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Grundlagen der Physik

1.2 Messgenauigkeit und Messfehler

Caroline Niemeyer

HAW Hamburg
Fakultät DMI
Dept. Medientechnik

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 1 / 19


Struktur der Vorlesung
Themenübersicht

0 Organisation und Einführung


1 Grundlagen
Grundlagen des Messens
1.1 Messen und Maßeinheiten
Versuch Fadenpendel (Naturwissenschaftliches Arbeiten)
1.2 Messgenauigkeit und Messfehler
Grundlagen der Mechanik
1.3 Kinematik
1.4 Dynamik

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 2 / 19


Messgenauigkeit und Messfehler

Motivation

Die exakte Messung einer kontinuierlichen physikal. Größe ist unmöglich.

⇒ es gibt immer eine Abweichung ∆x des ermittelten Wertes xe vom


realen Wert xr
∆x = xe − xr (4)
Diese Abweichung ∆x des ermittelten Wertes xe vom realen Wert xr wird
absoluter Fehler genannt. Der richtige“reale Wert ist und bleibt i.A.

unbekannt.
Oft ist für Vergleichszwecke der relative Fehler interessanter:
relativer Fehler
∆x
· 100% (5)
xe

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Messgenauigkeit und Messfehler

Angabe von Messergebnissen


Angabe von Messergebnissen
Immer inklusive der Messunsicherheit (Messfehler) in der Form

∆x
x = x ± ∆x oder x = x ± · 100% (6)
xe
x ist dabei der bestmögliche Schätzwert des wahren Wertes (mehr dazu
später)

Beispiel
Länge l eines Brett: l = (2, 500 ± 0, 004) m
Bedeutung:
Bester Schätzwert der Brettlänge ist 2,500 m
Mit einiger (welcher?) Sicherheit liegt der wahre“ Wert der Länge

des Bretts zwischen 2, 496 m und 2, 504 m
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Messgenauigkeit und Messfehler

Es ist die Aufgabe des Experimentators:


die Fehler(quellen) klein zu halten
unvermeidliche Fehler anzugeben/ abzuschätzen

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Messgenauigkeit und Messfehler

Arten von Fehlern I


nach Ursache

grobe Fehler objektive Fehler subjektive Fehler


unsachgemäße Unvollkommenheit Fehler des
Handhabung der Messgeräte Beobachters beim
Einstellen/Ablesen
Unachtsamkeit störende Einflüsse
(der Messgeräte)
der Umgebung
falsche Theorien
Bsp.:
Bsp.: Temperatur-
defekte Messgeräte Parallaxenfehler
schwankungen
keine Behandlung
durch
Fehlerrechnung
möglich
Messung
wiederholen
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Messgenauigkeit und Messfehler

Arten von Fehlern II


nach Art

konstante Fehler systematische Fehler zufällige/ statistische


Fehler
können durch führen meist zu
Differenzmessungen einseitiger Fehler des
rausgerechnet Abweichung Beobachters beim
werden Einstellen/Ablesen
schwieriger zu
(der Messgeräte)
Bsp.: falsch beseitigen
eingestellte Uhr oft keine praktische streuen in jede
Möglichkeit Richtung
oft unterschätzt meist unvermeidlich,
Bestandteil jeder
müssen minimiert
Messung
werden
⇒ Ausnutzung
statistischer
Methoden
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Messgenauigkeit und Messfehler

Arten von Fehlern III


Veranschaulichung

→ Mittelwert und Streuung

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Messgenauigkeit und Messfehler

Mittelwert

arithmetischer Mittelwert
N
1 X
x= xi (= µ) (7)
N
i=1

xi : Messwerte des selben Wertes, ermittelt unter identischen Bedingungen.

Für eine unendliche Anzahl an Messungen konvergiert der arithmetische


Mittelwert x gegen den realen Wert xr
N
1 X
xr = lim xi (8)
N→∞ N
i=1

Für eine endliche Anzahl an Messungen bleibt ein absoluter Fehler des
arithmetischen Mittelwerts
ε = xr − x (9)
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Messgenauigkeit und Messfehler

Streuung(smaße)

Mittlerer Fehler der Einzelmessung := Standardabweichung


v
u
u 1 X N
σ=t (xi − x)2 (10)
N −1
i=1

Ein Maß für die Abweichung des Einzelwertes xi vom Mittelwert x


⇒ Ein Maß für die Größe des stat. Fehlers & Güte der Messung

Mittlerer Fehler des (arithmetischen) Mittelwerts


v
u N
u 1 X σ
σm = t (xi − x)2 = √ (11)
N(N − 1) N
i=1

Das arithmetische Mittel ist (um 1/ N) genauer als eine einzelne Messung
⇒ gewöhnlich als Angabe des Fehlers einer Messung x ± σm
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Messgenauigkeit und Messfehler

Messverteilung, Mittelwert, Streuung


Visualisierung statistischer Fehler I

Messreihe:
Beispiel: Messung der Periodendauer T eines Fadenpendels Ti [s]
→ Messreihe mit Messwertetabelle 2.00
1. Auswertung: Mittelwert, Standardabweichung und Fehler 2.01
2. Auswertung: Veranschaulichung durch Histogramm 1.99
1.99
2.01
Mittelwert: T = 2.002 s
2.02
Standardabweichung: σ = 0.014757296 1.97
2.01
Fehler des Mittelwerts: σT = 0.0046
2.01
→ Ergebnis der Messung z.B. T = 2.002 ± 0.005 s 2.01

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Messgenauigkeit und Messfehler

Signifikante Stellen
Definition und Beispiele

Es ist sinnlos, Messwerte mit mehr Stellen anzugeben, als durch die
Messung gesichert sind ⇒ signifikante Stellen“

Signifikante Stellen
sind zuverlässig bekannte Stellen (gültige Stellen),
alle Stellen mit Ausnahme der führenden Null
Beispiele:
4.80 hat 3 signifikante Stellen
4.803 hat 4 signifikante Stellen
23.21 hat 4 signifikante Stellen
0.00234 hat 3 signifikante Stellen, besser: 2.34 · 10−3

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 12 / 19


Messgenauigkeit und Messfehler

Signifikante Stellen
In Bezug auf die Angabe von Messwerten

Die Anzahl der verwendeten signifikanten Stellen gibt (implizit) Hinweis


auf die Genauigkeit einer Messung:

T = (2.002 ± 0.005) s oder: T ∈ [1.997 , 2.007]

Vorgehen und Regeln:


Die Messunsicherheit (Standardabweichung, Fehler,. . . ) wird auf eine,
max. zwei signifikante Stelle gerundet
Bei der Angabe des Fehlers wird grundsätzlich aufgerundet
Der Mittelwert wird immer auf die selbe Dezimalstelle gerundet wie
die (aufgerundete) Standardabweichung des Mittelwertes σm
Mittelwert und absoluter Fehler haben immer die gleiche Einheit

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 13 / 19


Messgenauigkeit und Messfehler

Messverteilung, Mittelwert, Streuung


Visualisierung statistischer Fehler II

Intervallbreite: 0.01 s
Intervallmitte: ni
1.97 1
1.98 0
1.99 2
2.00 1
2.01 5
2.02 1

Histogramm = Häufigkeitsverteilung der Messwerte


1 Unterteilung in geeignete Intervalle (Bin, Binning oder Auflösung)
2 Anzahl der Messwerte in einem jeweiligen Intervall
3 Blockdiagramm zeichnen: Anzahl ni (Häufigkeit) der Messwerte in
einem Intervall
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Messgenauigkeit und Messfehler

Messverteilung, Mittelwert, Streuung


Visualisierung statistischer Fehler III

Frage: Wie genau ist dieser (Mittel-)Wert?


Allgemeine Verteilung einer Messung mit mehreren Messungen

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 16 / 19


Messgenauigkeit und Messfehler

Messverteilung, Mittelwert, Streuung


Visualisierung statistischer Fehler III

Frage: Wie genau ist dieser (Mittel-)Wert?


Allgemeine Verteilung einer Messung mit mehreren Messungen

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 16 / 19


Messgenauigkeit und Messfehler

statistische Sicherheit
Verteilungsgesetz: Gauß- oder Normalverteilung

Große Anzahl an Messungen die mit zufälligen Fehlern behaftet sind:


Intervall im Histogramm wird immer kleiner:
⇒ kontinuierliche Verteilung f (x),
die Verteilung folgt einer sog. Gauß- oder Normalverteilung
Wahrscheinlichkeit, dass eine Einzelmessung im Intervall von x bis
x + dx liegt ist:
f (x) · dx (12)
1 −
(x−x)2
f (x) = √ e 2σ 2 (13)
2πσ
| {z }
Norm.-Faktor

Z∞
Normierung: f (x)dx ≡ 1 (14)
x=−∞

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 17 / 19


Messgenauigkeit und Messfehler

statistische Sicherheit
Zusammenhang der statistischen Sicherheit mit der Verteilungsfunktion

Gleichung 14 besagt: Die Wahrscheinlichkeit, das x irgendeinen Wert


(zwischen −∞ & ∞) hat ist eins.

⇒ Wahrscheinlichkeit das ein gemessener Wert nicht mehr als δ vom


wahren Wert abweicht ist gleich der Fläche unter der Kurve f(x) zwischen
x − δ und x + δ

Diese Wahrscheinlichkeit nennt man


statistische Sicherheit P für die
Vertrauensgrenze δ
x+δ
Z
P(x) = f (x)dx (15)
x−δ

HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 18 / 19


Messgenauigkeit und Messfehler

statistische Sicherheit
Wie viel Vertrauen verlange ich von der Messung?

Praktische Konsequenzen:
Aus n Messungen den mittleren Fehler σ ermittelt:
Jede weitere Einzelmessung xi liegt mit mit einer Wahrscheinlichkeit von
P(|x − xi | ≤ σ) innerhalb der Standardabweichung σ vom Mittelwert x

D.h. der wahre Wert xr liegt mit einer


Wahrscheinlichkeit von
P(|x − xi | ≤ 1σ) = 0.683 im Intervall x ± 1σ
P(|x − xi | ≤ 2σ) = 0.954 im Intervall x ± 2σ
P(|x − xi | ≤ 3σ) = 0.997 im Intervall x ± 3σ
⇒ der absolute Fehler ∆x hängt vom Vertrauensniveau ab.
Der arithmetische Mittelwert ist genauer: Der wahre Wert liegt mit der
Wahrscheinlichkeit von 68.3% im deutlich kleineren Intervall
σ
xr = x ± σm = x ± √
n
HAW (GP1 MT) Kapitel 1.2: Messen 19 / 19

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