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AI CX

Artificial Intelligence (AI)


ändert das Paradigma für
Customer Experience (CX)
Was Analysten voraussagen – was Branchenexperten denken

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 1
VORWORT

Liebe LeserInnen,
Sie haben im vergangenen Jahr nirgendwo von Künstlicher Intelligenz (AI), Machine Learning und
Chatbots gelesen? Dann müssen Sie auf einer Karibikinsel gestrandet sein oder ein Sabbatical im
tiefen Amazonas verbracht haben. Ich kann mich nicht erinnern, wann zuletzt Themen ähnlich in-
tensiv diskutiert wurden wie #IntelligenteAutomatisierung, #BigData und #AI. Und alleine für den
Facebook-Messenger gibt es schon heute 34.000 (mehr oder weniger) schlaue #Chatbots, die Ih-
nen beim Bestellen von Blumen helfen oder Tipps zu Börsengeschäften geben.

Wie beeinflusst AI die Service-Erlebnisse Ihrer Kunden?

Nun: AI ist ein zentraler Treiber für neue Geschäftsmodelle, bei denen digitale und physische Er-
lebnisse verschmelzen. Und wenn die Grenzen zwischen menschlichem Dialog, digitalen Erfahrun-
gen und Produkten verschwimmen, dann wird das Kundenerlebnis – die Customer Experience
(CX) – zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor.

Was leistet AI konkret?

Routineaufgaben wie Erfassen, Suchen, Zusammenführen, Bewerten, Entscheiden bieten die bes-
ten Automatisierungsziele für AI. Doch Vorsicht: es wäre naiv zu glauben, dass schon in wenigen
Jahren Maschinen alleine den Service am Kunden übernehmen.

Ich lade Sie ein, sich in diesem eBook mit den Meinungen ausgewiesener Experten für AI und CX
auseinanderzusetzen. AI wird Ihnen zweifellos dabei helfen, Ihre Kunden und deren Wünsche bes-
ser zu verstehen. In der Welt von morgen wird das von entscheidender Bedeutung sein.

Herzlichst,
Ihr Andreas Klug
CMO ITyX AG
Vorsitzender des AK „Artificial Intelligence“ im Digitalverband Bitkom

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 2
INHALT
8 CX AI Szenario - Wie AI und Chatbots
die Customer Experience verändern
Andreas Klug, Vorsitzender AK „Artificial Intelligence“ Bitkom, CMO ITyX AG

16 Schöne neue Welt – wie Beziehungen


nicht zu Robotern entstehen
Prof. Dr. Nils Hafner, Professor & Experte Kundenbeziehungen, Hochschule Luzern

21 Kognitive Beidhändigkeit transformiert Kundendialoge


Stefan Holtel, Querdenker & Lead Cogniteer, infinIT.cx

26 Tagebuch eines Kundenmanagement-Beraters zum Thema AI


Hans-J. Agnischock, Partner - Customer Management & Digitization Consulting,
DXC Technology

30 Chatbots/AI und Customer Service:


Ziemlich beste Freunde
Harald Henn, Geschäftsführung, Marketing Resultant GmbH

36 Gut Ding braucht Weile


Andreas Hufenstuhl, Director Big Data & Advanced Analytics, PWC Europe

39 Die Statistik frisst ihre Kinder


Dr. Georg Wittenburg, Mitgründer / CEO, Inspirient GmbH
AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 3
KI wird unsere Ökonomie verändern …

TRAVEL & TRANSPORTATION


Intelligente Systeme machen Flugreisen
so sicher wie nie zuvor. Führende Airlines 57%
setzen auf Robots, Big Data und AI für
durchschnittliches Wachstum
die optimale „Passenger Experience“.
Quelle: Futuretravelexperience.com
1 7,4 13 15 p.a. der weltweit erzielten
Umsätze, die mit KI-Lösungen
2015 2017 2019 2021 erzielt werden.
Quellen: BBC Research, Bitkom 2016

AUTONOMOUS DRIVING
Vernetzte Sensoren, Machine Learning,
AI: Schon 2023 wird Autonomes und
2020 Assistiertes Fahren breitflächig Realität.
2030 könnten 15% der Neuzulassungen
2.3 0.5 Mio. NEW JOBS CREATED autonome Fahrzeuge sein.
Quelle: McKinsey 2017
1.8 Quelle: Gartner Predictions 2018

PREDICTIVE MAINTENANCE
Reparieren vor dem Ausfall: Betriebs-
daten von u.a. Aufzügen verbunden mit E-DIAGNOSTICS
AI und dynamischen Vorhersagemodellen AI analysiert mögliche Risikofaktoren
senken heute Maintenance-Kosten & erhö- auf Mammographien. Mit einer Präzision
hen die Betriebsverfügbarkeit um 20%. von 97% werden Risikofälle erkannt,
Quelle: McKinsey 2017 unnötige Brustkrebs-Operationen
um 30% reduziert.
Quelle: Massachusetts Institute of Technology 2017

Anteil der Bundesbürger, die der Meinung sind, dass KI ent-


scheidend ist, damit deutsche Unternehmen erfolgreich sind.

69%
AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience
Quelle: Bitkom(CX)
2017 4
… und die Digital Customer Experience
(DCX) der Zukunft entscheidend verändern.
FEHLERRATEN BILDERKENNUNG
Es ist nur noch eine Frage der Zeit und
Domäne, in der KI weniger Fehler bei der Vor-
gangsbearbeitung macht als wir Menschen. FEHLERRATEN SPRACHERKENNUNG
Quelle: Bitkom 2017 Quelle: McKinsey 2017

28% 5% 27% 6%
2010 2016 1997 2016

DIGITAL RELATIONS
INTELLIGENT
AUTOMATION Personalized Content

Topic Monitoring
Proactive Engagement
Smart Analytics AGENT PRODUCTIVITY
Contextual
Processing Omni- Desktop
Recognition channel

Extraction AI in CX CONVERSATIONAL
VIRTUAL ASSISTANTS

Industry 4.0 Hub


Speech Apps Self Service

ENTERPRISE
KNOWLEDGE Chatbots

FEHLERRATEN TEXTERKENNUNG
Quelle: ITyX AG
14% <1%
Pilotieren oder
nutzen schon 2009 2017
Informieren
sich noch AI NUTZUNG IN UNTERNEHMEN
41% Und doch zögern Unternehmen noch wenn
59%
AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) es um die Adaption von KI geht. 5

Quelle: Gartner 2017


Was Sie daraus machen können?

„KI hat das Potential Customer Experience neu zu definieren.“


Quelle: Gartner Predictions 2018

60%
50%
40%

Better Analytics Higher Cost Cutting


Productivity

„Als primäre Einsatzfelder sehen Unternehmen Text- und


Daten-Analysen, Produktivitätsfortschritt und Kostensenkungen.“
Quelle: Accenture 2017

„In den kommenden Jahren werden praktisch alle Apps,


Anwendungen oder Services von KI profitieren.“
Quelle: Forrester 2017

„Viele KI Projekte werden scheitern


– und dabei hohe Investments verbrennen.“
Quelle: Forbes 2017

„Setzen Sie Ihren Fokus auf messbare Business Cases


und KI Lösungen mit konkreten Einsatzdomänen.“
Quelle: Forrester 2017

53% Anteil der Unternehmen, die versuchen mittels moderner


Analyse-Methoden mehr Verständnis aus den Inhalten und
Interaktionen mit Ihren Kunden zu generieren.

„Investieren Sie in KI Lösungen, die Ihnen helfen die Wünsche


Ihrer Kunden besser zu verstehen und schneller zu erfüllen.“
Quelle: Bitkom 2017

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 6
Was Experten sagen.
AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 7
CX AI Szenario – Wie AI und Chatbots
die Customer Experience verändern
Andreas Klug

Andreas Klug, CMO der ITyX AG, gilt als Evangelist für den Digitalen Wandel, mit dessen Ausprä-
gungen er sich in Vortragsreihen, Fachzeitschriften und in Blogs regelmäßig auseinandersetzt. Er
leitet den Arbeitskreis „Artificial Intelligence“ im ITK-Branchenverband Bitkom und ist Mitbegrün-
der der i-Service Initiative. Seine Leidenschaft gilt dem Einsatz von KI Software zur Automatisie-
rung von Prozessen in Kundenservice und Verwaltung.

In der Vergangenheit folgte jede neue Technologie typischen Gesetzmäßigkeiten. Erst bleibt
sie eine Randerscheinung, mit der sich nur ausgesprochene Spezialisten „der ersten Stunde“
befassen. Dann folgt die Schwelle zur medialen Aufmerksamkeit. Wir beginnen darüber zu
sprechen. Mit den ersten Erfolgsmeldungen entwickelt sich ein Hype, dem leider auch „Schar-
latane“ folgen, die das Thema für sich aufgreifen wollen. Mit der Hypothek hoher Nutzerer-
wartungen und vielfach enttäuschter Praxis-Erfahrung sinkt die Kurve durch die Schwere der
Kommerzialisierung auf die Linie des Machbaren zurück. Bei Artificial Intelligence (Künstliche
Intelligenz) könnte es allerdings anders kommen.

Die Geschichte geht auf das Jahr 1958 zurück, in dem der US-Informatiker John McCarthy das
gesamte Wissen der Menschheit in eine singuläre Darstellungsform bringen wollte. Er nannte
es „Künstliche Intelligenz“. Maschinen schließen auf Basis simpler Datenmodelle eigenständig
Rückschlüsse aus gesammelten Daten (oder Erfahrungen), ohne dass ihnen hierfür situativ
klare Anweisungen (Skripte) vorliegen.

Bis zur Phase der medialen Aufmerksamkeit dauerte es nicht weniger als 53 Jahre. Dann ge-
wann ein Computer ein verbreitetes Fragespiel. Mark Zuckerberg demonstrierte auf der
F8-Entwicklerkonferenz eine Chatbot-Anwendung, Amazon wirft einen Sprachassistenten auf

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den Markt. Zugegeben: ich habe jetzt einige Stationen auf der Kurve ausgelassen. Ich könnte
auch erwähnen, dass wir bei ITyX als deutscher Technologieanbieter bereits 2005 Artificial
Intelligence für die Analyse und Verteilung schriftbasierter Korrespondenz eingesetzt haben.
Und dass einige unserer Kunden uns seitdem die Treue halten. Weil die Lösungen immer noch
für höchst bemerkenswerte Effizienzgewinne in der Customer Experience (CX) sorgen. Ge-
schenkt.

Die Wahrheit ist: wir beginnen gerade erst, das Potenzial von AI wirklich zu erkennen. Man-
che AI ist ausgereift, viele Anbieter haben dagegen noch eine weite Reise vor sich. AI kann
unsere Prozesse verstehen und automatisieren, unseren Fachkräftemangel lindern indem sie
Wissensarbeitern assistierend zuarbeitet und das „Offensichtliche“ eigenständig ausführt.
AI kann unseren Kunden intelligente Services bieten und sich zu einer Kerntechnologie für
Kundenbindung und Komfort entwickeln. Der Hype ist also Realität. Die Frage ist eigentlich
nur, wie lange es noch dauert, bis wir den Boden kommerzieller Anwendungen erreichen und
nicht länger ausprobieren, sondern wirklich mit dem Einsatz beginnen werden.

Aber warum sollte gerade Ihr Kundenmanagement eine Domäne für AI darstellen, die hö-
heren Nutzen als andere Einsatzfelder besitzt – nehmen wir Autonomes Fahren, P
­ redictive
Maintenance oder smarte Sprachassistenten? Weil AI die Schlüsselelemente positiver
Kunden­erfahrungen zusammenführt.

„ AI macht wirkliche, medienbruchfreie Service-Exzellenz möglich. Präziser und


schneller als wir je zuvor Kundenzufriedenheit schaffen konnten. “

Denken wir an die Ursprünge der CX. Aus der analogen, persönlichen Tante-Emma-Laden
Welt der Vergangenheit wurden in den vergangenen Jahrzehnten industrielle Produktionsstät-
ten der Kommunikation. Call-Center, Websites, E-Mail und Apps haben es serviceorientierten
Unternehmen immer ermöglicht, die CX zu vereinfachen und zu einem „Volumen-Modell“ zu
skalieren, während gleichzeitig Prozesseffizienz gesteigert und Kosten gesenkt wurden. Auf
der Strecke geblieben ist das Verständnis, die Einfachheit. Oder anders: Wir haben alles dafür
getan, um die Dinge zu formalisieren, und der Kunde ist auf der Strecke geblieben.

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Viele Kunden beklagen heute, dass hochgezüchtete Prozesse und umgebogene Systeme die
Zufriedenheit behindern oder untergraben.

GESTERN HEUTE MORGEN

Problem- Problem- Problem-


lösung lösung lösung

Support-
Software Software
mitarbeiter

Support- Support-
AI
mitarbeiter mitarbeiter

Abb.: Die Rolle des Support-Mitarbeiters bei der Interaktion mit Kunden und der Lösungs-
findung. Das Modell hilft zu verstehen, wie sich die Beziehung zwischen Support-Mitarbeiter,
Kunde und Problemlösung ändert, sobald Software bzw. assistierende Intelligenz verfügbar
ist. (angelehnt an Breton, Roy, & Paradis, 2002)

Sagen Sie ehrlich: Wann haben sie zuletzt selbst ein Service-Erlebnis genossen, bei dem
der Servicemitarbeiter genau wusste wer Sie sind und Ihr Problem sofort erfasst hat? Und
die Kollegin in der Fachabteilung, an die Ihre Frage weiter gereicht wurde wusste auch sofort
Bescheid?! Und die Sache war gleich erledigt – ohne Recherche, ohne Wartezeit? Wir haben
immer an den Symptomen gearbeitet, aber nie den Schritt in Transparenz und Veränderung
gewagt. Noch dazu haben in vielen Fällen unterschiedliche Stakeholder (Marketing, Kunden-
service) um die Hoheit über die Kundenreise (Customer Journey) konkurriert. Die Konse-
quenz: viele Touchpoints im Service-Erlebnis sind heute nicht verbunden. Es gibt sie nicht, die
transparente Reise durch alle Erlebnisse. Investitionen der Vergangenheit sind häufig Stück-
werk. Ein CCO (Chief Customer Officer) als Kundenvertretung im Service Management ist
immer noch nur Einzelfall.

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Kosten müssen sinken, Service muss billiger werden. Und besser. Genau hier wird AI eine
Brücke zu einer grenzenlos guten digitalen Serviceerfahrung bauen. Und mit der richtigen
Strategie kann eine intelligente CX Unternehmen zu digitalen Champions wandeln. Aber
der Reihe nach. Wie kann AI in der CX angewendet werden?

AI-Anwendungen in CX

Wo also kann AI im modernen Kundenmanagement helfen um eine neue Ära der CX anzutrei-
ben? Praktisch überall:

KUNDEN SELF SERVICE:

AI ermöglicht in Form von Chatbots und virtuellen Kunden-Assistenten intelligente Dialoge


? ! per App und im Web. Als Trainingsmengen werden historische, bereits erledigte Service Dialo-
ge herangezogen. Ist die Domäne (also das Wissensgebiet) klar abgegrenzt, entwickeln diese
Dialogsysteme eine hohe Qualität. So beantwortet eine der führenden deutschen Online-Ver-
sicherungen jede vierte Kunden-Frage mittlerweile erfolgreich und fallabschließend mit AI.

RESPONSE MANAGEMENT:

Ebenso hilft AI dabei, E-Mails, Dokumente, Chats und Messenger-Nachrichten zu analysieren


und Ihren Kunden und Mitarbeitern wahrscheinliche Antworten auf ihre Fragen anzubieten.
Ein weltweit agierender Anbieter für Consumer Electronics hat im ersten Jahr 30 % seiner ef-
!
fektiven Kosten im Kundenservice senken und die Reaktionszeiten enorm verkürzen können.

INTELLIGENTE INHALTSERKENNUNG UND FACHDATENEXTRAKTION:

AI kann die Intentionen Ihrer Kunden erkennen, den richtigen Geschäftsvorgang daraus ab-
leiten, die relevanten Fach- und Personendaten auch aus unstrukturierten Textinformationen
(zum Beispiel im Digitalen Posteingang) präzise extrahieren und alle Informationen bedarfs-
gerecht Ihren Fachkräften im Back-Office auf dem Bildschirm anzeigen. Ein Energieversor-
gungsunternehmen kann fast 85 % der Multikanal-Kundenkorrespondenz automatisch den

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richtigen Vorgängen und Mitarbeitern zuordnen – und dabei fast alle relevanten Fachdaten
präzise aus den Mitteilungen auslesen und validieren. Sodass nicht die Odysee durch multiple
Service-Applikationen im Vordergrund steht. Sondern Ihr Kunde.

VIRTUAL CUSTOMER ASSISTANT (CHATBOT):

VCA sind virtuelle Konversationssysteme, die bestimmte Kundenszenarien unterstützen. Die


anspruchsvolle Programmierung im Hintergrund erfolgt auf Basis von Trainingsmengen aus
dem Live-Betrieb. Im Kern sorgt AI dafür, dass ähnliche Kundenfragen mit den passenden
Lösungsvorschlägen verbunden werden. Längst marktreif sind Bots, wenn sie auf konkrete
Domänen trainiert sind (u.a. einen Prämienvergleich für eine Versicherung durchführen).
Aber Achtung: generalistische VCA, die zu allem und jeder Frage einen Mehrwert bieten, sind
häufig überfordert. Es drohen Enttäuschungen statt positive Eindrücke. In meiner Publikation
„Intelligente Automatisierung mit AI“ finden Sie wertvolle Hinweise, die Sie beim Einsatz
beachten sollten.

TOPIC MONITORING:

AI kann Ihnen in Echtzeit ein Stimmungsbild Ihrer Kunden liefern. Sie liest mit was in E-Mails
und Kommentaren steht und erkennt die Probleme Ihrer Kunden. Mehr noch: ist die Website
fehlerhaft, ein Produkt kommt schlecht an oder es droht ein„Shitstorm“. Wenn sich plötzlich
Mitteilungen zu einem neuen Thema häufen, schlägt AI sofort Alarm.

CASE & PROCESS AUTOMATION:

Ohne den Inhalt eines Geschäftsvorfalls explizit zu kennen, kann AI dennoch Rückschlüsse zu
ähnlichen Vorgängen der Vergangenheit ziehen. Sie ist daher in der Lage, gut 80 % der wie-
derkehrenden Routineabläufe von den 20 % individuellen Einzelfällen präzise zu unterschei-
den. Angesichts des drohenden Fachkräftemangels in einigen Branchen eine fast schon alter-
nativlose Eigenschaft auf dem Weg in die Digitalisierung von Prozessen.
!

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Bei aller Euphorie müssen wir auch realistisch sein. Niemand versteht Menschen und ihre
Bedürfnisse besser als ein Mensch. Aus Sicht eines Marketeers kann ich sagen: es braucht das
richtige Fingerspitzengefühl, um sich in die Erwartungshaltung des Kunden zu versetzen. Es
ist aber nur eine Frage der Zeit, bis Machine Learning-Plattformen auch dieses Talent besser
abbilden werden. Die Masse der verfügbaren Daten wächst unaufhörlich. Nur mit maschinel-
ler Unterstützung werden wir Menschen daraus die richtigen Erkenntnisse ziehen können.

AI VERÄNDERT CX
IHR SERVICE-MITARBEITER …

weiß sofort worum es in eingehenden Mitteilungen geht


erhält Kunden- und Vorgangsdaten passend zum Kontext der Anfrage
bekommt Vorschläge zu möglichen Folgeaktivitäten
und passende Antworten für den Kunden !
!
!

Kundenbegeisterung zu wecken ist immer schwieriger geworden. Denn wir leben in einer ver-
netzten Welt, in der alle Produkte und Services per „Wisch“ verfügbar sind. Wer da nicht mit
der Zeit geht, wird schnell als „rückständig“ wahrgenommen.

Wenn es um Künstliche Intelligenz geht, dann helfen uns allerdings nicht die Prophezeihung
der Zukunft, sondern der messbare Nutzen der Gegenwart. Da helfen uns weder die AI-Fähig-
keiten aus amerikanischen Spielshows oder asiatischen Brettspielen weiter. Künstliche Intel-
ligenz muss keine IQ-Tests bestehen und Schachweltmeister besiegen, sondern unseren Kun-
den und Mitarbeitern dienen. Durch Komfort, Schnelligkeit, Verfügbarkeit, Präzision. Wenn
wir den wahren Nutzen nicht testen, bleibt der Einsatz von AI nur eines: oberflächlich.

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Kann KI also die Erwartungen erfüllen?

Ja. Definitiv wenn es um Customer Experience und innovativen Kundenservice geht: Kunden­
mitteilungen inhaltlich verstehen, automatische Dialoge führen und präzise Antworten ge-
ben, schnell reagieren und helfen. Viel wichtiger als die technologische Perspektive ist der
Blick auf den strategischen Nutzen für Ihr Geschäftsmodell, der Mehrwert für die Effizienz
Ihrer Wissensarbeiter, der „Wow-Faktor“ für Ihre Kunden und der Umgang mit Veränderungen.
Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass die Erfahrungen der Gegenwart der Schlüssel zu Intelli-
genter Automatisierung der Zukunft sind.
Sie sollten spätestens jetzt beginnen, geeignete Trainingsmengen zu bilden. Sammeln Sie täg-
lich typische Fragestellungen Ihrer Kunden, um über die kommenden Wochen und Monate
hinweg bereits geeignete, hochwertige Trainingsmengen für den Einsatz von KI Lösungen zu
bilden. Es ist ja nur eine Frage der Zeit, wann sie diese brauchen werden, um in Dialogen mit
Kunden und bei der Verarbeitung von Service-Vorgängen Assistenz-Systeme zu trainieren.

„Das Fehlen geeigneter Fachkräfte wird schon bald zur größten ökonomischen
Herausforderung.“
Mark Zandi, Chief Economist, Moody’s

Was bleibt? Die Entwicklung schreitet rasant voran. Wir werden im CX-Umfeld laufend Neu-
erungen erleben, die KI fortentwickeln werden. Dieser innere „Proof-of-Concept“ wird unsere
Akzeptanz erhöhen. Der Umgang mit mitdenkenden Maschinen wird Kommodität. Wir wer-
den sogar erwarten, dass Maschinen menschlicher werden. Bisher waren Maschinen nicht in
der Lage, diesen Aspekt zu erfüllen. Im Gegenteil: Sobald sie menschlicher wurden, sind sie
für uns unheimlich. Das ändert sich gerade. Insbesondere wenn es um CX geht, stehen Konsu-
menten diesen neuen Erfahrungen aufgeschlossen gegenüber. Wie den Assistenzsystemen in
unseren Autos, wie den bald fahrerlosen Bussen und Bahnen.

Eine aufregende Entwicklung mit enormen Potentialen für CX in den kommenden Jahren.
Doch während wir darauf warten, dass sich die automatisierte Zukunft kommerziell rechnet,
eine hohe Adoption durch Kunden (und Mitarbeiter) erreicht wird und mit KI wirkliche Ver-
besserungen in den Service-Abläufe erreicht werden, sollten wir unseren Fokus auf jene An-

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wendungsfelder von KI legen, die kommerziell bereits Realität sind: einfache Service-Anfragen
verstehen (Intelligent Recognition), im richtigen Zeitpunkt zu den richtigen Wissensarbeitern
routen (Workflow Automation), suggestive Zwischenantworten zu geben, relevante Pro-
duktempfehlungen zu geben, Lösungen anzubieten.

ITyX gehört mit 200 Installationen in 24 Ländern zu den international renommierten Anbie-
tern von KI Software (Künstliche Intelligenz) für die Automatisierung und Beschleunigung von
textbasierten Kundenanfragen. Eingehende Mitteilungen (E-Mail, Web, Brief, Chat, SMS, App)
werden auf Basis modernster KI-Verfahren automatisch erfasst, analysiert, klassifiziert, mit
kontextuellen Informationen angereichert, verteilt und verarbeitet. Unternehmen wie Bosch,
Commerz Direktservice, DEVK, Generali, HUK-Coburg, IKEA, Pluscard, Samsung, UniCredit oder
Volkswagen setzen auf ITyX, wenn es um die Technisierung ihrer Serviceprozesse geht.
www.ityx.de

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Schöne neue Welt – wie Beziehungen
nicht zu Robotern entstehen
Prof. Dr. Nils Hafner

Prof. Dr. Nils Hafner ist internationaler Experte für den Aufbau profitabler Kundenbeziehungen. Er
ist Professor an der Hochschule Luzern und Alumnus des generationenübergreifenden akademi-
schen Marketing Netzwerks MTP. In seinem Blog „Hafner on CRM“ versucht er dem Thema seine
interessanten, spannenden, skurrilen und lustigen Seiten abzugewinnen. Bei Haufe erschien 2017
sein Nr. 1 Bestseller „Die Kunst der Kundenbeziehung“.

Schöne neue Welt. In 2025 ist ja alles besser. Das Thema Kundenservice ist auf den vorderen
Plätzen der Management Agenda und jeder Studienanfänger im Bereich Betriebswirtschaft-
lehre lernt im ersten Semester, dass der Fokus auf weiterempfehlende Kunden der Kern jeder
Business Strategie sein sollte, die nicht auf den niedrigsten Preis abzielt. Dementsprechend
sitzen die Mitarbeiter, die gelernt haben, mit Kunden zu reden ganz weit oben im Unterneh-
men. Aber: Es sind wenige. Denn: Kunden reden zuerst mit Robotern und erhalten den perfek-
ten Kundenservice. Schöne neue Welt.

Liest man heute die Voraussagen von Management-Gurus stellt man schnell fest, dass die
Automatisierung im Kundenkontakt mit strahlenden Farben und vielen schönen Worten be-
schrieben wird. Nur frage ich mich dabei häufig, ob die heutigen Kern-Probleme der Kunden-
beziehung über zunehmende Automatisierung und Machine Learning überhaupt gelöst wer-
den können:

Können Unternehmen eigentlich mit den Emotionen Ihrer Kunden umgehen?

Marketing und Kundenservice werden auch durch digitalisierte Instrumente nicht integriert
geplant. Das führt dazu das Kunden, die eine schlechte Erfahrung mit einem Unternehmen

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gemacht haben, durch Werbung zusätzlich verärgert werden. Hier liegen grundlegende or-
ganisatorische Probleme vor. Basis dieser Überlegung sind meine täglichen Erfahrungen
im Austausch mit großen Firmen. Häufig sind Marketing, Vertrieb und Kundenservice orga-
nisatorisch getrennt und haben völlig verschiedene Steuerungssysteme. Deklinieren wir das
mal für einen zunehmenden Einsatz von Bots im Kundenservice durch: Ersetzen wir hier den
Menschen am Telefon durch eine Maschine in der Problemlösung, werden unter Umständen
grundlegende Möglichkeiten des Up- und CrossSellings nicht realisiert. Zwar ist das Problem
des Kunden gelöst, für einen Kauf muss er aber erneut anrufen. Oder – noch schlimmer – er
realisiert seinen Bedarf selbst zunächst nicht. Also ist es am Unternehmen, ihn noch einmal
zu kontaktieren. Mit allen Nachteilen, die ein Outboundkontakt so mit sich bringt. Man denke
nur an das „perfekte Timing“. Bots verkaufen halt nicht.

Zudem sind Bots sind heute noch sehr dumm. In Zukunft muss man sich also ganz genau
überlegen, welchen Bereich der Kommunikation man mit Hilfe von Bots automatisieren will.
Grundsätzlich wird man Bots in der mittleren Frist anlernen können, die komplette Konver-
sation mit dem Kunden zu erlernen. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Zum einen
muss der Bot typische Fragestellungen und Antworten im Kundendialog kennenlernen und
zum anderen muss ein Mensch dem Bot auch sagen, was ein erfolgreicher Dialog ist. Dieser
Lernprozess der Maschine ist also sehr aufwändig. Zum anderen kann ein Bot schnell in Be-
reichen weiterhelfen, die vom Kunden als nervig oder vom Unternehmen als teuer und wenig
wertschöpfend wahrgenommen wird. Ein gutes Beispiel dafür die ist die Identifikation des
Kunden oder das Ausfüllen von Formularen. Aber gerade in Bereichen hoher Wertschöpfung
für den Kunden ist ein zwischenmenschlicher Dialog vielleicht wichtiger. Beispielsweise in ei-
nem komplizierten Beratungsgespräch.

Das erste, was wir also mal klären sollten, ist dass die Bereiche Marketing, Vertrieb und Kun-
denservice integriert anhand eines einheitlichen Kennzahlensystems und gemeinsamer in-
tegrierter Ziele geführt werden. Das zweite dann, welche Dialoge überhaupt automatisiert
werden können und sollen. Dafür existiert seit rund 10 Jahren schon mit der von Bill Price
entwickelte Value-Irritant Matrix ein sehr einfaches Instrument, wie ein Unternehmen seine
Kundendialoge gezielt mit den Möglichkeiten der digitalen „Automatisierung“ und so häufig
gepriesenen „Vereinfachung“ gestalten kann. Denn nur wenn Kunde und Unternehmen ein

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Interesse an einem persönlichen Dialog haben, werden Werte geschaffen. Dies zeigt die fol-
gende Abbildung 1 auf: (weil es lernen, sparen
oder verkaufen kann)
DAS UNTERNEHMEN...

Dialoge Werthaltige Gespräche


will Dialog

vereinfachen ausschöpfen
(weil es Geld kostet)
will keinen Dialog

Dialoge Dialoge
überflüssig machen automatisieren

will keinen Dialog (weil es nervt!) will Dialog (braucht Rat oder Hilfe oder Produkte!)

DER KUNDE...
Abb.: Value-Irritant-Matrix nach Price und Jaffe

Danach wird einerseits aus der Sicht der Unternehmung überlegt, ob diese an einem Kontakt
mit dem Kunden unter Service-Gesichtspunkten interessiert ist, weil sie etwas über ihre Pro-
dukte und Dienstleistungen lernen kann, sich dadurch Ideen für Einsparungen ergeben sowie
es sich durch den Kontakt eine Chance ergibt, weitere Produkte oder Leistungen zu verkaufen
oder eben nicht. Andererseits wird systematisch die Perspektive des Kunden auf den Service-
kontakt eingenommen. Ist der Kunde wirklich an einem persönlichen Kontakt interessiert,
weil er Antworten auf seine Fragen oder einen Rat bekommt und im Idealfall Geld sparen
kann oder sieht er gar keine Notwendigkeit mit einem Unternehmen in Kontakt zu treten und
empfindet den Kontakt als ärgerlich.

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Die Grundidee ist es, dass ein Unternehmen analysieren sollte, wo Kunde und Unternehmen
gleichzeitig Interesse am persönlichen Kontakt haben. Nur hier kommen wertstiftende Ge-
spräche zustande. Besteht eine Interessendivergenz, hat also der Kunde ein hohes Interesse,
eine Problemlösung zu erhalten, das Unternehmen schätzt diesen Kontakt jedoch nur als zu-
sätzliche Kosten ein, sollte der Kontakt automatisiert werden. Das ist vor allem da von Inter-
esse, wo Kunden immer wieder die gleichen Fragen stellen. In diesem Zusammenhang geht
es häufig um das Verständnis der Funktionsweise von Produkten und Dienstleistungen, auch
Self-Service genannt.

Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass das Unternehmen darauf angewiesen ist, dass
der Kunde einen Kontakt mit dem Unternehmen hat und bestimmte Informationen preisgibt,
wie beispielsweise bei einem Check-In oder einer E-Mail Bestätigung. Derartige Kontakte
empfinden Kunden häufig als lästig. Hier gilt es die Kontakte, wie bspw. einen Check-In oder
Teilkontakte, wie eine notwendige Identifikation des Kunden möglichst zu vereinfachen. Ein
wunderbares Beispiel dafür stellt heute schon der YouTube Service Kanal der Royal Bank of
Scotland (RBS) dar. RBS hat hier zu den häufigsten Service-Vorfällen im Bereich des eBan-
king ausgesprochen unterhaltsame Erklärvideos produziert, die für den Kunden einen hohen
Mehrwert im Self-Service darstellen. Es geht also auch unterhaltsam UND schnell! Dabei ist
es jedoch essentiell, dass ein Kundenservice-Center-Manager weiss, welche Geschäftsvorfälle
im Contact Center anfallen und wie die Wertschätzung der Kundschaft für eine rasche Pro­
blemlösung aussieht.

Ein zusätzlicher Aspekt, der mir bei der Digitalisierung von Kundendialogen Sorge macht, ist
die Frage, wer den Sprach- oder Chatbot für den Kundenservice überhaupt entwickelt und
betreibt. Eine grosse Zukunft wird im Zusammenhang mit „Conversational UI“ Bots zug-
schrieben, die als Chat- oder Voicebot auf den Infrastrukturen von Facebook, Apple, Google,
Tencent oder Amazon basieren. Mehr als zwei Milliarden Menschen nutzen weltweit diese
Infrastruktur, also ist die Verlockung gross, Kunden auf einem Touchpoint zu begegenen, den
diese schon kennen.

Bots werden neu in die jeweiligen Messengerumgebungen integriert und dienen den Usern
als Gesprächspartner oder integrieren sich auch in den Dialog zwischen mehreren menschli-

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chen Usern. Die Kern-Idee dahinter ist, dass die Teilnehmer des Dialoges automatisiert durch
den Bot zu Produkten und Services geleitet werden, die in den Dialogen eine Rolle spielen. So
kann beispielsweise die Ferienplanung komplett von der Flugbuchung, über die Hotelreserva-
tion bis hin zur Auswahl von Ausflügen oder von Restaurants in einem Gespräch stattfinden,
ohne die Messenger Umgebung zu verlassen, um kommerzielle Apps oder Webseiten aufru-
fen zu müssen, um bspw. Preise und Alternativen zu recherchieren. Derartige Geschäfte, die
mittels Kommunikation abgeschlossen werden, subsumiert man unter dem Schlagwort „Con-
versational Commerce“. Ist der Chatbot also in einer allgemein genutzten Messenger-Platt-
form bspw. von Facebook integriert, vereinfacht dieser dem Kunden den Alltag, da weniger
Aufwand benötigt wird, um beispielsweise einen Flug mit einer Kurzmitteilung zu bestellen
und sich nicht durch die App der Airline durcharbeiten muss. Das richtige Potential wird aber
erst dann erreicht, wenn eine mittels Bot geplante Reise nicht wunschgemäss verläuft: Rea-
lisiert der Bot bspw. schon bei der Anfahrt zum Flughafen, dass ein Flug eine grosse Verspä-
tung aufweist, kann er selbständig Umbuchungen vornehmen, damit die geplanten Termine
eingehalten werden können. Der Kunde bekommt davon nichts mit. Die Airline spart sich so
eine Fülle unerwünschter Servicedialoge.

Auch hier wieder schöne neue Welt. Meine Kernfrage dabei ist jedoch: Können Unternehmen
eigentlich eine Kundenbeziehung durch den Sprachbot von Amazon, das IPhone von Apple
oder die Suchmaschine von Google überhaupt noch eigenständig planen, oder entscheiden
Dritte, wie die Kundenbeziehung zu den Kunden verläuft? Und wenn es Dritte sind, nach wel-
chen Regeln entscheiden diese? Hier müssen Unternehmen Szenarien entwickeln, wie sie den
Tradeoff zwischen der aufwendigen eigenen Entwicklung digitaler Bots und der Nutzung all-
gemein bekannter und verfügbarer Infrastruktur handhaben, um auf der einen Seite Entwick-
lungskosten effizient zu steuern anderseits sich aber nicht in verheerende Abhängigkeiten zu
begeben. Und so bleibe ich gespannt. Auf die schöne, neue Welt.

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Kognitive Beidhändigkeit
transformiert Kundendialoge
Stefan Holtel

Stefan Holtel ist Programmierer, Theaterpädagoge, Yogalehrer, Vater, Wissensmanager und Trainer
für LEGO Serious Play©. Er arbeitete u.a. 11 Jahre in der Forschung und Entwicklung von Vodafone
und hält mehrere nationale und internationale Patente. Seine Sichtweise ist immer interdisziplinär.
Er verweigert sich den richtigen Antworten auf falsche Fragen. Regelmäßig räsoniert, präsentiert
und publiziert er zu der Frage, wie Künstliche Intelligenz jede Organisation umkrempelt. Seit 2011
arbeitet er als Lead Cogniteer bei infinIT.cx, einem Anbieter für Aufbau, Entwicklung und Betrieb
großer Contactcenter. Seit dem Jahr 2016 leitet er außerdem brightFutures, eines von vier deut-
schen Teams, das sich für die Teilnahme am IBM AI XPRIZE© qualifiziert hat.

„Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! Wie edel durch Vernunft! Wie unbegrenzt an
Fähigkeiten!“ (Shakespeare 1600, 2016). Hatte Hamlet recht? Jahrzehnte von Experimenten
der Kognitionspsychologie deuten in eine andere Richtung: Der menschliche Geist ist nur ein
Gesellenstück. Weit davon entfernt, edel zu sein. Seine Fähigkeiten sind begrenzt.
Auf die menschliche Intelligenz warten viele Fettnäpfen. Und sie tritt begierig hinein
(Kahneman 2012).

Aber wer seine Grenzen in Demut akzeptiert, kann ein besserer Denker werden.
Künstliche Intelligenz ist gekommen und wird uns dazu zwingen.
Dann lassen sich auch Kundendialoge neu gestalten.

Die Kopernikanische Wende für die Intelligenz

Nikolaus Kopernikus erkannte, dass die Erde sich um die Sonne dreht – nicht umgekehrt. Wir
genießen keine Sonderrechte im Sonnensystem. Wir residieren an keinem begünstigten Ort

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 21
des Universums. Wir sind keine VIP im Weltall. Diese Erkenntnis schlug sich nieder in den
­Annalen der Wissenschaft als das „Kopernikanische Prinzip“ (Kopernikus 1543).

Abb.: Auszug aus


„De revolutionibus
orbium coelestium“,
Nikolaus Kopernikus
(1473-1543)

Nach fünf Jahrhunderten sollten wir das kopernikanische Prinzip wieder ans Licht holen. Zu
einem neuen Zweck: Diesmal sollten wir es anwenden auf die Künstliche Intelligenz. Unver-
züglich.

Menschen sind nicht auserkoren, auf ewig intelligenter zu sein als Maschinen. Immer mehr
Zeichen deuten darauf hin, dass sie uns überflügeln werden: Künstliche Intelligenz interpre-
tiert unscharfe Röntgenbilder. Sie sagt das Wetter voraus. Sie versteht mehrdeutige Kunden-
fragen.

Die kognitive Revolution ist im Gange. Der schleichende Übergang in das Zeitalter der Ma-
schinenintelligenz zeigt Wirkung.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 22
Ludditen werden den Einzug Künstlicher Intelligenz nicht stoppen. Die Maschinenstürmer des
18. Jahrhunderts scheiterten schon an Webstühlen, monströsen Holzgestelle in großräumigen
Manufakturen. Die konnte man immerhin sehen, anfassen – und zertrümmern. Künstliche
Intelligenz dagegen tröpfelt unmerklich in unsere Welt. Die meisten nehmen sie kaum wahr.
Je besser sie wird, desto unauffälliger ist ihr Dasein. Die Dinge verbessern sich vielleicht um
ein Prozent pro Jahr. Fast unmerklich. Aber das summiert sich im Rückblick (Kelly 2016). Ein
nicht enden wollender Datenstrom versorgt die Künstliche Intelligenz mit Nahrung. Aber sie
ist trotzdem nicht zu greifen, bricht sich Bahn, arbeitet reibungslos.

Was sollen wir tun, wenn wir Künstliche Intelligenz schon nicht mehr beseitigen
können?

Vielleicht eine Art Kapitulation mit erhobenem Haupte. Einfach mal Demut zeigen vor Fatum
und Unabänderlichkeiten. Das könnte uns helfen, Vorurteile zu überwinden und unser Ver-
ständnis des Begriffs „Intelligenz“ nüchtern zu überprüfen – und dann Schlüsse zu ziehen.

Das kopernikanische Prinzip lässt sich im herkömmlichen, räumlichen Sinn anwenden. Es


liefert uns ein Verständnis für die Stellung der Sonne an den Rändern der Milchstraße und
relativiert die mittelmäßige Position unserer Galaxie im Universum. Es hilft uns, das auseinan-
derstrebende Universum zu verstehen. Wir können z.B. besser akzeptieren, dass man überall
im Weltall beobachten würde, wie andere Galaxien sich mit großer Geschwindigkeit vonein-
ander entfernen. Wir sind in keinerlei Hinsicht besonders, sondern nur müder Durchschnitt in
einem Sternenhaufen.

Es wird Zeit, das Kopernikanische Prinzip zu nutzen, um maschinelle Intelligenz neu zu veror-
ten. Die Fortschritte in den letzten Jahren zeigen eindeutig: Es gibt keinen plausiblen Grund
zu behaupten, dass wir eine besondere Stellung einnähmen. Wir besitzen keine speziellen,
kognitiven Fähigkeiten. Maschinen sind uns dicht auf den Fersen. Sie übertreffen uns in im-
mer mehr Domänen, von denen wir lange Zeit glaubten, dass sie unantastbar sein würden. Sie
spielen Schach. Sie komponieren Musik. Sie fahren Auto.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 23
Kopernikanisch auf die Intelligenz zu blicken, gestattet uns, unsere emotionale Betroffenheit
in den Griff zu bekommen. Wir sehen klarer, dass Menschen meist weder am Beginn der Din-
ge stehen – noch an dessen Ende. Kopernikanisch über Intelligenz zu räsonieren, könnte die
menschliche Position in ihren Schattierungen erklären helfen: Wir sind intelligenter als alles,
was wir bisher im Universum gefunden haben. Wir sind viel rationaler als die meisten Tiere.
Aber wir sind langsamer in kognitiven Fähigkeiten, die sich durch Formeln ausdrücken und in
Silikon pressen lassen: Das kopernikanische Prinzip lenkt unseren Blick auf das Studium grö-
ßerer und kleinerer Größenordnungen von Intelligenz. Wir sollten nicht annehmen, dass alles,
was wir zu verstehen glauben, zu demselben Maßstab gehört wie wir selbst.

Wir brauchen trotz der Erkenntnis kognitiver Mittelmäßigkeit nicht zu verzweifeln. Soweit wir
derzeit wissen, sind wir z.B. die einzige Spezies, die ausgeprägtes Bewusstsein entwickelt hat
(obwohl sich auch Elefanten und Delphine im Spiegel erkennen können). Auch Emotionen
bleiben für Künstliche Intelligenz noch lange ein unbestelltes Feld.

Das Kopernikanische Prinzip ist paradox: Das richtige Verständnis unserer Stellung hilft uns
– auch wenn wir uns dafür schämen sollten – unsere Stärken zu erkennen. Und wenn wir das
tun, dann werden wir am Ende nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken.

Was ist der Ausweg aus der kopernikanischen Wende der Intelligenz?

Kognitive Ambidextrie

Wir finden sie in „kognitiver Ambidextrie“. Ambidextrie (lat. ambo „beide“ und dexter „rechte
Hand“) bezeichnet die Fähigkeit, gleichzeitig effizient und flexibel zu sein. Die Fortschritte
der Künstlichen Intelligenz erlauben uns beides: Maschinen nehmen uns die Bürde der Routi-
nen. Sie arbeiten uns zu als willige Diener. Unsere Arbeit wird effizienter. Dann bleibt Men-
schen vorbehalten, sich den Ausnahmefällen zuzuwenden. Denn Menschen sind flexibel.

Dann verhandeln die Chatbots langweilige Standardfragen (die sind einfach, aber bestenfalls
kompliziert). Menschliche Agenten dagegen widmen sich den verzwickten Problemen (die
sind einmalig und komplex).

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 24
Bis es soweit ist, werden wir systematisch unsere „kognitive Beidhändigkeit“ schulen müssen.
Denn es gilt, die Maschinen der Künstlichen Intelligenz richtig bedienen zu können.

Ich bin zuversichtlich. Das führt zu besseren Kundendialogen. Wenn wir es wollen.

Literatur
Birkinshaw, J./Gibson, C. (2004): Building ambidexterity into an organization. In: MIT Sloan
Management Review, 45(4), 47-55.
Flynn, J. R. (2009): What is Intelligence? Beyond the Flynn Effect, Cambridge University Press.
Goleman, D. (2009): Emotional Intelligence: Why it can matter more than IQ, A&C Black.
Kahneman, D. (2012). Thinking, Fast and Slow, Penguin Books.
Kelly, K. (2016): The Inevitable: Understanding the 12 Technological Forces That Will Shape Our
Future, Viking Press.
Kopernikus, N. (1543): De revolutionibus orbium coelestium, Petreius.
Shakespeare, W. (1599-1601, 2016): Hamlet, CreateSpace Independent Publishing Platform.
Raisch, S./Birkinshaw, J. (2008): Organizational Ambidexterity: Antecedents, Outcomes, and
Moderators, in: Journal of Management, 34. Jg., Nr 3, S. 375-409.

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AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 25
Tagebuch eines Kundenmanagement-
Beraters zum Thema AI
Hans-J. Agnischock

Hans Agnischock verfügt über eine langjährige Beratungs-Expertise im Bereich Customer (X) Ma-
nagement - insbesondere in b2c-Unternehmen (z.B. Versicherungen, Automotive). Die Digitale
Transformation und Innovationsberatung in Vertrieb und im Kundenservice stehen dabei im Fokus.
Als Trusted Advisor begleitet er seine Mandanten von der ersten Idee bis zur fachlichen/techni-
schen Detailfrage. Der sinnvolle Einsatz von Artificial Intelligence an der Kundenschnittstelle und
eine gute Customer Experience treiben ihn an. Hans Agnischock arbeitet in seinen Projekten mit
Start Ups und etablierten Technologieanbietern gleichermaßen zusammen. Innerhalb zahlreicher
Studien analysiert er die Veränderungen im Kauf- und Serviceverhalten von Endkunden.

Eintrag 03.04.1999 (19:03 Uhr):


AI erstmalig kennengelernt. Bin beeindruckt.

Habe heute in einem Meeting mit einigen Wissenschaftlern erstmalig das Thema künstliche
Intelligenz kennengelernt. Habe grundsätzlich verstanden, um was es geht und bin beein-
druckt von den Möglichkeiten und den komplexen mathematischen Modellen dahinter. In
meinem Studium der Wirtschaftswissenschaften ist das Thema AI irgendwie komplett an mir
vorbeigerauscht. Na ja, ich selbst war ja auch nie eine wirkliche Leuchte in Mathe. Ein derartig
ausgefeilter und wissenschaftlich fundierter Ansatz muss einfach genial sein. Gehe nun ge-
stärkt mit dem neuen Wissen in die Akquise neuer Beratungsprojekte. Bald werden wir über
Systeme verfügen, die genauso denken, wie wir Menschen. Systeme die aus komplexen Daten
die richtigen Ableitungen treffen und in Vertriebssituationen gut argumentieren und sogar
den zukünftigen Bedarf von Endkunden antizipieren können. Selbstlernende Systeme wer-
den uns massiv unterstützen. Das Kundenmanagement der Zukunft ist ohne AI für mich nicht
mehr vorstellbar.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 26
Eintrag 02.02.2005 (6:22 Uhr):
Datenprojekte gehen gut. Kundenwertmodelle, Next Best, geführte Dialoge halten
uns auf Trab

Liebes Tagebuch, ich hatte keine gute Nacht. Bin über die Arbeit nicht in den Schlaf gekom-
men. Habe mich irgendwann auch an das damalige Treffen zum Thema AI mit den Wissen-
schaftlern erinnert.

Ich muss zugeben, dass nach dem damaligen Meeting nicht so wirklich viel im Bereich AI ge-
laufen ist. War irgendwie auch nicht so einfach, die Methode und die Vorteile von AI mit den
konkreten Herausforderungen unserer Mandanten zusammen zu bringen. Wir hatten damals
allesamt das Gefühl, dass es doch eher ein theoretisches Konstrukt ist, welches mit viel Auf-
wand immer wieder neu aufgebaut werden muss.

Zwischenzeitlich haben wir uns auf Themen spezialisiert, die immer auch etwas mit der Ana-
lyse von Kundendaten zu tun hat. Diese Fragestellungen wären eigentlich prädestiniert für AI,
jedoch konnten wir alle Projektherausforderungen sehr gut mit klassischen/handwerklichen
Beratungsmethoden lösen.

Eintrag 20.03.2010 (21:44 Uhr): Verschriftlichung der Kommunikation. Sprache ver-


stehen ist wichtig. Was für eine Herausforderung!

Habe mir heute einmal wieder mein Tagebuch vorgenommen. Der letzte Eintrag zum Thema
AI ist lange her. Zwischenzeitlich habe ich eine ganze Menge an Technologieanbietern ge-
troffen, die das Thema AI irgendwie auf ihre Fahnen geschrieben haben. Das waren durch die
Bank angenehme Treffen, mit interessanten Menschen und tollen Ansätzen. Nur… als ich dann
wieder einmal Zeit hatte, um über den Kern (USP) der Lösungen nachzudenken – meistens ist
das ja der Fall, wenn ich nicht schlafen kann-, dann fiel mir auch gar nicht so viel Neues ein,
was ich hätte zu Papier bringen können. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass AI draufsteht,
aber grundsätzlich mit klassischen (statistischen) Methoden gearbeitet wird. AI hatte ich mir
damals ein wenig anders vorgestellt. Nun ja, vielleicht habe ich das auch nur falsch verstan-
den oder war ein wenig naiv. Als junger Berater glaubt man (noch) an die Raketentechnik.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 27
Kundenkommunikation findet heute mehr denn je auch auf schriftlicher Basis statt. Das Kor-
respondenzvolumen unserer Mandanten steigt stetig und Social Media wird auch immer
wichtiger. Ich hoffe, dass es uns gelingt, Kundenanfragen automatisiert zu verstehen, um dann
das Dispatching und ggf. sogar eine teilautomatisierte Bearbeitung zu realisieren. Die bishe-
rigen Versuche hierzu waren ernüchternd. Die notwendigen Testmengen und die Anlernauf-
wände sind einfach riesig und das Ergebnis dann immer noch nicht so, wie man sich das vor-
stellt. Von meiner AI-Vision ist momentan nicht mehr viel übrig.

Eintrag 24.02.2016 (02:55 Uhr):


CCW (Berlin) Bääm. AI ist wieder da!

Gut, dass ich mein Tagebuch mit nach Berlin genommen habe. Es ist schon spät, aber diesen
Kurzeintrag muss ich einfach noch schnell verfassen. Bääm! AI is back und steckt nun in den
Bots. Habe das Gefühl, von Bots beobachtet zu werden. Nun geht´s richtig los, mit Serviceau-
tomatisierung und digitalem Customer Engagement.

Eintrag 10.11.2017 (11.36 Uhr):


Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.

Liebes Tagebuch, seit der CCW 2016 ist ja schon wieder ein wenig Zeit ins Land gegangen. Die
Community surft nach wie vor auf der Bot-Welle und irgendwie habe ich das Gefühl, dass AI
momentan = Bot ist und als habe der Endkunde nur darauf gewartet, von einem Bot bedient
zu werden, da dieser freundlicher, unkomplizierter und 24/7 unterwegs ist. Habe auf vielen
Veranstaltungen Bot-Projekte kennen lernen dürfen und bin dabei immer wieder auf vertrau-
te Herausforderungen getroffen:

Sprache erkennen ist leicht, verstehen weniger. Systeme müssen aufwendig mit Wissen gefüt-
tert werden. Hinzu kommt, dass die Auswirkungen im Kundenmanagement zumeist gar nicht
bis zum Ende gedacht werden: Setzen wir die Mitarbeiter frei, die wir nicht mehr benötigen?
Ist es überhaupt sinnvoll, immer mehr Daten von Kunden zu verarbeiten, wenn wir mit dem
jetzigen Datenbestand noch nicht einmal sinnvoll umgehen können? Wie viel Freiheit geben
wir der Maschine bei Ihren Entscheidungen?

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 28
Wie bekommen wir das Menschliche in die automatisierten Prozesse? Wo bleibt Empathie
oder der vertriebliche Instinkt im Kundendialog?

Ansätze, in denen AI im engeren Sinne zum Einsatz kommt, sind im klassischen b2c-Geschäft
noch eher dürftig. In der Medizin, in der Forschung und im Bereich der Prädiktive Maintenan-
ce komplexer Maschinen schaut es anders aus. Liebes Tagebuch. Ich bin jetzt erst einmal un-
terwegs und schaue mir diese Beispiele an. Ich werde Dir davon berichten. Versprochen!

Über DXC Technology


DXC Technology ist der weltweit führende unabhängige End-to-End IT-Dienstleister. Wir wandeln
technologische Innovationen in messbare Erfolge für unsere Kunden um. Aus dem Zusammen-
schluss von CSC und der Enterprise Services Sparte von Hewlett Packard Enterprise entstanden,
sind wir für rund 6.000 privatwirtschaftliche und öffentliche Organisationen in 70 Ländern tätig.
DXC Technology zeichnet sich durch technologische Unabhängigkeit aus, ist weltweit präsent und
verfügt über ein umfassendes Partnernetzwerk. Gemeinsam bieten wir richtungsweisende IT-
Services und Lösungen. Wir leiten und begleiten die digitale Transformation unserer Kunden.
Auch im Bereich Corporate Social Responsibility setzen wir Maßstäbe.
www.dxc.technology/de

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 29
Chatbots/AI und Customer Service:
Ziemlich beste Freunde
Harald Henn

Harald Henn, geschäftsführender Gesellschafter der Marketing Resultant GmbH, Mainz konzipiert
und optimiert Digital Customer Service Projekte, entwirft und setzt Customer Experience Manage-
ment Projekte um und optimiert Call Center auf der Basis von mehr als 20-jähriger Projekterfah-
rung. Er ist Herausgeber mehrerer eBooks zum Thema Digital Customer Service.

Umwälzungen und Trends, die zu nachhaltigen Veränderungen im Kundenservice geführt


haben, hat es immer schon gegeben. Ende der 90 er Jahre von einer Sachbearbeiter-Struktur
zu einer zentralisierten Call Center Organisations-Form. Das Telefon löste den Brief und das
persönliche Gespräch als dominierenden Kommunikationskanal ab. Diese massive Änderung
ging nicht geräuschlos über die Bühne. Massive Widerstände von Gewerkschaften in den Pi-
onierzeiten, Naserümpfen von den Medien und eine ablehnende Haltung von breiten Teilen
der Gesellschaft waren nicht unbedingt ein idealer Nährboden für den Aufstieg dieser neuen
Form, den Kundenservice zu organisieren. Heute arbeiten mehr als eine halbe Million Men-
schen alleine in Deutschland in Call Centern; die Aufregung hat sich weitestgehend gelegt.
Politiker in strukturschwachen Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern sahen und sehen
Call Center als Rettungsanker für die Beschäftigung. Und die Kunden? Die Kunden möchten
einen schnellen Service mittlerweile nicht mehr missen. Wartezeiten werden widerwillig und
mißmutig zur Kenntnis genommen. Call Center sind als Instrument den Kundenservice effi-
zient zu organisieren, nicht mehr wegzudenken. So wie Call Center durch neue Technologien
und Organisationsformen vor mehr als 20 Jahren einen ziemlich radikalen Wandel eingeläutet
haben, so stehen wir heute wieder am Rande einer neuen Epoche.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 30
Chatbots/AI klopfen an die Kundenservice Pforte.

Viele Parallelen lassen sich erkennen. Wir stehen wieder vor einem Paradigmenwechsel. Kun-
den haben durch das Internet eine bislang nie gekannte Transparenz zu Produkten, Leistun-
gen erhalten. Per Smartphone können sie zu jedem Zeitpunkt und von jedem Ort aus Kontakt
aufnehmen, Bestellungen tätigen, sich beschweren, Verträge ändern oder kündigen. Die An-
sprüche an die Schnelligkeit und Kompetenz von Auskünften ist in den letzten Jahren konti-
nuierlich gestiegen. Echtzeit Service wird als Anspruch der Kunden durch Unternehmen wie
amazon zu einem Allgemeingut und unverzichtbarem Bestandteil einer wirksamen Service
Strategie. Zusätzlich zum Telefon, FAX und Brief sind neue Kanäle wie Chat, Instant Messa-
ging, Videotelefonie hinzugekommen. All dies erhöht die Komplexität und in vielen Fällen
auch die Kosten für den Kundenservice in den Unternehmen. Parallel zur Entwicklung auf der
Kundenseite geht eine andere Entwicklung einher. AI und darauf basierende automatisierte
Kommunikation - chatbots- haben innerhalb von wenigen Monaten nahezu den Durchbruch
für den massentauglichen Einsatz erreicht. Das Tempo auf der Anbieter Seite ist atemberau-
bend hoch. Amazon, google, Microsoft, Venture Capital Gesellschaften pumpen Milliarden in
den AI Markt. Die Potentiale und Gewinnaussichten sind riesig; dementsprechend rüsten die
Entwicklungsabteilungen auf, neue Start-ups schiessen wie Pilze aus dem Boden.

Für die Durchdringung einer neuen Technologie in einem Markt sind zwei Faktoren
ausschlaggebend:

1. Reifegrad der Technologie


2. Gesellschaftliche Akzeptanz

Ist einer diese beiden Faktoren nicht ausreichend gegeben, findet die jeweilige Technologie
keine Marktakzeptanz. Dies lässt sich an Beispielen wie den Sprachtechnologien – IVRU- in
Deutschland eindrucksvoll belegen. Technologisch waren die Systeme eher starr und wenig
flexibel und die gesellschaftliche Akzeptanz war von Skepsis und Ablehnung geprägt. Das
Gottlieb Dudweiler Institut, GDI hat dazu eine interessante Map entwickelt, an der sich able-
sen lässt, ob eine neue Technologie das Zeug für eine Disruption besitzt.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 31
VISION

TECHNOLOGIE
Noch im Ideenstadium, nicht konkretisiert.

PROTOTYP
Entwicklung im Laborstadium.

EINGESETZT
Begrenzter Einsatz, Machbarkeits-Tests.
BABELFISH
TECHNISCHER DURCHBRUCH
Weitere Einsatzgebiete.

ZERO INTERFACE ETABLIERT


Die Technologie wird Teil unseres Lebens.

ALGORITHMIC NEWS
VIRTUAL REALITY VITAL
SMART ASSISTANTS Schwer vorstellbar, darauf zu verzichten.

NATURALISIERT
Kaum mehr als Technologie zu erkennen.
SOCIAL TV
TELEPATHY INTERNET TV

NATURALISIERT
Gehört zur mentalen DNA.
DATA DRIVEN MARKETING

GEWÜNSCHT
Wird (oder sollte werden) Teil des täglichen Lebens.

AKZEPTIERT
Man gewöhnt sich daran, es zu verwenden.

SOZIALER DURCHBRUCH
Wandel von Bewusstsein oder Verhalten.

KONTROVERS / NISCHE
In Nischen eingesetzt, im Mainstream abgelehnt.

NICHT AKZEPTIERT
Ideen, die weder umgesetzt werden können noch sollen.

FREMD
BEWUSSTSEIN
Klingt wie (oder ist) Science-Fiction.

Quelle: http://v2.gdi.migros.dev.additiv.ch/Media/Graphic/index.html

Niedrige Einstiegsbarrieren und Kundenakzeptanz befeuern die Marktentwicklung

Bei AI/Chatbots stehen die Zeichen auf schnelle Marktdurchdringung. Dies liegt unter an-
derem daran, dass Chatbots/AI basierte Kommunikationsformen als solche für den Kunden
nicht unbedingt erkennbar sind. Wenn ich als Kunde mit einem Unternehmen chatte um mich
nach neuen, besseren Tarifen für meinen Strom- oder Gasvertrag zu erkundigen, merke ich
nicht unbedingt, dass die Antworten, die ich erhalte von einem Chatbot kommen. Die Kom-
munikation per Textchat ist mittlerweile zu einem Standard für die Unternehmen geworden.
WhatsApp wird – sobald eine kommerzielle Nutzung offiziell erlaubt ist – diesen Trend noch
einmal zusätzlich anheizen. Sofern die Chatbots Antworten auf meine Fragen geben, bin ich
als Kunde zufrieden. Schnelligkeit der Antworten, fallabschließende Prozesse und Kompetenz

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 32
sind die Anforderungen der Kunden. Werden diese erfüllt ist die zugrundeliegende Techno-
logie für den Kunden nicht relevant. Ähnlich stellt sich die Situation bei den sprachbasierten
Systemen dar. Amazon Alexa oder google home haben sich in kurzer Zeit eine große Fange-
meinde erobert; die Verkaufszahlen sprechen Bände. Und Sprache als Ein- und Ausgabemög-
lichkeit funktioniert diesmal gut; besser als die eingangs zitierten Sprachdialogsysteme. Die
Reduzierung auf einfache Vorgänge wie etwa die Auskunft zum Kontostand, die nächsten
Zugverbindungen von Mainz nach Köln schaffen Vertrauen in die Technologie. Die nächste
Generation wird dann einfache Buchungen, Überweisungen oder einen Zählerwechsel beim
Energieversorger erledigen. Diese schrittweise Einführung der neuen Technologien, die vom
Kunden eher unbemerkt geschieht, ist sicher einer der Erfolgsfaktoren. Die Technologie tut
das, was sie tun soll. Zuverlässig und rund um die Uhr.

Amazon ALEXA: Kundenservice per Sprachsteuerung

Rasch anwachsende Zahl neuer Angebote


• Deutsche Bahn, mytaxi, TK, ...
• In der ersten Ausbaustufe werden einfache Auskunftsdienste
angeboten, auf die rasch komplexere Prozesse wie z.B. Überweisun-
gen, Änderung der Kontoverbindung, Tarifwechsel folgen werden.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 33
Chatbots/AI: Das volkswirtschaftliche Missverständnis und die Konsequenzen

Problematisch sind diese Technolgien weniger im täglichen Einsatz und Gebrauch im Kunden-
service, sondern aus dem Blickwinkel der vielen produzierten Mißverständnisse, Fehlinforma-
tionen auf der volkswirtschaftlichen Ebene. Die einfache lineare Fortschreibung bestimmter
Trends führt zu Aussagen bei der Arbeitsmarktentwicklung, die wenig bis gar nichts mit dem
Verständnis von AI zu tun haben. Welche Auswirkungen ein exponentielles Wachstum von
Machine Learning und AI haben wird, ist heute nicht einschätzbar. Viele veröffentlichten Stu-
dien zeigen Szenarien auf, die Menschen unnötig ängstigen und damit zu einer generell ab-
lehnenden Haltung gegenüber diesen Technologie-Entwicklungen führen.

Paradoxerweise ist im täglichen Umgang mit AI und Chatbots genau das Gegenteil der Fall.
Gut gemachte Chatbots erfreuen sich eines guten Zuspruchs und einer hohen Nutzungsrate.
Nachfolgend ein paar Beispiele:

H&M: https://bots.kik.com/#/hm
KLM: https://social.klm.com/flightinfo/messenger/
Comdirect: https://www.comdirect.de/wertpapiere/alexa.html
Mastercard: https://newsroom.mastercard.com/press-releases/mastercard-makes-com-
merce-more-conversational-with-launch-of-chatbots-for-banks-and-merchants/

Mildred: Lufthansa Chatbot für Buchungen, Auskünfte und vieles mehr.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 34
Die Automatisierung hat längst Fuß gefasst im Kundenservice. Auf breiter Basis werden mehr
und mehr Unternehmen AI als eine sinnvolle Alternative zu den klassischen Call Centern ein-
setzen. Einfache, homogene Vorgänge mit geringer Wertschöpfung lassen sich kostengünstig
abbilden. Die Akzeptanz der Kunden ist gegeben und bei richtiger Implementierung – mit ein-
fachen Prozessen beginnen und für die Übergänge zu Mitarbeitern bei komplexen Vorgängen
sorgen – steht dem Erfolg dieser Technologie nichts im Wege.

Dies wird jedoch erst den Anfang einer völlig neuen Kundenservice Epoche darstellen. Die
nächste Stufe wird die Vernetzung der unterschiedlichen Services zum Ziel haben. Wenn ich
zukünftig in einem Call Center anrufe dann wird der Mitarbeiter vor der Begrüßung auf sei-
nem Bildschirm bereits wissen wer ich bin, welche Customer Journey ich in den letzten Tagen
mit dem Unternehmen durchlaufen habe, welchen Kundenwert ich besitze, was der beste,
nächste Schritt wäre, um mich zu einem zufriedenen und loyalen Kunden zu machen, usw.
Der Austausch von Daten zwischen den unterschiedlichen Systemen (website, CRM, E-Mail,
ACD, Geschäftsstelle,…) wird für die Echtzeit-Optimierung des Kundenerlebnisses eingesetzt.
Wenn die Unternehmen analog zu den Chatbots auf eine behutsame, schrittweise Einführung
mit dem Fokus auf den Kundennutzen setzen, wird auch diese Epoche für Unternehmen wir
Kunden gleichermaßen erfolgreich verlaufen.

Marketing Resultant GmbH:


Navigator für den Digitalen Customer Service
Wir sind erfahrene & zuverlässige Piloten mit tiefgreifendem Verständnis und langjähriger Erfah-
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AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 35
Gut Ding
braucht Weile
Andreas Hufenstuhl

Andreas Hufenstuhl blickt auf mehr als 20 Jahre Beratungserfahrung im Bereich Business Ana-
lytics zurück und leitet bei PricewaterhouseCoopers den Bereich Advisory Big Data & Advanced
Analytics in Deutschland. In seiner Rolle berät er Kunden hinsichtlich der Nutzung von Daten in-
nerhalb der Digitalen Transformation um neue, schnellere und innovative Geschäftsprozessen zu
erzeugen. Des Weiteren ist er Vorstandsmitglied im Bitkom Arbeitskreis Cognitive Computing und
unterstützt verschiedene deutsche Firmen und Organisationen dabei Artificial Intelligence opera-
tiv nutzbar zu machen. Zuvor war er 4 Jahre bei einem globalen Systemintegrator für Big Data &
Analytics in Zentral- & Osteuropa verantwortlich. In diesen Jahren begleitete er bei verschiedenen
nationalen und internationalen Financial Services Kunden in Reifegrad Assessments und erstellte
anschließend Transformations-Roadmaps.

Jede technische Evolution benötigt ihre Zeit und das gilt auch für AI as a Service. Zum Bei-
spiel haben Smartphone die klassischen Handys erst nach vielen Jahre abgelöst, obwohl der
Vorteile des Gerätes heute für jeden auf der Hand liegt. Der Grund warum sich der Wandel
im Bereich AI so anders anfühlt, ist die immens hohe Erwartungshaltung von Kunden und Ma-
nagement, sowie die potentielle Auswirkung auf unser Umfeld. In den Medien wird berichtet,
dass AI in wenigen Wochen ganze Geschäftsmodelle neu erschaffen wird und so große Teile
der aktuellen menschlichen Beschäftigungsfelder eliminieren kann. So trivial ist es allerdings
nicht. Der Entwicklungsstand verschiedenster AI unterstützen Services ermöglichst zwar
schon heute die Automatisierung einfacher Abläufe, aber sie sind noch lange nicht selbst
optimierend und kreativ genug, um selbständig neue Potentiale zu erschließen.

Chatbots oder Call Center Services haben heute noch immer einen klassischen Leitfaden im
Hintergrund der Schritt für Schritt abgearbeitet wird, bis das ein vorher definiertes Ergebnis

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 36
erreicht wird. Anwender und Manager wünschen sich einen selbst optimierenden
Service, der sowohl die Dialogdauer als auch die subjektive Empathie des Dialog-
partners verbessert. Dazu sind aktuelle Services jedoch noch lange nicht fähig.
AI wird uns besonders in digitalen Services (Call Center, Service Center, Digitale
Berater etc.) immer häufiger begegnen, weil es für viele Geschäftsfelder günstiger
und skalierbarer ist als humane Ressourcen. Hier geht es in der Regel um die ein-
fache Befolgung starrer Verfahrensschritte.

Die echte Customer Experience CX bleibt hierbei auf der Strecke. Kunden erwar-
ten zukünftig schnelle und effiziente Mensch-Maschinen Dialoge und keine Abar-
beitung bekannter Entscheidungsbäume. Von den bestehenden Geschäftsmodel-
len sind kurzfristig nur Modelle bedroht, die stark von gegebenen Prozessen oder
Verfahrensweisen geprägt sind. Beispiele sind hier Themen wie Anlageberatung,
Call Center oder Dokumentenrecherche in Kanzleien oder der Medizin. Alle die-
se Beispiele sind sehr zeitaufwendig und wenig kreativ, weil es vorrangig darum
geht die aktuelle Situation zusammen zufassen. Für die kreativen Prozesse der

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Gesprächsführung im Up Selling oder eine Beurteilung von Dokumenten sind


noch einige Jahre die Dienstleistungen von Menschen notwendig. Heute sind die
hauptsächlichen Kundenerwartungen an AI Services, das diese das menschliche
Leben erleichtern und Menschen befähigen Dinge zu tun, die diese alleine nicht
bewältigen könnten. Es muss also oberste Priorität sein den Kundennutzen her-

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 37
auszustellen und dann dem Verbraucher, die nötige Zeit einzuräumen, die Services in seinen
Alltag zu integrieren.

Vertrauen in diese neuen Technologien wird sich langsam aufbauen und erst dann wird die
echte beschleunigte Adaption der AI Services in unserem Alltag stattfinden. Ist dieser Schritt
erst einmal gelungen werden zu diesem Zeitpunkt immens viele menschliche Beschäftigungs-
felder entstehen, die dazu genutzt werden die neuen AI Services zu warten, weiterzuentwi-
ckeln und an neue Geschäftsanforderungen anzupassen. Hierzu gibt es diverse Beispiele aus
der Vergangenheit. Die Erfindung des Autos oder der Dampfmaschine beispielsweise haben
das Leben der Menschen durch neue Dienstleistungen erleichtert. Gänzlich neue Berufe ent-
standen und anfängliche Ängste wurden über Jahre abgebaut.

PwC ist die führende Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in Deutschland. Als unab-
hängiges Mitglied im internationalen Netzwerk von PwC schaffen wir für unsere Mandanten welt-
weit Mehrwert. Wenn es um Wirtschaftsprüfung und Beratung geht, unterstützt PwC Mandanten
aus allen Branchen dabei, ihre Ziele zu erreichen. Wir beraten Konzerne und Familienfirmen, In-
dustrie- und Dienstleistungsunternehmen, Global Players und Local Heroes, die Öffentliche Hand,
Verbände und NGOs. Weil sie sich auf uns verlassen können, sind wir die führende Wirtschafts-
prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deutschlands. Und weil jeder einzelne unserer 571 Partner
und 10.627 Experten an 21 Standorten in Deutschland jeden Tag dafür arbeitet, dieses Vertrauen zu
rechtfertigen.
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AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 38
Die Statistik
frisst ihre Kinder
Dr. Georg Wittenburg

Dr. Georg Wittenburg ist Gründer und Geschäftsführer der Inspirient GmbH. Nach seiner Pro-
motion an der Freien Universität Berlin zu Themen der verteilten Systeme und Mustererkennung
forschte er bis 2011 am französischen Institut „National de Recherche en Informatique et en Auto-
matique (INRIA)“ in Paris-Saclay an der Standardisierung von IoT-Netzwerktechnologien. Danach
wechselte er als Unternehmensberater zur Boston Consulting Group (BCG). 2013/14 untersuchte
er im unternehmensinternen Think Tank, dem BCG Henderson Institute in New York, die Implika-
tionen von algorithmischem Denken und Modellierung auf Unternehmensstrategien.

Eines der Kernversprechen der digitalen Revolution ist es, dass Unternehmen mittels Daten
konkurrenzfähiger werden können. Datengesteuerte Prozesse und Entscheidungen werden
also zentraler in der Geschäftswelt, Team für Team, Abteilung für Abteilung, Unternehmens-
bereich für Unternehmensbereich. Und dies ist gut so.

Nun gilt es hier jedoch eine Kuriosität anzumerken: Auch dieser Transformationsprozess
selbst ist datengesteuert. Und dies wird nirgendwo so deutlich, wie im geschäftlichen Einsatz
von Künstlicher Intelligenz (KI). So könnten etwa historische Daten über Kundenkontakte
dazu genutzt werden, ein neuronales Netzwerk zu trainieren, das dann darüber entscheidet,
wie bestimmte Kundenanfragen zukünftig bearbeitet werden. Dieses neuronale Netzwerk
wird dann möglicherweise mit Methoden wie A/B-Tests gegenüber alternativen Vorgehens-
weisen auf seine Tauglichkeit getestet. In anderen Worten, wenn wir dieser neu entstehenden
Praxis folgen, dann wird einem bestehenden Unternehmen nicht nur eine neue Komponente
allein aus Daten hinzugefügt, sondern diese auch durch zusätzliche Daten getestet und in das
jeweilige Unternehmen eingepasst.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 39
Das ist eine Menge Daten.

Es überrascht daher wenig, dass Berufe wie Data Scientist, Data Architect oder Chief Data
Officer nicht nur vermehrt auftauchen, sondern auch eine immer tragendere Rolle dabei spie-
len, wie Unternehmen agieren (oder agieren wollen). Während diese neuen Rollen also nun
besetzt werden, stellen wir uns doch einmal folgende Frage: Wie wird sich Ihr zukünftiges
Datenlabor, Ihre Advanced-Analytics-Abteilung, Ihr Data-Science-Team (pick your name), von
Ihrem Team beispielsweise für Kundenbetreuung unterscheiden? Wird Ihre Analytikabteilung
gemeinsam mit Rechtsabteilung, Vertrieb, Kundenbetreuung, usw. wachsen und sich weiter-
entwickeln, oder wird es auf eine spezielle Art und Weise entwickeln?

Nun gilt es hier noch eine zweite Kuriosität anzumerken: Data Science ist für Computer
einfacher als Kundenbetreuung. Dies begründet sich darin, dass Kundenbetreuung mit den
vielen, vielen unberechenbaren und verzwickten Aspekten des wahren Lebens zu tun hat: Ihre
Kunden schätzen Ihre Firma aus unterschiedlichen Gründen; Ihre Kunden haben unterschied-
liche Ziele wenn sie mit Ihnen in Kontakt treten; Ihre Kunden sind von Emotionen gesteuert;

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 40
usw. Im Gegensatz dazu lässt sich mit Werkzeugen der Data Science (wie Datentabellen, ana-
lytischen Ergebnissen und Algorithmen) vergleichbar einfach quantitativ arbeiten: Computer
können Datenqualität messen, Ergebnisse vergleichen und über algorithmische Parameter
iterieren. Computer können Dinge gut, die schon digital sind.

Die obige Aussage – dass Data Science für Computer einfacher sei als Kundenbetreuung –
stimmt so nicht ganz. Die entscheidende Herausforderung für jedes Data-Science-Team ist
es, Ergebnisse vorzubringen, die zu unternehmerischen Handlungen, zu datengesteuerten
Entscheidungen führen. Schlussendlich ist jede Analyse, die nicht zu einer Entscheidung führt
(inklusive der Entscheidung, nichts zu tun), in den allermeisten Fällen reine Zeitverschwen-
dung. Um unternehmerisch zu handeln, braucht es neben Data Science nämlich unbedingt
noch Geschäftserfahrung, kontextbezogenes Wissen und Instinkt. Oder, um Paolo Gaudiano
zu zitieren: „Die meisten Manager sind keine Data-Science-Experten, und die meinen Data
Scientists sind keine Geschäftsleute.“ (Harvard Business Review)

Eine realistische Data-Science-Abteilung sollte deshalb sehr ähnlich wie eine Rechtsabteilung,
ein Vertrieb oder eine Kundenbetreuung aufgebaut sein: Sie besteht aus einfach digitalisier-
baren Aspekten (z.B. Datenanalyse), als auch schwer digitalisierbaren Aspekten (z.B. Ergebnis-
se in Zusammenhang zu bringen). Es stellt sich also die Frage – ganz wie in anderen Abteilun-
gen auch – wie man am besten die Arbeit zwischen Mensch und Maschine aufteilt, damit das
organisatorische Data-Science-Setup optimal für das Unternehmen ist.

„Optimal“ ist hierbei natürlich ein subjektiver Begriff. So könnte beispielsweise das optimale
Data-Science-Setup für eine Bank so gestaltet sein, dass nie ein potentielles Risiko überse-
hen wird, koste es was es wolle. Für ein Modeunternehmen hingegen könnte das optimale
Data-Science-Setup so aussehen, dass sie das kreative Team befähigt und unterstützt. Für ein
kundenzentrisches Unternehmen könnte das optimale Data-Science-Setup so gestaltet sein,
dass es optimal neue Informationen von der Kundenbasis aufnehmen kann. Im unternehme-
rischen Sinn allgemeiner gesprochen, die optimale Gestaltung eines Data-Science-Setups (als
Kostenstelle) liefert bestmögliche Erkenntnisse bei möglichst geringen Kosten.

AI X CX Artificial Intelligence (AI) ändert das Paradigma für Customer Experience (CX) 41
Unternehmen, die die Gestaltung ihres Data-Science-Setups optimieren wollen, müssen also
bei entsprechenden Tätigkeiten also die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine opti-
mieren.

Im Besonderen könnte dies dazu führen, dass eine Firma ihre Key-Account-Manager nicht
durch eine KI-Lösung ersetzt, weil die kontinuierliche Anpassung der KI an die stetig wech-
selnden Kundenbedürfnisse teurer wäre, als die Gehälter der Key-Account-Manager. Dies
gilt bei diesem Beispiel insbesondere, weil KI hier für etwas eingesetzt werden würde (näm-
lich um Kundenbedürfnisse zu verstehen und zu antizipieren), was Computern grundsätzlich
schwerfällt. Auf der anderen Seite könnte ein Unternehmen mit optimal gestaltetem Data-
Science-Setup durchaus einige seiner Junioren Data Analysts durch KI ersetzen, weil Datenbe-
reinigung, -pivotierung und visualisierung für Computer grundsätzlich einfach sind, und des-
halb kostensparend digitalisiert werden könnten (und sollten).

Führungskräfte, die ein digitalisiertes Unternehmen aufbauen, müssen sich also die Schlüssel-
frage stellen, welche Probleme effizienter von Menschen im Gegensatz zu einem Computer
gelöst werden können. Hinsichtlich Data Science ist die Erkenntnis hervorzuheben, dass Da-
ta-Science in zwei Teile zerlegt werden kann: einen, der effizienter von Computern, Algorith-
men und KI übernommen werden kann, und den anderen, mit dem man am besten mensch-
liche Mitarbeiter betraut. Data Scientists könnten sich daher früher als sie denken dabei
wiederfinden, ihre eigene Arbeit zu automatisieren.

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