff und Kohlen-
stoff und Sauerstoff: wasserstoff, ohne
➞ Oxinitrieren, oder mit Zugabe von
Bild 44: Übersicht
Stickstoff und Wasserstoff und Argon:
über die verfügbaren
Schwefel: ➞ Plasma-
Verfahren zum Nitrieren
➞ Sulfonitrieren nitrocarburieren
und Nitrocarburieren

23
Merkblatt 447

so dass Wasser in den mit dem Gas Vol-% ergibt sich dann aus: aus dem Partialdruckverhältnis der
gefüllten Behälter strömen kann in der Ofenatmosphäre vorhande-
Ammoniakgehalt =
und das Ammoniakgas als Ammo- nen Komponenten Wasserstoff und
75 – Wasserstoffgehalt
niumhydroxid löst. Ein Schütteln --------------------------------------------------------- · 100 Vol-% Ammoniak. Mit steigendem Betrag
des Behälters unterstützt den Lö- 75 der Nitrierkennzahl nimmt die
sungsvorgang. Die für den Wasser- bzw. als Partialdruck: Nitrierwirkung zu. Dies kann dazu
stand abgelesenen Skalenteile sind benutzt werden, um bei gegebe-
0,75 – pH2
ein Maß für den Ammoniakgehalt pNH3 = ---------------------------- ner Temperatur und gegebenem
0,75
bzw. den Zersetzungsgrad β des Ofendruck die Nitrierwirkung zu
untersuchten Gases: Ammoniakgehalt und Dissozi- regeln und damit die Zusammen-
ationsgrad sind zur Charakterisie- setzung bzw. den Aufbau der
Dissoziationsgrad β =
NH3 gemessen rung der Nitrierwirkung nur be- Nitrierschicht zu beeinflussen. Hin-
------------------------------------------------------------------- · 100 % dingt geeignet. Das Nitrieren und weise auf die sich in Abhängigkeit
Ofengas (= NH3 + N2 +H2)
Nitrocarburieren verläuft über- von der Nitrierkennzahl einstel-
Dies berücksichtigt jedoch wiegend im Bereich der chemi- lende Zusammensetzung können
nicht die Volumenverdopplung des schen Verbindungsbildung. An- dem Diagramm in Bild 45 [15]
Ammoniakanteils, der sich in Stick- ders als beim Aufkohlen, wo für entnommen werden.
stoff und Wasserstoff zersetzt hat. die Reaktion des Gasaufkohlens Der Ammoniakgehalt im Ofen-
Der wahre Dissoziationsgrad α er- bekanntlich eine funktionelle ste- gas kann durch Zugabe von Was-
gibt sich gemäß: tige Beziehung zwischen der Koh- serstoff oder Stickstoff verdünnt
lenstoffkonzentration und dem werden. Rein rechnerisch verrin-
Dissoziationsgrad α =
NH3 gemessen Kohlenstoffpotenzial im Austenit gert sich dadurch im Fall der Was-
--------------------------------------------- · 100 % von Null ausgehend bis zur Sätti- serstoffzugabe die Nitrierkennzahl
200 – NH3 gemessen
gungsgrenze besteht, sind die ther- und vergrößert sich durch Stick-
Darin sind die Ammoniakgehalte modynamischen Basisfunktionen stoffzugabe. Trotzdem nimmt in
in Vol-% einzusetzen. beim Aufsticken noch nicht voll- beiden Fällen die aufstickende Wir-
Das Messen mit der Schüttel- ständig geklärt [14]. Aus diesem kung ab. Dies erklärt sich daraus,
flasche ist jedoch nicht kontinuier- Grund steht der industriellen Pra- dass die Nitrierkennzahl nur unter
lich durchführbar, weshalb statt- xis zur Prozessregelung kein Stick- bestimmten Bedingungen ein Maß
dessen die Infrarot-Absorptions- stoffpegel analog dem Kohlenstoff- für die Nitrierwirkung ist.
analyse benützt werden kann. Da- pegel zur Verfügung. Es ist statt- In der Praxis wird aus Sicher-
bei handelt es sich um ein Messge- dessen üblich, hierfür die so defi- heitsgründen anstatt Wasserstoffs
rät mit zwei Messkammern, durch nierte Nitrierkennzahl KN heran- meist Ammoniakspaltgas, beste-
deren eine das zu messende Ofen- zuziehen. Sie ist aus der Zerfalls- hend aus Stickstoff und Wasser-
gas geleitet und von einem Infra- reaktion des Ammoniaks abgelei- stoff, benutzt. Wird die dem Ofen-
rotstrahl durchleuchtet wird. Des- tet und ergibt sich nach gas zugesetzte Gasmenge Stick-
sen Intensität wird durch das Am- pNH3 stoff oder Spaltgas gemessen, so
KN = ------------------- (Druck -1/2 )
moniak geschwächt, und die Diffe- 3 lässt sich auf der Basis der Wasser-
renz der Intensität aus dem Ver-
(PH2) _2
gleich mit einem Eichgas ergibt den
Ammoniakgehalt in Vol-%. Statt des 10
Ammoniakgehalts kann auch der
Wasserstoffgehalt des Ofengases ε-Nitrid
gemessen werden. Dazu wird die
Nitrierkennzahl

1
Wärmeabfuhr eines beheizten, vom γ ′- Nitrid
Messgas umspülten Drahtes gemes-
sen. Für eine andere Messmethode
eignet sich ein Sensor, der aus ei- 0,1
α-Mischkristall γ-Mischkristall
nem für Wasserstoff semipermea-
blen Werkstoff besteht. Bei diesem
stellt sich ein Wasserstoffpartial-
0,01
druck-Gleichgewicht zwischen 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800
Außen- und Innenseite des Mess- Temperatur [ºC]
rohrs ein. Der Sensor eignet sich
auch für sauerstofffreie Atmosphä-
ren und soll nicht querempfind- Bild 45: Zusammenhang zwischen Nitrierkennzahl, Temperatur, Mischkristall- und
lich sein. Der Ammoniakgehalt in Nitridphasen (berechnet mit den Daten von E. Lehrer [15])

24
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

stoffmessung die Nitrierkennzahl dem erfolgte der Nachweis der Für hochlegierte Stähle mit
und damit die Aufstickungswirkung verschiedenen Mischkristall- und ihrer bekannten Neigung zur Ober-
regeln. Dies ist z. B. angebracht, Nitridphasen durch Messen der flächenpassivierung hat sich dieses
wenn eine möglichst große Nitrier- Änderung der magnetischen Eigen- Oxinitrieren in der Praxis bewährt
tiefe bei möglichst dünner Verbin- schaften, nicht durch Analyse des [18, 19]. Es wird empfohlen, eine
dungsschichtdicke erreicht wer- Stickstoffgehalts. Schließlich muss Oxidationskennzahl z. B. für rost-
den soll. noch berücksichtigt werden, dass freie Stähle dicht oberhalb der Oxi-
In Bild 46 ist das auf den die dargestellten Zusammenhänge dationsgrenze des reinen Eisens –
Daten des Diagramms in Bild 45 nur auf die äußerste Randschicht ca. 0,3 – einzustellen. Für unle-
basierende Temperaturgebiet auf bezogen werden dürfen. gierte Stähle sollte KO unterhalb
den für das Nitrieren relevanten Eine Variante des klassischen dieser Grenze liegen, da sonst
Bereich eingeschränkt, und in die Gasnitrierens ist das Oxinitrieren. Fe3O4-Schichten („Magnetit“) ent-
Existenzbereiche der Nitridpha- Hierbei wird dem Ofengas wäh- stehen, welche die Stickstoffauf-
sen sind die mit den Daten von rend des Nitrierens ein Sauerstoff- nahme stattdessen behindern
[16] berechneten Stickstoffgehalte spender in Form von Luft oder können.
eingetragen. Wasser zugegeben. Bei Anwesen- In jeder Ofenatmosphäre ist
Bei der Anwendung der Bilder heit von Wasser ergibt sich aus zwar unter Normaldruckverhält-
45 und 46 sollte allerdings beach- dem Dissoziationsgleichgewicht nissen immer auch Luftsauerstoff
tet werden, dass die Bilder auf des Wasserdampfs die Reaktion: vorhanden. Dies ergibt sich durch
Versuchen basieren, die unter Undichtheiten des Ofens wie auch
1
Normaldruckverhältnissen in rei- H2O ↔ H2 + –– · O2 durch Feuchtigkeit im Ammoniak.
nen Ammoniak-Wasserstoff-Ge- 2 Jedoch erscheint es im Interesse
mischen durchgeführt wurden. Als Hieraus lässt sich die Oxidations- eines ungestörten Prozesses zweck-
Substrat wurde dabei eine dünne kennzahl KO ableiten: mäßig, den Sauerstoffpartialdruck
Schicht Reineisen benutzt. Dies über die Oxidationskennzahl zu
pH2O
unterscheidet sich deutlich von KO = --------------- regeln. Es ist allerdings zu beach-
pH2
technischen Nitrierprozessen, bei ten, dass die Oxidationskennzahl
denen die Ofenatmosphäre auf Zur Bestimmung der Oxidations- und die Nitrierkennzahl nicht un-
Grund der thermischen Ammoniak- kennzahl aus dem Sauerstoffgehalt abhängig voneinander geregelt
spaltung neben Ammoniak immer eignen sich Sauerstoffsonden (Fest- werden können. Eine Änderung
auch einen entsprechenden Anteil körperelektrolyt auf der Basis von von KO bedeutet immer auch eine
Stickstoff enthält. In der Praxis Zirkondioxid, wie er auch beim solche von KN.
werden zudem Werkstoffe ver- Gasaufkohlen benutzt wird). An Eine weitere Möglichkeit be-
wendet, die sich in ihrer Zusam- diesen entsteht eine Zellspannung, steht im Messen des Sauerstoffpar-
mensetzung, und Werkstücke, die aus der die Oxidationskennzahl tialdrucks und dem Vergleich mit
sich in ihrer Geometrie von den ermittelt werden kann: dem Zustand des Ofengases, in dem
oben beschriebenen Versuchen 572 –U 143339 das vollständige Dissoziations-
erheblich unterscheiden. Außer- [
KO = exp 23,148 · ------------------- – -------------------- – 2,753
T T2 ] gleichgewicht (= Äquilibrium) des
Ammoniaks hergestellt wird [16,
17, 21, 22]. Aus der Differenz der
600 At % / Messsignale lassen sich sowohl
24 / 7.34

30

Gew%
25 / 7.71
0.

die Oxidationskennzahl als auch


/
27 / 8.49
3

9.7 9 / 9.30

19.8 19.84
/0

die Nitrierkennzahl bestimmen.


1
.0

19.7
75

26 / 8.10

Derartige Sonden werden als


Temperatur [ºC]

0.
2

QE-Sonden und der Sensor wird


/0
.0
5

500 0.1 als Nitriersensor bezeichnet. Der


/0 19.90 Epsilon
zahlenmäßige Zusammenhang
28 /

.02
5 wird durch die Gleichung
8.49

Alpha-Mischkr.
pNH 3
19.95 / 5.9
Gamma´
( p H2 )
U = 0,00995 · T · lg 1 + 1,5 · ---------------- mV
400
0,1 1 10
gegeben [16, 17]. In Bild 47 sind
Nitrierkennzahl KN das Prinzip und das Aussehen
eines derartigen Nitriersensors zu
sehen.
Bild 46: Zusammenhang zwischen Temperatur und Nitrierkennzahl mit den
Iso-Konzentrationslinien für die Stickstoffkonzentration (nach K.-H. Weissohn [17])

25
Merkblatt 447

Zusatzgas benutzt wird, findet in


Messkeramik Katalysatorsystem der Ofenatmosphäre die Boudou-
ard’sche Reaktion oder die hetero-
gene Wassergas-Reaktion statt, die
beide jeweils im Gleichgewicht
stehen:
2 · CO ↔ [C] + CO2
CO2 + H2 ↔ CO + H2O
Innere Elektrode Metallschutzrohr
Äußere Elektrode Die daraus abgeleiteten Auf-
kohlungs- oder Kohlungs-Kenn-
zahlen Kc lauten:
Bild 47: Prinzip des Nitriersensors (Processelectronic)
pCO · pH2 ( pCO ) 2
KCW= --------------------- und KCB = -----------------
pH2 O pCO2
Das Nitrieren kann mit zeitlich inerte – Stickstoff ionisiert und die Die beiden Kohlungskennzah-
gleichbleibender oder variabler Stickstoffionen auf die Werkstück- len lassen sich über die Reaktions-
Nitrierkennzahl durchgeführt wer- oberfläche gelenkt, wo sie absor- konstanten der beiden Reaktionen
den. Es kann zweckmäßig sein, den biert werden. Das Stickstoffange- ausrechnen. Aus der gemessenen
Nitrierprozess mit einer großen bot wird über das Verhältnis der Zellspannung ergibt sich die Koh-
Nitrierkennzahl zu beginnen und zugegebenen Gase Stickstoff und lungskennzahl:
diese nach einer bestimmten Dau- Wasserstoff (und gegebenenfalls KC =
er durch Änderung der in den Ofen Argon), die Temperatur, den Druck 1452,8 –U 168561
eingeleiteten Gase zu verringern
(„Zweistufen“-Prozess). Damit lässt
im Ofenraum und das Tastverhält-
nis geregelt (Verhältnis der Dauer
[
exp 23,148 · -------------------------- + --------------------
T T2 ]
– 11,042

sich beispielsweise das Dicken- eines Pulses zur Dauer der nach- Es ist nicht üblich, beim Nitro-
wachstum der Verbindungsschicht folgenden Pause). Höhere Stick- carburieren die Nitrierkennzahl
beeinflussen. stoffanteile entsprechen einer zu variieren.
Eine Variante des klassischen größeren Nitrierkennzahl. Auch das Nitrocarburieren
Gasnitrierens bei Atmosphären- Zum Nitrocarburieren werden kann als Plasmanitrocarburieren
druck besteht darin, eine druck- der Ofenatmosphäre Kohlenstoff- durchgeführt werden. Als Kohlen-
dichte Retorte zu verwenden, die- spender, z. B. Kohlendioxid oder stoff spendende Komponente wird
se auf einen Druck von ca. 20 bar Exogas (geschützte Bezeichnung üblicherweise Methan oder Erdgas
mit Ammoniak zu füllen und zu für diese Verfahrensweise (Fa. verwendet. Die Parameter für die
schließen und dann den Prozess Aichelin) ist der Name „Nitroc-Ver- Regelung der Glimmentladungs-
ohne Gasaustausch zu betreiben fahren“), Endogas (geschützte parameter entsprechen denen des
➝ Drucknitrieren [24]. Bezeichnung für diese Verfahrens- Plasmanitrierens.
Beim Plasmanitrieren dient weise (Fa. Ipsen) ist der Name Zum Nitrieren und Nitrocar-
Stickstoff als Stickstoffspender. Die „Nikotrieren“) oder beide Gase burieren werden elektrisch be-
Werkstücke sind an eine Kathode zeitlich nacheinander zugegeben. heizte, gasdichte Topf-, Glocken-
und die Ofen- oder Retortenwand Bei Endogas handelt es sich um das Retorten- oder Haubenöfen sowie
an eine Anode angeschlossen. Der auch beim Aufkohlen als Trägergas Kammeröfen mit einer Retorte be-
Ofenraum wird bis auf weniger verwendete Basisgas mit einem nutzt. Das Ammoniakgas durch-
als 10 mbar evakuiert, zwischen Kohlenmonoxidgehalt zwischen strömt den Ofenraum in einer
Anode und Kathode eine Spannung 20 und 24 Vol-%. Exogas kann an- Menge, die so bemessen ist, dass
von einigen hundert Volt angelegt stelle von Kohlendioxid verwen- ein ausreichender Austausch des
und mit einem konstanten oder det werden, wenn es ca. 5 bis 10 verbrauchten Gases stattfindet.
pulsierenden Gleichstrom mit einer Vol-% Kohlendioxid enthält. Dies Zweckmäßig ist der Einbau eines
Stromstärke von ca. 10 A eine bewirkt eine Aufkohlung der Werk- Leitzylinders und eines Umwäl-
Glimmentladung in unmittelbarer stückrandschicht bzw. eine bevor- zers, um eine gleichmäßige und
Nähe der Werkstückoberfläche er- zugte Bildung des ε-Nitrids in der unbehinderte Durchströmung des
zeugt. Vorzugsweise werden heute Verbindungsschicht. Die Aufkoh- Ofengases durch das Behand-
jedoch Plasmageneratoren verwen- lung bleibt allerdings wegen der lungsgut zu gewährleisten.
det, die einen pulsierenden Strom verhältnismäßig niedrigen Prozess- Soweit legierte Stähle nitriert
liefern. In dieser Glimmentladung temperatur auf den Bereich der oder nitrocarburiert werden, ge-
werden der molekulare – und Verbindungsschicht beschränkt. nügt eine Gasabkühlung. Werden
ansonsten bei Nitriertemperatur Je nachdem, ob CO oder CO2 als jedoch unlegierte Stähle behandelt

26
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

und wird eine hohe Festigkeit er- nahezu ausschließlich solche Salz- ver zu Aktivator = 7:1) umgeben
wartet, ist ein Abschrecken in Öl, schmelzen verwendet. und mit einem Deckel geschlossen.
Wasser oder anderen geeigneten Wichtig für eine gleichblei- Die Kästen können in Kammeröfen
Flüssigkeiten erforderlich. Hierauf bende Qualität der Verbindungs- ohne erforderliche Schutzatmos-
ist die Beschaffung der jeweiligen schicht mit nicht zu hoher Poro- phäre auf die übliche Behandlungs-
Anlage entsprechend abzustimmen. sität ist die Kontrolle der Salz- temperatur von 570 bis 580 °C er-
schmelzen auf Verunreinigungen wärmt werden. Dabei entwickelt
durch eingeschleppte Metallspäne, sich aus dem Pulver ein Gasge-
7.3 Salzbadnitrocarburieren Nichteisenmetallreste, Sand (Guss- misch, das Ammoniak und Kohlen-
haut von Gussteilen) oder Schwe- dioxid enthält. Das Verfahren
Als flüssige Stickstoffspender fel enthaltende Kühlschmierstoffe eignet sich besonders für groß-
stehen Salzschmelzen zur Verfü- sowie durch die Reaktionsproduk- volumige Werkstücke wie z. B.
gung. Diese enthielten ursprüng- te in der Salzschmelze. Der Gehalt Werkzeugformen, wird jedoch
lich ca. 50 % Natrium- und Kalium- an gelöstem Eisen sollte unterhalb derzeit industriell kaum noch
cyanid. Die Salzschmelzen werden von 0,20 Masse-% Eisen, bestimmt angewendet.
vorzugsweise in Titantiegeln be- als Na4[Fe(CN)6], liegen. Auch der
trieben und elektrisch von außen Cyanatgehalt sollte in ausreichen-
beheizt. Um ein ausreichendes den Zeitabständen kontrolliert wer-
Stickstoffangebot zu erhalten, wird den. Die Betriebstemperatur sollte
durch ein Belüftungsrohr Luft in 600 °C nicht überschreiten, um 8 Vorbehandeln und
die Salzschmelze eingeleitet, wo- eine Beeinträchtigung der Salz-
durch sich ein Teil des Cyanids in schmelze und Lebensdauerverkür- Vorbereiten der
Cyanat umsetzt gemäß der Reak- zung des Titantiegels zu vermeiden. Werkstücke
tionsgleichung: Damit die Temperatur der Salz-
6CN -- + 2 · O2 → 4 [N] +
schmelze beim Einbringen einer 8.1 Vorbehandlung
neuen Behandlungscharge nicht zu
2 · CN -- + 3 · CO -- + CO
3
stark abfällt, hat es sich als zweck- Das Vorbehandeln bzw. Vor-
Das Cyanat liefert schließlich dienlich erwiesen, das Behand- bereiten der Werkstücke dient da-
durch Zerfall Stickstoff und Kohlen- lungsgut auf Temperaturen von zu, unerwünschte Einflüsse von
stoff für die Eindiffusion in die 250 bis 350 °C vorzuwärmen. Eigenspannungen oder des Ober-
Werkstückrandschicht. Das bedeu- Nach dem Salzbadnitrocarbu- flächenzustandes auf den Endzu-
tet, dass das Behandeln in Salz- rieren kann in Öl, Wasser oder stand zu beseitigen, den Behand-
schmelzen grundsätzlich ein Nitro- Heißwasser oder anderen geeig- lungsablauf abzusichern und ge-
carburieren darstellt. neten Abschreckmitteln wie auch gebenenfalls das Nitrieren oder
Da sich also ein Teil des Cya- in speziellen Behältern im Gas das Nitrocarburieren örtlich zu
nids verbraucht, ist es erforderlich, oder im Unterdruckbereich abge- begrenzen.
die Salzschmelze zu regenerieren. kühlt werden.
Dies erfolgt durch Ausschöpfen In Frankreich werden teilweise
von Altsalz und Nachfüllen von Salzschmelzen benutzt, die zusätz- 8.1.1 Spannungsarmglühen
Frischsalz. Die relativ hohen Cya- lich Alkalisulfat enthalten, so dass
nidgehalte des Altsalzes führten auch eine Eindiffusion von Schwe- Wenn Eigenspannungen – z. B.
zu Problemen mit einer umwelt- fel und damit die Bildung von durch Zerspanen erzeugt – das Ver-
gerechten Entsorgung (Salzab- Eisensulfid im äußersten Bereich zugsverhalten beim Nitrieren oder
fälle werden vom Salzlieferanten der Verbindungsschicht möglich Nitrocarburieren unzulässig beein-
zurückgenommen und umwelt- ist („Sulfonitrocarburieren“). flussen können, ist ein Spannungs-
gerecht deponiert). Aus diesem armglühen möglichst 30 °C ober-
Grunde wurden Salzschmelzen auf halb der Nitrier- oder Nitrocarbu-
Cyanatbasis entwickelt, aus de- 7.4 Pulvernitrocarburieren riertemperatur zu empfehlen. Die
nen zum Regenerieren kein Alt- dadurch eintretenden Maß- und
salz mehr ausgeschöpft, sondern Zum Nitrocarburieren werden Formänderungen können durch
nur noch ein Regenerator (TF1- pulverförmige bzw. körnige Mittel eine nachfolgende spanende Bear-
Verfahren) zugegeben werden auf der Basis von Calciumcyanamid, beitung beseitigt werden, wofür
muss. Dieser lässt sich mit ent- dem ein Aktivator zugegeben wird, ein ausreichendes Aufmaß vorzu-
sprechenden Dosiervorrichtungen verwendet. Die zu behandelnden sehen ist. Dieses ist so zu bemes-
kontinuierlich zugeben, so dass das Werkstücke werden in Kästen ge- sen, dass gegebenenfalls beim
Stickstoffangebot in gleicher Höhe stellt oder gelegt, mit dem Pulver Spannungsarmglühen eingetretene
erhalten bleibt. Derzeit werden und dem Aktivator (Verhältnis Pul- Randschichtveränderungen, z. B.

27
Merkblatt 447

eine Entkohlung, möglichst voll- 8.1.3 Vergüten dation) das Behandlungsergebnis


ständig entfernt werden. Die Tem- beeinträchtigen, ist es zweckmäßig,
peratur muss unter der Umwand- Um bestimmte Festigkeitswerte nach dem Vergüten eine spanende
lungstemperatur Ac1, des Werk- einzustellen, kann es zweckmäßig Zwischenbearbeitung der zu nitrie-
stück-Werkstoffs liegen; sie sollte sein, das Werkstück vor dem Ni- renden oder der zu nitrocarburie-
dieser Temperatur aber möglichst trieren oder Nitrocarburieren zu renden Werkstückoberflächen-
nahe sein. Bei vergüteten Werk- vergüten. Zur Durchführung des bereiche vorzunehmen.
stücken muss die Temperatur je- Vergütens siehe DIN 17022-1 und Bei mehrstündigem Nitrieren
doch niedriger als die vorangegan- DIN 17022-2. und Nitrocarburieren ist je nach
gene Anlasstemperatur sein, wenn Beim Vergüten sollte die An- der Anlassbeständigkeit des Werk-
die Festigkeit erhalten bleiben soll. lasstemperatur etwa 30 °C über der stück-Werkstoffs mit einem Ab-
Ein längeres Halten von mehr als späteren Temperatur beim Nitrie- fall der Härte und Festigkeit im
30 min nach dem Erwärmen ist ren oder Nitrocarburieren liegen. Kernbereich des Werkstücks zu
dann nicht erforderlich. Das Erwär- Dadurch wird im Allgemeinen eine rechnen.
men und Abkühlen ist so langsam ausreichende thermische Stabilität
durchzuführen, dass keine neuen erreicht, so dass beim Nitrieren/
Eigenspannungen entstehen kön- Nitrocarburieren das Anlassen 8.2 Vorbereiten der Werkstücke
nen. Bei kalt umgeformten Werk- nicht fortgesetzt wird. Bei sehr
stücken ist statt dem Spannungs- langer Nitrierdauer lässt es sich Rückstände von der spanenden
armglühen ein Normalglühen vor- jedoch nicht mit ausreichender bzw. spanlosen Bearbeitung, z. B.
zuziehen, wenn infolge Rekristalli- Sicherheit vermeiden, dass die Kühlschmierstoffe, Oxidschichten,
sation eine Grob- oder Mischkorn- nach dem Vergüten vorliegende Rückstände von Wasch- und Kon-
bildung eintreten kann. Kernhärte mehr oder weniger servierungsmitteln, können die
stark abnimmt. Stickstoffaufnahme – speziell beim
Es ist zu beachten, dass Anlass- Nitrieren oder Nitrocarburieren im
8.1.2 Normalglühen temperatur und -dauer sich auf Gas – mehr oder weniger stark be-
die Härteverlaufskurve des nitrier- einträchtigen [25]. Vermieden wer-
Eigenspannungen im Werk- ten und nitrocarburierten Zustands den müssen auch Rückstände von
stück-Rohteil können anstatt durch auswirken. Nichteisenmetallen, z. B. von Blei,
ein Spannungsarmglühen auch Außerdem wird durch das Ver- Zinn, Zink oder Kupfer, sei es
durch ein Normalglühen verringert güten die Bereitschaft der Nitrid als Abrieb auf der Werkstückober-
werden. Gleichzeitig können da- bildenden Legierungselemente zur fläche oder als anhaftende Späne.
durch der Gefügezustand verbes- Bildung von Nitriden beeinflusst. Beispiele für die Behinderung der
sert und Grob- oder Mischkornbil- Dies hängt damit zusammen, dass Stickstoffeindiffusion sind in den
dung in kritisch verformten Berei- diese gleichzeitig auch Carbidbild- Bildern 48 und 49 zu sehen. Bild
chen vermieden werden. Die zum ner sind und je nach den Bedin- 48 zeigt die Beeinträchtigung des
Normalglühen erforderlichen Be- gungen beim Vergüten (Austeni- Wachstums der Verbindungs-
handlungsdaten (Temperatur, Dau- tisierung, Anlasstemperatur und schicht durch Zinkrückstände.
er, Abkühlung) sind den Techni- -dauer) mehr oder weniger als Diese stammen von den zum Kor-
schen Lieferbedingungen der Stähle Carbid abgebunden sein können. rosionsschutz verzinkten Trans-
oder entsprechenden Unterlagen Um auszuschließen, dass Ver- portbehältern. In Bild 49 ist ein
der Stahlhersteller zu entnehmen. änderungen der Randschicht beim Werkstück abgebildet, bei dem die
Vergüten (z. B. Entkohlung, Oxi- Diffusionsschicht ungleichmäßig

Bild 48: Behinderung des Wachstums der Verbindungsschicht: links normale, rechts anomale Ausbildung

28
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

Bild 49: Gusshaut, Farb- oder Lötflussmit-


Aufstickungs- telreste von der Werkstückober-
behinderung beim fläche entfernt werden. Es ist da-
Gasnitrieren rauf zu achten, dass nach dem
Strahlen Strahlmittelreste möglichst
vollständig von den Werkstücken
entfernt werden, um die Stickstoff
spendenden Behandlungsmittel
nicht zu beeinträchtigen.

8.2.1.4 Beizen
ausgebildet ist: An der Innenseite 8.2.1.1 Waschen Bei Werkstücken aus legierten
ist stellenweise keine Nitrierschicht Üblich ist das Waschen in Stählen kann es notwendig sein,
vorhanden. heißem Wasser mit geeigneten die Oberfläche für die Stickstoffauf-
Späne, Grate, Rost, Zunder und Reiniger-Zusätzen. Die Zusätze nahme zu aktivieren. In manchen
Nichteisenmetalle können aber sollten frei sein von Boraten, Phos- Anwendungsfällen hat es sich als
auch bei Salzschmelzen die che- phaten und Silicaten. Um eine aus- nützlich erwiesen, speziell vor ei-
mische Zusammensetzung und da- reichende Reinigungswirkung zu nem Gasnitrieren zu beizen. Beim
mit deren Wirkung verändern. erzielen, kann es zweckmäßig sein, Plasmanitrieren und Plasmanitro-
Je nach Verschmutzung der den Waschvorgang zu unterstüt- carburieren wird ein ähnlicher
Oberfläche und den Qualitätsan- zen, indem die Werkstückober- Effekt durch ein vorgeschaltetes
forderungen ist es notwendig, die fläche gezielt mit Wasserstrahlen Sputtern (Plasmaätzen) erreicht.
Werkstücke vor dem Nitrieren oder (Spritzverfahren) oder Ultraschall Beizen eignet sich auch dazu, Rost,
Nitrocarburieren auf geeignete beaufschlagt wird. Zunder sowie Walz-, Schmiede-
Weise sorgfältig zu reinigen und/ Nach dem Waschen müssen oder Gusshaut von den Werkstü-
oder zu behandeln. Nach dem die Werkstücke ausreichend ge- cken zu entfernen.
Reinigen müssen die Werkstücke trocknet werden. Mit den Werk- Es ist jedoch zu beachten, dass
und die Werkstückträger oder stücken in den Ofen eingeschleppte auch die Rückstände der benutzten
Chargiervorrichtungen getrocknet Feuchtigkeit kann beim Erwär- Beizmittel möglichst vollständig
werden. men durch Verdampfen zu hohem von der Werkstückoberfläche ent-
Bolzen oder Schrauben, die Druckanstieg führen. Insbesondere fernt werden, da diese sonst zu
zum Verschließen von Bohrungen können sich dadurch beim Nitro- korrodieren beginnen kann. Außer-
oder Gewindelöchern benutzt wer- carburieren in Salzschmelzen ge- dem darf nicht so intensiv gebeizt
den, sind vor dem Reinigen zu ent- fährliche Salzeruptionen ereignen. werden, dass Vertiefungen („Beiz-
fernen. Teile mit verschlossenen narben“) in der Werkstückrand-
Hohlräumen dürfen aus Sicherheits- 8.2.1.2 Entgraten schicht entstehen.
gründen nicht nitriert oder nitro- Durch spanende Bearbeitung
carburiert werden. entstandene Grate lassen sich
durch Strahlen, chemisches oder 8.2.2 Voroxidieren
thermisches Entgraten entfernen.
8.2.1 Reinigen der Werkstücke Es ist jedoch zu beachten, dass In manchen Anwendungsfällen
beim thermischen Entgraten die hat es sich als nützlich erwiesen
Das Reinigen wird angewen- Werkstückoberfläche oxidiert wird [19, 26], vor dem Nitrieren oder
det, um die Rückstände von Bear- und beim chemischen Entgraten Nitrocarburieren im Gas die Werk-
beitungshilfsstoffen, z. B. Kühl- der Werkstoff mit dem Elektrolyten stücke gezielt zu oxidieren. Damit
schmierstoffe oder Konservierungs- reagiert, so dass u. U. eine Beein- lassen sich eine gewisse thermi-
mittel, Zunder, Rost, Farb- oder trächtigung der Stickstoffaufnahme sche Reinigung und eine Aktivie-
Lötflussmittelreste, von der Werk- eintreten kann. rung der Oberfläche erreichen,
stückoberfläche zu entfernen. Auch Zur Entfernung anhaftender was die Stickstoffaufnahme ver-
anhaftende Späne, Walz- oder Späne ist es zweckmäßig, die Werk- bessert. Für Werkstücke aus unle-
Schmiedehaut sollten entfernt stücke zu entmagnetisieren. gierten und niedrig legierten Stäh-
werden. len ist eine Temperatur von etwa
Das Reinigen kann erfolgen durch 8.2.1.3 Strahlen 300 °C, für Werkstücke aus hoch-
– Waschen, Durch trockenes oder nasses legierten Stählen 400 bis 500 °C
– Entgraten, Strahlen mit für das Reinigen ge- zu empfehlen.
– Strahlen, eigneten Mitteln können Grate,
– Beizen. Zunder, Walz-, Schmiede- oder

29
Merkblatt 447

8.2.3 Vorbereiten für ein örtlich gang in einer Einrichtung vorzu- Nitrocarburieren in Wasserdampf,
begrenztes Nitrieren oder nehmen, die ein Spritzen, Quell- Luft oder speziellen Salzschmelzen
Nitrocarburieren fluten, Auskochen oder Bürsten die Werkstücke bei Temperaturen
ermöglicht, bzw. die zu reinigen- zwischen 350 und 550 °C zu oxi-
Sollen bestimmte Bereiche den Teile im Waschmittel zu be- dieren. Das Oxidieren kann je nach
eines Werkstücks nicht nitriert wegen. Ofenanlage auch mit dem Abküh-
oder nitrocarburiert sein, kann Hier wie auch im Abschreck- len kombiniert werden. Dabei
– ein Aufmaß vorgesehen werden, mittel bleiben die Salzreste salz- wird eine bis etwa 1 Mikrometer
das nach dem Nitrieren oder badnitrocarburierter Werkstücke dicke Oxidschicht angestrebt.
Nitrocarburieren spanend abge- zurück, was bei der Entsorgung Gleichzeitig werden auch die
arbeitet wird; entsprechend zu beachten ist. Poren der Verbindungsschicht
– ein gegen Aufstickung schüt- Werkstücke, die in Öl oder an mit Oxid gefüllt.
zender Überzug, z. B. eine Paste Luft abgekühlt werden, verfärben
oder eine galvanisch erzeugte sich häufig. Dies lässt sich nicht
Kupfer-, Nickel- oder Zinn- durch Waschen verändern, son- 9.4 Diffusionsbehandeln
schicht, aufgebracht werden dern nur durch Abkühlen in Inert-
(beim Nitrocarburieren in Salz- gas (Stickstoff) oder in einer Unter- Werkstücke aus hochlegierten
schmelzen darf nur Nickel be- druckkammer vermeiden bzw. Werkstoffen erhalten eine relativ
nutzt werden); durch ein nachträgliches Läpp- hohe Oberflächen- und Randhärte.
– ein Schutzkörper, z. B. Kappen strahlen verbessern. Je nach Beanspruchung kann dies
auf Wellenenden, angebracht Aufgebrachte Isoliermittel- zu Ausbrüchen von Materialparti-
werden (eine zuverlässige schichten müssen je nach ihrer keln aus der Randschicht führen.
Schutzwirkung ist jedoch damit Zusammensetzung abgewaschen, Um dieses Risiko zu reduzieren und
nur beim Plasmanitrieren und galvanisch abgelöst oder mecha- die Zähigkeit etwas zu verbessern,
Plasmanitrocarburieren zu er- nisch abgearbeitet werden. Von kann es zweckmäßig sein, durch
reichen). einem Beizen ist abzuraten, da ein Diffusionsbehandeln das Stick-
In den nicht aufgestickten sonst die Verbindungsschicht be- stoff- und damit auch das Härte-
Bereichen können dann nur noch schädigt bzw. abgetragen wird. profil zu verändern. Die Behand-
thermisch bedingte Änderungen lungstemperatur sollte entweder
des Werkstoffzustands eintreten. so hoch sein wie die Nitrier-/Ni-
9.2 Auslagern trocarburiertemperatur oder nur
wenig darüber liegen. Allerdings
Bei nitrocarburierten Werk- sind je nach Temperatur Beein-
9 Nachbehandeln stücken aus unlegierten Eisenwerk- trächtigungen der Verbindungs-
stoffen kann durch ein Auslagern schicht durch die Diffusion des
Ein Nachbehandeln nitrierter der Lösungszustand des Stickstoffs Stickstoffs nicht auszuschließen.
oder nitrocarburierter Werkstü- verändert und damit das Formän- Die Haltedauer richtet sich nach
cke soll den Zustand der Nitrier- derungsvermögen verbessert wer- dem geforderten Verlauf des Härte-
schicht oder der Oberfläche der den. Andererseits verringert sich profils. Bild 50 zeigt ein Beispiel
Werkstücke durch ein zusätzliches dadurch die Dauerschwingfestig- für die Absenkung der Randhärte
Wärmebehandeln, ein Reinigen keit. Das Auslagern ist jedoch nur durch ein Diffusionsbehandeln
oder ein spanendes Bearbeiten dann erfolgreich, wenn nach dem beim Stahl X40CrMoV5-1.
optimieren. Nitrocarburieren auf Raumtempe-
ratur abgeschreckt wird. Zum Aus-
lagern ist auf eine Temperatur von 9.5 Spanendes Bearbeiten
9.1 Reinigen 120 bis 300 °C zu erwärmen und
ca. 60 min lang zu halten. Das an- Dieses kann notwendig sein,
Reinigen der nitrierten oder schließende Abkühlen kann belie- um die für den Einbauzustand er-
nitrocarburierten Werkstücke ist big erfolgen. forderliche Oberflächengüte zu er-
erforderlich, um nach dem Salz- reichen, um Kantenaufwölbungen
badnitrocarburieren Salzreste bzw. oder andere Formabweichungen
nach einem Abschrecken in Öl 9.3 Nachoxidieren zu beseitigen oder um gezielt einen
oder in Emulsionen Reste des Ab- Teil der Verbindungsschicht, z. B.
schreckmittels zu entfernen. Zur weiteren Steigerung des den porösen Bereich, oder die
Die Salzreste sind zwar relativ Korrosionswiderstandes der Ver- ganze VS abzutragen. Hiernach
leicht wasserlöslich, jedoch kann bindungsschicht hat es sich be- richtet sich die Wahl des Bearbei-
es notwendig sein, den Waschvor- währt, nach dem Nitrieren oder tungsverfahrens.

30
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

Bild 50: Eine genauere Messung ist zer-


1100 Beeinflussung störungsfrei mit einem nach dem
1000 Stahl X40CrMoV5-1
des Härteprofils Wirbelstrom-Prinzip arbeitenden
gehärtet und angelassen durch ein nach- Schichtdickenmessgerät möglich.
900 trägliches Diffu- Durch sorgfältiges Kalibrieren kann
sionsbehandeln die Dicke mit ± 20 % Genauigkeit
800 bestimmt werden.
700 Eine andere, jedoch aufwendi-
gere zerstörungsfreie Messung ist
Härte [HV 0,5]

zusätzlich
600 diffusionsbehandelt mittels Röntgenbeugung möglich
600 ºC 4 h
(zweckmäßig ist die Verwendung
500 der Mo-Kα-Strahlung). Aus dem Ver-
gasnitriert
400 550 ºC 30 h hältnis der ε-Nitrid-Reflexe zum Fer-
ritreflex kann anhand einer Eich-
300 kurve die VS-Dicke bestimmt wer-
den. Sie lässt sich auch aus dem
200 Stickstoff-Konzentrationsprofil
100 einer GDOES-Mikroanalyse ent-
nehmen.
0 Die eindeutig besten Ergeb-
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 nisse und Zusatzinformationen
Abstand von der Oberfläche [mm] z. B. über die Porosität der VS
liefert zweifellos die zerstörende
metallographische Untersuchung
Soll die Verbindungsschicht 10 Prüfen nitrierter an einem Querschliff. Bei der
möglichst weitgehend erhalten Präparation muss allerdings dar-
bleiben, kommt Honen, Super-
und nitrocarburierter auf geachtet werden, dass die
finishen, Gleitschleifen oder Po- Werkstücke Verbindungsschicht unzerstört
lieren in Frage. Schleifen ist nur bleibt. Das galvanische Aufbrin-
zulässig, wenn die VS abgetragen Je nach dem Zweck des Ni- gen einer Schutzschicht vor dem
werden darf oder muss. trierens/Nitrocarburierens ist vor- Schleifen und Polieren der Quer-
Durch Strahlen mit Glas- oder wiegend entweder die Verbin- schlifffläche ist zu empfehlen.
Quarzperlen kann ebenfalls ein dungsschicht oder die Nitrierhär-
Abtrag in der Größenordnung von tetiefe oder beides die maßgeben-
1 bis 2 Mikrometern vorgenommen de Zielgröße, vgl. Tabelle 1. Dem- 10.2 Nitrierhärtetiefe
werden. Bürsten ergibt dagegen entsprechend kommt es darauf
nur einen Reinigungseffekt. an, die Dicke der Verbindungs- Auch ein exaktes Ermitteln
Richten verzogener Wellen, schicht oder die Nht zu prüfen. der Nitrierhärtetiefe ist nur zerstö-
Glattwalzen, Biegen oder Bördeln Auf das zusätzliche Messen der rend möglich. Für die Bestimmung
lässt sich bei Werkstücken aus un- Oberflächenhärte kann im allge- der Nitrierhärtetiefe Nht ist nach
legierten Werkstoffen in begrenz- meinen verzichtet werden. DIN 50190-3 vorzugehen. Im Re-
tem Maß durchführen, wobei ein gelfall wird auf der entsprechend
Abschrecken und Auslagern vor- präparierten Schlifffläche mit einer
teilhaft ist. Bei legierten Werkstof- 10.1 Dicke der Verbindungsschicht Prüfkraft von 4,9 N gemessen und
fen besteht dagegen die Gefahr, aus dem Härteprofil der Abstand
dass Anrisse entstehen. Ein qualitativer Nachweis der von der Oberfläche des Prüflings
Verbindungsschicht kann mit der bis zu dem Punkt entnommen, an
so bezeichneten Tüpfelprobe vor- dem die Härte (Grenzhärte) noch
genommen werden. Hierzu wird 50 HV höher ist als die Kernhärte,
die sorgfältig gereinigte Oberfläche vgl. Bild 26.
mit einem Tropfen einer 10%-igen Zusätzlich kann es zweckdien-
Kupferammoniumchloridlösung lich sein, auch die Randhärte in ei-
benetzt. Verfärbt sich der zunächst nem Oberflächenabstand von 0,05
bläuliche Tropfen, so bedeutet dies oder 0,1 mm zu prüfen und mit
ein Ausfällen von Kupfer auf der dem gegebenenfalls vorgeschrie-
Werkstückoberfläche wegen zu benen Sollwert zu vergleichen.
geringer Dicke der VS.

31
Merkblatt 447

11 Hinweise für die 12 % Chrom und 2 % Vanadium nahme in der Randschicht verur-
oder von Schnellarbeitsstählen, die sachten Maß- und Formänderungen
Konstruktion nitrierter nach Härten, Anlassen und Nitro- relativ gering. Es ist deshalb beson-
und nitrocarburierter carburieren noch eine Grundhärte ders wichtig, dafür zu sorgen, dass
Werkstücke von 60 HRC und mehr aufweisen. die zu behandelnden Werkstücke
Muss nach dem Nitrieren/ thermisch stabil und frei von Eigen-
11.1 Stahlauswahl Nitrocarburieren gerichtet, gebör- spannungen sind. Gegebenenfalls
delt oder glattgewalzt werden, sind ist vorher ein Spannungsarmglühen
Grundsätzlich können alle unlegierte Stähle vorzuziehen. durchzuführen.
Eisenwerkstoffe nitriert oder nitro- Demgegenüber ist die Stahlaus- Der Betrag der Maß- und
carburiert werden. Ausgehend von wahl für Werkzeuge meist sehr viel Formänderungen kann möglicher-
den geforderten Gebrauchseigen- einfacher. Entsprechend der Werk- weise beim Bearbeiten vor dem
schaften sind für die Werkstoffaus- zeugart ist die Stahlgruppe Kalt-, Nitrieren/Nitrocarburieren ein-
wahl verschiedene Gesichtspunkte Warm- oder Schnellarbeitsstahl geplant und vorgehalten werden.
zu berücksichtigen. Dies sind ne- bereits vorgegeben. Es ist lediglich Dies gilt besonders für Werkstücke
ben den Werkstoffeigenschaften zu berücksichtigen, dass durch mit komplizierter Formgestaltung,
wie z. B. Kernfestigkeit, Anlassbe- die Anlasswirkung beim Nitrieren/ wie beispielsweise in Bild 51.
ständigkeit oder Randhärte auch Nitrocarburieren ein Härteabfall Der hülsenförmige Kolben ist
Verfügbarkeit und Kosten des eintreten kann, so dass für hohe am Kugelende geschlossen. Der
Werkstoffs, Form und Gestalt des Kernfestigkeiten entsprechend Außendurchmesser am rechten
Werkstücks sowie die Fertigungs- anlassbeständige Stähle auszuwäh- Ende erfährt beim Nitrocarburie-
bedingungen. Ein für alle Anwen- len sind, siehe DIN EN ISO 4957. ren eine stärkere Volumendehnung
dungsfälle passendes Rezept kann Bei korrosionsbeständigen als an der Seite mit der Kugel, so
selbst unter Zusammenfassung Stählen ist zu beachten, dass keine dass er konisch wird. Durch sta-
aller bisher bekannten Erfahrun- VS wie bei den niedriger legierten tistische Auswertung der Maß-
gen nicht angegeben werden. und unlegierten Stählen entsteht änderungen durch das Nitrieren/
Ist die Nht die Zielgröße und und dass die Korrosionsbeständig- Nitrocarburieren einer ausrei-
muss eine hohe Randhärte er- keit durch Nitrieren oder Nitro- chend großen Anzahl von Teilen
reicht werden, sind bevorzugt die carburieren herabgesetzt wird. können die erforderlichen Maße
legierten Stähle, insbesondere die ermittelt werden, die in der Serien-
Nitrierstähle (siehe Tabelle 4) zu fertigung beim Bearbeiten vorge-
verwenden. Dies gilt auch für den 11.2 Wärmebehandlungs- halten werden müssen.
Fall, dass eine ausreichende Stütz- gerechte Formgestaltung Es ist zweckmäßig, die Werk-
wirkung für die VS erforderlich ist stückform so weit wie möglich
oder geschliffen werden muss. Wegen der relativ geringen zu vereinfachen, die Massenvertei-
Besteht das Risiko, dass die Dicke der Nitrierschicht können lung in den verschiedenen Quer-
Verbindungsschicht durch den Maß- und Formänderungen nicht schnittsbereichen zu optimieren,
Verschleißangriff abgetragen wird, durch ein nachträgliches Schleifen Massenanhäufungen zu verringern
empfiehlt sich z. B. die Verwen- beseitigt werden. Andererseits u. v. a. m., um so Maß- und Form-
dung von Kaltarbeitsstählen mit sind die durch die Stickstoffauf- änderungen zu minimieren.

Stahlsorte Vergüten Nitrieren Nitrocarburieren


Kurzname Werkstoff- Härten Anlassen Gas Gas Pulver
Nummer Plasma Salzbad Plasma
ºC in ºC ºC ºC ºC

31CrMo12 1.8515 870 – 910 Öl 570 – 700

31CrMoV9 1.8519 840 – 880 570 – 680

15CrMoV5-9 1.8521 940 – 980 Öl, Wasser 600 – 700 500 – 520 570 – 580 ≤ 580

34CrAlMo5-10 1.8507 900 – 940 570 – 650

34CrAlNi7-10 1.8550 850 – 890 Öl 570 – 660

Tabelle 4: Nitrierstähle nach DIN EN 10085 (Auszug)

32
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

12 Anwendungsbeispiele
Im Folgenden sind – ohne An-
spruch auf Vollständigkeit – einige
charakteristische Beispiele für das
Nitrieren bzw. Nitrocarburieren
von Bauteilen und Werkzeugen auf-
geführt und die typischen Gründe
für das Anwenden dieser Verfahren
Bild 51: Querschnitt eines Hydraulikkolbens angegeben.

12.1 Bauteile
Bei Werkzeugen mit Kühl- Nitrierhärtetiefe Nht gekennzeich-
bohrungen ist besonders darauf net. Diese Werte sind prüfbar Antriebs- und Förderteile:
zu achten, dass die Bohrungen und gemäß DIN 6773 je nach An- Zahnräder, Zahnkränze und -stan-
nicht verschlossen sind. Enthaltene wendungsfall in die Zeichnung – gen, Ritzel, Schrauben-, Steuer-,
Feuchtigkeit kann explosionsartig neben der Werkstoffangabe und Synchron-, Schneckenräder,
verdampfen, wodurch Verschlüsse der Verfahrensbenennung einzu- Schnecken, Schneckengetriebe
aufgesprengt, der Ofen beschädigt, tragen. In den Bildern 52 und 53 und -wellen, Differentialgehäuse,
Salz aus Schmelzen herausgeschleu- sind zwei Beispiele gezeigt. Extruderschnecken und -zylinder,
dert und Personen verletzt werden Die Art und Weise, auf wel- Förderketten, Leit-, Gewinde-,
können. chem Wege der vorgeschriebene Transport-, Stellspindeln, Führun-
Zustand zu erreichen ist, kann in gen, Steuerstangen, Achsschen-
ergänzenden Unterlagen, wie z. B. kel, Kupplungslamellen, Schalt-
11.3 Zeichnungsangaben einer Wärmebehandlungs-Anwei- gabeln, Synchronkörper, Tacho-
sung (WBA, siehe DIN 17023) oder meterantriebe, Treibachsen für
Der nitrierte bzw. nitrocarbu- einem Wärmebehandlungs-Plan Elektrolokomotiven, Seiltrommel-
rierte Werkstoffzustand wird im angegeben werden. scheiben, Rütteltöpfe.
Wesentlichen durch die Dicke der
Verbindungsschicht VS oder die Verbrennungsmotorenteile:
Zylinderköpfe, -blöcke, -laufbuch-
sen, Einlassventile, Pleuel, Kolben-
ringe und -bolzen, Kurbelwellen,
Kipphebel, -brücken und -achsen,
Ventilhebel, Lagerschalen, Nocken
und Nockenwellen, Stößelfüh-
Gasnitriert rungen.
≥ 900 HV 10
Nht = 0,3 + 0,1 Hydraulikteile:
Ventile, Ventil- und Steuer-
schieber, Pumpenritzel, -wellen,
-zylinder, -körper, Kolben, Gleit-
Bild 52: Beispiel für die normgerechte Zeichnungsangabe eines nitrierten Werkstücks teile, Pumpengehäuse, Verstell-
und Hydraulikzylinder, Dichtungs-
ringe.

Maschinenelemente:
Federn, Passfedern, Federbeine,
Nitrocarburiert -führungen, -teller, Stifte, Bolzen.
VS = 12 µm + 6 µm
Sonstige Teile:
Führungsbolzen, -buchsen, Gabel-
und Messerführungen, Gelenk-
körper, Gleitbahnen, Türangeln,
Bild 53: Beispiel für die normgerechte Zeichnungsangabe eines nitrocarburierten Lagerschalen, Nadellagerkäfige,
Werkstücks Drucklagerringe, Anlaufscheiben.

33
Merkblatt 447

Bild 54 zeigt Antriebs- bzw.


Transportelemente aus dem Kame-
ra- und Projektorenbau. Bei diesen
spezifisch auf abrasiven Verschleiß
beanspruchten Teilen kommt es
auf eine möglichst verzugsfreie
Wärmebehandlung an. Die durch
50 mm
das Umformen der dünnwandigen
Blechteile erzeugten Eigenspan-
nungen werden bei einem Einsatz-
härten ausgelöst und führen zum
Verzug. Ein Richten oder Schleifen
scheidet aus. Ein Nitrocarburieren
gewährleistet einen ausreichenden
Verschleißwiderstand und bewirkt
nahezu keine Maß- und Formände-
rungen.
Werkstücke mit geometrisch
ungleichmäßiger Form wie die in
Bild 55 gezeigte Zahnstange ver-
ziehen sich durch Härten oder Ein-
satzhärten. Aufwendiges Schleifen
lässt sich vermeiden durch Nitro-
carburieren, wenn die spezifische
Flächenbelastung nicht zu hoch ist.
Die Mantelfläche des in Bild
56 abgebildeten Steuernockens
wird durch ein relativ aufwendiges
Fein-Kopierdrehen hergestellt und Bild 54: Kleinteile für Filmkameras und -projektoren
ist dem adhäsiven und abrasiven
Verschleiß des Abtaststiftes ausge-
setzt. Härten oder Einsatzhärten
würde eine Nachbearbeitung durch
Hartdrehen erfordern. Auch hier
ist der einfachere Weg ein Nitro-
carburieren.
Die Lochscheibe in Bild 57
stammt aus einer Axialkolben-
pumpe. In den Bohrungen tritt Ver-
schleiß auf. Neben starkem Verzug
sind an den vorhandenen dünnen Bild 55: Nitrocarburierte Zahnstange
Stegen nach einem Härten oder
Einsatzhärten Risse zu befürchten.
Dies ist bei einem Nitrocarburieren
zu vermeiden.

Bild 56: Nitrocarburierter Steuernocken

Bild 57: Nitrocarburierte Lochscheibe


einer Axialkolbenpumpe

34
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

Die elektromagnetischen
Eigenschaften der Eisenwerkstoffe
werden durch eine Härtung deut-
lich verschlechtert. Dies tritt bei
einem Nitrieren oder Nitrocarbu-
rieren nicht im selben Maße ein.
Deshalb eignet es sich vorzüglich
für verschleißbeanspruchte Bau-
teile in Magnetschaltern. Bild 58
zeigt hierzu ein Beispiel.

Bild 59: Nitrocarburierter Pumpenzylinder einer


Axialkolben-Hydraulikpumpe

Bild 58: Nitrocarburierter Anker und Scheibe aus einem Bild 60: Nitrocarburierte Steuerscheiben einer
Steuerventil Axialkolben-Hydraulikpumpe

Die Bilder 59 bis 61 zeigen


weitere typische Teile aus dem
Hydraulikpumpenbau, Bild 62
Extruderschnecken.
Für Bauteile beträgt die Be-
handlungsdauer üblicherweise
beim Nitrocarburieren je nach An-
wendungsfall 30 min bis 4 h, was
zu einer Dicke der Verbindungs-
schicht von 5 bis 20 Mikrometern Bild 61: Nitrocarburierter Kolben einer Hydraulikpumpe
führt. Dies ist für die meisten An-
wendungsfälle, bei denen es auf
das Vorhandensein der Verbin-
dungsschicht ankommt, ausrei-
chend.
Beim Nitrieren liegt die Be-
handlungsdauer je nach Stahl und Bild 62:
erforderlicher Nht bei 10 bis 60 h. Plasmanitrierte
Extruderschnecken
(Eltro GmbH)

35
Merkblatt 447

12.2 Werkzeuge

Auch auf dem Werkzeugsektor


gibt es zahlreiche Beispiele für die
seit Jahrzehnten erfolgreiche An-
wendung des Nitrocarburierens,
insbesondere des Salzbadnitrocar-
burierens, zur Standzeiterhöhung
und damit Kostensenkung. Im Fol-
genden werden einige typische An-
wendungsbeispiele näher erläutert.

Bild 63:
12.2.1 Kaltarbeitswerkzeuge Nitrocarburierter
Ziehring für die
Dies sind Zieh-, Biege-, Roll-, Herstellung von
Stanz-, Schnitt-, Press-, Fließpress- Näpfen
oder Lochwerkzeuge, die Be-
triebstemperaturen von etwa 200
bis 250 °C ausgesetzt sind. Von
ihnen wird hauptsächlich gefor-
dert:
– hohe Druckfestigkeit (Härte,
Widerstand gegen Schlag),
– hohe Zähigkeit (Biegefestigkeit),
– hoher Verschleißwiderstand Bild 64:
(Schneidhaltigkeit) und teilweise Nitrocarburiertes
– geringe Kaltschweißneigung. Werkzeug zum
Pressen von auste-
Die Kaltarbeitsstähle können nitischem Blech 10 mm
zwar durch das Härten eine ausrei-
chende Härte und Druckfestigkeit
erreichen, sie sind jedoch gegen- Üblich ist eine Behandlungs- – hohe Anlassbeständigkeit
über der Behandlungstemperatur dauer von 30 min bis 4 h, je nach – hohe Warmfestigkeit
beim Nitrieren und Nitrocarburie- Werkzeugart und Werkstoff. – ausreichender Warmverschleiß-
ren nicht ausreichend anlassbestän- In den Bildern 63 und 64 widerstand
dig. Hier muss für den höheren Ver- sind typische Kaltarbeitswerkzeu- – hohe Zähigkeit
schleißwiderstand und eine gerin- ge zum Tiefziehen von Stahlblech – hohe Wärmeleitfähigkeit
gere Kaltschweißneigung eine mög- bzw. Pressen von austenitischem – geringe Warmrissempfindlich-
licherweise geringere Druckfestig- Blech dargestellt. Bei der Verarbei- keit
keit in Kauf genommen werden. tung solcher Stoffe entsteht Adhä- – gute Gleiteigenschaften der
Durch Nitrieren oder Nitrocar- sionsverschleiß, wodurch der Zieh- Oberfläche
burieren kann das Aufkleben und vorgang durch größere Reibung – geringe Neigung zu Materialan-
Verschweißen von Metallpartikeln erschwert und die Oberfläche der satz durch Kleben.
des verarbeiteten Materials, selbst Ziehteile verschlechtert wird.
bei den außerordentlich verschleiß- Durch das Nitrocarburieren kann Durch Nitrocarburieren kön-
festen, 12 % Chrom enthaltenden die Standzeit signifikant erhöht nen Anlassbeständigkeit und Tem-
Stählen, verbessert werden. Um werden. peraturunempfindlichkeit verbes-
eine hohe Grundhärte der Werk- sert werden. Das Auftreten der
zeuge zu erreichen, kann es zweck- typischen Warmrisse wird auf ei-
mäßig sein, vorzugsweise die lede- 12.2.2 Warmarbeitswerkzeuge nen späteren Zeitpunkt verscho-
buritischen, mit 1 bis 2 Masse-% ben. Die Reibung und die bei den
Vanadium legierten Stähle zu be- Dies sind Spritz-, Druckgieß-, relativ hohen Arbeitstemperatu-
nutzen, die nach dem Nitrocarbu- Strangpress- und Schmiedewerk- ren stärkere Klebneigung werden
rieren noch eine Härte von 60 HRC zeuge, deren Arbeitstemperaturen durch günstigeres Gleitverhalten
aufweisen, oder auf Schnellar- oberhalb von 250 °C liegen. Für die und geringere Adhäsion verringert.
beitsstähle auszuweichen. Gebrauchsfähigkeit wird gefordert:

36
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

Die Nitrierschicht wird von der


Betriebstemperatur bis etwa 550 °C
kaum beeinträchtigt, bei höheren
Temperaturen tritt durch die Wei-
terdiffusion des Stickstoffs aller-
dings ein allmählicher Abbau ein.
Werkzeuge mit höheren Arbeits-
temperaturen (Schmiedewerk-
zeuge, Strangpresswerkzeuge für
Messing und Bronze) müssen daher
nach gründlicher Reinigung von
Resten des verarbeiteten Materials
und der Oxidhaut erneut nitrocar-
buriert werden, was mehrmals
ohne Schaden möglich ist.
Beachtlich sind die Erfolge des
Nitrocarburierens von Spritz- und
Druckgießwerkzeugen, denn die
aufgestickte Oberfläche ist gut po-
lierbar. Sie erhält einen zusätzlichen
Korrosionsschutz, der bei der Ver-
arbeitung korrodierend wirkender
Bild 65: Nitrocarburierte Strangpressmatrizen Kunststoffe günstig ist. Nitrocar-
burierte Warmpressgesenke und
Matrizen, wie die in Bild 65 ge-
zeigten Strangpressmatrizen, ertra-
gen doppelte Standzeiten und mehr,
ohne dass zeitraubender Werkzeug-
ausbau und Reinigung von ange-
klebten Resten des verarbeiteten
Materials erforderlich werden.
Durch die verringerte Klebwirkung
und die geringere Reibung lässt
sich die Pressgeschwindigkeit erhö-
hen und der Pressdruck verringern.
Bei Druckgießwerkzeugen
(siehe Bild 66), wird die Oberflä-
chengüte der hergestellten Teile
durch die aufgestickte Randschicht
besser und dadurch ein leichteres
Entformen der Teile (Auswerfen)
erreicht. Beides führt zu längerer
Lebensdauer und kürzeren Takt-
zeiten und damit zu höherer Aus-
bringung.
Die übliche Behandlungsdauer
beträgt beim Salzbadnitrocarbu-
rieren 2 bis 3 h. Werden wie bei
Druck- oder Spritzgießformen, wo
relativ hohe Schließdrücke vorlie-
gen, hohe Kernfestigkeiten ver-
langt, ist Plasmanitrocarburieren zu
empfehlen. Hier kann bei Tempe-
raturen unterhalb 570 °C gearbeitet
werden, so dass die vorher beim
Härten eingestellte Kernfestigkeit
Bild 66: Nitrocarburierte Druckgießwerkzeuge erhalten bleibt.

37
Merkblatt 447

12.2.3 Werkzeuge aus


Schnellarbeitsstählen

Schnellarbeitsstähle werden
in erster Linie für Werkzeuge der
Zerspantechnik, also für Bohrer,
Fräser, Senker, Räumnadeln,
Gewindeschneidwerkzeuge, Reib-
ahlen, Dreh-, Form- und Abstech-
stähle usw. verwendet. Hier herr-
schen Betriebstemperaturen bis
über 600 °C. Für optimale Funktion
der Werkzeuge werden
– hohe Warmfestigkeit, Bild 67: Nitrocarburierter T-Nutenfräser
– hoher Warmverschleißwider-
stand und
– hohe Zähigkeit
gefordert.

Bei den Schneidwerkzeugen Bei Schneidstählen wird von können nach jeder Schärfoperation
wird durch die Nitrierschicht die Standzeiterhöhungen bis zum erneut nitrocarburiert werden,
Reibung vermindert und damit dem Fünffachen berichtet, wobei sich sofern beim Schärfen die für den
Kolkverschleiß entgegengewirkt. dies auf kontinuierlichen Schnitt, Verschleiß maßgebliche Fläche
Somit verringern sich auch die auf Werkzeuge für Feinbearbeitung geschliffen wurde.
Schnitttemperaturen, und die mit hohem Flanken- oder Freiflä- Die Anwendung des Nitrocar-
Standzeiten werden verlängert. chenverschleiß sowie auch auf burierens zur Standzeitverbesse-
Schneidwerkzeuge dürfen nur Werkzeuge, die nur an der Span- rung von Schneidwerkzeugen wur-
kurzzeitig nitrocarburiert werden, fläche nachgeschliffen werden de in den letzten Jahren in einigen
so dass keine Verbindungsschicht müssen, bezieht (Rundform- und Fällen durch Entwicklungen mittels
gebildet wird, die bei diesen hoch- Tangentialdrehmeißel, Spiralboh- PVD-Technik abgeschiedener Hart-
legierten Stoffen außerordentlich rer, Senker, Nutenfräser). Dabei stoffschichten ersetzt.
hart und spröde ist. Dies bedeutet reicht meist ein einmaliges Nitro-
eine Behandlungsdauer von nur carburieren aus. Schneidwerkzeuge
wenigen Minuten, was sich prak-
tisch nur durch Salzbadnitrocar-
burieren realisieren lässt.
Bild 67 zeigt einen T-Nuten-
fräser zum Fräsen von Federkeil-
nuten in Achsen. Die Fräser ver-
schleißen sowohl an den Schneid-
kanten als auch an den Stirnflä-
chen. Ein Nachschärfen verbietet
sich, da dann das Maß für die Nu-
tenbreite nicht mehr einzuhalten
ist. Die Fräser müssen also ausge-
schieden werden, sofern sie nicht
für andere Zwecke verwendet
werden können. Durch kurzzeiti-
ges Nitrocarburieren ließ sich
die Standzeit signifikant erhöhen.
Die Formbohrer und -senker
und die Gewindebohrer in Bild
68 erhalten ebenfalls durch kurz- Bild 68:
zeitiges Nitrocarburieren eine er- Nitrocarburierte
hebliche Standzeitverbesserung, Formschneidwerk-
die sich z. B. beim Bearbeiten von zeuge zur Alumi-
Aluminium positiv auswirkt. niumbearbeitung

38
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

13 Hinweise zur werk durch Zwischengitter aufzu- Damit die Temperatur beim
lockern, sind Werkstücke zu ver- Eintauchen einer zu behandelnden
Anlagentechnik einzeln und/oder im Behandlungs- kalten Charge nicht zu tief absinkt,
mittel zu bewegen, oder es ist für ist ein Vorwärmen der Charge in ei-
13.1 Allgemeines
eine entsprechende Bewegung, nem separaten Ofen auf ca. 300 °C
Für die Auswahl der geeigne- z. B. durch Umwälzen des Behand- zweckmäßig. Je nach den Erforder-
ten Anlage zum Nitrieren und Ni- lungsmittels, zu sorgen. nissen wird nach dem Salzbadnitro-
trocarburieren sind in erster Linie Flächiges Berühren der Werk- carburieren in Tauchbehältern
das Verfahren selbst und sein ge- stücke ist zu vermeiden. Auch mit Wasser, Emulsion oder Öl ab-
wünschter oder erforderlicher Ab- linienförmiges Berühren kann geschreckt oder in einer Abkühl-
lauf maßgebend. In Betracht ge- nachteilig sein. Punktförmige Be- kammer in Stickstoff abgekühlt.
zogen werden müssen ferner die rührung ist dagegen – außer beim Bei größeren Ofenabmessun-
Art des Behandlungsmittels, die plasmaunterstützten Behandeln – gen und/oder für einen großen
zulässige Temperaturabweichung meist unbedenklich. Mengendurchsatz werden Vor-
des Ofens, sowie die Art der zu wärmofen, Nitrocarburierofen
behandelnden Werkstücke, die je (oder -öfen), Abschreckbehälter,
nach Form und Abmessung hän- 13.2 Anlagen zum Ofen zum nachträglichen Oxidie-
gend, liegend, geschüttet oder Salzbadnitrocarburieren ren und Waschanlage in Reihe auf-
gestellt in geeignete Chargiervor- gestellt und mit einer automati-
richtungen gepackt werden. Anlagen zum Salzbadnitrocar- schen Ladeeinrichtung zum Be-
Das Packen der jeweiligen burieren sind im Regelfall elektrisch schicken und Entladen versehen,
Ofencharge muss so vorgenom- beheizte Tiegelöfen mit einem Tie- wie in Bild 70 zu sehen ist.
men werden, dass alle Werkstück- gel aus Titan und einer Belüftungs-
bereiche vom Behandlungsmittel einrichtung. Zweckmäßig ist eine
ungehindert erreicht werden. Dies Dosiervorrichtung für die Zugabe 13.3 Anlagen zum Gasnitrieren/
gilt natürlich auch für den Fall des Regenerators, wenn Regene- -nitrocarburieren
eines Abschreckens. Beim Plasma- rator-Salzschmelzen benutzt wer-
nitrieren/-nitrocarburieren ist die den. Für ein kontinuierliches Ent- Zum Nitrieren und Nitrocar-
Packungsdichte auf die Behand- schlammen der Salzschmelze kann burieren im Gas werden üblicher-
lungsparameter abzustimmen. eine zweckentsprechende Pumpe weise Retorten-/Schacht- oder Topf-
Schüttgut sollte nicht zu hoch und Filtriereinrichtung vorgesehen öfen mit vertikaler Beschickung
und nicht zu dicht geschüttet wer- werden. In Bild 69 ist ein typi- oder Kammer-Retortenöfen ver-
den. Gegebenenfalls ist das Hauf- scher Ofen abgebildet. wendet. Die Behandlungskammer

Bild 69: Salzbad-Tiegelofen zum Nitrocarburieren Bild 70: Automatisierte Salzbad-Nitrocarburieranlage (Fa. Durferrit)

39
Merkblatt 447

Bild 71: wird durch eine gasdichte Retorte


Längsschnitt durch gebildet. In Bild 71 ist der schema-
einen Retortenofen tische Aufbau eines Retortenofens
zum Gasnitrieren/ dargestellt. Bild 72 zeigt einen
-nitrocarburieren vertieft im Boden eingelassenen
Retortenofen.
Üblicherweise werden die Re-
tortenöfen elektrisch beheizt. Die
Retorte nimmt die Ofencharge auf
und ist mit Leitzylinder und Umwäl-
zer für eine Durchströmung der
Charge versehen. Je nach Länge
der Retorte wird die Ofentempe-
ratur in ein oder mehreren Zonen
separat geregelt. Die Öfen werden
vertikal be- und entladen. Ein Über-
setzen in einen Abschrecktank ist
wegen der Ofenfüllung mit brenn-
baren Gasen erst nach einem Spü-
Bild 72: len möglich.
Retortenofen zum Eine Modifikation des Ofen-
Gasnitrieren/ prinzips sind Hubherd-Haubenan-
-nitrocarburieren lagen, bei denen der Ofen mit der
(Fa. IVA) Retorte um 180° gedreht so aufge-
hängt ist, dass er von unten be- und
entladen sowie seitlich über Behäl-
ter mit beliebigen Abschreckmit-
teln zum Abkühlen verfahren wer-
den kann.
Das typische Aussehen eines
Kammerofens ist in Bild 73 wie-
dergegeben. Es zeigt einen Kam-
merofen mit horizontal angeord-
neter Retorte.
Kammerretortenöfen bieten
die Möglichkeit zum Abschrecken
in Öl oder in Stickstoff. Die Mög-
lichkeit zum Begasen mit Ammo-
niak, Kohlenmonoxid oder -dio-
xid, Stickstoff, Ammoniakspaltgas
(Stickstoff und Wasserstoff) oder
Wasserstoff erlaubt bei Verwen-
dung geeigneter Mess- und Regel-
systeme einen kennzahlgeregelten
Prozess. Mit Hilfe einer Zusatz-
einrichtung kann entweder beim
Abkühlen oder in einem separaten
Prozessschritt ein nachträgliches
Oxidieren zur Verbesserung des
Korrosionsschutzes durchgeführt
werden.

Bild 73: Kammer-Retortenofen zum Gasnitrieren/-Nitrocarburieren (Fa. Aichelin)

40
Wärmebehandlung von Stahl – Nitrieren und Nitrocarburieren

13.4 Anlagen zum Plasma- Behandlungsgutes an die Kathode 14 Literaturangaben


nitrieren/-nitrocarburieren herstellt. Die Retorte mit Anode ist
vertikal nach oben abgehoben und Zitierte Literatur
Der gegenwärtig industriell wird auf die aufgebaute Charge ge-
am meisten angewendete Ofentyp setzt und druckdicht verschlossen, [1] Hansen, M./Anderko, K.:
ist der Hauben-Retortenofen, wie so dass der Behandlungsraum eva- „Constitution of binary alloys“
in Bild 74 als Beispiel zu sehen ist, kuiert werden kann. McGraw Hill Book Co., Inc.,
jedoch sind auch Kammeröfen ge- Bild 75 zeigt schematisch den New York/Toronto, 1958,
bräuchlich. Aufbau einer Plasmaanlage im S. 670 – 675
Wie aus den beiden Bildern Längsschnitt.
74 und 75 zu entnehmen ist, er- [2] Langenscheidt, G.:
folgt der Chargenaufbau auf einem „Beitrag zum System Eisen-Stick-
Tischgestell, das den Chargenträger stoff-Kohlenstoff“,
darstellt und den Anschluss des Dr.-Ing.-Dissertation,
Bergakademie Clausthal, 1964

Bild 74: [3] Liedtke, D.:


Plasmanitrier-/ „Beitrag zum technisch-wirtschaft-
-nitrocarburier- lichen Optimieren des Nitrocar-
anlage burierens von Bauteilen“,
(Fa. Eltro GmbH) Diss. TU Berlin, 1986

[4] Liedtke, D.:


„Distortion Engineering am Bei-
spiel des Nitrocarburierens“,
Härterei-Techn. Mitt. 53 (1998) 1,
S. 14 – 16

[5] Hoffmann, F.:


„Mikrostruktur und Schwingfestig-
keit von Ck45 nach kombinierter
mechanischer und thermochemi-
scher Randschichtverfestigung“,
Diss. Uni Bremen, 1986

[6] Krzyminski, H.:


„Einflüsse auf die Dauerfestigkeit
von Tenifer-behandelten Bautei-
len“,
Durferrit-Hausmitt. 36 (1964),
S. 10 – 23

[7] Koch, M.:


„Zum Einfluß des Gas- und Salz-
badnitrierens auf die Eigenschaf-
ten von Konstruktionsstählen“,
Diss. TH Darmstadt, 1957

[8] Finnern, B.:


„Bad- und Gasnitrieren“,
Betriebsbücher Nr. 18,
Carl Hanser Verlag, München,
1965

Bild 75: Schematischer Aufbau einer Plasmanitrier-/-nitrocarburieranlage

41
Merkblatt 447

[9] Müller, J./Krzyminski, H.: [17] Weissohn, K.-H.: [26] Haase, B./Stiles, H./Dong, J./
„Abhängigkeit der Dauerfestigkeit „Steuerung und Regelung von Ni- Bauckhage, K.:
Tenifer-behandelter Proben von trierprozessen unter Einsatz von „Oberflächenoxidation und ihre
der Kernfestigkeit beim Material Sauerstoffmeßzellen“, Auswirkung auf das Gasnitrieren“,
34Cr4“, HTM 53 (1998) 3, S. 164 – 171 Härterei-Techn. Mitt. 55 (2000) 5,
TZ für prakt. Metallbearb. 57 S. 294 – 303
(1963) 3, S. 150 – 155 [18] Spies, H.-J./Schaaf, P./Vogt, F.:
„Einfluß von Sauerstoffzusätzen
[10] Müller, J./Krzyminski, H.: beim Gasnitrieren auf den struktu- Bildnachweis
„Einfluß des Gefüges und der Pro- rellen Aufbau von Nitrierschich-
benform auf die Dauerfestigkeit ten“, Titelbild: Fa. Plasma Technik
von Tenifer-behandeltem C45“, Mat.-Wiss. und Werkstofftechnik Grün GmbH, Siegen
TZ für prakt. Metallbearb. 55 29 (1998), S. 588 – 594 Bild-Nr. 1, 4 – 8, 10 – 36, 38,
(1961) 10, S. 535 – 540 42 – 44, 48 – 61, 63 – 69, 71:
[19] Spies, H.-J./Vogt, F.: Autor
[11] Finnern, B.: „Gasoxinitrieren hochlegierter Bild-Nr. 2: Literatur [1]
„Beeinflussung der Dauerschwing- Stähle“, Bild-Nr. 3: Literatur [2]
festigkeit durch Einsatzhärten und HTM 52 (1997) 6, S. 342 – 349 Bild-Nr. 9: Literatur [8]
Badnitrieren“, Bild-Nr. 37: Literatur [5]
Fachber. für die Oberflächen- [20] Hoffmann, F./Hoffmann, R./ Bild-Nr. 39: Literatur [6]
technik (1964) 4, S. 147 – 155 Mittemeijer, E.J.: Bild-Nr. 40, 41: Literatur [8]
„Zur korrekten Nutzung der „Ni- Bild-Nr. 45: Literatur [15]
[12] Starker, P.: trierkennzahl“ – Die Bedeutung der Bild-Nr. 46, 47: Literatur [17]
„Der Größeneinfluß auf das Biege- „Nitrierkennzahl“ für die Spezifi- Bild-Nr. 62, 74, 75:
wechselverhalten von Ck45 in zierung gasförmiger Nitrier- und Fa. Eltro GmbH, Baesweiler
verschiedenen Bearbeitungs- und Nitrocarburiermedien“, Bild-Nr. 70:
Wärmebehandlungszuständen“, HTM 47 (1992) 6, S. 365/366 Fa. Durferrit, Mannheim
Diss. TU Karlsruhe, 1981 Bild-Nr. 72: Fa. IVA, Dortmund
[21] Lohrmann, M.: Bild-Nr. 73: Fa. Aichelin, Mödling
[13] Fry, A.: „Überwachung und Regelung von
„Verziehungsfreie Oberflächen- Nitrier- und Nitrocarburieratmos-
härtung von Sonderstahl durch phären mit dem HydroNit-Sensor“, Normen
Nitrieren“, HTM 54 (1999) 5, S. 271 – 277
Kruppsche Monatshefte 5 (1924), DIN 6773
S. 266 – 269 [22]Weissohn, K.-H.: Wärmebehandlung von Eisenwerk-
„Sauerstoffsonden – Anwendung stoffen;
[14] Neumann, F.: in Wärmebehandlungsanlagen“, Darstellung und Angaben wärme-
„Der Potentialbegriff und seine Härterei-Techn. Mitt. 53 (1998) 4, behandelter Teile in Zeichnungen
Aussage im Rahmen thermoche- S. 238 – 244
mischer Prozesse“, DIN 17022-1
HTM 33 (1978) 4, S. 192 – 201 [23] Sproge, L./Midea, S./Vogel, H.: Wärmebehandlung von Eisenwerk-
„Analyse und Steuerung von Nitrier- stoffen;
[15] Lehrer, E.: und Nitrocarburieratmosphären“, Verfahren der Wärmebehandlung
„Über das Eisen-Wasserstoff-Am- Härterei-Techn. Mitt. 52 (1997) 1, – Teil 1
moniak-Gleichgewicht“, S. 28 – 31 Härten, Bainitisieren, Anlassen
Z. f. Elektrochemie 36 (1930), und Vergüten von Bauteilen
S. 383 – 392 [24] Preißer, F./Minarski, P./
Hoffmann, F./Mayr, P.: DIN 17022-2
[16] Kunze, J.: „Hochdrucknitrieren von Titan- Wärmebehandlung von Eisenwerk-
„Thermodynamische Gleichge- werkstoffen“, stoffen;
wichte im System Eisen-Stickstoff- Härterei-Techn. Mitt. 46 (1991) 6, Verfahren der Wärmebehandlung
Kohlenstoff“, S. 361 – 366 – Teil 2
Härterei-Techn. Mitt. 51 (1996) 6, Härten und Anlassen von Werk-
S. 348 – 355 [25] Liedtke, D.: zeugen
„Über das Reinigen vor und nach
dem Wärmebehandeln“,
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