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MONITOR
2022
PREMIUM PARTNER*INNEN
CL A SSIC PARTNER*INNEN
BA SIC PARTNER*INNEN
ZENTRALE Wer in Deutschland Bedarf an einer Verwaltungsleistung hat,
nutzt dafür zumeist den analogen Weg. Nur wenige Leistungen
...Internetseiten ...Internetseiten
...Suchmaschinen kommunaler von Länder- oder
Behörden Bundesbehörden
40 %
Der Anteil der Personen
mit tatsächlicher Nutzungs
erfahrung stagniert bei
10 %
Online-Zugang wird genutzt
Offline-Zugang wird genutzt = digitale Nutzungslücke
Es bestehen große Unterschiede In diesem Jahr werden in allen drei Ländern ver-
stärkt Hürden wahrgenommen (Seite 33). Spit-
zwischen den einzelnen Online- zenreiter in den einzelnen Ländern sind:
Verwaltungsleistungen (Seite 26).
Urkunden Einkommen
bestellen steuer
46AT % Undurchschaubare Struktur
DE: 46 % | CH: 44 %
75 66
Wohnsitz Ausbildungs
49 % Persönlicher Kontakt bevorzugt
DE: 42 % | AT: 41 %
CH
an-, um-, förderung
abmelden (BAföG)
Leistungsfähigkeit
der Verwaltung und des Staates
Der DigitalPakt Schule und der pandemiebedingte Digitalisierungsschub reichen bisher nicht aus
84 % 75 %
für zeitgemäße Technologien und Digitalkompetenzen im deutschen Schulsystem (Seite 42 ff.).
53 %
der Eltern sind zufrieden der Schüler*innen haben
mit der schulischen Geräte- der Eltern erleben schon digitale Anwendungen /
ausstattung der Kinder. Hürden. Geräte im Unterricht genutzt.
Nutzungspotenzial
digitaler Verwaltungsleistungen
DigitalPakt Schule
Vertrauen in staatliche
Leistungsfähigkeit
Bundesländervergleich
Onlinezugangsgesetz
Vorwort____________________________________________________ 5
STAATLICHE DASEINSVORSORGE _________________ 42
Fazit der Herausgeber*innen__________________________ 6
Das Onlinezugangsgesetz hat vieles ins Rollen gebracht, Bildung: Schule digital _______________________________ 42
aber in der Bevölkerung bisher wenig bewirkt. Digitale Infrastruktur der Schule .............................................................42
Nutzungspotenziale...................................................................................... 21
E-Payment_______________________________________________ 36
4
Vorwort
Prof. Dr. Helmut Krcmar
Professor für Wirtschaftsinformatik
und Beauftragter des Präsidenten
für den TUM Campus Heilbronn
Hannes Schwaderer
Präsident der Initiative D21
Liebe Leser*innen,
der eGovernment MONITOR gibt seit mehr als digitalisierung braucht es also ein Umdenken.
einer Dekade Aufschluss darüber, ob und wie digi- Wie auch in der Wirtschaft gilt: Ein Produkt
tale öffentliche Dienstleistungen die Bürger*innen anzubieten, welches niemand nutzt, ist kein
erreichen und von ihnen angenommen werden. In Erfolg. Bürger*innen sind beruflich wie privat eine
diesem Jahr sehen wir, dass die Nutzung digitaler umfassende Nutzer*innenfreundlichkeit gewöhnt.
Verwaltungsdienstleistungen im Vergleich zum Solange folglich die Inanspruchnahme digitaler
Vorjahr kaum zugenommen hat. Das Potenzial von Verwaltungsleistungen mit Mühe und Frustration
Online-Verwaltungsdienstleistungen ist jedoch verbunden ist, wird sich das Angebot nicht in der
grundsätzlich hoch und wird nach wie vor noch Bevölkerung durchsetzen.
nicht ausgeschöpft: Bei den meisten Verwaltungs-
Neben diesen Ergebnissen finden Sie in der vorlie-
leistungen wird der bestehende Bedarf nicht
genden Ausgabe erneut einen Vergleich der deut-
online gedeckt. Diese digitale Nutzungslücke
schen Bundesländer, um den Entscheider*innen
beziffert als neue erfolgsrelevante Kennzahl das
vor Ort hilfreiches Wissen an die Hand zu geben.
verpasste Potenzial: Je höher die digitale Nut-
Daneben gibt es für die internationale Einordnung
zungslücke, desto mehr Bürger*innen wählen den
den etablierten Vergleich mit Österreich und der
analogen anstelle des digitalen Weges. Ziel einer
Schweiz. Welche Aspekte die Zufriedenheit der
modernen und digital aufgestellten Verwaltung
Bürger*innen mit einzelnen Leistungen besonders
muss es sein, diese Lücke zu schließen.
beeinflussen und wie wichtig die Zufriedenheit mit
Bei den meisten Behördenleistungen in Deutsch- der digitalen Verwaltung für das Vertrauen in die
land besteht eine Lücke von mehr als 50 Pro- staatliche Leistungsfähigkeit ist, haben wir eben-
zent; das heißt, dass dort mehr als die Hälfte falls untersucht. Auch die digitale Daseinsvorsorge
der Bürger*innen potenziell noch überzeugt spielt in die Einschätzung der Leistungsfähigkeit
werden könnte, ihren Bedarf über die vorhan- des Staates hinein – in diesem Jahr betrachten wir
dene digitale Lösung zu decken. Die Hürden, die deshalb, wie die Eltern den Stand des digitalen
die Bürger*innen bei der Nutzung der Online Schulunterrichts in Deutschland bewerten.
Angebote sehen, sind aber vielfältig und im
Wir hoffen, Ihnen mit dem eGovernment
Vergleich zum letzten Jahr auch erheblich höher
MONITOR 2022 relevante Erkenntnisse für Ihr
geworden. Obwohl im Jahr 2022, dem letzten
Wirken in der Praxis und für die dazu erforder
Jahr der OZG-Umsetzungsfrist, schon zahlreiche
lichen Entscheidungen bereitzustellen, und
Leistungen online zur Verfügung stehen, kommen
wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.
diese nicht bei den Bürger*innen an – weil diese
das Angebot nicht kennen oder bewusst nicht
nutzen wollen. Für den Erfolg der Verwaltungs- Helmut Krcmar und Hannes Schwaderer
6
Fazit der
Herausgeber*innen
Das Onlinezugangsgesetz hat vieles Niveau wie in den vergangenen zwei Jahren. Dies
ins Rollen gebracht, aber in der liegt auch daran, dass viele Leistungen,
wie die Beantragung von Urkunden oder das
70 %
Nachweise und Bescheide (Reifegrad 3). Was Eine der am häufigs-
beim reinen Zählen der bereitgestellten Leistun- ten online genutzten
gen aus dem Blick fällt: Die Schaffung eines Verwaltungsleistungen nutzen die Online
Online-Angebots ist nur eine notwendige, aber ist die Terminvereinba- Terminvereinbarung
mit einer Behörde.
noch keine hinreichende Bedingung für ein rung mit einer Behörde.
nutzer*innenzentriertes und flächendeckend Dies zeigt die immer
genutztes E-Government. Wer Online-Leis- noch große Abhängigkeit der Bevölkerung von
92 %
tungen schon einmal genutzt hat, würde analogen Vorgängen bei der Erledigung ihrer Ver-
dies zwar häufig erneut tun – die Wieder- waltungsbedarfe, weil sehr oft ein Präsenztermin
nutzungsbereitschaft der Online-Leistun- auf dem Amt angestrebt wird, der in der Regel
Wiedernutzungs
gen liegt bei über 90 Prozent –, doch der auf eine Online-Terminvereinbarung folgt: Viele
bereitschaft
in Deutschland. Anteil der E-Government-Nutzer*innen Leistungen werden daraufhin letztlich offline
stagniert weiterhin auf einem ähnlichen abgewickelt.
Fazit der Herausgeber*innen 7
Die Ergebnisse zeigen, dass der bisher ausblei- Wie es um die Nutzer*innenfreundlichkeit und
bende Erfolg schon bei der fehlenden Bekannt- die damit verbundene Zufriedenheit mit den
heit vieler Online-Leistungen beginnt. Dass man genutzten Angeboten bestellt ist oder welche
Urkunden, Kindergeld oder Arbeitslosengeld Hürden und individuellen Einstellungen die
auch online beantragen kann, wissen beispiels- Bürger*innen bisher davon abhalten, ein beste-
weise beinahe die Hälfte der Bürger*innen mit hendes und bekanntes Angebot zu nutzen, un-
entsprechenden Bedarfen nicht und sie wählen terscheidet sich dabei von Leistung zu Leistung.
stattdessen den Offline-Zugang. Hier wird schon So wird die Einkommensteuererklärung bereits
sehr früh im von uns untersuchten Zyklus digita- von einem Großteil der Bürger*innen online
ler Verwaltung eine relativ einfache Chance für vorgenommen, trotzdem entscheidet sich jede*r
mehr Online-Nutzung verpasst: Ein verstärktes Sechste bewusst gegen die Online-Nutzung, weil
zielgruppenorientiertes Bewerben der vorhande- insbesondere die Zufriedenheit mit der Bedien-
nen Möglichkeiten. Eine weitere erfolgsrelevante barkeit vergleichsweise verhalten ausfällt (die
Kennzahl beschreibt die Nutzung des bestehen- Erhebung fand vor der Grundsteuerneuberech-
den Angebotes. Beispielsweise entscheidet sich nung statt, welche die Zufriedenheitswerte
jede*r fünfte Bürger*in mit Bedarf an einer der vermutlich weiter reduziert hätte). Bei der
untersuchten Leistungen für den Offline-Zugang, Wohnsitz-Ummeldung hingegen lässt sich die
obwohl der Online-Zugang bekannt ist. geringe Online-Nutzung vor allem auf die fehlende
Bekanntheit und die besonders geringe Zufrie-
denheit mit der medienbruchfreien Abwicklung
zurückführen.
8
Digitale Identitäten mit unterschiedlicher Wir empfehlen, bei der Zielsetzung nicht mehr
Hebelwirkung in den D-A-CH-Ländern. allein auf die Bereitstellung digitaler Verwal-
tungsangebote zu fokussieren, sondern deren
„Sichere und nutzerfreundliche digitale Identitäten (…) Akzeptanz in der Fläche zu gewährleisten. Dafür
sind Voraussetzung für digitale Dienste der öffentlichen braucht es medienbruchfreie und einfach zu nut-
Verwaltung auf allen staatlichen Ebenen, Bildung und zende Prozesse, die möglichst wenig Aufwand bei
den Bürger*innen erzeugen – auch im Interesse
Ausbildung sowie digitale Angebote in Wirtschaft
des Staates selbst. Denn das Vertrauen in die
und Gesellschaft.“
Leistungsfähigkeit des Staates steht auf wack-
(Seite 11, Digitalstrategie der Bundesregierung) ligen Beinen: Schon jetzt traut nur jede*r Vierte
in Deutschland dem Staat zu, dass in drei Jahren
Digitale Identitäten sind eine der wichtigsten
alle Behördengänge online angeboten werden
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verwal-
können – und dies, obwohl mit dem OZG dieses
tungsdigitalisierung. Wer eine Online-Leistung
Ziel bereits 2022 erreicht werden sollte. In den
wahrnimmt, beispielsweise eine BAföG-Antrag-
Augen der Bürger*innen ist es noch ein weiter
stellung, kann diese nicht ohne digitale Identität
Weg hin zu einer unkomplizierten, schnellen
medienbruchfrei digital abschließen und muss
und digital gestützten Verwaltung, die ihr Leben
stattdessen den Antrag doch ausdrucken, unter
leichter macht.
schreiben und per Post schicken. Mit 10
10 %
Prozent Nutzung kann die eID in Deutsch- Wie kann es nach Ablauf der OZG-Frist
land diese wichtige Hebelwirkung jedoch weitergehen? Die detaillierte Betrachtung
noch nicht entfalten. Anders sieht es in der Nutzer*innenperspektive führt uns zu der
Nutzung der eID Österreich und in der Schweiz aus, wo Erkenntnis, dass in einem Gesetzesvorhaben zu
in Deutschland. bereits 64 bzw. 63 Prozent eine digitale einem OZG 2.0 die explizite Aufnahme von
staatliche Identität nutzen. leistungsrelevanten Indikatoren zur Erfolgs-
messung für Behörden und für die Beschäftigten
Die angestrebte Weiterentwicklung der eID zur
in den Ämtern vorgesehen werden sollte. Dies
mobilen Nutzung auf dem Smartphone geht
stellt eine hilfreiche Grundlage für die Festlegung
nach Erkenntnissen unserer Studie in die richtige
wirkungsorientierter Ziele in der Verwaltung dar.
Richtung: Das Smartphone stellt einen gern
genutzten Zugangsweg zur eID dar. In diesem Die regelmäßige und strukturierte Erfassung
Jahr steigt die NFC-Nutzung erneut an. Weiteres bedarfsorientierter Kennzahlen auf der Ebene
Potenzial liegt in der kartenunabhängigen Nut- einzelner Leistungen kann dadurch zum Kompass
zung der digitalen Identität über das Smartphone für eine wirkungsorientierte Verwaltungsdigi-
– immerhin vier von zehn Bürger*innen haben talisierung werden.
Interesse daran, sich zukünftig nur noch mit dem
Dabei hilft den Entscheider*innen künftig die
Smartphone auszuweisen.
Antwort auf zwei Kernfragen: Wann ist mein
Der Wunsch nach einem leistungsstarken Vorhaben erfolgreich? Mit welchen Indikatoren
digitalen Staat ist groß – aber auch die Frus- können wir messen, ob wir unserer beabsichtig-
tration angesichts der Stagnation auf dem ten Wirkung näherkommen?
Weg dorthin. Generell zeigt der eGovernment
Von der Bekanntheit über die digitale Nutzungs
MONITOR eines ganz deutlich: Das Potenzial für
lücke bis hin zur Zufriedenheit liefert der
E-Government ist groß in der deutschen Bevölke-
eGovernment MONITOR bei der Beantwortung
rung, vor allem in den nachwachsenden Gene-
dieser Fragen viel Inspiration.
rationen. So nutzen jüngere Menschen in
Mobile Nutzung von
Deutschland fast alle Online-Verwaltungs-
E-Government dienste überdurchschnittlich häufig, das gilt Lena-Sophie Müller
auch für die eID. Auch die mobile Nutzung und Dr. Andreas Hein
von E-Government findet vor allem bei den Initiative D21 und
Jüngeren statt. Die jüngeren Generationen Technische Universität München
stehen als Abnehmer*innen von Online
Diensten längst bereit.
Studiensteckbrief 9
Studiensteckbrief
Der eGovernment MONITOR 2022 ist eine repräsentative Studie
der Initiative D21 e. V. und der Technischen Universität München,
durchgeführt von Kantar.
LÄNDERABDECKUNG
STICHPROBENGRÖSSE
GRUNDGESAMTHEIT
ERHEBUNGSMETHODE
Online-Befragung (CAWI)
ERHEBUNGSZEITRAUM
DEFINITION E-GOVERNMENT
Unter E-Government verstehen wir im engeren Sinn Informationen und Dienste von Behörden
und öffentlichen Einrichtungen (Gemeinde, Stadt, Bundesland), die über das Internet genutzt
werden können, z. B. Informationen zu Zuständigkeiten von Ämtern, Online-Terminverein
barungen oder elektronische Steuererklärungen (ELSTER). (Konkrete einzelne Online-
Verwaltungsleistungen werden im Kapitel „Bekanntheit und Nutzung“ untersucht.)
FRAGETEXTE
PROZENTWERTE
Die Summe einzelner Prozentwerte kann aufgrund von Rundungen oder der nicht
ausgewiesenen Antwortkategorie „Keine Angabe“ von 100 Prozent abweichen.
10
ZYKLUS
DIGITALER
VERWALTUNG
01
inwiefern die Digitalisierung von Verwaltungs-
leistungen (E-Government) bereits bei den 01
PHASE
Bürger*innen angekommen ist. Der eGovern-
ment MONITOR gibt darauf Antworten: ↳ Bekanntheit von Leistungen, insbesondere Auffind-
barkeit von Online-Verwaltungsleistungen. Hier wird
Basierend auf den Ergebnissen aus dem Zyklus
erfasst, über welche Kanäle Bürger*innen auf Online
digitaler Verwaltung lassen sich Ansätze ableiten,
Verwaltungsleistungen zugreifen und ob ihnen das
um online angebotene Verwaltungsleistungen
benötigte Angebot online bekannt ist.
hinsichtlich ihrer Auffindbarkeit und Nutzung so-
02
wie der Zufriedenheit aus Sicht der Bürger*innen
zu verbessern. 02
PHASE
Die jährliche Erhebung dieser Parameter ist eine
↳ Nutzung von Online-Leistungen der (Kern-)
wichtige Grundlage, um die Wirksamkeit der
Verwaltung. Hier werden ausführliche Informationen zur
staatlichen Bemühungen beurteilen zu können.
Nutzung konkreter Online-Verwaltungsdienstleistungen
So können zudem Maßnahmen für eine effizi-
durch die Bürger*innen betrachtet.
entere und effektivere Gestaltung von digitalen
03
Verwaltungsleistungen abgeleitet werden.
In diesem Jahr werden außerdem die wahrge-
PHASE 03
nommene Leistungsfähigkeit des Staates sowie
das Vertrauen der Bürger*innen in den Staat ↳ Zufriedenheit mit Online-Verwaltungsleistungen.
und seine Institutionen untersucht. Diese Fak- Hier zeigt sich, wie Bürger*innen ihre Erfahrung bei
toren sind indikativ für die Wirkung der Moder- konkret genutzten Online-Verwaltungsleistungen
nisierungsbemühungen der Verwaltung und des bewerten und welche Aspekte ihnen bei der
Staates auf die Wahrnehmung der Bürger*innen. Beurteilung besonders wichtig sind.
Bekanntheit
und Nutzung
Nadja Kwaß-Benkow
Director Digital Government Business Line Public Sector,
Materna Information & Communications
Menschen in Stadtstaaten (60 Prozent) beginnen Bei den jüngeren Generationen (Generationen X,
ihre Suche häufiger über eine Suchmaschine als Y und Z) kehrt sich das Verhalten um. Insbeson
in Flächenländern (50 Prozent). Dort wiederum dere die „Digital Natives“ der Generationen Y und
beginnen die Menschen ihre Suche häufiger als in Z suchen Verwaltungsangebote im Netz viel
den Stadtstaaten über die kommunale Website häufiger per Suchmaschine als über die Internet-
(38 Prozent vs. 28 Prozent), auch wenn Suchma- seiten der kommunalen Behörden.
schinen der Hauptzugangsweg bleiben.
Ein weiterer Zugangskanal zu digitalen Behörden-
Wenn das Suchverhalten über Suchmaschinen mit leistungen sind Portale auf nationaler Ebene. Die
dem Suchverhalten über kommunale Internet Bekanntheit und entsprechende Nutzung solcher
auftritte verglichen wird, zeigt sich ein starker Portale hat sich zwar in Österreich im Vergleich
Weiterführende
Informationen zur Einfluss der Generationen: Ältere Generationen zum Vorjahr erhöht, in Deutschland und in der
Definition der Gene- (Generation bis 1945, Nachkriegsgeneration und der Schweiz ist jedoch kaum eine Veränderung
rationen finden Sie
im D21-Digital-Index
Babyboomer*innen) steigen häufiger über die aufgetreten. Die Bekanntheit des noch jungen
2021/22, Seite 7. Webseiten der kommunalen Behörden ein, statt nationalen Portals www.bund.de liegt nach wie
eine Suchmaschine aufzurufen. vor bei einem Drittel, die Nutzung unter zehn
Prozent.
↑ FRAGE: Wenn Sie online auf der Suche nach Bürger*inneninformationen bzw. -diensten sind, wo beginnen Sie mit Ihrer Suche?
BASIS: Alle Befragten – DE (n = 8.112); Angaben in Prozent
Bekanntheit und Nutzung 13
ZWISCHENFAZIT
Die Ergebnisse legen auch nahe, dass die Auffindbarkeit einer Verwaltungsleistung über
eine Suchmaschine wichtiger ist als die Strukturierung der Leistungen in Portalen. Im
Idealfall gelangen Bürger*innen direkt über die Suchmaschinen auf die Webseite, auf der die
gewünschte Verwaltungsleistung angeboten wird. Die ursprüngliche Zuständigkeit muss
den Suchenden dabei nicht bewusst sein.
Aktuelle E-Government-Nutzung
Es ist kaum Bewegung zu sehen, wenn es um In Deutschland (und in geringerem Maße auch in
die Nutzung digitaler Verwaltungsleistungen der Schweiz) nimmt die Nutzung mit steigendem
innerhalb der letzten zwölf Monate geht. In Alter ab und liegt in der Altersgruppe ab 55 Jahren
Deutschland und in der Schweiz bleibt das nur noch bei 49 Prozent. In Österreich hingegen
Vorjahresniveau bestehen, in Österreich fällt ist die E-Government-Nutzung in der jüngsten
die Nutzung geringfügig zurück, auf das Niveau Altersgruppe am geringsten.
von 2020.
16–34 35–54 55 +
Jahre Jahre Jahre
Bundesländern
Zwischen den Bundesländern variiert die E- Was haben die Top 5 Bundesländer anders
Government-Nutzung aktuell von 47 Prozent gemacht als andere? Um das Nutzungsniveau
bis 64 Prozent, es gibt also eine Differenz von bei den Online-Angeboten der einzelnen
17 Prozentpunkten. Die Bundesländer mit der Bundesländer erklären zu können, sind vertiefende
höchsten E-Government-Nutzung sind die Stadt- Untersuchungen notwendig. Insbesondere
staaten Hamburg und Bremen, gefolgt von den Pilotprojekte auf kommunaler Ebene können
besonders kleinen Flächenländern Schleswig-Hol- als erste Indikation für einen Anstieg bei der
stein und Saarland. Den fünften Platz belegt das Nutzung dienen. Ein weiterer begünstigender
bevölkerungsreichste Flächenland: Nordrhein- Umstand könnte sein, dass die Stadtstaaten
Westfalen. Der Aufsteiger des Jahres 2022 ist das grundsätzlich weniger Aufwand haben, Leistungen
Land Schleswig-Holstein mit einem Zuwachs von in die Fläche zu tragen. Bei den Flächenländern
9 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Dicht besteht hingegen eine zentrale Herausforderung
darauf folgt das Saarland mit einem Anstieg um in der Durchdringung genau dieser Fläche,
7 Prozentpunkte gegenüber 2021. Auf der anderen weshalb vor allem kleinere Flächenländer wie
Seite stehen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein und das Saarland ebenfalls
Thüringen, welche beide gegenüber dem Vorjahr einen gewissen Vorteil genießen. Die Einordnung
einen Rückgang in der Nutzung von 6 bzw. 7 Pro- der Nutzungszahlen und ihrer Entwicklung sollte
zentpunkten zu verzeichnen haben. daher mit Vorsicht geschehen und auch solche
Faktoren berücksichtigen.
Eine Kernherausforderung
ist es, die Leistungen in die Fläche
zu bringen.
65 % 60 % 38 % 30 % 19 % 20 %
↑ FRAGE: Haben Sie für die Nutzung eines Online-Behördendienstes schon einmal ein Smartphone
oder Tablet benutzt? – BASIS: Alle Befragten, die bereits E-Government genutzt haben – DE (n = 7.193);
Angaben in Prozent
Weniger als die Hälfte der E-Government- Die 43 Prozent mobile E-Government-
Nutzer*innen haben Erfahrung mit der mobilen Nutzung müssen sich mit 82 Prozent
Nutzung von Verwaltungsangeboten. mobiler Internetnutzung in der
Bevölkerung messen lassen. Auch wenn
In Deutschland liegt der Anteil bei 43 Prozent
in der Generation Z bereits zwei von drei
(AT: 49 Prozent, CH: 46 Prozent). Deutlich
E-Government-Nutzer*innen Dienste über
stärker noch als die Wahrscheinlichkeit, über-
mobile Geräte genutzt haben, verblasst dieser
haupt E-Government zu nutzen, hängt die
Anteil gegenüber den 96 Prozent mobiler
mobile Nutzung in Deutschland vom Alter ab:
Internetnutzung in dieser Generation.
In den jüngeren Generationen Y und Z haben
bereits 60 Prozent bzw. sogar 65 Prozent mobile Eine mobil zugängliche Verwaltung
Nutzungserfahrung gesammelt, schon ab der erscheint den Bürger*innen noch in ferner
Generation X (38 Prozent) nimmt der Anteil Zukunft zu liegen.
aber rapide ab.
Verwaltung wird noch nicht mobil gedacht.
Gemessen an dem Anteil der Bevölkerung, Das zeigt sich auch in der Bekanntheit und
die das Internet bereits mobil nutzt (siehe D21- Nutzung mobiloptimierter App-Lösungen:
Digital-Index 2021/2022, Seite 15), sind diese Gerade einmal ein Fünftel der Befragten in
Werte eher niedrig. Deutschland kennt einen zentralen Zugang zu
Verwaltungsleistungen via App, genutzt wird
er von nur 7 Prozent. Interessant ist, dass trotz
Patricia Wrzesniewski
einer hohen Mobil-Affinität im täglichen Online
47 %
Account Executive Public Sector,
Capgemini Umgang der Wunsch der Bürger*innen nach
einer zentralen mobilen Verwaltungsanwendung
mit 47 Prozent Nutzungsinteresse bisher nicht
One-Stop-Behörde für Online- und Nutzungsinteresse an
sonderlich stark ausgeprägt ist. Wie sich bei
mobile Verwaltungsangebote. Verwaltungs-Apps.
den Barrieren hinsichtlich der Inanspruchnahme
Obwohl ein Interesse an digitalen Angeboten
von Verwaltungsdienstleistungen (Seite 32 ff.)
besteht, werden aktuell verfügbare Bürger-
und auch eID (Seite 23) zeigt, sind tatsächliche
dienste nicht genutzt. Oft bieten Verwal-
Usability-Probleme nachgelagert hinter solchen
tungsportale nicht die benötigten Funktionen
Aspekten wie Unkenntnis, schwieriger Auffind-
und sind nicht benutzer*innenfreundlich
barkeit oder grundsätzlichen Mängeln wie feh-
aufgebaut. Die Vielzahl von Anwendungen
lender Durchgängigkeit. Die online zugänglichen
erschwert den Überblick. Ziel sollte es
Verwaltungsdienste stehen also mutmaßlich
sein, ein zentrales mobiles Angebot für alle
auch aus Bürger*innensicht noch an einem ganz
Verwaltungsleistungen bereitzustellen – mit
anderen Punkt, sodass eine bedienungsfreund-
Feedbackmöglichkeit und gutem Support.
liche Nutzung von E-Government über mobile
Anwendungen noch als eher ferne Zukunft
erscheint.
16
NUTZER*INNENZENTRIERUNG
ALS ZENTRALER ERFOLGSFAKTOR
DIGITALER VERWALTUNG
Der eGovernment MONITOR 2022 zeigt eine leichte Verbesserung bei der Nutzung von
E-Government-Angeboten deutscher Behörden: Die Bürger*innen scheinen Leistungen
leichter über Suchmaschinen zu finden, generell haben sich aber die Websites der öffent
lichen Verwaltung verschlimmbessert.
Die Auffindbarkeit von digitalen Verwaltungsangeboten direkt auf den Websites der
Behörden und Ämter hat sich wesentlich verschlechtert. Es überrascht nicht, dass jüngere
Menschen immer noch besser in der Lage sind, sich auf der Website zurechtzufinden als
ältere Menschen. Überraschend ist jedoch, dass gerade in den Pandemiejahren, in denen
durch die Lockdowns Verwaltungsdienstleistungen nur noch sehr eingeschränkt in
analogen Formaten angeboten werden konnten, keine deutliche Steigerung der Nutzung
feststellbar ist. Während viele Dienste pragmatisch und ad hoc digitalisiert wurden,
scheint der Fokus bei der internen Logik der Verwaltung gleichgeblieben zu sein:
Behörden-Websites sind nach wie vor schwer zu navigieren, und die Nutzer*innen finden
nicht die Dienste, auf die sie Anspruch haben.
Die Amtssprache ist nach wie vor zu schwierig und zu kompliziert für alle Arten von
Nutzer*innen: Einfache Sprache hat oberste Priorität und nicht die Frage, wie man
möglichst viele Menschen davon abhalten kann, den Dienst zu finden.
Bürokratie darf sich nicht durch den Aufbau von zusätzlichen administrativen Bürden
selbst verstärken: Die Gleichbehandlung von Antragstellenden wird dadurch ausge-
schlossen und Leistungen erreichen nicht die gewünschten Interessensgruppen.
Gesetze wie das OZG werden sinnlos, wenn Bürger*innen durch bürokratische Verkom-
plizierungen von der Inanspruchnahme der Leistungen abgeschreckt werden. Hier wird
deutlich, dass Politik und Implementierung weiterhin weit auseinanderklaffen und dass es
immer noch zu wenige Möglichkeiten zu geben scheint, einfach zugängliche Angebote mit
der größtmöglichen Barrierefreiheit für alle zu gestalten.
Bedarf an Verwaltungsleistungen
▼ Ganz grundsätzlich: Haben Sie schon einmal einen der folgenden Behördenvorgänge erledigt,
egal ob online oder offline? Wann haben Sie diese Erledigung zuletzt durchgeführt?*
DIGITALE NUTZUNGSLÜCKE
Über alle abgefragten Leistungen hinweg liegt die digitale Online-Zugang wird genutzt
Nutzungslücke in Deutschland bei 57 Prozent, am höchsten Offline-Zugang wird genutzt = digitale Nutzungslücke
ist sie bei der Ummeldung des Wohnsitzes (79 Prozent). Kreis (100 %) = Menschen mit Bedarf an einer Verwaltungsleistung
Lesebeispiel: 33 Prozent der Befragten, die schon einmal einen ▼ Haben Sie diesen Behördenvorgang schon einmal
Kindergeldantrag gestellt haben, taten dies online. Weitere 23 (teilweise oder vollständig) online erledigt?
Prozent nutzten den Offline-Zugang, kennen auf Nachfrage aber Falls nicht: Gibt es Ihres Wissens die Möglichkeit,
die Möglichkeit des Online-Zugangs. 44 Prozent beantragten dies auch online durchzuführen?
das Kindergeld offline, ohne die Online-Alternative zu kennen.
Insgesamt 67 Prozent nutzten das Angebot also offline statt
online, das ist die Größe der digitalen Nutzungslücke bei dieser
DE
Leistung. Die Größe des Kreises zeigt an, dass Kindergeld eine
vergleichsweise seltener benötigte Leistung ist.
Martina Wende
Lead Consultant Design,
Ramboll
Online-Nutzung: Viele Behördenleistungen Hier ist das Mindset der Bürger*innen entschei-
werden nur von etwa einem Drittel online durch- dend, d. h. bestehende Gewohnheiten wie der
geführt. Zwei der positiven Ausnahmen sind Gang zum Amt oder eine ablehnende Haltung
die Abwicklung der Einkommensteuer und die gegenüber Online-Aktivitäten. Bei Kindergeldan-
Terminvereinbarung, bei denen die Bürger*innen trägen und bei der Ummeldung des Wohnsitzes
73 %
ihren Bedarf bereits mehrheitlich durch den ist es etwa ein Viertel der Bürger*innen, das die
Online-Zugang abdecken. Offline-Variante bevorzugt, obwohl eine Online
Alternative bekannt ist. Als Barrieren nennen
Einkommensteuerklärung abwickeln:
der Deutschen wickeln diese bewussten Offline-Nutzer*innen häufiger
ihre Einkommensteuer In Deutschland werden 73 Prozent des
erklärung online ab.
als andere, dass die Verfahren kompliziert seien
bestehenden Bedarfs online abgedeckt
oder dass sie lieber mit Mitarbeiter*innen auf dem
(AT: 88 Prozent, CH: 77 Prozent).
Amt sprechen. E-Government kann diesen Teil
Termin mit einer Behörde vereinbaren: der Bevölkerung dann erreichen, wenn Barrieren
In Deutschland werden 70 Prozent des abgebaut und die Akzeptanz des Online-Zugangs
bestehenden Bedarfs online abgedeckt verbessert werden. Dazu können gezielte Mar-
(AT: 66 Prozent, CH: 59 Prozent). ketingaktivitäten sowie bürger*innenzentrierte
Angebote beitragen. Indikatoren, wie die Verwal-
Das Beispiel der Einkommensteuererklärung
tungsleistungen im einzelnen besser gestaltet
zeigt, dass auch bei komplexen Diensten durch
werden können, finden sich außerdem bei den
gute Qualität hohe Online-Nutzungswerte er-
Kriterien zur Zufriedenheit (Seite 28).
reicht werden können.
Online-Verfügbarkeit nicht bekannt: Für die
Die große Mehrheit der Bürger*innen greift aber
meisten Angebote stellt die Offline-Nutzung ohne
bei Behördenleistungen auf analoge Abläufe
Kenntnis einer Online-Lösung den Standardfall
zurück. Die digitale Nutzungslücke ist groß. Im
beim Nutzungsverhalten dar. Dies kann vielerlei
Detail gibt es dafür zwei Arten von Gründen.
Gründe haben, vom Nichtvorhandensein des An-
Bewusste Offline-Nutzung: Bei vielen Leis- gebots in einer Online-Version bis hin zu dessen
tungen entscheidet sich etwa ein Fünftel der mangelnder Auffindbarkeit im Netz.
Bürger*innen bewusst für den Offline-Weg, also
Beispielsweise bestellen 44 Prozent der
gegen die Online-Nutzung, obwohl ihnen diese
Bürger*innen im Bedarfsfall ihre Urkunden off
Alternative bekannt ist.
line, da sie nicht wissen, dass es dafür auch online
eine Möglichkeit gibt. Dabei ist zu beachten, dass
der Dienst möglicherweise nicht (flächende-
ckend) online verfügbar ist. Dies nennen 62 Pro-
ZWISCHENFAZIT
zent derer, die eine Ummeldung ihres Wohnsitzes
Auch bei komplexen Verwaltungsleistungen wie der offline durchführen und auch nur diesen Weg
Steuererklärung ist eine hohe Online-Nutzung möglich. kennen, explizit als Barriere (das sind 8 Prozent-
Auf der anderen Seite zeigt sich aber, dass noch zu viele punkte mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt).
Leistungsbereiche hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Insbesondere bei der Ausstellung von Führungs-
Um auch dafür die Online-Nutzung zu erhöhen, helfen die
zeugnissen verpasst es der Staat, das große
oben skizzierten Leistungsindikatoren und die Betrach-
Potenzial auszuschöpfen. In Deutschland wissen
tung der digitalen Nutzungslücke dabei, spezifische Hand-
42 Prozent der Bürger*innen nicht, dass ein
lungsempfehlungen für konkrete Leistungen abzuleiten.
Führungszeugnis auch online beantragt werden
Zudem kann der Fortschritt der OZG-Umsetzung in den kann, obwohl dies über den Online-Ausweis sogar
nächsten Jahren anhand vergleichbarer Leistungsindika medienbruchfrei möglich wäre. Hier können
toren überprüft werden. Die Erwartung ist, dass bereits Marketing- und Kommunikationskampagnen
durch die Vergrößerung des E-Government-Angebots helfen.
die Online-Nutzung steigen wird. Um die Unkenntnis der
Online-Angebote zu minimieren, muss die Schaffung von
digitalen Verwaltungsleistungen jedoch auch mit einer
entsprechenden Kommunikation und Auffindbarkeit im
Netz einhergehen.
Bekanntheit und Nutzung 21
Nutzungspotenziale
Das Ziel der Bemühungen, die staatliche Ver- Die Wiedernutzungsbereitschaft liegt
waltung zu modernisieren, ist es, das Leben fast durchgängig bei über 90 Prozent. Die
der Menschen leichter zu machen. Die Unter- Bürger*innen wollen digitale Verwaltungs-
suchung des Nutzungsinteresses an E-Govern dienste, da der digitale Pfad eine Erleichterung
ment-Leistungen zeigt klar: Die Digitalisierung gegenüber der Offline-Erledigung für sie darstellt.
der Verwaltungsleistungen lohnt sich. Wer Somit helfen akzeptierte und flächendeckend
einen Dienst schon einmal online genutzt hat, bekannte Online-Dienste dabei, dieses Ziel zu
möchte in der Regel auch künftig auf dem digi- erreichen.
talen Pfad bleiben.
Wohnsitz
an-, um-, abmelden
Für einige Leistungen ist selbst unter den bishe-
rigen Offline-Nutzer*innen die Bereitschaft hoch,
diese Leistungen online auszuprobieren. Dies
Einkommensteuererklärung
abwickeln betrifft vor allem das Interesse an kommunalen
Leistungen wie die Beantragung eines Führungs-
zeugnisses, das Bestellen von Urkunden und die
Ummeldung des Wohnsitzes.
Urkunden
bestellen
73 Prozent der bisherigen Offline-Nutzer*innen
wollen künftig gern die Bundesleistung Aus-
Führungszeugnis (DE) /
Strafregisterbescheinigung bildungsförderung online beantragen. Dieses
(AT / CH) beantragen Potenzial trägt allerdings nur wenig zum allge-
meinen Erfolg der Verwaltungsdigitalisierung
bei. Einerseits, da es nur einen kleinen Teil der
Kindergeld (DE) / Familien-
beihilfe (AT) / Kinderzulage (CH) Bevölkerung betrifft, andererseits, weil es in der
beantragen Regel nur einmal im Leben zu dieser Beantragung
kommt.
BASIS: Alle Befragten, die den jeweiligen Behördendienst offline durchgeführt haben;
Angaben in Prozent; sortiert nach Bedarf in der Bevölkerung in DE; *Wegen zu geringer
Fallzahlen ist ein Ausweisen der Werte nicht möglich.
22
10 %
Smartphone und nPA ist derzeit die erfolgversprechendste
Variante, um die eID als relevanten Teil in den Lebenswelten
der Ausweisbesitzer*innen
nutzen bisher den der Menschen zu verankern. Wir benötigen allerdings ein
Online-Ausweis.
akzeptiertes eID-Ökosystem. Das Nutzer*innenkonto Bund
bietet dafür die besten Startvoraussetzungen.
Die eID bietet einen theoretisch einfachen Seit letztem Jahr wird nun auch der finale
Zugang, der praktisch kaum genutzt wird. Schritt vereinfacht, die Vergabe einer persön
lichen PIN durch die Büger*innen selbst mittels
Die in Deutschland angebotene digitale Identifi-
eines Online-Antrags. Diese Möglichkeit ist
kation via Personalausweis zielt auf eine einfache
allerdings nur knapp einem Drittel der
und sichere Handhabung. Es besteht ein geringer
Büger*innen bekannt, genutzt wurde sie laut
Anstieg an einsatzbereiten Online-Ausweisen
Angabe der Befragten bisher von 6 Prozent
gegenüber dem Vorjahr (plus 5 Prozentpunkte),
aller Ausweisbesitzer*innen.
sodass nach eigener Angabe inzwischen 40
65 %
Prozent der Personalausweisbesitzer*innen
die Funktion unmittelbar nutzen könnten. Eine
Nutzungserfahrung haben aber kaum mehr
Menschen als im Vorjahr - nur 10 Prozent der
favorisieren eine voll-
Ausweisbesitzer*innen (Vorjahr: 9 Prozent). Und ständig oder teilweise
das, obwohl der Zugang in den letzten Jahren EXKURS: STAAT ODER staatliche Lösung.
Antonia Maas
Leiterin Unternehmenskommunikation &
Public Affairs, Bundesdruckerei
2021 2022
Hohe Sicherheit und Akzeptanz bei BASIS: Alle Befragten mit gültigem Personalausweis, die schon
digitalen Identitäten unabdingbar. einmal die Online-Ausweisfunktion genutzt haben – DE (n = 776);
Angaben in Prozent
Die Befragten schreiben dem Staat bei der Bereit-
stellung digitaler Identitäten eine wichtige Rolle Digitale Identifikation via Smartphone ist ein gern
zu. Dieses Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger genutztes, aber in der Bevölkerung größtenteils
sollte auch bei der Umsetzung der in der eIDAS unbekanntes Verfahren. Unter den Nutzer*innen
Novelle vorgesehenen Wallet berücksichtigt des Online-Ausweises wird das Einlesen des
werden – so können sichere digitale Identitäten Personalausweises via Smartphone von Jahr zu
und eine hohe Akzeptanz gewährleistet werden. Jahr beliebter, während das Einlesen mittels eines
zusätzlichen Lesegerätes zunehmend seltener wird.
Aber: Dieser bequeme Weg ist knapp drei Vierteln
der Personalausweisbesitzer*innen immer noch
unbekannt.
24
Ingobert Veith
Vice President Public Policy,
Huawei
60 68 62
22
Ich nutze
16–34 35–54 55 + die App mit
Jahre Jahre Jahre Aktivierung*
+6
10
↑ FRAGE: Besitzen Sie bereits die Handy-Signatur / Austria ID oder
eine Karte mit aktivierter Bürgerkartenfunktion? – BASIS: Alle
Befragten – AT (n = 1.002); Angaben in Prozent Ich nutze
die App ohne
Aktivierung
-1
Erneut zeigt sich in Österreich ein starker
Zuwachs bei der digitalen Identifikation.
Digitale Identifikation in
der Schweiz
In der Schweiz greift die Konsolidierung der Über alle Verfahren hinweg benutzen 63 Prozent
Identifikationsverfahren. der Schweizer Bürger*innen eine digitale Identi-
fikation. Dieser Wert ist stabil zum Vorjahr und
Die Zukunft der Schweizer Online-Identifikation
könnte auf eine abwartende Haltung in Anbe-
weist nach dem Volksentscheid im letzten Jahr in
tracht der geplanten Veränderungen hindeuten:
Richtung Self-Sovereign Identities, eine entspre-
Wer sich momentan noch nicht intensiv mit dem
chende Gesetzesgrundlage ist in Vorbereitung.
Thema auseinandergesetzt hat, wartet womöglich
Die Nutzung der bisherigen Lösungen zeigt
lieber zunächst die weiteren Entwicklungen ab.
inzwischen eine Konsolidierung hin zur SwissID,
die bereits im letzten Jahr das TAN-Verfahren als
Lösung mit den meisten Nutzer*innen überholt
hat. Dieses Jahr wird diese Rangfolge durch einen
Rückgang des TAN-Verfahrens (minus 7 Prozent-
punkte) weiter gefestigt.
63 %
fahren liegt mit wenig Bewegung die Mobile ID.
63 Prozent haben
mindestens ein
Verfahren genutzt
Nutzer*innen
(+ 1 Prozentpunkt).
Genutzte Verfahren
SwissID
37
TAN-Verfahren
26
MobileID
11
eID-Lösung
4
Keine Nutzung / k. A.
37
Nutzungshäufigkeit Häufig Manchmal Seltener
BASIS: Alle Befragten - CH (n = 1.002); Angaben in Prozent BASIS: Alle Befragten in CH, die das jeweilige Verfahren nutzen; Angaben in Prozent
26
Zufriedenheit mit
E-Government
Thomas Müller
Head of Public Sector Central
Europe, Mitglied der
Geschäftsleitung, Fujitsu
RELEVANZ VON LEISTUNGSMERKMALEN
Hier kann eine vergleichsweise einfache Leistung für einen großen Positiv
effekt bei den Bürger*innen sorgen. Diese positive Nutzungserfahrung muss
nun durch die Ausweitung der Online-Verfügbarkeit und entsprechendes
R EL E VA N Z VO N L EI S T U N G S M ER K M A L EN Marketing einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
#
1 Schnelle Bereitstellung (in CH: #2) Die Urkunde ist in erster Linie zeitkritisch: In der Abwägung der Leistungs-
merkmale ist die schnelle Bereitstellung der Leistung wichtiger für die
#
2 Einfacher und intuitiver Prozess (in CH: #1)
Bürger*innen (DE: 40 Prozent) als ein automatisierter Ablauf (DE: 21 Pro-
#
3 Automatisierter Ablauf zent). Auf Platz 2 – aber nahezu gleichauf mit der Schnelligkeit – liegt der
Wunsch nach einem einfachen und intuitiven Prozess (DE: 39 Prozent).
28
EINKOMMENSTEUERERKLÄRUNG ABWICKELN
↑ FRAGE: Wie zufrieden waren Sie insgesamt damit? Insbesondere die Zufriedenheit mit der Durchgängigkeit, also der medien
BASIS: Alle Befragten, die „Abwicklung der Einkommensteuerer-
bruchfreien Nutzung der Prozesse, und mit der Zuverlässigkeit der
klärung“ online genutzt haben; Angaben in Prozent;
Top3 (äußerst zufrieden / sehr zufrieden / etwas zufrieden) Systeme sticht gegenüber den anderen Leistungen hervor: Die medien-
bruchfreie Nutzung wird geschätzt. Die Zufriedenheit mit der Bedienbarkeit
fällt vergleichsweise verhalten aus, was angesichts der hohen Komple-
xität wenig verwundert und dafür spricht, eine aktive Verbesserung der
R EL E VA N Z VO N L EI S T U N G S M ER K M A L EN
Nutzer*innenfreundlichkeit anzustreben.
#
1 Einfacher und intuitiver Prozess
Den Nutzer*innen ist ein einfacher und intuitiver Prozess bei dieser Leistung
#
2 Schnelle Bereitstellung (DE: 49 Prozent) wichtiger als eine schnelle Bereitstellung (DE: 30 Prozent)
oder ein automatisierter Ablauf (DE: 21 Prozent). Dieser Wunsch verwundert
#
3 Automatisierter Ablauf
nicht, weil es sich bei der Steuererklärung um einen inhaltlich komplizierten
Vorgang (beispielsweise im Vergleich zur Terminvereinbarung) handelt.
Entsprechend wichtig ist es, dass dieser Prozess gut verständlich ist.
Die An-, Um- oder Abmeldung des Wohnsitzes ist eine Verwaltungsleistung,
die zwar nicht sehr häufig gebraucht wird, die jedoch mehr oder weniger alle
Menschen im Laufe ihres Lebens in Anspruch nehmen müssen. Die aktuelle
Online-Nutzung ist sehr niedrig, was auch am heterogenen und größten-
teils noch nicht realisierten Online-Angebot der Kommunen liegt. Zudem
handelt es sich nicht um eine einzelne Leistung, sondern organisatorisch um
ein ganzes Bündel an unterschiedlichen Leistungen.
Das große Potenzial dieser Leistung kann nicht nur durch gezieltes Marke-
ting, sondern vor allem auch durch die Ausweitung und Verbesserung des
R EL E VA N Z VO N L EI S T U N G S M ER K M A L EN
Online-Angebots ausgeschöpft werden.
#
1 Einfacher und intuitiver Prozess
Die Bürger*innen sind hier der Automatisierung gegenüber besonders
#
2 Schnelle Bereitstellung aufgeschlossen: Obwohl auch hier der einfache und intuitive Prozess
(DE: 38 Prozent) an erster Stelle der gewünschten Leistungsmerkmale steht,
#
3 Automatisierter Ablauf
gefolgt von der Schnelligkeit der Bereitstellung (DE: 35 Prozent), ist die
Relevanz eines automatisierten Prozesses (DE: 27 Prozent) im Vergleich zu
den anderen untersuchten Leistungen deutlich höher.
Jan-Lars Bey
Senior Partner, Cassini
Thomas Bendig
Chief Innovation Officer,
adesso SE
Der aktuelle eGovernment MONITOR zeigt, dass die Bürger*innen mit den bisher realisierten Online
Angeboten überwiegend zufrieden sind, da sie eine große Erleichterung gegenüber dem Gang zum
Amt darstellen. Einfachheit und schnelle Bereitstellung wurden als wichtigste Kriterien dafür genannt.
Mit der Auffindbarkeit der Dienste und den Informationen zum aktuellen Bearbeitungsstand sind die
Bürger*innen nicht ganz so zufrieden. Das muss für die Behörden ein Ansporn sein, weitere Vorgänge
zügig zu digitalisieren und bestehende Online-Angebote so weiterzuentwickeln, dass sie für die
Bürger*innen noch einfacher und schneller werden. Zentrale Zugänge könnten die Auffindbarkeit und
damit auch die Zahl der zufriedenen Nutzer*innen weiter steigern. Wenn leistungsfähige und komfor-
table Dienstleistungen angeboten werden, steigt auch das Vertrauen in Politik und Verwaltung.
Zufriedenheit mit E-Government 31
Zufriedenheit im Bundesländervergleich
Sachsen-Anhalt
68 %
Sachsen
68 %
Hessen
66 %
Barrieren und
Einstellungen
Thomas Langkabel
National Technology Officer,
Microsoft
Einfach machen.
▼ Welche der im Folgenden aufgeführten Barrieren sprechen für Sie persönlich gegen
eine (intensivere) Nutzung von Online-Behördendiensten?
Frau Staatsministerin
Judith Gerlach, MdL
Bayerisches Staatsministerium
für Digitales
58 % 36 %
Der benötigte
Service wird online
nicht angeboten
zu Barrieren führen. Hier sind Veränderungen
am schwierigsten herbeizuführen. Wer lieber
auf das Amt geht und mit Mitarbeiter*innen
persönlich spricht, statt ein Anliegen online zu
erledigen, wird sich nicht ohne weiteren Anreiz
54 %
auf E-Government einlassen. Erst wenn die
39 %
Mangelnde
Durchgängigkeit Grundhaltung sich geändert hat, kann eine Ver-
haltensänderung in der Bevölkerung stattfinden.
Dieser Prozess ist langwierig, kann aber durch
16–34 Jahre 55 + Jahre positive Erfahrungen (auch bei Freunden und
Familienangehörigen) sowie durch überzeugende
Der benötigte Ser- 58% 36%
16–34 55 + kommunikative Maßnahmen und die grundsätz-
Jahre vice wird
Jahreonline
liche Förderung von Medien- und Digitalkompe-
nicht angeboten
tenz beschleunigt werden. Insbesondere in der
Mangelnde 54% 39%
Schweiz sind die Barrieren in dieser Kategorie am
Durchgängigkeit
stärksten ausgeprägt.
Barrieren und Einstellungen 35
ZWISCHENFAZIT
E-Payment
▼ Haben Sie für eine gebührenpflichtige Behördenleistung
schon einmal die Gebühren online bezahlt?
KÜNFTIGES INTERESSE
28 % 70 %
Gebühren für Interesse
Behördenleistungen insgesamt 55 %
ONLINE bezahlt
34 % Nutzung E-Payment 30 %
bei Behörden-
Bisher keine gebühren 15 %
Zahlung 39 %
notwendig Gebühren für Behörden-
leistungen auf einem Interesse an Interesse an Kein
Zahlung über Zahlung Interesse /
anderen Weg bezahlt staatlichen über privaten keine
Dienst Anbieter Angabe
STAATLICHE
LEISTUNGSFÄHIGKEIT
UND VERTRAUEN
E-Government, das die Bürger*innen erreicht auf niedrigem Niveau oder nimmt wegen zuneh-
und anspricht, erleichtert ihnen nicht nur das mend stärker wahrgenommener Hürden sogar
Leben, sondern zahlt auch auf ihr Vertrauen in ab (Seite 32 ff.).
den Staat und seine Institutionen ein.
Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregie-
Obwohl der Bedarf und ein hohes Nutzungspo- rung vorgenommen: „Der Staat muss voraus-
tenzial von E-Government-Leistungen vorhanden schauend für seine Bürgerinnen und Bürger
sind (Seite 17 ff.), stagniert die Durchdringung arbeiten. Dazu wollen wir ihn modernisieren,
digitaler Verwaltungsdienste - nach wie vor so dass er Chancen ermöglicht und Sicherheit
dominiert die Offline-Nutzung von Verwaltungs- gibt. Ein Staat, der [...] mit einer unkomplizier-
angeboten. Die Ergebnisse des eGovernment ten, schnellen und digitalen Verwaltung das
MONITOR zeigen zwar, dass die Nutzung digitaler Leben der Menschen einfacher macht.“
Verwaltungsangebote über die Jahre langsam, (Koalitionsvertrag 2021 - 2025, Seite 8).
aber stetig zunimmt (Seite 13). Gleichzeitig bleibt
jedoch die Akzeptanz dieser Angebote
Felix Dinnessen
Partner, Deloitte Consulting
Zutrauen
▼ Bitte geben Sie an, inwiefern Sie den folgenden Aussagen zustimmen.
Ich traue es dem Staat zu, dass in drei Jahren alle Behördengänge online angeboten werden.
Ich glaube, dass meine Daten beim Staat gut geschützt sind.
Ich glaube, dass der Staat sich vor Cyberangriffen schützen kann.
30 %
Ich glaube, dass der Staat gravierende Krisen gut meistern kann.
Der Staat handelt vorausschauend für das Wohl seiner Bürger*innen. Zustimmung zu
„Der Staat macht
mein Leben leichter.“
Der Staat macht mein Leben leichter. bei Personen, die
sehr zufrieden mit
E-Government sind
Behörden und Ämter arbeiten mindestens genauso effizient wie Wirtschaftsunternehmen. (Deutschland).
BASIS: Alle Befragten – DE (n = 8.112); AT (n = 1.002); CH (n = 1.002); Angaben in Prozent; Top2 (stimme voll und ganz zu / stimme eher zu)
Staatliche Leistungsfähigkeit 39
und Vertrauen
Ulrich Silberbach
Bundesvorsitzender,
Besonders wenig Zutrauen besteht in die dbb beamtenbund und tarifunion
Leistungsfähigkeit des deutschen Staates.
Den Staat zukunftsfest und
In der Schweiz wird die staatliche Leistungsfä-
krisensicher aufstellen.
higkeit am besten beurteilt. Fast die Hälfte der
Die Bevölkerung verliert zunehmend das Vertrauen in die
Eidgenoss*innen glaubt daran, dass bereits in
staatliche Leistungsfähigkeit. Diesen gefährlichen Trend
drei Jahren ein vollständiges E-Government-
müssen wir unbedingt stoppen. Wir brauchen dringend
Angebot vorhanden sein wird. Ähnlich ist die
einen Modernisierungs- und Investitionsschub für den öffent
Einschätzung in Österreich. In Deutschland traut
lichen Dienst, um aktuelle und künftige Herausforderungen
dagegen nur ein Viertel der Bürger*innen dem
meistern zu können. Schon heute fehlen Bund, Ländern und
Staat zu, dass alle Verwaltungsleistungen in ab-
Kommunen 360.000 Beschäftigte. Der öffentliche Dienst
sehbarer Zeit online angeboten werden, obwohl
muss Krisenmanager sein, nicht Krisenherd!
die Frist zur OZG-Umsetzung bald abläuft.
▼ Es gibt verschiedene Bereiche, mit denen man in diesem Land in Berührung kommt. Wie viel Vertrauen haben Sie in die ...?
BASIS: Alle Befragten – DE (n = 8.112); AT (n = 1.002); CH (n = 1.002); Angaben in Prozent; Top2 (sehr großes Vertrauen / großes Vertrauen)
Die größten Unterschiede zwischen den D-A-CH- Das Vertrauen in den Staat ist bei Personen,
Ländern bezüglich der Bewertung der Vertrauens die ihr Leben durch den Staat vereinfacht
würdigkeit bestimmter Einrichtungen gibt es bei sehen, deutlich größer (80 Prozent) als beim
den Schulen, der Verwaltung und der Wirtschaft, Bevölkerungsdurchschnitt (38 Prozent). Dieser
wobei diese drei Instanzen in Deutschland am positive Zusammenhang lässt sich auch anhand
schlechtesten und in der Schweiz mit Abstand am der übrigen Aussagen zur Leistungsfähigkeit
besten beurteilt werden. des Staates bestätigen. Dies zeigt, dass die
wahrgenommene staatliche Leistungsfähigkeit
Auch bei der Bundespolitik bestehen Unterschie-
neben vielen anderen Dingen einen Einfluss auf
de. Hier liegt Deutschland knapp vor Österreich,
das Vertrauen in den Staat hat. In langfristiger
wenn auch auf schwachem Niveau (24 Prozent).
Konsequenz bedeutet dies: Ein leistungsfähiger
Die Schweizer*innen haben auch hier das größte
Staat, der E-Government flächendeckend und zu-
Vertrauen.
friedenstellend umsetzt, ist auch ein Staat, dem
Einheitlich schwach in allen drei D-A-CH-Ländern Bürger*innen mehr vertrauen. Im Umkehrschluss
ist das Vertrauen in die Presse und in Medien. würde dies bedeuten, dass Vertrauen verspielt
wird, wenn die Leistungsfähigkeit des Staates aus
Sicht der Bürger*innen aufgrund eines unbefrie-
digenden Vollzugs bzw. einer unbefriedigenden
digitalen Umsetzung von Leistungen schlecht be-
wertet wird. Insgesamt wird aber deutlich, dass
bei der Wahrnehmung von Leistungsfähigkeit und
Vertrauen in den Staat auch eine Reihe anderer
Faktoren eine Rolle spielen, z. B. Werte, Grund-
einstellung gegenüber dem Staat oder die jewei-
lige Lebenssituation, in der sich die Bürger*innen
befinden, um nur einige wenige zu nennen.
Staatliche Leistungsfähigkeit 41
und Vertrauen
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit und Güte digitaler Verwaltungs-
angebote und dem Vertrauen der Bürger*innen in die Leistungsfähigkeit der öffentlichen
Hand sowie gegenüber Staat und Politik insgesamt?
Wie der diesjährige eGovernment MONITOR zeigt, sind solche Bezüge durchaus vorhanden.
Wer mit den digitalen Angeboten des Staates zufrieden ist, traut ihm auch insgesamt mehr
zu und vertraut seinen Institutionen und Repräsentanten eher. Zu ähnlichen Schlussfolge-
rungen gelangen auch andere Untersuchungen. Zwar spielen weitere Einflussfaktoren eine
Rolle, wie etwa sozial geprägte Einstellungen sowie gesellschaftlich verankerte und medial
verstärkte Stereotypen der Bürokratie. Die persönliche Erfahrung mit der Verwaltung stellt
jedoch in allen Untersuchungen einen entscheidenden Faktor dar, wenn es um Fragen der
Akzeptanz von und des Vertrauens in Verwaltung, Staat und Politik geht. Hinzu kommen
kollektive Wahrnehmungen der öffentlichen Handlungs- und Problemlösungsfähigkeit, vor
allem bei der Bewältigung von Krisen.
Deutschland gibt ein gemischtes Bild ab, was die Alltags- und Krisentauglichkeit seiner
staatlichen Strukturen und Verwaltungsprozesse betrifft, gerade auch mit Blick auf digitale
Verfahrensabläufe. Dies dürfte sich mittel- bis langfristig zunehmend negativ auf die
Akzeptanz- und Zustimmungswerte von Verwaltung und Politik auswirken. Daraus lässt
sich der klare Auftrag ableiten, noch konsequenter in die Qualität öffentlicher Leistungen
zu investieren. Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, aber auch von behörden-
internen und behördenübegreifenden Abläufen, ist dafür der entscheidende Hebel. Die
Neuauflage des OZG bietet die Chance, die Entscheidungs- und Umsetzungsstrukturen
zwischen Bund, Ländern und Kommunen so zu gestalten, dass qualitativ hochwertige,
nutzer*innenfreundliche digitale Lösungen schneller Verbreitung finden. Nur so lassen sich
die ersehnten Verbesserungspotenziale tatsächlich realisieren und können Verwaltung
und Politik den Erwartungen der Bürger*innen besser gerecht werden.
42
STAATLICHE
DASEINSVORSORGE
Bildung: Schule digital
Das Ziel digitaler Schulbildung muss neben der Die Ergebnisse zeigen: Weder die im Rahmen
Verbesserung und Erweiterung der Lehre unter des DigitalPakt Schule bereitgestellten Mittel
Einsatz digitaler Technologien vor allem der noch der pandemiebedingte Digitalisierungs-
Erwerb digitaler Kompetenzen der Schüler*innen schub haben bisher in Deutschland ausgereicht,
im und durch den Unterricht sein. Gefordert ist um das Schulsystem in Bezug auf moderne
hierzu ein Ineinandergreifen von technischen Technologien und die Entwicklung von Digital-
Voraussetzungen und pädagogischem Konzept. kompetenzen ins 21. Jahrhundert zu holen.
Insbesondere die technische Ausstattung wird
dabei vom 2019 in Kraft getretenen DigitalPakt
Schule inkl. seiner drei Zusatzvereinbarungen
Digitale Infrastruktur
der Schule
75 %
Ein Viertel der Schüler*innen wird ohne digitale
Unterstützung unterrichtet.
der Schüler*innen Aktuell geben 75 Prozent der Eltern an, dass ihr
haben schon einmal
Kind bereits Erfahrung mit digitalen Geräten oder
digitale Geräte bzw.
digitale Anwendungen Anwendungen im Unterricht gemacht hat. Je nach
im Unterricht Schultyp ist der Anteil unterschiedlich hoch: In
genutzt.
Grundschulen sind es nur 63 Prozent, während der
Wert an den weiterführenden Schulen bei mehr
als 80 Prozent liegt. Der größte Anteil an Schulkin-
↑ FRAGE: Hat Ihr Kind bereits schon einmal digitale Geräte bzw.
digitale Anwendungen im Unterricht genutzt? – BASIS: Befragte in DE, dern, die schon einmal digitale Methoden genutzt
die mindestens ein schulpflichtiges Kind im Haushalt haben (n = 2.453); haben, findet sich an Gymnasien (89 Prozent).
Angaben in Prozent
Staatliche Daseinsvorsorge 43
Die Pandemie hat in Sachen digitale Schule ▼ Wann hat die Benutzung digitaler Geräte bzw.
schneller Tatsachen geschaffen als jede politi- digitaler Anwendungen im Unterricht angefangen?
sche Maßnahme.
37 %
61 %
Der Großteil der Eltern, deren Kinder bereits
digitale Geräte und Anwendungen in der Schu- Bereits vor
le genutzt haben, gibt an, dass diese Nutzung der Corona- In der Corona-
Pandemie Pandemie
erst mit der Corona-Pandemie begonnen habe
(61 Prozent). Nur 37 Prozent berichten, dass die Nutzung
digitaler Geräte
Nutzung bereits vor der Pandemie ihren Anfang im Unterricht
nahm. Demnach lässt sich das heutige Niveau an
digitaler Erfahrung in der Schule überwiegend
darauf zurückführen, dass während der Pande- 3%
Weiß nicht /
mie in den letzten zwei Jahren Schulschließun- keine Angabe
gen und damit digital gestütztes Distanzlernen
notwendig wurden.
BASIS: Befragte in DE, die mindestens ein schulpflichtiges Kind im
Haushalt haben, bei dem digitale Geräte oder Anwendungen genutzt
Ein Internetzugang für die Schüler*innen ist
werden (n = 1.818); Angaben in Prozent
kein flächendeckender Standard.
62 %
wurde bisher aber nur ein Bruchteil dieses Geldes
ausgezahlt. Die gelebte Praxis bestätigt: Einen
Internetzugang in der Schule gibt es nur für 62
der Schüler*innen
Prozent der Schüler*innen – zwei von fünf Schul- können in ihrer Schule
kindern können folglich nicht über einen Zugang einen Internetzugang
nutzen (mit oder ohne
in ihrer Lehranstalt online gehen, weder generell Einschränkungen).
noch zugangsbeschränkt im Unterricht. Damit
fehlt vielerorts die elementarste Grundlage für
digitale Lehrangebote.
Die Digitalisierung der Schulen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren vorangeschritten.
Den Lernenden steht eine Vielfalt von digitaler Hardware wie Tablets, Notebooks, Desktop-PCs
oder Smartboards im Unterricht zu Verfügung. Dabei dominieren mobile Endgeräte: drei von vier
Schüler*innen nutzen Tablets oder Smartphones. Dennoch gibt es weiterhin einen hohen
Entwicklungsbedarf. Die Ausstattung mit Endgeräten ist nicht ausreichend und sollte, je älter die
Lernenden werden, auf eine 1:1-Ausstattung hinauslaufen.
Aber im Unterricht braucht es mehr als nur Endgeräte. Lediglich im Zusammenspiel mit didaktisch
anspruchsvollen digitalen Inhalten und lernförderlichen digitalen Produkten und Services lassen
sich Potenziale voll entfalten.
44
Mobile Digitalgeräte sind Sache der Eltern, die tel der Befragten zur Ausstattung in den Schulen.
Schulen stellen – wenn überhaupt – vor allem Mobile digitale Endgeräte werden noch seltener
stationäre Ausstattung. von den Schulen gestellt. Damit bilden die Schulen
den aktuellen Stand digitaler Möglichkeiten nur
Bei den genutzten digitalen Geräten zeigt sich: Ein
unzureichend ab – sie bereiten die Schüler*innen
Großteil wird vom elterlichen Haushalt finanziert.
auf eine digitale Welt vor, wie es sie vor einigen
Nur das Smartboard, also eine interaktive digitale
Jahren gab, die heute aber längst überholt ist.
Tafel, wird vorrangig von den Schulen bereitge-
stellt. In allen anderen Fällen überwiegt der Anteil Die geringe digitale Ausstattung durch die Schule
der privat erworbenen Geräte. Smartphones und wird auch hinsichtlich sozialer Gerechtigkeit zum
Tablets werden zwar jeweils von fast drei Vierteln Problem: Kinder aus Haushalten mit niedrigerem
der Kinder für die Schule verwendet und das Note- Einkommen bekommen seltener Geräte von
book von immerhin noch mehr als der Hälfte – alle zu Hause zur Verfügung gestellt als Kinder aus
diese mobilen Geräte werden jedoch nur selten einkommensstarken Haushalten, der Unterschied
von der Schule gestellt. Sogar der klassische Desk- liegt bei bis zu 10 Prozentpunkten (etwa bei
top-PC, der in der Gesamtnutzung immerhin auf Notebooks).
Platz 3 landet, gehört bei weniger als einem Drit-
▼ Welche der folgenden Geräte stehen Ihrem Kind im Schulunterricht zur Verfügung?
Ausführliche Ergebnisse
sind bereits als D21-Sonder-
veröffentlichung erschienen:
„21st Century Schools –
Lagebild des digitalen
Schulunterrichts in den
16 Bundeslän-
dern“. Sie finden
sie über diesen
QR-Code:
BASIS: Befragte in DE, die mindestens ein schulpflichtiges Kind im Haushalt haben, bei dem digitale
Geräte oder Anwendungen genutzt werden (n = 1.818); Angaben in Prozent; Die Summe der einzelnen
Prozentwerte weicht aufgrund von Rundungen von der Gesamtsumme ab.
Nur jeder zweite Elternteil zeigt sich zufrieden bereitgestellten Geräten führt zu deutlich mehr
mit der schulischen Geräteausstattung. Zufriedenheit, die privaten Geräte haben kaum
53 %
Einfluss. Zum anderen ist auch die Art der Geräte
Entsprechend der geringen Ausstattung vieler
ausschlaggebend: Mobile Geräte führen zu
Schulen mit digitalen Geräten fällt auch die
größerer Zufriedenheit als stationäre Geräte. So
Zufriedenheit der Eltern diesbezüglich eher
der Eltern sind ist die Zufriedenheit im Bundesland Bremen mit
zufrieden mit der moderat aus: 53 Prozent sind äußerst, sehr oder
Abstand am höchsten (76 Prozent), was in diesem
schulischen Geräte zumindest etwas zufrieden.
ausstattung ihrer Stadtstaat mit einer außergewöhnlich umfang-
Kinder. Eine tiefere Analyse zeigt, dass die Zufrieden- reichen schulischen Bereitstellung von Tablets
heit der Eltern zum einen vom Kostenträger einhergeht.
abhängt: Nur eine höhere Anzahl an schulisch
Staatliche Daseinsvorsorge 45
84 %
wahrgenommene Hindernis dar. Ebenfalls von oder mehrere Hürden, wenn es um
jeweils etwas mehr als einem Drittel der Eltern den Einsatz digitaler Geräte und
werden „Fehlendes digitales Lehrmaterial“ und Anwendungen an der Schule ihres
„Probleme mit dem Internet“ genannt. Kindes geht. Der Weg zur digitalen der Eltern
erleben Hürden.
Schule wird als mühsam wahr-
genommen. 42 Prozent der Eltern
stimmen der Aussage zu: „Die Schule
meines Kindes ist überfordert mit digitalen Un-
Widar Wendt
terrichtsmethoden“. Und dass digitaler Schulun-
Leiter atene KOM
Akademie terricht in wenigen Jahren eine Selbstverständ-
lichkeit sein wird, glaubt nur etwa die Hälfte der
Eltern (52 Prozent).
Impressum
Partner*innen, Projektleitung & Kontakt
Dataport AöR
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Oktober 2022
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