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Bild 2. Spannungszustand bei behinderter Temperaturverformung infolge ungleichmäßigen Abfließens der Hydratatioswärme
Fig. 2. State of stress at restraint temperature deformation due to unsteady flow of hydration heat
© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 86 (2009), Heft 6 329
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A. Arslan (†) · Zur Begrenzung der Rissbreiten bei dicken Wänden, u. a. am Fernbahntunnel Berlin
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Zusammenhänge ist die oben vorgestellte Definition, dass σs zulässige Spannungen in Abhängigkeit von d*s nach
überall Dehnungsunterschiede existieren, wesentlich hilf- Tafel 20
reicher, da dies bei der Modellierung berücksichtigt wer-
den muss [2]. ds ≥ d*s · fct,eff/fct,0
Bei dicken Bauteilen ist der Rissmechanismus dadurch
gekennzeichnet, dass neben den durchgehenden Primär- kc Beiwert zur Berücksichtigung der Spannungsvertei-
rissen in der Randzone zusätzlich Sekundärrisse entste- lung
hen (Bilder 5 und 6). Dies wird im DIN-Fachbericht 102, kc = 0,4 reine Biegung
II-4.4.2.2 über den Beiwert kc = 1,0 zentrischer Zwang
k Beiwert zur Berücksichtung von nichtlinear verteil-
k = 0,8 für h ≤ 300 ten Betonspannungen
k = 0,5 für h ≥ 800 k = 0,8
Ac,eff effektive Betonzugzone
und den modifizierten Stabdurchmesser d*s Act Fläche im Betonquerschnitt, die unmittelbar vor der
Erstrissbildung rechnerisch unter Zugspannungen
kc ⋅ k ⋅ h t ⋅ fct ,eff d*s ⋅ fct ,eff steht.
ds = d*s ⋅ ≥
4(h − d)fct 0 fct 0
Bei Verwendung eines langsam erhärtenden Zements mit
nur in unzureichendem Maße erfasst. geringer Hydratationswärmeentwicklung und entsprechen-
Der Beiwert k ist nur bis zu einer Größe von 0,8 zur den Maßnahmen einer thermischen Nachbehandlung darf
Berücksichtung von nichtlinear verteilten Eigenspannungen für den Nachweis des Abfließens der Hydratationswärme
gerechtfertigt. Werte zwischen 0,5 und 0,8 berücksichtigen die erforderliche Bewehrungsmenge jeweils um 10 % ab-
dagegen bei dicken Bauteilen bereits näherungsweise den gemindert werden. Abminderungsfaktor ist hierbei 0,9 · As.
Einfluss von Sekundärrissen.
Nach Auftreten des ersten Primärrisses unter einer 3.1 Empfehlung zur Wahl der effektiven Dicke deff
Zwangkraft entsteht eine Gruppe weiterer Sekundärrisse
in der Randzone. Die hierzu erforderliche Kraft ist kleiner Es wird für die praktische Anwendung empfohlen, die ef-
als die Kraft zur Erzeugung des nächsten durchgehenden fektive Dicke in Abhängigkeit der Bauteildicken gemäß
Primärrisses. Die Bildung von sekundären Rissen führt zu Bild 7 zu wählen, hierbei sind die Bauteildicken in d/(d – h)
einem Abbau der Zwangkraft [1]. dargestellt. Gleichzeitig muss beachtet werden, dass die ef-
fektive Betonfläche Ab,eff nicht größer ist als der Quotient
3 Bemessungsvorschlag aus der Zugkeilkraft F und der Zugfestigkeit β. Hiernach
ist das Verhältnis heff/d1 abschnittsweise linear abhängig
Die Grundlagen für den Bemessungsvorschlag sind in [2] vom Verhältnis h/d1. Für zentrischen Zug beispielsweise
ausführlich beschrieben. Für die Ermittlung der zur Bil-
dung der Sekundärrisse erforderlichen Risskraft wird das
Modell der effektiven Betonfläche
Ac,eff = deff · b
Dabei ist:
fct,eff wirksame Zugfestigkeit des Betons zum betrachte-
ten Zeitpunkt
fct,eff = fctm Bild 7. Empfehlung zur Wahl der effektiven Dicke deff
Abfließen der Hydratationswärme: 0,5 fctm Fig. 7. Proposal for the choice of the effective concrete area
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Beispiel Widerlager:
Beton C 30/37
fet,eff = fctm = 0,30 · f 2/3
fck
fct,eff = 2,9 MN/m2
0,5 fct,eff = 1,45 MN/m2
Wandgeometrie
b = 0,30 bis 3,00 m
d1 = 5,5 cm (Horizontalbewehrung außenliegend)
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Bild 10. Erforderliche Bewehrung zur Beschränkung der Rissbreite auf wk = 0,2 mm C 30/37, d1 = 5,5 cm (horizontale Be-
wehrung außenliegend)
Fig. 10. Required reinforcement for crack limitation to wk = 0,2 mm C 30/37, d1 = 5,5 cm (horizontal external reinforcement)
Bild 11. Vergleich der erforderlichen Bewehrung zur Beschränkung der Rissbreite C 30/37, ds = 20 mm, d1 = 5,5 cm (horizon-
tale Bewehrung außenliegend)
Fig. 11. Comparison of the required reinforcement for crack limitation C 30/37, ds = 20 mm, d1 = 5,5 cm (horizontal external
reinforcement); 1) Regulations according to “DIN Fachbericht 102 Betonbrücken”, 2) Design according to [3], crack theorie
for thin elements, without reduction for L-cement, 2*) Design according to [3] with adaption for thick elements, without
reduction for L-cement, 2**) Design according to [3] with approximation for thick elements, supplementary reduction for
L-cement, 3) Design proposal for thick elements according to fig. 10, 3*) Design proposal for thick elements according to
fig. 10 with reduction for concrete technology and concrete curing (0,9 · 0,9 · as)
Die Bemessung nach dem vorgeschlagenen Bemes- Ab einer Wanddicke von ca. 1,60 m bleibt im Unterschied
sungskonzept ergibt gegenüber der derzeit gültigen Rege- zur DIN-Fb 102-Regelung die erforderliche Bewehrungs-
lung nach DIN 1045-1 bzw. DIN-Fb 102 deutlich geringere menge konstant. Dies ist auf die Begrenzung der mitwirken-
Bewehrungsmengen, insbesondere bei dicken Bauteilen. den Randzone bei der Sekundärrissbildung auf max. 5 d1
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zurückzuführen. Ab einer Wanddicke von 2,60 m steigt die nung möglich ist, wird eine Kühlung des Betons erfor-
erforderliche Bewehrungsmenge aufgrund des zu führen- derlich.
den Doppelnachweises wieder an, da hier der Nachweis
für den Primärriss für die Bemessung maßgebend wird. 4 Fernbahntunnel Berlin
Der Vergleich mit der in der Praxis sehr häufig ange-
wendeten Rissbreitenbeschränkung nach Meyer [3] ergibt Hier wird als Beispiel der Senkkasten für den Fernbahn-
eine gute Übereinstimmung der erforderlichen Bewehrungs- tunnel in Berlin, Gleisdreieck, kurz erläutert: Das Bauwerk
mengen sowohl dem Verlauf als auch der Größe nach, ins- ist ein Teilstück des Nord-Süd-Tunnels der neuen Fernbahn-
besondere dann, wenn die Abminderungsmöglichkeiten für trasse der DB AG im Zentralen Bereich Berlins. Das hier
Zementart und Nachbehandlung voll ausgeschöpft werden. betrachtete Bauteil ist eine Längswand eines Senkkastens.
Die Erfahrungen bei der Anwendung von [3] in der Praxis Die Wand von 1,20 m Dicke und 4,70 m Höhe wird durch
haben gezeigt, dass die zulässigen Rissbreiten nur selten die sehr steife Sohlplatte (d = 1,80 m) und wegen ihrer gro-
überschritten wurden. ßen Länge (ca. 40 m) extrem gezwängt (Bild 12).
Wenn die Temperatur und die Spannungsberech- Zur Reduzierung der Zwangbeanspruchung hatte die
nungen nicht hinnehmbar sind und keine Fugenanord- Firma HOCHTIEF eine Spannungsberechnung mit einem
a)
b)
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Bild 14. Rechnerischer Verlauf der Bauteilspannungen, ohne Relaxationseinfluss (oben), mit Relaxation (unten)
Fig. 14. Calculated restraint stresses vs. time, without relaxation (above), with relaxation (below)
spruchung von der Länge der Kühlperiode abhängig ist. stieg ergäbe sich eine unkritische Beanspruchung, die
Ein frühzeitiges Beenden der Zwangskühlung im Beton- durch eine weitere Kühlphase abgebaut werden kann.
alter von ca. 36 Stunden verringert die Zwangbeanspru- Kritische Zugspannungen wären dann unwahrschein-
chung der Wand. Durch den folgenden Temperaturan- lich [9].
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