DOI: 10.1002/best.
201900099
Norbert Randl, Martin Steiner
Hochfester Aufbeton zur Tragwerksverstärkung
Teil 2: Bauteilversuche
In Bauteil- und Kleinkörperversuchen mit unterschiedlichen
Prüfkörperformen und Test-Setups wurde das Verbundtragver-
halten zwischen hochfestem Auf- und normalfestem Altbeton
untersucht. Während in Teil 1 über die Kleinkörperversuche
berichtet wurde, stehen im Teil 2 Versuche an plattenartigen
Bauteilen mit Fokus auf den flächigen Verbund im Vordergrund.
Neben den herkömmlich betonierten normal- und höherfesten
Aufbetonschichten wurde an zwei Bauteilen die Aufbetonage
unter zyklischer Anregung der Grundplatte durchgeführt. Ins-
gesamt bestätigten auch die Bauteilversuche die schon am
Kleinkörper beobachtete Verbesserung der Verbundeigen-
schaften mit hochfestem Aufbeton. Sämtliche Platten mit nor-
malfestem Aufbeton wiesen im Bereich der Verbundfugen im
Bruchversuch lokale Schädigungen auf, bei den mit hochfes-
tem Beton verstärkten Platten hingegen waren bis auf jene mit
zyklischer Anregung während der Betonage kaum Verbundbe-
einträchtigungen erkennbar.
Stichworte Aufbeton; hochfester Beton; Verbund; Haftzugprüfung; Rauigkeit;
Adhäsion; Schubübertragung; Bauteilversuch
1 Einleitung
In Teil 1 [1] wurde über die Ergebnisse von Verbundun-
tersuchungen an Kleinkörpern zwischen hochfestem Auf-
beton und normalfestem Altbeton berichtet („Altbeton“
bezeichnet hier den vergleichsweise – im vorliegenden
Fall etwa zwei Monate – älteren Grundbeton). Diese zeig-
ten eine deutliche Verbesserung der Verbundeigenschaf-
ten gegenüber normalfestem (NSC) Aufbeton, die durch
entsprechende Konsistenz und Körnung weiter optimiert
wurden. In diesem Teil 2 werden die zugehörigen Bauteil-
versuche präsentiert, in denen der hochfeste (HSC) Auf-
beton mit der optimierten Rezeptur der zweiten Serie zur
strukturellen Tragwerksverstärkung auf der Druckseite
eingesetzt wurde. Details zur Rezepturoptimierung sind
in Teil 1 [1] erläutert, unter anderem wurde das Rundkorn
8/16 mm durch ein Kantkorn 8/16 mm ersetzt, anstelle
des Zements CEM I 42,5R ein CEM I 52,5N verwendet
und der Fließmittelgehalt leicht erhöht.
2 Experimentelle Untersuchungen
2.1 Allgemeines
Bei den Versuchskörpern handelt es sich um zehn Grund-
platten mit den Abmessungen 360 × 100 × 24 cm3, auf die
© 2020 Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5
AUFSATZ ARTICLE
AUFSATZ
High strength concrete overlays – Part 2: Member tests
Small scale and member tests with different specimen geome-
tries and test setups were performed to investigate the adhe-
sive bond along interfaces between normal strength concrete
and high strength overlay. Part 1 reports about the small scale
tests, while this part 2 focuses on slab tests. Apart from stand-
ard application of normal and high strength concrete layers,
two slabs were subject to cyclic loading during casting the
concrete overlay. In general, also the member tests confirm the
improvement of the bond properties with the high strength con-
crete overlay. All slabs with normal strength overlay concrete
depicted some limited degradation along the shear interface in
the tests, while members reinforced with high strength con-
crete showed hardly any degradation along the joint except for
the slabs that underwent cyclic loading during overlay casting.
Keywords concrete overlay; high strength concrete; adhesive bond;
interface; roughness; concrete-concrete bond; shear transfer; member test
eine 6 cm starke Aufbetonschicht appliziert wurde. Die
Abmessungen und das Layout der Biegebewehrung wur-
den auf den Grundlagen der geltenden Eurocode-Ansätze
[2] so gewählt, dass ein Querkraftversagen mit möglichst
hoher Schubbeanspruchung in der Verbundfuge zu er-
warten war und ein Biegeversagen rechnerisch ausge-
schlossen werden konnte (vgl. Abschn. 2.3.2).
2.2 Materialkennwerte
Der Altbeton wurde aus einem Beton der Festigkeits­
klasse C45/55 hergestellt, der hochfeste Aufbeton ent-
sprach etwa einer Festigkeitsklasse C80/95. Zu Ver-
gleichszwecken wurde auf drei Platten auch C45/55 als
Aufbeton appliziert. Die Zusammensetzung der verwen-
deten Rezepturen ist in Tab. 1 ersichtlich, genaue Festig-
keitsangaben enthält Tab. 2. Die Druckfestigkeit fc.cube
wurde hierbei an Würfeln mit einer Seitenlänge von
150 mm ermittelt, der E-Modul an Prismen mit den Di-
mensionen 120 × 120 × 360 mm3 und die Spaltzugfestig-
keit an zylindrischen Prüfkörpern mit den Dimensionen
100 mm × 200 mm.
375
N. Randl, M. Steiner: Hochfester Aufbeton zur Tragwerksverstärkung

Tab. 1 Rezeptur der verwendeten Betone

Mix proportions of used concretes

Betonsorte Ausgangsstoffe Gehalt [kg/m3]

C45/55 Rundkorn 0/4 871

Rundkorn 4/8 263
Rundkorn 8/16 608
CEM II/A-M 52,5N 369
H2O 179
LP L300 READYAIR 0,9
BV 1,4

C80/95 Rundkorn 0/4 887

Rundkorn 4/8 177
Kantkorn 8/16 764
CEM I 52,5N 477 Bild 1 HDW-Strahlen der Grundkörper
MILLISIL Quarzmehl 40 High pressure water jetting of the base slabs
H2O 170
Fließmittel* 7,8

*Fließmittelgehalt inkl. Nachdosierung vor Ort

Tab. 2 Frisch- und Festbetoneigenschaften

Fresh and hardened concrete properties

Beton­ Ausbreit- Frisch­ 28d– Spaltzug­ E-Modul

sorte maß beton­ Druck­ festigkeit [N/mm2]
[cm] tempe­ festigkeit [N/mm2]
ratur [N/mm2]
[ °C]

C45/55 48 16,7 59,0 4,9 25 500

(Grund-
platte) Bild 2 Aufbetonage im Labor
C45/55 50 14,0 55,3 3,3 25 470 Casting of the overlay in the lab
(Aufbe-
ton)
che wurde vor der Aufbetonage leicht vorgenässt und war
C80/95 50 19,5 101,9 6,2 36 500 zum Betonagezeitpunkt matt-feucht.
(Aufbe-
ton)

2.3.2 Versuchsprogramm und -durchführung

2.3 Bauteilversuche Das Versuchsprogramm umfasst zehn Bauteilversuche

mit unterschiedlichen Aufbeton- und Rauigkeitskonfigu-
2.3.1 Herstellung der Versuchsplatten rationen, die in Tab. 3 gelistet sind.

Nach der Herstellung der Grundplatten, die außerhalb
des Labors erfolgte, wurden diese nach drei Wochen Aus-
härtung oberseitig und damit an den späteren Kontaktflä-
chen zum hochfesten Beton durch Hochdruckwasser-
strahlen (HDW) mit 2000 bar aufgeraut (Bild 1). Die
Aufrauung zielte auf Erreichung drei unterschiedlicher
Rautiefenkategorien Rt < 1,5 mm, 1,5 mm ≤ Rt < 3,0 mm
sowie Rt ≥ 3,0 mm ab. Die Rauigkeit wurde an zehn Mess-
stellen je Platte mittels der Sandflächenmethode [3] kont-
rolliert. Die so gemessenen und gemittelten Rautiefen der
einzelnen Platten sind in Tab. 3 angegeben.
Die Betonage des zweiten Abschnitts mit normal- und
hochfestem Aufbeton (Lieferbeton in den Zielfestigkeits-
klassen C45/55 und C80/95) erfolgte direkt im Labor der
Fachhochschule Kärnten (Bild 2) etwa zwei Monate nach
Herstellung der Grundplatten. Die aufgeraute Kontaktflä-
Die 24 cm starken Grundplatten wurden mit einer star-
ken Biegelängsbewehrung (10 ∅ 26 mm) versehen, um
ein Biegeversagen beim Vier-Punkt-Biegeversuch zu ver-
meiden. Ziel war es, Querkraftversagen und damit eine
möglichst hohe Schubbeanspruchung in der Fuge zu er-
reichen. Die Biegetragfähigkeit der Platten lag rechne-
risch etwa um den Faktor 2 höher als die Querkrafttragfä-
higkeit. Alle Versuchskörper wurden ohne Querkraftbe-
wehrung ausgeführt. Eine wichtige Randbedingung
insbesondere bei der Festlegung der exakten Geometrie
war die Einhaltung einer Schubschlankheit a/d ≥ 3
(a = Abstand Lasteinleitung – Auflager, d = statische
Nutzhöhe), um direkte Lastableitungen in die Auflager zu
vermeiden.
Die Verteilung der vom Druckzylinder ausgehenden Ein-
zelpunktlast auf die eigentlichen Lasteinleitungspunkte

376 Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5


Bild 3 Durchführung Bauteilversuch im Labor
Slab test in the lab
erfolgte über einen HEM 280 Stahlträger mit ausgesteif-
tem Stegblech. Die direkte Einleitung der über die kurze
Seite verlaufenden Linienlasten in die Versuchsplatte
(Bild 3) wurde mittels zwei HEM 180 Stahlträgern mit
einer aufgeschweißten Rundstahlstange (∅ 15mm) und
einem darunter liegenden, 5 mm starken und 20 mm brei-
ten Stahlzwischenblech vorgenommen. Der Versuchsauf-
bau (Bild 4) war für alle geprüften Versuchsplatten iden-
tisch. Die Lastaufbringung erfolgte über einen Stahl-
prüfrahmen mittels einer hydraulischen Presse. Der
Vier-Punkt-Biegeversuch wurde weggeregelt und statisch-
monoton mit vorgegebener Kolbengeschwindigkeit von
1,0 mm/min durchgeführt.
An den Versuchskörpern wurden induktive Wegaufneh-
mer (in Bild 4 mit LVDT bezeichnet) zur Ermittlung der
Rissuferverschiebung (Fugenparallelverschiebung) und
der Fugenöffnung (senkrecht zur Fuge) appliziert. Auf der
Biegezugbewehrung (jeweils beidseitig) wie auch auf der
Betonoberseite im Druckbereich wurden Dehnmessstrei-
fen (DMS) aufgeklebt (Positionen vgl. Bild 4). Durch die
Messung der Betonstauchungen war es möglich, die auf-
tretenden Schubspannungen in der Fuge aus den Deh-
nungsverteilungen über die Querschnittshöhe exakter
rückzurechnen und mit analytischen Ansätzen zu verglei-
chen. Die Entwicklung des Rissbilds während der Vorbe-
Bild 4 Versuchsaufbau der Bauteilversuche
Setup of slab tests
N. Randl, M. Steiner: High strength concrete overlays
AUFSATZ ARTICLE
lastungsrampen inklusive Position vom Auflager, Höhe
der Risse sowie Rissbreitenentwicklung wurden mithilfe
eines photogrammetrischen Systems gemessen und aufge-
zeichnet. Das Kamerasystem bestand aus vier hochauflö-
senden Kameras auf zwei Stativen, zwei Beleuchtungs-
schirmen und Punktmustertafeln als Kalibriervorlagen.
Zwei Versuchsplatten wurden während der Aufbetonein-
bringung und der Erstarrungsphase zyklisch belastet, um
Erschütterungen durch fahrenden Verkehr auf einer par-
allelen Fahrspur zu simulieren. Generell ist der Einfluss
von Erschütterungen auf die Verbundfestigkeit bislang
kaum untersucht, in [4] werden dazu – ähnlich wie in [5]
für das Aushärten von Beton unter Erschütterungen –
Grenzwerte für Schwinggeschwindigkeiten angegeben. In
den gegenständlichen Untersuchungen war ein auf der
sicheren Seite liegendes Szenario gewählt worden, um zu
prüfen, ob selbst bei einer eher ungünstigen Konstellation
mit einer relativ großen maximalen Durchbiegung von
l/500 und kontrollierter Anregung mit einer Erregerfre-
quenz von ca. 1,5 Hz keine Beeinträchtigung im Trag-
und Verbundverhalten feststellbar wäre. Diese Frequenz
ist angesiedelt im unteren Bereich typischer Eigengrund-
frequenzen im Brückenbau [6, 7]. Die Schwinggeschwin-
digkeit entsprach mit rund 9 mm/s etwa jener, die an
einem realen vielbefahrenen Brückentragwerk, und zwar
der Hochstraße Inzersdorf bei Wien, untertags gemessen
wurde (ca. 10 mm/s, vgl. [8]). Diese schwellende Bean-
spruchung wurde über etwa zwölf Stunden aufrechterhal-
ten, die Gesamtanzahl der aufgebrachten Zyklen lag bei
ca. 66 000. Die zyklisch wiederkehrende maximale
Durchbiegung in Plattenmitte betrug 6 mm. Pro Platte
war hierfür eine maximale Schwelllast von knapp 200 kN
aufzubringen.
2.3.3 Versuchsergebnisse
Nachfolgend wird das Last-Durchbiegungsverhalten er-
läutert und analysiert, im nächsten Abschnitt dann die
Rissbildung. Alle Versuchsplatten versagten planmäßig
primär auf Querkraft. Mit Ausnahme von Versuchsplatte
Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5 377
N. Randl, M. Steiner: Hochfester Aufbeton zur Tragwerksverstärkung

Tab. 3 Bruchlasten der Bauteilversuche

Failure loads from slab tests

Nr. Rautiefe Aufbeton 1. LM 2. LM 3. LM Schädigung Durchbiegung 1. LM

[mm] [kN] [kN] [kN] Fuge [mm]

P1 1,6 NSC 902,4 917,7 950,9 ja2) 10,8

P2 3,0 HSC 951,3 993,7 1 056,8 nein 10,3
P3 3,0 NSC 914,1 878,8 ja2) 11,6
P4 0,8 NSC 942,6 928,9 ja2) 10,2
P5 1,5 HSC 951,9 967,3 nein 11,2
P6 1,7 HSC 896,7 nein 9,9
P7 0,8 HSC 1 014,9 878,6 ja2) 11,0
P8 0,8 HSC 947,2 1 003,1 1 438,0 nein 10,1
P91) 0,9 HSC 860,9 907,1 ja3) 12,2
P101) 1,5 HSC 936,2 1 296,9 ja3) 12,9

1) zyklische Belastung während der Aufbetonage, 2) Rissversatz und/oder kleinflächige Ablösungen, 3) Rissversatz mit großflächigen Ablösungen

6 wurde nach Erreichen eines ersten Lastmaximums mit
verbundenem Lastabfall ein nochmaliger Lastanstieg und
die Ausbildung eines zweiten Lastmaximums beobachtet,
in drei Fällen bildete sich unter zunehmend großen
Durchbiegungen ein drittes Lastmaximum aus. Die beob-
achteten mehrfachen Lastspitzen sind darauf zurückzu-
führen, dass nach dem ersten Querkraftriss, bedingt
durch die starke Biegezugbewehrung, im Regelfall noch
kein Totalkollaps eintrat, sondern sich nach erfolgter
starker Verformung weitere Querkraftrisse auf der ande-
ren Auflagerseite einstellten und der endgültige Kollaps
dann erst schrittweise erfolgte. Während beim ersten
Lastmaximum keine auffallenden Streuungen verzeichnet
wurden, waren diese beim zweiten und dritten Lastmaxi-
mum aufgrund der einhergehenden großen Verformun-
gen und der damit verknüpften Sekundäreffekte deutlich
größer; signifikante Ausreißer stellen die beobachteten
hohen Werte des dritten Lastmaximums bei Platte 8 und
des zweiten Lastmaximums bei Platte 10 dar.
Für die Bewertung des Tragverhaltens sind vor allem die
Ergebnisse des ersten Lastmaximums von Bedeutung.
Diese waren durchwegs konsistent und es wurden auch
keine Ausreißer beobachtet. Die erreichten Tragfähigkei-
ten sind in Tab. 3 ersichtlich. Die Eigenlast des Versuchs-
aufbaus und das Eigengewicht der Platten sind in den
Testergebnissen bereits eingerechnet. Bild 5 gibt die Last-
Verschiebungskurven der zehn Bauteilversuche wieder.
Im Vergleich der erreichten Bruchlasten (jew. 1. LM)
zeigte sich ein gewisser Einfluss des eingesetzten Aufbe-
tons bzw. der Betonagebedingungen: Die Mittelwerte des
1. LM lagen mit NSC-Aufbeton bei 919,7 kN, mit HSC-
Aufbeton bei 952,4 kN (somit 3,6 % höher) und mit HSC-
Aufbeton unter zyklischer Vorbelastung mit 898,6 kN am
niedrigsten. Die höchsten Lasten beim ersten Maximum
wurden in allen drei Aufbetonkonfigurationen (NSC,
HSC und HSC zyklisch vorbelastet) bei der jeweils ge-
ringsten Fugenrauheit von 0,8 bis 0,9 mm gemessen. Dar-
aus lässt sich, da in allen Fällen primär ein Querkraftver-
sagen der Platten und nicht ein flächiges Versagen des
Verbunds maßgebend war, zwar nicht rückschließen,
dass eine geringere Rautiefe zu besseren Verbundwirkun-
gen führt, aber zumindest spiegelt sich der Trend aus den
Kleinkörperversuchen (keine signifikante Zunahme der
Verbundfestigkeiten über rund 1 mm Rautiefe [1]) auch in
den Bauteilversuchen wider.
Der Einfluss des verwendeten Aufbetons auf die erreich-
ten Bruchlasten (1. LM) war insgesamt weniger signifi-
kant als bei den Kleinkörperversuchen, was aber zu er-
warten ist, da im Vergleich zu den kleinen Fugenflächen
bei Kleinkörperversuchen lokale Verbundschädigungen
in plattenartigen Bauteilen durch Lastumlagerungen bes-
ser ausgeglichen werden können [9].
Die Gesamtbiegesteifigkeit der Platten mit NSC-Aufbeton
war geringer als jene mit HSC-Aufbeton. Dies führte auch
zu im Mittel etwas größeren Durchbiegungen mit normal-
festem Aufbeton gegenüber HSC, bei gleichem Lastni-
veau waren die Durchbiegungen im Mittel etwa 10 %
größer. Bei den Versuchsplatten 9 und 10 waren hinge-
gen aufgrund der zyklischen Vorbelastung und des daraus
resultierenden mangelhaften Verbunds eine geringere
Steifigkeit und deutlich höhere Durchbiegungen feststell-
bar. Zum eingeschränkten Verbund kommt hier hinzu,
dass diese Platten aufgrund der zyklischen Vorbelastung
bereits vor Durchführung der Bruchversuche im gerisse-
nen Zustand waren.
2.3.4 Versagensablauf und Rissbildung
Die Querkraftrisse entstanden jeweils zwischen Auflager
und Lasteinleitungspunkt. Mithilfe des photogrammetri-
schen DIC-Messsystems (Digital Image Correlation Sys-
tem) wurden die Entstehung und Entwicklung der Risse
und des Rissbilds zu jedem Belastungszeitpunkt exakt er-
fasst (Bild 6). Nach Evaluation der gesamten zehn Ver-
suchsplatten konnten drei unterschiedliche Versagens-

378 Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5

 N. Randl, M. Steiner: High strength concrete overlays

AUFSATZ ARTICLE
Bild 5 Last-Verschiebungskurven der Bauteilversuche
Load deflection curves of the slab tests

muster betreffend den Einfluss der Fugenverbundqualität

festgestellt werden (Tab. 3), die auch in der Nachuntersu-
chung am Objekt nach dem Versuch (Bild 7) bestätigt
wurden: Alle Versuche mit NSC-Aufbeton (Platten P1, P3
und P4) wiesen lokale Schädigungen im Bereich der Ver-
bundfugen auf, so verlief in zwei Fällen (deutlich bei P1,
erkennbar aus der DIC-Auswertung auch bei P3) der
Schubriss teilweise entlang der Fuge. Frühzeitige Rissbil-
dungen entlang der Fuge, d. h. vor Anlaufen des Schubris-
ses, wurden allerdings nicht festgestellt. Im Fall der Plat­
te 4 wurden erst bei der nachträglichen Begutachtung der
Bruchflächen örtliche kleinflächige Ablösungen des Auf-
betons im Randbereich festgestellt. Bei den Platten mit
HSC als Aufbeton (P2, P5, P6, P7 und P8) querte der
Schubriss die Verbundfuge jeweils schräg ohne Anzei-
chen eines Versatzes. Lediglich bei P7, jener Platte mit
dem höchsten ersten Lastmaximum, kam es nahe der
Last­einleitungszone zu einem Rissversatz und einer lokal
begrenzten Ablösung eines kleinen Aufbetonbruchstücks
im Randbereich, wobei die horizontale Bruchfläche ten-
denziell knapp unterhalb der Fuge im Altbeton verlief.
Der Verbund bei den Platten 9 und 10 hingegen war
durch die zyklische Vorbelastung bei der Aufbetonage
Bild 6 Rissbilder bei erstem Lastmaximum
offensichtlich von vornherein zumindest in Teilflächen Crack pattern at 1st load maximum
deutlich beeinträchtigt. Dadurch lief auch der Schubriss
direkt in die Verbundfuge und setzte sich dort jeweils
über eine längere Strecke fort. Es kam in diesen Berei-
chen im weiteren Versagensverlauf auch zu deutlichen 2.3.5 Haftzugversuche Verbundfuge
Ablösungen des Aufbetons (Bild 7).
In Ergänzung zu den in Teil 1 [1] angesprochenen ver-
Sämtliche Bruchflächen wurden nachträglich visuell und gleichenden Haftzugprüfungen an Kleinkörpern wurden
durch teilweises mechanisches Abtragen (Bild 7) unter- nach den Bruchversuchen auch an den Versuchsplatten
sucht, um eine genaue Kategorisierung der Platten bezüg- die Haftzugfestigkeiten untersucht. Die Versuchsplatten
lich der Bruchbilder und Verbundfugenschädigung wurden hierzu visuell inspiziert und in augenscheinlich
durchführen zu können. Die vorgenannten DIC-Beob- nicht geschädigten Bereichen (diesbezüglich besonders
achtungen wurden dabei durchwegs bestätigt, bei den sorgfältig wurden die Messpunkte bei den zyklisch vor-
Platten 9 und 10 kam es im Zuge der nachträglichen Un- belasteten Platten gewählt) insgesamt nochmals 50 Haft-
tersuchung zu weiteren flächigen Ablösungen von größe- zugversuche (Vorgehen vgl. Teil 1 [1]) durchgeführt. Die
ren Aufbetonbruchstücken. Mittelwerte der Ergebnisse je Platte sind in Tab. 4 ange-

Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5 379

N. Randl, M. Steiner: Hochfester Aufbeton zur Tragwerksverstärkung

Tab. 4 Haftzugfestigkeiten
Tensile bond strength from pull-off tests

Nr. Rautiefe Aufbeton Haftzugfestig­ Versagens­­

[mm] keit1) [N/mm2] art

P1 1,6 NSC 3,21 C (A/B)

P2 3,0 HSC 4,35 A

Bild 7 Nachträgliche Untersuchung der Bruchflächen und Ablösungen bei P3 3,0 NSC 3,63 C (B)
P9 P4 0,8 NSC 3,62 C (A)
Investigation of the fracture surface after test and bond failure at
slab P9 P5 1,5 HSC 3,55 A
P6 1,7 HSC 3,41 A
P7 0,8 HSC 4,14 A
geben. Während eine Korrelation zwischen den Ergeb- P8 0,8 HSC 3,66 A
nissen der Haftzugversuche und den jeweiligen Rautie-
P9 0,9 HSC 4,19 A
fen nicht gegeben ist, zeigt sich diese in Bezug auf den
jeweiligen Aufbeton und damit indirekt auch auf die er- P10 1,5 HSC 3,35 B (A)
reichten Lasten (höhere Lastwerte mit HSC-Aufbeton) A: Bruch in normalfester Grundplatte, B: Bruch in der Fuge, C: Bruch im
sehr wohl: Die Haftzugwerte lagen bei den NSC-Auf­ ­Aufbeton
betonen im Mittel bei 3,49 N/mm2 (mit einer nur gerin- 1) Mittelwert aus fünf Proben
gen Streuung: vx = 11,7 %) und bei HSC-Aufbeton bei
3,87 N/mm2 (vx = 14,5 %). Somit bestätigen die Ergebnis-
se der nachträglichen Haftzugprüfungen am Bauteil zwar Momenten- und Querkraftverteilung und der sich daraus
tendenziell die Beobachtungen aus den Kleinkörpertests ergebenden Änderung der Gurtkräfte:
zum Fugenverbund (Teil 1), allerdings deutlich weniger
ausgeprägt. Der relativ geringe Unterschied lässt sich Der Beiwert b berücksichtigt das Verhältnis der Normal-
aber damit erklären, dass im Regelfall bei NSC-Aufbeton kraft in der Betonergänzung und der Gesamtnormal-
das Versagen im Aufbeton oder auch fallweise in der kraft in der Druck- bzw. in der Zugzone im betrachteten
Fuge oder im Unterbeton eintrat, während bei hochfes- Querschnitt, d. h., ob die Verbundfuge in der Druckzone
tem Aufbeton jeweils ein Bruch in der normalfesten liegt. Aus der Momentenbeanspruchung beim Quer-
Grundplatte zu beobachten war, was wiederum für die kraftversagen wurde rechnerisch ein Wert von b = 0,78
gute Verbundqualität mit dem HSC-Aufbeton spricht. für NSC-Aufbeton und von b = 0,85 für HSC-Aufbeton
Die niedrigsten Haftzugwerte wurden bei Platte P1 mit ermittelt. Damit liegt rechnerisch ein kleiner Teil der
NSC-Aufbeton (3,21 N/mm2) und bei Platte P10 (HSC- Druckzone noch im Altbeton und bewirkt anteilig keine
Aufbeton mit zyklischer Belastung während Aufbeto­ Verbundbeanspruchungen. Die rechnerischen Schub-
nage: 3,35 N/mm2) festgestellt; im letzteren Fall mit spannungen in der Verbundfuge sind aufgrund der er-
mehrheitlichem Bruch in der Fuge. reichten vergleichbaren Lastmaxima, derselben geo­
metrischen Abmessungen und des gleichen inneren
­Hebelarms z der Versuchsplatten innerhalb einer Auf­
3 Analyse und Bewertung der betonsorte auf einem ähnlichen Niveau. Die so berech-
Verbundschubspannungen in der Bauteilfuge neten Schubspannungen in der Fuge betrugen im Mit-
tel auf Niveau des ersten Lastmaximums 1,61 bis
Auf eine möglichst exakte Ermittlung der Verbundschub- 1,92 N/mm2, wobei sich für NSC-Aufbeton (P1, P3 und
spannungen in der Bauteilfuge wurde besonderes Augen- P4) ein Mittelwert von 1,64 N/mm2 und für HSC-Auf­
merk gelegt, da deren Größenordnung in Bezug auf die beton ein Mittelwert von 1,77 N/mm2 ergab (Tab. 5).
Ergebnisse der Kleinkörperversuche von Bedeutung für Ein signifikanter Einfluss der Rautiefen auf die so er-
die Gesamtbeurteilung ist. Daher wurden diese auf meh- rechneten Schubspannungen war nicht feststellbar.
rere Arten abgeleitet und die Ergebnisse miteinander ver-
glichen: β ⋅V
τj =
(1)
z⋅b
– Analytische Bestimmung nach üblichen Ansätzen im
Stahlbetonbau Bei der experimentell gestützten Ableitung des Schubflus-
– Ableitung des Schubflusses zwischen bestimmten ses zwischen den betrachteten Querschnitten wurde aus
Querschnitten unter Berücksichtigung der versuchs- den aufgezeichneten Dehnungen die jeweilige anteilige
begleitenden Dehnungsmessungen Druckkraft in der Aufbetonschicht rückgerechnet. Die
– Ermittlung von Schubspannungen aus der numeri- drei betrachteten Querschnitte liegen entsprechend der
schen Simulation Position der Dehnmessstreifen („DMS“; vgl. Bild 9) im
Abstand 195–390–585 mm von der Auflagerachse. Es
Die analytische Bestimmung erfolgte nach üblichen An- kann von einer nahezu linearen Druckspannungsvertei-
sätzen (vgl. auch EC2 [2]) auf Basis der theoretischen lung in den Querschnitten ausgegangen werden, da die

380 Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5

 N. Randl, M. Steiner: High strength concrete overlays

AUFSATZ ARTICLE
Bild 8 Dehnungsverteilung im Querschnitt
Strain distribution in the cross section

gemessenen maximalen Betonstauchungen auf dem rela- Bild 9 Anordnung der Dehnmessstreifen am Beton
Positioning of the strain gauges at the concrete
tiv niedrigen Niveau von 0,6 bis 0,8 ‰, teilweise auch
darunter, lagen. Die Messungen ergaben in leichter Ab-
weichung von der Berechnung kaum Druckspannungen
im Altbeton, d. h., dass die Dehnungsnulllinie im Wesent- gebracht. Die Werte der DMS_2 und DMS_3 wurden ge-
lichen auf Höhe der Verbundfuge oder nur ganz knapp mittelt.
darunter zu liegen kam.
Die Rechenwerte nach beiden Methoden sind in Tab. 5
Die Längsschubbeanspruchungen entlang der Verbundfu- gelistet und miteinander verglichen. Der sich aus den ge-
ge wurden auf Grundlage der gemessenen Betonstau- messenen Dehnungsverläufen ergebende Anstieg der
chungen im Detail wie folgt ermittelt (Bezeichnungen lt. Schubspannung hin zur Lasteinleitung ist deutlich er-
Bild 8): kennbar. Diese Beobachtung kann mithilfe der analyti-
schen Berechnung auf Basis der Annahme einer Vertei-
εc1 Betonstauchung an der Oberseite des Aufbetons lung gemäß Querkraftverlauf und Annahme konstanten
εc2 Betonstauchung auf Fugenhöhe inneren Hebelarms nicht gemacht werden, die Schub-
σc1 Zugehörige Druckspannung an der Oberseite des spannung ergibt sich über die gesamte Länge konstant.
Aufbetons Man erkennt aber, dass die Mittelwerte aller auf den
σc2 Zugehörige Druckspannung im Aufbeton auf Fugen- Dehnungsmessungen beruhenden und rückgerechneten
höhe Werte (rechte Spalte in Tab. 5) annähernd mit den analy-
Ec E-Modul des Aufbetons tisch ermittelten übereinstimmen. Jene auf Basis der Deh-
Fc Betondruckkraft im Aufbeton nungsmessungen errechneten Werte, bei denen örtlich
DFc Differenzbetondruckkraft im Aufbeton zwischen be- übereinstimmend auch Schädigungen bzw. ein Rissver-
trachteten Querschnitten im Längsabstand Dl satz in der Verbundfuge zu beobachten waren, sind her-
Dl Längsabstand der DMS vorgehoben.
τ Längsschubspannung Verbundfuge
b Breite der Betonplatte Parallel zu den Versuchen im Labor wurde auch eine nu-
x Höhe der Druckzone merische Simulation der Bruchversuche mit dem FE-Pro-
x1 Höhe des Aufbetons gramm ATENA [10] durchgeführt. Die erforderlichen Be-
tonparameter und die Kennwerte für das Interface wur-
ε
ε c2 = c1 ⋅ x − x1
(2)
x
( ) den im Modell eingegeben und anschließend simuliert. Es
kam auch rechnerisch zu einem primären Querkraftver-
sagen der Versuchsplatte. Aufgrund der exakten Symme­
σ c1 = Ec ⋅ ε c1
(3) trie entstehen die Schubrisse in der Simulation gleichzei-
tig auf beiden Plattenseiten.
σ c2 = Ec ⋅ ε c2
(4)
Als Eingangsparameter für die ATENA-Modellierung des
x
(
Fc = σ c2 ⋅ x1 ⋅ b + σ c1 − σ c2 ⋅ 1 ⋅ b
(5)
2
) Interface-Kontaktelements wurde eine maximale Zugfes-
tigkeit von 4,5 N/mm2 (90 % der Spaltzugfestigkeit des
Grundbetons) festgelegt, ein Reibbeiwert von µ = 1,4 und
∆ Fc für den adhäsiven Verbund ein Wert C = 6,0 N/mm. Die
τ=
(6)
∆l ⋅ b erreichten Fugenschubspannungen in der FE-Analyse
stimmen relativ gut mit den aus den gemessenen Deh-
In Bild 9 sind die maßgebenden Abstände der einzelnen nungsverläufen rückgerechneten Schubspannungen ent-
DMS dargestellt. Die Betondehnmessstreifen wurden an lang der Fuge überein (Bild 10). Die maximalen Schub-
beiden Auflagerseiten der Platten („West“ und „Ost“) an- spannungen betragen zum Lasteinleitungspunkt hin ca.

Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5 381

N. Randl, M. Steiner: Hochfester Aufbeton zur Tragwerksverstärkung

Tab. 5 Schubspannungen in der Verbundfuge

Interface shear stress

Nr. VExp Schubspannungen auf Basis gemessener Dehnungsverläufe [N/mm2]

β ⋅ VExp
(1.LM) τj =
z ⋅b Ostseite Westseite Mittelwert
[kN]
[N/mm2]

P1 451,2 1,61 0,88 3,17 0,42 2,86 1,83

P2 475,7 1,80 0,99 2,26 0,31 2,85 1,60
P3 457,1 1,63 0,90 2,90 0,88 2,66 1,84
P4 471,3 1,68 0,92 2,15 0,65 3,02 1,69
P5 476,0 1,80 0,94 3,42 1,27 2,90 2,13
P6 448,4 1,70 0,98 3,11 0,83 3,12 2,01
P7 507,5 1,92 0,77 3,83 0,61 3,25 2,11
P8 473,6 1,79 0,91 3,06 0,44 3,31 1,93
P9 430,5 1,63 1)

P10 468,1 1,77

1) keine verwertbaren Dehnungsmessungen aufgrund mangelhaften Verbunds

3,8 N/mm2 im Mittelfeld der in den Push-Out-Versuchen

beobachteten Festigkeitswerte der zweiten Serie mit
­Rautiefen < 3,0 mm [1] angesiedelt, die zwischen 3,0
und 4,5 N/mm2 bei einem Mittelwert von 4,1 N/mm2
lagen. Hingegen lagen die rechnerischen Verbundspan-
nungsmaxima bei den Platten 1 und 3 mit NSC-Aufbeton
und Rautiefen von 1,6 mm (P1) bzw. 3,0 mm (P3) bei
3,2 N/mm2 (P1) bzw. 2,9 N/mm2 (P3), also etwa 20 %
tiefer bei gleichzeitig höherem Aufrauungsgrad. Mit
3,0 N/mm2 lag auch der Verbundspannungswert bei
Platte 4 mit NSC Aufbeton (Rt = 3,0 mm) auf einem
­
­ähnlichen Niveau.

Bild 10 Fugenschubspannungen in der FE-Simulation

Shear stresses along the interface in the FE-analysis 4 Schlussfolgerungen für Forschung und Praxis

Die durchgeführten Bauteilversuche bestätigen tendenzi-

3,5 N/mm2, im Mittel liegen sie aber um die 2,0 N/mm2
entsprechend auch dem Rechenansatz aus der theoreti-
schen Querkraftlinie.
Die FE-Berechnung bestätigt somit die aus den Beton-
stauchungsmessungen resultierenden Verbundschub-
spannungsverläufe: Sowohl über die FE-Berechnung als
auch aus der Ermittlung über die gemessenen Dehnungs-
zustände in der Betondruckzone ergeben sich die höchs-
ten Verbundbeanspruchungen im inneren Plattenbereich.
Dies entspricht im Bruchzustand auch dem beobachteten
Kraftfluss vom Auflagerbereich in die Betondruckzone
(vgl. DIC-Bilder).
Die absolut höchste örtliche Verbundbeanspruchung auf
dem Niveau des ersten Lastmaximums ergibt sich gemäß
Tab. 5 für Platte 7 (Rt = 0,8 mm und HSC-Aufbeton) mit
3,8 N/mm2. Bei dieser Platte wurde auch das einzige Mal
mit HSC-Aufbeton (ohne zyklische Vorbelastung) ein
deutlicher Rissversatz entlang bzw. parallel der Verbund-
fuge beobachtet. In guter Übereinstimmung mit den
Kleinkörperversuchen ist der Schubspannungswert von
ell die in [1] präsentierten Erkenntnisse aus den Kleinkör-
perversuchen, bei denen mit HSC-Aufbetonen deutlich
höhere Verbundfestigkeiten verzeichnet wurden. Die Ein-
flüsse aus unterschiedlichen Aufbetonfestigkeitsklassen
zeigten sich allerdings in den Bauteilversuchen, bedingt
durch die Umlagerungsmöglichkeiten bei lokaler Ver-
bundschädigung und das primäre Querkraftversagen, we-
niger signifikant als am Kleinkörper, wo maximale Ver-
bundbeanspruchungen gezielter erzeugt und im direkten
Abscherversuch besser identifiziert werden können. Im
Gesamtbild können folgende Schlussfolgerungen für The-
orie und Praxis gezogen werden:
– Der bessere Verbund mit HSC-Aufbeton spiegelte sich
im Bauteilversuch am deutlichsten in der Auswirkung
auf Rissverläufe und lokale Schädigungen der Ver-
bundfuge wider: In den Bauteilversuchen wurden in
allen drei Fällen mit NSC-Aufbeton Schädigungen des
Fugenverbunds festgestellt, wobei in zwei Fällen (bei
Rauigkeiten > 1,5 mm) deutlich ein versetzter Verlauf
der Querkraftrisse entlang der Fuge zu beobachten
war. Beim HSC-Aufbeton wurde nur in einem Fall bei

382 Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5


geringer Rautiefe Rt = 0,8 mm und gleichzeitig höherer
Beanspruchung ein Rissverlauf entlang der Fuge beob-
achtet. Die DIC-Überwachung erwies sich hierbei als
geeignet zur frühen Detektion von Anrissen im Be-
reich der Fuge und Nachvollziehbarkeit von Risszu-
ständen in jeder Belastungsphase.
– Letztlich ist festzustellen, dass nur die Kombination
von Kleinkörper- und Bauteilversuchen ein detaillier-
tes Bild der Verbundtragfähigkeiten lieferte. Der Ein-
fluss der untersuchten Parameter tritt in den Kleinkör-
perversuchen wesentlich deutlicher hervor, wodurch
auch die vollständige Bewertung der Bauteilversuche
ermöglicht wird. Als besonders zielführend erwiesen
sich die durchgeführten „Push-Out“-Tests mit vertika-
ler Scherfuge, während Abscherprismen mit Schrägfu-
ge („Slant Shear“) auch nach Herausrechnen des
Normalspannungseinflusses über die Hypothese nach
Mohr-Coulomb zu günstige Resultate liefern. Auch die
numerische Analyse der Bauteile wird durch die Mög-
lichkeit der Kalibrierung der Fugenparameter am
Kleinkörper realitätsnäher.
– Die im Zusammenhang mit den Bauteilversuchen
nachträglich erfolgten Haftzugprüfungen erwiesen
sich als sinnvolle Ergänzung, wenn auch aus der Ver-
bundzugfestigkeit ein Rückschluss auf die Verbund-
schubfestigkeit nur bedingt möglich ist (vgl. [11]). Mit
Sorgfalt im vorliegenden Fall von einem nicht eigens
geschulten Laboringenieur durchgeführt, wurden kon-
sistente Ergebnisse ohne auffällige Streuungen erzielt.
Mitentscheidend für die Qualität ist, sowohl die Kern-
bohrung wie auch die nachfolgende Haftzugprüfung
möglichst exakt im rechten Winkel zum Untergrund
durchzuführen. Während bei HSC-Aufbeton das Ver-
sagen in der Regel im Altbeton zu beobachten war
und somit untere Grenzwerte der tatsächlichen Haft-
zugfestigkeiten resultierten, verlief die Bruchfläche
beim NSC-Aufbeton teilweise auch entlang der Ver-
bundfuge.
– Ein interessantes Ergebnis erbrachte, bezogen auf die
geprüften plattenartigen Bauteile, die Rückrechnung
der Schubspannungen in der Verbundfuge aus durch-
geführten Messungen der Dehnungsverläufe: Die
gängige Schubspannungsermittlung aus Momenten-
­ dend für den Verbund ist bei der Qualität des hochfes-
bzw. Querkraftverlauf zeigte insgesamt eine relativ
gute Übereinstimmung mit den Mittelwerten aus der
genaueren Berechnung des Schubflusses zwischen
betrachteten Querschnitten auf Basis der erfolgten
­ Teil 1 vorgestellten einfachen Bemessungsansatz sind
Dehnungsmessungen. Im beobachteten Verlauf erga-
ben sich aber deutliche Abweichungen mit signifikant
höheren Schubspannungen in größerer Distanz zu
den Auflagerbereichen. Die FE-Simulation bestätigte
dieses Ergebnis, das auf den Kräftefluss im geprüften
Bauteil zwischen Lasteinleitung und Auflager zu­
rückzuführen ist. Das einfache analytische Modell
zur Ermittlung der Verbundschubspannungen ergibt
somit über die Länge (d. h. zwischen Lasteinlei-
tung und Auflager) im Mittel zwar realistische Werte,
kann allerdings die von Setup und Geometrie ab­
hängigen maximalen Schubspannungswerte nicht ab-
bilden.
N. Randl, M. Steiner: High strength concrete overlays
AUFSATZ ARTICLE
– Zyklische Schwellbelastung bzw. Erschütterungsbean-
spruchung während der Aufbetonbetonage ergab eine
deutliche Schwächung des Verbunds, wobei der Test
trotz realistischer Schwinggeschwindigkeit unter
etwas ungünstigen Bedingungen (relativ große Ampli-
tuden) durchgeführt wurde. Hierzu sind daher weitere
Untersuchungen mit geringeren Verformungsamplitu-
den und etwas höheren Frequenzen angedacht. Gene-
rell ergibt sich daraus aber die Empfehlung, die Beto-
nage von Aufbetonschichten auf Brückentragwerken,
wenn gleichzeitig fließender Verkehr auf einer paralle-
len Fahrspur zu Erschütterungen des Tragwerks führt,
möglichst außerhalb der Spitzenverkehrszeiten durch-
zuführen und die Erschütterungen durch Geschwin-
digkeitsbegrenzungen und Vermeidung unnötiger Un-
ebenheiten in der befahrenen Spur zu minimieren.
– In den gegenständlichen Untersuchungen wurde die
Aufbetonschicht an den Rändern der Platten nicht
verankert, dennoch wurden keine Delaminationen
oder Rissbildungen entlang der Ränder im Vorfeld
oder frühzeitig während der Bruchversuche beobach-
tet. Die sich beispielsweise aus differentiellem Schwin-
den oder Temperaturgradienten ergebenden Zwangs-
spannungen in randnahen Bereichen können al­
lerdings in Abhängigkeit von den jeweiligen
Gegebenheiten sehr unterschiedlich sein. In den vor-
liegenden Versuchen betrug die Altersdifferenz zwi-
schen Grundplatten und Aufbeton nur etwa zwei Mo-
nate, was im Vergleich zu Bestandsbauwerken ein ge-
ringeres differentielles Schwinden erwarten lässt.
Somit können diesbezüglich aus den vorliegenden
Versuchen keine weitergehenden Empfehlungen abge-
leitet werden; für die praktische Anwendung ist ohne
genauen rechnerischen Nachweis der möglichen
Zwangsbeanspruchungen eine Verankerung der Auf-
betonschichten entlang der Ränder angeraten.
– Abschließend kann, wenn Kleinkörperergebnisse und
Bauteilversuche gesamthaft betrachtet werden, die
Schlussfolgerung gezogen werden, dass mit dem ein-
gesetzten hochfesten Beton bei geringerer Aufrauung
tendenziell bessere Verbundwerte als mit NSC-Aufbe-
ton mit stärkerer Aufrauung erreichbar sind. Entschei-
ten Aufbetons vor allem die Konsistenz, die zumindest
„sehr weich“ und somit annähernd fließfähig sein
sollte (vgl. dazu Details in Teil 1 [1]). Gemäß dem in
im Regelfall etwa 20–30 % höhere Verbundwerte als
mit normalfestem Aufbeton ansetzbar. Durch die ent-
sprechende Berücksichtigung in der Bemessung kön-
nen rechnerisch erforderliche Fugenbewehrungen
bzw. -verdübelungen reduziert und auf ein Minimal-
maß beschränkt oder der Aufrauungsgrad gegebenen-
falls um eine Stufe von der Kategorie „verzahnt“ auf
„rau“ [2, 3] herabgesetzt werden. Neben den guten
Verbundeigenschaften bietet hochfester gegenüber
dem in der Baupraxis üblicherweise verwendeten nor-
malfesten Aufbeton aber auch weitere Vorteile wie
höheren Widerstand gegenüber mechanischen Bean-
spruchungen oder bessere Dauerhaftigkeit.
Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5 383
N. Randl, M. Steiner: Hochfester Aufbeton zur Tragwerksverstärkung
Dank
Das von der FFG geförderte Branchenprojekt wurde von
den ÖBV-Mitgliedsunternehmen ASFiNAG, ÖBB-Infra-
struktur, PORR, STRABAG und RTB ROHRDORFER
Literatur
[1] Randl, N.; Peyerl, M.; Steiner, M.: Hochfester Aufbeton zur
Tragwerksverstärkung, Teil 1: Kleinkörperversuche. Beton-
und Stahlbetonbau 115 (2020), H. 2, S. 106–116. https://
doi.org/10.1002/best.201900028.
[2] ÖNORM EN 1992-1-1: Eurocode 2, Bemessung und Kon-
struktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken –
Teil 1-1, Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den
Hochbau. Österreichisches Normungsinstitut 2009.
[3] Fib (Fédération internationale du béton) 2012: Fib Model
Code for Concrete Structures 2010. Lausanne.
[4] Silfwerbrand, J.; Beushausen, U.: Bonded concrete overlays
– bond strength issues. Concrete Repair, Rehabilitation and
Retrofitting (ICCRRR 2005), Proceedings S. 53–61. Taylor
& Francis Group, London 2006.
[5] Bonzel, J.; Schmidt, M.: Einfluss von Erschütterungen auf
frischen und auf jungen Beton. Betontechnischer Bericht
1980/81, S. 61–90. Beton-Verlag, Düsseldorf 1982.
[6] Bachmann, H.: Sind Spannbetontragwerke schwingungsan-
fällig? Schweizer Ingenieurbau und Architekt 108 (1990),
Heft 46. http://doi.org/10.5169/seals-77554.
Autoren
Prof. (FH) Dipl.-Ing. Dr. Norbert Randl
(­Korrespondenzautor)
n.randl@fh-kaernten.at
FH Kärnten University of Applied Sciences
Villacherstraße 1
9800 Spittal Drau, Österreich
Dipl.-Ing. Martin Steiner
m.steiner@fh-kaernten.at
FH Kärnten University of Applied Sciences
Villacherstraße 1
9800 Spittal Drau, Österreich
384 Beton- und Stahlbetonbau 115 (2020), Heft 5
Transportbeton mitfinanziert, wofür sich die Autoren bei
allen herzlich bedanken. Weiterer Dank gebührt für die
gute Zusammenarbeit bei der Durchführung der Klein-
körperprüfungen der Smart Minerals AG, insbesondere
Herrn M. Peyerl.
[7] Cantieni, C.: Dynamische Belastungsversuche an Strassen-
brücken in der Schweiz. EMPA Dübendorf. Forschungs-
und Arbeitsbericht Nr. 116/1, 1983.
[8] Ralbovsky, M.; Vorwagner, A.; Kleiser, M.; Kozakow, T.;
Geier, R.: Verkehrsschwingungen bei Betonierarbeiten auf
bestehenden Straßenbrücken. Beton- und Stahlbetonbau
115 (2020), H. 3, S. 179–187. https://doi.org/10.1002/best.​
201900092.
[9] Randl, N.; Zilch, K.; Müller, A.: Bemessung nachträglich
ergänzter Betonbauteile mit längsschubbeanspruchter Fuge.
Beton- und Stahlbetonbau 103 (2008), H. 7, S. 482–497.
[10] Cervenka, J.; Papanikolaou, V. K.: Three dimensional com-
bined fracture-plastic material model for concrete. Internati-
onal Journal of Plasticity 24 (2008), S. 2192–2220.
[11] Zanotti, C.; Randl, N.: Are concrete-concrete bond tests
comparable? Cement and Concrete Composites 99 (2019),
S. 80–88.
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Randl, N.; Steiner, M. (2020) Hochfester Aufbeton zur Tragwerksver-
stärkung – Teil 2: Bauteilversuche. Beton- und Stahlbetonbau 115,
H. 5, S. 375–384. https://doi.org/10.1002/best.201900099
Dieser Aufsatz wurde in einem Peer-Review-Verfahren begutachtet.
Eingereicht: 3. Dezember 2019; angenommen: 14. Februar 2020.
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