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Woyzeck" am Kölner

Horizont Theater
Der berühmte Schriftsteller Georg Büchners
„Woyzeck“ ist ein Stück, das Themen wie
Materialismus, Idealismus und sozialer
Determinismus behandelt und in Frage stellt, ob
das Individuum selbst oder die Gesellschaft für
ein Mord verantwortlich ist. Die Hauptbotschaft
ist die tragische Zerstörung eines Individuums
durch gesellschaftliche und ökonomische
Umstände.

Die Inszenierung von „Woyzeck", die ich im Kölner Horizont Theater gesehen habe,
war sehr beeindruckend, muss ich sagen. Die Bühne war relativ klein und hatte ein
minimalistisches Design. Es gab keine Requisiten auf der Bühne, außer einigen
Symbolen aus dem Drama wie die Ohrringe und das Messer. Dieses minimalistische
Bühnenbild spiegelte die Botschaft des Dramas über Materialismus gut wider und
legte den Fokus auf die Charaktere und Motive. Die Kostüme waren ebenfalls passend
zum allgemeinen Konzept gestaltet.

Die Schauspielerei war im Allgemeinen auch sehr erfolgreich. Ich war besonders
begeistert von der Performance der Schauspieler von Hauptmann. Er war stimmig mit
dem Profil, das ich aus dem Fragment kannte. Auch der Schauspieler, der mehrere
Rollen übernommen hat, wie zum Beispiel den Arzt, Maries Nachbarin und jüdischer
Waffenhändler, war sehr überzeugend.
Jedoch fand ich die Darstellung der Marie etwas schwach. In der Inszenierung war sie
auf die Rolle von Woyzecks Ehefrau und sein Opfer reduziert, obwohl sie und ihre
innere Konflikte im Drama viel detaillierter thematisiert wurden. Es gab sogar Szenen,
in denen Marie die Hauptfigur war (vgl. Szene 17). In dieser Inszenierung blieb die
vielschichtige Figur der Marie leider im Hintergrund.

Abgesehen davon wurde dem Drama treu geblieben, es wurden jedoch einige wichtige
Szenen hinzugefügt oder verändert. Während der Aufführung sahen wir zunächst die
Rasierszene zwischen Hauptmann und Woyzeck. Am Ende der Szene, im Gegensatz
zum Drama, missbraucht Hauptmann Woyzeck und gibt ihm erst dann den Rest seines
Gehalts. Dieser Missbrauch kann nicht als Vergewaltigung betrachtet werden, denn
Woyzeck beugt sich -ungern- vor Hauptmann und erlaubt ihm „freiwillig“, ihn sexuell
auszunutzen. Im Gegenzug erhält er sein Gehalt, um seine Familie zu finanzieren. Es
ist möglich zu behaupten, dass der Hauptmann auch in dieser hinzugefügten Szene von
Woyzecks Notlage profitiert, was eigentlich zum Wesentlichen sehr passend ist und
den ursprünglichen Plot unterstützt. Diese Szene ist nicht nur schockierend und äußerst
unangenehm, sondern auch provokativ und weckt in uns Mitleid für Woyzeck.

Eine weitere Szene, die sich von der Originalvorlage abweicht, ist die Schlussszene.
Am Ende der Szene trat nicht wie im Drama die Figur des Narren auf und entführte
Woyzecks Sohn. Stattdessen hat man am Ende in Woyzecks Kopf betrachtet. In
seinem „Kopf“ (auf der Bühne) waren Figuren wie Hauptmann, Doktor,
Tambourmajor und blinkende Lichter zu sehen, die ihn schreiend beschuldigen und
verwirren. Danach äußerte Woyzeck seinen berühmten Statement "Meint ihr, ich hätt
jemand umgebracht? Bin ich Mörder? Was gafft ihr! Guckt euch selbst an!" Während
er diese Worte aussprach, wirkte er festgesteckt und kämpfte um Befreiung, was die
Aufführung auf eine höhere Ebene gebracht hat.

Im Allgemeinen finde ich, dass diese Inszenierung die Botschaft von Büchner über
Pauperismus und sozialen Determinismus erfolgreich vermittelt hat. Die Inszenierung
hat die emotionalen Reaktionen des Publikums angesprochen, Empathie und Mitleid
hervorgerufen und uns zum Nachdenken gebracht.
Obwohl ich anfangs über die kleine Bühne und der Nähe zum Publikum kritisch war,
wurde mir durch meine Philosophielehrerin, Frau Peveling klar, dass dies eigentlich
einen positiven Effekt hatte, da es uns ermöglichte, die Mimik der Schauspieler besser
zu beobachten und uns wie inmitten der Aufführung zu fühlen. Die einzige Figur, die
mir nicht gefallen hat, war Marie. Sowohl die schauspielerische Performance als auch
die Darstellung der Figur hinterließen bei mir einen unkünstlerischen Eindruck.

Zusammenfassend war diese Inszenierung von "Woyzeck" eine gelungene und


berührende Aufführung. Persönlich würde ich dem Aufführung insgesamt eine
Bewertung von 8/10 geben. Ich hätte gerne auch Frau Faßbender dabei gehabt und mit
ihr über die Inszenierung diskutiert, aber leider war dies nicht möglich.

***
Selvi Nur Arabul Q1
25.05.2023

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